304 20 8MB
German Pages 1166 [1162] Year 2011
Weimarer Arnim-Ausgabe Werke und Briefwechsel
Ludwig Achim von Arnim Werke und Briefwechsel Historisch-kritische Ausgabe In Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar herausgegeben von Roswitha Burwick, Lothar Ehrlich, Heinz Hrtl, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Christof Wingertszahn
Band 32
De Gruyter
Ludwig Achim von Arnim Briefwechsel 1805 –1806 Herausgegeben von Heinz Hrtl unter Mitarbeit von Ursula Hrtl
Teil 1: Text
De Gruyter
Gedruckt mit Untersttzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
ISBN 978-3-484-15600-5 (Gesamtwerk) ISBN 978-3-11-025069-5 (Band 32) e-ISBN 978-3-11-025072-5 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.d-nb.de abrufbar. 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Satz: pagina GmbH, Tbingen Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten
¥ Gedruckt auf surefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Inhalt Briefwechsel 1805–1806 360.K 360. 361. 362. 362.E *363. 364. 365. 366. 367. 367.E 368. 369. 369.E 370. 371. 372. *373. *374. 375. 376. *377. *378. 379.K
An Sophie Brentano, 3. Januar 1805 . . . . . . . . . . An Sophie Brentano, 3. Januar 1805 . . . . . . . . . . Von Clemens Brentano, etwa 9. Januar 1805 . . . . . . . An Clemens Brentano, 14. und 19. Januar 1805 . . . . . An Clemens Brentano 14. und 19. Januar 1805 . . . . . An Johanna Dieterich, vmtl. zweite Hälfte Januar 1805 . . Von Johanna Dieterich, 8. Februar 1805 . . . . . . . . . Von Clemens Brentano, 15. Februar 1805 . . . . . . . . An Clemens Brentano, vmtl. 26./27. Februar 1805 . . . . An Clemens Brentano, 25. März 1805 . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 25. März 1805 . . . . . . . . . . Von Clemens Brentano, 2. April 1805 . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 8. April 1805 . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 8. April 1805 . . . . . . . . . . An Louise von Schlitz, 8. April 1805 . . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, kurz vor Mitte April 1805 . . . . . Von Sophie Brentano, 24. April 1805 . . . . . . . . . . Von ? nach Berlin, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von ? nach Berlin, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Clemens Brentano, vmtl. zwischen 5. und 10. Mai 1805 An Sophie Brentano, vmtl. zweites Drittel Mai 1805 . . . . An Caroline von Labes, vmtl. um den 20. Mai 1805 . . . . An Johann Friedrich Reichardt, vmtl. Ende Mai/Anfang Juni 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Christian Brentano, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
. . . . . . . . . . . . . . . . .
3 5 8 11 16 16 17 18 24 29 35 35 41 43 43 44 50
.
51
. . . .
51 51 52 53
.
53
.
53
Inhalt *379.
382. *383. 384. 385. 386. 387. 388. 388.E 389.
An Christian Brentano, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Caroline von Labes, etwa 18. Juni 1805 . . . . . . . Von Christian Brentano, zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Caroline von Labes, 29. Juni – 3. Juli 1805 . . . . . . An Johann Friedrich Reichardt, um den 17. Juli 1805 . . . Von Johann Friedrich Reichardt, 23. Juli 1805 . . . . . . . An Clemens Brentano, 1. September 1805 . . . . . . . . An Sophie Brentano, 1. September 1805 . . . . . . . . . Von Sophie Brentano, 2. oder 3. September 1805 . . . . . An Clemens Brentano, 6. oder 7. September 1805 . . . . An Clemens Brentano, 6. oder 7. September 1805 . . . . Von Clemens Brentano, 7. September 1805 . . . . . . .
. . . . . . . . . .
56 64 66 67 68 70 71 73 74 74
*390.
Von ?, vmtl. zweites Drittel September 1805 . . . . . . . .
76
391.
An Clemens Brentano, vmtl. 11. September 1805 . . . . . .
77
392.
Von Clemens Brentano, 27. September 1805 . . . . . . . .
77
393.K
An Clemens Brentano, Ende September/Anfang Oktober 1805
79
393.
An Clemens Brentano, Ende September/Anfang Oktober 1805
81
394.
Von Clemens Brentano, vmtl. Ende September/Anfang Oktober
*380. 381.
1805
. .
54 55
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
.
395.
Von Clemens Brentano, vmtl. zwischen 1. und 5. Oktober 1805
*396.
An Caroline von Labes, 9. Oktober 1805 . . . . . . . . . .
89
397.
An Clemens Brentano, zwischen 10. und 12. Oktober 1805
90
398.
Clemens Brentano an Sophie Brentano mit Nachschrift Arnims,
.
84
vmtl. Mitte Oktober 1805 . . . . . . . . . . . . . . . .
92
*399.
An Friedrich Schlegel, 18. Oktober 1805 . . . . . . . . . .
93
399.E
An Friedrich Schlegel, 18. Oktober 1805 . . . . . . . . . .
93
400.
Von Caroline von Labes, 2. November 1805
94
401.
. . . . . . . .
An Friedrich Carl von Savigny, 26. November 1805 – 26. Januar 1806
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
402.
An Clemens Brentano, etwa 10. Dezember 1805 . . . . . .
98
402.E
An Clemens Brentano, etwa 10. Dezember 1805 . . . . . .
102
403.
An Clemens Brentano, vmtl. 14. Dezember 1805 . . . . . .
103
404.
An Clemens Brentano, 16., 17. und 20. Dezember 1805 . . .
104
404.E
An Clemens Brentano, 16., 17. und 20. Dezember 1805 . . .
106
405.K
An Louis Ferdinand Prinz von Preußen, 17. Dezember 1805
.
107
406.
Von Clemens Brentano, 20. Dezember 1805 . . . . . . . .
107
VI
Inhalt *407. *408. *409. *410. 411. *412. 413. *414. 415. 416.
An Theodor Friedrich Arnold Kestner, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . An Franciscus Ignatius Wedekind, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Heinrich Levin Karl Friedrich von Wintzingerode, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 . . . . . . . . . . . . An Karl Finck von Finckenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Henrik Steffens, Ende Dezember 1805 . . . . . . . . . Von Friedrich Carl von Savigny, 29. Dezember 1805 . . . . . Von Henrik Steffens, 30. Dezember 1805 . . . . . . . . . . Von Christoph Ludwig Friedrich Schultz, vmtl. Januar 1806 . . Von Clemens Brentano, 1. Januar 1806 . . . . . . . . . . Von Friedrich Schlegel, 3. Januar 1806 . . . . . . . . . . .
112 113 113 113 113 114 114 115 116 121
*417.
An Hans von Schlitz, zwischen 9. und 14. Januar 1806
. . .
417.E
An Hans von Schlitz, zwischen 9. und 14. Januar 1806
. . .
123
418.
Von Hans von Schlitz, 16. Januar 1806
. . . . . . . . . .
124
419.E
An Hans von Schlitz, etwa 18.–20. Januar 1806
. . . . . .
126
420.
An Clemens Brentano, etwa 20.–26. Januar 1806 . . . . . .
126
420.E1
An Clemens Brentano, etwa 20.–26. Januar 1806 . . . . . .
132
420.E2
An Clemens Brentano, etwa 20.–26. Januar 1806 . . . . . .
132
421.K
An Bettina Brentano, 26. Januar 1806 . . . . . . . . . . .
133
421.
An Bettina Brentano, 26. Januar 1806 . . . . . . . . . . .
134
422.
An Johann Wolfgang von Goethe, zwischen Anfang und 20. Februar 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
422.E
123
134
An Johann Wolfgang von Goethe, zwischen Anfang und 20. Februar 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
141
423.
Von Bettina Brentano, vmtl. zweite Hälfte Februar 1806 . . .
147
424.
Von Clemens Brentano, etwa 15.–20. Februar 1806 . . . . .
147
425.
An Clemens Brentano, 17. Februar 1806 . . . . . . . . . .
154
425.E
An Clemens Brentano, 17. Februar 1806 . . . . . . . . . .
157
426.
An Friedrich Carl von Savigny, 17. Februar 1806
. . . . . .
158
427.
An Bettina Brentano, 17. Februar 1806
. . . . . . . . . .
159
428.E
An Friedrich Schlegel, vmtl. zwischen 17. und 25. Februar 1806
159
429.
Von Frau Bose, zwischen Anfang März und 18. April 1806 . .
160
430.
Von Johann Wolfgang von Goethe, 9. März 1806 . . . . . .
161
431.
An Clemens Brentano, 12.– etwa 19. März 1806 . . . . . .
162
431.E
An Clemens Brentano, 12.– etwa 19. März 1806 . . . . . .
167
VII
Inhalt 432. 433. 434. 434.E 435. *436. *437. *438. 439.A 440. 441. 442. 442.E 443.
Von Bettina Brentano, Mitte März 1806 . . . . . . . . . Von Friedrich Carl von Savigny, 16. März 1806 . . . . . . An Bettina Brentano, 18. März 1806 . . . . . . . . . . An Bettina Brentano, 18. März 1806 . . . . . . . . . . Von Clemens Brentano, 18. – etwa 22. März 1806 . . . . Von August Heimbert Hinze, vmtl. letztes Drittel März 1806 An Johann Friedrich Reichardt, vmtl. erste Hälfte April 1806 Von Johann Friedrich Reichardt, vmtl. erste Hälfte April 1806 An August Heimbert Hinze, 4. April 1806 . . . . . . . . Von Bettina Brentano, 8. April 1806 . . . . . . . . . . . An Friedrich Carl von Savigny, 9. April 1806 . . . . . . . An Bettina Brentano, 9. April 1806 . . . . . . . . . . . An Bettina Brentano, 9. April 1806 . . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 18.–22. April 1806 . . . . . . . .
443.E
An Clemens Brentano, 18.–22. April 1806 . . . . . . . . .
194
444.
Von Sophie Brentano, 18. April 1806
. . . . . . . . . . .
195
445.
An Bettina Brentano, 19.–21. April 1806 . . . . . . . . . .
196
445.E
An Bettina Brentano, 19.–21. April 1806 . . . . . . . . . .
199
446.
Von Leopold von Seckendorf, 21. April 1806 . . . . . . . .
201
447.
Von Johann Friedrich Reichardt, 22. April 1806 . . . . . . .
203
448.
Von Bettina Brentano, 25. April 1806 . . . . . . . . . . .
204
449.
Von Clemens Brentano, Ende April/Anfang Mai 1806 . . . .
205
450.
Von Friedrich Carl von Savigny, 30. April 1806 . . . . . . .
215
451.
An Clemens Brentano, 1. Mai 1806 . . . . . . . . . . . .
216
451.E
An Clemens Brentano, 1. Mai 1806 . . . . . . . . . . . .
218
452.
An Bettina Brentano, 11. Mai 1806 . . . . . . . . . . . .
218
452.E
An Bettina Brentano, 11. Mai 1806 . . . . . . . . . . . .
220
453.E
Vmtl. an Georg von Mecklenburg-Strelitz, 13. Mai 1806 . . .
221
454.K1
An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
454.K2
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
228
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
229
An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
454.E
222
An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
454.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
168 170 171 173 173 179 180 180 180 182 184 185 186 187
An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
454.K3
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
231
An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
VIII
242
Inhalt 455. 455.E *456. 456.E 457.
459. *460. 461. 461.E 462. 462.E
An Clemens Brentano, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 . . . . An Clemens Brentano, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 . . . . An Johann Friedrich Reichardt, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 . An Johann Friedrich Reichardt, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 . Von Clemens Brentano, Ende Mai/1. Juni und Nachschrift vom 14. Juni 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Clemens Brentano, Zirkularbrief zur Volksliedersammlung, Ende Mai/1. Juni 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Bettina Brentano, 3. und 10. Juni 1806 . . . . . . . . An Hans von Schlitz, etwa 10. Juni 1806 . . . . . . . . . An Bettina Brentano, 14. Juni 1806 . . . . . . . . . . . . An Bettina Brentano, 14. Juni 1806 . . . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 14. Juni 1806 . . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 16. Juni 1806 . . . . . . . . . . .
463.
An Sophie Brentano mit Erklärung Georg Andreas Reimers,
458.P
243 246 246 246 247 255 257 263 263 266 266 269
16. Juni 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
270
463.E
An Sophie Brentano, 16. Juni 1806 . . . . . . . . . . . .
272
464.
An Louise von Schlitz, 16. Juni 1806
273
465.
Von Johann Wolfgang von Goethe, 26. Juni 1806 . . . . . .
273
466.
An Clemens Brentano, 1. Juli 1806 . . . . . . . . . . . .
274
466.E
An Clemens Brentano, 1. Juli 1806 . . . . . . . . . . . .
278
467.
An Bettina Brentano, 12. Juli 1806
. . . . . . . . . . . .
279
467.E
An Bettina Brentano, 12. Juli 1806
. . . . . . . . . . . .
281
*468.
An Caroline von Labes, etwa Mitte Juli 1806 . . . . . . . .
282
469.
Von Clemens Brentano, 16. Juli 1806 . . . . . . . . . . .
282
470.
An Leopold von Seckendorf, 18. Juli 1806 . . . . . . . . .
285
470.E
An Leopold von Seckendorf, 18. Juli 1806 . . . . . . . . .
286
471.
An Friedrich Carl von Savigny, 23. Juli 1806 . . . . . . . .
287
471.E
An Friedrich Carl von Savigny, 23. Juli 1806 . . . . . . . .
288
472.
An Clemens Brentano, 30. Juli – 16. August 1806 . . . . . .
289
472.E
An Clemens Brentano, 16. August 1806 . . . . . . . . . .
295
473.K
An Bettina Brentano, 5. August 1806 . . . . . . . . . . .
298
473.
An Bettina Brentano, 5. und 16. August 1806 . . . . . . .
299
473.E
An Bettina Brentano, 5. und 16. August 1806 . . . . . . .
301
474.E
An Louise von Schlitz, zwischen 10. und 30. August 1806 . .
302
475.
Von Clemens Brentano, etwa 20. August 1806 . . . . . . .
302
476.
Von Bettina Brentano, zwischen 20. und 24. August 1806 . .
304
477.K
An Bettina Brentano, 27. August 1806 . . . . . . . . . . .
307
IX
. . . . . . . . . . .
Inhalt 477. 477.E *478. 479. 479.E 480. 480.E 481.K 481. 482. 483. 483.E 484.E *485.
An Bettina Brentano, 27. und 30. August 1806 . . . . . An Bettina Brentano, 30. August 1806 . . . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. Anfang September 1806 . An Clemens Brentano, vmtl. Anfang – 8. September 1806 An Clemens Brentano, 8. September 1806 . . . . . . . An Johann Wolfgang von Goethe, 1. September 1806 . . An Johann Wolfgang von Goethe, 1. September 1806 . . Von Bettina Brentano, 3. September 1806 . . . . . . . Von Bettina Brentano, 5. September 1806 . . . . . . . Von Leopold von Seckendorf, 5. September 1806 . . . . An Bettina Brentano, 7. und 10. September 1806 . . . . An Bettina Brentano, 10. September 1806 . . . . . . . An Ludwig Wilhelm Gilbert, 8. oder 9. September 1806 . An Johann Friedrich Reichardt, 9. September 1806 . . .
485.E
An Johann Friedrich Reichardt, 9. September 1806
486.E
An Andreas Christian Friedrich Wilke, 11. September 1806 . .
331
487.
Von Caroline von Labes, 12. September 1806 . . . . . . . .
331
488.
Von Johann Friedrich Reichardt, 16. September 1806
. . . .
333
489.
An Rudolf Zacharias Becker, 19. September 1806 . . . . . .
334
489.E
An Rudolf Zacharias Becker, 19. September 1806 . . . . . .
335
490.
Von Bettina Brentano, 26. September 1806 . . . . . . . . .
335
491.
An Bettina Brentano, 28. September 1806 . . . . . . . . .
336
491.E
An Bettina Brentano, 28. September 1806 . . . . . . . . .
338
492.
494.E
309 312 312 313 316 317 321 323 323 325 326 328 330 330
. . . . .
330
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
339
An Philippine Engelhard, 3. Oktober 1806 . . . . . . . . .
343
An Johann Friedrich Reichardt, zwischen 3. und 5. Oktober 1806
495.E
. . . . . . . . . . . . . .
Von Clemens Brentano, vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1806
493.E
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
344
An Carl Otto von Arnim, zwischen 3. und 5. Oktober 1806 .
344 345
*496.
An Leopold von Seckendorf, 5. Oktober 1806
. . . . . . .
496.E
An Leopold von Seckendorf, 5. Oktober 1806
. . . . . . .
345
497.
Von Bettina Brentano, 5. Oktober 1806
. . . . . . . . . .
346
498.
An Clemens Brentano, 6. Oktober 1806 . . . . . . . . . .
346
498.E
An Clemens Brentano, 8. Oktober 1806 . . . . . . . . . .
349
499.
Von Clemens Brentano, vmtl. zwischen 10. und Ende Oktober 1806
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
350
500.
An Bettina Brentano, 13. Oktober 1806 . . . . . . . . . .
351
500.E
An Bettina Brentano, 14. Oktober 1806 . . . . . . . . . .
353
X
Inhalt 501.E *502. *503. 504. *505. 506. 507. 507.E 508.E *509. *510. *511. 512. 513. 514.E *515. 516. 517. *518.
An Hans von Schlitz, 14. Oktober 1806 . . . . . . . . . . Von Bettina Brentano, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 . . . . . . . . . . . . . . . . . Von Bettina Brentano, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 . . . . . . . . . . . . . . . . . An Carl Otto von Arnim, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Clemens Brentano, 17. November 1806 . . . . . . . . . An Louise von Schlitz, 18. November 1806 . . . . . . . . . An Louise von Schlitz, 19. November 1806 . . . . . . . . . An Hans von Schlitz, 19. November 1806 . . . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. zwischen 25. November und Anfang Dezember 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von einem Angehörigen der Familie Schwinck in Königsberg, vmtl. Dezember 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. erste Hälfte Dezember 1806 . . An Clemens Brentano, 2. Dezember 1806 . . . . . . . . . An Bettina Brentano, 2. Dezember 1806 . . . . . . . . . . An Johannes Labes, 14. Dezember 1806 . . . . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. zweite Hälfte Dezember 1806 . Von Leopold von Seckendorf, 16. Dezember 1806 . . . . . . Vmtl. an Johannes Labes, 31. Dezember 1806 . . . . . . . An Caroline von Labes, vmtl. 31. Dezember 1806 . . . . . .
353 354 354 354 354 355 357 358 359 360 360 360 360 361 362 363 363 365 366
Anhang I Stammbuch-Eintragungen (1805–1806) AI.51. AI.52. AI.53. AI.54.
Eintragung Friederike Reichardt in Arnims Stammbuch, 22. Mai 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stammbuchblatt Sophie Reichardts für Arnim, etwa 22. Mai 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eintragung Karl August Varnhagen von Ense in Arnims Stammbuch, vmtl. zweite Hälfte Oktober 1805 . . . . . . . . . . Eintragung Arnims in das Stammbuch von Friedrich David Gräter, 26. November 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
369 369 369 370
Inhalt AI.55. AI.56. *AI.57. AI.58. AI.59. AI.60. AI.61. AI.62. AI.63. AI.64. AI.65. AI.66. AI.67. AI.68. AI.69. AI.70. AI.71.
Eintragung Arnims in ein Stammbuch von August von Goethe, 14. Dezember 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Henrik Steffens, 28. Dezember 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 Stammbuchblatt August von Goethes für Arnim, vmtl. erstes Drittel März 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Stammbuchblatt Johann Wolfgang von Goethes in Arnims Stammbuch, 13. März 1806 . . . . . . . . . . . . . . . 375 Eintragung Frau Bose in Arnims Stammbuch, zwischen Anfang März und 18. April 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Eintragung Frau von Jasmund, geb. Bose in Arnims Stammbuch, 21. April 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376 Eintragung Luise Bose in Arnims Stammbuch, 21. April 1806 . 376 Eintragung Hans von Schlitz in Arnims Stammbuch, vmtl. Mai 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Karl August Varnhagen von Ense, Ende Juni/1. Juli 1806 . . . . . . . . . . 377 Stammbuchblatt Arnims für Louise Reichardt, 6. Juli 1806 . . 378 Eintragung Louise Reichardt in Arnims Stammbuch, 6. Juli 1806 378 Eintragung Carl von Raumer in Arnims Stammbuch, 11. Juli 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 Eintragung Christoph Ludwig Friedrich Schultz und Angehörige der Familie Püttmann in Arnims Stammbuch, 10. August 1806 379 Eintragung Johanna Dieterich in Arnims Stammbuch, 15. August 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Eintragung Friedrich Kahlow in Arnims Stammbuch, 26. August 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Eintragung Emma Blumenbach in Arnims Stammbuch, 29. August 1806, mit späterer Zusatzstrophe Arnims . . . . . . . 381 Eintragung Louise Reichardt auf Arnims Stammbuchblatt Nr. AI.64, 6. Dezember 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . 382
Anhang II Kontextbriefe und Beilagen (1805–1806) AII.16.A Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim, Revers für die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark, 19. Februar 1805 Johann Heinrich Schmucker, Protokoll, 1. März 1805 . . . .
XII
385
Inhalt AII.17. AII.18.K AII.19. AII.20.A AII.21.E
AII.22. AII.23. AII.24.A AII.25.A
Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark, 14. März 1805 . . . . . . . Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark an Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim, 19. März 1805 . . . . . . Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Mittelmärkische Ritterschafts-Registratur, 2. Mai 1805 . . . . . . . . . . . Sophie und Clemens Brentano, Abschrift von zwei Gedichten Friedrich Spees, März/April 1805 . . . . . . . . . . . . . Clemens Brentano, Exzerpt aus Francesco Saverio Quadrio, Della storia e della ragione d’ogni poesia, vmtl. zweites Drittel Dezember 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . Ludwig Achim von Arnim für Sophie Brentano, Die Spinnerin und der Weber, Januar 1806 . . . . . . . . . . . . . . Sophie Brentano für Ludwig Achim von Arnim, Arnim, ein Dreher, etwa Mitte Februar 1806 . . . . . . . . . . . . Bettina Brentano, Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift, zweite Hälfte April 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift von unbekannter Hand, zweite Hälfte April 1806 . . . . . . . . . . . . . . . . .
386 387 389 390
399 400 401 402 412
Anhang III Arnims Exzerptheft Abschriften aus Briefen (Herbst 1805–März 1807) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
417
Kommentar Zu dieser Ausgabe . . . . . . . . . . Editorische Abkürzungen und Zeichen . Abkürzungen und Zeichen in den Texten Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . Zum Briefwechsel . . . . . . . . . . Zu Anhang I . . . . . . . . . . . . Zu Anhang II . . . . . . . . . . . . Zu Anhang III . . . . . . . . . . . .
XIII
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. . . . . . . .
. 457 . 470 . 474 . 478 . 521 . 1001 . 1017 . 1031
Inhalt Gedichtanfänge und -überschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . 1037 Korrespondenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1039 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1067
XIV
BRIEFWECHSEL 1805–1806
360.K An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 3. Januar 1805, Donnerstag
5
10
15
20
25
30
35
Geehrte Frau eines lieben Freundes! Wie ich in seinem stillen Zimmer meinen Triten nachhorche, als sollten mir neue Gäste kommen, das werden auch Sie jezt thun – nicht vergebens, denn Er ist Ihnen nahe, vielleicht schon bey Ihnen, der mir der neuste und älteste der liebste und gewöhnligste Gast. – Es muß wohl so seyn, – es muß so gar seyn, daß ich Ihnen die Nothwendigkeit überzeuge, wie Clemens Ihnen verbunden, mag diese Reise Ihre Beglaubigung seyn. Er ist nicht bey mir froh worden, es hat mich wohl gebeugt und verernstet, – wenn hier ihm nichts mehr war, wenn ich ihm nichts mehr bin, seyn Sie ihm um so mehr und ganz und immer. Sie haben ihn befangen wie in tausend Anklängen das Gemüth, bey Ihrer Nähe treibt es so ihn fort hinaus zu grosser That. Er kommt hinaus, da zieht der Wind und die Bedienten wartend Ihrer Herrn sie stehen stumm, die Pferde graben auf den Boden. Er schämt sich da der That und sehnet sich zurück ins Hauß, nicht zweymal läst er nun hinaus sich locken, denn der Gebrannte scheut das Feuer. Was mag im Hause seyn, wir hören wunderliges Lermen, ob die wohl einig sind? So fragen Leute auf der Gasse. Himmlisch einig, allen Zwist vereingen Sie zu Fugen. Was stört sie aber? fragen andre. Es wohnen dort zwey Meister auf der Orgel, die beyde recht spiellustig sind, doch fällt es erst dem einen ein zu spielen, wenn schon der andre angesezt, da zieht er ihm die Pfeifen aus und will sie stimmen. Da tadeln sie sich wohl einander, daß jenem nun die Töne fehlen, die er ihm selber ausgezogen, und jener diesen, daß er so ungezogen dazwischen pfeift und stimmt? – Ja sagd der eine, Meister Clemens ist mit seiner Meinung schon bornirt, eh er sie selber kennt, der andre will sie nimmer sagen, weil er noch an etwas Höheres geglaubt als Wahrheit. – Das kann nicht gut gehn mit den beyden, spricht da einer. – Wohl soll es gut gehn, ruft der eine Meister aus dunklem Fenster halb hinaus, der aus dem Zimmer schlich, als jener aus dem Hause ist gegangen, geht es ihm wohl, so geht mir’s gut, nicht fremd hab ich ihn je beobacht, wie wohl der Mann den Mann, ein Weib bin ich das fortlebende, ewig veränderlige, herrlige sich ausflorirende Weib, an ihn erwachsend zu neuen Zeiten, wie ein Epheu verschlungen allen seinen wilden Aesten bis zum höchsten Gipfel, wo mir die Vögel singen und der Himmel scheint, nicht wie die starren Bäume dort im Wald drückt uns der 3
1r
1v
Nr. 360.K
2r
Sturm einander zu bis einer bricht, wir brechen nur zusammen, im Sturme deckt er mich und in der Kälte deck’ ich ihn, ich werde wie er ist, er ist, wie er gelebt, in ihm mein Ernst, in mir sein Leben. Ihr heilgen Glockenschläge wie ihr gleiche Secunden auf zu Jahren reihet, zur Ewigkeit ein fester Trit, auch euer Zwang und Stoß verhallet hier nur euer Glokenspiel tönt hell. Er ist wieder bey mir ihr himmlischen Stunden eilend und ihr seyd wieder mein, der mir den Mund verschliest, erschliesset mir sein Herz mir, mein Glück, sein Unglück. – Ich mag recht thörigt reden im Namen dieser allegorischen Meister, es ist meine Eitelkeit mir etwas Besseres zu denken, als ich selbst bin. Die Ehe ist doch wohl das Wunderbarste in der Welt, mich wundert nicht mehr daß alle Gedichte darin schliessen. Wenn ich in meinen Augen nachsinne, ich kann mir nicht denken wie Sie aussehen, wenn Sie meinen Brief lesen und darum möchte ich ihn lieber gar nicht geschrieben haben, noch weiß ich in meinen Gedanken, wie Sie darüber denken werden, doch wenn ich mir Brentano denke, so sehe ich in seiner Hand eine andre die ihn festhält. Sie Sind sehr glücklig und Er ist sehr glücklig, so nothwendig sich verbunden zu haben. Es ist herrlig sein Leben ganz und ungetheilt ohne Geheimniß und blinde Hoffnung an eine unendlige That zu sezen, das ist Gottes-Freyheit, jedes, das in sich schliest, endet miserabel in Launen, die des Teufels Macht auf Erden vorstellen. Was kann ich Ihnen besseres wünschen zum neuen Jahre, es sey wie das alte, ich wollte Ihnen etwas viel Besseres sagen, aber das Beste kann doch nie gesagt werden; ich wünschte bey Ihnen zu seyn, ich wünschte daß Sie hiehergekommen wären. Sie hätten mir einen Orakelspruch geben können, was ich werden soll, da Sie meine Verhältnisse nicht kennen; nichts ist unpoetischer in der Welt als das Leben eines Dichters. Mahler, Bildhauer u.s.w. kann man seyn, um Poet zu seyn, müste man Gott selber werden. Dichter sind nur Dichter, wenn sie wirklich nothwendig der Welt, um der Welt nothwendig zu seyn, muß man sich frey in ihrer Noth wenden lernen. – Sie sollten beyde zusammen promoviren in Heidelberg, zusammen Collegia lesen über die Literatur aller Welt, aller Zeit, aller Zonen. Ich schwaze so in die Welt hinein, wird die Welt mir wiederhallen – alles ist still und ich glaube, daß ich recht habe Ehrfurchtsvoll Ihr Berlin d* 3 Jenner 1805 ergebener Achim Arnim 4
40
45
50
55
60
65
70
75
3. Januar 1805
360.
5
10
15
20
25
30
35
An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 3. Januar 1805, Donnerstag
Geehrte Frau eines lieben Freundes! Wie ich in seinem stillen Zimmer meinen Tritten nachhorche und aufräume, als sollten mir neue Gäste kommen, das werden auch Sie jezt thun und nicht vergebens, denn er ist Ihnen nahe, vielleicht schon bey Ihnen, der mir der neueste und älteste, der liebste und gewöhnligste Gast. Es muß wohl soseyn, es muß sogar seyn, daß ich Ihnen die Nothwendigkeit überzeuge, wie Clemens Ihnen verbunden, mag diese Reise Ihre Beglaubigung seyn. Er ist nicht bey mir frohworden, es hat mich wohl gebeugt und verernstet, weil es anders war einst, – wenn hier ihm nichts mehr war, wenn ich ihm nichts mehr bin, seyn Sie ihm um so mehr und ganz und immer. – Sie haben ihn befangen mit tausend Anklängen, es ist ihm im Gemüthe bey Ihrer Nähe, als triebe es ihn zu grosser That wie bey grosser Musik hinaus ins Freye und kommt er hinaus da schlagen sich die Bedienten mit Fackeln und er schämt sich der That und sehnt sich zurück ins Hauß. Er wird sich nicht zum zweytemal hinaus loken lassen – der Gebrannte scheut das Feuer. – Sind sie immer einig im Hause höre ich die Leute auf der Gasse fragen, es ist viel Lermen darin? Himlisch einig, alles vereinigt sie wie Fugen, was sie stören wollte. Nur eins möchte ich tadeln. Es sind das zwey Meister auf der Orgel, die beyde recht spiellustig sind, doch so, daß es erst dem andern einfällt zu spielen, wenn der eine anfängt und sie haben dieselbe Orgel. Dies ärgert dann den einen und er zieht dem andern die Pfeifen heraus und will sie stimmen. Da tadeln sie sich unter einander, dem einen weil diese Töne ihm fehlen die er selbst ausgezogen, der andere jenem, daß er so ungezogen dazwischen pfeift und stimmt. – Entweder ihr lieben Meister seyd ihr nicht aufrichtig genug oder allzu aufrichtig, weil ihr euch statt aufzurichten, niederschlagt. – Ja, sagen einige, Meister Clemens übt eine gar fantastische Aufrichtigkeit über die Leute aus, er giebt sich auf einmal die Mühe sie kennen zu lernen und sagt ihnen gleich aus sich heraus was sie gewesen, was sie sind, was sie werden können, doch bittet er jedermann ihn mit so etwas zu verschonen, er spielt in den Worten, andern befielt er ernsthaft darin zu seyn, als wenn sie das Spiel nicht verständen. – Das kann nicht gut gehen, mit den beyden, sprechen ein Paar! – Wohl soll es gut gehen, ruft der andre Meister aus dem dunkeln Fenster heraus, der heimlig in Thränen aus dem Saale geschli5
1r
1v
Nr. 360
2r
2v
chen und dem Gespräche auf der Gasse gedankenlos zuhörte, geht es ihm wohl, so geht es mir gut, wisset ich stehe nicht fremde über ihn und beobachte ihn, wie ein Mann den Mann, ein Weib bin ich das fortlebende, ewig veränderlige, herrlige sich ausflorirende, von ihn erwachsend zu neuen Kindern, wie ein Epheu verschlungen allen seinen wilden Aesten, bis zum höchsten Gipfel, wo mir die Vögel singen und der Himmel scheint, nicht wie zwey starre Waldbäume, reibt uns der Sturm gegen einander bis wir beyde brechen, im Sturme deckt er mich und in der Kälte decke ich ihn, ich werde, wie er gedacht er ist, wie er gelebt, in ihm ist meine Vergangenheit, in mir Ernst Zukunft, in ihm Ernst, in mir sein Leben. Und ihr heiligen Glockenschlege wie ihr gleiche Secunden zu Stunden und Jahren herabschallt über die Erde, auch ihr wäret nicht, fügte sich nicht das gewaltige Rad der Zeit einem Gesetze wie ihr kleinen Räder, deren Stoß und Zwang hier verhallen, deren Klockenspiel helle uns nur umfasst. Er ist bey mir wieder ihr himmlischen Stunden und ihr seyd wieder mein, der mir die Augen zuhält, ich sehe ihn, der mir den Mund verschliest, er schliest sein Herz mir, mein Glück und sein Unglück! Ich mag thörigt in Ihrem Namen reden, es ist meine Eitelkeit etwas Besseres mir zu denken als ich bin, da bin ich bey Ihrem Widersehen stehen geblieben bey ihnen beyden und stehe ganz alleine vor meinem Pulte. Das Pult erinnert mich an Gelehrsamkeit, Gelehrsamkeit an den Titel Ihrer Zeitschrift, den Sie von uns verlangten. Je nun alle Dinge der Welt sind etwas in ihrer und aus ihrer Zeitschrift, wählen Sie mit jedem Monat einen andern Namen, stellen Sie jeden unter den Schuz seines Gottes, oder geben Sie Eisblumen, Mayblumen, Rosen und Granaten nach den Vierteljahren, oder sey es überhaupt Bunte Reihe beim Gastmahl oder Blumenstrauß. Weihen Sie es der Dauer, sey es Rubinen Diamanten Smaragden Saphyren ein Schmuck aller Zeit, weil sie die vier Elemente vorstellen. Steigen Sie auf in die Höhe, nennen sie es den Luftball, den Falken, Zugvögel oder gehen sie in die Tiefe sey es ein Grubenlicht Wiederhall oder schwimmen sie darauf zwischen den grünen Wiesen seyen es Wellen oder ein Postschif. Wird es ernst und wunderbar sey es eine himmlische Conversation Atmosphärilien oder ein Spuk oder Amrita der Trank der Unsterblichkeit, oder die Tafelrunde der wunderbaren Abentheuer des Roland, oder Kastanietten zum wunderbaren Tanz oder der Pokal zum wunderbaren 6
40
45
50
55
60
65
70
75
3. Januar 1805
80
85
90
95
100
105
110
Trank, oder das Tamburin, die Kastrolle, den Regenbogen, die Karbatsche, wenn es satyrisch und soll es vermischt seyn, der Oehlkrug der klugen und unklugen Jungfrauen. Die Ehe ist doch wohl das Wunderbarste der Welt, mich wundert nicht mehr, daß alle Romanen darin schliessen, fester kann nichts geschlossen seyn. Wenn ich in meinen Augen nachsinne, ich kann mir nicht vorstellen wie Sie gebildet noch in meinen Gedanken, wie Sie denken und doch wenn ich Brentano denke, sehe ich in seiner Hand eine andre die ihn festhält. Sie sind sehr glücklig so nothwendig ein Daseyn dem Ihren verbunden zu haben, es ist herrlig sein Leben ganz und ungetheilt ohne Geheimniß und blinde Hofnung an eine unendlige That zu sezen, das ist Gottes-Freyheit, jedes, das in sich schliest, endet miserabel in Launen, welche die Macht des Teufels auf Erden vorstellen, der Schnee und Hagel ist einzeln, der Frühling schmilzt sie alle mit der Erde zusammen, so nur wird die Welt grün. Sie haben nun ein hohes gleiches Geschäfte einer Hausmutter, der Festschmuck des Hauses, was man Poesie nennt, ist Ihnen dadurch fest zugesichert, ich wünschte auch Clemens hätte ein Geschäfte des Hausvaters, er sey Lehrer in Heidelberg, oder Theater∧dichter irgendwo, mit einem Worte irgend etwas, was uns noch von der ehemaligen Herrschaft der Welt eines Bürgers und Hausvaters übrigblieben. Ich glaube dies das einzige Mittel seine kränklige Verachtung der meisten Menschen und ihrer Verhältnisse aufzuheben, in der endlich auch seine Poesie sich vernichten muß. Dichter sind nur dann Dichter, wenn sie wirklig nothwendig der Welt; um der Welt nothwendig zu werden muß man sich frey in ihrer Noth wenden lernen. Ich bin auch eigentlig nichts, das fühle ich schmerzlig und doch bin ich mit viele mehr Verhältnissen nothwendig gebunden als Clemens; er selbst hat diesen Wunsch eines festen Geschäftes. Man kann Mahler Bildhauer u.s.w. seyn, wie ein Poet, es sey denn daß man als Gott lebte der Welt, sonst ist nichts unpoetischer in der Welt als das Leben eines Poeten, deswegen muß der Poet notwendig mit seinem Leben in stetem Widerspruche seyn. Ich habe mich darum nie verwundert, wie Göthe die Direction eines kleinen Theaters und einiger Bauten und einiger optischer Instrumente so an Herzen liegt mehr als seine Poesie, eben weil sonst seine Poesie vom Herzen nicht losschmelzen würde. Wie lieb ist mir deswegen die literärische Liebhaberey von Clemens, auch Sie erfreuen sich daran, so treffen Sie Beyde immer zusammen, sollten eigentlig beyde promoviren, zusammen in Heidelberg Collegia lesen. 7
3r
3v
4r
Nr. 361 115
Ich schwaze so in die Welt hinein; weil alles still ist um mir, niemand mir widerspricht, so glaube ich recht zu haben. Es giebt nur eine Tugend in der Welt, lustig und traurig seyn ohne Reue, darum will ich mir auch meine Worte nicht gereuen lassen, ungeachtet ich etwas viel Besseres sagen wollte, das Beste kann doch nie gesagt werden. Ich wünschte bey Ihnen zu seyn, ich wünschte, daß Sie hiehergekommen, was wünsch ich nicht alles, vor allem ein gutes neues Jahr Ihnen. Ehrfurchtsvoll Ihr ergebener Berlin d* 3ten Januar 1805. Achim Arnim
361.
1r
120
125
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, etwa 9. Januar 1805, Mittwoch
Lieber Freund! Mehrere Tage bin ich nun wieder in meiner Heimath, wo ich liebevoll, ja so zusagen recht verliebt aufgenommen worden bin, das ganze Gemüth Sophiens hat sich in meiner Abwesenheit gesezt, und sie recht liebenswürdig, gütig und leidenschaftlich geworden, ich kann über nichts klagen, und befinde mich, bis auf zwei Punkte wohl, der eine ist die vielen verwirrten Lieder in deiner Komode, der andre die wunderlichen Bücher alle auf der See. Ach lege doch die Lieder zusammen, damit du sie mitbringen kannst, sie sind mir ein wahrer Niebelungenschatz, und wenn du langer zurückhälst, fließt der Rhein durch deinen Coffre. Ein wunderbares Jauchzen ergriff mein Herz, da ich die Pfalz betratt, alle Eichbaüme starrten mir, wie Löffel aus dicken Brei entgegen, ich bin erstaunt, wie dieses Land auch im Winter gesegnet ist. Man kann hier bei Eis und schnee nur an den Zukerbecker denken. Sophie war im höchsten Puzz, da ich in deinen Stiefeln anlatschte es war Neujahr, sie wollte zum Schmaus gehen und nahm mit mit mir vor lieb, nun dencke dir, sie ist ziemlich dicker geworden, und der Unsichtbare, der deine Liebe erwartet, bewegt sich wenn ich von dir rede, wie sich mein Herz bewegt, wenn ich an dich gedencke. Lieber Arnim, es ist auf Erden nichts zu geben, das des Nehmens wehrt ist, als das Innerste Vertrauen, ich kann dir nichts mehr geben, als waß du hast, meine innige Verehrung meinen Glauben, meine Hofnung, mei8
5
10
15
20
Etwa 9. Januar 1805
25
30
35
40
45
50
55
60
ne Liebe hängen an dir, du wirst dich nicht von mir wenden, weil du mich vielleicht durch unsre Nähe unter deiner Erwartung gefunden, behalte mich immer bei, jeder andre ist nicht besser, und ich kann doch wenigstens sagen und sage es gerne, daß ich dich unendlich liebe, und daß ich ohne meinen Glauben an deine treue Gesinnung für mich ohne Vertrauen auf irgend etwas, ohne alle Stüzze in freudelosen Minuten wäre, und dieses Vertrauen zu sein, ist schon der wehrt, nicht untreu zu werden. Die Idee dich hier zu haben, ist das schönste, waß ich und Sophie vom Frühling erwarten, auch Kreuzer und Daub zwei wakere Männer sehnen sich herzlich dich von Angesicht zu sehen, du wirst Freude genug und Liebe die Menge finden, und auch in Frankfurt erwarten dich nun sanftere Augen und ein stilleres Herz. Ich habe Betinen die Tasse geschickt aber noch keine Antwort, ich vermuthe sehr, daß sie nun gänzlich mit Christian verbunden ist, dem sie für ihre geringe Schreiblust bei seinen neusten Abentheuern genug wird zu schreiben haben. Sein neustes Abentheuer ist mir aus dem Herzen gehandelt, und spricht mir abermals für die große Liebe und das Vertrauen, das ich zu ihm habe, ich habe nehmlich von Marburg aus gehört, daß er das wunderschöne Erdbeermädchen, welches er und ich und Savigny von jeher geliebt haben, und welches uns nur zu selten Erdbeeren brachte, ein wirkliches Ideal baürischer Unschuld, milder adlicher Schönheit, jungfraülicher Jugendblüthe, kurz das wunderbarste holdseeligste Geschöpf von 15 Jahren, von ihrem Dorfe weggenommen, ihre Kleidung verändert, und sie zu einer ein∧fachen Erziehung unserm Freunde dem Pfarrer Bang übergeben, ich zweifle nicht mit dem festen Entschluß sie einstens zu seinem Weibe zu machen, wie gefällt ihnen das, Herr Bruder Graf, ist das nicht ein rechter Brentanosstreich. Ich sage dir Arnim, so etwas wie dieses Mädchen lebt nicht mehr, und Christian beweißt mir in dieser Handlung unsäglichen Muth, denn es gehört mir viel Muth dazu, seine Augen zu einer solchen Himmelsgestalt zu erheben, ich habe nie etwas aus meiner Familie gehört, waß mich herzlich erfreut hätte, als dieses. – Meine Schuld gegen dich werde ich theilweiße nach und nach zu tilgen suchen, in Vier Wochen ist hier eine Auktion, wo manches vorkommt, daß dir erwünscht sein mag. Sophie dankt dir für den schönen Titel, Bunte Reihe, sie wird ihn beibehalten, sie hat während meiner Abwesenheit einige schöne Lieder geschrieben, die in einer andren Art und besser als alle ihre vorhergehenden sind. Ich habe sie überhaubt ruhig und mit ihrem 9
1v
Nr. 361
2r
Geschik sehr zufrieden wiedergefunden. Bartholdy’s Hund ist glüklich mit hier angekommen, er ist schon ziemlich groß, aber in seiner Gestalt noch immer unentschieden, ich kann auch eingestehen, daß er mir jezt noch mehr Mühe als auf der Reise macht, wo die Kälte einen Theil seiner Zucht übernahm. Grüße mir seinen Herrn freundlich, und versichre meiner aufrichtigen Zuneigung, auch bitte ihn er möge mir die Lieder nicht versagen und nicht zu viel Vögeln, da mir die Lieder recht angenehm und nützlich, das Vögeln ihm aber wenn gleich angenehm doch im übermaaß unmöglich in die Länge gesund sein könne, da er waß die Breite angeht wenig zu zu setzen, und also viel zu zu setzen habe. Waß soll ich für Pistors Frau sagen, das du ihrem Mann nicht sagen dürftest, ich habe sie sehr lieb, sie ist ein geliebtes Bild aus keiner Schule, ich wünsche daß Pistor nicht Tiecks Kritick mit mehr Glauben nachbetet, als er es bis jezt gethan, sonst wird sie mit den Holländschen Schlachten ausgemustert, Gott gebe ihr die feinste Wäsche, hänge seinen Bart zum Himmel herab, daß sie sich dran hin auf spinne, und das gelbe Fieber soll sie nicht eher berühren, ehe es goldnes Fieber heißt, auf ihrem Tisch soll jeder Schiffer aus verliebter Verlogenheit seine Magnet nadel stehen laßen, ihr Hemd soll nie zerreißen und immer weiß bleiben, ihre Schuhe soll sie nie schief tretten, ihre Augen sollen nie weinen, ihr Herz nie brechen, sie soll lauter Liebhaber haben, die besser sind als ich. – . Reichharden mache mein Abschiedskompliment, und bitte ihn um Verzeihung, daß ich es nicht selbst gethan, auch erzähle ihm einige Anektoden von mir. Weiter weiß ich biß heute nichts, nächstens schreibe ich dir waß ich für dich gekauft, ich will auch dem Mahler Müller seine Gedichte für dich kaufen, es ist der, nach welchem Tieck die Genofeva schrieb. Ich laß neulich in der allg. deut. Bibl. von dem Bruns in Helmstädt, der die von dir Gesalznen alten Gedichte heraus gab, Beiträge zur Bearbeitung alter Handschriften, ich glaube, daß es intreßant sein kann. Wenn ich die zwei Folio Hanns Sachs in Speier noch für dich erhalten kann, so thue ich es. Lebe wohl geliebter, sehne dich ein wenig nach Heidelberg, dein o denke doch an deine Gedichte! und sende Clemens mir einige, auch bitte ich dich um die Romanze von mir, das Konigs töchterlein und der Falke, ich habe sie nicht selbst. Von Savigny haben wir die traurige Nachricht, daß ihm bei seinem Einfahren in Pariß sein Koffer abgeschnitten wurde, mit welchem er 10
65
70
75
80
85
90
95
14. und 19. Januar 1805 100
105
110
alle seine Manuskripte, alle seine Exzerpte überhaupt alles, waß er seit mehreren Jahren zu seiner Reise vorgearbeitet hat verlohren gegangen ist, er ist darüber untröstlich, und die Wißenschaft kann es mit ihm sein. Recht sehr hat mich die Nachricht von Ungers Tod verwundert, da ich noch kurz vorher in Berlin zu Wittich scherzweiße gesagt, ich freue mich auf seine Auktion, ach wir arme Menschelchen, es braucht weniger als Pistors Glauben dazu, ein beßerer Prophet zu werden, als Burgsdorf. Grüße mir auch die Alberti. Tiek hat deinen Brief erhalten und will dir die Büste machen, bedarf aber wohl noch einer Ermahnung. Herrn Baron Lud. Achim von Arnim wohnhaft bei Banquier Levi N° 3 hinter dem neuen Pakhof. Berlin
362.
3v
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. und 19. Januar 1805, Montag und Sonnabend
Berlin d* 14 Januar 1804.
5
10
15
2v
Lieber Clemens! Ich habe Deinen Brief aus Gotha wie ein unerwartetes Geschenk des Himmels erhalten, aber daran erkennt man euch ihr Götter! – Ich schreibe mit Rabenfedern, daher die fremde Stelle, wenn Göthe anders fremd werden kann. – Schon fürchteten wir, ich und meine Filtrirmaschine und mein Windofen Du würdest unsrer nicht mehr denken, wir waren Dir doch etwas fatal geworden? – Jezt siehst Du nun bald das unvergleichlige Flankfurter Eisenblech wieder, ich höre Dich noch wo ich gehe und stehe, es kommt mir sogar oft vor, als wenn die Offiziere bey Krause und in der Komödie mir Deine prächtigen Anmerkungen über ihre Uniformen Nasen und Gabel und Messer selbst zurufen und das bewährt Deine Objektivität. Dazu kommt noch daß die Pistor immer nach Dir frägt, ich habe ihr neulig die lustigen Musikanten vorgelesen, Schleyermacher aß bey ihr mir fiel bey ihm das Lied ein daß ich Plato fur und für Bin gesessen über Dir. Nachher gab es eine kleine Ehestandsscene, Pistor mochte zu viel getrunken 11
1r
Nr. 362
1v
2r
haben, ich hatte alle Mühe an mir zu halten. Es war doch gut, sie waren bald versöhnt, wenn sie nicht im Bette ihre Sache noch ausgefochten nachher. Vivat die Tabacksrolle; Du solltest ein Journal des Namens herausgeben. Ich habe nichts von Deinem Taback aus den Spinden heraus gespengelt, Du sollst alle Tabacksbläter finden wie Du sie verlassen, von Dir ist es einzig mir geblieben – Doch ich vergesse Simpl: Springinsfeld und die Dame Courage sind meine täglige Gesellschaft, sie und die Gachet bey Frankfurt und die Eugenie sind eine Person, ich möchte ihren Lebenslauf vollenden. Bartholdy’s Pulver könnte darin sehr guten Effekt machen. Er verspricht Dir einen Nachtrag zu seinem Hunde zu schiken, ich möchte zur Bunten Reihe etwas schicken was ich selbst bunte Reihe genannt habe. Einige neue Lieder von mir hat Reichardt sehr schön komponirt, ich werde sie Dir senden, wenn sie gedruckt,* er giebt eine neue musikalische Zeitung mit dem Anfange dieses Jahres heraus und eine Sammlung von Compositionen, le Troubadour genannt. Für alles was Du mir über die Widertäufer senden könntest, einen frischen Gruß und einen fetten Dank, mein Johann von Leyden hat den Waldemar nach heftigem Kampf zurückgedrängt, beynahe wären sie beyde darüber in einander verstossen von der Brücke gefallen, aber Johann blieb an seinem Königsmantel hängen. Du weist daß Unger an einer Zukerfabrik in der Harnblase gestorben, das hat mir einmal recht leid gethan, auch mit wegen der verzukerten Formschneidergedanken, zweitens thut es mir leid, daß wahrscheinlig seine Bücher nur im Ganzen verkauft werden, sonst könnte ich Dir manches wiederschicken für die Widertäufersachen. Der Tod, der lose Geselle, hat mir einen dummen Streich gespielt, der gute brave Hintze, der Pächter in Bärwalde ist gestorben, das lange Liegen nach dem Beinbruch hat ihm einen Schlagfluß zugezogen. Die Leute rathen mir seine Frau zu heirathen, ich käme dann auf einmal, wie Du es nennst, zur Herrschaft meines Gutes. So ist die bunte Reihe. –– Der Christmarkt mit seiner sternklaren Nacht hat mich mächtig erquickt, ich habe ein Duzend Waldteufel verbrummt, alle üble Laune für das ganze Jahr. Einen Abend waren wir recht froh mit Pistors dort, ich und Redtel, wir führten die Frau, die beständig ausgleitete, wir waren ein rechter Beystand für sie. Da sahen wir bey dem einen Conditor das ganze Revülager mit Berliner Karikaturen angefüllt, bey einem andern eine Gegend aus Preussen, in der Kirche brannten die 12
20
25
30
35
40
45
50
55
14. und 19. Januar 1805
60
65
70
75
80
85
90
95
Lichtchen, vor der Kirche ließ eine Frau ihre Kaze tanzen. Deine Tante war dort und Fräulein Steaire, den Helmuth hob ich über die Menge empor zum Zusehen. Allgemeine Danksagung. Auch habe ich ein dickes Mädchen beschauet, desinit in piscem mulier formosa superne, unten als Mann, oben als Frau in prachtvollen gelbseidenen Aufsatze, aus dem Braunschweigischen gebürtig 18 Jahr 11 Monat alt, drey Zentner schwer, vielleicht eine Verwandte von Winkelmann, der die Kunstgedanken ins Fleisch gegangen. Sie ist bey der Versammlung der hiesigen humanen Gesellschaft ausgestellt worden und hat eine Rede von dem Tische herunter gehalten, die ihr ein Jude eingeblasen homo sum humani nihil a me alienum puto. Deine Nachrichten von Tieck ruhten stille in meiner Herzgrube um ihn nicht in Verlegenheit zu sezen, wenn seine Frau es durch Reichardt oder die Pistor erführe. Gestern sagte mir Reichardt lachend, daß sich die Bernhardi den Tiek zum Schuz gegen den wassersüchtigen Recktor verschrieben, daß dieser doch den Angrif gewagt, sie in Weimar nicht getroffen und nach Würzburg nachgereist Er sezte in seiner Manier recht artig hinzu, das schwache, magre, lappige Volk wolle sich in allerley künstlige Lagen sezen um poesiren zu können, da ihnen sonst die Poesie ausgegangen und sie die Poesie nun einmal für ihre Pflicht hielten. Dem Knorring spricht er durchaus alle Männligkeit ab, sehr sonderbar ist es allerdings daß er sich den Tieck gegen den Recktor zur Hülfe gerufen. Ich danke Dir für die literarischen Nachweisungen, besser kann ich Dir nicht lohnen, als in dem ich dir die Volks-Sagen von Otmar. Bremen bey Wilmans 1800. empfehle, es wird dir eine neue Welt von herrliger Erfindung aufgehen, Tieck und Novalis haben ihn schön bestohlen und nie genannt. Er hat mich zu einem Aufsaze veranlasst, von dem ich für die gute Sache etwas hoffe. Ich habe nie in der Welt etwas Rührenders gelesen als vom kleinen Zwergvolke was den Grossen alles giebt zu ihren Festen für ein Paar Brodtrinden und endlig für ein Paar Erbsen, die sie aus Noth stehlen jämmerlig verjagt werden und wie sie da über die Brücke trappeln, jeder ein Münzchen niederlegen muß und ein Faß damit füllen. Der Ziegenhirt der Ritterkeller, die Wunderblume schönere Romanzen giebt es nicht und das Epos von der Roßtrappe gehört durchaus in die Niebelungen, so wie mehrere der Zwergsagen. Dort in der Einleitung habe ich die wichtige Nachricht 13
2v
Nr. 362
geschöpft, daß der Karakter des Schelmufsky aus Homers Hymne an Hermäs gestohlen, vergleiche S 64 u 65, du must diese Hymne in dein Exemplar des Schelmufsky einschreiben. Ich habe ein Lustspiel entworfen, wo Schelmufksy im Gewitter in das Haus eines Juden steigt, der den Messias mit Cupedoren lockt. 3r
Berlin d. 19 Jan Gott weiß Dein zweyter Brief hat mich sehr bewegt; ich hatte wohl gezweifelt, ob Du wahr gegen mich gewesen, ich schien mir so überflüssig Dir, daß ich nicht begreifen könnte, wie ich Dir jemals nothwendig gewesen. Es geht alles besser als die Gedanken Du bist glücklig und bist mir gut. Was will ich mehr. Ich lege Dir zum Spas einen Brief an Deine Frau ein, aber gieb ihn nicht ab, lieb ist es mir, daß ich ihn so lange verzögert. Das Zögern ist eine hohe göttlige Thätigkeit. Ich schicke Dir den Brief wie ein Testament, wenn der Testamentarius wieder gesund worden und die Bücklinge beym Genesungsschmaus darin backen läst. Deines Bruders Heirathserziehung gefällt mir nicht, er hätte lieber eine Erziehungsheirath machen sollen, ich meine mit dem Heirathen anfangen. Es gehört eine verfluchte Resignation dazu, seine Geliebte zum Heirathen zu dumm zu halten. Er kann sich nur in acht nehmen, daß ihm der Schwarzkünstler Bang nicht Brombeeren statt der Erdbeeren hinein legt in ihr – Körbchen. Glückauf indessen sage ihm von mir. Daß es ihm nicht damit geht wie Savigny mit dem Koffer! – Ob wohl etwas in der Welt seyn sollte, was durch einen solchen Zufall vernichtet werden kann? Es ist eine sonderlig traurige Frage.
100
105
110
115
120
3v
Hätt ich der Pistor alles bestellt, was Du mir aufgetragen, wer weiß das Unglük. Du hast eine Leidenschaft Dich vermissen zu lassen, Du schreibst ihr mehr Schönes, als Du ihr je gesagt. Deinen Ponce hat sie Abends im Bette gelesen, Du hast ihn im Liegen geschrieben. Burgsdorf liest der Tieck Deinen Godwi vor, da sie noch keinen Brief vom Zerbino erhalten. Die kleine Pistor sagt, er sey auf Reisen ganz toll, er vergesse alles, Frau und Kind. O Saperment, als ich dergleichen hörte.
125
130
Gestern war ich in der Opernprobe, ein gewaltiger Streit zwischen der ersten Säng: Marcheti und dem Kapellm: Himmel eröffnete sie, sie nahm das Publikum und das Orchester in Anspruch, das Orchester gab 14
14. und 19. Januar 1805
135
140
145
150
155
160
165
durch Melodieen seine Antworten, der Kapellmeister muste die verbinden, die Tänzer tanzten ihre Meinung, die Chöre sangen sie, die Dekoretionen zeigten sie und die Lichter brannten sie aus. Ich habe mich so müde geschrieben an dem einliegenden Falkonierliede, daß ich Dich auf das Nothwendige sezen muß. Reichardt hat die Rose für Dich abgeschrieben, mag Deine Frau Dich damit einsingen in Blüte und Frucht. Judas Ischariot hat mich vierzehn Tage warten lassen mit seinem Mengel-Werke (wie die Holländer vermischte Gedichte nennen), es ist aber noch nicht ausgemangelt und gaar gebacken, doch hat er mir ein Pack Bläter gezeigt, ich halte sein Münzkabinet für die Silberlinge deren schon in der Bibel erwehnt. Uebrigens scheint er gar nicht in Griechenland gewesen zu seyn; seine Erzählung von den Lustbuben das Hauptstück seiner Reise habe ich vor einigen Tagen in einem Hurenhause hier aufführen sehen, wo ich mich als wandernden Schauspieldirecktor aufführen ließ, der allerley Subjekte brauche. Selbige Menscher hatten alle Lust zu dieser Anstellung, ihre Kunst fing damit an, daß sie einander Fuß gegen Fuß Hand in Hand fassten, sich langsam überbeugten daß die Augenbraunen und die Füsse der einen an die Erde, hoch empor Busen und Leib das ging abwechselnd immer schneller und schneller, bis sie wie bebende Flügel eines Nachtvogels nicht mehr zu unterscheiden dann fielen sie in bedeuten∧den Winken aus einander, liessen eine Flöten uhr spielen und walzten liegend über die Erde in unendliger Künstliekeit, wies man wohl in Sommerszeit bey uns auf dem Rasen trudeln nennt. – Sie machten das alles so unschuldig, daß ich mir nichts Böses dabey denken konnte ich ging sehr erbaut und ohne Unruhe in mein einsames Bette schlafen. Ich habe gar oft in ehrbaren Gesellschaften viel schlechtere Gedanken fassen müssen. – Ich will mich kurz fassen. Lebe wohl. Achim Arnim Ç1v auR eingewiesen:È * Einliegend eines, Die Rose blüht aus den drey Weisen, die ich ihm gegeben hat er wunderschön musicirt, Du must es beym ersten mal singen, sobald sie gedruckt sind sie bey Dir.
15
4r
Nr. 362.E
362.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. und 19. Januar 1805, Montag und Sonnabend 1r
Johann von Leyden hat den Waldemar verdrängt nach heftigen Kampfe, bey nahe wären sie beyde darüber in einander verstossen von der Brücke gefallen, aber Johann blieb am Königsmantel hängen. Es geht alles besser als die Gedanken: Das Zögern ist eine hohe göttlige Thätigkeit. Es gehört eine verfluchte Resignation dazu, seine Geliebte zum Heirathen zu dumm glauben. Du hast eine Leidenschaft dich vermissen zu lassen. Das ist die rechte Oper die sich wie ein Streit eröffnet zwischen der Sängerin und das Orchester, wobey sie das Publikum zu Zeugen ruft, die Tänzer dazu ihre Meinung tanzen, die Chöre singen und die Lichter abbrennen, bis alles so lebendig bebt, daß wir die Töne wie bebende Flügel eines Nachtvogels nicht mehr unterscheiden. Da sinkt der Vorhang Ein närrisches Stück von Duelen. Es fängt mit Höfligkeiten an und endligt damit nachdem sie alle Art von Duellen durch gegangen und zwar so daß immer ein andres Paar verwickelt, so daß die vorhergehenden daran verhindert Ich bin wie eine Erdbeerpflanze meine Wünsche dicht unter dicht über und wie Auslaufen in die Form
5
10
15
20
*363. An Johanna Dieterich in Göttingen Berlin, vmtl. zweite Hälfte Januar 1805 Von Johanna Dieterich, 8. Februar 1805:
Ihr Brief hat mir große Freude gemacht Ç...È wenn Sie Wort halten u uns besuchen. – Auch mein* Mann seyn Sie nicht allzuböse Ç...È Sie scheinen es zu seyn Ç...È Auf jeden Fall sollen Sie mit Ihre ergebenen Nächsten die verlangten Briefe erhalten (Nr. 364,12–33).
16
5
8. Februar 1805
364.
5
10
15
20
25
30
Von Johanna Dieterich nach Berlin Göttingen, 8. Februar 1805, Freitag
Göttingen am 8t Febr. 1805. Wie sehr überraschte mich Ihr Brief theurer Freund! ich gestehe es Ihnen der fatale Gedanke fing an sich fest zu sezen, daß Sie uns ganz vergeßen hätten,: oder weil das menschliche Gedächtniß doch so kurz nicht ist: daß Sie eigentlich, nichts mehr von uns wißen wollten, ich hielt Sie in meinem Herzen für recht undankbar, denn noch vor einigen Wochen hatte ich unwillkührlich einen Beweis gegeben, wie theuer u werth mir Ihr Andenken ist, u ich wäre beynahe lächerlich darüber geworden, als ich in einer Gesellschaft mit sehr lebhaften Intereße, von den durchreisenden Prof: Betz aus Kiel Ihre Zurükkunft aus England erfuhr, nun ist aber alles wieder gut gemacht, u ich wiederhole noch einmal, Ihr Brief hat mir große Freude gemacht. – Uns geht es hier immer noch so im alten Shlendrian fort, viel neues weiß ich nicht vielleicht ist es Ihnen neu, daß Mamsell Blumbach Braut mit H. v. Jasmund aus Cassel ist? Offenherzig gesagt ich habe heute gar keine Lust Neuigkeiten zu schreiben erlassen Sie mir solches heute ein andermal bin ich vielleicht geschwäziger gestimt, am besten thun Sie, Sie kommen her u da will ich Ihnen erzählen waß ich in Leib u Leben weiß. Bouterweck sehe ich seith langer Zeit gar nicht mehr, warum ist auch blos mündlich abzuhandeln, übrigens geht es mir ganz gut, ich bin gesunder wie je also ein großes Glük, ich habe jezt einen Herrmann eine Ida, Thekla, Hulda, u eine Emma, welche alle ohne Ruhm zu melden liebliche Kinder sind welches Sie mir selbst eingestehen werden wenn Sie Wort halten u uns besuchen. – Auf mein* Mann seyn Sie nicht allzuböse lieber Freund, Sie scheinen es zu seyn, er ist zwar ein herzlich schlechter Correspondent, aber meynt es dabey doch gut, er schreibt Ihnen nächstens schon zweymal kan ich bezeugen hat er die Feder angesezt aber immer gestört u so wurde es wieder verschoben. Leben Sie wohl lassen Sie das Ihren Wahlspruch seyn, ein Mann ein Wort u kommen Sie bald zu uns. N. S. Auf jeden Fall sollen Sie mit Ihre ergebenen Nächsten die verlangten Briefe erhalten Jeannette Dieterich
17
1r
1v
Nr. 365 2v
Herrn Baron Achim v. Arnim hinter dem neuen Pakhof No 3. in fr: Berlin
365.
1r
35
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 15. Februar 1805, Freitag
Lieber Arnim! Hier die Anabaptister Notizen, ein weiters hinten. Geschichte der Wiedertaüfer zu Münster in Westphalen aus einer lateinischen Handschrift Hermann von Kerssenbroick übersezt mit Kupfern. 1771. 4° Dieses ist sicher noch im Buchhandel, und bekanntlich das beste und weitlaüfigste darüber, wenn du dir, biß es Nikolai dir schaft eine Idee davon machen willst, so sieh Mosheims Kirchengeschichte des neuen Testaments 1776. 2ter Band. pag 129 note 9, nach, wo außer einem Auszugs Kerssenbroicks, noch andre Anababtistika stehen. Melchior Hofmann aus Schwaben ein Kürschner dann Prediger zu Kiel 1527 – predigte durch Westphalen und Ostfriesland 1529 – wiederrief sterbend zu Strasburg (1540) sieh – Krohns Geschichte der Wiedertaüfer. Leipzig 1758 David Georg aus Delft. – Historia vitae doctrinae et rerum gestarum Dav. Georgii conscripta ab ipsius Genero Nic. Blesdikio. ed. Previo Dauentr. 1642. Adelungs Geschichte Menschlicher Narrheit. Theil. III. S. 336 338–49 sind eine Menge hierhergehöriger Schriften angeführt. Mosheims Kezergeschichte. Th II. S. 425. Schröcks Lebensbeschreibungen. B. 1. S. 264 Corrodi kritische Geschichte des Chiliasm. Band. 3. Theil 2. Seite 281. In obgenanntem Adel. Gesch. der Narheit. S. 398 stehen eine Menge theosophischer Schriften deren sie sich bedient Ueber den David Joris siehe in Schardii Scriptoribus rerum germanicarum, die du gewiß in Berlin findest. T III. p. 30. Weiter Arnolds Kirchen und Ketzerhistorie. 18
5
10
15
20
25
15. Februar 1805
30
35
40
45
50
55
60
65
Auch in angeführtem Schardius steht Tom II pag 298 abgedruckt Lambert Hortensii tumultuum anabapt. liber. Auch im Schleidanus Historia sui temporis steht die Münstersche Geschichte weitlaüfig. Dieses Buch hat man Deutsch und Latein es ist sehr haüfig in der Berliner nächsten Spaldingischen Auktion kömmt sie gewiß vor, doch erkundige erst um die beste Ausgabe, da sie einige mal castrirt erschien, auf eben diesser Aucktion mag sich manches der angeführten Bücher befinden worauf du achten mußt, ich selbst sende dir per postwagen eines der seltensten und liebsten Bücher meiner Bibliothek ein Gesangbuch der Wiedertaüfer, wo∧rinn ihre Märtirergeschichten in vielen Balladen stehn, einige habe ich gezeichnet, auch das Lied, woraus Winkelmann die Pura Fabrizirte, urtheile wie. Auch hoffe ich dir eine Beschreibung des Münsterschen Vorgangs aus der Zeit selbst in Quart senden zu können, welcher sich in Savignys Bibliothek zu Marburg befindet, wenn man ihn dort auffinden kann und mag, dieser könnte, wo nicht das erschöpfende, doch das individuelleste enthalten. Das Gesangbuch und das vom Savigny bringst du mir wieder, wenn wir uns im Mai hier sehen, Sophie und ich rechnen bestimmt hier∧auf, ich will dir schreiben, wie du reisest, du schreibst mir bestimmt den Tag deiner Abreise und gehst halbweg biß nach Gotha, wo du in dem Hause des Regierungsrath Geißler, der dich schon erwartet abtrittst, biß dorthin komme ich dir mit einem Heidelberger Kutscher entgegen, der uns hierher wieder zurück bringt. Meine Frau wird im Mai niederkommen, und du wirst dann vielleicht ein glücklicherer Pathe sein, in deinem nächsten Brief den ich früher erwarte, als der vorige kam, schreibe mir hierüber etwas bestimmtes. Ich habe in der Gewißheit deiner Herkunft mir ein anderes Quartier gemiethet, wo wir einen Garten haben, der biß an den Neckar geht, und mit einer Altan nach dem Wasser zeigt, so daß wir in jedem schönen Abendschein auf dem Neckar mit der Guittarre fahren können, und dann die blühenden Berge, und deine Liebe, un du weißt schon. Aber da fällt mir Etwas schrekliches ein, stelle dir vor die Franzosen verkaufen die alten Schlößer am Rhein um ein Lausegeld, Krämer kaufen sie und lassen sie als Baumaterialien abbrechen, das ist unsre Zeit, und man muß wirklich ein so blindes Auge haben, wie beiliegendes Bild Bonapartes, welches ein Präsent für Reichard ist, um so waß zu übersehen, Staarstechen kann nach diesem Bilde mit Kaiserschnitt verwechselt werden, und cio e veramente la fisionomia di buona parte; Viele wollen in der weiblichkeit seiner Gesichtszüge An19
1v
2r
Nr. 365
2v
züglichkeit finden, Stirn, Nase und das liebaüglende des Blicks sollten wir das wohl der Grassini zuschreiben können, doch genug hie von hier ist eine Erklärung, die ich dich um Alles in der Welt nicht als von mir jemanden bekannt zu machen bitte, da mir dadurch vielleicht Verdruß entstehen könnte, denn Reichhard ist der Verschwiegendste nicht. Des Helden Aug schwamm oft in süßen Freiheits Zähren Und schwanger ward die Stirn mit einer Republick Doch konnt’ das kleine Ding, das Große nicht gebähren Dies zeigt der Kaiserschnitt in seinem finstern Blick Der Nase kräftger Bau ist nun der Menschheit Stüzze Der weisen Rede Perl’ kneipt in des Bartes Rizze Die rauhe Auster ein, mit fein gebissner Lippe Ruht sie auf seines Kinns oft Sturmumwehter Klippe. Das ganze Portrait kannst du dir von den Bartholdyschen Buhltänzerinnen, die du in Berlin gesehen vorstellen laßen ect. es wäre gewiss ein glucklicher Vorschlag für die Streber nach dem Polarstern diesen Karakter recht ins Aug zu fassen, und ihn nach Schlegelsch Ideen romantisch wieder zu geben, denn der ganze Kopf ist ja ein wahres Liebhaber Theater Ich finde in der ganzen Erfindung wirklich eine feine Ironie auf unsre neue Kunst-Poesie, das ganze ein Finsteres Heldenbild Attila, Alexander, Bonaparte, im romischen Costume, dann wieder das mistische romantische süße das Auge so recht indisch uberhaubt das tief sinnige Gematsch, das Aug ist so ernst und doch auch so voll Lacrimas ect. Das wäre für deine fette Ostfriesländerin und deine Bordel Scene eine Antwort, nun weiter wieder etwas von Büchern. Den 11 Merz ist in Leipzig der Verkauf der Börnerschen Bibliothek, das ist ein enorm dicker Catalog, worinn vieles für dich steht, in Berlin nimmt Commission an der Candidat Bakofen in der alten Leipziger Straße auf dem Werder, der dir auch einen Catalog geben können wird: pag 42 n° 63 das Heldenbuch 4° (dieses ist zwar nicht die alteste beste Ausgabe die du bei mir sahst, aber dennoch sehr selten, wie das Heldenbuch selbst, das du doch haben mußt, sie ist übrigens mit der alten deßelben Innhalts du kannst ruhig ein 4 rt drauf bieten pag 216 kommen hinter einander alle die Scriptores rerum germanicarum 4511–13 steht der Schardius worin einzelne Anababtist stehen wie ich oben zitirte 4530–32 Schilters Thesaurus dieser enthält die altsten poetischen Documente du kannst biß 7 rt bieten. 4751 steht der Theuerdanck und der 20
70
75
80
85
90
95
100
105
15. Februar 1805
110
115
120
125
130
135
140
145
Weiskönig, wenn sie dich interressiren. 4881 Fuggers Ehrenspiegel ein schönes Buch etwa 3 rt. 5114 Kronecke der Sassen ist eine große Rarität und intressant, steht aber in Leibnitz scriptoribus wieder abgedruckt ich würde dir also eher einmal zu jenen rathen die du um viel weniger Geld, und mit herrlichen andern nachrichten erfüllt haben kannst. Seite 268. fängt eine ganze preusische historische Litteratur an die mehrere Blätter durchlaüft, wo du dich recht laben kannst. 5525–27. stehen die Leipnitz Scriptores sind ihre 4 rt wehrt. Pagina 308 steht Schweizergeschichte, wo der Stumpf, Tschudi, vorkommen. Im Anhang stehen folgende Bücher für dich pag. 114. n° 1885. Bokkatz centum novellae eine alte übersetzung, angebunden. 2) Pauli das Buch Schimpf und ernst, beides ist aüßerst interessant, und 4 rt biethe ruhig. weiter 3942. Petri de Dusburg chronicon Prussiae mit zwei anhangenden, gleich intressanten 40. 2 rt. – Dieses sind nur einige von denen ich weiß, daß sie dir dienen, und auf welche du commitiren mußt, willst du dem Bakofen die Commissionen nicht geben, so gieb sie in Leipzig dem Proclamator Weigel, welchem du nur schreiben kannst, du wärst ein guter Freund Savignys um dich der besten Bedienung zu versichern, ich selbst habe schon auf viele Bücher auswärts für dich geboten, die seltene herrliche Collnische Chronik ist unter∧wegs zu mir, aber sie ist etwas theuer, sie ist von 1494, und kostet 2 Louisd’ors, ausser dem erhälst du die älteste und Fabelhafteste Legenda historia lombardica genannt in Folio, und viel anderes interressante. Aber waß machen deine englischen Bücher, sind sie noch nicht da, so oft der Wind geht, sehe ich den Konig Parismus ersaufen!, aber du hast gewiß noch nicht drum nach London geschrieben, du Faullenzer, Für die Musick danke ich dir herrzlich, die Rose ist recht artig componirt, aber Reichards Manier ist mir selbst nicht die liebste, in seiner Einfachheit liegt zu viel Bewustsein, in seiner Erfindung zu viel Bekanntes, in seiner Unschuld zu viel Absicht, und in all seinen Lieder schwebt er zwischen dem Volkston, und Opernton, so das rechte Geschmackvolle hat er, genug ich kanns nicht sagen, sein bestes Lied ist immer »Kennst du das Land« weil man es nicht anders componiren kann. Ich habe die Rose vor langer Zeit schon einmahl ein wenig zu gestuzt, aber ich sehe, daß ich sie vielleicht nur verdorben habe, ich schicke dir es hier mit, vielleicht ist der Text so manchen angenehmer, 21
3r
3v
Nr. 365
4r
4v
die sich gern an die kleinen Steifheiten stossen, den Weibern nehmlich. Die von dir komponirten Lieder sind recht seelenvoll, ich bin auf die folgenden Verse so sehr begierig, sind sie neu? sie sind, so ganz wie Göthens erste Gluth. Frage doch Reichard, ob er nicht auch fremde Musick manchmal aufnehme, dann wolle ich ihm einige meiner Lieder senden. Die Rose war noch von Winkelmann für einen Allmanach abgeschrieben, aus dem nichts geworden ist. Alle Worte, welche Tieck in Erlangen und Nürnberg geredet hat, wo er 2 Tage bei Lepique gewesen, da dieser wieder umständlich an seine hiesige Bekannte geschrieben, wo sie jezt coursiren, er hat dort ausdrüklich allgemein gesagt, er gehe nach Italien, und schreibe einen Antifaust, in dem er die ganze Litteratur lächerlich mache, welches ihm besser gelingen wird, als die Eugenie schlecht zu machen. Gott sei Dank wer eine Faust im Spiel hat, wird nicht lacherlich werden. Diese Leute wißen nicht waß sie mit dem Göthe machen sollen, der durch ihre Satire selbst gedeihen wird, unter einen Baum scheißen, heist ja ihn düngen. Ich habe die bekannten Romanzen wieder vorgenommen, und noch drei hinzugedichtet, nehmlich die drei ersten, die, welche du kennst, sind die drei mittelsten geworden, das ganze wird jezt ein wirklich wunderbares erschütterndes Gedicht, ich habe bei keiner Arbeit so gearbeitet, es werden wohl zwölf werden, und der Titel, Das Wunderthätige Bild unserer Lieben Frau von den Rosen, wie auch die Erfindung des heiligen Rosenkranzes. Die Musikanten werden nächstens in Mannheim wieder gegeben, für welche Bühne ich auch eine kleine Oper zur Vermählung des Kurprinz von Baden mit der Baierschen Prinzessin zu schreiben Auftrag habe, es wird etwas ähnliches wie die Musikanten. Ich habe dir und Reichard einen Vorschlag zu machen, bei dem ihr mich nur nicht ausschließen müßt, nehmlich ein Wohlfeiles Volksliederbuch zu unternehmen, welches das platte oft unendlich gemeine Mildheimische Lieder buch unnötig mache, wenn wir zum Anfang nur ein hundert Lieder, die den gewöhnlichen Bedingungen des jezzigen Volksliedes entsprechen, beisammen haben, mehrere sehr vernünftige Prediger der Pfalz haben mich schon darum gebeten, man könnte es abtheilen in einen Band für Süddeutschland, und einen für Norddeutschland, weil beide sich in ihren Gesängen nothwendig trennen, es muß sehr zwischen dem romantischen und alltäglichen schweben, es muß Geistliche, Handwerks, Tagewerks, Tagezeits Jahrzeits, und Scherzlieder ohne Zote enthalten, die Klage über das mildheimische ist allgemein, es muß so eingerichtet sein, daß kein Alter davon ausge22
150
155
160
165
170
175
180
15. Februar 1805 185
190
195
200
205
210
215
schloßen ist, es könnten die bessern Volks∧lieder drinne befestigt, und neue hinzu gedichtet werden, ich bin versichert, es wäre viel mit zu würken, aüßre dich darüber mir ist der Gedanke lieb. – . Otmars Volksagen kenne ich, aber sie sind mir ausser dem Gedachtniß, ich laß sie zu einer Zeit, da sie mir außer allem Bezug lagen aber sie unterhielten mich, ich sehe sie jezt wieder an. Welchen Aufsatz hast du in ihrer Hinsicht gemacht, wo kommt er hin, melde mir das. Dein Brief an Sophie, ist mir mit das herrlichste, waß aus deiner Feder floß, so poetisch mild, ungebunden, edel und delikat, Arnim es kann kein Mensch in so züchtiger bedeutungs∧voller gestaltvoller Gestalt sprudeln wie Du. Wenn du den Sommer hier bist, wollen wir den Reihn wiedersehn, und die alten Schlößer beweinen und Besingen, wie könnte eine epische Elegie schöner Gedichtet werden. Der Wittich vom Jordan und der Herzog Ernst werden für mich und dich in Gotha kopirt, wie auch die besten, der übrigen Heldengedichte – Die liebe Pistor, sage ihr ich hätte heute Nacht von ihr getraümt, daß ich ihre Hand geküßt, ich denke sehr oft an sie. – . In Betinen gehen, wie mir ein Brief von ihr zeigt, wunderbare Dinge vor, ich glaube, sie studirt Philosophie, ich schreibe ihr nicht mehr, ich begreife sie nicht, den Brief lege ich dir bei. Für deine Trauerpost von Hinze, sage ich dir, der alte Schwab ist von uns nach Miltenberg in seine Heimath gegangen, weil sein Bruder gestorben, sobald das Wetter gut ist, besuch ich ihn, jezt habe ich keinen geliebten Mann mehr zu Hauß, keine Heimath, das hängt mit den alten Rheinburgen zussammen. Grüße mir alle Geliebte, schreibe mir bald wieder, deine Briefe sind mir das Liebste waß ich jezt habe, verzeihe, daß ich dir nicht mehr heut geschrieben, das Catalog durchgehen, und die Anabaptistica hielten mich auf Dein Heidelberg den 15 Febr 1805. Clemens Brentano Deinen Brief erhielt ich den 10ten. Febr. NB. Die von dem † Bode herausgekommen Burlesken taschenform. Leipz. Junius 1804. sind allerliebst, freier, absichtsloser, und erfindungsvoller, als alle tieksche ahnliche Poßen, so wie es mir im Augenblick der Lektüre scheint.
23
5r
Nr. 366
366.
1r
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, vmtl. 26./27. Februar 1805, Dienstag/Mittwoch
Lieber Clemens! Wo mich die Gedanken nicht zu Dir hinführen, da thun es die Bücher. Gestern glaubte ich Dich zu hören, als ich eine Sammlung deutscher Volkslieder von Ellwert Marburg 1781 erhielt, Und wenn zwey Liebercher scheiden, so drücken sie einander die Händ, auch das Lied vom venedischen Glase ist schöner darin als bey Herder, so wie ich auch neulig Stand ich auf hohen Bergen in Bragur gefunden. Heute kaufte ich Gassenhauer, Reuter und Bergliedlein christlig verändert Frankfurt am Mayn 1571 hör daraus 1. Der Gukuk mit sein Schreien Macht fröhlig jedermann Des Abends fröhlig reihen, Die Meidlein wohlgethan; Spazieren zu dem Brunne Pflegt man zu dieser Zeit, All Welt sucht Freud und Wunne Mit reisen fern und weit 2 Es grünet in den Wäldern Die Bäume blüen frey, Die Röslein auf dem Felde Von Farben mancherley. Ein Blümlein steht im Garten Es heist Vergißmeinnicht Des Edelkrauts zu warten Giebt Trost der Seele dein. 3 Das Kraut je länger je lieber In meinem Herzen blüht Bringt mich zu dir hinüber Zu dir im Herzen zieht Ich hab es wohl vernommen Was dieses Kraut vermag Wann ich zu dir gekommen, Da kommt es an den Tag 24
5
10
15
20
25
30
35
Vmtl. 26./27. Februar 1805
40
Ich habe wenig verändert, mehr weg gelassen. Ein andres vom Jäger der drey edle Frauen antrifft Glaube Liebe und Hoffnung und sie alle drey mit nimmt schliest so: Hoffnung Lieb und Glaube, die schönen Schwestern drey, wenn ich die Lieb anschaue, die gröst, sag ich sie sey. Sehr närrisch sind in einigen die Undeutligkeiten der Liebe auf Christus verdeutligt: Bette
Ihr seyd im Glauben träg und faul Thut es 45
50
55
60
65
70
Betet nun herzlig selten Oft betet Çnur .........È allein das MÇaÈul, Bey mir müst ihrs entgelten Für euer Schuld Geb ich mein Huld Also ist nicht sitt ju ju ju ju Liebs Mennlin, murr nur nit. Merkwürdig ist eine andre Sammlung Lieder von Greflinger Rosen und Dörner, Hülsen und Körner Hamburg 1655, weil darin viele von den Formen vorkommen, die ich von Göthe eigner Erfindung glaubte, ja bis zur Täuschung geht dies in dem Schlusse eines Gedichts, wo die Mutter sagt Mutter Haben die Götter es also versehen Liebet euch lieblig ich willige zu. Wollet euch ehrlig und ehlig begehn Mehren und ehren in liebliger Ruh. Völlig ungeändert. Aus einem gar niedligligen Liede an seines Freundes Freundin 1. Der die Sonne viel besieht Schadet seinen guten Augen, Also will es mir nicht taugen Deine Schönheit, deine Blüt Edles Marianichen, Uebermässig anzusehn. 2 O mein Freund, wie wol ist dir Der du ihre Gunst genüssest Sie nach Lust und Willen küssest Thu es doch nicht mehr vor mir 25
1v
Nr. 366
Denn ich bin also gesitt Wo man küsset, küss’ ich mit.
2r
2v
d* 27 Feb 1805 Ich werde überströmt mit Deiner Güte mit Deinem Gedanken, liege ruhig in der Marmorwanne und sehe wie die warme Fluth über mich hinsteigt. Deinen lieben gelehrten Brief aus Heidelberg, den Brief deiner Liebe, der mich in England verfehlt, (Weimar August 1803) und den Brief deines Lebens Tieks Büste erhielt ich fast zu gleicher Zeit; worauf soll ich zuerst antworten? Deine Büste, mit der rede ich, darum will ich nicht von ihr schreiben; den Brief deiner Liebe nun für den hast Du Dir schon genug Antworten geholt, darum lieber gleich zum Neuesten Deine Schwester scheint viel eigenen Sinn und Festigkeit gewonnen zu haben, es freut mich Du hättest sie sonst einmal ein Paar Monat aus den Augen verloren und ihr nachher vorgeworfen daß sie Dich nicht mehr ansehe, daß sie sich so fremder philosophischer Worte bedient, das möchte mich fast glauben machen, sie meinte es nur gerade so weit, als sie es geschrieben. Sie will an mich nicht schreiben, weil sie nicht weis, was daraus werden könnte, das mag sehr vorsichtig seyn, in Frank∧reich ist es sogar Gesez der Schickligkeit. O ihr armen Jungfern der Erde, so seht ihr den Strom der Welt fest und unbeweglig durch euch hinziehen, bis er euch so mit klarem Sinter inkrustirt, daß ihr nicht aus den Augen sehen könnt. Und doch fühle ich, sie thut so am besten wie Sie thun will, auch ist die Philosophie gar sehr natürlig, wenn man krank ist oder gewesen, aber bin ich nur einmal wieder in Frankfurt, so will ich sie damit auslachen, daß sie an Tod und Leben ohne Lachen nicht mehr denken soll, denn genauer genommen sterben und leben wir zehntausendmal in einem Leben auf. –. Dann lese ich ihr vor Ollapadrida den durchtriebenen Fuchs∧mundi und Speculum mundi eine feine Comödia, lauter schöne Bücher, die ich zusammengetrieben. Gar vieles kann ein Wort besagen Wenn Auge sich im Auge sieht, Doch glaubet es sich schon verschlagen, Wenn es nicht mehr das Ufer sieht. Deiner Gelehrsamkeit ein Pergamentkleid, deiner Sorge für mich ein goldner Scheit; Saperment was soll ich Dir für Commissionsgebühren geben, Du Wunderthäter, der alle Rarität der Welt mir zusammenzaubert; einen warmen Händedruck? Ich bin nicht müssig gewesen Flemming, Opitz, Tscherning, Lohenstein, Logau, Frischlin und die beyden 26
75
80
85
90
95
100
105
110
Vmtl. 26./27. Februar 1805
115
120
125
130
135
140
145
150
Gryphius liegen mir zu Füssen. Cardenio und Celinde habe ich Lust neu heraus zu geben, es ist durchaus einzig und vortreflig auf der deutschen Bühne, geändert soll so wenig wie möglig werden, nur weggelassen dieser oder jener Sonnenflecken, der den reinen Ton dieses wunderbaren Himmels durchschattet; Der Anfang, die herrligen Liebesscenen sollen während der Erzählung im Hintergrunde als Ballet vorgestellt werden, eine Erfindung die ich für durchaus neu und für einen bedeutenden Schrit in der Darstellenden Kunst halte unendlig besser als ein erzählender Prologus oder Chor, Piast könnte unter Göthe’s Namen gehen, der beyläufig gesagt von einer schweren Krankheit wieder hergestellt, zu seiner Genesungsfeier. Zwey Engel halten die Wache vor der Thüre, es ist vortreflig! Ueber das Volksliederbuch denke ich sind wir lange einig, nicht ohne Dich und mit keinem andern als mit Dir möchte ich es herausgeben. Meinen Aufsaz über Volkslieder würde ich Dir gern für das Journal schicken, nur hat Reichardt einen Auszug daraus schon für seine musikalische Zeitung gemacht und drucken lassen; in jedem Falle sollst Du eine Abschrift haben, Du magst machen damit, was du willst, – nur Eins wird ausgenommen, die verkehrte Druckerey. Ich sammle fleissig an Liedern, das Mildheimische Liederbuch ist zwar im Gan∧zen schlecht, kann uns aber im Einzelnen manches Brauchbare liefern, wir müssen es machen wie mit Miniaturpinseln, aus tausend nur eines und aus dem neuen tausend der Art wiederum nur eines. Reichardt hat über zwölf andere Lieder von mir komponirt, die Du alle nicht kennst, ich habe noch manches ins Reine geschrieben und ich denke bey meiner Anwesenheit in Heidelberg soll die schnelle Confrontation der Lieder der Liederbrüder keinen Aufenthalt finden, sondern sogleich in der weiten Welt sich Dach und Fach suchen. Dazu bewahre Deine herrligen Melodieen, die mir, ich gestehe Dir, mehr Freude machen als alle andre und des wegen habe ich auch Reichardt von deinem Vorschlage nichts gesagt, es nimmt auch ein Tauber durch keine Freunde Musick auf Das glaube mir, Reichardt kennt den Geschmack der Welt. Schimpfe lieber geradezu auf seine Arbeit, als diese Art von Lob in deinem lezten Briefe. Du wirst doch endlig finden, daß er zu den wenigen Musikern gehört, deren Arbeit wenig abgerundet durch die Zeit, wie das mit allen Liedern geschehen muß echtes Volkslied werden kann. Ich erinnere dich nur an sein: 1 Wenn ich ein Vöglein war: 2) Ach was ist die Liebe für ein süsses Ding 3) Im Walde 27
3r
3v
Nr. 366
schleich ich still und wild. 4) Wie lieb ich euch ihr Nachtigallen. 5) Erlkönig 6) Den König von Tule und viele andre, die ungedruckt noch bey ihm liegen, so wie an vier Lieder von mir, die ungedruckt und ganz wunderbar von ihm komponirt. Sehe sie nach und du wirst dich überzeugen Ich kann Dir nichts als meinen Glauben geben, aber glaube mir, daß er bey mancher Schwäche doch der lebendigste ständigste Mensch, der mir hier vorgekommen. Ich habe für meine Lieder aus Göthes Müllerromanzen ein Liederspiel gemacht, wo Markgraf Otto, lezter des Ascanischen Stammes als Edelknabe, und dessen Grete die Lise vorstellen, es ist viel Erfindung darin ungeachtet ich durch die Lieder Beschränkung so wenig neues wie möglich hinzusezen, gar manches aufgeben muste. Er fürchtet sich es zu geben, weil mir die Scene in der Mühle gar zu zärtlig ausgefallen und ich sie nicht aufgeben will. – In diesen Tagen fange ich die Guitarre an, es treibt mich mächtig dazu, wie lange der Trieb gedauert, das höre an meinem Spiel in Heidelberg. Heideday Juch hey sasa 4r
4v
Unser Land befindet sich jezt in einer schmäligen Traurigkeit, keiner geht zur Oper oder zur Komödie, denn sie sind wegen der verwit: Königin Tod geschlossen, die Klocken klingen durch die Stadt, daß man davon∧laufen möchte und die Erde ist von Thränen aufgeweicht. Die erste Oper von Naumann hatte einige sehr tragische Scenen, weil der Fischer ganz wie der Sauschneider in der Puppenkomödie gekleidet. Die Kassini wird mir immer wunderbarer, wie sie etwas so toll Fremd∧artiges als eine italiänische Oper mir ist, so zur Wahrheit hat adeln können. Ich kann dieses Fremdartige nicht besser als in einer hiesigen Anekdote darstellen: Fischer sagt im Siegeswagen zu dem ziehenden Löwen hinunter: Kerl wackle er nicht so mit dem Arsch. Singt weiter. Löwe antwortet: »Leck er mich im Arsch, der Baran Reck (der Direktor) hat mirs Wackeln befohlen.« So wackeln die Kerls ihre Ruladen herunter, lachen, liebäugeln, zischeln, fressen dazwischen, so machen die Hunde aus einem Furz drey Fieste. Dann haben sie Psyche mit der tollen Parisermusik gegeben, dort in dem Umschwüngen des Tanzes verschlungen, hier läuft sie eiskalt mit den trägen Beinen herum wie ein Floh im Stiefel. Jupiter trit mit dem Vogelfängerliede auf und ein recht leichtfertiger Tanz wird von Agamemnons Todtenfeier begleitet Reichardt’s Oper kenne ich nur aus den Proben, sie hat wunderbare tragische Effekte, und ist ein Ganzes, wären unsre deutschen Sänger nicht in der Kehle hier verkleistert und verbunden, so 28
155
160
165
170
175
180
185
190
25. März 1805
195
200
205
210
215
220
heftete ich ihnen eine deutsche Bearbeitung an. – Gieb doch eine Bearbeitung des Piast zur Vermählungfeier des Badischen Prinzen, es wird doch dabey ein ganz ernstes Stück erfordert, und dieses liesse sich leicht noch erhöhen und vollenden. Doch was erfreche ich mich, ist nicht die Erfindung das liebste und angenehmste und nur die Ausführung was drängt und zwickt, daß die Form gerade voll wird und der Guß ohne Blasen. Fr. Tieck hat mir Deine Büste geschenkt, sie steht im blauen Zimmer auf der Kommode unter dem Spiegel, so seh ich mich doppelt. Er aß gestern bey mir mit Pistor und erfreut mich durch die Bestimmtheit seiner individuellen Erzählung, ungeachtet er von allen schlecht spricht so spricht er doch alles gut. Das ist doch endlig nicht wahr, wie er es erzählt von der Veit, Schlegel, Ritter u. a., wenn er gleich keine Lügen sagen mag; es ist etwas Wunderliges in der Mitte zwischen Wahrheit und Lüge und das liegt in dem, was nicht erzählt wird Deiner Romanzen freue ich mich immer mehr, man kann von ihnen sagen und überhaupt von Romanzen zu den Stücken der Schaubühne nach der Bibel: Wenn ihr nicht werdet wie jene u.s.w. Romanze und Drama scheint mir immer gleichbedeutender und wo ein Drama erscheint müssen sicher Romanzen voraus gegangen seyn; so würde ich mir nach meinem Bedürfniß Tiecks Aufzug der Romanze deuten, er hat wohl etwas anderes damit gemeint. – Das Meinen ist wirklig ein vortrefliges Wort, es ist allein mein, ich muß das lachend sagen weil ich eben beym Pruter Grafen gegessen, was wir wohl zu einander gemeint haben! Es ist unendlig dum wenn sich zwey Leute über einander aufhalten, der ist aber der dummste, der es anhört zwischen beyden. Ich muß schliessen, schloß ich Dich doch eben so leicht in meine Arme. Bis Heidelberg kling alles über zwey hey dideldey Huysasa Achim Arnim.
367.
5r
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 25. März 1805, Montag
Lieber Clemens! d* 25 März 1805 Heute morgen wurde ich sehr verwundert, weil ich Göthe zum erstenmal auf einem fahlen Pferde betroffen. Von Schmidt’s Gedichten 29
1r
Nr. 367
kannte ich nichts als eine Parodie, sie fallen mir in die Hand und zur Probe S 25 So manchen Abend traur’ ich hier In stummer Liebe Leid, In meiner Schwermuth kukst du dann Mich freundlig durch die Weiden an, Daß mich’s im Herzen freut x Wenn doch, wie du, mein Mädchen mild Wie du so freundlig wär! O such sie, lieber Mond, und schein Ihr in die blauen Aeugelein Und mach ihr’s Herzchen schwer. S 139 Bitte fur die Frau. O liebe Blätter kommt heraus Und macht uns Bäum und Hecken kraus! Daß Liebchen bald aufs neue Des hellen Grüns sich freue. x O lieber Hänfling, komm und bau Im Garten bald! die junge Frau Will gern dich unter Blüten Da lieben sehn und brüten. S 180 Frühlingslied »Schönes schönes Wetter, »Schöne grüne Blätter »Süsser Duft die Wies entlang »Süsser Feld und Waldgesang x Und im Arm getragen Will mirs Kindchen sagen Wie so herrlig Gottes Welt, Ihr im ersten Lenz gefällt. x Doch fürjezt nur lallen Kann es von dem allen, 30
5
10
15
20
25
30
35
25. März 1805 40
45
50
55
60
65
70
Was sein Herzchen froh empfand, Reden nur mit Fuß und Hand. x Aber singst du wieder Kukuk, deine Lieder, Uebers Jahr dann hör ich zu, Kukuk, ruft sie dann wie du. Noch erwähnte ich gern eines Weihnachtsliedes, und ein Par anderer Landgedichte, die reich und originell individuel sind wie wenig Gedichte, ich habe aber das Buch weggeworfen weil Göthe mir zum erstenmal recht miserabel vorkam. Seit dem Januar hat eine neue Zeitschrift Eunomia angefangen, worin Aufsäze von Johann Müller Fichte und anderen Edlen der Müller über Friedrich den zweyten ist als wenn er ihm jedes Haar seiner Peruke besonders pomadirt und eingepudert, die ganze Peruke ist darum doch nicht frisirt. Fichte hat wieder aus dem Principe seines Grundirthums das Schlechteste uns von sich mitgetheilt, er will sich nicht verrathen in der Redoute und muß darum seinen Witz verschlucken. Zur Wiedereröffnung des Theaters: Mozarts Requiem alles gedrängt voll, der Vorhang wird aufgezogen die Musik streicht auf und nun gehen alle die komischen Alten feierlig beym Publikum vorbey, einer hatte noch nicht die Runzeln sich vom Gesicht gewaschen, den einen rührt die Musik, er fängt an wie in seiner Invaliten Rolle zu hinken. Bravo! Bravo! Zis. Zis. daß der feierlige Eindruck nicht gestört ward. Allgemeine Stille. Iffland schleicht unterdeß zu einem halben Becken, worin ein gewöhnliges Kohlbeken stand streut aus den Kulissen hinein Wachholderbeeren und bläst es mit Direktorialathem aus der Entfernung an. Allgemeine Rühre, abwechselnde Thränen.
31
1v
Nr. 367 2r
2v
Die Durchsicht des zweyten Bandes von Ofterdingen, mehr kann ich eigentlig nicht davon sagen, ist mir sonderbar bekommen, Es hat mich fester über∧zeugt, daß so über haupt keine Dichtung weiter entstehen kann, sondern daß sie da mit der Entwerfung des Plans aufgebraucht wie Didos Ochsenhaut die den weiten Acker feingeschnitten umspannt keinem mehr zum Lager dienen kann. Wer so etwas entwerfen will muß es wenigstens andern zur Ausführung über lassen, wie auch Schekespeare keins seiner Geschichten erfand sondern nur aus∧führte. Es mag überhaupt beydes eine sehr verschiedene Himmelsgabe seyn, wenigstens fühle ich, daß ich bis jezt mehr von dem Planwesen als von der Ausführungs-Kunst bekommen. Es läst sich wohl aus Bindfaden eine Ankerthau sehr ordentlig zusammen drehen aber nicht umgekehrt aus einem Ankerthau Bindfaden. O der lieben Langweiligkeit, so möchte ich nach Art eines Portugiesischen Kaufmanns ausrufen, der die Ochsen vorbey treiben sah und fragte wie vom lieben Brodte: Wo mag das Liebe Rindvieh noch alles herkommen? Nein von einem Stück wie die Hausfreunde des Iffland hast Du gar keinen Begriff, den Inhalt könnte eine Maus auf ihrem Schwanz wegtragen. Und Kotzebue ist auch wieder hier und giebt drey Bände italiänischer Reisen heraus. Gott sey uns gnädig. Ehe er angekommen bey einem Geburtstage von Schickler kaufte ich acht Bogen Papierheilige Neujahrs∧wünsche ließ mich unter seinem Namen anmelden und überbrachte sie, viele waren getäuscht und hielten es für seine Arbeiten aus Italien. Ich muß noch einmal auf die Hausfreunde zurückkommen, solch eine unergründlig künstlige Tiefe zur Langweile ist darin, Das einzige menschlige Verhältniß aller der nieder∧trächtigen Personen darin ist so versteckt, daß es erst in den lezten Scenen herauskommt, nachdem man über alle unbegreifligen Händedrücke, Zusammenklappen der alten Eheleute, Chokolatetassen, Sekreter Denn der Herr Seketär hat gar sehr viel Verwandte. Ich war gestern wieder in der Probe von Reichardts Rosmonda, hinter einer Seule versteckt, weil es strenge verboten, die Tanzgeister gingen bey mir und neben mir vorüber, ich ruhig unachtsam hörte der schönen Musick zu. Auf eines tritt der König mit zwey Prinzen herein, ich sehe sie und schreite wie ein Schatten durch sie hin durch und mache mich aus dem Staube. Sie behielten das Nachsehen. Ich habe immer das Schicksal, mich mit den Leuten auf wunderlige Art zu begegnen, 32
75
80
85
90
95
100
105
25. März 1805
110
115
120
125
130
135
140
145
wie Du von ihnen zu scheiden. La Roche glaubt noch immer, Du bist bei mir versteckt. Nun die Tage hell werden, scheint der Morgen herein, es ist als müste ich aufstehen um auf zu packen, um zu Dir zu reisen, sehe ich aber in Pistors Garten die grünen Augen der Sträuche, so glaube ich schon ganz nahe Dir zu seyn auf eine Station. Redtel ist fort, Reichardt geht bald, Finkensteins leben unter einer so zahlreichen Familie, daß man darüber verzweifeln möchte so viel alte Familiengemälde gehen da umher. Die Mutter fühlt es selbst, wenn ich sie hier besuche ladet sie mich nach Madliz ein, als ob der Ort etwas machte, als ob über alle Welt nicht ein freyer Himmel für freye Seelen. Die Heirath der Barnime mit dem Lacrymas-Schütz scheint widerrathen, sie scheint dabey nicht bekümmert. Gott weis, so elend sind die Mädchen jezt, ich glaube sie korrigiren in ihren Liebespriefen und sehen nach dem Dadum in denen, die sie empfangen. Was hier alle Welt beschäftigt ist ein todtgeschossner junger Mursinna – dieselben Leute, die ewig vom Schlagen reden, sind ganz verwundert daß man dabey umkommen kann, es ist wie Harlekin der zehn Jahre freit und sich sehr verwundert, wie er ein Ehemann geworden. Mir fiel dabey ein närrisches Stück ein, das fängt mit einer Höflichkeit an, die wird so übertrieben, daß sie zur Grobheit wird, auf die Grobheit folgen Schläge, von den Schlägen geht es alle Duellsorten durch bis sich die beyden auffressen, daß nicht∧s als die beyden Zungen übrig; doch sollte das keineswegs von einem Paar gespielt werden, sondern die Nebenstehenden, werden immer tiefer verwickelt als die Handelnden so daß der lezte gar keine Spur mehr von der ersten Entstehung des Handels hat. Ich glaube der Bartholdinischen Verzögerung auf der Spur zu seyn – es sind die Silberlinge. Er hat sich von Reichardt für einen seitenlangen Aufsatz in der musikalischen Zeitung ein Freyexemplar erbeten, du kannst denken, daß seine Forderungen bey längeren Aufsätzen in Verhältniß und er scheut sich, mir so etwas vorzutragen. Einer schneidet Stiefeln u der andre beschneidet die Juden und ein dritter ist der Jude selbst. Er ist jezt beständig mit dem Rollfinken Gall, der hier Modevorlesungen hält. Es ist mir gar zu modern, viel hundert Weiber, die da ihr fruchtbares Organ befühlen lassen. Neulich hat er doch eine hübsche Geschichte erzählt von einem Menschen, dessen eine Kopf33
3r
3v
4r
Nr. 367
hälfte verrückt und die andre sehr klug gewesen, wobey die kluge Seite über die Unkluge sehr schöne Betrachtungen angestellt, das mag er selbst seyn und die Betrachtungen seine Vorlesungen. Vielleicht gehe ich in seine Abendvorlesungen, die er den Gelehrten bestimmt. Auch ich war in Arkadien.
4v
Gestern sprach ich mit Franz Horn, bey dem ich einige Stunden gehört. Er hat viel mehr Talent zum Vortrage, als ich lange wahrgenommen, ohne irgend eine Beyhülfe spricht er die Stunde kurz und klein, oft spricht er sehr gut, vielleicht nicht ganz mit dem Anstande wie Winkelmann, aber unendlig ideenreicher und belehrender. Wunderlig war es, er las über A. Gryph und vergas des Cardenio und des Piast zu erwähnen, ich äusserte ihm meine Verwunderung und er ver∧wunderte sich noch mehr, weil er sie gar nicht kannte. Ich habe ihm mein Exemplar geschickt. Er hat ein Buch Luna geschrieben, worin altere Sachen abgedruckt seyn sollen, wahrscheinlig hat er es Luna genannt, weil der Mond ein Hörnerträger. und ihm die poetischen Ehebrecher darin viel aufgehängt. Kennst Du oder vielmehr ist Dir noch erinnerlich der edle Möringer aus der Bragur und die Geschichte des Ritter Trimunitas in Adelungs Magazin II B. 2 Stük. beyde sind gar herrlig, sie können uns zu den Volksliedern dienen. Reichardt der selbst über Volkslieder gesammelt, verspricht mir viele in Giebichenstein. Von ihm sind viele Melodieen in beyden Jahrgängen des feinen kleinen Almanach, der einige der schönsten alten Sachen in der ganzen weiten Welt enthält. Mein englischer Kasten ist unverlezt über Land und Meer in der Arche Noä zu mir gelangt, voraus kam die Taube mit dem Myrtenzweig, ich meine der Frachtzettel mit dem Fuhrmann. Das Beste daraus bringe ich Dir mit, die niedligsten der trockenen Früchte. Noch eine braune Frucht die ich dir bringe ist von wunderliger Art, sie ist nicht zum Ansehen allein, wenn man sie lange berührt brennen einem die Finger, man hält sie näher dem Magen als dem Herzen und doch geht sie zum Herzen, sie hat noch sechs Staubfäden wie die Blüte Achellei, die sich aber verziehen. Wenn Du es gerathen hast so sage nicht Laute, denn das ist eine Gitarre. Ich spiele schon die drey Reiter Juchhe Juchhe Juchhe Ja kommen zum Liebsten Juchhe In Heidelberg ritt ein Reiter hinein, Juchhe, Aufs Pflaster da muß ich getrabet seyn. Achim Arnim 34
150
155
160
165
170
175
180
185
2. April 1805
367.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 25. März 1805, Montag
5
10
15
An Clemens Müller pomadirt und pomadirt jedes Haar eizeln von Friedrichs, darum ist Friedrich noch nicht frisirt. Warum kann das Beste am leichtesten erkannt werden und verlorengehen am Helden wie am Schriftsteller? Weil man weder Scheffel noch Metze, noch Centner noch Pfund dafür hat. Der zweyte Theil von Ofterdingen ist mir sonderbar bekommen. So kann keine Dichtung entstehen wie die sechs Romane angelegt, der Dichter müste denn der Herr Gott ganz und gar seyn und dann brauchte er keine Leser wenigstens kann der Planmacher es nicht ausführen. Einer macht die Pinsel, der andre mahlt. Die Poesie ist jenen im Plan aufgebraucht wie Didos Ochsenhaut zum Ganzen schmieden, es wird keiner mehr darauf schlafen, oder siÇch ......È drin einwickeln. Es läßt sich wohl aus Bindfaden ein Ankerthau zusammendrehen aber nicht umgekehrt aus einem Ankerthau Bindfaden. Bey F. Familiengemälde die lebendig scheinen – das macht nicht der Ort allein. Çspott ............È nicht über alle Welt für freye Seelen ein freyer Himmel.
368.
5
10
1r
1v
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 2. April 1805, Dienstag
Heute habe ich einen zweiten fröhlichen Brief von dem troubadour begleitet von dir, deinen vorigen wollte ich alle Augenblicke beantworten, aber ein gehaufter Briefwechsel mit Savigny, mehreren Antiquaren, und eine unendliche menge Bücherkatalogen haben mir immer die Zeit genommen. Dieser mein Brief nun redet vor allem an dich, in baldiger umgehender Antwort mir dein Abreise von Berlin bestimmt anzumelden, da ich sie in meine Zeit, an der ein sichtbare und unsichtbare Familie Theil nimmt, einfügen muß mein Plan ist nehmlich, du sollst Ende April hier eintreffen, ein paar Tage hier sein, und dann nach Frankfurt mit mir gehen, biß Sophie niedergekommen ist, dann eilen wir hier her zurück, du haltst mein Kind zur Taufe, 35
1r
Nr. 368
1v
wenn es lebendig ist, oder sezt ihm einen Leichenstein im entgegengesezten Fall. Hier mein Lieber schwäzzen die Baüme schon ganz anders, als in Pistors Garten, hier ist schon von mehr als Knospen, hier ist schon von Blüthe und Blatt, und von der Pistor beinahe selbst die Rede. Auf! Auf! ermuntre dich, breche auf, ehe die Knospen bei euch aufbrechen, ich lege dir hier ein Stück Frühlings∧lied, aus der Truznachtigal, des Jesuiten Spee 1696. her, dieser Mann ist ein Dichter mehr als mancher Minnesänger, du wirst über diese Lieder staunen, wenn ich noch einige mir fehlende Schriften dieses grosen in religeuser Liebe grösten Dichters habe, will ich ihn heraus geben, er soll uns vieles zu den Volksliedern bieten. Dein heiliger Eifer über das fahle Pferd Göthens ist recht herzerfreulich, lieber Junge, wie wahr und ächt ist deine Liebe, da solche Einsichten dich ärgern, Göthe hat auch wohl nicht das Talent des Schmidt parodirt, sondern die Quantitet und das ewige Wanns immer wanns immer, wans immer so wär in ihm. Daß dir Andreas Gryphius geworden ist, und lieb geworden ist, freut mich, das ist per Simpathiam ich liebe ihn schon lange, ein paar Scenen aus dem vortreflichen Cardenio beinahe unverandert hat meine Frau bereits in ihre bunte Reihe, die Ostern erscheint ein gerückt, sie fand sich sehr überrascht, daß auch dir das ganze so gefällt, und hat um dich zu zwingen deine Privat Aussage einst offentlich zu halten in ihrer Vorrede gemeldet, daß du das ganze bearbeiten würdest. Den Piast hat Maier, der Verfasser des Epos Tobias, in Frankfurt, bereits vor zwei Jahren, auf meine Veranlassung nach meinem Exemplar in seinen dramatischen Spielen Frankfurt bei Körner bearbeitet, übrigens fielen diese Spiele so aus, daß Savigny und ich über den Innhalt folgender massen spasten. Ixion ist ein Nixion, Piast ist keinen Piaster werth und der Feuerallarm ist ungeheuer arm. doch ist es der Einsicht werth. Uebrigens halte dein Gryphius fest, er ist selten, eben dieser Meier hat den Leo Arminius bearbeitet in seinem Pulte liegen. – . Die mir im vorigen Bande gemeldeten Liedersamlungen, Gassenhauer, Rund und Bergliedle, wie auch die des Greflingers bringe mit, ich kenne sie nicht und wir wollen sie zu den Volksliedern ausziehen. In Weimar wird den fünfzehnten April Herders Bibliothek versteigert, die unbekannteren bessern Dichter jener Zeit einen Schatz enthält, da wir uns mit unsren Comissionen leicht collidiren können, so rathe ich dir: keine Aufträge zu geben, ich will für dich und mich kaufen, und wir wollen redlich theilen und mittheilen. In Hinsicht unsrer Freundschaft habe ich ohne dies noch manichfache Lebensplane, von Möglichkeit des Zussammen36
15
20
25
30
35
40
45
50
2. April 1805
55
60
65
70
75
80
85
lebens abwechselnd in Winterstadten und Frühlingsländern, die der Sommer mir hier ausbrüten soll. Ich bitte dich nur dringend bestimme dein Hierherkommen, umgehend wahrhaft und bestimmt. Daß der Englische Kasten da ist, Heisa victoria! ehe du etwas nicht mitbringst, waß mich intressiren könnte, schreibe mir lieber den Innhalt der Arche, daß ich die Opferthiere auswähle. Deine Guitarre könntest du da sie doch ein unbeholfenes Reiseorchester ist, zurücklassen, du findest hier zwei, es sei denn, daß du dein Reuterlied unterwegs als eine Ermunterung der Pferde exerziren wolltest, dann nimm sie ja mit, und eile so schneller zu uns; Ich mache gewissermassen die Augen gar nicht auf, vor dem bereits hereinbrechenden Frühling, der mir nur ein vorbereiteter Triumpfbogen ist, unter dem mein Kind und sein Genius du, und das Leben zusammen treffen sollen. Savigny, dem es in Pariß unendlich misfällt, wohnt dort in einem Garten und arbeitet Schätze aus, Gundel gedenckt nächstens seinen grösten zur Welt zu bringen. Savigny gedenkt im Sommer Deutschland lieber wiederzusehen, da er dich darin zu finden hoft. Er hat mir dort außer andern vortreflichen Sachen auch den Lancelot de Lac folio gekauft, den du so sehr liebst. Einer meiner lebendigsten und liebsten litterärischen Plane ist mir durch Otmars Volkssagen (Nachtigalls) erst wieder recht lebendig und deutlich geworden, welcher bei deiner Ankunft berathschlagt, und seiner großen Einfachheit, Leichtigkeit, und Vortreflichkeit wegen ohnfehlbar in Ausübung gebracht werden soll ist eine fortlaufende Zeitschrift für deutsche Volkssage, in einem Zirkular, werden Prediger und andere taugliche Männer bestimmter Districkte zur Einsendung der Sagen an ein Hauptbüreau aufgefordert. Durch Hessen, Schwaben, und am Rhein habe ich und andere Bekannte genug, die sich wie einzelne Wurzelzweige wieder zerzaßern können, die Sage einzusaugen, in Norden mußt du anspinnen, alles Eingesandte, wird geordnet, der Stiel und der Styl werden weggeworfen und die Sache so kurz gesagt, als der Artikel eines Wörterbuchs, so oft eine gehörige Anzahl da ist wird ein Band wohlfeil gedruckt, das Honorar aber, nach Abzug der Briefporten nach der Zeilenzahl unter die Einsender vertheilt, frei Exemplare werden keine ausgegeben, sollten nicht unter den Mitarbeitern schon, wenn nicht zu viele Exemplare gedrukt werden, eine beinahe hinreichende Menge von Abnehmern sein, ich meine das ganze, wenn es wie die Weinlese distriktweiße geärndtet wird, muß manchen guten Becher Weins abwerfen in dem sich der König von Thule todttrinken dürfte, ohne sich 37
2r
Nr. 368
2v
zu vergeben, oder besser ohne sich was zu vergeben. Doch hiervon beim Weine Mehr. – . So eben lese ich in Gotsched Vorrath zur dramatischen Dichtkunst 1ter Band. p 259 »l’honette femme. 1695. Dieses Lustspiel ist ein Auszug, aus einem lacherlichen Roman Schelmufskys ect. welcher 1696. 80 in Leipzig hier heraus gekommen. Es hat damals hier wirklich solche Originale gegeben, die darin lächerlich gemacht werden« Doch so eben bemerke ich, daß jenes Lustspiel, dessen ganzer Titel also heist, lhonette femme oder die ehrliche Frau zu Plissine ein Lustspiel aus dem franzesischen ubersezt von Hilario. Plissine. 8.°, als von 1695 der Roman aber 1696 angezeigt ist, sollte dieser aus jenem entsprungen sein, und sich das Lustspiel vielleicht mit den Liebeshändeln der Mutter beschäftigen, von welchen im Roman um ihn zum Wahren Epos zu machen nur noch der Schwanz – der Ratte von Mythischen Urnebeln umhüllt hervorblickt. auf der andern Seite steht le jouvanceau charmant Seign. Schelmufski. Oper. 1695 Hamb – 1696 kommt la maladie et mort de lhonette femme von Schelmufski Reisegefahrten dieß habe ich als zweiten Band, meiner Ausgabe von 1753. – Diesen Dramatischen Vorrath Gottscheds mußt du dir anschaffen, er ist sehr unterrichtend und schön zu lesen, er ist noch im Buchhandel. Vom Horn, den ich grüße bitte dir aus, daß er den Cardenio nicht bearbeitet Daß Horn so gut redet und schöne lehrreiche Sachen redet, freut mich herzlich, der arme Teufel hat es immer mit seiner Poesie sehr ernsthaft gemeint, und macht jezt einen guten Mist, da er als ein glaubiger Franz Horn Blumen und Heu ruhig gefressen, wiedergekaut und verdaut hat; Winkelmann hat ihn stets sehr geringfügig behandelt; ich kannte ihn in einer Epoche, da er an der sentimentalen Rindviehseuche kranck war, und schrieb ihm seiner vielen Ueblichkeiten wegen als guter Freund folgendes Rezept, welches er gebraucht zu haben scheint. 2. Ach im Sarge erlahmt selbst des Tanzmeisters Fuß 1. Ach im Backofen singen selbst die Erfrorenen Aepfel Sollen die Kuchen dir Aufgehn, ach! so erhitze die Formen Ist dir dein Elend Gesang, ach! so pfeife dein Lied! Ich war ihm immer gut, und habe immer die Wahrheit von ihm und zu ihm gesprochen, wenn ich ihn gleich bei keiner Mlle Gedicke empfehlen konnte. Ich wollte er käme hierher, und läse als Privatdozent über deutsche Poesie und Aestethick, hier ist niemand. ich wollte dir ein Frühlingslied abschreiben, meine Frau aber hat dir beikommende christliche Ekloge von obgenanntem Spee abgeschrieben, und ich sage 38
90
95
100
105
110
115
120
125
2. April 1805
130
135
140
145
150
155
160
165
dir nur keines der übrigen Lieder ist schlechter. Die Wiedertäufer Sachen sende ich dir nicht, da ich noch mehreres erwarte, und deine Ankunft hier hoffentlich nahe ist, vergiß deine Manuskripte nicht hierher mit zu bringen, schreibe mir bald, gleich, daß und wie du abreisest. Eine wunderbare Neuigkeit muß ich dir noch melden, von München ist die Nachricht hier erschollen, daß L. Tieck sich dort so leidenschaftlich und wunderlich verliebt haben soll, daß seine Geschichte die Geschichte der ganzen Stadt geworden ist; wenn du bald kömmst, habe ich die Idee während den Wochen Sophiens statt in Frankfurt in Nürnberg und München mit dir zuzubringen, aber du mußt ja bald kommen, damit wir Tieck noch finden. Mein Freund Dotzen und Kochs Dozeececeen ist Akzessist bei der Bibliotheck dort geworden, er hat in Aretins Journal, daß sich auf die Schätze der Biblioth. gründet, 10 ect. Stück seine Entdekungen über das Heldenbuch bekannt gemacht. Wir könnten durch ihn viel dort lernen und ohne ihn manches sammlen, das Reisen von hier nach München ist sehr wohlfeil, eile doch hierher. Du hast mir soviel vom Konig Parismus und andern alten Büchern gesagt, daß ich vor Begierde brenne. Bei mir selbst wirst du manchen Schatz entdeken, den ich selbst nicht kenne. Wenn du nicht mehr lange mit der Reise zögerst, so kann ich auch noch viele Vortrefliche Bücher für dich kaufen, wozu deine Einwilligung gehört, und deren Titel dir einzeln zu melden mir sehr mühsam wäre. Deine herrlichen Costume Zeichnungen zu dem Berliner Theater sind mir immer sehr erfreulich, besonders hat mich der allegorische Kammerherrn Schlüßel auf Iflands Hintern ergözt. Einen Gefallen könntest du mir erweißen, in Berlin hatte Pistor ein kleines altes Buch, Salomon und Markolph in Versen, ich glaube er hatte es vom Antiquar geliehen, ich besitze es abschriftlich, aber mir fehlt eine Seite, könntest du es wohl habhaft werden und mir die Seite abschreiben lassen, es werden gegen 30 Zeilen sein. Mein Defizit ist in dem Kapitel = Hie streitet Morolf mit seinem Volke wider den Hevsche Künig pryncian und mit syme Brüder pellyan. = von der Ein und fünfzigsten Zeile = sie versiegelten das Beide do = biß = da Knüwete für sie Morolf der listige Mann. Pistor wird dir sagen wo es stekt, entweder hat es der Antiquar oder Koch oder er. – In Koch litteratur IV Band p. 99. steht der Anfang einer parthie älterer interessanter Volkslieder, die er besizzt, sie doch zu, ob du sie von ihm geliehen erhalten kannst, und dann schreib ab, oder laß abschreiben, ich erhalte nächstens ein Manuskript des Renners, und habe Hofnung zu andern 39
3r
Nr. 368
3v
Manuskripten. Vieles könnte ich dir noch schreiben aber ich habe soeben in meinem Haushof auf einer Matraze in der Sonne gelegen über mich wälzten sich ein halbduzend Kinder herum, das alte Schloß, zu welchem ich kaum ein paar hundert schritte habe guckte mich zu gleich an, und so habe ich eine Art von Sonnenstich erhalten an einem Sonnenstrahl auf die Matraze, wie ein neu ausgekrochener Schmetterling gespießt, bin ich noch so dumm im Kopf, daß ich nicht viel Gedanken beisammen habe, doch während ich mich besinne, will ich dir noch ein Lied des Spee hinter jenes meiner Frau schreiben, damit ich dir keine Zeit verschwende. – . Soeben fallt mir ein allerliebstes Histörchen vom Teufel ein, teuflischer und spashafter weiß ich keines von ihm ich laß es in einer kleinen Schrift De cre`dulitate Daemonibus adhibenda Felicis Matheoli (Felix Hämmerlein eines Zürcher Chorrherrn der 1380 lebte und sehr gegen das Concubinat der Geistlichen eiferte, ich will dir es ganz herschreiben, es bewegt dich gewiß zum Lächeln. »Narratur de quodam Sacerdote, qui propter vehementem fornicationis superstitionem et infamiam cum uxore potentioris villae ibidem exortam de sua parochia per quoddam nemus multum perterritus fugiebat; cui Diabolus in forma religiosi Sapientis obviabat, et ait illi: quo vades lamentabili tristitia gravatus, quod cognosco divinis visionibus; et ille rem gestam sinceriter narravit. et religiosus ait: et si hoc maledictum mebrum non haberes, tu indubitanter in villa tua secure maneres. Et ille: Utique domine. et Religiosus inquit: Leva vestimenta tua ut tangam illud; prout tetigit, et hoc mebrum illico disparuit, de quo sacerdos multum gavisus et in villam reversus et pulsatis campanis, innocentiae suae Sinceritatem ostensurus; et congregatis Parochianis, continuo spe plenus, Stans in Canzellis et confidenter elevatis vestimentis; et mox mebrum suum abudantius, quam prius apparuit. Hoho! – Aber nun adieu für heut! schreibe gleich, daß du gleich kömmst, waß sizzt du länger in Berlin. Die abgeschriebenen Lieder aus der Trutznachtigall sollen und müßen dich freuen, komme in dies schöne Land, es ist hier schon unbegreiflich schön. Dein treuer Clemens. Grüße mir Pistor und Weib und Hausfreund 2t April 1805.
40
170
175
180
185
190
195
200
8. April 1805
369.
5
10
15
20
25
30
35
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 8. April 1805, Montag
Berlin d* 8 April 1805 Clemens! Clemens! Ich habe zweymal an Dich geschrieben und lange nichts von Dir gehört, wie steht es mit Dir, wie steht es mit mir in Dir, bist Du so beschäftigt, bist Du so träge geworden, oder ärgerst Du Dich wie wir hier, daß es wieder kalt geworden? Nun es sey dahingestellt, Du warst noch immer eine feste Burg und ich habe noch viel Vertrauen zu Dir. – Weist Du, daß Tieck zurückkehrt, weil ihm einige verruchte Freunde wahrscheinlig aus der Finkschen Familie geschrieben, sein Bruder spreche hier schlecht von seinen Familien∧verhältnissen. Nun ist dieser Friederich gegen seinen Bruder ganz feinstimmig ergrimmt, daß er so etwas glaube und darüber sein Versprechen breche, den guten Ruf der Schwester bis zu seiner Ankunft in Italien zu bewachen. Friedrich ist überhaupt ein gründlig närrischer Kerl, so verstockt und verrottet ernsthaft, getrocknet und geräuchert, und dabey so unglücklich gehasst bey Pistors und Albertis, dabey in seiner Haut so hocherhaben bis zum Pathetischen. Seine gewöhnliche Erzählung bey Pistors ist immer, wie grob er den Leuten gekommen und am Ende ist es doch nur nach Schakespear ein lächerliges Gesicht in einen Rettig geschnitten. Den Leipziger Katalog habe ich nicht benuzen können, der Candidat Backofen hatte schon abgesendet, alles andre war mir bey der unbestimmten Dauer meines Aufenthaltes zu weitläuftig; du hast doch den Herderschen, es sind gute Sachen darin! Opitz ist mir jezt sehr lieb seit ich den Wolfsbrunnen bey Heidelberg darin beschrieben fand. Du edler Brunnen, Du mit Rhu und Lust umgeben usw., einige seiner Lieder, die Oden im vierten Buche der poetischen Wälder sind göttlig z. B. Ist irgend zu erfragen Ein Schäfer um den Rhein, der sehnlig sich beklagen Muß über Liebespein. Ich würde für eine Melodey Dir sehr dankbar seyn. Durch aus originell ist die Schäfrey von der Nimfe Hercyne, wogegen doch wirklig Jean Pauls Campanerthal und ähnlige poetische Reisen unendlig nüchtern sind. Ich kann es nicht leugnen, wenn ich diese Lieder mit den Minnesängern vergleiche, so scheint es mir, als wenn die Maschen gegen uns zu immer dichter würden, die einzelnen Faden sind bey jenen noch sichtbarer, 41
1r
1v
Nr. 369
reiner weniger durch die Finger gegangen mehr auf einmal durch die Finger gehen
, aber wir fühlen
2r
2v
Ich höre bey Gall recht eifrig mit ewigen Widerwillen; sein Collegium ist mir wie eine geliebte Verachtete, ich möchte oft mit einem Schädelkopf gegen sein ganzes Golgatha Kegel schieben und doch ist es wahr, was er sagt. Wie Meereswellen so hebt sich allmälig so versinkt ein Organ nach dem Andern, an einem alten Manne sind sie fast alle geschwächt und erloschen, wie die Gebürge abnehmen, wie die Zeit zunimmt. Sehr wunderbar ist es, wie Du mir einmal über Ritter sagtest, du könntest es den Leuten an den Backenknochen ansehen, ob sie etwas hervorbringen, das ist aber in Verhältniß mit dem Kunstorgan, so ist deine Beobachtung ganz Gallisch, ich könnte dich selbst auf Deine Witzknochen aufmerksam machen du entsetzliger Schraubenzieher, die mir von Deiner Büste morgens entgegen leuchten, daß ich erwache, auch auf Dein musikalisches Organ usw. Es müste einen sehr sonderbaren Effekt machen, wenn in einem Trauerspiele durch gewaltige Erscheinungen die Organe so verändert würden daß aus Gutmüthigkeit schroffer Sinn aus Kindesliebe Gleichgültigkeit, aus Begierde kalte Keuschheit, aus Talent Untalent würde, das wäre ein eigenes Trauerspiel des Lebens und wenn ich meinen Hippokrates schreibe, soll dies es seyn.
40
Die Abänderung in dem einen beygefügten Liede machte ich Reichardt zu Gefallen für den Druck, Dir zu gefallen habe ich das Ursprüngliche beygeschrieben, er meinte er könnte es nicht verstehen, ich schrieb ihm also einen Reim hin, der wenigstens nicht ungereimt war. Ueberhaupt kränkt es mich gar sehr, daß die wenigen, die noch etwas von mir lesen mögen über Unverständligkeit klagen, ich finde immer deutliger, daß mir die Worte etwas anders angeben als den meisten andern. Wer hat aber das Richtigere? Ich schreibe kurz, um nur recht bald von Dir zu hören, denn ich werde durch Dein langes Stillschweigen besorgt. Deine Frau küsse in deinem Namen und grüsse sie dabey von mir mit Glückwünschen. Dein Achim Arnim
60
42
45
50
55
65
70
8. April 1805
369.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 8. April 1805, Montag
5
Wie Meereswellen so hebt sich allmälig so versinkt ein Organ nach dem andern, wie die Gebürge abnehmen wie die Zeit zunimmt. Wenn in einem Trauerspiele aus Gutmüthigkeit schroffer Sinn und Kindesliebe und Freundschaft Gleichgültigkeit würde, aus Talent Untalent, das wäre mein Hypokrates das Netz läuft immer fester zusammen worin wir gefangen
370.
5
10
15
20
1v
An Louise von Schlitz in Regensburg Berlin, 8. April 1805, Montag
Berlin d* 8 ten April Geehrte Tante! 1805 Viel Glück zum neuen Jahre. Ich habe so lange geschwiegen, nicht etwa aus Aergerniß daß Sie nicht geantwortet, beste Tante, nein ich antwortete mir recht oft in Ihrem Namen, die Augen thun mir wehe, ich bin hier näher beschäftigt, ich habe geschwiegen, weil ich mich des Schreibens überhaupt sehr entwöhnt, um so bequemer und länger alles zu gedenken. Es soll ja eben ein Zeichen wahrer Freundschaft seyn, daß man sich wieder findet getrennt durch lange Zeit wie in der alten ganz dieselben. Werde ich Sie wiederfinden in diesem Jahre, ich bin gewiß, wir werden den Winter nicht merken; aber leider treibt mich Gesundheit, Beschäftigung vom Norden fort, dem Sie Sich wahrscheinlig bald nähern. In vierzehn Tagen ungefähr denke ich von hier über Halle, Weimar Göttingen zu Brentano nach Heidelberg von da in ein Bad zu gehen, gar eine fromme Wallfahrt über alle heilgen Orte meines Lebens bis zur Quelle, die mir neues geben soll. Ich will ordentlig als Physiker mich durch die entgegengesetzte Luft entkälten, da mich der feuchte kalte englische Himmel wirklig recht gründlig erkältet hat, daß es mir noch jezt oft in den Gliedern zieht. Reisen Sie vielleicht auch in eins der Bäder? Der Onkel machte mir dazu Hofnung, aber ich möchte Sie fragen, was er macht, seit seiner Abreise hat er nicht hieher geschrieben, das ist seit einem Monat. Er muß sehr einsam seyn und das ist ein Hauptzeichen der Einsamkeit, daß man auch die eigne Gesellschaft verschmäht, Briefe zu schreiben, wahr43
1r
1v
Nr. 371
2r
2v
scheinlig lüftet er schon die Zimmer zu Ihrer Ankunft, sezt Blumen hinein, fängt Vögel ein, daß sie dann singen, was er ihnen unter dessen gelehrt. Wenn er nur nicht statt dessen einige widerspenstige Schreiber abrichten muß, denn es war eigentlig eine Ursach seines verlängerten Aufenthalts in Berlin, daß er vor dem Arger auf dem Gute fürchtete, wo vielerley in seiner Abwesenheit vorgegangen. Ich rieth ihm sich der Schauspielkunst gegen diese Leute zu bedienen, zu thun als wenn er ärgerlig wäre um auf sie zu wirken. Aber da war er schon lange gewesen, versicherte mir aber zugleich auch, daß das nur so lange gehe als man wohl und lustig, nachher würde man selbst zu heftig auch schon von der Darstellung ergriffen. Wohl ist das sehr wahr und es läst sich daraus viel Gutes auf eine rühmwürdige Nationalität eines Volkes schliessen, die eigentlig den Einzelnen auch nur zur Darstellung veranlasst, bis er selbst davon mit ergriffen, es müste denn ein sehr loser Vogel seyn. Eine ganz eigene neue Nationalität die sich hier entwickelt, ist die Gallsche Schädeldeutung. Weder der Kaffesatz noch das Bleygiessen noch Kartenschlagen ist mehr mode, man ist jezt auf die Knochen gekommen. Das kann ich versichern nicht Galls ausgezeichnete Genialität reizt die Leute vornehmer Art, noch eine höhere Ansicht, noch schreckt sie das Widrige dieses Golgatha, es giebt doch etwas zu reden, etwas was leicht besprochen werden kann. Ich habe zuweilen eine Art von Ehrfurcht gegen mich, daß ich aus einem geheimen Instinkt die Gesellschaften grossentheils vermieden, mich genügend meiner Freunde auf der Erde im Wasser, in der Luft, mag mein Blat auch zu Ihnen fliegen als freundlige Erinng Ihren hochachtungsvollen ergebenen Achim Arnim
371.
1r
25
30
35
40
45
50
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, kurz vor Mitte April 1805
Lieber Clemens! Deiner lieben Frau vielen Dank für die Himmelsschäflein, die sie zu uns hergetrieben, ich deute auch aus den Handschriften und da möchte ich ihr viel Schönes sagen, ja ich möchte sagen daß dadurch beyde Lieder einander gleich werden, da ich sonst das letzte von Dir abgeschriebene vorziehe. Die Deutung beyder Eklogen auf Christus thut 44
5
Kurz vor Mitte April 1805
10
15
20
25
30
35
40
mir leid, wahrscheinlig ist dies auch nur eine Entschuldigung gewesen, besonders bey dem lezteren, das durchaus auf die Geschichte des Endymion gedichtet zu seyn scheint, aber viel besser auf das vom Religionskriege zerstörte und geraubte Deutschland, noch besser aber auf Luther selbst, als er auf der Rückreise von Worms von Bewaffneten geraubt. Dabey erinnere ich dich an das von Luther damals gedichtete herrlige Lied Eine feste Burg ist unser Gott Ein gute Wehr und Waffen, Er hilft uns frey aus aller Noth Die uns jezt hat betroffen, Der alte böse Feind Mit Ernst ers jezt meint, Groß Macht und viel List, Sein grausam Rüstung ist. Auf Erden ist nicht seins gleichen (Schlußvers) Das Wort sie sollen lassen stahn Und keinen Dank dazu haben. Gott ist bey uns wohl auf dem Plan Mit seinem Geist und Gaben Nehmen sie uns den Leib Gut, Ehr Kind und Weib Laß fahren dahin. Sie habens keinen Gewinn Das Reich muß uns doch bleiben. M. Luther Und um Dir zu bewähren, daß die Nachtigal doch wohl noch höher stieg und sang als die Trutznachtigal seze ich Dir noch zwey andre Lieder her, vielleicht Dir bekannt, aber man kann sie nicht oft genug lesen. Jesaia dem Propheten das geschah, Daß er im Geist den Herren sitzen sah Auf einem hohen Thron und hellen Glanz Seines Kleides Saum den Chor füllet ganz 45
1v
Nr. 371
Es stunden zween Seraph bey ihm dran, Sechs Flügel sah er einen jeden han Mit zween verborgen sie ihr Antlitz klar, Mit zween bedeckten sie die Füsse gar Und mit den andern zween sie flogen frey Gegn ander ruffte sie mit grossem Gschrei: Heilig ist Gott der Herr Zebaoth :/: Sein Ehr die ganze Welt erfüllet hat Von dem Geschrei zittert Schwell und Balken gar, Das Haus auch ganz voll Rauchs und Nebels war. M. Luther.
2r
1. Sie ist mir lieb die werthe Magd Und kann ihr nicht vergessen, Lob Ehr und Zucht von ihr man sagt Sie hat mein Herz besessen Ich bin ihr hold Und wenn ich solt Groß Unglück han Da liegt nichts an, Sie will mich des ergetzen Mit ihrer Lieb und Treu zu mir Die sie zu mir will setzen Und thun all mein Begier. 2 Sie trägt von Gold so rein ein Kron Darin leuchten zwölf Sterne, Ihr Kleid ist wie die Sonne schon Das glänzet hell und ferne Und auf den Mond Ihr Füsse stahn: Sie ist die Braut Dem Herrn vertraut Und ihr ist weh, sie muß gebären Ein schönes Kind den edlen Sohn Und alle Welt ein Herren, Dem ist sie unter∧than. 46
45
50
55
60
65
70
75
Kurz vor Mitte April 1805 80
85
90
95
100
105
110
115
3. Das thut dem alten Drachen Zorn, Er will das Kind verschlingen, Sein Toben ist doch ganz verlorn Es kann ihm nicht gelingen! Das Kind ist doch Gen Himmel hoch Genommen hin Und lässet ihn Auf Erden fast sehr wüthen, Die Mutter muß gar seyn allein, Doch will sie Gott behüten Und rechter Vater seyn. M. Luther Doch wünschte ich, daß du zu diesen wie zu seinen übrigen Liedern auch seine eigenen Melodieen hörtest, die ganz wunderbar mit den Worten sich zusammengegeben unauflöslig. Ich weiß es eigentlig nicht genau anzugeben, wo die schlechten Lieder in unsren Kirchen angehen, ich halte das aber nicht älter als höchstens zwanzig oder dreissig Jahre, wo die jungen Leute aus der jämmerlichsten Periode unsrer Literatur anfingen alt und geistlig zu werden, ungeachtet sie geistlos waren. Ein schöner Zug Berlins war es, daß ungeachtet alle Prediger für die Einführung des neuen Gesang∧buches, der König, fast alle sogenannte gebildete Leuten dafür, dessen ungeachtet die meisten Gemeinen es ausschlugen. Nun ist dieses alte Porstische Gesangbuch freilig gegen das Lutherische Paul Gerhards, Mich. Weiß u a sehr schlecht, aber doch unendlig erhaben über diese astronomischen Erläuterungen, welche die meisten Lieder des neuen füllen. Mein Sammeln ist recht glücklig, Koch hat mir Ausschnitte aus dem deutschen Museum, aus Kanzlers Quartalschrift, aus Gottscheds Büchersaal, aus tausend andern Zeitschriften gegeben, ich bringe alles mit, auch von Reichardt erhalte ich auf meiner Durchreise viel alte Sachen. Wenn ich nur immer ahnden könnte, was schon in Deinen Händen. Sorge doch im voraus für einen Schreiber in Heidelberg. Blühende Herzen Lasset uns Scherzen, Lasset uns lieben Ohne betrüben 47
2v
3r
Nr. 371
lasset uns kosen Unter den Rosen, Lasset uns freien Ohne Bereuen.
3v
4r
120
Weine vom Reihne Neckar und Mayne Stärken der Sinnen Geistig Beginnen Wasser mit Hopfen Pfeifenbestopfen Brandtwein zu Nöseln Machet zu Eseln. Greflinger Mein Aufsatz über Volkslieder wird Dir gefallen, er enthält zum Schluß eine Aufforderung der Art nur ganz allgemein, wie Du ihrer in Deinem Briefe erwähnst, ich dachte ihn als Vorrede unsrer Lieder∧brüder für meinen Antheil, als Entschuldigung und Rechtfertigung meiner geringen Gaben, als Aufforderung der Leser uns zu belehren mit dem was sie wissen und wir nicht. Es freut mich, daß Otmars Volksmährchen auf Dich eben so gewirkt wie auf mich, die Verschiedenheit reizt wohl, aber sie quält auch, ich weiß es nicht ob es mir nicht am Ende lieber wäre mich für dumm und alle andre für klug, als um∧gekehrt mich für besonders klug zu halten, alle Augenblick hält mich sonst meine Ueberzeugung im Handeln auf, nichts ist ein Irrthum, was jemand lieb. Hast du Stillings Beschreibung der Burgundischen Kriege? Ja oder aber wohin antworten. Alles mahnt mich zu Dir, jede grünende Knospe ist mir ein Drohender Vorwurf, doch fürchte ich wieder meiner alten Großmutter so schnell durch zu gehen, eben weil sie mich in nichts behindert. Doch es sey. Den vierten May will ich von hier fort, irgendwo muß den Frühling finden, hier ist er noch nicht. Wie lange ich in Halle bleibe weiß ich nicht bestimmt, vielleicht acht Tage, ob ich über Weimar gehe eben so wenig, ich muß in allem zu sehr auf meine Gesundheit Rück∧sicht nehmen, deren Herstellung ich mich ordentlig wie einer Kunst gewidmet habe und nur in Hinsicht auf diese erlaube ich mir ein so langes Umherirren, auf jeden Fall erhältst du wie ich mich dir nähere, doppelte und dreyfache Nachrichten von mir. Lieb würde es mir seyn, wenn Du gleich nach dem Empfange dieses Briefes ein Paar Worte an mich 48
125
130
135
140
145
150
Kurz vor Mitte April 1805 155
160
165
170
175
180
185
nach Giebichenstein bey Halle im Magdeburgischen Abzugeben beym Kapellmeister Reichardt sendetest. Vor dem Ende Mays kann ich also nicht bey dir seyn, also zur Taufe, die erste der ich beywohne, es thut mir wahrlig leid nicht ganz Deinem Plane nachzuleben, aber ich bin schon zufrieden, Dich wiedersehen zu können. Ich habe Wünsche wie eine Erdbeere dicht unter, dicht über mir und nur zwey oder drey Ausläufer. Deiner Frau viel Stärke und Freudigkeit, Gott grüß euch. Achim Arnim. Reiselied meiner Laute. Ey lautes Vögelein Der Schaaren Spur verloren, Du ladest hell und rein Zum Hayn den Frühlingsschein Die grüngespizen Ohren. Du armes Vögelein Der Bäume Augen schlafen, Auf durren Lub allein Im Hayn voll Winterpein Dich meine Blicke trafen. Verschlagnes Vögelein Und mir singst du zum Truz Und seid ihr hier allein Im Hayn ohn Frühlingsschein So sind wir hier nichts nutz. Mein Schlagend Vogelein Sich federt lust vertraut, Es schwingt sich fort zum Rhein, Zum Wein zum Frühlingsschein Wer grüne Nester bauet Mit Laute und Vögelein Dem Frühling zu begegnen Wir ziehen ganz allein Am Hayn im Frühlingsschein, Das wolle Gott uns segnen. 49
4v
Nr. 372
372.
1r
1v
Von Sophie Brentano nach Berlin Heidelberg, 24. April 1805, Mittwoch
Clemens ist in Frankfurt, u hat mich gebeten, alle Briefe, welche an ihn kämen, zu erbrechen. Wie gern that ich das bei dem Ihrigen, den ich an der Aufschrift erkannte! ich bildete mir ein, er sei an mich geschrieben u glücklicherweise war dieser Brief nicht zu irrdisch u zu überirrdisch, so, daß ich es denken durfte. Ich habe also Ihren Brief mit großer Lust gelesen u vermiße nur etwas darinn. Es ist, daß Sie gar nicht des Kommens gedenken. Solten Sie andres Sinnes geworden sein? es wäre nicht recht! Denn nach Heidelberg müßen Sie ja doch, das liegt in Ihrem Leben u also warum nicht jezt? ich würde gar nicht glauben können, daß es Früling u Sommer sei, wenn Sie nicht hier wären! Den Mai gebe ich Ihnen noch Zeit u zwar gern, aber dann hofe ich Sie mit zwei Leben zu begrüßen, oder ich werde nur halb zu leben glauben. Ich hätte Ihnen schon längst schreiben können. Die Xenien gaben mir Veranlaßung dazu, u dann später der kleine Stolz, mich über den Cardenio der Sie so entzückt, schon vor Ihnen eben so lebhaft gefreut zu haben. Geben Sie es doch ja nicht auf, ihn neu zu erschafen! ein Fragment davon erscheint in meinem Buch, deßen größter Vorzug wohl sein Name, den Sie ihm gegeben haben, sein wird. Wenn ich klug bin, werde ich mit dem Ertrag deßelben jenen rachsüchtigen Wirth in München bezahlen, der aus Hohn, Luthers Bildniß in seiner Stube hängen hat, weil dieser einst in diesem Wirthshaus eine Bratwurst schuldig geblieben ist, um, wenigstens auf diese Art, meine Schriften zu guten Werken zu machen. Ich hätte Ihnen also schon längst schreiben können, aber ich hielt mich imer für zu ungeschickt dazu. Dies thue ich auch noch heute, aber es freut mich recht, daß ich frei genug geweßen bin, mich sogar über meine eigne Ungeschicklichkeit zu erheben. – Leben Sie wohl! – Clemens wird Ihnen gewis von Frankfurt aus geschrieben haben, u so vereinigt sich bei Ihnen das, was hier getrennt war. Heidelberg den 24sten April. Sophie Brentano. Herrn Baron Ludwig Achim von Arnim im Levischen Hause in Berlin.
5
10
15
20
25
30
35
50
Vmtl. zwischen 5. und 10. Mai 1805
*373. Von ? nach Berlin ?, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 Von Caroline von Labes, 29. Juni – 3. Juli 1805 (Briefteil vom 1. Juli): einliegender Brief ist hier eingegangen. (Nr. 382,54–55.)
Auch
*374. Von ? nach Berlin ?, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 Von Caroline von Labes, 29. Juni – 3. Juli 1805 (Briefteil vom 1. Juli): Ingl* ein dicker Brief wofür 12 rth 10 gr H* Willcken bezahlet hatt, dem ich ihn zugeschickt habe, da ich vermuthe daß er die Guths Angelegenheiten betrifft. (Nr. 382,55–57.)
375.
5
10
15
Von Clemens Brentano nach Giebichenstein Heidelberg, vmtl. zwischen 5. und 10. Mai 1805, Sonntag und Freitag
Lieber HerzensJunge So bist du dann endlich unterwegs, aber um Gotteswillen eile, eile, ehe alle die Baüme hier abblühen, laße dich in Giebichenstein nicht festhalten, es ist gar nicht übel dort, aber hier ist es unendlich schön, und bedenke, daß du eilen must um mein Kind nicht lange des Teufels sein zu lassen, du mögtest es doch selbst zur Taufe Heben, und in 14 Tagen ist es gewiß schon da. Komm, Komm, weiter kann ich nichts sagen. Betine läst dich grüßen sie schickte mir ein Glaß für dich aus dem wir Wein trinken wollen, waß nüzt mir alles Flehen, die Vögel, Blüthen, und Düfte vor meinem Fenster überflehen mich, o höre sie alle, alle in deiner Liebe zu mir, ich habe ein Polischinelltheater von 10 Personen, in welchem Schelmufski und der Teufel nach Ticks zeichnung in Ziebingen geschnitten sind, wir wollen meine Frau im Wochenbett lachen machen, Gundel hat dem Savigny ein Mädchen in Paris geboren, er ist sehr glucklich, Betine hat sie gehoben. Ich habe so entsezlich viel zu schreiben, und einzurichten in meiner neuen reizenden Wohnung, daß dir dies genug sein muß komm, komm, kom Clemens Brentano Empfehle mich Reichard 51
1r
Nr. 376 1v
Herrn L. A. von Arnim. abzugeben bei H* Capellmeister Reichard. Giebichenstein bei Halle im Magdeburgischen
376.
1r
1v
20
25
An Sophie Brentano in Heidelberg Giebichenstein, vmtl. zweites Drittel Mai 1805
Geehrte Frau! Mir ist zu muthe, da ich Ihnen schreibe, als spreche ich zu einer schönen Blinden und wäre selbst blind, ich seh Sie nicht, Sie sehen mich nicht. Wie lange wird es dauern, so bin ich bey Ihnen, von Giebichenstein bey Halle kommt Ihnen dieser Brief, wo ich sehr froh bin im Grünen im Blühenden und regnete es nicht ich bliebe Ihr Schuldner im Dank für so gütige Einladung, bis ich ihn mündlig der Hand bezahlen könnte, die mir so schön schrieb. Wie es mich freut hier vom kleinsten Winkel mich umfangen zu lassen, wo ich es sonst für eine prächtige Ehre hielt, allerley dumme Geseze zu entdecken, ich bin ordentlig mit Schrecken aus der Stadt gekommen, es war als wenn die Pflastersteine wie Magnete nach mir zielten, meine Freunde waren alle aus∧gezogen, keine Thür öffnete sich aus alter Bekanntschaft. Aber hier ist ein ewiges Ballschlagen und Raketen brennen mit Grünen und Blühen und man läst mir keine Ruhe, ich muß meinen Platz nehmen und mitspielen, Tintfaß und Feder sind mir verstecket und die Gedanken spielen Versteckens mit mir weil sie lieber mit den Augen lustwandeln mit mir. O ich denke recht viel an Sie, ich glaube Sie zu sehen, wie man sehen kann aus lebendigen Träumen erwachen, und wie ichs bedaure, daß Ihnen der Monat Wehes anthut, der alle freut, das will ich Ihnen lieber sagen, bey der Taufe, ich übe mich täglig im Gevatter stehen bey allem Herrligen was geboren wird, dann werde ich es schon weiter darin gebracht haben. Hochachtungsvoll L. Achim Arnim 52
5
10
15
20
Vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 25
30
A Madame Brentano a` Abzugeben Heidelberg bey der Frau Registrator Klingelhöfer
2v
*377. An Caroline von Labes in Berlin Giebichenstein, vmtl. um den 20. Mai 1805, Montag Von Caroline von Labes, 29. Juni – 3. Juli 1805:
Deinen Brief aus Giebichenstein erhielt ich richtig; dein dannoch guttes Befinden Ç...È macht mir Freude; für ersteres machte mich dein langes Stillschweigen besorgt (Nr. 382,7–9).
*378. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Weimar, vmtl. Ende Mai/Anfang Juni 1805 Von Johann Friedrich Reichardt, 23. Juli 1805:
5
Ihr erster Brief aus Weimar kam so spät in unsre Hände daß mir seitdem immer war als müßte erst noch einer aus Heidelberg kommen, eh’ ich schreiben könte. Ç...È unser Pastor Ç...È es ist ihm also nicht so wohl geworden als sie ihn sich in ihrer heitern Phantasie dachten (Nr. 384,2–36).
379.K An Christian Brentano in Marburg Heidelberg, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805
5
Ihr Bruder gab mir Ihr Program, es giebt mir Veranlassung, Sie zu begrüssen, Sie einzuladen hieher und um Sie zum Kommen zu bewegen, Ihnen statt des Beyfalls den ich zurückbehalte Einwürfe vorzulegen. Daß in der Medizin ein solches Verhältniß zu etwas anderem wie die höhere Analysis zu der niederen ist sehr glücklig von Ihnen erfunden. Sie sagen das ist die Chirurgie, ich behaupte das ist auch ein 53
1r
Nr. *379
1v
Verhältniß zum unendligen Element, oder ich mache Forderungen an Sie als Chirurg die sie nimmermehr leisten können, das Organische kann nur in seinem unendligen Ganzen verlezt werden d. h. Wundfieber u. s. w., wie man es Lust hat zu nennen. Aber ein andrer Vorschlag. Das Organische sey das unendlige Element, das Unorganische das Endlige, so wird ihre Folgerung aus der Mathematik, es müsse sich im Unendligen das Endlige Wiederholen völlig bestätigt, ja es ist das ursprünglichste und reinste Arbeiten aller Mediziner von zwar unbewust, aber darum nicht minder nothwendig, dieses Analoge aufzufinden erinnern Sie Sich der Worte auflösen, magnetisiren, reinigen, elektrisiren, erregen ja das Verschreiben und der Gebrauch der unorganischen Stoffe ist nichts anders als das Differentiiren von einer Gleichung, um sie von einer andern aufnehmen zu lassen.* Daß Sie bey dieser Gelegenheit der Jatromathematiker mit Lob erwähnen, glaube ich zuviel Ehre die sie ihnen anthun, denn wenn auch ein solches Verhältniß in der Medizin wie vom Unendligen zum Endligen, so ist es darum doch keine Mathematick so wenig wie in der Kunst, wenn etwas das geleistet werden soll, muß es also auf eignem Wege geschehen. Daß wir in der Medizin noch nicht weiter ist also natürlig, da wir auch die unorganische Natur, noch nicht sehr weit kennen, wir wollen indessen zufrieden seyn mit dem was wir haben. * Es geht noch weiter diese Analogie, in allem Unorganischen läst sich wirklig ein leztes festgeformtes Element im Gesetz der Verwandtschaft in Flüssigem angeben, im Organischen wohl in.
10
15
20
25
30
*379. An Christian Brentano in Marburg Heidelberg, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 Von Christian Brentano, zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805: Sie machen Einwürffe gegen mein Programm damit ich kommen soll Ç...È Sie beschuldigen und entschuldigen mich darum, daß ich die Mechanik in einem Sinn betrachtet, wie es biß her nicht geschehen. Ich sey aber S 23 in den Beyspielen wieder ganz in die gewöhnliche Mechanik zurückgefallen. Ç...È Sie hingegen gehen ganz auf das Materielle meines Beyspiels ein. Doch davon abgesehen – »was macht den Keil daß er drein steckt, was macht das Papier daß es ihn hält, was macht die
54
5
Etwa 18. Juni 1805
10
15
20
25
30
35
Luft, daß sie ihn heraus zieht, was macht u hält das alles?« Ç...È »Wer hat dieß alles gesehen?« Ç...È »Aber, all das einger’t; so ist noch nichts erklrt, warum machen denn die Keile die ich in Leinwand stecke die Leinw nicht kr. etz« (Sie gehen hier ganz ins Materielle des Bspiels) Ç...È »Nach Hay’s Entdeckung ist es klar daß die Grundlage von Krystallisation wieder Krystallisation ist, u ganz außer der Sphäre der gewöhnl* Mechanik liegt« Ç...È obgleich Sie am Ende des Briefs auf meine Eitelkeit sticheln, ein unglückliches Vorurtheil meines übrigens recht lieben Bruder Clemens deßen Zuflüsterung ich in den Worten; wahrscheinl* haben Sie sich Alles dieses schon längst selbst beantwortet, nicht zu verkennen glaube so über rede ich mir doch; daß Sie den Brief aus Ernst, u nicht blos zu meiner Versuchung geschrieben haben Ç...È Ich hatte ihren Brief in Hinsicht der 2ten These näml* der Wiederholung des Endlichen im Unendlichen zu der Zeit als ich das vorgeschriebene laß; nicht recht verstehen können – Ich habe nun während dem darüber gedacht, u jezt daücht mir ihren Sinn zu haben, wenn es folgender ist. Sie geben zu daß das Verhältniß jener Wiederholung das Verhältniß der höhern u niedern Mathematik – das Organische u unorganische – der Naturkunde u Medizin sey; läugnen aber daß sich Chirurgie u Medizin in dem nämlich* Verhältniß befinden. Ç...È Und nicht mehr Unterschied glaube ich zwischen todten u lebenden Kräfften zwischen Physic u Physiologie, u es fehlte, wie Sie sagen, in diesem Augenblick nur der große Schritt sie auszugleichen, das Gesetz nach dem sich der Winkel verändert. Ç...È Ich denke jezt wieder an das Beyspiel mit dem Papier, Sie sagen es werde aus der Vermisch* der Eisenfeile mit Mehlbrey klar. Ç...È Aber wenn Sie auch das Phänomen so erklären bleibt doch noch räumliche Rücksicht oder vielmehr ihre Erklärung schmilzt damit zusammen Ç...È Was übrigens die 3te These angeht so sind wir ganz einig, denn Mathematiker sind zu Jatromathematiker der Debelhohl mer! so nöthig als ein Rückenstreicher zur falschen Quint. (Nr. 381,2–301.)
*380. An Caroline von Labes in Berlin Heidelberg, etwa 18. Juni 1805, Dienstag Von Caroline von Labes, 29. Juni – 3. Juli 1805:
da mir der Orth deines jetzigen Auffenthalts gäntzlich verborgen war; und ich erst gestern 55
Nr. 381
durch deinen Brief davon unterrichtet bin Ç...È dein vergnügter jetziger Auffenthalt macht mir Freude (Nr. 382,4–9).
381.
1r
1v
Von Christian Brentano nach Heidelberg Marburg, zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805
Lieber Arnim Sie machen Einwürffe gegen mein Programm damit ich kommen soll, so muß ich wohl diese zu widerlegen suchen damit ich ausbleiben darff, weil ich leider ausbleiben muß, weil ich leider nicht kommen kann. Die Ursache davon ist, weil ich mein gegenwärtiges Lernen zu unter brechen sehr fürchte nachdem es mich soviel Mühe gekostet hat, mein thatsüchtiges Gemüth (Gott verzey mir den Ausdruck) zu soviel Empfänglichkeit zu bewegen, denn dieß ist wahrlich wenig leichter als die Transfusion in eine Arterie oder die Anfüllung einer Quelle, welche sie sey auch noch so dürfftig und bedürfftig, doch mit zu großem Trieb nach aussen dringt. Aber genug ich kenne ihr Bedürffniß und weil ich weiß daß Gott nicht ausgeübt werden kann ohne erkant zu seyn, daß in nur vereintem beydem, im Erkennen und Handeln das Leben liegt; so will ich auch nicht ruhn, obgleich meine sensibelen Jahre vorbey sind, biß ich der Pflanze ihren Boden bereitet, u dem Mann ein Weib gefunden, damit sie durch ein fruchtbares Leben ziehen können. Sie beschuldigen und entschuldigen mich darum, daß ich die Mechanik in einem Sinn betrachtet, wie es biß her nicht geschehen. Ich sey aber S 23 in den Beyspielen wieder ganz in die gewöhnliche Mechanik zurückgefallen. Von beydem ist mir nichts bewust u das ist schon ein guter Trost. Aber es scheint mir nun daß ich in der Darstellung nicht so deutlich gewesen bin als ich suchte, weil ich hier wahrscheinl* mißverstanden bin. Doch ist dieß ja auch Gerade das schwerste; wenn das Leben nicht etwa leicht ist; denn was ist das Leben anders als eine Darstellung, der Idee des Menschen, Glücklicher ausgeführt von dem Schönen, vortrefflichen, Liebenswürdigen, unglücklicher von dem häßlichen, schlechten, fatalen? Sie werden mich dieser Parabeln wegen tadeln; aber gerade sie soll zu meiner Rechtfertigung dienen. Darstellung in einer unbedeut* Schrift u Darstell im Leben, gerade so verhalten sich meine Beyspiele zu meiner Idee der Mechanik, nur das Formelle wollte ich durch die Beyspiele erläutern, 56
5
10
15
20
25
30
Zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805
35
40
45
50
55
60
65
70
wie es auch für das Publikum dafür die Schrift war ganz nöthig gewesen ist; denn den Leuen sahen nur wenige fallen, aber die Laus sah schon mancher knicken, obgleich dieser wie jenes ein endliches Aufheben einer endlichen Erscheinung ist. Hätte ich diese Beyspiele der Materie wegen geben wollen, so wären sie schon deswegen unbrauchbar gewesen; weil ja das Papier ein Artefakt ist, u sich also in Hinsicht der Organisation gar nicht einem Naturprodukt gleichstellen läst. – Sie hingegen gehen ganz auf das Materielle meines Beyspiels ein. Doch davon abgesehen – »was macht den Keil daß er drein steckt, was macht das Papier daß es ihn hält, was macht die Luft, daß sie ihn heraus zieht, was macht u hält das alles?« Nie wollte ich dieses was vor den Lehrstuhl der Mechanik ziehen; aber ich will auch jeden ins Gesicht des gröbsten Irrthums ja einer wahren Gottlosigkeit beschuldige, der diese was aus irgend einer Wißenschaft, es seyn denn der Theologie, beantworten will (Sehen sie die Mitte der S. 16 u oben S 20) Denn die Beantwortung dieses was würde Alle Menschlichkeit; alle Religion in uns aufheben, »Wer hat dieß alles gesehen?« Kein endlich Aug, denn ich selbst sage ja; daß es in einer andern Sphäre liegt. »Aber, all das einger’t; so ist noch nichts erklrt, warum machen denn die Keile die ich in Leinwand stecke die Leinw nicht kr. etz« (Sie gehen hier ganz ins Materielle des Bspiels) Allerdings ist der Unterschied zwischen dem mehr cohärenten Papier u dem gegliederten Artefakt der Leinwand der Grund hievon. Aber die Cohäsion, so weit sie der Mensch verfolgen kann, das heist biß zu dem oftgenannten was hin, kann nur durch Mechanik offenbar werden. Denn die Cohäsion beruht auf negativer u positiver Attraction u diese ist eine Kr. welche die Vehickel, gegen einander treibt; das gegeneinander enthält das Gesetz wie es unsre Gewöhnliche Sprache phänomenartig giebt; einen wißenschaftlicheren Ausdruck müste die Mathematik geben, wozu ich die jetzige freylich noch zu schwach schätze; denn (Es ist Ihnen bekant daß ich sie als Symbolen lehre betrachte, welche Ansicht sehr richtig u wichtig ist (S 21 unten,) diese achte ich für weit aber doch kaum so weit ausgebildet; daß sie uns die Idee ihrer wahren Ausbildung geben kann; es ist aber das Gegeneinander eine variable Richtung (y, x) welche nicht nach einer bestimmten Raum Gegend geht; sondern sich nach der Veränderlichen Lage der Vehikel bestimt. Wenn ich also (Beyspiel u Erklärungsweise) eine bestimte Richtung in Gestalt einer Linie anschaue als: K ? A. B; so wäre die Construction dieser freyeren Richtungsmöglichkeit Kugelförmig u hier hätte ich 57
2r
2v
Nr. 381
3r
3v
also erst den Begriff ausgedrückt gegen eins (B); denken Sie sich aber nun um jedes A ebenfalls solche Kugeln wo B welches hier Mittelpunkt ist selbst in die Umkreiße fällt so haben Sie das Gegeneinander aller Vehikel in raümlicher Construction symbolisirt angeschauet. Bey der repulsion (negativer Atraktion) sind die Pfeile umgekehrt. Oder um diese Constructionen gleichsam mathematisch diskursiv auszudrücken: – Alle möglichen Kugeln um alle möglichen Centra. – Diese Möglichkt dser räuml* Anschaug beruht auf dem Axiom von einem Punkt zum andern ist eine gerade Linie möglich. Daß der Raum die Möglichkt einer solchen Construction zuläßt, begründet die Möglichkt einer solche Kraftäußerung ebenso auch die Zeit, um darinn Bewegung werde zu können. Hierdurch werden die verschiednen Gesetze möglich. u auf dieser möglich* Möglichkeit beruht die Theorie. Die würkliche Erfüllung derselben aber ist ein Werk der Schöpfung, u nicht der Theorie. Zu Gott u seiner Religion hat hier der Mensch seine Zuflucht zu nehmen, nicht zur Mechanick oder Philosophie oder was er sonst mag. Die Beschränkung solcher allgemeinen Gesetze giebt nun besondere u so fort biß einzelne. so ist z.B. die Schwere Alle Kugel konstruktion Die besondere Verwandschaft eines Vehikels um einen Punkt. zu einem Andern das Axiom selbst.–. B Alles was ich hier sage ist nur schlecht ausgeführt u dargestellt; aber es besser zu machen gebricht Zeit u Ueberlegung. Nur das noch: Es ist ein grobes Vorurtheil unsrer Zeit, daß Raum u Zeit es ist schon lächerlich es zu sagen, gleichsam gering geschäzt werden, u alle Darstellung darinn gleichsam als etwas sinnliches bornirtes verlacht wird. Raum u. Zeit sind Vater u Mutter der Welt, u ihr Schoos faßet das Unendliche wie das Endliche. Kronos wurde gebührend verehrt; der Raum freylich nur eingefleischt mit dem Vehikel Cybele-Rhea-Tellus –; Es verdienen daher beyde Respekt u Andacht. Ein Kreiß – eine Elypse etc sind nicht bloß kalte, kahle mathematische Konstruktionen sondern reine Göttliche Gestalten so schön u schöner als irgend etwas andres das unsre sinnliche Sinne rührt. Wenn ich den Körpern elementairer Sphäre Gestalten bemeßen will, sie kugelicht, elyptisch, spitz winklicht, stumpf wklcht nennet; den verlacht man als einen mechanischen Pinsel, o ihr Thoren! an dem stumpfen Winkel eures lachenden Mundes erkenne ich euren stumpfen Sinn, u an den Gränzen eures Gesichtfelds eure Bornirtheit. Doch so böß meine ich es nun gerade nicht; da ich von Natur gutmüthig bin; sondern ich will nur zeigen, wie wichtig u gehaltvoll 58
75
80
85
90
95
100
105
Zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805 110
115
120
125
130
135
140
145
solche Konstruktionen sind, wie sich fast alle Begriffe leicht darinn darstellen laßen, wie die Sprache selbst dieses sehr oft benutzt hat. Zum Beyspiel die Präpositionen einer der wichtigsten Sprachthle sind sie nicht meist von räumlicher u ztlicher Konstruktion entlehnt; auf, ab, von, zu, gegen, weg von, – hinter, vor, um – nach, vor, etc* ist nicht hier alles Verhältniß als Richtung, als räumliche Richtung symbolisirt. Ich wünschte ich könnte Ihnen hier eine Probe von meinem Versuch, die Psychologie räumlich zu symbolisiren u entwickeln, die mir meiner Meinung nach ziemlich gelungen anführen. – »Nach Hay’s Entdekkung ist es klar daß die Grundlage von Krystallisation wieder Krystallisation ist, u ganz außer der Sphäre der gewöhnl* Mechanik liegt« – Mit Hay’s Schrift u Entdeckung bin ich zwar nicht bekant; ich kann mir aber sehr gut vorstellen was hier geschehen kann, und dieß liegt keines weegs außerhalb der Sphäre der Mechanick. Nur Beyspiels weiß, als Etwas das unter vielem möglich wäre, nicht das nothwendig so seyn muß, will ich hier einiges beybringen. Die vorerwähnte positive u negative Atraktion, bringt durch Verschiedene Entgegensetzung Verschiedene Zeitgesetze in der Beweg*, auch verschiedene Gestaltung hervor. z.B: Vehikel welche in einer Ebene zerstreuet sind u gegen einen Punkt angezogen werden, von wo aus sie die innere Expansion abhält, u. ein Gleichgew bereitet, giebt eine kreisförmige Scheibe , eine solche Anziehung gegen eine Linie oder Eine giebt den Zylinder, Anziehung gegen eine solche Scheibe Eine Anziehung in einem Raum wo die Menge der Vehikel in die Höhe abnehmend sich vorfindet wird eine Reihe von Abnehmenden ; so aus dem Dreyeck die Pyramide Scheiben einen Kegel geben usw. Was die Kraft ist welche die Vehikel in solche Gestalt bringt; so wird sie hier freylich nicht erklärt, aber nach welchen Gesetzen, die Anziehung würkt um eine bestimte Gestalt hervorbringen zu können, kann allerdings erkannt, u von der Mathematik symbolisirt werden. Ich weiche also in Allen meinen Behauptungen kein Haarbreit, u behaupte sogar daß nur mit Hülffe der Mathematik eine wißenschaftl* Chymie möglich ist. Z.B. auf folgende Art. Der Körper A soll chemisch untersucht werden. 1) Was haben die Elemente von A für Gestalt? gesetzt prismatisch.
59
4r
4v
Nr. 381
So besteht A aus 3 Körpern mit Pyramidal Elementen (denn die Stereometrie lehrt; daß sich ein Prisma in 3 Pyramiden zerfällen laße) 150
2) Welche Körper sind es die solche Pyramidal Gestalten haben? gesetzt B, C, D Also besteht der Körper A aus B, C, D. 5r
5v
Soweit lieber Arnim war mein Brief; während dem hatten mich mancherley Verdrießlichkeiten so krank u mancherley Krankheit so verdrießlich gemacht; daß ich mein liebstes vergaß u mein angelegenstes hintenangesetzt, u also auch die die Beantwortung ihres lieben Briefs. Jezt aber fahre ich fort, und zwar mit rechtem Eifer; denn obgleich Sie am Ende des Briefs auf meine Eitelkeit sticheln, ein unglückliches Vorurtheil meines übrigens recht lieben Bruder Clemens deßen Zuflüsterung ich in den Worten; wahrscheinl* haben Sie sich Alles dieses schon längst selbst beantwortet, nicht zu verkennen glaube so über rede ich mir doch; daß Sie den Brief aus Ernst, u nicht blos zu meiner Versuchung geschrieben haben, indem ich mir einbilde daß der jenige der von einem unbarmherzigen zum besten gehalten wird meistens wenigstens in Hinsicht der Unschuld auch würcklich der Beste seyn mögte. Ich hatte ihren Brief in Hinsicht der 2ten These näml* der Wiederholung des Endlichen im Unendlichen zu der Zeit als ich das vorgeschriebene laß; nicht recht verstehen können – Ich habe nun während dem darüber gedacht, u jezt daücht mir ihren Sinn zu haben, wenn es folgender ist. Sie geben zu daß das Verhältniß jener Wiederholung das Verhältniß der höhern u niedern Mathematik – das Organische u unorganische – der Naturkunde u Medizin sey; läugnen aber daß sich Chirurgie u Medizin in dem nämlich* Verhältniß befinden. Während ich ihnen nun hier dankbar zugestehe daß Sie durch diese erste Gegeneinanderstellungen der Idee selbst noch weitere Anwendung geben als in dem Program geschehn ist, u durch diese Worte die Sache noch mehr als ich gethan erläutert haben, muß ich im lezten Fall darauf mein Recht behaupten. – Um mich näher zu erklären will ich ihre eigene Weise als die beste verfolgen, also: 60
155
160
165
170
175
180
Zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805
185
Unorganisch Physik
Mineralogie 190
195
200
205
210
215
220
–
Organisch Physiologie (welches hier wohl beßer steht als Medizin, welche hier durch den Begriff der Reparatur beschränkt ist.) Anatomie Zoologie Botanik animale Physiol* Pflanzen ”
Astronomie Physik im engern Sinn Chemie etc. etc. Reparatur, welche freylich Artzneywissschft nicht eigens abgehandelt ist, aber doch seyn könnte, z. B. eine durch Wahlverwandtschafft aus einer eingegang* Verbindg wieder geschiedener Körper könnte reparirt heißen.
Was verstehn sie unter Organisch – Unorganisch; denn heutzutag muß ein Wort so vielerley Dienste thuen, daß man sich immer noch näher erkundigen muß welchen Sinn; so viel als leblos u. lebendig? So kann ich Ihnen nicht gerade zu beystimmen; wenigstens in dem Sinn wie in höherer u niederer Mathem ist dieses nicht so verschieden, denn das Unendliche wovon in der Mathematik die Rede ist ist nicht völlich das was der Philosoph darunter versteht. Man muß sich ja kreutzigen u seegnen wenn man auf böse Weege geräth u so will ich auch mit kreutzigen den obigen verlaßen –, der wohl ganz gut wäre wenn ich Raum hätte für alle Wißenschaften den besondern Sinn zu sagen damit sie hier betrachtet werden müßen, aber weil das nicht geschehen kann so muß ich ihn meiden wie Labyrinthe u ein andern versuchen mich zu erklären; denn darauf kömt es an. Sie wißen was man unter den beyden unschicklichen Benennungen versteht todte Kräfte – lebendige Kräfte; ihnen entsprechen als Vehikel anorgischer Körper – Organischer Körper. Meine Meinung nun ist daß zwischen beyden kein wesentlicher Unterschied statt findet; sondern daß sich erstes in letztres elementairer Weise sphärifizirt findet. Beyspiel die Narungsmittel sind anorgische Körper sie werden zu chy61
6r
Nr. 381
6v
7r
lus, zu Blut anverwandelt. In so fern das Blut flüßig ist ist es anorgisch denn: flüßig ist ein Körper deßen Elemente in keiner Verbindung noch Verrichtung gegen einander stehen. Es hat also als solches die sogenante todte Kräfte. Nun wird das Blut in feste Theile verwandelt daß heist seine Elemente werden in gesetzmäsige Verbindung u Verrichtung gegen einandergestellt, u dadurch behaupte ich erscheinen nun seine todte Kräfte als lebendige. Die TotalErscheinung sämtlicher Sphären solcher Organisation nenne ich nun endlich. Die ganze Sphärifikation im Elemente aber unendlich und in so fern sage ich von einer einzelnen Sphäre Elemente daß sie im unendlichen liege. Von der Chirurgie behaupte ich daß sie ihre Heilung auf die erste anwendet, die Medizin aber auf die 2ten. Zum Beyspiel ein Muskel besteht aus Fasern – Eine Faser aus Faser Elementen gleichsam wie eine Kette aus Gliedern ein solches Element aus etzet* hier wiederholt sich nun wieder das nämliche Gesetz der Organisation: Eine Faßer besteht aus Faserfasern u die Faserfaser aus Gliedgliedern. Das Gesetz bleibt immer dasselbe. Es ist doch nun ein Unterschied darunter wenn ich den Muskel in seiner endlichen Erscheinung abgesehen von aller Organisations Verstufung die ins Unendliche geht durch schneide, oder ob ich durch die Fasern des selben also von den Elementen aus aufs Endliche würke. Stellen Sie sich statt des Muskels ein Scheit Holz vor, dieses soll sich bey der Sonnen Hitze gekrümt haben, so nenne ich daß eine Medizinische Krankheit des Holzes. ist es aber durch eine mechanischen Druck geschehen so würde ich es eine Chirurgische Krkheit nennen, machen Sie es wieder Gerade indem Sie durch Waser aufguß seinen Elemente die verlohrene Feuchtigkt geben so werde ich es eine Medizinische Heilung nennen, machen Sie es durch einen Mechanischen (endlich Mechanischen) Druck wieder Gerad so würde ich es chirurgisch geheilt nennen. im lezten Fall würken sie von der nächsten Erscheinung auf die entferntern Elemente, im ersten von den Elementen aus auf die nächste Erscheinung. Obgleich daß Gesetz überall das selbe ist Dort krümmen Sie die Elemente, u das ganze Scheit mittelbar, hier krümmen Sie eben so, das Scheitholz, aber die Elemente mittelbar. Und also hätte die Medizin die nöthige Heilung das Krümmen allerdings von der Chirurgie lernen können. Bey der fallenden Sucht glückte es oft den Paroxismuß durch Festbinden der Glieder zu verhüten, man befestigte hier mittelbar die Elemente, welche sich in Krämpfe verzerren wollten, oft kömt man mit sogenannt* 62
225
230
235
240
245
250
255
260
Zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805
265
270
275
280
285
290
295
300
krampfstill* Mittel zuvor, u. man bewürkt durch festbinden der Elemente mittelbar die krampfhafte Zusammenziehg der endlichen Glieder. Das erste war chirurgische das 2te Medizinische Hülffe. Das Aneurisma ist ein Anschwellen einer Arterie in der nächsten Sphäre der Organisation – die Entzündung ein Anschwellen der Gefäßgen die etwa die Decke der Arterien bilden helfen also einer entfernten Sphäre – Das Amputiren ist eine Operation in der nächsten Sphäre; also chirurgisch das Aetzen die nämliche Operation in den Elementen u also medizinisch. – u so w. Und in so fern glaube ich meine Parallele mit der Mathematik richtig gezogen zu haben. So zum Beyspiel eine schiefe Ebene von gewissen Winkel u welche die selben schiefe Ebene zu Eleeine krumme Linie menten hat nebst einem Gesetz der neuen organisation demjenigen wonach sie gegen einander gewinkelt sind. Hier wiederholt sich das nämliche Gesetz des Falles nur daß bey den ersten der eine Schenkel mit dem absoluten Horizont constant eins war jezt nach gewißem Gesetz veränderlich ist. Und nicht mehr Unterschied glaube ich zwischen todten u lebenden Kräfften zwischen Physic u Physiologie, u es fehlte, wie Sie sagen, in diesem Augenblick nur der große Schritt sie auszugleichen, das Gesetz nach dem sich der Winkel verändert. Diesen Winkel nun gerad zu biegen, lehrt die endliche Mechanick (ich kann sie mit vollem Recht so nennen) sie bedarff der Analysis des Unendlichen der Differenziation u. Integration nicht. Die krumme Linie aber gerade zu biegen die unendliche, denn sie bedarff der Rechnung des unendlichen. Das Gesetz aber bleibt. Das Geradbiegen hat den Begriff der reparatur u man kann es als Heilung ansehen. Glauben Sie nicht daß ich in dieser Hinsicht die Parallele zwischen Medizin u Chyrurgie machen durffte? Ich denke jezt wieder an das Beyspiel mit dem Papier, Sie sagen es werde aus der Vermisch* der Eisenfeile mit Mehlbrey klar. Ganz gut, es geht dieß die sogenante Vermehrung u Verminderung der Kraft an, wo von ich S. 20 sprach u ist ein recht gutes Experiment um das dort behauptete zu erläutern; daß Stärkung u Schwächung auf Vermehrung u. Verminderung der Vehikel hier beruht. Aber wenn Sie auch das Phänomen so erklären, bleibt doch noch räumliche Rücksicht oder vielmehr ihre Erklärung schmilzt damit zusammen wie von selbst einleuchtet. Was übrigens die 3te These angeht so sind wir ganz einig, denn Mathematiker sind zu Jatromathematiker der Debelhohl mer! so nöthig als ein Rückenstreicher zur falschen Quint. 63
7v
8r
Nr. 382
8v
Sie haben jezt wohl schon Heidelberg verlaßen u sind bereits mit Clemens auf der Schmetterlingsjagd, so wünsche ich Euch statt meiner gut Wetter u Glück, denn hier sind Wetter u Glück schlecht. Die Hessische Soldaten tragen Prosa Montur; Und ganz Hessen trägt Soldaten Montur und der Stock legt ihnen diesen Prosa so nah an den Leib daß keine Poesie bleiben mag, wofür jene ohne dem keine Taschen hat. Ueberdieß macht Komißbrod die Kehlen rauh u Brande wein schwächt das Gedächtniß, u so habe ich bey meinen Bemühungen nur so viel gefunden, daß über den erbärmlichen neuen Liedern, welche die Soldaten allenthalben verbreitet haben die alten vergeßen sind. Und was die Studenten angeht so liegt Ihnen ihr Examen zu nah am Herzen u beschwert ihren Kopf so; daß Sie auch das leichteste über Bord werffen sich zu erleichtern. Gestern hat sich ein armer Jung (Savigny kannte ihn) Müller von Ihnen aus Furcht vor dem Examen erschoßen, Gott sey seiner Seele gnädig! Und dann ist es auch Gegen die 10 Gebot neben dem Comerzlied noch einen andern Gott zu haben. – Doch will ich mich ferner bemühen und hoffen. Und Nun Leben Sie wohl u Gott Gebe Ihnen wenn die Reise zustande kömt oder ist fröliche muntere Abentheuer. Ich danke Ihnen für Ihren Brief. Glauben Sie mir, daß er mich Gefreut hat u ich Sie liebe. 23 July 1805 Christian
382.
1r
305
310
315
320
Von Caroline von Labes nach Heidelberg Berlin, 29. Juni – 3. Juli 1805, Sonnabend–Mittwoch
Berl* d* 29t Junii Lieber Louis 1805. Ich thue hiermit berichten daß ich gestorben bin, dieses konte ich Dir nicht eher berichten, da mir der Orth deines jetzigen Auffenthalts gäntzlich verborgen war; und ich erst gestern durch deinen Brief davon unterrichtet bin; welchen ich den wie folget hier beantworte. Deinen Brief aus Giebichenstein erhielt ich richtig; dein dannoch guttes Befinden, und dein vergnügter jetziger Auffenthalt macht mir Freude; für ersteres machte mich dein langes Stillschweigen besorgt; Mein Befinden ist wie dir bekandt noch daßelbe. Die Wiepersdorffer 64
5
10
29. Juni – 3. Juli 1805
15
20
25
30
35
40
45
Reise habe ich glücklich und vergnügt vollendet, und bin von meinen dortigen Wirth sehr gnädig aufgenomen worden. Das gantze Ländchen hatt meinen völligen Beyfall und nach meinen ausdrücklichen Willen muß es nie aus Euren Händen kommen: Wiepersdorff ist allerliebst, wenn die unerhörte Vernachläßigungen Eures theuren Vatters wieder werden durch Eure kluge und gutte Bewirthschafftung in Ordnung gebracht sein; und zwar hatt dieses bei einigen Sachen Eyl, ehe der Schade noch beträchtlicher wird; z. B. in 1) den Schönen Wohnhauße fält oben schon die Decke ab; wird das Dach nicht bald ausgebeßert, oder gar vielleicht umgedeckt, so faulen die Balcken, und folgenden Decken nach, hierdurch werden die reparatur Kosten einst zehenfach verdoppelt; das Innere könte immer noch bleiben, bis es einst würcklich bewohnet wird, und Geld dazu vorhanden ist, da es für ein unbewohntes Landhaus noch immer gantz hübsch ist. ebenso ist es mit 2) den Garten in diesen würde ich wenigstens die verwilderten Hecken und Bäume wieder beschneiden und in Ordnung bringen laßen. 3) den angenehmen Parck hinter den Garten, würde ich nicht erlauben daß darin geholtzet würde, viehlmehr, die ledig gewordene Stellen wieder bepflantzen laßen, und überhaupt aus den schon wenigen, bei diesen Güthern befindl* Holtze keine Holtzung erlauben, als da ist so zum Bedarf der Herrschafft selbst gehöret. Wie hatt Euer Vatter so unbesonnen den Pächtern so viehl Holtz zusagen – und die Jagdt mit verpachten können, von beiden bleibt sicher, vor Endigung der Pacht Jahre nicht mehr die Spuhr des Dahseins, da schlägt Holtz und Schießet wer will per Compagnie; ich würde mit der Pächtern mich zu vergleichen suchen, beides zurücknehmen, und an der Pacht etwas schwinden laßen, in der Folge wird Euch dieses doppelt einbringen: von der Jagd kan sie ohnehin keinen Genuß haben, da jetzt schon selten kaum ein Haase nur zu finden ist; auf diese Arth würde das Wild sich wieder samlen: kurtz ich solte das Landchen haben; in Jahr und Tag solte es anders aussehen. Ach Schade – Schade bei Euren Bauren hoffe ich die Rolle des Bonaparte gespiehlet zu haben, vielleicht dedronisire ich Euch, sie wahren sehr liebreich gegen Großmamachen, haben mich gestrackelt – die Backen gekniffen und die Hände gedrückt; mir Suppe und Erdtoffeln zum Geschencke gebracht. Hier muß ich abbrechen wegen einen Besuch.
65
1v
2r
2v
Nr. *383
3r
3v
d* 1t Jullii. Von meinen Sohn und deßen Frau habe ich nicht die mindeste Nachricht und weiß also von nichts. Eine Küste ist an dir gekommen mit Gipswahren, wofür ich 3 rth 6 gr Fracht ausgeleget habe, ich habe sie ungeöffnet der Gütherkammer zur Aufhebe gelaßen: auf Vorzeigung NB einliegenden Frachtbriefes wird dir die Küste nur verabfolget. Auch einliegender Brief ist hier eingegangen. Ingl* ein dicker Brief wofür 12 rth 10 gr H* Willcken bezahlet hatt, dem ich ihn zugeschickt habe, da ich vermuthe daß er die Guths Angelegenheiten betrifft. Deinen Bruder erwartet man d* 7ten in Berlin. d* 3ten Meine Mamsel ist seit 8 Tagen kranck und viehl bettlägrig. Gott weiß nun wie es mit meiner Reise nach Zerniekow werden wird, Das Wetter ist elend immer während wie Herbst Wetter, beides macht mir viehl Sorge; ob ich noch nach Zerniko werde reisen können, daß mag Gott wißen. Ich bin äußerst mismuthig durch der Mamsel ihre Kranckheit, da ich ohne ihr nichts beginnen kan – Zum großen Meerwunder sei dir kund gethan; daß ich zur Tauffzeugin, der neugebohrnen Schicklerschen Tochter gebethen war, dort gevatter geseßen habe, dabei Mittag und Abend dort gespeiset habe: lebe wohl gesund und vergnügt. Deine treue Großmutter v Labes. wolt Ihr den stets unthätig bleiben? Autors giebt es die Menge – nie sahe ich dehren einen Reich.
50
55
60
65
70
Ç3r alR:È H* Willcke wünschete sehr daß die junge Herren sich mehr auf ihre Güther aufhielten und sich darum bekümmerten. Er hatt recht –
*383. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Heidelberg, um den 17. Juli 1805, Mittwoch Von Johann Friedrich Reichardt, 23. Juli 1805:
Ihr erster Brief aus Weimar kam so spät in unsre Hände daß mir seitdem immer war als müßte erst noch einer aus Heidelberg kommen, eh’ ich schreiben könte. Eben ist dieser erwünschte Brief nun auch angekommen und von allen mit grosser Freude gelesen worden. Ç...È unser Pastor Ç...È es ist ihm also nicht so wohl geworden als sie ihn sich in ihrer heitern Phantasie dachten (Nr. 384,2–36). 66
5
23. Juli 1805
384.
5
10
15
20
25
30
35
Von Johann Friedrich Reichardt nach Heidelberg Giebichenstein, 23. Juli 1805, Dienstag
Giebichenstein. den 23 Jul. 5. Ihr erster Brief aus Weimar kam so spät in unsre Hände daß mir seitdem immer war als müßte erst noch einer aus Heidelberg kommen, eh’ ich schreiben könte. Eben ist dieser erwünschte Brief nun auch angekommen und von allen mit grosser Freude gelesen worden. Unter diesen allen zählt auch noch Pistor und Lotte und die Alberti mit, die seit mehreren Wochen hier sehr frohe Tage mit uns leben. Froher als wir es bei Pistors Ankunft hoffen durften; das arme Paar das den lieben Jungen verloren hat, kam so trostlos und von Gram entkräftet an, daß ich Lotte aus dem Wagen heben und in den Gartensaal tragen mußte. Nie hab’ ich eine solche Sacontalas Erscheinung an einem Weibe mit Augen gesehen. P. selbst konte sich den ersten Tag nicht entschliessen in den Garten zu gehen die unaussprechliche Herrlichkeit meiner blühenden rothen Accazien zu sehen, und nach dem Frühstück des andern Morgens und dem ersten Gange durch den lieblichen Garten, fiel aller Gram von Lotte eben so wunderbar schnell zu Boden, wie ich einst auf dem Vesuv den Nebel fallen sah als die Sonne erschien, der wenige Minuten vorher den herrlichen Meerbusen u ganz Neapel mit all seinen herrlichen Umgebungen dick verhüllte. Seit der Stunde lebt das liebe glückliche leichtgesinnte Weib ihre ganze rein frohe Jugend hier unter den lieben Geschwistern und an der Hand der schwesterlichen Mutter. P. selbst ist ausgelassen lustig, hat das alte liebliche Chor in meinem Hause wieder völlig in Gang gebracht, und Leonardo Leo und andre selige Geister erklingen am schöneren, neuen fortepiano hell und hehr. Auch unsre Lieder zaubern Sie uns oft mitten unter uns. Wären Sie es doch nicht blos im Geist sondern auch in der Wahrheit! Das les’ ich oft in den Augen aller meiner Lieben wie in meinem eignen Herzen. Stelzer ist nun auch hier und Jule seit dem 15t d. seine Frau. Bei der Trauung steigerte unser Pastor seine Würde bis zu der eines französischen Policeicommissarius, und schien sehr stolz darauf zu seyn. Er sagte er sey von der Obrigkeit bevollmächtigt sie zusammen zu geben, fing seine Rede damit an daß sie den ersten Schritt zu Pflichten und Sorgen thäten u schloß mit den Segen: Gott segne sie mit Gesundheit. Gleich darauf entfernte er sich um zu speien. es ist ihm also nicht so wohl geworden als sie ihn sich in ihrer heitern Phantasie dachten. 67
1r
1v
2r
2v
Nr. 385
Dafür haben Sie sich denn aber auch wohl Ihren Sitz noch nicht so lieblich gedacht, als ich ihn schon – in Erwartung des Herbstes – mit Geistesaugen täglich sehe. Ein schöner, dazu schon ausgezeichneter Kirschbaum soll nehmlich künftig Ihre Banck mit hoher Krone beschatten. Helfen Sie ihn doch pflanzen im Herbste, wenn Sie uns anders nicht schon eine erfreuliche Sommererscheinung zugedacht haben. In dieser Zeit haben Sie Gall hier versäumt, der uns 14 Tage lang bis heute mit seinen zahllosen Erfahrungen und Beobachtungen viel Spas gemacht hat. Was man an seinem Vortrage indessen am aller gewissesten kennen lernt ist die Erbärmlichkeit seines Wiener Publikums. Den Mann haben wir aber alle sehr lieb, selbst Steffens, der morgen über seine Schädellehre zu lesen anfängt. Göthe hatten wir die 14 Tage auch hier u in H., aber mehr krank als gesund; er braucht jezt in Lauchst. das Tropfbad u komt dann hoffentl. wohler wieder zu uns. Alles grüßt Sie aufs herzlichste. Grüssen Sie auch Brentanos, u bitten Sie sie doch recht herzl*, Sie nicht zu lange dort zu behalten u bringen u holen Sie dann die Volkslieder selbst. Gantz Ihr Reichardt.
385.
1r
1v
40
45
50
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 1. September 1805, Sonntag
Lieber Clemens! Frankfurt a/M Sontags Ritter hat mir den Orlando gebracht, Bettine viel Nachrichten von Dir, sie sagen, Du hast lange Weile, mache der Krankheit lange Weile, so wird sie Dich los lachen, quäle sie mit Schwefel und Holunder aus einer Bastion in die andre, bis du ihre Burg brechen kannst. Gern käme ich zu Dir, aber der Drucker hat einen besondern Anfall bekommen und liefert alle Tage einen Bogen (heute den 15ten). Ich habe noch mehrere Lieder aus den frischen Liedlein und aus dem Orlando aus kristallisiren lassen, die mir gefallen; Bettine verschaffte mir einige wozu ich Strophen geheckt habe; die Schlacht bey Sempach macht sich in der Abkürzung vortreflich die Fischpredigt, kurz es ist noch manches Gute zugekommen. Dem Buchhändler habe ich vier vorläufige Anzeigen geschrieben, vielleicht werden sie auch im Schwefelbade zu lesen seyn, vielleicht wirkt es so besser. Nun noch von etwas, was mich ärgert, vielleicht hast hast Du es bemerkt, daß mir so etwas im Hirne 68
5
10
15
1. September 1805
20
25
30
35
40
45
50
spukt. Bettine sagt mir, du wärst noch immer fest der Meinung, du wärst mir hier hinderlich, mir wäre es lieb, wenn Du fort. Gott weiß, die Meinung muß dir sehr lieb sein, oder Dir sehr viel Mühe gemacht haben, weil Du noch daran hängst. Und wenn ich nun nachdenke, nachdem ich zwey Monate in einem Zimmer mit Dir gelebt, wie Du in einem weitläuftigen stubenreichen Hause mich behindern solltest, so sehe ich eigentlig keinen menschligen Grund ein, in zwey oder drey Monaten läst sich doch wohl aller fremde Zwang vom Rocke abtragen. Ja wären deine Verhältnisse zu den Deinen auch stachliger, als ich sie wirklig fühle, so würde mich das nicht zurückstossen, weil ich weiß, daß ihr euch dadurch doch nicht fremd werdet, vielmehr euch immer mehr einander nähert, je strenger ihr von eurer Meinung einander benehmt. Daß Deine Rückkehr mir lieb seyn wird, daran zweifelst du also nicht mehr, aber darum komme nicht, warte Deiner Gesundheit, und die lange Weile selbst scheint eine der namenlosen, aber wichtigsten Apothekerbüchsen; ohne Gesundheit kann nichts entstehen und Du must noch mancherley thun und vollbringen. Heut büsset die Welt im Sack und in der Asche und ihre melodischen Tropfen spielen schon über die Steine hin. – Daß der Marie ihr Kind sich vor der Mutter gescheut und in die harte Welt getreten, beweist daß es ganz unverständig war und kein lebendiges Gefühl hatte, darum fort damit. Bettine hat mir zwey gesunde Kinder, zwey recht reine liebe Liederchen gebracht, sie zeigen recht schön ihre Natur. Ich gebe mir alle möglige Mühe und Anstand, ihr zu beweisen, wie viel Schönes in ihr untergegangen durch das Herummusiciren im Musiciren, daß reines Leben nur in der beharrligen Flüchtigkeit sich zeigt, Sie verspricht mir alle Tage, Melodieen aufzuschreiben, aber – da kommt die ganze Welt zwischen. Ich würde es Deinem Plane so angemessen finden, mit den Worten Hand in Hand auch die Musick auftreten zu lassen und Bettine würde es bestimmt für einen gewissen Kreis recht tüchtig leisten können. Es ist mir recht merkwürdig, daß ich vor drey Jahren Dir dasselbe schrieb, wozu Du sie jezt aufmunterst, drey Jahre sind fast zu lang, um über einen Punkt einig zu werden. Bleib gesund, sobald ein Tag ohne Druck mir wird, werde ich leicht und frölisch zu Dir hinüber wuschen. Achim Arnim. N. S. Schick doch was du etwa an Liedern noch bekommen oder gefunden recht bald
69
2r
2v
Nr. 386
386.
1r
1v
2r
An Sophie Brentano in Heidelberg Frankfurt, 1. September 1805, Sonntag
Frankfurt a/M d* 1 September Geehrte Frau! Mir ist es, als wenn der Weg hinter mir einstürzte sogar nichts höre ich von Ihnen, seit Clemens nach Wisbaden. Ist M. Engelhardt schon nach Gotha? Was macht Hulda? – Wenn M. Enghdt nicht so ganz von Amors Pfeilen durchlöchert, daß die Gedanken an andre noch haften, so möchte ich sie wohl an unsre Lieder erinnern, an ihren Correspondenten in Hessen, mein Drucker stösst gewaltig ins Horn und die Postkutsche soll bald abfahren. Was macht Fiammetta, brennt sie noch, oder ist sie im Verlöschen? Arbeiten Sie nicht zu viel an dem kleinen Pulte, daß Sie uns nicht krank werden, ich bin so besorglig weil es regnet, das fliest herab man weiß nicht wie aus dem klaren Himmel, daß man von ihm auch keinen Strich sehen kann. Ich muß gar artig seyn, einmal da oben hinein zu fliegen, wenn Sie Lust haben mit Garnerin auf zu steigen, kommen Sie bald, den siebenten fährt er gen Himmel. Auch wunderbare Drathtänzer der Sr Furioso und Consorten, beginnen ihr Spiel, Bonaparte läst seine guten Landes Kinder zur Messe kommen, viel altes gutes ehrliges biedres Schwitzer Volk ist schon zusammengelaufen, der Krieg fängt an; was wollen Sie mehr zur Unterhaltung von Frankfurt fordern? Freilich mit den Standes∧erhöhungen in Heidelberg ist dergleichen Freude nicht zu vergleichen, mein Glückwunsch den Herren allesamt, wenn mir doch einer seinen abgelegten Titel schenken wollte. Nun ein Wort von Ihren hiesigen Bekannten. Von Fr. v. Larosche kann ich Ihnen nichts sagen, sie hat gegen mich keine der rührenden Intermezzos ausgehen lassen, ich mochte ihr wohl zu ernsthaft oder zu spashaft aussehen, sie warnte Bettine als wir in den Garten gingen, vor den unreifen Aprikosen, der Farbe nach schienen sie aber schon hinlänglig von Sonnengluth genossen zu haben. Anton Brentano ist jezt mit seineÇÇrÈÈ ÇÇxxxÈÈen Reisebeschreibung beschäftigt, allÇÇeÈÈ ÇÇAÈÈbend wird im goldnen Kopf davon ein Stück vorgelesen. Der Doktor hat seine gewöhnligen Einfälle wie ein altes Haus. Marie Brentano, eine gar annehmlige Frau, hat zu viel Ungedult gehabt ihr Kindlein zu sehen, sie leidet noch etwas von der frühzeitigen Geburt. Lulu Jordis schwimmt in lauter Eheständigkeit, sie wird mit dem Untergang der Sonne schon müde, begiebt sich also ins Pflanzenreich, spricht nebenbey noch man70
5
10
15
20
25
30
35
2. oder 3. September 1805
40
45
cherley nach, was sie gehört hat. Tony Brentano ist wie immer die artige Wirthin, scheint sich aber an ihren Gästen zu langeweiln. Bettine Brentano macht gar hübsche Lieder und Melodieen, das ganze Haus ist aber von ewigen kleinen Erdstössen bewegt, es kann keiner viel zum Sitzen kommen – ausgenommen im Kontor. Mein Papier ist bis zum Rande voll, meine Feder noch voll guter Wünsche. Achim Arnim A Madame Brentano Abzugeben im Hause des a Kauffmann Besse´ Heidelberg frey
387.
5
10
15
2v
Von Sophie Brentano nach Frankfurt Heidelberg, 2. oder 3. September 1805, Montag oder Dienstag
Wenn es Ihnen vorkam als sei der Weg zwischen uns zusammen gestürzt, so ist es mir jezt, als hätte Ihr Brief einen freundlichen Bogen über diese Kluft geschlagen, den ich schicklich genug, Himmelsbogen nennen kann, da ich, wie Sie wißen, nicht wegen Phöbus allein, sondern noch aus vielen andern Gründen, Sie der Sonne vergleichen muß. Wie ich auch bisher in meinen Briefen nach Ihnen fragen mogte, nie erhielt ich Antwort. Sollte Clemens vielleicht in Lethe gebadet haben? und weil das Wort bei jedem Badenden wenigstens einmal gebraucht werden mus, so habe ich für diesmal meine Schuldigkeit beobachtet. – Der harte Engel, wegen seiner weichen Hand u hartem Herzen billig einer Pfirsich zu vergleichen, ist gegen alle Argumente des verliebten Schulmanns taub geblieben, hat sich aber doch, durch geheime Kräfte angezogen, auf die Reise nach Gotha begeben, nehmlich von mir bis zur Tante Gatterer, wo sie seit acht Tagen wohnt. Die versprochnen Lieder habe ich bereits an Clemens abgeschickt, so wie auch zwei Lieder von Caroline Rudolfi, der ich gern ein Wörtchen von Ihnen, darüber zu sagen haben mögte. Sie scheint es zu erwarten, auch die niedliche Schelmin von Achen, spizt immer ihre feinen Öhrchen, so oft ich da bin, ob nicht vielleicht ein Wörtchen von Ihnen zu erlauschen 71
1r
Nr. 387
1v
wäre. – Gestern verführten mich Horstigs, die Allgegenwärtigen, zu einem Spaziergang. Wir kamen zuerst an einen wirklich sehr anmuthigen Ort, das sogenannte Stift; den Rückweg aber nahmen sie, aus übermäßiger Genialität, über ein ganz unwegsames himmelhohes, mir noch unbekanntes Gebürg. Romantisch war es, aber durch einen langen Schweif von Kindern u einigen alten Personen, der mühsam nachkroch, auch ängstlich genug. Es ward Nacht, als wir den Gipfel erreicht hatten, der Mond erhellte nur spärlich den Weg, der unendlich steil u steinig herabschoß, indeß die jungen Herren sehr artlich, sich in die Gebüsche versteckten, u dann unvermuthet, wie kleine Waldteufel, hervorsprangen, um uns, beim Vorübergehen, zu erschrekken. Ich gieng mit den rüstigsten unter den Kindern voraus, u zwar so weit, daß ich endlich die Andern gar nicht mehr erwarten konnte, sondern noch heute nicht weis, was aus ihnen geworden ist. Ich bin recht böse mit mir selbst, daß ich Ihnen nichts beßres zu schreiben weis! ach! ich wollte Ihnen so gern recht artig schreiben, ja, Sie, wo möglich, verführen, mir recht bald wieder zu schreiben! Aber was kann es Sie intereßiren, wenn ich Ihnen sage, daß in Heidelberg, wie ich ganz neuerlich entdeckt habe, die Balsammen, die sonst überall geruchlos sind, einen ziemlich starken, rosenähnlichen Dufft haben, oder daß wir gestern bei hellem Sonnenschein, auf einer Stelle des Neckars, einen wunderlichen Dampf bemerkten, ohne irgend eine Ursach davon wahrnehmen zu können, woraus wir ein nahes Erdbeben prophezeihen, oder daß der Ueberrest der jenaer Academie nun vollends auswandert u zwar hieher, in das südliche Athen, wie Heidelberg in einigen Briefen an mich genannt wird? – ach! und das ist Alles, was ich weis! So lebe denn wohl, liebe Sonne, u scheine bald wieder in Heidelberg! – Sophie Brentano.
72
20
25
30
35
40
45
6. oder 7. September 1805
388.
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 6. oder 7. September 1805, Freitag oder Sonnabend
Frankfurt am Main 1 October 5
5
10
15
20
25
30
Guten Morgen Clemens! (Guten Morgen Spielmann, wo bleibst Du so lang) Der Himmel hält ein perlemutternes Schild vor den Feldberg, ich wünschte bey Dir zu seyn, aber da finde ich, bin ich an etwas festgewachsen, was Du noch gar nicht kennst, an eine Kupferstichsammlung, die ich mit einer Art lebendiger, fressender Aetzlust gemacht, für die ich aber noch kein Mappe habe So hat wohl jeder sein Blaserohr, wenn nur jeder damit treffen könnte, was ich habe ist durchaus und ohne Ausnahme treflig. Noch ein Geschenk habe ich bekommen, was mir recht lieb, Bettine hat ein Lied aus dem Ariel recht schön musicirt. Da Du mich des Unkritischen in der Musik beschuldigst, so steht Hoffmann dafür gut. Es hat ihn sehr erfreut, er hat ein Paar Zeichen und Begleitung etwas verändert und als Bettine ihr gewöhnliges Fechterstück begangen, sie wolle es zerreissen und wegwerfen, ist er ganz wüthend aufgesprungen, hat mit den Füssen gestampft und den Kamm geschüttelt, und die Federn gesträubt. Ich habe sie gebeten die Melodieen zu deinen Liedern auch aufzuschreiben. – Die Manschettenblumen, und das andre Lied vom lebenden, schwebenden Garten habe ich glücklig verändert, der Stauffenberger ist jezt auf drey Blättern in sechs Romanzen recht schön, wenn Du kannst schick mir das Gedruckte Seyd fröhlig u l. ihr Handwerksgesellen, ich wollte Deinem Anfange noch ein Paar der Originalverse zuschreiben – Der Himmel ist blau und der Rauch steigt als Kreuz straks hoch quer durch die weissen Wolkenstreifen, ich mache dieses Zeichen, Dir, Deiner Gesundheit, unsrer Befreundung, Dein Achim Arnim N. S. Sehr merkwürdig ist es mir, daß ich mein Verändertes Zesensches Lied, das Du so schlecht fandest und ich in Heidelberg in den Kasten geworfen, unendlig oft mit besonderm Ergötzen in mir hersagen muß, ich bin wirklig begierig sie wiederzusehen. Ich habe Dir schon einmal von hier geschrieben.
73
1r
1v
2r
Nr. 388.E 2v
Abzu: im Gasthause zur Rose.
An Herrn Clemens Brentano Wohlgb* zu Wisbaden frey
35
388.E An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 6. oder 7. September 1805, Freitag oder Sonnabend 29r
Himmelsstationen. 1 Der Himmel ist sehr hoch und wir wissen eigentlich nicht wie er ist, besonders, woran die schweren Wolken hängen. 2 Es trauert im Sack und in der Asche, schon spielen die himmlischen Tropfen melodisch über die Steine. 3 Er deckt die Berge mit perlmutternem Schild und wir denken an die befreundete Ferne. 4. Er reisst blau auf, der Rauch steigt straks hoch, gerade quer durch die Wolkenstreifen, wir machen das Kreuz über das Brod was wir essen.
389.
1r
5
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Wiesbaden, 7. September 1805, Sonnabend
Ich habe seit einigen Tagen deinen liebevollen Brief, aber zwischen Baden, ruhen, Essen und promeniren liegt mir sehr wenig Zeit. Dein Brief und Lichtenberg haben mich recht erfreut, der erste spricht mir zu, der zweite spricht mit mir. Waß du mir von meiner Idee als belästige ich dich schreibst, wäre ganz gut, wenn ich würklich diese Idee hätte, ich sagte zu Betine, Arnim ist wohl jezt leichter und fröhlicher, seit ich nicht da bin, und dies sagte ich blos, insofern ich weiß, daß ich in Frankfurt eben keine fröliche Aüsserung befördern kann, waß du selbst sagst, und so wären wir dann einig. Gestern Abend war ich ein Stunde von hier zu Biberich der Usingischen Residenz, der Rhein, der Himmel, das Schloß, alles hat mich innig erquickt, und ich habe sogleich an Sophie geschrieben, daß sie hierher kommen soll, es thut mir 74
5
10
7. September 1805
15
20
25
30
35
40
45
50
leid, daß der arme Schelm das nicht sehen soll, ich erwarte sie Dienstag, oder Mitwoch Abend, und da alsdann besonders der Theuerung halben meine Kur, die mein Uebel, wo nicht gehoben, doch gemildert hat, zu Ende ist, so wünschte ich sehr, daß unsre Rheinfarth vor sich gänge, wenn du hier gewesen wärst hättest du manchen Spaß gehabt, Walpurgis die noch sehr schöne von Rüdesheim, ist die ganze Badezeit hier und noch hier, ich habe mit ihr zweimahl getanzt. Die Korrektur darf uns die kleine Reiße doch nicht verderben, und da Alles in ein paar Tagen gemacht ist, so kannst du ohne großen Auffenthalt einen Bogen in Rüdesheim korrigiren. Denn ich möchte und kann mich hier nicht länger aufhalten, Sophie aber würde sehr ungern in Frft sein, und ich kann es ihr selbst nicht zumuthen, sie reißt von Darmstadt grade hierher; wenn sie da ist, will ich es dir sogleich und wünsche dann sehr, daß du erschienst, wo nicht so muß ich ganz resigniren an den Rhein zu gehen, da es täglich kühler wird und ich mich bei meiner durch die Bäder sehr gereizten Haut vor der Kälte sehr hüten muß, sollte es ganz unmöglich sein, daß die Korrektur eine kleine Zeit langsamer gehe, so will ich nach Frft und sie übernehmen, und du kannst während dem mit Sophien und Lichtenberg die Reise machen, ich habe den Fluß ohne dies sooft gesehen, und es ist mir besonders drum zu thun Sophien diesen Eindruck zu geben. Schreibe mir doch ob sich der Druk recht zusammenschiebt, und ob du das Manschettenlied brauchen konntest. Wie weit bist du, es ist mir wahrlich sehr leid, daß ich dir bei der Sache wenig helfen kann; so eben erhalte ich deinen zweiten liebevollen Brief, es donnert und blizzt dabei, und ich stehe vor der Hausthüre und sehe die Tuschmaschiene eine Art Feuersprüzze, durch welche einem das Badewasser par force gegeben wird, morgen früh den 8 7b. auf meinen Geburtstag will ich mir den Hintern Touschen lassen. Es sind dicht hierbei einige Anhöhen, wo man herrliche Aussichten genießt, je näher man dem Rhein kömmt je herrlicher ist das Grün, ich sah gestern bei Biberich noch ein grün, wie ich es mir selbst im Frühling kaum gesehen zu haben erinnere. Lieber Arnim zögre ja nicht, sobald ich dir schreibe, daß meine Frau hier ist zu kommen, denn meine Umstände von allen Seiten erlauben mir keine lange Verzögerung. Der Stille Abend in Biberich vor dem edlen grosen stillen Schloß unter Bogenförmig geschnittenen Baümen an dem Rhein mit gutem angenehmem Wein und dem schuldlosen milden jugendlichen Lichtenberg ist einer der schonsten Abende, die ich je gehabt, und komme nur her du sollst, du mußt ihn auch so genie75
1v
2r
Nr. *390
ßen, du hattest gewiß ein herrliches Gedicht da empfangen. Mich machte die Aussicht auf der einen Seite so mild, daß ich allen Kränkungen, die ich erfahren auffliegen ließ im Abendhimmel wie einen Garnerin, und auf der Andern Seite faste ich Muth zu ertragen und mich nicht erdrücken zu lassen, von dem, waß mich recht gräslich gepackt hat. Ich habe nie eine solche Wirkung von der Natur empfunden ausser damals auf dem Ohstein. Als nach Hauß kam zerriß ich einen sehr gerechten strengen und wahren Brief an Sophie und schrieb ihr sie solle an den Rhein kommen. Ich kann es jezt noch fühlen, wie diese Aussicht gestern ÇÇwaÈÈr. Der Schloßgarten der ehedem von beschnittenÇÇenÈÈ ÇÇHeckÈÈen und Baumwänden im härtesten franzoscheÇÇnÈÈ Geschmack starrte ist jezt mit allerlei englischÇÇenÈÈ Schwarmereien vermischt und macht mir einen unendlich romantischen Eindruck die beschnittenen Baüme haben mich entzückt neben den Trauer weiden, der Garten ist wie eine wunderschöne spanische Prinzessin, welche Schwermerische Augen hat und ihrem Braütigam, der eben so ist, den sie aber heimlich liebt Diplomatisch vorgestellt wird. Ich lese im Bade gewohnlich die Geschichte Karl des zwölften von Posselt, Karl ist mir nicht lieb, oft erbittert er mich mit seinen Tugenden auf die er wie ein Jagdhund parforce dressirt zu sein scheint, ich erwarte dich bald, gleich nach dem Bad gehe ich wieder nach Biberich. Dein Clemens. Waß und wo hast die Kupferstiche her 2v
Herrn Baron von Arnim im englischen Hof. Frankfurt a/m
55
60
65
70
75
*390. Von ? nach Heidelberg ?, vmtl. zweites Drittel September 1805 Von Clemens Brentano, Heidelberg, 27. September 1805:
Vorgestern sendete ich einen Grosen Brief sogleich an dich den ich hier vorfand.
(Nr. 392,50–51.)
76
27. September 1805
391.
5
10
15
Salve! Du versprachs mir Nachricht von der Ankunft deiner Frau zur Rheinreise, da ich keine erhalten, so vermuthe ich irgend eine Zögerung. Nächstdem denke ich den Weg zu Dir bequemer in der Luft als zu Lande zu machen, ich will deswegen den Donnerstag noch abwarten, wo die Luftfahrt anberaumt. – Kunze hat den kleinen Jungen angefertigt, er ist recht fleissig radirt, aber das Gesicht ist wie vom französischen Trommelschläger; das Pferd wird denen um so mehr gefallen, die es noch unedler wünschen, je weniger es denen gefällt, die es edler verlangen. Auf jeden Fall wird es sich an seiner Stelle gut ausnehmen, wir wollen uns dessen auch befleissigen. Dein Achim Arnim
1r
Des Herrn Clemens Brentano Wohlgb* zu Abzugeben Wisbaden im Wirthshause frey zur Rose.
2v
392.
5
10
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, vmtl. 11. September 1805, Mittwoch
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, 27. September 1805, Freitag
Lieber Arnim! Heute Morgen erhielt ich Betinens Brief nach Wisbaden, es war nicht Uebereilung, es war Instinckt, daß du ihn erbrachst, denn er spricht nur von dir, und ich lege dir ihn bei, um dir eine Freude zu machen, besonders aber bitte ich dich, herzlich in Erwägung zu ziehen, wie sie mich deiner Freundschaft, die mir nun in diesem Leben das einzig Bleibende ist, glücklich preißt, erhalte mir noch lange, ja immer diese leuchtende Saüle in der Nacht, diese Wolke im Tag, daß mein oft verwirrtes Gemüth sich sammeln kann, und gern lebt, die manichfaltigen engeren Verbindungen, die mein Herz je gehabt, oder nach de77
1r
Nr. 392
1v
nen es gerungen hat, sind fast alle durch irgend einen Dämon geirrt oder zerrissen, aber dein Bild steht so immer rein, frisch, und treulich gegen mir über, ich finde in dir so alles, waß an einem Menschen zu lieben und zu verehren ist, mein eignes Streben schön vollendet, und vieles meiner Natur Versagte durch deine Annäherung mir vertraut, so daß deine Liebe mein eignes Wesen potenzirt, und mir noch außerdem eine Welt schenckt. Es geziemt dem Ueberfluße deiner Seele nicht, jemahls zu bedenken, wie freigebig du gegen mich bist, weil du mir Alles bist, aber ich sage dir gern, wie sehr ich dich liebe, da du mir die Liebe durch deine ununterbrochene Güte abdringst, also Alleluja, Hoseanna, Susanna, Anna, et zetera, zeter mordio! ! o Dio! Hier ist heute und gestern alles Himmel und Franzosen, es sind seit gestern Abend zehntausend Mann durchmarschirt, sie sehen aus wie müde Leute, Heute sagte man hier, daß gestern schon ein Ostreichisches Piquet in Heilbronn gewesen sei, ich weiß nicht, waß es werden wird, da hier herum keine Festungen mehr sind, so ist es mir sehr wahrscheinlich daß der Krieg im südlichen Schwaben sein wird, Gott halte alle guten Leute gesund. – . Zu meinem allerhöchsten Erstaunen habe ich erfahren müssen, daß unser Bescheidener Liedermäckler, der Studente Grimm selbst ein gewaltiger Dichter ist, und dieses Jahr unter dem Nahmen Persephone einen Musen Almanach bei Mohr herausgegeben hat, in welchem du das Nachgefühl von Klopstok an über Hölty, Mathison, Schiller, Göthe, Schlegel und Tiek hinaus finden kannst. Beiliegende Lieder sind ein zweites geringeres Aufgebot der Engelhard. Das Zweite Lied ist mir um so lieber darin weil das »Hast du mir mein Nudeltöpfchen brochen« daraus her rührt. auch das Fünfte ist ein gutes Scherzlied. Mit einiger Verwunderung habe ich im 22ten Bogen, Blühe liebes Veilchen ganz von dir verwandelt gefunden, sollte man uns nicht den Titel alte deutsche Lieder vorwerfen dürfen. Gestern trat ein groser langer Mann in meine Stube, der mit einer beinah affektirten Anmuth und Zärtlichkeit sich nach dir erkundigte, er hat dich im englischen Hof, wo er auch logirte versaümt, sagt mir er sei einer deiner besten Freunde, der Doctor Nasse aus Westphalen, als ich ihn bat mir seinen Nahmen dir zum Bericht mitzutheilen, verbat er sich freundlichst waß ich jezt thue, und sagte mit einem spizen Maülchen, lassen sie mir die Wollust ihn zu überraschen. Ich habe außer manchen andern Büchern für dich eine Schwabische Chronick Msst erhalten in welcher, der Möhringer steht, habe aber noch nicht Zeit zu Vergleichen gehabt. Sobald du etwas näheres von Savigny hörst, so 78
15
20
25
30
35
40
45
Ende September/Anfang Oktober 1805 50
55
60
melde mir es doch mit ein paar Zeilen. Vorgestern sendete ich einen Grosen Brief sogleich an dich den ich hier vorfand. Die Trommeln und Trompeten ziehen noch durch alle Strassen, Man sagt hie und da Baden werde seine Truppen den Franzosen geben, waß nicht ganz wahrscheinlich ist, dennoch sind die Franzosen von der Regierung durch manichfaltige Manifeste auf freundschaftlichste empfohlen worden, die welche heute Nacht hier waren, lagen alle in der Jesuiter Kirche und den Kasernen auf Stroh, kaum waren sie darinnen so stieg einer auf die Kanzel und predigte scherzhaft, gegen alles Essen von Fasanen, Rebhünern, Pasteten und gl. Schreibe bald deinem Clemens Brentano Herrn L. Achim von Arnim im englischen Hof. Frankfurt a/m.
2r
2v
393.K An Clemens Brentano in Heidelberg Frankfurt, Ende September/Anfang Oktober 1805
Aus Frankfu
5
10
15
Lieber Clemens! Warum an hellem Tage um sich greifen und fühlen, was man habe, was man fühle, dem Tage gehört die Ferne mehr denn wie die Nähe, und was nicht sein, das mag noch erreichen. Daß wir einander sind, was wir uns waren, das kann uns nicht fehlen, so lange die leichte Luft noch durch uns hin sich wärmt, ich fühle das wie die Gegenwart meiner eigenen Gedanken, also frey und lustig zum Ungewissen, Strebenden, vom Kaufmann lerne Speculieren, vom Soldaten thätige Ergebenheiten; der Hund muß die Welt anpissen sie wieder zu erkennen, der Mensch muß sie umfassen mit Lust, sie beschauen und ordnen, daß sie ihn erkenne: Vertrag dich mit der Welt und sie wird dich tragen auf ihrem Kopfe als Sieger. Ein Mensch ist elend, zweye ausgesetzt müssen sich eine Welt bilden, wer eine Welt hat der bildet sich. Daß Du mich freundlich erkennst erschliest mein Herz, daß du alle andre verkennst und zurückstösst wirft Schießpulver hinein, es ist mir als wolltest Du deine Religion mir zu Gefalle verändern, endlich findest 79
1r
1v
Nr. 393.K
r
2
du mich auch nichts besser als andre, du stehst dann allein und brennst das Schießpulver los, das mein Herz zersprengt. – Das habe ich gedacht bey deinen Streitigkeiten mit Christian, mit Bettine, denk einmal darüber, ich habe zur Abkühlung ein Liedchen auf einen Zetel geschrieben Fest verschränket In einander Liebe denket Nicht ans Wandern: Muß den Fuß Doch wieder lösen, Und vom Kuß Den Mund entblössen
20
25
30
Hebt den Schleyer Nun als Segel, Nach der Feyer Sich zu regen; Kann zum Stern Das Aug nun heben Rudert fern, In festem Streben.
35
Wo in Gluthen Alle Wellen Sich verbluthen Und gesellen: Meer und Luft, Ist unbeschränket Goldner Duft Sie fest verschränket.
40
45
Allein soll der Mensch nicht seyn und zweye die einander alles wären, sind doch auch allein, wenn sie nicht eine Welt aus sich bilden, die ihnen doch wie ein Sündenfall erscheinen muß. Die Welt ist da bilden wir uns darin, über sie hinweg kann niemand setzen ohne unter sie herabzusinken, das Leben ist recht für zweye da, es ist wandelbar und muß vielfach angeknüpft werden nicht ist besondres zu gewinnen als 80
50
Ende September/Anfang Oktober 1805
55
die Wahrheit, das Wahrste ist die Schönheit die Welt sieht den Ungeduldigen an wie einen Todten und macht ein Kreutz vor ihm. Wo die Erinnerung das Zukünftige schafft ist sie ein unsichtbarer Genius erscheint sie aber ein Gespenst, in jedem frischen jugendlichen Wollen können wir wiedergeboren werden, es ist ein heisses Bad und der Fuß stellt sich nach denkend einzuscharren, wer zum Marsch bereit
393.
5
10
15
20
25
2v
An Clemens Brentano in Heidelberg Frankfurt, Ende September/Anfang Oktober 1805
Lieber Clemens! Warum an hellem Tage um sich greifen und fühlen was man habe, was man fühle, dem Tage gehört die Ferne mehr denn die Nähe, ihm steht die Welt offen; und was nicht sein, das mag er noch erreichen. Daß wir einander sind, was wir einander waren, das kann uns nicht fehlen, so lange die leichte Luft noch durch uns hin sich wärmt, aber allein soll der Mensch nicht seyn und zweye die einander alles wären, sind doch auch allein, wenn sie nicht eine Welt aus sich bilden, die ihnen doch wie ein Sündenfall erscheinen muß. Die Welt ist da, bilden wir uns daran, über sie hinweg kann niemand setzen ohne unter sie herab zu sinken; also frey und lustig zum Ungewissen, Strebenden, vom Kaufmann lerne Spekulieren, vom Soldaten Ergebenheit, nichts ist besonders zu gewinnen als die Wahrheit, das Wahrste ist die Schönheit. Vertrag dich mit der Welt und sie wird Dich tragen als Sieger über ihrem Kopfe, Ungedult ist ein Selbstmord, die Welt sieht den Ungeduldigen an wie einen Todten und macht ein Kreuz dabey. Ich komme zum Einzelnen, Dir meine Gedanken zu erklären. Ich weiß wenig Leute, die mit einander so mancherley Berührungen haben könnten als Du und Christian, und doch verzweifelt er fast mit Dir fröhlig und leicht umgehen zu können. Er hat keinen Grund deine Ungedult und Verzweiflung über so viele Dinge zu ertragen, Du führst ihn an die Grenze von Mord und Todschlag, wer läst sich dahin immer geduldig führen. Daß er über Kreutzer schimpft, der von seinem Freunde, wie er überzeugt zu seyn glaubt, gelogen, scheint mir natürlich, auch finde ich Dein Verhältniß mit Kreutzer gar nicht so enge und freundschaftlich, daß dich so eine Aeusserung aufbringen könnte. Ich habe den einen Fall der Breite nach ausgelegt, Dich zu überzeu81
1r
1v
Nr. 393
r
2
2v
gen, daß Dich in vielen deiner drückendsten Verhältnisse, nicht was da erscheint, sondern die wieder kehrende Erinnerung von tausend vergangnen Redereyen aufreitzt. Wiedergeboren zu werden hängt nur von einem frischen jugendlichen Willen, von einem heissen Bade unsrer ewgen Lebenspoesie ab, die alte Löckung des Schmerz hebt sich und die Füsse statt sich nachdenkend einzuscharren werden zum Vorwärts∧schreiten bereit. Wo die Erinnerung das Zukünftige schafft, da ist sie ein unsichtbarer Genius, erscheint sie aber selbst wieder da ist ein schreckliches Gespenst. Die Erinnerung, daß Christian wohl manches nur aus Sonderbarkeit behauptet, macht Dich bey jeder Meinung von ihm mißtrauisch. Worin liegt aber das Wahre, doch nur in dem Sinne, dem Falschen begegnen zu können indem wir das Wahre herausheben. Die Erinnerung, daß Bettine Dir einmal ganz ausschliessend gehörte, hindert dich, die gute eigene Bildung anzuerkennen, die sie sich gegeben, deine Aeusserungen über sie, waren zuweilen wirklich hart. – Sieh das muste ich Dir sagen, wenn Du mich als deine Einzige Hofnung ansiehst, du öffnest mein Herz damit, fändest Du mich einmal nicht besser, als Du jene andern jezt glaubst, Du würdest es zerreissen. Auch ist das Leben wandelbar, wir müssen es mannigfaltig anknüpfen. Nach so ernsthafter Abhandlung setze ich ein Liedchen, was ich so nebenbey auf einen Zettel schrieb Fest verschränket In einander Liebe denket Nicht ans Wandern, Muß den Fuß Doch wieder lösen, Und vom Kuß Den Mund entblössen.
30
35
40
45
50
55
Hebt den Scheier Nun als Segel, Nach der Feyer Sich zu regen, Kann zum Stern, Das Aug nun heben Steuert fern In festem Streben
60
82
Ende September/Anfang Oktober 1805 65
70
75
80
85
90
95
Wo in Gluthen Alle Wellen Sich verbluten, Sich erhellen, Meer und Luft Ist unbeschränket, Goldner Duft Sie fest verschränket Ich habe den 26ten Bogen corrigirt, beym 27ten wird schon etwas Prosa seyn, das Hochzeitlied auf Leopold ist schon abgedruckt und mit geringer Veränderung wunderbar schön, das höchste Lyrische der ganzen Sammlung. Das Register habe ich gemacht, es war ziemlich mühsam. Du wunderst Dich über Blühe liebes Veilchen. Ich glaubte, daß seine grosse Zärtlichkeit im Contrast mit dem guten Morgen Spielmann sich sehr gut machte, ausserdem ist es von allen Postillionen durch ganz Deutschland geblasen, sehr kurz, nicht schlecht und wenigstens 30 Jahr alt. – Ich habe Dir durch Pr. Froriep sagen lassen, daß Savigny in diesen Tagen wahrscheinlich eintrift, seine Frau hat aus Metz geschrieben, ich hoffe daß deine Frau von Froriep den Cottaischen Kalender erhalten, ich schickte ihn allein wegen Göthe’ s Epilog auf Schiller, der sehr gut das Gefühl einer Schauspielergesellschaft ausspricht, was doch eigentlich der Zweck einer solchen Todtenfeyer im Schauspielhause ist, dahingegen die andern das Gefühl des Publikums ausdrücken wollen, was doch gar nicht auf das Theater gehört. Bring mir doch meinen Gryphius mit und komme bald. Dein Achim Arnim. Herrn Clemens Brentano zu Abzugeben beym Kaufmann Besse´ Heidelberg frey
3r
4v
83
Nr. 394
394.
1r
1v
Lieber Arnim Hier vier schöne Lieder von Grimm aus dem Odenwald gebracht, N° 4° ist wunderschön, das erste Volkslied worinn ich den Wahnsinn finde, ich bitte dich nichts daran zu ändern. N° 3.° muß geordnet werden, ich hatte keine Zeit dazu. N° Eins ist mir auch recht lieb. Gott grüß euch alter hat im ersten Vers den bösen Drukfehler Blumenkopf statt topf, wäre ich dort gewesen ich hätte dirs abgebettelt, denn ich habe eine wahre Idiosincrasie dagegen. Laße nur nichts bessers heraus bei der Einschiebung des bekanntesten, auch sollte dies Lied von Pfeffel nicht da stehn, wo wir keins von Göthe, Schiller, oder Bürger aufnahmen nachstens mehr Monsieur le Baron. L. A. Arnim im englischen Hof. Frankfurt a/m.
395.
1r
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1805
5
10
15
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, vmtl. zwischen 1. und 5. Oktober 1805, Dienstag und Sonnabend
Lieber Arnim! Dein Brief ist zu schön, zu frei, und allgemein gewesen, um im einzeln ganz wahr zu sein; er ist aber auch alles Jenes zu sehr gewesen, als daß sein gänzlicher Irrthum über das Einzelne ihm im mindesten seinen hohen geliebten Werth für mich beeinträchtigen könnten; Waß zwischen mir und allen Geliebten Menschen gebunden oder frei, ewig aufflammend oder ewig versinkend, in manichfaltiger schmerzlicher oder ruhiger Aüßerung lebt, (meine Freude ist ganz ruhig geworden) alles das regt er an, sucht er zu ermuthigen, liebt er, er wird ewig der Frühling bleiben, auch dem Kranken der Frühling, ich kann nichts auf ihn erwiedern, als waß wir der Sonne erwiedern, es ist uns wohl in ihr, wir freuen uns sie wiederzusehen, und meine Stube ist traurig ohne Sie, fürchte nie, daß ich aufhören werde, dich zu verehren, denn du 84
5
10
Vmtl. zwischen 1. und 5. Oktober 1805
15
20
25
30
35
40
45
50
bist Scharf ohne Schwerd, blank ohne Stahl, heiß ohne Feuer, Spiegel ohne zerbrechlich zu sein, du bist ein Mensch, du bist die Welt, du bist unschuldig, fromm gerecht, und liebevoll und hast vor musikalischem Dasein nie Zeit eines Allein zu sein. Wenn ich dir sagte meine einzige Hofnung ist in dir, so heist das, ich habe in deinem Dasein, in deinem mir unverschloßenen Munde, deinem mir befreundeten Herzen, in deinem Dasein, das gern mit mir ist, mir gern verzeiht, mich lieben kann, das im Reellen gefunden, waß alle Menschen in der Wissenschaft, Kunst, oder im Genuß unendlich oder endlich (wie sie selbst sein können) suchen oder finden müßen, um gestrebt oder erlangt zu haben. Wie die Leute sagen, daß Jakobi ein drittes gefunden habe, das leichter als jede mögliche Philosophische Luft, ihn über Nachbars Dach und Kirchthurm und Gottes Berge erhebt, so habe ich in dir auch dieses Dritte gefunden, alle Welt kann es mir nicht nehmen, denn du bist es selbst, und kannst nicht anders. Sieh, so was Herrliches habe ich in dir erwischt, und es ist auch so Herrlich, daß es mich gar nicht stört, mich nicht schmerzt, wenn es mich dessen beschuldigt, wovon die Beschuldigung, die stillschweigende, zu ertragen oder mich ihrer zu erwehren, mich gewöhnlich so erstickt, oder endlich hervorbrechend in so traurig erzwungene Selbstvertheidigung bringt, daß ich gegen die falsche Beschuldigung kämpfend ihnen, die ich, mich mit einiger Mühe zu erkennen, eigentlich zu wenig interressire, die Worte entreiße, da seht ihrs, so ist er, jezt, jezt eben begeht er die Schuld. Meine Erfahrung hierin ist unendlich, ich weiß, daß es hierüber mich zu erklären, keine Worte giebt, nur Liebe kann das unsägliche verstehen, und beantworten, aber seit es der Geschichte meines Gemüths unmöglich geworden ist, dem blosen Verstand deutlich zu werden, ist es ihm auch unmöglich geworden, sich mit dem Verstande zu verschließen, ich habe wohl Verstand genug voraus zu wissen, daß meinem Herzen oft das lächerlichste Unrecht gethan wird, aber ich habe zu viel Herz, um dieses Unrecht andern oder mir anzurechnen, ich liebe unendlich, und kann nur unendlich lieben, es ist mir keine Minute verlohren, keine vergangen in der Liebe, und alles Untergegangene pakke ich auf wie eine Welt und schaue den lieben Todten ruhig in die Augen, die mich sterben gelehrt haben. Waß du von meinem Verhältniß mit Christian sprichst, ist Irrthum von dir, und trifft mich nicht, ich habe keine Schuld gegen ihn, als daß ich ihn zu sehr liebe, und immer zu viel von ihm verlange, daß ich unverständig gegen ihn bin, indem ich ihm nicht allein meine Ruhe sondern mein ganzes 85
1v
Nr. 395
2r
Leben hinhalte, daß er oft zerschneiden müste, wenn ich ihn nicht liebte. Ich halte von unserm Wortwechsel über Schäfer gar nichts, als daß ich, als er mir zum ersten mahl über ihn schrieb, und ich ihm mit Aengstlicher Billigkeit drüber antwortete, schon wuste, er werde wo nicht schriftlich, doch mündlich, wo nicht gegen meine Meinung, doch zur Vertheidigung seiner stolzen Absprache über Kreuzer in einen Wortwechsel gerathen. Ich habe nicht für mich gestritten, nicht für Schäffer, nicht für Kreuzer, sondern für ihn Christian selbst, denn ich fühlte tief, daß er auf einem schlechten Punkt stand, als er mir sagte, er scheiße Kreuzer und Daub voll, und im Zorn dem ersten vorwarf, daß er arm war, und ihn jemand unterstützte, dem er nur durch seine eigne Vortreflichkeit empfohlen ist, übrigens hat Kreuzer eigentlich nichts gegen Schäffer gesagt, dessen Ankunft er freundlich entgegen sieht, er hat nur unvorsichtig geredet, ich habe zu treu und unvorsichtig berichtet, wofür mich die leicht vorübergehende Scene vielleicht noch nicht genug bestraft hat. Daß übrigens Christian am Umgang mit mir verzweifelt, ist nicht gut für mich, da ich noch nicht verzweifle, daß er mich gut genug finden wird, oder daß ich es bin, ich selbst habe, insofern er sich mir nicht verschließt, oder ein wenig Bonapartisch über die Leute Urtheilt, eine größere Liebe und Freude an ihm, als sie seiner Erwiederung wohl zahlbar ist. – . Daß du weiter glaubst, es mache mich traurig, Betinen nicht allein zu besitzen, oder ihr Dasein gefalle mir nicht, ihre gute sich selbst gegebene Bildung gefalle mir nicht, auch hierin irrst du, da ich die ganze Geschichte ihres Gemüthes kenne, da wir beide schon, als uns die Nothwendigkeit enge verbunden hatte, sie ihrer ganz mystischen ich meiner durch Pflicht alle Augenblick sich verständigenden Liebe zu einander mit gewaltsamen unwillkührlichen prophetischen Trähnen ein Todenopfer feierten, da wuste ich schon, war ich schon getröstet über die Natur, der wir unterworfen waren, ich stand unter dem Fenster, aus dem ich herabstürzte und fieng mich selbst auf, ach ich rette mir ja alle Tage das Leben. Wenn ich dich aber zu jenem unrichtigen Urtheil verführe, so ist es nur durch meine, durch unsägliche Empfänglichkeit und Eindrükke bei nicht starkem, nicht gesundem, nicht zu Ordnen geschicktem Gemüthe, sehr falschdeutige Erscheinung. Ich habe z. B. bei meiner lezten Anwesenheit in Frankfurt keinen Augenblik irgend eine Unzufriedenheit weder mit Christian noch mit Betinen empfunden, ich hatte vielmehr eine innere Freude an ihrer Heiterkeit, und das ganze Dasein Christians gewährt mir stets diese Freude, ich war nur 86
55
60
65
70
75
80
85
90
Vmtl. zwischen 1. und 5. Oktober 1805
95
100
105
110
115
120
125
130
still und unvergnügt durch die Empfindung ohne Hülfe das Bad verlassen zu haben und einem schmerzvollen unerfreulichen Winter entgegen zu sehen, es that mir leid, daß ich nicht mittoben konnte, das unseelige Meßgeraüsch, das ewige Phrasensingen Betinens ohne Zuhörer, manche haüsliche Qual für mich selber, alles das stürmte auf mich, und am leidsten that mir die Empfindung, daß meine Trüblichkeit falsch ausgelegt ward. Wenn mich irgend etwas in Betinens Verhältniß zu andern manchmahl bewegt, so ist bei Gott nichts weniger als Neid, es ist nur Mitleid mit dem schönen herrlichen Ernst, der in der Tiefe ihres Herzens vor dem schaümenden verschwendenden Augenblick nicht sicher ist. Nimm’ an, durfte mich folgendes nicht bewegen; während ich vor Wisbaden in Frankfurt war, habe ich oft mit Betinen über unser ehmaliges Verhältniß geredet, habe mit recht inniger Freude empfunden, wie es sich so wohlthätig für sie in die Verbindung mit Christian und Savigny gelöst hatte, habe durch die Einsicht mancher Briefe Christians und Savignys an Sie mit innerer Beruhigung empfunden, daß alles waß ich je auf dies geliebte Wesen gewirkt, alles waß ich ihr gesagt, dasselbe war, recht herzlich habe ich mich an der rechten Gesinnung meiner Geschwister ergözt, weil sie ohne zu wollen, auch die meinige rechtfertigte, nie im mindesten gekränkt nur bewegt hat es mich einigemahl, wie ich überzeugt ward, daß Christian mein Dasein so nebenbei bemitleidete, oder auch verwarf, oder daß Savigny wunderbar gespannt durch seine intrigante Frau mit mir und Betinen selbst war, alles das übersah ich, das wunderbare Treiben jener um Betinen, das dieser sehr nüzlich gewesene Hingeben, und dabei doch ein drittes tiefes Einsames Getrenntes in dem Herzen Bettinens, an welchem Jene keinen Theil hatten, Sie hatte Urtheil über Alle diese ihre Freunde und Erzieher, Sie wuste waß sie wollten, waß sie erreichen würden. Sie gestand mir ein, daß sie dem Christian gar nicht mehr schreibe, daß er ihr in der lezten Zeit nicht gefallen habe, Sie nahte sich wieder mehr mir, das that mir innerlich leid, denn ich hatte sie nie getrennt von mir empfunden, es that mir weh, daß sie noch immer streitend war, da ich sie nun, als Christian wieder da war, wirklich in einiger Verlegenheit gegen mich empfand, brachte es mich zu einer stillen Betrübniß, daß so wenig Haltung in der vielen Liebe aller dieser Geschwister, so wenig Klarheit, solche Verworrenheit, die sich oft selbst belügen muß, um sich nicht zu wiedersprechen. Da ich nun nach einem geraüschvollen Tag mit wahrer Wohlust endlich die einzelnen Paare verschwinden, die 87
2v
3r
Nr. 395
3v
Lichter verlöschen, endlich alle Geigen Verstummen hörte, und die Stille ein einsames Meer meine Seele eine unendekte Glükliche Insel umschloß, legte ich mich Seelenvergnügt zu Bette, einzelne Trümmer des versunkenen gescheiterten heutigen Lebens sah ich an das Ufer spülen, betrauerte ruhig das verlorene, welches vergeudet war, ohne den Göttern geopfert zu sein und liebte, ehrte das Gerettete. In rechter Gemüthlichkeit schloßen sich die Küßen an mich, das Licht stand bequem, mein Herz gefiel mir wohl, ich gukte in ein altes Buch, Meine Frau trat in die Stube, die im Saale eben laut gejubelt hatte, verstummend und kalt, nach einiger Zeit sagte sie »ich weiß nicht, waß ich von dir denken soll« ich »das Beste« – du bist mir unbegreiflich« ich »o laße mich ruhig, es ist mir sehr wohl« – Nun trat sie mir näher, und sagte, höre, das Beste waß du thun könntest, wäre, du giengst zu deinen Brüdern in die Handlung – Wie ein Feuerwerk brannte da alle mein Friede zum Himmel – . Denke dir, meine Bewegtheit, meine Stille in Frankfurt, dachte sie sich, als wäre es Neid und Geiz nach der Wohlhabenheit meiner Brüder, und focht noch lange gegen meine Mühe ihr diesen lächerlichen Gedanken auszureden, diese Erfahrung, daß die, die mich am genausten kennen müste, mich so komisch erniedrigend misdeuten konnte, trübte mir den folgenden Tag. Genug, zu Viel schon mein lieber, eine Bitte nur ans Schicksal, es erhalte mir deine Zuneigung, an dich, spreche dich freundlich, wie in deinem lezten Briefe gegen mich aus, daß kein Misverständniß ungelöst dein Vertrauen löse, denke das Beste von mir, ich will mich bestreben, daß du dann nie in mir geirrt hast, und fahre fort, durch klare Worte mir das Beste, das Bessre zu lehren, es ist eine Seeligkeit, waß man will, soll, wornach man ringt, aus dem Munde eines geliebten Mannes zu hören. Unendlich gern mögte ich bei der Ankunft Savignys zugegen sein, wenn mir gleich der Anblick seines Kindes eine schmerzliche Erinnerung ist, so soll mich doch die Lust dich und ihn sich nähern, erkennen und lieben zu sehen unendlich beglücken, ich wollte alles Leid vergessen über eurer Bekanntschaft, und du mußt aber auch denken, daß außer jenen etwaigen Rührung, die ich dir erklären würde, alles übrige Traurig erscheinende nur der stille verbißene Schmerz ist, den ich seit der Rheinreiße wieder in dem Fuß habe. – Aber ich rede ja als wenn ich schon ganz gewiß käme, da mich mein Fuß den ich schonen muß, und meine Finanzen, mit denen ich noch schlechter stehe und gehe, abhalten wollen. Am besten wäre es, so, du schriebst mir so bald Savigny da ist, aber so gleich, dann 88
135
140
145
150
155
160
165
9. Oktober 1805 170
175
180
185
190
reißte ich mit der Diligence hin, und wenn er schon in Trages wäre führe ich mit dir dort hin, da ich jezt gar arm und miens bin. In jedem Falle, schreibe mir so gleich seine Ankunft, und sage ihm, daß ich Bücher u Brief erhalten hätte, die Ursachen meines Nichtschreibens lägen ganz ausser meiner Schuld und ich wolle mich rechtfertigen. Sophie dankt für den Allmanach, ich werde nie vergessen, daß Froriep bei mir war, durch die merkwürdige Nachricht, daß Jean Paul wahnsinnig geworden, und in Sicherheit gebracht worden! – Voß war gestern bei mir, er sprach, daß Gothe an einer ganzlich veränderten Ausgabe seiner Werke fleisig arbeite, und daß er Voß sich die lezte Strophe im Epilog auf Schiller nicht verständigen könne, waß der lezte Wille sei, doch wohl nicht für die Versorgung der Kinder, auch ist ihm, waß mir das liebste »waß uns alle bändigt, das Gemeine« nicht deutlich, nähmlich das bandigt, sei zweideutig, Voß soll sich sehr hart gegen dich bei der Rudolphi über dich ausgelassen haben, weil diese ihm erzahlte, auch du habest von den Nibelungen gesagt, sie konnten uns gewissermassen, waß den Griechen der Homer sein, er sagte unter andern, daß heiße einen Saustall einem Pallast vergleichen, waß uns alle bändigt das Gemeine! Herr Voß. Lieber, Lieber dein Clemens. Ç1r aoR:È Theile mit keiner Seele mein reines Vertrauen reine Seele!
*396. An Caroline von Labes in Berlin Frankfurt, 9. Oktober 1805, Mittwoch Von Caroline von Labes, Berlin, 2. November 1805: indem ich, nach deinen letzten Briefe vom 9ten October dich nun tägl* hier erwartete Ç...È Dein Bruder Ç...È ich habe ihm deinen Auftrag bestellet (Nr. 400,4–40).
89
Nr. 397
397.
An Clemens Brentano in Heidelberg Trages, zwischen 10. und 12. Oktober 1805, Donnerstag und Sonnabend
1r
90
Zwischen 10. und 12. Oktober 1805
5
10
15
20
25
30
35
40
Lieber Clemens! Du siehst auf dem Titel den Inhalt unsrer hiesigen Beschäftigung, der Pilger auf der Landschaft bin ich vor mir über zieht der Fuhrmann und sein Wagen der Predger und sein Kragen alle zusammen miteinander ins Hünerloch hinein, über mir strahlt die Sonne durch die gewaltige Sonnenstadt, die wohl jeder im rechten Blicke Morgens einmal sehen kann. Hinten schliesst der Allvater Okeanos die Welt und die Englischen Schiffe blokiren uns darauf. – Du hörst also daß wir froh sind, daß wir viel Pulver verschiessen ohne etwas zu treffen, sprechen ohne einander zu hören, daß die Uhr aufgezogen ist und die Stunden schlagen. – Ich wartete auf Dich in Fr:, komst Du vielleicht mit der Günderode, ich bin mit Klotilde hieher gefahren? – Dein Brief ist mir lieb, sehr lieb gewesen, ich hätte ihn gern Christian und Bettinen gegeben, aber dein vertraulicher Wille ist meine höchste Gewalt. Doch kommt ihr mir unter einander vor wie zierliche Tänzer die immer in den kleinen Ankleide∧kammern beym Probieren bleiben, sie sehen von einander nichts als das Tupeh, was über die niedre Wand hinaus∧springt, lachen und spotlen über einander und wollen nicht zusammen tanzen. Daß alles was du thust in Dir eine gewisse Rechtlichkeit hat, Lieber, daran habe ich keinen Augenblick gezweifelt ich hätte Dich sonst ja für schlecht gehalten, aber ich wollte Dir nur zeigen, daß Du wie ein Dichter, der statt seiner bedeutenden Gedanken einen Gedankenstrich setzt, den andern nothwendig falsch und einseitig erscheinen must. Zwischen uns ist darüber kein Streit, wo ich Dich launig hervortreten sehe da interpolire ich in der unendlichen Lebensreihe, mir genügt diese oder jene Conjectur. Eine der weitläufigsten Conjencturen brauchte ich, Deinen Widerwille gegen Gundel zu erklären, doch ist es mir noch nicht ganz gelungen, ich habe sie eben so un∧befangen, annehmlig, gefällig widergefunden, dabey viel gewandter, und in zärtliger Sorgfalt sehr ergeben für Mann und Kind, mir bleibt allein der reine Scherz in ihr zur Erklärung des ganzen Phänomens. Ich glaube Du hast sie eigentlich nur wenig und in einzelnen Momenten gekannt, deine andern Schwestern waren Dir lieber; Du warst abwechselnd entfernt, es war dir wie in einem Bade, das so langsam zufliest, daß das Eingeflossene ehe es voll immer schon wieder erkaltet. – Mit Savigny lebe ich sehr einträchtig, er zeigt mir in stetem Fortarbeiten die flüchtigen Sohlen der Zeit, deren Kleid vor mir hin rauscht und flattert. – Viel Liebes Deiner Fluß, Du Lieber mache, daß ich Dich sehe. Achim Arnim. 91
1v
2r
2v
Nr. 398
398.
1r
Clemens Brentano an Sophie Brentano in Heidelberg mit Nachschrift Arnims Trages, vmtl. Mitte Oktober 1805
Liebe Frau! Den Tag nach meiner Abreise bin ich in Trages Abends um 10 Uhr angekommen, und habe alle diese Leute angetroffen als wenn sie nie in Paris gewesen wären, sie sind bis auf das Kind, welches dazu gekommen nach wie vor gut und lieb, und selbst um kein Kleidungs∧ stük verändert, ja es ist so arg, daß man sogar nie nach Etwas von Paris zu fragen Lust hat. Das Kind ist dick und stark, die Gundel saügt es noch, es sieht aus wie ein dicker kleiner schöner Savoyarde; und ist recht froh und ernsthaft. Wir thun hier nichts als den ganzen Tag auf dem Felde mit der Flinte hin und her gehn und gar nichts schießen, die Unterhaltung besteht einzig darin, daß man sich lieb hat. Ich schlafe wieder in dem kleinen Haüschen, unter allen Jägern ist Arnim der unermüdlichste, er laüft nach einem Vogel 6–7 Stunden. Ich melde dir weiter, Savigny geht den Winter nach Marburg, weil es dort ruhig ist, und er in seiner Bibliothek arbeiten kann, also kehrt auch Christian zurück dahin, vorher aber kömmt Savigny allein nach Heidelberg auf ein paar Tage. Im Vertrauen sage ich dir, daß er die Studien für sehr schlecht hält und besonders Creuz. Heises Aufsazz und wie natürlich die Poeten. in höchstens 2 Tagen werde ich kommen und dir vorher schreiben, vielleicht mit Arnim und Savigny. Hier ist Bostel Arn. Krist. Bet. Mel. Dein Klemens
5
10
15
20
Grüß Hulda liebe mich, sei ruhig, stärke dein Herz, ich liebe dich herzlich ÇNachschrift Arnims:È Mit blutendem Herzen diese lezten Zeilen. Der arme Vogel wird der Doktor sagen! Leben Sie recht wohl ich befinde mich auch recht wohl, so leben wir alle beyde wohl und sehen uns wieder am Dienstag um halberneun Der Jäger
92
25
30
18. Oktober 1805
Madame Sophie Brentano bei Kaufmann Besse in der Vorstadt Heidelberg
1v
*399. An Friedrich Schlegel in Köln Trages, 18. Oktober 1805, Freitag
Sehr angenehm war es mir, Ç...È gute Nachricht von Ihnen zu hören. Ç...È Da Sie bei Ihren Wanderungen auf alte Bücher so aufmerksam sind Ç...È Das Kind aber, von welchem man Ihnen erzählt hat, ist ein Gedicht gewesen. (Nr. 416,2–52.) Von Friedrich Schlegel, 3. Januar 1806:
399.E An Friedrich Schlegel in Köln Trages, 18. Oktober 1805, Freitag
5
10
15
An Fr Schlegel über die Volkslieder 18. Okt Meine Gedanken verziehen sich wie die Weinlese und meine Reise zu Ihnen, ein Paar habe ich des wegen in fremden Boden eingepflanzt. Es schien mir besser was mir eigen nicht dem Fremden eintreten zu lassen, als die Flügelmanner für meine Garde auszulesen. Ihr Urtheil macht mir Freude, nur das offentliche Urtheil empört mich, denn die Kritik ist eine Heimlichkeit. Ich hätte manches sagen können über die Anordnung, wie frühere und spätere Gedichte einander die Hände reichen, aber immer abwärts, mir war es aber um den Eindruck, den diese Anordnung bewustlos erweckt, der Leser hätte den Angelhaken früher als den Regenwurm sehen können Ich bin auf die Lieder wie der Teufel auf arme Seele, und kriege ich eins von Ihnen, so haben Sie den Gottessegen obenein. Zum Kriege sage ich nichts, in Sagen ging die schönste Welt unter darum, sage ich auch nichts weiter über die Volkslieder – daß die Welt und ihre Zeit nur leicht und angenehm vergehe!
93
29r
29v
Nr. 400
Das Mark altdeutsche Geschichte in ihrer Prosa zu sammeln darf ich im deutschen Publiko die Knochen erwarten, es zu fassen? Sässe der französische Adler einmal auf dem trocknen Aste, den die Bäume hervorstrecken um die Blätter zu fangen, ich wollte ihn nicht fehlen, und wäre doch doppelte Adler erst auf dem grünem Zweige, er würde auch mich erheben. Mehr erfahren heist sicherer bewahren
400.
Von Caroline von Labes nach Frankfurt Berlin, 2. November 1805, Sonnabend
Berl. d* 2ten Nobr 1805
1r
1v
20
Lieber Louis Da bin ich seit d* 21t Octobr wieder in Berlin und wohl; ich war der Meinung dir mehr dorthin zu schreiben, indem ich, nach deinen letzten Briefe vom 9ten October dich nun tägl* hier erwartete, da nicht allein der volle Herbst, sonder der volle Winter mit Schnee und Eiszappen sich schon eingefunden hatt: Ein Umstand aber beweget mich obige Meinung zu ändern, und dir auf gerathe wohl, ob dich dieses noch dort antreffe, einen Vorschlag zu thun, der dich betrifft. Hier ist er. Es ist endlich der alte Krieges Rath Schultze gestorben; und deßen Wittwe will – nicht dich heirathen, sondern des Verstorbenen bewohnten revier Monatl* vermiethen: es bestehet in 1 Zimmer von 2 Fenster. ein Zimmer mit einen Fenster, aber dennoch räumlich beide nach der Jerusalemmer Straße. 1. kl* Stube für den Bedienten daneben, nach den Hoffe. alle drei piecen mit Öffens. eine Kammer wodurch die Zimmer geheitzet werden, und im Heitzkamien Theewaßer gekocht werden kan. auf den Boden ein Holtzgelaß. Dieses soll für 5 gr Monatl* vermiethet werden. NB Es sind keine Meubles dabei, außer eine Kleider Komode und etwan einen Spiegel mit GlaßRahm den sie darin geben könte: Nun dachte ich, ob du dieses quartier wenigstens für der Hand zu nehmen nicht für gutt finden würdest; da es sehr wohlfeile ist, und du jeden Monath ändern kanst: die fehlende Meublen köntest Du miethen bei Kaßeln: auf diese Arth fändest du gleich Wohnung wen du hier kömst; und währest bei gutten leuthen. NB Der Eingang zu diesen quartiere ist in der Jerusalemer Straße: wilst du nun in dieser Sache etwan entriren; so zeige es mir mit erster Post an; 94
5
10
15
20
25
2. November 1805
30
35
40
45
50
55
damit ich es festmache ehe es besetzet wird. Waß sagest Du zu unsern Kayserlichen Besuch? gantz Berlin ist von der Schönheit und Hertzens Gütte dieses Herren wie bezaubert; Er und unser König leben wie zwei Brüder mit einander, ohne allen Zwang; Feˆten gab es gar nicht ich habe ihn noch nicht können zu sehen bekommen; indeß ist hier noch immer alles Kriegerisch; alle Anstalten dauren noch stets fort, indeß ist noch alles Geheimnis, und ungewiß ob Krieg mit den Frantzosen, und wohin – oder Gräntzbedeckung oder Friede bleiben wird; letzteres gebe Gott; wie wird es uns sonst ergehen, bei der ohndem schon, durch den schlechten Sommer und frühen Winter entstandenen enormen Theurung. Dein Bruder ist jetzt hier und hatt sich bei H* Schmueker eingemiethet, ich habe ihm deinen Auftrag bestellet und zur Antwort erhalten er habe alles schon besorget. Übrigens ist hier noch alles auf den alten Fleck. Dein Bruder ist heutte nach Wiepersdorf gereiset. Die Dischern empfiehlet sich bestens. und ich desgleichen zu gnädigem Andencken in der Hoffnung dich bald hier zu sehen Deine treue Großmutter vLabes Des Herren Baron Louis von Arnim Hochwohlgeb*: Abzugeben bei H* Frantz Brentano im goldenen Kopfe.
2r
2v
zu Francfurt am Mayn frey
95
Nr. 401
401.
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Schwäbisch Hall, 26. November 1805 – Berlin, 26. Januar 1806, Dienstag – Sonntag
Schwäbisch Hall d* 26 Nov 1805
1r
1v
2r
2v
Lieber, geehrter Professor! Ich bin ins Schreiben gekommen, Sie müssen mir antworten, daß ich es verantworte flüchtig an Sie zu schreiben, ich habe viel sehr viel hier gefunden, zweyerley fehlt mir doch noch ein spitzer Degen und ein grüner Regenschirm, die sich aus Furcht vor der gefährlichen Reise in ihren Wagen geflüchtet und nach dem friedlichen Frankfurt zurück. Läugnen können es die beyden Deserteurs nicht, der Wirth im Karlsberg zeugt für mich. Was mir begegnet sey das kann ich Ihnen wohl sagen, sechs hundert Gefangne wie ich nie Menschen gesehen. In Hunger und Frost ausgetrocknete Schnipfer, Slowaken, Wallachen, dünne Kerl die sich nach der Nase schielen worunter sie angebunden einen Topf mit Kohlen tragen, eine alte Eyerkuchen Pfanne auf dem Kopf. Nachher ein Blat vom Freymüthigen, worin ein Aufsatz von Kotzebue, daß Göthe kein Deutsch verstehe, daß die alte Jungfer noch genialisch wird deutet auf seinen nahen Tod, ich habe deswegen meine schwarze Weste angezogen. Zuletzt bin ich mit allen Wirtembergeschen Angelegenheiten und den Familiengeschichten einiger Regierungsräthe bekannt geworden, habe in der hiesigen Kirche ein violettes Kind taufen sehen, und was ganz unerhört, dies Kind war von einer Jungfer geboren. Blühe liebes Veilchen u.s.w. Die Gradirung war vortreflich, sie stellt sich nach dem Winde, daß ihr die Thränen nicht umsonst davonfliegen, auch hat das Salzsiederjahr nur sechs Wochen was sehr wohl zu ertragen. Gräter hat fast aufgehört zu sieden, er wird von seinen Schülern gesotten, indem sie ihm den Kopf warm machen. Ein lieber, eifriger Literatus, ein Glücks ists daß er an die Literatur gekommen, er hätte sonst auch wohl Pfeifenköpfe gesammelt, so durchaus herrschend ist in ihm der Geist des Verbindens. Ich denke immer ein wahres Buchbinder-Genie ein Meister in der ungebundenen Rede müste auch ein guter Sammler werden. So ist sein Leben und Treiben ganz klar von einem Buche von Klopstocks Herrmannsschlacht ausgegangen, von einem Verwandten und untergeschlagenem Briefe beschränkt und bestimmt worden, er hätte sonst wahrscheinlich als Sekretär bey dem verstorbenen Suhm 96
5
10
15
20
25
30
35
26. November 1805–26. Januar 1806
40
45
50
55
60
65
70
jezt etwas recht Bedeutendes aus dem nordischen Wesen zu uns über gebracht. Noch mehr, seine erste Schriftstellerarbeit kam von einer literarischen Studentengesellschaft in Halle, deren Mitglieder alle sich ausgezeichnet haben. Es wäre mir leicht zu beweisen, daß fast alle eingreifende Männer aus solchen Studentengesellschaften hervorgegangen, wenn Sie eben ein Freund von Beweisen wären, und ich ein Freund vom Schreiben. Er beschreibt jezt die Kamburger Bibliothek, worin er eine grosse Seltenheit, das Flamländische Manuscript des Reinike Fuchs entdeckt. Ich habe ihn gebeten, wenn er des Kaiser Justinianus eigenhändige Anmerkungen zum Co: J. entdeckt, Ihnen Nachricht zu geben. Seine gute hagere Frau ist in einen alten Fensterladen, wollte sagen in eine Bettgardine eingewickelt, sie sieht ganz eben aus, ich meine sie hat die sonst gewöhnlichen körperlichen Unebenheiten nicht. Er ist mir lieb als wär es mein ältester Bekannter, gefällig, lebendig, anspruchlos wie wenige, und sammelt mit dem heitersten Geiste Leichenpredigten. Wenn man die ungeheuern Arbeiten sieht die bey ihm müssig liegen, so begreift man nicht was ihn zur Bekantmachung so manches Mittelmässigen veranlasst, es hat ihn aber mancher Dunst in der Literatur imponirt und er hat gemeint, es nachthun zu müssen, und hat sich erhitzt und gedünstet über ein nichts, über die Bardenlieder die Karl der Grosse gesammelt, und die er noch immer zu finden hofft. Ich danke ihm viel Lieder, habe vieles bey ihm gesehen – aber mein Degen und mein Regenschirm, haben Sie die Güte beydes nach Berlin zu schicken abzugeben bey der Frau Baronin von Labes im Viereck n 4, ich will Ihnen danken wenn die Störche ihre alten Nester ausflicken. Der Ihre dreyfach und doppelt, Achim Arnim Berlin d* 26 Januar. Vorstehender Umschlag meiner Bitte um Degen und Regenschirm fiel mir zwey Monat später als er abgehen sollte, wieder in die Hände, da aber immer noch viel interessante Gegenstände darin abgehandelt, so sollte er Ihnen nicht untergehen, geehrter Lieber. Ich habe in verruchtem Müssiggang noch lange, aber auch sehr schön fortgelebt, und schäme mich eigentlich nur, indem ich Ihrer thätigen Stunden auf der Bergfeste Marburg gedenke und meiner Thaten in den Wäldern von Trages; kein Vogel ist mir seit dem aus den Lüften gefallen. In Weimar genoß ich viel un verdientes Glück, in Halle viel un verdiente 97
3r
3v
4r
4v
Nr. 402
5r
5v
Freude, es bleibt mir eine der rührendsten Erinnerungen meines Lebens, daß sich Göthe auf mich gestüzt hat auf den Bergen von Jena und Abends in den dunklen Gassen der abentheuerlichen Stadt und ich möchte ein guter Mahler seyn um an dem einen Bilde so lange ich lebe, täglich zu mahlen. Gott erhalte Sie froh und gesund unter den schwarzen Sternen der kleinen Bettine die grosse Bettine störe Sie recht oft und die kleine liebe Frau, die immer so böse zur Seite sieht, wenn Sie Ihnen recht besonders gut, hat aber Meline Kopfweh, so geben Sie ihr in meinem Namen einen Kuß, weil es sich für mich nicht schickt. In Hochachtung ergeben Achim Arnim Des Herrn Professor von Savigny Hochwohlgb* zu Marburg
402.
1r
1v
75
80
85
90
An Clemens Brentano in Heidelberg Gotha, etwa 10. Dezember 1805, Dienstag
Lieber Clemens! In Meinungen traf ich mit meinem Frühlingswege zu dir wieder zusammen, ein Herr Rossi mit dem ich die letzte Station zusammen gemacht erzählte mir vom Komersee, wie er dahin zurück, wolle, wie er schon dahin zurück wäre, wenn ihm nicht ein Mädken in die quer gekommen, die er geheirathet, was ist mir dann in die quer gekommen, daß ich von Dir fort gekommen? – Ich habe recht viel erlebt unterweges an schlechten Wegen, ich bin durch Züge närrischer Kriegsgefangner Ratzen und Slawaken gefahren, die allenfalls auch in Cooks Reisebeschreibung von den Diebsinseln hinein verkauft werden konnten, viel hab ich gesehn von dem schmäligen Drucke der französischen Freundschaft, ein Händedruck wie Falk Vossen gegeben ihm die Adern zu sprengen. Ich könnte dir viel sagen, wie die Regierungsrathe aus Elwangen sich mit den Franzosen zanken und wie ihre Frauen sich in Elwangen langeweilen, doch das ist weitläuftig, ich komme 98
5
10
15
Etwa 10. Dezember 1805
20
25
30
35
40
45
50
zu Gräter. Ein Mann, etwa die mittlere Proportionallinie zwischen Koch und Wieland im Aeussern, lebendig wie ein Triesel, wie alle Sammler ihrer Natur nach von vielen Seiten geschlossen auf einem einzigen Seile tanzend rück und vorwärts, freundlich ohne Einbildung, unglaublich fleissig, unglüklig zerstossen in dem kleinen Gekröse des Lebens ich meine in seinem Ehestande, so hat er mir oft stundenlang erzählt und hat mich oft gerührt, doch das wird auch wieder zu weitläuftig, er ist von einer Frau geschieden, die er pedantisch geliebt, und ist mit einer Frau verheirathet, die er nie geliebt hat. Seine Büchersammlung ist eigentlich nur in den isländischen schwedischen, dänischen Sachen bedeutend, auch zum eigentlichen Sprachstudium hat er recht viel, für uns nichts Ausgezeichnetes ich meine an Büchern. Ein zwanzig bis dreissig einzelne Lieder habe ich von ihm, die sind ∞ gut theils aus der Handschrift theils aus drey Bänden alter und neuer fliegender Bläter und Musikbücher. Zwey Tage hat mein Bedienter und ich vom Morgen bis Abend das weisse Feld gepflügt Der Eingang der Kirche dort zahllose Stufen als ging es zum Himmel, doch ist das beste drin ein Salzwerk, wo der Wind selbst die Gradirung stellt nach dem Winde. Fort bis Anspach. Eine angenehme Oekonomische Betrachtung zwey alte Schulbekannte die sich gar gut ausgearbeitet, einer malte mit grosser Handarbeit, der andre ein gewisser v Schulz im Ganzen ein tüchtiger Kerl musicirt gar schön und eigenthümlich, er hat viel Lieder und Kirchensachen gesetzt, wir lebten den Tag wie alte Bursche ohne uns über das Vergangne zu grämen, ohne der Gegenwart uns zu schämen. Wiederum merkliche Lebensgeschichten, Schulz heirathet im Frühling nach mancher Müh und Noth, wiederum zu weitläuftig. Fort nach Nürnberg. Bey Murr wie Kind vom Hause, eben so bey seiner alten Dienstmagd, die wie eine alte Katze sich freundlich um einen wand. Alle Tage schenkte er mir mehr, seine Gedichte, geschnittene Steine, gegossene Medaillen u. s. w. Aus meiner Sammlung läst er die Muskelzeichnung mit der Handschrift von Michel Angelo stechen. Im Zimmer hängt bey seinem Handtuche sein Altdorfer Stoßdegen. Für den Brief an H. von Holzschuer danke Stromer, er zeigte mir seinen Dürer, der mir ewig unvergeßlich bleiben wird, was menschliche Hand in fünfzigjähriger Uebung leistet, das Bild ist aus Dürers letzter Zeit. Eben so rein steht vor mir das Hauß des H. von Peller, er selbst wohnt, wo sonst vielleicht die Küchenmagd mit ihrem Küchenjungen die Herrschaft spielte, alle andre Zimmer sind von einem Tischler künstlich zusammengeholzt, der darüber gestorben, sein 99
2r
2v
3r
3v
Nr. 402
4r
4v
5r
Bildniß ist in dem letzten unbeendigten Zimmer. Die Gemälde sind von eigen angestellten Mahlern, so lebte Jacob Balma drey Jahre darin für ihn, die Sammlung seiner Stücke ist einzig. Der Hof des Gebäudes ist mit gewölbten Koridors umschlossen. Bey Lechner habe ich bezahlt, weder er noch Wiesner noch Zeh hatte etwas von Musikbüchern. Bey Zeh kaufte ich das seltene italiänische Gedicht Attila flagellum dei, aus alten Chroniken gezogen. Pfarrer Roth, Pfarrer Waldau, Häßleins Frau konnten mir eben so wenig helfen. – Wo Roth? – Bey Frauenholz – Sechs Bände geschriebenen Meistergesang für 12 Gulden, Holzschnitte bunte italiänische und holländische wie ich sie allein nur besitze und die alte Bergmeisterin in ihrer Modellenkammer, nach denen sie die Tanne so länglich, die Eiche so knorrig zuschneidet. In Erlangen beym Antiquar Camerer war nichts; der Kerl meinte seine Saubibliothek wäre besser als die von der Universität, auch schämte er sich Bücher einzeln in Auctionen zu kaufen, er kaufe nur ganze Bibliotheken. – Hofrath Hildebrandt sagte mir, er habe im Collegio eben von meinen Versuchen gesprochen, ein sonderlicher Umstand weil er sich vor drey Jahren ebenso ereignet hatte, wie ich mich noch erinnere. – In Koburg sah ich die ersten Preussen, und wie ich die Wirthin so eine Liebesgeschichte und die Geschichte einer Wahnsinnigen erzählen hörte und sah den schönen sächsischen Schnit von Nase und Mund, da lachte ich in mir einmal recht herzlich über den Pälzer-Stolz auf ihre vermeinte Südsee Natur, auf ihre Kastanien die nicht reifen und ihren Wein, der sauer bleibt. – Vor der Stadt sah ich ein grosses leeres Haus am Wege, ich fragte den Postknecht für wen das gebaut: Ja für die Schwalben. Wie so? »Und sie haben sich recht verwundert als sie das zweite Jahr wieder kamen und haben die Sperlinge drin gefunden.« Es ist ein mislungenes wenigstens unbeendigtes Brauhaus der Regierung. – Um schneller fortzukommen muste ich zwey Ochsen vor meine Extra Pferde spannen, das waren die wahren extraordinären Pferde. Nach drey beschwerlichen Tagen wo ich vom naßkalten Winde roth zugeschnitten, immer bis vier Uhr Nachts auf der Landstrasse war, so kam ich in das Mohrenland in das Kaiserzimmer; gute Speusen, vielumfassende Betten, Bibliothek, 3 P., Geisler. – Der Band Holzschnitte dient diesem Schreiben zur Grundlage, drey historische Lieder sind schon daraus abgeschrieben, von der Schlacht von Navarra und Pavia. – Bey Galetti war ich einen Abend zum Essen im Klub und zu seinen Entschuldigungen, daß es nicht besser wäre. Bey Becker sah ich Holzschnitte, der Sünder zerschneidet alte Bücher, ich habe für die Möhrin und für den 100
55
60
65
70
75
80
85
90
Etwa 10. Dezember 1805
95
100
105
110
115
120
125
Fierabras Vorbitten eingelegt. Es ist unglaublich wie zerstörend eine äussere Ansicht der Kunst ist, sein ganzer Wunsch ist durch Zusammenstellung die Namen der Holzschneider herauszubringen. Die armen Teufel hatten sich nur gerade verschwiegen, weil ihre Arbeit an sich nichts nur in ihrer Stelle etwas war. – Kries will das Polnische Reich wieder herstellen – Jakobs hat gar liebe Kinder er läst mir ein Stück vom Herzog Reynfried abschreiben, ich will zusehen ob es mir behagt, der Abschreiber klagt über die Schwierigkeit den Apollonius von Thirland abzuschreiben – Ich habe eine Aufforderung für den Reichsanzeiger geschrieben bündig und rechtlich, auch eine Nachfrage nach einigen Büchern. – Bey Geisler war ich zweymal und recht lange, ich zeigte ihm meine Kupfer, ich las ihm vor aus unsrer Sammlung, ein sanftes empfängliches Gemüth, das allein sein Unglück mit Kindern und Kränklichkeit entkräften und niederschlagen konnte. Für solche wer hat die Poesie sie einige Jahre hinaus zuheben über ihr Leben, daß sie selig sterben könnten. Seine Frau ist sehr herzlich, sie meinen es beyde recht ehrlich mit Dir und fragen nach Deinen Romanzen? Ich frage nach Dir, daß Du nicht geschrieben, schreib es dem Aerger zu, daß ich so in die Nacht hinein schreibe an Dich, daß ich es selbst nicht wieder lesen kann. Alles ist voll von Soldaten, ich sehe und sehe den ganzen Tag, träume Pläne aus die ich wie Tabacks∧dampf dann wieder wegblase, ich habe nicht Zeit etwas Vernünftiges zu denken und habe doch nichts zu thun, wenn Dir mein Brief kahl und überdrüssig und unleserlich, denke so ist das Schicksal von Deutschland: Klagen um die mindeste Aufopferung, Vergessen alles genossenen Guten. Kann ein Land bestehen, wo die Leute um einiger Tage Durch∧märsche willen verzweifeln, nun so mag ich nicht bestehen in so jämmerlichem Volke. Danke Deiner Frau alle Güte die ich von Ihr empfing, laß Dich die Geister des Vergangnen nicht stören, lebe mit dem Lebendigen, Dein Gotha im Dezember Achim Arnim
101
5v
6r
6v
Nr. 402.E
402.E An Clemens Brentano in Heidelberg Gotha, etwa 10. Dezember 1805, Dienstag 30r
Der Händedruck französischer Freundschaft sprengt einem die Adern. Der Sammler steht auf dem Seile, er muß ruckwärts oder vor, denn das Stehenbleiben ist das Schwerste. 5
Der Ehestand ist der Grim darm des Lebens, wir haben nicht immer Bauchgrimmen, aber wenn es ist, so ist es da. Den weissen Acker pflügen, ich meine schreiben, und Schlittenfahren das ist einander entgegen gesetzt, bey jenem kommt man zurück, bey diesem gewöhnlich vorwärts
10
Der Dürer bey Holzschuer ist das höchste was künstliche menschliche Hand nach funfzigjähriger Uebung mir gezeigt hat. 15 30v
Die äussere Ansicht der Kunst als etwas blos historischen ist wahrscheinlich die zerstörendste, die Kunst ist eigentlich da zu beweisen, daß die Historie nicht die einzige Kunst. Die historische Ansicht schneidet im buchstäblichen und im allgemeinen Sinne die Holzschnitte aus dem Buche heraus wozu sie gehörten und vernichtet so beyde. Für die Kranken wer hat die Poesie sie gesund zu erhalten im Geiste, daß sie selig sterben können, ich kann ihnen nur sagen last euch die Geister des Vergangnen nicht plagen, lebet mit dem Lebendigen
102
20
25
Vmtl. 14. Dezember 1805
403.
An Clemens Brentano in Heidelberg Weimar, vmtl. 14. Dezember 1805, Sonnabend
1r
Da bin ich A. Arnim
5
Inschrift und Räthsel Verschonen der kalten Küche, Sterne und Rasens, man bitte auch keine Blüthen abzureissen 103
Nr. 404
Genio almo, bey dem ich esse. Er ist wohlauf. 2v
Der Frau Registrator Klingelhöfer Abzugeben bey H. Clemens Brentano
404.
1r
1v
2r
10
An Clemens Brentano in Heidelberg Jena, 16. und 17., Weimar, 20. Dezember 1805, Montag und Dienstag, Freitag
Jena d* 16 Dec 1805 Wie unter alten Briefen so bin ich gestern durch das alte Jena herumgestiegen, das Paradies wie das alte beschrieben wird, eine dichte Hecke davor, alles öde und tonlos, nur die Saale lispelte leise an dem Gestade vorüber und warf was sie eben fertig machte an Eis mir zu und nannte es Demant wie die Philosophen. Es ist ein wunderlicher Ort, wie Tieck beym Schelmufsky rufe ich in mir närrischer Ort, so verzweiflungsvolle Berge wie Vulkane, so wunderliches Festungszeug was alle Augenblick einem begegnet, die Häuser so lächerlich unter∧ einander. In der Rose war viel Musick – aber Winkelmann fehlte. Nur zwey Studenten sah ich – aber ein Paar tausend Soldaten, die ihr Wesen auf dem Markte trieben. Es gehört doch nicht zu meinen angenehmen Erfahrungen, daß Jena gerde so aussiet, es war mir doch lieber wie ich es mir dachte, ungeachtet ich es jezt zu meiner Sammlung alter Landschaften rechne. Deine Schwägerin habe ich besucht – es überraschte mich, weil Du sie mir, wie ich meine, mager beschrieben, sie sehr stark zu finden, ich war ein Paar Stunden bey ihr, ich erbot ihr meine Sammlung schottischer Romanzen zum Uebersetzen, sonst bin ich mit ihren Angelegenheiten nicht bekannt geworden, sie schien heiter, hatte in ihrem Zimmer, das sehr ordentlich eingerichtet frische Rosen; hielt sich viel hinter dem Ofen auf, eine Angewohnheit die ich bey einsamen Gemüthern häufig gefunden; sie wollte recht viel und immer mehr von ihrer Schwester hören, rühmte den Jenaischen Sommer, doch schien alles antheillos an ihr vorüber gegangen. Du kennst Jena und das alles besser als ich, aber mich bewegt in diesen 104
5
10
15
20
25
16., 17. und 20. Dezember 1805
30
35
40
45
50
55
60
Bergen etwas Trostloses, als wäre alles schon eingepackt, weil man täglich die Eisscholle erwartete, die alles sollte hinweg nehmen. Meine Ueberkunft danke ich Göthe, der viel sehr viel Güte für mich hat, er grüst dich, denkt für unsre Sammlung, findet sie sehr angenehm, hat sie gegen viele in Weimar gelobt und wird vielleicht selbst einige Worte darüber in der Jenaer Literaturzeitung sagen. Er hat mich auf alle Tage eingeladen zum Mittagessen, fast über jedes Lied gesprochen, er läst Dir viel Schönes über des Schneiders Feyerabend sagen Die Fischpredigt, die Misheirath, der Stauffenberg, das von Procop Zwey Nachtigallen, der Lindenschmidt, der Nydhart mit seinen Mönchen schienen ihm am besten. Er sagte mir die Prinze und Princessin hätten es mit Lust gelesen. Es war mir dabey als wenn eine schöne Königin mit ihren Fingern durch meine Mähne striche und mir den Hals klatschte. Er wünschte unsre Sammlung auch über die ausländischen Romanzen, sowohl die heiligen der Edda als auch die andern altfranzösischen, englischen, schottischen, spanischen ausgedehnt; ich habe nur das dagegen, wenn dies Werth haben soll so müssen es nicht Nachbildungen und Uebersetzungen, sondern ganz deutsche eigene Lieder daraus werden, und dazu gehörte schon ein gut Stück Leben und man kann jezt sein Leben höher losschlagen. Jena d* 17 Dec: Der Abend gestern hat mich sehr lebendig bewegt, ich hatte den Tag mit Göthe zugebracht, Morgens übersah ich mit ihm von den Bergen der Rasenmühle die unendliche Sternensaat des Schnees, den Mittag sah ich Nostitz, ein alter Universitätskamerad, jezt vom Prinzen Ludwig zum Adjudanten erwählt und schämte mich meines trägen Lebens am Nachmittag sah den grossen Codex durch, fand aber nur wenig, den Abend aß ich im Schlosse mit dem Herzog, dem Prinzen Ludewig und Jagemans, der Prinz war herrlich in Hoffnung und Zutrauen, ich trank ihm zu Glück und Sieg und ein schönes Reich im Süden, nachher bot ich ihm meine Dienste an, wo er mich brauchen könnte. Ich habe das gesagt ich weiß nicht wie, vielleicht war es der Kerl, der hinter mir steht nach Deiner Ansicht und mir zuweilen aus den Augen sieht. Nun laß ich es ruhig seinen Gang gehen, der Prinz war sehr freundschaftlich, ob es vorübergehen wird wie so manches, was ich in meinem Leben bedeutend glaubte, – ich habe gethan, was ich nicht lassen konnte. Er hat mich zu sich gebeten in sein Hauptquartier, in ein Paar Tagen bin ich dort. Sey so stumm über das, was ich Dir 105
2v
3r
3v
Nr. 404.E
4r
schreibe, wie meine Ahndung über das, was ich eigentlich will, nach meiner Gemüthsart mag ich mich nicht im Gerede der Menschen finden, wo ich nichts leisten kann da werde ich auch nicht dabey seyn, meine gute Zeit in feindlichen Kantonirungen zu verderben habe ich auch nicht Lust, der gute Wille des Prinzen hat auch keinen freyen Spielraum, vielleicht ist das Ganze nur ein leeres Spiel, daß ich mich nicht verwundern soll, warum die Wolken Tag und Nacht ziehen. Wenn wir fliegen könnten, wir brauchten einander nicht aus dem Wege zu gehen, so steht mir viel im Wege. Weimar d* 20ten Waffenstillstand – Winterschlaf, ich gehe nicht ins Hauptquartier, woher der Prinz bald zurückkehrt, sondern nach Halle zu meinem Troste. Ein andermal mehr von Göthe, von seinem Sohne habe ich Schritschuh laufen gelernt, von ihm alles übrige ertragen und entsagen, ich habe ganz lustig ein Paar traurige Lieder geschrieben Ein Tropfen Essig in blaue Tinktur und sie wird roth. Meine Adresse ist im Viereck n 4. Dein Achim Arnim.
4v
Jena.
65
70
75
80
16 17 Dec 1805
404.E An Clemens Brentano in Heidelberg Jena, 16. und 17., Weimar, 20. Dezember 1805, Montag und Dienstag, Freitag 31r
31v
Jena lege ich unter meine Sammlung alter Stadtschaften, die wunderbaren Berge die hinein scheinen, die Häuser die unter einander zerstreut liegen, das Paradies mit einer Hecke verschlossen die Saale die leise vorbeylispelt, und was sie eben fertig macht zierlich und geheimnißvoll wie Demant oder Philosophie ans Ufer wirft. Närrischer Ort und doch trostlos dem, der davon in voraus viel geÇxxxÈ. es ist alles schon eingepackt, bald kommt die Eisscholle die alles hinwegnimmt. Es ist vorüber gegangen wie manches was im Leben bedeutend schien es dient wenigstens, daß wir uns nicht verwundern, warum die Wolken Tag und Nacht ziehn.
106
5
10
20. Dezember 1805
405.K An Louis Ferdinand Prinz von Preußen Weimar, 17. Dezember 1805, Dienstag
5
10
15
20
Ihrer Königlichen Hoheit erfülle ich die traurige Pflicht, mein Beyleid über den Tod des schönen Krieges abzustatten, Krieg und Hoffnung löschen ihre Himmelsfackeln, weil wenig Augen mehr ihren Glanz ertragen können. Wozu noch die Augen offenhalten! Ein Tag verwandelt die Menschen, und ihre Zeit, wie wollen wir die Jahre tragen? Ich über sende meinen Zeitvertreib mein Wunderhorn Ihrer Königlichen Hoheit mit dem Wunsche, daß es Ihnen dasselbe auf Augenblicke gewähret so hat es sein Dasein erfüllt; es ist das geringste von allem, was Ihrer Königlichen Hoheit in mir eigen Ich bedaure es unter den vielen Uebeln, daß ich es I. K. H. nicht selbst über reichen kann, aber die Nachrichten von der Aenderung des Hauptquartiers machen es mir bey der Beschränktheit meiner Zeit unmöglich; unvergeßlich würde mir gewesen seyn Ihrer Königlichen Hoheit Einwirkung in vielen wiederzufinden das frische unverwüstliche Hindringen vom äusseren Kriege zum innern, unternehmenden, aus sich selbst bewegten Geiste, der alles zerstört was er schönes bilden kann Ihrer Königlichen Hoheit Weimar d* 17 Dec 1805 in Hochachtung ergebener L. Achim von Arnim
406.
5
1r
1v
2r
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 20. Dezember 1805, Freitag
Lieber Bruder! Zürne nicht, daß du keinen Brief in Gotha gefunden, ich hätte gar gern geschrieben, aber es war mir wirklich un∧möglich, da mich in der lezten Zeit Viel Kummer und Sorge getroffen haben. Meine Frau hat den Spiegel den sie beim Juden mit deinen Pistolen erkauft, in meiner Abwesenheit selbst aufgehängt, und sich dadurch an ihrer Frucht Schaden gethan, davon erfuhr weder ich noch Arzt etwas, biß nach einigen Tagen die Toden∧geburt erfolgte, du kannst nicht glauben, wie 107
1r
Nr. 406
1v
mich dieser Fall betrübte, es ist als läge ein Fluch auf meinem Samen. Sie befindet sich beinahe hergestellt. Nun meine Sorge, jenes war der Kummer! sie folgten sich dicht auf dem Fuß. Du weist, Voß hatte von einem gewissen Radlof gesprochen, der von Leipzig kommen und ihm an seinem Worterbuche helfen würde, dieser kam in außerster Armuth an, und hatte weder Kraut noch Wurzel zu nagen, da er selbst sein Manusskript von Wurzelwörtern, und jenes von einer Gramatick in Leipzig versezt ließ, zum Unglück hatte Voß seinen Lusten zum Worterbuch verlohren, und dieser Mensch war in der Hofnung gekommen, Voß werde seine Papiere um ein geringes in Leipzig auslösen, und sich ihrer bedienen, aber Voß will das nicht, sondern wollte ihm nur Freitische ausmachen, und einige Schüler im Latein und abc verschaffen, der Mensch gerieth in eine hölzerne Verzweiflung, und entschloß sich endlich Frohreichs ehmalige Stube zu beziehen, und von meinem Ofen in dem Stübchen, daß du eingeweiht hast zu profitiren, wunderlich einseitig und Wortstarr höre ich nun diesen Sprachbereicherenden Armenschelm mir seit 10 Tagen im Rüken klagen über sich und Campe und Adelung und Voß, bald weint er über eine Collecte, die Kreuzer gemacht, bald macht er die abgeschmacktesten neuen Wörter, bald nein immer spricht er, dies sei ihm nie geschehen, seine hochste Noth aber ist, daß man den absoluten Genitiv nicht annehmen wolle; er will immer sagen: Geschlagen der Russen rükten die Franzosen vor, bedenkt aber nicht, daß der absolute Dativ ihm notiger ist. Ich mußte den Kerl mit der Wurst von dem Küchenfensterchen weg thun, und habe ihn mit dem blassen Kapuziner ersezt, um diesem Mann kein Aergerniß zu geben. Wenn er nur erst seine Papiere von Leipzig und einen Buchhändler dazu hat, dann soll es, so schwört er unter Thränen, heißen: Geschlagen des Adelung rukte Radlof vor. Du glaubst nicht, waß dieser dürre Schatzmeister der deutschen Sprache, (so nennt er sich) der wie ein hagrer Greif versunkne Schätze hütet, mir für einen Sorgen Stuhl aufgeschlagen hat, denn er hat eine Ansicht von der Poesie arger als Gottsched, und ist starr und eigensinnig und so arm in seinen abstrakten Kenntnißen, daß er mich auch gar nichts lehren kann. Hoffentlich aber wird er sich bald erholen, und dann Gott befohlen, acht Tage lang bin ich von Morgen biß Abend in seinen Geschäften gelaufen, habe zwischen ihm und Voß hin und her gedollmetscht, und bin an Leib und Seele müd. Er gleicht in seiner Gesichtsbildung dem Winkelmann sehr, waß mich sehr wundert, da sie doch sehr verschieden sind, biß auf die großen Erwartungen von sich selbst. 108
10
15
20
25
30
35
40
45
20. Dezember 1805
50
55
60
65
70
75
80
85
Der eine will Dichter machen, der andre Wörter ect. Seine toden Worte nun, und meiner Frau unglükliche Silbengeburt machen meine gute ehrliche Entschuldigung meines Stillschweigens, an dem nach dessen Geschichte nichts Gut ist, als daß es dir leid thut, theurer lieber Mensch! So fängt meine Antwort an. Deinem klaren vollen und lebendigen Schreiben fehlt nichts, als daß ich es nicht an deiner Seite erlebt habe. Die schönen Sachen, die du alle gekauft hast, wenn werde ich Sie je zu sehen kriegen, denn deine Sammlung, die Schneeflokke an deinem Bart wird endlich wie ein Lawine das Thahl füllen, und unbeweglich werden. Es ist etwas gar herrliches an dir, daß du und die andern Menschen sich so wohl gefallen. Recht sehr hat mich deine zwar sehr kleine Schilderung von Murr, Murrs Magd und Murr-Magd Murner gefreut, ein solcher Park muß von unsres Gleichen besucht werden, um zu gefallen, aber diese Familien gehören zu deinen Alten Landschaften. Ueber die Meistersanger die du gekauft, sage sind es von den bößen Stollen, waß das seltene Flagellum angeht, sende ich dir hiebei eine gute Litterairnotiz, und bitte dich mir zu schreiben, ob das Ding gar nicht Niebelungerliedermässig ist. Befestige die Notiz doch in dein Exemplar zu meinem Angedenken. Wie glüklich wäre ich, wenn ich die schönen Lieder, die dir wieder zugeflossen sind, und noch zufließen werden, einmahl beschauen könnte, zwei Lieder habe ich wieder, ein schönes von Grimm, und das »Wo soll ich mich hinkehren, ich armes Brüderlein« ganz aus einem Faßnachtspiel. Auch habe ich einen weitlaufigen Brief, den ersten vielleicht auf deine Aufforderung im Wunderhorn, von einem gewissen Herrn Hofgerichtsadvokaten Koelle in Tübingen erhalten, den ich dir hier beilege, um, solltest du zum Vortheil unsrer Sache bei ihm noch irgend etwas anregungswehrt finden, waß ich nicht bereits schon berührt, es von dir allmächtigerem besser geschehe. Ich schrieb ihm daß Sekkendorf sich bereits an uns geschloßen habe, und forderte ihn auf, waß er hat auszuliefern, alles das auf eine so listige liebreiche und anmuthige Art, als ich es der Tebelholemer je schriftlich gekonnt habe. – Noch stehe ich in Erwartung seiner Antwort, waß er unter Auswechseln versteht, ist mir nicht klar, da er nichts brauchen kann, waß uns nichts nüzt. Sollte er mir übrigens etwas mittheilen, so wäre es doch nöthig, daß ich eine Notiz (Verzeichniß) von deinem neuen Vorrath hätte, damit ich nichts nehme, was wir haben. Zimmer ist mit einem Plakat unlängst aufgefordert worden, den Knaben Wunderhold zur Zensur zu liefern. Ich möchte auch deine Ideen über das Wann und Wie der 109
2r
Nr. 406
2v
Fortsezzung erfahren, sollte auf eine Anfrage von dir Zimmer einst nicht mehr wollen, so wäre es doch gut irgend einen andern gewonnen zu haben; ich sage dies nur, weil für alle, die uns irgend etwas mittheilen dürften, das Wissen der Erscheinung doch eine Art gerechter Forderung werden, und mancher Gelegenheit suchen möchte, seinen Vorrath selbst zu Tage zu fördern, wenn er einer großen Verzögerung entgegen sehen müste. – . Deiner Aufforderung im Reichsanzeiger sehe ich entgegen, recht lieb wäre mir es gewesen, wenn du mir auch deine Adresse dabei abgedrukt hättest, weil ich würklich nicht weiß, wo ich dir nun hinschreiben soll, und ob dich dieser Brief trift. – . Stromer hat sich sehr gefreut, daß dir der Holzschuersche Dürer sowohl gefallen, deine Aüßerungen haben mich recht begierig darauf gemacht. Wo läst Murr dann deinen Angelo stechen? wohl bei seinen Handschriften, er ist also wohl eine grose Seltenheit. Endlich habe ich in einer Rezension von Aretins Journal gelesen, waß Kochs Doze´n und mein Do´zen übers Heldenbuch endeckt nehmlich aus einem alten Bruchstücke des Rosengartens im MünchnerVorrath daß der Stoff des Heldenbuchs, wenigstens Rosengartens um wenigstens 300 Jahr älter ist als Ofterdingen, sein jezt angeblicher Dichter. – Voß sagte mir neulich: Gestern erhielt ich ein Paquet mit Heines verhaßter Hand überschrieben, ich erbreche es, und finde A. W. Schlegels Elegie Rom, keine Zeile dabei, eine seltsame Empfindung, ein Schlegel macht mir durch einen Heine ein Geschenck, bei dessen Durchlesung nur die Vortreflichkeit der Hexameter mir einen kalten Fieberschauder erregten, da ist auch kein Jota zu bekrittlen, und das heist recht die Sprache in Ketten und Banden schlagen. Er hatte einen innerlichen Verdruß an der Vortreflichkeit der Verse, und ich erwiederte ihm, daß ich nicht zweifelte, Schlegel habe gewiß deswegen mit geschwizt über diesen Versen, um ihn, der doch so sehr am Schwizzen leide, einen Fieberschauer zu erregen. – Uebrigens finde ich jene Elegie nichts weniger als hart, ihre Lektüre hat mir viel Freude gemacht und meine Unwissenheit allein dieselbe gemindert, ich finde sehr schön wie er mit weiser reicher Oekonomie die ungeheure Menge des Stofs in einzelnen schönen Geschichtsflächen abdistichirt, und glaube, daß diese Elegie in einer Reihe von Basrelieffen, eine herrliche Dekoration eines römischen Haußes wäre, der Übergang auf die Stael ist durch die ganze schöne Wendung auf die Empfindung sehr gemäsigt und schön, die Götter werden in ihr zu Sonnen, zu Klima, zur Menschlichen Handlung, suchen sich in Marmor und Farbe nochmahls zu verschan110
90
95
100
105
110
115
120
125
20. Dezember 1805
130
135
140
145
150
155
160
zen, so zum irdischen Simbol versteinert, leiden sie menschlich, und endlich führt er uns vom Sonnengott über Ruinen zum Sonnenuntergang, stekt sich bei Madam Stael ein Licht auf und da dies Abgebrant ist, weil sie die Lichtpuzze vergessen haben, sieht er nur noch Nekers Todenlampe aus dem Kellerloch. – . Hast du die Musikalischen Liederbücher im Reichsanzeiger auch aufgesucht? Waß mich am mehrsten ärgert bei Bekers Holzstich wuht (Holzwurmstich) ist, daß er eben die Mörin und Fierrabras mir zuvor meinem guten Freisinger Antiquar abgejagt hat. Es wundert mich, daß du mir gar nichts von der Panzerschen Bibliothek meldest, sie enthält viele einzeln gedrukte Lieder von den ältesten, da der Diakonus Roth so viel ich weiß doch den Katalog macht. Ich bin auf die Idee gekommen Demselben zu schreiben, ob die Erben nicht eine Parthie der Samlung im Ganzen außer der Auktion veraüßern sollten, und erwarte seine Aüßerung, um dich von dem, waß zu erhalten wäre, u von der Forderung zu unterrichten, um alsdann um deine Mitwirkung anzusuchen. Der spanischen Novellen zweiter Band ist endlich da, dabei meines Verlegers Klage über schlechten Abgang, weswegen ich in der eleg. Zeit. eine Anzeige gesendet weiß doch nicht, ob sie aufgenommen, ich hoffe sie werden dich angenehmer unterhalten, als die ersten, denn ich habe sie freier gehalten, die erste sogar hie und da mit einiger Liebe behandelt, wenn du Sie hie und da empfehlen und so etwas zu ihrer Abnahme mitwirken kannst, so bist du uns sehr gefällig. Die Fiametta brauche ich dir nicht zu erinnern, aber an etwas anderes erlaube mir deinen Hyderköpfichen Gedanken wieder anzuknüpfen, die englischen Balladen für die arme Schubert, die oft mit dem mehr als Sie eigensinnigen Hunger kämpft. Könntest du vielleicht den Räumers auch dazu gewinnen, du kannst von ihm ein sehr geringes Honorar begehren, und ihm eine gute Uebersetzung versprechen, ich meine so etwas müßte gehn, In jedem Falle sende uns das Buch zu, etwa mit Buchhändler Gelegenheit an Mohr in Frft. meine Adresse eingeschlagen. Wenn nur das Wunderhorn gut geht, damit sich mehr Gutes daran anknüpfen kann, ist es dir dann ganz unmöglich dem Freimüthigen eine vortheilhafte Sottise einzunöthigen, etwa durch Robert Levi. Recht begierig bin ich auf einen Brief von dir über Göthe, ach ich beneide dich um manchen Theil deines Lebens! den ich nur dir gönne, den nur du verdienst. Ich habe mit wahrer Andacht deinen Befehl ÇÇbeÈÈfolgt, gleich nach deiner Abreiße, den armen Heinrich, und die RoÇÇmÈÈanzen vorgenommen, und es geht einen langsamen Schritt, doch geht es, lieber wann werde 111
3r
Nr. *407
ich wieder so schnell mit dir durch die Gassen gehn! Ich denke auf Michälis, wenns zuschlägt, die Italiänischen Kindermährchen für deutsche Kinder zu bearbeiten, Mohr wills nehmen, ich will wo möglich die kleinen Bilderchen selbst dazu kritzeln, in nüchterner Klarheit, sonst können sie nicht werden, waß ich will und waß der Zeitliche Buchhändler muß. Von Marburg habe ich noch keine Zeile gehört, wenn gleich geschrieben, die Leutchen stecken warm untereinander. – . Die Lage Deutschlands ist so, daß sie kaum verdient dir am Herzen zu liegen. Im Kriege hat Bonaparte doch etwas bewunderungswürdiges, wenigstens sein Glück. Ueber dein Vaterland scheint der Friede parforce kommen zu wollen. – . Hier saÇÇgtÈÈ man Frft a/m würde Badisch werden, dann hätte der Doktor seinen Prozeß gewonnen. Alle, die dich kannten denken dein mit großer Liebe, und grüßen dich, besonders Fries, dem ich täglich gewogner werde, an die Stelle – Friedr. Heinr. Jakobi ist hier – ist seit einigen Tagen gekommen – Horstig predigt den zweiten Feiertag. – Uebrigens muß ich schließen, um dir den Brief nicht länger zu entziehen, der so irren muß dich zu treffen. Dein Clemens. Bedenke, daß dein Bild vor mir hängt, dem ich die Lippen nicht erbrechen kann, lieber, deine Briefe sind mir alles. – Heidelb. den 20 DÇÇecember Clemens .....................ÈÈ 3v
Herrn Baron L. Achim von Arnim abzugeben bei Frau Baronin von Labes im Viereck n° 4 Berlin.
165
170
175
180
185
190
*407. An Theodor Friedrich Arnold Kestner in Frankfurt Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 An Clemens Brentano, 17. Februar 1806:
Hast Du ein Paar Bemerkungen von mir über das Frankfurter Theater gelesen, ich schrieb sie während einer langweiligen Caffevisite, die in Giebichenstein eintrat, dabey ein vier Briefe an Kestner, Wedekind, Winzingerode und Finkenstein um Nachrichten von den Theatern. (Nr. 425,39–43.) 112
5
Ende Dezember 1805
*408. An Franciscus Ignatius Wedekind in Mannheim Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 Vgl. Nr. *407.
*409. An Heinrich Levin Karl Friedrich von Wintzingerode in Ellwangen Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 Vgl. Nr. *407.
*410. An Karl Finck von Finckenstein in Wien Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 Vgl. Nr. *407.
411.
5
10
An Henrik Steffens in Halle Giebichenstein, Ende Dezember 1805
An Pr Steffens. Erlauben Sie mir, gönnen Sie mir einige ganz zutraulige Worte: Ihr Urtheil ist mir wichtig. Halten Sie mich für den Wiederschein einer verachteten Zeit? Ich würde dadurch alles auf mich ziehen, was Sie von ihr gesagt, aber ich wäre dann ehrlig in mir und in einer Stunde nicht mehr hier. Aber mit dieser selben Ehrligkeit versichere ich, daß alles was ich geäussert habe über diese Zeit bis zu dem alten Doppelsinne von Leben lassen, der Sie zu beleidigen schien, durchaus alles ein ganz bedeutungsloser Scherz mit dieser unbedeutenden scherzlosen Zeit und durchaus gar nichts weiter seyn sollte, verzeihen Sie in dieser Hinsicht der Ungeschicktheit an mir in einem gemeinschaftligen Vergessen. L. A. von Arnim
113
1r
1v
Nr. *412
*412. Von Friedrich Carl von Savigny über Heidelberg nach Berlin Marburg, 29. Dezember 1805, Sonntag An Clemens Brentano, 17. Februar 1806:
Ich habe aus Heidelberg einen Brief von Savigny erhalten und kein Wort von Dir! (Nr. 425,26–27.)
An Friedrich Carl von Savigny, 17. Februar 1806: Erst heute ist Ihr Brief vom 29. Dec. zu mir gelangt Ç...È herzlichen Dank für alle Bemühung Lieber, aber ich nehme die Kupferstiche auch an Ç...È Ihr Brief spricht von grossen Fortschritten der kleinen Bettine (Nr. 426,2–12). Von Friedrich Carl von Savigny, 16. März 1806: ein kleines Briefchen, das Sie durch Clemens von mir erhalten haben müssen Ç...È Ich fragte Sie darin, ob Sie die Baldingerschen Kupfer dennoch behalten wollten, obgleich sie um das Doppelte Ihrer Commissionen erstanden worden.
5
10
(Nr. 433,4–23.)
413.
1r
Von Henrik Steffens nach Giebichenstein Halle, 30. Dezember 1805, Montag
Was ist das Wort? Ein finstrer Ort Wo die Menschenseelen Hohe Geister quälen Ein mächtiger, ein gewaltger Meister Sperrte sie im irrdischen Gefängniss Vergebens sträubten sich die Geister Gegen das gebietende Verhängniss. Und wenn der Mensch das heil’ge Wort nur nannte Er gleich den hohen herrlichen Geist erkannte Den ein mächtger Zauber drinne verbannte Hohe Gestalt Kühne Gewalt Aus den Geisterreichen Müssen Menschen weichen 114
5
10
15
Vmtl. Januar 1806
20
25
30
Gezwungen durch die mächtgen Schlingen Brachten sie die himmlische Verklärung. Mit Götter könnte Erde ringen Streit war dann die göttliche Verehrung Der kühne Mensch in heil’ger Wuth entbrannte Den muthgen Blick zum hohen Himmel sandte Mit nervgen Arm den starken Bogen spannte Es hat die Zeit Den Geist befreiet Er ist zum Gott entwichen Schlaffes Wort verblichen Hängt kraftlos in des Menschen Munde Stillet nie das mächtige Verlangen – Und niemals bringt es heilge Kunde Drum muß erlahmt der Geist wohl bangen Doch, was der Neid der Götter uns entwandte Der tiefre Mensch im inn’ren Geist erkannte Fand dort in hoher Glorie die Verbannte Halle. d. 30 Debr. 1805
H Steffens
*414. Von Christoph Ludwig Friedrich Schultz nach Berlin Ansbach, vmtl. Januar 1806 An Bettina Brentano, 17. Februar 1806: Wieder etwas Musick, freundliche Muse, von einem Freunde H. von Schultz in Anspach, wo er mir beyde Lieder vorsang und zum Angedenken eines guten Tages mir überschickte. (Nr. 427,2–4.)
115
1v
Nr. 415
415.
1r
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 1. Januar 1806, Mittwoch
Geliebter Bruder! mein Herr und Freund! O wie herrlich ist die Sonne, die allen den Tag giebt, vielen ein Gott ist, und auch in meine kleine Kammer über des Nachbars dürre Mauer einen Strahl wirft, und dieser Strahl ist mein, an ihm kann ich die ganze Sonne ergreifen, in diesem Strahl ist all ihr Wesen zu erkennen, dieser Strahl erquikt mein Herz, entzündet mein Leben, und macht mich theilhaftig alles Lebens durch den Muth, ein Leben zu ertragen. Nicht eher kann ich mich an dem Inhalte deines Briefes erfreuen, als ich dir herzlich für dein Schreiben selbst danke, denn daß du schreibst ist noch herrlicher und schöner, als waß du schreibst; weil nur eine Seele von solcher Wahrheit und Treue, es wagen darf, so in Enthusiasm fürs Ganze zu brennen, ohne Gefahr zu laufen, je ein Werkzeug des Größeren Theils zu werden. Lieber Bruder, in dem Augenblick, da ich deine Anwandlung dem Prinzen ins Feld zu folgen, laß, fühlte ich mich fest entschloßen, dir ins Feld zu folgen, ich sah mich schon deine Waffen putzen, dein Zelt hüten, dir den Bügel halten, ich sah dich auffliegen und sinken, ich sah deinen Ruhm in meiner besten Liebe brennen, und sah das Geheimniß der herrlichen Seele vielleicht in Ruhmloser Schlacht herrlich zu sterben mit meinem Tode gefeiert und deinen Lauf mit meinem beschlossen. Es ist nicht, als dünke ich mich würdig dein Gefährte zu sein, nein es ist, als sei es Recht, daß du so geliebt werdest, wie ich dich liebe, und muß, denn ein solcher Mensch, dessen Tugend kein Rausch berauscht, der im Tode nicht Abschied nimmt, sondern spricht, laß mich sterben, ich bin bei dir, bei dem bin ich auch, ewig bin ich bei ihm. – Aber es ist Waffenstillstand, und wohl Friede, und so darf ich ihn dann auch segnen, denn Alles hat zwei Seiten, lieber Arnim, der Kerl, der hinter dir steht, steht hinter manchem braven Soldaten, aber nicht oft hinter dem Dichter, und dem Gott des schaffenden Friedens, laße ihn um Gotteswillen hinten stehn, und hole ihn nicht mit Gewalt hervor, er ist nicht umsonst hinter den Stuhl gestellt, Göthens Dasein, das sich so from entzükt, ist es nicht herrlicher, größer, ewiger, ich möchte sagen tapferer, als jenes des herrlichsten Siegers, und ist denn die Lage unsers Vaterlands so schrecklich, da es des Tods seiner Götter bedarf, um es zu erlösen, es ist etwas entsezliches, in einer Zeit, wo nur die Idee siegt, mit den Waffen in der Hand zu sterben. Wem thut dann 116
5
10
15
20
25
30
35
1. Januar 1806
40
45
50
55
60
65
70
75
Frankreichs Sieg weh, schönen Seelen, die nach dem Ideal eines Staates schmachten, du glaubst doch nicht, daß sie dem deutschen Kaiser, oder irgend einem andern Herrn wehe thäte, denen ist sie wo nicht gesund, doch angemessen, und ich versichere dich, wenn das Schwanken deines Vaterlandes zwischen Krieg und Frieden gleich nicht aus ideellen Ansichten hervorgehen mag, so geht es doch hervor aus dem waß einen Staat in dieser Zeit allein charakterisirt und hält, aus dem richtigen Bewustsein seiner Kräfte, und der Erkenntniß, sie da und dann zu Gebrauchen, wo es sich geziemt. Die Staaten sind in dieser Zeit Egoisten, wer der klügste ist, dessen Ich ist das Liebenswürdigste, für sich selbst. Aber ich glaube nicht daß die freie herrliche Seele, die nach Gottes Ebenbild erschaffene schaffende Seele für diesen Egoisten sich wagen darf, ja es ist ihr allein erlaubt alles, waß der Egoist brach und dürr liegen läßt mit listiger Kunst, zu veredlen, und in dem Meere des Staats grüne Inseln hervorgehen zu lassen, die eine Zuflucht der schönsten Gesinnung sich endlich vereinen und eine unsichtbares Vaterland hervorbringen, das endlich gereift in der Zeit, biß zur Ueberschwenglichkeit, eine schöne Heldenseele gebähren, aber auch ernähren kann, und dann seelig die Nachkommen. O Arnim erkenne deine Kraft, und deine Zeit, sieh Göthen an, werde waß du kannst, auch der edleste Wein, ja Gottes Blut, berauscht nur zur Thorheit in diesen Tagen so vieles geht unter im Erguße eines Kriegs, spreche aus waß ewig im Menschen ist, aufgelöst in deinem Blut, oder zerstreut in der Verblutenden Geschichte, gieb es dem ordnenden Gedanken, dem lebendigen Wort, daß es wie ein Blitz, einer Minute und ihrem Leben die Grube vor den Füßen, und den Hofnungsvollen Himmel erleuchte, oder unsichtbar wie die ganze elektrische Masse der Welt lebe und wirke in der Werkstatt Gottes. Doch ich will nicht weiter so reden, denn mir fällt ein, daß Anton einen Regenschirm einen Wellenbaum genannt, und wenn ich überlese, waß ich geschrieben, ist mirs, als höre ich einen Regenschirm, welchem durch Antons kühnen Gedanken der Kamm gestiegen, und sich mit einer tüchtigen Eiche, die Anton mit einem Regenschirm verglichen hat, in Unterredung einlasse. Also halte mir meine Rede zu gut, und glaube nur, daß ich dich unaussprechlich liebe; wenn ich auf unsre neue poetische Kunst sehe, so muß ich immer dein gedenken, du bist so menschlich, gefällig, gütig, gedankenvoll, überschwenglich produktiv, so gar nicht eitel, so vielseitig, hast solche Liebe an unerkannter Kunst, stehst mit allen so versöhnt, bist so sicherstellig, und segen117
1v
Nr. 415
2r
2v
bar, und hast frei von Eigendünkel dennoch keine Ohrfeige von der Philosofie bekommen, auch bewegt sich deine Lage so frei, und kaum betritst du die Dichterbahn, so begegnet dir der beste lebendige Meister auf der Chaussee, wollt ich sagen Kunststraße, und bietet dir tröstend und freundlich die Hand, dir, dem alle abgeschiedenen großen Dichter geliebt sind, ist Göthe befreundet, von dem kein Jüngling dieser Zeit sich des Vertrauens rühmen kann, den selbst die verehrende Lesewelt stolz nennt; lieber Arnim, sei doch eine Minute eitel, und bleibe ein Dichter; Göthe hat einstens zu Friedrich Tieck gesagt, er wundre sich, daß Preußen keinen Dichter habe, als Rammler, Gott segne dich, lieber, rette doch dein Vaterland, steige auf dein Flügelroß, und mache eine Bresche in Göthens Litterairgeschichte. – aber waß du thust, liebe mich, sieh, es hat dir ja noch immer Segen auf deiner Treue zu mir gelegen, ich kenne dein Herz, nie eine Minute habe ich an dir gezweifelt, und wenn alle Pläne scheitern, so kann nie wanken, waß deine unschuldige Tugend planlos in mir entworfen, diese grose Liebe zu dir. So lange ich lebe, ist nie heimlich oder öffentlich etwas von mir gesagt worden, waß mich innig erfreute, waß mich erweckt, und ermuntert, als von Reichard in der gütigen Rezension des Wunderhorns, wo er uns zwei reine innig befreundete Dichterseelen nennt, so bist du dann mein Freund, so ist es dann schon der Welt bekannt, so bist du dann nicht dagegen, daß es gesagt wird! lieber Arnim, und doch, doch wollte ich nicht erbittern, nur gerne vergehen, wenn du dich von mir wenden müßtest, um herrlicher zu sein, aber du kannst es nie werden, als du es in meiner Liebe bist. – . Ich habe heute zum erstenmahle Nachricht von Marburg erhalten und zwar einen Brief von Betinen von Savigny habe ich noch nichts gehört. Betinens Brief ist klarer und ruhiger, als irgend einer ihrer Vorhergehenden, aber er hat in sich etwas Trauriges, das durch seine Leidenschaftlosigkeit noch trauriger ist. Es ist so waß überreifes, mit den geistvollsten, schönsten, blühendsten Reden, mit voller Fantasie, Erfindung, Ordnung und Darstellung sagt sie das sie zu dichten keinen Muth habe, daß sie ruhig sei, aber nicht glüklich daß sie einsam sei, aber nicht gesammelt, sie hat den Willhelm Meister wieder gelesen, und sagt folgendes: Als ich ihn zum erstenmahle laß, hatte mein Leben Mignons Tod noch nicht erreicht, ich liebte mit ihr, ich nahm mit ihr keinen Antheil an dem übrigen Leben des Buchs, sah nur ruhig zu, ergriff alles, waß die Treue ihrer Liebe angieng, nur in den Tod konnte ich 118
80
85
90
95
100
105
110
1. Januar 1806 115
120
125
130
135
140
145
150
ihr nicht folgen. – . Jezt fühle ich, daß ich weit über diesen Tod ins Leben hinein gerückt, aber auch um Vieles unbestimmter bin, schon so früh drükt mich mein Alter, wenn ich daran gedenke. Das schöne Erdbeermadchen ist jezt bei uns, es hat gestern zum erstenmal in meiner Stube geschlafen, und grüßt dich. Ich habe angefangen eine Decke über Arnims Taufgedicht zu sticken, mit zwei schönen Kränzen von allerlei bedeutungsvollem Laub. Seine irdischen Lieder werden heilige Martirer unter meinem Musickstudium, wäre ich denn nur auch so glücklich ihre Seeligkeit durch das Nachspiel auszudrükken, allein Seeligkeit, hat nie eines Menschen Ohr gehört. Wir leben auf unserm Berg sehr einsam, selbst Christian, der Tag und Nacht studiert sehn wir selten. – Dies ist etwa waß dich im Briefe interessiren kann, über das Weitere verstehn wir uns. Wenn nur das Erdbeermädchen nicht transzendirt. – ich will von neuem bitten und flehen, daß Betine dichtet, und auch das Erdbeermädchen soll angespannt werden, einige Lieder zu liefern für uns. Außer Reichard hat auch der Herausgeber des nordischen Merkurs eine entzückte Rezension des Wunderhorns in seinem Xstück gemacht. Als Proben hat er abgedrukt, die Christliche Hausmagd, Schlachtlied, und Hallunke wehre dich, vielleicht, weil diese Drei so allgemeine Bedürfniße der Zeit berühren; Deine Anzeige im Reichsanzeiger habe ich gelesen, ist die Anfrage um alte Liederbücher im nehmlichen Blatt, auch von dir? Ich habe von dem Tübinger H. Koelle immer noch keine Antwort. Nechstens will ich in den schwäbischen Merkur eine Anzeige drucken lassen, auch an den Hebel will ich schreiben. Wie wär es, wenn du an Winkelmann schriebst, er ist mit Eschenburg bekannt, der bestimmt alte Notenbücher hat, und dann schreibe auch an Wilhelm Körte in Halberstadt, Gleims Neffe, der dessen Briefschafften herausgegeben hat. Dieser Mensch ist überaus dienstfertig und litteraturhitzig, auch hat Gleim, der auch Volksliederisch war, vielleicht welche hinterlassen, oder kann dir dieser wenigstens viel vom Harze verschaffen. Weiter könntest du Franz Horn in Bremen aufmuntern, dort ist eine alte reiche Stadtbibliotheck. Hast du Horns Sprachgeschichte gelesen das sind also Vorlesungen über deutsche Poesie? ich bin erschrocken, daß im ganzen Buche nichts steht, waß ich und du nicht weiß, man meint das Buch wäre auf meiner Bibliotheck geschrieben aber es ist doch ein recht hübsches Buch. Ich lese das Wunderhorn jezt erst recht fleisig durch, und mit vieler Freude, über die eigenthümlige Undeutlichkeit vieler Stellen deiner Abhandlung, lieber verzeihe, zerbreche ich mir selbst Scham119
3r
Nr. 415
3v
roth oft den Kopf, aber so viel schönes heilt mir schnell die Wunde, und das Schöne heilt sich hinein, das ist der Vortheil des Kopfbrechens. Deine Einrichtung des Stauffenbergs ist wahrlich ein Meisterstück, ich habe sie wieder ohne nur ein Splitterchen zu vermißen gelesen, o wäre nur so die ganze Fülle zerronnene Fülle alter Gesänge wieder gestaltet. Der Thedel von Walmoden ist, (habe ich dir vielleicht schon gesagt?) auf der Göttinger Bibliotheck handschriflich, der gebe vielleicht so gedrängt ein Pendant des Staufenbergs. Wenn du dort keine Gelegenheit hast, dir ihn abschreiben zu lassen, so will ich es durch Wilken besorgen. Für Schlesien treibe Redel, für Dessau Raumer, für Bärwalde deinen Prediger, für Ziebingen Burgsdorf an. – . Daß sich Göthe grade für die gemeldeten Lieder interessirte ist mir sehr charakteristisch. Hast du je im 8br. der J. L. Z. die Rezension der Riepenh. Lesche von ihm gelesen, waß er über die kleine Schrift mit Seitenhieben auf Tieck sagt, hat mir für Tieck etwas trauriges und ist wie ich empfinde sehr hart, jezt verstehe ich auch Tiecks Wiederwillen gegen Eugenie. – Noch fällt mir ein, daß du dir den von Körte heraus gegebenen Briefwexel Gleims, Heinses, und Johann Müllers kaufen sollst, Gleim erscheint wie ein liebender Engel darin, und Heinse giebt einen wunderbaren Dichterleichtsinn jener Zeit zu verstehn, vieles in Jenen Briefen hat mich mehr als der romantischte Roman erfreut. Deine Schilderung von Jena ist zum Greifen getroffen, nun denke dir in dem Paradiese den verzweifelnden Clemens an der Seite der Pirmonter Wasser trinken und pissen∧den Veit spazieren. In diesem Paradieß habe ich meine Frau zuerst gesehen und Savigny kennen gelernt, da hat Winkelmann seine Revolution von Westphalen, den jezzigen Untergang Oesterreichs, die Schlacht bei Austerliz, und das Wunderhorn entworfen. – . Jette Schubart steht also auch hinter dem Offen und lacht, das schrekliche geschminkte Studenten Produkt, du kennst die festen Haarknollen, die sich im Magen sich selbst lekender Thiere vorfinden, eine solche Gemsen kugel Jenas ist dies Geschöpf, die kein Perükenmacher auskämmen kann. – . Warum hast du Coll nicht gesehen, der hätte dich vielleicht doch interressirt. Etwas sehr groses könntest du mir erweisen, wenn du mir nach und nach von allen neu gesammelten Liedern eine Abschrift machen ließest, damit ich nicht umsonst fortsammle, wo nicht wenigstens ein recht treffendes Register. – Ich arbeite jezt am armen Heinrich und den Romanzen so stille hin, Zimmern habe ich beides vorgelesen, er interessirt sich lebhaft dafür und will es drukken, das ist mir ein Trost, 120
155
160
165
170
175
180
185
190
3. Januar 1806
195
200
205
210
215
und ich arbeite nun lieber daran. Ich lebe jezt haüslich sehr ruhig, Sophie ist oft recht liebvoll gegen mich, aber über eine wunderbare Trauer, die sie bei dem Blick auf ihre Geschichte dann und wann erstarrt, habe ich keine Gewalt, da ist alle Liebe verlohren härter, hülfloser, starrer kälter, giebt es keine Trähnen, als die traurenden Frauen, die keinen Gott haben, ich habe neulich nach Stundenlangem Flehen nichts erfahren über die Ursache solcher Trähnen, als: dich trifft meine Trauer nicht, ich traure über mein verlohrnes Leben, ich traure, daß ich Nichts bin, und daß ich noch nicht genug gedehmütigt bin, und das kommt manichmahl mitten in den freundlichsten gegenseitig liebevollsten Tagen, ohne alle Veranlassung, ach Gott, wie glücklich wäre der Mensch! Wenn er nur gewiß genug wüste, daß so etwas Verstopfungen im Unterleibe sind! Vor kurzem war es die Eifersucht auf die Fries, die sie quälte, jezt ist es die Eifersucht auf dich, und dies lezte freut mich für mich, denn ich will dich immer mehr lieben. Jezt eben sehe ich, daß ich dir lezthin die Litterairnotize wegen dem Flagellum Dei zu schicken vergessen. Hiebei izt liegt sie. Von Marburger Auction scheinst du Viel erhalten zu haben, ich erwarte es. Lebe wohl, schreibe bald, deine Briefe sind mir die Aussenwelt. Kreuzer Daub, Fries, Rudolphi, alles liebt und grüßt, ich lebe für dich. Dein Clemens. 1 Jenner glükseelig Neu Jahr. Monsieur le Baron L. Achim d’Arnim im Viereck NO 4. Berlin
416.
5
4r
4v
Von Friedrich Schlegel nach Berlin Köln, 3. Januar 1806, Freitag
Kölln den 3t Januar 1806 Sehr angenehm war es mir, nachdem wir Sie im Sommer vergeblich erwartet hatten, gute Nachricht von Ihnen zu hören. Hätte ich früher gewußt wo Sie wären, so würde ich Ihre Beiträge zu meinem Allmanach in Anspruch genommen haben. Ich bitte Sie darum jezt wenig121
1r
Nr. 416
1v
2r
2v
stens für die Zukunft, denn wenn gleich das nächste Jahr keine reiche Erndte an Allm. verspricht, so liefere ich doch gewiß so bald wieder einen, als die Zeitumstände es erlauben. Sammeln Sie also einen freundschaftlichen Vorrath für diese bessre Zeit. In Ihrer Liedersammlung habe ich mit Freude manche schöne alte Lieder gefunden, die ich noch nicht kannte; doch gesteh ich Ihnen, daß mir das ganze Buch viel besser gefallen würde wenn Sie in der Auswahl strenger gewesen wären; dagegen hätte ich mehr geschichtliches über Herkunft u Geburthsstätte mancher Lieder gewünscht, einige u zwar mit die besten hätten dieses durchaus bedurft ich meyne, Sie hätten die hinten angehängte Abhandlung in das Werk selbst als dienstfreundliche Umgebung verweben sollen; auch wäre es doch villeicht besser gewesen, die eignen Lieder mehr abzusondern. Doch was diesen lezten Punkt betrifft, so haben Sie wahrscheinlich vollkommen Recht gehabt mit Rücksicht auf das Deutsche Publikum, ein Wesen das Sie mehr aus der Nähe kennen; mir ist die Beschaffenheit dieses wunderlichen Ungeheuers völlig fremde geworden. Da Sie bei Ihren Wanderungen auf alte Bücher so aufmerksam sind, so möcht ich Sie wohl um eine Gefälligkeit bitten; falls Ihnen nämlich Lohensteins Arminius u Thusnelda unter die Hand gerathen sollte, dieses für mich zu nehmen, und mir zu verschaffen. – Zu uns über den Rhein zu kommen, darf ich Sie jezt in diesen wüsten Zeiten nicht bitten, noch hoffen daß es geschieht; doch seh ich Sie villeicht bald in Deutschl. Es war schon beschlossen, daß ich Ostern oder Pfingsten nach Deutschl u Berlin reisen wollte. Ob es nun aber noch wird geschehen können, wissen Sie unstreitig besser als ich, u ich bitte Sie es mir zu sagen. Es hängt nämlich von den sogenannten Zeitläuften ab, in deren Mitte Sie Sich doch ja wohl bald befinden werden, ich meyne in Berlin. Denn die große Frage ist ja doch jezt, ob Preußens weise Nullität, der eigentliche Wendepunkt an der Wagschale der Europäischen Verworrenheit u Nichtswürdigkeit, nicht endlich doch erwünschter Maaßen umkippen und sich zu einem traurigen Nothanker der guten Sache wird biegen lassen. An diesem schwachen Strick hängt nun auch meine Reise. Wenn Sie nicht die Gewohnheit hätten, ein landflüchtiges Leben zu führen, so würde ich Ihnen meinen Allmanach als Hochzeitbitter des künftigen zugesandt haben. Ich hoffe indeß Sie haben ihn gesehen so wie das kleine Buch Lother u Maller, für welches ich eine besondere Vorliebe habe, u Sie daher bitte es sich wo möglich wohl gefallen zu 122
10
15
20
25
30
35
40
Zwischen 9. und 14. Januar 1806 45
50
55
lassen. Hätten Sie Zeit übrig u Gelegenheit dazu, von diesen beiden Büchlein etwa in der Eleg Zeit. oder sonst an einem honetten Ort ein Wort zur Anzeige zu sagen, so würde ich es als einen Freundschaftsdienst ansehen; ich fürchte diese poetischen Anklänge verliehren sich ganz in dem Kriegsgeschrei. Und somit Gott befohlen. Gesund sind wir, wenigstens nicht krank. Das Kind aber, von welchem man Ihnen erzählt hat, ist ein Gedicht gewesen. – Unsre besten Wünsche begleiten Sie. Von Mad S. Brentano habe ich mit vieler Theilnahme den traurigen Verlust ihres Kindes gehört. Leben Sie wohl. Friedr Schlegel Wer ist Tian?
*417. An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, zwischen 9. und 14. Januar 1806, Donnerstag und Dienstag Von Hans von Schlitz, 16. Januar 1801:
Hoffentlich bist Du runder daselbst zuruckgekehrt, als Du auszogst. Dein Brief sagt mir davon nichts.
(Nr. 418,4–5.)
417.E An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, zwischen 9. und 14. Januar 1806, Donnerstag und Dienstag
5
(An den Onkel) Fest verstarrt wie in Bernstein fand ich in Berlin das flügelnde Leben der Politick in der Frage, was recht und unrecht. Die voreilige Bildung erstickt immer die Höhere, die Frage setzt ein Streben nach beydem voraus und das Streben fehlt, ja es ist verhasst, weil es aus der Versunkenheit in eignen Geschäfte heraus reisst. Von Frankreich meint man immer noch, es werde von sich selbst zerfallen, darum weder Krieg noch Bündniß, nur Schimpfen um es zu beschwören. Als wenn der liebe Himmel eine Million Menschen abschlachten liesse, damit 123
31v
Nr. 418 32r
der nackte liederliche Müssiggang sich in ihre Kleider theilen sich damit decken könnte. – Unserm Zeitalter war die Entdeckung vorbehalten, die Menschen als ein Fideicommiß anzusehen für die Herrscherfamilien, wenn einer schlecht wirtschaftete, so leiden freilich die andern, aber sie können ihm nicht nehmen sein Gut, wenn auch alle Gebäude einfallen.
418.
1r
1v
10
15
Von Hans von Schlitz nach Berlin Neustrelitz, 16. Januar 1806, Donnerstag
N. Strelitz. d. 16 Jan. 1806 Willkommen endlich wieder in Berlin aus dem Katten-Lande! Willkommen in Berlin, wo, wie jener Dichter sang – wo die Akazien blühn! – Hoffentlich bist Du runder daselbst zuruckgekehrt, als Du auszogst. Dein Brief sagt mir davon nichts. Ich war indessen fleissig beschäftigt für Dich National Lieder aufzusuchen. Wenn wir nach irgend etwas nachfragen, so kommt es hauptsächlich darauf an, das wir das Gesuchte mit dem Nahmen bezeichnen unter welchen es andren bekannt. Ich fragte also Gassenhauer aus, und wurde gut bedient. Das seltenste wohl, was mir geworden, ist die erste original ausgabe, der sogenannten, noch vor zwanzig Jahren häufig in Berlin gesungenen Radieser Menuet. Wer erinnert sich sich nicht aus jener Zeit des Schmachtenden: Hast Du noch ein’ Rettig? – Ach – ich bin schon fertig! ! ! – – Mein Exemplar ist von Laurenz Coster selbst gedruckt, und trägt an der Stirne einen Rettig in Holzschnitt, am Schlusse in eben der Kunst einige Salzkörner, so unglaublich natürlich, dass das blosse Ansehen der letzteren Durst erregt. Allein was Lessing bereits gesagt, und Du so oft erfahren: Das Neue ist bei Dichtungen nicht immer neu. Tribbechovius leitete mich zu erst auf die Spuhr. Er fand in der vita Eginhardi bereits Spuhren von Radiesern, und auch von feierlichen Tänzen. Die Radiess Menuet ist also so alt, als das teutsche Kaiserthum. Ich aber gehe weiter noch als Tribbechovius, und behaupte keklich wie folgt. Bekanntlich beteten die Egyptier den Rettig an. Von ersteren kam er an die Phonicier. Diese kühne Seefahrer brachten ihn an die Ostsee Küste, endlich selbst nach Stettin. So kam er auf der Oder, und dem Fridrich Wilhelms Canal 124
5
10
15
20
25
16. Januar 1806
30
35
40
nach Berlin, und mit ihm der Tanz und das Lied, welches ihm zu Ehren egyptische Priester sangen und tanzten – so kam Berlin zu der Radieser Menuet. Lass uns gemeinschaftlich dieses Denkmal der Urpoesie von der Fäulniss retten, welches zu seiner nicht geringen Empfehlung zu Wasser, wie vorhin erzählt zu uns gekommen, ein Element in welchem so viele unsrer Dichter so gar anmuthiglich schwimmen. Auch darff ich nicht bergen, dass im Quarre no 4 mehrere treffliche Lieder durch Tradition erhalten, aufbewahrt werden. Dahin rechne ich: Ich ging einmal spatzieren he¯m – heˇm he¯m – he¯m
2r
Ich habe Dir was anzutragen Was meinst Du Muhmchen willst Du freyn? – –––––––– In spiraluli, in quˇilschuˇm qua¯tschidderdi – p p. p. p. p. p.
45
50
55
60
65
d. 16 Jan. Nachmittags. Wie vorstehendes besagt, war unsre Meinung Vormittags. Nachmittags denken wir wie folgt. Wenn Du kannst lieber Louis, so nimm Dir ein Fuhrwerk nach Empfang dieses, und reise dergestalt, dass Du am Montag Mittag hier eingetroffen. Wirst finden, dass es am Abende hier munter zugehe, und so die ganze Woche hin durch, welche Du hier bliebst, und wenn ich nach Berlin reise, mit mir die Reise zurück machtest. Unter andren giebt es hier liebliche Musik, Weiber und Mädchen, die wie Nachtigallen schlagen – Sprüchwörter – Redouten – weibliche Engel ohne Anbeter und mehrere Munterkeit als Du glaubst Nach dem 26sten möchte es etwas stiller werden, deshalb wünschte ich, daß Du binnen dieser Zeit Dich hier befändest. Nimm eine Lohnfuhre, damit der Fuhrmann den Wagen nach Berlin zurückbringe. Mit einem blauen Uniforms Frak kömmst Du aller Orten durch und grade, am Montag versammlet sich bei mir eine feine Gesellschaft, welche warscheinlich bis 2 Uhr morgens brausen wird. Wohnung versteht sich findest Du bei mir, auch freie Kost, Licht und Feuerung, und – freundliche Wirthe. Wüste ich, dass Du kömmst, ich schickte Dir Pferde bis Fürstenberg entgegen. Lebe wohl lieber L. S. 125
2v
Nr. 419.E
419.E An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, etwa 18.–20. Januar 1806, Sonnabend-Montag 32r
32v
(An den Onkel) Unser altes Stammhaus sieht mich mit finstern Augen an. Drinnen wird es mir tragisch zu muth, bey aller Gesundheit auf Dauer entsteht mir da das Gefühl von Altwerden im leeren Leben, es ist das Gewicht der öden Jugendstunden, die ich da verathmet, und die in keinem Alter mir so öde wiederkommen können. Dankbar seh ich dann alles herrliche Leben in mir wehen, freu mich der entlaufenen Zeit und daß sie nicht wieder kehrt und sehe mich recht vergnüglich mit untergestüzten Armen in meinem Augenblick um. – Wären die Volkslieder neun ⅓ oder kleiner Haber, die Edelleute würden sie schon aus dem Volke herauspressen, für die Gelehrten haben sie gute Ruhe, denn die haben zu feine Finger um sich mit so etwas zu befassen sie lassen durch ihr Sieb alle fruchtbaren Körner durchlaufen und spielen mit dem schwarzen Teufelssamen und den harten Steinen die zurückbleiben, was sie einem geben, ist gewöhnlig ein Quark worüber sie den Segen gesprochen, der Kehricht in ihren Zimmern ist das Beste wie bey armen Goldschmieden.
420.
1r
5
10
15
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag
Abgegangen an meinem Geburtstage d* 26 Januar 1806. Schon wieder ein Plan untergegangen, weil er zu früh bekannt wurde! Wenigstens schreien konnte er doch noch nicht, und das tröstet mich, mich tröstet noch mehr, daß Du muthig für die Kinder Mährchen aufschreibst, um die Kinder zu vergessen. Lieb und werth ist mir das Unternehmen, und wie gewöhnlich im Liebeswerthe, weil ich es auch gehabt hatte einmal, vielleicht könnte ich dir dazu ein Paar sonderbare Erzählungen schicken, die in veränderter Gestalt doch dieselben wie Karten durch ganz Deutschland ausgespielt sind. Mich hat das alles fähig gemacht, deiner Frau einliegenden Trost aufzuschreiben, meine Trauer ging mir von Herzen so mein Trost, er ist aber nur ein Recept Lieber Clemens!
126
5
10
Etwa 20.–26. Januar 1806
15
20
25
30
35
40
45
50
und du bist der Apotheker. Die Magenmorsellen guten Lobes, die du mir giebst, das Zungenschlagen und Mähnenstreichen es macht mich unruhig in meinem Stall und ich stosse so schon zuweilen an die Decke, wenn ich gelobt werde muß ich es gleich verarbeiten, so habe ich mancherley geschrieben in diesen Tagen und es hat sich alles so natürlich gemacht wie das Kreuz der Fußwege über meinen Dönhofschen Platz, an dessen vier Ecken vier Strassen sind, das Kreutz ist wie abgemessen, aber die Leute die es gemacht, haben nicht daran gedacht. Daß ich dich wieder lobte, dir wiedersagte, wie ich an Dich denke, das thue ich einmal nun nicht und habe das mit den verruchten, eigensinnigen Mädchen gemein, mich lieber in die Widerpart zu werfen als etwas einzugestehen, was doch wahr ist, Denn sonst müste es der Teufel seyn, daß ich Dir nicht eben so viel Herrliches über den neuen Theil deiner spanischen Novellen sagen könnte, als irgend aus Deinen Heidelberger Novetäten zu mir hergeströmt. Du Verber aus Bingrelien, wie kannst Du uns arme einsame Junggesellen im schmalen Bette bewirthen mit süssem Zukkerbrot, das aber hoch in der Luft an einem Magneten hängt wie Mahomeds Leichnam, mit Wein, wo bey Pemperleckofen geschrieben, mit gewässerten Taftnen Unterröin Anhauche zerfliegen, mit cken, die aber wie Spinnewef tausend Siebensachen die du nur allein verstehst uns in die Furie jagen. Lieber, die Erzählung ist so himmlisch, wollüstig, daß sie auch den Liederlichsten, wenn er nicht stupid dabey, einen ewigen Abscheu gegen alle Hurenhäuser einflössen muß. Wo die Gestirne nicht so stehen wie in der verruchten Doppelnacht, da ist es miserabel, hier sind alle Weiber auf einen Hexameter (keinen kalten wie der Schlegelsche zum Glück) eingerichtet, den dichtet sich jede, so wird jede zur Hexe! Hier ist kein Sonnet wie das letzte Ungläubig etc und das erste. Fromm. beyde wunderschön – Aber das Flämmelein (und darin muß ich deiner Frau recht geben) ist doch nur ein Flämmelein gegen diese zierliche Schlangenflamme, die mit ihrem Schwanze einen Knoten schlägt. Wegen dieser Fiammetta habe ich mit Reimer gesprochen, ihm schien das Unternehmen lieb, nur wollte er auf jeden Fall vorher das Manuscript sehen; auch wenn er es nicht nehmen könnte, so meinte er, daß es gar nicht fehlen würde, es hier gut abzusetzen. (Schlegels u. s. w. haben ihn sehr mit Vorschüssen sitzen lassen, so daß er etwas seine Unternehmungen im ganz Gewissen beschränkt) Bis Ostern meinte er vorläufig würde es an Druckzeit nicht genügen, doch vielleicht. Wenn Du also nicht sonst schon das 127
1v
2r
2v
3r
Nr. 420
3v
4r
4v
Manuscript verkümmelt hast, so schick es mir. Ueberlege noch einmal mit kaltem Geblüt, welcher Name vorstehen soll, ich bin noch immer zu allem bereit, aber auch Reimer meinte, der Name deiner Frau würde besser thun oder der Deine, das merkwürdigste dabey ist immer unsre Vormundschaft über das arme Kind, ganz wie in der alten Komödie wird es verheirathet. – Und das Erbbeermädchen, (das ich mir nun einmal wie die Appelrose in Halle denke) giebt die etwa auch Freyens vor? Christian arbeitet so fleissig? O Saperment! – Fort zum Ernsthaften. – Deine Frau ist eifersüchtig, und Betine klagt. – Weil Deine Frau auch auf mich eifersüchtig ist, so muß ich ihr zur Beruhigung Reichardts Grundsatz bekannt machen, daß jede Frau sich unglücklich fühle, die nicht etwas zu beklagen, zu bekümmern zu besorgen hat. Das wäre also beseitiget. – Betinens Worte thun mir weh, es ist ein schmerzliches Beziehen aller Welt auf sich, wodurch alles gesunde Weltleben zerrissen wird, wenigstens die schöne Decke verliert, worin es nackt und warm schlummert. Es liegt eine Ergebung in dieser Gewalt, du würdest es vielleicht Frömmigkeit nennen, doch ist es die nicht, es ist auch kein Uebel, nur ein Unglück. Wie ist es euch allen ergangen, ihr habt das meiste einer durch den andern früher verachten als kennen gelernt, bis euch in dem meisten nur noch das lieb war, was ihr darüber gedacht, was euch davon absonderte und losriß, das Sonderbare, was auch in eurem Hause genial und fantastisch genannt wird. Wie du dich in schöner Erfindung davon losgearbeitet, daß ist dir vielleicht nicht einmal deutlich, ich fühle es recht wohlig, wenn Du mit Ruhe und Klarheit über die Deinen sprichst, aber nur wenn du mit andern, mit den Deinen zusammen ist es ärgerlich wie sie dich wieder untertauchen in der Geselligkeit, daß Du bald keine schönere Pflicht kennst, als Bostels Einfälle und was sich sonst ergiebt ganz kalt zu recensiren, eine Zugluft die auch mich zuweilen angeweht hat. Ich weiß, ich sage dir nichts Neues, warum wäre es Dir sonst in Deinem Hause drückend, wo Dir sonst viel mehr geistige Berührung als irgend sonst. Ich spreche hier nicht wie der Beobachter an der Spree, ich hab das ganz leidend gefühlt, was mir im eignen Hause in veränderten Grössen thätig auch zum Ausrechnen aufgegeben. Keine deiner lieben Leute ist so fähig noch sich von dem sonderbaren Grübeln loszureissen als Bettine, was habt ihr mehr und besseres mit einander gewollt, jene erste gewaltsame Stimmung hat sich ins Gleiche gezogen, was ihr fühlt verliert die unmittelbare Blendung, was ihr thut trit rein hervor; schreibe ihr und weil du den Umgang vieler scheust und sie ihn ent128
55
60
65
70
75
80
85
90
Etwa 20.–26. Januar 1806
95
100
105
110
115
120
125
130
behrt, schreib ihr von deinen Büchern, die dir liebt, daß sie nur einen sieht und kennt, der mit Herzlichkeit etwas ergreift, ohne obenaus die Welt wissenschaftlich zu construiren. Christian wird sie immer mehr bekümmern, er glaubt sie ein für allemal in Ordnung gebracht zu haben, während er selbst an den Felgen den grösseren Umschlung desselben Rades erfährt, dem sie an der Nabe angeflochten. Zeige ihr die menschlichen Dinge recht nahe und treu, zeig ihr wie viel herrlicher es ist, ein Lied aus c dur ganz und vollendet spielen zu können, als systematisch alle Lieder auf c dur zu bestimmen, ein Lied rein und klar aufzuschreiben, als zehen in den Wind zu komponieren, daß es gar nicht darauf ankommt Homers ganze Weltgeographie zu über sehen, wenn uns das Bild des alten Iliums, das Lager, die Flüsse rings nicht gegenwärtig, du wirst sie leicht von dem grossen Scheine des Talents zu dem in ihr liegenden genügsamen und feurigen Brennpunkte zurückbringen. Nur weil ihr die Dinge so fern stehen, wird sie von allen in ihren Beschäftigungen gestört, hält weiblige Arbeiten gewöhnlicher Art für sich zu gering und traut sich keine Kraft zu in ernsteren Bemühungen vielleicht geben jene die Kraft zu diesen, nur diese Ferne raubt ihr die Anhänglichkeit an andre und jene Zutraulichkeit, worauf die Künste und die Menschen ihre Häuser bauen. Es ist eine Leidenschaft in Menschen, ich weiß nicht wie sie heissen mag, aber es ist eine Art stiller Erhebung, die nur lauert, wo etwas zu ergreifen und auszubrüten ist, ohne diese verliert sich auch die schönste Leidenschaftlichkeit in Mißton und Ueberdruß, und der vergnügteste Augenblick macht sich in doppelter Langeweile doppelt bezahlt. So weiß ich, Bettine ist mir freundlich gesinnt, sie hält etwas auf mich und doch wäre es ganz zweifelhaft, wenn ich ihr dies oder Aehnliches schriebe, wie sie es aufnehme, wäre Christian dabey sie fände es lächerlich, sentimental, falsch, wenn sie allein vielleicht zu hart, in jedem Fall würde sie statt den Eindruck zu empfangen, ihn messen, sie würde sagen, was sie dabey gedacht und wie ich darauf gekommen. Nun noch ein Wort über den Schluß meiner Reise, der Zufall hat sie polarisch construirt, sie hörte in Giebichenstein ihre letzte wie ihre erste Stunde schlagen, wie Dokt. Luther in Eisleben geboren und gestorben, Nelson vor Cadiz zuerst commandirt und gestorben. Meine Pläne eines äussern Wirkens habe ich da von meiner am Hügel mir errichteten Stein bank in die Saale geschüttet, sie mögen ins Meer fliessen, wenn sie nur über das Wehr kommen. Zehn schöne Tage blieb ich da von Weihnachtlichtern erhellt. Auch mir wurde beschert, Louise 129
5r
5v
6r
Nr. 420
6v
7r
7v
8r
die älteste Tochter gab mir in einer gehölten Nuß mit einem rothen Bande gebunden eine zierlich fein geschriebene Musik zu einem Liede des Ariel, sie hat noch drey daraus überaus schön componirt, mir war die Nuß wie eine Weltkugel im Planetario, wo die Frucht sonst ruht, da war die Blüte. Von der jüngeren (Rieke) erhielt ich einen zierlichen Ball, möchte ich so glat über die Erde rollen. Die andern schenkten mir wunderlichen Confekt, Mörser, Kronen, Scepter von Marzipan. Ich ließ einen Bienenkorb von Marzipan machen, viel Bienen schwebten an Dräthen umher, ich summte dazu und hatte drauf geschrieben: Den Geselligen. Die Nacht träumte mir, ich sey ein hölzerner Nußknaker, du kennst die Art die wie Soldaten ausgeschnitten, denen man die Nuß in den Hals laufen konnte, wären nur immer so musikalische Nüsse zu knaken, ich möchte mich bey dem Reigiment anwerben lassen. Von Morgen bis Abend las ich ungedruckte französische Memoiren einer Preussischen Princeß vor den Damen, unendlich rührend, die Schwester Friedrichs II der drin wie ein gejagter Wallfisch mit tausend Harpunen im Leibe, sich immer wieder durcharbeitet, ein Bild der Zeit wie es keins giebt und um so ergreifender, weil der Character der Frau aus drey sehr einfachen Elementen zusammengesetzt leicht abgesondert werden kann, etwas Stolz, etwas Eigensinn und eine Einbildung von Klugheit die sie auch zu weilen in hoher Besonnenheit bewährt, übrigens eine schändliche, stumpfe Roheit in allen Verhältnissen, daß man unsre Zeit tausendmal segnet, die ein so widriges Gemisch von Schorf und Läusen, von Barbarey und Sittenverderbniß nicht mehr ertragen würde. Noch las ich eine kleine Komödie von Lenz aus den siebzigern der neue Menoza Leipzig Weygandsche Buchhandlung, die Dir unendlich viel Spas machen muß, kaufe sie und schreib mir davon. 1) Sterndreherlied. 2)Magdeburger Fehde 3) Liebesfehler 4 Grosse Schneiderromanze 5) dito 6) Wettstreit des Buchsbaums mit dem Buchbaum. 7) Kein Feuer keine Kohle kann brennen so heiß als zärtliche Liebe von der niemand weiß 8) Schlacht von Navarra und von Pavia 9) Es flohen drey Sterne über den Rhein, es hatte eine Witwe drey Töchterlein 10) Der Bremberger 11) Hammer von Reystadt und Peter von Zeytenen 12) Dorotheens RosenKörbchen 13) Sultans Töchterlein ganz 14) Die Gräfin von Orlamünde St Georg. – Das sind ungefähr die besten längeren historisch-romanto-völkero-liederischen Sachen, die du noch nicht kennst, von andern eine grosse Zahl, die aber ohne ganz abgeschrieben zu werden nicht kenntlich, und zum 130
135
140
145
150
155
160
165
Etwa 20.–26. Januar 1806 170
175
180
185
190
195
200
Abschreiben fehlt mir für den Augenblick die Zeit, da ich wirklich daran gegangen bin, die Sterne in meinem eignen Planetario poetico zu putzen, daß sie frisch brennen. Ich gebe immer noch nicht unsre Liederbrüder auf. Kölle verdient ein Kreutz in unsrer Ehrenlegion, aber bis jezt nur ein kleines, was er schreibt ist unbedeutend: der Zusatz zum Da droben kann ich nicht loben, die drey Grafen wir noch nicht antrafen, den Jäger haben ich besser schon aus Gräters Gehäge. Uebrigens scheint der Mann so eine Seckendorfische Natur zu haben, er will die Kartoffeln mit der Schale und allem Dreck fressen, der sich vom Boden angehängt. Die Strophen aus dem Liede des Grafen von Gleichen mögen gar köstlich seyn, und ich bin schwanger danach. Das Spottlied ist auch schätzbar, weil es von einem schwäbischen Contingentssoldaten, was ungefähr soviel heist, wie bey uns ein verdorbener Stückknecht. Von Winkelmann kann ich dem Kölle weiter nichts sagen, als daß er mit dem König von Schweden über die Elbe zurückgegangen und die Westphälische Revoluzion noch ein Paar Stunden aufgeschoben, Robinson hingegen ist zu Bonaparte gefahren ihm täglich beym Abtrit seine Uebersetzung von ungedruckten Werken vorzulesen. Uebrigens suche ich die Zeitgeschichte von mir abzublasen wie den Dampf einer fremden Pfeife, ich habe von Pistor eine Drehbank gekauft und will mir bald meine eigne Welt drehen. Diese Nacht war ich in der Redoute, die Königin war sehr zierlich als Titania gekleidet, diamantne Strahlen um den Kopf, unter dem schönen Nacken goldne mit Diamenten besetzte Flügel, ein diamantner Blumenstab in ihrer Hand. Das Publikum fand ich durchweg entweder stumm oder grob, wie es jezt in aller Welt der Fall ist. Der Speisesaal war mit Orangebäumen umgeben von denen künstliche Blättergehänge bis zur Spitze des Saals verschlungen hinauf geführt, die Erleuchtung war künstlich in ausgehöhlten Citronen, die mit Oehl gefüllt, der Hof sah übrigens aus als wenn er dies ausgeschnittene saure Zeug hätte fressen müssen, sie hatten es alle bis an den Hals. Ich schliesse nicht,weil ich Dich nicht in meine Arme schliessen kann. Achim Arnim
131
8v
9r
9v
Nr. 420.E1
420.E1
32v
33r
An Clemens. Was mir in der Poesie gelungen das machte sich so natürlich wie das Kreutz im Schnee auf meinem Platz mit vier Strassen, keiner denkt daran doch arbeiten daran alle. Ueber die Spanischen Novellen Wie kannst du uns arme einsame Junggesellen im schmalen Bette bewirthen mit süssem Zuckerbrot, das aber hoch in der Luft hängt, wie Mahomeds Leiche am Magnet, mit Wein, wobey Pemperleckofen geschrieben mit Unterröcken von gewässertem Taft, die wie Spinngewebe, im Anhauch zerfliegen. Die erste Erzählung ist so himmlisch wollüstig, glückselig in dem Zusammenpassen wunderlicher Umstände, daß sie auch dem Liederlichsten einen Abscheu gegen Hurenhäuser. O ihr Gestirne der schönen Doppelnacht: Hier ist kein Sonnet wie die fromme Entsagung und die ungläubige Liebe sie einhaucht, nur ein kalter klappernder Hexameter, wie die Weiber zu Hexen werden Die Novelle aber gehört zu den nackten tanzenden Bildern die ein frommer Mensch wohl bedecken möchte um sie nur allein zu sehen Alle Pläne wie unreife Kinder habe ich nicht ehrlich begraben sondern von meiner Steinbank in die Saale geworfen, mögen sie ins Meer schwimmen zu den Versteinerungen
420.E2
1r
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag
5
10
15
20
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag
Bettine. (Aus dem Briefe an Clemens, Januar 1806.) Betinens Klage thut mir weh, sie fühlt sich jenseit des Todes und lebt unter uns, ein schmerzliches Beziehen aller Welt auf sich, es zieht die Decke ab, worunter das gesunde Weltleben nackt und warm schlummert. Ergebung ist in dieser Gewalt, keine Frömmigkeit, es ist kein Uebel aber ein Unglück. O du goldner Kopf, wärst du doch von Fleisch und Bein gewesen, ihr hättet Fleisch und Bein eher kennen als verachten gelernt. Jezt ist euch nur lieb, was ihr darüber gedacht, was euch absondert, Das Sonderbare, was auch genial und fantastisch in eurem 132
5
10
26. Januar 1806
15
20
25
30
Hause genannt wird. Du hast Dich los gearbeitet davon in schon erfindender Arbeit recht wohlig sprichst du darüber in Ruhe und Klarheit, aber nur alle zusammen in Geselligkeit, du tauchst unter und recensirst die Einfälle des guten Morgens und Bostels Ideen. Du hast Bettinen einmal die Hände gereicht und sie reichte sie dir weit entgegen, was ist zwischen euch gekommen, oder wurdet ihr beyde müde. Zeige ihr, was dir lieb, das älteste Blat deiner Bücher, daß sie nur einen sieht, der mit Herzlichkeit etwas ergriffen ohne es wissenschaftlich construiren zu wollen. Zeige ihr die menschlichen Dinge recht nahe und treu, so werden sie die nicht in ihren Beschäftigungen stören. Ein Lied aus cdur ist besser als das Gesetz aller, eins rein aufgeschrieben besser als zehen in den Wind componirt, und der Scamander der mit silbernen Wellen vor unsern Augen fliest ist mehr werth als den Okeanos zu kennen, den niemand gesehen, auch die weibliche Beschäftigung hat etwas sehr Schönes, sie giebt ihr vielleicht die Kraft zu diesen, denn das was uns mit allen verbindet, daß giebt uns diese Anhänglichkeit, diese Zutraulichkeit, worauf die Künste und die Menschen ihr Haus bauen. Es giebt eine gleich schwingende Leidenschaft, die da lauert etwas zu ergreifen, ohne diese verliert sich die schönste Leidenschaft in Mißton und Ueberdruß. Sie muß nie dieses lesen, ich kann nicht einmal wissen, wie sie es aufnehmen würde, und doch kenne ich sie lange und sie hält etwas auf mich, in jedem Falle würde sie den Eindruck nicht empfangen sondern messen, sie würde sagen was sie dabey gedacht und wie ich darauf gekommen.
1v
2r
2v
421.K An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 26. Januar 1806, Sonntag
5
10
Mein erster Grus kommt Ihnen sehr Freundliche Werthe aus Berlin, wo ich Sie in den hohlaugigen Gassen mir nicht mehr denken kann, so kann ich Ihnen schreiben. Ich fingre auf allen Tischen, aber ich höre nichts und singe ich Ihnen nach, so kömt ein heulender Sturm, der alles zu Ihnen fort treibt und haben Sie es nicht gehört, so ist es ganz untergegangen. Schicken Sie mir doch etwas von Ihren guten Augenblicken, da mir die guten Stunden nicht mehr werden; ich schicke Ihnen, was ich im Druck fertig gefunden, lernen Sie ja die deutschen Sachen, die Melodieen erfüllen mich ordentlich, sehr schön sind auch die Petrarkischen Italiänischen Stücke 133
1r
Nr. 421
421.
1r
1v
Mein erster Gruß kommt Ihnen, Freundliche, Werthe, aus meinem Geburtstagsmorgen, ich zähle Sie unter meine Tage und Jahre, bekenne mich in Ihrer Schuld für die erhaltenen. Schicken Sie mir ein Paar Ihrer schönen Augenblicke, da mir die Stunden nicht werden, ich schicke Ihnen ein Paar Lieder von mir und viel Melodieen von Reichardt; meine Lieblinge habe ich mit dem Sternbilde des Wagens bezeichnet, lernen Sie nur eins davon ganz, daß ich in mir sicher werde, daß es nicht wie bei mir in Gedanken blos klingt, wie ich auf alle Tische fingre, sondern wird und gedeiht. Aus meinen alten Landschaften habe ich mir Ihren Fels zusammengesucht, ich sehe danach hin wie der arme Storch meines Hauswirths, der mit gebrochenen schmutzigen Flügeln gar ernsthaft sich in den hohläugigen Gassen umsieht nach seinem Neste auf den atlantischen Gebürgen, übrigens lustig und wohl unter Musick und Masken, bey der Drehbank und bei der Schreibfeder. Hochachtungsvoll der Ihre Berlin d* 26 Jan. 1806 Achim Arnim Viereck n 4.
422.
1r
1v
An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 26. Januar 1806, Sonntag
5
10
15
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Berlin, zwischen Anfang und 20. Februar 1806, Donnerstag
Ich sollte etwas von mir hören lassen war Ihr liebreicher Auftrag an mich beym leidigen Abschiede. Wenn ich von mir etwas hören wollte, ich würde immer und immer wieder mir erzählen, wie leicht und erwartend ich die sanften Stufen Ihrer Treppe angestiegen, wie befriedigt und schwer ich immer hinabgestiegen auf die wildfremde, winterharte Erde. Ich würde anfangen zu denken in dem sicheren Augenblicke meines Daseins, als ich Ihnen auf den altlandschaftlichen Bergen von Jena zur Stütze diente, und wie ich die schönste Beobachtung der Welt hatte, als ich die schöne Farbenerscheinung auf der alten gemalten Scheibe in Ihrer Hand wahrnahm. Aber eben weil ich nur immer davon reden möchte, wie ich dies und alles in Ihrer Hand und in Ihrem Blick in schöneren Farben gesehen, so fehlte mir immer 134
5
10
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806
15
20
25
30
35
40
45
50
eine gerechte Aufschrift zu dem Anfange meines Briefes. Ich wünschte alles darin zu verbinden, was Sie mir sind mit ihrem Weltgeschäfte, da ich doch in Ihrer Nähe mich bemühe alles zu vergessen, was Sie der Welt schon gewesen, weil Ihre Gegenwart mich so ganz erfüllt. Seitdem ich aus dieser entfernt, ist mir viel schlechtes Wetter in der Welt gewesen, und der jüngste der Tage wird mir in den Weltbegebenheiten nicht lieber. Für mich gab es noch manche schöne Tage, meinem Weihnachten fehlten in Giebichenstein die bunten Lichter nicht, auch nicht die Geschenke, die ich in meinen Gedanken verallegorisirte. So erhielt ich von der jüngeren Tochter Reichardts einen Ball, von der ältesten eine Liedermusik in einer gehölten Wallnuß, es war wenigstens beydes rund und beydes zum Spiele. Den Schlagball meiner politischen Erwartungen habe ich vom Felsen in die Saale hinunter springen sehen, er schwimmt nicht durch, vielleicht ist er im Meere einmal der Keim einer neuen fröhlichen Insel, die sich meinetwegen auch Welt nennen mag. Ganz lose bin ich auch nur an Berlin gebunden, ich wohne noch in einem Wirthshause um mich nicht einheimisch zu fühlen in einer der hohläugigen Strassen; die Laternen darin sind mir noch die freundlichsten Fenster. Es steht hier noch, wie eine Mauer, die trübe gepresste Luft einer zwangvollen Kinderstube, aus der ich mich in verzweifelnder Langeweile in allerley Gelehrsamkeit stürzte, die nachher in wärmerer Sonne bis auf wenige Neigen rein verdampfte. Nun freue ich mich erst dieser Gassen mit wunderlichem Anputz wie Silberarbeiten und vor allem des Gewildes was sich darin mit den Menschen herumstösst. Wie wundert sich die zahme Hirschin meines Wirthes über alle die fremden Thiere, die hier durchkommen, wie durch einen Korallenriff steigen die Schildwachen aller Art durch die hiesigen Schilderhäuser tief nach Preussen hinein, während die Franzosen sich am Rheine zahlreich versammeln und das alte Haus bedrohen. Und diese Leute waren zwar nicht zu allem fähig aber zu allem bereit! – Auf den König, der den meisten heimkehrenden Regimentern entgegen ritt, sind mit Unrecht Schillers Verse gedeutet worden: »Er zählt die Häupter seiner Lieben und sieht, es fehlt kein einzig Haupt«, es sind viele davongelaufen bey der Nachricht vom Rückmarsch, besonders von seinem eignen Regimente, das von seiner Liebe nur eine sehr langwierige Zucht erfährt. Durch den Mangel an Magazinen fällt die Last des Krieges in den Lieferungen ganz auf Pächter und Gutsbesitzer, gewöhnlich auf den letzteren, so daß manche, die fremde Gelder in ihren Gütern haben, um ihre ganze jährliche 135
2r
2v
3r
Nr. 422
3v
4r
4v
Einnahme gefährdet, dazu kömmt daß diese Lieferungen nach willkührlichen Gütertaxen vertheilt sind, die jeder Besitzer nach seiner Neigung entweder sein Vermögen zu verstecken oder es hoch anzugeben in voriger Zeit sich selbst gemacht. Und wenn es noch wem diente! Wenig ist geschehen im langen Frieden und ein Vorspiel des Krieges zerreist schon alle Dekorationen, die zur Tragödie gebraucht werden. In solchen trübseligen Gedanken, worin ich auch hätte mögen davonlaufen, wollte ich mir mit allen den Kunstwerken einen Nagel durchs Kleid schlagen, mich festzuhalten, ich besuchte das Kunstkabinet. Die geschnittenen Steine kennen Sie sicher, sie sind nicht vermehrt aber bequemer aufgestellt. Ein wunderschöner Knabenkopf in Marmor, eine Sammlung vielformiger Vasen, vom General St Cir erkauft, sind wohl ausserdem das Beste. Sehr ausgezeichnet ist eine antike Fußbodenmosaik, auf der einen Seite eine nackte Grupe, ein Mann zwischen drey Weibern, auf der andern neun Musikantinnen, über beyde wölbt sich eine farbige Blumenlaube, zwischen beyden fliest das Meer, ein Greis stösst mühsam seinen Nachen durch die Meerenge, in der viel Blumen auf und unter tauchen. Die Bernsteinsammlung ist einzig, viel Künstlichkeit auf Schüsseln, aber auch belehrende rohe Stücke. Ein Hirschgeweih in einen Stamm eingewachsen, eine ganz antike Metamorphose. Ein gutes Model der kleinen Kantone von Pfiffer, aber kleiner als das in Luzern, von seinem Gehülfen gearbeitet, für zehntausend Thaler kürzlich erkauft. Ein kleineres vom Schlesischen Gebürge. Eine hübsche neue Sammlung von Vögeln Fischen, Schlangen, vollständiger in Schmetterlingen und Käfern in Schränken zierlicher Tischlerarbeit. Sehr glücklich ist der Versuch eines jungen Bildhauers ausgefallen, statt des gewöhnlichen Ausstopfens einem genau nachgebildeten Gipskörper die Haut des Elendthieres überzuziehen, der characteristische Muskelbau ist dadurch völlig erhalten. Dieses Kabinet wird zwar gegen ein ansehnliches Trinkgeld für den Prediger, der herumführt, geöffnet, ist aber eben des wegen nicht öffentlich, auch die Gemälde sind nur für theuren Eintrit zu sehen, sehr schwer das Mineralienkabinet, öffentlich an zweyen Tagen ist allein das Walthersche anatomische Cabinet, für hunderttausend Thaler vom Könige erkauft. Es war voll Frauen aller Stände, die armen kleinen Embryonen waren in betender Stellung vor diesen Septembrisirern aufgehängt, die Weiber lachten doch über sie. Pfuy Teufel, Pfuy Teufel! muste ich einmal über das andre in mir ausrufen. Es ist doch eine Barbarey solch eine Sammlung voll ekelhafter verwach136
55
60
65
70
75
80
85
90
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806
95
100
105
110
115
120
125
sener, erkrankter, zerschnittener Nützlichkeit öffentlich zu machen, während es keine öffentliche Sammlung des Schönen, ewig Lebendigen giebt, noch ärgere Barbarey, die menschliche Natur in kleinen Flaschen und Zimmern darzulegen, daß alle Sinne sich ekeln. Zum Troste wollte ich die Werkstädte der Bildhauer durchlaufen, es sind zweye hier, von Wichmann und von Schadow. In der ersten sollte in dem Augenblicke gar nichts seyn, in der andern fand ich nicht viel. Schadow hat sich ein zierlich festes Haus erbaut und beynahe zwey Jahre damit beschäftigt, es hat wahren Luxus in Basreliefen, in Friesen und Leisten, die Fenster mit Marmor eingefasst; sehr herrliche Kellerhälse im Hofe aus grossen Marmorplatten auf viereckten Marmorsäulen ruhend. Mit bunter Winde an Bindfaden im Sommer bezogen, wer hätte da nicht gern im Sommer Wein schenken mögen allen Bildhauern zum Willkomm. Auf dem Hofe lagen grosse Cararische Blöcke, gar schwere Räthsel für die Einbildungskraft. Ich fand Schadow beym Modelliren von Luthers Statue, drey Fuß hoch im alten weiten Predigermantel mit der Bibel, der Kopf niedergebeugt gegen die Gewohnheit seiner Bildnisse, weil es hoch stehen soll, das Gesicht ähnlich nach seinem mittleren Alter, es ist nach einem Bilde vom Kranach, dem Kopfe ähnlich auf dem Stiftungsbilde in Weimar gebildet und der mansfeldschen Denkmahl-Gesellschaft bestimmt. Auch ein Denkmahl von Copernikus ist von ihm modellirt, aber so klein, daß es nicht beurtheilt werden kann. In einem Vorderzimmer wurden von der allgemeinen Gattung Grabmähler verfertigt, die wie ein Mantel über alle Leute passen; furchtbar ernsthaft starrte ein antiker colossaler Kopf aus der Ecke darüber hin, als sollte er eingesargt werden. In einem Vorzimmer stand noch eine weibliche nackte Figur auf Kissen liegend, Schadows gröstes Werk, in seiner ganzen Art modern und selbsterfunden, ohne Käufer, wenn es von Mahagony wäre mit einem Schreibzeuge, mit Flötenuhr und Klockenspiel und heimlichen Springfedern, die alles mobil machen, es wäre ihm sicher nicht geblieben. – Die Silberarbeiter lernen etwas zu, die Formen verschönern sich und die Verzierungen mit aufgelegten Basreliefen werden häufiger gefunden. Von den Zierrathen aus der Königlichen Eisengiesserey vor dem Brandenburger Thor hiebey einige Proben. An Arbeiten in gebrannten Erden ist ein ähnlicher lebensgrosser Kopf Friedrichs des II in der Porcellanfabrik erschienen, Eckardtstein’s Steingutfabrik hat manche antike Form aus der dritten Hand nach Wedgwuth nachgebildet, vor allen zeichnet sich aber Catel’s Stuckfabrik aus, die viele schöne Um137
5r
5v
6r
Nr. 422
6v
7r
7v
8r
risse auf grossen drey Schuh hohen Vasen und Tischplatten nachgezogen. Vielleicht kann ich noch etwas zur Probe beylegen. Die Besorgung dieser Fabrik, Unterricht beschränken zu sehr Catels eigene Fortbildung, doch hatte er drey Bilder in Aquarellfarben beendigt. Das erste stellte mit einigen dreissig fleissig ausgeführten Figuren die Ermordung des Abts von Bernau dar, vor der Thüre der hiesigen Marienkirche. Die Sächsische Fahne liegt mit dem Abt am Boden, er wird nicht eigentlich ermordet sondern hingerichtet. Ihm zur Seite schwören die Bürger der rechten Fahne, auf der andern Seite flüchten sich die Weiber; Kinder drängen sich unter ihre Mutter, Vermählte an einander, die Köpfe sind individuell, oft voll Ausdruck, die Trachten wohlgewählt die Farben schön, aber kein Ganzes darin für die Darstellung, nur in der Ueberlegung. Ein andres Bild, König und Kaiser am Grabe Friedrichs erinnert, daß man erst dann die Aschenkrüge aufmachen darf, wenn es vergessen, wer darin ruht. Schimpflich ist die Opernscene am Grabe Friedrichs gewesen, aber Catel hat sie als solche herrlich gemalt, das Bild des lebenden Königs ist das ähnlichste, was je erschienen. Ein projektirtes Denkmahl auf Friedrich ist ohne Grösse sehr kostbar, es ist dabey Kirche und Invalidenhauß, aber recht brav von ihm gemalt, von seinem Bruder dem Architekten angegeben. Ein junger Mahler Wolters soll hübsche Copien in Cassel von Claude Lorrains mitgebracht haben, ein andrer Kretschmann ist nach kurzem Aufenthalte aus Italien zurückgekommen; man hält beyde für die geschickteren unter den jungen Leuten. Buri bleibt doch immer der tüchtigste, er freute sich recht innerlich etwas von Ihnen zu hören. Ihr Bild stand bey ihm. Zwey schön angelegte Bilder waren in der Zwischenzeit bey ihm entstanden. Der Sohn des Landschaftmahler Genelly als Amor vor dem leeren Sitze Jupiters mit Pfeil und Bogen und Kommandostab in Händen, ein Adler zieht ihm das Gewand ab. Seine grössere Arbeit, wozu er eine ganze Bildergallerie von Studien gemacht die drey schwörenden Schweizer thut schon sehr gut, sie sind in drey verschiedenen Altern, der Edelste in der Mitte, schön bekleidet, ehrlich im Gesichte, über gewöhnliche Grösse, durchaus kräftige Gesichter, in sich voll Zusammenhang. Die Gegend ist Porträt, von Genelly angelegt. Das Bild ist für einen Baron Penz in Mecklenburg gemalt, der erste, von dem ich höre, der in einem geschäftigen Leben den Wunsch behält, etwas dargestellt zu sehen. – Das gelehrte Handwerk ist in seiner alten beweglichen Unbeweglichkeit, die meisten hören da auf, wo sie anfangen sollten, sie theilen einander Vermuthungen mit über 138
130
135
140
145
150
155
160
165
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806
170
175
180
185
190
195
200
205
die Wissenschaften wie über den französischen Keiser. Humboldt sollte erst Präsident der Akademie werden, da dies aber Schwierigkeiten fand, ward er Kammerherr, so wird sie denn wohl noch lange in ihrem Sündenschlafe bleiben. Er hatte ihr dafür zur Strafe eine drangvolle Sitzung bereitet, er las öffentlich über die Pflanzenphysionomieen, laut und vernehmlich, nachdem die übrigen Mitglieder mancherley sich in den Bart gebrummt. Es war wahrscheinlich von ihm für die dicke Versammlung berechnet, voll abwechselnder Worte, aber die eigenthümliche Ansicht fast ganz in allgemeiner Darstellung erstickt. Er hätte darum freilich nicht so weit zu reisen brauchen, für andre hat er aber auch andre herrliche Sachen mitgebracht, wer möchte es ihm verdenken, daß er jedes an seine Stelle setzt, mich ärgert es wenigstens, wenn ich die Schneeflocken in den Koth fallen sehe. Fichte hält eine Anleitung zum seligen Leben einer zahlreichen Versammlung vor, er läst sie allerley Kunststücke machen, läst sie an einem Lichtstrahle in die Tiefe hinunter, führt sie an die Grenze als wären sie mobil gemacht, da putzt er sein Sparlämpchen aus und man ist eingeweiht. Uebrigens ist seine Vorlesung immer noch das bewuste Pferd; ich beziehe mich hiebey auf eine Geschichte des vorigen Türkenkrieges, wo die Oesterreicher nach ihrem Berichte immer nur ein Pferd verloren, bis ein Zeitungsschreiber bemerkte, das bewuste Pferd ist wieder verloren gegangen. Das Pferd ist zu Fichte gelaufen, darauf sitzt er und turnirt, aber hat er es anders angestrichen, so kennt er es selbst nicht wieder, wann es himmelblau angepinselt, dann meint er, führt es zum Himmel. – Auch das Theater ist immer noch das alte schwache träge, reducirte Stückpferd, dem das Futter untergeschlagen, auf einem Auge blind, denn die beste älteste Schauspielerin M. Döbbelin ist blind geworden, die jüngeren Leute sind und bleiben ohne Talent, an den Lampen ist nach Skawronskys Erfindung eine Verbesserung gemacht. Der Cid nach Niemeyers Bearbeitung ist eine von den grösseren Unternehmungen des Tages. Zweifach umgeschneidert von Corneille und Niemeyer hatte er manche Reihe Nathstiche behalten, das war ihm mit Schillers Gold besetzt, ganz ungescheut waren ganze Stellen aus Wallenstein eingesetzt. Ein andres Unternehmen war Heinrich der vierte von Adolph Bergen, hinter dem Berge soll sich aber ein anderer verbergen. In der freudelosen Rede doch etwas Dramatisches, viele Scenen aus Heinrichs Leben unbenutzt, doch im Plane ein gewisser Verstand, eine Scene voll Wirkung, wo der Urheber der Verschwörung Varilles entfernt vom Schauplatz zwar den Augenblick der Ausführung 139
8v
9r
9v
Nr. 422
10r
10v
weiß, aber nichts davon sehen und hören kann, da fängt er abgebrochen an zu beten, geht wieder ans Fenster, er erfährt es zu letzt von allen aus der Freude der Seinen, vom Weinen des Volks. Casperl hat den ganzen Winter mit grossem Beyfall gespielt, doch hat er nichts neues unter seinen Stücken. Er sagt mir immer grosse politische Wahrheiten von unserm Lande; so läst Wagner neulich nach einer langen und trocknen Untersuchung alle Teufel kommen und verspricht mit Zuversicht seine Seele, wenn einer ihm wie seinem Lehrer Faust dienen wollte, darüber lachen ihn alle starke Teufel aus, seine Seele lohnte ihnen nicht die Mühe, er muß sich endlich mit dem miserabelsten kleinen Teufel begnügen und wird dafür doch recht ordentlich geholt und gebraten. – Ich flüchte mich aus der grossen Gesellschaft, in die kleine, Berlin zeichnet sich in einer angenehmen Wildheit kleinerer Kreise aus, wo die alten Spiele Blinde Kuh, Mehlschneiden, Pfänder u.s.w. nicht verschmäht werden. Ich habe Ihre Bekannte aufgesucht, um von Ihnen zu reden und sie thun mir den Gefallen gerne. Reichardt war einige Tage krank, ist aber wieder hergestellt. Frau von Grothus und M. Levi, jede auf ihrem Wege, sind unwohl ohne eigentlich krank zu seyn: Wer könnte eine Hauspostille der Poesie schreiben, worin die einsamen und die kinderlosen Frauen sich an der Himmelsleiter hinauflesen, und die nicht früher ausgelesen, bis die Leiter erstiegen.
210
215
220
225
230
11r
Berlin d* 20 Feb: 1806. So weit hatte ich vor mehreren Tagen geschrieben und ich meinte immer noch, es sey der Brief nicht geschlossen, weil ich noch vieles unbeachtet gelassen, was sich in Berlin versteckt, weil es auf sich hält. Heute gab mir ein Freund die Jenaer Zeitung; aus der Beurtheilung des Wunderhorns, aus der forthelfenden, mitwirkende Milde schloß ich auf den Urheber, wenn es mir auch nicht manche gleiche Äusserung aus Ihrem Munde angezeigt hätte, so bin ich genöthigt von meiner dankbaren Freude hier zu schliessen, schliessen Sie auf meine Freude. Unter einem herrlichen Doppelgestirne sehe ich die Lieder sicher und glücklich fern im Meere erglänzen, wohin mein Auge in der kimmerischen Nacht der Gelehrsamkeit nicht zu sehen wagte; Ja ich fühle es, daß mein Unternehmen naturgerecht war, da es in Neigung und Abscheu sich bestimmt äussert, da es in Ihrem Wohlwollen Schutz, Trutz aber bey dem alten Drachen dem Freymüthigen gefunden, Nahrung und Fortkommen in aller Witterung meines Lebens. Auch hier habe 140
235
240
245
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806
250
255
ich manches gefunden. In wenigen Tagen wandre ich nach Mecklenburg, ich habe mir hier die Schuhe mit Sand gefüllt und will sie ausschütteln. Ihr Sohn, mein geschickter Lehrer und Vorgänger auf glater Bahn, wollte mir ein Stammblat schicken, ich werde es über Berlin (Viereck n 4) immer noch sicher erhalten, es wird in ein Stamm und Gesellenbuch (Frankfurt a/M 1530) eingefügt werden, womit ich in diesen Tagen mir an hundert alte Freunde zugeschaffen habe. Allen Ihren Hausgenossen mein freundlichster Grus, mit meinen besten Wünschen empfehle ich mich Ihnen, Ehrwürdiger, Geehrter, mit Ergebenheit und Hochachtung. Achim Arnim
11v
422.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Berlin, zwischen Anfang und 20. Februar 1806, Donnerstag
5
10
15
20
Ich sollte etwas von mir hören lassen, war Ihr liebreicher Auftrag an mich beym leidigen Abschiede. Wenn ich von mir etwas hören wollte, ich würde immer und immer wieder mir erzählen, wie leicht und erwartend ich die sanften Stufen Ihrer Treppe angestiegen, das Salve empfangen und empfunden, wie befriedigt und schwer ich immer hinabgestiegen auf die wildfremde beschneite Erde, wie es mir ein sicherer Augenblick meines Daseyns, als ich Ihnen auf den altlandschaftligen Bergen von Jena als Stütze diente, wie es mir die schönste Beobachtung, als ich die schöne Farbenerscheinung auf der alten Scheibe in Ihrer Hand bemerkte. Aber eben weil ich nur immer davon reden möchte, wie ich dies und alles in Ihrer Hand u in Ihrem Blick in schöneren Farben gesehen, so fehlte mir immer eine gerechte Aufschrift zu dem Anfange meines Briefes. Ich wünschte alles darin zu verbinden, was Sie mir sind mit Ihrem Weltgeschäfte, da ich doch in Ihrer Nähe mich bemühe alles zu vergessen, was Sie der Welt sind, weil Ihre Gegenwart mich schon so ganz erfüllt. Seitdem ist viel schlechtes Wetter gewesen. Einige schöne Tage in Giebichenstein muß ich billig ehren, meinem Weihnachten fehlten da die bunten Lichter nicht, auch nicht Geschenke, die ich in meinen Gedanken verallegorisirte, so erhielt ich von der jüngeren Tochter Reichardts einen Ball, von der ältesten eine Liedermusik in einer gehöhlten Wallnuß, es war wenigstens beydes rund und eines konnte wohl die Blüthe vorstellen, 141
1r
1v
2r
Nr. 422.E
2v
3r
3v
wenn das andre die Frucht war. So will ich denn ruhig bey dem Ballspiele meiner Hoffnungen aufpassen, meine politischen Erwartungen habe ich alle vom Felsen in die Saale hinunterspringen lassen, sie schwimmen sicher nicht durch, vielleicht sind sie im Meere einmal der Keim einer neuen fröhligen Insel, die sich meinetwegen auch Welt nennen mag. Hier in Berlin wohne ich noch in einem Wirthshause um mich nicht einheimisch zu fühlen in einer der hohläugigen Strassen, die Laternen darin sind mir die freundlichsten Fenster und ich möchte am liebsten darin wohnen. Zwischen mir und Berlin liegt noch wie eine Mauer die trübe, staubige, gepresste Luft einer zwangvollen Kinder stube, aus der ich mich in verzweifelnder Langeweile brutallustig in allerlei Gelehrsamkeit stürzte. Jezt belästigt mich vor allem das Gewild, die Geissen und Elendthiere, die sich mit den Menschen in der Strasse herumstossen, ein sonderliches Völkchen was man doch nur hier trifft! Die Schilderhäuser sind ein Korallen rif immer wieder steigen die Soldat* hind* Seitdem der russische Eisbär in sein Land zurückgezogen, giebt es nur noch eine grosse Zahl von Murmelthieren, die man Stückknechte nennt, eine Art Schildkröten die ihr Hauß stehen lässt, ich meine viel Schild∧wachen, die einem nicht aus dem Wege gehn, ein Regiment Einhörner die auch Towarzy genannt werden. Auf den König, der den meisten heimkehrenden Regimentern entgegengeritten, sind mit Unrecht Schillers Verse gedeutet worden: Er zählt die Häupter seiner Lieben, und sieht, es fehlt kein einzig Haupt.« es sind viele davon gelaufen, besonders von seinem eignen Regimente. Aus Mangel an Magazinen werden die Gutsbesitzer mit Lasten erdrückt: Das Vorspiel des Krieges zerreist alle Dekorationen die zur Tragödie nöthig Es kommt mir dies nicht so unnatürlich vor, da ich selbst zuweilen möchte davonlaufen, weswegen ich mir täglich mit allerley Kunst einen Nagel durch mein Gewand schlage mich festzuhalten. Auf dem Kunstkabinette, was ich in diesen Tagen sah, ist mehr als ich erwartet; die geschnittenen Steine werden Sie kennen, sie sind nicht vermehrt, aber hier bequem aufgestellt; ein Marmorkopf eines Knaben wunderschön im andern Zimmer; recht schön die Sammlung Intrurischer Vasen sehr mannigfaltig in Form vom General St. Cir erkauft, bey dem man jezt wohl nach Gefallen Sammlungen bestellen kann; gar ausserordentlich eine Fußbodenmosaik, antik, auf der einen Seite eine schöne nackte Gruppe von einem Mann zwischen drey Frauen, auf der andern nackte Musikanten, über beyde wölbt sich eine farbige Blumenlaube, zwischendurch scheidet sie das Meer, in 142
25
30
35
40
45
50
55
60
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806
65
70
75
80
85
90
95
100
dem viel Blumen auf und unter tauchen, ein Greis stösst mühsam einen kleinen Nachen durch die Meerenge. Die Bernsteinsammlung ist einzig, in der Künsteley auch manche Kunst besonders auf Schüsseln. Ein gutes Modell der kleinen Kantone nach Pfiffer aber kleiner, von seinem Gehülfen gearbeitet, für zentausend Thaler kürzlich erkauft. Der Pommersche Schrank, von Baumgärtner in Augsburg unternommen, das gröste mir bekannte Meisterstück vom alten Zusammenleben der Kunst und des Handwerks in Deutschland. Eine hübsche neue Sammlung von Vögeln, Fischen Schlangen, vollständiger in Schmetterlingen und Käfern, die erst kürzlich entstanden und noch vermehrt wird in zierlichen Schränken. Sehr glücklich ist der Versuch eines jungen Bildhauers hier ausgefallen, statt des gewöhnlichen Ausstopfens einem genau nachgebildeten Gipskörper die Haut des Elendthiers überzuziehen, das Characteristische bleibt dadurch. Bald nachher sah ich das antomische Cabinet des H. Walther, vom Könige für hunderttausend Thaler erkauft. Schrecklich war es mir, es voll Frauen aller Stände zu finden, sie kamen mir alle vor wie Septembrisirer vor den armen Embryonen, die in betender Stellung aufgehängt waren. Ich muste einmal über das andre in mir ausrufen: Pfuy Teufel, pfuy Teufel bey allen den schreckligen verwachsenen und verkrankten sogenannten Kapitalstudien, und kann mich noch nicht überreden, daß es nicht eine besondre Barbarey sey, in einem Lande so eine, übrigens nützliche Sammlung von Ekelhaftigkeiten öffentlich zu machen, während es keine öffentliche Sammlung des Schönen, ewig Lebendigen giebt, wenigstens ist es Barbarey, die menschlichen Körper so ohne feierliche ernste Umgebung in kleinen Flaschen und Zimmern darzulegen, daß alle Sinne sich ekeln. Nachher wollte ich die Werkstädte der Bildhauer durchlaufen, es sind nur zweye hier, von Wichmann und von Schadow, in der ersten sollte in dem Augenblick gar nichts seyn, in der andern fand ich nicht viel. Schadow hat sich ein zierlich festes Haus erbaut mit wahrem Luxus in Friesen und Leisten, die Fenster mit Marmor eingefasst; sehr zierliche Kellerhälse im Hofe aus grossen Marmorplatten auf viereckten Marmorsäulen ruhend. Mit bunter Winde an Bindfaden im Sommer bezogen, hätte ich da im Sommer Wein schenken mögen allen Bildhauern zum Willkom. Auf dem Hofe lagen grosse Cararische Blöcke, gar schwere Räthsel für die Einbildungskraft. Ich fand Schadow beym Modelliren von Luthers Statue drey Fuß hoch im grossen Predigermantel mit der Bibel, der Kopf niedergebeugt gegen die Ge143
4r
4v
5r
5v
Nr. 422.E
6r
6v
7r
wohnheit seiner Bildnisse weil es hoch stehen soll, das Gesicht ähnlich nach seinem mittleren Alter, ein Bild von Kranach hing dabey dem ähnlich auf dem grossen Stiftungsblatte in Weimar. Es ist der Gesellschaft im Mansfeldschen bestimmt. In einem Vorderzimmer wurden gewöhnliche Grabmähler gemacht, die wie ein Mantel über alle Leute passen, furchtbar ernsthaft sah ein antiker colossaler Kopf mit der Stirnbinde aus der Ecke darüber hin, und schien mich zu den Mahlern zu weisen. Bey Buri fand ich viel herzliche Aufnahme, er freute sich recht innerlich, etwas von Ihnen zu hören und denkt sich oft nach Weimar, ihr Bild stand bey ihm. Zwey schön angelegte Bilder waren in der Zwischenzeit bey ihm entstanden, der Sohn des Landschaftmahler Genelly als Amor, ein Adler zieht ihm das Gewand ab, er steht vor dem leeren Sessel Kronions, Pfeil und Bogen und Kommandostab in Händen, die Figur natürliche Grösse, ganz nackt. Seine grössere Arbeit, wozu er eine ganze Bildergallerie von Studien gemacht, die drey schwörenden Schweizer thut vortreflich, sie sind in drey verschiednen Stufen des Alters, schön bekleidet, ehrlich begeistert im Gesichte, über gewöhnliche Grösse, kräftige Gesichter. Die Gegend ist Porträt, von Genelly gemalt, er will das Licht auf den blauen Himmel und ihre Köpfe mehr zusammenziehen. Das Bild ist für einen Baron Penz in Mecklenburg gemalt, der erste von dem ich höre, der wirklich etwas dargestellt haben will. – Von Buri komme ich zu Catel. Unterricht und die Besorgung seiner Stuckfabrik erhalten seine meiste Zeit, doch hatte er ein grosses Nationalbild und zwey kleinere in Aquarellfarben beendigt. Das erste stellte mit einigen dreissig Figuren die Ermordung des Abts von Bernau vor der Thüre der hiesigen Marien∧kirche vor. Das Bild hat mancherley Talent und Verdienst. Die Sächsische Fahne mit dem Abt liegt am Boden, er wird nicht eigentlich ermordet, sondern hingerichtet. Ihm zur Seite schwören die Bürger der rechten Fahne, auf der andern Seite flüchten sich die Weiber, Kinder drängen sich unter ihre Mutter, Vermählte an einander, die Köpfe sind individuell, oft voll Ausdruck, die Trachten wohlgewählt, die Farben schön. Zwey andre Bilder, König und Kaiser am Grabe Friedrichs und ein Denkmal auf Friedrich erinnern, daß man erst die Aschenkrüge aufmacht und nachsieht, was eigentlich darin, wenn die Todten vergessen. Seine Stuckfabrik gehört zu den angenehmen Verzierungsarbeiten, die der Kunst nahe anstreifen, wenigstens ohne sie gar nicht erscheinen können, vielleicht kann ich Ihnen eine Probe beylegen. Eine Eisenschmelzerey vor dem Oranienburger Thore hat 144
105
110
115
120
125
130
135
Zwischen Anfang und 20. Februar 1806 140
145
150
155
160
165
170
175
andre Arten kunstgerechter Verzierungen ausgebreitet, welche in die Stelle der Bronzen oft recht geschmackvoll eintrit. Ich lege einige Abgüsse von Medaillen, Antiken und von Verzierungen bey, der Lack entstellt sie, daß sie oft wie altes schwarzes Leder aussehen, darum einige der rohen zur Probe. Das gelehrte Handwerk ist in seiner alten beweglichen Unbeweglichkeit, die meisten hören da auf wo sie anfangen sollten, sie theilen einander Vermuthungen mit über ihre Wissenschaft wie über den französischen Keiser, Humboldt ist Kammerherr. Er hat der Akademie eine drangvolle Sitzung bereitet gehabt, er las über die Pflanzenphysionomie sehr laut und vernehmlich, nachdem die übrigen etwas vor sich hin in den Bart gebrummt, es war für die dicke Versammlung von ihm berechnet, die eigenthümliche Ansicht fast in allgemeiner Darstellung erstickt, er hätte darum freilich nicht so weit zu reisen gebraucht hat aber viel andre herrliche Sachen mitgebracht, wer möchte es ihm verdenken, daß er jedes an seine Stelle setzt, mich ärgert es wenigstens, wenn die Schneeflocken in den Koth fallen. Fichte hält eine Anleitung zum seligen Leben einer zahlreichen Versammlung vor, er läst sie allerley Kunststücke machen, läst sie an einem Lichtstrahle in die Tiefe hinunter, führt sie an die Grenze, da putzt er sein Sparlämpchen aus und sie ist eingeweiht. Uebrigens ist seine Vorlesung immer noch das bewuste Pferd, ich beziehe mich auf eine Geschichte des vorigen Türkenkrieges, wo die Oesterreicher nach ihrem Bericht immer nur ein Pferd verloren, bis ein Zeitungsschreiber bemerkte, das bewuste Pferd ist wieder verloren gegangen. Das Pferd ist zu Fichte gelaufen, darauf sitzt er und turnirt, aber hat er es anders angestrichen, so kennt er es selbst nicht wieder, wann es himmelblau angepinselt dann meint führ es zum heiligen Leben. Auch das Theater ist immer noch das alte schwache träge Thier, auf einem Auge blind, denn die beste ältere Schauspielerin ist blind geworden, die jüngeren Leute sind und bleiben ohne Talent, an den Lampen ist nach Skawronskys Erfindung eine Verbesserung gemacht. Der Cid nach Niemeyers Bearbeitung ist die einzige grössere neue Unternehmung, zweifach umgeschneidert von Corneille und Niemeyer hatte er manche Reihe Nathstiche behalten, das war ihm mit Schillers Gold besetzt, ganz ungescheut waren ganze Stellen aus Wallenstein eingesetzt. Casperl hat den ganzen Winter mit grossem Beyfall gespielt, doch hat er nichts neues unter seinen Stücken. Er sagt mir immer grosse politische Wahrheiten von unserm Lande. Wagner läst nach mancher sehr trockenen und langwierigen Untersuchung alle Teufels kommen und ver145
7v
8r
8v
9r
Nr. 422.E
9v
10r
sprich mit Zuversicht seine Seele, wenn einer ihm wie seinem Herren vierundzwanzig Jahre dienen wollen, darüber lachen ihn alle starken Teufel aus, seine Seele lohnte ihnen nicht die Mühe, er muß sich endlich mit dem miserabelsten kleinen Teufel begnügen und wird dafür doch recht ordentlich geholt und gebraten. Das heimlich verkuppelnde Wesen der Politik geht so weit, daß die auf einem Bein kriegsfüssig stehenden Inspectionen eigentlich nicht einmal ahnden gegen wen sie fechten sollen. – Ich flüchte mich aus der grossen Gesellschaft in die kleine, von Ihren Bekannten höre ich so gern von Ihnen reden und sie thun mir alle den Gefallen gerne. Reichardt war einige Tage krank, ist aber hergestellt. Frau von Grothus und M. Levi, jede auf ihrem verschiedenen Wege, sind unwohl ohne eigentlich krank zu seyn: Wer könnte eine Hauspostille der Poesie schreiben worin die einsamen und die kinderlosen Frauen sich an der Himmelsleiter hinauflesen, und die nicht früher ausgelesen als ihr Leben! So weit hatte ich schon lange geschrieben und ich meinte immer noch, es sey der Brief nicht geschlossen, jezt gab mir ein Freund die Jenaer Zeitung, und ich schliesse auf den Urheber, schliessen Sie auf meinen Dank. Fast schäme ich mich, daß ich im Buche mich jemals vorlaut über die Recensenten erhoben, mit einer Art Demuth sah ich wie meine Lieder unter einem herrlichen Doppelgestirne sicher und glücklich weiter fahren, als meine Augen reichen und absehen konnten. Ja ich fühle es mit Bewustseyn, daß mein Unternehmen naturgerecht war, daß es in Neigung und Abscheu sich bestimmt äussert, da es in Ihrem Wohlwollen Schutz, Trutz aber bey dem alten Drachen dem Freymüthigen gefunden und Nahrung und Fortkommen in aller Witterung meines Lebens. – Ich wandre in wenigen Tagen nach Mecklenburg, ich habe mir hier wieder die Schuhe mit Sand gefüllt; Ihr Sohn wollte mir ein Zeichen der Erinnerung schicken, es würde mich von hier aus immer noch treffen (Berlin, Viereck n 4), ich besitze jezt ein Frankfurter Stamm und Gesellenbuch vom Jahre 1530 mit vielen Holzschnitten, wo ich sein Blat recht gut einheften kann. Wie soll ich von Ihnen Abschied nehmen Ehrwürdiger, Geehrter, – mit meinen besten Wünschen, mit der Versicherung meiner Ergebenheit und Hochachtung. Achim Arnim
146
180
185
190
195
200
205
210
215
Etwa 15.–20. Februar 1806
423.
5
Über dem Noten schreiben ist die Zeit vergangen lieber Arnim welche ich dazu benuzen wollte Ihnen für ihre Freundlichkeit (mir ihre Lieblingslieder zu senden) zu danken, wie auch dieses mein schlechtes Produckt mit gehöriger Bescheidenheit einzuführen. Ich erwarte alles von Ihrer Nachsicht. Bettine. Das Lied muß langsam und ruhig gesungen werden, ÇÇxxxÈÈ
424.
5
10
15
20
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, vmtl. zweite Hälfte Februar 1806 1r
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, etwa 15.–20. Februar 1806, Sonnabend–Donnerstag
Theurer Junge! Ich habe deinen lieben Jüngsten Brief, der mich so erlabt, wie alles, waß von dir ist. Ich würde dir augenblicklich geantwortet haben, wenn ich nicht in den lezten Wochen in so unseelige viele Korrespondenz gefallen wäre, worunter einige weitlaüfig ist, daß ich ermüdet dir nicht zu schreiben wagte, um dich nicht gähnen zu lassen, aber ich kann es nun nicht lassen, es mag ausfallen, wie es will, ich habe ein ganz eignes Gewissen apart für mein Verhältniß zu dir. Nun wäre dann, vor allem ein wenig vom Wunderhorn zu klatschen, das so manichfach beklatscht wird. Die an Pedanterei gränzende Rezension Falks, der mit schlechten Todenmasken verstorbener Dichter Puppen spielt, ist merkwürdig, weil er blos die Abhandlung rezensirt, und am Ende dich so ganz prächtig gekrönt entläßt. in diesen seinen Ersten Blättern kann er die Sonnenflekken vor seinen Augen, die er in deiner Abhandlung holt, noch gar nicht los werden, und erwähnt deiner Sätze noch zwei mal am dritten Ort. Das Lied vor Prag, das ihn geärgert, rettet Göthe in seiner herzlichen, herrlichen, Jungen, Rezension, in der mich das Wort Kapital besonders ergözte, du glaubst nicht lieber, wie ich es dir danke, daß ich so glüklich neben dir aufgetreten bin, und daß unsere Gesellschaft, so gute Gesinnung für unser Buch erwekt hat. Ich wäre glücklich, wenn ich dich hätte Göthens Rezension lesen sehn, wie muß dir daß Herz gehüpft haben, das liebe musikalische Herz ist wohl nicht leicht in adlicheren Tackten eines frohen Selbstgefühls 147
1r
Nr. 424
1v
2r
getanzt. Zimmer hat eine kindische Freude über die Rezension. Auch in der Aurora steht eine günstige Anzeige dafür von Dozeeen, mit dem ich brieflich alte Bekanntschaft erneuerte, er hat mir zwei unendliche Briefe geschrieben, alle seine Arbeiten und Pläne mitgetheilt, dies ist ein gelehrter und fleisiger Mensch, und mit dem besten Willen. Waß das Wunderhorn angeht, habe ich ihn zur Theilnahme aufgefordert, und er hat sich auch mit seinen vielen alten Liedern angeboten, aber doch nicht ganz klar, da er eine deutsche Anthologie herausgeben will, die in ihrer Folge ganz historisch darthun soll, wie das deutsche Lied in Sprache und Art und Kunst unter allen aüßeren Einflüßen sich fortgebildet hat, sein erster Band soll blos altdeutsche Volkslieder enthalten, der zweite lauter Hans Sachs, dann Reformations und Kriegslieder, und dann gehts auf Opiz los u. s. w. und zwar alles ohne eine Silbe verändert. Der Plan ist ein sehr guter und dieser Mensch ist fleißig und Sinnvoll, wenn gleich ohne gute Prosa. Außerdem kommen von ihm Ostern Miscellanien zur deutschen Sprache heraus, welchen eine Parthie Volkslieder beigefügt sein werden, und auch in dem ersten Heft von Aretins Beiträgen dieses Jahrgangs werden alte Lieder von ihm stehen; bei allem dem aber schickt er mir ein Verzeichniß von Anfangs Zeilen von etwa 20 Liedern, die er ganz, und 18 wovon er den ersten Vers hat, daraus soll ich nun wählen, zugleich bittet er mich ihm wieder mitzutheilen, und klagt, daß er so wenig habe, alle die Lieder die er verzeichnet scheinen aus gedruckten Liederbüchern. Weiter giebt er mit Koch den dritten Band der Müllerschen Sammlung ganz heraus, wozu er ein Heldengedicht, Alexander liefert, und überdem hat er eine kritische Handausgabe der Niebelungen, Parzifal, und Titurell in der Arbeit, und ein enormes Glossar, und eine alte Evangelien Harmonie, und mit allen diesen Sachen ist er schon auf dem Sprunge, das heiße ich geschanzt, er hat dem Bonaparte in der Münchner Bibliotheck ein Gedicht überreicht, das must du Koch sagen. Der Schuft, Herr Koelle, hat mir nicht wieder geantwortet, aber ein dritter Liedersammler, nach dessen Liedersammlung wir uns früher so sehr gesehnt, ist recht wunderlich allhier erschienen. Du erinnerst dich wahrscheinlich eines Briefs im Bragur von einem Namens Röther in Studtgard, er schreibt Gräter, daß er seit 10 Jahren Volkslieder sammle und es wieder erwarten weit gebracht, ect dieser Brief ist von 95. Neulich zeigte ich ihn Zimmer und forderte ihn auf sich in Stutgard nach ihm zu erkundigen, da trat ein Landprediger herein, der das Whorn lange mit seltsamer Leidenschaft betrachtete, und sich kaum 148
25
30
35
40
45
50
55
60
Etwa 15.–20. Februar 1806
65
70
75
80
85
90
95
100
davon trennen konnte (es war ihm zu theuer.) Einige Tage hierauf schickte der selbe Mann, der Pfarrer 6 Stund v. hier zu Aglasterhausen bei Mosbach ist, an Zimmer ein Vollständiges Manusskript von Volksliedern zierlich geordnet, und bevorredet zum Druck, er ist der selbe Röther, hat aber in dieser Sammlung nichts als waß man in Flugblättern findet, woraus sie ganz besteht, und wenig bedeutendes, ich habe ihm nun geschrieben und das Wunderhorn geschickt, und hoffe zur Auswahl zu erhalten, waß er hat, das sein Erbieten von Zimmer abgelehnt ward, versteht sich. Weiter bin ich jezt einem wahren Schatz auf der Spur, zu St Gallen in der Bibliotheck stehn an die 12 Handschriftliche Musikalische Liedersammlungen die Tschudi zu seinem eignen Gebrauch gemacht hat, schlage das Verzeichniß in Tschudis Leben und Schriften von Ildefons Fuchs St. Gallen bei Huber und Kompagnie 1805. nach, in einem Buch, welches dir nicht fehlen darf, Ich werde nächstens an den Herausgeber schreiben, ob man nicht abschriften erhalten kann, hast du irgend einen nähern Weg, so schlage ihn mir vor. Drittens habe ich so hie und da wenigstens 12 sehr vorzügliche Lieder, nebst vielen andern, auch aus der Dietmarsischen Kronick drei vortrefliche, und noch mehrere Wege gehe ich. Ich lege dir hiebei die Melodie, ach in Trauren, durch Horstig von dem Bergjungen gesezt bei, man kann aber unsern Text nicht darnach singen, und ich schreibe daher den alten Text zu, die Weise ist vortreflich. Ich habe auch es Ritt ein Ritter wohl durch das Ried von ihm, aber es besteht aus unserm Text und dem Ullrich und Aennchen genau verbunden. Wann mein lieber glaubst du, daß wir eine Fortsetzung geben könnten, oder erwartest du auch eine zweite Ausgabe, und wie würdest du bei dieser zu verfahren wünschen, waß gedenckst du bei der Fortsezzung selbst von der Art des ersten Bands abweichenswehrt. Der Freund Dozeen ist ein entsezlicher Mann, so eben wieder ein langer Brief von ihm, mit unsäglichen Notizzen, Dienstfertigkeiten und freundlichem hin und herreden, auch seine Anzeige in der Aurora vom Wunderhorn beigelegt, die freilich besser sein könnte, er ist auf die Abhandlung bös, lobt die ganze Sammlung, und hängt am Ende als Probe, das Wunderhorn, und ein Erbsenlied von H. Sachs an, welches gar nicht in der Sammlung steht, auch nennt er jenes frühere Lied auf grade wohl von H Brentano. Zugleich schickt er mir einige 6 Lieder worunter Soldans Töchterlein ganz, das du auch hast, ich muß sagen, mir scheint unser Fragment nicht schlechter. Von diesen Liedern ist kaum eines brauchbar, die Aurora welche nicht fort kann ist erst am 149
2v
Nr. 424
3r
8bre 1805 im 25ten Stük mußt du die Anzeige suchen, und merke nun auch auf die folgenden Stüke dieses Blatts, da er sagt, daß er in einigen Tagen wieder einige Lieder in die Aurora rükken will. Zugleich meldet er mir, daß er Forsters frische Liedlein ertappt, und sagt, er zweifle nur gar nicht mehr seit er diese Sammlung durchlaufen, wie sehr es an einer Charakteristick der altdeutschen Lieder fehle »Arnim schweift immer unter freiem Himmel, da man doch hauptsächlich von dem regen Leben der damaligen Städte ausgehen sollte,« so klebt der arme Schelm immer an dem historischen, er will nicht wissen was sie schönes gesungen, er will nur wissen, waß und wann sie gesungen, und auch er wird die Kartofflen mit samt der Montur auftragen, weswegen wir, von seiner Küche nichts zu fürchten haben. Dozen schreibt mir, ein Corektor seines Aufsatzes in der Aurora habe ihm gesagt, daß bei Pastor Witte in Lokau bei Halle in Sachsen ein groser Vorrath Volkslieder verborgen liege. Da dieser Ort in deinem Departement liegt, so thue dich darnach umsehen. Noch etwas drollichtes steht in Ds Brief, nähmlich er wollte mir ein Lied schicken, klagt aber, daß er das Blättchen im Wunderhorn habe liegen lassen, und dieses habe Jakobi sich von der Bibliothek holen laßen, also ist sein Exemplar, das der Bibliothek und Jakobi (Friedrich Heinrich) wird nebst München dieses Exemplar haben, er klagt mir, die Bairen wären mit ihren Entschädigungen gar nicht zufrieden, und waß das wissenschaftliche angeht in München sagt er folgendes Bspiel, daß man vor wenigen Tagen noch für die Zentralbibliothek, die Prachtausgabe von Wieland, den Wienernachdruk von Lessing, Göthens, Schillers schriften aber nicht anschaffte ect. Vor einigen Tagen laß ich in einem alten Buch, daß Arnim und Hermann dasselbe sei, und daß die alte Gottheit, die sogenannte Irmensaüle auch Arnimssaüle heiße, das freute mich sehr, weil du ohne es zu bedenken deine Vorfahren im Ariel besangst. Ich habe ein Heldenbuch nebst mehreren andern Büchern für dich gekauft, die ich dir nächstens zuschicken will, wenn noch einige schöne Sachen, die ich erwarte, dazu kommen. Das Gedicht, mein lieber, das du meiner Frau gesendet, ist nach meiner Empfindung das klarste einfachste, genialste zierlichste, waß du vielleicht je gemacht, unter den Göthischen Römischen Elegien wäre es die beste, wenn sie drunter stünde, ich glaube man kann einem Manne nicht herrlicher condoliren als mit einem solchen Liede an die Frau, wie zierlich! wie neu! wie delikat! wie keusch! welche leichte Hand an der kizlichlichsten Stelle, so apetitlich kann selbst Loder mit der silbernen pincette nicht 150
105
110
115
120
125
130
135
140
Etwa 15.–20. Februar 1806
145
150
155
160
165
170
175
praepariren. Dieses ist das erste Gedicht aus Göthens Schule, das den Meister erreicht und übertrifft. Du puzzt die Sterne des Platetanarii poetici, Gott segne deine Hand, daß die Welt singen möge von ihnen »wie schön leucht uns der Morgenstern«. Aber daß ich ein Wort mir ein gar liebes wichtiges Wort aufhebe, waß du dabei gesprochen; du sagst, daß du noch zu weilen an die Liederbrüder dächtest, wenn du wüstest wie theuer mir von je der Gedanke war, u da ich selbst nicht viele Lieder habe, würden sie deine Sammlung nicht drücken, ausser deiner göttlichen Gesellschaft selbst werden meine Lieder wohl nie den Tag erblicken, weil ich mit so kleiner Zahl nicht auftreten mag, doch laße deine Absichten durch meinen Wunsch nicht beengen, und folge deiner Gesinnung, die mir ewig wie deine Freundschaft das Herrlichste sein wird. – Waß du mir von und über Betinen geschrieben und waß du zugleich disgressiv über das ganze Wesen der Familie im Gegenseitigen geschrieben, halte ich für wahr und daß du dies Alles so weist und fühlst, und doch jedem von uns, wie es ihm gebührt, treu und huldreich bist, das gehört ja zu deinen beinah mehr als menschlichen Seelen Tugenden, deren mir keine entgeht, wisse, lieber, daß auch nicht ein Wort von alle dem, waß du mir hierüber schriebst, mir in dir unbekannt war, ich habe nie aufgehört, dich unter uns, ja selbst oft in deinem Verhältniß zu mir zu bewundern – dies ist kein Weihrauch, den ich dir streue, waß ich sage, ist der Beweiß, daß ich dir vertraut bin, daß ich um dein Herz weiß, und daß ich dir gestehen darf, daß ich so, und nicht anders um es weiß, deinen Rath mich auf eine bestimmte vertrauliche Art mit Betinen zu unterhalten habe ich instinktmäsig früher schon begonnen, aber ich hoffe wenig davon, nicht ich, ein Mann, ein geliebter liebender Mann mit allen Werkzeugen Leibs und der Seele wird sie so ruhig machen, wie nach Reichard die Weiber sein müssen, um sich wohl zu befinden; mit der Gundel war es noch ärger, da war ein Streben und Ringen nach Wissenschaft und höhern Genüßen, aber ich lobe mir das alte Sprüchwort »der Sache einen Stiel finden« bei Savigny hat sie endlich den Stiel gefunden, woran sie die ganze Wissenschaft und Kunst wie eine Eierkuchenpfanne zum Feuer bringt. Meline war auf den Tod krank an einem Nervenfieber, sollte die schwere Arbeit der zarten Jungfrau, das Nachtwachen ect. mit dem Kinde nicht dazu beigetragen haben. – . Ich ziehe Ostern aus in ein wohlfeileres, engeres und artigeres Quartier am Paradeplatz zu einem Stillen Weinhändler von einer feurigen Weinnase. 151
3v
4r
Nr. 424
4v
5r
Zu der Himmelschreienden Contribution der ganz zerknirschten Frankfurter habe ich 500 fl beitragen müßen. In unserm Hauße haben die Ganze Zeit 16 Gemeine und ein Kapitain gelegen, so war die Stadt muthwillig angefüllt. Bei Zimmer liegt auch jezt eine berliner Zeitung, es macht mir immer eine seltsame Empfindung, die Anzeigen zu lesen von allerhand Sachen, die in deiner Nähe zu haben sind, und von dir gar nichts. Der Mahler Runge von Hamburg, den du durch Tieck kennst, und der ein guter Bekannter Zimmers ist, hat dem lezten über das Wunderhorn geschrieben, aber mit einer ganz eignen Rohheit und Geziertheit zu gleich, dieser klagt über den zerknikten Hauch der Mundarten, besonders der lieben platdeutschen, in welcher er so viele aus diesen nähmlichen Liedern leider schon unverhochdeutscht gehört, zugleich aber schickt er ein paar Märchen in Prosa (plattd) an Zimmer, die er so aufgesezt, wie er sie in seiner Jugend gehört, in Ihnen soll der höchste Triumph plattdeutscher Möglichkeit gefeiert sein, es ist wahr, er hat sie vortreflich erzählt, aber leider habe ich in meiner Jugend, dieselben, von der nehmlichen schwäbischen 80jährigen Amme, die mir die Schlangenköchinn sang, hochdeutsch gehört, und Sophie hat sie in Altenburg gehört, der Unterschied ist, daß in meinem Exemplar eine goldne Kette an einen Vater, und ein paar Rothe Schue an die Tochter; in seinem aber ein paar Hosen und ein Wek verschenkt werden, das wäre also der Blüthenstaub der dem Märchen abgestreift ist, oder der Dreck der drauf geschmiert worden? Dies wäre eine Untersuchung für Dozen. Den neuen Menoza habe ich mit grosem Vergnügen gelesen, das Ding ist mir besonders merkwürdig, weil es ein rechter Gegensatz der neuen Genialität ist, die so unendliche Dekoration und Farbe und Klimata und Ironie und all den Teufel braucht und doch wie einfach, ein Gartenspalier, ein Zopf, ein Leipziger Magister, ein Zinnerner Pistopf, einer von Dresdner Porzellan, ihre Tochter, und einer von rothem Kupfer grün angelaufen, die Diana, dann noch ein Prinz wie Nichts. Und das Ganze rumpelt und rauscht und ist doch so leer und so voll. Nimm dagegen die Modernen Dramen etwa Pelegrin, Bernhardi, waß eine Menge was eine Pracht, aber wie leer und tod. Ich finde in dem Dinge ein Verhältniß zu Göthens Geschwistern, ich glaube am Ende sind sie zu gleicher Zeit geschrieben. Biderling und seine Frau und der Graf, nebst Zopf, und dem Vater des Bakalaureus sind die besten Figuren, erster ist vielleicht nie so herrlich dargestellt; Sehr schlecht ist die verliebte Scene zwischen Tandi und Wilhelmine auf dem Sopha, das lustigste ist, wie Biederling den Gra152
180
185
190
195
200
205
210
215
Etwa 15.–20. Februar 1806
220
225
230
235
240
245
250
255
fen an die Erde schmeist, und das beste am ganzen Stück, ist der Dicke Kerl der nichts sagt, und thut als: ich will sie uffrennen, (die Thüre) das kann ich mir unendlich komisch dencken. Daß die Scene in Naumburg und Dresen, sage Dräsen, wechselt ist mir nicht eine der kleineren Trefflichkeiten des Stücks. Soeben erinnere ich mich, daß in Schloßers Kleinen Schriften 2ter B. ein Aufsatz steht »Prinz Tandi an den Verfasser des neuen Menoza« und lese ihn, er ist zum Trost Lenzes geschrieben, der sich in einem deutschen Journal über schlechte Aufnahme des Menozas auf der Bühne und im Publikum beklagte. Diesen Aufsatz muß man lesen, um den literärhistorischen Eindruck des Buchs völlig zu geniessen, wenn man es bereits selbst genoßen hat, ich habe bei diesem Büchlein so recht empfunden, wie das ganz vollendete Kunstwerk nie anders kann verstanden werden als der Meister es verstand, das blos geniale Produkt aber, welches mehr dadurch auffällt, wie es zusammengehängt, denn als was es eigentlich bedeutet, kann alle Augenblike anders verstanden werden, kein Mensch wird je drauf kommen, ein Schäkspear oder Göthesches Stück für komisch oder tragisch zu halten welches es nicht sein sollte, aber Prinz Tandi sollte, wie ich aus Schlossers Aufsatz merke ein rührendes edles Stück sein, und war es auch Schloßern und jener Zeit, mich erhält es in stetem Lachen und wo es platterdings nicht komisch ist, ist es mislungen und wiederlich. Schloßer tröstet ihn daß es auf dem Theater nicht gut aufgenommen worden sei, während dem Weißes, Engels, Gibels, und Stephanis schlechte Stüke verschlungen würden, und jezt weiß man nichts mehr von dem armen Lenz, da die Welt jene zwei ersten verehrt, Lieber Arnim, wie manch herrlicher Kerl mag bei Austerlitz geblieben sein? Wäre es nicht ein recht schönes Beginnen die Werke des guten Lenz jezt zu sammeln und heraus zu geben, jezt, da er eher ein Publikum haben mögte, um ihm nach dem Tode doch eine Liebe anzuthun, mir liegt in diesem Gedanken etwas sehr braves, ja etwas Christliches. Koch hat nicht ein Wort von ihm im Kompendio. Es ist schade, daß du nicht von Göthe ein Verzeichniß seiner Schriften erfragt hast, weiß Reichhard waß von ihm. – . Da ich Kochs Compend. nach ihm durchsuchte fällt mir folgendes auf, dem du bei Koch für unsre Sammlung nothwendig nachspüren mußt, ich glaube der Kerl muß noch viele Lieder haben. z. B. pag. 142. 1terband g) ein Lustig ernsthaft ect. (schweizer Volkslieder) davon spricht er, als wenn er es hätte, oder wenigstens weiß, wo? Dann pag. 48. 2terb b) ist auf der berl. Bibl. sollte gar nichts drinne sein? Dann p. 99 2terband. wenn er 153
5v
Nr. 425
die Blätter nicht mehr hat, wer hat sie? und 100. Johann Ballhorns Abc. scheint er auch zu haben, lieber darum bemühe dich doch. Mit Lenz zugleich soll Göthe einstens Lustspiele in der Manier des Plautus herausgegeben haben, die sehr originell sein sollen, ich habe diese Nachricht wie den Menoza selbst, von unserm hiesigen Aestetiker Schreiber, der ein sehr guter Mann ist und schöne alte Kupfer hat, er ist ausnehmend dienstfertig und sammelt jezt für unsre Lieder. – . Sophie läßt dir sagen daß sie nächstens mit der Fiametta fertig ist, und sie alsdann dir zu deiner Disposition zusenden will sie legt dir zugleich eine Antwort bei. Wenn du es im Drechseln so weit bringst als ihm Zeichnen so must du der Engelhard ein Spinnrad drehen, apropos Spinnrad, meine Frau spinnt jezt alle Abend, und kann es sehr schön, apropos Engelhard, diese tritt bereits als Dichterinn allgemein auf, und Herr Kaufmann ist zu ihr bestellt worden um fürs Taschenbuch der Grazien zu sammlen, dies ist buchstäblich wahr. aber der Brief liegt schon lange schreibe bald dein Clemens.
425.
1r
1v
260
265
270
275
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
Lieber, Immerlieberer!
Berlin d* 17 Feb 1806. Fünf Bogen sind vor vierzehn Tagen etwa an Dich abgegangen, ich erwähne ihrer, weil ich wohl von Dir ein Paar Worte darauf hätte hören können, ungeachtet ich auch noch recht gut abwechselnd von Deinen beyden früheren Briefen lebe und von meinen Erinnerungen. – Göthe s Urtheil in der Jenaer Zeitung habe ich mit einer eigenen Demuth gelesen, ich verehre seinen herrlichen Willen für alles an sich Lobenswerthe und wenn er in diesem Willen uns besser sieht, so hebt er uns an sein Auge an dessen Glanz wir unsre Strasse weiter erhellt sehen; er ist der einzige Feuerwurm in dieser Kimmerischen Nacht der Gelehrsamkeit, und genauer betrachtet wird es ein hoher Wandelstern. Was habe ich in der gelehrten Sorte hören müssen! Ist dir niemals Cosmely begegnet, er behauptet in Persien gewesen zu seyn wenigstens auf dem Kaukasus, in Gize ist er wie in Berlin bekannt, er hat 154
5
10
15
17. Februar 1806
20
25
30
35
40
45
50
nichts mitgebracht als eine Persische Inschrift auf seiner Flöte von seinem Lehrmeister, er hat mit soviel tausend Leuten gelebt daß er drey Pelze über einander von fertigen Redensarten hat, er schimpft hier die Jüdinnen aus und langeweilt sich wie er sagt, um sich selbst aufzufressen. Sein jeziges Leibinstrument ist das Brummeisen. Und denke Dir dieser wunderliche Abentheurer hat in dem Stirnbau und in der Art zu erzählen deckende Gleichheit mit Humboldt. Burgsdorf ist hier und alle Schuhe voll Ziebinger Sand, ich meine voll schreckliger Ansichten, daß nichts ist und nichts werden kann, das schüttet er einem hier in die Augen! Ich habe aus Heidelberg einen Brief von Savigny erhalten und kein Wort von Dir! Du Wortkarger, hättest Du auch nur auf den Umschlag geschrieben: En proculum amoris, antidotum doloris, hoch hoch vivat, hoch hoch vivat fraterna sanitas! Ich freue mich des Kaufs den Savigny gemacht hat. Im März ist hier eine grosse Kupferstichauction, die Sammlung des Kupferstechers Meil, ich schicke Dir den Katalog nicht, weil er sehr dick, wahrscheinlich auch alles theuer bezahlt wird. Von Koch habe ich wieder allerley zu den Volksliedern bekommen, auch Hagen hat mir einige geliefert, er hat den Bergreihen, woraus Nikolai den grösten Theil des feinen Almanachs ausgeschrieben, er hat doch ziemlich gut ausgewählt, denn in dem Reste sind nur wenige noch etwas werth. Horstig hat ein hübsches Lied unsres Bergknaben in die musikalische Zeitung geschickt, das der Junge uns nicht gesungen, die Musen haben immer ihre Tücke im Genicke. Hast Du ein Paar Bemerkungen von mir über das Frankfurter Theater gelesen, ich schrieb sie während einer langweiligen Caffevisite, die in Giebichenstein eintrat, dabey ein vier Briefe an Kestner, Wedekind, Winzingerode und Finkenstein um Nachrichten von den Theatern. Von Fr Schlegel habe ich einen Brief, er ist sehr zufrieden mit unserm Werke wünscht aber recht viel historische Anmerkungen, er empfiehlt mir seinen Lother und Maller, ein braves ernsthaftes Buch, bey aller weitschichtigen Unbestimmtheit, und in der freudelosen Rede doch recht anmuthig, sanft unterhaltend und voll schöner Geschichte. Von Schleiermacher ist eine Weihnachtsfeyer erschienen (Halle Schimmelpennink) wie ein Waffeleisen prächtig dialektisch, das Darstellende darin ist schwach, Du must es aber lesen, es ist ganz antikischer Art. Mir trat es sehr lebendig hervor, weil ich den Schluß seiner Schrift am ersten Weihnachtstage von der Kanzel herabfallen hörte aus seinem Munde. Ich habe manche von meinen Liedern in Ordnung 155
2r
2v
3r
Nr. 425
3v
4r
4v
gebracht, ich möchte es Dir gern vorlesen, die Pistor hat ÇÇeiÈÈnen Sohn, das alles könntest Du hier finden. Doch muß ich dabey sagen, daß ich über morgen nach Strelitz reise meine Tante wieder zu sehen, die ich sehr verehre, es schmerzt mich dessen ungeachtet den goldnen Adler zu verlassen der mir Hirsch und Rhe zum Frühstück ins Zimmer schickt, daß ich mich oft in den kleinen Schmerzenreich hineinträumen könnte, würde ich nicht öfter den grossen Frohreich gewahr. Dem hat mein Onkel ein prächtigen Namen gegeben, den meine Großmutter auch mir sonst wohl gegeben Hemkengriper, das heist einer der Heimchen aufgreift, also die Landplagen. Ja die Landplagen ergreifen mich nun selbst, da ich sie nicht mehr ergreife, Lieferungen, Verpachtungen, o Sakerment und bey dem allen habe ich vorige Nacht in Reiners bis drey Uhr Ringeln gespielt Turnieren, MeÇÇhlÈÈschneiden, daß wir alle weiß wie Müllerknechte nach Hause kamen. Diese Art prächtiger gesellschaftliger Skandale ist doch nur Berlin eigen, sie ist dessen poetische Seite. Ihr armen Teufel in Frankfurt müsst jezt sehr bluten, dein Bruder sollte seine Comödie von Blut und Geld herausgeben, beym Himmel hätten wir noch so viel wahres Blut in der Nation als es mir warm in die Backen läuft, es müste doch anders gehn. – Meine Reiseanstalten hindern mich Dir mehr zu schreiben, Deine lieben Frau erinnere mich recht gefällig. DeÇÇinÈÈ Achim Arnim Frage doch Zimmer ernstlich, ob er den zweyten Theil drÇÇuckenÈÈ will zu Michaelis, nach Göthes Äusserung darüber habe ich ÇÇxxxÈÈ Ruhe mehr. Des Herrn Clemens Brentano zu Abzugeben im Hause des Kaufmann Heidelberg Besse` frey
55
60
65
70
75
80
85
156
17. Februar 1806
425.E An Clemens Brentano in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
5
10
15
20
25
Ueber Göthe’s Recension Mit Demuth kann ich sagen haben ich sie gelesen, welche himmlische Cisterne seines sanften wohlwollenden Sinnes, wenn er in diesem Willen manches besser sieht, so hebt er es in die Nähe seines glänzenden Auges, daß mir wie ein Stern in dieser Nacht der Gelehrsamkeit leuchtet. o du klare stille Winternacht, auch du bist mir lieb, und ist dieses Erstarren einmal überstanden. und es giebt noch ein Deutschland, noch Theater dann, so will ich auch den Tag finden und mich andern zeigen. Lother und Maller von Fr Schlegel. In weitschichtiger Unbestimmtheit voll ehrlicher Erfindung, ein braves ernsthaftes Buch, in der freude losen Rede doch anmuthig, sanft unterhaltend, voll schöner Geschichten. Weihnachtsfeyer von Schleiermacher. In der Dialektik herrlich aufeinander passend wie eine Kaffemühle, nichts von Weihe noch von der Nacht noch von der Feyer, übrigens kommt das Ding aus der antikischen Waffeleisenform ganz wohlschmekend heraus, wenn ich gleich der Meinung Josephs zulezt beytreten möchte, daß sie auch ungeschrieben bleiben konnte An Clemens O du lieber goldner Adler, du schickst mir Hirsch und Rhe zum Frühstück in mein Zimmer, daß ich mich der kleine Schmerzenreich glauben konnte sehe ich nicht den grossen Frohreich. Es giebt eine Art prächtiger gesellschaftliger Skandale, die Berlin eigen sind, es ist die poetische Seite, wo man in einem Augenblick gern alles ruinirt. Wie müst ihr bluten, ihr Frankfurter, wär noch so viel wahres Blut in der Nation, als mir eben warm in die Backen läuft, es müste doch anders gehn.
157
34r
34v
Nr. 426
426.
1r
1v
2r
2v
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
Berlin d* 17 Feb 1806. Erst heute ist Ihr Brief vom 29. Decs zu mir gelangt, in der Zeit hätte er zu den glückseligen Inseln kommen können; herzlichen Dank für alle Bemühung Lieber, aber ich nehme die Kupferstiche auch an; ich denke das beygefügte Geld wird gnügen, sollte ein Ueberschuß seyn, so findet sich vielleicht etwas andres für mich. Ich bin sehr neugierig auf meinen Kauf und fürchte, daß ich wieder zwey Monat warten muß, so straft sich die Ungerechtigkeit, die Abweichung von der Verfassung, die Abschaffung der Reichsposten! Vor drey Wochen schickte ich einen Brief und Musikalien nach Marburg. O Reichspost, o deutsches Reich! – Ihr Brief spricht von grossen Fortschritten der kleinen Bettine, hätte ich die Siebenmeilenstiefel ich wäre in diesem Augenblicke bey Ihnen. Ich möchte Ihnen etwas sagen von allem, was mir begegnet, das liebste in diesem Augenblick ist mir Göthe ’s Recension des Wunderhorns in der Jenaer Zeitung, es giebt vielleicht kein schöneres Denkmahl seines sanften wohlwollenden Sinnes, er ist eine himmlische Cisterne, die jedem Durstenden offen steht. Das Unangenehme meiner Reise war das Wegstreben von Marburg, meine Gedanken waren Ihre Nachtwächter. Ich habe manches fortgesammelt, von meinem ganz Eigenen einen Stoß gesammelt, und ausgefeilt. Zu den dramatischen Arbeiten verliere ich jedes mal Lust und Bestimmung, wenn ich das Publikum sehe und höre, seine Gleichgültigkeit, seine leichte Art sich zu befriedigen. Diese Periode muß erst überstanden seyn, giebt es dann noch Theater, so werden auch die dramatischen Arbeiten nicht fehlen. – Schlegels Lother und Maller hat viel ehrliche Erfindung bey aller seiner weitschichtigen Unbestimmtheit. Schleiermacher hat eine Weihnachtsfeyer geschrieben, in der Dialektik so herrlich wie eine Kaffemühle, die letzte Rede darin hörte ich von ihm am ersten Weihnachtsfeyertage, der Weihnachten war in Reichards Hause, unter den Charackteren ist wohl nur Ernestine (Louise Reichardt) und Leonhardt (Steffens) aus unsrer damaligen Mitte genommen, ich möchte am liebsten der Josef seyn, der zulezt sagt, es könnte das alles auch wohl unbesprochen geblieben seyn. Der zweyte Theil der spanischen Novellen von Clemens wird sie erfreut haben, die erste gehört zu den Bildern, die ein frommer Churfürst wohl bedecken möchte, daß er sie allein nur sehen könnte, sie tanzt so zierlich vor 158
5
10
15
20
25
30
35
Vmtl. zwischen 17. und 25. Februar 1806
40
einem, daß man in der Geschwindigkeit nicht weiß ob sie nackt oder bekleidet. Meine herzlichen Grüsse allen die sie verstehen und die sie nicht verstehen, hochachtungsvoll der Ihre Achim Arnim Warum sind Sie nicht nach Dresden gegangen?
427.
5
10
An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
Berlin d* 17 Feb 1806 Wieder etwas Musick, freundliche Muse, von einem Freunde H. von Schulz in Anspach, wo er mir beyde Lieder vorsang und zum Angedenken eines guten Tages mir überschickte. Eigentlich war es mir nur um die grüssende Maria zu thun, mir fehlt es an Bildern, die mich so begrüssen. In dieser Woche reise ich mit einem Onkel zu den Mecklenburgischen Barbaren nach Strelitz, wandlen da wie ich vermuthe, viel schöne Königstöchter unter den Fichten am See wie Elfen, so leihe ich mir ein Paar farbenäugige Schmetterlingsflügel und stehe einen Tag über den Felsen von Marburg wie der Falke über den Lerchen bis ich eine von ihnen am Fenster gesehen. – Tausend Hochachtungen und Grüsse allen, der Ihre Achim Arnim
1r
M. Bettine Brentano
1v
428.E An Friedrich Schlegel in Köln Berlin, vmtl. zwischen 17. und 25. Februar 1806, Montag und Dienstag
5
An Fr. Schlegel Es ist jezt eine Zeit wo die Weltbegebenheiten so langweilig werden daß die Welt nicht lange mehr stehen kann. Gut Ding will Weile haben! Rom ist nicht in einem Tage erbaut! So erwehre ich mich einer anekelnden Entfremdung von den Weltbegebenheiten. Es kommt wohl unerwartet einmal wie der Brief von Ihnen. Sie wünschen mehr 159
34v
35r
Nr. 429
35v
Strenge in der Liederauswahl, ich wünschte besonders Vieltönigkeit um der poetischen Eintönigkeit unsrer Zeit unter die Arme zu greifen. Das Historische der Lieder mochte ich nicht hinzufügen, weil eben dies in den Veränderungen untergegangen, bey dem Vortreflichsten trit aber noch der Fall ein daß weder Jahr noch Verfasser noch Dialekt ausgemittelt werden kann. Ihre Reise hat mir recht lebhaft den Aufenthalt in Cölln unter den alten Gemalden zurück gerufen, besonders den Gang am alten Hafengemäuer, den Morgen in Deutsch, wo wir uns eben nicht kümmerten ob der Rhein davonlaufe, der Roland bey ähnlicher Unbestimmtheit wichtiger Momente wie Lother würde in trockner Prose besser gefallen haben. Die Verse erhalten zu sehr die Aufmerksamkeit beym Einzelnen, besonders dringt das Spanische darin zu genau auf eine Vergleichung mit spanischen Romanzen wo so sehr schön auch unbedeutender Umstand bedeutsam und bestimt gemacht ist. Doch das ist Sache der Meinung, sie haben sich länger damit beschäftigt, Ihnen würde das auch wohl eingefallen seyn, wenn es wahr wäre.
429.
1r
1v
10
15
20
Von Frau Bose in Neustrelitz Neustrelitz, zwischen Anfang März und 18. April 1806, Freitag
Lieber Arnim, Nehmen Sie meine herzliche Entschuldigungen an daß ich Sie gestern nicht sahe, Mündlich hoffe ich Ihnen selber meine Ursachen zu sagen ich schickte nach Ihnen gestern um Sie zu bitten später zu kommen u. man holte Sie nicht ein, können Sie heute oder Morgen Abend kommen so wird es mir lieb seyn denn ich bin Ihnen herzlich ergeben. u. die Barden die eine goldene Welt im Kopf tragen, sind in diesen unpoetischen Zeiten doppelt schäzbar. Ihre ergebne DienÇÇerinÈÈ Bose Freytag Morgen An Hrn von Arnim.
160
5
10
9. März 1806
430.
5
10
15
20
25
30
Von Johann Wolfgang von Goethe nach Berlin Weimar, 9. März 1806, Sonntag
Man erzählt von dem bekannten Secretair der Königl. Societät zu London, Oldenburg, er habe nur dadurch seine unendliche Correspondenz bestreiten können, daß er niemals einen Brief eröffnet, als mit der Feder in der Hand und dem Briefblatt zur Antwort vor sich. Hätte ich diesem guten Beyspiel folgen können, so würde ich bey meinen engern Verhältnissen gar manchem guten Manne geantwortet haben, den ich ohne Nachricht von mir ließ, weil ich zauderte. Denn gewiß, man liest keinen Brief zum ersten Mal durch, ohne zur Beantwortung angeregt zu werden. Also dießmal wenigstens will ich auf der Stelle für Ihren lieben Brief und für die artige Sendung danken. Es war mir sehr angenehm durch Ihr Medium die große Stadt zu sehen, und wir haben uns lebhaft über die glückliche Darstellung so mancher wunderlichen Bilder gefreut. Mögen Sie mir wohl auch etwas von Ihrer Reise durch Mecklenburg sagen. Dies ist für mich völlig terra incognita, wo noch mancher wackre und bedeutende Mann wohnen muß. Wahrscheinlich sende ich meinen August auf Ostern nach Berlin. Schade, daß er Sie nicht mehr antrifft. Indessen liegen hier ein paar Denkblättchen bey, die sich Ihrem erneuten Stammbuche empfehlen. Die Eisengüsse sind in den Medaillenschrank gelegt worden und der Löwenkopf prangt an der alten Thüre ins Speisezimmer, wo Sie ihn hoffentlich noch einmal bewundern sollen. Allerley chemische Versuche und andre Nachforschungen haben mir mehr Beyspiele jener Farbenerscheinung der alten Scheibe zugebracht; aber so schön und rein, wie auf derselben, zeigt sich das Phänomen doch nirgends. Durch das Wunderhorn haben Sie uns eine so lebhafte und dauernde Freude gemacht, daß es wohl billig ist, nicht dem Urheber allein, sondern auch der Welt ein Zeugniß davon abzulegen, um so mehr da diese nicht so reich an Freuden ist, um reinen Genuß, den man so leicht und so reichlich haben kann, entweder aus Unwissenheit oder aus Vorurtheil zu entbehren. So viel für dießmal mit den besten Wünschen und Grüßen von uns allen. W. d. 9 März 1806 Goethe
161
1r
1v
Nr. 431
431.
1r
1v
2r
An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 12.–etwa 19. März 1806, Mittwoch–Mittwoch
Neustrelitz d* 12 März Lieber Clemens von Göttingen, lieber Clemens von Frankfurt, lieber Clemens von Heidelberg! Bitt für uns! Von meiner Krönung durch den Papst Falk und von meiner Geisselung durch den Bettelvoigt Dozeen weiß ich nur aus Deinem Briefe, wo die Rezension des ersteren steht, kann ich nicht einmal daraus erfahren. Daß mich Dozeen bedauert, mich einen armen Schelm nennt, darin kann er vielleicht recht haben, wirklich ist es meiner Vergeßlichkeit zuzuschreiben, daß ich eine Darstellung des älteren städtischen Lebens, die zum Theil lange geschrieben, theils im Kopfe fertig meinem Aufsatze nicht eingefügt, ich würde dabey insbesondre auf den Bremermarktplatz geführt haben, wo ich die vollständigste Sammlung Volksbücher und Lieder fand und an den Haven mit Rücksicht auf die herrliche Erzählung im Musäus, ich hatte mir sogar vorgenommen, bey dieser Gelegenheit etwas über ihn zu sagen. Ich will es nachholen, wenn unser Buch eine zweite Auflage erlebt. Hagen danke ich mehrere Beyträge, er hatte von Nikolai die Sammlung Bergreihen, woraus er den feinen Almanach grossentheils zusammengeschrieben. Prediger Witte wird entweder durch mich oder Reichardt abgetrieben. Hier in Mecklenburg erwarte ich wenig, doch vielleicht etwas. Ich bin auf einem neuen Schauplatz, Morgens sehe ich auf den Hünerhof meines Onkels, Abends auf den Hof des Herzogs. Ich habe sehr schöne Beobachtungen gemacht über einen rasend verliebten Puthahn, einen tapferen Kapaun, insbesondre über die Kriege zwischen ungleichen Geschlechtern der Thiere, so daß ich die Eroberung von Amerika oft vor mir sah, über die Ungeschlachtetheit junger Hähne, die billig alle geschlachtet werden sollten, wenn der eine trit stösst ihn gewöhnlich der andre herunter. Am Hofe brennen nicht viel Lichter Abends, aber mich erfreut ein sehr angenehmes Hoffräulein der ich gern in die Augen sehe, ein Mädchen wie glänzender brauner Atlas ohne zu blenden, ohne zu stören, nicht unterhaltend, aber unterhaltend, zufrieden mit allem ihr Scherflein immer zugebend zu allen, ungefähr wie Fräulein Neubrunn im Wallenstein, ihr Pompadur ist aus Nelken und Perlen geflochten, so ist sie selbst, ich mag nicht eben bey ihr seyn, wenn ich aber bey ihr bin ist es mir noch nie leid geworden. Ihre Schwester eine Frau von Bose hat deine Frau in Dres162
5
10
15
20
25
30
35
12.–etwa 19. März 1806
40
45
50
55
60
65
70
75
den gesehen und zu einem Pasteten becker von der Gallerie aus hingeführt, so berühret sich die Menschheit, und so bist Du durch Deine Frau mit allen hier wieder verbunden, sie wird Dir vielleicht von dieser echten Dresdnerin erzählen können und weiß sie nichts mehr von ihr, so denke dir eine vornehme Kammerjungfer, so sind die Dresdnerinnen. Doch mehr als der Hof beschäftigte uns eine Comödie, man ist hier in einer Art Wohlhabenheit und Stolz viel unabhängiger von dem Hofe als an den meisten kleineren Höfen. Der Blaubart sollte gespielt werden, ich hatte es angegeben, aber an dem Clausnarren scheiterte der Plan, weil alle die mitspielen sollten viel zu groß, der hatte uns zum Narren, die Rollen waren sonst vertheilt, vielleicht spielen wir jezt die Eugenie. Daß so etwas hier leicht geht, da hat ein Doktor Beckendorf vorgearbeitet, der seine Zeit von der Universität her bey seinen Universitätsfreunden vergessen hat und von ihnen zu einem Göthe für den hiesigen Erbprinzen bestimmt wurde, der aber den Angelhaken zu früh fühlte, ehe er noch angebissen, auch fehlt es ihm wohl auch nur zu dem Amte Göthes an Lust und Betriebsamkeit. Sonst hat er ein Liebchen wie Göthe, gilt bey den meisten entscheidend in seiner Meinung, worüber sich die schöne Dresdnerin beklagt, weil sie so etwas von sich erwartet hat, Politick ist sein Wesen, aber als Hanoveraner und in der kleinen Stadt, ist es eine ganz kleine Hannöversche Politick geblieben, er hat die Damen zu einem Haß gegen Bonaparte aufgetrieben, daß sie krank werden von einem Lobspruch auf ihn, nicht aus Kränkung ihrer Meinung, sondern weil es sie unglücklich macht, daß ein andrer so denken kann. Er hat neulich eine Cantate geschrieben auf die Promotion eines Cammerjunkers von Jasmund zum Kammerherrn, sie hatte sehr viel Komisches unter andern ein Rezitativ des Hofes: Ja es geschieht ein grosses Stück, der Herzog und der Prinz regieren! Der Prinz ist ein lustiger Kerl, der sich schnell emporgeschwungen. Wie er den Schlüssel empfangen singen alle parodirend auf Ramlers Tod Jesu: So steht ein Grenadier, den Besenstiel im Rücken u.s.w. Alles das wurde nach einem Mittagessen dem neuen Kammerherren abgesungen, der ein wunderliches Streittalent ist, wie man dergleichen fast nur in diesen Gegenden findet. Er behauptet, man schösse am sichersten, wenn man nicht sieht, was man schiest, er will mit zehn tausend armirten Widdern die Welt erobern, ein Kerl voll Witz und Produktion, macht trefliche Flintenschlösser macht alle Vögel nach, schnupft immer Spaniol, fantasirt immer auf dem Klavier bekannte Sachen, will aber nie nach einem Komponisten spielen, wird 163
2v
3r
3v
Nr. 431 4r
4v
5r
5v
von seiner Frau angebetet und steht unter ihrem Pantoffel. Reden und Spielen ist der Mittelpunkt alles Lebens, das Disputiren wird mit echt spielendem Witze getrieben, ich habe wohl schreien hören: Lieben Leute, um Gottes Willen, lasst mich reden. Der Herzog ist in ewiger Eile weil er jeden Augenblick einen Schlagfluß fürchtet, spricht man mit ihm etwas lange, so drückt er beyde Augen zu wie ein Papagey, daß man ihm den Kopf krauen möchte. Sein Bruder, auch ein Feldmarschal hat sich zu seiner eignen Puppe gemacht, ein kleines Haus, kleine Mobilien, kleine feine Schüsseln eingerichtet, alles um es in eine Haselnuß zu packen. An Geschichte ist die Stadt übrigens arm, es wird daher viel erfunden und gelogen, es ist so ein fester Ehestand im Ganzen und eine Kunst sich müssig zu machen, daß ich kaum weiß, ob jenes so viel werth ist, als diese schadet. So kommts denn, daß wir uns häufig im Hause von der fernen Weltgeschichte unterhalten, so gehen unsre gemeinsamen Bekannten vorüber, so hör denn eine himmlische Geschichte von Seckendorf, dem gelehrten Hannepampel. – Es giebt keine Frau in Regensburg, die er nicht einmal sehnlich und schmerzlich geliebt hätte, wenn ein andrer bey ihr glücklich war, wie ein junger Hahn auf meinem Hofe schon wieder den andern stören will und heftig heranläuft, während der Erfahrne mit grossem Anstande die Henne trit. Er liebte die Grafin Colloredo, Bassenheim war bey ihr glücklich und er muste ihnen Spas vormachen. So führen sie ihn in der grösten Hitze, wovon er kein Freund auf ein Dorf, da bildet ihm heimlich Bassenheim ein, die Colloredo wünsche Pfauenfedern von den Pfauen, die da herumlaufen. Die andern gehn auf ein Giebelzimmer und erfrischen sich, er schleicht den Pfauen nach, der Pfau flieht, Seckendorf durch alle Gärten über alle Zäune durch Staub und Sonnenstrahl nach, bis er über einen Kohlkopf stolpert über den Pfau herfällt und ihm so unter grimmigen Bissen drey Federn ausreist. Das sehen die alle vom Giebel, er kann aber nicht sehen wie sie lachen, so läuft er den Bauern gerade entgegen, die auf ihn zukommen ihn für den Frevel auszuprügeln, hier trit er als Redner auf, es gelingt nicht, er soll ins Gefängniß, endlich kommen ihm die Männer vom Giebel zu Hülfe, sagen er sey verrückt und das wäre seine Lust sich mit Pfauenfedern zu schmücken. Er kommt befreit zur Colloredo und überreicht die Federn, sie will ihn darauf gar nicht ansehn, nennt es grausam ein schönes Thier so zu beschimpfen und schenkt die Federn dem Bassenheim. Unterweges im Kahne neckt sie ihn so viel, daß er endlich mit Entsetzen sie bey der Schulter fasst, und ihr versichert, wenn 164
80
85
90
95
100
105
110
12.–etwa 19. März 1806 115
120
125
130
135
140
145
150
sie nicht gleich schweige müste er sie ins Wasser werfen, sie ist eigentlich ein Gänschen aber nicht im Schwimmen, zittert, wird blaß, die andern Lachen, Seckendorf hält eine wohlgesetzte Rede über verschmähte Liebe. – Ich finde die Geschichte so schön, daß sie sich ohne sonderliche Anstrengung als Novelle erzählen liesse, man müste noch hinzu fügen, daß er eigentlich nur alle Weiber liebt, um ein Frauenreich in Griechenland zu errichten. 1. Wenn Du die Fiametta schickst, schreibe mir bestimmt die Geldbedingungen, die Art der Herausgabe, ich meine in Rücksicht auf Zeit und Namen. 2) Die Liederbrüder könnten sehr bald herauskommen. An Bettine habe ich geschrieben, mir ihre älteren und neueren Melodieen auf Deine und meine Lieder gefällig mitzutheilen, sie scheint aber jezt sehr beschäftigt, auf zwey Briefe hat Sie mir nur vier Zeilen geantwortet, die von nichts als Nachsicht, Bescheidenheit und schlechtem Produkt sprechen bey Gelegenheit einer Melodie, die sie mir sendet, der Brief hätte eben so gut an Ramler oder Nikolai geschrieben werden können, ich habe ihn nicht eigentlich verstehen können, wenn Du ihr nicht vielleicht meinen Brief an Dich zu lesen gegeben. Ungeachtet ich darin nach bestem Gewissen gesprochen, so wäre es mir nicht ganz recht, weil Du und ich zu ihr selbst anders gesprochen hätten und jeden Brief eigentlich nur der versteht, der ihn schreibt und der ihn empfängt. Ausser den Melodieen Deiner Schwester würden Reichardts, seiner Tochter, Deine und meine Melodieen darin ihren Platz finden. Schreib Deine Lieder ins Reine, jedes einzeln wie die Volkslieder um sie leicht ordnen zu können, Horstig würde Dir sicher die Melodieen gern und gut aufschreiben. Ich denke gleich bey meiner Rückkehr in Berlin mit Reimer davon zu sprechen. Die Memoires secrets sur la Russie sur la fin du regne de Catherine Paris Pougens an VIII II Vol würden Dir manchen Spas machen, voll niederträchtiger Anektoten, die einem die Zeitgeschichte sehr klar machen, daß wir die Bestien nicht bekehrt haben, dafür müssen wir leiden. 4) Hast du den Cid gelesen von Herder? Er steht in der ersten Lieferung seiner Werke und wird dir viel Freude machen, hin und wieder hat ihm Herder wohl Mantel und Kragen umgehangen, oft ist die Dikzion gar zu nachlässig und unbequem im Lesen, die liebste Romanze ist mir wie er sich zur Hochzeit ausputzt, und dann wie er die Kisten mit Sand zum Juden schickt, ferner wie er todt gegen den Feind reitet, die Spanier haben ein eigen Talent, jedes Ding mit sei165
6r
6v
7r
Nr. 431
7v
8r
nem eigenthümlichen Geruche zu bewahren und einzumachen, und darin bin ich ganz mit ihnen einverstanden, daß ich lieber Schweis als Seife riechen mag. 4) Hast du von einer Weimaraner Wochenschrift gehört, wo viel aus dem Leben Schillers ausgeschwatzt? Von wem ist sie? 5) In diesen Tagen habe ich die gröste Sammlung wendischer Alterthümer gesehen, die jezt in der Welt vorhanden, sie gehört dem Herzog von Meck: Strelitz und ist in dem Schlosse zu Prillwitz aufgestellt, wo der grössere Theil gefunden. Sie ist ganz aus dem Grabe aufgestanden, und besteht aus Graburnen von Metall und Erde, und dem was man den Helden ausser der verbrannten Asche mitgegeben; abscheuliche Götzenbilder, Waffen, den Weibern Spindelsteine und Schmuck. Die Götzenbilder sind wie zufällige Naturspiele in wunderlichen Gestalten so sind diese in Metall gegossen, einzelne gute Gesichter, vielleicht römischen Ursprungs sind in die Gußform abgedruckt, ausserdem einige römische Arbeiten die ich mir abformen lasse. Die Gegend wo der grössere Theil gefunden ist wahrscheinlich das alte Rhetra, wo Radegast seine besondre Verehrung fand, wo einige alte Schriftsteller erzählen, daß er seine Tempelstadt gehabt, eine schmale Brücke führte zu seinem Tempel, der auswärts mit Hörnern und Zeichnungen wild verziert, im innern waren in dunkler Erleuchtung die Götter groß von Gold auf einem Purpurlagen, sie schienen die Eintretenden anzusehen, über jedem stand der Name und seine Zauberformel. Die Gegend ist jezt die aus∧gezeichnetste in Mecklenburg, manche Wölbungen von Hügeln über∧einander, waldige Eylande in dem grossen See; sie gleicht dem Chimborasso nach Humboldts Bilde.
155
160
165
170
175
180
8v
Ich lege eine kleine Elegie bey, Deine Frau wird sie als eine Gegendevise nicht versmähen, der Zufall giebt es, ob man die rechte gerade aufbricht, es sollte erst auf euch passen, auf eure kleinen Streitigkeiten, aber der Zufall stellte es auf seine eignen Füsse, so muß es jezt für ein historisches Bild gelten, was erst Porträt war, wenn ich nun selbst so viel Fehler daran eingesehen, so wird sie mir nebenher gern noch verzeihen, daß es weder so artig noch zierlich ist, wie sie mich mit rückprallenden Pfeilen geschossen und Du, daß ich so viel Worte über den Spas mache.
185
190
Gott grüß Dich! Dein A. Arnim. 166
12.–etwa 19. März 1806
431.E An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 12.–etwa 19. März 1806, Mittwoch-Mittwoch
ÇIÈ
5
Herder’s Cid Nachlässig bearbeitet, doch leicht, unterhaltend ohne zu ergreifen, wirklich ganz eigentlich in jeder Romanze vereinzelt. Sein Hochzeitsbett aus einem Mantel vom Vater. Die Sandkisten beym Juden u.s.w. bewähren recht das Talent der Spanier, das Ding mit seinem eigenthümlichen Geruche und Beygeschmacke einzumachen, und darin bin ich ganz mit ihnen einverstanden ich rieche lieber Schweis als Seife.
38r
ÇIIÈ 10
15
20
25
30
35
An C. Meiner Vergessenheit ist es zuzuschreiben, ich armer Schelm, daß ich das städtische Leben darzustellen vergessen, stumme Liebe ich habe nichts darüber gesagt, auf dem Bremermarkt will ich aber künftig die Leser hinführen. Strelitz Morgens auf dem Hünerhof Abends auf dem Hofe des Herzogs; die Leute nehmen hier die Hüte ab, und die Adlichen sind wirklich fremd und stolz gegen den Hof, voll Individualität alle, aber ganz müssig. Es ist ein so fester Ehestand im Ganzen und eine Mühe sich müssig zu machen, daß ich kaum weiß ob jener soviel werth ist, als diese schadet. Spiel und Redensarten, darin waschen die Leute ihre Hände in Unschuld. Es giebt eine besondre politische Partey hier, die sehr heftig redet redet aber durchaus nicht sieht, die Intrique verachtet, zur Handlung nicht Lust hat, die Austerlitzer Schlacht nicht glauben will, den König von Schweden für unternehmend, den Kaiser von Rußland für gescheidt, den König von England für vernünftig, den deutschen Kaiser für verbesserlich hält, wenn das ist so hat auch unser Kabinet einen grossen Elan, der erst zur Reife kommt, wenn die andern ihre Erndte in Sicherheit gebracht haben. Man erzählt von Amerikanischen Pflanzen, die sich aus Gewohnheit bey Tage schliessen bey Nacht öffnen, und also ewig im Dunkeln sind, so sind wir wahrscheinlich aus dem Monde gefallen und mondsüchtig, deswegen trauen wir keinem, der uns anruft. Um Gottes will laß mich reden, sagen hier wohl die eifrigen Politiker Um Gottes Willen lasst uns etwas thun, sollten sie denken. Der Herzog wenn man mit ihm spricht, senkt den Kopf, 167
38v
39r
Nr. 432
streckt ein Ohr vor schliest halb die Brauen wie ein Papagei daß man ihm den Kopf krauen möchte, und ich sprach über das Wichtigste im wichtigsten Zeitpunkte entscheidend, über das Anhängen des Fürsten an sein Land Prinz Ernst ist ein vollständig eingerichtetes Köpfchen mit allen Bedürfnissen des Lebens im Kleinen wohl versehen
432.
1r
40
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, Mitte März 1806
Ihr freundlicher Brief vom 3ten Fbr; ist erst den 12 dieses angekommen, und Ihrer Aussage nach, reisen die unsrigen eben so langsam, ich werde diese also nicht mehr der Obhut Gottes allein, überlassen, sondern sie noch besonders an die Postmeister recomandiren, Ihre Lieblingslieder, sind recht schön, ich würde diese gewiß auch öfter singen, wenn die Nachtigallenzeit überhaupt wäre. Ich habe seit sie weg sind meinen Gesang so oft dem Lob und Tadel anderer singenden und heischeren Vögel aussezen müssen, daß dieser mir gar nicht mehr recht zu trauen scheint, und der Augenblick selten wird wo meine Stimme mit Lust und Wahrheit aushauchen, und auch sogleich zu meiner Freud und Genuß einathmen darf. Ich habe die Kühnheit gehabt (welche zwar im vertrauen auf Ihre Nachsicht zum Vertrauen gemildert ward) ein Lied, welches von Reichard Ihrem Freund, Ihnen zur Genüge und Wohlgefallen componiert ward, auch auf meine Weise zu singen, ja wirklich dieß war Kühnheit von mir. Die beiden lezten Andenken eines schönen Tages kann ich auswendig, ich wundere mich nur daß Sie solge Andenken, der Gefahr in der Fremde aussezen, indessen reizten mich diese ebenfals, einem großmüthigen Moment der Tonkunst in mir, ein Andenken zu stiften, welches nur auf das Versprechen Ihrer Protection wartet, um zu Ihnen zu reisen. Ich denke der Mangel an grüsenden Bildern, worüber Sie klagen wird bald nicht mehr stadt haben. Der Frühling führt diese mit sich auf Wolken und Blumen und Strömen und den kleinen niedlichen Vögelskehlen, ich freue mich sehr diesen mächtigen Herscher und Eroberer hier durch ziehen zu sehen, ich habe auch den besten Plaz und stehe gleich vorne an, es wird mir gewiß nichts von seinem Glanz entgehen hier auf dieser edlen Spize über hängenden Gärten und vie168
5
10
15
20
25
Mitte März 1806
30
35
40
45
50
55
60
65
len Bächlein und Brücken und Stegen für den Wandersmann und tausend kleine Tähler und Gebüsche voll wilder und zahmer Schöpfung, die Reise Lust hängt sich oft mit Gewalt an mein Herz, o es will was sagen, (wenn unsere Seele dem Gedanken folgt in die weite freie Natur) die Füsse und den Leib nicht zu gleich mit zu nehmen, und zumalen hier wo einem die Macht und Herrlichkeit Gottes von 4 Seiten begrüßt, hier Sonnen Aufgang dort Sonnen Untergang Mein Schlafzimmergen gegen Norden und wenn ich aus diesem trette die Braune Nacht noch im Herzen und in den Augen, lacht mich gleich der freundliche helle Tag mit milden röthlichen Strahlen an, überhaupt scheint unsere Wohnung von allen Elementen besonders beachtet zu werden, der Wind behandelt uns wie die jüngsten Kinder seiner Laune, oder viel mehr wie Wiegen kinder, denn er singt so manche kindische Fantasie so manche einschläfernde Ungereimtheit in die annoch düren Äste der Bäume und Hecken die in unsere Schlafzimmer herein schauen und in die losen Fensterscheiben, daß man denken sollte es sey ihm etwas an unserem Gedeihen gelegen Ich habe hier allerley kleine Sans Soucis mon repos und andere Arten von Lust örtgen angelegt auf alten Mauern und Türmen und Gebüsche und Dorne habe ich noch mit Rosen bepflanzt und So Rosen mit Dornen damit jede Freude ihren Reiz und jeder Schmerz seine Süßigkeit haben möge, es sind meistens nur kleine Bänke von Moos in dichtem Gesträuch wo man besser hineinkriegt und Hockt als Sizt oder steht, aber ich stehe auch dafür daß im heisesten Sommermittag kaum die Seele der Sonne durchblicken kann, wer also Schatten sucht und Kühlung, der nehme seinen Wanderstab und komme dahin ich verheise ihm Erfüllung seiner Wünsche, ich selbst zwar werde die Frucht meiner Arbeit nicht mehr geniesen, denn wir werden den May kaum hier erwarten. Göthes recention hat nun obendrein aller Herrlichkeit dieses Frühlings den Ausschlag gegeben, ich wundere mich sehr daß ich, die doch gar keinen Theil an dem Verdienst hat einen eben so großen an der Freude darüber habe wie Clemens und Arnim ich besize diesen Antheil mit gutem Gewissen da es diesen beiden nichts entzieht. Sie verzeihen daß ich so gekrizelt habe die warme Sonne die alles bewegt, die Schnee und Herzen Schmilzt die machte auch die Hand unsicher welche sich mit wahrer Innigkeit unterschreibt Ihre Freundin Bettine 169
1v
Nr. 433
433.
1r
1v
2r
Von Friedrich Carl von Savigny nach Berlin Marburg, 16. März 1806, Sonntag
Marburg 16. März 1806. Ich hätte Ihnen sogleich auf Ihren lieben Brief geantwortet, lieber Arnim, wenn ich nicht mit jedem Posttage einen zweiten Brief erwartet hätte, eine Antwort auf ein kleines Briefchen, das Sie durch Clemens von mir erhalten haben müssen. Durch diese Zögerung kann ich Sie in große Noth gesetzt haben: denn wenn Sie mit dem Ankauf eines neuen Degens und neuen Regenschirms bisher gewartet haben, so sind Sie wohl oft naß geworden und nicht ein einzigesmal am Hofe gewesen. Was nun den alten Degen und Regenschirm betrifft, so ist in der Welt nichts gewisser, als daß ich beide Stücke weder jezt habe, noch jemals gehabt habe. Da ich selbst keinen Degen mit mir führte, so hätte sich jener nicht bey mir eingeschlichen, ohne wenigstens in Frankfurt ergriffen und auf der Stelle ausgeliefert zu werden. Sie sind zuverlässig im Carlsberg verlegt oder entwendet worden. Vielleicht kann sie ein ganz ähnliches, obgleich milderes, Schicksal trösten, das mich selbst betroffen hat. Hören Sie also, daß ich vor anderthalb Jahren zwar auch in Heidelberg, aber im Hecht, auch ganz ohne meinen Willen einen Regenschirm verloren habe. Ich komme nun auf den Gegenstand meines früheren Briefchens, das Sie vielleicht gar nicht erhalten haben. Ich fragte Sie darin, ob Sie die Baldingerschen Kupfer dennoch behalten wollten, obgleich sie um das Doppelte Ihrer Commissionen erstanden worden. Da ich zu diesen Preissen den Auftrag gegeben hatte, so hätte ich die Bilder natürlich behalten, wenn Ihnen der Kauf nicht gefallen hätte. Durch die Verzögerung Ihrer Antwort hat sich die Sache geändert. Ich habe die Bilder öfter gesehen, sie sind mir bekannt und lieb geworden, und Sie erhalten jezt statt jener Anfrage die förmliche Bitte, sie mir abzutreten. Ich bitte Sie darum, weil ich nicht glaube, daß Sie selbst zu den Sachen, die Sie gar nicht kennen, eine besondere Zuneigung oder Zärtlichkeit bereits gefaßt haben können, und in dem festen Vertrauen, daß Sie mir es aufrichtig sagen werden, wenn ich hierin irren sollte. Auf diesen Fall steht das Kistchen schon seit langer Zeit bereit: die Bilder stehen beständig auf dem Kriegsetat und können jeden Augenblick marschiren. Schreiben Sie mir also, ich bitte, recht bald hierüber. 170
5
10
15
20
25
30
35
18. März 1806
40
45
Ohnehin werden wir nun bald Marburg verlassen. Schon zu Ende April denke ich wieder nach Trages zu gehen, und es scheint jezt nicht, daß uns Krieg oder Kriegsrüstung daran hindern wird. Eine andere Freude hat uns die Rüstung doch verdorben, denn Göttingen hätte Sie doch wohl nach Marburg gezogen. Alles was um mich ist dankt aufs herzlichste für Ihr freundliches Andenken. Die kleine Betine ist so viel größer geworden, daß Sie sie kaum mehr kennen würden. Die große ist in Sorgen um einen Brief an Sie, den sie in das Viereck n. 24 addressirt hat. Da ich nun in Ihrem Brief n. 4 zu lesen glaube, so müssen Sie wohl erst auf der Post die 20 subtrahiren lassen, um den Brief zu bekommen. Gott befohlen. Mit herzlicher Ergebenheit der Ihrige Savigny.
434.
5
10
15
20
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 18. März 1806, Mittwoch
Neustrelitz d* 18 März 1806. Sie erwarten alles von meiner Nachsicht? Sie erwarten zu viel, denn ich will nun einmal streng seyn; schont uns denn das Jahr und schneit es nicht in dem Augenblicke? Ich sehe das Notenblat von allen Seiten an, es ist mir aber wie die Inschrift von Rosette; ich möchte es in Gold stechen lassen, aber ich weiß nicht was es heist, kein andrer ist hier, der es mir vorspielen kann von dem ich es hören möchte und der Schluß ist nicht einmal ausgeschrieben. O welch ein schlechtes Produkt, und darum werden mir Briefe und Nachrichten entzogen, das nenne ich Bescheidenheit, mir wie einem bellenden Hund einen Brocken in den Mund zu werfen und nun ich zuschnappe, ist es ein Demant, der mir die Lippen zerschneidet. Sie Wortkarge, Silbensparende, Papierabschneidende, Tintenichtvergiessende, Schönsiegelnde Barbarin, was beschäftigt Sie so unendlich, schürzen sie etwa Knoten in einem Spinngewebe, damit sich die Spinne ärgert, oder blasen sie Flaumfedern durch ein Schlüsselloch? Ich habe den Brief schon umgekehrt, ob etwa ein geheimer Sinn dann herauskäme, aber kein Wort, wie Sie leben und mein klein braunes Kindchen und die gesammte Herrschaft von Trages; auch über Kohlen habe ich ihn gehalten, ob Sie 171
1r
1v
Nr. 434
2r
2v
etwa von den Franzosen belagert um meine Hülfe und Schutz nachsuchen. Clemens schreibt mir, daß die arme Meline krank gewesen, auch davon kein Wort. Nach dem allen habe ich gesehen, weil Sie meine Nachsicht aufgefordert haben mit gehöriger Bescheidenheit; meine Nachsicht ist erschöpft, wie viel könnte ich Ihnen sonst erzählen, von meinem jezigen Hofleben, von einer treflichen Cantate, die gestern der hiesige Capellmeister Siebenkäs (ein wütender Blondin) zum Geburtstage einer alten Princeß gegeben, daß ich auf dem Punkt war den Blaubart zu spielen, aber der Klaus fehlte uns, aber ich habe fast nur zu einer Bitte Lust. Ich hatte den Plan mit Clemens eine Sammlung unsrer Lieder mit Melodieen herauszugeben; schreiben Sie wohl einmal die älteren auf, die neueren dabey und einige neue hinzu? Nur Eins schreiben Sie auf, wenn Sie jeden Morgen aufstehen; opfern Sie in der Zeit, alles was dazwischen kommt, dieser Beschäftigung und es wird Gott ein wohlgefällig Opfer seyn, die Melodie aber sei Ihr Morgengebet, das still für sich ganz ungestört ist, wenn aber drey zugleich laut beten wie ein Zank mit Gott klingt, darum halten Sie die Arbeit in stillem Herzen für sich bis sie fertig; beym Schatz heben darf man nicht reden und was haben Sie davon gehabt, die Melodieen den andern vorzuspielen, als das die sie für alt erklärt, weil sie sich immer nicht überzeugen wollen, daß jeder Ton seine ewig gleichen Akkorde hat. Zu den älteren Liedern rechne ich besonders 1) Und der Morgen 2) Das macht mir Schmerz 3) Göthe’s Fischer 4) Lustige Musikanten u.s.w., wenn Sie es Sich gefallen lassen, daß wir andre Texte unterlegen, so würde ich auch jede andre Ihrer Melodieen zu bekannten Liedern fremder Leute uns zueignen. – . In wenigen Tagen denke ich in Berlin zu seyn, um Ihre Melodie zu hören von geschickten Händen und Ihre Briefe schneller zu empfangen, ich mag nicht wissen, wann Frühlingsanfang, er ist in diesen Tagen, sonst würde ich ungeduldig. Achim Arnim.
25
30
35
40
45
50
Vor drey Wochen habe ich an Savigny Geld und Briefe geschickt, Geld für meine Kupferstiche, Musick für Sie, meine Muse, und einen Brief an Sie meine Verehrte, ich hoffe, daß alles angekommen. Kur
A Mademoiselle Bettine Brentano a`
55
172
18.–etwa 22. März 1806
Abzugeben bey dem H. Pr. von Savigny 60
Marburg en Hesse
frey Luneburg
434.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 18. März 1806, Mittwoch
5
An B. Ein Brocken für einen bellenden Hund, wenn ich zuschnappe ist es ein Demant, der mir den Mund zerschneidet, so wie ihr Brief. Was beschäftigt sie so unendlich, schürzen Sie Knoten in einem Spinngewebe um die Spinne zu ärgern? Jeden Brief versteht eigentlich nur der, der ihn schreibt und der ihn empfängt
435.
5
10
15
38v
Von Clemens Brentano nach Berlin und Neustrelitz Heidelberg, 18.–etwa 22. März 1806, Dienstag–Sonnabend
18 Marz 1806. Geliebter Junge! Keine Nachläßigkeit, keine Unterbrechung meines Gedankens an dich, sind die Ursache, daß dir meine Briefe ein seltneres Gut sind, (du wirst meine Antwort auf dein vorleztes erhalten haben) aber ich habe in der lezten Zeit so vielerlei Briefe zu schreiben gehabt, und zwar manche künstliche, auch hat mir die Korrespondenz mit Dozen, der ein wahrer Bötticher ist, und dessen sämtliche Briefe ich dir hier beipake, damit du begreifen mochtest, waß es für eine Noth ist mit diesem Correspondent, viele Zeit weggenommen, in der ich das ewig neue Geschäft Fiammettisch hätte fortsezzen können, dir zu sagen, wie ich dich liebe, wie du ewig jung sein wirst, wie diese Liebe, denn wenn ich mein Leben recht betrachte, so ist es ein wunderliches böses Fuhrwerk, und besteht aus zwei Leidenschaften die eine zieht mich, das bist du, mein Geliebter Vorderwagen, mit Deixel und Roß, das andere ist jene wunderliche Liebe in Jena mein Hinterwagen auf den meine Ehe als Koffer gepackt 173
1r
Nr. 435
1v
ist, und diesen ziehe ich, denn ich sitze leider nicht in dem Wagen, sondern ich bin der unglückliche Langwied, wie es unsre Kutscher nennen, der das Gestell verbindet, und darum habe ich keine Gegenwart, ich meine so sieht das Ding aus das Hündlein auf meinem Bauch ist die Poesie, des Kutschers Hündlein, den du an der Nase und dem Lorbeerkranz erkennen wirst. Ich habe nun wegen Liedern auch nach Wien an Leon bei der Hofbibliothek geschrieben, der auch dem Gräter viel geschickt, dann weiter nach St. Gallen an Tschudis Biografen (du wirst dies Buch nach meinem lezten Brief gekauft haben) wegen den dort befindlichen Tschudischen Liedersammlungen. Da ich in Halle war, studierte dort ein kleiner St. Gallner Meier genannt, Bartholdy kennt ihn auch, frag diesen doch, ob er nicht weiß, wie seine Adresse ist, und ob er in St Gallen lebt, außerdem habe ich mich noch an Himmel und Erde gewendet, aber es ist bis jezt nichts erfolgt, als viel Regen, und einige ordentlich erschreklich heise Tage, und zwar besonders gestern, wo mehrere Blütenbaüme plötzlich aufbrachen, auch hat Heidelberg gestern nach einer Prophezeiung untergehen sollen, und ich glaube, daß es wirklich geschehen ist, denn in meinem Kopfe und meiner ganzen Seele ist es heute wunderbar oed und dunkel, nicht gar traurig, aber beinahe furchtbar einsam und leer, es ist als hatte mein Genius von dem Untergang gehört, und einstweilen alle Möbel aus meiner Seele geflüchtet. Verzeihe daher dem aschgrauen Antlitz dieses Briefes, und bedenke, daß ich so wenig anmuthende Berührung habe, aber in diesem Augenblicke schreien alle Hähne der Nachbarschaft, und so tief und röchelnd wie Drachen, ich stehe vor dem alten Zauberkasten, der dein Stehpult war der Himmel ist so grau, als wäre er lauter Asche und Krapp für Fries, der dich herzlich liebt und herzlich grüssen läßt. – . Savigny hat mir viel schönes geschrieben, von den Kupferstichen die er für dich gekauft, er möchte gar gern, daß du sie nicht mögtest. Er hat für sich selbst eine Sammlung schöner alter Handzeichuungen und ein Marmornes Hautrelief. Adams und seiner Familie Arbeiten für sich gekauft, welches sehr schön sein soll. Betine war in Kassel mit Jordis und Lulu, ihre Beschreibung von dem Eindruk der Gallerie auf ihr Gemüth ist sehr rührend, sie hatte keine vorher gesehen, auch war sie oftens bei der Churprinzessin und in adlichen Societe´te´n, und macht mir eine recht lustige Beschreibung von dem meschanten Zeug, das 174
20
25
30
35
40
45
50
55
18.–etwa 22. März 1806
60
65
70
75
80
85
90
dort geschwäzt werde »z. B. Wenn Clärchen im Egmond doch nicht so gemein wäre, ärger als eine Kammerjungfer! und seine Romanzen wie fade, der neue Amadis z. B., hätte er doch Wielands neuen Amadis vor Augen gehabt, – pumps stürzt ein Gemälde in der Nebenstube von der Wand, die Rezensenten werden blaß und stehn stum mit offnem Maul, Betine lacht laut, und ruft: da ist der Geheimerath, da trit Göthe herein ect. – Ich lese in diesem Augenblick den Briefwexel zwischen Heinse Gleim und Müller, der heraus ist, da ich dessen zu lezt erwähnte, kannte ich nur einen Auszug in der Isis, du kannst nicht glauben, wie mich das Buch bewegt, wo alles wahr drin ist, Heinse wird einem gar lieb, und nun Gleim erst, der ist ein rechter Engel, hätte ich gewust, daß das so ein guter Mann war, ich hätte ihn in Halberstadt besucht. Wunderbar verwirrend ist mir diese Lektüre, denn oft meine ich, ich schriebe dir alle diese freundlichen Worte, dann aber kommen so unzählich oft die Worte Elisium, Grazienheiliger, Charitinen, als heutzutage Universum, rein Menschliches objektiv und Subjektiv, und da merk ich dann dran, daß diese lieben Leute nun tod sind – und das erschreckt mich; sehr lieb ist mir es jezt, daß ich Heinse gekannt habe, er war bis in die lezte Zeit derselbe, und ich glaube er hat vielleicht klasischer gelebt als gedichtet; lese diese Briefe doch recht bald; Heinse im abgebranten Dorfe ist gar rührend, und wie er sich immer schneller vollendet, wie kräftig und glühend, wie ihn die Düsseldorfer Gallerie entzündet, wie Göthe noch als göttlicher Fremdling blos begeistert gleichsam mit dehmütiger Besoffenheit erwähnt wird, recht bald, gleich mußt du es lesen, der alte Wieland damals schon fatal, Jakobi damals schon eine Art Superintendent aus dem Himmel, diese Briefe sind in Bezug auf Heinse ein schöneres Buch als Ardinghello. – . Heinse ist mir einer der Wunderbarsten poetischsten Naturen, und bescheiden war er, da ich ihn kannte, war er noch so bescheiden, er konnte mit Handwerkern zusammen leben, ich weiß nicht warum, aber ich habe ihn gar lieb; – . Der Pfarrer Bang ein Freund von mir und Savigny schreibt mir, er habe in Göttingen mit einem Berliner Pitzger zusammen studiert, der jezt warscheinlich in Berlin bei der Kammer angestellt sei, dieser habe damals viel für Volkslieder gesammelt, und die Bergkreyen habe er eigen gehabt. Sieh dich doch einmahl nach dem Menschen um. Dozen hat sich auch an Koch gewendet um Lieder. Ich habe mit Zimmer gesprochen, ob er Michaelis den zweiten Band drukken wolle, aber er schien keinen bestimten Wunsch dazu zu haben, weil er noch nicht wissen könne wie viel er abgesezt 175
2r
2v
Nr. 435
3r
vor der Abrechnung zu Leipzig, weiter stehe doch zu wünschen, daß wir mit diesem zweiten Bande so viel als möglich das Beste, waß noch vorhanden ist, erschöpften, und dazu gehöre doch noch einige Zeit, um allem auf die Spur zu kommen! Nun hat er zwar, waß das Leztere angeht nicht ganz Unrecht, aber er selbst sagt es doch eigentlich nur, weil sie durch Voß seine Sachen und vieles andere sich zu sehr gestekt haben, dennoch glaube ich, daß er keinen Anstand nehmen wird, wenn du es bestimmt begehrst, mir selbst wäre es sehr lieb wenn er Michaelis erscheinen könnte, nur sehe ich nicht recht ein, wie es zugehen könnte, wenn wir nicht selbst wieder zusammenstäckten, erstens um uns in mancher Umbildung gegenseitig zu unterstützen, zweitens um der Auswahl selbst wegen, drittens der Lust wegen, viertens der Liebe wegen, fünftens meinetwegen; ach lieber, lieber Junge! es geht gewiß nicht anders, und dann mußt du mir ja auch alle deine Lieder vorlesen, ehe sie gedrukt werden, und ich dir die Abschrift der meinigen geben, wenn du sie anhängen willst, dann müßen wir für beide Bücher die Vignetten erfinden, Arnim mir fehlt meine Seele, ich bin ein ledernes Fantom. Ich möchte auch wegen der Volkslieder ein Zirkular drukken lassen, in Briefform und es verbreiten, dann möchte ich durch ganz Deutschland reisen und sammlen, ich möchte so viel und setze hier angenagelt, die Frfter Contribution, und die vielen Büchern! Waß das Zirkular angeht, könnte vielleicht vieles durch bewirkt werden, wenn es zwekmäsig an Landprediger in den waldigen, und gebirgigen Gegenden Deutschlands verbreitet würde. Auch bitte ich dich noch∧ mals recht dringend, nach Braunschweig an Hoyer zu schreiben, der dir vielleicht lieber und besser beistehen wird, aus Eschenburg seiner Sammlung Etwas zu erwischen, und an Franz Horn nach Bremen, sodann an Körte nach Halberstadt, der dort die grose Bibliothek Gleims kommandirt, welcher gewiß Volkslieder hinterließ, da er dergleichen sammelte und nie heraus∧gab, weiter suche die verschiedenen Gutsbesitzer die du kennst, zu entzünden, daß sie ihre Prediger antreiben. Ueberhaubt glaube ich, daß sich unendlich viel für die Sache thun ließ, wenn wir beisammen wären, und es recht mit Ernst und im Großen angriffen. Wenn ich zwei Flüglein hätt! Das aber nicht kann sein – Arnim, Arnim! Wo will es in der Zukunft hinaus, wenn ich mich nicht in unbeweglichern Zeiten an deine Brandmauer anbauen kann, wie ich es an dein Herz gethan! – . Die arme Hulda leidet unendlich viel an den Augen, und zwar mit einer recht englischen Gedult, sie ist beinahe seit vierzehn Tagen, so gut als blind, und heut 176
95
100
105
110
115
120
125
130
18.–etwa 22. März 1806
135
140
145
150
155
160
165
170
ist ihr ein sogenanntes Haarseil ins Genicke gelegt worden, welches zwar etwas weniger, als das gewöhnliche Hängen schmerzt, aber auch wohl nicht soviel helfen mag. Gestern bin ich mit Sophie bei einem sehr närrischen Kerl von Taschenspieler gewesen, der in Neuenheim in dem Saal der Kaffe wirthin, vor einer Menge Damen und Studenten seine Possen machte, ein paar Baurenjungen waren die Kadaver an denen er seine Künste präparirte, bald stekte er ihnen unvermuthet Sperrhölzer ins Maul und machte sie zugleich lachen, oder zog ihnen die Hemden aus dem Ermel, oder schnitt ihnen scheinbar Löcher ins Hemd, waß gar lustig war! – Ich habe jezt erst den Chemiker Kastner kennen gelernt, er ist ein recht geistvoller lieber Junge, zwei und zwanzig Jahr alt, und hat schon ein paar Fabriken regiert, er laborirt gar geschickt, und hat auf der einen Seite das Universum so gut in der Apothekerbüchse als irgend einer, während er auf der andern Arkana an Fabriken verkauft, und Geld verdient. Er hat eine Zeitlang mit Ritter zusammen gelebt, und klagt auch über seine schmuzzige Genialität, und sein groses Talent, die Leute um Geld zu prellen. Die Veit ist doch ein merkwürdiges Weib, Kastner versichert mich, daß ihm Ritter zugeschworen, den Veitstanz so ritterlich getanzt zu haben, daß sie selbst sich endlich überwunden habe geben müssen, pfui! pfui! So eben lese ich durch Zufall in Spaziers Wanderungen durch die Schweiz, Gotha 179 und finde ein paar Schweizer∧lieder abgedruckt, unter andern mein Is äben ä Mänsch uf Erden! auch das Bruchstük eines gröseren Kriegslieds, er klagt auch über den Mangel eigentlich grosherziger Volkslieder in der Schweiz, und erwähnt, daß er ein Lied, wo eine Frau in der Abwesenheit des Mannes einen Bettler einlasse, von dem ihm erzählt worden, umsonst gesucht habe. Dies ist wahrscheinlich unser Bettelmann aus Ungarn. Spazier scheint sich wirklich mit einigem Ernst darnach umgesehn zu haben, und seine Anzeige macht mir wenig Hofnung, dennoch schreibe ich heute einen vierten Brief in die Schweiz nach Altorf, an einen Freund von Georg um zu sehen, ob von da wo du deinen Tell abgeschrieben nicht mehr zu finden ist, aber Gottseidank ist vielleicht dieses Tellen∧lied das Einzige Ahnliche das von dem Brande gerettet ist. Auf der Anspacher Schloßbibliotheck sollen viele altdeutsche Sachen gelegen haben, sind sie auch an Bairen gekommen. Lieber Junge, welcher fatale Blick von deinem Rausch in Weimar bei Prinz Louis biß zur Übergabe von Wesel, so ist dann keine natürliche Gränze mehr, und es erregt eine fatale Empfindung daß Preußen das Loch öfnen muste; o sässen deine braven 177
3v
Nr. 435
4r
Ukermärker, wo anders nur näher bei mir! Gestern Abend war ich bei Voß, er und sie laßen dich herzlich grüßen, die Frau habe ich unendlich lieb, mir ist nie eine solche Vollendete Natur gegenwärtig geworden, doch du kennst sie vielleicht noch besser als ich, daß sie und Louise Reichard sehr vertraut zu sein scheinen, welches meiner Idee für die leztere eine gar schöne Bestimmung giebt. Nun will ich dir noch zwei Schwanz Geschichten erzählen, die Voß und ich gestern miteinander ausgewechselt haben. Ich erzählte die Geschichte von dem Hündlein zu Bretten, wie folgt. Es ist in Süddeutschland ein altes Sprichwort, um Undanck gegen Treue zu bezeichnen, Ihm geht es wie dem Hündlein zu Bretten. (Bretten ist ein ehmals blühende Stadt der Pfalz, und Melanchtons Vaterstadt) Dort hatte ein Bürger ein Hündlein abgerichtet, in einem Korb Fleisch und Brod bei dem Metzger und Beker abzuholen, es war das erste Hündlein welches dieses that, und das ganze Land hatte die groste Verehrung vor ihm. Einstens aber als es auf einen Fasttag Fleisch holen wollte, da es Lutherisch war, ergrimmte der katholische Fleischer gegen es und hieb ihm den Schwanz ab, und legte ihm denselben in den Korb, und das heilige Hündlein trug ihn im Korbe mit weinen und blutend treulich nach Hauß. Da aber das Hündlein bald darauf starb, ward es an der Kirchenmauer in Stein ausgehauen, und ist bis heutzutag ein rührender anblick für edle Hunde und Menschen. Hie gegen erzählte mir Voß folgende Geschichte, ein Bürger in Eutin wollte Schweine kaufen, zwei wurden ihm angeboten, von gleicher Güte, aber das eine dennoch um 28 Schillinge wohlfeiler, denn es hatte keinen Schwanz, lange überlegte der Mann, und seine Wahl ward in ganz Eutin überlegt, endlich entschied die Mehrheit für den Schwanz, vermutlich waren die Frauen im Spiel, aber die Sache nahm eine böse Wendung, es hielt sich damals ein Hund in Eutin auf, Nahmens Strom, der Pfarrer, dem er gehörte, war ein Naturphilosoph, und hatte diesem Hunde, um ihn recht treu zu mÇÇachenÈÈ seine eigne (des Hundes Ohren) in Butter gebraten fressen lasseÇÇn.ÈÈ Dieser Hund Strom nun wurde durch die vielen Reden über den SchÇÇweiÈÈneschwanz so verdrossen und verwirrt, besonders da er ein treuer Freund der schwanzlosen verschmähten Sau war, daß er am folgenden Morgen dem Schwein des Bürgers den Schwanz abbiß, und diesen Mann, wie auch die ganze Stadt dadurch in solchen Schreken ÇÇxxxÈÈ daß Stolberg sich darüber entschloß, katholisch zu werdenÇÇ,ÈÈ gäbe das nicht ein paar allerliebste Schwanz Romanzen, ich bitte dich, sÇÇetzeÈÈ deine Schnellmuse dran, ich will es 178
175
180
185
190
195
200
205
210
Vmtl. letztes Drittel März 1806
215
220
225
auch thun und dann wollen wir die vier Lieder anonym in den Tartarus des armen Falk schicken, deÇÇmÈÈ es gar kümmerlich ergehen soll, wie mir Voß sagt, dem eÇÇsÈÈ lieb wäre, etwas für Falk zu werben! – Nachstens mehr, heute habe ich Voßens Bibliothek durch gesehen, ÇÇerÈÈ hat noch gar vieles, waß wir brauchen können, und ich weÇÇrÈÈde nachstens eine Revision davon anstellen. Dein Klemens möchte dir noch mehr schreiben aber das böse Ausziehen, und die Zeit, welche dieser Brief schon geschrieben wird! bleibe dein Ebenbild mein lieber, und habe mich lieb Clemens Brentano Meine Frau schickt dir nächstens die Fiammetta. Herrn Baron Lud. Achim von Arnim im Viereck No 4. Berlin
4v
*436. Von August Heimbert Hinze nach Berlin oder Neustrelitz Waldenburg (Schlesien), vmtl. letztes Drittel März 1806 An August Heimbert Hinze, 4. April 1806:
5
10
danke ich Ihnen manchen willkommenen Beytrag zu der Fortsetzung des Wunderhorns, so danke ich zugleich diesen Beyträgen das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft – Kloster Trebnitz, die schöne Romanze von der Tartarfürstin und die vom Herzog Hans werden Sie in der Fortsetzung finden Ç...È König Ladislaus Ç...È Das Lied von der Müllerin Ç...È diese lustige Beichte Ç...È die hübschen Denksprüche auf den Tod aus der Breßlauer Lokalität, und auf das Austreiben des Winters Ç...È Die Bearbeitungen der Minnelieder Ç...È erwähnen Sie eines andern Liedes vom Olof und einiger mündlichen Braunschweigischen Lieder, einiger Sagen die sich an die Ottmarschen reihen und Sie verbessern Ç...È die wohl wollende Recension der ersten Sammlung, nach deren Verfasser Sie fragen, ist von Göthe (Nr. 439.A,4–64). An Clemens Brentano, 18. April 1806:
15
Unter den mancherley vielen erhielt ich eines Brief von einem Doktor Hinze in Waldenburg in Schlesien 179
Nr. *437
mit einem Dutzend schöner Volkslieder, was helfen die Tietel und zum Abschreiben gehört Lust, drey davon sind vortreflich, die andern wenigstens zu gebrauchen und er verspricht noch mehr, freut sich an unsrer Arbeit und schreibt eine sehr gute Hand. (Nr. 443,7–12.)
*437. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Neustrelitz, vmtl. erste Hälfte April 1806 Von Johann Friedrich Reichardt, 22. April 1806:
Den herzlichsten Dank von uns allen für Ihr freundliches Andenken und das sehr liebe Gedicht, in welchem uns ein gewisses hören wir in einer Anmerkung ganz besondre freudige Hofnung gegeben, Sie zu dem Hausfeste auch hier zu sehn. Ç...È Auch für die einzelnen Gedichte, dank’ ich u L. gar schön Ç...È die übertünchte Dürftigkeit der dortigen Musik und des dortigen politischen Systems kann ich mir sehr lebhaft denken (Nr. 447,2–21).
5
*438. Von Johann Friedrich Reichardt nach Berlin Giebichenstein, vmtl. erste Hälfte April 1806 Von Johann Friedrich Reichardt, 22. April 1806: Sonderbar genug daß sich nach so langem Schweigen wieder unsre Blätter gekreuzt haben. Hoffentlich haben Sie mein Bettelblatt Ç...È erhalten (Nr. 447,17–19).
439.A An August Heimbert Hinze in Waldenburg (Schlesien) Neustrelitz, 4. April 1806, Freitag 1r
Neustrelitz d* 4 April Wohlgeborener Herr! Ich rechne es zu den Zeichen einer guten Sache, uns allen fernen Gütigen theilnehmend und mittheilend näher zu bringen; danke ich Ihnen manchen willkommenen Beytrag zu der Fortsetzung des Wunderhorns, so danke ich zugleich diesen Beyträgen das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft – Kloster Trebnitz, die schöne Romanze von der Tar180
5
4. April 1806
10
15
20
25
30
35
40
45
tarfürstin, und die vom Herzog Hans werden Sie in der Fortsetzung finden, die ich wie früh oder wie spät kann ich nicht sagen, doch vor Neujahr Ihnen über schicken werde. König Ladislaus, den ich aus dem Deutschen Museum 1778. II B. S 460 schon besaß, gehört zu den ungefügen Gedächtnißrennen, die eigentlich wohl nie als Volkslied wegen ihres eigenen Intresse gesungen wurden, aber aus irgend einer Absicht (hier vieleicht um gegen die Mörder aufzuwiegeln) bey vielen Veranlassungen in Deutschland verbreitet wurden, doch glaube ich, daß bey einiger Verkürzung und Anordnung die merkwürdige Geschichte recht lebendig sich darin ausdrückt, selbst in dem Uebereilten. Das Lied von der Müllerin hat H. Leon in Wien aus einer Handschrift der Kaiß: Bl: im Bragur abdrucken lassen, ich habe jezt keine Gelegenheit, beide zu vergleichen, mir scheint aus der Erinnerung, daß ders am Schlusse noch einige sehr freye Strophen stehen. Mir gefällt auch das Freieste, auch das Bürlekeste, aber bey der ersten Probe der Herausgabe, muste ich auf die größere Zahl der Leser Rücksicht nehmen, die ihre vieljärige Verziertheit nicht um ein Buch ablegen, das sie ein Paar Stunden unterhalten soll, darum habe ich manches von den lustigen Schlesischen Volksliedern aus Nikolais feinen Almanach, so auch diese lustige Beichte, wie viel anders noch bis zur Fortsezung liegen lassen. Allmälig kann man mit den Reitzmitteln steigen, es bleibt immer der Satz des alten Baservich wahr, wo die Natur zu entgegen gesetzten Punkten übergeht, trit sie durch alle Mittelstufen die hübschen Denksprüche auf den Tod aus der Breßlauer Lokalität, und auf das Austreiben des Winters werden sich, wie ich hoffe; mit manchem andern über diese beliebte Verstellung ersonnenen Reim aus verschiedenen Gegenden zusammen finden. Die Bearbeitungen der Minnelieder sind sehr gewandt und bestimmt, ich habe den Manesse nicht zur Hand um zu vergleichen. Ich klage dir das Alte spricht nur in der Herzlichkeit, in Erfindung und süssem Witz zu uns, das war auch meine Absicht bey mancher Aenderung in der Sprache der Lieder, eben die Aufmerksamkeit von der bloß spielenden Bewunderung alterthümlicher Sprache zu der reichen vieltönigen alten Erfindung aus der heutigen eintönigen Poesie hinauszureissen. Aber eben darum passen auch nur wenige Minnelieder in diese Sammlung, denn sey es die besondere Liebhaberey dieses Manesse gewesen, oder Mode seiner Stadt, seiner Zeit nur gerade auf das zu merken, die immerwährende gleiche Combination derselben Bilder, Eindrücke in so mannigfaltigen Verhältnissen, wie das Gefühl sie zeugt, beweist in den meisten die 181
1v
2r
2v
Nr. 440 3r
3v
Manier, die nach meiner Gesinnung nie nie etwas taugt, wovon wenigstens unsere Zeit nichts bedarf, weil sie im Uebermaß damit versehen. Vieleicht sind die von Ihnen bearbeiteten Minnelieder Muster gewesen, wenigstens gehören sie zu den Schöneren. Ob es nicht noch Codices der Zeit, die unbekant und unbenuzt sind in der Breslauer Bibliothek giebt, ist eine Frage die ich eigentlich nicht an Sie richten solte, da Sie entfernt von der Stadt leben, vieleicht daß ein gefälliger Freund auch diese Entfernung für mich zurüklegt, der Zufall hilft am besten, eine Stelle aus Lessing über die Bibliothek des Pr: Arletius schwebt mir dunkel vor, und veranlaßt mich zu dieser Frage. – Was Sie noch besitzen und ferner hin gütig zukommen lassen, in welchem Dialekte es sey, denn das meiste läst sich doch in den Herschenden Dialekt übertragen, alles wird mir sehr willkommen sein, so er wähnen Sie eines andern Liedes vom Olof und einiger mündlichen Braunschweigischen Lieder, einiger Sagen die sich an die Ottmarschen reihen und Sie verbessern, die ich alle treulich benutzen würde, die wohl wollende Recension der ersten Sammlung, nach deren Verfasser Sie fragen, ist von Göthe, sie hat mich fest und bestimmt an dieses Unternehmen gebunden, dem sie mehr Förderung giebt, als ich nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge erwarten könte, der wie traurig und wie schwankend! – Ich schliesse in der Hoffnung recht bald wieder etwas so Angenehmes von Ihnen zu hören, als mich heute Ihr Brief, bey erstem schönen Frühlingswetter überrascht hat. Ew Wohlgeboren dankbarer, verpflichteter
440.
1r
50
55
60
65
Von Bettina Brentano nach Neustrelitz Marburg, 8. April 1806, Dienstag
8ten Aprill Ich habe mich lange bedacht, wie ich wohl mit dem unartigen Arnim (der sogar den kalten Winter als Schuzwehr braucht, um recht nach Lust schimpfen zu können) vertig werden möge, ich denke es am besten anzufangen, wenn ich mich mit dem jungen Frühling vereine, der eben auch bald mit dem Winter vertig seyn wird. Also für’s erste den Sonnenschein meiner Milde über Sie, in beiliegender Melodie mögen die harten Hüllen ihrer Freundlichkeit dadurch aufbrechen, 182
5
8. April 1806
10
15
20
25
30
35
40
45
und dieselbe in ihrem nächsten Brief in voller Blüthe stehn. übrigens war eine Melodie Ihnen zu Lieb componiert zum wenigsten eine Dankbare Antwort, auf einen Brief mir zu Lieb geschrieben. Ich habe hier schon eine ziemlichen Beitrag zu ihren Liedern gesammelt worunter welche sind die meinem Bedünken nach, den Besten ihrer schon gesammelten beikommen, welches mir eine wahre Freude macht. Meline von welcher ihnen Clemens schrieb das sie so krank war empfielt sich ihnen bestens sie war nicht sehr krank allein jezt erst scheint sie sich von kleinen Kränklichkeiten zu erholen, dieß hat auch gemacht das ich weniger Musick gelernt habe als ich vielleicht sonst gethan haben würde, da sie diese durchaus nicht vertragen kann wenn sie angegriffen ist, und ich oft 14 Tage lang mein Clavier vor mir stehen sah ohne einen Ton davon berühren zu können Was Sie mit meinen alten Melodieen machen wollen lasse ich mir gern gefallen, sie werden denn doch in dieser Rücksicht merkwürdig werden daß sie erst so lange nach ihrer Geburth Leben emfingen. aber ich selbst werde sie schwehrlich auf andere Lieder sezen können, noch dürfen, da ich diese Melodien den Gedichten immer als Leibeigne übergeben habe, es kömmt auf diese an ob sie dieselben wieder freilassen wollen, oder auf Ihre List und Geschicklichkeit sie zu entwenden oder abtrünnig zu machen, und einem andern Herrn zuzuwenden wenn Sie sich anders des Betrugs nicht schämen. wenn Sie übrigens alle tage eine Melodie von mir fordern so ist dieses gefrevelt, Gott läst zwar alle Tage Seinen Thau auf die Erde fallen und seine Gnade scheint täglich in fruchtbringender Wärme darauf, aber deswegen tragen Baum und Pflanze doch nur einmal im Jahr Früchte. Ich habe mir indessen fest vorgenommen keine Melodie die mir im Gleichgewicht mit dem Lied zu seyn scheint oder doch nur wenigstens kindlich strebt das auszudrücken was das Lied verlangt, unaufgeschrieben zu lassen, auch will ich mich üben damit ich recht vertig und bestimt Ihre Lieder Singen und spielen kann, und sollten sie auch kein besonderes interesse daran haben so gedenke ich doch dieß alles Ihnen zu Lieb zu thun Wir werden Bald wieder in Fr: seyn das heist im Anfang May, wo sich jezt alle Glieder unserer Vamilie vereinen als wenn ein ReichsTag gehalten werden sollte dort werde ich auch den Clemens sehen, das kleine Bettingen hat Zähne bekommen, und beist schon gern damit die Leute in die Finger, Bettine. 183
1v
Nr. 441
441.
1r
1v
2r
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch
Neustrelitz d* 9 April Lieber Savigny! 1806. Ich habe den Glauben an die Vorsehung, die alle Haare zählt, daß sie mein wohlgezähltes Geld mit schriftligen Beylagen zu Ihnen gebracht. Untergehen kann nichts in der Welt. Die Kupferstich∧sammlung wäre also mein und Ihnen wäre sie lieb, so ists in der ganzen Welt, doch wo man kann, muß man nachhelfen, und wie der Prophet Ackermann in Rüdesheim sagt; Nun man weiß es ja wohl, wie es in jener Welt zugeht. Ihr letzter Brief sagt mir, daß die Sammlung schon marschfertig, wenn sie auf dem Wege, so wäre es freilich zu spät, sonst nehmen Sie alles heraus, was ihnen darunter lieb, je mehr je besser, ich vermisse es nicht, denn ich kenne es nicht und ich verschenke besonders gern, was ich entweder nicht kenne oder nicht mag. Gedenken Sie daran, daß Sie mir nicht nur sehr oft Wein eingeschenkt, sondern auch den bekannten Anabaptisten∧traktat geschenkt haben, daß wir uns beyde nicht gegen einander als Rechtsgelehrter zum Clienten verhalten, als welcher nach unsrer Gesetzgebung vor Endigung der Sache weder Bezahlung noch Geschenke annehmen darf, ferner daß wir beyde ausser Vormundschaft wo die Geschenke ungültig, ich will gar nicht erwähnen, daß die Kupferstiche in guten Händen bleiben, denn was hülfe mir das, sondern ich betrachte es als eine ausgemachte Sache zwischen Liebhabern, daß beati possidentes. Bey dieser Gesetzstelle fällt mir ein, daß ich Bostels Ruf hier in Mecklenburg möglich zu fördern suche, ich sage er habe Haar auf den Zähnen, habe es faustendick hinter den Ohren, eine Hand wäscht die andre und da er die Gewohnheit hat sich den ganzen Körper zu waschen, so wird er für meinen Ruf auch etwas thun, mein Onkel hat ihn vorgeschlagen zum Prokurator für die gesammte Mecklenburg Koppel und Drillwirtschaft, ist aber überstimmt worden. – Es ist jezt unendlich lustig in der Luft und die Bäume noch so jämmerlich trocken, daß die Menschen zum Ameublement ins Dekorative der Natur gehören, wes wegen ich alle Tage ein Paar Stunden Schildwach gehe. Allen mein Segen, ganz der Ihre Achim Arnim
184
5
10
15
20
25
30
9. April 1806
442.
5
10
15
20
25
30
35
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch
Neustrelitz d* 9 April 1806 Daß der Frühling bey meinen Freunden sein Nachtlager und Vorposten nimmt, früher als bey mir, das ist nicht gegen meinen Befehl, vielmehr würde ich die Vögel nicht eben so sehr locken, wenn sie nicht etwas Neues und etwas Altes mir erzählen könnten. Das trift sich auch glücklich und ein Fink, auf den meine Flinte in Trages versagte, hat mir sehr viel Schönes gesagt von Ihnen aus Marburg, er wollte mir auch etwas vorsingen, (was bey Ihnen auf meine Protection und Nachsicht in Bescheidenheit als ein schlechtes Product wartet) was er bey Ihnen gelernt, aber da wurden wir durch eine Baßgeige gestört, die sich in dem wunderbaren stillen Meere, das unsre Stadt umgiebt, in langsamen Zügen hören ließ. Es war ein heiserer Frosch, das schnell abwechselnde Wetter hatte seiner Stimme geschadet, der unendlich sing lustig an dem Ostertage geworden. Ich bitte Sie bey der heiligen Luft, lassen Sie Sich doch nicht von solchen Bestien stören, denn wenn Sie in Marburg singen, so regnet es hier blaue Blumen wunderbarer Art, alle Wege sind mir schön und ich schickte Ihnen gerne einige davon. In ihrem Briefe war auch ein Frühlingssegen, ich erhielt ihn mit einem halben Dutzend andrer willkommener Briefe, so daß ich mir den Tag mit tausend Gängen im Zimmer für alle die reisenden, ankommenden, abgehenden Gedanken Luft schaffen muste. Also im May sind Sie in Trages? Und ich werde dann mitten im Sande mit Pächtern rechnen und streiten, mich ärgern über Politick, Lieder abschreiben, eine Art tantalisirender Freude, oder ich thue das alles auch nicht und gehe über Halle, wo ich einige Chöre von mir zum Geburtstage der Mutter Reichardt aufführen sehe, über Magdeburg, wo ich das berühmte Grabmahl sehe, nach Helmstadt, wo ich Beireis grossen Diamanten sehe, nach Braunschweig, wo ich A. Winckelmann sehe und mit ihm weine, daß aus uns nicht mehr geworden, nach Göttingen, wo ich mein altes Gartennest besuche, nach, nach, nach Trages und da sähe ich Sie und alle, und wir müsten es an der kleinen Bettine sehen, ob nicht alles wie im Herbste in ewiger fester, starrender Unbeweglichkeit geblieben; von da könnten wir allenfalls weiter nach Michelsbach und Sicilien durch die Säulen des Herkules auf das Sandmeer fahren. Ich sehe das alles, höre die bräunlichen Tritone blasen und wie 185
1r
1v
2r
2v
Nr. 442.E
3r
3v
4v
Kaninchen unter die Wellen schlüpfen, höre die Syrenen singen, dann sehe ich wieder meine Papiere rings, die weißgeschäumte Fluth, ich folgte den Syrenen gern, aber diese Fluth wirft mich immer auf den öden Sandstrand zurück. O setze Sie etwas von dem Syrenengesang auf Noten, damit ich es mir da vorsingen lasse, ich brauche kein Strandrecht; ich bin ein armer Wächter am Leuchtthurm, der vor lauter Lichtputzen zu nichts kommen kann, aber sonst jedem seine Protektion, Nachsicht insbesondre, denn das ist sein Geschäft, giebt insbesondre aber nach Oehl in seiner Flamme verlangt, daß ihm sein Licht nicht ausgeht und die Schiffe ihm seinen Leuchtthurm in der Dunkelheit umstossen. Es kommen so viele freundliche gute Gesellschafter, daß ich einen Tag nach dem andern verleuchten lasse ohne Vorsorge für die Nacht, es ist so warm ohne Hitze, so hell ohne Blendung, daß ich die Stürme für vergangen halte, wie hell auch die Hähne krähen mögen, so liegen meine Geschäfte und ich füge mich gern in den Willen meines Onkels und meiner Tante, noch einige Tage auf ihrem Gute dem Ausschlagen der Bäume zuzusehen. In solchen Tagen war es, wo Diogenes den Alexander bat, aus der Sonne zu treten, in solchen Tagen, was hindert uns in die Sonne zu treten und einen langen Schatten über die Erde zu ziehen, mit dem man alle seine Bekannte begrüssen könnte, doch Sie können schon meinen Schattenriß nachzeichnen, das würde Ihnen keine sonderliche Ueberraschung seyn, lieber komme ich selbst einmal ganz unerwartet zu meiner Freundin zwischen Sonnenaufgang und Untergang. Höflich empfiehlt sich Achim Arnim
40
45
50
55
60
An M. Bettine Brentano
442.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch 40v
An B. Daß der Frühling bey meinen Freunden sein Nachtlager und Vorbosten nimmt früher als bey mir, das ist nicht gegen meinen Befehl, vielmehr würde ich die Vögel nicht eben locken, wenn sie nicht etwas Neues und Altes mir erzählen könnten Ein Fink, auf den meine Flinte 186
5
18.–22. April 1806
10
15
in T. versagte sagt mir viel Schones daher, er wollte mir auch etwas vorsingen, was er unterweges aufgeschnapt, aber da wurden wir durch eine Baßgeige gestört die sich in dem wunderbaren stillen Meere, das unsre Stadt umgiebt, in langsamen Zügen hören ließ. Es war ein heiserer Frosch, das schnell abwechselnde Wetter hatte seiner Stimme geschadet der Ostertag machte ihn singlustig. Ich bitte Sie lassen Sie Sich doch nicht von solchen Bestien stören, denn wenn Sie dort singen, regnet es hier blaue Blumen. O schiffte ich erst im Sandmeer, wo sich die Syrenen wie Kaninchen verstecken. O du weißgeschäumter Papierstrom rings der mich davon abtreibt.
443.
An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 18. April – Karstorf, 22. April 1806, Freitag–Dienstag
Lieber Clemens!
5
10
15
20
Neustrelitz d* 18 April 1806. Ich studiere jezt in der frischen Sonnenwonne darauf ob ich nicht meine Nase wie ein Puthahn, mir über das Maul herunterlassen kann, daß ich mir das Kinn damit kitzle, marschiren und Federsprützen wie ein Puthahn kann ich schon, seit mir so viele frohe Ereignisse an einem Morgen kamen; Unter den mancherley vielen erhielt ich eines Brief von einem Doktor Hinze in Waldenburg in Schlesien mit einem Dutzend schöner Volkslieder, was helfen die Tietel und zum Abschreiben gehört Lust, drey davon sind vortreflich, die andern wenigstens zu gebrauchen und er verspricht noch mehr, freut sich an unsrer Arbeit und schreibt eine sehr gute Hand. Ich habe ihm meinen Dank mein Wünsche mit der Leichtigkeit des ersten Eindrucks geschrieben und verglich in meinen Gedanken die langen Briefe von Dozeen mit leeren Versprechungen und die wenigen Zeilen dieses Brunnenarztes bey so guter Leistung, daß mir die Stelle von Tieck, »wie auf einer Mauer« (sic) zwar nur geschrieben stand: »So wenig es sagen will ein Gedicht hervorzubringen, so viel hat es zu bedeuten eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen und dazu haben wir auch die alten Gedichte.« Zugleich kam von Göthe ein sehr gütiger Brief, woraus ich Dir, weil es uns beyde angeht, nur eine Stelle aushebe: »Durch das Wunderhorn haben Sie uns eine so lebhafte und dauernde Freude gemacht, daß es wohl billig ist, nicht dem Urheber allein, sondern 187
1r
1v
Nr. 443
2r
2v
3r
auch der Welt ein Zeugniß davon abzulegen, um so mehr da diese nicht so reich an Freuden ist, um einen Genuß den man so leicht und so reichlich haben kann, entweder aus Unwissenheit oder aus Vorurtheil zu entbehren.« Zugleich schickte er mir ein Stammbuchblat mit der Inschrift Consiliis hominum pax non reparatur in orbe. Memoriae Göthe. ein wunderherlicher Ausspruch über unsre Zeit, wie der Friede wird, wahrhaftig nicht durch den eigentlichen Willen der Leute! Dein Brief vom 18 März kam inzwischen wie ein Gott diese ruhenden Zeilen zum Schlusse zu bringen, wovon mich mancherley Treiben und mancherley Gesellschaft, wo ich willkommen mich unbefangen finde, entfernten. Dir fehlt ein Zwischenbrief von mir, wo ich besonders auf feste Bedingungen wegen der Fiametta gedrungen. Mir fiel dein freyliebender Brief aus Erfurt heute in die Hände und ich begrif in dem Augenblicke kaum, wie ihr euch jemals über die Fiametta gestritten, so ist es aber, daß einem das Unbegreiflichste oft das Liebste. Und wie alles sich berührt in der Welt, durch Magnetismus, Elektricität und den Willen Gottes, so muste gerade in dieser Zeit eine reizende Fiametta unsern Hof beleben. Schwarzes Haar und schwarze Braunen decken diesen Kopf voll Liebe, schwarze Augen sehn hinaus, rothe Wangen lügen Farben, aber Liljen und Jasminen spielen kaum in leises Gelb. Von der Tugend spricht die Dame, führet ernsthaft ihre Freunde, aus der Kirche in das Bette. In der Kirche ist sie heilig, in dem Bette ist sie froh, heilig heist sie in der Kirche, lieblich heist sie in dem Bett. Gar zu dum ist doch der Fürste und die Fürstin ist zu klug, nach der Scheibe schiest der Herre, und ins Herz da schiest die Frau. Doch vor allen einen Grafen, liebet sie und er liebt sie. Oftmals reist sie in die Bäder und der Fürst geht auf die Jagd, allerwärts derselbe Kellner, dieser Graf so jung als schön. Doch sie bleibt zu lang auf Reisen und sie wird auch allzudick, und der Fürst bemerkt das andre, ihm verdorben seine Frau. Schickt nach Arzten, schickt zu Frauen und sie rechnen einen Tag, rechnen dann den andern wieder und die Rechnung stimmt noch nicht. Muthig wird der dumme Fürste und die Fürstin weichet nicht, wollen sich auf immer scheiden, an den Bruder schreibet sie. Komm befreye mich von Schande, hole mich ins Vaterhaus und der Bruder kanns nicht rathen, was wohl das bedeuten soll. Und er kommt zu ihr gefahren, trifft sie an der Grenze an und sie lachet zu dem Bruder: danket für den Liebesdienst. Aber einig bin ich worden, hab mit Krieg und Haß gedroht, er will mich noch treu be188
25
30
35
40
45
50
55
60
18.–22. April 1806
65
70
75
80
85
halten, nur mein Kind das will er nicht. Also komm in fremde Lande, heimlich leg ich ab mein Kind, zeige mich an allen Höfen, und mein Bauch stösst Augen aus. Kann noch durch die Thüre kommen, wenn mir einer kommt zu nah, sag ich daß ichs hab bekommen, weil ich oft in Wochen kam. Frechheit ist der Muth der Frauen, allen zeigt sie sich getrost, und von vielen die sie schauen, wird sie von der Schuld befreit. Im Triumphe kommt sie wieder, und sie braucht den Schaal nicht mehr, leicht bewegt sie alle Glieder, die Verläumdung straft sie schwer. Wer das ist, kann ich Dir nicht sagen, nur das sage ich, mein Gram war unglaublich, als ich eine Fürstin zwar aus kleinem aber reichlichem Lande, die ich in Lust und Uebermuth flitternd kannte, verlegen hinter einem Theetisch fand, wie sie damit den Berg Gottes zudecken wollte, ich habe sie deswegen hier ganz frech vorgestellt um mir den verfluchten Eindruck wegzuschaffen, eine schlechte Sache schlecht durchführen zu sehen. Darum denk ich sie mir eben, wie sie einem der genauer zusehen will mit dem Bauche beyde Augen ausrennt, wie es hier einem dummen Kerl vor ein Paar Tagen erging, der zum erstenmal Schliesser war. Er hört seinen Gefangnen, rumoren, will zusehen, öffnet die Thüre, in dem Augenblick stülpt ihm der seinen (»geschissnen vollen« sic Schelmufsky,) Nachteimer über den Kopf, der verwundert über seine neue Perüke läst ihn ruhig davon laufen und trägt sich mit seiner Unschuldsprobe dem Magistrat vor. Die Geschichte kommt mir vor wie die Vertheidigung von General Mack, die ich eben des wegen nicht lesen mag, weil die ganze Sache stinkt
3v
4r
4v 90
95
100
Eins verwundert mich immer, daß ich Dir aus Berlin garnichts von einem Dänischen Poeten Oehlenschläger erzählt, ein Freund von Steffens, den ich in Halle kennen lernte, der in Berlin bey Reichardt wohnte, mit dem er sich zuletzt entsetzlich zankte, weil Reichardt ihn zustutzen wollte, der ihn so nicht mochte, wie er da war. Er scheint unter seinen Landsleuten sehr geachtet, Baggesen hat ihm seinen Lorbeerkranz feierlich cedirt, ihm ist es aber etwa so ergangen wie der Karschin, die von meinem Großvater gekrönt und mit Erhebung und Wein begeistert mit Lorbeerkranz und allem untern Tisch fiel, wo sie ihren Rausch ausschlief und sich beym Erwachen auf einer Bahre fand, die mein Großvater für alle Betrunkene im Nebenzimmer aufgestellt hatte. (Vielleicht daß ich dies mit Briefen von ihr, die ich jezt 189
Nr. 443
5r
5v
besitze einmal verbinde und bekannt mache.) In Kopenhagen ist er gekrönt in Deutschland aufgewacht, nun recitirt er noch ohne Unterschied allen Dänische Verse, Dänische Geschichten; und wenn die ersten so langweilig sind wie die letzten so könnte man billig verzweifeln. So gings Reichardt. Er hat mir ein Trauerspiel vorgelesen Hakon Jarl, das manche gut erfundene Scenen hatte, die Bedeutsamkeit der Worte schien nicht groß, soweit ich es aus seiner gebrochenen Uebersetzung schließen konnte. Deine Schwanzgeschichten sind sehr schön, aber da du eine Mahnung in Dir fühlst sie darzustellen, so habe ich eben deswegen keine, denn eine von beyden müste falsch seyn; zweymal kommt dasselbe nie zur Darstellung wie kein Pommeranzenblat dem andern ähnlich, ein Wettstreit in der Poesie muß wie auf Wartburg nothwendig der Ueberwundene mit dem Tode bestraft werden und ich habe noch Lust zu leben und keine Lust mit Dir zu streiten, ich wünsche dem Tartarus andre Bevölkerung als uns beyde, schicke ihm sechs baumwolle Schnupftücher, wie die vornehme Dame dem scrupulösen Pater im Godwi giebt. Statt dessen hier eine kleine Geschichte über die Bitte im Vaterunser: Führe uns nicht in Versuchung, ohne besondre Beziehung, nur weil ich es heute unter meinen Papieren fand. Mit buntem Pfeil aus weiter Ferne Durch einen Fingerring zu schiessen That oft ein Inder leicht und gerne. Und fern des Ruhmes Wellen fliessen. Die Perle fällt herab zum Meere, Die Wellen ringeln bis zur Leere. 2. Sein König läst den Schützen kommen, Er hörte von der schweren Kunst. Der Hof ist schon zusammgekommen. Nur er verspricht ihm Gold und Gunst, Daß er durch seiner Krone Ringe Auf Königs Haupt die Pfeile schwinge 3. Des weigert sich der sichre Schütze, Des Königs Haupt sey heilig ihm, 190
105
110
115
120
125
130
135
18.–22. April 1806 140
145
150
155
160
Nur der da oben lenkt die Blitze, Der könne noch darüber ziehn. Der König ruft; »So must du sterben, Willst du mein Leben so verderben! 4 Daß sicher es vor jeder Wolke Sich jedem Zufall stellet dar, Daß unter meinem freyen Volke Kein Schwerdt an einem schwachen Haar Mir übern Scheitel ist gehänget, Daß nichts des Volkes Herz beenget 5. Für deine Furcht must du gleich sterben!« Und auf dem Richtweg fragt man ihn Warum er Tod statt Ruhm erwerbe »Die Kunst ist Glück und sicher nie, Sagt er, sie läst sich nicht versuchen, Und nur im Spiel läst sie sich suchen.« 6. Der Tod, das ist der beste Schütze Wer schiest wie er dem Schwarzen nach, Er schiest so kalt und ohne Hitze Im Königs Aug das Schwarz ich sah. Und diesen König muß ich lieben. Sein Tod der wird euch bald betrüben.
165
170
Von Bettine habe ich auf meine Klagen sehr liebreiche Verantwortungen erhalten, sie hat wohl recht, eine Melodie ist mehr werth als tausend Worte, ich habe nur unrecht daß ich sie nicht singen und spielen kann. Mir macht das gerade so viel Mühe wie Jean Paul, die Unterredung mit sehr geistreichen Leuten im Traume, ich muß mir alles denken, was in den wunderbaren Punkten auspunktirt ist wie Schicksal. 6r
175
Ich lese Baggesen oder das Labyrinth (Altona Kaven 1799) das Buch ist zu unsrer Zeit so ganz wunderlich lächerlich, daß ich eine seltene Freude daran habe. Einmal Baggesen den ich in seiner späteren Natur kennen lernte, sehe ich hier noch Diskant singen. Dabey Kramer, der ihn in sein menschliches Leben verarbeitet, mit dem er den grossen 191
Nr. 443
6v
7r
7v
Beweis führte, welch elend jämmerliches Ding das menschliche Leben und selbst nur eine bey Hamburger Rauchfleisch unverdauete Indigestion von unserm Nikolai ist, ein rechter Hanseatischer Freyheitsmann und doch dabey derb und gesund und miserabel und wichtig, der lächerlichste Karackter um daran die ganze Französische Revoluzion wie Flammen einem alten aufgehängten nassen Hader anspielen zu lassen. Mohr kommt auch darin vor, sage ihm also nichts von meiner Meinung, er kommt beym Galgen davor im II. St. S. 112. Die ganze Reise ist so vollständige Darlegung einer miserablen Laune, daß das Buch ganz allmählig bis zum höchsten Schwindel auf den Münster in Straßburg steigt, es wird dadurch rund und ganz, es ist ewig von Schriftstellerey darin die Rede, Göthe allein ist immer vergessen. Die elegante Zeitung, Spazier, reist damals schon mit ihm. Das Ganze heist das Labirinth in so fern der Unterleib wirklich sehr labirintisch, das Schönste und das Gemeinste enthält, es ist mir darin wie einem geängsteten Furz zu muthe, der vor vieler guter Gesellschaft umher sich nicht heraus wagt, aber mit einem Geschrei endlich heraus dringt, so bin ich heute damit fertig geworden und kakle sehr froh der glücklichen Befreyung. Ich wollte ich hätte Heinze, Mit besonderm Vergnügen lese ich hier die Briefe eines Franzosen an meine Tante, den ich in Paris nicht genug kennen lernte; es ist unglaublich was in manchem Winkelchen vorgeht, er wird mit seiner ganzen Existenz für immer in einem Dachstübchen fertig, ist eigentlich ein Prophet und würde sicher eben so fromm, wenn er es Willen Gottes glaubte, sich mit Dreck beschmieren. Du glaubst nicht, wie die grösseren Weltbegebenheiten an Interesse gegen die kleinen verlieren, es scheint dies der Sinn unsrer Zeit, die Bewährung des menschligen Unvermögens in der Einmischung darin zu seyn; ich wünsche oft ein Reichsbürger zu seyn, und aller Hoffnung, aller Vernunft in mir, was den Staat angeht, überhoben zu zahlen und einzunehmen. Es fällt mir immer die Erinnerung eines tollen Hagen bey uns ein, der sagte, betrunken zum Abt Resewitz: Wie können solche Schweinigel wie wir, Gottes Geschöpfe seyn, wir würden ja beten, nun sitzen wir und saufen oder schlafen. Der fromme Resewitz schlief und er gab ihm das zum Segen ins Bette und dabey stieß es ihm sauer auf. Karsdorf d* 22. April. Nun herein! Wo bleibst Du? Dacht ich doch ich wäre in Trages und Du wolltest mir erzählen, wie sich Bostel seinen Körper wäscht; so leb ich hier wieder im klingenden Walde mit meinem knallenden Rohre, oder 192
180
185
190
195
200
205
210
215
18.–22. April 1806
220
225
230
235
240
245
250
255
zu Pferde durchstreif ich die rauhen Berge von Monserate, den Gipfel und Preis der Allmacht Gottes und finde da keine Hirtinnen. Ein grimmer Roreif, wie er hier heist, hat den jungen Frühling zurück gehalten in seiner Reife, wie ein viel älterer Bruder die jüngeren, der Wald liegt voll gebrochener Aeste, von der Eislast gebrochen, kein Klavier und keine Stimme ist in Bewegung, ich singe oft vor mir im Walde, daß die Ameisen in ihre Löcher laufen und die wilden Vögel alte Knochen tragend sich bey mir sammeln. Mein Onkel ist thätig und beschäftigt, er würde die ganze Welt mit wunderbaren Stauden, Bäumen und Blumen bepflanzen, wenn er Gabriel wäre, der Schöpfungs∧bote, so ist er auf einige Güter beschränkt, die sich wie der Nabel der ganzen Gegend durch Berg und Thal auszeichnen, die er durch Bepflanzung noch mehr absondert, so daß sie wie der Vögel unter den Fischen in dem bekannten GlasApparate der Taschenspieler aussehn, drum überschreite ich nie seine Grenze. Seine währende Klage ist immer wie viel Noth sie ihm machen, doch ist es ganz sein Wille und seine Freude, er hat mehr Lust am Schaffen als am erhalten, und wenn ich mir nun denke, daß die meisten Völker sich ihren Gott nach ihrer Natur gebildet, so muß er ihn sich als einen lustigen Schöpfer aber unwilligen Erhalter denken. Meine sehr gütige, sanfte, Tante (Du hast mit ihr im Briefwechsel gestanden) durch Erziehung, Gewohnheit, Gesundheit von aller wirthlichen Beschäftigung getrennt, durch ihr schwaches Gesicht von der Aussicht, häufig auch vom Lesen abgehalten, läst ihre Freude in einer hübschen kleinen Tochter sich anwachsen, die aber gesund, willkührlich, heftig ihr gemeinhin mehr Besorgniß als Freude macht. Ich suche nach bestem Gewissen mit einer Windmühle diese Thränen und Kümmernisse aus zu pumpen, nicht eben um Tugend oder Entschluß, sondern um nur nicht selbst darin zu ertrinken, meinen Onkel begleite ich auf seinen ökonomischen Kreutzwegen, meiner Tante lese ich vor, der Frühling neht unterdessen wieder das zerrissene Himmelblau an und die Welt mit allen ihren Wonnen steht mir wieder glücklich offen. Wohl denke ich Dich in diesem Jahre zu sehen, wenn die Franzosen von euch fort, nur thut es mir leid, daß ich Dich nicht mehr nach dem Vögeleinsbaum hinaus sehend mir denken kan, auch nicht mehr den Karfunkel an deiner Ladenthür, den Affenthaler unter uns. Wenn Du Dich unter dem Bilde eines Wagens vorstellst, dessen Hinterwagen gegen den Vorderwagen zu schwer bepackt, so stelle ich mich wie eine Ziehpuppe dar, deren Fäden sich unter einander verknotet haben, wenn der Fuß 193
8r
8v
9r
Nr. 443.E
fort will, hält und Herzfaden 9v
ihn der Armstrang oder gewöhnlich der Kopf
Bettine schreibt mir, daß Du auch nach Trages gehst, wo ihr alle einen Reichstag halten wollt, lasst nur nicht die armen Mädchen alle brüderlichen Aergernisse entgelten, die im Reiche gegeben worden, lasst sie singen und sagen, wie es ihnen in den Mund kommt, Gottes Natur in uns ist doch besser als alle Stümpereyen der Menschen an uns, es ist amende mehr Seligkeit darin viel zu leiden, als viel nicht leiden zu können. Es werden noch viele Vögel entgelten müssen, daß ich nicht bey euch seyn kann, doch bin ich im Frühling weicher als im Herbst, und höre ich nur einen halbweg guten Ton, so schenk ich manchem das Leben, den ich schon auf dem Korne habe. Deiner lieben Frau gieb in meinem Namen ein Violenkränzchen, darin lasse Dich mit einflechten, daß ihr das Kränzchen lieb. – Ohne Abschied, ich bitte sehr! – Achim Arnim.
260
265
270
443.E An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 18. April – Karstorf, 22. April 1806, Freitag–Dienstag 25r
Aus dem B. an Clemens. 19 April. Ich studiere jezt in der frischen Sonne darauf die Nase wie ein Puthahn mir über das Maul hinunter zu lassen, daß ich mir das Kinn damit kitzele, marschiren und Federsprützen wie ein Puthahn kann ich schon, seit mir so viele frohe Ereignisse wie der Frühling kamen. Das Unbegreiflichste ist oft das Liebste und alles berührt sich in der Welt durch Magnetismus, Elektricität und Willen Gottes, gewiß aber ist es, daß alles nur einmal zur Darstellung kommt, darum ich kein Puthahn werde, eben so wenig ich etwas darstellen könnte, was du darstellst. Ein Wettstreit in der Poesie muß dem Ueberwundnen mit dem Tode bestraft werden. Es ist so viel noch zu thun und in jedem Winkelchen ist Platz zu einer Welt. Da lese ich jezt mit Verwunderung die Briefe eines Franzosen, der in seinem Dachstübchen unerkannt ein Prophet, eine ganz gott ergebne Seele, der wenn er es recht glaubte, sich mit Dreck schmieren würde – wie jener im alten Testament, der lebt in einem Dachstübchen und in wie grösserem Geiste gehen seine 194
5
10
15
18. April 1806
20
25
30
35
Angelegenheiten als dessen, der jezt Europa beherrscht. Das soll uns wohl das menschlige Unvermögen in dem grossen Schicksale der Welt bewähren, daß es gerade durch die Hände der Schwächsten sich zum Besten wendet. Ich bin wieder wie in Trages, im klingenden Walde mit dem knallenden Rohre durchstreif ich die rauhen Berge von Monserate, den Gipfel und Preis der Allmacht Gottes. Ein grimmer Roreif hat roh die Frühreife des Frühlings abgerissen, die Aeste liegen am Boden, ich singe allein im Walde, daß sich die Ameisen in ihren Löchern verkriechen und die wilden Vögel alte Knochen tragend sich bey mir sammeln. Mein Onkel würde die Welt voll wunderbarer Bäume und Stauden pflanzen, wenn sie seyn wäre, jezt ist sein Gut wie der Nabel von der Fläche durch lustige Abwechselung geschieden es ist wie der Vogel unter den Fischen in dem künstlichen Glasapparate. Seine Freude ist das Schaffen, seine Mühe das Erhalten, wenn er sich so den Schöpfer dächte, so wäre er nach seiner Natur ganz ausgesöhnt. Meine Tante ist durch ein schwaches Gesicht von dem Genusse seines Treibens geschieden, sie hört nur seine Klage, ihr ist ein reicher Lebensgenuß in der Geselligkeit und das Land ist hier einsam, so ist des einen Freude in des andern Leiden begründet und des ersten Freude durch das andre Leid beschränkt.
444.
5
10
25v
26r
Von Sophie Brentano nach Berlin Heidelberg, 18. April 1806, Freitag
Fiametta will hier zu Ihnen kommen, u* Sie um Ihren Arm bitten, um in das deutsche Publikum eingeführt zu werden. Sie meint an Ihrer Seite habe sie mehr Muth, in die Welt einzutreten, auch glaubt sie, ihre südliche Heftigkeit noch ziemlich gemildert zu haben, u* hofft, da ihre unermeslichen Leiden ohnedies als Warnung gegen die Liebe dienen können, daß sie auch bei strengen Richtern ihrer Aufrichtigkeit u* Frömmigkeit wegen, Vergebung finden werde. – Was die Uebersezerin noch hinzuzusetzen hat, ist folgendes: Erstens wegen dem Tittel: Ihr Name würde immer die größte u* erwünschteste Zierde des Buches sein, wäre es Ihnen aber aus irgend einer Ursach zuwider, so mögte immer der ihrige darauf stehen, Clemens hätte nichts mehr dagegen. Zweitens wegen dem Preis: natürlich je mehr, je beßer, doch wird sie mit Einem Carolin für den Bogen zufrieden sein. Drittens noch eine 195
1r
Nr. 445
1v
sehr dringende Bitte. Sie mögten doch den Verleger zu bewegen suchen, daß er jezt, das heißt so bald als möglich, ihr die Summe von 100 Thalern auszahlt; sie braucht sie herzlich nothwendig, weil dadurch wieder gut gemacht werden soll – was nicht zu ändern war. Vielleicht wäre es noch Zeit, das Geld in Leipzig an Zimmer, der zur Meße hinreißt, zu zahlen, der es dann mitbringen könnte. Aber Sie sollen es ja thun, Grosmüthiger! Ich genieße jezt das Vergnügen, oft eines von Ihren allerliebsten Liedern zu hören, das hier Mode geworden ist, es ist aber auch von der Art, daß man es nicht wieder vergeßen kann, die Horstig u* Wambold pflegen es öfters zu girren, es heißt: Wär mir Lautenspiel nicht blieben u.s.w. u* Reichart hat es sehr anmuthig componirt. Wir wohnen jezt auf dem Paradeplatz, außerordentlich hell u* weitsehend. Am ersten Morgen unsres Einzugs kam ein großer Vogel, ich glaube es war ein Storch, von der Wanderschaft zurück, u* schwang sich recht mit freudigem Flug, dreimal um den großen Plaz vor unserm Fenster. Seitdem hab ich ihn nicht wieder gesehen, ob das wohl von guter oder schlimmer Vorbedeutung war? Clemens sagt, er wolle Ihnen mit der Briefpost schreiben, da bekämen Sie den Brief schneller. Leben Sie wohl, Unveränderlicher! S. Brentano. Heidelberg d. 18ten Aprill.
15
20
25
30
35
Ç1r auR:È Ich hätte Ihnen gern das Ganze geschickt, aber der Abschreiber hielt nicht Wort, übersezt aber ist es.
445.
1r
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 19. – Karstorf, 21. April 1806, Sonnabend-Montag
Neustrelitz d* 19 April 1806. Ich habe es schon in dem Kampfe gegen Bostel erlebt, wenn Sie recht schelten, sehen Sie Freundlichste besonders freundlich aus, wer könnte es dem Landmann verdenken, wenn er sich mit derben Flüchen von Gott eine heitre Saatzeit ertrotzen könnte, wenn er kein Blat vor den 196
5
19.–21. April 1806
10
15
20
25
30
35
40
45
Mund nehme. So legte ich mein Blat hin, ungeduldig nicht unartig, denn die Ungedult hat auch ihre Art und Weise, wenn sie gleich nicht immer weise ist. Noch mehr, ich hatte einen merkwürdigen Traum, es kamen unzählige artige Geisterchen an meinen Tisch, so daß ich immer aufblickte, ob sie mir in die Briefe oder ins Herz sähen, dann thaten sie aber weiter nichts, als daß sie eine zierliche Verbeugung machten, ich machte die wieder und immer wieder, da kam aber immer eine andre, bald traurig, bald lustig, bald wild, bald mild, das ward mir zu arg, ich schnit allen zusammen ein entsetzliches Gesicht, den Mund zog ich bis an die Ohren, die Augen verdreht ich, mit der Zunge wackelte ich, da liefen alle weg und ich lachte, ich hatte mich nur so wild gestellt. Doch ist es weder das erste, noch das zweyte, was sich in meinem Briefe ausließ. Nein, sehn Sie, wenn zwey Schachspieler recht eifrig spielen, der eine legt die Hand an die Stirn, an den das Spiel und sieht auf seinen Springer, der andre sieht es und zieht seine Königin, ehe jener noch angezogen, der andre läst seinen stehen, um wieder dagegen zu repliciren immer ist einer um etwas zu spät der andre um etwas vor. O du unselige Post, denken Sie daß Ihr zweyter Frühlingsbrief schon unterwegs war, als ich den ersten dürren Windhalm beantwortete, unterdessen gelangt das ganze Register meiner Artigkeit an Sie als Antwort des zweyten Briefes, während ich die Schläge – des Schicksals ruhig auf meinem Buckel für meine ersten Unarten aushalten muß. Aber denken Sie Sich meine ganze entsetzliche Lage mit Noten, die mir an und für sich schon wie schwarze eiserne Stangen mit buntem Zierrath vor der Himmelsthür aussehen, nun trag ich sie acht Tage in meiner Geldtasche, ehe ich es mir erlaube sie einem Petrus oder einer Heiligen zu zeigen, die den wahren Clavieroder Violin-Schlüssel allein haben, den Himmel aufzuschliessen. Die Heilige hat aber soviel mit guten Werken für Putz und Gesellschaft zu thun, daß oft der Bart vom Schlüssel in Eile abbricht, oder die Engel hinter dem Gitter poltern in Eile und Gleichgültigkeit und Zerstreutheit und Altersschwache so ungeschickt heraus, daß ein Paar hängen bleiben, ein Paar quäken, ein Paar heulen, der eine lahm, der andre stumm ist. So ist es mir hier buchstäblich mit Ihrem Liede gegangen, ich muste es so abstümpern hören, daß ich mich noch jezt wie vor einer unbekannten Gottheit des Dunkels davor beuge, aber es kaum erkenne, vielweniger in den Himmel hinein konnte. Ein böses Schicksal, dasselbe was mich schlägt, will, daß die musikalischen Seelen allhier ausser meiner Bekanntschaft liegen, wäre ich nur ein Vogel, daß 197
1v
2r
2v
Nr. 445
3r
3v
r
4
ich tagelang auf meinem Zweig sitzen könnte. Der Himmel ist oft hell. Und wenn die Leute dächten: Nun wird er doch was andres singen, etwas wollen wir noch warten! – Wiederum säng ich: Der Himmel ist oft hell! daß alle davonliefen und mich allein liessen. Mit dem frischen Bogen, den ich eben auflege, sey also weiß und klar die alte Feindschaft abgewischt und ausgelöscht, vielen Dank für die neue Freundschaft Ihrer Musick, Ihrer Liederwortsammlung, worunter ich mit wahrem Verlangen auch einiges von Ihnen erwarte, insbesondre aber, daß Sie nichtmehr feindlich Ihr Eigenthum in Rauch wollen aufgehen lassen. Mein Vorschlag einer Morgendiät ist von Ihnen misdeutet worden, nicht das unsinnige Ansinnen eines ewigen Sonntags machte ich, nicht daß jeder Morgen ein Küssen, sondern nur was fertig in Ihnen oder fast angefertigt, davon allmälig alles durch eins an jedem Morgen aufzuschreiben war mein Wunsch und mein Rath, es ist dieses Periodische des Kunstfleisses vielleicht der höchste Gewinn des Lebens, mir ist es gar nicht unwahrscheinlich, daß die Welt auf diesem Wege in kurzem fertig werden könnte. Ich habe manche Beyträge zu den Volksliedern bekommen, aus Schlesien unter andern einige sehr schöne historische, wolle die gute Zeit daß wir unsre Schätze in gemeinsamer Auswahl bald sammeln können und wenn mir auch das kleine Bettinchen einen Finger abbisse, ich würde wie Scävola vor dem grossen Bettinchen stehen und ungestört zuhorchen, was sie mir schönes sagt über den General Baß. Wir aber werden hier bald viele Generale und viel kleinen Krieg haben gegen den Rattenkönig von Schweden und die Englischen Seeräuber. Ich gehe noch vierzehn Tage aufs Land zu einem Onkel (Graf Schlitz), seinem kleinen Mädchen lehre ich, wenn ich ein Vöglein wär und nur zwey Flüglein hätt, flög ich zu dir. Das Kind ist aber ein Schalk und singt immer, Wenn ich ein Aeffchen wär, macht ich dir alles nach, blieb doch ein Aff, das aber nicht kann seyn ists nicht mein Fach. So dreht sie mir alles im Munde um, sagt zu allem nein. Ich schreibe sehr bald von Karsdorf aus, unsre hiesige Hofgeschichte hat in einem Briefe nicht Platz, sagen Sie mir doch auch von Cassel kein Wort, wie Göthe da gespukt hat, kein Wort von der Gallerie, die ich noch gar nicht kenne. Gewiß überzeugen Sie Sich, daß ich in allen Vorwürfen so gerecht bin wie die Zunge im Wagebalken des jüngsten Gerichtes, darum nehme ich nichts zurück, ich bleibe bestehen auf meinem Kopf, es sey denn, daß Sie mir zur Strafe Ihre Briefe entziehen wollten, in dem Fall habe ich ganz unrecht, in allem unrecht und in jedem ins198
50
55
60
65
70
75
80
19.–21. April 1806 85
90
95
100
besondre nur in dem einen nicht, der Ihre hochachtungsvoll mich zu unterschreiben, Achim Arnim. Karsdorf. d* 21 April Ich habe meinen Brief als blinden Passagier mitgenommen, noch einen Grad nördlich, hier scheut er sich aber, der Himmel hat seinen grauen Pelz angezogen, der Garten liegt voll Kohlstrünke, die Bäume hängen voll alter Papilioten, weil sie sich noch nicht die Mühe genommen, sich anzuziehen, der Wald läst nachlässig seinen Schlafrock aufwehen, schlaftrunkene Welt, der May klopft an, nichts ist im Hause bestellt, kein Feuer, kein Kleid, kein Frühstück. Eine wunderbare Witterung, die mir gar nicht gefallen will, ich sehe dies Schloß, was ich nur im Grün kannte mitten im Braun und blättre in meinen Kinderbriefen, die ich hier zu Dutzenden fand, auch in den Briefen vieler Menschen, die mir jezt merkwürdiger scheinen als ich selbst und so verschwunden sind in der Welt wie die erste ausgewaschene Sepia in einer Landschaft, oder landwirtlich gesprochen, wie der erste Dung, der das erste Grün erzeugte. Ich trotze der Kälte, ich werde doch froh.
4v
Ç1r alR:È Ich habe Ihr Lied abstümpern hören, auch so ist es schön, recht schön. Mehr! Mehr! Mehr! 105
M. Bettine Brentano.
Kur
445.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 19. – Karstorf, 21. April 1806, Sonnabend–Montag
5
An B. (d* 19 April) Ich habe es schon erlebt, Sie Freundlichste sehen nie freundlicher aus, als wenn sie eben schelten Wer könnte es dem Landmann verdenken, wenn er mit derben Flüchen eine recht heitre Saatzeit vom lieben Gott ertrotzen könnte, wenn er kein Blat vor den Mund nehme. So legte ich mein Blat hin, ungedultig nicht unartig, denn die Ungedult hat auch ihre Art und Weise, wenn sie gleich nicht weise seyn mag. Nochmehr ich hatte einen merkwürdigen Traum es kamen unzählige artige Geisterchen an meinen Tisch, so daß ich immer aufsah, ob sie mir in 199
41r
Nr. 445.E
41v
42r
42v
die Briefe oder ins Herz sähen, dann machten sie aber weiter nichts, als eine zierliche Verbeugung, ich machte die wieder und immer wieder, da kam aber immer eine andre, bald traurig, bald lustig, bald wild, bald mild, das war zu arg, ich schnit allen zusammen ein entsetzliches Gesicht, den Mund zog ich bis an die Ohren, die Augen verdreht ich, mit der Zunge wackelte ich, da liefen alle weg bis auf eine und ich lachte, ich hatte mich nur so wild gestellt mit der allein zu seyn. Doch ist es weder jenes noch dieses, was uns betrifft. Nein, sehen Sie zwey Schachspieler recht eifrig spielen, der eine legt die Hand an die Stirn an den das Spiel und sieht auf seinen Springer, der andre sieht es und zieht seine Dame Königin, ehe jener angezogen, der andre läst seinen Springer nun stehen, jener ist verloren, jener macht es wieder gut, so kommt dieser nie zum Spiel: O Post, ihre großen Gedanken waren schon unterwegs, als mein unartiger Brief schon fortzog, die Frühlingsblume war da und ich spielte mit einem Windhalm. Alles das ist noch nicht ganz mein Fall. Noch kommt meine entsetzliche Noth mit Noten dazu, die mir eiserne Stange mit buntem Zierrath vor der Himmelsthür; acht Tage trage ich sie in meiner Geldtasche, mir den Eintrit zu erkaufen, ehe ich einen Petrus oder eine Heilige finde, die den wahren Clavier oder Violinschlüssel hat: Die Heilige hat aber so viel mit guten Werken zu thun für Putz und Gesellschaft, daß der Bart vom Schlüssel in Eile abbricht aber die Engel hinter dem Himmelsgitter poltern in Eile, Zerstreutheit, Gleichgültigkeit so ungeschickt heraus, daß ein Paar hängen bleiben, ein Paar quäken, ein Paar heulen der eine lahm, der andre stumm ist, So ist es mir bey ihre Musik ergangen, ich hörte sie so abstümpern, daß ich nicht in den Himmel hineinkönnte. Wäre ich ein Vogel ich würde tagelang auf meinem Zweige singen: Der Himmel wird oft hell und wills nicht scheinen. Die Leute würden das erst hübsch finden, dann würden sie doch sagen, nun wird er doch bald was andres singen Wiederum säng ich: Der Himmel ist oft hell! bis alle davonliefen und mich allein liessen. Kommen dann Kinder so sing ich, wenn ich ein Vöglein war, die sind aber schälkhaft und sagen: Wenn ich ein Aeffchen war, macht ich dir alles nach, blieb doch ein Aff, das aber nicht kann seyn ists nicht mein Fach.
200
10
15
20
25
30
35
40
21. April 1806
446.
5
10
15
20
25
30
35
Von Leopold von Seckendorf nach Berlin Regensburg, 21. April 1806, Montag
Regensburg, 21. Aprl. 1806. Ich bin nunmehr per varios casus wieder hier, und eingerichtet, will auch vor der Hand hier bleiben, und ganz mir selbst, der Wissenschaft u. Kunst leben. Wäre Krieg geblieben, so war für mich gesorgt, Civildienste will ich nicht, denn ich bin der Erbärmlichkeit der kleinen Höfe satt, u. an einem grosen fehlt es mir jezt an Gelegenheit. Politisch sind wir nichts mehr, so muß also der Edlen unsichtbarer Bund desto fester sich gründen, das ist nur da möglich, wo freies Streben, u. liberale Bildung. Ich muß mich von innen reinigen, und den Halt finden, der noth thut, wozu also an den politischen Schulübungen, die jezt Staatsorganisirung heißen, Antheil nehmen? Sie wissen, wie spät hier alles für Wissenschaft u. Kunst reift, da ist noch viel zu thun, aber ein undankbarer Boden. Ich habe jezt meine Papiere aus Stuttgard beisammen, folglich auch die versprochenen Volkslieder. Ich habe aber noch keinen Meßkatalog gesehn, weis also nicht, ob der zweite Theil vom Wunderhorn erscheint? Jezt käme ich damit zu spät, aber ich hatte meine Papiere nicht beisammen. Schreiben Sie mir doch ein paar Worte, wann ich Ihnen meinen Vorrath schicken soll, u. wann er herauskommen kann. Ich muß aber auch wissen, was Sie noch nicht haben, und werde Ihnen daher das Verzeichnis der meinen übersenden, sobald ich nur weis, wie oder wann? Ob ich Anmerkungen, oder einen Aufsaz dazu machen werde, weis ich noch nicht – ich gebe auch meinen deutschen Percy nicht auf, doch da mein Plan von dem des Wunderhorns verschieden ist, auch die ganze alte lyrische Poesie umfassen soll, so werden wir einander nicht hindern, meine Volkslieder erhalten Sie deswegen immer, so bald ich eine Parthie beisammen habe. Auch empfele ich Ihnen noch eine Nachlese in Elwert u. andern Sammlungen zu halten. Nun aber eine Bitte. Ich wünschte durch Sie in Briefwechsel mit Reichardt zu kommen. Sie wissen, daß ich Melodien zu Volksliedern theils ächte, theils eigne und fremde, im Geist gedichtete, Singstimme u. Guitarre in einzelnen Heften herausgeben will, die als Begleiter des Wunderhorns angesehen werden können. Ich habe etliche 40. beisammen, also Vorrath zu 2. Heften wenigstens. Nun wünschte ich gern von Reichardt zu wissen: welche Melodien in seinen Liederspielen u. im kleinen feinen Almanach ursprünglich Volkslieder sind. Ich hätte auch 201
1r
1v
Nr. 446
2r
gern eine Abschrift, oder, wenn es im Druck zu haben, ein Exemplar derjenigen, welche Reichard vor etwa 25 Jahren in einer eignen Zeitschrift herausgegeben hat, u. dazu ebenfalls ein Exemplar der aus dem Buchhandel verschwundenen feinen Almanache. Vielleicht könnte mir Reichardt auch zur Herausgabe meiner Sammlung bei Unger behilflich sein, ich wünschte dieses, denn bei Breitkopf ist der Druck nicht gefällig fürs Auge, und fehlerhaft. Ich würde sehr gern an R. schreiben, wenn er nur durch Sie prävenirt wird. Hier schicke ich Ihnen etwas von meinem Verzeichniß. Leben Sie herzlich wol. Leo Seckendorf. Es fuhr ein Fuhrknecht übern Rhein p Ich weis ein Jäger, der bläst sein Horn Alleweil p O daß ich könnte von Herzen p Es hatt’ ein Herr ein Töchterlein p Königs Ladislaus Ermordung. Ich sah meinen Herrn von Falkenstein p Frau Nachtigall mach dich bereit p Mir traümt’ in einer Nacht gar spat Ich leb in dieser Einsamkeit Wollte Gott, daß ich wär ein Pferdlein p Es ist ja keine Kreatur p Herzig lieb Schäzele p Gestern Abends in der stillen Ruh p O Uli, mein Uli, komm zu mir z’ Kilt, Gestern Abends um neun p Ein Wildpretschüz, das ist mein Leben, Im kühlen Maien p Tra, ri, ro, der Sommer p Was kann einen mehr ergözen p Es ritten drei Bursche wol über den Rhein p Ein Jäger aus Kurpfalz p Ich weis eine stolze Müllerin p Ich bin ein lustiger Fuhrmannssohn p Droben in dem Weiherle p Schönstes Hirschlein über die Massen ’S schwimmen drei Fischle im Bodensee p 202
40
45
50
55
60
65
70
22. April 1806
Ist denn mein Vater ein Leirersmann p ’S ist kein verdriesliches Leben p
75
Adresse: Unter Couvert an meine Mutter: Frau v. Seckendorf, geb. v. Stiebar in Regensburg.
80
85
A Monsieur Monsieur le Baron L.A. d’Arnim a` franco DuÇxÈ* Berlin. abzugeben im Viereck N° 4.
447.
5
10
15
2v
Von Johann Friedrich Reichardt nach Neustrelitz Giebichenstein, 22. April 1806, Dienstag
Gib. d. 22 Apr. 6 Den herzlichsten Dank von uns allen für Ihr freundliches Andenken und das sehr liebe Gedicht, in welchem uns ein gewisses hören wir in einer Anmerkung ganz besondre freudige Hofnung gegeben, Sie zu dem Hausfeste auch hier zu sehn. Es wird jezt viel im Garten über Ihre Idee deliberirt; manches wird in der Anordnung des Locals geändert werden müssen, mancher Vers wird auch ungesungen bleiben, doch sollen Sie, mein Lieber, sicherlich mit dem Ganzen zufrieden seyn. Kommen Sie nur so bald als möglich daß wir mit Ihnen delibiriren, arangiren, einstudiren, probiren und alles vornehmen können, was zu einer rechtlichen Vorstellung einer wohlorganisirten Haustruppe, unter dem Aug ihres wohlbestalten Theaterdichters irgend vorzunehmen ist. Auch für die einzelnen Gedichte, dank’ ich u L. gar schön; L hat den Wandrer wieder schön einfach componirt, jede Strophe u jedes Wort paßt vollkommen zu der Melodie. Hören Sies nur recht bald. Sonderbar genug daß sich nach so langem Schweigen wieder unsre Blätter gekreuzt haben. Hoffentlich haben Sie mein Bettelblatt durch 203
1r
1v
2r
Nr. 448
die armen Solicitanten dort erhalten, die übertünchte Dürftigkeit der dortigen Musik u des dortigen politischen Systems kann ich mir sehr lebhaft denken: mit G. u der Jag hab’ ich von letzterm auch ein Pröbchen in Belitz erlebt. Doch freue ich mich dazu Sie auch darüber zu sprechen. Ich muß heute dieses flüchtige Blatt schliessen. Lassen Sie uns doch bald wieder von sich hören. Alles grüßt Sie aufs Beste. Mit ganzer Seele der Ihre Reichardt 2v
Monsieur Le Baron d’Arnim le cadet.
448.
1r
20
25
30
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, 25. April 1806, Freitag
Savigny fand in seiner Biblioteck, ein kleines Büchlein von den Wiederteuffern wovon einliegendes die Abschrift ist, ich dachte es mögte Ihnen wohl von Werth sein, er hat noch ein solges, welches er, sobald es abgeschrieben Ihnen senden wird, dieß habe ich die lezten Abende vor meiner Abreiße geschrieben, weswegen es ein bisgen undeutlich ist, wen Sie jedoch ihre eigne Handschrift leicht lesen, so wird Ihnen dieß auch nicht sehr schwehr werden, Ich habe mir die Freude gemacht Ihnen den Holzschnitt der dabey ist sehr ähnlich copiren zu lassen, nehmen Sie sich daher bei dem Aufmachen des Papendeckels ein wenig in Acht um denselben nicht zu verwischen, das Weise Blatt welches oben auf ist, ist der Tittel wie er um den Holzschnitt steht Ihr Brief vom 9ten Aprill, ist mir gestern zugekommen, er hat mir am meisten Freude gemacht von allen und zwar weil es der lezte und der längste ist. Heute antworte ich nicht darauf, weil ich viel viel zu thun habe da wir den Sonntag weggehen, dieß sage ich zu mir selber, um mich nicht in eine alzulange Conversation einzulassen. Sie werden jezt mein zweites Liedgen erhalten haben, ob es wohlgefällt mögte ich wissen. 204
5
10
15
Ende April/Anfang Mai 1806
20
25
In Frankfurth werde ich eine Walfarth an Stallburgsbrünnlein machen; ich habe eine große Verehrung und Andacht zu ihm, seit dem lieblichen Wunder, da mir eines Freundes Bild in seinen Wellen erschien, von da aus gehe ich nach Trages und weiß nicht wie lange ich da bleibe, doch immer lang genug um Nachricht von der hohen und kleinen Jagd und allem übrigen einzuziehen, und alles dem Arnim zu schreiben. Bettine N.S: Wenn ich Cristian wäre ich würde dieß Abschreiben von Büchern u:d:g: die beliebte Insinuir Manier nennen.
449.
5
10
15
20
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, Ende April/Anfang Mai 1806
Mein theurer Bruder und Freund! Ich stehe in großer Schuld bei dir, Vier Wochen habe ich deinen lebendigen schönen strelitzer Brief, der wie ein Ausschnitt aus einer Meister (Wilhelm Meister) Welt ist, und heute erst wage ich mich daran zu antworten, denn ich bin inzwischen ausgezogen, und da hab ich bis jezt noch eine gewaltige Noth mit den vielen Büchern ja Büchern gehabt, dein Bild habe ich auch ein acht Tage herumgetragen und nicht gewust wohin hängen. Jezt hängt es gar schön hinter dem Kasten, aus welchem dir die schönen Lieder ins Wunderhorn gestiegen sind, grade da, wo du standst, steht es, und ich sehe dich, als wärst du bei mir. Die Baüme sind hier beinahe schon abgeblüht, und du bist noch nicht da, lieber bester Bruder, die ganze Welt erwartet dich, und ich, und Elwert, der alte Elwert, der bei mir war, und noch viele ungedruckte Reste alten Gesanges hat, die er uns allein und mit unsäglicher Freude mittheilen will. Der Besuch Elwerts bei mir ist das Neuste, und ich fange damit an, gestern früh, trat ein feiner Mann von etwa neunundvierzig Jahren nebst seinem Sohn in meine Stube, beide zu meinem Schrecken durchaus en Wikse. Er brachte seinen Sohn auf die Universitaet und hat so eine wunderbarliche Wuth auf Lieder, daß er mich unserer liederlichen Berührung wegen bat, ihn nicht H. Justizrath, sondern lieber Elwert zu nennen. Er ist selbst durch aus so liebenswürdig wie seine Sammlung, aber stelle dir vor, dieser alte 205
1r
Nr. 449
1v
2r
Praktikus selbst erkennt unsre Restaurationen und Ipsefacten für aecht, das liebste ist ihm dein Verlohrner Schwimmer, er fragte mich, waß es für ein altteutscher Gebrauch sei, den die Zeile, sowie auf dem Pokale ect. berühre, und sagte mir, daß er bereits im Reichsanzeiger darum habe fragen wollen, da erklärte ich ihm dann hin und her wie die Mandelkerne eins der altfränkischten Konfekte sei ect und er war vollkommen zufrieden. Besonders freute es ihn, daß sein altes Liedchen unsern Titel veranlaßt. Er ist einer alten geschriebenen Sammlung auf der Spur, die er mir außer seiner noch Vorräthigen überliefern will. Außerdem habe ich noch zwei geschriebene Sammlungen von ohngefähr 30 Bairischen Liedern von 1600 biß 1700 durch Mozler in Freisingen, wovon etliche taugen, überdieß einiges sehr gute durch den unermüdlichen lieben Grimm, und eine recht alte Hose voll Kinderlieder, und eine gute Romanze von der alten Frau Hose, der du die Bilder abgekauft, sie ist ein rechtes Wunderthier mit Lieder∧sammlen für mich, auch werde ich nächstens zu Dossenheim bei einer alten Kräuterfrau, die eine Art von Hexe ist, einen Convent von Baurendirnen beiwohnen, und Lieder abhören. Ein Lied ist mir verrathen, aber leider durch einen Prediger, dem es gestohlen worden ist, ich hätte es um mein Leben gern, der Innhalt ist eine Entführung, die Nachsetzenden sind dem Entführer auf den Fersen, und ein Fluß vor ihm und der Refrain, den der Prediger noch auswendig wuste, heist immer »Hohl über, hohl über! ach wie bleibt der Fährmann so lang! Das Lied muß vortreflich sein. Leon hat mir von Wien geschrieben, und mir alles versprochen, waß er in der Bibliothek auftreiben kann, sein Brief schließt sehr wunderbar, und wie ich es garnicht von ihm erwarten konnte, da er seinem litterärischen Charackter nach, weder ein Frommer noch ein alter Sünder ist, er schreibt: wie glüklich sind sie zu preisen, daß sie mit dem Hofrath Jung (Stilling) dessen Romane mich von Jugend auf in stiller Begeisterung nähren, an einem Orte zu wohnen, o könnten Sie mich mit diesem Manne in eine nähere Verbindung bringen. – Es ist rührend unser alter Churfürst, den die lezten Welthändel, der Anblick Bonapartes, und besonders die Vermählung mit der fabrizirten Stephanie tief erschüttert haben, hat nach des Kaisers Abreise Jung zu sich kommen lassen, sich einen ganzen Tag mit ihm eingeschloßen und unter bittern Trähnen mit ihm gebetet, mir liegt Etwas herrliches darin, und ich meine in einer Fortsetzung der Eugenie müste dies von ungeheurer Wirkung sein. – . 206
25
30
35
40
45
50
55
60
Ende April/Anfang Mai 1806
65
70
75
80
85
90
95
Vorgestern erhielt ich die Nachricht von Winkelmanns Tod, durch Wilken, der sie in Leipzig von Bouterweck gehört, er starb im Februar, an einem schnellen Nervenfieber, so schnell, daß Buterwek Aufsätze von ihm für die Vesta und seine Todesnachricht zugleich erhielt, etwas fatales liegt mir darin, daß ich es so spät erfuhr, es macht mir den Eindruk, als sei er biß jezt unbegraben gelegen. Sein ganzes Andenken hat mir etwas wiederliches durch den Tod bekommen, Etwas wunderbar Alpisches, Mond Kalbisches, und dann dauert mich der ganze gute Kerl, der vor Klassiken- Studenten- Dozenten-Leben gar nie zum rechten Menschenleben gekommen ist, ich kann nicht sagen, daß mich sein Tod erschrekt hat, aber eben das war mir zu wieder, um den Toden muß man bitter weinen, es muß einem sein, als dem Kinde, dem sein Brüderchen stirbt, oder es muß uns das Leben des Menschen ein Geheimniß sein, und unsre Trauer ein X, aber so fällt mir nichts von ihm ein, als daß ich einmahl auf dem Gartenhause bei ihm geschlafen habe im selben Bett, unter dem grünen Mantel, und daß des Morgens, als ich erwachte, sein groser plumper Fuß dem Mantel hinausstarrte, so daß mir es war als läge ich bei einem Erschlagenen; ich weiß nicht warum, aber ich habe seit der Nachricht von seinem Tod keine Erinnerung von ihm, als diese. – . So eben erhalte ich eine Antwort von Fuchs aus St. Gallen, dem Biografen Tschudis, er will mir alle Weltliche deutsche Lieder, die sich in Tschudis handschriftlichen Musiksamlungen den Bogen um zwanzig Kreuzer abschreiben laßen, auch will er in der Schweiz sich nach Volksliedern umthun. – . Von Göttingen habe ich bereits ein groses Stük des Thedel von Wallmoden erhalten, die Folge erwarte ich in einigen Wochen. – . Die erfreuliche Nachricht gebe ich dir anbei, daß deine baldingerischen Bilder mir von Savigny zugeschickt sind, ich falte sie nun mit den Büchern, die ich noch für dich erkauft zusammen und sende sie dir, du hast einen herrlichen Kauf gethan, und es ist recht schade, daß du nicht alles, waß von Kupferstichen vorhanden war, gekauft hast, denn unter diesen, die du blind gekauft, befinden sich schon zwei Rembrand, ein van Ryn, 3 oder Vier Dürer, mehrere Boheim, und viele Aldegreef, vor allem aber ein zwar beschädigter dennoch herrlicher de Bruyn, Salomon von den Weibern zur Abgötterei verführt, zwei Weiber, eine Kniet, die andere steht, so lieb, edel, und fromm, waß sie anbeteten, muß Gott sein, – , die ganze Sammlung Vetus und novum testamentum besteht meistens aus allen Gattungen, Adam und Eva, Susannen, Judith, Loth, Herodias, Bathseba, in unzähliger Repetition, worauf er besonders gesehen, die 207
2v
Nr. 449
3r
Sammlung liebschaft betreffend, ist durchaus weniger als Etwas wehrt, lauter französische Modedamen aus den fünfziger Jahren, theils mit den Händen, theils mit den Hunden hinter der Ratte her, gar nichts gutes, einiges lächerliche. Ridingers zwölf Blätter vom Paradies, die du wohl kennst, sind in guten Abdrükken auch da, ein mir unsäglich liebes werk, die Thiere so neu, so entzükt, verwundert, erschreckt durch das Dasein, so in sich ersoffen und in einander besoffen, ach wäre ich dabei, wenn du die Sachen ansiehst, es wäre mir gewiß so wohl wie diese Thieren. Die kleinsten alten Blätter lege ich dir in den Brief, um dir eine Freude zu machen. – . Schleiermachers Weihnachts Abend, hat mir und Sophien einen sehr langweiligen Werkeltags Abend gemacht; wie ein Waffeleisen ist es allerdings, aber ohne Teich drinne, und ohne Feuer drunter, höchstens ein Gebäck wie der Juden Osterkuchen, Mazze genannt, ich kenne keine so schlechte Darstellung, wäre die kleine Sophie, von welcher man nicht weiß ob sie 6 oder 16 Jahre ist, nicht in gewisser Hinsicht Betinen, wie sie war unendlich ähnlich, so hätte ich das ewige Singen und Zubereiten witziger Geschencke, von welchen beiden sich sehr leicht sprechen läßt, nicht ausgehalten, einen Gedanken finde ich sehr schön und mir neu »es Gehörte zu Christi Leiden keinen rechten Vater zu haben« das ist sehr kindlich ausgesprochen. Uebrigens finde ich es verkehrt, in der haüslichsten populairsten Form eine langes Reden zwischen verschiedenen Kleidungsstücken über heilige Gegenstände zu halten, und am Ende, wo das Beste kommen soll, ganz kauderwelsch das Evangelium Johannis auf das Butterbrod zum Thee zu streichen. Das ganze hat mich als unfrom skandalisirt, und es ist mir, als würden einst alle die Ausgeweideten Kharaktere dem Schleiermacher nachts ans Fenster Pochen, und rufen, wie der Gehängte im Märchen »Geb mir mein Lung und Leber wieder. – . Sehr leid thut mir es für den armen Falk, daß dir seine Elisium und Tartarus so ganz unbekannt ist, jezt wirst du doch wohl deine Apotheose in den ersten Blättern gelesen haben, er wiederholt dich und das Wunderhorn noch oft, und drukte später sogar die Schneider und die Schnecke ab. So wunderlich arm Falk ist, so hat sein Blatt doch eine bessere Gesinnung als die andern, und man kann ihn recht bedauren, Voß schickt dann und Uebersetzungen ein auch der alte Wieland spukt darin, das Ganze spricht immer vom Aristophanes, und biß zur Langenweile vom Kasperle, ohne im Mindesten Witzig oder komisch zu sein, ich weiß durch Voß, daß Falk der es selbst verlegt, beinahe verhungert, und Voß bittet 208
100
105
110
115
120
125
130
135
Ende April/Anfang Mai 1806
140
145
150
155
160
165
170
175
mich und dich ihm doch Beitragen, Fernov schreibt auch hinein, den Freimüthigen sucht er immer zu reitzen und herauszufordern, aber er würdigt ihn keiner Antwort, es ist als wenn einer mit einem Lahmen – eine Bordellthüre einrennen wollte. Wenn du dich entschließen könntest ihm Beiträge, launige, satirische, zu schicken so thue ich es auch, es kann ja ganz anonym sein. – . Ich habe jezt hier einen recht interressanten Umgang mit dem Chemiker Kastner bekommen, er ist eine durchaus vertrauliche Studenten Seele, und hat bei sämmtlichen Naturphilosophischen Späßen einen höchst tüchtigen und dabei biß zum Derbkomischen, empirischen Aplomb, ich höre jezt Chemie bei ihm und habe zwar bereits 1 Stunde loß, ob die andern mir auch loß gehen mögen, verhänge Gott, doch ich hoffe es, da ich diese Wissenschaft auch um deinetwegen zärtlich liebe. Er hat ein Jahr lang mit Ritter zusammengelebt, und steht noch in wissenschaftlicher Mittheilung mit ihm, waß seinen bürgerlichen Charakter kennt er ihn wie ich von einer grundschlechten Seite. Hast du Ritters Rede über die Geschichte der Naturwissenschaft als Kunst in der Akademie gelesen, sie ist gedruckt, ich habe sie mit Vergnügen gelesen biß auf seinen Styl, ach das man dieser Leute Wandel kennt, so rufe ich bei ihm aus, wie bei Müller, wenn ich seine Briefe an Gleim lese. – . Waß mein Studieren wollen der Naturwissenschaften betrifft, bitte ich dich um deinen herzlichen Rath, mache mir einen Plan, durch den Irrgarten der ganzen Litteratur, waß soll ich lesen, und bedencke, daß ich nichts davon weiß. – . Vor Vierzehntagen bin ich mit Kastner zu Fuß nach Worms auf dem Sand wie nach klassischem Boden gereißt, O Himmel, welche elende Statt, welch elendes Volk, doch elender noch, die es unterjocht, die Sieger von Austerlitz, diesseits des Rheins, Worms genüber liegt im darmstädtischen dicht um die Ueberfahrt herum ein Gehölz, von welchem die wenigen lezten ungeheuren Eichen eben gefällt wurden, um den Holländern abgeflözt zu werden, es heist biß auf diese Stund noch der Rosengarten, ich habe umsonst nach Rosen gesucht, um dir ein Blatt zu schicken, sie sind alle mit den Helden gefallen, jezt stehen Weiden, und niedres Gestrauch um wenige Eichen, die es erlebten, daß ein Jüngling der Helden unter ihrem Dach gedachte, denen es noch keinen Schatten geben konnte. Die Wenigen Minuten, die ich im Rosengarten war, waren das Sterbstündlein unsres guten Muth, jenseits fielen uns die Douaniers, und die Flöhe des Wirths an, Mehrere alte ungeheure steinerne Särge habe ich hinter der Stadtmauer aufgefunden, vielleicht der Helden Grab, ein Stein liegt auf einer Straße den 209
3v
Nr. 449
4r
ein Rieß aus dem Rosengarten herübergeschmissen hat, aber das einzig schöne, herrliche, vielleicht nirgend mehr so ganz unverlezte Denkmal jener Zeit wird in wenigen Wochen als Domaine um 800 livres auf den Abbruch verkauft, ein Tempel noch aus Drususzeiten vielleicht früher her, unverlezt wie er aus des Meisters Händen kam, er steht mitten unter den Hütten elender Handwerker, diese vielleicht schon zehnmahl um ihn her untergegangen sind, er ist ein Oktogon und hatt drei Hallen über einander, die untere halb unterirdische ist mit Knochen und Schädeln erfüllt und wäre eine herrliche Küche für Gall, Dach und die kleine breitbasigte Piramide des Thurms sind, wie das ganze von reinen Quadern, ich kann nicht ohne Zähneknirschen an die Juden dencken, die es zerstören, Ich gebe aber Auftrag, daß mir das Ganze abgezeichnet wird, und sende dir dann ein Exemplar, es sieht ohngefähr so aus, und hat mir einen unvergeßlichen Eindruck gemacht. Nun noch eine Anektode aus der lebenden Welt, aber es kommt auch ein Toder drin vor. Morgens um zehn Uhr gieng ich und Kastner vor die Stadt um in einer zwischen Garten Gelegenen alten Kirche, das Land Volk bei dem Gottesdienst zu sehen, es war Sonntag, heller Sonnenschein, auf einem Kirchhofe sahen wir einige gemeine Bürger und elegante Damen auf einem neuen Grabe in gespannter Unterredung, wir näherten uns, Allgemeines Geschrei, alleweil, alleweil wieder! wir: waß ist denn, ach schrien die Weiber, es klopft, es klopft, er lebt noch, sie haben ihn zu früh begraben, er ist gestern Gestorben, 30 Jahr alt, die Frau hat einen Tanzboden, heute nachmittag halte die Franzosen Ball, er hat unter die Erd gemußt, ach wieder, wieder! Wie lange schon, warum grabt ihr nicht: Ei schon seit 7 Uhr heute früh, die Bürger, waß geht es uns an, wir wollen nicht nach Speier vors Gericht, grabe, er ihn aus, wenn er so vornehm ist wo ist der Todengräber? – Da ist seine Frau, er ist nicht da? Schaufeln her Frau? – So! daß kann ohne Pfarrer nit sein, es geschiehtm ganz recht, es geschieten ganz recht, warum haben sen so früh begraben – ach alle weil wieder! es klopft, es klopft. schrien die Weiber. Ich riß die Frau in ihr Haus, sie mußte die Schaufeln hergeben, als ich zurükkam, schrie mir ein Bürger entgegen, 210
180
185
190
195
200
205
210
215
Ende April/Anfang Mai 1806
220
225
230
235
240
245
250
255
ich grabe nicht, lebt er, so habe ich nichts, lebt er nicht, so hab ich auch nichts, ach Himmel dachte ich, so spricht der Mensch nicht, so spricht sein Zustand aus ihm, so spricht der eindärmichte Teufel der den alten Tempel abtragen läßt, Kastner und ich fiengen an zu graben, der Tode war mir gleichgültig, sollte ich ihn zu den Spizbuben zurückbringen, aber ich wollte wenigstens meine Wuht zu ihm eingraben, mir wurde kranck ich gab einem Schlingel 6 Bazzen, der mit einer Schaufel statt dreien grub, nun gab auch Kastner die Schaufel her und setzte sich Arznei zu verschreiben, der Sarg erschien, wir rissen das Obere Brett auf, er war tod, die Hände gefalten in alter treuer Sitte, aber die Nase blutete, die Kerls wollten gleich zunaglen, ich hatte mich indessen bespieen, und riß ein Kreuz aus, und stekte es zwischen Deckel und Kasten, daß er Luft habe, so sollt es bleiben, wir eilte in die Stadt und ließen es dem Maire anzeigen, dann giengen wir ruhig dem andern Thore hinaus nach Mannheim, die Stadt kam in Bewegung, die Offizier ritten hinaus man lärmte, wir haben wenig gesprochen und da wir zu Mannheim anlangten liefen wir in die Johanna von Montfaukon um die Schlechtigkeit diesseits zu krönen –, Arnim, Arnim, die Zeit ist unendlich schlecht. – Wenige Tage nachher gieng ich mit dem Krappfries über Weinheim Quer durch den Odenwald, so daß wir nach drei Tagen zu Eberbach sechs Stund über Heidelberg am Nekar wieder herab kamen, dort habe ich verschiedene Liederbestellungen gemacht, auch einiges weniger Bedeutendes hat mir eine gar unschuldige hübsche Baurenmagd bei einem Kienspahn diktirt, es war auf dem Winterkasten dem höchsten Odenwalder Berg wo wir übernachteten, Fries trank den Weinkauf mit seinen Potaschesiedern und das Mädchen gieng mit mir in die Kammer mir die Lieder zu sagen, sie saß auf dem Rande des Betts, in dem sie 16 jährig mit dem 17 Jährigten Sohn der Wirthin schläft, die gegenüber mit ihrem 20 jahrigen altern Lieben liegt, sie sagte mir, waß sie wuste mit gar lieblicher Scheu, indeßen vor dem Fenster sich einige junge Bursche versammelten, hereingukten, und sie mit dem Anstimmen einer Weidenflöte und einer Maultrommel irre zu machen suchten. Das Alles klingt gar einfältig und ländlich, dennoch aber leugnete der Bauer, der uns führte grades wegs die Bibel, besonders Adam u Eva, er sprach von chinesischer Zeitrechnung, von der Bewohnung der Planeten, von der Zerstörung der Erde durch Planeten rippenstoß, und das herrlichste an dem frechen reichen Kerl war, seine Ansicht der Moral, er sprach nehmlich z.B. Es mag aber kommen, wie es will, so muß der Bauer 211
4v
5r
Nr. 449
5v
zahlen, daß ist die Moral davon, zu einer schwangern Dirne sagte er »Das ist die Moral vom Vöglen« – von dem Landsturm war es ihm die Moral, daß viele Bauren todgeschoßen werden u. s. w. – Dies sprach er alles mit unsäglicher Ironie. – . Meine Lieder bin ich im Begriff dir abzuschreiben, es sind aber nur sehr wenige, und wenn sie dir zu wenige dünken, so schließe sie aus, ich dachte nicht sie drukken zu laßen, aber ich stehe so gern neben ihr und konnte es auch nur lokal sein, es thut meiner Seele wohl; die Stelle ist mir Ehre, Ich der Stelle kein Schimpf, und du bist ja nicht stolz und hast mich lieb, weil ich dir vertraue, ja ich kann nicht sagen, daß ich viel von dir hoffe, das hieß schon an dich fordern, du hast mir schon alles geleistet, selbst in der Kunst, ich kenne dich im Verhältniß mit dem Kleinsten deiner Lieder, und ihr verführt mich zu einander. Meine Frau hat den Troubadour immer auf dem Klavier liegen, und kann alle deine Lieder daraus auswendig singen, ich gestehe dir auch selbst mit Freude ein, daß ich sie alle, biß auf wenige Gänge, die durch täglichen Gebrauch leicht abrunden sehr schön finde, besonders, so bist du nicht verlohren, dies Lied welches du über die zwei ersten Zeilen eines Elwertschen Liedes variirt hast, will ich jezt mit den Noten für Elwert kopieren laßen. Ich wünschte mit unsäglichem Ernst und Eifer, daß du hier wärst, es ließe sich gar manches Vaterländische poetische Projekt zu schneller Reife bringen, du weist, wie herrlich und schnell es mit unsern Liedern gieng, nun eröfnen sich erst nach und nach die Quellen die durch sie angeschlagen wurden, es wäre höchst nöthig mit einem Zirkular in alle deutsche Winkel hineinzudringen, und wenn du es mir erlaubst, schreibe ich ein solches Zirkular, und nehme mir die Freiheit deinen Nahmen zu unterzeichnen, auch schiene mir es beinahe hohe Zeit sich ebenso, vielleicht könnte es zwekmäsigt mit demselben verbunden werden, um Volkssagen umzuthun, ehe der Freimüthige, wie beinahe zu befürchten steht, sich dieser alten Eicheln als Schwein anmaßt, die wir aussäeend zu Hainen unserer Nachkommen, die wahrscheinlich in der Sonne pflügen werden, verwenden könnten. Fuchs (Tschudi) schreibt mir es sei ihm ein Leichtes, eine Verbindung unter seinen gelehrten Landsleuten hervor zu bringen, welche alte Volkslieder der Schweiz auftrieben, er verlangt nur meinen Vorschlag und Erbietung, und manche ähnliche Anerbieten stehen mir entgegen, aber ich kann nicht in solchen weitlaüftigeren Verbindungen mich ohne deine Nähere Mitwirkung, ohne deine Gegenwart einlassen. Voß wünscht sehr, daß die besten alten Romane wörtlich abgedrukt würden, er hat schö212
260
265
270
275
280
285
290
Ende April/Anfang Mai 1806 295
300
305
310
315
320
325
330
ne Sachen, und wenn wir zusammen wären, ließe sich auch da vieles besprechen; – . Ich glaube, wenn du auch recht böß auf Preußen sein könntest, du könntest uns doch nicht besser darum sein, und man weiß, wenn man solchen Gründen heut folgen wollte, nicht wohin, als zu braun atlaßenem Hoffraülein, und da ist man freilich ein guter Bürger, und nimmt sich gerne die Freiheit mit Privilegien zufrieden zu sein. Dein Fraülein habe ich lieb, ich kenne sie, aber ich glaube, sie würde nie mit mir zufrieden sein, du hast schon gewiß viele Lieder auf sie gedichtet, und der seelige Edelknecht wird bald an der Spizze einer Eskadron so wohlberittener Lieder, alle Hoffraülein an den Brunnen treiben, dann lieber Junge sieh zu, ob du nicht endlich Brunnenmeister beim Milchbrunnen wirst, dann Adieu Freiheit; ich weiß nicht warum ich, alle Weiber, die du lieb hast, so unendlich ehren muß, es muß die ernsthafte herrliche Art sein, wie du von Ihnen redest, so habe ich immer eine große Liebe zu deiner Tante gehabt, und dann zur Grassini, und dann sehr sehr zur Luise Reichard, (die ist aber gar groß) und jezt zu deinem Hoffraülein, und endlich zu der einzigen die ich recht persönlich kenne zur alten Voß, du kannst dir nicht denken, welche Liebe ich zu ihr habe, mir ist biß jezt kein Weib, in dieser liebenswürdigen Vollendung vorgekommen, für Louisen habe ich noch viel mehr empfinden lernen, da die Voß sagte, ich habe sie sehr lieb, und bin stolz darauf, daß sie auch waß auf mich hält. Sehr leid ist es mir, daß ich Betinen nicht eine Zeit lang hier her haben kann, ich glaube der Umgang mit Voß und ihr, könnten ihr gar lieb und werth werden. Die Novelle von Sekkendorfs Pfauenjagd hat mich und Sophie sehr ergözt, wenn man ihn kennt, weiß man nicht, ob er zu dieser Geschichte, oder sie zu ihm gemacht ist, ebensosehr als die Geschichte gefällt mir die Benennung, der gelehrte Hannepampel, sie ist vortreflich und wäre ein herrlicher Titel zu seiner Biografie. Er scheint übrigens seines Gleichen zu Freunden zu haben, denn jener Herr Koelle von Tübingen, der sich so gar breit machte in seinem Briefe über unsre Lieder, hat mir auf meinen Antrag mitzutheilen einen der lächerlichsten Briefe geschrieben, er will von Sekkendorf abtreten, weil dieser ihn nur als Mittel zu gebrauchen scheine, will sich zu uns gesellen, unter der Bedingung 1°) 6 Autorexemplare 2°) platterdings nicht weniger als zwei Karolin für den gedrukten Bogen Honorar, 3° Soll ich ihm eine Annonce machen, die er auf seine Kosten in ein Blatt für Schwaben will einrücken lassen, die Prediger aufzufordern ihm Lieder für mich einzuschicken 4° ihn als Mitarbeiter nennen, sollte ich 213
6r
Nr. 449
6v
in solche Beding* schriftlich eingehen, so soll alsbald eine Sendung folgen – Wie unverschämt! und am Ende hat der Kerl nichts – ich habe ihm geschrieben, er möge seine Samlung so bald als möglich drukken laßen. – . Von dem Thedel von Wallmoden habe ich bereits ein Stück abschriftlich aus Göttingen, du wirst dich erinnern, daß du ihn wolltest gleich dem Staufenberg zurüsten. – . Wir sind in unsrer neuen Wohnung recht glücklich, Sophie ist seit vielen Wochen recht liebenswürdig und deine Elegien können wir mit gutem Gewissen lesen, dein neuer Taufpathe hat vor einigen Wochen seiner Mutter schon übel gemacht, und dehnt ihr das Herz schon mächtig aus, du bist und bleibst mein Pathe, und wenn ich selbst mit Stumpf und Stiel sterbe, sollst du die Zitrone hinter mir her tragen. Gestern waren wir mit Fries, ihr und den Maulthieren in Schwezzingen, Kastner und ich standen auf, und ein gar lieber junge von Karlsruhe Fischer, der uns in der Mosche wunderschön Flöte blies, ich habe nie ein solch Echo gehört, das Erziehungsinstitut (Rudolphi) und Thiebaut fanden wir drin, und es floßen beinah Trähnen über dem göttlichen Harmonika ähnlichen Schall wir waren recht lustig, und die Rudolphi hatte ihre Noth vor meiner Tollheit. Rottmann hat wieder einige Skandala hier ausgehen laßen, die Abbildung ein Prügelei die ein paar Stunden vor her unter zwei Advokaten vor Gericht vorgieng, und 6 Blätter die Abentheuer eines Mahlers – sehr schlecht, die Meisten Figuren sind Portraits, ich wünschte der Mensch würde einmahl geprügelt, er wohnt jezt hier, hat sich in den Lektionskatalog setzen lassen als Zeichner, und läßt seine Schüler seine Bilder illuminiren. – . Primavesi hat wieder 3 Ansichten von Heidelberg bei Mohr und Zimmer herausgegeben. Ich hatte sie dir geschickt, wenn ich glauben könnte, daß du sie möchtest, das einst projecktirte Taschenbuch von Heidelberg will meine Frau in unbestimmter Zeit schreiben, Zimmer will es verlegen, und sie bittet dich, ihr einige Erinnerungen und Lieder dazu aus deinem Cornucopiae fließen zu lassen, ohne deiner Muse einen Kamm vorzuschlagen, auf dem sie pfeifen soll, bitte ich dich, wenn du etwas für diesen Zweck singen willst, unsere lokale Beschränktheit und die des Büchelchens und seiner Leser zu bedenken, das heist laße Gedanken, und Wort in recht deutlichen bestimmten Kristallen anschießen. So eben senkt sich ein heiliger milder Gewitter Regen und wollüstigem Murren der Götter die im Ungestümen der Mai Lust ihren Becher umgestoßen auf die Blühenden Gärten vor meiner Kammer, ich sehe deinem Bilde in die Augen und dränge mich näher an 214
335
340
345
350
355
360
365
370
30. April 1806
375
380
385
390
den abentheuerlichen Stehpult. Lieber Arnim, du schautest hier oft nach den Wolken, lieber Arnim behalte mich lieb, laße mich dich wieder sehen, Wann lieber Junge, wann soll ich dir folgen, du magst mich zu einem recht guten Menschen, dein Andenken ist mein Ganzes Denken, an alles gute, schöne, Wahre, liebe, unschuldige! schreibe bald oder besser komme dein Clemens. Den Kupfern pakke ich mehrere Bücher, die ich für dich gekauft bei, und lege dir die Nota dazu, es befindet sich das Heldenbuch, der Apollonius von Tyrus, ein Band der ältesten Anabaptisten und anderes darunter ich habe für die Kupfer von Marburg hierher zwei fl. porto ausgelegt, die ich dir mitnotire, du verzeihst es mir, ich muß mich nach und nach zum Haushalt zwingen, die Franzosen und Oestreicher haben meine Finanzen sehr in der Klemme. Ich kann den Theophrast ganz auf Deutsch hier haben, willst du ihn? ich erwarte nur ein Kistchen vom Schreiner und gebe das Ganze dann emballirt der Post. Es sind herrliche Sachen. Zimmer hat auf meinen Rath eine Wochenschrift für Baden unternommen, die nachstens beginnt, wenn du Laune hast, so schicke mir Etwas über den Misbrauch des Tanzes in dieser Zeit, über die Lüderlichkeit des Gesindes, ho ho!
450.
5
10
7r
Von Friedrich Carl von Savigny nach Berlin Trages, 30. April 1806, Mittwoch
Trages 30. April 1806. Wir sind wieder hier, lieber Arnim und wir und die Vögel empfinden Ihre Abwesenheit auf sehr verschiedene Weise. Mit unsren Briefen ist es wunderlich gegangen. Einige Zeit nach dem Abgang meines lezten Briefs kam der Ihrige mit dem Gelde an, und ich hatte die Bilder noch nicht lange an Clemens geschickt (der mir öfters geschrieben hatte, daß er sie mit Büchern für Sie zusammen packen wolle) als ich Ihren lezten Brief erhielt. Nehmen Sie es nicht übel, daß Sie so mit durch meine Schuld die Bilder später in Ihre Hände bekommen. 215
1r
Nr. 451
1v
Sie werden durch Betine die Abschrift einer alten Wiedertauferschrift erhalten haben. Hier ist eine ähnliche: ich habe meine Bücher genau durchgesehen, und nichts mehr finden können, was diesen Gegenstand angieng. Da Sie sich so treulich für Bostel verwendet haben, müßen Sie doch auch wissen, daß er als Fürstl. Salmischer Hofrath in Bocholt bey Wesel angestellt ist. Es ist also zu erwarten, daß er in Zukunft den Herzog Joachim zu bedienen haben wird. Alles grüst Sie aufs herzlichste, lieber Arnim. Lassen Sie mich gelegentlich erfahren, daß Sie die Bilder empfangen haben, und daß Sie über meine zögernde Besorgung nicht unzufrieden sind. Von Herzen Ihr Savigny.
451.
1r
1v
15
20
An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, 1. Mai 1806, Donnerstag
Karsdorf d* 1 May 1806. Lieber Clemens! Antworte wie gewöhnlich nach Berlin. Meine letzte Beruhigung in aller Ungedult ist immer die Gewißheit daß sich endlich alles finden muß, ich meine bey der Auferstehung des Fleisches, der Kopf seine Arme, zwey lange Briefe von mir must du entweder bekommen haben oder dann finden, heute nur ein Wort in Aufträgen. In Strelitz mochte mir immerhin eine Heiraths-Negotiation des Erbprinzen mit der Princeß von Weimar misglücken, die ich nach einem Bilde von Jagemann lieb gewonnen hatte und dem Prinzen gönnte, weil er ganz anständig in Vergleich mit andern Prinzen war, alle Tage machte ich sie ihm vollkommner und reitzender bis ich endlich erfuhr, daß er längst einer Englischen Princeß zugesagt war durch Bemühung seines Onkels; heute habe ich eine Negotiation, die mir durchaus nicht mißglücken muß, nämlich mit unsrer Engelhardt. Ich will sie – nein, ich schäme mich nicht –, ich will sie gerne als – Gesellschafterin meiner Tante geben, derselben mit der du Briefe gewechselt, und du sollst das Unternehmen ausführen. Mein Onkel wohnt nach seinem Plane den Sommer auf dem Lande in der schönsten Gegend von ganz Mecklenburg, im Winter in Strelitz, wovon der Bruder der Engelhardt ihr mehr erzählen kann, weil er im lezten 216
5
10
15
20
1. Mai 1806
25
30
35
40
45
50
55
Winter dort gewesen, sein Hauß ist reichlich ohne Pracht versorgt, es ist eng aber er ist jezt beschäftigt sich ein grosses zu bauen, seine Wohnung in Strelitz ist besser. Meine Tante hat durchaus auch keine Spur von Zwang oder Uebermacht in ihrem Charakter, dies geht zuweilen bis zur Schwäche, sie fügt sich eher in die Launen eines anders, als daß sie andrer Laune bekämpft, sie wünscht nur so weit es sich fügt geselligen gleichen vertraulichen Umgang, eine Vorleserin, da sie bey der Schwäche ihrer Augen eigentlich wenig lesen darf, eine freundliche Mithülfe bey der Erziehung eines kleinen sehr anmuthigen Mädchens von vier Jahren. Sollte sich die E. geneigt finden und warum sollte sie nicht lieber hieher als nach Gotha gehen, so würden die Bedingungen sich leicht finden, die Erstattung der Reisekosten und ein angemessenes Jahrgeld. Du siehst, daß hier ohne Scheu, aber doch mit Anstand unterhandelt werden muß, wenn du es besser findest, überlaß es Deiner Frau, so etwas ist zwischen Frauen leicht ausgemacht. Die Zeit zu eigner Beschäftigung bliebe ihr unbeschnitten, der Morgen; meine Tante steht spät auf und hat eigene Geschäfte, überhaupt gehört sie nicht zu den schnurrenden Kreiseln, die allen um die Beine laufen, daß sie sich mitbewegen müssen, doch würde die E: wahrscheinlich bald sehr gerne bey ihr sein, ihre Kenntniß der meisten Welt, ihr Interesse am Fremden die Kenntniß der innern Geschichte eines älterlichen Hauses, das sich mannigfaltig auszeichnet, vielleicht bald Reisen mit ihr dahin nach Regensburg würden sie bald verknüpfen. Mein Onkel ist der einzige Mensch den ich als Kind geliebt habe und ich, dieses liebliche Kind bin auch zuweilen hier. So stehts und so laß es gehn und ihr Worte schafft und erfüllet, aber was ihr thut, thut es schnell, alles Schnell ist herrlich, nur die Sünde ist träg, Worte aber sind theuer, wenn die Luft voll Habichte und Geyer schwebt; Jagend und reitend ziehn lustige Zeiten. – Heute Morgen war ein prächtiges Gefecht zwischen den Störchen auf dem Neste unsres Daches, wer aber ist Sieger der da brütet, oder der frey durch die Luft davonfliegen muste, innen ist alles Hölle, ausserhalb dem kleinen Neste, diesem ist alles Himmel ausserhalb diesem Neste, wo er weggebissen worden. Frischauf wie die Welt Dein Achim Arnim Ç1r alR:È Es ist zwey Stunden von hier ein Liebhabertheater bey dem Grafen Hahn in Remplin. 217
2r
2v
Nr. 451.E
451.E An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, 1. Mai 1806, Donnerstag 26r
26v
An Clemens d* 1 May Endlich muß sich alles finden, wenigstens beym jüngsten Gerichte, Arm und Beine finden sich da zusammen um mit einander zu leiden Ich sah heute den Kampf der Störche in ewigen Kreisen drängte sich der dritte an die zwey Verbundenen, er wurde verjagt, aber wer ist Sieger, der der im Neste angeschlossen, oder der frey entflieht, jenem ist alles Hölle ausserhalb diesem kleinen Neste, diesen alles Himmel. Frisch auf wie die Welt, alles Schnelle ist gut nur die Sünde ist träge.
452.
1r
1v
5
An Bettina Brentano nach Marburg Karstorf, 11. Mai 1806, Sonntag
Karsdorf d* 11 May 1806. Wir hatten gestern das erste Gewitter, ferne unhörbar, unser Feld war so bestäubt, daß es sich gern gebadet hätte, da musicirte ich gar gewaltig in die Ferne auf meiner besten Geige, verlor mich aber so darin, daß ich wahrscheinlich mit dem Bogen dem Gewitter das feurige Auge ausgestossen; es war nachher still und ließ nichts mehr von sich hören und sehen. Ungefähr so ist es mir ergangen bey Ihnen, Sie lassen nichts von sich hören ungeachtet ich zur Versöhnung aller meiner Unartigkeiten ein paarmal erklärend geschrieben. Zuweilen, wenn ich aus meinem hohen Fenster in den Garten sehe, wie der Wind unten die Kaiserkronen, Rosenäste, Narcissen, oben die jungen Pflaumenbäume, Kirschbäume, Pappeln zusammentreibt, und wie die dann thun, als wenn sie sich einander zu beugten, sich viel zu sagen und mit einem andern sich abzugeben nicht Zeit hätten, da denke ich dem Familienconvent in Trages zugesehen zu haben und was dabey heraus kömt, daß jeder sich wieder fest auf seine Stelle hinstellt und warum ich allen Nachrichten von Ihnen entsagen muß, warum Clemens mir auf drey Briefe nicht antwortet. Was macht Christian? Wenn ich hier verzweiflungsvoll, mat und erschöpft einem Falken durch das Dickicht nachschleiche, so wird es mir zuweilen, als müste ich ihn ganz listig lauernd bey dem Teiche antreffen, wie er die Frösche todtschlägt, so wie einer seinen Kopf erhebt und mir ganz solide beweist, daß dies 218
5
10
15
20
11. Mai 1806
25
30
35
40
45
50
55
60
eine viel schönere Jagd, ja daß eigentlich keine andre, als diese geübt werden sollte. Wollen Sie noch etwas von meinen Beschäftigungen wissen, so erzähle ich Ihnen, wie ich täglich ein achtzehnjähriges auf einem Auge blindes grosses braunes Pferd umherjage, daß es vor Durst ganze Quellen bis auf den Grund austrinkt. Meine Flinte bleibt indessen mein kleiner Gott, mit silbernen Buchstaben auf braunem Grunde steht der berühmte Name Kuchenreuters darauf, ihr Styl ist vortreflich, sie spricht bestimmt und leicht, und treffend und versagt mir nie, so wenig sie sich verspricht, meinen Huth schmückt sie mit Federn. Bey der Feder fällt mir ein, daß diese demüthige Dienerin manches Blat beschrieben hat für Sie, was ich Ihnen gern vorlesen möchte, ob es gut ist will ich damit nicht sagen, es ist nur so nach meiner Art, die Sie zu weilen erlaubten. Mein Zimmer ist so höchst wunderbar, daß es wohl einen Einfluß auf meine Arbeit haben kann, unter mir hesperische Gärten von Bergen beschlossen, an dem die Wagen wie an einem Chinesischen Schattenspiele wie Schatten gegen die helle Luft herum fahren, die Nachtigallen geben den Spatzen im Singen Unterricht vor dem Fenster, da ärgern sich die Spatzen so gewaltig, daß sie in den grossen Boden vor meinem Zimmer fliegen und immer im Kreise mir um den Kopf. Mir gegenüber wohnt in einer Bücherverschanzung einer der berühmtesten lebenden Juristen, Mösler, sonst in Wittenberg jezt Justitiar meines Onkels, der heimlich Bücher schreibt und erst neulich den fünften Band von Klagen und Einreden heraus gegeben, ein juristisches Lexikon, Werke die Savigny kennt und verehrt, jezt spielt er auf seiner kleinen Orgel Walzer, die einzige menschliche Schwachheit an ihm, denn sonst ist er durchaus überirdisch, so daß er neulich vom Pferde gefallen, in seinen Arbeiten voll kleiner Klugheiten und Pfiffe ohne Uebersicht des Ganzen, sonst ein magrer Stubensitzer, der aber in der Landluft, Bewegung und geräucherten Nahrung so ausgedehnt hat, daß seine Haut ihn kaum mehr fasst, so gespannt sitzen seine Backenknöpfe an ihm, daß man bald nicht mehr sagen wird, er ist in seiner Haut der schönste, sondern ausser seiner Haut. Ueber mir schlafen sieben Dirnen, die Röhre meines Ofens geht durch ihr Zimmer, und so lange ich Feuer machte, hatten sie etwas Rauch, über den Dirnen klappert ein Storch in seinem Neste ganz entsetzlich, über dem Storche ziehen die Wolken, über den Wolken wandeln die Sterne, über den Sternen sieht es sehr tief aus, so daß ich nicht hinein treten mag, und so bleibe ich still bey mir. Wie viel mehr liegt zwischen hier und Trages und doch soll mein Brief den 219
2r
2v
Nr. 452.E
Kur
Umweg über Marburg machen, um Sie nicht zu verfehlen, du armer Brief, mache noch tausend Grüsse allen, in deren Hauß du kömmst, empfiehl mich bestens der, die Dich eben weglegt mit meiner ganzen Ergebenheit Achim Arnim
65
A Mademoiselle Bettine Brentano Abzugeben bey H Professor Marburg von Savigny en Hesse frey Cassel
70
452.E An Bettina Brentano nach Marburg Karstorf, 11. Mai 1806, Sonntag 26v
27r
27v
An B. d* 11 May Wir hatten gestern das erste Gewitter fern unhörbar, unser Feld war so bestäubt, daß es sich gern gebadet hätte, da musicirte ich gewaltig auf meiner besten Geige, verlor mich aber so darin, daß ich mit meinem Bogen dem Gewitter das feurige Auge ausstieß, es ward danach still und ließ nichts weiter von sich sehen oder hören. Ist es mir mit Ihnen so ergangen? Zu weilen wenn ich aus meinem Fenster in den Garten sehe, wie der Wind die Kaiserkronen, Rosenäste Narcissen zusammentreibt, oben Kirschblüthen, Apfelblüthen und wie dann jedes thut, als wenn sie sich einander zu beugten, sich viel zu sagen und sich mit einem andern nicht Zeit habe, und was dabey heraus kommt, daß jedes an seiner Stelle bleibt, wo es hingestellt, da denk ich auch wohl, daß ich nur darum allen Nachrichten von ihnen entsagen muß. Wenn ich hier verzweiflungsvoll einem Falken durch das Dickicht nachschleichend nach gewunden, und ich komme an einen Teich, so denke ich nun da steht Christian listig lauernd, wie er Frösche todtschlägt, wenn einer den Kopf nasengrün heraussteckt, und beweist mir solide, daß dieses eine edle, sogar die einzige Jagd. Meine Flinte ist ein kleiner Gott, stets bereit zu seinen Orakeln versagt er nie spricht er bestimmt und leicht und treffend. Mit Federn geschmückt tret ich in mein Zimmer und sehe wie im Schattenspiele die Wagen über Rande der Berge gegen die helle Luft ziehen. Die Nachtigallen wollen den Spatzen im Singen Unterricht geben, die ärgern sich so gewaltig daß 220
5
10
15
20
13. Mai 1806
25
30
35
sie für sich lieber in dem Boden bey meinem Zimmer herum singen, so mach ichs auch, und singe und schreibe manches meiner Art, wie die übrige Welt mir erlauben mag. Nicht weit von mir hört ich ja auch den berühmten Juristen auf seiner kleinen Orgel Walzer spielen, es ist das einzige Menschlige an ihm, sonst ist er durchaus so über irdisch, daß er vom Pferde gefallen, sonst ein magrer Stubensitzer jezt bey der geräucherten Nahrung sitzen so gespannte Backenknopfe an ihm daß er bald nicht mehr der schönste in seiner Haut sondern ausser seiner Haut seyn wird. Ueber mir schlafen sieben Dirnen, mein Ofen steckt eine neugierige Rauchröhre hinein, über dem Jungfernneste klappert der Storch in seinem Neste entsetzlich, über dem Storche ziehen die Wolken über den Wolken die Sterne, über den Sternen sieht es tief aus und ich mag nicht hineintreten, so bleibe ich still bey mir
28r
453.E Vmtl. an Georg von Mecklenburg-Strelitz in Neustrelitz Karstorf, 13. Mai 1806, Dienstag
5
10
15
A. H. D. 13 May Wir sind nun unter einer Krone zusammengesperrt wie Küchlein, die Bauern werden nie Sontags tanzen, das alles habe ich prophezeiht doch möchte ich nur die Blume haben, welche zur Besitznahme abgepflückt. Hier gehören wir eigentlich nicht mehr der Erde, die Archimedischen Hebel sind eingesetzt, Eichen und Buchen, sind eingesetzt um sie aus ihren Angeln zu heben und wirklich scheint es aus der Menge rother, grüner gesprenkelter, bepelzter und spitzblättriger Gewächse, daß ein Stück von Ostindien hieher gerissen, wo ein Dutzend Braminen unter einem Blatte, Schatten, Nahrung und Feurung finden. Mitten in dieser Pracht reite ich auf einem einäugigen Pferde, man hat genug Beyspiele von einäugigen Schönheiten, eine trefliche Vogelflinte hängt mir über den Rücken, ein Falke der sie fürchtet zieht so schnell in die Höhe, daß er in die Mondsatmosphäre fällt, und dort gilt er für einen Held, der alle Hindernisse glücklich überwindet
221
28r
Nr. 454.K1
454.K1
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
ÇIÈ 1r
1r
1v
Reise-Fragmente an G Die aesthetischen Zeitungen die mich sonst nur zuweilen gleichgültig wie Tabulatkrämer zerrissen und beschmutzt angesprochen haben, erhalten in den grossen Begebenheiten einen trübsinnigen Ernst, daß ich kaum einer schrecklichen Erzählung mich erinnere die so niederschlagend auf mich gewirkt hätte als der Freymüthige. Es giebt ein Maaß der Trauer, alles andre ist Uebermaaß und sey es noch so klein, man erzählt von einem Manne der den schnellen Tod seiner beyden geliebten Brüder mit Ruhe betrauert, aber bey der Nachricht von dem Tode eines ihm sonst gleichgültigen Bekanten in grenzenloser Verzweiflung sich verlor. ÇIIÈ Nicht durch Menschen wird der Frieden wiedergewonnen: diese Worte Ihres vielverehrten Andenkens haben sich mir so tief eingedacht, daß sie mir aus jeder Gegend aus jedem Sonnenstand der Betrachtung zusprechen, sie liegen wie das Kreutz im Kreutzkristal, es bedarf nur des Treffens im Eröffnen. Als ich meinem Danke für dieses Andenken Luft machen wollte, mein Fenster öffnete, da war Krieg in allen Lüften, Winter und Frühling stürzten sich mit wechselndem Glücke übereinander und rissen sich um die dürren wie um die ausbrechenden Blätter. Wenn der zweifelhafte Einfluß der Götter in menschliche Leidenschaft zehn Jahre des Krieges vor Troja bereiteten, was wirkte wohl der Krieg unter den Göttern, wenn die Menschen ihnen auch nur die abprallenden Spiesse Pfeile und Funken auflangen müsten, sich aber gar nicht um den Kampf bekümmern dürften, in so fern sie nicht dabey zertreten wären? Ist es anders jezt, welche fratzenhafte Vorstellungen machten sich Franzosen, Oesterreicher, Russen und Schweden um sich aus der Verlegenheit zu helfen, nichts vom Kriege zu wissen als die Stösse von den Göttertritten. Doch ists heilig und schön und besser als meine Deutung, bey tausend Rippenstössen noch den einen unversehrten Fleck zu kennen, in jedem Unglück noch das Glück zu finden. Die Bienen wälzen sich jezt in Blüthen, ich auch, viel mehr als wälzen kann ich nicht, so schwer ist das ernste Schicksal, ein brauner Engländer, den ich an die Stange gewöhnen wollte, mir auf den 222
5
10
15
20
25
30
35
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
40
45
50
55
60
65
70
Schenkel gefallen und hat ihn auf anderthalb Quadratfuß mit rothen und blauen Blüthen bedeckt. Viel Glück war dabey, denn ungeschickter beym ersten Bäumen sich überschlagen sah ich nie ein Pferd, aber mein guter Genius suchte mir in dem gepflasterten Hofe eine ungepflasterte Stelle aus und schützte die Seulen, Knochen und Mark, möchte er doch mein böses Schicksal in der Schwemme blenden, todt reiten kann ich es in der kurzen Zeit nicht mehr. Was hilft mir nun der Frieden rings in dessen tiefem Augapfel ich wohne, die weichen fleischigen Erdgebürge schützen mich rings mit dem Milchhaar der Saaten, und mit geschwungenen Augenbraunen Buchen und Eichen, aber wer sah jemals aus seinen Augen, der nicht herausgehen mochte und ganz fühlen, daß das Herrlichste ausser ihm? Was hilft es mir jezt die vielen Palmgänge der Weiden bergauf bergunter, die tiefsinnige Gänge des wunderlichen Gartens unter mir mit schlingenden, bepelzten, gesprenkelten, weissen, rothen Gewächsen und Bäumen aus allen Welttheilen, die Störche, die sonst selten in diesem Jahre kreisen zu vieren darüber und meinen ihre Athenischen Gärten wiederzukennen, während die beyden leibeigenen Eheleute auf meinem Dache ihnen auf Leben und Tod entgegenklappern. Ich und die beyden Eheleute wir wissen was es mit all den Herrlichkeiten mit dem gleichen strahlenden Tage und der schillernden Nacht voll lustiger Käuze zu sagen hat, wenn man dabey im Neste bleiben muß, ich wünsche ihnen tausendmal ihre Jungen flügge und meine Beine im Gange zu sehen, ich habe noch ein Vergnügen in der Aussicht, wie die Störche wenn sie ihren Jungen Tanzunterricht geben, so ich das Theater des Grafen Hahn, des Alten Sohn, in Remplin, womit ich meinen Mecklenburgischen Aufenthalt rund abzuschliessen denke. Man muß alles aufsuchen, denn alles lebt seiner Natur und nicht gesellschaftlich, sondern zerstreut, wie ein Erdbutten in einem Sumpf zur Insel wird auf der eine Zwergtanne, ein Elsenknorren und ein Paar lange Grashalme wohnen und schwanken, für ein Schiff ist das Wasser rings zu seicht für Stiefeln zu tief, alles fürchtet sich lächerlich zu werden und von der Ausgelassenheit unsres Landadels ist keine Spur. Strelitz hat mir die Erinnerung an Weimar täglich aufgefrischt, wenn dort durch nicht grössere Kräfte so vieles von der Regierung und meist das Rechte erreicht, so ist hier ein verschlafenes Ausruhen beynah in derselben Zeit gewesen, die Industrie im Gewerbe ganz äusserlich nur in der Berührung mit Preussen geweckt, woher auch die Künste, wo sie einmal nicht zeit und geldverderblich scheinen, sich besetzen. Das führt 223
2r
2v
Nr. 454.K1 3r
3v
4r
mich darauf, ob es nicht möglich wäre, einen frischen schönen Ableger daher in diese Erde zu pflanzen, sind doch die Kirschbäume aus Asien gekommen und nur die Begattung bringt alles weiter. Da fiel mir Jagemanns Bild von der Princeß ein das im dunklen Zimmer mit dem glänzenden Helme, ich erzählte dem Erbprinzen täglich davon, ich glaubte mich schon stolz als Ehestifter in der neuen Cultur sehen zu können – da höre ich durch den Oheim, daß der Prinz eigentlich nur auf ein Schif wartet, um unter den englischen Princessinnen zu wählen, daß alles abgeschlossen bis auf den Krieg, der alles hindert – der Friede wird nicht durch Menschenklugheit wiedergewonnen. Nachher fand ich, daß die Anforderungen dieses übrigens recht gewandten, artigen nur etwas zu sehr verschwisterten Prinzen an das Glück auch wohl zu gering, um etwas zu leisten, er will nur einen eigenen Theetisch in dem Courzimmer seiner Frau und etwas Musick dabey. Zweye seiner Schwestern belebten den Hof, die Pr: Solms und Pr Taxis, die letzte trug einen Schal, ich kann den Vorhang nicht aufziehen, wenn aber die Komödie angefangen, sind sicher nicht viel Zuschauer dabey gewesen; gewiß ist es Es muß heraus sagten die alten Damen in einer fieberhaften Wuth; daß man ihnen so unverschämt etwas weiß machen wollte, sie trug immer schwarz und ähnliche Deckfarben, mir that leid, daß nicht Stolz genug sich in den Deckfarben gefunden. Lächerlich ist der Zug in den Frauen, was sichtbar auch anerkannt zu wissen, ich hatte als Kind eine Frauen Puppe, worin unter einem Glase ein kleines wächsernes Kind verborgen, ich ruhte nicht eher bis ich das Glas und dabey auch das Kind zerbrochen mir herausgeholt hatte. Der Herzog ahndete nichts, er ist hypochondrisch verschlossen, rechtlich und fest, die erfahrne Großmutter sieht in ihre Enkel wie in einen goldnen Kelch, aus manchen naiven Aeusserungen läst sich schliessen, daß sie wirklich geblendet. Ich verliere mich fast in dem Gesellschafts∧gespräch ich war aber wirklich viel drin und galt etwas, weil ich nicht spielte, auch nicht schrie auch nicht unhöflich war, auch nicht verheirathet, auch nicht ernsthaft, auch nicht die Bekanntschaft auf einem Fleck wie eine versunkene Postkutsche stehen lasse. Die Gesellschaft ist ganz adlich und was ich von der übrigen Nation kenne, so muß ich eingestehen, daß es der einzig lebendige Theil voll Besonnenheit. Der Adel hat die Verfassung entwickelt, er hat sich eine vollkommne Freyheit des Eigenthums, so nenne ich die völlige Beweglichkeit erstritten, er hat von den Lehnsbanden nur die kleinen Schienen bewahrt, die man nach Gefallen abstreifen kann, 224
75
80
85
90
95
100
105
110
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
115
120
125
130
135
140
145
150
damit es doch noch Lehen heist, dahingegen ein Unterthan an das Gut gebunden im Ganzen ohne selbst eine feste Stelle zu haben, nur daß ihm der Herr Hauß und Feld nach dem Maaße dessen, was er hatte, anweisen muß, die verschiedenen Thätigkeiten ausser dem Ackerbau sind ihm ohne Bewilligung des Grundherren geschlossen, selbst der Herzog darf nicht Soldaten annehmen aus den adlichen Gütern. Der Adel ist ÇxxxÈ, das Hut abnehmen der Unterthanen bringt zur Verzweiflung Die Leichtigkeit zu entlaufen zu können hat ihnen indessen wenigstens ein armuthloses Leben bereitet sie wünschen ihre Gattung zu erndten, Feyerabend Kind, grosse Lebensperiode nach Stiegen Korn gerechnet ÇIIIÈ Lebens immer Wohlthat des Gutsbesitzers ist, nie einen bedeutenden Schrit machen der Adel wenn er reich treibt sein Vergnügen und seine Thätigkeit in die weitere Hoffnung grösserer Länder. Auffallend ist es wie nothwendige Wurzeln die Stadt zu ihrem Fortkommen in das Land treiben muß. Die Städte haben eine repräsentative Gewalt, wenig Abgaben, und doch nicht einmal die nothwendigsten Fabriken für das Land. Nicht das Armuth erste Anlagen unmöglich machte; aber die stete Beweglichkeit des Adelseigenthums schlägt so grosse Wogen, solch ein Steigen und Fallen des Silbers, daß die kleinen Wellen bey aller Anstrengung überstürzt werden. Der Haupthandelsmann in Teterow, von dem mir ein Pferdehändler sagte, es wäre nur ein kleiner Mann, stände aber seiner Wirtschaft sehr ordentlich vor, versicherte mir, wenn man dichte bey bliebe, so nährte der Ort wohl seinen Mann, aber ausschrammen, das wäre gar nicht möglich, das sage er täglich seinem Sohne, der in grossen Handlungen gelernt und nun das Kleine nicht schonen wollte, auch heirathen wollte ohne zu wissen, ob er auch für zwey Mäuler Brod. Das haben sie mir vor dreissig Jahren gerathen, sagte der Pferdehändler, sie habens vielleicht schon vergessen, ich vergeß es nimmermehr. Sehr merkwürdig ist es, daß in Strelitz, wo eine Hauptspedition von Contrebande ins Preussische seyn könnte, fast allein Preussische Fabrikate zu bekommen sind, daß bey der grossen englischen Pferdezucht und der allgemeinen Spielwuth nirgend ein Pferderennen, bey der Preßfreiheit fast keine Druckereien sind u.s.w, daß die meisten Schriftsteller in Landesangelegenheiten bloß antithetisch, also ohne Erfindung sind, daß die einzige Dichterin aus Pflicht und Lebenszwang eine gewisse Rouquette im Strelitzer 225
1r
1v
Nr. 454.K1 2r
2v
r
1
Zuchthause sitzt, weil sie in der Trunkenheit mit brennendem Lichte ihr Bettstroh aufgewühlt. Ihr Mann, ein armer französischer Sprachmeister muste selbst auf ihre Festsetzung antragen, sie schrieb an einige Gönnerinnen, wo sie ihre Schuld wie ein trauriges Schicksal darstellt, und einige rührende Stanzen auf den Abschied von ihren schlafenden Kindern beyfügt, im Gefangenhause hat sie sich bey dem Schliesser sehr beliebt gemacht, unterrichtet seine Kinder, schreibt viel; vielleicht gerathen die Dichter im Zuchthause besser als in der Welt, es wird ihnen da alles gegeben, was ihnen fehlt, die klimatische Gleichheit des Treibhauses, Geselligkeit muthwilliger unternehmender Menschen, gänzliche Freyheit in allem was ihnen nicht verboten ist, häusliche Sorgenlosigkeit, Blindheit denn sie sehen nichts von der Welt. So verschieden beyde erinnert sie mich an die gleichfertige Lebensweise der Karschin, von der ich jezt sehr merkwürdige vertrauliche Briefe mit hübschen ungedruckten Liedern in der Nachlassenschaft meines Großvaters gefunden, mit dem sie wohlvertraut gewesen scheint. Noch erzählt man sich in unserm Hause die Geschichte, daß er zu ihrer Ehre ein Gastmahl angestellt, wo sie vom Wein heftig improvisirt, endlich unerwartet unter den Tisch gefallen, auf einer Bahre wieder erwacht sey, die immer für die trunkenen im dunklen Nebenzimmer bewahrte. Mein Onkel (Graf Schlitz) von dessen Gute Karsdorf aus ich mich zu Ihnen hindenke, hat eine Liebhaberey solcher Briefsammlungen, eine der merkwürdigsten ist eine lange Reihe vertrauter deutscher Briefe Friedrichs II von Preussen über Goldmacherey, die Genauigkeit womit er ins Einzelne geht, die Zuversicht auf einer Seite, der kühne Muthwillen auf der andern, wenn es mißlungen, der offene bestimmte genauliche Sinn, der nichts verschmäht, auch was er nicht versteht, machen diese Briefe recht nothwendig zu seinem Leben. Von diesem Onkel stammen alle die wunderbaren Bäume und Sträuche, die mich umgeben, er suchte sich diesen schönsten Fleck von Mecklenburg, das sogenannte Gebürge aus und wirklich habe ich nie Erdberge gesehen, die so dringend uns wie überwachsene Felsen erscheinen. ÇIVÈ Vor mehreren Jahren als ich durch diese Gegenden kam gingen über meinem offnen Wagen in der Höhe des Hohlwegs zwey ungewöhnliche Sterne, beyde in Nanquin gekleidet, ein junger Mann und ein blondes Mädchen, er trug einen offenen Hals, Scherpe Hirschfanger, 226
155
160
165
170
175
180
185
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 190
195
200
205
210
215
220
eine Feder am Huth, mir war es als käme ich in die Dichtung des Wilhelm Meister hinein gefahren, wahrscheinlich war es auch ein Costume daher, denn bald kam der Troß einer ziehenden Schauspieler∧truppe, ein Wagen mit aufgerollten und ausgespannten Dekorationen rings von verfalbten und verschminkten Männern und Weibern umgeben. Die beyden vorne schienen zufriedner in ihrer Nachahmung, als diese in ihrer Natur. Ungefähr mit dieser beruhigenden Betrachtung habe das Rempliner Theater gesehen, wenn es nur das Beste wäre, was nachgeahmt wird Der Tod seines Vaters hat ihn und die Sterne von einem Beobachter befreyt, seine Liebhabereyen gedeihen an derselben Stelle ÇVÈ Hahn hat einiges Talent und will ausser dem Zeigen noch eine lustige Geselligkeit, er erlaubt sich wohl den Mitspielern statt Wein bittre Tropfen einzugiessen, Stühle mit drey Beinen unterzuschieben, das macht ihnen keinen Spas sie ertrügen aber wohl noch mehr. Die Abende schlossen sich in Feuerwerken, Illuminationen, Ballen, als ich nach Hause fuhr weckten mich kalte Thautropfen, die mir von den Zweigen in die Augen sprutzten, daß ich die Sonne sähe, es giebt doch eine Menge Kunst, die sie nicht ertragen kann. Es giebt soviel Widersprüche, daß ich in Demuth lange Winter und Regen ertrage, das Beste in der Welt bleibt immer daß sich alles darin auch verkehrt anwenden läst, warum trägt dem armen Grafen seine Kunstliebhaberey nicht wenigstens soviel ein wie seine Abneigung aber das Licht brennt an beyden Enden – und seine Finger werden ihm bald wehe thun. Wie sehne ich mich nach dem heiligen Boden von Weimar unter die hochwaltenden Bäume zu den Quellen voller Ton, als Pilger in Demuth von der Ostsee zu Ihnen hinwandern zu können könnte ich wie ein Grönländischer Weissager auf Augenblick nach fernhin versetzen, ich könnte nicht abwesender seyn, als ich es doch zuweilen hier bin und nicht anwesender als in diesem Augenblicke bey Ihnen Hochverehrter.
227
1v
1r
1v
Nr. 454.K2
454.K2
1r
1v
2r
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
Weiber, Aschenurnen und Thränensammler, Steine welche durch die Zahl ihrer Seiten die Zahl der Urnen bezeichnen die darunter begraben, endlich Schmuck, Ohrringe, Diademe, Armbänder, wenige Bracteaten und eine griechische Münze, die ich im Abdruck beylege, weil sie wenigstens bestimmt, daß die Grabmahle aus keiner älteren Zeit. Die Aschenkrüge nähern sich zu weilen aegiptischen Formen, das heist sie sind sehr einfach, sie verengen sich etwas und haben einen kleinen Rand, doch ist keine feste Regel darin, sie sind selten einander gleich, keine von schöner Töpferarbeit, manche zerfallen von selbst. Andere metallene, in denen man bey Neubrandenburg viele Sachen gefunden sind sehr schön in Metall getrieben mit einer Linienarabeske rings geziert, wahrscheinlich fremder Arbeit, vielleicht erbeutete christliche Weihkessel, Ein Paar Löcher in dem Rande bezeichnen daß ein Lederriemen wahrscheinlich hindurchgegangen oder ein Metallring. Zum Beweise daß fremde Arbeiten sich bey ihnen fanden, lege ich die Abdrücke zweyer metallnen gegossnen Basrelieffe bey, die sich von allem übrigen unterscheiden, das Ehebündniß ist im Brandenburger Grabe gefunden, der gehaltene Sylen in einem anderen. Sonst stehen noch mehrere fremdartige kleine Bilder da, deren Abkunft aber nicht bewährt, die aus späterer deutscher Zeit zu seyn scheinen. Die Anschriften hat Potocki und Masch grossentheils erklärt, sie sind alle wendisch, was Potocki für Chinesisch angesehen sind zwey Zeichen, die wie mehrere andre wohl nur willkührlich mystisch sind. Unsre Königin bey einem Besuche ließ ein hübsches Diadem nachahmen, die Princeß Solms Ohrenspangen, die weiblichen Naturen haben etwas eigenthümlich schönnützendes, sie sind nach der Nahrung, indem sie sich alles zu Gemüthe führen. Karsdorf d* 28 May 1806. Meinen Aufenthalt in Mecklenburg rund abzuschliessen wurden meine Beine mobil als die Kunst ihr Kriegs lager in Remplin dem Gute des Grafen Hahn aufschlug. Der Tod seines Vaters hat die Sterne und ihn von einem Beobachter befreit, seine Liebhabereyen gedeihen an derselben Stelle, wo die Spiegelteleskope standen, er hat aber statt der Sterne die Welt ich meine die Kotzebuesche abgespiegelt, es ist die Welt aus dem Wasser entstanden darum hat viel darin Platz, will sie von einem Salze nicht mehr aufnehmen, so löst sie noch vom andern 228
5
10
15
20
25
30
35
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
40
45
auf. Das Theater ausserhalb mit einem recht zierlichen hölzernen Säulengange bekleidet, ist in drey Monaten aus einer eingegangenen Glashütte entstanden, von der Hitze war etwas zu rück geblieben, Palmen tragen zwey Logenreihen, von denen eine mit Masken, die andre mit Leiern verziert, in der Mitte dieser ist eine Rosenlaube, die regierende Loge, wo der Meister vom Stuhle sitzt, diesmal waren zwey Prinzen von Mecklenburg zwey summende Bienen oder Rosenkäfer darin, sie hatten vieles einzuwenden, besonders daß es mit der Pracht nicht lange dauern könnte. Wenn aber die Pracht dauern könnte, so wäre sie langweilig und ich denke mir die Zeit ganz angenehm, wo sich die Frau einmal lächelnd aus dem fürstlichen Sammtmantel einen Wintermantel schneidert
454.K3
5
10
15
20
2v
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
kaufte ihn, setzte auf dem schönste Berge die Stangen, wo sein künftiges Haus stehen sollte, auf einen andern wo sein Grab und nun wie in Festungen erst funfzig Jahre den Brunnen aushöhlen ehe der Festungsbau angefangen werden kann, so bepflanzte er in strenger fortstrebender Thätigkeit, zerstreut durch Kränklichkeit seiner Frau und Einsamkeit, sein weitläuftiges Gut im Sinne eines Gartens sah Stecklinge schon in der heutigen Grösse und so geschah ihm nichts natürliches, was ihm fremd wäre vorgekommen, selbst Mißwachs, Frost, Hagel. Sein höchstes Vergnügen ist die Färbung, nicht blos den schönen Stand seiner Saaten, sondern auch das Dunkel der gebrochenen und der frisch bestellten Erde zu sehen. Er brachte eine Ackerbaugesellschaft zustande, die schon jezt ihr Gutes so sicher übt, daß eigentlich wenig davon gesprochen wird, daß sie eigentlich wenig Widerstand erfahren, sie ist auf Mecklenburgische Gutbesitzer beschränkt, sechse werden zu gleichzeitigen Versuchen über neue Methoden und Maschinen und Früchte jedesmal, zwey Bände Annalen zeigen den Kreis solcher Untersuchungen, die ein allgemeines Interesse haben, die Verbreitung von Sämereyen und Maschinen, die Bildung junger Leute zu mehreren weniger bekannten Handwerken ist die weitere Wirkung. Wie an dem Bau der Peterskirche die Reformazion heimlich anrankte, so entwickelt der Bau vieler Schlösser, so wir ein adliches Haus hier 229
1r
1v
Nr. 454.K3
2r
2v
genannt, manche geschickte Hand∧werker, keiner ist mehr mit dem angeerbten Kasten aus Fachwerk zufrieden, das kann selbst auf die allgemeine Gesinnung nicht ohne Einfluß seyn. Diese Versuche sind wohl erfreulich, doch genüge sie nicht, der Kalkputz hält nicht mehr an der Wetter seite das unerquikliche Aeussere, wo die Noth der Zone alle Augenblick durch übermächtige Zierde bricht, wiederholt sich im Innern noch unbequemer, die Krankheit drin erklärt die Schminke von aussen und die Betrachtung Die Hügel voll Todte nur und wenn ÇxxxÈ Denkmahle der Vorzeit erÇxxxÈ zu oft ob diese Zeit nicht etwa auf jene antidiluvianische sey, die künftig nur aus ihren Versteinerungen wieder erkannt werde, kein Fuß ist in der Luft, kein ideeller Punkt, also kein Schritt vorwärts. Mit stiller Gewalt zieht es uns zurück in den dunklen Tempeln der Wenden, wo die goldnen Götter auf Purpur lagen, mit Augen zu sehen schienen, ihre Namen geheimnißvoll rings umher, eine schmale Brücke führte dahin, wen sie verlangten, der muste ihnen geopfert werden. Nach dieser Beschreibung Dietrichs von Merseburg glaubte der Consistorialrath Masch bey dem Dorfe Prillwitz das alte Rhetra, in den gefundenen Götterbildern die alten prächtigen Götzen der Wenden gefunden zu haben (Die gottesdienstlichen Alterthümer der Abotriten aus dem Tempel zu Rhetra am Tollenzer See. Gezeichnet von Woge, erläutert von Masch. Berlin. Rellstab.) Johann Potocki (Voyage dans quelques partier de la basse Saxe pour la recherche des antiquite´s slaves on vendes. Hamburg 1795) war dieser Vermuthung nicht abgeneigt. Sie stüzt sich ganz auf der Annahme eines sehr viel höheren Wasserstandes zur Zeit der Einführung des Christenthums, wogegen doch manche Grabmähler in tiefen Gegenden sprechen, denn sonst ist von den Inseln nichts zu sehen, es sind Hügel am See, mehr oder weniger je nachdem man sein Auge beschränken will. Die Götterbilder aber sind bestimmt nicht jene alten gerühmten, es sind sechszöllige Hausgötter unbestimmter Form, nur daß sie ihre symbolische Zeichen tragen, verschmolzen beym Leichenverbrennen mit der Asche in dem metallenen Weihkessel gefunden, wie deren jezt mehrere durch die Bemühung des Herzogs zusammengekommen. Der regierende Herzog von Mecklenburg kaufte Prillwitz, vereinigte dort im Schlosse die von Masch beschriebene Sponholzische Sammlung, mehrere Vasensammlungen, die Erde war einmal aufgestreift, es fand sich vieles noch dazu, sie enthält unförmliche Hausgötzen und sehr elend gearbeitetes Opfergeräth, Waffen aus veschiedenen Zeiten doch auch alte Streitäxte, Staatsdegen, Spindelsteine der 230
25
30
35
40
45
50
55
60
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
454.
5
10
15
20
25
30
35
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf und Rostock, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
Nicht durch Menschen wird der Frieden wiedergewonnen: diese Worte Ihres vielverehrten Andenkens haben sich mir so tief eingedacht, daß sie mir aus jeder Gegend aus jedem Sonnenstand der Betrachtung zusprechen, sie liegen wie das Kreutz im Kreutzkristal, es bedarf nur des Treffens im Eröffnen. Als ich meinem Danke für dieses Andenken Luft machen wollte, mein Fenster öffnete, da war noch Krieg in allen Lüften Winter und Frühling stürzten sich mit wechselndem Glücke gegen einander und rissen sich um die dürren wie um die ausbrechenden Blätter. Wenn der zweifelhafte Einfluß der Götter in menschliche Leidenschaft dem Kriege vor Troja zehn Jahre bereitete, wie viel Jahre würde uns ein Krieg unter den Göttern dauern, wenn die Menschen ihnen auch nur die abprallenden Spiesse, Pfeile auflangen müsten, die Funken sich zurechnen und die verdeckte Sonne, sich aber gar nicht um den Kampf bekümmern dürften, in so fern sie nicht dabey zertreten wären? Ist es wohl anders jezt? Ich habe zu meiner Ueberzeugung durch Strelitz noch ein Heer Russen wandern sehen, daß nicht blos in Frankreich sondern fast über all entweder nichts davon oder etwas ganz andres in den Soldaten steckt, als woran der übrige Staat bey ihnen denkt; sie kennen nichts als die blauen Flecke von den Göttertritten! Doch mag es heilig und schön seyn und besser als meine Deutung, bey tausend Unglücksfällen noch den einen unversehrten Fleck zu kennen, daß wenn die Leute sagen, kein Unglück ohne Glück. Jezt sollte nun Frieden der Welt seyn, die Bienen wälzen sich in Blüthen – ich auch, – viel mehr als wälzen kann ich mich nicht; so schwer ist das harte Schicksal auf mich gefallen und hat mich mit rothen und blauen Blüthen bedeckt: Ein brauner Engländer (den ich an die Stange gewöhnen wollte) schlug sich bäumend über, ich muß ihm das Zeugniß geben in dem gepflasterten Hofe mir eine ungepflasterte Stelle ausgesucht, der Lebensseulen Knochen und Mark geschont zu haben und doch wünsche ich ihm heimlich, daß er in der Schwemme geblendet werden möchte, daß ich ihn noch todt reiten könnte. – Was hilft mir der Frieden rings, in dessen Augapfel ich wohne, die weichen fleischigen Erdgebürge schützen mich mit dem Milchhaar der Saaten und mit dem geschwungenen Augenbraun der Buchen; aber wer sah noch je aus seinen Augen, der nicht hinausgehen mochte und ganz fühlen, daß das Herrlichste ausser ihm? Was helfen mir die Palmgänge 231
1r
1v
2r
Nr. 454
2v
3r
3v
der Weiden bergauf bergunter, die tiefsinnigen Schattirungen des Gartens unter mir, mit weissen rothen bepelzten gesprenkelten, Gewächsen, die ich mit Vaterfreude sich jedes in seinem Geschmack anputzen sah. Die Störche, die selten in diesem Jahre, kreisen zu vieren darüber hin und meinen ihre Athenischen Gärten wiederzusehen während die beyden leibeigenen Eheleute auf meinem Dache ihnen auf Tod und Leben entgegenklappern. Ich und die beyden Eheleute wir wissen, was es mit all den Herrlichkeiten, mit dem gleichen strahlenden Tage und der schillernden Nacht voll lustiger Käuze zu sagen hat, wenn man dabey im Neste bleiben muß, wären die Jungen nur erst flügge und mein Bein im Gange! Ich könnte Ihnen dann vielleicht mehr von Mecklenburg schreiben, ich habe noch mehrere Reisen in der Aussicht und was hier ist lebt seiner Natur nach zerstreut nicht gesellschaftlich ungefähr wie in den kleinen Sümpfen des Sandlandes ein Erdbutten zu einer Insel wird, welche von einer Zwergtanne und einem Elsenknorren und einigen langen Grashalmen bewohnt wird, für ein Schif ist das Wasser rings nicht tief genug, für Stiefeln zu tief, die Furcht lächerlich zu werden scheidet die Menschen nirgend so sehr, von der ungebundenen Ausgelassenheit unsrer Märkischen adlichen Landfamilien ist hier keine entfernte Spur, wer original ist hat einen Sparren zuviel. NeuStrelitz, wo ich mich die längere Zeit aufgehalten, ist ein wunderliches Kunstprodukt von noch nicht hundertjähriger Entstehung, ein Streit des Herzogs mit der Stadt Alt Strelitz war die Veranlassung, Rom ist durch den Trojanischen Krieg entstanden, darum hat es viel Kriege geführt, dieses durch einen Rechtsstreit und nirgend sind mehr Processe als in Mecklenburg; die Advokaten stehen wie Werber an den Kirchthüren der kleinen Städte um die Bauern zu fangen, für die freye Wahl ist der Ort weder schön genug, noch gut genutzt, es kommt auf die Absicht nicht immer allein an. Ich erinnerte mich täglich an Weimar, wie viel da in den letzteren Jahrzehnten bey ungefähr gleichen Staatskräften geschehen, welch ein Versplittern während der Zeit hier in allerley Langeweile und Familienangelegenheit. Die Industrie im Gewerbe ist ganz äusserlich und in der Berührung mit Preussen geweckt, woher auch die Künste, wo sie einmal nicht zeit und geldverderblich scheinen, sich besetzen, Schauspiel scheint noch das Land zu zerstören. Die Kirschbäume sind aus Asien gekommen, ihr Marsch mag noch langsamer gewesen seyn als des Pilgers der auf zwey Schritte immer einen zurück thut, kein Samen keine Lehre nur der lebende Ableger hat die echten Kirschen so weit 232
40
45
50
55
60
65
70
75
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
80
85
90
95
100
105
110
gebracht. Da fiel mir Jagemanns Bild von der jungen Princeß in Weimar ein, wie sie in einem dunklen alten Zimmer einen glänzenden Helm mit Lorbeer frisch kränzt, ich erzählte dem Erbprinzen täglich davon, ich glaubte mich schon stolz als heimlichen Ehestifter einer neuen Cultur ansehen zu können, da höre ich von dem Oheim, daß der Prinz eigentlich nur Frieden und auf ein Schif wartet, um unter den englischen Princessinnen zu wählen – der Frieden wird nicht durch Menschenklugheit wiedergewonnen. Nachher gestand ich mir freilich, daß die Anforderungen dieses recht gewandten, nur zu sehr verschwisterten Prinzen an das Glück zu gering sind, um etwas zu leisten, er will eigentlich nur die Erlaubniß alle Tage zu spät zum Essen zu kommen, einen eignen Theetisch in dem Courzimmer seiner Frau, etwas Musick, lauter Dinge worüber er mit dem Vater täglich erzürnt. Zweye seiner Schwestern belebten den Hof, die Pr: Solms lächelte jedem und jedem allein, die Pr: Taxis wurde von allen angelächelt und sie meinte, es geschehe zu allem. Ich muste den Hof mitmachen, es ist wirklich nach antiker Sitte die ganze Stadt alles was drin wird und lebt, und die Klatschereien enthalten bey alledem die ganze Staatsgeschichte. Die Pr: Taxis trug einen Schal, ich kann den Vorhang nicht aufziehen, als aber die Komödie angefangen sind sicher nicht viel Zuschauer dabey gewesen. Es muß heraus, sagten die alten Damen, man soll uns nichts weiß machen, sie trug nämlich immer Schwarz und ähnliche Deckfarben, der Stolz wollte nicht zulangen. Ich weiß nicht, warum das Sichtbare auch anerkannt seyn will, doch ist es ein natürlicher Zug, ich ruhte als Kind nicht eher bis ich an einer schönen Puppe, welche in ihrem Leibe ein Wachskind unter einem Glase zeigte, nicht eher bis ich das Glas zerbrochen, dann weinte ich sehr. Der Herzog ahndete nichts, weil er immer seine eigene Krankheit hypochondrisch beobachtet, er ist fest und verschlossen, äusserlich strenge rechtlich; die erfahrne Großmutter sieht in ihre Enkel wie in einen goldnen Kelch, aus manchen naiven Aeusserungen läst sich schliessen, daß sie wirklich geblendet war. Die Entwickelung der nähern Umstände machte ein angenehmes Schauspiel, in dem die Hauptperson sicher glaubte, daß sie gar nicht mitspiele, gar nicht gesehen würde hinter der Kulisse, ich muste mitspielen in dem Gesellschaftstheater, denn ich galt einmal etwas, weil ich nicht spielte, auch nicht schrie, auch nicht verheirathet, auch nicht ernsthaft war, auch nicht die Bekanntschaft auf einem Fleck, wie eine versunkene Postkutsche stehen lasse. Die Gesellschaft ist ganz adlich, der Adel hat die 233
4r
4v
5r
Nr. 454
5v
6r
6v
Verfassung entwickelt, er hat sich eine völlige Freyheit des Eigenthums, (so nenne ich die völlige Beweglichkeit, die Einnahmen wo es sey zu verzehren und zu verkaufen an wen es sey) erstritten, er hat von den Lehnbanden nur durchgefeilte Schienen bewahrt, die er nach Gefallen abstreifen und andren anlegen kann. Die Unterthanen dagegen sind an das Gut gebunden im Ganzen ohne darin eine feste Stelle zu haben, nur das Recht, daß ihm der Herr Hauß und Feld in dem Maaße, sie es besessen, irgend wo wiedergeben muß; die verschiedenen Thätigkeiten ausser dem Ackerbau sind ihnen ohne Bewilligung des Grund∧herrn geschlossen, selbst der Herzog darf keinen Soldaten aus adlichen Gütern annehmen. Der Adel hat eine edle Unabhängigkeit und übt sie mit Rechtlichkeit, das Hutabnehmen der Unterthanen bringt mich zur Verzweiflung, lächerlich ist es wie viel gutes Glück jene unter diesen haben könnten, bunte seidene Bänder an der Sontagsmütze sind ihre Sehnsucht und verrathen sie, sehr artig nennen sie unehelige Kinder Feyerabend-Kinder, sie treiben das Leben nach grössern Perioden nämlich nach Stiegen, zwanzig Garben die bey der Erndte zusammengesetzt, viele wissen auch nur in der wie vielten Stiege sie sind. Die Leichtigkeit aus dem kleinen offenen Lande entlaufen zu können hat ihnen indessen ein armuthloses Leben bereitet, der Sinn des Jahrhunderts hat die Dikasterien belebt während die Fürsten aus ihrer politischen Wirksamkeit in eine rechtliche Duldung zurück versetzt wurden. Sonst war es wegen der Verminderung an Unterthanen, daß die Herzöge mit dem nachlässigen, immer nur jagenden Adel übereinkamen im Landes vergleiche, Bauern nicht ohne Bewilligung niederzulegen, ein Paragraph, der jezt sehr furchtbar gegen den heutigen klugen ökonomischen Adel gebraucht wird, der keines weges die Unterthanen vermindern will, aber sie gern alle in Tagelöhner verwandelte; es trift hier wie in den meisten Fällen zu, wo das Wort herrscht, da wird das Wort zum Geiste, denn der menschliche Geist hatte das nie in diesen Worten beabsichtiget. Der Adel hat es indessen bis zur erlaubten Niederlegung der Hälfte Bauern durch gesetzt, die Dienste waren so unbequem, daß bey strenger Erfüllung die Bauern in drückender Lage waren als Tagelöhner, ungeachtet auch bey diesen ein Theil ihres Lebens immer Wohlthat des Gutsbesitzers in theuern Kornjahren ist. Das Land wird durch gute Jahre nicht reicher, die höheren Thätigkeiten grösserer Länder treiben die Reichen dahin, wenige schlechte Jahre nach einander haben es jezt in eine ängstliche, geldbettelnde Lage versetzt, die Güterbesitzer, die grossentheils zu 234
115
120
125
130
135
140
145
150
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
155
160
165
170
175
180
185
190
grosse Unternehmungen machten ohne allgemeine Hypothekenbücher, müssen oft das Doppelte als wir in Preussen für die Anschaffung des Geldes geben. Auffallend ist es wie nothwendige Wurzeln die Stadt zu ihrem Fortkommen in das Land treiben muß. Die Städte haben repräsentative Gewalt, wenig Abgaben und doch nicht einmal die nothwendigsten Fabriken für das Land. Nicht daß Armuth die ersten Anlagen unmöglich machte, aber die stete Beweglichkeit des Adelseigenthums schlägt so grosse Wellen, macht solch ein Steigen und Fallen des Silbers, daß die kleinen Wellen bey aller Anstrengung überstürzt werden. Ein Haupthandelsmann in Teterow, (das Mecklenburgische Schöppenstädt, Polkwitz und Lalenland), von dem mir ein Pferdehändler sagte »es wäre nur ein kleiner Mann, stände aber seiner Wirtschaft sehr ordentlich vor« versicherte mir, wenn man dichtebey bliebe, so nährte der Ort wohl seinen Mann, aber ausschrammen, das wäre gar nicht möglich, das sage er täglich seinem Sohne, der in grossen Handlungen gelernt und nun das Kleine nicht schonen wollte und nun heirathete ohne zu wissen, ob er auch für zwey Mäuler Brod habe. Gerade das haben sie mir vor dreissig Jahren gerathen, rief der Pferdehändler, ich vergeß es ihnen nimmermehr, sie mögens wohl vergessen haben, nun ich fand, daß ich für zwey Brod hätte, da heirathete ich. Das verlässt sich auf die Mutter, fuhr der Handelsmann fort. Ja die lassens nicht, die stecken immer was zu u.s.w. Sehr merkwürdig ist es, daß in Strelitz, wo eine Hauptspedizion von Contrebande ins Preussische seyn könnte, fast allein Preussische Fabrikate zu bekommen sind daß bey der grossen englischen Pferdezucht und der allgemeinen Spielwuth nirgend ein Pferderennen, bey der Preßfreiheit wenig Druckereien, keine in andern Ländern verbotne Schriften erschienen sind, daß wie das meiste Gespräch, so auch die meisten Schriftsteller in Landesangelegenheiten bloß antithetisch, also ohne Erfindung sind, sonderbar endlich daß die einzige Dichterin aus Pflicht und Lebenszwang eine gewisse Rouquette im Strelitzer Zuchthause sitzt. Sie wollte mehrmals in der Trunkenheit ihr Bettstroh mit brennendem Lichte aufwühlen, ihr Mann, ein armer französischer Sprachmeister, der sie aus Speculation auf ihr Talent geheirathet, muste selbst auf ihre Festsetzung antragen; ich sah ihre Briefe an Gönnerinnen, wo sie ihre Schuld wie ein trauriges Schicksal darstellt, einige rührende Stanzen auf den Abschied von ihren schlafenden Kindern beyfügt. Im Zuchthause hat sie sich bey dem Schliesser sehr beliebt gemacht, unterrichtet seine Kinder, schreibt viel, sie hat eine eigne Freyheit mich statt 235
7r
7v
8r
Nr. 454
8
v
9r
9v
mir zu setzen, wo es der Reim fordert. Vielleicht gerathen die Dichter im Zuchthause besser als in der Welt, es wird ihnen da alles gegeben, was ihnen fehlt, die klimatische Gleichheit des Treibhauses, Geselligkeit muthwilliger unternehmender Menschen ohne Zerstreuung, Regel in der Beschäftigung Freyheit in allem was nicht verboten, häuslige Sorgenlosigkeit, Blindheit, denn sie sehen nichts von der Welt, was sie nicht schon lange gesehen. So verschieden beyde in Anlagen, so erinnert sie mich doch an die gleichfertige Lebensweise der Karschin, von der ich hier sehr merkwürdige vertrauliche Briefe mit ungedruckten Liedern in dem Nachlasse meines Großvaters gefunden. Noch erzählt man in unserm Hause die Geschichte, daß er zu ihrer Ehre ein Gastmahl angestellt, wo sie mit Lorbeeren gekrönt beym Wein heftig improvisirt unerwartet unter den Tisch gefallen, auf einer Bahre wiedererwacht sey, die immer für Betrunkene im Nebenzimmer bereit stand. Mein Onkel, Graf Schlitz, von dessen Gute Karsdorf aus ich zu Ihnen hindenke, hat eine Liebhaberey an solchen Briefsammlungen, eine der merkwürdigsten ist eine lange Reihe deutscher Briefe Friedrich des Zweyten von Preussen über Goldmacherey, wie eine gute Haushälterin die Erbsen ausliest und eine einzelne bunte Bohne fürs Kind beyseite legt, so gehen die Geschäfte darin mit dem Gold machen in gleicher Genauigkeit, bald mit Zuversicht spricht er von dem Unternehmen einer goldmachenden Frau, im nächsten Briefe mit Muthwillen, der offene bestimmte genauliche Sinn, der nichts verschmäht auch was er nicht versteht, machen diese Briefe recht nothwendig zu seinem Leben. Von diesem Onkel stammen alle die wunderbaren Bäume und Sträuche, die mich umgeben, er suchte sich diesen schönsten Strich von ganz Mecklenburg, die wahre Fisionomie dies sogenannte Gebürge aus, kaufte ihn, setzte auf den schönsten Berg die Stangen, wo sein künftiges Haus stehen sollte, auf einen andern fuhr er Steine zusammen zu seinem Grabe. Nun, wie zu Festungen erst funfzig Jahre den Brunnen im Felsen aushöhlen, ehe der Festungsbau anfangen kann, so bepflanzte er in strenger fortstrebender Mühe, durch Reisen, Kränklichkeit, Einsamkeit unzerstreut sein weitläuftiges Gut im Sinne eines Gartens; bewahrte die alten Eichen in seinem Felde sah Stecklinge in voraus in heutiger Grösse, so gesah ihm nichts Natürliches, was fremd in seinem Plane wäre gewesen, selbst auf das Ersterben und Vergehen mancher Dinge war gerechnet. Seinen Fleck in die höchste Cultur zu bringen ist ihm Leidenschaft, ihn ärgert der Regen allein der die Ungleichheit an den Bergen abspülend herstellt, seine Freude 236
195
200
205
210
215
220
225
230
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
235
240
245
250
255
260
265
270
ist die allmälige Färbung die er entstehen sieht; sowohl in besserer Saat, wie in dem frisch umgebrochenen Acker. Er brachte eine Ackerbaugesellschaft zustande, die schon jezt das Ihre so sicher übt, daß wenig davon gesprochen wird, sie ist auf Mecklenburgische Gutsbesitzer beschränkt, von denen immer sechs gleichzeitige Versuche in neuen Methoden mit neuen Maschinen und Früchten, zwey Bände ihrer Annalen zeigen die Preisaufgaben, die Belohnung für Sämereyen, die Versuche zur Bildung junger Leute in Handwerken. Wie an dem Gerüste der Peters kirche heimlich die Reformazion hinan kletterte, so entwickelt sich das Handwerk am Bau mancher adlicher Häuser, keiner ist mehr mit dem angeerbten Kasten aus Fachwerk zufrieden, das kann selbst auf die allgemeine Gesinnung nicht ohne Einfluß seyn. Aber der Kalkputz ist hier an der Wetterseite nicht mehr sehr dauerhaft, die allgemeinere Armuth sieht aus der Schminke hervor, die Hügel voll Todtenurnen, die einzigen Denkmahle der hiesigen Vorzeit erinnern zu oft, ob diese Zeit nicht etwa auch eine antediluvianische sey, die künftig nur aus ihren Versteinerungen wird wieder erkannt werden, im Wesentlichen menschliger Fortbildung ist kein Schrit gemacht, auch kein Fuß in der Luft, kein ideelles Ziel, das dem reellen forthilft, mit stiller Gewalt zieht es mich zurück in die dunklen Tempel der Wenden, wo die goldnen Götter auf Purpur lagen, ihre Augen schienen zu sehen, ihre Namen und Zeichen schimmerten geheimnißvoll rings um her, bey denen die Eingeweihten immer dasselbe ausrufen, die andern keinen Ton und Sinn haben, eine schmale Brücke führte dahin, wen die Götter verlangten, der muste geopfert werden. Nach dieser Beschreibung Dietrichs von Merseburg glaubte der Consistorialrath Masch (Die gottesdienstlichen Alterthümer der Obotriten aus dem Tempel zu Rhetra am Tollenzer See, gezeichnet von Woge, erläutert von Masch Berlin. Rellstab) bey dem Dorfe Prillwitz aus einigen dort gefundenen metallenen Götterbildern die Gegend von Rhetra wieder zu erkennen und jene gewaltigen Bilder in ihnen. Der regierende Herzog von Meckl: Strelitz kaufte das Dorf Prillwitz und diese Sponholzische Sammlung; that hinzu, was schon in der Art sich zusammengefunden hatte, die Erde war aufgerissen es kamen von verschiedenen Seiten neue Funde, Herr Prediger Schmidt wurde Aufseher und das Ganze von ihm in einem Zimmer des Prillwitzer Schlosses aufgestellt und gezeigt. Er sagte mir, daß er eine Beschreibung des Ganzen bereite, von seinen Beobachtungen konnte ich wenig erfahren, mehrere Damen und ein nahes Mittagessen brachten uns gegenseitig 237
10r
10v
11r
Nr. 454
11v
r
12
aus der ihm nöthigen Folge, dazu kam noch ein verschimmeltes heydnisches Butterbrodt, was sich in einer Urne fand, einige Verwechselungen der Damen mit katolischen Heiligenbildern, eine Kinderfigur, auf dessen Kopf Tauber und Taube im Metall sehr lustig, alles Dinge voll Allegorie, welche die menschliche Verschämtheit nicht ohne Lächeln vorbey gehen kann. So ernsthaft wie Johann Potocki (in Voyages dans quelques parties de la basse Saxe pour la recherche des antiquite´s slaves ou vendes. Hamburg 1795) konnte ich die Sachen nicht ansehen, der in zwey Tagen alles abzeichnete, ich machte heimlich in mir eine Elegie die griechischen Buchstaben der Inschriften zu erklären, wie die Kinder des Phidias sich heimlich in den Winkel setzen, aus des Vaters Thone Würste drehen, Gesichter drin abdrucken, wie sie sich damit auf den Markt setzen, wie die Barbaren vorbeygehen und davor niederfallen, sie kaufen und verehren u.s.w. Der geographischen Vermuthung von Masch, daß der Wasserstand noch in späterer Zeit hier so hoch gewesen, daß die Hügel Inseln, die Ebene ein See war, wird durch verschiedene in den Ebnen bey Neu Brandenburg gelegene Grabmähler widersprochen, es sind mehr oder weniger, je nachdem man sein Auge beschränkt, doch nur unter dieser Bedingung, daß hier Inseln waren, konnte hier der Tempel von Rhetra seyn. Die Götterbilder daraus sind die aufgestellten bestimmt nicht, es sind achtzöllige Hausgötter, wie nachher noch mehrere von dem Todtenfeuer verschmolzen in mehreren Gräbern gefunden, Die ganze Sammlung ist aus dem Grabe erstanden, doch enthält sie alles, was jenen im Leben dauernd lieb war, Familien liegen zusammen, ein rundlicher Stein bezeichnet durch die Zahl platgeschliffener Seiten die Zahl der Graburnen darunter, die Hausgötzen, das Opfergeräth, ihre Waffen, Schmuck und Spindelsteine der Weiber, die Asche, die Thränensammler der Verwandten, einige Lieblingskunstwerke und Münzen liegen dabey. Die Bracteaten waren grossentheils sehr unkenntlich, eine griechische Kaisermünze lege ich im Abdruck bey, sie beweist wenigstens, daß diese Gräber aus keiner früheren Zeit, auch ist nirgend eine altdeutsche Spur an keinem dieser Denkmahle, alles ist Wendischen Ursprungs Götter und Inschriften. Einige Damen fanden die Aschenkrüge von ägyptischer Form, das heist sie sind bis auf ein Paar, sehr einfach, nicht hochgetrieben, mit einfacher Verengerung, es ist eigentlich aber noch keine feste Regel darin sie sind selten einander gleich, keiner von schöner dauernder Töpferarbeit, mehrere hygroscopisch. Zwey grosse metallene Krüge bey Neubrandenburg mit einem der 238
275
280
285
290
295
300
305
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 310
315
320
325
330
335
340
345
Basreliefe die ich beyfüge und andern Sachen gefunden sind sehr schön getrieben und zierlich liniert, wahrscheinlich fremder Arbeit und vielleicht geraubte christliche Weihkessel; ein Paar Löcher im Rande bezeichnen den Ort, wo sie an einem Metallringe gehangen haben. Zwey ihrer Natur und Arbeit nach ganz abweichende ganz bestimmt fremde und doch in Gräbern gefundene kleine gegossene Basrelieffe lege ich hier in Abdrücken bey, die ich der Gefälligkeit eines Herrn Wolff in Strelitz danke, der ein Schüler Schadows. Ein Paar chinesische Zeichen wollte ich abformen, die Potocki an einem der Stücke fand, sie sind aber doch zu gering und einzeln, um sie nicht wie mehrere andere für willkührliche mystische Zeichen zu halten. Unsere Königin ließ ein Diadem, die Princeß Solms Ohrenspangen in Gold nachbilden, die weiblichen Naturen haben etwas schön nützendes, sie sind nach der Nahrung, indem sie sich alles zu Gemüthe führen, ich kam mit der Ueberzeugung zurück daß in mir ein Paar solche Nationen stecken. Nur ein einzelnes ziemlich wolgerathenes Stücke erfreute mich, es war ein bellender Hund liegend auf dem Wirbel eines stachligen Knochens. Masch erklärt es aus der Rede eines Wendischen Fürsten, der zum Christenthum bekehrt doch noch ein Wendischer Hund geschimpft wurde, da rief er: »Nun wenn ich denn ein Hund bin und bleiben soll, so will ich auch bellen und beissen!« Er vertrieb die Christen auf lange Zeit. Das Bild müste auf jeden Feldmarschal- und Bischofsstab kommen. Karsdorf d* 28 May 1806. Ich bin früher ausgeflogen als die Störche, über die Erde trabe ich wieder leicht hin, was ich aus den Lüften brauche holt mir die Flinte, ich habe meinen Aufenthalt in Mecklenburg abgeschlossen. Vor mehreren Jahren, als ich durch diese Gegend reiste, gingen über meinem offnen Wagen in der Höhe des Hohlwegs zwey ungewöhnliche Sterne, beyde in Nanquin gekleidet, ein junger Mann und ein blondes Mädchen, er trug einen offnen Hals, eine Scherpe und Hirschfänger, eine Feder am Huth, mir war es, als käme ich selbst in die Dichtung des Wilhelm Meister hinein, wahrscheinlich war es auch eine Nachahmung davon, denn bald kam der Troß einer ziehenden Schauspielertruppe, ein Wagen mit aufgerollten und ausgespannten Dekorationen rings von verfalbten und verschminkten Männern und Weibern umgeben. Die beyden vorne schienen zufriedner in ihrer Nachahmung, als diese in ihrer Natur. Ungefähr mit dieser ganz ruhigen Betrachtung habe ich zwey Tage nach einander Vorstellungen auf dem PrivatThea239
12v
13r
13v
Nr. 454
14r
14v
15r
ter des Grafen Hahn in Remplin gesehen, wenn es nur das Beste wäre, was nachgeahmt würde! Der Tod seines Vaters hat ihn und die Sterne von einem Beobachter befreit, seine Liebhabereyen gedeihen an derselben Stelle, wo die Spiegelteleskope standen, er hat aber statt der Sterne die Erde, und zwar die Kotzebuesche abgespiegelt, die Welt ist aus dem Wasser entstanden und wäre sie auch vom schönsten Salze gesättigt so löst sie immer noch das schlichteste andrer Art auf, Kotzebuesche Stücke in Berliner Paraden, das wollte er und hat es erreicht Das Theater ist in drey Monaten aus einer Glashütte entstanden, nur von der Hitze ist etwas zurückgeblieben, sonst ist es von hölzernen Säulengängen zierlich umgeben, Palmen tragen zwey Logenreihen, in der Mitte ist eine Rosenlaube, worin diesesmal zwey sich mokirende mecklenburgische Prinze summten. Im Parterre sitzen Bürger und Gelehrte, im ersten Range der Adel, im zweyten unsre armen Leute. Die Kreutzfahrer und die Klingsberge von Kotzebue, Weiberehre von Ziegler, der Gefangne ein französisches Singspiel sind mit vieler Fertigkeit, aber mit entsetzlichen Weiberstimmen aufgeführt worden. Der Graf hat einiges Talent, wenigstens die Sicherheit eines geübten Schauspielers, er hat keine Anforderungen an die Kunst, er will nur wiedergeben, was ihn erfreut hat, ihm hält es eine lustige Geselligkeit zusammen, auch erlaubt er es sich, seinen Mitspielern bey Gelegenheit statt Wein bittre Tropfen einzugiessen, Stühle mit drey Beinen unterzuschieben, ihnen den Champagner entgegenzuschiessen, sie ertragen das nicht aus der Freude am Erwiedern; sie ertrügen auch mehr. Die Abende schlossen sich in Feuerwerken, Illuminationen, Bällen, als ich nach Hause fuhr weckten mich kalte Thautropfen, die mir von den Zweigen in die Augen spritzten, daß ich die Sonne sähe, es giebt doch eine Menge Kunst, welche sie nicht ertragen kann. – Ich setze meinen Brief in dem Getreibe des Rostocker Termins ruhig fort, ich wünschte daß jeder mit so ruhigem Sinn hier schriebe, aber sieben und dreissig Edelleute und Advokaten haben ihre Rechnungen schliessen müssen, und die übrigen drängen sich zwischen der Vorsehung und den ungeheuren Provisionen herum, es ist Geldmangel überall seit den beyden lezten schlechten Kornjahren und der Aussicht zum dritten noch schlechteren, die Verzweiflung macht dreizehn Spielbänke voll, das ganze Heer dieser reisenden Beobachter lauert, es ist ein Spiel auf Leben und Tod. Wo hoch gespielt wird, da giebt es viele politische Lügen, Hannover geht aus einer Hand in die andre, der König von Schweden soll nun bald etwas Grosses thun u.s.w. 240
350
355
360
365
370
375
380
385
Etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
390
395
400
405
410
415
420
425
Starrend wie Erdschollen drängt sich auf dem Markte das liebe Vieh und die schwarzen Bauern, die Pferdehändler dazwischen abgehärmt mit grossen Backenbärten, lustiger die Kinder mit Peitschen und zinnernen Spornen, ich kann vor keinem Hause vorbey, so schöne wohlerhaltene Giebel der ältesten bürgerlichen Baukunst habe ich nirgend getroffen, selbst Cölln nicht ausgenommen. Nur der edle Schiffgeruch am Strande kann mich noch höher erfreuen die Wolken thürmen sich rings wie Genua unter den Bäumen zwischen den Reihen der Buden, in dem Gedränge im Anrufen, warum sollte mir nicht hier so wohl seyn wie dort? Sah ich doch gestern das Meer wieder bey Warnemünde und es schulterte und schwenkte wie das beste Kriegsheer, und die herrlichen Gärten von Dobberan wie Schößlinge des grossen prächtigen Kirchenstamms, um den sie rings angelegt, eine Kirche die in ihrer Art auch einzig, voll Geschichte und Volkskarackter, des ganzen Ortes Entstehung. Ich schweife umher wie meine Reise, fast führte ich Sie in das Haus des Rostocker Voigts in Warnemünde, wie er mir alle Gerechtsame der Stadt entwickelt daß eigentlich der Herzog bey ihnen nur ein Gast sey. Die gröste Gerechtigkeit der Stadt ist, sich einige lächerliche rothe Soldaten zu halten, die einmal von zwey Mecklenburgischen Prinzen Erich und Baltzer, die dort studirten, in einen Sack gelockt und nachher in einen Sumpf gefahren wurden. Von ihrem Geschrey tragen sie noch jezt von den Studenten den Anruf Brumbären. Ausser diesem Geschrei Abends habe ich nichts von der Gelehrsamkeit der Stadt vernommen, kein Antiquar war zu finden, ich bin hier jenseit der Linie, wo die Büchermotten sterben. Die Zeitgeschichte trift am Markte zusammen, Napoleon und Schinderhannes in Wachs, ein Puppenspiel aus dem Hannovrischen: der arme deutsche Harlekin muß einem Franzosen das Schleifrad drehen, statt Lohn wird er ausgeschimpft, als er müde ist geht ihm der Franzose mit dem Messer zuleibe, da wendet sich das Blat, der Franzose wird zermalmt, auch in mehreren anderen Scenen bekömmt er immer Schläge, die Gewissensbisse roher Naturen. Die Freyheit pantomimischer Zoten näherte sich der alten Komödie. Recht anständig ist ein öffentliches Schauspiel, welches zum Vortheil des Grafen Hahn spielt, aber ernstlich zu seinem Schaden, er hat Schauspieler und Kleider verschrieben, so gut sie zu bekommen, es ging alles recht schnell und voll Lust, einige Komiker waren dem Volke sehr angemessen. Ich bedaure immer lebhafter, daß er sein Licht an beyden Enden ansteckt, es wird doch bald die Zeit treffen, wo ihm die Finger brennen. Es giebt der 241
15v
16r
16v
Nr. 454.E
17r
Widersprüche so viele, daß ich in Demuth lange Winter und Regenzeit durchlebe, das Beste in der Welt bleibt immer, daß sich alles auch verkehrt anwenden läst, es mag auch wohl gut seyn, daß ihm seine Kunstliebhaberey nicht soviel einträgt wie andern ihre Abneigung. Wie sehne ich mich nach dem heiligen Boden von Weimar unter die hochwaltenden Bäume zu den Quellen voller Ton, als Pilger in Demuth von der Ostsee zu Ihnen hinwandern zu können und doch dieser Kunstfreude zum Trotz raube ich Ihnen Zeit und Weile mit meinem Schreiben, damit ich mir einmal denken kann, wenn mir die Ohren klingen, daß ich Ihnen näher stehe: Könnte ich wie ein Grönländer Weissager meine Seele auf Augenblicke fernhin versetzen, ich könnte nicht abwesender seyn, als ich es doch zu weilen hier werde und nicht anwesender, als in diesem Augenblicke bey Ihnen, Hochverehrter! Ludwig Achim von Arnim
430
435
440
Wie bedaure ich Ihren Herrn Sohn nicht in Berlin zu sehen, recht vielen Dank für sein Andenken, mir wäre Berlin lieb geworden, wenn ich es ihm hätte zeigen können, doch wird es ihm an dienstwilligen Bekannten dort nie fehlen.
454.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf und Rostock, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 24v
Rostock. In der Unruhe ruhig, ich habe kein Schiff auf dem Meer, viel Bankerote, dreyzehn Spielbanken voll reisender Beobachter gehalten, ein Spiel auf Leben und Tod. Der Campagner fliest nicht, alles hängt zwischen der Vorsehung und ungeheuern Provisionen. Wo hoch gespielt wird, da giebt es viele politische Lügen. Auf dem Markte drängt sich starrend das liebe Vieh und die schwarzen Bauern, dazwischen die Pferdehändler abgehärmt mit grossen Backenbärten lustiger die Kinder mit Peitschen und zinnernen Spornen, ich kann vor keinem Hause vorbey, so viele schöne wohl erhaltene Giebel der ältesten Baukunst sah ich nie. Nur der Schiffgeruch kann mich noch höher erfreun die Wolken thürmen sich rings wie Genua unter den Bäumen zwischen den Reihen der Buden, in dem Gedränge in Unruhe warum sollte mir nicht so wohl seyn wie da. Auf dem Markte ist auch ein Harlekin, er 242
5
10
Vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 15
20
25
muß im Puppenspiel einem Franzosen das Schleifrad drehen, der ihn statt der Bezahlung tüchtig ausschimpft, er geht ihm endlich mit dem Messer zu Leibe, da wendet sich das Blat, der Franzose bekommt Schläge, die Gewissensbisse roher Naturen je mehr er schreit, jemehr lacht das Volk. Pantomimische Zoten dabey wie in der alten Komödie. Der Voigt in Warnemünde entwickelte mir die Rechte der Stadt, der Herzog ist nur wie ein Gast, sie dürfen sich einige lächerliche rothe Soldaten halten, die von zwey mecklenburgischen Prinzen in einen Sack geschoben wurden. Darin schreien sie Abends die Studenten Brumberen an. Wie können diese Kerls das Meer ansehen wie es schwenkt und scheltert. Auch unsre Flagge spiegelt sich nicht mehr darin
455.
An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806
Karsdorf
5
10
15
20
24r
Herzbruder! Drey Briefe von mir sind unterweges, ich wollte mich selbst schon auf den Weg machen, als vorgestern drey Zentner Pferdefleisch und Knochen und einige Pfund Sattelzeug mir auf die Lende fielen und einen fußlangen rothblauen Stempel darauf zurückliessen, der erst wieder abgenommen seyn muß. Ich habe hier manche Gefährlichkeiten ausgestanden, ins∧besondre ein umgekehrtes Stieglitzenwesen, die Stieglitzen müssen ihre Lebensmittel hinaufziehen, ich muß in die Spitze des Daches klettern, um auf den Abtrit zu gehen, und bey diesem gefährlichen Unternehmen ging es immer leichter oder schwerer doch immer gut ab, und dieses leichte Unternehmen einen braunen Engländer zu besteigen, davon kam ich so schlecht herunter, weil die Bestie überstürzte beym Bäumen und über mich herfiel wie die grossen Berg broken über die Titanen. Da ihm aber seine Lage auf mir so wenig Spas machte, als meine Lage unter ihm, so sprang er auf und blieb stehen, ich sprang auf und befühlte meine Knochen, ob alles noch im Zusammenhange, und als ich die Periode noch geschlossen, aber ein Paar Worte mit gedruckter Feder geschrieben fand, so machte ich mir mit Umschlägen einige Schmerzenserleichterung, hatte übrigens den Trost viele Leute erschreckt zu haben und viele mit mir 243
1r
1v
Nr. 455
2r
2v
3r
beschäftigt zu finden, ein rechter Schriftstellertrost. Als ich in die Höhe sprang dachte ich an zwey Anekdoten, die du eigentlich nicht kennen must, damit ich das Vergnügen habe sie dir zu erzählen. Die eine von einem Studenten in Jena im Hemde Hose und Stiefeln, der einen tödlichen Stich bekömmt, ruhig den Degen weg legt, seine Weste mit vielen metallenen Knöpfe zuknöpft, den Rock anzieht und dann todt niederstürzt. Die andre von Denon, der von seinem Pferde in Alexandrien fortgerissen auf das Bajonet eines Soldaten stösst und davon heruntergeworfen wird, der Soldat sieht sich nach im um, setzt seinen Huth quer und sagt: Voila un savant demoin. Denon aber hatte einen harten Thaler in der Tasche, woran recht allegorisch das Bajonet seine Spitze gebrochen und blos als Stoß gewirkt. Die Kirschbäume blühen ab und mein Bein auch, bald ist jede Spur des Falls verwischt. Es geht so viel unter Gestern ging ich zu einem wunderlichen reichen Grafen Hahn nach Remplin um einer Komödie zu bespötteln, der Mann hat da eine Glashütte in kurzer Zeit sehr zierlich zum Theater eingerichtet, die 2 Logenreihen hängen in Palmen, Prachtaufzüge und Kotzebue wird da aufgeführt, für die Kunst ist nichts zu erwarten, recht viel: für einen heiterern Genuß der Geselligkeit. Von meinem Tischnachbar, einem gewissen Römer aus Braunschweig hörte ich da im Nachfragen die unerwartete Nachricht von Winkelmanns Tode, Näheres wuste er nicht, doch daß er sich nicht irren konnte, dafür kannte er ihn zu genau, hatte ihn noch zu Weihnachten gesehen. Bald war eine grosse Tafelmusick, sie schien mir wie sein Todtenmarsch, ich wollte ihn eigentlich nicht besuchen wenn ich nach Braunschweig kam und doch that es mir leid, daß ich ihn nicht mehr besuchen kann, mir that manches spottende Wort leid, wir haben doch sehr schöne Zeit mit einander gelebt. Es liegt wohl ein vierfacher Thier∧kreis dazwischen und doch fühlte ich die schönen Tage im Garten wieder; ich sah ihn wie er so ernsthaft sich die Haare aufstrich und wenn die weggestrichen, diese eitle Thorheit, es lag doch eine Stirn voll schöner Hoffnungen darunter, er hat nie die Zeit getödtet, die Zeit tödtete ihn. Ich möchte ihn ehren wodurch, ich weiß nicht wie, denn er hat zuviel in der letzten Zeit öffentlich von sich gesprochen, er soll in der letzten Zeit Gedichte unter dem Titel Vergißmeinnicht herausgegeben haben. Ich fühle es doch tief, daß unter glücklicheren Umständen, ohne Veränderung seiner Lebensaussichten, ohne den steten Drang eines Städtchens wie Braunschweig zum schnellen 244
25
30
35
40
45
50
55
60
Vmtl. zweite Hälfte Mai 1806
65
70
75
80
85
90
95
Fortkommen ganz anerkannt also viel scheinen zu müssen, würde das was bey ihm unbestimmte verleuchtende Kraft war gewärmt haben, warum muste er auch der Schule in die Hände fallen, die das Höchste zu erreichen meinte, bloß durch Hinlangen nicht durch Steigen. Manches in seinen Gedichten hat mich gereitzt, die Poesie trat mir in ihm zuerst menschlich auf, keiner meiner früheren Bekannten hatte den Muth dazu, dabey lernte ich an ihm das Fertigwerden im Schreiben kennen, die nachfertigenden Drucker und Lichtpunkte um das Auge zu mahlen, das alle ansieht nach allen Seiten. Ich möchte gerne für ihn etwas thun und wäre geneigt, die besten seiner zerstreuten Gedichte, die so in einem nahen Untergange verfliegen, in unsern Liederbrüdern abzudrucken mit einem ernsten trockenen Auszuge seiner Bemühungen und Hoffnungen ohne Todesscenen, denn die hat er leider sich selbst zu viel und zu früh geschrieben, sammle doch, was du von ihm noch hast, auch aus seinen Briefen wäre wohl manches beyzubringen, unser eigenes Verhältniß zu ihm muß da fast ganz aufgegeben werden, es war zum Theil nicht schön, wenigstens unentwickelt, wenigstens nicht schön genug um es öffentlich zu machen, von allen Seiten wunderliche Anforderungen, die das Natürliche zerstörten, nur allein wie er öffentlich gern erschienen seyn möchte, denn seine Heldenstiefeln drückten ihn mehr, als er andre damit niedergetreten; viele sollen gegen ihn in Braunschweig sehr hart verfahren seyn, freilich wohl nicht ohne Veranlassung, aber wer kennt nicht die Philister, sie meinen ganz ruhig zu beleuchten und verbrennen dem armen poetischen Nachtvogel die Flügel, der ihnen ein paarmal ungeschickt um die Ohren geschnurrt – Ich kehre aus denen verschiedenen unruhigen Nachklängen zu dem Theater zurück, das mich mit seiner entsetzlichen Hitze wie eine ferne Zone umfing, die Nachrichten hatten mich so bescheiden gemacht, ich dachte immer daran, daß der von allen so trotzig immer das Wunderbarste forderte, hier nicht einmal das Kleinste mehr unternehmen könnte, daß mich selbst das Schnarwerk einiger Damen nicht zum Tadel erwecken konnte auf dem Theater war kein Schauspieler von Talent, der Graf hat Fertigkeit und Sicherheit und machte hübsche Possen, in denen er einigen Schauspielern bey vorkommender Gelegenheit allerley Dreck eingeben und Trinken ließ, dagegen sah ich die wunderlichen Gallerien, die Mägde die zur Kühlung ihre Hände heraushingen wie Hunde ihre Zungen, sie sahen mir alle aus wie von tausend Talenten gehetzt, wie sie einander vorkommen wollen; aber dagegen die allmälich verdampfende Furcht, wie sie 245
3v
4r
4v
Nr. 455.E
herabkommen von der Bühne und beynahe auffliegen, weil sie die schweren Courierstiefel mit Pfundspornen abgelegt. Es wurden die beyden Klingsberge und der Gefangene gegeben. Herr Gott wie miserabel kam mir Kotzebue wieder vor bey meiner höchsten gutmüthigen Stimmung muste ich es tausendmal rufen und das Publikum, das sich seiner erfreut.
100
105
455.E An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 Vgl. Nr. 462.E.
*456. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 Von Johann Wolfgang von Goethe, 26. Juni 1806: Ihr (Nr. 465,4–5).
Unfall war uns früher
durch Reichard bekannt worden
456.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 28v
An R. Wie die Natur die Jahre zu wiederholen, wie schön, Wie ein gleicher Tag zu kommen und zu gehen, die langen Lowenheilinschen Thaten in eine Corespondenz zwischen den erschossenen Husaren über seinen Rückzug in die Unterwelt, er wird ermahnt bey seiner bekannten Loyaute die angebrannte Pfeife Taback zurückzulassen, weil in der Unterwelt nicht geraucht werden dürfe. Zulezt sperrt er den Eingang, so bleibt alles am Leben. Ich schliesse meinen Aufenthalt bey dem travestirten Wilhelm Meister von Kotzebue. Statt aller Aufzüge sah ich doch den Aufzug der Bäume hörte die neuen Glückkinder, sehe den offnen Vorhang ihres Himmels, diese heitre Ruhe zur Geistesgemeinschaft der Arbeit. 246
5
10
Ende Mai/1. Juni und 14. Juni 1806
457.
5
10
15
20
25
30
35
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, Ende Mai/1. Juni (Sonntag) und Nachschrift vom 14. Juni (Sonnabend) 1806
Bester Bruder! Auf einen Pfingsttag es geschach Daß man die Wälde und Felde sach Schön lustig stehen mit Laub und Graß Und mannich Vogel lustig waß Und ich in Heidelberg Kirschen aß, Kirschen! Lieber Junge, Kirschen welche du in Göttingen der Tebelholemer so artlich in die Schnautze stekken kuntest, daß ich dir oft mit groser Liebe nach dem Maul sah; warum bist du nun nicht hier, ich habe mit meiner Frau Pfingsten einen herrlichen Spaziergang gemacht, der allein werth wäre, daß du ihn machtest, um drei Uhr morgens über Ziegelhausen und Schönau (da muß ja horndummes Zeug drin stehn – ich gebe ihnen 6 Kreuzer da) durch ein überirdisch schönes Thal nach Nekersteinach wo in einem Halbkreiß um den Fluß auf einem Bergrücken vier Wunderschöne alte Ruine lauren, Vier Brüder die Landschaden von Steinach genannt, erbauten sie, der die Vierte erbaute muß ein seltsames Genie gewesen sein, sie hängt wie eine Auster an dem steilen Fels, und ist inwendig so nett und Fest und eng und rein, wie aus einem Stück geschnitten, in der Kirche stehen die Vier Landschaden in Stein, jeder eine Harpfe an seiner Seite, denn sie hießen eigentlich Harpfenberger, und erhielten ihres grosen Raubens wegen den Nahmen Landschaden und zwar offiziel vom Kaiser, übrigens haben sie Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz immer treu gediend, und bei der ungeheuren Schlacht von Sekkenheim waren sie auch. Uebrigens habe ich dort Etwas erlebt, waß am Rhein nicht zu finden ist, Gesang und Unschuld, auf einem der Schlößer saßen 6 Mädchen auf einem flachen Thurn, der weit über den Neker und Alle Berge hinsieht, und sangen in reinem gleichen Orchesterton eine Reihe schöner Lieder in das sonnige Land hinaus, ich setze mich zu Ihnen, und bat sie sich nicht stören zu laßen, sie machten keine Miene und sangen herrlich weiter, die Lieder, die ich wolte, sagten sie mir ruhig her, und wunderten sich, daß ich manches nicht kannte, darunter ist ein lange Romanze (schlechtin der Art der Unerhörten Schuknechtshochzeit) von Piramus und Thisbe, die hier als Bauer und Baürin auftreten, der Löwe ist ein Wolf, er trägt in seinem Rachen ein wülles (wollnes) Lümplein roth. 247
1r
Nr. 457
1v
2r
Ich habe mir einige aufgeschrieben, sie nahmen uns so dann in die Mitte und begleiteten uns singend hinab. Da ich Ihnen meine Freude über ihren Gesang erklärte, sagten sie »Sie sind auch recht in die wahre Kitte gekommen« (Kitte, Kette von Rebhünern). – In dem andern Schloß hatte ich eine Szene, wie wir im Rüdesheimer nur trauriger. Das Mekern einer Ziege führte mich in ein Gewölbe, in der Mitte stand ein Bett, eine rüstige alte Frau, die ein Nachmittagsschläfchen gemacht hatte, stand schnell auf, und sprach wunderlich geschwind und leise, es war als sei sie eine Hexe, Welche den für mich unsichtbaren Freund mit der Hanenfeder wohl sehe, sie bettelte nicht, aber sagte sehr ernsthaft und schnell, Mein Kind ist in der Kirch, es hat zammen gelitten, jezt wollt ich mein Mittagbrod essen, es war ein Stük Brod, nun kam die Ziege dazu, und sah gar verdachtig drein, hier in diesem Bett hat mein verstorbner Mann vier Jahr krank gelegen, in diesem Bett sagte ich? – ja ja sist troken sagte sie, s steht troken, rings in die Stube regnets rein, hier ists troken. Fünfzehn Jahr bin ich hier oben, mein Mann war ein Schuflicker, sagte sie, aber ich hab nie seit der Zeit ein paar Schuh angehabt, ich fragte sie, ob sie keine Lieder wisse, sie sagte, ich habe 8 Kinder gehabt, 5 todgeboren, 2 sind gestorben, und das ich noch habe ist ein Stumm, ich fragte sie abermals, da sagte sie schnell Ich hab ein Hirsch geschoßen Davon hab ich ein Hosen Und wann ich die zerreiß, Schieß ich Sie dutzendweiß. Dann fragte ich von neuem, und Sie sagte, Ich habe ein Büchlein, darin steht, daß er in Himmel paßt wie eine Geisbohne ins Balsambüchslein. – wer? Sind Sie Katholisch – Ja! – der Dockter Luther – dabei lachte Sie und zog aus ihre Kiste ein zerißnes Büchlein gegen Luther vor; dann zeigte sie mir einen alten Kerker neben ihrer Stube und da ich Sie fragte, waß die vielen Kreuze hinterm Stubenofen bedeuteten – klagte Sie, daß alle Nacht ein schwarzes Gespenst sich dort sehen lasse. – Wir verließen sie, und ich dachte deiner, denn dicht nebem dem Schloß steht einsam und allein in der ganzen Gegend, eine ungeheure Kiefer wie ich sie in meinem Leben nicht gesehen, und wie sie auch wohl nur so einzlen werden kann, dieser dein herrlicher Vaterländischer Baum wird dir zu sehen viel Freude machen, ich muß sagen, es hat beinah nie ein Baum mir einen so ganz eignen Eindruck gemacht. – . Dein Brief wegen der Engelhard hat uns recht erfreut, 248
40
45
50
55
60
65
70
Ende Mai/1. Juni und 14. Juni 1806 75
80
85
90
95
100
105
110
wir haben sie gleich zitirt u persuadirt, aber, aber nach mehreren Tagen Bedenkzeit folgende schriftliche Erklärung erhalten, die wir dir mittheilen, du siehst daraus, daß Sie aus übergroser Gemüthszartheit sich nicht entschließen wird. Zu gleicher Zeit melden wir dir folgendes von einer Mademoisell Seidler, die sich nach der Aussage von Madam Voß ganz vortreflich zu dieser Stelle qualifizieren soll, sie ist der Voß von Paulus zu dergleichen Empfelung empfolen, bei welcher Paula sie in der lezten Zeit gelebt, in Jena wo sie her ist und zu meiner Zeit noch war, hat sie stets des besten Rufs genoßen, sie ist einer sehr großen Leibesgestalt, dabei sehr sanft, ohne alle Unverträglichkeit, liebevoll und biegsam, sie ist belesen, und ästetisch ohne literärisch zu sein, hat viele Haltung und Charakter, ist in weiblichen Arbeiten ein Genie, und in der Stickerei im ganzen Umfange dieser Wissenschaft als eine Künstlerinn bekannt, übrigens war ihr Vater Stallmeister, und die Tochter ist immer in Jena in der gebildesten Gesellschaft gewesen. Ich selbst weiß nichts von ihr, als nichts Böses, und daß sie so sehr groß ist. Wenn du dich direkte an die Paulus oder an die Voß wenden wolltest, wenn du sie überhaubt willst. Die Engelhard fürchtete besonders wegen ihrem Ruf, wenn sie so plötzlich außer Land und zwar durch dich, über den sie so viele Briefe geschrieben, gebracht würde, auch ist ihr Vater ein sehr prosaisch strenger Mann und würde es wohl nicht zu geben ect., mir ist es leid für sie und für deine Tante beiden wäre geholfen geweßen. Mehr oder weniger taugliche Subjekte wären die Louise Piautaz, Claudinens Schwester, welche jezt bei einer Polnischen Gräfin Tzalinska Erzieherin ist, Sie ist in Berlin, auch besonders Madame Levi bekannt, diese ist gewiß die schätzbarste Person vom Continent, sie ist durch Jugend und Tackt und Würde, und Geist so berühmt, als nur möglich ist, ohne im Freimüthigen gerühmt worden zu sein, ganz vortreflich wäre aber die Günterrode, wenn diese selbst nicht böse Augen hätte, ebenfals muste meine Frau mit unwilligem Wunsch auf Jette Schubart fallen, du kennst Sie, sie ist arm, bei nahe bettelarm, voll Talent, voll Fertigkeit, sie ließt gut, kann sehr gut englisch, sie ist mit den besten Schriften vertraut, sie hat Geist, sie hat eine ganz wunderbare Geschicklichkeit zu Handarbeiten, sie ist Sophiens arme Schwester, aber meine Frau wagt doch nicht sie zu empfelen, nicht als betrage sie sich schlecht, aber sie ist so der Welt entrükt, und verrostet in Einsamkeit, und so eigen, Gott weiß. Zwar ist sie in Vielem ganz verwandelt, wie es scheint, vielleicht in Allem, auch hat sie jüngst geschrieben, Coll werde wohl abreißen und dann werde 249
2v
Nr. 457
3r
Sie vielleicht Dienste suchen müßen. – Dieses wäre alles – du müstest an sie selbst schreiben, es wäre vielleicht eine grose Wohlthat gethan, sie hungert dann und wann, und doch ists närrisch, man kann sich nur drüber ärgern. – . Ueber dich hat sie wunderlich geschrieben, du wärst ihr wie ein Geist erschienen, sie wäre seltsam beengt gewesen, die Stube dunkel du ein groser Schatten, nur ein sanftes Lächeln, und eine so freundliche rührende Stimme, die sie tief in ihrem Innersten rühre, aber du hättest sie geängstet, Sie hatte denken müßen, du werdest in wunderlicher Angst umher getrieben auf Erden und hattest keine Ruhe – oho – oho – . Uebrigens hättest du ihr englische Romanzen versprochen zum Uebersetzen, und wie alle Menschen, (das heist wie Sie selbst) nicht Wort gehalten. Deine Romanze von der Hofnungsvollen Fürstin hat mich sehr erfreut, wie auch die Geschichte des Gefangnen, der Scherz und Ernst auf des Wärters Kopf zusammenbrachte. Ich habe jezt ein Zirkular wegen Volksliedern drukken lassen, und erwarte es stündlich aus der Drukkerei, ich nehme mir die Freiheit deinen Nahmen auch zu unterschreiben; – da das Ganze eine geringe Depense ist, verspreche ich mir doch manchen Vortheil, wie wäre es, wenn du auch für deinen Umkreiß so etwas drukken liesest, deine Anzeige im R. A. scheint doch von geringer Würkung gewesen zu sein. Ich werde meine Versendung aus den Staatskalendern adressiren. Ich glaube, daß es sehr gut wäre, wenn wir durch solche Zirkulare nach allen Winkeln hin arbeiteten besonders in die Gebirgs gegenden, um wo möglich den zweiten Band recht wenigstens in den Gattung vollkommen zu machen. So eben kömmt Zimmer von der Leipziger Messe zurück, er ist mit dem Abgange des Wunderhorns recht wohl zufrieden. Auch ich putze jezt an meinem Planetario Poetiko, für dich, nur habe ich nicht sehr viel zu butzen. Ich habe jetzt den Auffenthalt von Winkelmanns † Freund Kohler zu Neresheim in Schwaben (ist glaube ich auf der Landkarte deiner Dicken Fürstin gelegen ausgemittelt, dieser war eine Zeitlang selbst Bänkelsänger das Fragment vom Einsiedel Kutt in die Höh ist von ihm, ich hoffe dieser Mann soll Hand anlegen. Weißt du keine Quelle nach Tirol hinein, oder nach, Karethen Croia ect. nach Windisch Gratz will ich an den Hern Pagliarutschi den a la mode Haarsiebmacher, und nach Triest an den Herrn Crampagnia schreiben, aus der Schweiz höre ich oft von großem Mangel solcher Lieder, aber ich habe dennoch bei verschiedenen Männern angeknüpft ich glaube dieser ganze Mangel entspringt daher, daß sie so gar nicht 250
115
120
125
130
135
140
145
150
Ende Mai/1. Juni und 14. Juni 1806
155
160
165
170
wissen, waß man eigentlich will. In mehrere Schweizer Wochenschriften wird jezt eine Anzeige deswegen gedrukt. Ich lege dir hier einen meiner Briefe bei, ich habe 500 Exemplare, wenn das Formular dir recht ist, so will ich dir eine Parthie schikken, die ich dich besonders in Schlesien und im Riesengebirge zu verbreiten bitten muß. Doch bitte ich dich vorher um deine Erklärung. Ein Student von Speier hat mir eine kleine Parthie Lieder überreicht, die er für uns mit sehr vielem Sinne gesammelt, einige darunter sind vortreflich und ganz unbekannt. Der alte Elwert schrieb mir soeben, daß er mir bereits Einiges Geschickt haben würde, daß ihn aber die Krankheit und der Tod zweier geliebten Töchter daran verhindert, diese Kinder konnten das Wunderhorn beinahe auswendig, welches überhaubt ein wahres Erbauungsbuch bei uns ist. Ich habe seit langer Zeit keinen Vers geschrieben, bin aber durch ihre Sammlung wieder ganz angeregt worden, und sende Ihnen daher beiligendes Lied im Volkston das mir mein Herz am Grabe meiner Kinder erleichterte. Ich schreibe dir das Lied hier ab, es hat etwas sehr wahres, und man fühlt, daß Form wie Innhalt dem Mann recht nah stand, man könnte hieraus beweisen, daß die alte naive Liederform in gewißen Momenten zu einer klassischen zu erheben wäre. Vaters Klage.
175
180
185
Es stehen drei Stern am Himmel, Die blicken traurig herab. Zu Berkach an der Kirche Ist ein neugemachtes Grab. Ich hatte ein Kind, das war mir lieb, Sie haben es weggetragen, Ich muß, so lange ich lebe, Ums Weggetragne klagen. »Klage nicht um mein junges Leben Klage nicht um den schweren Traum, Viele Schmerzen hab ich gelitten, Still lieg ich unter dem Aepfelbaum.«
251
3v
Nr. 457
Du liegest unter Veiel und Klee, Doch zu kühl ist dirs da unten. Darum thut mir das Herz so weh. Keine Ruhe werd’ ich mehr finden. »Die Kühlung da unten spür ich nicht, Auch nicht mein hartes Kopfkissen, Wenn morgen der frische Tag anbricht, So scheint mir Sonn auf das Bette.« Und wenn die Sonn dir aufs Bette scheint, Wirst du doch nicht erwachen. So bitterlich Vater und Mutter weint, Du wirst es doch nicht hören. 4r
Ich weiß einen dürren Haßelstrauch, Der stehet im Feld allein, Auf der Hasel sitzt bei dunkler Nacht, Ein aschgrau braun Käuzlein. »Komm mit, komm mit!« rufts jede Nacht, Ich höre es wohl rufen. Ich hab mein Bündel zurecht gemacht Und will nun weiter Reisen. »Wohin soll deine Reise gehn? Und wann kömmst du denn wieder?« Ich will nach meinem Röslein sehn, Das mir so schnell verwelkte! »Dies Röslein blüht dir nimmermehr!« Es stehen drei Stern am Himmel, Ich wollt, daß ich da droben wär, Mein Röslein wollt ich schon finden. So singt der arme von Geschäften erdrükte Mann, muß er nicht eine schöne freie Seele haben, lieber Arnim wie wäre es, wenn du Reichard oder Luisen um eine einfache Melodie für das Lied bätest, und es mir bald zuschicktest, es würde für diese liebe Familie gewiß ein rechte 252
190
195
200
205
210
215
220
225
Ende Mai/1. Juni und 14. Juni 1806
230
235
240
245
250
255
260
Freude sein, und wenn du mir zugleich einen Brief für ihn beilegtest, er hat dich sehr lieb. – Auch der Sohn des Kriegsrath Merk seelig, von den wir die Göthschen Briefe in Trages lasen, hat mir einige Lieder aus seines Vaters Nachlaß geschickt, die aber meist aus dem Englisch scheinen. An Kosegarten bitte ich dich zu schreiben, er hat gewiß Manches. Die Riepenhausischen Umrisse zu Tieks Genoveva 14 Blatt mit prosaischem Text von dem jungen Schloßer sind nun im Buchhandel, ich habe sie ruhig durchgesehen, und mag sie nicht haben, sie sprechen mich durchaus nicht mehr an, in Frankfurt überraschten sie mich, aber die vielen alten Kupferstiche, die ich seit her gesehen, haben meine Bedürfniße sehr verändert, es giebt Geschichten, deren Darstellung ich nicht anders mag, als mit überwiegendem Charakter, damit ich an sie zu glauben verführt werde, und alle diese Figuren haben keinen Charakter, als Eleganz und die Genoveva ist so koquett, daß sie sogar biß in den Hungertod ihre Toilette gemacht hatt, und hätte sie es nur a la Ugolino, so wäre doch Etwas Leidenschaft und Bewegung im Ganzen, aber eine Figur gefällt mir, der einzige Hirt über dem toden Golo traurend, er hat von Allem, waß den Uebrigen ganz fehlt, so viel als ihm gehört. – . Die Jüdinn Seligmann von München sagte vorgestern bei Voß, daß es gewiß sei, daß Tieck katholisch geworden sei, auch werde er sich scheiden lassen, ich kann mir keine andere Ursache denken, als der Kürze wegen weil die Katholicken nicht tieckisch werden und seine Frau sich nicht von ihm scheiden wollte, hast du was davon gehört? Gott segne ihn und mache, daß wenn er Beichtvater wird man ihm ½ Duzzend baumwollene Schnupftücher verehrt, mir ists fatal dabei. – Deinen Kupferstichen habe ich beigepakt folgende Bücher, die ich auf verschiedenen Auktionen für dich um beigefüchte Preiße erstanden. 4° Heldenbuch – fl. 4 xr. 13 4° Ein Band Miszellen für Widertäuferei 3 – 8° Homulus tragodi Cölln 1600 – – 48 8° Olving Davidi Fastnachsp 1 – 12 8° Grobianus von guten Sitten – 30 8° Fischards Hexenbeschwörung 1 – 16 fol° Bokatius deutsch – – 5 – 6 – Ano 1477. 4° Apolonius – – 3 – 16 ist aüßerst selten ich ergänzte es aus meinem Exemplar, es fehlten einige Blätter, das Ganze macht fl. 19 xr. 21 ich lege dir noch ein Exemplar von Meisters Beiträgen, das ich zufällig doppelt habe, bei. Da ich wahrscheinlich bald in Zwikau we253
4v
Nr. 457 5r
5v
gen Abschreiben alter Lieder auf der dortigen Schulbibliotheck, waß mir vom Bibliothekar zugesagt worden, einige Gebühren zu bezahlen haben werde, so will ich dich dann bitten es mir dorthin zu zahlen. – . Unser guter Philosophus Fries ist von seiner Brautfarth nach Thüringen zurück gekommen, und hat sein ehmaliges Liebchen des Amtmann Erdmanns Töchterlein aus Altstädt als Frau zurük. Ein allerliebstes Weibchen, so unschuldig, naiv, und innerlich geheim gülden, daß es eine Freude ist, er selbst ist gar artig erwacht neben ihr, es ist ein Ehepaar so lieb und rührend, und wenn es möglich ist seines Gleichen zu produziren, so werden sie gewiß liebe Kinder erhalten. – . Hier studiert jezt ein alter Jugendfreund Winkelmanns, nachdem er schon Jahrelang als Theolog geschloßen hatte, wieder Jurisprudenz, er heist Knopf, vielleicht kennst du ihn von Göttingen, er ist ein Solidissimus, und spricht über alles wie über Winkelmann wie gedrukt, von den lezten Lebenswochen Winkelmanns spricht er schrecklich, er soll besonders durch enorme Liederlichkeit und beständige Wunderkuren an sich selbst so matt geworden sein, daß er weder handeln noch denken konnte, zugleich mit den fürchterlichsten Gewissensbissen über viele verlorne Freunde, wie ein Einsamer in seiner Vaterstadt, in Pläne und Windbeutelein verwikkelt. – . Lächerlich ist, daß Knopf die Tugend an Winkelmann darin erkennt, daß er so viele Schaam gehabt habe, keinem seiner frühern Freunde unter die Augen zu treten, ja ihnen sorgfältig auf der Gasse auszuweichen, und ich bin versichert, daß Winkelmann dies aus Hoffarth that. Man müste jezt seine Briefe an verschiedene Studenten sammlen, in denen er von Westphalscher Revoluzion, dem grünen Mantel, und Freundschaft spricht druken lassen als Pendant zu Göthes Winkelmann, ein sehr witziger Winkelmann und sein Jahrhundert ließ sich wenigstens schreiben – . Lebte er noch, ich hätte Lust dazu. Ausser meinen ewigen steten Durste nach deiner Person wandelt mich manchmal noch ein ganzer Privatlusten nach dir an, 1° wenn ich so in den Zeitungen und der Welt die preusischen Nouvellen höre, und wenn ich Preußen so von allen Leuten jezt verachtet sehe, dann wünschte ich ein paar trokne ernste Worte von dir oder eine schwehrmütige Miene, damit ich weiter zu fragen eine heilige Scheu tragen, oder deinen schönen Unmuth ehren möge, und 2° daß du mir meinen Eifer mit der Chemie ein wenig anfrischtest oder ganz legtest, sie hat mir doch nur dann recht gefallen wollen wie du sie triebst, es ist Kerl, weil dir halters man als Alles gut steht, der Degen, die Harfe, die Leier, das Rasiermesser, der Magnet, und der 254
265
270
275
280
285
290
295
300
Ende Mai/1. Juni 1806
305
310
315
320
325
Schmelztiegel. – Die Voß läßt dich grüßen, der alte Herr geht sehr damit um, sich ein Hauß zu bauen, er hat seine Dedikations Exemplare des deutschen Horatz und Hesiod selbst dem Kurfürsten überreicht, und ist gar vergnügt in Heidelberg. – Murr hat jezt ein Beschreibung von Wallensteins Ermordung herausgegeben, die viel interressantes enthält, besonders daß Wallenstein beinahe vor Podagra auf keinem Fusse stehen konnte und immer Rindfleisch auflegen mußte. Schreibe mir doch, ob und wie viel ich dir von den Zirkularen senden soll, und mache fort, hierher zu kommen dein 1 Juni 1806 Clemens Brentano Heidelberg Hier fehlen einige Seiten, die ich dir mit dem nächsten Briefe an dich sende, weil ich sie die Sendung nicht zu verspäten jezt nicht abschreiben kann, und doch selbst muß. Ich war mit Sophie und Hulda zu Fuß in Wallthürn auf der Walfahrt und fünf Stund weiter zu Miltenberg bei H Schwaab. Savigny ist mit Gundel bereits in Nürnberg, wo sie diesen Sommer bleiben, sie will dort niederkommen, ich will auch hin, und du sollst nicht fehlen, wir wollen den zweiten Band dort vollenden. Morgen 15 Juni gehe ich nach Fft wo Christian ist, den Gall zu hören, ich kehre nach Heidlberg zurück. Pfarrer Rother hat mir seinen grosen Vorrath gedrukter lieder, etwa 6 Mal so viel als wir haben gegeben, es ist manches dabei. Auch der Sohn des Merk in Darmstadt mehreres aus Vaters Nachlaß. lebe wohl.
6r
458.P Clemens Brentano Zirkularbrief zur Volksliedersammlung Heidelberg, Ende Mai/1. Juni (Sonntag) 1806
5
Wir nehmen uns die Freiheit, Sie um ihre Unterstützung in einem deutschen literärischen Unternehmen zu bitten, in dem Vertrauen, daß, sollten Sie selbst nicht dazu geneigt seyn, Sie unsern Wunsch wenigstens mittelbar befördern möchten, indem Sie ihn solchen Männern aus ihrem Kreise, mitzutheilen die Güte haben, welche sich diesem so würdigen als leichten Geschäfte gern unterziehen mögen. Wir wünschen nämlich, recht viele brave deutsche Männer, die mit dem 255
1r
Nr. 458.P
1v
Landmann und den übrigen untern Volksklassen in näherer Berührung stehen, dahin zu bewegen, alle ältere Volkslieder, welche die Tradition im Gesange dieser Stände noch erhalten hat, schriftlich aufzufassen. Das gewaltsame Vordringen neuer Zeit und ihrer Gesinnung droht diese Nachklänge alter Kraft und Unschuld ganz mit sich fortzureissen, und es scheint sich uns eine gute Gesinnung in dem Vorhaben zu bewähren, wozu wir Sie einladen, wir wollen nämlich literärisch zu befestigen suchen, was wir moralisch als beinahe untergegangen voraussetzen dürfen, jene frische Morgenluft altdeutschen Wandels, die noch in diesen Liedern weht, deren wissenschaftlichen Werth für Sitten und Sprachgeschichte auseinander zu setzen, hier nicht der Ort ist. Wir bitten Sie uns die Ausbeute ihres Sammlens sodann zu öffentlicher Bekanntmachung mitzutheilen, und besitzen wir gleich schon einen ansehnlichen Vorrath solcher Gesänge, so zweifeln wir doch nicht, daß sich noch manches vorzügliche finden dürfte, und wünschen so viel als möglich wenigstens in den Gattungen vollständig zu werden. Ausser der dankbaren Erwähnung des Einsenders, versprechen wir auch, wo es verlangt wird, für alles, was wir nicht schon besitzen und aufnehmen können, ein den Gränzen des Instituts entsprechendes Honorar, das nach der Bekanntmachung entweder baar oder in äquivalenten auszuwählenden Büchern erhoben werden kann. Vorzüglich wäre auf jene Lieder zu achten, welche die Kunstsprache mit dem Namen Romanze, Ballade bezeichnet, das ist, in welchen irgend eine Begebenheit dargestellt wird, Liebeshandel, Mordgeschichte, Rittergeschichte, Wundergeschichte u. s. w. je älter und einfacher, je größer der Gewinn. Weiter scherzhafte und elegische Volkslieder, Spottlieder, charakteristische Kinderlieder, Wiegenlieder etc. Alte Dienstboten, Kinderwärterinnen, haben meistens diese Lieder im Gedächtniß und viele Dörfer beurkunden ihren Reichthum an solchen meist in den gemeinsamen Gesängen der Spinnstuben. Die Lieder sind uns in der Mundart jeder Gegend, wo sie gesammelt sind, willkommen, und kann von manchem die vortrefliche Melodie mitgewonnen werden, doppelt werth. Sehr angenehm wäre uns zugleich, wenn, sollten Ihnen handschriftliche Sammlungen solcher alten weltlichen Lieder bei Bauern, Bürgern, Handwerkern oder Schullehrern vorkommen, Sie solche uns entweder käuflich oder gegen Belohnung zur Einsicht verschaffen könnten; ähnliches wünschen wir, wenn Sie von jenen gedruckten musikalischen weltlichen Liedersammlungen auffinden sollten, die in so großer Menge von 1500–1650 in 8. queer 8. und 4. meist in Nürn256
10
15
20
25
30
35
40
45
3. und 10. Juni 1806
50
55
60
65
70
75
berg, München, Frankfurt u. s. w. herauskamen, auch alte gedruckte fliegende Blätter mit Liedern sind uns willkommen. In wiefern wir uns aber berufen fühlen, Freunde deutscher Art und Kunst zu solcher Mithülfe einzuladen, glauben wir durch eine bereits herausgegebene Sammlung (des Knaben Wunderhorn – alte deutsche Lieder. Heidelberg bei Mohr und Zimmer 1806.) dargelegt zu haben. Ausser dem Beifall aller unbefangnen das Trefliche in jeder Zeit und ihrer Form ehrenden Leser ist diesem Buche das Glück geworden, in der Jenaischen Literaturzeitung den 21sten Jenner 1806. Nr. 14, und 15. einer so ins Einzelne gehenden und günstigen als scharfsinnigen und originellen Recension zu genießen, man möchte sagen, jene Lieder seien durch die herrlichen und kräftigen Worte, die ein Solcher über sie ausgesprochen selbst herrlicher kräftiger geworden. Dieser Würdigung, Aufforderung und eigner guter Gesinnung genug zu thun, lassen wir diese Einladung an Sie und andere gütige Freunde deutschen Gesanges ergehen, uns in der fortgesetzten Bekanntmachung des vaterländischen Schatzes alter treflicher Volkslieder durch Beiträge zu unterstützen. Wir bitten Sie zugleich, Ihre weiblichen Verwandte und Angehörigen besonders zur Mitwirkung einzuladen, da Frauen meistens für frühere Eindrücke einer ungestörteren Erinnerung genießen, und besonders weibliche Dienstboten denselben ihre Gesänge lieber hersagen. Zeitraubenden Briefwechsel zu vermeiden, bitten wir Sie ihre Neigung für unser Vorhaben nur dann erst zu erklären, wenn Sie Ihr Schreiben bereits mit einer kleinen Sendung alter Lieder oder Nachricht, wo und wie solche zu finden, begleiten können. Sollten Sie sich aber nicht mit unsern Wünschen befassen können, so wird dieses selbst alle Erklärung unnütz machen. In der Hoffnung erfreulichen Erfolgs und im entgegengesetzten Falle Ihrer Verzeihung mit vollkomner Hochachtung
459.
2r
Von Bettina Brentano nach Berlin Trages und Frankfurt, 3. und 10. Juni 1806, Dienstag und Dienstag
Es sind nun schon 3 Wochen daß ich mir Täglich vornahm Ihre Neustrelizer Verdeutigung zu beantworten, und immer hat mich das herr257
1r
Nr. 459
1v
liche Wetter davon abgehalten indem es mir nicht erlaubte zu Hauße zu bleiben; heut ist nun der erste Regentag und diesen will ich fest halten bis ich alle Schuld abgetragen habe. Ich war recht traurig meine Marburger Wohnung zu verlassen, Noch eine Stunde vor unserer Abreise, erstieg ich den alten Thurm (den ich schon fast zu jeder Stunde des Tags und der Nacht besucht hatte) man sieht von diesem weit herum bis auf den Feldberg, den auch Sie von Ihrer Frankfurter Wohnung aus sahen, ich wolte mir die Gegend noch ein mal recht ins Herz prägen, es war morgens halb vier grade um die Zeit da Gott die Welt aufs neue erfrischt mit Nebel und Thau sie anhaucht, es hatte die Nacht geschneet, das alte Schloß hoch hinter mir, schien noch in kaltem Morgenschlummer so thauigt so stumm und grau, die ganze weite Gegend war mit leichtem Schnee bedeckt, in dem Garten zu meinen Füsen wo das junge Grün unter den Flocken hervorschaute, sang eine Nachtigall, sie muß den Schnee für Blüthen gehalten haben, Gott gebe kein Thauwetter, bis ihre kleine Kehle müde ist, sonst muß sie ihre Freude in dem Augenblick ihrer Entzückung zerrinnen sehen. In dem Hof sah ich unsern bepackten Wagen stehen, der machte mich recht traurig ich machte die Augen zu und die vielen herrlichen Momente, in denen ich in manigfaltiger Beleuchtung ein freies Stück Welt beschaut und mich daran ergözt hatte, tratten mir lebhaft ins Gedächtniß, so ganz allein und doch so froh und ruhig war ich noch nie, wie dieses halbe Jahr, und es war doch Winter, nun muste ich grade in dem Momente, wo alles in seeliger Erwartung ist, von Schönheit und Genuß derselben, wegziehen, aus einer Wohnung, wo die Menschen über Blüthen hergehen, wie Engel über leichte Wolken, fort in die enge Straaß in mein dunkles Zimmergen, nach Frankfurth. Wenn ich das Leben eines Wanderers recht bildlich beschreiben wollte, so würde ich diese Gegend nehmen, so wie ich sie aus meinem Fenster sah, jung und alte Wälder zur rechten und zur linken, einsame stille Thale, wo es recht wild aussieht Brücken und Stege über groß und kleine Flüsse, schlänglender Pfad am Berg hinan, Bronen unter dem Baum, viele Dörfer hier und dort an Berge gelent, an denen das Abendroth hinauf klimt und alles vom Wind von Sonn und Mondlicht in Bewegung und Leben gesezt. Und da war ich so froh, wenn ich mich an einem hellen Tag so recht müde geklettert hatte immer noch höher immer noch besser wollt ich sehen – ob ich wohl ferner im Leben noch diesen Eifer haben 258
5
10
15
20
25
30
35
40
3. und 10. Juni 1806
45
50
55
60
65
70
75
werde, immer noch höher zu steigen immer noch besser zu schauen und zu erkennen, was gut und schön ist. Sie werden wohl vor einem 4tel Jahr in der Braunschweiger Zeitung gelesen haben, wie daß der gute Winkelmann an einem biederen Nervenfieber, seinen Trepas erreicht hat, vielleicht haben Sie aber wie ich und andere diesem keinen Glauben beimessen wollen, ich kann Sie aber mit völliger Gewißheit versichern daß er nicht mehr unter den lebenden bessern Menschenkindern zu finden ist. Gall ist in Frankfurth und wird morgen seine Vorlesungen dort anfangen er hat sich in Claudinens schöne Augen verliebt, sieht den Ganzen Tag hinein und spricht von tausend Organen und Sinnen die in und um diese Augen liegen, Claudine last sich das alles nicht übel gefallen, und sieht zum wenigsten in Galls Augen sich als ein Lumen. es ist sonderbar ihre bisherige Kränklichkeit entstand hauptsächlich wegen Gall, und nun sieht sie den Leibhaftigen Gall, mit so viel Freundlichkeit an hat alle Aversion verlohren, die Frauen aus unserer Familie werden seinen Vorlesungen alle beywohnen, die Furcht welche ich vor den Raisonnements habe, welche deswegen beym Frühstück am Mittag und Abend essen gehalten werden, hat mir schon jezt einen gewaltigen Eckel vor dem Menschlichen Gehirn, nebst allen Organen gegeben. Dem Clemenz werde ich es schreiben der kömmt vielleicht nach Fr: und giebt dem Ding einen Politischen Schwung ins Possige, auch Cristian wird wahrscheinlich kommen wenn ihn nicht sein Fleiß abhält, der so groß ist daß er nicht einmal in der Ferien zeit abkommen konnte um noch einige Tage mit dem Savigny zu sein, welcher noch diese Woche nach Nürnberg zuseeglen wird mit seiner Gemalin, um dort das Ende einer zweiten guten Hoffnung abzuwarten, ich gehe nach Frankfurt, wo ich recht ernst nur allein der Musick leben werde, da sollen Melodieen ausfliegen von meinem kleinen Tauben∧schlag, daß man glauben wird es sey ein Nachtigallen∧schlag oder Triller oder Gesang wie sie es nennen wollen, und diese sollen alle nur ausfliegen wenn der Wind nach Berlin zu weht ich drehe wieder jezt welche zwischen den Lippen, wie die jungen Bursche die Blumen Sträußlein am Sonntag – wenn ich nur ein Clavier hätte oder sonst ein reines Instrument mit dessen hülfe ich sie zur Welt bringen könnte, ich kann mir noch nicht recht helfen, und es kostet mich immer noch Mühe so etwas fest zu halten wie sie wohl wissen, aber den besten Willen hab ich. 259
2r
Nr. 459
2v
Nun bin ich in Trages, wenn Sie hier wären Sie würden gewiß schon manchen Guckuck geschossen haben; sie schreien einem den ganzen Tag die Ohren voll in dem kleinen Birken wäldgen daß Sie wohl kennen treiben sie sich von Baum zu Baum und wetteifern mit dem benachbarten Froschteig. Die Nachtigall die mag sich wohl drüber ärgern die schweigt den ganzen Tag bis es Nacht ist und alle in festem Schlaf liegen, dann biegt sie sich mit ihrer kleinen vollen Gurgel ganz vorne auf die kleinen Dünnen Aeste und wiegt sich und Trillert und Singt, als wolte sie ein neues Leben ersingen. Sie wundern sich daß ich Ihnen nichts von Cassel und der Bildergallerie erzählt habe – Ich verstehe gar nichts von Bildern, ich kann nicht sagen dieß war herrlich, und dieß hat mir gefallen, es war mir immer als ob ich einer Versammlung von Gestaldten und anderer Darstellungen, dargestellt würde Die Art ihrer Entstehung war mir ganz verschwunden, und ich fragte mich tausend mal, wie sind diese Bilder hier, was haben sie für ein Leben was ist das, das ernste, traurige, freudige, entzückte, daß ewig sprechende, das verstummende der unendliche Contrast in vielen, in einen stillen Frieden in höchster Ruhe verbunden, ja ich konnte die Lippen nicht bewegen und da einer sprach so war ich erschroken, und wenn ich mir dachte dieß alles ist Farbe mit Weisheit und Klugheit auf Tuch gemahlt so konnte ich es nicht mehr glauben, ich habe denn viel nachgedacht worinn wohl dieser ewige reine Ausdruck im Bild auch den Betrachtenden so ewig fest hält zur Bewunderung, Ein lebendes Gesicht mit vollkommen edlen Zügen macht in der Beweglichkeit und Manigfaltigkeit seiner Geberden lange nicht so Tiefen Eindruck auf mich wie der Apoll den ich in Cassel sahe und wenn die Göttlichkeit die in einem solgen Kunstwerk liegt, ins Leben der Menschen geräth, daß sie sich aufdrückt, darstellt, wie ein Bliz, der die Welt erleuchtet und verblendet, so muß man lieben, ja ich stelle mir oft nicht anders, wie daß die Göttlichen Kräfte, die manchmal im Menschlichen Leben erscheinen, wie, Liebe, selger Enthusiasmus, Hoffnung, und Dichtung, ja selbst Stellungen und Geberden in Unschuld und Feuer, all von diesen Steinen ausging, kalt in der Berührung, im Geist warm, ewig warm in der Ferne; und warum sollte es nicht so seyn. Die Menschen übten sich in der Erschaffung, langsam bedächtig ging es von Stadten, in währender Zuversicht auf Gott, daß das Werk gelingen möge, und Leben kam hinein, aber nicht daß im Bliz erscheint durch den Gedanken Es werde – es ist in sich unzugänglich, aber mit Willen verbreitet es sich in 260
80
85
90
95
100
105
110
115
3. und 10. Juni 1806
120
125
130
135
140
145
150
155
Tausend Herzen und Schafft wieder, – alles, die Welt in Tausendfachem wiederschein, und erweckt und giebt daß was der Liebe werth ist. Und wenn ich nun gar an Musick denke, die so Augenblicklich erscheint und wieder weg ist, und so lebendige Beweise ihrer Erscheinung zurück läst in Dreyfach angeregtem Leben, so muß ich die Augen zu schließen, und darf nichts irdisches mehr schauen. Bettine Fr d* 10 Juny So eben erhalte ich einen Brief vom Arnim vom 11ten May, die Addresse schon ganz abgenuzt und der Brief schon ganz voll Sporflecken, ich kann es nicht begreifen da die Briefe sonst von Berlin hier ins Haus alle in 6 Tagen kommen, ich bitte sie die Briefe nicht mehr zu frankieren. Die Brüder sagen es sey dieß schuld daran, daher werde ich es auch nicht mehr thun. Ich merke an Ihrem Brief, daß wir beyde recht artig von Nachtigallen plaudern können, und wenn es darauf ankömmt unser Brod zu verdienen so werden wir beide ein gut Stück Geld gewinnen. Cristian ist hier und hört dem Gall zu, wie auch alles aus unserm Haus was Mensch heist. Gall sagt von mir ich habe ein starkes Musick Organ, wie auch viel Gedächtniß, was ich aber in einem hohen Grad besize sey der Mordsinn. Meine große Beschäftigung hier, ist, meine Altan zu verzieren, ich habe jezt eine schöne Kreuz Tanne darauf gepflanzt die weht und dreht sich mit ihren feinen Zweiglein. Nun noch etwas vom Familien Convent. Savigny und Gundel sind in Nürnberg. Toni und Marie sind im Begriff die Familie zu vermehren, erste ist bey sehr guter Laune, ein seltner Fall in solgen Gelegenheiten. Franz hat einen Garten gemiethet von einem Zuckerbäcker, mit sehr herrlichen Partien, als da sind 1stens, eine Menagerie, worin ein Huhn welches Täglich ein Ey legt aber ein goldnes 2tens, eine große Bilder gallerie, welche in zwey lang und schmaalen Säälen besteht, und das Licht durch kleine Spiegel sehr schön dirigiert ist, es sind herrliche Landschaften darin, von den ganz alten, wie Sie welche in Kupfer haben. 3tens. Eine Löwen Grube von Bronz im erhabensten Styl es fehlt nur der Daniel darinn, wes wegen wir Sonntags gewöhnlich den Anton in einem braunen Rock hinein plasieren, der sich als Daniel recht artig geberdet 261
3r
Nr. 459
3v
4tens. ein springendes Waser worin schöne Karpfen schwimen mit Staduen verziert, ist jezt mit Brettern zugedeckt, weil es zu Gefahrvoll für die Kinder. 5tens. ein Merkur zwischen einem jezt unbrauchbaren Bad haus und einem pp: das ganze mit Rosen und Fichten umwachsen 6tens. ein Tempel der Minerva, mit kleinen Stülen versehen worauf man sich hin und her drehen kann, dieß ist Franzens Lieblings ort, es wird gewöhnlich Cafee da getrunken. 7tens eine Pyramide mit einer vergüldeten WeltKugel auf der Spize, welche mit Lorbeer umwunden ist, eine Anspielung auf die Eroberung Bonapartes, wir brauchen sie indessen zum Scheiben schießen. 8tens ein schöner Bronnen. 9tens ein Frühstücks Cabinet eingerichtet wie ein Tempel auf dem Altar kann man trinken und essen, und in demselben das Geschirr aufbewahren. 10 Virgils Grabmal sehr schön nachgeahmt, mit wilden Thieren von Bronz verziert, die da liegen und stehen als wenn sie eben einbisgen zum Plaisir daher spaziert wären, 11tens ein schönes Vogelhaus, es sind zwar jezt keine Vögel da aber es waren doch welche da daß kann man noch deutlich sehen 12tens ein sehr schönes Haus, ein kleiner Palast, mit einem Hof worin eine Wasser Pumpe, auf welcher ein Löwe in Stein aus gehauen, das Hauß besteht in zwey Antichambre und einer herrlichen Ausicht auf die Landstrase, ein Schorstein welcher darin befindlich ist, wird auf eine künstliche Weise zur Küche gebraucht, es scheint das übrige vom Haus ist theils vergessen, theils nicht ausgebaut worden, sonst würde es allerdings sehr Geräumig und groß seyn. Die vielen sonstigen kleinen Altäre und Opferstäten in den Wäldern umher und dunklen Rosen Lauben, will ich gar nicht gedenken, wie auch der verschiednen Staduen, herrlichen Ausichten auf das Bockenheimer Thor, schattigen Alleen, prächtiges Hunds haus, worin ein schöner schwarz und weis gefleckter Spiz, schöne Kirschbäume, Erdbeeren und was der gleichen mehr. Doch eins muß ich noch erwähnen, es ist eine schöne Laube von weisen Latten, worin die ganz Tischgenossen schaft alle Sonntag speist, in warmer Sonnen hitze aufs aller angenehmste, der Daube Pater nicht aus genommen. – Von Clemenz hab ich in ewiger Zeit nichts gehört. Vor 8 Tagen habe ich 43 der schönsten Briefe Göthes abgeschrieben an F: v: Laroche voll Liebe zu meiner Mutter, und ein Gedicht, in kindlichen Worten, Gottes Wort nachahmend Bettine 262
160
165
170
175
180
185
190
195
14. Juni 1806 200
Ç1r aoR:È nächstens Lieder, von den gesammelten und componirten Ç3v quer zur Schreibrichtung über dem bereits geschriebenen Text:È Ist mein Johann von Leiden nicht bey Ihnen angekommen es wäre schade wenn er verlohren gegangen wäre
*460. An Hans von Schlitz in Karstorf Berlin, etwa 10. Juni 1806, Dienstag An Clemens Brentano, 14. Juni 1806: Onkel geschrieben (Nr. 462,20).
461.
5
10
15
wegen der Sailern habe ich an den
An Bettina Brentano in Frankfurt Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend
Berlin d* 14 Juny 1806 Nach dem ich mir durch Pfeifen, Singen und ein Paar Liedchen wie gährender Most Luft gemacht habe, glaube ich Ruhe genug gewonnen zu haben Ihnen lieber Mahler Müller, für alles Schöne recht viel Schönes zu sagen. Einmal Ihrer sehr glücklichen Hand, die ich mir neben dem Briefe mit der Feder abzeichne, um mir nur einige Anschaulichkeit von Ihrem Unternehmen zu machen. Ganz schämerlich sehe ich dann meine Hand an und zweifle, ob mein Johann von Leiden je so rein und vollständig daraus hervorgeht, wie hätte er sich träumen lassen, in später Zeit noch einmal so wiedergeboren zu werden; ja wenn ich zum Werke komme, es kann nicht fehlen, daß ihn dies in seiner Ungefügigkeit hält, daß er denkt sein Bild zu entstellen, was ihm das beste Schicksal des Lebens bereitet. Wie baue ich dem Büchlein einen Schrank, dem Schrank ein Haus, dem Hause eine Stille, daß ich es immer und immer lesen kann, vorwärts und rückwärts, es ist wirklich an sich eins der merkwürdigsten, darum ist es aber nicht! – Ich fange von vorne wieder an, denn ich thue doch nichts als dahlen, während ich im Manuscripte blättre. Ja da hätte ich lange rathen können, welche Arbeit Sie für mich bereiteten, darauf wäre ich doch 263
1r
1v
Nr. 461
2r
2v
3r
nicht gefallen! In Karsdorf als ich eben fortreisen wollte, schlug sich ein Engländer mit mir über aus Allegorie wegen der Kapereien der Engländer gegen uns, ich lag wie ein Titane unter dem Berge, der Berg stand auf, ich auch, aber ich war lahm, Nachts verjagte das lebendige Blut das geronnene, ich träumte ängstlich, da las ich mir Ruhe in einem dünnen geschriebenen Buche, das aus der Luft, jezt kommt es mir vor, als hätte es gerade so ausgesehen wie dieses Buch mit der doppelten Thüre, wo mir der König immer muß Rede stehen. Ihre Majestät! – Was beliebt? – Um welche Zeit sind sie gemalt worden? – Was weiß ich davon, denn ich bin so zu sagen erst am Leben seit ich gemalt bin. – Ihre Majestät ich will Ihnen auch etwas mahlen, kommen Sie gefällig heraus. – Ach lasst mich, ich will aber nit, lasst mich in Ruhe. – Er klapt die Thüre zu und ich bin wieder so klug wie vorher. Zwischen den Reihen gehe ich nun recht langsam spazieren, es ist so angenehm heiß, welch ein prächtiger Schatten unter diesem B, es blüht eben, das ist ein sehr wundervoller Garten gleichsam ein in Reihen gepflanzter Wald, nun beleben sich die Bäume, fangen an zu tanzen, ich bin auch nicht faul dabey. So anmuthig spielt sichs mit Ihrer Güte, wie der grosse Alexander den Homer, so lege ich mein Manuscript mir unter den Kopf um gut zu ruhen, ein gut Gewissen ist ein sanftes Ruhe kissen, nichts ist so gut, nichts so gewiß wie mein Manuscriptchen. Was soll ich dagegen schicken, ich Aermster, Lieder, ein Paar kleine neue Stücke, das lese ich Ihnen lieber selbst vor, daß Sie es verzeihlich finden, ich weiß nichts als dies Notenbüchlein, mein musikalisches Leben geht hier erst wieder an, ich bin entwöhnt worden, aber das Zahnen bringt mich wieder an die Brust, ich sauge wieder mich toll und voll in dem süssen Zeuge, auch Ihre Lieder höre ich zu weilen, doch vertraue ich sie nicht allen, seitdem sie mir einmal in ein verdammtes Scheerwerk mit Schnüffelaccompagnement versetzt wurden, ungefähr wie Circe die edelsten Helden verwandelte Wie ein schönes Gesicht mit einem grossen Feuermahl, so giebt es angenehme Frauen, die ganz bärtige Stimmen haben, ich habe schreckliche Erfahrungen darüber in Mecklenburg gemacht auf einem Privattheater. Ich könnte Ihnen viel Anmuthiges von diesem Theater erzählen, aber ich erfuhr dort den Tod Winkelmanns, den Sie wahrscheinlich früher läuten hörte, ich las in langer Zeit keine Zeitungen, das plunderhaft ausgeflickte nachgeahmte Leben mit seiner spielenden Pracht und die stille Hütte so mancher Hoffnungen und Wünsche wechselten mir so unangenehm, als wie ein Hygrometer das ewig dem alten Kapuziner 264
20
25
30
35
40
45
50
55
14. Juni 1806
60
65
70
75
80
85
90
die Kappe abzieht und aufsetzt, mit seinen Prophezeihungen ärgert. In solcher Zeit ist aller Streit geschlichtet und die Erinnerung spinnt sich in allen guten Stunden ein, ich kann es ihm nicht vorwerfen, daß er vieles über seine Kraft unternahm, wer kennt seine Kraft, ich hätte nie gedacht über diese Heroengestalt hinzuschreiten, ich denke ihn in einer Auswahl des Besten aus seinen Arbeiten in unsern Liederbrüdern ein Denkmahl zu setzen, so gut oder so schlecht als er sich die Steine gestrichen und gebrannt hat. In ihm ist mir Poesie zuerst menschlich erschienen, ich erkannte dieselbe Kraft in ihr wie in allem und dieselbe Mühe, so wagte ich es auch mit meiner Kraft in meiner Mühe; in ihm wurde mir klar, daß die Verkehrtheit allein das Wunderbare des Natürlichen aufhebt, er soll sich durch entsetzliche Wunderkuren zerstört haben, durch ewige Sehnsucht nach wunderbarer Empfängniß zerstörte er schon früher alle seine natürliche herrliche Bildung, doch das alles war nicht sein Fehler das war der Fehler seiner Schule, die Todten aber müssen erkannt werden, so gehören sie noch zu den Lebendigen. Gewissermassen ist er ein wahrer Wieder täufer und so trift er auch darin mit meinen früheren Planen zusammen, auch in ihm das Ausplatzen von Bestrebungen, die erst später vielleicht zum gewissen Daseyn kommen, eben die Keckheit in Unternehmungen und augenblendendes Glück im Beginnen und stolzes Verschmähen des Unbewusten. Noch während Galls Vorlesungen in Braunschweig, so erzählte mir sein Todesbothe, soll er auf wunderlich überhebende Art nichts angesehen und wie eine Pagode mit dem Kopf geschüttelt haben. Ich sehe wieder nach ob mein Leidner König nicht den Kopf schüttelt, er steht aber noch unverändert. Erinnern Sie Sich noch des kleinen Gläschens, Ihr Meßgeschenk für mich, worin ein Paar Erbsen wie Weltkugeln, etwas Flittern wie Sonnen aussehen, warum sollten sie es nicht seyn, geben doch viele die Welt für ein Linsengericht hin, so soll auch Johann von Leiden jezt besser werden, ob er gut wird darum, das weiß ich nicht, niemals so gut wie ich Ihnen bin in aller Hochachtung Achim Arnim
265
3v
4r
Nr. 461.E
461.E An Bettina Brentano in Frankfurt Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend 18v
An B. d* 14 Juny. Nachdem ich mir durch Pfeifen Luft gemacht, kann ich für alles Schöne Ihnen etwas Schönes sagen. Ich zeichne mir ihre Hand dabey, wo bau ich dem Büchlein einen Schrank, dem Schrank ein Haus. Ich glaube sicher ich habe von dem Büchlein geweint. Ich klopfe an die Thür des Königs, bis er sagt daß er erst am Leben seit er gemalt. Ich gehe zwischen den Reihen umher lustwandelnd welch ein schattiges B. ich tanze. Ich höre ihre Lieder, aber ich weiß schöne Frauen haben kein Feuermahl, aber ganz bärtige Stimmen. Hahns Theater Winkelmanns Tod, den sie früher lauten horten, trafen zusammen, die spielende Pracht und die stille Hütte guter Hoffnungen wie ein Hygrometer das jeden Augenblick die Kappe abzieht und aufsetzt ärgert. Ich spinn mich in alten guten Erinnerungen ein. Er hat sich die Steine seines Denkmahls gestrichen und gebrannt. In ihm sah ich die Poesie in der Kraft und in der Mühe wie jedes andre Ding. Er ist ein Widertäufer, wozu ihm die Kraft fehlte kommt später zum Daseyn, diese Keckheit im Unternehmen, augenblendes Beginnen stolzes Verschmahn
462.
1r
5
10
15
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend
Berlin d* 14 Juny. Auf Aktenpapier! Geschäfte! Luft! Sackerment schon wieder einer da! – Sieh das geb ich dir zum Gegenruf auf deine Wälder, meine Blätter rauschen auch nur anders, lauter Silberpappeln Pachtübergaben. Zwey Blätter meines alten Briefes lege ich bey und möchte Dich gerne von da an schnell hindurch bis zu meinem heutigen Lebenspunkte führen. Bey Hahn war noch einmal Comödie, Weiber∧ehre von Ziegler, Ball nachher, nachher eine schöne thauende Nacht. Nachher reiste ich an die Ostsee nach Warnemünde, ließ mich vom Meerschaum wiedertaufen, fraß Seefisch, ging nach Dobberan, las viele wunderliche Inschriften, schöne Geschichten, neue Badeanstalten, dann nach Rostock wo Termin von Leuten die nicht bezahlen können, herrliche alte Häu266
5
10
14. Juni 1806
15
20
25
30
35
40
45
50
ser, Spielbänke, Wachsfiguren und Policinello, auch ein Paar Studenten, die niemand bey Tage sah, aber Nachts wie Käuze zuweilen rufen hörte. Da nahm ich Abschied von meinem Onkel, den andern Tag in Karsdorf von meiner Tante. Bey∧läufig gesagt, es thut mir leid, daß Engel so hart sind, aber warum sie so weitläuftig sind, weiß ich gar nicht, wir verstehen es ja alle, wenn man sagt, ich gefall mich, wo ich bin, recht gut, und weiß nicht ob ich mich gefallen werde, wohin ich komme, wegen der Sailern habe ich an den Onkel geschrieben, mit der Piautaz hoffe ich hier noch sprechen zu können. Von Karsdorf nach Strelitz, Abschied unter hohen beschnittenen Kastanien von drey freundlichen Schwestern. Vaterland, du bist kein leerer Nahme, es ward gleich anders, Wohlseyn überall wo ich in die Ukermark kam. Ich sah zum erstenmahl Boitzenburg, das Lehen des Grafen Arnim, prächtige, alte Burg, mitten im schönsten Garten, an einem See, der zwey∧mal tief in Buchwälder hineinläuft um alle dichte Kronen zu nähren, prächtige Ruinen eines alten Stiftes, eine Meile wie die schönste der Bergstrasse, mit Wallnüssen Kirsch und Birnenbäumen besetzt. In Prenzlow lebte ich zwey Abende in Geschäften, auf dem Wasser und hörte einmal wieder Quitarre, die Mädchen waren alle vor dem Dunkel sehr graulich, das machte mir den Spas, sie mit Gewalt hinein zu führen. Du liebe Zeit, was einem nicht alles in lichtfreudigen Tagen Spas macht, wie Bologneser Steine leuchtet man noch in die Nacht hinein. Auf meinem Gute fand ich meinen Bruder wir hatten Geschäfte und Streit. Unser Streit betraf eben Preussen, worüber du mich befrägst. Die meisten Leute in Deutschland bleiben in der Vorzeit bey einem Punkte stehen, fortlebend denken wenige, daher der meiste Schimpf gegen unsre Regierung. Daß sie hätte etwas Ausserordentliches leisten können vor einigen Monaten, daran zweifle ich nicht, doch vor allem gehörte dazu ein ordentlicher Kopf zur Führung, oder wir hätten ebenso unsre Kräfte versplittert, wie Oesterreich und Rußland. Dazu kömmt noch das völlig Unbildsame der Russen und Oesterreicher, die nie mit einander und mit uns zu einem organischen Ganzen zusammen wirken können. Ich läugne gar nicht, daß ein Talent an der Spitze das alles aufheben könnte, es giebt Leute die besser mit den Zehen schreiben als ich mit den Händen, aber solch ein Talent war nicht da wenigstens nicht da, wo es stehen sollte. Haugwitz war der einzige der dies bestimmt sah, und durch eine höchst kühne Operation vielleicht ganz Europa von einem schnellen Sturz rettete, der einzige Mensch, der in den grösten Verhältnissen Schimpf zu ertragen wuste, 267
1v
2r
2v
Nr. 462
3r
3v
der bey tausend Widersprüchen, selbst absichtlichen Versuchen um ihn zu stürzen, gegen alle im Kampfe sich zu halten wuste. Hannover ist wie eine reife Frucht an uns gefallen, jezt findet es sich nun wir hinein beissen, daß sie sogar schon wurmstichig. Preussen hat ohne Schaden als der einzige feste Punkt in Europa das System des Friedens durchgeführt und das nicht eigentlich als Absicht, sondern in reiner Nothwendigkeit, so daß wir ganz inne werden Göthes Spruch, Consiliis hominum pax non reparatur in orbe. Das ists ungefähr, was ich Dir ganz trocken über uns sagen kann, viele so wie ich haben mehr von unsrer Regierung erwartet, sie schimpfen daher, andre wie Verzweifelte haben uns wie ihr letztes Brot angesehen und darum wie ihr Eigenthum sie schimpfen, andre haben so viel Schimpf auf sich, daß sie davon abladen müssen, andre endlich sprechen es den Engländern nach, gegen die wir den einzigen Fehler haben allzu treulich auf ihre Ehre und künftigen Vortheil unser Handelsgut anvertraut zu haben, ihre scheinheilige kurzsichtige Bosheit wird sich bald strafen, ich bin ihnen von ganzer Leber feind. Doch zum Teufel mit all der öffentlichen Wirtschaft, wenn man dabey nicht selbst mitwirtschaften kann, deine lieben Briefe haben mir unsre Schriftsteller Wirtschaft so deutlich vor Augen gebracht, daß ich schon wünschte statt der Briefe die Lieder vor mir zu haben, nur habe ich in diesem Jahre eine grosse Lust nach Wisbaden, ich bin wohler als im vorigen Jahre, aber ich fühle doch meine Empfänglichkeit zu Rheumatismen der vornehme Name für Schnupfen u Diarrhöe, wenn ich erst unterweges bildet sich das alles selbst aus, der Fuhrmann frägt dann und in zwey Tagen liegt das Pulverland hinter mir, zuerst nach Bärwalde, das ich verpachte, dann nach Halle, da stehe ich am Rubikon. Um Savignys Abreise nach Nürnberg thut es mir sehr leid, wir waren jezt an einander gewöhnt, vielleicht wären wir einander nothwendiger geworden, in jedem Fall hätten wir uns erlustigt alle zusammen mit einander, nun gar die vielen Wochenbetten in eurem Hause die machen mir schlechte Tage in guter Hoffnung. Dein Liederaccouchement gefällt mir sehr wohl, setz meinen Namen immer darunter, jezt freilich auf der Reise könnte ich manche der Anzeigen vertheilen, aber ich weiß nicht, wo es mich bestimmt treffen kann, bey Reichardt er geht bald nach Petersburg bleibe ich nicht lange, doch soll er gewiß das Lied von Elwert lesen, in diesem Augenblick habe ich nicht Zeit an E zu schreiben. Wenn ich Falk sehe will ich ihm ein Paar Lerchenlieder von mir geben, da mag er drüber hinjagen, er will sie fressen und sie singen ihm. Hagen hat 268
55
60
65
70
75
80
85
90
16. Juni 1806
95
100
105
110
115
sich ein ganzes Heldenbuch aus Dresden abgeschrieben, er bekommt nächstens die Niebelungen aus München, er meint, daß Freund Dozeen, ein hohler aufgeblasener Scheisser. Niemand arbeitet so ernsthaft philologisch auf alte deutsche Zeit wie Hagen, seine Bearbeitung der Niebelungen, das heist Entniebelung, kommt bald heraus, dann wird er Heldenbuch und Niebelungen, er kann jezt schwedisch dänisch, dringt gut ins Isländische vor, wenn auch seine Entdeckungen nicht alle so zusammen passen wie Tiecks, als wären sie zu einander erdacht, so passen sie sicher besser mit der gesammten Natur dieser Dichtungen. Was Du ihm könntest zum Heldenbuche schicken, käme in die besten Hände. Er hat ein sehr wunderliches Familienverhältniß, er hat eine Brabanterin geheirathet, die sonst hier im Hurenhause, neulich aß ich bey ihm, so etwas verwischt sich doch nie, wie Doktor Luthers Tintenfleck an des Teufels Leibrock, der voll Cimbeln hängt. Hopsasa! Doktor Luther der hier einmal Lermen gemacht auf dem Theater, und mir so viel Durst, daß ich nachher mit Bury ein Paar Bou: Champagner in lauter Gesundheiten ausgesogen. Da Du viel von dem Stücke in Zeitungen lesen wirst, so must Du nur kurz wissen, was wir beyde uns darunter denken möchten, eine Darstellung der Zeit, was uns dabey unerläßlich schien und sehr schwierig, davon keine Spur, ausser ein Paar AussprÇÇüÈÈche und Anekdoten, aber sonst als eignes Machwerk von Werner verräth es einen eigenthümlich nachahmenden Sinn, es ist wenigstens ein tausendmal besser, als was so täglich erscheint, sonst ist nichts drin, was ich nicht jeden Augenblick besser hinschmieren wollte. Die Pracht der Aufführung überstieg sich fast. Auf nahes Ansehen Glück zu. Dein Achim Arnim. An Clemens Brentano
4r
4v
462.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 16. Juni 1806, Montag
An Clemens 16 Juny Karsdorf Stempel, Titanensturz unter Bergboden geschlossene Knochenperiode, viele mit mir beschäftigt u Schriftstellertrost Hahn Co269
17r
Nr. 463
17v
mödie Winkelmanns Tod, dessen Todtenmarsch in der Tischmusick. Wir haben doch schöne Zeit zusammen verlebt, wenn gleich ein vierfacher Thierkreis dazwischen liegt. Ich seh ihn wie er sich die Haare wegstrich und waren die weggestrichen, so lag hinter der Eitelkeit doch eine Stirn voll schöner Hoffnungen, er hat nie die Zeit getödtet, die Zeit tödtete ihn. Das viele Scheinen war ihm zum Fortkommen nöthig, darin ist er verblichen ohne zu wärmen, er fiel in eine Schule, die ohne Steigen das Höchste zu erreichen meint, blos durch Hinauflangen. Die Poesie sah ich an ihm als Mensch, keiner meiner früheren Bekannten hatte Muth zu ihr, ich lernte das Fertigwerden an ihm, die Lichtpunkte in den Augen die alle ansahen. Damit nicht seine Hoffnungen verfliegen, wollen wir sein Bestes sammeln, wenig aus seinem Leben dabey, seine Heldenstiefeln drückten ihn mehr, als sie andre zertraten. Viele sind hart gegen ihn verfahren, wer kennt nicht die Philister, wenn ihnen einer ein Bisschen ungeschickt um die Ohren schwirrt, dem stecken sie so viel Licht an bis der arme Nachtvogel die Flügel darin verbrennt. Theater. Lechsende Hunde von Menschen. Boitzenburg Seen die sich dreymal zu den Buchwäldern um wenden, um die dichten Kronen zu nähren. Prenzlau Grauliche Mädchen, Gerede. Was einem nicht alles in lichtfreudigen Tagen Spas macht, wie Bologneser Stein leuchtet man noch in die Nacht hinein Friedenfelde. Politik. Die meisten Leute bleiben auf einem Punkte, der sie besonders interessirt. Darum sind so wenige zur Thätigkeit zu bringen, weil sie die enttäuscht.
463.
1r
5
10
15
20
25
An Sophie Brentano in Heidelberg mit Erklärung Georg Andreas Reimers Berlin, 16. Juni 1806, Montag
Berlin d* 16 Juny 1806 Mein Blat hat zwey Seiten, hier und immer die freundschaftliche voran verehrte literarische Freundin. Ich muß meines ernsthaften Literaturwesens selbst lachen, wie ich Manuscripte verhandle und indem ich bald aus Gold in Courant, bald umgekehrt übergehe den bedenklichen Buchhändler in die reine Luft der Speculation führe. Daß ich mein Geschäft so spät erfülle, daß kommt aus un∧vermeidlichen Umständen, ich wanderte in Mecklenburg herum und fand meine Briefe 270
5
16. Juni 1806
10
15
20
25
30
35
40
erst hier. Ein gutes Schicksal hat mir auch den Ihren gegönnt, denn da es viele meines Namens hier giebt, so ist er wahrscheinlich durch viele Hände gegangen, es fehlte darauf meine Adresse. Da Clemens nichts gegen die Nennung Ihres Namens nach Ihrem Briefe, hat, ich hingegen sehr viel dafür sagen kann, so bleibt der meine zurück, auch scheint es mir, daß es besser ist zu vertheidigen, wenn ein Feind da ist, als voraus in die Luft zu fechten, darum bleibt meiner Meinung nach auch das besser zurück, was ich sonst vielleicht als Einleitung bestimmt hätte. Sie erhalten die verlangten hundert Thaler in einer Anweisung auf Frankfurt einliegend, die Fries wohl gleich auszahlen kann, nur einen Thaler bin ich über die Grenze einer Karoline gekommen, doch hat mir Reimer ÇGeorg Andreas Reimer:È Ich verpflichte mich hiedurch, an Mdm S. Brentano als Honorar für die Uebersetzung der Fiametta, für jeden gedruckten Bogen derselben Sieben Reichsthaler in Laubthalern a` 11 Çth ..... È 14 x unter der Voraussetzung zu bezahlen, daß das rückständige Mspt vor Ende July in meinen Händen sey. Auf das gedachte Honorar zahle ich vorläufig abschläglich Fünfzig Reichsthaler und den Rest gegen Ende Septembers des gegenwärtigen Jahres. Das Buch wird im Druck und Format erscheinen etwa wie die neue Auflage von Novalis Schriften Berlin am 16n Juny 1806 G. Reimer mündlich versichert bey vorzüglichem Absatz ein Ueberhonorar zu geben, Häufelmaaß statt Streichmaaß, womit Sie für heute an mir in Worten und Werken Nachsicht haben müssen, mein Zeitmaaß ist ein Sieb und die Stunden laufen aus tausend Löchern, Die beyliegenden hübschen Melodieen einer Freundin mögen besser zur Freundin reden als ich selbst kann. Ich bin so zu sagen auf der Reise zu Ihnen, aber wie ein Bächlein werde ich Sie immer vor Augen haben und doch noch immer auf und nieder in den Falten der Sommererde laufen müssen. Ganz der Ihre Achim Arnim
271
1v
Nr. 463.E
ÇaoR kopfstehend:È N. S. Den Rest der Fiammetta bitte ich recht bald an die RealschulBuchhandlung in Berlin abzuschicken
45
463.E An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 16. Juni 1806, Montag 17v
18r
An S. B. Mein Zeitmaaß ist ein Sieb, Es läuft aus tausend Löchern, Doch was wie Sand durchtrieb, Fliegt licht mit bunten Fächern Und wenns nicht mehr gehört, Sie machen mir doch Kühle, Ganz lustig und bethört, Ich fühl der Luft Umwühlung. Ganz frisches neues Bett, Sie machen mir in Lüften, Und früh und spät ja spät, Die füllen sie mit Düften. Vor Augen hab ich sie, Die englisch schönen Stunden, Vergangen sind sie nie, Ich hab mich noch gewunden Ihr Wasser jungfern blau, Euch hab ich so umwunden, Wohl durch die faltge Au. Aus meiner Urne Wunden Der Herrscher sitzt dabey, Ich sollte nicht so fliessen Die Urne ist enzwey Nun muß ich mich ergiessen
272
5
10
15
20
25
26. Juni 1806
464.
5
10
15
Berlin im Augenblick meiner Abreise Einliegende Bücher hatten sich bey mir verstecket, versteckt bin ich bey Ihnen geblieben, geehrte Tante, und helfe die Mäuse nagen, um zu sehen durch die Spalten, ob Sie wohl sind, ob Ihre Augen nicht schmerzen. Der Zufall gab mir gestern Abend Gelegenheit, Ihnen eine brauchbare Vorleserin anzuzeigen, es ist die Tochter des verstorbenen Professors Sprengel in Halle, nicht schön, nicht häßlich, jung in drey Sprachen völlig erfahren, engl: fr: deutsch. und in den Vermögensumständen, ein Unterkommen suchen zu müssen. Ich kann sie dreist empfehlen sie giebt jezt im Minister Steinschen Haus englischen Unterricht, Sie könnten Sich entweder an die Ministerin Stein wenden, oder durch Rechberg, Bereg, oder durch die Ministerin bliebe ich hier, so könnte ich es selbst besorgen, aber heute Abend bin ich schon in Bärwalde. Allen bestes Wohlsein Hochachtungsvoll Achim Arnim
465.
5
10
An Louise von Schlitz in Karstorf Berlin, 16. Juni 1806, Montag 1r
1v
Von Johann Wolfgang von Goethe nach Giebichenstein Jena, 26. Juni 1806, Donnerstag
Jena den 26 Junius 1806. Glücklicher Weise erhielt ich Ihre Sendung noch in Jena vor meiner Abreise nach Carlsbad. Sie machte mir um so mehr Vergnügen, als ich zugleich Ihre Wiederherstellung erfuhr. Ihr Unfall war uns früher durch Reichard bekannt worden, an dem wir aufrichtigen Theil nahmen. Es ist eine schöne Sache, wenn man sich näher kennt. Ihre reichhaltigen Blätter, die manchem andern ziemlich mysteriös vorkommen möchten, versetzen mich jedesmal in den Zustand in dem Sie sich befinden und geben mir ein erfreuliches Anschaun der wunderbarsten Umgebungen. Haben Sie recht viel Dank dafür, so wie für die überschickten Abgüsse. Man bedenkt nicht genug, was für ein unschätzbares Mittel der Gips ist, daß man durch ihn das plastisch Beste gewissermaßen identisch in die Ferne senden und, ohne den ersten Be273
1r
Nr. 466
2v
sitzer zu beeinträchtigen, einen zweyten Besitz und einen verdoppelten Genuß verschaffen kann. Fahren Sie fort an uns zu denken, manchmal zu schreiben und etwas zu senden bis wir uns irgendwo wiederfinden. Sie vertrauen alles einem so dankbaren Boden, als der mecklenburgische mitunter nur seyn kann. Mein August grüßt zum Besten. Seine Reise nach Berlin ist durch ein wunderliches Zusammentreffen von Umständen vereitelt worden. Vielleicht findet er sie künftig dort, wenn ihm diese Expedition ein andermal gelingt. Leben Sie recht wohl und ohne Nachwehen Ihres Sturzes. G
15
An Herrn Achim von Arnim nach Giebichenstein
25
466.
1r
1v
20
An Clemens Brentano in Heidelberg Giebichenstein, 1. Juli 1806, Dienstag
Liebreicher Leser! Giebichenstein d* 1 July Kramer hatte den sinnreichen Einfall als er viele Pakete abschickte zwey Finger statt eines in Tinte zu stecken um das H auf einen Strich zu machen, so hab ich die Gewohnheit auf andrer Leute Briefe vom gleichen Orte zu lauren, von meinen Freunden was zu hören. Die Voß schrieb ans Reichardtsche Haus, daß sie bey Deiner Frau Louisens Lieder gesehen, sind diese da, so ist auch mein Brief und das Wechselche bey Deiner Frau, der Rest der Fiammetta abgeschickt, daß die Reale Handlung real bedienen kann, also alles in Ordnung. Ich habe Deine beyden Briefe erst hier mit rechter Sammlung lesen können, Deine Wanderungen rissen mich oft zu dir hin, wie ein Kind das gefallen den Stein befühlt, wo es lag, so grub ich das Grab auf, kletterte an der Fichte hinauf und raupte sie ab, es ist mir immer lieb, daß ich von so etwas erst höre wenn es vorbey, sonst würde es mir gerade so leid thun, als daß ich nicht beym Ettersburger Theater gewesen, spiele ich doch jezt auf dem Giebichensteiner Theater eine gute Rolle und damit Holla. Aus den Beylagen wirst du die Erfüllung deiner Vaterklagen sehen, Du schreibst so ehrlich daß das Lied von El274
5
10
15
1. Juli 1806
20
25
30
35
40
45
50
55
wert, sonst würde ich in ein Paar Versen Deine Manier zu entdecken meinen, zwey Lieder von Dir, die Du nicht ableugnen kannst liegen auch dabey, das Sträußlein muß durch die Laute geflochten werden, um ganz gehört zu werden, wozu Du freilich hieher Deine Ohren spitzen must, weil diese wahrhafte alte Laute eben so einzig hier wie Euer Faß in Heidelb: und in Erfurt die Glocke klingt. Nach Sevilla wirst Du mit Vergnügen gehen und singen, ich möchte Dir fast die Melodie beneiden, wenn sie nicht ihren bekannten Bekannten auch wie ihren unbekannten Bekannten bedacht hätte, so gut bedachet, daß es regnen und stürmen mag, meine Lieder sind gegen eine Völkerwanderung gedeckt und können nicht untergehen, ich bringe viel davon, wir wollen mit einander uns bewirthen. Ich habe das Hinstarren, so in allerley Erfreulichem, was sich rings um mir ereignet, so in der Angewöhnung, daß ich meinen Brief oft unterbreche und warte auf etwas, daß die Sonne scheint ist mir noch nicht genug, daß der Garten in Früchten blüht ist noch nichts ungewöhnliches, daß ich singen höre wann wie was ich will das ist in der Ordnung, daß ich Wasser fahre wenn gutes Wetter das findet sich und Journale lese, wenn ich bis Halle gehe, das macht sich selbst nein ich laure so, ob mir Gedichte in den Sinn fallen, wenn ich nur Zeit hätte sie aufzuschreiben, aber wes nicht das Essen ist, das kriegt der gute Schlaf, oder ich brate mich an dem göttlichen Feuer der Sonne und begiesse mich mit wohligen Gedanken. Nun recht lange wird es mir so gut nicht werden. Reichardt weckte mich gestern, den frischen Mondschein im Silbergrün seines Gartens anzusehen, wohinein die Schatten des Berges eilige Schriftzüge gezogen, ich stand da in weisser Jacke wie ein Porzelanener Abdruck des Mondschein und es that mir neben ihm herzlich leid, daß ich ihm nicht bis ins letzte Vierthel scheinen konnte, wir reisen in ein Paar Tagen von hier bis Hildesheim zusammen, wo wir sein Enkelein taufen helfen. So führe mich denn Schicksal weiter, ich bin dein Ausarbeiter, was du gemeint, in mir erscheint, willst du hier naß, so piss ich was, willst dus hier trocken, so kann ich Feuer locken. Das kann ich, aber Reichardt will Geld, will einmal verdienen und macht einen Versuch auf Rußland, er geht über Dänemark und Schweden vielleicht durch die griechischen Inseln zurück. Noch denke ich den Egmont in dem seligen Lauchstädt zu sehen, ich denke es mir so schön, als ich es wohl nicht finden werde, ich war in so unendlich frischem Anbruch des Lebens betrunken, als es mich entzückte, daß ich zum blossen Spas um einen eitlen Studenten nachzumachen, mir unter den Bäumen 275
2r
2v
3r
3v
Nr. 466
4r
4v
5r
davor Spornen anschnallte und wieder ab, ich war so ganz fessellos und so ergeben, daß ich mir selbst in meinem durchgeätzten Schlafrocke, wie ein Genius vorkomme, der die Welt einrührt und dem der Spasvogel auf dem Dache immer Pferdeäpfel in seine Retorten wirft. Was vom Leben in der Erinnerung bleibt ist der süsse durchgeschmolzene Zucker, wie in der Kaffe Tasse, es ist mir damals oft sauer genug angekommen, wie ich mich noch bey tausend närrischen Papieren erinnerte, die ich in Berlin durchstöberte. Mich hat das alles so anmuthig gestimmt, daß mir selbst Aergerniß so leicht vorüberziehn, so las ich einen Theil von Arndts Geist der Zeit, du wirst davon viel gehört haben, mir kam es zuweilen vor aus so gewissen bestimmten Zügen, als wenn er hin und wieder meine viel bestritne und vielbelobte Abhandlung vor Augen gehabt, sey es oder nicht, so miserabel habe ich nie meine Zeit verkennen wollen, ich kenne wahrlich beydes recht gut die miserable und die vortrefliche Zeit, die Fäden die reissen und die sich anspinnen, und wenn ich auch selbst nach dem eingeschränkten Kreise meines Wirkens über meinen Staates hätte verzweifeln mögen, ich verkenne auch seine Grösse nicht, und diese Vorwürfe gegen Preussen, das nie irgend eine freundliche Gesinnung von Deutschland erfahren, die ewig verwüstet verkauft worden, die uns nur ein fester Wille in harter Natur und härterer Unterdrückung aus Noth zur Freyheit herausgehoben, doch zweymal das Verderben von Deutschland abgewendet und immer mit fester Sehnsucht daran gehangen, was zeigen diese Vorwürfe anders als die entsetzliche Uebelthat der Schwäche, die sich aufgiebt, weil ein andrer ihr nie ganz helfen kann. Wenn einer ein Schattenspiel gebe in glühendem Abendroth, Comus und Amor gingen drin auf Stelzen, das Volk aber wüste es nicht und hielte es für einen allgemeinen Lavastrom in dem die Engel zum jüngsten Gerichte das Amphitheater aufschlügen und es stände da, wie gewurzelt am Boden, könnte sich nicht trennen von der Erdscholle und die Scholle nicht werfen gegen die Spielenden, lieber, wer ist da besser dran, die das lustige Spiel dafür nehmen, und mit lachen, und so ist Preussen, oder die welche sie verfluchen, weil sie so leichtsinnig in wichtiger Unternehmung sind. Meine Reise führte mich über Bärwalde, wo ich einen neuen Pächter einsetzen half, mein Bruder hatte da englische Hauswirtschaft eingeführt, die Leute waren sehr verwundert um 4 Mittag zu essen, mir war 276
60
65
70
75
80
85
90
95
1. Juli 1806
100
105
110
115
120
125
130
es lieb um die prächtige Entenjacht dort zu benutzen, ich stecke lieber in Dreck als in Papieren. Dessau sah ich am Johannistage, voll Regen und voll Lustigkeit, nachdem ich mich mit dem papiernen Soldaten auf der Wittenberger Brücke über die wahren Gleise gezankt, mit meinem Knecht übers Fahren, mit den Bauern über verbotene Wege, mit dem Wirth über Prellerey, der kalte Tag machte mich ganz grimmig, so daß mir der Garten der Flora wie ein blutbespritztes Turnierfeld vorkam. – Ich muß eilen. – Dort fand ich ein Sonett von einem Varnhagen, der mit Chamisso ein Paar Musenalmanache herausgegeben, wie dabey stand in der Nacht geschrieben, wo er meine V. L. Abhandlung gelesen, aber ein halbes Jahr dort schmachtend durch ein Versehen auf der Post, hier finde ich ihn selbst, ein blonder sanfter Mann, zierlich ordentlich, tief im Griechischen, macht sich nicht viel Gedanken, hat ein recht wunderlich Buch geschrieben testimonia auctorum do Merkelio, wo in einem Sonnet ausgemittelt, daß das Frauenzimmer Dortchen Lacken∧reisser, an die Merkel schreibt, ich hab mich in sein Stammbuch geschrieben, das wie die Lade einer Meistergilde voll Dichterfamilien war. – – Von Hendel habe ich Hallorenlieder, auch Varnhagen hat mir ein Paar Sachen gegeben, kommst du nicht vielleicht nach Wisbaden? Schreib mir doch nach Göttingen abzugeben bey H. Dieterich, gieb mir besonders Nachricht, ob mein letzter Brief aus Berlin angekommen, ob der Rest der Fiammetta abgeschickt. Als die kleine Galathe Ging spazieren an dem See Fand sie einen Kiesel. Ey sprach sie, was machst den du, Ohne Rast und ohne Ruh Hier in dem Geriesel. x Steckt ihn da ganz ruhig ein, Ward der Kiesel glat und fein, Sie vergaß den Kiesel. So vergiß mich nicht, wenn ich bald ein sehr ordentlicher Mensch werde. A. Arnim
277
5v
6r
Nr. 466.E
466.E An Clemens Brentano in Heidelberg Giebichenstein, 1. Juli 1806, Dienstag 19r
19v
An C. B. d* 1 July. Deine Wanderungen rissen mich zu Dir, wie das Kind den Stein befühlt, woran es sich stösst, so muß ich mir alles doppelt denken, wobey ich nicht gewesen. Ich schicke Dir ein Sträußlein, von meinem Boden, es muß durch die Laute geflochten werden, spitze die Ohren hieher, denn sie klingt hier so einzig wie in Erfurth die grosse Klocke. Ich habe mir das Hinstarren in allerley Erfreulichem mir angewöhnt, daß ich mich oft unterbreche, daß die Sonne scheint ist mir nicht genug, daß der Garten in Früchten blüht nicht ungewohnlich, daß ich alles höre was ich mir sonst denke in der Ordnung daß ich zu Wasser fahre findet sich ich laure ob mir Gedichte in den Sinn fallen, wenn ich nur Zeit zum Aufschreiben hatte, aber ich brate mich so gern an dem göttlichen Feuer der Sonne. Reichardt weckt mich gestern den Mond im grünen Silber seines Gartens anzusehn, die langen Schriftzüge der Schatten, es that mir herzlich leid, daß ich ihn nicht bis im letzten Vierthel sehe So führe mich denn Schicksal weiter Ich bin dein gnädger Ausarbeiter, Was du gemeint, In mir erscheint Willst du hier naß, So piss ich was, Willt das hier trocken So kann ich Feuer locken
5
10
15
20
25
20r
Ich sehe nach dem seligen Lauchstädt, ich habe es im frischen Anbruch meines Lebens gesehen, ein Ausbruch betrunken, daß ich mir unter den Bäumen davor Spornen anschnallte, blos um ein lausiger Student mir zu scheinen. So fessellos und so ergeben komm ich mir jezt in meinem damaligen durchätzten Schlafrocke wie ein Genius vor. Wem der Böse auf dem Dache sitzt, und immer Pferdeäpfel in die Welt wirft, die er unten in einer Retorte umrührt der sich aber nicht stören läst immer abzusitzen der Zucker liegt unten in der Neige vom Kaffe, vielleicht ists mir damals sauer angekommen
30
35
278
12. Juli 1806
40
45
50
Arndts Geist der Zeit. Hat der Mann noch vor Augen gehabt. So miserabel habe ich meine Zeit nicht verkannt ich kenne die Fäden die abreissen, damit die Figur drin erscheint. Mein Vaterland dankt Deutschland nichts als Verwüstung und hat es zweymal gerettet, was zeigen seine Vorwürfe als die Uebelthat der Schwäche, die sich aufgiebt, weil ein andrer ihr nie ganz helfen kann. Wenn einer ein Schattenspiel gebe in glühenden Abendroth, Comus und Amor gingen auf Stelzen das Volk wüste es nicht hielte es für einen Lavastrom worin die Engel das Amphi theater zum jüngsten Gerichte aufschlagen und es stünde da wie eingewurzelt, könnte sich nicht trennen von der Erd scholle und die Scholle nicht werfen gegen die Spieler, ist der nicht besser dran, der mitspielt? Varnhagen. blond lachelnd, zierlich, ordentlich tief im Griechischen, macht sich nicht viel Gedanken, sein Stammbuch wie die Lade einer Meistergilde
467.
5
10
15
20v
An Bettina Brentano in Frankfurt Giebichenstein, 12. Juli 1806, Sonnabend
Giebichenstein d* 12 July Sie hatten ein Stücklein Welt sich angebauet und wurden losgerissen, als es Ihnen blühen sollte, doch wenden Sie noch beschaulich den aufmerksamen Blick auf ein Häuschen, wo selbst den armen Fischlein Luft und Licht zugeschlagen. Das nenne ich Frömmigkeit, meine gute Freundin, wer das nur immer könnte, aber freilich könnten es alle, so wäre die Welt in einem Jahre fertig, ich mag oft nicht säen, weil ich die Zeit nicht abwarten mag, daß es keime, es ist soviel für mich geschehen, daß ich für mich wenig thun mag. Da freue ich mich jezt des Gartens, als wär er mein, sitze zwischen den Felsen, als wäre dieser Bergbau wie eine verschüttete herrliche Stadt für mich zum Tage aufgeräumt, so einzig, so geschlossen ist der Kreis von der flachen Gegend rings und ich trage bey mir hinein, was mir ausserhalb lieb. So färbe ich meine Gedanken mit Ihrem liebwerthen letzten Briefe, und keine Witterung kann diese Farbe bleichen und es ist mächtig heiß und kalt in dieser Zeit gewesen. Ein Paar Tage besorgte ich die Angelegenheiten meines Guts, schoß Enten, nachher im kürzesten Wege über Wörlitz hieher, wo sich ein schöner Morgen durch die Gänge schlängelte, 279
1r
1v
Nr. 467
2r
2v
3r
es war Geburtstag. Louise sang mir meine Lieder, neuere als Sie kennen, so klockenhell vor, daß ich mich für einen unwissenden Handlanger in einer Goldküche hielt; ich rühre ein, was ich finde, Sie und Louise geben der Masse Gestalt, hier hörte ich zuerst auch Ihre beyden neuen Lieder, wie ich es wünschte, meine Freude kommt spät, so geht es aber allem Herrlichen der Welt, es muß sich erst darin erkennen, um von ihr erkannt zu werden. Louise hat in der Zwischenzeit ich sie nicht gesehen, das kunstreiche Geheimniß der alten Laute aufgelöst, worüber die Aller∧weltsnoten nichts vermögen, die nach der Tabulatur gespielt wird. Für jeden Ton muß sie umgestimmt werden, daher sie wie ein bestimmtes Gemüth jeden Tag rein und allein aus seinem Tone klingt. Mit meinem letzten Briefe schickte ich Ihnen Louisens gedruckte Lieder, mit mir selbst werde ich einige der geschriebenen Ihnen bringen, besonders schön sind ihr einige aus dem Wunderhorne gelungen, es wird dies Jahr ein schöne Weinlese geben. Ich möchte Ihnen so gern Merkwürdigkeiten von hier schicken und alles hängt so mit Ort und Stelle zusammen, gestern der herrliche Abend voll Lichter Gesang und Musick in Lauchstädt, dem ich noch mit ganzer Seele nachträume. Die Jagemann sang herrlicher denn je, das bunte Gewühl der Schauspieler und Studenten, ich wurde so gewaltig angezogen, daß ich des ganzen Druckes der Ueberlegung bedurfte um nicht für ein Vierzehn Tage da festgehalten zu werden. Es ist doch eins der reizenden Bäder der Welt, einerley ob es nichts wirkt, so hat es eben dadurch auch nichts verwirkt. Vor mehreren Tagen war ein prächtiger Vollmond, ich geleitete eine Gesellschaft durch durch hochspielende Korn mit einer Blumenfackel nach Haus und sie sahen alle recht gut dabey. Ich wollte damals, daß ein Steinregen gekommen wäre, ihnen ein Zeichen zu überschicken von der wunderbaren Constellation. Alle Tage singt Louise und bedauert, daß hier kein Mädchen, welches herzlichen Antheil und durch und durch an ihren musikalischen Bemühungen nehme, das gelehrte Volk nimmt alles systematisch auf, das macht wenn der Vater abwesend, sie für lange Zeit verstimmt, könnte ich sie beyde nur einige Zeit zusammen spiegeln durch Zauberey und doch leben Sie hier in einer gewissen Aehnlichkeit. Ein anmuthig Töchterlein aus Wetzlar, die Schwester des hiesigen Professor Froriep muß ich zuweilen Bettine nennen, es ist nur ein Schein, es ist nur ein Augenblick, was ist ein Name mehr, ich habe mit ihr ganz lustiglich getanzt wie der Federball zwischen uns tanzte. Wie nun das Mannigfaltige das Allerlei herbey zieht, so hab ich auch wieder dazwischen 280
20
25
30
35
40
45
50
55
12. Juli 1806
60
65
70
75
geliedert und im Garten gearbeitet. Ich habe hier einen Sitz an dem spitzen Zwickel mitten am Abhang unter mir Wipfel der Bäume, vor mir alle Welt, und schlägt mir alles fehl, so setze ich mich doch noch darauf und bin vergnügt. Da wächst eine hohe blaue Blume, die nennen sie Eisenhütlein, weil jede einen Helm trägt wenn ich den abreisse, so bleibt der kleine blaue Wagen mit Tauben bespannt, der hier umhüllt Ihnen den Brief überbringt, wenn er unterweges bricht, so schadet das nicht, ich habe noch ein tausend da. Darin fahre ich bey Ihnen selbst vor. Wenn Sie mich unter∧wegs durch solch ein zierlich Wägelchen forthelfen wollen, so haben Sie die Güte nach Göttingen, abzugeben bey H. Dieterich zu schreiben. Immermehr und Nimmersatt hängen sich stets an die Güte, wer die Fingerspitze hat, meint die Hand in dem Gebiethe. In ewiger Unbescheidenheit Ihr ergebener Achim Arnim. A Mademoiselle Bettine Brentano a` Im goldenen Kopf Sandgasse Francfort s/M frey
3v
4v
467.E An Bettina Brentano in Frankfurt Giebichenstein, 12. Juli 1806, Sonnabend
5
10
An B. Gieb: 12 July Sie hatten ein Stücklein Welt angebaut und wurden losgerissen, als es blühen sollte, doch verweilen sie bey dem Häuschen, wo selbst den Fischen ihr Bischen Licht zugeschlagen. Frömmigkeit, wenn das alle könnten wäre die Welt bald fertig. Was rings mich erfreut ist mein, es ist so viel für mich geschehen, daß ich nichts für mich thue, wer hat all das Herrliche Verschüttete die große Erdstadt ans Licht gezogen. Meine Gedanken färbe ich mit der Fremde, das hält Sonne und Regen, der schöne Morgen schlängelt sich in bunden Gängen hindurch. Meine Freude kommt spät, so geht es allem Herrlichen in der Welt, es muß 281
20v
Nr. *468
21r
sich darin erst erkennen, um von ihr erkannt zu werden. So ist das Geheimnis der Laute hier ausgedacht, sie ist schwer zu stimmen, darum muß tagelang im selben Ton gespielt werden, wie recht. Schöner Abend in Lauchstädt dem ich nach ganzer Seele nachträume einerley ob es nicht wirkt, so hat es auch nichts verwirkt. Mit der Blumenfackel leuchtete ich durchs Korn den Gesellen vor, war doch ein Steinregen gefallen, wer findet die schiessenden Sterne. Alles Talent warum muß es einzeln und einsam seyn? Könnte ich Sie zusammen spiegeln mit L. Sie sind hier in einem anmuthigen Töchterlein aus Wetzlar, ich gab ihr den Namen sie hat den Ihren. Ich habe einen Sitz wenn alles fehlt; so bin ich da vergnügt und mach mir ein klein Wäglein aus Eisenhüthlein und denke ich fahre zu ihnen: Immermehr und Nimmersatt, Hangen sich stets an die Güte Wer die Finger spitze hat, Meint die Hand in dem Gebiethe
15
20
25
*468. An Caroline von Labes in Zernikow Giebichenstein, etwa Mitte Juli 1806 Von Caroline von Labes, 12. September 1806:
Deine beiden Briefe, aus Giebchenstein und Göttingen habe ich erhalten; da du aber unstät, nach ersteren auf Gottes Erdboden warest Ç...È Du bist gesund, (da du nichts vom Gegentheile schreibest) Ç...È Wenn du doch nicht deine Briefe imer in der Schrifft siegeln woltest, wodurch ich den ½ davon wegreißen muste, es ist doch schade um die schöne Gedanken die dadurch verlohren gehen. (Nr. 487,3–54.)
469.
1r
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, 16. Juli 1806, Mittwoch
Heidelberg 16 Juli 1806. Lieber Junge! Heut erst, oder vor wenigen Minuten erhielt ich dein Giebichensteiner Brief, und ich eile dir augenblicklich nach Gottingen zu schreiben, wo 282
5
16. Juli 1806 5
10
15
20
25
30
35
40
dich vielleicht der Brief kaum trifft. Wenn du platterdings nach dem langweiligen Wanzenvollen Wisbaden willst, so komme ich dort zu dir, aber wäre es nicht viel herrlicher, wenn du nach Baden giengst, ein Bad, das um kein Haar von dem Wisbader abweicht, am Eingang des herrlichen Murgthals, 7 stund von Strasburg, 18 von hier liegt, wo wir aller wunderliche Schwaben und Bayren und Elsäßer Chur∧gäste haben, umgeben von herrlichen Wäldern, alten Burgen, in tiefer Catohlischer Einsamkeit, wie viel, viel hübscher wäre es dort, wo wir beide noch nicht waren, und wo wir uns herrlich delektiren könnten, denn Schreiber der mein recht guter gefälliger Hausfreund ist, geht nächstens hin, ist von dort, und gewisser maßen der Zizerone von dort, zu gleich kommen wir in den lustigen Herbst von Affenthal, ein Herbst, der noch alle alten scherzhaften Pritschen und Hanswursten mit sich führt, und welcher am Rhein in dem von Franzosen ganz überschwemmten Wiesbaden, die ganze Armee liegt dort herum, gar nicht mehr ist. In Baaden ist kein Franzose – das ist schon, waß sehr angenehmes, ich bitte dich sehr, lieber zieh Baden vor, du thust mir eine große Freude mit. wir können dann hier von Liedern und Büchern Mitnehmen, waß uns gut dünckt, und haben großen Spaß. Trift dich dieser Brief in Göttingen, so suche doch Herrn Doctor Oken auf, er hat mir viel Gefälligkeit erwiesen, und mir den Thedel abschreiben laßen wo für du ihm doch einen Thaler bezahle, da ich niemand dort habe. – In Cassel suche auf Herrn Kriegssekretair Grimm der mit Savigny in Paris war, ein guter Mensch, er sammelt Lieder für uns, auch die Engelhard. – In Marburg Christian bei Weinhändler Zimmermann und Pfarrer Bang. – . Sehr, sehr lieb ist mir die Idee mit Baden, doch halte dich dann nicht lange in Fft auf, und komme gleich hieher, wo du auch einen wunderbaren Kampf ansehen kannst, denn Gall will hier den Akermann ganz ausmerzen, sie sind wüthend auf einander. Gall wird in ein paar Wochen grade wenn du dabist ankommen, er lag in Fft den ganzen Tag in unserm Hauß, und riß Zoten! – . Ich schwöre dir einen heiligen Eid, daß Baden schöner und rein ebenso wirksam als Wisbaden ist, und kein Franzoß ist da lauter wunderliche schwäbische Reichsbürger u. s. w. mir wäre diese kleine Ortsveränderung von ungemeinem Vortheil, wir lernen zusammen ein neues liebes Land kennen, und Strasburg, der Münster! bedencke nur 7 Stunden davon. – . Etwas angstet mich, hast du denn nicht den Brief von mir mit den vielen kleinen Kupfern erhalten, du meldest kein Wort, deine eigne schöne Sammlung hatte ich auch ab283
1v
Nr. 469
2r
2v
geschickt, aber da ich hörte, daß du kömmst, habe ich in Fft bei Mohr Contre ordre gegeben, weiß aber nicht, ob diese noch Zeitig genug eintraf. Deinen Brief aus Berlin habe ich, doch habe ich nicht antworten können, weil ich dein Aufenthalt nicht wuste. Sophie hat auch alles, und schon an Raümer geantwortet. Rings um Baden habe ich eine Menge Liedersammelnde Männer, und wir können uns dort täglich im Bade ein Parthie vorlesen. Willst du dich ein wenig über Baden orientiren so lasse dir doch in irgend einer Buchhandlung – Baden und seine Umgebungen 1805 von Alois Schreiber geben. Es ist mir sehr bang, daß dich mein Brief nicht trifft und daß du derweil nach dem schmuzzigen Badia Badia Wiss Wiss Wiss abgerutscht bist. Doch das verhüte Gott, dann müste ich wieder in einem Ort, den ich eben nicht liebe, dich ganz allein lieben, und das ist ÇÇxxxÈÈl viel leichter als wie der St Isidorus auf der Saüle 10 Jahre stehn. Arnim laß dich erbitten, reiße Straks hierher, und ich gehe augenblicklich mit nach Baden, mache mich auch anheischig, so gleich wieder mit nach Wisbaden zu gehen, wenn du den Tausch nicht glüklich preißest. Morgen, übermorgen sind die Empfang Feierlichkeiten des Churprinzen und der Stephanie in Mannheim, ein Vorspiel, das Herr Wedekind in Leipzig von H* Mahlmann hat machen lassen, 20 Wagen voll ruinirter Wälder werden der Stadt Schatten geben und den Huren, welche Kränze und Verse reichen, auf ein paar Tage, das kömmt so heraus wie viele Soldaten, die paradiren, aber keine Bürger, kein Vaterland. – . Hast du das entsezliche libell gegen Preusen gelesen, Bemerkungen eines Anspacher Rathsglieds auf des Königs von Preußen Beantwortung, der Anspacher Vorstellung – wahr oder unwahr sei Preußens Schande, – waß da drinn steht ist gesprochen so aus dem Herzen, als das vive le roi mancher armen Revolutionsopfer unter der Guillotine – . Antworte darauf – lieber – sage doch öffentlich, waß ich so gern von dir höre, daß du Preußen liebst, und lasse mich unten anhängen, daß ich preußen liebe, wenn Preußen solche Liebe wie deine verdienen kann. Sekkendorf ist in Frft herumgelaufen, stelle dir vor, Bethmann und andere haben ihn dir sehr ahnlich gefunden, und ihn verehrt, u die Günterrode sich in ihn verliebt, Betine ward ganz indignirt über den Lumpen und die Lumpensammler. Gestern schreibt er mir wieder von Regensburg und fragt wie viel Honorar Mohr giebt, ob ich ihm Beiträge in seinen Musenalmanach schicken will, ob ich ihm erlauben will seine wenigen Liedlein einstweilen abzudruken ect. Hast du den Roman, die reisenden Mahler von Ernst Wagner gelesen Göschen 284
45
50
55
60
65
70
75
80
18. Juli 1806
85
90
95
100
1806, er hat mir gar oft sehr gefallen. – . Nochmals flehe ich sehr gehe mit mir nach Baden, wir erhalten dort einen Mittelpunckt für Bekanntschaften aus dem Liederreichsten Deutschland, ach ich weiß so gar viel schönes von jener Gegend, Lebe wohl schreibe gleich, Sophie kömmt wahrscheinlich im September nieder, und du bist zum drittenmahl mein Pathe, liebes goldnes Jugend Herz, wie ich aus dir trinken kann! Du sollst dich freuen, waß Sophie mich jezt lieb hat, und wie sie gut geworden ist, wir leben in einer wunder schönen Einigen Ehe seit 9 Monaten dein Clemens. Für die Melodien dancke herzlich, ich werde Louisen selbst dafür dancken, Betine sendet ihr ihre Compositionen, und wird mit ihr correspondiren. Zu Frft in dem aüßerst wunderbaren Garten, den Franz diesen Sommer gemiethet hat von einem Zukerbecker Pren ist eine Bildergallerie, und zwar besteht sie aus 3 Ungeheuren Gemählden, Landschaften, und stelle dir vor die eine ist, das Original von dem Kupfer, das du hast, wo links die Burg mit dem Zieheimer im Teiche liegt, recht Kerls gebückt nach Enten schießen und man zwei Reisenden in Rücken sieht, vortreflich erhalten, und sicher Original, thue sachte, sei politisch, du mußt sie kaufen, ich habe 1 halben Tag vor dem Bild gesessen und es dir gewünscht
470.
5
10
An Leopold von Seckendorf in Regensburg Giebichenstein, 18. Juli 1806, Freitag
Giebichenstein d* 18 July 1806. In Mecklenburg hatte ich von meiner Tante mehrmals gehört, daß Sie in Regensburg mißvergnügt und krank, ich war oft des guten Vorsatzes Sie an allerley Unternehmung zu erinnern, das ist der einzige Luftball, der aus allem Aerger aufreist und aufrichtet und nicht wieder zur Erde muß. Sie haben indessen das Hausmittelchen selbst gefunden, Ihr Brief den ich spät in Berlin vorfand läst auch mich hoffen, daran theil zu nehmen, ich antworte darauf noch später um Ihren Auftrag an Reichardt auszurichten, zu dem ich bald hinreisen wollte, bey dem ich jezt bin. Einliegend seine Antwort. Als Musikverleger empfehle ich 285
1r
1v
Nr. 470.E
2r
2v
Ihnen Rudolph Werckmeister Musikhandlung oder die Realschulbuchhandlung in Berlin oder Breitkopf, leichter würde es freilich in Ihrer Nähe zu besorgen seyn. Glück zu, es wird sichergehen. Für den zweyten Band des Wunderhorns habe ich nach Vermögen gesammelt, ich reiste durch Schwab Hall, Nürnberg Gotha, auch einige Beyträge wurden mir, ich bin jezt unterweges, es soll denke ich alles noch bis Michaelis zustande kommen. Ihr Anerbiethen nehme ich mit vielem Danke an, ich erbitte mir O Uli mein Uli, komm zu mir zur Kilt Droben im Weiherle Ist denn mein Vater ein Leirersmann Frau Nachtigal mach dich bereit Es ritten drey Bursche wohl über den Rhein Tra, ri, ro der Sommer u.s.w. Legen Sie bey was Ihnen merkwürdig scheint, ich greife unter denen angezeigten wie in Loose, eins schieb ich weg und nehm das Nächste, das ich vielleicht schon kenne, denn wörtlich erinnere ich mich selten eines Liedes; meine Briefe erhalte ich jezt am schnellsten durch Clemens Brentano, Heidelberg, Paradeplatz, bey dem ich mich bald hin träume, dazwischen besuche ich Göttingen, meinen alten Ameisenhaufen. In Lauchstädt habe ich ein Paar angenehme Tage zugesehen, die Jagemann spielte, Becker, Egmont Clärchen, Figaro, ausserdem ist der ganze Ort ein Paradies. Hier wohne ich in Reichardts Haus und Garten wie ein eigen dazu gesäeter und gezogener Baum, so angenehm und eingewöhn bin ich mit allen, über mir ziehts hell und dunkel, es kümmert mich nicht, so auch die Weltgeschichte rings, die mir zur reinen Zeitung geworden. Viel Herzliches allen die sich in Ihrer Stadt nach mir, wenn auch nur im Jahr einmal, erkundigen, Glück zu Allem allen, Ihnen insbesondre. Ludwig Achim Arnim
470.E An Leopold von Seckendorf in Regensburg Giebichenstein, 18. Juli 1806, Freitag 21r
An L Seckendorf Gieb d* 18 Unternehmungen sind die einzigen Luftbälle die nicht zur Erde müssen; Göttingen mein alter Ameisenhaufen, es ist ausserdem ein Para286
15
20
25
30
35
40
23. Juli 1806
5
dies. Hier bin ich wie ein Baum eingewurzelt, die Weltgeschichte rings ist mir eine reine Zeitung Allen die sich im Jahr einmal nach mir erkundigen viel Herzliches, Glück zu Allem allen, Ihnen ins besondre.
471.
5
10
15
20
25
30
An Friedrich Carl von Savigny in Nürnberg Giebichenstein, 23. Juli 1806, Mittwoch
Giebichenstein d* 23 July 1806. Meine Adresse: Clemens Brentano Ihre Abreise nach Nürnberg, lieber Savigny, kann ich nicht billigen, denn ich verliere zu viel dabey und das Kindlein statt Licht zu sehen, wird finstre Häuser erblicken; ich kann mich noch nicht darein finden, ich glaubte so sicher alles an seiner Stelle in Trages wieder zu finden – aber ins Schlimmere rollet die Zeit und kann nicht zurücke. Von den Kupfern sage ich kein ander Wort als des Dankes, es ist darüber alles zu spät gesagt worden, für die überschickten Abschriften müssen Sie Sich einen Fleck im Gesichte besonders aussparen, worauf ich küssen kann, es ist soviel Herrliges darin, für das alles bin ich ihr ewiger Schuldner, aber für das Abschreiben möchte ich nicht Ihr Schuldner bleiben, lassen Sie es mir in Frankfurt wissen, wo ich das berichtigen kann. Ich sollte Ihnen aus freundschaftlicher Schuldigkeit etwas von meinem Wandel erzählen, aber eigentlich habe ich es schon hin und wieder geschrieben, wo ich gewesen, so hat es mir keine Originalität mehr, ich kann nur eins versichern, daß ich einmal von der kleinen Bettine deutlich träumte, von dem blau schwarz durchschimmerten Weiß ihrer Augen und daß ich keinem Kinde auf der Welt sogut bin. Und die liebe Mutter wird es ganz vergessen, wenn ein neues Spielzeug angekommen; es muß doch ein ewger Zustand von Wohlleben seyn, so als Mutter die Zärtlichkeit als Bedürfniß, als Hauptnahrung, als Pflicht üben zu müssen, als Verdienst sich anzurechnen, es thut mir alle Montag leid, daß ich nicht in mehrern Wochen zugleich kommen kann. In der letzten Woche brachte ich ein Paar prächtige Tage in Lauchstädt zu, von Göthe erhielt ich gute Nachricht, das Karlsbad thut ihm wohl, seinen Egmont sah ich zum erstenmal, ich hatte nicht Zeit zu sehen, ob er gut oder schlecht gespielt wurde, das ganze Haus war eine Taucherglocke, so ging einem vor Kunst-Tiefe und Hitze die Luft 287
1r
1v
2r
Nr. 471.E
2v
aus, auch die natürliche Tochter sah ich, und die ganze merkwürdige Zeit, worin wir leben, umwirbelte mich wieder. Wie traulich dann mit den lustigen Gesellen und Gesellinnen in der Abendschwüle sich abzukühlen, die einem soviel Angst und Herzeleid in den Leib gejagt haben, es ist soschön das Vergessen und die einzige Vergebung der Sünden mag wohl ihr Vergessen seyn. Selig durchtönt sind die Felsen an denen der Rhein klingend und stäubend nieder braust, seliger die durstende Kehle durch die der volle Strom des brausenden Champagner niederwallt, nichts hindert die Aussicht, sondern der Geist hänget drüber wie ein Fischreiher anschwebend und holt die betäubten Fischlein sich heraus, lauter liebe Sächsische Leutenants, die einem so willig alles aufsagen, was sie je erfahren, dazwischen die wilden gegenspringenden Lachse, die Herren aus Halle. Hier bey der Bude ist nur noch ein Licht, unter weges nach Hause springen tausend Irrlichter. – Ich möchte wohl noch ein mal studieren, – aber ins Schlimmere rollet die Zeit – und kann nicht zurücke. – Glück zu Ihrer lieben Frau in allen Nöthen, vergessen Sie nicht Ihren ergebnen Vogelschützen Ludwig Achim Arnim
35
40
45
471.E An Friedrich Carl von Savigny in Nürnberg Giebichenstein, 23. Juli 1806, Mittwoch 21v
An Savigny Gieb: 23 July 1806 Nürnberg kann ich nicht billigen ich verliere zuviel dabey das Kind sieht nicht das Licht sondern Häuser, ich dachte jeden an seiner Stelle zu finden – aber ins Schlimmere rollet die Zeit und kann nicht zurück. Aus freundschaftlicher Schuldigkeit sollte ich von meinem Wandel erzählen, den habe ich schon hin und wieder beschrieben er hat mir keine Originalität mehr, ich weiß nur daß ich von den blau schwarz blau weissen Augen der kleinen Bettine träumte ÇxxxÈ sie es mir, wenn die Mutter es beym neuen Spielzeug vergessen, ein rechtes Wohlleben so als Mutter die Zärtlichkeiten als Pflicht ausüben, sich als Verdienst anrechnen es thut mir alle Montag leid daß ich nicht in mehrern Wochen komme. In Lauchstädt eine prächtige Woche, Egmont, ich hatte nicht Zeit zu sehen ob es gut oder schlecht gespielt, das Haus war eine Taucherglocke worin wir in eine entzetzliche Kunsthitze und Tiefe herabgelassen, die natürliche Tochter führte mich ganz in die merk288
5
10
15
30. Juli–16. August 1806
20
25
würdige Zeit, die uns umwirbelt. Wie traulich dann mit ÇxxxÈ Egmont ÇxxxÈ und Eugenie in der Abendschwühle über einerley Bäumen sich abzukühlen, die einem Aengste und Hitze in den Leib gejagt, es ist so schön das Vergessen und die einzige Vergebung der Sünden mag das Vergessen seyn. Wenn sich die Zeit nur vergässe in Frankreich vielleicht. Selig auch beym Wein, auch wir, selig die Felsen an denen der Rheinhang klingt selig die Kehle an die der Wein klingt, der Geist schwebt an als Reiher holt sich manch blankes Fischlein, ringsum sehen zu lauter liebe sächsische Leutenants Hallische Herren die gegenspringenden Lachse, ein einsames Licht leuchtet an der Bude, Irrlichter leuchten nach Hause
472.
An Clemens Brentano in Heidelberg Braunschweig, 30. Juli, Mittwoch – Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
Lieber Clemens?
5
10
15
20
22r
Braunschweig d* 30 July 1806. Heyer ist unverändert wie in Göttingen, sein Backenbart hat noch dieselbe Länge, seine Binde dieselbe Schlaufe, er empfängt und empfindet noch eben so ruhig geräuschlos, ein gottergebner Pracktikus, wie keiner, wohlangesehen und gegrüsst in der Stadt, Arzt der Princeß, hat eine angenehme, hübsche, blonde Frau, die Schwester des Volkmar, ein Kindchen, was ihr ganz ähnlich sieht und eins in der Hoffnung, was noch niemand sieht. Er ist lange kränklich gewesen, hat sich aber, allmälig an eine Thätigkeit gewöhnt, die weit über seine Kräfte zu gehen schien. Wir sprachen nothwendig viel über Winkelmann, darum hier nur wenige Worte über ihn zur Berichtigung dessen, was der sogenannte Freund Tropf in Heidel: gesagt. Er ist keinesweges toll gewesen in der letzten Zeit, sondern an einen Tiphus gestorben, den freilich seine Art von wilder Praxis gefährlicher gemacht hatte, er hat sich auch eigentlich nicht durch Liederlichkeit so geschwächt, denn das soll mehr Redensart gewesen ungeachtet er freilich auch nicht keusch gelebt, sondern durch sein altes Ritter nachgebildetes ungewöhnliches Leben; langes Arbeiten für einige Tage, Hungern, dann Schlafen, Trinken, Fressen für den folgenden, Verliebtthun, Verzweifeln, eine Menge künstlicher Empfindungsmanege, dazwischen Krän289
1r
1v
Nr. 472
2r
2v
3r
kung in Wahrheit, verkehrte und verfehlte literarische Bemühungen während sein Körper das letzte halbe Jahr schon kränkelte, Collegia zu lesen, von denen er fast nichts verstand, wie Botanick. Heyer ist nie mit ihm eigentlich entzweit gewesen, aber entfremdet, er hat ihn auch in der Krankheit besucht. Er ist immer damit umgegangen, alle alte Medicin umzustossen, die neue hat ihn umgestossen, schade, rechtschade; das verfluchte Lesen hat ihn doch auch vernichtet, Tollheit über Tollheit wenn Jugend lehren will, hättest Du ihn nur öfter über seine Collegia aufgezogen, über sein Großthun, er hat es wohl gefühlt, wie nothwendig Du ihm warst, aber es sich nicht auslegen können, Du meintest dagegen, er wolle und könne Dein Freund seyn. Steffens wäre eigentlich auf demselben Wege des Untergangs, wenn ihn nicht seine schöne Frau darin aufhielte in ihren weichen Armen; sie wollen keine unbewuste Empfängniß, nein, sie setzen sich Tag und Stunde wo sie erfinden wollen. Das bringt mich zu Beireis nach Helmstädt, bey dem ich vorgestern einen recht sonderbaren, närrischen Tag zugebracht habe. Ein kleines wunderliches trocknes Männchen, ganz wie ein Gelehrter aus der kleinsten Reichsstadt der Welt er ist aus Mühlhausen, ein direckter negativer Gegensatz zu Göthe, alles Formel er sagte, in 36 Definitionen steckt alles, die giebt er in der Logick, Wahrscheinlich ist der Fuchs dabey so listig zu fordern, alle Bedingungen zu kennen und die Mittel zur Ausführung, denn so etwas liegt in seiner Art, er hat Menschenkenntniß und sucht jedem bey zu kommen, das heist ihn zu verwundern. Er schimpft ewig auf Halbwisserey und auf die jezige Zeit, er kennt auch nichts davon, und darum ist er grossentheils höchst unwissend, worüber ich dir närrische Beyspiele erzählen kann, denn ich machte mir den Spas ihn auf die Probe zu stellen. Was ich will das habe ich, das danke ich alles meinem Kopf, verdienen die heutigen Chemiker wohl einen Groschen? So ungefähr spricht er. Das hat er mit Bonaparte gemein wirklich zur Verwunderung viel zu besitzen, und jedes nur darum, um darüber das Wunderbarste zu lügen, so sichtbar zu lügen, daß er 800 Frd’or sagt, und zum Belege einen Brief zeigt wo 400 Frd’or steht. Er hat herrliche Gemälde deutscher Schule, einen jungen Dürer, mit rothem Käppchen, durchaus einzig herrlich, dafür schreibt er auf einen andern Raphael Urbinno pinxit mit derselben Hand, die hinten lateinische Disticha geschrieben, belegt es dann mit einem Auctions∧katalog oder zeigt aus irgend einem schlechten Kunstbuche daß ein Stück dieses Gegenstands irgendwo existirt hat. Die Gemälde an sich sind ihm ganz verloren, er schätzt 290
25
30
35
40
45
50
55
60
30. Juli–16. August 1806
65
70
75
80
85
90
95
nur, wenn Leute darüber weinen, Hunde sie anbellen, er hat auch nicht eine Idee, wie die Mahler gemalt haben, denn bis zur gröbsten Verwechselung geht seine Lüge. Er ist in allen Welttheilen gewesen und darüber lächerlich angeführt worden von Leuten, die behauptet ihn in fremder Gegend gesehen zu haben und mit ihm abentheuert, in Neapel hat er ein wildes Pferd geritten, das sich vor seinem Schatten gescheut, indem er es gegen die Sonne gestellt, ausserdem behauptet er nicht herunterfallen zu können, weil er gründlich die Theorie des Gleichgewichts studirt hat. Er schimpft ewig über Halbwisserey unsrer Zeit, hat seit dreissig Jahren nichts gelesen, denn spricht er von Feinden, so spricht er immer noch vom Türken. Seine Gelehrsamkeit sind auswendig gelernte Definitionen, ich sagte daß er in 36. Sätzen die gesammte Weisheit zu fassen wisse, wer diese begriffen, kann alles erfinden, die letzte Stunde wird dazu angewandt, so brachte einer eine Flinte heraus 3 mal 36 Türken zu schiessen, immer durch 3 zugleich und 36 Schüsse, der Mechanicker wurde aber nicht damit fertig. Er spricht immer drey mal schneller als andre Leute, denkt immer an drey Dinge zugleich, bittet deswegen um Entschuldigung, wenn er sich verspricht, er liest 12 Collegia, das hat ihm die Zunge abgenutzt, ein Bissel dünner Kunst Wissenschaft sagt er ist da um dem menschlichen Verstande Ehre zu machen, ich weiß aber wohl, daß es mir viel Mühe machen würde, alle seine Ehre zu erzählen, ich hab ihn ordentlich schmachten lassen bis er eine Gelegenheit fand mir seinen Demant zu zeigen, ich habe ihm falsche Definitionen gesagt, ihm Mittel gesagt Diamanten zu machen, zulezt ihm versprochen, wenn ich welche fände, sie ihm zu schicken, ich muß verdammt ehrlich aussehen, daß er mir alles geglaubt, sonst hat er wirklich schon viele zum Wunderhause hinaus geworfen, die spotten wollten. Sieh und dieser selbe Mann, der sich rühmt alles zu haben, was ihm in der Welt lieb, hat nicht Frau nicht Kind, keinen Garten, elende schmutzige Zimmer, magre Katzen im Hofe, schlechten Wein im Keller, isst grobes Brod, stinkende Butter, alles ohne geizig zu seyn, blos Richtung seiner Natur in das burlesk Wunderbare, ein wahrer wissenschaftlicher Donquichote, der aus seiner Wade ein Stück ausgeschnitten um daraus ein unsichtbares Präparat zu machen. Ich erzähle dir mehr, heute bin ich eilig und nicht recht wohl, ich leide an Durchfall und schwitze unaufhörlich, doch geht es heute schon besser.
291
3v
4r
4v
Nr. 472
5r
5v
6r
Ich bin ziemlich wohl, noch ein Wort von Helmstädt. Bruns hat mir Paar platdeutsche Manuscripte gegeben, woran aber nichts ist, dagegen fand ich den Thedel von Wallmoden, mein Bedienter schreibt ihn ab. Hier habe ich Kampes Haus kennen gelernt, worin recht viel angenehmes Wesen, unter andern ein blondes Fräulein mit schwarzen Augenwimpern zu Eschenburg gehe ich eben und morgen nach Wolfenbüttel. Beym Prediger Witte in Lochau habe ich nichts gefunden für uns, sonst aber viel Spas. – Von Eschenburg erhielt ich mancherley, in Wolfenbüttel habe ich wohl hundert Musikbücher durchsucht, in den meisten Wiederholung gefunden, auch eine andre Ausgabe der frischen Liedlein, sechs Lieder überhaupt nur aus allen abgeschrieben. Göttingen d* 16 August. Viel hunderttausend Dank für Deinen Brief, den ich bey Dieterich gefunden (vom 16 July) er traf mich in gedankenvoller Zeit. Mehrere meiner hiesigen Bekannten fand ich verreist nach Liebenstein, es ist noch derselbe Ort, der Wall wo ich Göthe sah, mein Gärtchen wo aus den Winkeln heraus noch rothe Ebereschen in die Welt hängen, ich sehe alle Gänge, alle Gassen, wo ich taumelnd umwandelte, ein glücklich gequälter Geist, die Berge hängen voll tiefer Wolken, der Heymberg ist grüner, die Büsche grösser, die kleinen Mädchen erwachsen, der saure Wein süß gealtert, und doch will mich das alles nicht füllen, das neue Kriegswesen, was mich so unerwartet in Hannover wie Schnee in den Hundstagen über fiel hat mich so erkältet, weg blasen mag ich den Schnee nicht, Menschenhand soll sich darein nicht mischen, ich würde sonst eher noch erfrieren, des Himmels wärme muß ich weghauchen. Drey schöne Tage hatte ich in Hildesheim zugebracht, ein guter Freund von mir, Kriegsrath von Schulz, war da achttägig verheirathet mit einer Hildesheimerin, ich fühlte es, daß seinetwegen alle die Indemnitäten in Deutschland gemacht worden, er lernte sie durch die Preussische Besitznehmung kennen, alles noch neu Huth und Schuhe, fröhlich auswandernd ins neue Vaterland, was sie verläst alles vergessen, so gingen wir wie Böcklein über die wunderschönen buschigen Berge bey Hildesheim, tausendmal sagten wir ihr, sie möchte sich die wogenden netzartigen Heckenfelder noch einmal unter sich ansehen, statt gelben Waizen sähe sie bald gelben Sand, sie war in ihren eignen Flitterwochen wie geblendet. Reiner habe ich nie von dem Feuer brauner Augen alle Züge um und auslaufen sehen als an ihr, ich dacht in 292
100
105
110
115
120
125
130
135
30. Juli–16. August 1806
140
145
150
155
160
165
170
175
mir wie der Schweizer bey der Kastanie, das muß ein artliger Schnider seyn, der ihr so ein feines Häutlein so ohne Nath und so weich hat annehen können. Redtel hat sich gleich frisch weg mit ihrer Schwester versprochen, will aber noch ein Jahr warten, in der Zeit soll sie was lernen und er will was werden. So streifen wir herum, das ganze Haus war mir gut Freund, ich ließ jeden allein, der allein seyn wollte, war lustig mit jedem, der gesellig seyn mochte, so sahen wir um uns, alles war zur Erndte fertig, da komme ich nach Hannover und wie Heuschrecken flogen die Neuigkeiten. Nicht daß ich den Krieg überhaupt für unser Land fürchte, es muß sich zeigen, ob es Kraft zu leben hat, sonst fort ausgewischt, fort mit uns, nur jezt in diesem blinden Zutrauen unsrer Regierung auf Bonapartes wiederholte Versicherungen, die Armeen zerstreut, ich brachte eine schreckliche Nacht zu, die Vorstellungen verwandelten sich, der gute Morgen war mir nicht gut, mich loszureissen von so viel schönen Reiseplänen war mir schmerzlich, wie oft rissen mich schon solche Zufälle aus meiner Bahn, ich tröstete mich, daß es oft schon über mir ergangen, daß die Entscheidung kürzer als man denkt, es floß ein Zutrauen in meine Seele und sehe ruhig dem Ende der Welt zu, wo der Antichrist die ganze Welt nach seiner Pfeife tanzen läst und das Häuflein der Gerechten nicht bezwingen kann! – Die Anspacher Klageschrift zu beantworten, wie Du von mir verlangst, würde ich nur dann thun, wenn sie von der grösseren Zahl Anspacher unterschrieben wäre, besonders hätte ich die Namen derer verlangt die Gut und Blut dran setzen wollten, sie hätten es thun sollen und sie wären gewiß nicht verlassen, das läst sich überhaupt bey Vertauschungen sagen, entschlossen treu verbundene Völker lassen sich nicht vertauschen, sie können nur bezwungen werden. Ich will unsern Minister nicht entschuldigen, gewiß ist es aber, daß Anspach bey jedem Kriege ganz vertheidigungslos ohne militärische Position ohnedies eine Raubkammer für den Feind gewesen wäre, eben so Neufchatel, nicht ebenso das Clevische, das wirklich mit uns verbunden war, Anspach war es seit zehn Jahren durch ewigen Vortheil, Neufchatel war eigentlich nie verbunden, die uns keine Soldaten stellen konnten keinen Anspruch machen auf Schutz im Kriege, es kommt vielmehr endlich zu tage, daß solche privilegirte Provinzen, für den Staat und für sich ein Unglück sind, so glücklich sie sich preisen mögen. Wenn Krieg kommt so kommt er vom Clevischen, da ist Unrecht geschehen, es kostet vielleicht viel, aber ich habe auch jezt viel Zutrauen. Offiziere und Soldaten jubelten als es hieß gegen die Fran293
6v
7r
7v
8r
Nr. 472
8v
9r
9v
zosen, sie glauben sich so beschimpft und vernichtet, durch die bisherigen Verhandlungen unsres Königs, daß sie nur in Blut sich zu reinigen meinen. Hast du sechs Dialogen über Krieg und Handel gelesen, sie sind von dem älteren Raumer in Berlin, der dir so wunderlich erschien, voll hübscher Dialektick, berühren besonders manche Aeusserungen der Trägheit. Noch etwas, was mich in diesem Augenblick von jeder Schrift gegen einzelne abhalten würde ist mein Gefühl von dem Unglück, was so politische Meinungen einem Einzelnen als Eigenthum übergiebt, nur Volksmeinung ist etwas werth, die zum Entschluß, zum Zusammentreten kommt, alles andre ist wohl gut zur Untersuchung, zu der mir aber Ruhe und Zeit gebricht, die Volksmeinung will will eigne Erfahrung, fremde gleichzeitige ist ihr wie alte Geschichten nur in den höheren Klassen verständlich und lebendig und ich glaube, daß jezt eher als vor 9 Monaten der Zeitpunkt zum Kriege ist, wo freilich wenige Märsche nach der Austerlitzer Schlacht das Hauptcorps der Franzosen zerstört hätte, aber wer konnte die Folgen davon bey Rußlands und Oesterreichs Eifersucht bestimmen. Jezt stehen wir allein, ganz verlassen, ohne Rücksicht denn es geht auf Leben und Tod, der aber den Morgenstern hält wird uns nicht fallen lassen oder er giebt uns einen Leichenmarsch, daß alle Völker mitweinen sollen zur letzten Ehre. – Deinen Brief mit Kupferstichen habe ich erhalten, schreib es nicht meiner Gleichgültigkeit zur Schuld, was nur Drang der Zeit war, ich danke für diese wie für den Büchereinkauf, ich freute mich auf so vieles in Deinen Gegenden; wenn ich dahin komme wird mir Baden so lieb wie Wisbaden, da du es vorziehst, Baden ist nur über aus ärmlich, schmutzig und von Frankfurt entfernter, die Abwesenheit der Franzosen ist freilich viel werth, der Rhein doch noch mehr. Dein Auftrag an Oken soll erfüllt werden, schade der doppelten Bemühung wegen des Thedel von Wallmoden. Hier auf der Bibliothek habe ich bis jezt noch nichts gefunden, bey Forkel sollen noch Musik∧bücher stecken. Blumenbach interessirt sich sehr für alle diese Sachen und erzählt mir unter andern, daß in der Bibliothek des Chorherrn Wick auf der Chorherren Bibliothek zu Zürich ein ganzes Zimmer voll Liedersammlungen, wäre doch das mein Gasthoff! Abends singen mich Commersch köre (Heinse) ein, heute Morgen weckte mich ein geistlich Lied aus der höchsten Spitze des Hauses, wo die Schwalben nisten von einem alten Weibe (Jakobi) durch die Nase gesungen! – Wäre es doch schon entschieden, ob ich zu Dir kann! Ludwig Achim Arnim 294
180
185
190
195
200
205
210
215
16. August 1806
220
225
230
Ich habe Heinse’s Briefwechsel mit Lust gelesen, es ist so ein freudiges Hinaussetzen aus seiner Zeit darin, die auch der unsern noch in lauter Wollust den Tod geben könnte, der Brief an Wieland gehört als Dedikation zu Götter Helden und Wieland, unter den übrigen ist wohl der Brief Heinses an Gleim vor dem Peterstage das Herrlichste für sich, in ihrer Verbindung sind alle sehr lieb. Bey Müllers Briefwechsel ängstet es immer, warum sich die beyden Leute schreiben, da sie einander kein Wort verstehen, der Schwytzer und der Halberstädter Dialekt. Jakobi beweist in einer langen eignen Schrift, einer Art Knochenbeylage daß er wirklich mit den Papieren seines Freundes viel nachlässiger umgeht, als mit seinen eigenen, übrigens kein Spitzbube sey, aber sehr niederträchtig und bornirt von seinem Freund Heinze urtheilen könne S 47. Ç9r aoR nachträglich:È Ich habe aus Winkelmanns Nachlasse meine Briefe und Deine und Savignys, beyde versiegelt und Dein Stammbuch erhalten, ich bring und schick Dir alles, schreib es doch gelegentlich an Savigny.
472.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
ÇIÈ
5
10
15
Göttingen d* 16 August 1806 Derselbe Ort, mein Wagen rollte schneller als mein Blut, derselbe, nichts besser, nur einsamer, aus meinem Garten hängen noch rothe Ebereschen in die Welt hinein, ich sehe alle Gänge die ich träumend umwandelt wachend wieder, ein glücklich gequälter Geist, an den Bergen streifen tiefe Wolken, die kleinen Mädchen find ich erwachsen wieder, der saure Wein ist süß gealtert und kann mich nicht füllen. Hannover hat mich im Schlafe beschneit, wegblasen mag ich ihn nicht, sonst erfrir ich, des Himmels Wärme muß ihn weghauchen. Liebe Zeit in Hildesheim, wie Böcklein zogen die Tage springend über die Berge, über die netzartigen Heckenfelder. Die junge Frau wurde gewarnt, sie sähe bald gelben Sand statt gelben Waizen, sie war in ihren eigenen Flitterwochen geblendet. Reiner habe ich aus dem Feuer brauner Augen, alle Züge umlaufen sehen, ich dachte in mir wie 295
9r
Nr. 472.E
9v
10r
der Schweizer bey der Kastanie Welch ein artliger Schneider, der die glatte Haut übergenaht hat. Ich ließ allein, wer allein sein mochte, mit den Geselligen war ich gesellig. Wir sahn um uns die Erndte reif, da kam ich nach H. und die bösen Nachrichten wie Heuschrecken. Sind wir vorbereitet? Eine schreckliche Nacht, meine Vorstellungen verwandelten sich, der gute Morgen war mir nicht gut, schmerzlich das Losreissen von so viel schönen Reiseplänen. Kürzer ist die Entscheidung als man denkt, ein Zutrauen floß in meine Seele, ich sehe ruhig nicht unthätig das Ende der Welt, wie der Antichrist die ganze Welt nach seiner Pfeife tanzen läst und doch das Häuflein der Gerechten nicht bezwingen kann. Jezt stehn wir allein verlassen, der aber den Morgenstern hält wird uns nicht fallen lassen, oder er giebt uns einen Leichenmarsch, daß alle Völker mit weinen sollen zur letzten Ehre. Anspacher Klagschrift kann ich nicht beantworten, zur blossen Untersuchung fehlt Ruhe und Zeit. Entschlossne treue Völker lassen sich nicht vertauschen. Es ist die Meinung eines Einzelnen, ich achte nur Volksmeinungen; die zum Entschluß kommt. Die Volksmeinung nur durch That widerleglich, entsteht nur in eigner Erfahrung; fremde gleichzeitige ist nur den oberen verständlich ÇIIÈ
22r
22v
20
25
30
35
An Clemens d* 16 August 1806 Heinses Briefe sind ein freudiges Hinaussetzen aus seiner Zeit das auch der unsern in lauter Wollust den Tod geben könnte. Das Herrlichste für sich der Brief an Gleim über italische Land und Luft als Einleitung des Petersges Der Brief an Wieland Dedikation von Göthes Göttern. Bey Müllers Brief∧wechsel begreift man nicht, warum sich beyde Leute schreiben, die in ihren verschiedenen Dialekten einander nie verstehen. Jakobis Schrift ist eine Art Knochen∧beylage zum guten Fleisch, er beweist daß er nachlässiger mit seinen Freunden als mit sich und ihre Ehre S 47 lieber als ihren Vortheil aufgebe, übrigens kein Spitzbube sey. Nachdem ich jene, dann dies gelesen war mir wie heute wo ich bey Kommerschkören eingeschlafen und von einem alten Weibe auf der Spitze des Hause durch ein geistlich Lied durch die Nase gesungen geweckt wurde Beireis. Ein kleines trocknes Männchen mit grossem ÇxxxÈ Herzen und kleinen grauen Augen stets seidnem Unterfutter und Steinschnalle ein Genie der kleinsten Reichsstadt, der reine negative Gegensatz zu Göthe. Er hat es mit Bonaparte gemein, wunderbar viel zu 296
40
45
50
16. August 1806
55
60
65
70
75
80
85
besitzen und noch wunderbar mehr darüber zu lügen. Die Welt hat er in 36 Definitionen, in der lezten Stunde kann jeder erfinden, was er will und in der Zeit die er dazu bestimmt, die Mechaniker können es aber gewöhnlich nicht ausführen. Unterricht ohne Kinder in einem wüsten Hause wo statt der Kochtöpfe Retorten am Herd sich kocht in einem öden Garten, bey zwey alten Katzen lebt er der die Welt zu besitzen meint, alles nämlich was ihm darin lieb, abgeschlossen von aller Entdeckung seit dreissig Jahren steht er darin, wie der wunderbare Schäfer im Harz, der viele Jahre geschlafen und sein Hauß kaum kennt, alle Menschen verändert findet, lauter Halbwissen, Gotteslästerung, er kennt und sucht nur noch die Sachen in der Welt, glaubt von allem das erste und letzte zu besitzen. Er ist wie das arme kleine gelehrte Wunderkind, so einsam, so verlassen und doch so besucht, von seinen ältesten Bekannten für einen Narren ausgeschrieen. Doch hat er Menschenkenntniß, bringt jedem das Seine, weiß doch meist, was man durchschaut und was man anerkennt. Hin und wieder auch glückliche Gedanken Er drängte mich seinen Diamant zu sehen, ich fragte mystisch, ob so etwas wohl gemacht werden könnte? Er: das Brennliche kann wohl nicht auf einen so engen Raum verbunden werden. Seine späteste Zeit bezeichnen die Gemälde, er schätzt nur die wobey Hunde bellen, Consistorialräthe weinen. Was ich will das habe ich, welchem Chemiker hat die neue Chemie einen Groschen eingebracht, er spricht dreymal schneller als jeder denkt an drey Sachen zugleich, das hat seine Zunge abgenuzt, aus seiner Wade hat er unsichtbare Präparate geschnitten, wer spottet wird zum Wunderhause hinaus geworfen. Ein wissenschaftlicher Donquichote schien er und die Gemälde eine edelmüthige von ihm kommandirte Garnison, die aus der Kammer mat und lichtscheu hinaus wolte um aus den Kase∧ matten einmal an die Luft geführt zu werden. Durch Göthe wuste ich eigentlich schon mehr von ihm, als man eigentlich wissen kann, nämlich alles was er nicht machen werde. Er Die Mechanik ist um dem Menschenverstand Ehre zu machen. Ich Der Mensch ist um der Mechanik Ehre zu machen die Rechenmaschine klappert und ruft
297
23r
23v
Nr. 473.K
473.K An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August 1806, Dienstag 1r
1v
2r
An B. B.
Wolfenbüttel d* 5 August 1806. Ich habe Ihnen lange nicht geschrieben, meine einzige Schriftstellerin, die ich lese und immer wieder lese, daß ich die Uebung fast verliere, und diese schöne Gewohnheit, die wir Uebung nennen, dieses bewustlose Fortrollen in einer Thätigkeit, es ist doch das schönste erworbene Eigenthum! Einsam herum geworfen aus einem Wagen in den andern, unbestimmten Wunsches, was ich finde, wie ein Feuerwerker mit brennender Lunte immer bereit zu zünden; wenn das Signal gegeben, aber er weiß nicht was es bedeutet und was sein Schuß trägt, nur der erste der ihn führt und den letzten, den er trift, die wissen es, so einsam sehe ich mit Beschämung den armen Kahlkopf in den Bibliotheken, die ich in Unordnung bringe, fröhlig die Büchlein wieder in Reih und Glied stellen, ich fühle es, daß solche Art Leute wie ich nur in der Welt sind Unordnung zu machen, unordentlich zu seyn, unordentlich zu schreiben. So schreibe ich hier in einem Billardzimmer weil ich nur einen Tag zur Durchsicht der Bücher zu bringe, die so viele Jahre durch Lessings Hände gegangen und ich will noch etwas nach ihm finden? Der Weg hieher von Braunschweig erinnerte mich an das Frankfurter Stadtholz, viel junges grünes Holz, auch hier werden die Wälle abgefahren wie dort und ist auch die Stadt frey, die Kinder denken sich doch nicht hinaus. Das Bübchen, was mich herumführte zeigte mir die Kanone auf dem Wall, die gelöst wird wenn Soldaten davonlaufen, es sagte dabey, dann kommen die Bauern und sehen, wo der Soldat ins Korn gelaufen, da sehen sie seine Trite und fangen ihn. Wär nur die Welt so einfach und eindrücklich, daß man jedes Menschen Tritte so sehen könnte, ich bin Winkelmann nachgegangen, der einzige der mir von ihm erzählte hatte medicinische Beobachtungen an ihm gemacht. Einen andern mir sehr lieben sanften Freund, Heyer, der auch Clemens nah bekannt, fand ich in Braunschweig im vollen bittersüssen Gedränge von Frau und Kind, Erwerb, Thätigkeit, übermässiger Thätigkeit, denn wer kann den Krankheiten ein Maaß setzen und er ist Arzt. Auch mich hat er ein Paar Tage in der Kur gehabt, endlich bin ich durch Doppelbier wieder hergestellt worden, vielleicht komme ich auf einem Fäßchen davon wie Silen reitend in Ihre Gegenden, ich wollte nach Wisbaden, aber der König von 298
5
10
15
20
25
30
35
5. und 16. August 1806
40
45
50
55
60
Holland hat wahrscheinlich an seiner Krone so viel zu waschen, daß ich kein Bad frey finde. Viel merkwürdige Dinge hätte ich Ihnen zu beschreiben, mehr mündlich, wie es sich von selbst so giebt. In einem hölzernen Schlosse des Herzogs von Salzdahlen sah ich viel schöne Bilder, das merkwürdigste darin eine schöne Dame mit entsetzlichem Mordsinn; nämlich die Judith den blutigen Kopf in Händen von Guido Reni, wunderbar erleuchtet, daß sie hervor zu treten schien, ich konnte ihr aber dessen ungeachtet nicht auf den Kopf fühlen: Dies bitte ich Gall zu meiner Entschuldigung zu sagen. Uebrigens ekelt es mich immer mehr an, das schwindelnde Jagen durch die Gallerieen. Die ewig drehende Farbenscheibe, die allem einen gleichen weissen Schein giebt, denn das Weisse ist mir alles nur Schein, wie all und jede Weisheit, man steht dabey wie an einem Meßtische immer fehlt etwas, und man will auch nichts liegen lassen, nun noch die Butter, dann hat man zu viel Butter und zu wenig Brod, von dem meisten bleibt nur das Kunstliterarische, das andre geht wie tausend schöne Gegenden bey dem müden Reisenden vorüber, er sieht nur den Chausseeinnehmer, der ihm den Beutel an der Stange herausstreckt, um bezahlt zu werden. Warum ist der Reisende müde? Freilich, warum ist es ihm leztlich zu wohl ergangen, es ist nicht alle Tage Sonntag und Rom ist nicht in einem Tage erbaut. Ich lebte bey Reichardt sehr angenehm, es ward mir ein ruhiges Zutrauen, Willkühr so viel ich mochte, Licht und Musick so viel ich lieb habe. Ich muste weiter. In Magdeburg sah ich ein herrlich gegossenes Grabmahl, um einen Erzbischof alle Apostel versammelt, bey mir viel
473.
5
2v
An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August, Dienstag, und Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
Wolfenbüttel d* 5 August 1806. Meine einzige Schriftstellerin, die ich lese und immer wiederlese, und so viel lese, daß ich nicht schreiben kann, sondern sprechen möchte, ja ich verliere wirklich durch Sie dieses bewustlose Fortrollen in mancherley Gedanken, was wir schreiben nennen, ich bleibe immer stehen, wo Sie zuletzt waren, während ich wie ein Feuerwerker mit brennender Lunte immer bereit seyn sollte, aufzuschauen und zu sehen auf 299
1r
Nr. 473
1v
2r
2v
jedes Signal, was die neben mir fliegende und aufgehende Welt mir giebt. Bey den meisten schönen Gegenden sehe ich nur den Chausseeeinnehmer, der mir die lange Stange mit dem Beutel in den Wagen streckt, oder ich behalte nur ein Paar Köpfe und ein Paar Namen, wie in den Bildergallerien, durch die der arme Liebhaber in drängender Eile von dem Inspector geführt wird, ordentlich wie ein Ringelrennen, wer da etwas absticht, muß ein besondrer Praktikus seyn. So eine drehende Farbenscheibe, die endlich doch nur einen weissen Schein giebt, sah ich gestern in Salzdahlen die Gallerie des Herzog von Braunschweig, vor mehreren Tagen in Helmstädt die Gallerie von Beireis. Könnte ich das alles nur recht gemüthlich geniessen; aber wie ich mich über∧eile, so habe ich bald zu viel Brod, bald zu viel Butter darauf, so werde ich nie recht fertig. Heute sehe ich hier Lieder∧bücher durch, die wahrscheinlich gar oft durch Lessings Hände gegangen und ich will doch noch etwas darin finden. Der Weg hieher erinnerte mich an das Frankfurter Stadtholz, viel junges grünes Holz, auch hier werden die Wälle abgefahren wie dort und ist auch die Aussicht frey, die Kinder denken sich doch nicht hinaus. Das Bübchen, was mich herumführte, zeigte mir die Lerm Kanone auf dem Wall, die gelöst wird, wenn Soldaten davon laufen, und sagte: Das hören die Bauern und sehen zu, wo der Soldat ins Korn gelaufen, wo es niedergetreten und fangen ihn. Wäre nur die Welt so einfach, so eindrücklich, daß jedes Menschen Trit sichtbar! Göttingen d* 16 August Kein Brief von Ihnen hier und doch muß ich bleiben, das Schicksal hält hier vorsichtig die Zügel meiner Pferde, um meinem Wege vorzuleuchten, wie umnachtete mich die Freude, als ich zu Ihnen hinsah, daß ich die blinkenden Waffen rings nicht sah. Noch vor wenigen Tagen feierte ich die Flitter∧wochen eben des Freundes theil∧nehmend mit, von dem ich Ihnen zwey kleine Lieder im Winter sandte, in Hannover fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Wahrscheinlich sind wir von Frankreich aufgeopfert, es soll aber bey allen guten Geistern kein willig Opfer thier finden, die Armee ist voll Freude, unser Sand wirbelt von Lust, daß er getränkt wird, die Erndte ist reif, schneide sie wer die Sichel führen kann. Was sollte bestehen, was nicht die Kraft dazu hat, fort mit uns wenn wir nicht würdig dieser stolzen Erde, sonst wollen wir uns aber anklammern und einbeissen an dieses liebliche Eigenthum, der Teufel will sich nicht mehr brauchen lassen mit seinen Kräften, so muß er fallen. Ich spreche in so gutem 300
10
15
20
25
30
35
40
45
5. und 16. August 1806
50
55
Zutrauen, ich kann nicht dafür, aber bewahren Sie es wie meine liebste Hoffnung im sichern Herzen, es kann auch wohl alles schlecht und mittelmässig werden, im Frieden ist kein Heil mehr, im Kriege Verzweiflung. Hochachtungsvoll Ludwig Achim Arnim A Mademoiselle Bettine Brentano a` Goldner Kopf Sandgasse. Francfort s/M frey
Kur
473.E An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August, Dienstag, und Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
5
ÇIÈ Wolfenbüttel d* 5 August. Mein einzige Schriftstellerin, die ich immer wiederlese, ich habe ihnen lange nicht geschrieben. Das schönste Eigenthum ist die Uebung das bewustlose Fortrollen in schöner Thätigkeit. Unbestimmten Wunsche bin ich aus einem Wagen in den andern geworfen.
8r
ÇIIÈ
10
15
20
An B. B. Das Schicksal ist mir vorsichtig in die Zügel gefallen, um meinem Wege vorzuleuchten. Ich seh die Waffen nicht vor Flitterwochen es fiel mir wie Schuppen von den Augen Wir sind aufgeopfert, aber kein willig Opferthier. Der Sand wirbelt voll Lust, daß er getränkt wird, die Erndte ist reif, schneide sie wer die Sichel führen kann. wir wollen uns anklammern und einbeissen und den Feind zum Eigenthum machen Der Teufel will sich nicht mehr brauchen lassen, mit seinen Kräften, so muß er fallen. Ich spreche in so gutem Zutrauen, bewahren sie es, ich kann nicht dafür, es kann auch wohl alles schlecht und mittelmässig werden, im Frieden ist kein Heil mehr, im Krieg Verzweiflung, wie umnachtet mich Freude wie ich zu ihnen hinsehe. Fort mit uns wenn wir nicht würdig dieser stolzen Erde. 301
10r
10v
Nr. 474.E
474.E An Louise von Schlitz in Karstorf Hildesheim und Göttingen, zwischen 10. und 30. August 1806, Sonntag und Sonnabend 10v
Der Tante. Hildesheim Alles noch neu von den rothen Schuhen bis zu den rothen Schleifen, sie hatten einander viel zu küssen, ich viel in die weite Welt zu sehen, vom Jahre Verdienst abzubezahlen Gottingen Ich harre der Tage der Entscheidung wie eine Mutter auf die Geburt, in Furcht und Hoffnung. Geh ich nach Hause so will ich dem Drachen wenigstens die Giftzähne ausbrechen, wenn ich auch den vielfarbigen Windungen des Schlangenleibes erliegen müste. Die Felder müssen leer seyn wollen wir Lorbeeren erndten.
475.
1r
5
10
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, etwa 20. August 1806, Mittwoch
Lieber Bruder! Welch schrecklicher Freund du bist, man liebt dich, wie ein Hirschkuh ihren Hirschochsen, den eine Königschlange halb hinunter Geschluckt, und der Rest pampelt vor dem Maul herum, weil das Geweih nicht durch die Kehle will, immer muß man sich mit Göttern schlagen, um dich ans Herz zu drücken, du schwerer Ganimed, den der preusische Adler nicht Himmelan zu tragen vermag. O Lasse den Königen waß der Könige ist. Arnim, wenn du wüßtest, daß ich fühle, wie du, so weist du nur, daß ich dich fühle, es ist wunderbar, so an einem nur zu hängen, deine ganze Nation hat mir eine Ehre, weil du dich ihrer annimmst, aber du gehörst der Welt an, ein Herz kann nur sterben für den Staat, für die Welt ist Jesus gestorben, halte dich um Gotteswillen frei von gräßlichem in deinem Leben, werde kein Soldat in einer Zeit, wo es keine giebt, o bleibe der unsichtbaren Kirche der Kunst angehörig, damit ich nicht verliere, worum ich so unsäglich gern lebe, dein Dasein. Ich bin nicht feig, aber ich weiß nicht, waß ich thun soll, wenn du Krieg gegen uns führst, Weib und Kind verlassen, Arnim! meine paar Heller fielen deinen Feinden in die Kriegskasse, kein Unterthan des Bundes darf außer dem Bunde dienen; du weist nicht, wie es mich 302
5
10
15
Etwa 20. August 1806 20
25
30
35
40
45
50
erschreckt, wärst du Soldat, o sei keiner der untergeht, keiner der siegt, sei ein Mensch hoch über der Zeit, und falle nicht in diesem elenden Streit um Hufen Landes. – aber ich muß schließen, dich in meine Arme schließen wohl auch – schreibe mir Augenblicklich, ob du gar keine Hofnung hast zu kommen, es dauert gewiß noch lange eh es losgeht, bade dich noch vorher, stärke dich, ich will lachen und weinen mit dir; bleibst du noch lange in Göttingen, schreibe gleich, soll ich gleich dir dort hin entgegen kommen, vier wochen auch sechs Wochen, hat Sophie noch zu gehen, willst du dann nicht selbst mein Kind zur Taufe heben, daß es Leben bleibt. O Lieber Junge, biß Marburg könntest du mir doch entgegen kommen, dort ist doch Berg und Wald. Befehle über mich, ich komme gleich zu dir, sehen muß ich dich. Du schreibst also gleich, ich komme gleich oder komme gleich nach Göttingen, oder komme gleich nach Marburg, da will ich sein bei Christian zu erfragen. Soll ich die Lieder mitbringen die ich habe? Freilich fällt die Reise mir jezt schwehr, und Sophie wird es besonders Leid thun aber es muß sein! Ach Arnim komme, komme doch! wir sterben ohne dich! – Weißt du, daß die Günterrode sich vor 3 Wochen zu Winkel auf einem Gute der Serviere Abends am Rhein erstochen hat. Ich sende dir hiebei einen Brief Betinens, der vieles Schöne hiervon sagt, es ist Kreuzers wegen, dieser wollte sich scheiden lassen und sie heurathen, vorher trennt sie sich von allen Freunden, mutterseelig allein, stößt selbst Betinen zurück – Kreuzer wird hier Todkrank, und im Augenblick da er sterben will, läßt er ihr feierlich ankündigen, er Werde wenn er auch genese, sie nicht mehr sehen, er habe in diesen lezten Stunden, seine Pflicht erkannt, und wolle sein Gattin behalten – nun ist er genesen, noch ist ihm die Nachricht verborgen – welches genesen! – Savignys neues Kind das er in Nürnberg erhielt, ist gestorben, wo er jezt ist weiß ich nicht. Beikommendes Lied ist von mir sehr schnell für unsre Wochenschrift, die Gegend ist Heidelberg hinter dem Haarlass abends gesehen gestern von mir Angefangen, du mußt es vors Licht halten, es ist nicht fertig, ich wollt es für dich machen, ich mache es noch einmahl fertig, dieß sende ich dir um dir es zu senden. Den Brief Betinens einer meiner liebsten sende mir gleich zurück dein schreibe bestimmt über alles. Clemens.
303
1v
Nr. 476
476.
1r
1v
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, zwischen 20. und 24. August 1806, Mittwoch und Sonntag
Viel zu Vermögen, was man vermag, auch ausüben dürfen, das ist einzig ein würdig Leben, ich fühle nicht gar oft daß ich vermag, aber wohl daß ich nicht darf was ich vermag. Nur jezt in diesem Augenblick, mogt ich da seyn wo Sie sind, ich scheue mich nicht es zu sagen – ich konnte nie fort, ich wäre sonst lange schon auch an Ihrem Horizont her geflogen, ich hatte die Wolken getheilt, mit breiten Flügeln, die heißen Sonnenstrahlen hät ich mit Macht verhalten, und Schatten gewährt, und Kühlung mit treuem Herzen. Ich kann nicht alles deutlich machen, was und wie ich will, ich mögte reizen mit Kraft und Muth, den, der mir werth ist, den Wächter zu überwinden, der ihn im engen Schicksal gefangen hält. Was heist das? Die Welt soll neu hervorgehen, und herrlicher? sie soll werden, ein höher besser Leben? – O last uns selbst doch neu aus uns hervorgehen, ein eignes Leben in jedem Moment, dann ist ja alles geschehen, dann mag der Lorbeer wachsen wie wilder Efeu – in Krohnen sich über Nationen herziehen, den sieht mein ernster Held nicht; der grünte und der der grünt, der wird vergessen, nur der noch grünen wird, ist einzig sein Verlangen »Was sollte bestehen was nicht die Kraft dazu hat, fort mit uns wenn wir nicht würdig dieser stolzen Erde, sonst wollen wir uns aber anklammern und einbeisen an dieses liebliche Eichenthum.« Nur der mit Leichtigkeit, mit Freude und Lust die Welt sich zu erhalten weiß, der hält sie fest, strengt Euch nicht zu sehr an meine Freunde, beist, klamert euch nicht an, spielt lieber Ball mit ihr, sie ist ja rund, wer sie inn gleichgewicht zu werfen weiß der fängt sie, immer wieder. Mir fallt hier in mancherley Rücksicht, das ernste, traurige Schicksal von Troja ein, wie seine junge Helden die Burg zusammen rissen, um die Burg selbst zu retten, dem König war aller Muth geweihet, drum musten sie die Thürm und Giebel, vom Pallast nieder werfen um die Feinde zu zerschmettern, mit goldnem Balken warfen sie in der Zerstörer Schaar, um diese zu vernichten, solange bis alles zerstört und nichts mehr war, dann schrien sie Troja ist nicht mehr, die herrliche Burg, die wohnlichen Gemächer, wir haben sie aus ihren GrundSo steht auch vesten gerissen, um ihren Feinden abzuwehren. 304
5
10
15
20
25
30
35
Zwischen 20. und 24. August 1806
40
45
50
55
60
65
70
die unglückliche Günderode in ihrem Schrecklichen Schicksal da, sie wollte den Feind vernichten der ihre Freyheit einengte, und mit dem einzigen Versuch – mit dem einzigen Dolch zucken traf sie ihr eigen Herz, und warf das was ihr werth sein sollte, weit von sich, und traf mich auch mit dieser Unthat, ich werde den Schmerz in meinem Leben mit mir führen, und er wird in viele Dinge mit einwirken, es weiß keiner wie nah es mich angeht, wie viel ich dabey gewonnen und wie viel verlohren habe, ich habe Muth dabey gewonnen und Wahrheit vieles zu tragen und vieles zu erkennen es ist mir auch vieles dabey zu Grund gegangen, ich werd mich nicht so leicht mehr an den einzelnen fesseln, ich werd mich wohl an nichts mehr fesseln, und um dieses werd ich oft mit Schmerz und Trauer zu ringen haben. Sie wissen wohl gar nichts von allem, wie sie sich am Rhein auf einer grünen Wiese unter Weidenbüschen Abends um zehnuhr mit Lustiger Miene, das Starcke Messer durch die Brust gestosen, so nah am Rhein das ihre aufgeflochtne Haare in das Wasser hingen, die ganze Nacht blieb sie da liegen, bis Morgens der kühle Thau ihr auf die Brust fiel in die Tiefe tiefe Wunde hinein, die gleich im ersten Moment dem Leben so grosen Raum gab, schnell zu entfliehen, ich war grade auf einer Rheinreise begriffen, den Tag nach dem es geschehen war, warf man mir die schreckliche Nachricht ins Herz, ich fuhr in dem kleinen Nachen an der Stelle dicht vor bey, wo es geschehen war, wie mir es da ergangen wie ich gegen alles ein ganz ander Gefühl gehabt, und wie ich die Natur mit einem eignen Blick betrachtet habe – davon sprechen wir wenn wir uns sehen, es waren Gewitter am Himmel dunkle schwehre Wolken Sonnen blicke und doch war alles so herrlich ich hab einzig gefühlt, und ich bin froh das ich’s durch lebt habe ein augenblicklich Verlangen hat ich damals, eine Sehnsucht nach einem Haven (einem Herzen) worinn ich mit Sicherheit all meine Gedanken mögte landen lassen, ein jeder fände Plaz keiner dürfte den andern verdrängen, die leichte Barke mit wiziger bunter Wimpel fährt schnell dahin und ankert, wo auch das ernste Kriegsschiff mit Muth und Stärcke beladen und mit Schicksal, ich würde alles dort hinsenden und verwahren den jungen Keim der Weisheit, den der lebhafte Sinn nicht aufkommen läst. Dem Savigny war ein junger Sohn gebohren auf 3 Tage, er antwortete mir auf einen Brief den ich ihm um diesen Verlust schrieb: »Gründe und Betrachtungen trösten nicht sondern nur warme lebendige Liebe, und darum hat mich dein Brief gerührt und gefreut. Denn 305
2r
Nr. 476
2v
der Schmerz ist kalt, und lähmt alle Kraft, aber Liebe erschafft die Welt und alles was Leben hat, und in ihr muß der Schmerz selbst zur Rührung werden und der Freude begegnen.« wie tröstlich für mich die ihn trösten wollte, denn all diese Worte sind nicht was er seyn könnte, und was er erkennt, sondern was er ist, und was ihm alles ist, darum sind auch alle herrliche Worte von ihm, unschäzbar, denn es sind eben so viel Zeigen von herrlichem Thun und Gemüth, und soll es in uns auch sein nicht augenblicklicher Enthusiasmus, der leicht hinweggeweht wird wie allenfals ein tanzender Fliegenschwarm, von einem herbstlichen Windstoß. Sie werden wenn sie meinen Brief durchlesen haben leicht einsehen daß es nicht Mangel an Lust war, warum ich Ihnen nicht schrieb. Wenn Stille im Gemüth herrscht, dann mag wohl die Zeit seyn; daß sich die echte Gestaldt hinter dem Teppig oder Nebel leicht und wichtig dem werdenden Freund zu erkennen giebt durch Mittheilung – ein leichter Athem Zug vom Schicksal, der die glatte Fläche des Lebens berührt: so wirft er sich gleich in tausend Falten, leichte Umriße und Gestaldten, die sich unter einander bilden, mit Schnelligkeit und auch so wie der vergehn. – Wer soll sie erkennen und erklären, als der sich mit ziehn läst in die Erscheinung und sie waren so weit von allem entfernt was damals in meiner Seele vorging. ich selbst konnte dem entfernten diese Begebenheiten nicht vormahlen, bloß um ihm die Stimmung des Augenblicks darzuthun. Jezt da ich am Ende meines Briefs bin, mögte ich dem Arnim noch so gerne etwas sagen, es ist nur mein Werck daß ein Mensch mich rührt, mein Herz ergreift ich darf auch daher mich kühnlich gehnlassen, in allem, was ich thue, es hält mich ja nicht mit Fesseln, und hält auch den andern nicht, ich bin dem Arnim Gut, wie ich der Welt, wie ich allem Gut bin, in dem Moment wo und wie sich Gott darin Spiegelt. Bettine
306
75
80
85
90
95
100
105
27. August 1806
477.K An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 27. August 1806, Mittwoch
5
10
15
20
25
30
35
An B. B. Göttingen September Der sanfte blaue Blick der armen Günterode begegnet mir sicherer, nun sie nicht mehr sprechen kann, sie sieht freyer und ohne Zurückhaltung in die Welt, und wir fühlen uns enger befangen, schlagen die Augen nieder und an unsre Brust, wir konnten ihr nicht genug geben, nicht hell genug singen um die Furienfackel ihr fremder Leidenschaft auszublasen um sie an uns zu fesseln; sie war uns gut aber zugut, darum mochte sie uns nicht mehr sehen, wir waren ihr nicht gut genug. Ich habe keine elende Neugierde Leichen zu seciren, um zu wissen, woran sie gestorben, ich kann es aber kaum glauben nach ihrer milden Offenheit, daß sie aus ihrem Schmerze ein Geheimniß gemacht hätte den Wohlmeinenden, ich denke seit heute Vormittag, wo mich Ihr Brief bestrahlte und erwärmte, in allen Verhältnissen, so weit ich sie kannte umher. Sie sagen mit lustiger Miene ist sie gefunden, war es Krankheit, und hatte der Tod, der sich ihr vielleicht nur langsam näherte, vielleicht nur schneller vollstrecken lassen, was er nicht zu entstellen wagte. Sie war so liebenswürdig den letzten Abend in Ihrem Hause, sie trug Savigny so geduldig alle ihre kleinen Kümmernisse vor, wie geduldig hatte sie alle kritische Bosheiten von Clemens ertragen, die er ihr in Trages aus pädagogischen Pflichtgefühle zuwandte, mich hat immer eine Fabel sehr gerührt von einem Lamme, das nichts mehr zu opfern hatte und sich selbst opferte. Ich weiß nicht, wie nahe Sie Sich ihr verbunden fühlen, die Aeusserung ist so beschränkt durch zufällige Veranlassung, daß kein andrer darüber meinen sollte, doch meine ich, Sie schienen Ihr näher in Beschäftigung, Richtung, Ansicht und Austausch dieser Ansichten als durch eigentlicher lebendiger Anschliessung an ihr einzelnes eigenthümliches Wesen, ja ich möchte sagen, wie der Christ die Wahrheit seines Glaubens an einen Kampf auf Leben und Tod setzt, der Physiker sein mühsames Lebenswerk an ein Experiment, so schien Ihnen die Ansicht der Natur durch den Tod der Freundin, mit der sie so wahr und so launig wie mit der Natur spielten, verändert, sie glauben dadurch gelernt zu haben, verändert zu seyn, es geht von ihnen ab, was ihnen doch fremd aber natürlich war. Es ist dies kein Vorwurf, daß die Bekannte mit der sie viel versuchte, ihr nicht enger verbunden, es erschreckt nicht, es erfreut mich diese Aufrichtigkeit, die so selten, die immer zwischen 307
1r
1v
2r
2v
Nr. 477.K
r
3
3v
ihnen bestand, ich selbst würde mir vor allem diese wünschen, so hoch ich übrigens die Empfänglichkeit für Freundschaft preise, die im Himmel geschlossen wird und nur auf Erden unsichtbar belebt und mit ihren Keimen und mit ihren sterbenden Wurzeln den Boden nicht verschliest sondern auflockert, auch der Dolch wird in diesem himmlischen Elemente zur Pflugschaar, die Unthat zum bösen Traume, über den wir uns die thränenden Augen auswischen und die That darin erkennen, die wie jede That kein andrer richten darf, er sey denn dazu bestellet und keiner vernichten. Sie werden mir dieses lange Reden über ein Leid, das auch ich in früherer Zeit erfahren, nach gutem Gewissen deuten, es ist kein Schiessen oder Fechten über dem Grabe, sondern ein Händereichen, ich öffne die Hand die ich fasse und möchte in jeder Linie lesen und ein Paar waren mir undeutlich gezogen, ich dachte nach, wie sie bestimmt wären, sich zu entwickeln. Hab ich das gethan, so fürchte ich immer, Sie drehen sich herum, wie sich die runde Erde nach unsern Astronomen umdrehen soll und meinen, der hats nicht erreicht, der hätte früher auf stehen müssen um so weit zu sehen, es läst sich so ansehen aber auch höher und weiter. Die Erde mag rund seyn, uns ist sie aber wirklich nicht rund, sie mag sich um die Sonne drehen, uns geht die Sonne wahrhaftig auf und da wir nicht so hart auftreten können, daß es ihr weh thut, eben so wenig können wir mit ihr Ball spielen, stehen wir fest, so läst sich dies Transscendentale Scheinspiel wohl treiben, sonst aber reflectiren die Spiegel im Spiegel des Auges sich so unendlich, daß wir erstarren, im gemeinen Ausdrucke todt sind, und in dem Abstreifen dieser alten Schlangenhaut, wird das Leben herrlicher, höher besser, der Hirsch legt jeden Sommer sein altes Geweih ab, darum wächst ihm ein Ende mehr und die ganze Masse des Todes der Reflexion, des Transcendentellen geht in den ersten Flammen des Frühlings auf, so lange das fromme gesunde Wesen uns trägt und nährt.
308
40
45
50
55
60
65
27. und 30. August 1806
477.
5
10
15
20
25
30
35
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 27. und 30. August 1806, Mittwoch und Sonnabend
Göttingen d* 27 August 1806. Der sanfte blaue Blick der armen Günterode begegnet mir sicherer, nun Sie nicht mehr sprechen kann, sie sieht freyer und ohne Zurückhaltung in die Welt, wir fühlen uns enger befangen, schlagen die Augen nieder und an unsre Brust, wir konnten ihr nicht genug geben, um sie hier zu fesseln, nicht hell genug singen um die Furienfackel unseliger, ihr fremder Leidenschaft auszublasen. Ich sage wir und doch war ich ihr gar zu nichts, aber ihr doch recht gut, und von dem Morgen wo ich ihr das Wasser in die Augen spritzte, von dem Nachmittage, wo sie so lachend kämpfte den Dolch zu verbergen, den Sie aus dem Schranke hervor suchten, womit wir spielten, recht wie Kinder mit dem Feuer, das ihr Bette ergriffen, bis zu unserm Umsturze, wo ich sie in meinen Armen gen Himmel hielt und bis zu dem Abschieds Abende, in Ihrem Hause, wo sie so hübsch aussah, daß wir uns alle verwunderten, in all der lieben fröhligen Zeit war sie so mit wirkend zu allem Spiel, so sanft vertheidigend gegen die kritische Pflichtbosheit der censirenden Pädagogik von Clemens, daß ich immer bey ihr auf das Lamm komme, das nichts mehr zu opfern hatte und sich nun selbst opferte. Schauderhaft ist mir die Section des Arztes gewesen, der ihren Tod aus dem Rückenmarke gelesen, so etwas ist doch nur zu sagen möglich bey dem versunkenen Zustande dieser Wissenschaft, zu der kein Arzt und kein Kranker zum Arzt mehr Zutrauen hat. Mit der weichen schwachen Hand solche Gewalt um einem drückenden Lebensverhältnisse zu entgehen, das wohl so einem vereinsamten, gereitzten Gemüthe im Augenblicke unendlich hoffnungslos scheinen mochte, das ist mehr Lebenskraft als der vortrefliche Arzt verstehen wird, wenn er auch hundert Jahr darüber alt würde. Wer so etwas mit fremden Augen ansieht, der muß sich auch einen fremden Grund denken, er denkt die Krankheit hat einen Arm vorgestreckt um zu vernichten, was sie nicht entstellen mochte, die gemeinste Bemerkung spricht dagegen, daß kein Gesunder so an jeden verlängerten Augenblick des Lebens hängt als alle abzehrenden Kranken. Fort also mit dieser entsetzlichen Erklärungswuth, was in sich so klar ist ohne Anspruch zu machen, gut oder böse seyn zu wollen, sondern lieber wie ein Bergschatten in die Tiefe des Rheins zu verlöschen. Ich weiß nicht, 309
1r
1v
2r
Nr. 477
2
v
3r
wie nahe Sie Sich ihr verbunden fühlen, die Aeusserung ist so beschränkt durch zufällige Veranlassung, daß darüber kein andrer meinen sollte; wahrlich gehöre ich auch nicht zu denen, die andrer Menschen Zuneigungen herabsetzen mögen, es ist ja endlich unser einziger Trost, wo uns Menschen verschwinden, sie recht geliebt zu haben, so lange sie unter uns, doch meine ich, Sie äusserten damals Ihr näher in Beschäftigung, Richtung, Ansicht und Austausch von Kenntnissen als durch eigentliches Anschliessen an ihr einzelnes, eigenthümliges Wesen verbunden zu seyn, denn das ist doch wohl das eigentliche Wesen der Freundschaft, nicht zu lieben den einzelnen Moment, der bezwingt, sondern die göttliche Kraft in allem zu erkennen, die den Gleichgültigen nur im einzelnen Momente überrascht. Ja ich möchte Sie durch Sich Selbst trösten und erfrischen, ich möchte sagen, wie der Christ die Wahrheit seines Glaubens an einen Kampf auf Leben und Tod setzt, der Physiker sein mühsames Lebenswerck an ein Experiment, so scheint Ihnen nur die Ansicht der Natur durch den Tod der Freundin, mit der sie so wahr und so launig wie mit der Natur spielten, verändert, zerrissen, sie glauben dadurch manches gelernt zu haben, es trennt sich von uns nur, was uns fremd war. Es ist hierin kein Vorwurf, sie hatten diese schöne Aufrichtigkeit es ihr zu sagen, vielleicht daher dieses Zurückstossen in der letzten Zeit, wo sie mit sich ganz einig seyn wollte und jene himmlische Freundschaft finden, die auf Erden einzelne Glückliche zusammen belebt und mit ihren Sinnen und mit ihren sterbenden Wurzeln den Boden nicht verschliest, sondern auflockert, auch der Dolch wird in diesem himmlischen Elemente zur Pflugschaar, die Unthat zum bösen Traume, über den wir uns die thränenden Augen auswischen und die That darin erkennen, sie weder vernichten noch darüber richten, – dazu ist keiner bestellt. Auch ich verlor einen Schulfreund und tägligen Bekannten auf gleiche Art vor sieben Jahren in Halle, lief nach ihm über die beschneiten Berge durch die strudelnden überschwemmten Wege, ein Fremder fand ihn, er hatte sich selbst erschossen, ich fühlte es, wie mir alles unerwartet schrecklich, daß der Zufall des Zusammenlebens, nicht nothwendiges Vertrauen uns verbunden, aber das tröstete mich freilich auch nicht. –
40
45
50
55
60
65
70
3v
Das Zweifelhafte aller Zukunft hält mich hier noch fest, wäre nicht diese Qual, die immer in veränderter Gestalt sich bey mir einschleicht, bey jedem Zeitungsblatte meine Adern stocken lässt und den Athem hemmt, ich könnte sagen mir zum Genuß. Meine alten Bekannten 310
75
27. und 30. August 1806
80
85
90
95
100
105
haben mich nicht vergessen, fünf Jahre des Herumstreifens haben mich empfängliger gemacht für manche wunderliche Seelen, die ich sonst nur wie eine Curiosität einmal betrachtete, Wünsche rauben mir nicht mehr den Genuß des gewährten, gegenwärtigen; habe ich in der Wissenschaft verloren, so bin ich doch verständiger geworden, in der Bibliothek arbeite ich jezt gerade in dem entgegengesetzten Winkel wie sonst, die Bibliothekare lachen immer darüber, also etwas weiter bin ich auch da gekommen. Clemens, der mir Ihre Nachrichten von der Günterode schickte, ich erhielt auch Ihren Brief einen Tag vorher, schreibt mir von einer Kunstwelt, wohin ich mich begeben soll, Sie tragen mir auf, mit der Welt Ball zu spielen. Woher wissen Sie, daß die Erde rund? Mir scheint sie ziemlich scharf und spitzig. Die Erde soll sich auch drehen, mir steht sie fest und die Sonne geht mir noch auf und unter, und in den ersten Flammen des Frühlings brennt mir noch aller Transcendentalismus wie ein Freudenfeuer rein auf, das Thier haart sich, der Mensch enthäutet, und diese ganze Masse abgestreiften Todes hindert die Erde nicht daß sie grün wird. Wir wollen nicht die faulsten seyn, Und schlafen liegen bleiben, drum dein Stimmlein laß erschallen, denn vor allen kannst du loben, Gott den Herren hoch dort oben. – Ich entsage nicht der Hofnung Sie recht bald zu sehen, ihr ewig naher Ludwig Achim Arnim. Gött. d* 30 August Kennen Sie Schlosser aus Frankfurt, ein Bruder des Schlosser, der dort Rechtsgelehrter, er ist heute als Doktor der Medizin von hier nach Berlin gereist, von ihm ist die Beschreibung der Kupfer zur Genovefa und zur Lesche, ein lebendiger, kunstliebender Freund, voll Anhänglichkeit an die Mutter Göthes, eine Art zutrauliger Mittelpunkt für eine Menge junger Leute hier. Göthe hat an Blumenbach geschrieben, daß er sich nach dem Bade sehr wohl befinde. Er lebe hoch und abermals hoch und immerdar hoch. Hier sah ich ihn zum erstenmal, ich kenne noch die Stelle auf dem Walle, er sah so groß und gewaltig aus, daß ich fürchtete, nicht vorbeikommen zu können.
311
4r
4v
Nr. 477.E
477.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 30. August 1806, Sonnabend 10v
11r
A B. B Göttingen 30 Ich bin aus einem Winkel der Bibliothek in den andern gerückt, zurückgekommen, doch verständiger. Die Erde sagen sie ist rund. Ich denke scharf und spitzig. Die Erde soll sich auch drehen, mir steht sie fest, die Sonne geht mir auf und unter, das brennt allen Transscendentalismus mit Feuer die Flammen des Frühlings herunter. Die Berge senken ihre Schatten in die tiefen Wasser. Die Wasser bleiben doch hell, das Thier haart, der Mensch häutet sich und trägt dieses ganzen abgestreiften Todes umher vom Baum wird die Erde die der Baum doch grün. Wir wollen nicht die faulsten seyn. Dies Transzendentale ist der Section gleich, die jede gewaltige That aus ihm od einem Theile des Körpers herleitet, da doch die wunderlichsten Körper gewöhnlich gar nichts thun als schmachten und eben nichts thun. Aber fremde Augen suchen einen fremden Grund. Fort damit. Es ist unser einziger Trost wo uns Menschen verschwinden, sie recht geliebt zu haben um sie rechtfertigen zu können. Es ist das Wesen der Freundschaft nicht zu lieben den einzelnen Moment der bezwingt durch göttliche Kraft, sondern die göttliche die göttliche Kraft in allem erkennen zu können, wo sie dem Gleichgültigen unsichtbar.
5
10
15
*478. An Caroline von Labes in Zernikow Göttingen, vmtl. Anfang September 1806 Von Caroline von Labes, 12. September 1806:
Deine beiden Briefe, aus Giebchenstein und Göttingen habe ich erhalten Ç...È nun also weiß ich das es nach Franckfurt A. M. gehen kan; wenn aber? wirst du den endlich wieder den Vatterländschen Boden betreten und dich um deine Grundstücke bekümmern. Du hast recht – bequehmer ist es, wenn man dieses andern überläßet, ob aber vorteilhaffter? Ç...È Du bist gesund, (da du nichts vom Gegentheile schreibest) Ç...È Wenn du doch nicht deine Briefe imer in der Schrifft siegeln woltest, wodurch ich den ½ davon wegreißen muste, es ist doch schade um die schöne Gedanken die dadurch verlohren gehen. (Nr. 487,3–54.) 312
5
10
Vmtl. Anfang–8. September 1806
479.
5
10
15
20
25
30
35
An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, vmtl. Anfang – 8. September 1806, Montag
Abgegangen Göttingen d. 8 Sept 1806 Symb: Wer des Vaterlandes Noth vergist, den wird Gott auch vergessen in seiner Noth! Herzligen Dank für jedes freundschaftliche Wort, ich will auch meinen Brief nicht eher schliessen bis ich bestimmt jede Deiner Fragen beantwortet, jezt lebe ich noch in derselben unbequemen Ungewißheit, wie den ersten Tag meines Aufenthalts, französische Truppen nähern sich während ihre Zeitungen vom Frieden reden, unsre Truppen sammeln sich, während das Cabinet kein Wort über den Zustand der Verhandlungen bekannt macht. Lieber Clemens, wo liegt die Welt, welche der Kunst gehört, wenn du auch nur in wunderbarer Erhebung das letzte Schlif ihrer Küsten hast wehen sehen, wir wollen sinnen und versuchen Flügel und Flossen uns bilden und Schlitschuh um dahin zu kommen, mein Vaterland würde es mir gönnen, das mit milder Segenshand tausendfache Wohlthat ohne Dank mir gereicht hat. Mein Dank ist daß ich bis dahin mit ihm fühle, ja daß ich denke ich bin es selbst; Soldat fürchtest du daß ich werden möchte, es wär freilich das einfachste, aber wahrscheinlich auch das nutzloseste bey meiner Unkenntniß und Ungewohnheit in tausend nothwendigen Dingen; aber was eben allein werth hat an mir, denn es ist besser als ich, das ist eben das, was ich jedem mittheilen kann, diese selige Beschränktheit, die mich hier fest hält und laut und vernehmlich will ich reden und will kein Blat vors Maul nehmen und mag das Wort wie leerer Wind tausenden gesprochen worden seyn, ich will es doch thun, mitfreuen, mitleiden, mitfallen, aufmuntern und trommeln, während andre fechten. kommt mir aber der Feind zu nahe, so schlage ich ihm die Trommelstöcke um die Ohren, daß Hören und Sehen vergeht. Ein guter Rath ist auch eine That, ich bin in der Zwischenzeit nicht nutzlos mit meinem Lande bekannt geworden und manchem braven Manne, ich trete gewissermassen frisch da auf, was ich sonst getrieben hat keine Verbindung damit scheinbar, dahingegen die meisten andern mehr oder weniger fest stecken. Kommt es zum Kriege, so ist unser Vater∧land nicht in Berlin, nicht in der Mark nicht hie und da, sondern in den Menschen, das übrige mag in Flammen aufgehen, diese werden sich dran wärmen. 313
1r
1v
2r
Nr. 479
2v
3r
3v
Deine Erzählung ist gar hübsch und rund, ich habe mir die Landschaft dabey durch den Mond angesehen. Was haben die ohlen Pälzer heil. zu der Erzählung gesagt? (Ich habe sie an Göthe geschickt.) du hättest noch sollen ein Gespräch zwischen den drey Stadt – – Zeichen auf dem andern Thore anhängen, die hätten dem Karl Th. besonders gefallen, er hätte sie nachts vor der Damenpension stehend angetroffen. Die Aufklärer werden Dir sagen, wenn das Ey ausgetrunken und genossen, so ist es doch verständig noch die Schale zu ehren und zu nutzen; ob nicht die meisten ausgetrunken waren, ehe die Aufklärer kamen? Der geharnischte Kerl vor Vossens Hause hätte auch erzählen können, was ihm Voß mit seinen indischen Pfeilen für Angst macht, und deine Puppen, am Paradeplatz, was die zu den Soldaten sagen und das Heidelberger Faß was zum Bunde und um gebunden zu werden auf rheinische Art tüchtig geklopt, aber dessen ungeachtet trocken und spack dasteht, woraus nur die Fremden Wein kosten. Bey Doktor Forkel habe ich viel durchblättert und manches gefunden, von Blumenbach und seinen Töchtern erhielt ich auch einiges, auf der Bibliothek den Mons Veneris woraus ich die Braut von Bessa abgeschrieben, jezt sehe ich die grosse Sammlung von Kirchenliedern durch und erschrecke über die ewige Wiederholung. Ueber Wiedertäufer habe ich manches excerpirt, ungeachtet ich unruhig bin, lebe ich meine Tage hier nicht ohne Genuß, nicht ohne Wirksamkeit. Eine frohe Bekanntschaft war mir Schlosser, aus Frankfurt, ein Vetter dessen der in Jena war und über Hundebellen dissertirte, der unbefangenste, geniessendste in der neuen Manier, ein vollständiger Kerl, der mit der Welt ordentlich lebt und mit schöner Neigung das mit ihm erwachsende Talent der Reipenhausens schätzt. Ich habe bey ihm die Genovefa wiedergesehen, allerdings hat sie das reich eigenthümlich individuelle der alten Bilder nicht, dafür hat sie einen Reitz, ein Zusammenstimmen, ein Aufopfern des Störenden was doch auch wieder ein Talent ist und was sehr viel sagen will, sie stehen zu den Bildern jener Zeit, wie Tiecks Dichtung zu den ältern der Art, sie haben also geleistet, was sie wollten und das ist entstanden und lebt unter uns, ist also unsre gute Sache. Sie haben die zweyte Seite der Lesche geschickt, sehr brav, sehr überlegen der ersten, die erste hat aber so schlechten Absatz gehabt, daß diese wahrscheinlich nicht herauskommt. Die Armuth in Deutschland, die sich immer noch versteckte, kommt jezt 314
40
45
50
55
60
65
70
75
Vmtl. Anfang–8. September 1806
80
85
90
95
100
105
110
gewaltig zum Vorschein. An Oken habe ich die dreyzehn Groschen bezahlt, ich war den ersten Tag über ihn verwundert, ich dächte es käm ein verregneter Chorschüler herein, so demüthig langte er seinen spitzen dreyeckigen Hut vor ich meinte um etwas zu bekommen. Das hat sich aber sehr geändert, ich kann nicht zu ihm kommen, ohne daß er aufwixt. Er freut sich seiner Wissenschaft in voller Unschuld des Studenten lebens, futtert jahrelang Schnecken um sie einmal sich karnpeln zu sehen, überhaupt ist die Zeugung sein Lieblingsfach, er will in dieser Absicht eine Reise zu Dir machen, weil Du das so hübsch periodisch treiben kannst, daß du fast keinen Tag vergebens hingehen läst. Es ist mir ordentlich lächerlich, daß Deine Frau in der Zeit von anderthalb Jahren dreymal wird geboren haben, sogar meine Trauer über Deine verlornen Kinder kommt mir lächerlich vor, du bist wie das alte Liederbuch vom Igel, der sich rühmt in aller Demuth immer ein klein Igelein hinter sich zu setzen, ich merke inzwischen, daß ich gemein werde, die Studentenwirtschaft ist in der Luft ansteckend. Es thut mir sehr leid diese Zweifelhaftigkeit, ob ich dich sehe, aber doch halte ich es für besser wegen der ankommenden schreienden Fremden, daß Du zu hause bleibst, darum habe ich meine Antwort verzögert, es ist knappe Zeit, hochbeinigte, stelzfüssige, wegen der vielen abgeschossenen Beine und doch kann ich die Hofnung nicht aufgeben, Gevatter bin ich wie immer, auch Gevatter zu stehen auf zwey gesunden Beinen. Bey den Beinen fällt mir ein, daß ich gestern mit dem einen im Wasser bey der Stegmühle gesteckt habe, ich war mit den jungen Mädchen (Blumenbachs und Heynes) dahingegangen und wollte ihnen ein Zicklein holen, den Abend begegnete es mir bey Dieterichs, wo ich aß, Stücke vom Freymüthigen im Ariel eingewickelt zu finden, damit du aber nicht stolz auf mich siehst, wisse, daß es Deinem Ponce eben so ergangen, das hat mich in eine so angenehme Lustigkeit gesetzt, daß ich mit besonderm Vergnügen heute in meiner Fensterscheibe eingekritzt finde: Vivat wer ohn allen Ekel, auch den ärgsten Gassenrekel, voller Läuse Schorf und Dreck, fuchst ins Teufels Namen weg. Das ist unsterblich, das hallt jedem nach, das strahlt mir hier sogar mit dem Lichte herein, das sich über Schönheit und Häßlichkeit gleich ausbreitet. – Das muß einen verteufelten Geschmack haben. Weil ich bey der Sorte bin, lege ich ein Lied bey, das in Berlin zur Schlittenfahrt der Gensdarmen gesungen worden, Luther und Theobald sassen im Schlitten, die im Wernerschen Stücke Weihe der Kraft abgedankten Nonnen ritten vor, alles wurde in einem Huren315
4r
4v
Nr. 479.E
hause abgesetzt. Der König hat zur Strafe einige versetzt, die übrigen setzen lassen. Ein andermal schreibe ich Dir von Klingemanns miserablem Luther und von dem wunderlichen des Werner, heute ist mir mein Zimmer wie ihm die alte Wartburg, die Brunnen rauschen, lebendiger mein Sinn, der sich wie ein Phönix aus seiner Makulatur hebt. Ich schließ Dich unsichtbar in meine Flügel. Schreibe mir hieher, ich schreibe auch bald Achim Arnim
115
120
479.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 8. September 1806, Montag 12v
13r
An C. B. Gött. 8 Sept. Wer des Vaterlandes Noth vergisst, den wird Gott auch vergessen in seiner Noth. Wo liegt die Welt, welche der Kunst gehört, wenn du auch nur das letzte Schilf ihrer Küsten in wunderbarer Erhebung hast wehen sehen wir wollen tagelang sinnen, Flügel und Flossen bilden, um hinzulangen, mein Vaterland würde es mir gönnen, es hat mich nicht gebraucht sondern nur geliebt. Mein Dank ist nur, daß ich mit ihm fühle, ja daß ich denke, ich bin es selbst, Soldat ihm zu werden, das sey in seiner letzten Noth, aber was werth an mir hat, denn es ist besser als ich, das ist eben was ich jedem Mittheilen kann, diese selige Beschränktheit die mich daran festhält. Ich will kein Blat vors Maul nehmen, dann fürchte ich auch nicht in den Wind zu reden; ich will mitreden, mitleiden, aufmuntern vortrommeln, kommt mir aber der Feind zu nahe, so schlage ich ihm die Trommelstöcke um die Ohren, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Ich trete frisch auf, das Vaterland ist in den Menschen, das Uebrige mag in Flammen aufgehen Bey deiner Erzählung habe ich die Landschaft durch den Mond gesehen. Die drey Stadtschwager auf dem Thore hatten reden sollen, das Heidelberger Faß was es zum Bunde sagt Schlosser ist ein vollständiger Kerl, der mit der Welt ordentlich lebt, mit schöner Neigung das mit ihm aufgewachsene Talent der Riepenhausens schätzt. Was von der Genovefa nicht das reich Eigenthümliche der alten Bilder, aber ein Aufopfern alles Störenden, was doch auch Talent, es ist wie Tiecks Dichtung zu den älteren gehalten, es ist unsre gute Sache, sie ist geleistet 316
5
10
15
20
25
1. September 1806
30
35
Oken ich dachte es käm ein verregneter Chorschüler herein, so demüthig nahm er sein spitzen dreyeckten Huth vom spitzen Kopfe herunter. Er freut sich seiner Wissenschaft in voller Unschuld, füttert jahrelang Schnecken um sie einmal beysammen beysammen beysammen zu sehen. Du setzest ein Iglein in aller Demuth hinter dich wie der Freymüthige im Ariel eingewickelt. Vivat wer ohn allen Ekel, selbst den ärmsten Gassenrekel. Das Licht breitet sich über Schönheit und Häßlichkeit gleich aus eben so ein guter Geschmack. Die Brunnen rauschen, lebendiger mein Sinn, ins Freye Und war es einmal da, einmal gefühlt, ja wer vermag es zu vernichten
480.
5
10
15
20
13v
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Göttingen, 1. September 1806, Montag
Göttingen d* 1 Sept: 1806. Ich überschicke Ihnen, verehrter Ausleger des Lichtes, ein kleines Farbenräthsel, das ich mir von H. Pr: Thibeau allhier für Sie erbeten, eine tröstlige Erscheinung, zu der ich in den dunklen Zweifeln der Zeit mit Stärkung geblickt habe: Selbst bey mässigem gegenstrahlenden Lichte verwandeln sich die grossen schwarzen Schriftzeichen nach kurzer Zeit in ein schönes Grasgrün, eine Erscheinung die ich sonst wohl häufig als polarisirende Entgegensetzung nach dem Anblicke von Scharlach im Auge bemerkt habe, aber nie so vollkommen übermächtig der wirkligen Erscheinung, in der sogar der schwarze Druck wunderbar schön das ganze Papier durchdrungen. Waren es vielleicht grüne Würfel, an denen Heinrich dem vierten die Punkte wie Blutstropfen erschienen? – Ich sehe alle Tage die Sterne an, ob sie sich nicht roth färben, ich sage Tage, denn die Nächte werden unter den Sterbligen auch zu dem Tage gerechnet. Wehe der Jugend, die in diese lähmende, ungewisse Zeit fällt, wehe dem Alter, das eine bessere Zeit sah oder keine bessere; meine Hoffnungen reichten bis Malta, da hält mich das ein∧brechende Schicksal meines Landes auf wenige Meilen beschränkt, so nothwendig und frey der Entschluß der Rückkehr ist, wer giebt mir das Leben zurück was ich der Frucht vorzeitiger Hofnung zugewendet, 317
1r
1v
Nr. 480
2r
2v
3r
ich sitze doch kinderlos da, wenn ich gleich oft geboren. Inmitten stehe ich jeden Augenblick auf den Zehen um den entfernten Schimmer Ihrer gütigen Blicke zu ahnden, noch erfreut mich Ihr Brief aus Jena, ich erinnere mich was ich in Lauchstädt von Ihren werthen Hausgenossen gehört, H. Blumenbach giebt mir herrliche Nachrichten von Ihrer Gesundheit, vor allem belebt mich die Stadt, in der ich Ihnen zuerst begegnete, die Stelle des Walls ist mir heilig und der lebendige Strahl des Marktbrunnens rauscht noch immer wie damals. Es ist manches sonst zum Zeichen und Denkmahl geworden, was mir sonst frohe Zeichen gab, manches zum vernünftigen Gespräche was ich nicht sagen konnte, auch in der Bibliothek hat mich die Zeit in einen andern Saal gerückt und ich denke zuweilen im Scherz ich werde meinen Schatten noch auf dem Fußboden eingebrannt finden, wo ich sonst so oft gesessen, da sind aber tausende drüberhin gegangen. Uebrigens verschmähe ich nichts Gegenwärtiges, ich sehe auch tausend Fäden, die sich wieder anknüpfen, selbst das Hannovrische Reden, was manchen Preussen ärgern könnte, ist mir eine angenehme Posse von Kindern, die in den Koth gefallen und sich an andern reiben, um nicht den Schimpf allein zu haben. Sie waren fest überzeugt, der ganze Lermen in der Welt entstände wegen Hannover, sie hätten nur Streithähne ansehen sollen, die nehmen ein Sandkorn für ein Gerstenkorn an um sich beissen zu können, zuweilen haben beyde nicht Lust, es gehen beyde davon. Merkwürdig ist es mir geworden wie durch die eitle Prahlerey der Universität und durch das ganze Scheinwesen der Regierung eine Art Meinung sich gebildet hat von Vortreflichkeit des Landes, seiner Bewohner und Einrichtungen, die kaum durch den unmittelbaren Augenschein zu widerlegen; an dieser Kraft der Lüge, die unsrer Zeit häufig bemerkt wird, läst sich der regierende Geist erkennen. Die Frage ist: ob es gut thut, einer bösen Kraft sich zu bemächtigen, um sie dienend gut zu machen; der Stier zieht, weil der Mensch sein Stossen mit Kopf und Brust in ein Ziehen verwandelt hat; Thedel von Wallmoden in einem alten Gedichte, was ich kürzlich in Helmstädt erhalten, wuste dem Teufel ein wunderbares schwarzes Pferd, das glühende Kohlen fras, abzudringen, mit dem er ihm nachher auf alle Art zusetzte, so könnte sich die Welt auch wohl dieses Lügengeistes bemächtigen, wenn er ihr nicht über mächtig wäre. Ist Beireis von ihm besessen, oder besitzt er ihn? Die Frage legte ich mir oft vor, wenn ich ihm in die freundlichen unruhigen Augen sah als er sich rühmte, alles zu besitzen in dem Hause, wonach sein Herz verlange, und sah 318
25
30
35
40
45
50
55
60
1. September 1806
65
70
75
80
85
90
95
ihn wie einen wahnsinnigen Geizigen Kieselsteine für Geld zählen, die öde Rumpelkammer von Haus, ein wüstes Gärtchen voll Unkraut in dem sich ein Paar magre Katzen sonnten, einen Heerd, wo statt des Essens eine krumme Retorte langsam destillirte und sah dann doch seine Menschenkenntniß, wie er jedes mir zweifelhafte Stück auf die Seite schaffte, ohne daß ich mich darüber äusserte. Ich sage sehr vielen Dank, daß Sie meine Aufmerksamkeit zu ihm gewendet, ich fand ihn wie einen alten Bekannten, von dem man mehr weiß, als man wissen kann, ich errieth immer schon was er machen würde. Er stellte mich mit Definitionen auf die Probe, ich gab ihm falsche zur Gegenprobe, er sagte die wahren, wie sie sonst in phys: Lehrbüchern gefasst wurden, aber es war so ganz Wortsache, daß er nicht eigentlich sagen konnte, warum jene falsch wären. In sechs und dreissig Erklärungen stellt er die gesammte Welt am Schlusse seiner logischen Vorlesungen dar, dann kann jeder erfinden was er will, in welcher Zeit er will, einer der Herren erfand eine Flinte dreymal sechs und dreissig Türken todtzuschiessen, immer drey auf einen Schuß, weil sie in drey Gliedern marschieren der Mechaniker konnte es nicht ausführen. Hilf Himmel der Mann denkt noch an den Türken, und weiß von seiner Aehnlichkeit mit Bonaparte gar nichts! Er sagte, die Wissenschaften und Künste wären vorhanden, um dem menschligen Verstande Ehre zu machen, ich fragte ihn, ob nicht vielleicht der Mensch da wäre um der Mechanik Ehre zu machen, weil die Rechenmaschine richtiger rechnete als er selbst, nun klapperte die freilich entsetzlich, was gottlob im Kopfe sich nicht fände, das liesse sich vielleicht noch ändern. Da wurde er ernstlich böse, sagte das käme von der modernen Halbwisserey, dabey könnte kein Mensch selig werden, er wollte mal den Chemiker sehen, dem jezt seine Chemie einen Groschen eingetragen, er verdanke seinem Kopfe alles. Den grossen Diamant drängte er mir den Abend zur Ansicht auf, mit der Feile ging er offenbar trüglich um, er strich mit der glatten Seite und behauptete, sie hätte sich davon abgestumpft. Ich fragte ihn, ob es wohl möglich, einen echten Diamanten zu machen, er antwortete darauf ganz scharfsinnig; schwerlich, weil sich das Verbrennliche nicht leicht so zusammen drängen lasse. Ich. Aber das Eisen ist auch verbrennlich und läst sich in ihrem Guerikenschen Halbkugeln durch die flüchtige Luft zusammendrängen. Er. Es freut mich, wer meine Sachen mit Aufmerksamkeit betrachtet. Er erzählte mir darauf die Geschichte des Diamanten. Unter den Gemälden schien er nur das zu schätzen, was Hunde angebellt, oder Consistorialräthe 319
3v
4r
4v
Nr. 480
5r
5v
6r
beweint, unter den deutschen Sachen ist noch manches Schöne von Eick, Wolgemuth hinzu gekommen; traurig ist es die edelmüthige Garnison in der dunklen Kammer eingespert zu sehen, wie sie so einzeln aus den Kasematten an die frische Luft gebracht werden und ganz wankend und gebrechlich dastehen. Es muß Niedersachsen eigenthümlich seyn so wunderliche Feenpalläste der Kunst zu erbauen, scheinbar nur für einen Morgen zu einem Feste, dann bleibt es stehen wie die letzte Dekoration in einem verlassnen Schauspielhause, so fand ich das holzerne Schloß von Salzdahlen mit den hohen leeren Gängen und zerfallenen Statuen, der Inspector konnte durch seine Manier darin bestärken, eine so sparsame Natur, daß er sogar den Athem zurath hielt; gleichsam als wenn nun gar nichts mehr darauf verwendet werden sollte, weil der eine glückliche Augenblick vorbey. Vielleicht war ich nicht ganz da, aber es ging alles so vorüber, daß mir wenig davon recht lieb geworden, ich ging den Fußstapfen eines verstorbenen Freundes in Braunschweig, des Pr Winkelmann nach und die ganze winklige Stadt kam mir wie ein glühender Marterrost seiner jugendlichen Hoffnungen vor. Ein boshafter Widerspruch lähmt so manches bessere Talent, während alles mit Lust und Nothwendigkeit die Jugend zur Frühreife zwingt oder seine Früchte vor der Reife fallen läst, wirft der Pöbel, der das Eitelkeit nennt, mit den un∧reifen die reifenden spottend herunter; die Wissenschaft wo sie die schwingende Bewegung der Kunst berührt und in Takt halten will mag viel Zerstörendes haben, der Philister rächt sie an jener, durch sie sollen alle seine verrosteten Bratenwender in Gang kommen. Ein alter Freund, der dort ein ansehnliger Arzt geworden, versicherte mir beym Abschied, wie so gar niemand sey mit dem er lustig seyn könnte nach der Arbeit und die Stadt war doch mit Menschen bedeckt während der Messe wie mit Mehlthau. – Ungefähr in diesen wunderlichen Tagen stieß sich eine sanfte Freundin aus Frankfurt am Ufer des Rheines den Dolch ins Herz, Fräulein von Günterode Ihnen, wie ich meine, auch bekant unter dem Namen Tian, mit demselben Dolche hatten wir oft tragirt ganz unbesorgt, der Mann, welcher sie fand, warf ihn in den Rhein. Ueber ihrem Blute wurde der Rheinische Bund geschlossen und in diesem Augenblicke jagen schon unsre Husaren durch die Stadt dagegen an, jeder hat soweit Vaterland als sein Degen reicht, was er besitzt ist sein Sattel und doch schwanken die Federbüsche recht hochsinnig obenhin, jede Noth hat ihre Zuversicht und wie aus einer dunklen Höhle nach langem vorsichtigen Irren wir endlich Hals über Kopf 320
100
105
110
115
120
125
130
135
1. September 1806
140
145
150
155
ungeduldig fortlaufen und zum leuchtenden Ausgang kommen, so erwächst mir, da wir allein stehen, eine Zuversicht, die mir im vorigen Jahre fehlte, als wir mit frischen Kräften und sichern Bundsgenossen standen. Vielleicht mache ich Ihnen meine Aufwartung bey meiner Rückkehr nachhause, ich sehe den Altvater Rhein in diesem Jahre nicht und suche mir eine Entschädigung zu schaffen. – Meine Absicht ist, wenn der Krieg wirklich durch greift mit Beyhülfe mancher braver Leute, die ich kennen lernte, ein Tageblat für das Volk zu schreiben, das Nothwendige mit dem Vergnüglichen zu vergegenwärtigen, als Soldat fürchte ich wenig zu nützen durch meine Aufopferung, mehr oder weniger ist doch jeder von der Gewohnheit des Lebens abhängig, wenigstens hat das Zeit bis das unnütze Volk die Lücken bewährter Männer füllen muß, da finde auch ich meinen Platz und die Bibliotheksekretäre haben für mich Ruhe, deren Regimenter ich hier täglich in Unordnung bringe. – Sie haben unser Volk so vielfach berührt; wie gern hörte ich Ihr Urtheil über die Art damit umzugehen; Ihr ergebener, hochachtungsvoller Schüler Lud: Achim Arnim.
6v
Ç6v alR:È Ich lege ein Gelegenheitsgedicht von Brentano bey, weil es gewissermassen im Sinne des Wunderhorns, Ihres Schutzkindes
480.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Göttingen, 1. September 1806, Montag
An Göthe
5
10
Gottingen 1 Sept 1806. Eine trostreiche Erscheinung, ein Farbenräthsel überschicke ich Ihnen. Verwandlung des Schwarz in Grün. Waren es grüne Würfel mit schwarzen Punkten, womit Heinrich spielte, daß ihm die Punkte wie Blutstropfen erschienen. Ich sehe alle Tage die Sterne an, ob sie sich nicht roth färben, ich sage Tage denn die Nächte werden unter den Sterbligen auch zu den Tagen gerechnet. Wehe der Jugend, die in diese lähmende ungewisse Zeit fällt, wehe dem Alter das eine bessere Zeit sah oder keine bessre. meine Hoffnungen reichten bis Malta, da hält mich das einbrechende Schicksal meines Landes auf wenige Meilen 321
11r
11v
Nr. 480.E
12r
12v
beschränkt, so nothwendig und frey der Entschluß meiner Rückkehr ist, wer giebt mir das Leben zurück, was ich der Frucht vorzeitiger Hoffnung zugewendet, ich sitze doch kinderlos da, wenn ich gleich oft geboren. Inmitten stehe ich jeden Augenblick auf den Zehen um den entfernten Schimmer Ihrer gütigen Blicke zu ahnden, vor allem belebten mich die rauschenden Bäume, unter denen ich Ihnen zuerst entgegen trat, noch versieht der lebendige Strahl des Marktbrunnens wie damals zu ihrem Lebehoch Beyfall. Manches ist sonst Zeichen und Denkmahl geworden, was mir sonst frohe Zeichen gab. manches ist zum vernünftigen Gespräch geworden, was ich nicht sagen konnte, in der Bibliothek bin ich fortgerückt. Sonst erfreut mich das Hannovrische Reden, eine Posse von Kindern die in den Koth gefallen und sich an andern reiben, um nicht den Schimpf allein zu haben. Merkwürdig ist es wie die gelehrte Prahlerey und das Scheinwesen der Regierung doch eine Art Meinung gebildet hat, von der Vortreflichkeit des Landes, die der Augenschein kaum widerlegt Die Frage ist: ob es gut thut, einer bösen Kraft sich zu bemächtigen, um sie dienend gut zu machen, der Stier zieht weil er stossen kann. Fast mochte ich doch so etwas den jungen Kunstlern wünschen, Die Wissenschaft will sonst einen Takt in ihre schwingende Bewegung bringen. Der Philister rächt sie an der Wissenschaft, dem soll diese gleich alle seine rostigen Bratenwender in Bewegung setzen. Armer Winkelmann, die ganze winklige Stadt Braunsch: war für dich ein glühender Marterrost: Die Welt zwingt zu Frühreife und nennt dann die Früchte Eitel und wirft damit die reifenden ab. Ein Dolch mit dem ich gespielt wurde einer Freundin zum Todeswerkzeug ein Fremder warf ihn in den Rhein der Rheinische Bund ist über dem Blut geschworen Rächens jagend die Husaren darauf los, jeder hat soweit Vaterland, als sein Degen reicht was er besitzt ist sein Sattel und doch schwanken die Federbüsche recht hochsinnig obenhin, jede Noth hat ihre Zuversicht und wie aus einer dunklen Höhle nach langem vorsichtigen Irren wir endlich Hals über Kopf ungeduldig fortlaufen und zum leuchtenden Ausgang kommen so erwächst mir, da wir allein stehen eine Zuversicht. Meine Absicht ist in einem Volksblat das Nothwendige mit dem Vergnügligen zu vergegenwärtigen.
322
15
20
25
30
35
40
45
5. September 1806
481.K Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 3. September 1806, Mittwoch
5
10
15
20
Fr: d* 3ten 7tember Da erhalte ich nun eben Arnims um 9 Uhr Abends, und durchlese ihn, einmal und noch einmal, und ich sehe, und staune, (der Brief ist nicht an mich geschrieben) und bin sehr traurig, ich will nun Singen, denn ich weiß wenn ich mich von den übrigen in der Welt, oft schnell zurück ziehe, und denn etwas bewegt mich allein liebe, so klingt meine Stimme Weiger, und ich singe mir dann recht zum Trost, aber die Kinder schlafen im Hause, und ich darf sie nicht wecken, mithin seid verschlossen ihr Lippen, und last allen Ton der dem Herzen Luft machen sollte zum Herzen hindringen – und so – fliesen Trähnen – Aber Arnim Ihr Brief ist an jemand gerichtet, der die Wahrheit nicht zu fühlen oder nicht zu äusern scheint, damals, wohin ihr Brief deutet, oder jezt wo er auch hin deutet, und doch war und ist alles Wahr. Ich schweige über alles Still, weil es mich nichts angeht das preiß zu geben, was sich mir auf Discretion überlassen hat – also über Freundin Freundschaft, Tod, und noch Wünsche, über alle dieß hinaus, um schnell den Ball zu fangen der Ihnen zu spizig ist, nun sehen Sie, ich forderte Sie blos auf die Erde für einen Ball zu halten in Bezug auf Ihre eigne Worte die da etwas verzweifelt. Thranen Trahn
481.
5
1r
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 5. September 1806, Freitag
Fr: d* 5ten 7tbr Der Brief von Arnim scheint an jemand gerichtet zu seyn, der die Wahrheit nicht äuserte oder fühlte, damals, wo der Brief hindeutet Oder, Nachmals, wo er auch hin deutet. Und doch war und ist alles Wahr. Ich schweige nun über alles, geb nicht Gedanken und Gefühl preiß, die sich meiner Discretion überlassen wollen, also über Meinung, Freundschaft, und Tod hinaus, schnell den Ball zu fangen, der Ihnen 323
1r
Nr. 481
1v
2r
nicht rund sondern zu spizig ist, und den ich doch nicht prahlend Ihnen zugeworfen hatte, sondern nur im Wiederspruch, im Bezug auf Ihre eigne Worte, die verzweiflend, im Friede kein Heil, und im Krieg Verzweiflung fanden, im Bezug auf die Zeitungsblätter, die dem mir lieben Arnim, den Athem hemmten in seiner jugendlichen Jugend, wo er oft schnell wie ein Pfeil rennt, nach irgend einem Ziel, und – des Athems bedarf. Es gehe Ihnen die Sonne noch immer auf und unter, es brenne Ihnen ein Freudenfeuer in jeder neuen frischen Farbe, und der Frühling sey Ihnen Frühling. Weit sey es von mir entfernt, darstellen zu wollen, wie es in dem Herzen seyn soll, daß vielleicht so weit und Breit sich umgesehen hat, und denoch seine Eigenthümlichkeit bewahrt, mein ist die leichte Schuld, daß ich mir keinen rechten Begriff, von Nord und Süd machen kann, daher drücke ich mich leichtlich unrecht aus und werde da für Falsch befunden, wo man mich in Wahrheit nicht Suchen sollte. Ich kenne diesen Schloser von dem Sie mir sprechen zwar nicht persöhnlich, aber denoch durch mich die R Göthe, die ich in meinen Geberden oft an ihn erinnere, erzählt mir sehr viel von ihm. Ich bin sehr glücklich mit dieser Frau, ich seh sie alle Tage, ich darf bey ihr Gut und böse Launen äusern, wie ein verzognes Kind, bey der liebenden Mutter. sie läst mich machen wie ich will, und es freut sie wenn ich mit ihr bin wie ganz allein. wie ich mich lezt in muthwilligem Lachen über sie ausließ, sagte sie tief seufzend. »Das ruft mir alte Zeiten zurück« Gestern ist M: Engelhard hier her gekommen von Heidelberg, die mir Lieder bracht und Sonette auf Sich und auf mich, und auf die Unschuld und tausend Dinge. Heute hat unsere gute Marie mit einem Mädgen die Vamilie beehrt, das aussieht wie ein Saracene wenn einer abgeht so drängen sich hier und dort in jede Lücke so viel wie möglich wieder ein, So voll ist das Leben! Auch ich hab einen Brief gelesen von Göthe an seine Mutter, worin er seine Gesundheit preißt. in Bezug auf diesen, bin ich doch gewiß überzeugt, daß ich Ihnen wenigstens einen sehr frohen Tag machen werde wenn Sie kommen. Ich habe wieder Melodien gemacht, mit und ohne Text eins werde ich Ihnen schicken nächstens, oder besser hier geben es ist auf Göthes Worte: »Tiefe Stille herscht im Wasser« 324
10
15
20
25
30
35
40
45
5. September 1806
50
55
Franz hat ein Gut in Winckel gekauft, am Rhein, die ganze Vamilie wird wohl den Herbst hingehn auf 2 Wochen oder länger, ich aber nicht. Adieu Arnim. alles was hier geschrieben ist, ist in der innigsten Gutmüthigkeit geschrieben Bettine Monsieur le Baron Achim Arnim che`z mrs: Dietrich Fro Cassel
482.
5
10
15
20
2v
Göttingen
Von Leopold von Seckendorf nach Giebichenstein Regensburg, 5. September 1806, Freitag
Regensburg, 1806. Sept. 5. Ich vermute Sie noch in Giebichenstein, lieber Arnim, nach den Nachrichten aus dem Görzischen Hause. Dorthin sende ich diese Zeilen. Herzlichen Dank für Ihre gütige Nachricht von Reichard – sie gab mir das Vertrauen, diesem selbst zu schreiben, was mit heutigem Briefe geschieht. Möchte mein Plan, die musikalische Sammlung der Volksmelodien zu veranstalten, sich recht bald an das Wunderhorn anschließen. Ich habe die paar Lieder, um die Sie mich gebeten, an Brentano geschickt, ich habe ihm nun zweimal geschrieben, ihm meinen ganzen Vorrat angeboten, wenn der 2te Theil des Wunderhorns jezt herauskäme, ihm aber gesagt, daß, wenn dies verschoben würde, ich einige in meinen Musenalmanach aufnehmen möchte, er solle sich nur erklären – ich habe aber keine Antwort. Diese hätte ich doch erwarten können. Meine Absicht war nicht mich zu isoliren – es ist aber doch natürlich, daß dies geschehen muß, wenn gar keine Vereinigung möglich ist. Ich kenne zwei Sammler, die sich mit mir zu einer eignen Herausgabe verbinden wollen, ich suche sie vielmehr zu bereden, sich an Sie anzuschließen, damit keine Kollision entstehe, aber warum will Clemens nicht einmal antworten? Es summt und arbeitet in meinem Herzen, geschäftig wie in einem Bienenkorbe. Wenn ich nur erst der lästigen Umgebung los bin! Doch Vertrauen u. Mut verlassen mich nicht. Ich muß hier noch die 325
1r
Nr. 483
Trümmer der alten Formen mit ansehn – einige Monate, vielleicht den Winter noch aushalten, dann geht’s dem freieren Norden zu – noch bin ich über den künftigen Ort ungewiß, vielleicht Weimar, vielleicht Dresden. Aber fest ist es, ich rudre nicht mehr auf der Galere – ich lebe nur mir und der Kunst. Könnte ich nur nach Italien, oder Spanien, oder Griechenland. Neulich war ich 14. Tage in München. Viel Lärmen um nichts, die einzelnen bessern Köpfe zerstreut, mismutig. Die Bibliothek u. Gallerie sind noch lange nicht in Ordnung – ich versuchte Verbindungen zu knüpfen, es ging nicht, aber ich habe dennoch Hofnung, wenn nur erst die fremden Tirannen aus dem Lande, und Rechberg Minister ist. Er will nicht, aber es kan doch geschehn. Ihre Tante Schliz hoffe ich in 5. Wochen zu sehn, und von Ihnen durch sie zu hören, und meine liebe Adele zu sehn. Leben Sie wol. Lassen Sie öfter von sich hören. Directe hieher finden mich jezt alle Briefe. Leo Seckendorf. 1v
An Freiherrn L. A. v. Arnim in durch Einschl. Giebichenstein.
483.
1r
25
30
35
40
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 7. und 10. September 1806, Sonntag und Mittwoch
Ich lese Ihren lieben Brief wieder und finde, daß ich so manches verbindliche schöne Zwischenspiel über die zerreissende Wahrheit vergessen habe, es ist gar ein heller Sonntag heute gewesen, auch so ein schönes Zwischenspiel der nutzlos thätigen Unruhe, die mühsam herbeyschafft, was der Krieg in Augenblicken zerstört, ein Haven vieler bangen Beklemmungen, wo die Segel trocknen und die Wimpel einander die Lüftlein zu weisen. Doch ist das gröste Kirchengebäude selbst wieder ein Schiff, worin die kleinen Kähne wie Menschenherzen spitzig und rund eingelaufen; während diese darin geankert haben, treibt sie selbst diese Kirche umher, jene wissen es nicht, bis sie an ein ander Schiff an eine andre Kirche anstösst und zerschellt. So gehts 326
5
10
7. und 10. September 1806
15
20
25
30
35
40
45
50
noch weiter hin und sehn wir in unsern Tagen neue Planeten entdeckt werden, vielleicht entstehen, so sind das vielleicht die Trümmer unglücklicher Luftschiffer, die ihr Heil in der himmlischen Bläue suchten. Der sichre Haven, wo keiner auf der Wacht zu bleiben brauchte findet sich doch nirgend, aber auch nur ein Stündlein aus ruhen an befreundetem Herzen es ist das erste grüne Plätzchen nach langem Botenlaufen auf dem heissen Steinpflaster, da will ich mein Ränzchen hinwerfen, mein Feuerrohr und mein Schicksal. Ich war heute mit Blumenbachs nach Mariaspring, ein Felsenbusen voll prächtiger Eichen, ein helles Wasser füllt vorne ein ausgehauenes Becken, worüber ganz wunderbar eine Buche ihre breiten schattigen Arme deckt; den Felsen hinein wurde getanzt, quer über den Tanzenden von einem Wipfel zum andern flogen die Kugeln aus den Büchsen zum Ziele, ein wunderbarer Tackt des Schicksals, der doch endlich auch mit derMelodie des Tanzes sich zusammenfügte. Der Drang von Menschen war so groß, daß es bald an allem fehlte nur nicht an Pulver und Bley. Meine Damen waren zu vornehm, um da zu tanzen, es wandelten manche verlorne Kinder mit umher, das that mir leid, ich habe selten soviel Lust zum Tanzen gehabt, ich hätte manchmal so einen alten Eichbaum beym Kopf nehmen können um ihn nach der Schwierigkeit herumzudrehen, daß er für Vergnügen gesprungen, ja, ja, hiebevor da wir Kinder waren, und die Zeit war in den Jahren, daß wir liefen auf den Wiesen, von jenen herwieder zu diesen, durch unsre Stunden Violen wunden, da sieht man nun so hinein! Göttingen d* 10 Sept. Ich erhalte Ihren Brief vom 5 Sept:, vielen Dank für jeden Gedanken, den Sie mir bewahren, ich lasse Ihnen keinen fallen, ich nehme auf, lerne und streite, nicht um zu streiten, sondern um zu lernen, es ist ein heilger Streit und so will ich denn hitzig der Fährte nachgehen, wenn ich auch endlich, da ich mein Gewild erreiche, statt es tödten zu können mich nieder werfen muß und anbeten. Also zum ersten Klagepunkte; ich verstehe nicht ganz die ersten Worte Ihres Briefes, ich hätte meine Worte wohl an jemand gerichtet, der die Wahrheit nicht äusserte oder fühlte, damals, wo der Brief hindeutet, oder nachmals, wo er auch hindeutet. Nein, liebe Freundin, wer die Wahrheit einmal nicht fühlt, der fühlt sie nimmer, versprechen kann man sich, nicht verfühlen, das gebe ich Ihnen nimmermehr schuld und that es nimmer. Ich meinte nur vermuthete nur nach Ausdrücken, wer ist deren Meister in dieser Welt der Mißverständnisse und wer es wäre, der 327
1v
2r
2v
Nr. 483.E
könnte die Welt versöhnen, auch gab ich meine Meinung für nichts mehr aus als Gedanken eines entfernten, dem von einer zerrissenen Lebensbeschreibung einzelne Papiere zuwehen, ich thue was ich kann, ich halte zusammen, aber es bleiben immer Lücken. Ich glaubte Sie Ihrer Freundin nicht so nahe verbunden, wie ihre Güte und der Schmerz ihnen gerne eingeredet, ich kann leicht, sehr leicht darin unrecht haben; der Selbstmord ist immer ein Losreissen von seinen Freunden, und kann wohl den wahren Freund am härtesten beleidigen, daher vielleicht manches einzelne harte Wort von Ihnen darüber, was mich irre geleitet. All Fehd hat nun ein Ende. – Der Himmel erhalte alle jugendlichen neuen Sprößlinge Ihres Hauses so lieb und so gut wie die alten. Achim Arnim. Kur
A Mademoiselle Bettine Brentano a` Koldner Kopf Sandgasse. frey Francfort s/M
55
60
65
483.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 10. September 1806, Mittwoch 14r
14v
An B. B. Gött d* 10 Sept Ich lese ihren lieben Brief wieder und finde daß ich so manches verbindliche schöne Zwischenspiel über die zerreissende Wahrheit vergessen habe, es ist gar ein heller sonniger Sonntag heute gewesen, auch so ein schönes Zwischenspiel der nutzlos thätigen Unruhe, die in vielen Tagen herbeyschafft, was der Krieg in Augenblicken zerstört, ein Haven vieler bangen Beklemmungen, wo die Segel trocknen und die Wimpel einander die Lüftlein zuweisen. Doch ist das gröste Kirchengebäude selbst wieder ein Schif, worin die kleinen Kähne wie Menschenherzen spitzig und rund einlaufen; während diese darin geankert haben, treibt sie selbst diese Kirche umher, jene wissen es nicht, bis sie an ein anderes Schif an eine andre Kirche anstösst und zerschellt. So geht es immer noch weiter hin, schwimmt doch die Erde im Aether 328
5
10
10. September 1806
15
20
25
30
35
40
45
50
und sehn wir in unsern Tagen neue Planeten entdeckt werden, vielleicht entstehen, so sind das vielleicht die Trümmer unglücklicher Luftschiffer, die ihr Heil in der himmlischen Bläue suchten. Der sichre Haven, wo keiner auf der Wacht zu bleiben brauchte, findet sich doch nirgend, aber auch nur ein Stündlein ausruhen an befreundetem Herzen, es ist das erste grüne Plätzchen nach langem Boten laufen auf dem heissen Steinpflaster da will ich mein Ränzchen hinwerfen mein Feuerrohr und mein Schicksal. Ich war heute mit Blumenbachs nach Mariaspring, ein Felsenbusen voll prächtiger Eichen, ein helles Wasser füllt vorne ein ausgehauenes Becken, worüber ganz wunderbar eine Buche ihr breiten schattigen Arme deckt. Die Felsen hinein wurde getanzt, quer über den Tanzenden von einem Wipfel zum andern flogen die Kugeln aus den Büchsen zum Ziele, ein eigener Tackt des Schicksals, der doch endlich auch mit der Melodie des Tanzes sich zusammenfügte. Der Drang von Menschen war bald so groß, daß es an allem fehlte, nur nicht an Pulver und Bley. Es gingen manche verlorne Kinder umher, meine Damen waren daher zu anständig zum Tanze, das that mir leid, ich habe selten so viel Lust zum Tanzen gehabt, ich hätte wohl so einen alten Baum beym Kopfe nehmen mögen und ihn herumstänken, daß die Krone gewackelt vor Vergnügen, ja ja hiebevor da wir Kinder waren und die Zeit war in den Jahren, daß wir liefen auf den Wiesen, von jenen herwieder zu diesen, durch unsre Stunden Violen wunden, da sieht man nun so hinein! Dank für jeden Gedanken, den sie mir bewahren, ich lasse keinen fallen, ich nehme auf, lerne und streite, nicht um zu streiten, sondern um zu lernen, es ist ein heilger Streit, und so will ich dann hitzig der Fährte nachgehen, wenn ich auch endlich, da ich mein Gewild erreiche, statt es tödten zu können mich niederwerfen, und anbeten muß. Wer die Wahrheit einmal nicht fühlt, fühlt sie nimmer, versprechen kann man sich nicht verfühlen, das gebe ich ihnen nimmer Schuld und jenes. Ich vermuthete noch Ausdrücke, wer deren Meister wäre könnte die Welt versöhnen, meine Meinung ist aus einzelnen Blättern einer Lebensbeschreibung gelesen, die ich künstlich ergänzen muste. Ich glaubte Sie ihrer Freundin nicht so nahe verbunden, als ihre Güte und ihr Schmerz ihnen einredeten, der Selbstmord ist immer ein Losreissen von seinen Freunden und kann wohl den wahren Freund am härtesten beleidigen, daher vielleicht manches harte Wort von Ihnen. 329
15r
15v
16r
16v
Nr. 484.E
484.E An Ludwig Wilhelm Gilbert in Halle Göttingen, 8. oder 9. September 1806, Montag oder Dienstag 13v
An Gilbert Bewahren sie die Höhenmessungen im Harz als eine meiner liebsten Beobachtungsreihen, jeder Standpunkt war mir ein neuer Aufzug voll wunderbar Ansichten und Erwartungen.
*485. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, 9. September 1806, Dienstag Von Johann Friedrich Reichardt, 16. September 1806: Ihr liebes Blatt mit der lustigen Einlage hat uns allen grosse Freude gemacht. So nahe glaubten wir Sie uns garnicht mehr Ç...È Mit Freude lesen wir aber aus Ihrem Briefe die Hofnung heraus, Sie nun bald hier zu sehn Ç...È Daß Sie übrigens zu Ihrem patriot. Unternehmen auf mich rechnen, darin thun Sie sehr wohl. Ç...È Von Seck. erhielt auch ich einen Brief
5
(Nr. 488,2–50).
485.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, 9. September 1806, Dienstag 13v
14r
An Reichardt Göttingen d* 9 Sept Ein verlorner Plan ist mir ein weggeschossenes Glied auch die künstlichste Nachahmung kann ihm nicht die Frische der organischen Erfindung geben. Mein Plan ist mit Worten zu fechten in einem Volksblatte, der Preusse, das über aller Partey weil ganz Partey, fern von literarischer Wirthschaft am Lustigen soll es nicht fehlen, auch nicht an alten deutschen Erinnerungen. Müllers Posaune hat etwas von Münchhausens Horne, dem der Ton eingefroren, sonst finde ich dies Jahr bey dem Kriege mehr Gluth weniger Strohfeuer, mehr Gift und Geist, weniger Weingeist und, mehr Gewohnheit des unstäten Lebens, mehr Erfahrung und Benehmen unter den Soldaten, mehr Uebersicht, weniger Prahlerey unter den Offizieren es geht, es geht, an, an! 330
5
10
12. September 1806
486.E An Andreas Christian Friedrich Wilke in Berlin Göttingen, 11. September 1806, Donnerstag
5
A Wilke d* 11 Sept. Quittung für den Wechsel Çauf Fredersen .................................. È. Ich lasse meine Wünsche in den allgemeinen aufgehen, daß wir nicht mehr bittweise, gleichsam im Alttheil leben, besser ist Untergang, statt dessen ich auf den Aufgang warte.
487.
5
10
15
20
16v
Von Caroline von Labes nach Frankfurt Zernikow, 12. September 1806, Freitag
Zern: d* 12t Septbr Lieber Louis 1806. Deine beide Briefe, aus Giebchenstein und Göttingen habe ich erhalten; da du aber unstät, nach ersteren auf Gottes Erdboden warest; konte ich dir nicht antworten, unbekant, wo ich dich träfe; d* 21t Jullii erhielt ich deinen ersten Brief und zweifelt ob von hier aus in Göttingen d* 1t Aug* meine Antwort dich noch treffen würde nun also weiß ich das es nach Franckfurt A. M. gehen kann. wenn aber? wirst du den endlich wieder den Vatterländschen Boden betreten und dich um deine Grundstücke bekümmern. Du hast recht – bequehmer ist es, wenn man dieses andern überläßet, ob aber vorteilhaffter? Das glaube ich nicht; auch bleibt man dabei ohne Kentnis und Einsicht über die damit verknüpften Vortheile. Du bist gesund, (da du nichts vom Gegentheile schreibest) und dieses freuet mich. Wier alle die Moritz, Tischern, beide Fräulein Trzebiatowika, Prediger Bartsch, als welche meinen kleinen Cirkel ausmachen; waren bisherr – und sind noch wohl; und treiben so unser gantz munteres Wehsen auf unsere eigene Hand und Manier. Meinen Sohn soll ich (wen es wahr wird) d* 21t dieses Mt mit Sack und Pack hier erwarten, seine Frau will von hier nach Regensburg, bei der sterbenden Mutter mit den Kinde reisen, die groß Verlangen nach ihrer Tochter hatt; auch ich tadle sehr, daß mein Sohn nicht auch mitgehet; so ist es aber; dieser kan nicht von seinen Mist sich trennen; ihr Brüder dahingegen jedes ist übertrieben fliehet euren Mist gantz 331
1r
1v
Nr. 487
2r
2v
Über den Krieg ist man hier und aller Orthen ebenso unwißend; keiner weiß wohin oder wozu, es wird hin und her marschiret – Lieferungen befohlen etc: endlich wird es doch zu einen Loche heraus müßen. Gedult. Wier haben bis fast ende August einen schlechten, naßen, kühlen Sommer gehabt; daß also der Winter Roggen nicht ergiebig ausgefallen ist, und die Erndte sehr erschwehret hatt; dahingegen ist Gerste – Haver und Weitzen gantz vortreflich und reif eingeerndtet, letzterer ward bekandlich hier noch nie gebauet; und Rackow hatt auf Zern. Felde 13 mächtige schwere Fuder eingefahren. Nun lieber Louis weiß ich dir nichts mehr von hier aus zu berichten; als allenfals dieses daß der Petznicker Arnim mit seiner Frau und der langen öthe thuenden Friedrique auf 2 Tage hier waren. NB letztere hatt sich diesen Winter in Fürstenberg besoffen Ferner hatt die Kr: Räthin Schultz nebst Tochter und Enkelin in Gesellschafft des C.R v Ziethen mich auf 2 Tage besuchet, und ich hatte sie mit meinen festonirten Austwagen an der Grentze eingeholet, und das Thor mit Wache besetzet; mit klingenden Spiehl wurden sie empfangen, durch den quehrpfeiffen und Trommelschläger, dem ein Keßel statt Trommel diehnte. Dergl* Faxen machen wier hier, und sind dabei vergnügt. Meine pompeuse GeburthsTags Feyer behält ich mir vor zur mündl* Erzehlung oder vielleicht gebe ich sie im Druck, und dan bekömst du auch ein exemplar Lebe wohl, bleibe Gesund, Meine gantze Gesellschafft empiehlet sich dir du weist doch? daß ich bin u bleibe Deine treue Großmutter v Labes Wenn du doch nicht deine Briefe imer in der Schrifft siegeln woltest, wodurch ich den ½ davon wegreißen muste es ist doch schade um die schöne Gedanken die dadurch verlohren gehen. Von deinen Bruder habe ich ein Schreiben aus Berlin vom 29t August, in welchen er meldet daß er gedächte im halben September in Zernickow zu sein
332
25
30
35
40
45
50
55
16. September 1806
488.
5
10
15
20
25
30
35
Von Johann Friedrich Reichardt nach Göttingen Giebichenstein, 16. September 1806, Dienstag
Giebichstein d* 16 Spt. 6. Ihr liebes Blatt mit der lustigen Einlage hat uns allen grosse Freude gemacht. So nahe glaubten wir Sie uns gar nicht mehr und möchten fast eifersüchtig seyn, daß Sie es uns so lange bleiben konten. Seit dem Gruß durch Schl. erwarteten wir sie täglich hier Mit Freude lesen wir aber aus Ihrem Briefe die Hofnung heraus, Sie nun bald hier zu sehn und es war mir höchst fatal daß ich Ihren Brief von neunten erst d* Sontag Abend erhielt, als die Post desselben Tages schon von G. abgegangen war, und ich ihn nun erst mit der morgend* Post beantworten kann. Ich will nun noch heute mit diesem Briefe selbst zur Stadt und Ihr allerliebstes Spottlied, samt einem etwas ernstlichern, doch ganz populairen Kriegslied für die Preussen dem Buchhändler oder Drucker, der sich für ihre schnelle Verbreitung am eifrigsten bemühen will, Zur schnellsten Besorgung des Drucks übergeben. Sobald sie gedruckt sind send’ ich sie an mehrere Zeitungsblätter. Dem Kriegsliede hab’ ich auch eine Melodie gegeben und gebe diese auch an des Königs Garde u andre Regimenter zur Verbreitung durch volle Musik. Hätten Sie zu Ihrem Liede nicht eine Melodie benannt, hätt’ ichs eben so damit gemacht, u kennt’ ich nur die Mel. würd’ ich sie gerne auch d* Regimentern in voller Musik geben. Bringen Sie sie doch mit her. – Daß Sie übrigens zu Ihrem patriot. Unternehmen auf mich rechnen, darin thun Sie sehr wohl. Ihr Gedanke traf mich eben mit einem ganz ähnlichen beschäftigt, dem ich nur noch den paßlichen Nahmen suchte, der Ihrige paßt auch dazu. Ging es nur erst voran! und drauf u drann! Seit drei Tagen liegt zwar die ganze Gegend hier geprest voll Soldaten, u in Halle alles voll Garde Pferde, Maulesel und Prinzen. Der König wird in d* nächsten Tagen erwartet. Erfahr ich darüber noch etwas Näheres in H. so füg ichs diesem Briefe noch bey. Kommen Sie nur recht bald her! Ihr Zimmer bleibt für Sie immer bereit, wie voll wir auch das Haus bekommen mögen. Jezt haben wir das Braunsche Grenadier Bataill hier mit dem wir alle überaus zufrieden sind. Die Leute kochen u glühen alle für Eifer zu schlagen. Jede Verzögerung macht sie wüthen. Auch den Prinz Wilhelm, Bruder des Königs sahen wir in demselben Geiste beseelt hier bei uns. Leider erwartet der Herz v Braunschw. schon den König in Halle, und cougonirt in langweiliger Erwartung die Leute mit tausend kleinen Pedanterien. 333
1r
1v
2r
2v
Nr. 489
Alles wünscht sich zu Rüchels corps oder doch wenigstens d* H. v Br beim Teufel. Haugw. der Hund wird auch mit dem Könige kommen u zieh: nun soll der Jesuit ganz für d* Krieg seyn, u das Maul immer voll davon haben. Hier versichert man die Preuß. Kriegserklärung sey unterm 13. d. wirckl. gedruckt u würde nächstens ausgegeben werden. Alles brennt für Begierde sie dem hämischen Feinde erst ins Gesicht schleudern zu sehn. Raumer ist gestern nach Dresd. abgegangen um erst nach Freib u dann nach Cöln u Par. zu gehn. Rom scheint er fürs erste aus den Augen verlohren zu haben. Marwitz ist gestern aufs Land gegangen, um für seinen Bruder u sich zu wirthschaften. Alles grüßt Sie herzl. und ruft mit mir: Komm bald! eile her! R. Ç2v alR:È Von Seck. erhielt auch ich einen Brief, doch ohne Ort u Dat. Mögen Sie ihm meine Antwort schicken?
489.
45
50
An Rudolf Zacharias Becker in Gotha Göttingen, 19. September 1806, Freitag
Göttingen d* 19 Sept 1806.
1r
1v
40
Ew Wohlgeboren übersende ich einliegende Bekanntmachung eines Wochen∧blattes, an dem ich Mitarbeiter, zum gefälligen Ein∧rücken in den Reichsanzeiger; die Unkosten dafür werde ich sogleich entrichten, wie ich davon Nachricht erhalte nach Berlin (Viereck n 4), wohin ich in diesen Tagen zurück zu kehren denke. – Der Krieg hat mich in meinen Reiseplanen gestört, sonst hätte ich das Vergnügen gehabt, Ihnen meine Aufwartung zu machen und mich nach dem guten Fortgange Ihrer schönen Holzschnitsammlung zu erkundigen. Ich habe manche hübsche Sachen in der Zwischenzeit gekauft, meist durch Zufall, die Kunst ist ihn zu benutzen. In so fern die beyliegende Anzeige, wie ich nicht glaube, irgend wem politisch anstössig scheinen möchte, so bitte ich unbedenkt meinen Namen zu nennen; der Tod des Buchhändler Palm fordert jeden Deutschen, der je eine Berührung mit seiner Literatur hatte zur Rache auf; eher wird es nicht gut, bis die Menschen es sich 334
5
10
15
26. September 1806
20
zum höchsten Glück schätzen Märtyrer zu werden. Meine Ergebenheit H. Reg: Geisler, H. Pr: Jakobs und Kries, hochachtungsvoll empfielt sich Ew Wohlgeboren Ludwig Achim von Arnim
489.E An Rudolph Zacharias Becker in Gotha Göttingen, 19. September 1806, Freitag
An Becker d* 19 Sept 6 Ich habe manche hübsche Sachen gekauft durch Zufall, die Kunst heist dem den Zufall benutzen. Eher wird es nicht gut, bis es nicht die Menschen zum hochsten Glück schätzen, Martyrer zu werden.
490.
5
10
15
20
16v
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 26. September 1806, Freitag
d* 26 7ber Schon 10 Tage liegt Ihr freundlicher Brief auf meinem Schreibtisch, und heut zum ersten mal denk ich daran ihn zu beantworten, so sehr zerstreut war ich diese ganze Zeit über, durch Seltenheiten auf der Messe, und unter den Menschen. Ich sage nichts über Ihre Entschuldigungen in Ihrem Brief, denn es müste Sie beschämen, zu wissen wie diese mich beschämt haben. Ich glaube die Welt ist wunderbar, und des Menschen Herz noch wunderbarer, ja wie von Wolcken, bilden sich oft tausend verschiedne Gestaldten von dem selben Stoff in uns, jezt ist es ein Meer, im Sturm, dann gleich ein angenehmer Wald, nun ein Feuer speiender Berg, dann wieder ein Löwe, ein Tieger, oder sonst etwas, und wer kann sagen: wie, was, warum, und wann. Oft wenn grosser Lerm um einem her ist, so klagt mancher daß er sein eigen Worte nicht verstehe, wem soll dann das eigne Gemüth vernehmlich werden, wenn er alles Gewirr, Lermen und Wiederklang des Lermens, in sich verspürt. Tieck war mehrere Tage hier mit Clemens, ersterer war mir schnell recht gut geworden, und hat die Gut∧müthigkeit gehabt es mir zu sachen, mir gleichsam, mit dieser Andeutung ein Geschenck zu machen. Clemens war wie eine Meernympfe, halb Fisch und halb 335
1r
Nr. 491
1v
Mensch, halb liebens würdig, und halb unerträglich. wir waren fast alle Tage bey der Frau Göthe, welche auf Tieck einen sehr angenehmen Eindruck machte. Unter andern Merckwürdigkeiten der Messe ist hier zu sehen eine Lappländerin, dieser bringe ich oft farbige Perlen und Steine. Sie sollten sehen, wie sie sich da freut über die Farben, und wie sie mich darum lieb hat, wenn ich herein komme so blinckt sie mit den scharfen Augen, schlagt sich auf die Brust, vor Freude, und jauchzt ganz laut, dann macht sie alles was ich ihr mitbringe auf ihre Kleider, und auf die Wiege ihres gestorbenen Kindgens fest, tanzt mit der Wiege herum und lacht und schreit daß es einem durch Marck und Bein geht. nun ist es sonderbar daß die Lapländerin würcklich mein Herz anspricht, ich kann keine zwei Tage sein, ohne sie zu sehen, wenn sie manch mal mit dem kleinen Pelzröckelgen ihres Kindes spielt und es hin stellt, das Käpgen oben drauf sezt und dann mit ihm spricht und singt und tanzt als ob es noch lebte, oder wenn sie ruft und lockt, wie man den Rennthieren lockt in ihrem Land, so ist sie Herzdurchdringend das Locken der Rennthiere hat an sich schon was sehr rührendes es lautet so wie in die Ferne in den Schnee und Eis, so gutmüthig weich, und wenn sie es endlich herbey gelockt hat, so thut sie als streichelte sie es ganz freundlich. Für dießmal hab ich Verzicht darauf gethan Sie zu sehen, es geht so hart durcheinander in der Welt, daß man auf ein freundliches Zusammen kommen gar nicht mehr rechnen darf. Adieu für heute, ich werde unterbrochen. Bettine
491.
1r
25
30
35
40
45
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 28. September 1806, Sonntag
Göttingen, d* 28ten Sept 1806. Als ich gestern aus der Keule des Herkules mühsam um blickte nach der Gegend von Frankfurt, da stürmte es so heftig gegen mich an, daß mir fast Thränen in die Augen kamen, und wär ich ein Eichhörnchen und müste von einem einzelnen Baum zum andern, die da über die Haide hingestreut, springen mit Seufzen, ich könnte es doch nicht 336
5
28. September 1806
10
15
20
25
30
35
40
45
lassen hin zu wandern, wo der lebendige Hauch aus dem Moste ausgegohren. Da sah ich vor mir zwey gewaltige Beine, die standen auch da ganz unwillig gedrungen, das war Herkules selbst, aber es war selbst für Herkules zu kühn dahinunter zu springen und so sieht er fast hundert Jahre wie verstarrt sehnsüchtig durch die die Berge in die Thäler. Lieber Herkules dachte ich zu ihm herauf, als ich unten war und die Wasser stürzten im Mondschein aus der Waldnacht, wie von den Wipfeln der Bäume ausgetrieben vom Aquadukt hinunter lieber Herkules, ich sehe hier viel Schöneres als du, dem mancher rauhe Wind um die Nase gegangen, um den die Dohlen gar jämmerlich schreien, und doch möchte ich bey Dir hausen, um immer hinüber zu sehen, was brauchst du Claudes Tageszeiten, du siehst die ungebornen Tage und den letzten Strahl und wie ein Traum stehst du da über der Nacht, die uns deckt, hell und klar, wie der Traum des schlafenden Ritters in der Löwenburg was er seyn möchte, ein Mann der ganz Rüstung ist, ganz Metall und über allen steht. – Das ist der Traum der Zeit und wenn mich etwas trösten kann, nun da alles wandert und singt, daß ich zu alt bin um von unten auf zu dienen und zu friedlich gewöhnt bin an allerley Wesen und Genuß, der auf keiner Wachparade sich zeigen darf und keinem Feinde blos stellen, dies ist es allein, daß ich mit meiner Gestalt so weit ich reiche den ungeheuren hohlen kalten, metallnen Rüsttraum der Zeit erfülle, anschlage an die Wände, daß sie sich erklingen, es verhallt, es war doch, so nehmen sie das Blättchen, was ich unter meinen Landsleuten vertheilt habe, keiner wuste woher es kam, da hört ich mit Tadel und Lob; die alten Soldaten meinten wohl, wenn es solchen Wisches bedürfte, da wär es schlecht bestellt. Freilich sie bedürfen es nicht, sie sinds, sie meinens, aber ich bedarf es und viele die zusehen müssen ohne helfen zu können. Was kann die Mutter thun bey der Krankheit eines Kindes, das noch nicht sprechen kann, sie kann es doch nicht lassen, sie läuft und horcht und sieht und fühlt, das Kind indessen erdrückt selbst die Schlangen die es umwunden. Das that Herkules! – Sie errathen, daß ich in Kassel gewesen, auf Wilhelmshöhe, ich bin Ihren Tritten nachgeschlichen durch die Bildergallerie und durch das Museum, ich dachte mir viel schöne Reden, die Sie mit der wächsernen Churfürsten∧gesellschaft geführt, welcher Ihnen am besten gefallen. Ich stand vor denselben Bildern, die Ihnen mehr waren, als was Sie umgab und was mich da umgab, war gar nichts. Ein Bild von Rembrandt hat mich vor allen erfreut, ein dunkeles Zimmer, etwas Feuer in der Mitte, ein leeres 337
1v
2r
2v
Nr. 491.E
Kinderbett, die Mutter hat das Kind herausgenommen, weil es so geschrieen und das Kind legt sich ans Ohr und kann vor Schluchsen nicht dazu kommen ihr sachte zu erzählen, was es quälte, doch ist es nun vorbey. Ich mag nicht Abschied nehmen von Ihnen für diesen Herbst, ich harre noch immer wie eine Festung auf Entsatz, stecke die Fahne auf den höchsten Thurm, während der Vorrath verzehrt; vielleicht sind unsre Soldaten bald in Frankfurth, das ist mein letzter Trost, dann komm auch ich Ludwig Achim von Arnim
50
55
491.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 28. September 1806, Sonntag 2r
2v
An B. B. d* 28 Sept Als ich aus der Keule des Herkules mühsam nach Ihnen hin umblickte, da stürmte es so heftig gegen mich an, daß mir fast Thränen in die Augen kamen, und wär ich ein Eichhörnchen und müste von einem Baum zum andern, wie sie über die Haide dünn ausgesäet, seufzend springen, ich spränge doch hinunter zu ihnen, wo der lebendige Hauch aus dem Moste geboren. Da sah ich aber zwey gewaltigere Beine, fast wie eingewurzelt, gedrungen und doch fest gehalten. Es war für Herkules selbst zu kühn dahinunter zu springen, Er sieht fast hundert Jahre wie verstarrt sehnsüchtig durch die Berge. Ich stieg traurig hinunter und als mir der Wasserfall aus der Waldnacht den Wipfeln der Bäume entquoll, alles im Mondscheine, da rief ich zu ihm: Lieber Herkules, geht dir auch mancher rauhe Wind um die Nase in ewigem Dohlengezänk du bist dort besser dran du stehst da wie der Traum des schlafenden Ritters in der Lowenburg hell und klar über der lastenden Nacht du Traum der Zeit ganz Rüstung ganz Metall. Ich bin zu alt um von unten auf zu dienen, was kann ich thun als auf Augenblicke in dich hinein steigen und die ungeheure hohle Rüstung soweit ich reiche rasseln und anschlagen, daß sie sich erklingt es verhallt, es war doch. Die Soldaten meinen wohl, daß es solches Klanges nicht bedarf. Sie bedürfen es nicht, sie sinds, aber ich bedarf es und viele, die unthätig zusehen müssen. Was kann die Mutter thun, deren Kind krank ist das noch nicht sprechen kann, sie kann es doch nicht lassen, sie läuft horcht, spricht mit ihm, das Kind indessen erdrückt die Schlan338
5
10
15
20
Vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1806 25
30
gen, die es heimlich umwanden das thut Herkules! Ich denke ewig des Bildes von Rembrandt, ein leeres Kinderbett, die Mutter hat das Kind heraus genommen, weil es so geschrieen und das Kind legt sich an ihr Ohr und kann vor Schluchsen Çnicht .............È dazu kommen und will es doch sachte erzählen und es ist nun vorbey. Ich nehme nicht Abschied, ich harre auf Ersatz und thue Nothschäfte, sind die Unsern bey ihnen, so bin ich gewiß da.
492.
5
10
15
20
25
3r
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1806
Lieber Arnim! Ich wollte, du wärst die letzten Vierzehn Tage bei uns in Heidelberg und Frft gewesen, wo du gewiß viel Freude gehabt hättest. Lud. Tieck kam mit seinem Reisegefährten dem Hannövrischen Rumor von Rom hierher, er blieb acht Tage in Heidelberg und erquikte Kreuzer, Daub, Loos und Comp* mit Seelenspeiße, man zerriß sich um ihn, und da ich kein recht lebendes Mitglied jener Gemeinde bin kam er gewöhnlich um zwölf Uhr Nachts erst zu mir, und redete gar anmuthig und schön hintereinander. Sein Treiben hier gab mir eine Idee, wie man sich um Lavater mag gequält haben. Ich brachte ihn mit Zimmer zusammen, und mäkelte einigen Verlag, Zimmer drukt Ostern das Heldenbuch, Tieck war unendlich fleißig in der Vatik. Biblioth. er hat ½ Jahr alle Tage darinn Abschreibend zugebracht, er giebt es ganz neu deutsch mit einigen Gesängen vermehrt, die in die Reihe dieser Heldenlieder gehören, und vorher nie gedruckt waren. In einigen Wochen wird ein Programm, das er schreibt, das Ganze einleiten, und über seine folgenden Unternehmungen, Parzifal, Titurell, eine Geschichte der deutschen Poesie in zwei Bänden, und überhaubt über seine Ganze Ansicht des Mittelalters Rechenschaft geben. Er ist durchaus leichter, fröhlicher, und nicht mehr so todundverderberlich, als in Ziebingen, in der Malerei ist er dann und wann weniger Aristokratisch oder besser zu sagen Monarchisch, aber gegen Göthe ist er leider und besonders gegen die Eugenie gar unendlich erbitterter, aber auch dies kann man nicht sagen, er spricht ohne alle Leidenschaft, aus ruhiger Ueberzeugung, und bleibt nicht unbegreiflich, doch kann ich nie ganz lieben, was er sagt, weniger noch, daß er es sagt, sein Dasein in Heidelberg 339
1r
1v
Nr. 492
2r
wo ihm, die durstigen alle Zapfen auszogen, daß er unaufhörlich floß, hatte mir etwas durchaus beengendes, und seine Ansichten können meiner Poesie, alle Quellen abgraben, es kann mir bei Etwas Vortreflichem nicht leicht so schlecht werden, als bei seiner Kritick, von welcher ich dennoch sagen muß sie ist die ruhigste, bescheidenste, und für ihren Urheber die wahrste, die je vielleicht geweßen, und ich möchte beinahe glauben, bei dem Guten könne einem auch gewissermaßen übel werden, für seine Geschichte der Poesie verspreche ich mir unendlich viel aus eben dieser Kritick, er wird sie nur bis auf die Meistersänger schreiben. Mit Mahler Müller ist er in Rom beständig gewesen, er hat ihn unmäsig lieb, und es ist ein rührender Beweiß seines treflichen würdigenden Gemüths, wie er sich bemüht, den Ruhm und die Ehre dieses in Ferne, Neid und Misverständnißen für die Welt beinah ganz verlohren gegangenen großen Dichters zu retten, Ostern kömmt eine neue Ausgabe aller Müllerschen Werke vermehrt und verbessert mit Nachrichten über den Mann und sein treuloses Geschick von Tieck heraus bei Schwan u Götz in Mannheim, an einer kleinen Schrift Müllers gegen Kotzebues Geschwätz über Rom, die Tieck mitgebracht, wird bereits gedruckt; Müller muß einer der unergründlichsten selbst ständigsten Künstler Charaktere sein, die je von ihren Genoßen misverstanden und verlassen wurden, er ist oft so arm in Rom gewesen, daß er Ganze Monate lang nur Brod und rohen Sallat gegessen, Essig u Oel konnte er nicht bezahlen, übrigens soll er so gut und mit größerer Idee mahlen als irgend einer, der jetzigen Künstler, aber wegen einer unbegrenzten Gradheit und höchst naiven Wahrheitsagerei viele Feinde haben. Er hat ganze Stöße Manuskripte poetische, die er wenn gleich sehr vertraut mit Tieck ihn lesen zu lassen stets aufschob, und unter seinen Augen zu Fidibus Verbrauchte, über seine Gedichte soll er kein Urtheil haben, oft das Schlechste für das Beste halten und sich überhaubt stets verwundern, wenn sie jemand gefallen, doch hält er auf andere nicht eben mehr. Ein groses Werk über Kunst und Kunstgeschichte soll er bald vollendet haben, das treflich wird. – . Von hier bin ich mit Tieck nach Frft gereißt, wo er nach Dichter Art trotz seiner überfließenden Ernsthaftigkeit Weib und Kind noch acht Tage vergaß, die er von Morgens 7 biß Nachts l2 alle rund und rein in den Labirinthen des goldnen Kopfs zubrachte, er hat sich unendlich bei uns gefallen und misfallen, alles hat ihn geliebt, er ist von Stube zu Stube herumgezogen, hat 3 Schakspears Stücke vorgelesen, wobei Bethmann 340
30
35
40
45
50
55
60
65
Vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1806
70
75
80
85
90
95
100
3 mahl eingeschlafen, George der jezt an Liebenswürdigkeit und Anmuth mit Franz wetteifert, hat ihn besonders liebgewonnen, mit Betinen ist er du und du gekommen, sie hat so wunderbar schön vor ihm gesungen, ihren wilden Seelenschlag, keine Aria brillante, so wie sie früher sang, sie hat auch schön mit ihm gesprochen, ihr Wesen hat ihn tief gerührt, er hat ihr sehr zugeredet zu dichten, sie hat es auch versprochen – ! – ! – Waß ihren Gesang betrift, d. h. den extemporirten, so habe ich ihn Thränen dabei weinen sehen, und er versicherte, er der Kirchenmusikus, daß er durch sie zuerst seine Ideenreihe über Musick ergänzt fühle, daß er nie etwas ahnliches gehört habe, und daß er jetzt wisse, wie die Musick entstanden sei, aber sie sang auch, wie wir es nie von ihr gehört haben. In Fft erhielt ich deinen Brief mit dem Schlittenfahrts Lied, das mich ein wenig geärgert hat, es ist einem fatal, wenn man so seine innerlichen Gedanken von Helden hat, ihnen auf den Bordelstraßen, zu begegnen, die Berliner Frivolität hat für mich was gar kränkendes, vielleicht weil ich in keiner andern großen Stadt war, es ist mir bei dem Liede zu Muthe gewesen, als wenn mir die Leute dich und deinen Herrn Bruder Graf immer verwechseln. Betinens Brief über die traurige Güntherrods Geschichte bat ich dich, mir nach Einsicht zurückzusenden, thue es lieber und vergiß es nicht. Betine ist jezt täglich ein paar Stunden bei der alten Göthe, und läßt sich Anecktoden von dem geliebten Sohne erzählen, die sie für sich ganz mit den Worten der Mutter in ein Buch schreibt, um eine geheime Biographie dieses Göttlichen zu bilden, waß ich bereits von diesen Geschichten gehört ist treflich. Neulich empfing ich ein Gedicht auf das Heidelberger Faß, in einem Kalbfelle eingeneht, und erkante Frohreichs hand, ach wäre der Verfaßer doch diesem Kalbfelle gefolgt und keinem andern, so aber muß ich es einer Kuhhaut vergleichen auf welcher meine schönsten Hofnungen hinausgeschleift wurden. Lasse nur das Wunderhorn den Winter nicht einfrieren, und hänge es auch nicht hinter den Ofen, sprichwörtlich, ich erhalte täglich manichfaltige Beiträge, und habe einiges ganz trefliche, aber ich habe auch eine so unsägliche Korespondenz geführt, daß ich gestern ein Vogelkaficht den ersten in meinem Leben von Drath gemacht, um das Schreiben aus den Fingern zu kriegen. Wenn du irgend ein Trauerspiel der Anfang des Cevennenkriegs, die Mitte des C Kriegs und das Ende des C. K. von Krösalin, in die Hände bekömmst, so ließ den ersten Akt des Anfangs – der mir auserordentlich gefallen, es ist diese Trilogie von einem gewißen H* v. 341
2v
3r
Nr. 492
3v
4r
Sinclair der in Hessenhomburgischen Diensten war, Sekendorfs BekÇÇanÈÈnter, ich habe ihn in Frft gesehen, er reißte nach Cassel, auch hat er die Hälfte Antheil an einem Taschenbuch – Glauben und Poesie Berlin l806 – worin ein lange Reihe wunderbarer Trinklieder von ihm, in denen hie und da ein herrlicher Enthusiasm liegt, alle diese Sachen, die ganz Erguß seiner Eigenthümlichkeit sind, erstaunen einen noch mehr, wenn man die lezte Romanze ließt, die ein Altenglische Anecktode von Sinklairs zum Grunde hat, sie ist so ganz wunderbar gelungen, das sie ordentlich den Steinkohlengeruch hat, und ich würde nicht glauben, daß Sie von ihm ist, wenn er mir nicht eine Zigeunerromanze, Bänkelsängerartig aus der Zeit des siebenjährigen Kriegs gegeben hätte, die mich erstaunte so sehr hat sie alle Nüancen jener Zeit, die doch keinen reinen poetischen Charakter hat, er wollte über Göttingen nach Helmstädt, ist ein Fichtisches Produckt, sonst ein unangenehmer speichlender prickelnder unreiner ungedultiger Mensch, der in so vielerlei Teufeleien verzeselt zu sein scheint, daß ich ebenso gern mit Perücken in Vogelleim, oder Weichselzöpfen umgehen mögte als ihm; der närrische Patron sah mich zum erstenmahl, eine halbe Stunde, und empfahl mir gleich den wahnsinnigen Hölderlin, der jezt in Tübingen einem gewißen Autenrieht in die Kur gegeben sein soll, und einen andern verrückten Dichter im Kloster Haina, einem hÇÇeÈÈßischen Tollhauß, lebte Winkelmann noch, der hätte sÇÇxxxÈÈ da zeigen können, Sinclair sagte mir, da eÇÇr jÈÈezt auf lange Zeit die Rheinlande verlaßÇÇeÈÈ empfehle er mir diese unglüklichen, er könne sie niemand anders empfehlen, kaum hatte er diese Rekomandation geendet, so bat er mich doch für Friedrich Schlegel Zuhörer zu einem Kollegium über waß man wolle zu sammeln, das dieser in Fft lesen wolle, dann reißte er ab, und drei Tage drauf schreibt er mir aus Kassel einen Brief, worin ein anderer von einem Wiener Kaufmannsdiener liegt, der sich in einem Gasthof zu Fft festgefressen, worin Sinclair logirte, der Kaufdiener bittet um Loslösung und Dienste und Sinclair rekomandirt ihn, weiter schreibt er, er sei im Kloster Haina gewesen, und habe zu seiner Freude erfahren, das Siegfried Schmidt gar nicht mehr verrückt sei, sondern, daß es bloß ein Irrthum gewesen, und ich mögte ihm doch eine Hofmeister Stelle zu verschaffen suchen, weil er sich schäme nach Hauß so ganz vernünftig zurück zu kehren – das dich der Teufel hohle mit all deinem Rekomandiren, der Kerl wäre im Stande mir ein ganz Narrenhaus zu rekomandiren, aber höchst toll ist dies doch von einem Mann, den ich gar nicht kenne, der mich nicht kennt, den ich nur eine halbe Stunde sprach! – 342
105
110
115
120
125
130
135
140
3. Oktober 1806 145
150
155
160
165
Ich sehe täglich der Niederkunft meiner Frau entgegen, welcher Abermals der Gevatter fehlt, sie ist recht wohl und grüßt dich, aber Gott weiß, wo du bist, wo dÇÇuÈÈ hin gehst, schreibe mir nur wo du deinen AufenthÇÇaltÈÈ haben wirst, biß die Zeit sich entscheidet, und laÇÇxxÈÈ uns gegenseitig alles Politische vermeiden in unsern Briefen, biß fleischerne Zungen vor den stählernen wieder schön zu Worte kommen dürfen, Tiecks Anwesenheit hat mich so zerstreut, daß ich dir so spät antwortete, glaube nicht, daß ich dich je eine Stunde vergesse, ich habe für kein Geschöpf mehr so den Zauber neuer erster ewig junger Liebe, als für dich, ja ich liebe dich recht heimlich. Hast du in einem der lezten Modejournals hefte eine Weitläufige nicht ungeschickte Kritick deines Volksliederaufsatzes gelesen, es ist wo nicht verstanden, doch verständig. – . Ach daß es Friede wär! daß ich dich sehe an dem alten Wunderkasten stehen und ins Wunderhorn stoßen. – lebe wohl schöner goldner Junge und schreibe CB. Herrn Lud. Achim von Arnim abzugeben bei H* Buchhändler Diederich Göttingen frei Cassel
4v
493.E An Philippine Engelhard in Kassel Göttingen, 3. Oktober 1806, Freitag
An Engelhardt Göttingen d* 3 Okt. Was ihnen Sorge gemacht verschaffte mir Vergnügen so ungleich ist die Welt getheilt Ich traue auf Sieg, sonst, versinkt meine Zeit. Der Morgen nach dem ersten Siege strahlt Freyheit über die ganze Welt
343
3r
Nr. 494.E
494.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, zwischen 3. und 5. Oktober 1806, Freitag und Sonntag 3r
3v
4r
An Reichardt Bluchers Rede. Kameraden habt ihr nicht dasselbe Mark in euren Knochen, dasselbe Blut in euren Adern, dieselbe Entschlossenheit in eurem Sinn wie eure Vorältern, nun beym Himmel, so haben wir auch dieselbe Macht, dasselbe Glück. – Gute Tage und schlechte Tage bey Kommisbrodt und Wasser tragt mit gleich lustigem Sinne, seyd freundlich jedem der euch aufnimmt gedenkt daß ihr auch Aeltern und Verwandte zurück gelassen; wehe dem der das Unglück des Krieges auf Untergebne ausdehnt weiter als es unvermeidlich lastet. Dreyerlei Unwesen ist vor der Ehre unsres braven Regiments nicht zu dulden, Diebe, Räsonneurs, Säufer, drey ansteckende Seuchen, deren Berührung wir von uns halten, der Dieb löst jedes Vertrauen, der Räsonneur hat keins, dem Säufer kann niemand vertrauen, und ohne Vertrauen geschieht nichts. Hannoveraner sind ganz verwundert, daß die Preussen singen während sie schwatzen daß sie über ihre Stümperey in fremder englischer Form lachen, noch mehr wundern sie sich wenn sie hören, daß sie von England wie Gauner behandelt, wie das fünfte Rad am Wagen der englischen Fortuna. Der Schimpf der Franzosen mit Fahne, Thieren, Hurerey, Schulden das alles ist vergessen, vergessen aus purer Furcht vor der Kanton einrichtung.
5
10
15
20
495.E An Carl Otto von Arnim in Berlin(?) Göttingen, zwischen 3. und 5. Oktober 1806, Freitag und Sonntag 4r
An meinen Bruder Unsre Lage ist ehrenvoll wie keine in der Welt, im vorigen Jahre gräßlich schimpflig mit einer Uebermacht über eine Art von Allirten hergefallen, die Weserlinie ist besser als das einzelne Wesel, das Land ohne Unterbrechung nach seinen Kräften in unserm Besitz. Deutschlands Unter∧drückung ist klar, das Volk uberzeugt, ein glücklicher 344
5
5. Oktober 1806
10
15
Feldzug und der Fürstenbund ist gemacht. Das Schicksal hat sich des lähmenden Zwischenspiels zweyer beschränkter Minister bedient; weil es mehr mit uns beabsichtigt als wir wissen sollen, nie war dieses mehreren durch Ergebung würdig zu machen. Wir stehn allein, nun stehn wir gut, es ist kein Streit um einen Lumpen Landkarte, keiner kann mehr sicher sagen, wie lange ihm das seine gehört. Wenn nur erst die Zeit käme, wo kein Mensch Zeit zum Reden hätte. Haugwitz hat vorsichtige Kuhnheit genug für jezt, er ist genug verschlossen, er kennt seine Leute, er ist fortgeschritten in seiner Zeit, er weiß daß Krieg kein Kinderspiel.
4v
*496. An Leopold von Seckendorf in Regensburg Göttingen, 5. Oktober 1806, Sonntag
Ihren Brief vom 5ten Oct. Ç...È erhalten, mit allen Beilagen, am 20n Ç...È mich erfüllten Ihre Hoffnungen mit Freude (Nr. 516,3–6).
Von Leopold von Seckendorf, 16. Dezember 1806:
496.E An Leopold von Seckendorf in Regensburg Göttingen, 5. Oktober 1806, Sonntag
5
An Seckendorf 5 Okt Gott geb uns Sieg, sonst werd ich fremd Last mir die Kutte messen, will nichts als Wurzeln essen. Wenn es obenher nicht stockt, so geht alles vortreflich. Auf einen Schatz muß man von verschiednen Seiten graben, geben Sie heraus was sie haben. – Wo Franzosen ist mir die Hölle, ich würde jeden Augenblick fürchten schlecht zu werden.
345
4v
Nr. 497
497.
1r
1v
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 5. Oktober 1806, Sonntag
5ten October Sprechen Sie nichts von der Blüthenzeit, wenn der Frühling längst vorbey ist, das macht nur unnüze Unruh, und Betrübniß. Ich weiß nur zu gut daß ich Sie diß Jahr nicht mehr sehe, aber warum denn nicht? bin ich so wenig fromm daß ich an keine Wunder glauben kann? das liebste Wunder wäre mir dennoch wenn ich Sie aufsuchen dürfte, stadt daß Sie mich hier finden müssen, wenn wir uns sehen sollen. Ich hab ein Herz für die Schwalben, jezt wo diese hier weg ziehen, will ich auch weg. Freunde und Brüder könnte ich verlassen nur um wie diese weiter zu ziehen, über Berg und Thal wie die Wolken ohne andern Plan als immer weiter, oft wird diese Sehnsucht so heftig stark in mir daß ich sie keinem Schmerz keiner Qual vergleichen kann, daß es mich recht verzehrt, daß ich nichts achten würde um mich zu befriedigen, und warum thue ich es denn nicht? das weiß Gott. Claudine ist seit wenig Tagen von hier weg nach Nordhausen bey Erfurth zu ihrem Bruder, vielleicht haben Sie Gelegenheit sie dort zu sehen Adieu Arnim auf Wieder sehen. Bettine In der Caßler Gallerie waren Sie auch, und haben mich mitgenommen. wie Gutmüthig!
5
10
15
20
Monsieur le Baron Achim de Arnim che`s Dietrich Göthingen
498.
An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 6. Oktober 1806, Montag
Göttingen d* 6. Okt 1806.
1r
Lieber Clemens! Aus einem Briefe Deiner Schwester weiß ich, daß Du mit Tieck in Frankfurt gewesen, sonst habe ich von Dir seit dem kurzen dringenden Briefe, wodurch Du mich zu einem vermittelnden Orte eingeladen, gar 346
5
6. Oktober 1806
10
15
20
25
30
35
40
nichts gehört. Hätte ich geglaubt, daß du so leicht die andern Umständen überwinden könntest, um von Hause wegzukommen, wie gern hätte ich Dein Anerbiethen angenommen in Marburg oder Hanau, das nur eine Tagereise von hier, Dich zu sehen, das ist etwas Versäumtes, etwas Unwiederbringliges, hättest Du nur aus Frankfurt im Augenblicke Deine Ankunft hieher geschrieben, ich war in Cassel, sah aus der Keule des Herkules nach euren Gegenden, lauter Duft und Nebel. Das war versäumt und ich unschuldig daran. – Von Savignys’ Aufenthalt weiß ich kein Wort, ich vermuthe, daß ihn der Krieg wieder nach Marburg treibt und zweifle auch wieder, ich vermuthe es weil er seine Bücher lieb hat, ich zweifle, weil er die Seinen noch lieber hat, sein Briefpaket aus Winkelmanns Nachlaß habe ich an ihn dahin gesandt, es habe seinen Lauf wie alle menschliche Dinge, deine Briefe und Stammbuch gehn hiemit, wie viel möchte ich mitschicken, was ich Dir gern zeigen und vorlesen möchte: Ich muß vielem mich entschlagen für jezt, schlägt sich nur mein Vaterland glücklich, so ist das alles nichts, gar nichts, ich könnte die schönste Perle meines Glücks dann zu einem Jubelbecher hinein trinken. Es schwebt mir zuweilen vor, daß ich Savigny irgendwo begegnen müste, vielleicht hier, darum warte ich noch, sonst wäre ich schon in Halle, um noch etwas von der grossen Armee zu sehen, ich habe hier Rüchels und Blüchers Corps recht mit Lust sehen können, alle Strassen waren voll Gesang und Musick, die Krone voll Trunk und Spiel; ich hörte General Blücher mitten im Platzregen auf dem Platze so wunderbar schön reden, daß er mir recht wie ein Kriegsheiliger vorkommt. Ich habe Lieder austheilen lassen, nimm sie als meinen guten Willen, was hast du zu der Einlage in der Tasche gesagt, die ich Dir schickte? Wie hast Du die Deinen gefunden? Hat die Jordis ein Kind? Was treibt Kestner? Schreib, ich bitte Dich, alles was du gesehen, was dir einfällt, auch wenn die Augen dir dabey zufallen, mich macht es doch wach. Jede Traube ärgert mich, ich denke an den Rhein, da ziehen sie mir den Hals zusammen. Wie ich hier lebe? Nicht übel bey manchem Uebel. Die Dieterich verlor ihr jüngstes Kind vor wenigen Tagen, da half ich trösten. – Ich kenne fast die halbe Stadt. – Wenn es, wie es scheint, nun für mich keine Most bey euch gewachsen, entschlösse sich wohl Mohr in Berlin den zweyten Theil des Wunderhorns drucken zu lassen? Ich habe auch in dem ersten die meisten wieder überarbeitet zu einer neuen Auflage viel Gutes zugethan. – Seckendorf schreibt mir, daß er die Lieder an Dich gesandt, die ich von ihm verlangte, klagt aber, daß Du ihm kein Wort 347
1v
2r
Nr. 498
2v
3r
3v
geantwortet, werde nicht allzusehr Sultan in deinen vier Pfälen und strangulire die Erinnerung an uns nicht daran. – Es geht hier alles unter einander, wie bey der Mutter Engelhardt, die jezt hier ist und die ich in Cassel kennen lernte, wo sie die dulle Engelhardsche genannt wird. Unter uns sey es erzählt, ich traf sie sehr lächerlich, ihr Kamisol aufgeschlagen mit ihrer kleinen Familie an gewaltigen schwarzen Pilzen abschälend, die sie für Champignons ausgab, die aber eher einem Commisbrod ähnlich sahen, als das Zimmer einem anständigen reinlichen Orte. Ein Handswerksbursche zündete sein Pfeifchen am einzigen Lichte an, so wie er zog schwebte das Zimmer zwischen Nacht und Tag, er war wie ich von dem einfältigen Bedienten hinein gelassen in dies Allerheiligste der Küchenzauberey, den sie dafür in die Baken knif, und es Abstrafen nannte. Die Frau ist ein höchst wunderlicher Charackter, die Rede sprüzt aus ihrem Munde wie aus einer gesprungenen Röhrleitung. Ihre blondlockige Tochter, die mit ihr hier, ist hübscher als die Geliebte von Kries, aber sehr ete, zip und preciös und verachtet Soldaten und Studenten. Grimm habe ich leider nicht kennen gelernt, ein Engländer Kinniard, der mit mir fuhr, drängte zurück, er hat nachher die Güte gehabt mich noch aufzusuchen, aber vergebens, weil ich unter dem Namen Daberwolzky da im Thore und im Wirthshause passirte. Mein Tag war sehr schön besetzt durch die verschiedenen Kunstsammlungen und Gärten prachtvoll ausgelegt, ich hatte zwey Monat so etwas entbehrt. Die Sammlung mechanischer Instrumente ist höchst merkwürdig durch die Menge gewaltiger fantastischer Angaben des Großvaters vom jezigen Churfürsten, es sind oft wunderbar lächerliche Sachen darunter. Unter den Gemälden sind die Raphaels alle unecht, der Lenardo da Vinci entweder von ihm oder von einem seiner besten Schüler, was häufig unentschieden. Die Claudes reissen wie eine Gicht nach Süden den, der dahin nun nicht kommen kann, die vier Tageszeiten sind es aber keineswegs, wahrscheinlich sind sie zufällig zusammengebracht, 1 ein Vortagen, 2 ein Nachmittag, 3 ein Abend Sonnenuntergang das beste von allen an Luft aber im Grün wie alle sehr nachgedunkelt, endlich 4) eine helle unbestimmte Tagszeit. Als Charackteristik der Tageszeiten taugten sie alle nicht, sonst sind sie das Beste, was ich lange gesehen. Einige Rembrandts, Potters sind schauerlich wahr, aber im besten Sinne wahr, keins übertrift darin ein Familiengemälde Holbeins, ganz als wären darauf die alten Strophen geschrieben die Du wahrscheinlich noch nicht kennst, ich bekam sie in Schwäbisch Hall. 348
45
50
55
60
65
70
75
80
8. Oktober 1806
85
90
95
100
105
An allem Ort und Ende Soll der gesegnet seyn, Den Arbeit seiner Hände Ernähret still und fein Gott will ihm darzu geben Ein Ehfrau tugendreich, Die ein fruchtbaren Weinreben Sich soll verhalten gleich. Recht wie junge Oelzweige Wachsen und grünen frisch, So sollen in der Reihe Die Kindlein um den Tisch Gar fein und höflich stehen, In Zucht und guter Sitt, Der Vater soll sie sehen Im dritt und vierten Glied. Sey dies mein herzlicher Wunsch für Dich, ich war fast ärgerlich wegen Deines langen Stillschweigens, wahrscheinlich beschäftigt dich jezt dein Kindchen und wo ich ein Paar schwarze Augen sehe meine ich, so sieht es aus und küsse es und wünsche ich wäre da, es ist Dir lange übel ergangen, nun wird alles gut, die Magnetnadel dreht sich von Osten nach Westen, darum wird es heller. – Preussen hoch! Dein Achim Arnim Deinen nächsten Brief schicke nach Giebichenstein. An Clemens Brentano
4r
4v
498.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 8. Oktober 1806, Mittwoch
5
An C B. Gött d* 8 Ok 1806. Was versäumt last es laufen wie Briefe, jeder hat seinen Gang, wie alle unendlichen Dinge. Man muß sich der Gedanken entschlagen, da alles schlägt. General Blücher ist ein Kriegsheiliger. Euer Most zieht mir die Kehle zusammen, weil ich ihn nicht trinken kann. Phil: Engelhardt traf ich Abends an einem langen Tisch mit aufgeschlagenem Kamisol bey gewaltigen schwarzen Pilzen, die sie nachher 349
5r
Nr. 499
für Champignons ausgab Ein Handwerksbursche zündete sein Pfeifchen am einzigen Lichte an, wie er zog schwebte die Welt in Licht und Dunkl. Sie nannte mich einen Wundermann, schalt dabey den Bedienten, daß er den Handwerksmann hereingelassen, die Rede sprizte aus ihrem Munde wie aus einer geplatzten Röhrleitung Gemälde. Die Claudes reissen wie eine Gicht nach Suden den, der nun nicht hin kann, die vier Tageszeiten sind es nicht, wahrscheinlich sind sie zufällig zusammengekommen. Ein Vortagen, Morgen, Nachmittag und Sonnenuntergang, das Beste
499.
1r
10
15
Von Clemens Brentano Heidelberg, vmtl. zwischen 10. (Freitag) und Ende Oktober 1806
Lieber Bruder! Dieser Brief beginnt als ein Notizenblatt, das ich mir zur Seite lege und in welches ich alles nach und nach einrükke, waß mir im Tagewerk merkwürdig für dich vor kömmt. In der Eunomia, Juli 1805 steht ein Bruchstück von Schummels Briefen an Zöllner über Volksschulen, da ich ihn durchlaß, muste ich immer an dich denken, die Kerls wollen Preussen eine National Ehre und VolksEinheit von Jugend auf geben, und sagen Nikolai feiner Allmanach sei ein Muster der elenden Lieder, die ausgemerzt werden müsten, sie nennen wohl einen Volks charakter, eine Gesammtheit so elender Gesinnung im ganzen Volk als sie im einzelnen dieser Tagen sein kann, das wäre freilich für die Ansteckung gesorgt. Ich fühle, das muß dich unendlich interressiren, lieber Arnim, heiliger Patriot denke doch über solche Dinge und wehre dich. Ich glaube es könnte dir nichts so herrlich gelingen, als ein Plan zu VolksEinheit, und eine stille würkende Gesellschaft dafür, die Sache müßte sich leise anspinnen und nach und nach mächtig alles in sich ziehen und laut werden, dein teutscher Sinn könnte nicht göttlicher mächtiger wirken, als in der Erfindung eines geheimen Plans in deinem Vaterland eine mächtige Nation zu bilden, die leben, siegen, und sterben könnte. Ich fordere dich auf als dein Vertrauter Freund, der dein Herz kennt, lege nach und nach deine Gesinnungen hierüber schriftlich nieder, und lasse sie sich anhaüfen biß du gegenseitig abwiegend, sie zu einem gleichfaßerigen einstarken Plan zu einem solchen Unternehmen, ordnen kannst. Deine Volkslied350
5
10
15
20
13. Oktober 1806 25
30
35
40
ditirambe ist ja voll vulkanischer Explosion solcher frommen Wünsche, wenn du etwas darüber ausgearbeitet, so lege es meiner Bedächtlichkeit vor, ich bin fest entschloßen, mit meinen besten Gedanken mit dir darüber zu denken. Wenn wir dann etwas tüchtiges zussammen gedacht haben, wollen wir auch den scharfsinnigen herrlichen Savigny zu Rathe ziehen, der uns vortrefliche Sachen dazu sagen wird, und dann beginnst du nach und nach deine besseren Freunde ernsthaft dazu zugewinnen, und das ganze wird immer in mehr Gemüthern lebendig, und muss sich manichfaltig einzeln würkend zu einem Ganzen organisiren, wir können wenigstens Versichert sein mit Weisheit und gemaßigtem Enthusiasm totalwürkender als das Noth und Hülfsbüchlein zu werden, dessen Titel wenigstens bald verächtlich werden muß. Um alles in der Welt, eine deine vielen Pläne zum Besten und Schönsten, in diesem einzigen Großen, und mache mich theilhaftig deines Vertrauens hierin, ich will mit ganzer Seele mitwirken, mit ganzem Schweigen und Bedacht. Das heiße, Frankreich den Krieg erklärt. –
500.
5
10
15
1v
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 13. Oktober 1806, Montag
Göttingen d* 13 Okt 1806. Schade, daß der Schwalben Schicksal und Wege so dunkel, kein andrer Vogel hats verrathen, kein Mensch noch gesehn, ob sie je wiederkommen oder nur ihre Kinder, keiner weiß es; niemand hat sie ziehend angetroffen, sie sind da, sie sind weg, ob sie nach dem Monde fliegen oder zur Sonne, es kann keiner bestreiten. Mir flog eine in die Hand dieses Frühjahr, aber sie wurde bald ungeduldig über mich, ich konnte sie nicht genug unterhalten, solange ich lustig pfif, ihr Stimmlein nachmachte, das mochte sie, wurde ich aber stumm, unmuthig, unwohl, da schütterte sie sich ungeduldig sie wollte es nicht Wort haben, sie hatte keine Worte, aber sie sang, woher ich kommen, das Land war grüner, die Sonne kühner, durchschoß die Wolken, an Bohnenstangen da hingen Trauben, Und selbst die Tauben da lachend sangen, Taubstumm du schauest, hier in die Weite, damit du heute ein Luftschloß bauest; ich baue Nester aus feuchter Erde, durch Thränen werden sie 351
1r
1v
Nr. 500
r
2
2v
wohl noch fester. So sprach die Schwalbe in meinen Händen. Entfloh behende, ich stand da albern. Ich stand alleine, der Flügel Spitzen am Teiche blitzen, da streift die Kleine. Was bist du flogen mir in die Hände, das Blat sich wendet, wo du gezogen. Sie sagten einmal, wir könnten etwas Schönes zusammen bringen, wenn wir unsre Gedanken von Nachtigallen und Zugvöglen vereinigten, ich glaube wir brächten noch etwas Besseres zusammen, wenn wir mit einander zögen; nun wohin? Nach Italien. – Recht gern; werden Sie sagen. – Nach der Lüneburger Haide? – Reisen Sie allein, werden Sie meinen. Wenn ich nun gleich die Lüneburger Haide und was sich daran schliest, für jezt zu meinem Aufenthalte wählen muß, so tröste ich mich mit den Millionen Bienen, die da umhersumsen: Suche weiter bist dus müde; wärs nicht heute, wärs nicht morgen, Immer bleibts beym alten Liede, wer will sorgen sorge morgen; ich tröste mich damit daß Rom gewankt hat wie niemals vorher, daß die Sommer wieder lang und warm werden, daß die ganze Richtung der Kräfte sich ändert, was hindert dann, daß sie an der Stelle vor Ihrem Hause, wo Sie uns im vorigen Jahre begleiten wollten, nicht mehr angezogen wirklich fortrollen mit uns in die goldne Weite. Wie freue ich mich auf Claudine, die ich in diesen Tagen zu sehen meine, ich will alles weiter leben und zusammenbringen, was zwischen dem fortrollenden Wagen im vorigen Jahre und Göttingen liegt – jezt liegen zwey Armeen zwischen. Ich denke oft an Savigny, vielleicht bin ich ihm nahe und weiß es nicht; denn das trifft oft so ein in der Welt, wo kein einfallender Strahl durch die Wälder lichtet. Zu weilen kommt es mir vor, so herrlich wir in Trages gelebt, wir hätten die Zeit doch emsiger benutzen sollen. In dieser zerstörenden Zeit sollte einer von uns immer daran denken, so ein ewiges abwechselnden Denken wie das Mainzer Gebet, das müste darüber wachen und ich bin gewiß kein Feind könnte da etwas schaden, so sind auch Sie meine liebe Freundin in Obhut gegen den Feind und wissen es nicht. Glück uns zum Kriege. Achim Arnim. Ihre liebe Lapländerin habe ich in Braunschweig gesehen, hätte ich gewust, daß sie so rührend locken konnte, ich hätte es gelernt, mich trieb die Art hinweg, wie sie gezeigt wurde in einem Käfig, der Mann hielt immer einen Stock in der Hand, als wäre es ein Affe, der Kunststücke machen sollte. 352
20
25
30
35
40
45
50
14. Oktober 1806
55
Ç1r alR:È Meine Adresse ist jezt Giebichenstein bey Halle, abzugeben bey H. Kapellmeister Reichardt.
500.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 14. Oktober 1806, Dienstag
5
10
15
20
An B. B. Göttingen 14 Okt Schade daß der Schwalben Wege so dunkel, sie sind da sie sind weg, ziehn sie nach dem Monde? Wir könnten viel Gutes mit unsern Gedanken über Zugvögel zusammenbringen meinten Sie einmal, wir brächten wohl noch etwas Besseres zusammen. Mir flog eine Schwalbe in die Hand, so lange ich ihr Stimlein nachpfif, das mochte sie, wurde ich aber stumm unmuthig ungeduldig, da schettetete sie sich ungeduldig und wollte es nicht Wort haben, sie hatte keine Worte. Wollen wir nach Italien zusammen? Recht gern. Nach der Lüneburger Haide? Gehn sie allein. Da muß ich hin und mich mit den Bienen trösten, die da umhersumsen. Suche weiter bist du’s müde, wärs nicht heute, wärs nicht morgen, immer bleibts beym alten Liede, wer will sorgen, sorge morgen. Rom hat gewankt, die Sommer werden wieder lang. Sie bleiben nicht mehr vor dem Hause stehen. Ich denke oft an Savigny, vielleicht bin ich ihm nahe und weiß es nicht, denn das trifft oft so ein in der Welt, wo kein einfallender Strahl durch die Wälder lichtet. Wir hätten unsre gute Zeit in Trages emsiger benutzen sollen. Einer sollte immer in dieser zerstörenden Zeit daran denken, wie das ewige Mainzer Gebet muste, so ein ewiges Andenken darüber wachen, kein Feinde könnte da schaden, auch Sie sind in solcher Obhut und wissen es nicht.
5v
6r
501.E An Hans von Schlitz in Karstorf Göttingen, 14. Oktober 1806, Dienstag
An den Onkel d* 14 Oct Göttingen Kleine Stecknadeln, schlecht im Stich, doch erinnernd und die Erinnrung festhaltend, schicke ich dir, Kupferstiche der Gegend. Aus dem 353
16v
Nr. *502
Hessischen Löwen ist ein Hessischer Hund gewunden, die Zensierungswogen werden über ihm zuerst zusammenschlagen. Wenn nicht alle wirken ist alles verloren. Aus der Löwenburg soll eine Krähenhütte werden Der Himmel erhalte dich und deine Bäume, die Zeit ist ein Prüfstein aller Welt, wer da echt bleibt, der ist etwas werth.
*502. Von Bettina Brentano nach Berlin Frankfurt, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 Keine Angabe zum Inhalt.
*503. Von Bettina Brentano nach Berlin Frankfurt, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 Keine Angabe zum Inhalt.
504.
An Carl Otto von Arnim in Berlin Danzig, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806, Montag und Mittwoch
Durch Pommern’s Wüsteneien bin ich endlich im schönen Danzig angekommen
*505. An Caroline von Labes in Berlin Danzig, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806, Montag und Mittwoch Keine Angabe zum Inhalt.
354
5
10
17. November 1806
506.
5
10
15
20
25
30
35
An Clemens Brentano in Heidelberg Danzig, 17. November 1806, Montag
Danzig d* 17 Nov 1806. Wo blieb ich doch stehen? – Heute als ich den Pfarrthurm bestiegen in die weite Welt sah aus der Stube des Thürmers, der zweyen Perücken wie er sich ausdruckte zur Unterhaltung Zöpfe andrehte und dabey zum Nachdenken zwey Schnupftabacksdosen stehen hatte und das ganze Zimmer von dem einzigen Kerl stank, weil er wegen seiner siebzehn Treppen hohen Lage keine Einquartirung bekommen, da schlug ich mir vor die Stirn, was ist denn geschehen? Was mir geschehen hat mir meinen guten Muth wiedergegeben, in wenig Zeiten meines Lebens bin ich so aufgeräumt gewesen, als in dieser wo ich immer einen Ort nach dem andern räumen muste, tausend Menschen hat mir die Noth eröffnet und wie von einem Falle noch schäumend das Wasser im zweyten Falle neu aufbraust, so ist es mir reinigend durch die Seele gegangen, ich habe so viel erfahren, daß ich jezt hundert Meilen von Dir fortgefahren bin Vier Fürsten Prinz Ludwig, Herzog von Braunschweig, Eugen Wirtenberg und Hohenlohe wie die vier Aussichten meines alten Thürmers umfassen den ganzen Umkreis des Unglücks, alles andre liegt darin wie die Dutzend kleine Dörfer, mehr ist nicht zu sehen, alles übrige ist wüst. Mit ihnen ist das alte Ritterthum untergegangen, ein neues mag beginnen, aber welches bringt die eine herrliche Natur jenes ersten Fürsten hervor, der sich seinem Unglück opferte. Mit des Prinzen Ludwig Tode hörte für mich jede mögliche Wirksamkeit, er fiel nicht ungewarnt, sein guter Geist trieb ihn über die Brücke des Lethe, es war dieselbe Saale, an der so viele schöne Jugend erwachsen und untergegangen, er fiel mit schönen Hoffnungen für sein Land, sah seine Treuen um sich, kurz der Feind ehrte ihn im Tode; der Herzog von Braunschweig flieht geblendet wie ein schnöder Verräther seines Volks, der Herzog Eugen von Wirtemberg wie eine Vogelscheuche und närrischer Kauz, Fürst Hohenlohe ist mit allen Rodomontaden gefangen. Von meinem Namen zähle ich über zehen unter unter den Todten. Der gröste Theil meiner Ukermark ist ausgeplündert, was ich von meinen Gütern wiederfinde nehme ich als ein Geschenk des Himmels an. In dem geplünderten Prenzlov tanzte ich den Tag vor der Schlacht, und dazwischen hörten wir von den Blessirten, wie es in der Gegend zuginge, wir waren in dem schlechtesten 355
1r
1v
2r
2v
Nr. 506
3r
3v
4r
4v
Fusel des abgetriebnen menschligen Geistes lustig, von Duderstadt an war ich in dem Gewirre, einmal schlief ich es war in Tangermünde, in einem Hundestalle unter der Treppe. In Stettin erfuhr ich Hohenlohes schändliche Uebergabe, ein Theil der Truppen war während der Kanonade aus Uebermüdung eingeschlafen, doch mishandelten die ehrlichen Seelen ihre Offiziere, als sie von der Uebergabe hörten und zerbrachen ihre Gewehre um sie nicht zu übergeben. Schlag auf Schlag. Ich war kaum in Stettin und erfreute mich der ganz orientalischen Hafenansicht, so wurde es aufgefordert, der Gouverneur übergab es ohne Widerstand, wurde von den Offizieren vom Pferde gerissen und ausgeprügelt. Durch die Pommerschen Hayden in stetem grauen tropfenden Nebel zog ich mit den einzelnen Resten ganzer Regimenter, oft zwey Standarten bey drey Mann, die Städte voll Weiber die nach ihren Männern schrieen, eine gräßliche Furchtlosigkeit allenthalben, ein gänzliches Verzweifeln an dem Bestehen und an der Ehrlichkeit menschlicher Dinge. Ich mag den Gram nicht ertragen, den Sieger in dem Lande zu sehen, was ich vor kurzem noch mein Vaterland nannte, ich wandre still nach dem Nordpol, es ist untergegangen, weil ich ihm nicht nützen konnte, nicht als wenn ich es hätte retten konnen, ich bin hiebey nur Zeichen für viele, weil es zurückgeblieben in der Krone die meisten Çtiefen ...............È Aeste und Triebe kappen muste, der Fehler liegt 20 Jahre früher. Und wisse das mit tausenden und wird keiner zum Schurken darüber, ungeachtet er jeden Tag den allgemeinen Todestag voraus sieht, sondern arbeitet noch bis zum letzten Klockenschlag, so sind wir wenigstens gefallen wie nie ein Volk der Erde, auf der es gar öde seyn wird, wenn wir vertrieben, aber so lange will ich ausharren mit gutem Muthe Neuigkeiten kann ich Dir wegen der Umstände nicht schreiben, von euch her fehlt uns jede Nachricht, vielleicht das bald Briefe durchgelassen werden, ich schreibe Dir in dieser Hoffnung eigentlich nichts mehr als daß ich mit jedem Augenblicke fortlebe, mit allem vergnügt wo es nur giebt, einerley ob ich Haare oder Klösse in der Suppe finde. Einen Tag war ich in Berlin, den Tag vor dem Einmarsche der Franzosen, auch da noch mit einem lieben Freunde dem Kriegsrath von Schulz vergnügt, meine Großmutter wollte da bleiben, ich war eigentlich nur hingekommen sie zu fragen, ob sie sich nach einem Friedens orte begeben wollte, meine Reise war daher vergebens, sie hatte recht. Was mich noch mehr hinausscheucht als der Aerger ist der Ekel vor der Niederträchtigkeit des Unglücks, wenig Klingen sind zweyschneidig und stark 356
40
45
50
55
60
65
70
75
18. November 1806
80
zugleich, eine stumpfe blinde plumpe, eine scharfe Seite, so muß es seyn, es hilft das nicht immer, das andre hilft zu gar nichts. Grüße die Unsern Achim Arnim Briefe, die Du vielleicht nach Halle geschickt sind mir durch Umstände nicht zugekommen. Schreibe nur unter der Adresse im Wunderhorn
507.
5
10
15
20
25
An Louise von Schlitz in Regensburg Danzig, 18. November 1806, Dienstag
Danzig d* 18 November Ein guter Augenblick voll Erinnerung verpflichtet mich Ihnen meine verehrte gütige Tante ein Paar Worte zur Erinnerung an mich zu schreiben. Hingegebner in Kummer und Lustigkeit bin ich nie über die Erde gewallt, wie Feenschlösser sah ich meine Gegenwart hinter mir zerplündern zerplundern, nieder brennen, mancher Ehrenschuß wurde über das Grab gethan; in Duderstadt traf ich mit den Zersprengten der Armee zusammen, es wurde in der Nähe gefochten, ich muste über eine Seitenwand des Herzes um den Vorhang in Seezen in eine moderne Judenschule verwandelt zu sehen, ich nahm Blessirte in meinen Wagen, gab einem Vetter ein Hemd, der nie viel Verstand gehabt hatte und in der Noth toll geworden war, in Braunschweig sah ich statt der Messe, die ich drey Monat früher da erlebt hatte, die Bewohner selbst zum Verkaufe eingepackt, unterwegs überschüttete mich ein alter General Pritwitz, der Adjudant von Seidlitz gewesen mit hinreissenden Gram; in Tangermünde lag ich in einem Hundestalle unter der Treppe, weil des Königs Silberwäscherin aus dem Lager sich dahin geflüchtet; in Berlin sah ich meine Großmutter ruhig und entschlossen zu bleiben, ich konnte ihr also zu ihrer etwanigen Reise nicht nützlich sein, ging zu einem Thor hinaus, als die Franzosen den andren Tag zum andern hinein kamen; verfügte mich dann zu meinen Lehngütern, fragte den Landrath in Prenzlow, was anbefohlen sey: Haben zu dräschen! sagte er; es wurde in der Nähe gefochten, wir tanzten, den andern Tag hörte ich schon in Stettin daß Prenzlow geplündert worden nach der Stürmung. In Stettin sah ich den Offizier und Trompeter die es ausforderten mit Truppenresten drängte ich mich über den Damm, hundert Ochsen lagen im Sumpfe die hinunter 357
1r
1v
2r
Nr. 507.E
2v
gedrängt, man sieht daraus, daß Grobheit nicht immer hilft. Ich suchte auch nach einigen Journalisten dabey fand ich aber keine, doch sind diese auch in alle Welt zerstreut. Die Städte waren voll Soldaten weiber, die Soldaten ruhig und guten Muths, ich lebte oft herrlich mit ihnen, das Schiessen bey Stettin war wie ein höherer Pulsschlag. Hier leb ich bis ich weiter muß sehr fröhlig, das Schreckliche geht mir glat über, da ich nur zu lebhaft seit dem Tode des Prinzen Louis gefühlt habe, daß mir jeder Weg in dem allgemeinen Schicksale mitzuwirken abgeschnitten. Nichts ohne Beruf. Ich schreibe so wenig, weil ich zweiflen muß, ob dieser Brief in Ihre Hände kommt, liebe Tante, diese Hände, die ich tausendmal ehrfurchtsvoll küssen möchte. mit denen ihrer verehrten Mutter. Hochachtungsvoll L. Achim Arnim N.S. Glauben Sie mich nicht leichtsinnig, daß ich mich im allgemeinen Elende belustige, ich habe voraus gesorgt und gelitten, es ist ein schwerer Kampf wenn die Neigung sich gern etwas Schreckliches Bevorstehendes verbergen möchte, Sie erinnern Sich vielleicht meiner ruhigen Ueberzeugung, die ich in Strelitz Beckendorf und Oertzen oft vorgelegt streitend, daß ohne eine innere höhere Staatsentwickelung kein glücklicherer Krieg möglich, denn so wunderlich es scheint, so kommt es doch nur davon her, daß unsre Soldaten schlechte Gewehre haben, nicht schiessen können hungern müssen dagegen Bagage und unfähige Fürsten zu Anführern ertragen, es war ein böses Spiel mit dem guten Willen der Einzelnen. – Ich bin vielleicht bald in Königsberg, doch erhalte ich durch Herrn Johann Labes in Danzig meine Briefe.
30
35
40
45
50
507.E An Louise von Schlitz in Regensburg Danzig, 19. November 1806, Mittwoch 6v
An meine Tante 19 Nov Hingegebner in Leid und Lust war ich nimmer über die Erde gewallt, die Gegenwart sinkt hinter mir wie Feenschlösser zusammen, zerplundert und zerplündert wie eine täuschende Dekoration, mancher Ehrenschuß ward hindurch gethan ein höherer Pulsschlag; über eine Seitenwand des Harzes rettete ich mich aus den Zersprengten in eine Judenschule. Ich begegnete einem Vetter, der toll geworden in der 358
5
19. November 1806
10
15
20
Noth und gab ihm Hemden. Statt der Meßwaaren fand ich in Braunschweig die Einwohner eingepackt. In Tangermünde schlief ich unter einer Treppe im Hundestalle, weil des Königs Silberwäscherey aus dem Lager dahin geflüchtet. In Berlin ging ich zu einem Thor hinaus, als die Franzosen zum andern den andern Tag hinein kamen In Prenzlau tanzte ich den Tag vor der Stürmung, sah in Stettin den Trompeter, drängte mich den Dam hinunter recht glücklich, ungeachtet wohl hundert Ochsen in den Sumpf gedrängt. So hilft nicht immer Grobheit. Journalisten fand ich auch zerstreut. Mir blieb kein Weg etwas zu wirken seit dem Tode des Prinzen Louis. Nichts ohne Beruf. Ich bin nicht leicht sinnig, weil ich so lustig noch, ich habe voraus gelitten, es ist ein schwerer Kampf, wenn Neigung sich gern etwas Schreckliches Bevorstehendes verbergen möchte. Ohne eine höhere innere Staatsentwickelung war nach meiner ruhigen Ueberzeugung kein glücklicher Krieg möglich, nur davon kommt die Bagage, die Fürsten, die schlechten Gewehre, der Hunger, die Verwirrung. Es war ein böses Spiel mit gutem Willen
7r
508.E An Hans von Schlitz in Karstorf Danzig, 19. November 1806, Mittwoch
5
10
15
An den Onkel d* 19 Nov Ich wollte die Welt wäre noch verbunden Dir ein Lebenszeichen zu geben. Ich habe so viel Sorge durch gute Hoffnung niedergeschluckt schon vor dem Kriege daß mich jezt im Kriege keine anficht. Meiner Großmutter konnte ich nicht helfen, da sie bleiben wollte, ich hielt es meine Pflicht in meinem Lehen die ausserordentlichen Befehle des Königs zu erwarten, der Landrath ertheilte mir zur Antwort, es wäre nichts befohlen als Haber zu dreschen. Zieh Schimmel zieh, im Dreck bis an die Knie Morgen wollen wir Haber dräschen, Da sollst du die Hülsen fressen. Die Gefechte drängten mich fort, das Land blieb nicht mehr meinem Lehnsherren, ich hätte Fremden dienen müssen, ich wandre freyer idem, omnia mea mecum portans, meine Liebe zu dir im Herzen, hunderttausend Verse in der Mappe und füttre meine Laune mit Neuigkeiten. 359
6r
6v
Nr. *509
*509. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. zwischen 25. November (Dienstag) und Anfang Dezember 1806 Von Caroline von Labes, 3. Januar 1807:
dir zu deinen dortigen vergnügten Auffenthalt, und gutten befinden Glück zu wünschen (WAA XXXIII, Nr. 519).
*510. Von einem Angehörigen der Familie Schwinck in Königsberg Königsberg, vmtl. Dezember 1806 Keine Angabe zum Inhalt.
*511. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. erste Hälfte Dezember 1806 Von Caroline von Labes, 3. Januar 1807:
dir zu deinen dortigen vergnügten Auffenthalt, und gutten befinden Glück zu wünschen (WAA XXXIII, Nr. 519).
512.
1r
An Clemens Brentano in Heidelberg Königsberg, 2. Dezember 1806, Dienstag
Königsberg d* 2 Dec. 1806. bey H. Toussaint et Comp Der Vater vom Himmelreich spricht: Mensch steh still und fürcht mich Gehst du vor dich So thust du thöricht, Mein rechte Hand die schlägtt dich! – So spricht Gott der Sohn: Mensch, kehr dich um und merk mich, Du gehst unweißlich, 360
5
10
2. Dezember 1806
Ich warne dich! – So spricht Gott der heilge Geist: Mensch laß deinen Willen fleischlich In meinen Willen geistlich Das rath ich. In Gottes Namen Amen: – Taulers Nachfolge des armen Lebens Christi S 176. A. A.
15
20
Mei An Clemens Brentano zu Heidelberg
513.
5
10
1v
An Bettina Brentano in Frankfurt Königsberg, 2. Dezember 1806, Dienstag
Königsberg d* 2 Dec 1806. bey H. Toussaint et Comp Herr wie lange will du dich so gar verbergen, und deinen Grim wie Feuer brennen lassen, gedenke wie kurz mein Leben ist, will du denn alle Menschen umsonst geschaffen haben? 89 Psalm. Ich drücke meine Lippen zum frischen Lebenszeichen auf ihre Hand, denn sie müssen ohnedies schweigen, solch ein Schweigen aber mag schön und lang seyn, ein reines Stillleben. – Was hilft es, ein Unglück voraus gesehen zu haben! A. A.
1r
A Mademoiselle Bettine Brentano a` Sandgasse, im goldnen Kopfe Francfort s/M
1v
361
Nr. 514.E
514.E An Johannes Labes in Danzig Königsberg, 14. Dezember 1806, Sonntag 7r
7v
An L. in D. Konisberg d* 14 Alles flüchtet sich als wenn die Stadt wie Sodom untergehen sollte, alles jenseit der Königsburg, jenseit ist für mich nichts mehr, besser mit vielen fallen, als einsam in einer Wüste und rings geht schon die neue Wüste an. Die Dörfer abgebrochen zu Wachtfeuer, die Thiere geschlachtet, die Einwohner zerprügelt haben keinen Gedanken als an den lieben Gott! Es war ein Augenblick der Verzweiflung als ich einen Bauer da sachte vor sich rufen hörte leve Gott leve Gott, neben sich trieb er seine magere Kuh, Die Grenzen der geselligen Ordnung lösen sich, die Zäune werden abgebrochen, die Rücken der Felder niedergetreten. Es ist ein kleiner Schrit vom Uebermuth zur Verzagtheit, es sind zwey Seiten eines Schwerdts, welches das Herz trift. Die Furcht heckt so schnell wie Kaninchen oder wie manche Insekten mit sich selbst, es ist eine Multiplikation keine Addition wenn zwey Fürchtende Reden und darum ist die Ressource die wahre Druckerey der Furcht, man erhält sie gleich in hundert verschiednen Abdrucken. Wie eine Schafheerde um den Hirten so drängen sie sich um solchen Erzähler. Der Anblick der Armee unterhält nicht lange, weil die menschlige Sprache fehlt, die zerlumpten, trübsinnigen Soldaten werden bald gleichgültig, selbst des zerhackten Menschenfleisches wird so viel, daß ich es in der Noth essen könnte. Und so müssen künftig die Kriege der allgemeinen Wüste geführt werden, wo jedes mal so viel Feinde getödtet werden, als zur Mahlzeit nothwendig. Bennigsen hat einen so hervorstechenden Charackter von Feinheit und gesellschaftlichem Anstande, daß weiter gar nichts Hervorstechendes an ihm erscheint. Die Juden∧verpachtung der Lazarethe ist unchristlicher als die Vergiftung in Aegypten. Ein Par Dörfer sind zum Tabaksfeuer abgebrannt so hat das Schicksal erfüllt, daß an Brandenburg schon vor drey Jahren vorherverkündigte, seine Macht scheitern würde. Brandenburg ist hier so zweydeutig, wie der dÇxxxÈ in meiner Prophezeiung. Sein böser Geist hat ihn in das Verderben gestürzt, was ihn furchtsam zu fliehen schien. Fichte hatte einen lächerlichen Krieg im Krieg er war eigens weg, die Studenten plat. Er klagt, daß der alte Kant die Leute so gründlich aus gekeltert hat das selbst die Lichter in ihren Köpfen erlöschen. Wie wird ers anfangen Licht ist seine einzge Metapher 362
5
10
15
20
25
30
35
16. Dezember 1806
*515. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. zweite Hälfte Dezember 1806 Von Caroline von Labes, 3. Januar 1807:
dir zu deinen dortigen vergnügten Auffenthalt, und gutten befinden Glück zu wünschen (WAA XXXIII, Nr. 519).
516.
5
10
15
20
25
Von Leopold von Seckendorf nach Friedenfelde Regensburg, 16. Dezember 1806, Dienstag
Regensburg, 16. Dec. Mit tiefer Wehmut ergreife ich die Feder, mein theurer Freund, um Ihren Brief vom 5ten Oct. zu beantworten. Ich habe ihn erhalten, mit allen Beilagen, am 20n – Ach! damals war der gräßliche Schlag schon geschehen, und wir wußten es nicht – mich erfüllten Ihre Hoffnungen mit Freude – zum erstenmal, denn ich kan Ihnen nicht bergen – daß mich, auf meinem hiesigen Standpunkte, trübe Ahnungen, die nur zu sehr gerechtfertigt worden, auf diese Gegenwart schon vorbereitet hatten – dennoch war ich betäubt, und einige Zeit der Verzweiflung nahe! – Aber nun lassen Sie uns auch wieder emporringen aus diesem Abgrund, Männer sein im ganzen Sinn, da wir in uns die Fähigkeit fühlen, es zu sein – so muß – blutete auch tausendmal das Herz – die Vergangenheit mit einem kräftigen Willen ganz in die Nacht geworfen werden, der sie angehört, und nun unsre ganze Kraft einer Zukunft entgegengekehrt werden, in der allein unser Volk wiedergeboren werden kan, ein Fönix aus den Flammen. Untergegangen war es schon lang, eh sein Sturz so laut und entschieden verkündet war, untergegangen durch den zum Prinzip des Lebens erhobenen Egoismus, wodurch alles ächte Leben zerstört ward – ohne gewaltsame Revoluzionen kann das nicht mehr hervorgebracht werden – jene sind erfolgt, eine notwendige Vorbereitung – an uns ist es nun, die in diesem Chaos schlummernden lebendigen Kräfte zu wecken, zur schönen Entwicklung zu bringen. In unsrer politischen Unbedeutenheit fand sich die Bedingung zu der, uns ganz allein angehörenden, erhabenen Universalität des teutschen Charakters, diese muß hervor, diese kan nicht untergehn, denn sie ist ewig – und sie muß eine intellektuelle Revoluzion herbeiführen, wodurch der Besiegte zum Sieger wird. Ein in363
1r
1v
Nr. 516
2r
tellektueller, innerer Staat muß künftig diese losen Massen an einander knüpfen, jezt ists Zeit, unsre Eleusinien zu halten. Wir werden uns hierüber noch näher erklären – wenn ich, wie ich hoffe, weiß, daß dieser Brief sicher bei Ihnen angekommen sein wird. Der Schaz ruhe tief in unserm Busen, das gemeinschaftliche Unglück drängt die sich verstehn, enger zusammen – ich habe mir vorgenommen, jezt allen meinen Freunden recht fleißig zu schreiben – thun Sie es auch, und antworten Sie mir bald, und schreiben Sie zugleich an Ihre Tante Schliz, mit der ich oft Ihrer gedenke. Wahrlich, diese Frau wird mir, so oft ich sie wiedersehe, werter – an ihrem Geiste könnte mancher Mann sich aufrichten. Allein steht sie da, ihr eignes Herz zerrissen – ihr Mann vielleicht in diesem Augenblick ruinirt, ihre Mutter schwer krank, ihr Vater in tiefem Gram sich verzehrend dennoch bleibt sie aufrecht, kann es wieder werden, nach gewaltigem innern Kamfe. Sobald Ihre Güter nicht mehr Ihre Gegenwart und nächsten Pflichten fordern, sollten Sie, wie ich glaube – jenen Schauplaz des Elends verlassen, und reisen, nur um andre Szenen, und alte Freunde wiederzusehn, einige Wochen hieher, mit dem Frühling nach Heidelberg – wo Brentano, wie ich vermute, Ihrer bedarf – mir hat er zwar nicht geschrieben, ich glaube auch nicht, daß wir je einander etwas werden können, aber Sie sind es, und müssen es folglich bleiben. Mein Almanach ist erschienen, bei Montag & Weiss hier – ich habe die teutschen Originalvolkslieder weggelassen, aber es sind einige sehr glückliche Nachbildungen, und Romanzen der Spanier u. Britten darinn – jene die Erstlinge zweier jungen Dichter, die viele Hoffnung geben. Nehmen Sie doch ja Ihre Muse bald in Anspruch – das Schöne und die Freiheit lebt nur im Gesang – ich schrieb neulich an Ihren Verleger, da ich noch nicht wußte, wohin Sie gekommen, und schlug ihm vor, des Wunderhorns 2ten Theil hier drucken zu lassen, wir haben einen sehr guten Drucker, und die Korrektur wolle ich gern besorgen, zumal da ich mit diesem Drucker schon die Verabredung getroffen, Volkslieder in ganz wolfeilen Ausgaben zu sammeln, und auf dem Lande abzusezen, ich möchte gern das Mildheimische Liederbuch verdrängen. Ich habe noch keine Antwort – ich bin noch dazu erbötig – Meine Sammlung von Volksmelodien wird wol künftiges Jahr zu Stande kommen. Sagen Sie mir doch, wohin sich Reichard gewendet, ich möchte ihm gern antworten. Ihr Leo S–dorf. 364
30
35
40
45
50
55
60
65
31. Dezember 1806
70
A Monsieur Monsieur le Baron Louis A. d. Arnim a` Friedenfelde, p. Prenzlau. in der Uckermark
517.
5
10
15
20
25
2v
Vmtl. an Johannes Labes in Danzig Königsberg, 31. Dezember 1806, Mittwoch
Königsberg d* 31 Dec 1806. Viel Glück zum neuen Jahre, lieber Vetter, unser bestes Glück hier war die gestrige Siegesnachricht, die der Rittmeister Wrangel mit acht blasenden Postillionen einbrachte. Ich war auf dem Schloßplatze mit einer unzähligen Menge, ein ununterbroches Lebehoch begleitete ihn bis er ins Schloß trat, der König stand am Fenster über seine Kinder hingebeugt. Am Abend war die Stadt erleuchtet, viel Punschgesellschaften, im Schauspiele ein Prolog. Die Schlacht war bey Pultusk, wo die Russen in derselben Art tournirt gewesen seyn sollen wie unsre Armee bey Jena aber in dem ebnen Boden eher den Fehler verbessern konnte. Die Corps von Lasnes, Murat, Davoux und Bernadotte waren dabey engagirt. Soviel weiß man bis jezt, wie weit die Franzosen zurückgeworfen hoffe ich heute auch zu erfahren, auch unser Corps das bis Neidenburg zurück gedrängt war hat darauf wieder Soldau besetzt. Es scheint eine Vorsicht der Franzosen gewesen zu seyn wegen dieses Unternehmens den Postenlauf zu hemmen, es sind keine Briefe aber Zeitungen gekommen. Ich befinde mich nun beynahe drittehalb Monat in der unangenehmen Lage gar keine Nachricht von den Meinen zu erhalten, während andre mancherley Briefe empfängen, ich überschicke Ihnen den Brief an meine Großmutter, vielleicht daß Sie eine gute Gelegenheit nach Berlin finden, mein Dank dafür im voraus, sonst bitte ich ihn mit der Post zu verschicken; die hiesige Post scheint mit mancherley höheren Absichten beschränkt zu seyn, es kommen wenigstens hier sehr häufig keine Hamburger Zeitungen an, während sie nach Memel verschickt werden. Herr Toussaint, den ich zwar nicht näher kenne als von seinem Comptoire, da er mich in seinem Hause 365
1r
1v
2r
2v
Nr. *518
nicht bekannt gemacht hat, wird wohl die Güte haben mir Briefe, die ich etwa über Danzig erhalte, zuzustellen. Ich wünsche Ihnen so gute Nachrichten von den lieben Ihren, als ich von den Meinen erwarte, meine Empfehlung an alle, die mich nicht vergessen, hochachtungsvoll Ihr ergebenster Achim Arnim
*518. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. 31. Dezember 1806, Mittwoch Keine Angabe zum Inhalt.
366
30
ANHANG I Stammbuch-Eintragungen 1805–1806
AI.51 Eintragung Friederike Reichardt in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 22. Mai 1805, Mittwoch
5
Lasset uns tanzen lasset uns springen! Denn der Wolken schneller Lauf Steth mit dunkelm Morgen auf: Ob sie gleich sind schwarz und trübe, Dennoch tanzen sie mit Lust und Liebe Nach der lauen Lüfte singen. 22ten May.
DLA 143v
Friedericke Reichardt.
AI.52 Stammbuchblatt Sophie Reichardts für Arnim Giebichenstein, etwa 22. Mai 1805, Mittwoch
Gedenken sie oft an die frölichen stunden die wir Zusammen in Giebienstein werlebt haben und wenn sie auf dem wasser in Heidelberg faren so denken sie an mich. Sophie Reichardt.
1r
AI.53 Eintragung Karl August Varnhagen von Ense in Arnims Stammbuch Hamburg, vmtl. zweite Hälfte Oktober 1805
An L. Achim von Arnim.
5
DLA 28r
Wenn Sterne von den hohen Auen blinken Durch stiller Nacht leiswogend Geistersausen, Dem den Lebend’gen Sinn’ in tiefe Klausen Des blinden Schlafs gebändigt niedersinken: Dann muß den Strahl die tiefste Erde trinken, Wo die Metalle blitz- und klangreich hausen; In vollen Tönen wundervoll erbrausen Sie der verwandten Sterne mächt’gem Winken. 369
Anhang I
Brichst du hervor, mein schönes Licht? es dunkelt Rings Wald und Dorf in schwarzer Wolken Zuge; Ich wache harrend, treu in reinem Streben. Dein Schimmer in des Herzens Grund mir funkelt: Ich Metall muß klangreich dem Ätherfluge In dieses Sanges Brausen kund mich geben. Karl August Varnhagen τ.τ.π.α . Hamburg: in der Nacht da ich den Anhang: von Volksliedern las und darauf nicht schlafen konnte.
10
15
20
AI.54 Eintragung Arnims in das Stammbuch von Friedrich David Gräter Schwäbisch Hall, 26. November 1805, Dienstag 139r
1 Der beste Sammler das ist Gott Ihm gehet nichts verloren, Er sammelt Leben aus dem Tod So wird ihm neugeboren. 2 Als Engel hebt er auf die all, Die menschlich hier gesunden, Das Wort das einsam hier verhallt Ist ihm als Lied gesungen. 3 Wir folgen ihm, er steht uns bey, Im Kloster-Büchersaale, Und wo ein Geist vergessen sey, Er ladet ihn zum Mahle. 4 Da kommt ein Strahl vom Abendschein Durchs Fenster, Dich erschrecket Und richtet Aug’ und Hände dein Wo noch ein Lied verstecket. 370
5
10
15
20
Nr. AI.55
25
5 So sammelt er die Freunde auch, Die gleiche Wege gehen, Sie grüssen sich nach altem Brauch, Gestärket weitergehen. Sch:Hall d* 26 Nov 1805 Lud: Achim von Arnim.
AI.55 Eintragung Arnims in ein Stammbuch von August von Goethe Weimar, 14. Dezember 1805, Sonnabend
5
10
15
20
25
Zur Erinnerung. 1. Im Wagen schwank’ ich hin und her, Beschaue mir die Welt, Den Kopf so voll, den Sinn so schwer Wie mir’s aufs Herze fällt. 2 Die Pferde treib’ ich rauchend fort, Daß mir die Luft versagt, Für jeden Sinn ist nur ein Ort Der findt ihn, der es wagt. 3 Der steilen Tannen Fackeltanz, Wo ich vorüber wall, Sie tanzen froh im Abendglanz Ermüdet überall 4 Ich wein, weil in den kalten Wind Zuviel Vernunft gelegt, Als wär die Sonn zu heiß gesinnt Die mir im Herzen wegt. 5 Was leidend schafft und schafft in Leid, Komt mir nicht wieder vor, Und hinter mir da liegt es weit, Verschlossen ist das Thor. 371
20r
Anhang I
20v
6 Ich halte auf die raschen Pferd Nun bleibt die Welt mir stehn, Mein Herz so dumpf, mein Sinn so leer. Muß wieder rückwärts sehn. 7 Wo ist mein eigner Schatten hin, Den ich rings um mich sah, Verzogen ist er ohn Gewinn, Und war mir doch so nah. 8 Ich stör die Vögel in dem Wald Mit meinen Klagen auf Sie fallen aus dem Nest so bald, Ich heb sie nimmer auf. 9 Doch seht mit zweyen Flügeln strebt Ein Kriegesheer herbey, Mein Mund ward still, mein Ohr sich hebt Die Welt wird wieder neu. 10 Was singet ihr von Jugendbraus Wie euch ein Schloß erscheint? Ihr dringet in kein Hochzeithaus Ihr dringet in den Feind.
30
35
40
45
50
Das Kriegsheer. 11. »Warum der Wald so wiederklingt, »Die Sonn’ sich wieder zeigt, »Die Quelle aus der Erde springt, »Wie sich der Berg ersteigt. 12. Warum wir singen ist un kund Wies im Gefieder weht, »So singet es aus unserm Mund, »Wohl dem der es versteht.
372
55
60
Nr. AI.56
65
70
13 »Mach’ keine Langeweile Gott, »So bist du tugendhaft. »Dein Klagen ist für ihn ein Spott »Sein Lob ist deine Kraft.« 14 Ich spanne meine Pferde aus, Laß frey die ich gesellt, Ein Vogel zeiget mir sein Haus Mich in den Flügeln hält. Weimar d* 14 Dec 1805
Lud: Achim von Arnim
AI.56 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Henrik Steffens Giebichenstein, 28. Dezember 1805, Sonnabend
5
10
15
Vater und Sohn Pr Steffens ins Stammbuch geschrieben. 1 Sieger der Welt ist Alexander kommen Zum Abendstrand der Welt, Zum Greis hinauf geklommen, Der ihm sein Zeichen stellt. 2 Sterne des Tags sich ihm zuerst da zeigen, Nun sieht er erst das Meer Sieht Well auf Welle steigen Und alles Treiben leer. 3 Kreise im Kreis der Greis geruhig drehet Und er versteht sie nicht Sein Blick sich da ergehet, Wo Meer zum Himmel dicht.
373
94
Anhang I
95
96
4 Schwindelnd er sieht vom steilen Felsen nieder Die aufgethane Lust, Wie alles schwingt die Glieder Und alles drehen must. 5 »Künde mir Greis, ist nichts mehr zu vollbringen, Ist hier begrenzt die Welt, Kann ich zum Thron nicht dringen, Der leuchtend hingestellt?« 6 Halte den Muth und fürchte nur dich selber, Du König aller Welt, Die Eiche stürzet Wälder Wenn sie hernieder fällt. 7 Eines du thust und willst es doch gern meiden, Den Vater tödtest du, Die Welt soll dirs verleiden, Den Menschen zählen zu. 8 Nieder hinab du Schänder meines Glaubens Vom Gott ich rein entsproß, Sink mit den wilden Tauben Und lüg im Meeresschloß. Ç8/1È Nieder ins Meer, sein Bart umwallt ihn hell Stürzt er den Greis und ruft: »Wie fall ich schnell und schneller Schreib auf den lezten Ruf.« 9 »Dank sey dir, Sohn, du bists, ich sterb dein Vater, Versöhne den Göttern dich, Die deines Glückes, deiner Thaten Voll Neid erzürnten sich.« 10 Wahrlich der Baum erstirbt in hohem Glücke Den Schößlings Schatten stickt, 374
20
25
30
35
40
45
50
Nr. AI.58 55
60
65
70
So glänzt im höchsten Blicke Den Sohnes Licht erdrückt. 11 Wissen stürz Wissen war des Alten Wille Das Wissen wird gebeugt In tiefe Meeres∧stille Wenn es das Thun gezeugt Ç11/1È Grösse zeugt Grössen und wird von ihr vernichtet, Der Thron dem Sohn zu eng, Des Vaters Denkmahl ist errichtet, Wenn keiner seiner denkt. 12 Also gelagert scheinen alle Flötze Des Weltbaus Schicht auf Schicht, Er folget dem Gesetze: »Das Höchste komm zum Licht.«
*AI.57 Stammbuchblatt August von Goethes für Arnim Weimar, vmtl. erstes Drittel März 1806 Keine Angabe zum Inhalt.
AI.58 Stammbuchblatt Johann Wolfgang von Goethes in Arnims Stammbuch Weimar, 13. März 1806, Donnerstag
Consiliis hominum pax non reparatur in orbe W. 13 Mart. 1806
Memoriae Goethe
375
DLA nach 98
Anhang I
AI.59 Eintragung Frau Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, zwischen Anfang März und 18. April 1806, Freitag Vgl. Nr. 429.
AI.60 Eintragung Frau von Jasmund, geb. Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, 21. April 1806, Montag DLA 278r
Wie seelig ist, der Hof’ und Macht und der beperlten Zepter Pracht aus den vergnügten Sinnen stellt und sich in engen Gränzen hält – Der nicht nach leichtem Glück und hohen Aemtern (Wesenberg) steht – und bloß mit reiner Seel, und Gott zu Rathe geht! – Er lebt für sich, ihm selbst zu gut bebaut das Land, mit gleichem Muth vertreibt die bange Traurigkeiten mit Fällen – längst verjährter Zeiten und was die Reich empört, und Throne stürzen kann Das sieht er unverzagt gleich einem Schauspiel an N. Strelitz Gryphius d. 21. Apr* v. Jasmund geb. Bose – 1806 die ältere –
5
10
15
AI.61 Eintragung Luise Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, 21. April 1806, Montag DLA 330r
In unserer eignen Brust, Da, oder nirgends fließt die Quelle wahrer Lust, Der Freuden welche nie versiegen, Des Zustands dauernder Vergnügen, Den nichts von Außen stört.
376
5
Nr. AI.63
Neu-Strelitz den 21ten April. 1806.
Luise Bose.
AI.62 Eintragung Hans von Schlitz in Arnims Stammbuch Karstorf, vmtl. Mai 1806
5
10
15
1. 8. A. 0. 6. WWWW. Den Dichter hält kein Band, ihn feßelt keine Schranke, Frei schwingt er sich durch alle Räume fort. Sein unermeßlich Reich ist der Gedanke, Und sein geflügelt Werkzeug ist das Wort. Was sich bewegt im Himmel und auf Erden Was die Natur tieff im Verborgnen schafft, Muß ihm entschleiert und entsiegelt werden; Denn nichts beschränkt die freie Dichterkraft. Schiller.
DLA 293v
Glück über A. L. A. K. Hans Graf Schlitz. a. Karstorff.
AI.63 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Karl August Varnhagen von Ense Giebichenstein, Ende Juni/1. Juli (Dienstag) 1806
Vaterland. Fest beiß ich mich mein schwankend Vaterland Und beiß in dich mit allen Zähnen ein Dir thuts nicht weh, ich mag nicht schrein
377
19v
Anhang I
x Seys Liebeswuth seys häßlich ohn Verstand So tief ich einbeiß’, bist du gerne mein Willst Mutter∧brust dem Kinde sein. x So schwanke denn im Wind du loser Sand Er schwankt, will meine lustge Wiege seyn Mein Vaterland, und ich bin sein.
5
10
AI.64 Stammbuchblatt Arnims für Louise Reichardt Giebichenstein, 6. Juli 1806, Sonntag 1r
Fest beiß ich mich, mein schwankend Vaterland, Und beiß in dich mit allen Zähnen ein, Dir thuts nicht weh, ich mag nicht schrein! – x Seys Liebeswuth, seys häßlich ohn Verstand, So tief ich einbeiß, bist du gerne mein, Willst Mutter∧brust dem Kinde seyn. x So schwanke denn im Wind du loser Sand: Er schwankt, will meine lustge Wiege seyn, Mein Vaterland, und ich bin sein. Giebichenstein d* 6 July 1806.
Zur Erinnerung der Zeit Ludwig Achim von Arnim.
AI.65 Eintragung Louise Reichardt in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 6. Juli 1806, Sonntag DLA 145r
Zu Koblenz auf der Brücken da lag ein tieffer Schnee der Schnee der ist verschmolzen das Wasser fließt im See. 378
5
10
Nr. AI.67. 5
Le Vita e` un Camin breˆve Spargiamolo` di fiori. 1807. Giebichenstein d* 6t July 1806. Louise Reichardt.
10
AI.66 Eintragung Carl von Raumer in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 11. Juli 1806, Freitag
Willst du tiefer innger walten Als um dich die ganze Welt Was die tausendfach Gestalten Bindet und zusammenhält? 5
10
DLA 61r
Laß entfliehen, laß entfließen Dem nicht Dauer ist geliehn, Demuthsvoll sollst du genießen, Und im Stolze sollst du büßen, Alles, alles muß verblühn. Giebichenstein d* 11t Jul. 1806.
CvRaumer
AI.67 Eintragung Christoph Ludwig Friedrich Schultz und Angehörige der Familie Püttmann in Arnims Stammbuch Hildesheim, 10. August 1806, Sonntag
5
Im Andenken an die Hildesheimischen Berge am 10ten Aug. 1806 erinnere dich deines Freundes Schultz und seiner kleinen Compagnie. Jeannette Schultz 379
DLA 104r
Anhang I
Çquer
Helene Püttmann. – Diene Püttmann Sophie Püttmann Antonie Ordtmann Fränzchen Püttmann
zu den vorigen Einträgen:È
10
Marceline Püttmann Fritzchen Püttmann
AI.68 Eintragung Johanna Dieterich in Arnims Stammbuch Göttingen, 15. August 1806, Freitag DLA 76r
En Croix j’ai pendu a mon Cou, en fleur tout pre´s j’y trouve ma place e´tant peu belle, ce n’est qu’une grace; Mais mon Ami, me devinere´s vous; Si ma Moitie´ est Heroine et si brode´ en Mousseline En plusieurs formes j’enveloppe mon Tout? Je vous presente mon Nom Second, Certs s’il e´toit, ce qu’il vous dit Tout vos Secrets vous seroient pris; Pour chaqu’un il seroit un Don, Pour les Curieux une vraie Delice Ouvrant toutes Portes sans Artifice; Mais il n’est Chose, il n’est qu’un Nom a` Göttingen le 15e`me d’Aouˆt 1806.
380
5
10
15
Nr. AI.70
AI.69 Eintragung Friedrich Kahlow in Arnims Stammbuch Göttingen, 26. August 1806, Dienstag
5
10
Horch, o horch der Lerchen Lieder Hallen schon vom Himmel wieder, sieh den Thau im Grase blinken, welchen Phöbus Rosse trinken u die Blumen kaum geboren, ihre Reize dir entfloren, Jede Schönheit steigt herauf. Süßes Mädgen drum wach auf. wach auf wach auf. Göttingen d. 26t Aug 1806.
DLA 230r
F. Kahlow.
AI.70 Eintragung Emma Blumenbach in Arnims Stammbuch Göttingen, 29. August 1806, Freitag Mit späterer Zusatzstrophe Arnims
O gute Zeit des frühen Lebens, wenn ew’ge Dauer es verspricht! vom Tod sagt man dem Kind vergebens, es hört uns, u versteht uns nicht. 5
10
ÇArnim:È Und was du ahndend hier geschrieben Es hat sich schon an dir erfüllt, O wärst auch du ein Kind geblieben! Es hat der Tod dein Herz gestillt. L. A. v. A. Göttingen den 29ten August 1806.
381
Emma Blumenbach.
DLA 234r
Anhang I
AI.71 Eintragung Louise Reichardt auf Arnims Stammbuchblatt vom 6. Juli 1806 (AI.64) Berlin, 6. Dezember 1806, Sonnabend 1v
Çlinke obere Ecke diagonalÈ Fröhlich. Hört wie die Wachtel im ÇwaagerechtÈ – Wahrlich, es ist ein rührendes unschuldiges Vergnügen an meinen Tönen sich zufreuen, eine kindliche Freude! (Wackenroder.) Berlin d* 6t* December 1806.
Louise Reichardt.
382
5
ANHANG II Kontextbriefe und Beilagen 1805–1806
AII.16.A
5
10
15
20
25
30
Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim, Revers für die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark in Berlin Berlin, 19. Februar 1805, Dienstag Johann Heinrich Schmucker, Protokoll, Berlin, 1. März 1805, Freitag
Abschrift. Bei der grosmütigen und liebreichen Erklärung unserer hochverehrten Frau Grosmutter der Geheime Räthin Freifrau von Labes Gnaden, nicht nur die auf die Beerwaldischen Güter für Sie eingetragen stehende 25000 rth Friderichsd’or schreibe Fünf und Zwanzig Tausend Rthl Friderichsd’or zu unserm Besten, für den unter uns verabredeten Zweck, an andere zu cediren, und sich dieserhalb sowol, als wegen der laut Recognitions-Scheins vom 24t Mai 1781, bereits damals ingrossirten Vergleichs Summe von 13’900 rth Frider:d’or schreibe Dreizehntausend Neunhundert Thaler Frid:d’or, welche hienach ex in Curia in den neuen Hypothequen-Scheinen gänzlich ausgelaßen worden, Ihres prioritaets-Rechts zu unsrem faveur zu begeben, sondern auch vorjetzt so wenig auf die Eintragung obiger beiden Summen, als die zu Tilgung der väterlichen Wechsel und Buchschulden uns zinsbar zu A. pro Cent hergeschoßnen 12’000 rth Courant, schreibe Zwölftausend Thaler Courant zu bestehen: So machen wir uns dagegen hiermit verbindlich, ohne ausdrücklicher Genehmigung unsrer geliebtesten Frau Großmutter, außer den jetzt schon auf die Beerwaldschen Güter eingetragenen Summen, keine weitere Schulden aufzunehmen, oder ingrossiren zu laßen, vielmehr den Platz hinter No. 7. wo die Schuldpost des Geheimen Rath Wilke eingetragen stehet, zur völlig freien Disposition und allenfalsiger Eintragung der genanten 3. Forderungen unserer geliebtesten Frau Grosmutter offen zu erhalten. Wir wollen zu dem Ende diesen Revers, den wir eigenhändig vollzogen haben, im Hypothequen Buche auf die Beerwaldschen Güter eintragen laßen, so wie überdem unsrer Frau Großmutter wegen der ihr sine jure entzogenen Prioritaet der schon 1781 ingrossirten 13’900 rth Friderichsd’or deren Rechte gegen Jedermann vorbehalten bleiben. Berlin d* 19t Februar 1805. Carl Otto v. Arnim (L. S.) Ludwig Achim von Arnim. 385
360r
360v
361r
Anhang II
361v
Daß die uns den unterzeichneten patrimonial-Gerichten persönlich wohl bekannte Herren Freiherren Carl Otto und Ludwig Achim Gebrüdern von Arnim, sich zu dem Inhalte vorstehender Urkunde de dato Berlin d* 19t Februar 1805 nach vorhergegangnen Vor- und eigener Durchlesung vor uns einbekannt, auch die darunter befindliche Namens Unterschriften und Wappen als von ihnen resp: eigenhändig geschrieben und beigedruckt, agnosciirt haben; solches wird auf dem Grund des hierüber heute verhandelten besondern gerichtl. Protocolls unter dem Gerichts Siegel und meiner des Justitiarii eigenhändiger Namens Unterschrift attestiret. So geschehen zu Berlin d* 1t Martii 1805. Freiherrl. von Vossische Patrimonial Gerichte zu Buch, Carow und Birckholtz (L. S.) Johann Heinrich Schmucker (publ.) p. t. Justitiarius. concordat orig*
35
40
45
AII.17 Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark in Berlin Berlin, 14. März 1805, Donnerstag 358r
Hochwohlgeborne, Wohlgeborne, zur ritterschaftligen Hypotheken-Kasse Hochverordnete Herren, Director und Assessores Da unser Vater am 16ten Jannuar vorigen Jahres im LandschaftsHause verstorben: So sind dessen nachgelassene Güter auf uns, seine einzigen zwey Söhne, gefallen. Wir bitten gehorsamst den titulum possessionis über das Ländchen Bärwalde, zugleich auch einliegenden Revers einzutragen, und uns über beydes, den gewöhnligen Recognitionsschein ausfertigen zu lassen. Ew Hochwohlgeboren und Wohlgeboren gehorsame Diener Berlin d* 14ten März Carl Otto v Arnim 1805 Ludwig Achim von Arnim
386
5
10
Nr. AII.18.K
AII.18.K
5
10
15
20
25
30
35
Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark an Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim in Berlin Berlin, 19. März 1805, Dienstag
Denen Herrn Carl Otto und Ludewig Achim von Arnim Hochwohlgeb* ertheilen wir mit Rükgabe, der unter heutigem Tage eingereichten Erklärung vom 19 Febr 1805 und auf die Vorstellung vom 14t dieses hierdurch am Amtsweg zur Resolution: 1, daß behufs der Eintragung ihres Besitzstandes auf die Beerwaldische Güter zuförderst erforderlich daß a, durch einen Todtenschein über das Ableben Ihres Herrn Vaters, oder sonst gehörig bescheiniget werde, daß Sie dessen alleinige Descendenten sind. b. durch einen Taufschein nachgewiesen werde, daß der Herr Ludewig Achim v Arnim bereits die Großjährigkeit erreicht, oder noch sub Cura stehe. 2, Ist der hierbei zurükgehende Aufsatz vom 14t Feb* d. J. ganz unverständlich, und steht davon bei dem Hypotheken Buche kein Gebrauch zu machen. Denn a, sind die 13’900 f Friedrichsd’or, welche darnach angeblich aus dem neuen Hypotheken Scheine ausgelassen sein sollen, in dem Concept dieser Scheine mit aufgeführt, es läßt sich daher gar nicht gedenken, daß sie in den mundis nicht mit enthalten seyn sollen und es würden solche hier zu reproduciren sein, um diesen wahrscheinlichen Irthum daraus nachzuweisen. b, hatte ihre Frau GroßMutter die Frau v Labes, außer diesen 13’900 f annoch in Summa 58’360 f zu fodern. Darunter waren verschiedene Posten. in summa 13,461 u 14 g* 3 pf welche nur in Courant bestehen; es würden aber sämtliche diese Posten mit Vereinigung Ihres Herrn Vaters und der damals eingetragen stehenden Gläubiger auf so viel in Golde agnoscirt und deshalb die Agio Forderung zu 987 f welche die Kammer zu fordern hat Wusterhausen gezahlt und zu decken hat, und zwar mit Bewilligung der Gläubiger worunter die Frau v. Labes, in Ansehung ihrer 13900 selbst mit gehörte, dergestallt prioritetisch eingetragen, daß sie gleich nach den 5000 rt aus der Obligation vom 24ten Januar 1768. zu stehn kamen. Unter diesen 58,360 rt können daher jene 13900 rt nicht mit aufgeführt, noch konnte ihnen der Zeit eine andere prioritaet eingeräumt werden, als sie schon hat387
358r
358v
359r
Anhang II
359v
ten, weil in Ansehung derselben selbst, vorerwähnter agio Foderung die prioritaet mit constituirt werde. Sie behielten daher außer diesem zugetretenen agio der 987 rt die nehmliche prioritaet, die sie zur Zeit ihrer Eintragung am 24ten May 1781. erhalten hatten, und noch haben, und es läßt sich solchermassen nicht verstehen, was damit eigentlich gemeint sey, und gesagt werden wollte. daß diese 13,900 rt die sine jure entzogene prioritaet, gegen Jedermann vorbehalten bliebe Von oberwähnten 58360 rt hat nun aber die Frau von Labes bereits cedirt 29461 rt 14 g 3 pf a b 4000 Summa 33461 14g 3pf Sie hat demnach davon noch zu fordern 24899 rt 13g 9pf und kann hierunter nicht mehr 25000 rt cediren. c. können in den Hypotheken Büchern nicht willkührlich Stellen für künftige Forderungen offen gelaßen werden. Will daher die Frau von Labes, die ihr annoch zustehende, schon eingetragenen Forderungen, zu Gunsten der der Herren Gebrüdern von Arnim cediren, und ihnen annoch 12000 rt zur Abbürdung riterlicher Schulden zugeben, und den jetzo letztern Art, diese Capitalien halber dergestallt vorbehalten, daß keine andern Forderungen, vor diesen eingetragen werden können; so muß sie aller dieser Geldes wegen, eine legali modo zu vollziehende protectation verfassen, und solche zur Eintragung einreichen, worauf ihr sodann, wenn hier nicht diese Gelder eingetragen werden in Ansehung derselben, der Art zu Theil wird, an welchen die protectation eingetragen wurden. So bald diesen desideratis abhelfliche Meister verschaft worden; werden wir nicht anstehen, das Erforderliche gehörig einzutragen. Berlin den 19ten Mart. 1805. ÇxxxÈ Friedel
388
40
45
50
55
60
65
70
Nr. AII.19
AII.19 Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Mittelmärkische Ritterschafts-Registratur Berlin, 2. Mai 1805, Donnerstag
5
10
15
20
25
30
Das hier beikommende Attest des Königl* Kurmärk* Pupillen-Collegii v. 23 April d. J. wird, wie wir hoffen, Einen Hochlöbl* Mittelmärk* Ritterschafts-Registrator, genügen, titulum possessionis für uns auf das Ländgen Bärwalde im Hypotheken-Buche einzutragen. Wenn dies geschehen ist, bitten wir ganz gehorsamst a. die Originaliter anliegende Cession über 13900 rt Friedr.d’or an Se. Königl* Hoheit des Prinzen Ferdinands Domainen-Cammer pro loco zu ingrossiren, und den Hypothecken-Schein loco Acquistionis beifügen zu laßen. Laut dieser Cession und der daselbst beiliegenden am 24 May 1781. eingetragenen Original-Obl* davon ergibt sich also, daß b. bei dem Revers v. 19 Febr. an. welchen wir auf Begehren unserer Großmutter ausgestellt haben, und auch nun hierbei überreichen, ohne unser Verschulden ein Irrthum eingeschlossen und die darin enthaltene Voraussetzung, als ob die Posten der 13900 rt Fr.d’or ex incuria in dem neuesten Hypotheken-Schein ausgelassen worden, ganz unrichtig ist. Eine genauere Einsicht des erst neuerlich für die Prinzlich-Ferdinandsche Domainen-Cammer wegen der Cession der 16000 rt Fr.d’or – 8461 rt 14 gr Cour. ausgefertigten HypothekenScheins hat das Gegentheil bewiesen. Indessen hat der ganze Inhalt des Reverses nur die Absicht, und geht dahin, daß wir uns gegen unsere Großmutter verpflichten, keine neuen Schulden auf die Bärwaldschen Güter aufzunehmen und eintragen zu lassen. Alles andre, besonders die Motive dieser Verpflichtung, sind außer unseren Pflichten und eben darum wiederholen wir die ganz ergebenste Bitte; bloß diesen roth bemerkten Vorschlag auf die gedachten Güter einzutragen, und nur darüber einen Recognitions-Schein, ohne Ausfertigung eines besondern Hypotheken-Scheins, zu ertheilen, um solchen unserer Großmutter zu ihrer Beruhigung zu extradiren. 389
365r
365v
Anhang II
Da wir aber am 7 May. auf mehrere Monathe, auch sie selbst in Kürze nach ihren Gütern verreiset: so bitten wir angelegentlichst um gefällige Beschleunigung der Ausfertigung, und ersuchen dabei Eine Hochlöbl* Ritterschaftl. Registratur ganz gehorsamst noch 3. ähnliche Cessiones unsrer Großmutter über andere für sie eingetragene Posten, welche sie bereits vollzogen und wir acceptirt und anerkannt haben, so bald solche vorgezeigt werden, auf unsre Bärwaldsche Güter einzutragen, sämtl* Ausfertigungen aber nebst der Kosten-Rechn* dem GeheimRath Wilke no. 30. Leipziger-Strasse, zustellen zu laßen, welcher Namens unserer alles Nötige besorgen und die Gebüren bezalen wird. Berlin d* 2 Mai 1805 Carl Otto Ludwig v Arnim Carl Friedrich Ludwig Joachim von Arnim Pro Notitia: Da das Guth nur, für 98000f verkauft, darauf aber gegen 150/m f Schulden eingetragen sind, so hat hier von den Successoren kein weiterer Stempel erfordert werden können Müller d. 3. May 5.
AII.20.A
1r
35
40
45
50
Sophie und Clemens Brentano Abschrift von zwei Gedichten Friedrich Spees Heidelberg, März/April 1805
ÇSophie Brentano:È Eine Ecloga oder Hirtengesang von Christo dem Herrn im Garten, unter der person deß Hirten Daphnis, welchen der himmlisch Sternenhirt, das ist der Mond, allweil er seine Sternen hütet, kläglich betrauert. Sind aber Trochaische oder Spring-Vers, so nach ihrem Sprung wollen gelesen sein. Eingang. 1
Mond des Himmels treib zur Weiden Deine Schäflein gülden gelb, 390
5
Nr. AII.20.A 10
15
2.
20
25
3.
30
4. 35
40
5.
45
auf geründter blauen Heiden laß die Sternen walten selb, ich noch neulich so thät reden, da zu nacht ein schwacher Hirt, aller wegen, steeg und pfäden, sucht ein Schäflein mit Begierdt. Gleich der Mon ihm ließ gesagen, nahm ein lind gestimmtes Rohr, thät es blasend zärtlich wagen Spielet seinen Sternen vor. Der Mon. Auf ihr Schäflein, auf zur Heiden, weidet reines Himmelblau! Dannenhero wann wir scheiden, schwizt ihr ab den Morgenthau. Ach! wer aber dort im Garten liegt mit seinem Hirtenstab? Wer will seiner dorten warten? Schaut, ihr Sternlein, schaut hinab, Haltet, haltet, ich nit fehle, ist der Daphnis wohlbekandt; Eia, Daphnis, mir erzähle, Daphnis, was will dieser Stand? Weidet, meine Schäflein, weidet! ich mit ihm noch reden muß. Weidet, meine Sterne, weidet, Daphnis liegt in harter Buß, Daphnis, thu’ die Lefzen rühren, Eja, nit verbleibe stumm! Daphnis, laß dich dannen führen, Eja nit verbleibe dumm. Weidet, meine Schäflein, weidet! Daphnis liegt in Aengsten groß: Daphnis Pein u Marter leidet, wolt, er läg in Mutterschoos! Er dem Felsen liegt in Armen, liegt auf harten Steinen bloß, Ach! Wer dorten ihn will warmen? 391
1v
Anhang II
Fürcht’ er da das Haupt zerstoß! Weidet, meine Schäflein, weidet, Daphnis spaltet mir das Herz! Wer mag haben ihn beleidet? weinen möchten Stein und Erz, Kalter Wind, halt ein die Flügel, Rühre nicht das kranke Blut: Meide jene Berg u Hügel, Daphnis liegt ohn Schuh und Hut. 7. Weidet, meine Schäflein, weidet, Daphnis leidet angst und noth, Daphnis dopple Tränen leidet, Weiße Perl, Corallen roth. Perlen ihn von Augen schießen, schießen hin ins grüne Gras: von dem Leib Corallen fließen, fließen in den Boden bas. 8. Weidet, meine Schäflein, weidet, niemand hats gezählet gar, Niemand hat es ausgekreidet, ob auf Zahl der Tropfen war, Nur der Boden wohl genetzet, für den weiß und rothen Schweiß, ihn zu Dank ihm heraußen setzet, Rosen roth u Lilgen blank. 9. Weidet, meine Schäflein, weidet, Daphnis voller Ängsten liegt: Ruch noch Farben unterscheidet, achtet keiner Blümlein nicht! O! was Marter Dir begegnet? hör zu schwitzen einmal auf: Gnug es einmal hat geregnet, nit in rothem Blut ersauf. 10. Weidet, meine Schäflein, weidet, wer doch hat es ihm gethan? Niemand meine Frag bescheidet, Du mir Daphnis, zeig es an. Daphnis kann für Leid nicht sprechen, 6.
r
2
2v
392
50
55
60
65
70
75
80
85
Nr. AII.20.A
11. 90
95
12.
100
105
13.
110
14. 115
120
15.
seufzet manchen Seufzer tief, ihm das Herz will gar zerbrechen, Ach! daß jemand helfend lief! Weidet, meine Schäflein, weidet, schon ein englisch Edelknab stark durch Lüft und Wolken schneidet, eilet hin in vollem Trab. Er ihm singlet süße Reimen, mit gar süßem Stimmlein schwank, auch den Kelch nicht thut versäumen, zeiget einen Kräutertrank. Weidet, meine Schäflein, weidet, alles, alles ist umsonst: Daphnis allen Trost vermeidet, achtets wie den blauen Dunst. O! du frommer Knab von oben, Du ihm mehrest nur die Pein, Doch ich deine Treu muß loben, Gott! dirs muß geklaget sein! Weidet, meine Schäflein, weidet, O, wie schlecht u frommer Hirt! Er den Becher jetzo meidet, morgen ihms gereuen wird. Er sich jetzet gar will freien, weigert was man trinket zu., Dürft vielleichten morgen schreien, Ach! wie sehr mich dürstet nu! Weidet, meine Schäflein, weidet! Daphnis bleibet Schmerzen voll, Euch befehle ich, euch entkleidet. reißet aus die güldne Woll. Nur euch kleidet pur in Kohlen, pur in lauter schwarzes Wand, von der Scheitel auf die Sohlen, Euch gebühret solcher Stand! Weidet, meine Schäflein, weidet, Daphnis führet starkes Leid, ist vom Vater hoch vereidet, 393
3r
Anhang II
3v
16.
17.
18.
4r
19.
Hoch mit wohlbedachtem Eid, er doch wollte wiederbringen, ein verlohren Schäflein sein, Ach! wenn sollte das mißlingen, er ja stürb für lauter Pein! Weidet, meine Schäflein, weidet, Daphnis wird verfolget stark, böß Gesindlein ihn beneidet, trachtet ihm nach Blut und Mark. Ach! was dorten? was von Stangen, Wehr und Wafen nehm ich wahr? O! vielleicht man ihn kommt fangen, Warlich, warlich, ist Gefahr! Weidet, meine Schäflein, weidet! sprechen wollte bleicher Mon: Ja, nicht weidet, sondern scheidet! er da sprach, und wollte gohn, Scheidet, scheidet, meine Schaaren, kann für leid nicht schauen zu: Dich nun wolle Gott bewahren, Daphnis, wer kann bleiben nu! Drauf Ade der Mon wollt spielen, Da zersprang das matte Rohr Augen tropfen ihm entfielen, wurde wie der schwarze Mohr. Und weil eben dazumalen, er trat an in vollem Schein, Gleich vertauschet er die Stralen, vollen Schein gen volle Pein. Auch die Sterne weinen kamen, flözten ab all ihren Schein, Schein u Tränen floßen samen, recht zum blauen Feld hinein, machten eine weiße Gaßen, so noch heut man spüren mag, Denn der Milchweg hinterlaßen, ist wohl halb ein solcher Bach.
394
125
130
135
140
145
150
155
160
Nr. AII.20.A
165
170
175
180
185
190
195
ÇClemens Brentano:È Andere Ecloga oder Hirten gesang, von selbiger Materi, darin der Bach Cedron Poetisch eingeführt wird, so die gefangnuß Christi unter der Person des Hirten Daphniß beklaget. seind Trochaische Versen, müssen gelesen werden, wie das pange lingua, oder mein Zung erkling, ect. 1.) Da nun Abends in dem Garten Daphnis überfallen war, Und nun keinen Grimm an spahrten, Stark bewehrte Mörderschaar, Hube süßlich an zu weinen ein so gar berühmter Bach Ließ die liebe Sternen scheinen, Er dem Daphnis trauret nach. 2) Cedron hieß der Bach mit Nahmen Wohnt an einem hohen Stein Oft zu ihm Gesellschaft kamen, Damals war er doch allein, Saß in seiner grünen Kruften, Strälet seine Binsenhaar Spielet gar mit sanften Luften, Dacht an keine Kriegsgefahr. 3) Rohr und Graß und Wasser blätter, Dekten seine Schulter bloß, Stark er sich bey feuchtem Wetter, Lehnt auf seinen Eimer groß. Doch weil er fast müd gelaufen Dazumal in starkem Trab, Er ein wenig wollt verschnaufen, Goß den Eimer langsam ab. 4) Nahm ein Röhrlein wohl geschnitten, Spielet einen Wässerlein, Sie zum Schlafen thät er bitten, Wollt sie süßlich saussen ein. Eja meine Wässer schlafet, Schlafet meine Wässerlein, Nit mit Augen immer gaffet, Eia, schlafet, schlafet ein. 395
4v
Anhang II
5)
6)
7)
5r
8)
9)
Kaum nun waren eingeschlafen Seine matten Wässerlein, Bald erklungen Wehr und Waffen, Flamm und Fackel gaben schein. Nur von doll vollen Knechten Voll war alles überal, Nur von Jauchzen, springen, fechten Thal und Ufer gaben Schall. Cedron ersteres gar erschrecket War der Waffen ungewohn, Bald er seine Wässer wecket, Wollte der Gefahr entgohn, Wie die Pfeil von Bogen zielen, Lief er ab, auf nasser Meil, Rohr und Eimer im entfielen, Fiel auch selbst in blinder Eil. Doch weil nachmals er verspühret, Es nit wider ihn gemeint, Und nur Daphnis wird geführet Daphnis vom bekantem Feind; Ließ er ab von strengem Laufen, Fasset eine Weiden ruth, Seine Wasser trieb zu Haufen Und beklagt das junge Blut. Traurig hub er an zu klagen, Bließ auf einem holen Ried, Herz und Muth ihm war zerschlagen, Sang mit Schmerzen folgends Lied: Ach und Ach nun muß ich klagen, Daphnis o du schönes Blut! Ach und Ach bin gar zerschlagen: Brochen ist mir Herz und Muth. Daphnis, o du schöner Knabe Daphnis, mir so lang bekannt, Oft bey mir du schnittest abe Ried und Röhrlein allerhand. Viel du deren hast verschlissen, Wann du spieltest deiner Heerd, 396
200
205
210
215
220
225
230
235
Nr. AII.20.A
10) 240
245
11)
250
255
12)
260
13) 265
270
14)
Seind im Blasen viel zersplissen, Waren mehr denn Goldes Werth. Oft bey mir die Weide nahmen, Deine Schäflein Silberweiß, Oft zu mir auch trinken kamen In den Sommertagen heiß. Wann dann spieltest deinen Schafen, Und die Röhrlein bliesest an, (»)Gunten meine Wässer schlafen, Wankten oft von rechter Bahn. Auch die Wind sich gunten legen, Banden ihre Flügel ab, Kaum den Athem thäten regen, Wie dann oft gespühret hab, Auch die Schaf mit Lusten aßen, Süßer wurden Laub und Graß, Ja des Weidens oft vergaßen, Deine Stimm viel süßer was.(«) Auch die Vöglein kamen fliegen Kam auch manche Nachtigall, Deinem Spielen (will nit lügen) Hörten zu mit großer Zahl. Sassen gegen deiner Geigen, Sassen gegen deinem Rohr, Thäten ihnen freundlich neigen, Dann das link, dann rechtes Ohr. Schöne Sonn du deinen Wagen Liesest in gar lindem Lauf, Wann bey reinen Sommertagen, Dir nur Daphnis spielet auf. Schöner Mond, du deine Sternen Morgens führtest ab zu spät, Wann auch Daphnis dir von Fernen Je zu Nachten spielen thät. Schöne Sonn magst nun mehr trauren Daphnis dir nit spielet mehr. Daphnis ist von bösen Lauren Hingerückt ohn widerkehr. 397
5v
Anhang II
Schöner Mon, magst nun mehr klagen, Daphnis rastet in Verhaft: O! den Schweren Eisenkragen! O! der kalten Ketten Kraft! 15) Mond und Daphnis ihr all beiden Oft enthieltet euch vom Schlaf: Kamet in Gesellschaft weiden, Du die Sterne, Er die Schaf’. Nit hinführo wacht allbeiden, Schlaf o matter Mon, entschlaf, Nie zusammen werdet weiden, Du die Sterne er die Schaf. 16) Ach ihr Schäflein wer wird hüten, Wer soll euch nun treiben auf? Hirten solcher Mild und güten Sind nit also guten Kauf. O des jung- und schönen Knaben! Gleich als Hirt und Schütze gut; Wer soll seinen Stecken haben? Taschen, Horn und Winterhut? 17) Wer soll haben seinen Bogen? Wer den Köcher Pfeil und Bolz? Bölz, mit welchen (ungelogen) Er nie fehlte im Gefolg. Wer soll haben seine Geigen? Cither, Leyer und Dulzian? Ach für Trauren muß ich schweigen, Ach, ade, muß fließen gahn. –
398
275
280
285
290
295
300
Nr. AII.21.E
AII.21.E
5
10
15
20
25
Clemens Brentano Exzerpt aus: Francesco Saverio Quadrio, Della storia e della ragione d’ogni poesia über das Buch Attila, flagellum dei Heidelberg, vmtl. zweites Drittel Dezember 1805
Quadrio nella Sua Storia d’ogni Poesia vol VI pag. 588. Nicolo´ da Casola, Bolognese; o Nic. Casolio, come il chiama Giambatista Pigna, fioriva a tempi di Giovanni Boccacio. Scrisse egli un gran poema in versi provenzali nominato, il foresto, di cui fa menzione Alessandro Sardi, in suoi Discorsi sopra il Dante, asserendo, che il Casola lo scrisse in ottava rima, e in lingua provenzale. Questo Poema Foresto e lo stesso colla Guerra d’Atila composta dal Casola. Lestratto del Quale in Prosa italiana fu a tempi di Giambatista Pigna nobilmente Stampato in Ferrara da Francezco di Rossi da Valenza 1568 in 4° – e in Venezia per Domenico Farri 1569. 8° coll titolo La Guerra d’Attila flagello di Dio di Tomaso d’Aquilea tratta dal Archivio de Principi d’Estima quel nome d Aquilea e finto, e il vero autore fu il Pigna stesso, efu, estratti tutti quei raconti del Casola, e messili in favella italiana, ne fece gran uso nella sua Storia publicata due anni apresso, alla quale fece precorrere questo libro, per fargli conseguire maggior credito d’Antichita`. Ma anche quest opera Originale o sia Poema in lingua Provenzale dettato, e tuttavia in essere in forma voluminosa, come attesta il Fontanini; e fu composto, quando Bologna fu venduta d’ai Pepoli a Giovanni Visconti Arcivescovo di Milano. nellanno 1350 per lo Stromento dato in luce da Cherubino Ghirardacci. Un altro libro provenzale in prosa della Guerra d’Atila Serbasi in Padova pressi canonici regolari lateranensi scritto Secolo XIV. del. quale l eroe si chiama Panducco e non Foresto. E verisimile, che da Amendue sia tratto il seguente Poema italiano Atilla flagellum Dei, tradotto dalla vera Cronica per Roco degli Arminesi, Padovano, dove si narra come detto Atila fu generato da un cane, e di molte destruzioni fatte da lui nel italia. Padova 8° Sono canti tre in ottava rime
399
1r
1v
Anhang II
AII.22 Ludwig Achim von Arnim für Sophie Brentano
Die Spinnerin und der Weber Berlin, Januar 1806 1r
1v
Die Spinnerin und der Weber. Immer fand ich die Braut beim schnurrenden Elfenbeinrädchen, Ungeduldig einmal, schwieg ich tückisch in mir; Doch sie fragte mich nicht, da brach ich das Schweigen erglühend: »Wahrlich die Göttin that recht, die einst Arachnen bestraft! »Denn nur Eitelkeit ist’s zu lieben und andres zu schaffen, »Als das zierliche Werk, dessen Rädchen das Herz.« »Ungeschickter!« sie sprach und ruhig sah sie aufs Rädchen, »Stören die Hände dich je, die beschäftigt im Werk? »Höre den ruhigen Takt, das Ungestüme er gleichet, »Und das Auge es weiß, was da zu sehen was nicht.« »Trostlos find ich die Red, kein duldendes Weibchen ich liebe, »Sondern das harrend gelauscht, mich im Kommen umschliest.« »Bläulich blühet der Flachs«, entgegnet sie, »Hoffnung der Liebe »Daß ein bräutliches Bett, wachse in Blumen darauf, »Aber die Blüte sie fällt, noch ehe die Laken gewebet, »Und schon mürrisch du bist, eh noch gesponnen der Flachs!« Und es brach ihr der Faden, da bat ich flehend um Gnade, Spann nun selber da an, wo ihr gebrochen das Herz Grob ward der Faden, ich glaub es, doch hält er länger und länger, Und sie zeigt ihn mir oft, in dem Laken verwebt Ja sie zeigt ihn mir oft wenn zürnend ich auf bin gesprungen Und im flatternden Hemd, schimpfe den Gleichmuth der Frau Sprechend: »Verdammt ward der mächtigste Gott zum Spinnen von Weibe, »Und du spinnest mich gar, wie den Seidenwurm ein, »Früh muß ich weben und spät noch, was du gesponnen geschäftig, »Müssig ins Auge dir zu schaun, wär mir ein süsser Geschäft. »Wozu hilft mir das Geld, du sammelst es sorgsam den Kindern, »Ich bin ein dienender Greif, der die Schätze bewacht.« Wüthend ergriff ich das Spinnrad und wollte durchs Fenster es schmettern, Doch der Faden wie Gold, glänzt in dem Morgen so schön. »O du goldene Frau«, so rief ich, »dauernd im Feuer, 400
5
10
15
20
25
30
Nr. AII.23 35
»Ja du spinnest in Gold, Fäden des Lebens mir fest. »Was mir vergangen in Launen ich find’s im Gewebe doch wieder »Wohl zur Zukunft ich werf, ruhig mein webendes Schiff, »Launig ist wohl das Meer, du weißt es zu ebnen Syrene, »Und die Fahrt ist so schön in dem Wechselgesang.«
AII.23 Sophie Brentano für Ludwig Achim von Arnim
Arnim, ein Dreher Heidelberg, etwa Mitte Februar 1806
5
10
15
Arnim, ein Dreher. Emsig sah ich bemüht, sitzend an zierlicher Drehbank einst einen Künstler, er war jung u von hoher Gestalt. Mit verständiger Hand verfertigt er Pfeile der Liebe, Wafen und blankes Geräth, was nur das Leben bedarf. Schweigend stand ich vor ihm, verloren in stiller Betrachtung Wer wohl der herrliche sei, herrlich bei niederm Gewerb. Da entfielen die Späne des Meisels künstlicher Schöpfung, u sie erklangen im Fall, jeder mit eigenen Klang, Wie vom Morgen geweckt, ertönet die Säule des Memnon, mit melodischen Spiel, tanzten sie singend herab, bald erhabnen Tons, bald kräuselnd im lieblichen Muthwill, fügte sich jeder geschickt, wie ihm der Rythmus gebot. Da gedacht ich: gar wohl ist dieses der himmlischen Einer, dieser Stof ist die Welt, was er berühret wird Lied, und indem ich erwog des Bildes tiefe Bedeutung, – freundlich spendet er da, einen der Späne mir selbst!
401
1r
Anhang II
AII.24.A
Bettina Brentano Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift Marburg, zweite Hälfte April 1806
1r
2r
Es sind biß her vil unn mancherley missiven und Schriften, von der wunderbarlichen Handlung der Teuffer zu Münster in Westphalen außgangen unn getruckt worden, von vil großenn stürmen, und scharmüzelen die sich zu beiden partheyen ausserhalb der Statte und innerhalb der Statt verloffen haben, auff daß aber der vilfeltigen Handlung nach, der Leser unverdrüßlich, so würt hir nach ein klarer Bericht der Handlung auf daß aller kürzest angezeiget, und aber nu inn sonderheit, was sich nach eroberung der Statt zugetragen auch wie alle handlung ihr End schaftgenommen Und wierd nun aller menigklich kundt und offenbar, das die Teuffer zu Münster inn Westphalen einen Künig unter jnen uffgeworfen, welcher Johann von Leyden ein Schneider pp: den haben sye gekrönt mit einer guldenen und seer kostbarlichen Kronen, und in zur stund für iren irdischen Herrn und Künig der ganzen Welt erkannt und angenommen, auch im in allen Dingen unter thenig, willig und gehorsam gewest mit übergebung all irer Hab und Güter pp: und als sie aber semlich ungehört wunderbarlich Rechiment ein zeitlang angetrieben, auch die Statt Münster dermassen befestiget, das man inen weder mit Schissen oder mit Stürmen keynen Abruch hat mögen Thun, darvor sich mancher Herr versucht pp: 402
5
10
15
20
Nr. AII.24.A 25
30
35
40
45
50
55
60
Do um aber das Volk vor der Statt teglich grossen schaden von inen emfing, un Fürsten Herren vermerkten, das man inen keynen Abruch Thun mögt inn keynem Weg, anders denn aus Jüngern, do würden der Bischoff von Münster sampt andern Fürsten und Herren pp. rhätig und schlugen syben Plockheußer zu negst für die Statt, die jar und Tag mit knechten wohl besezt, verlegtent inen alle Strassen und Thattent inen auß benanten Plockheußern so großen überdrang daß inen weder proviand, oder anders zu mögt kommen, auch niemants auß der Statt oder in die Statt inen zu hüllf mögt kommen wie nun das alles meniglichen offenbar ist pp: Als sye nun aber inn der Statt von nyemans mer hillf auch keynen Zugang weder an proviand, oder anderer Notturfft hetten, und aber eyn grosse speiß von der grossenn Menig des Volkes täglich mit inn aufginge und sich die Zeyt von Tag zu Tag so lang verlauffen, biß das gemeyn Volk alle speiß und Provian mit essen und trinken verzert hätt, und keyn menschlich speiß in der ganz Statt mer verhanden dann allein in des Künigs saal oder Palast. pp: Nun hätten sie aber inerhalb der Statt alle Pläz beseet auf dem Wall, und allenthalben der Mauern um her, das nun meretheyls mit Erbeys und Rüben beseet was, damit sich das gemeine Volk auch ein Zeitlang enthilt, biß solange sye das Stro von den Erbeysen, und das Kraut von den Rüben alles gar gessen und verzert hatten, und sye aber darvon all ir Vich das sye in der Statt gehabt, auch gessen und verzehrt hatten, biß auf drey Pferdt, und keyn menschlich speys mer in der Statt vorhanden war, denn Pferdts heut und Ochsen heut die namen sye auch und schnittens kleyn und sodens mit wasser biß sie weich würden, asenz also zu Ufhaltung irs Lebens, als sye alle Tage Proviant inen zuzukommen durch ir oberkeit Knöpertölling, und andern vertröst worden, do nun aber weder Heut oder anders und gar nichts mer da was, auch keyn ander Trost under dem gemeynen Volk mer was, dann Hungers sterben begerten sye aus der Statt, do lis mann allethalben inn der Statt um schlahen, wer auß der Statt begerte und nit darin bleyben wollte der sol sich dem Künig anzeygen, so woll er im ein Zeygen geben und verschaffen, daß er auß gelassen würde, bald versammlet sich ein grosse Menig von Weybern jungen Mägten und Kindern, die sich dem Künig anzeigten, und uß der Statt begerten, do ließ er sie alle plündern und besuchen, und ließ keinem mer dann einen Rock, und sprach zu inen nun zieht hin zu den Kezern. 403
2v
Anhang II 3r
3v
Und als sye für die Porten zur Statt uß gelassen wurden kamen sye zwischen dem Wall und der Schanzen, da mußtent sye bleyben, uff eynem weiten Plan, dann die auff den Plockheusern niemans durch die Schanze passiren liessent, mustent da Laub und Graß essen, biß so lang man inen hinweg außer dem Land gebot, und wurden ir vir Tot gefunden, die da Hungers gestorben waren, was aber für Knecht oder Manspersonen, aus der Statt komment, die wurdent all erstochen, unnd um dye Statt auf die Reder gelegt, dann der Hag umb die Schanzen was dermasen befestigt daß es nit wohl möglich war einem, da von zukommen. Item zwen und fünffzig Knecht, die zu Münzter, inn ir Besoldung gelehen, die weyl der Hunger da groß, unnd keyn proviand vorhanden, wurden sye auch rätig unter einander und zogen mit gemeynem rhat auch zur Statt auß Strags nach S Maritius Lager, unnd begerten für den Bischoff zu kommen, und als sye ir beger den Knechten so auf den Plockheusern, und unnd auf der Schanzen pp: fürhielten auch an sye begerten inen über den Hag der Schanzen zu helfen; habend sye inen die Hellenparten gebotten, unnd sye also uber uber die Schanzen gezogen, wie sye denn vorhyn zu inen gesagt, sye wolten inen zu dem Herrn verhelffen, da sye nu über den Hag inn ir Schanz gebracht hatten, da waren dieselbigen Knecht all schön und wol gekleyd mir iren seiden und Samatin Wammasenn auch etliche von guldenen Stücken, wie sye die von den Meßgewandern unnd Ceremonien der Kirchen angemacht pp: Und als Sye die nun all in der Schanzen hattent, da was keyn anders, dann nu flüx zieht Euch auß, und wurdent auch zur Stund all Tod gestochen, nu hat sich aber einer von denselbigen gesaumbt, der lieff von herre hinten her nach unnd als er schier zu dem Hag der Schanzen kummen ist, höret er wie sie zu Werk mit seynen Geselln gingent, nit dester minter lief er auch biß zu dem Hag, derselbig trug einen halben Haken mit eim Feuerschloß, unnd als er zu dem Hag kam, da bot auch einer die Hellenparten, und wolt in auch über den Haag ziehen, da bot er im die Büchsen, und schoß denselbigen, daß er in die Schanz burzelt, und lief wieder zurück in die Statt; Nu was aber der Künig inn seinem Saal samt seynen Herzogen, die er neulich darvor gemacht, auch seine Trabanten, Doppelsöldner; samt vil andern die Teglich vom Hof gespeißt wordent, mit aller Proviant, über zwen Monat lang auch nit gespeißt hattent, die rhatschlagten und pracktizirten auch miteinander wie sye Proviand und Hilff mögten zu Weg bringen, da was einer under inen mit Namen 404
65
70
75
80
85
90
95
100
Nr. AII.24.A
105
110
115
120
125
130
135
140
Henßke von der langen Strassen, ein Wachtmeister und Befolgsmann, auff den der Künig, grossen Glauben sezte, welcher vormals bey dem Bischoff, ein zeitlang ein schanzmeyster gewesen, und von inen zu den Teuffern in die Statt gefallen, nu was aber derselbig Henßke von der langen Strassen ser geschickt mit reden, der vermaß sich vor dem Künig und allen Befelchs leuten, so fern er befelch vom Künig hette so wißte er Proviand und dreyhundert Knecht innerhalb vierzehen Tagen inn die Statt zu livern, daß nu der Künig sampt allen Befelchsleuten wol zufrieden warent, und bestimptent im ein Tag, uff dem semlichs geschehen solte, als für nemlich uff sanckt: Johans Nacht, darauf er von dem Künig abgefertigt, unnd wie aber benanter Henßke von der langstraßen ein Wachtmeister in der Statt was, und uff der andern seiten vor der Statt Schanzmeyster gewesen, dem alle Gelegenheyt ußerhalb und innerhalb der Statt, wolkundig, auch bey Tag und Nacht das Rundelbolwerk, und Basteyen abgesehen, auch wo die Wassergräben und der Wall umb die Statt vest oder Schwache, weit oder eng warent, unnd sobald er zu der Statt uß gelassent wißt er zur Stunt die rechte furt durch den Hag, über die Schanzen der wiederparthey, durch den er sich mit Gewalt dringen mußt und kam also vier Meil wegs vor Münster, inn ein Stattlein zum Ham genant dem Herzog von Cleve gehörig, bald hat er in beschicken lassen, welcher mit namen Meinhart vom Dam, der was da wohnhaftig, unnd ein Öberster in Frießland geweßt, dem hielt er für, er wißte, wie er inn Ungnade gegen des Bischoffs von Münster seiner fürstlichen Gnade stünd, von wegen, daß er von den frummen Landsknechten in die Statt gefallen, und traute er die Sach, dahin zu bringen das im der Herr frey sicher Geleidt zusagte, so wolle er dem Bischoff, ein Sache zu erkennen geben, daran Landt und Leut gelegen were, so bald genanter Meinhart von Ham, solche Bottschaft vernommen, hat er sich nit lang gesaumpt, unnd die Sache dem Bischopf fürbracht, do hat im der Bischopf sicher Geleyd zusagt, und in auf Ort und plaz bescheyden, dahin er zu im kommen wölle, also habent sich der Bischopf sampt seinen Rhäten kurz berhaten, seind zubenanten Heßke uff bestimpten Plazen, dahin er bescheyden, komen, und die Sachen begert zu hören, da hat er dem Bischoff und seiner F: G: Rhäte für gehalten, er wöl denselben, eine Sachen zu erkennen geben, so die Sach ein hergang wurde haben, so dürffte er sein Lebenlang, under keyn Haufen Landsknecht mer kommen, wöll sein F: Gr: in sein Leben lang unterhalten, oder im so viel geben darauf er sich sein Lebenlang erhalten mögte, so wöll er im auf 405
4r
Anhang II
4v
S: Johans Nacht in der zehenden Stund die Statt Münster, offnen und im die Trubenßfüß, über livern, darüber hat der Bischopf, mit seynen Rhäten unnd Edelleuten, sampt allen befelchsleuten kurzen Rhat gehalten, seind der Sachen einig worden, so ferr die Sach ein fürgang hätte, so wöllte der Obrist sampt allen Befelchsleuten und Edelleuten vorne daran seyn, darauff der Bischopf auff allen Plockheußern gemeyn gehalten, unnd die Sache dem Gemeinen Mann auch für gehalten, und zu erkennen geben wie sye dar zu gesinnt werent, auff bemelt Stunt wurdent inen die Statt geöffnet ob sye es mit im Wagen wöllten, so wolte er inen zusagen, das der Oberist mit dem Adel, sampt allen Hauptleuten und Befelchsleuten, die vordersten daran solten seyn, das was der Gemeyne Mann auch zufriden, und schrügent alle jaja, wir sind lang genug in dem Stro gelegen, wir wollent auch einmal in den Betthen schlafen, darüber der Bischoff dem Kundschaffter nach seinem Begehr vergnügt und zufrieden gestellt, iren Abscheyd miteinander gemacht und beschlossen, daß sye auf benante Stund für die Kreuzporten sollten ziehen, so wöll er inen Zeyhen geben, wan sye die Zeychen findent, so seyent alle Sachen Klar, dann sollen sye fortziehen, darauff zog der Kundschaffter wieder in die Statt, machet den Künig auch gewiß er hatte alle Sachen bestellet, auf die Stunt wurd Proviand Und Drey hundert Knecht kommen, das Was der Künig und alle Dopelsöldner fröhlich mit im und machtent einander gut Geschirr. Als nun aber der Anschlag fierzehen tag lang vor S: Johans tag geschach, habent sye mitler zeit allen Steigzeug mit leztern und aller Notdurfft zugeruscht seind uff bestimpte Zeit für die Porte zogen, do hat benanter Kundschaffter inen zeygen geben, das alle Ding klar warent, do sinnd sye fortgezogen da was aber der Kuntschaffter des Abens zu den Wachtern gangen die auff dem Thurm des Rundels derselbigen Nacht wachtent, und inen als er Wachtmeyster was, fürgehalten, es wurde diesen Abent Volk und Proviand in die Statt kummen, sye soltent schlaffen und guter Ding seyn, und sollent sich still halten, und sich des Volks nit annemen als sye auch thetent, und als der Hauff für und für nachtruckt komment sye an den Graben zu einem kleinen Pörtli, das was verspert, da musten sye über den Graben, der was umm die ganzen Statt an keinem Ort als schmal als an dem Ort, wie im der Kundtschafft angezeygt, da warffens ir leytern über den Graben, und machtent ein Brücken zu d’mauern, do sye nun eins Teyls über den Graben kamen, zugent sye an der Mauren biß zu 406
145
150
155
160
165
170
175
Nr. AII.24.A 180
185
190
195
200
205
210
215
dem Thurm des Rundels die Kreutzport genant, da schlugens ir steygleytern an, die waren Mans lang zu kurz, daß sye do nichts mögten schaffen, do rückten sye mit den Leytern an der Mauren, biß zum Bolwerk des Zwingers, da schluchens wider ire Leytern an und hulfent einandern auff das Bolwerk des Rundels, oder Zwingers, und als sye das Bolwerk erlangtent, zugent sye noch etliche mit den Hellernbarten uff das Bolwerk, biß sye inn die dreyßigt stark warent. Do gingent sye durch die Schiltwacht des Zwingers da all Nacht zwen uff der Schiltwacht wachen mustent, und achten auff den Thurn des Rundels, da der Kuntschafter vor bey geweßt, der erst Wechter der inen begegnet den frachten fluchs, was die Losung wäre, der sagt inen die Losung, und sprach Erd, bald was einer mit dem Schlachtschwert da und hyen in zu zweyen Stucken, nu was aber der selbigen Nacht Erd die Losung von denen in der Statt und die Losung deren vor der Statt, was Maria die Muter Gots die hatten zu einem Feldzeychen ein Strowüsch umb den Arm p: Do stieß der ander schiltwechter auch uff sye, der fragt sye, was die Losung were da sagtent sye im auch Erd, darmit was er zufriden, do gingent zwen oder drey für in hin, do stachtent in die andern auch fluchs zu Tod, darnach gingent sye alsbald zu den andern Wechtern, auf den Thurn des Rundels, und fragtent sye auch die Losung, die sagtent inen auch Erd wer die Losung, das sye nun der Losung gewiße waren, die stachent sye auch flux zu Todt do hattent sye das Rundel des Zwingers, sampt den Porten allen Basteyen und Bolwerkern innen das sie von Niemant nit wol verhindert oder Gehört möchten werden Do gingent sye wieder zurück des Zwingers zu den Bolwerkern, do sye die Leytern angeleget hatten, welche Manns lang zu kurz war, und boten den andern die Helleparten, zugent also einandern uff das Bolwerk und über die Mauren, biß sye bey drithhalbhundert stark waren, do drungen die auserhalb der Mauren so starck hinauf, das man die Brück über den Graben brach, do aber die uff dem Rundel sahen daz sie drithhalbhundert starck waren, do zugent sye flux fort in der Stille, schreyent all hernach lieben Brüder, vermeinten ausserhalb der Mauern inen auch nachzufolgen, und do sie zu dem innern Thurn der Statt mauren kament, und funden die Porten offen ston, do zugent sye stracks für und für, biß mitten uff den Marckt, do was es schier umb die Tag Zeit, do gingent rings umher all Trumen an, und liessent als bald siben Fendlin fliegen, und schreyent Lerman Lerman, da wurden die Burger und der König erst gewahr, das die Feinde vorhanden und inn der Statt werent, bald hettent sye 407
5r
Anhang II
5v
sich auch versamlet und schlugent die mit gewaltiger Hand über den Markt, widerum zurück biß zu der Porten da sye inn kummen warent, darzwüschen hat aber ein Burger die Porten zugeschlagen, das sye nit wieder hinauß möchtent do ruft inen der Künig zu jr lieben Landsknecht legt euer Wer von Euch, und zieht zur Porten, auß euch soll keyn Leyd geschehen, als bald lieffendt die Weiber auf den Wall und schrüyent über den Wall hinauß unter die Knecht, sie soltent ir Fendlin, und iren Öbersten wider holen, daß sich deß Bischoffs Volck alles nit irren liß, unnd schlugent die Porten mit Hämmern und Agsten uff, und so bald sye die Porten geöffnet haben eulten sie flux dem Rundel zu und stecktent ir Fendlin über den Thurn, gegen den Plockheußern hinaus, und wie die vor der Statt von wegen des grossen Schissens, so sye gegen einander in der Statt verbracht nit anders vermeinten ire mitBrüder werent schon des Tods, und all erschlagen deshalben sie, als jnen die Bruck über den Graben gebrochen, wider in die Plockheußer inn jren Vortheil gefallen, do sye aber das Fendlin uff der Mauren ersehent, dardurch sye vermerktent, daß jre Mitbrüder noch bey Leben warent, und jnen alle Porten schon geöffnet, da fielen Sie den andern zu Hilff mit Gewalt in die Statt, schlugent und stachent den Künig, mit allen Teuffern widerum über den Marckt hinweg, durch jr Wagenburch biß uff den Thum hoff. Do steltent sye sich wieder zur wer do wurden sye von dem Thumhoff getryeben, biß uff S: Michels Capellen, darauff thetent sye fast grossen Schaden mit Schissen, darvon des Bischopfs Volk ser beschedigt ward, und vor dem Geschüz hinder den Thumb entwichent, also lagent sye uff vor benanter S: Michels Capellen, biß um die zehen uhr inn den Tag darzwischen ward der Künig gefangen, der widerumb zurück gewichen uf S: Iliens Porten, welchs die allervest port an der Statt was, darnach begerten sye an den Obersten Sprach zu halten, das man vergunt und zugelassen und ward da uff beyden Partheyen so vil gehandlet, das ein jeglicher soll wider heim in seyn Hauß ziehen, biß uff die Zukunft des Bischopfs jres Gn: Herren, dann solt weiter inn den Sachen gehandelt werden, darauf ward jnen Glauben zugesagt, unnd Zog ein jegcklicher wieder Heym inn sein Hauß. Als aber die Landsknecht, so unter dem Bischopf gelegen, grossen Merklichen Schaden empfangen, und nu die Nahmhafftigsten Edelleut und Doppelsöldner, ob anderhalbhundert, Todt blyben, fielent sie mit grimigen Zorn in die Heußer, und wo sye der einen findent, rissen sye es mit den Kopfen auß den Heusern uf die Strassen hawant in Stücken und Stachents, alzu Todt. 408
220
225
230
235
240
245
250
255
Nr. AII.24.A
260
265
270
275
280
285
290
295
Kurz darnach ward umb geschlagen, das man keinen Todt mer schlahen solte, wo fürehin einer erfunden würde, den solte man für den Öbersten bringen, unnd welche für den Öbersten gebracht, denselben wurdent die Köpfe abgeschlahen, darnach uff den Virten Tag ließ der Herr umbschlahen alle die Fraueren Jung und Alt soltent uff den Thumbhoff kummen, daß geschach, und do sye alle Versamlet waren, do gebot man jnen von Stund an zu der Statt uß zu zihen Do zogent sye all jung und alt, welcher ein großen Summen, zu der Statt uß uff das Land, das stund biß uff den triten Tag, welcher da sein Weib oder Tochter vertedegen oder verbürgen kundt die ließ man wieder einkummen, und da sye ungeferlich Acht Tag lang in der Statt warent, liessent sye sich hören, sye wolten uff irer alten Seckten bleiben, do schlug man wieder umb, das alle Weiber die wieder ein kummen warent solten als morgen zu neun Uhren uff dem Thumbhoff sein, do ward jnen von neuwen geboten, daß sye gedechtent und von Stundt an auß dem Land zugent, jung und alt und kein Stundt bleiben da sye die andern werent, und wer sye Haußle oder Herbergte, der solte dermassen auch gestraft werden, als were er ein Widerteuffer, und wo einiger Lands Knecht were, der die selbigen Weiber eins bey im hette, der sollte sye bey Sonnenschein von jm Thun, oder er solt auch am Leib gestrafft werden, wie sie. Kurz darnach ward an alle Kirchpforten inn allen umbliegenden Flecken unnd Stetten angeschlagen, das man von demselbigen Volk keinen solt haußen oder herbergen, wo aber einer der Gestalt erfunden würde, der sollte auch der masen gestrafft, und für dieselbigen gehalten werden, also weyßt nyemand, wohin das Volk komen sey, wiewol etliche sprechen sye seyendt mertheyls in Engelland kummen. Item nach dem Johann vo Leyden der Schneid, ein Künig; ein Künig der Teuffer zu Münster, p: welcher von allen Widerteuffern, ein Künig von newem Hierusalem und der ganzen Welt genant, erstlich nach Eroberung d’Statt Münster gefangen, wurden im und Knöppertölling seinem Gesellen zwey eißne Halßband geschmidt, uff beden seiten mit langen Stricken, die wurden inen uff den dritten Tag nach jrer Gefänknüß umm jre Hälß geschlossen, wurdent also zwischen den Reysigen, wie die Rüden, drey Meil von Münster gefürt inn ein Stättlin Eyberg genant, und nach folgends, als d’Hauf zu Münster uffbrach, wurden sie gefurt inn ein Schloß genant Dülmen, auch drey Meilen von dannen, da vil Knecht in Irem Abzug für zugent, do sezt man die Zwen mit iren Halßbanden für die Porten, den Künig und Knöpper409
6r
6v
Anhang II
7r
töling sein Leutinandt, daß sye die Knecht noch einst sehen möchtent, p: uff demselbigen Schloß kam der Bischopf von Münster erstmals zu dem Künig und Knöppertölling, und so bald der Bischoff den Kunig ansah sprach er zu jm, »Ey du Bößwicht, wie hastu mich unnd meine arme Leut verderbt, do antwurt im der Künig Truzlich, und Dauzet sein F: Gn: unnd sprach, Pfaff, ich hab dich nit ein Meyt verderbt, ich hab dir ein Veste Stat gelivert, die für allen Gewalt ist, hab ich dich verderbt; so will ich dich wid’ reich machent, so ferr du mir folgen willst. Hat der Bischoff gefragt inn was Gestalt er jn reich machen wollt, da hat er wid’ den Bischoff gesagt Er wißte wohl daß er im ein schmehen Todt anthun würde, er sölle im und Knöpper Dölling seinem Gesellen ein eisen Korbkasten schmiden, und solle den mit Leder überzihen, unnd sye zween darein sezen, und sye lassen durch das Land füren, und wer sye beger zu sehen, den soll er im ein Wegpfennig lassen geben, so wird er mer Gelts kriegen, dann er verkriegt hat, und der Stifft von Münster werde sye latera. Also ist der Bischopf von jn hinweg gescheyden. Item als nun der Bischopf sein F: Gn: die Statt erobert und gewaltiglichen hat, auch alles Volk der Widerteuffer, von Weib und Mann quit waren, als erstochen, und des Landes vertrieben hatten, und gar ausgereut, auch sich der Herr und die Knecht der Beut halber mit einander vereiniget, das die Beut halb dem Herren, und halb den Knechten zu gehören soll, do fingen sye an zu Beuten, und ward umbgeschahen, daß kein Knecht als vil behalten solle, als eines halben Guldins wert, und wo einer darüber erfunden, so solle er an Leib und Gut gestrafft werden, darüber machtent sye XXI Beutmeyster von jegcklichem Fendlin drey, die das Gut verkauftent und zu Gelt machtent, do vermeintent die Reuter auch Beut zu haben, daß aber die Knecht inn keinem Weg thun wöllten, darumb sye ein langen Krieg und Zank gehabt Da nun die Beutmeyster die Beut theilen sollten, und nit so vil Geldes vorhanden als die Knecht geschezt hettent, do fingent sye die Beutmeyster all zu mal, und stelltens für den gemeinen Mann inn den Ring, liessent sye fragen, wo das Gelt und das Gut hinkomment wer, do aber die Beutmeyster nach irem Sinn nit bekennen wollen, fürtent sye den Henker inn den Ring. Der zoch jr Zwen an den Leytern inn dem Ring uff, foltert sye vor dem Gemein Mann, do woltent sye nichts bekennen, unnd verzog sich die Zeit biß an den Mittag, do schobens die Öbersten uff bis zu frü, als morndigs frü warent die Beutmeyster all hinweg, unnd Trat der Henker inn den 410
300
305
310
315
320
325
330
335
Nr. AII.24.A
340
345
350
355
360
365
Ring, unnd sprach es were im vom Fürsten verbotten, sye weiter peinlich zu fragen, dieweil ers gestern gefoltert, und sye nichts bekent hetten, do schickten sye von jedem Fendlin zwen Knecht, und den Henker mit, zu dem Künig liessent jn auch peinlich fragen was er von der Beut wißte, und als jn der Henker zum dritten mal auffgezogen, bekannt er ein thunen Goldts und etlich Golt, sampt etlich Guldinen Ringen das aber alles nit so vyl werdt was, als die Knecht gern gehabt hetten, p: In summa, da ward die Beut auß getheylt, unnd wurdent eim Knecht achzehen emder Güldin gegeben p da sprachent die Hauptleut sye wißten guten Bescheyd, so bald sye für die Porten kement, wißten sye Geld und ein andern Herrn, also zogen die Knecht zu di Porten uß yez Zehen jez Zwanzig, und ward der Auffbruch das Menigklich hinweg zog, biß auff fünfhundert Knecht, die Behielt d’Bischooff inn der Statt welcher dem andern schuldig was gab keiner dem andern nichts. Item wer sich zu Münster hat teuffen lassen, und sein Gut dem Kunig überlivert, der des Glaubens von allen Gütern frey, der was Volkummen inn jrem Glauben, dem hing der Künig ein Zeygen an sein Hals, welches Zeygen von Kupfer gemacht mit dreyen Buchstaben, D:W:F: verzeignet, bedeut so viel, das Wort würd Fleysch, p Item man hat dem Künig von Münster vortragen ein Küniglichen Apfel, mit einem guldnen Kreuz, darvor her zwey Schwerter, das hat sovil bedeut, als ein Künig aller Welt. Sein Farb was Brun und Grün inn fierfarb zertheylt, den Apffel mit zweyen Schwertern durchstochen uff dem rechten Ermel, darmit er seine Trabanten sampt allem Hoffgesindt bekleydet, p: und als das gemein Volk zu Münster inn dreyen Wochen keyn Brodt gehabt, hat man nach Eroberung der Statt in des Künigs Hoff funden Syben Faß Wein, und ein Vaß Bier, ein Vaß Fleisch, und ein Vaß Mel. Sie waren auch zu Münster inn die fünffzehen hundert Mann stark, und seindt inn Summa zu beiden seiten des Kriegß, biß inn die achtTausent umbkommen, Gott verleih uns fürehin Frid und Einigkeyt, Amen
411
7v
Anhang II
AII.25.A
1r
1v
Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift von unbekannter Hand Marburg, zweite Hälfte April 1806
Des Münsterischen Königes, Johann von Leiden, Hoffordnung Berndt Knipperdolling Stadthalter. Berndt Rodtman Worthalter. Vier Räthe Gerdt vom Kloster Berndt Krechting. Heinrich Redecker Gerdt Reinike. Johann Kuirsener Rittmeister. Herman Tilbeke Hoffmeister. Ziren Feldherrn. Gerlach von wüllen, Lambrecht von Lunck, Heinrich Krechting Kanzler. Kasper Puthman Secretarius. Andreas von Coesfeld Zuchtmeister. Gerdt Kipenbrock Credenzmeister. Berndt von Swolle Küchenmeister. Wolter Schemmering Schenck. Euerdt Riemenschneider Vorschneider. Cord Kruse Oberster Hauptman. Gerdt von Bönne Thorhüter. Zween Weinherrn Johann Osenbecke, Johan Salwide. Cornelius Kesseprester Holzförster Zween Fleischherrn. Berndt Boendorp, Gerdt Prüsse. Zween Rüstmeister. Heinrich Sanctus, Johann Middeborch. Fünf Bauherrn. Johan Kerkerincke, Kerstian Kerkerinck, Berndt Mackenburg, Johan von Deuenter, Antonis Grossevater. Hoffgesinde. Gerdt von Oldensell, Quirin von Aken, Herman von Bilvebecke, Johan Vos, Ernst zum Damme, Johan von Greven, Engelbert Edinck, Jürgen Vronnen, Thomas Velthaus, Egbert Scharlaken, Jacob von Oldensell, Johan Bispinck, Heinrich von Ossenbrück, Herman Kistenmacher, Johan von Brinck. Zween Bier und Brodherrn. Berndt Rüllener, Johan Gerdinck. Zween Trullherrn. Euerdt Roberch, Wolter Kamphaus, Berndt Busch, Münzer, Hans Bosell, Goldschmied, Diese negst 13 Person hat der König zu Dravanten gebraucht. Gerdt von Dairen, Weweler bei dem gewaltigen Hauffen. Kasper Bronman, Weweler bei dem verloren Hauffen.
412
5
10
15
20
25
30
Nr. AII.25.A 35
40
45
50
55
60
65
70
Zween Fänrich. Kindt von Oldensell, Johan Gulcher, Scharp von Welwen. Führer bei dem gewaltigen Hauffen. Spe, Führer bei dem verlornen Hauffen, Arndt von Oldenborch, Haubtman bei den Leuffern, Adrian von Utrecht, Gerdt von Schelwe, Heinrich von Santen, Urban Bilde, Verloren Kind von Cölln, Hans von den Langestrassen. Zween Büchsenmeister. Berndt Gewandscherer, Casper Gelgater, Euerdt Vallen, Futermeister, Streuiken, Stallmeister. Vier Büchsenschützen. Heinrich, Tile River, Remeke, Cordt. Sechs Ausreuter der Feltschützen. Schefort, Berndt Olschleger, Otto Tilbeken Knecht, Berndt wicherdanck, Peter Bruins, Euerd, Heinrich von Lunk, Schneider, Lubbert Habrohove, Koch, Heinrich Deckeminck, Schleusser, Friedrich Klinge, Buttermeister, Johan Schulze Thorhüter, Herman Blade, Becker, Lambert, Vogt, Weinold, Balbirer, Johan Bundtfuter, Herman Hagedorn Fischer, Johan Kulmen, Portener, Pfeiffer, Drumschläger, Casper Weinschenck Lackei. Zween Thurmhüter. Hans Mepken, Johan thor Nate, Zween Botten. Godwien Glasemacher, Herman von Oldensell, Johan vom Busche Vorbieter Herman zur Masse, Schuster, Johan von Kusfeld Sattelmacher, Johan von Darveldt Kleinschmid, Blasius Kleinschmid, Wilhelm vom Thurm Glaßmacher Fünf Schmiede. Johan Balcke, Der Stolze, Der Schwerdfeger, Roitland, Herman Reininck, Fünf Maurmeister. Niclas Scheffer, Paul Nottelis, Benobaum, Johan Edler, Herman Middendorp Fünf Zimmermeister. Meister Herman, Euerdt, Herman Machenburg Schemme, Berndt Hinrikinck, Fünf Walmeisters. Grunouer, Berndt Trautman, Hanickhorst, Köter Berndt Paul Johan, Ludger Osterman Organist. 413
2r
2v
Anhang II
3r
Zween über die feiste Kost, Herman Reininck Berndt Menkin. Zween austeiler des gewands. Ludele Huttmacher Johan werdeman, Magnus Kühaus, gewandverschaffer, Zween austeiler des Holzes. Niclas Schneider, Schulze Haninckhorst, Zween Gastmeister, Johan Käterbeck, Schulze von Leiden. Diese nach beschrieben sind gewest, die Oberste Königin, und 15 Ehefrauen des Königs. Differe von Harlum Königinne. Maria Heckers, Katharina Milinges, Anna Laureutz, Engelle Kerckerinck, Anna überweges, Elisabeth wantscherers, Elisabeth Tregers, Anna Knipperdollings, Clara Knipperdollings, Katharina überweges, Anna Kippenbrocks, Christina Röde, Margaretha Morsonne, Margaretha Grolle, Elisabeth von der Busche, Diese Weiber Namen sind in ein hangendes Täfelchen geschrieben, und gegen einer jeglichen Namen ein löchlein gebort, mit einem anhangenden Stöcklein, Und bei welcher der König die nacht hat liegen wollen, gegen derselbigen namen hat er das Stöckchen gesteckt. So aber dieselbige zum Beilager nicht geschickt gewest ist, möchte sie das Stöckchen ihres gefallens stecken, gegen einer andern namen der sie günstig wer, dieselbige muste denn dem Könige willig sein, und die Nacht bei ihm schlaffen. Der Königin Hoffgesinde. Heinrich Röde, Hoffmeister. Peter Simesen, Küchemeister, Johan von Groll, Torwärter; Johan von Leiden Kemmerer, Friedrich Insel Schencke, Schemerinck Vorschneider, Zween Dravanten. Andreas Coster, Heinrich Wulf, Heinrich Willenhaus Vorbieter, Eberdt zur hagge Koch, Sander von Büsche Lakei. Des Königes Titel. Johann von Gottesgnaden, König in dem Neuen Tempel Gottes, ein warhaftiger Diener der Gerechtigkeit, aus Kraft der Stadt Münster.
414
75
80
85
90
95
100
105
ANHANG III Arnims Exzerptheft
Abschriften aus Briefen Herbst 1805–März 1807
ÇLage IÈ
Abschriften aus Briefen.
1r
Vieles muß vorübertreiben, Gold muß an dem Ufer bleiben. ÇWAA XXXIII, 530.E 5
10
15
20
25
30
35
An Johann Friedrich Reichardt, 10. März 1807È
ÇFortsetzung des 1v begonnenen Eintrags:È x gemacht. Er hat Bonaparte getäuscht und und das will viel sagen, der nach dem hartnäckigen Kampfe vom 7ten die Russen in Unordnung meinte, während Bennigsen seine Leute ruhig in eine mittelmässige Stellung geführt hatte, nachdem er die Franzosen an der guten Stellung hatte die Hörner ablaufen lassen. Ein R. General sagte, das Genie der Nation habe gegen ihren General gesiegt. Sonderbares Schicksal, das fünftausend Genies hierdurch flüchten ließ, nachdem schon alle Gefahr vorüber. Der Friede kommt nur aus der Ueberzeugung, daß es nichts hilft Krieg zu machen, seitdem Nap. stumpfer geworden wird man seine Grenze auch mit blöden Augen finden, ein Volk hört auf zu erobern, wo es blos aussaugen will, so Preussen, Frankreich Xerxes, die Röm. Wir wollen siegen wie Bacchus in Indien mit Sang und Klang, wo ich froh bin das ist mein und so gehören Sie mir An R. Königsberg d* 10 Merz 1807. Wir illuminiren Königsberg während wir das merkwürdige Naturspiel Danzig im Dunkeln lassen, wer weiß in diesem Augenblicke die Nehrung zu benutzen, wie die alte Freundschaft, die so furchtlos sich bespricht. Aber wer will rechten mit den Linkischen. Ich habe einen Ekel bekommen gegen das Kriegswesen, wie ich die gelben, blauen und Grünen Leichen in die Gruben schleifen sah, während die Fabrick wie Gottes Donner nachspottend von Heilsberg herüber zu uns tönte, bestahl sie noch ein Bauer der sie in der Grube schichtete um ihre letzte Habe. Welch ein Kloak ist dieses ewig berühmte Heilsberg wie ein Dreckgenie, Orgel Kanzel und Altar stehen am Abtrit, wer zuviel daran gerochen wird an die Luft gelegt, so einen nent man todt. Welche Behandlung der Helden. Aber einem davon waren auch an der Stelle des Herzens dicke Erbsen heraus getreten. Das kömt von dem saubern Skelettiren der Dörfer, da müssen sie immer solch Zeug einschlucken, die Bretter brauchten sie zur Feurung, das Dachstroh zum Lager was drin war zum Fressen. Der Rest sind ein Paar Ständer und 417
1v
Anhang III
der Schornstein. Von der Galantine d’hommes, die einzelne Hände aus den eingefrornen Teichen herausstreckten kein Wort. Es wird noch sehr stinken in der Welt und keiner wird wissen woher, es werden noch viele Leichen aus dem Wasser im Frühjahr aufsteigen wie Wasserlilien, wie viele? Sehr unsicher wie alle Geschichte, wenn Geschichte nichts andres als Zahlen. Das Schlachtfeld hat mich gegen meinen Willen zum Verehrer von Bennigsen
40
Ç491.E An Bettina Brentano, 28. September 1806È 2r
2v
3r
An B. B. d* 28 Sept Als ich aus der Keule des Herkules mühsam nach Ihnen hin umblickte, da stürmte es so heftig gegen mich an, daß mir fast Thränen in die Augen kamen, und wär ich ein Eichhörnchen und müste von einem Baum zum andern, wie sie über die Haide dünn ausgesäet, seufzend springen, ich spränge doch hinunter zu ihnen, wo der lebendige Hauch aus dem Moste geboren. Da sah ich aber zwey gewaltigere Beine, fast wie eingewurzelt, gedrungen und doch fest gehalten. Es war für Herkules selbst zu kühn dahinunter zu springen, Er sieht fast hundert Jahre wie verstarrt sehnsüchtig durch die Berge. Ich stieg traurig hinunter und als mir der Wasserfall aus der Waldnacht den Wipfeln der Bäume entquoll, alles im Mondscheine, da rief ich zu ihm: Lieber Herkules, geht dir auch mancher rauhe Wind um die Nase in ewigem Dohlengezänk du bist dort besser dran du stehst da wie der Traum des schlafenden Ritters in der Lowenburg hell und klar über der lastenden Nacht du Traum der Zeit ganz Rüstung ganz Metall. Ich bin zu alt um von unten auf zu dienen, was kann ich thun als auf Augenblicke in dich hinein steigen und die ungeheure hohle Rüstung soweit ich reiche rasseln und anschlagen, daß sie sich erklingt es verhallt, es war doch. Die Soldaten meinen wohl, daß es solches Klanges nicht bedarf. Sie bedürfen es nicht, sie sinds, aber ich bedarf es und viele, die unthätig zusehen müssen. Was kann die Mutter thun, deren Kind krank ist das noch nicht sprechen kann, sie kann es doch nicht lassen, sie läuft horcht, spricht mit ihm, das Kind indessen erdrückt die Schlangen, die es heimlich umwanden das thut Herkules! Ich denke ewig des Bildes von Rembrandt, ein leeres Kinderbett, die Mutter hat das Kind heraus genommen, weil es so geschrieen und das Kind legt sich an ihr Ohr und kann vor Schluchsen Çnicht .............È dazu kommen und will es doch sachte erzählen und es ist nun vorbey. Ich nehme nicht Abschied, 418
45
50
55
60
65
70
ÇNr. 494.EÈ
ich harre auf Ersatz und thue Nothschäfte, sind die Unsern bey ihnen, so bin ich gewiß da. 75
Ç493.E An Philippine Engelhard, 3. Oktober 1806È
An Engelhardt Göttingen d* 3 Okt. Was ihnen Sorge gemacht verschaffte mir Vergnügen so ungleich ist die Welt getheilt Ich traue auf Sieg, sonst, versinkt meine Zeit. Der Morgen nach dem ersten Siege strahlt Freyheit über die ganze Welt 80
85
90
95
100
Ç494.E An Johann Friedrich Reichardt, zwischen 3. und 5. Oktober 1806È
An Reichardt Bluchers Rede. Kameraden habt ihr nicht dasselbe Mark in euren Knochen, dasselbe Blut in euren Adern, dieselbe Entschlossenheit in eurem Sinn wie eure Vorältern, nun beym Himmel, so haben wir auch dieselbe Macht, dasselbe Glück. – Gute Tage und schlechte Tage bey Kommisbrodt und Wasser tragt mit gleich lustigem Sinne, seyd freundlich jedem der euch aufnimmt gedenkt daß ihr auch Aeltern und Verwandte zurück gelassen; wehe dem der das Unglück des Krieges auf Untergebne ausdehnt weiter als es unvermeidlich lastet. Dreyerlei Unwesen ist vor der Ehre unsres braven Regiments nicht zu dulden, Diebe, Räsonneurs, Säufer, drey ansteckende Seuchen, deren Berührung wir von uns halten, der Dieb löst jedes Vertrauen, der Räsonneur hat keins, dem Säufer kann niemand vertrauen, und ohne Vertrauen geschieht nichts. Hannoveraner sind ganz verwundert, daß die Preussen singen während sie schwatzen daß sie über ihre Stümperey in fremder englischer Form lachen, noch mehr wundern sie sich wenn sie hören, daß sie von England wie Gauner behandelt, wie das fünfte Rad am Wagen der englischen Fortuna. Der Schimpf der Franzosen mit Fahne, Thieren, Hurerey, Schulden das alles ist vergessen, vergessen aus purer Furcht vor der Kanton einrichtung.
419
3v
4r
Anhang III
Ç495.E An Carl Otto von Arnim, zwischen 3. und 5. Oktober 1806È
4v
An meinen Bruder Unsre Lage ist ehrenvoll wie keine in der Welt, im vorigen Jahre gräßlich schimpflig mit einer Uebermacht über eine Art von Allirten hergefallen, die Weserlinie ist besser als das einzelne Wesel, das Land ohne Unterbrechung nach seinen Kräften in unserm Besitz. Deutschlands Unter∧drückung ist klar, das Volk uberzeugt, ein glücklicher Feldzug und der Fürstenbund ist gemacht. Das Schicksal hat sich des lähmenden Zwischenspiels zweyer beschränkter Minister bedient; weil es mehr mit uns beabsichtigt als wir wissen sollen, nie war dieses mehreren durch Ergebung würdig zu machen. Wir stehn allein, nun stehn wir gut, es ist kein Streit um einen Lumpen Landkarte, keiner kann mehr sicher sagen, wie lange ihm das seine gehört. Wenn nur erst die Zeit käme, wo kein Mensch Zeit zum Reden hätte. Haugwitz hat vorsichtige Kuhnheit genug für jezt, er ist genug verschlossen, er kennt seine Leute, er ist fortgeschritten in seiner Zeit, er weiß daß Krieg kein Kinderspiel.
105
110
115
Ç496.E An Leopold von Seckendorf, 5. Oktober 1806È
An Seckendorf 5 Okt Gott geb uns Sieg, sonst werd ich fremd Last mir die Kutte messen, will nichts als Wurzeln essen. Wenn es obenher nicht stockt, so geht alles vortreflich. Auf einen Schatz muß man von verschiednen Seiten graben, geben Sie heraus was sie haben. – Wo Franzosen ist mir die Hölle, ich würde jeden Augenblick fürchten schlecht zu werden.
120
125
Ç498.E An Clemens Brentano, 8. Oktober 1806È 5r
An C B. Gött d* 8 Ok 1806. Was versäumt last es laufen wie Briefe, jeder hat seinen Gang, wie alle unendlichen Dinge. Man muß sich der Gedanken entschlagen, da alles schlägt. General Blücher ist ein Kriegsheiliger. Euer Most zieht mir die Kehle zusammen, weil ich ihn nicht trinken kann. Phil: Engelhardt traf ich Abends an einem langen Tisch mit aufgeschlagenem Kamisol bey gewaltigen schwarzen Pilzen, die sie nachher für Champignons ausgab Ein Handwerksbursche zündete sein Pfeifchen am einzigen Lichte an, wie er zog schwebte die Welt in Licht und 420
130
135
ÇNr. 508.EÈ
140
Dunkl. Sie nannte mich einen Wundermann, schalt dabey den Bedienten, daß er den Handwerksmann hereingelassen, die Rede sprizte aus ihrem Munde wie aus einer geplatzten Röhrleitung Gemälde. Die Claudes reissen wie eine Gicht nach Suden den, der nun nicht hin kann, die vier Tageszeiten sind es nicht, wahrscheinlich sind sie zufällig zusammengekommen. Ein Vortagen, Morgen, Nachmittag und Sonnenuntergang, das Beste Ç500.E An Bettina Brentano, 14. Oktober 1806È
145
150
155
160
165
An B. B. Göttingen 14 Okt Schade daß der Schwalben Wege so dunkel, sie sind da sie sind weg, ziehn sie nach dem Monde? Wir könnten viel Gutes mit unsern Gedanken über Zugvögel zusammenbringen meinten Sie einmal, wir brächten wohl noch etwas Besseres zusammen. Mir flog eine Schwalbe in die Hand, so lange ich ihr Stimlein nachpfif, das mochte sie, wurde ich aber stumm unmuthig ungeduldig, da schettetete sie sich ungeduldig und wollte es nicht Wort haben, sie hatte keine Worte. Wollen wir nach Italien zusammen? Recht gern. Nach der Lüneburger Haide? Gehn sie allein. Da muß ich hin und mich mit den Bienen trösten, die da umhersumsen. Suche weiter bist du’s müde, wärs nicht heute, wärs nicht morgen, immer bleibts beym alten Liede, wer will sorgen, sorge morgen. Rom hat gewankt, die Sommer werden wieder lang. Sie bleiben nicht mehr vor dem Hause stehen. Ich denke oft an Savigny, vielleicht bin ich ihm nahe und weiß es nicht, denn das trifft oft so ein in der Welt, wo kein einfallender Strahl durch die Wälder lichtet. Wir hätten unsre gute Zeit in Trages emsiger benutzen sollen. Einer sollte immer in dieser zerstörenden Zeit daran denken, wie das ewige Mainzer Gebet muste, so ein ewiges Andenken darüber wachen, kein Feinde könnte da schaden, auch Sie sind in solcher Obhut und wissen es nicht. Ç508.E An Hans von Schlitz, 19. November 1806È
170
An den Onkel d* 19 Nov Ich wollte die Welt wäre noch verbunden Dir ein Lebenszeichen zu geben. Ich habe so viel Sorge durch gute Hoffnung niedergeschluckt schon vor dem Kriege daß mich jezt im Kriege keine anficht. Meiner Großmutter konnte ich nicht helfen, da sie bleiben wollte, ich hielt es 421
5v
6r
Anhang III
6v
meine Pflicht in meinem Lehen die ausserordentlichen Befehle des Königs zu erwarten, der Landrath ertheilte mir zur Antwort, es wäre nichts befohlen als Haber zu dreschen. Zieh Schimmel zieh, im Dreck bis an die Knie Morgen wollen wir Haber dräschen, Da sollst du die Hülsen fressen. Die Gefechte drängten mich fort, das Land blieb nicht mehr meinem Lehnsherren, ich hätte Fremden dienen müssen, ich wandre freyer idem, omnia mea mecum portans, meine Liebe zu dir im Herzen, hunderttausend Verse in der Mappe und füttre meine Laune mit Neuigkeiten.
175
180
Ç507.E An Louise von Schlitz, 19. November 1806È
7r
An meine Tante 19 Nov Hingegebner in Leid und Lust war ich nimmer über die Erde gewallt, die Gegenwart sinkt hinter mir wie Feenschlösser zusammen, zerplundert und zerplündert wie eine täuschende Dekoration, mancher Ehrenschuß ward hindurch gethan ein höherer Pulsschlag; über eine Seitenwand des Harzes rettete ich mich aus den Zersprengten in eine Judenschule. Ich begegnete einem Vetter, der toll geworden in der Noth und gab ihm Hemden. Statt der Meßwaaren fand ich in Braunschweig die Einwohner eingepackt. In Tangermünde schlief ich unter einer Treppe im Hundestalle, weil des Königs Silberwäscherey aus dem Lager dahin geflüchtet. In Berlin ging ich zu einem Thor hinaus, als die Franzosen zum andern den andern Tag hinein kamen In Prenzlau tanzte ich den Tag vor der Stürmung, sah in Stettin den Trompeter, drängte mich den Dam hinunter recht glücklich, ungeachtet wohl hundert Ochsen in den Sumpf gedrängt. So hilft nicht immer Grobheit. Journalisten fand ich auch zerstreut. Mir blieb kein Weg etwas zu wirken seit dem Tode des Prinzen Louis. Nichts ohne Beruf. Ich bin nicht leicht sinnig, weil ich so lustig noch, ich habe voraus gelitten, es ist ein schwerer Kampf, wenn Neigung sich gern etwas Schreckliches Bevorstehendes verbergen möchte. Ohne eine höhere innere Staatsentwickelung war nach meiner ruhigen Ueberzeugung kein glücklicher Krieg möglich, nur davon kommt die Bagage, die Fürsten, die schlechten Gewehre, der Hunger, die Verwirrung. Es war ein böses Spiel mit gutem Willen 422
185
190
195
200
205
ÇNr. 514.EÈ
Ç514.E An Johannes Labes, 14. Dezember 1806È 210
215
220
225
230
235
240
An L. in D. Konisberg d* 14 Alles flüchtet sich als wenn die Stadt wie Sodom untergehen sollte, alles jenseit der Königsburg, jenseit ist für mich nichts mehr, besser mit vielen fallen, als einsam in einer Wüste und rings geht schon die neue Wüste an. Die Dörfer abgebrochen zu Wachtfeuer, die Thiere geschlachtet, die Einwohner zerprügelt haben keinen Gedanken als an den lieben Gott! Es war ein Augenblick der Verzweiflung als ich einen Bauer da sachte vor sich rufen hörte leve Gott leve Gott, neben sich trieb er seine magere Kuh, Die Grenzen der geselligen Ordnung lösen sich, die Zäune werden abgebrochen, die Rücken der Felder niedergetreten. Es ist ein kleiner Schrit vom Uebermuth zur Verzagtheit, es sind zwey Seiten eines Schwerdts, welches das Herz trift. Die Furcht heckt so schnell wie Kaninchen oder wie manche Insekten mit sich selbst, es ist eine Multiplikation keine Addition wenn zwey Fürchtende Reden und darum ist die Ressource die wahre Druckerey der Furcht, man erhält sie gleich in hundert verschiednen Abdrucken. Wie eine Schafheerde um den Hirten so drängen sie sich um solchen Erzähler. Der Anblick der Armee unterhält nicht lange, weil die menschlige Sprache fehlt, die zerlumpten, trübsinnigen Soldaten werden bald gleichgültig, selbst des zerhackten Menschenfleisches wird so viel, daß ich es in der Noth essen könnte. Und so müssen künftig die Kriege der allgemeinen Wüste geführt werden, wo jedes mal so viel Feinde getödtet werden, als zur Mahlzeit nothwendig. Bennigsen hat einen so hervorstechenden Charackter von Feinheit und gesellschaftlichem Anstande, daß weiter gar nichts Hervorstechendes an ihm erscheint. Die Juden∧verpachtung der Lazarethe ist unchristlicher als die Vergiftung in Aegypten. Ein Par Dörfer sind zum Tabaksfeuer abgebrannt so hat das Schicksal erfüllt, daß an Brandenburg schon vor drey Jahren vorherverkündigte, seine Macht scheitern würde. Brandenburg ist hier so zweydeutig, wie der dÇxxxÈ in meiner Prophezeiung. Sein böser Geist hat ihn in das Verderben gestürzt, was ihn furchtsam zu fliehen schien. Fichte hatte einen lächerlichen Krieg im Krieg er war eigens weg, die Studenten plat. Er klagt, daß der alte Kant die Leute so gründlich aus gekeltert hat das selbst die Lichter in ihren Köpfen erlöschen. Wie wird ers anfangen Licht ist seine einzge Metapher
423
7v
Anhang III
Ç473.E An Bettina Brentano, 5. August 1806È 8r
Wolfenbüttel d* 5 August. Mein einzige Schriftstellerin, die ich immer wiederlese, ich habe ihnen lange nicht geschrieben. Das schönste Eigenthum ist die Uebung das bewustlose Fortrollen in schöner Thätigkeit. Unbestimmten Wunsche bin ich aus einem Wagen in den andern geworfen.
245
250
Çvmtl. kein ExzerptÈ Krankheiten. Da alle Krankheit eine Störung im Paradischen des Lebens ist, so ist jede entweder durch Entwickelung oder Zusammengehen entstanden, beydes muß fortdauern muß sich aber ausgleichen. Könnte man jeder Krankheit ihren Himmel ihre Nahrung geben, so wäre sie Gesundheit, aber Annäherung ist doch möglich und die giebt die Arzeneykunde. Vergl den Brief an Christian ÇNr. *379È
255
Ç480.E An Johann Wolfgang von Goethe, 1. September 1806È 8v
Salzdahlen. Ein Feenpallast mit grossen Hecken und zerfallnen Statuen aus Liebe für einen schönen Prinzen zu einem Frühstück erbaut, der schöne Prinz war spröde, so ist alles stehn geblieben, wie er es verlassen und die Fee mag es nicht mehr sehen. Es ist wie die letzte Dekoration in einem Schauspielhause, wo nicht mehr gespielt worden. Der Inspector hält den Athem zurück.
260
ÇLage IIÈ Ç472.E An Clemens Brentano, 16. August 1806È 9r
Göttingen d* 16 August 1806 Derselbe Ort, mein Wagen rollte schneller als mein Blut, derselbe, nichts besser, nur einsamer, aus meinem Garten hängen noch rothe Ebereschen in die Welt hinein, ich sehe alle Gänge die ich träumend umwandelt wachend wieder, ein glücklich gequälter Geist, an den Bergen streifen tiefe Wolken, die kleinen Mädchen find ich erwachsen wieder, der saure Wein ist süß gealtert und kann mich nicht füllen. Hannover hat mich im Schlafe beschneit, wegblasen mag ich ihn nicht, sonst erfrir ich, des Himmels Wärme muß ihn weghauchen. Liebe Zeit in Hildesheim, wie Böcklein zogen die Tage springend über 424
265
270
275
ÇNr. 473.EÈ
280
285
290
295
die Berge, über die netzartigen Heckenfelder. Die junge Frau wurde gewarnt, sie sähe bald gelben Sand statt gelben Waizen, sie war in ihren eigenen Flitterwochen geblendet. Reiner habe ich aus dem Feuer brauner Augen, alle Züge umlaufen sehen, ich dachte in mir wie der Schweizer bey der Kastanie Welch ein artliger Schneider, der die glatte Haut übergenaht hat. Ich ließ allein, wer allein sein mochte, mit den Geselligen war ich gesellig. Wir sahn um uns die Erndte reif, da kam ich nach H. und die bösen Nachrichten wie Heuschrecken. Sind wir vorbereitet? Eine schreckliche Nacht, meine Vorstellungen verwandelten sich, der gute Morgen war mir nicht gut, schmerzlich das Losreissen von so viel schönen Reiseplänen. Kürzer ist die Entscheidung als man denkt, ein Zutrauen floß in meine Seele, ich sehe ruhig nicht unthätig das Ende der Welt, wie der Antichrist die ganze Welt nach seiner Pfeife tanzen läst und doch das Häuflein der Gerechten nicht bezwingen kann. Jezt stehn wir allein verlassen, der aber den Morgenstern hält wird uns nicht fallen lassen, oder er giebt uns einen Leichenmarsch, daß alle Völker mit weinen sollen zur letzten Ehre. Anspacher Klagschrift kann ich nicht beantworten, zur blossen Untersuchung fehlt Ruhe und Zeit. Entschlossne treue Völker lassen sich nicht vertauschen. Es ist die Meinung eines Einzelnen, ich achte nur Volksmeinungen; die zum Entschluß kommt. Die Volksmeinung nur durch That widerleglich, entsteht nur in eigner Erfahrung; fremde gleichzeitige ist nur den oberen verständlich
9v
10r
Ç473.E An Bettina Brentano, 16. August 1806È 300
305
310
An B. B. Das Schicksal ist mir vorsichtig in die Zügel gefallen, um meinem Wege vorzuleuchten. Ich seh die Waffen nicht vor Flitterwochen es fiel mir wie Schuppen von den Augen Wir sind aufgeopfert, aber kein willig Opferthier. Der Sand wirbelt voll Lust, daß er getränkt wird, die Erndte ist reif, schneide sie wer die Sichel führen kann. wir wollen uns anklammern und einbeissen und den Feind zum Eigenthum machen Der Teufel will sich nicht mehr brauchen lassen, mit seinen Kräften, so muß er fallen. Ich spreche in so gutem Zutrauen, bewahren sie es, ich kann nicht dafür, es kann auch wohl alles schlecht und mittelmässig werden, im Frieden ist kein Heil mehr, im Krieg Verzweiflung, wie umnachtet mich Freude wie ich zu ihnen hinsehe. Fort mit uns wenn wir nicht würdig dieser stolzen Erde. 425
10v
Anhang III
Ç474.E An Louise von Schlitz, zwischen 10. und 30. August 1806È
Der Tante. Hildesheim Alles noch neu von den rothen Schuhen bis zu den rothen Schleifen, sie hatten einander viel zu küssen, ich viel in die weite Welt zu sehen, vom Jahre Verdienst abzubezahlen Gottingen Ich harre der Tage der Entscheidung wie eine Mutter auf die Geburt, in Furcht und Hoffnung. Geh ich nach Hause so will ich dem Drachen wenigstens die Giftzähne ausbrechen, wenn ich auch den vielfarbigen Windungen des Schlangenleibes erliegen müste. Die Felder müssen leer seyn wollen wir Lorbeeren erndten.
315
320
Ç477.E An Bettina Brentano, 30. August 1806È
11r
A B. B Göttingen 30 Ich bin aus einem Winkel der Bibliothek in den andern gerückt, zurückgekommen, doch verständiger. Die Erde sagen sie ist rund. Ich denke scharf und spitzig. Die Erde soll sich auch drehen, mir steht sie fest, die Sonne geht mir auf und unter, das brennt allen Transscendentalismus mit Feuer die Flammen des Frühlings herunter. Die Berge senken ihre Schatten in die tiefen Wasser. Die Wasser bleiben doch hell, das Thier haart, der Mensch häutet sich und trägt dieses ganzen abgestreiften Todes umher vom Baum wird die Erde die der Baum doch grün. Wir wollen nicht die faulsten seyn. Dies Transzendentale ist der Section gleich, die jede gewaltige That aus ihm od einem Theile des Körpers herleitet, da doch die wunderlichsten Körper gewöhnlich gar nichts thun als schmachten und eben nichts thun. Aber fremde Augen suchen einen fremden Grund. Fort damit. Es ist unser einziger Trost wo uns Menschen verschwinden, sie recht geliebt zu haben um sie rechtfertigen zu können. Es ist das Wesen der Freundschaft nicht zu lieben den einzelnen Moment der bezwingt durch göttliche Kraft, sondern die göttliche die göttliche Kraft in allem erkennen zu können, wo sie dem Gleichgültigen unsichtbar.
426
325
330
335
340
ÇNr. 480.EÈ
Ç480.E An Johann Wolfgang von Goethe, 1. September 1806È 345
350
355
360
365
370
375
380
An Göthe
Gottingen 1 Sept 1806. Eine trostreiche Erscheinung, ein Farbenräthsel überschicke ich Ihnen. Verwandlung des Schwarz in Grün. Waren es grüne Würfel mit schwarzen Punkten, womit Heinrich spielte, daß ihm die Punkte wie Blutstropfen erschienen. Ich sehe alle Tage die Sterne an, ob sie sich nicht roth färben, ich sage Tage denn die Nächte werden unter den Sterbligen auch zu den Tagen gerechnet. Wehe der Jugend, die in diese lähmende ungewisse Zeit fällt, wehe dem Alter das eine bessere Zeit sah oder keine bessre. meine Hoffnungen reichten bis Malta, da hält mich das einbrechende Schicksal meines Landes auf wenige Meilen beschränkt, so nothwendig und frey der Entschluß meiner Rückkehr ist, wer giebt mir das Leben zurück, was ich der Frucht vorzeitiger Hoffnung zugewendet, ich sitze doch kinderlos da, wenn ich gleich oft geboren. Inmitten stehe ich jeden Augenblick auf den Zehen um den entfernten Schimmer Ihrer gütigen Blicke zu ahnden, vor allem belebten mich die rauschenden Bäume, unter denen ich Ihnen zuerst entgegen trat, noch versieht der lebendige Strahl des Marktbrunnens wie damals zu ihrem Lebehoch Beyfall. Manches ist sonst Zeichen und Denkmahl geworden, was mir sonst frohe Zeichen gab. manches ist zum vernünftigen Gespräch geworden, was ich nicht sagen konnte, in der Bibliothek bin ich fortgerückt. Sonst erfreut mich das Hannovrische Reden, eine Posse von Kindern die in den Koth gefallen und sich an andern reiben, um nicht den Schimpf allein zu haben. Merkwürdig ist es wie die gelehrte Prahlerey und das Scheinwesen der Regierung doch eine Art Meinung gebildet hat, von der Vortreflichkeit des Landes, die der Augenschein kaum widerlegt Die Frage ist: ob es gut thut, einer bösen Kraft sich zu bemächtigen, um sie dienend gut zu machen, der Stier zieht weil er stossen kann. Fast mochte ich doch so etwas den jungen Kunstlern wünschen, Die Wissenschaft will sonst einen Takt in ihre schwingende Bewegung bringen. Der Philister rächt sie an der Wissenschaft, dem soll diese gleich alle seine rostigen Bratenwender in Bewegung setzen. Armer Winkelmann, die ganze winklige Stadt Braunsch: war für dich ein glühender Marterrost: Die Welt zwingt zu Frühreife und nennt dann die Früchte Eitel und wirft damit die reifenden ab. Ein Dolch mit dem ich gespielt wurde einer Freundin zum Todeswerkzeug ein Fremder warf ihn in den Rhein der Rheinische 427
11v
12r
12v
Anhang III
Bund ist über dem Blut geschworen Rächens jagend die Husaren darauf los, jeder hat soweit Vaterland, als sein Degen reicht was er besitzt ist sein Sattel und doch schwanken die Federbüsche recht hochsinnig obenhin, jede Noth hat ihre Zuversicht und wie aus einer dunklen Höhle nach langem vorsichtigen Irren wir endlich Hals über Kopf ungeduldig fortlaufen und zum leuchtenden Ausgang kommen so erwächst mir, da wir allein stehen eine Zuversicht. Meine Absicht ist in einem Volksblat das Nothwendige mit dem Vergnügligen zu vergegenwärtigen.
385
390
Ç479.E An Clemens Brentano, vmtl. Anfang–8. September 1806È
13r
An C. B. Gött. 8 Sept. Wer des Vaterlandes Noth vergisst, den wird Gott auch vergessen in seiner Noth. Wo liegt die Welt, welche der Kunst gehört, wenn du auch nur das letzte Schilf ihrer Küsten in wunderbarer Erhebung hast wehen sehen wir wollen tagelang sinnen, Flügel und Flossen bilden, um hinzulangen, mein Vaterland würde es mir gönnen, es hat mich nicht gebraucht sondern nur geliebt. Mein Dank ist nur, daß ich mit ihm fühle, ja daß ich denke, ich bin es selbst, Soldat ihm zu werden, das sey in seiner letzten Noth, aber was werth an mir hat, denn es ist besser als ich, das ist eben was ich jedem Mittheilen kann, diese selige Beschränktheit die mich daran festhält. Ich will kein Blat vors Maul nehmen, dann fürchte ich auch nicht in den Wind zu reden; ich will mitreden, mitleiden, aufmuntern vortrommeln, kommt mir aber der Feind zu nahe, so schlage ich ihm die Trommelstöcke um die Ohren, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Ich trete frisch auf, das Vaterland ist in den Menschen, das Uebrige mag in Flammen aufgehen Bey deiner Erzählung habe ich die Landschaft durch den Mond gesehen. Die drey Stadtschwager auf dem Thore hatten reden sollen, das Heidelberger Faß was es zum Bunde sagt Schlosser ist ein vollständiger Kerl, der mit der Welt ordentlich lebt, mit schöner Neigung das mit ihm aufgewachsene Talent der Riepenhausens schätzt. Was von der Genovefa nicht das reich Eigenthümliche der alten Bilder, aber ein Aufopfern alles Störenden, was doch auch Talent, es ist wie Tiecks Dichtung zu den älteren gehalten, es ist unsre gute Sache, sie ist geleistet 428
395
400
405
410
415
ÇNr. 485.EÈ
420
425
430
Oken ich dachte es käm ein verregneter Chorschüler herein, so demüthig nahm er sein spitzen dreyeckten Huth vom spitzen Kopfe herunter. Er freut sich seiner Wissenschaft in voller Unschuld, füttert jahrelang Schnecken um sie einmal beysammen beysammen beysammen zu sehen. Du setzest ein Iglein in aller Demuth hinter dich wie der Freymüthige im Ariel eingewickelt. Vivat wer ohn allen Ekel, selbst den ärmsten Gassenrekel. Das Licht breitet sich über Schönheit und Häßlichkeit gleich aus eben so ein guter Geschmack. Die Brunnen rauschen, lebendiger mein Sinn, ins Freye Und war es einmal da, einmal gefühlt, ja wer vermag es zu vernichten
13v
Ç484.E An Ludwig Wilhelm Gilbert, 8. oder 9. September 1806È
An Gilbert Bewahren sie die Höhenmessungen im Harz als eine meiner liebsten Beobachtungsreihen, jeder Standpunkt war mir ein neuer Aufzug voll wunderbar Ansichten und Erwartungen. 435
440
445
Ç485.E An Johann Friedrich Reichardt, 9. September 1806È
An Reichardt Göttingen d* 9 Sept Ein verlorner Plan ist mir ein weggeschossenes Glied auch die künstlichste Nachahmung kann ihm nicht die Frische der organischen Erfindung geben. Mein Plan ist mit Worten zu fechten in einem Volksblatte, der Preusse, das über aller Partey weil ganz Partey, fern von literarischer Wirthschaft am Lustigen soll es nicht fehlen, auch nicht an alten deutschen Erinnerungen. Müllers Posaune hat etwas von Münchhausens Horne, dem der Ton eingefroren, sonst finde ich dies Jahr bey dem Kriege mehr Gluth weniger Strohfeuer, mehr Gift und Geist, weniger Weingeist und, mehr Gewohnheit des unstäten Lebens, mehr Erfahrung und Benehmen unter den Soldaten, mehr Uebersicht, weniger Prahlerey unter den Offizieren es geht, es geht, an, an!
429
14r
Anhang III
Ç483.E An Bettina Brentano, 10. September 1806È
14v
15r
15v
16r
An B. B. Gött d* 10 Sept Ich lese ihren lieben Brief wieder und finde daß ich so manches verbindliche schöne Zwischenspiel über die zerreissende Wahrheit vergessen habe, es ist gar ein heller sonniger Sonntag heute gewesen, auch so ein schönes Zwischenspiel der nutzlos thätigen Unruhe, die in vielen Tagen herbeyschafft, was der Krieg in Augenblicken zerstört, ein Haven vieler bangen Beklemmungen, wo die Segel trocknen und die Wimpel einander die Lüftlein zuweisen. Doch ist das gröste Kirchengebäude selbst wieder ein Schif, worin die kleinen Kähne wie Menschenherzen spitzig und rund einlaufen; während diese darin geankert haben, treibt sie selbst diese Kirche umher, jene wissen es nicht, bis sie an ein anderes Schif an eine andre Kirche anstösst und zerschellt. So geht es immer noch weiter hin, schwimmt doch die Erde im Aether und sehn wir in unsern Tagen neue Planeten entdeckt werden, vielleicht entstehen, so sind das vielleicht die Trümmer unglücklicher Luftschiffer, die ihr Heil in der himmlischen Bläue suchten. Der sichre Haven, wo keiner auf der Wacht zu bleiben brauchte, findet sich doch nirgend, aber auch nur ein Stündlein ausruhen an befreundetem Herzen, es ist das erste grüne Plätzchen nach langem Boten laufen auf dem heissen Steinpflaster da will ich mein Ränzchen hinwerfen mein Feuerrohr und mein Schicksal. Ich war heute mit Blumenbachs nach Mariaspring, ein Felsenbusen voll prächtiger Eichen, ein helles Wasser füllt vorne ein ausgehauenes Becken, worüber ganz wunderbar eine Buche ihr breiten schattigen Arme deckt. Die Felsen hinein wurde getanzt, quer über den Tanzenden von einem Wipfel zum andern flogen die Kugeln aus den Büchsen zum Ziele, ein eigener Tackt des Schicksals, der doch endlich auch mit der Melodie des Tanzes sich zusammenfügte. Der Drang von Menschen war bald so groß, daß es an allem fehlte, nur nicht an Pulver und Bley. Es gingen manche verlorne Kinder umher, meine Damen waren daher zu anständig zum Tanze, das that mir leid, ich habe selten so viel Lust zum Tanzen gehabt, ich hätte wohl so einen alten Baum beym Kopfe nehmen mögen und ihn herumstänken, daß die Krone gewackelt vor Vergnügen, ja ja hiebevor da wir Kinder waren und die Zeit war in den Jahren, daß wir liefen auf den Wiesen, von jenen herwieder zu diesen, durch unsre Stunden Violen wunden, da sieht man nun so hinein!
450
455
460
465
470
475
480
485
430
ÇNr. 501.EÈ
490
495
Dank für jeden Gedanken, den sie mir bewahren, ich lasse keinen fallen, ich nehme auf, lerne und streite, nicht um zu streiten, sondern um zu lernen, es ist ein heilger Streit, und so will ich dann hitzig der Fährte nachgehen, wenn ich auch endlich, da ich mein Gewild erreiche, statt es tödten zu können mich niederwerfen, und anbeten muß. Wer die Wahrheit einmal nicht fühlt, fühlt sie nimmer, versprechen kann man sich nicht verfühlen, das gebe ich ihnen nimmer Schuld und jenes. Ich vermuthete noch Ausdrücke, wer deren Meister wäre könnte die Welt versöhnen, meine Meinung ist aus einzelnen Blättern einer Lebensbeschreibung gelesen, die ich künstlich ergänzen muste. Ich glaubte Sie ihrer Freundin nicht so nahe verbunden, als ihre Güte und ihr Schmerz ihnen einredeten, der Selbstmord ist immer ein Losreissen von seinen Freunden und kann wohl den wahren Freund am härtesten beleidigen, daher vielleicht manches harte Wort von Ihnen.
500
Ç486.E An Andreas Christian Friedrich Wilke, 11. September 1806È
505
A Wilke d* 11 Sept. Quittung für den Wechsel Çauf Fredersen .................................. È. Ich lasse meine Wünsche in den allgemeinen aufgehen, daß wir nicht mehr bittweise, gleichsam im Alttheil leben, besser ist Untergang, statt dessen ich auf den Aufgang warte. Ç489.E An Rudolph Zacharias Becker, 19. September 1806È
510
An Becker d* 19 Sept 6 Ich habe manche hübsche Sachen gekauft durch Zufall, die Kunst heist dem den Zufall benutzen. Eher wird es nicht gut, bis es nicht die Menschen zum hochsten Glück schätzen, Martyrer zu werden. Ç501.E An Hans von Schlitz, 14. Oktober 1806È
515
An den Onkel d* 14 Oct Göttingen Kleine Stecknadeln, schlecht im Stich, doch erinnernd und die Erinnrung festhaltend, schicke ich dir, Kupferstiche der Gegend. Aus dem Hessischen Löwen ist ein Hessischer Hund gewunden, die Zensierungswogen werden über ihm zuerst zusammenschlagen. Wenn nicht alle wirken ist alles verloren. Aus der Löwenburg soll eine Krähenhütte werden Der Himmel erhalte dich und deine Bäume, die Zeit ist ein Prüfstein aller Welt, wer da echt bleibt, der ist etwas werth. 431
16v
Anhang III
ÇLage IIIÈ
520
Ç462.E An Clemens Brentano, Berlin, 16. Juni 1806È 17r
17v
An Clemens 16 Juny Karsdorf Stempel, Titanensturz unter Bergboden geschlossene Knochenperiode, viele mit mir beschäftigt u Schriftstellertrost Hahn Comödie Winkelmanns Tod, dessen Todtenmarsch in der Tischmusick. Wir haben doch schöne Zeit zusammen verlebt, wenn gleich ein vierfacher Thierkreis dazwischen liegt. Ich seh ihn wie er sich die Haare wegstrich und waren die weggestrichen, so lag hinter der Eitelkeit doch eine Stirn voll schöner Hoffnungen, er hat nie die Zeit getödtet, die Zeit tödtete ihn. Das viele Scheinen war ihm zum Fortkommen nöthig, darin ist er verblichen ohne zu wärmen, er fiel in eine Schule, die ohne Steigen das Höchste zu erreichen meint, blos durch Hinauflangen. Die Poesie sah ich an ihm als Mensch, keiner meiner früheren Bekannten hatte Muth zu ihr, ich lernte das Fertigwerden an ihm, die Lichtpunkte in den Augen die alle ansahen. Damit nicht seine Hoffnungen verfliegen, wollen wir sein Bestes sammeln, wenig aus seinem Leben dabey, seine Heldenstiefeln drückten ihn mehr, als sie andre zertraten. Viele sind hart gegen ihn verfahren, wer kennt nicht die Philister, wenn ihnen einer ein Bisschen ungeschickt um die Ohren schwirrt, dem stecken sie so viel Licht an bis der arme Nachtvogel die Flügel darin verbrennt. Theater. Lechsende Hunde von Menschen. Boitzenburg Seen die sich dreymal zu den Buchwäldern um wenden, um die dichten Kronen zu nähren. Prenzlau Grauliche Mädchen, Gerede. Was einem nicht alles in lichtfreudigen Tagen Spas macht, wie Bologneser Stein leuchtet man noch in die Nacht hinein Friedenfelde. Politik. Die meisten Leute bleiben auf einem Punkte, der sie besonders interessirt. Darum sind so wenige zur Thätigkeit zu bringen, weil sie die enttäuscht.
525
530
535
540
545
Ç463.E An Sophie Brentano, 16. Juni 1806È
An S. B. Mein Zeitmaaß ist ein Sieb, Es läuft aus tausend Löchern, Doch was wie Sand durchtrieb, Fliegt licht mit bunten Fächern 432
550
ÇNr. 461.EÈ 555
560
565
570
575
580
585
590
Und wenns nicht mehr gehört, Sie machen mir doch Kühle, Ganz lustig und bethört, Ich fühl der Luft Umwühlung. Ganz frisches neues Bett, Sie machen mir in Lüften, Und früh und spät ja spät, Die füllen sie mit Düften. Vor Augen hab ich sie, Die englisch schönen Stunden, Vergangen sind sie nie, Ich hab mich noch gewunden Ihr Wasser jungfern blau, Euch hab ich so umwunden, Wohl durch die faltge Au. Aus meiner Urne Wunden Der Herrscher sitzt dabey, Ich sollte nicht so fliessen Die Urne ist enzwey Nun muß ich mich ergiessen
18r
Ç461.E An Bettina Brentano, 14. Juni 1806È
An B. d* 14 Juny. Nachdem ich mir durch Pfeifen Luft gemacht, kann ich für alles Schöne Ihnen etwas Schönes sagen. Ich zeichne mir ihre Hand dabey, wo bau ich dem Büchlein einen Schrank, dem Schrank ein Haus. Ich glaube sicher ich habe von dem Büchlein geweint. Ich klopfe an die Thür des Königs, bis er sagt daß er erst am Leben seit er gemalt. Ich gehe zwischen den Reihen umher lustwandelnd welch ein schattiges B. ich tanze. Ich höre ihre Lieder, aber ich weiß schöne Frauen haben kein Feuermahl, aber ganz bärtige Stimmen. Hahns Theater Winkelmanns Tod, den sie früher lauten horten, trafen zusammen, die spielende Pracht und die stille Hütte guter Hoffnungen wie ein Hygrometer das jeden Augenblick die Kappe abzieht und aufsetzt ärgert. Ich spinn mich in alten guten Erinnerungen ein. Er hat sich die Steine seines Denkmahls gestrichen und gebrannt. In ihm sah ich die Poesie in der Kraft und in der Mühe wie jedes andre Ding. Er ist ein Widertäufer, wozu ihm die Kraft fehlte kommt später zum Daseyn, 433
18v
Anhang III
diese Keckheit im Unternehmen, augenblendes Beginnen stolzes Verschmahn Ç466.E An Clemens Brentano, 1. Juli 1806È 19r
19v
20r
An C. B. d* 1 July. Deine Wanderungen rissen mich zu Dir, wie das Kind den Stein befühlt, woran es sich stösst, so muß ich mir alles doppelt denken, wobey ich nicht gewesen. Ich schicke Dir ein Sträußlein, von meinem Boden, es muß durch die Laute geflochten werden, spitze die Ohren hieher, denn sie klingt hier so einzig wie in Erfurth die grosse Klocke. Ich habe mir das Hinstarren in allerley Erfreulichem mir angewöhnt, daß ich mich oft unterbreche, daß die Sonne scheint ist mir nicht genug, daß der Garten in Früchten blüht nicht ungewohnlich, daß ich alles höre was ich mir sonst denke in der Ordnung daß ich zu Wasser fahre findet sich ich laure ob mir Gedichte in den Sinn fallen, wenn ich nur Zeit zum Aufschreiben hatte, aber ich brate mich so gern an dem göttlichen Feuer der Sonne. Reichardt weckt mich gestern den Mond im grünen Silber seines Gartens anzusehn, die langen Schriftzüge der Schatten, es that mir herzlich leid, daß ich ihn nicht bis im letzten Vierthel sehe So führe mich denn Schicksal weiter Ich bin dein gnädger Ausarbeiter, Was du gemeint, In mir erscheint Willst du hier naß, So piss ich was, Willt das hier trocken So kann ich Feuer locken
595
Ich sehe nach dem seligen Lauchstädt, ich habe es im frischen Anbruch meines Lebens gesehen, ein Ausbruch betrunken, daß ich mir unter den Bäumen davor Spornen anschnallte, blos um ein lausiger Student mir zu scheinen. So fessellos und so ergeben komm ich mir jezt in meinem damaligen durchätzten Schlafrocke wie ein Genius vor. Wem der Böse auf dem Dache sitzt, und immer Pferdeäpfel in die Welt wirft, die er unten in einer Retorte umrührt der sich aber nicht stören läst immer abzusitzen der Zucker liegt unten in der Neige vom Kaffe, vielleicht ists mir damals sauer angekommen
620
434
600
605
610
615
625
ÇNr. 467.EÈ
630
635
640
645
650
655
660
665
Arndts Geist der Zeit. Hat der Mann noch vor Augen gehabt. So miserabel habe ich meine Zeit nicht verkannt ich kenne die Fäden die abreissen, damit die Figur drin erscheint. Mein Vaterland dankt Deutschland nichts als Verwüstung und hat es zweymal gerettet, was zeigen seine Vorwürfe als die Uebelthat der Schwäche, die sich aufgiebt, weil ein andrer ihr nie ganz helfen kann. Wenn einer ein Schattenspiel gebe in glühenden Abendroth, Comus und Amor gingen auf Stelzen das Volk wüste es nicht hielte es für einen Lavastrom worin die Engel das Amphi theater zum jüngsten Gerichte aufschlagen und es stünde da wie eingewurzelt, könnte sich nicht trennen von der Erd scholle und die Scholle nicht werfen gegen die Spieler, ist der nicht besser dran, der mitspielt? Varnhagen. blond lachelnd, zierlich, ordentlich tief im Griechischen, macht sich nicht viel Gedanken, sein Stammbuch wie die Lade einer Meistergilde
20v
Ç467.E An Bettina Brentano, 12. Juli 1806È
An B. Gieb: 12 July Sie hatten ein Stücklein Welt angebaut und wurden losgerissen, als es blühen sollte, doch verweilen sie bey dem Häuschen, wo selbst den Fischen ihr Bischen Licht zugeschlagen. Frömmigkeit, wenn das alle könnten wäre die Welt bald fertig. Was rings mich erfreut ist mein, es ist so viel für mich geschehen, daß ich nichts für mich thue, wer hat all das Herrliche Verschüttete die große Erdstadt ans Licht gezogen. Meine Gedanken färbe ich mit der Fremde, das hält Sonne und Regen, der schöne Morgen schlängelt sich in bunden Gängen hindurch. Meine Freude kommt spät, so geht es allem Herrlichen in der Welt, es muß sich darin erst erkennen, um von ihr erkannt zu werden. So ist das Geheimnis der Laute hier ausgedacht, sie ist schwer zu stimmen, darum muß tagelang im selben Ton gespielt werden, wie recht. Schöner Abend in Lauchstädt dem ich nach ganzer Seele nachträume einerley ob es nicht wirkt, so hat es auch nichts verwirkt. Mit der Blumenfackel leuchtete ich durchs Korn den Gesellen vor, war doch ein Steinregen gefallen, wer findet die schiessenden Sterne. Alles Talent warum muß es einzeln und einsam seyn? Könnte ich Sie zusammen spiegeln mit L. Sie sind hier in einem anmuthigen Töchterlein aus Wetzlar, ich gab ihr den Namen sie hat den Ihren. Ich habe einen Sitz wenn alles fehlt; 435
21r
Anhang III
so bin ich da vergnügt und mach mir ein klein Wäglein aus Eisenhüthlein und denke ich fahre zu ihnen: Immermehr und Nimmersatt, Hangen sich stets an die Güte Wer die Finger spitze hat, Meint die Hand in dem Gebiethe
670
Ç470.E An Leopold von Seckendorf, 18. Juli 1806È
An L Seckendorf Gieb d* 18 Unternehmungen sind die einzigen Luftbälle die nicht zur Erde müssen; Göttingen mein alter Ameisenhaufen, es ist ausserdem ein Paradies. Hier bin ich wie ein Baum eingewurzelt, die Weltgeschichte rings ist mir eine reine Zeitung Allen die sich im Jahr einmal nach mir erkundigen viel Herzliches, Glück zu Allem allen, Ihnen ins besondre.
675
Ç471.E An Friedrich Carl von Savigny, 23. Juli 1806È 21v
22r
An Savigny Gieb: 23 July 1806 Nürnberg kann ich nicht billigen ich verliere zuviel dabey das Kind sieht nicht das Licht sondern Häuser, ich dachte jeden an seiner Stelle zu finden – aber ins Schlimmere rollet die Zeit und kann nicht zurück. Aus freundschaftlicher Schuldigkeit sollte ich von meinem Wandel erzählen, den habe ich schon hin und wieder beschrieben er hat mir keine Originalität mehr, ich weiß nur daß ich von den blau schwarz blau weissen Augen der kleinen Bettine träumte ÇxxxÈ sie es mir, wenn die Mutter es beym neuen Spielzeug vergessen, ein rechtes Wohlleben so als Mutter die Zärtlichkeiten als Pflicht ausüben, sich als Verdienst anrechnen es thut mir alle Montag leid daß ich nicht in mehrern Wochen komme. In Lauchstädt eine prächtige Woche, Egmont, ich hatte nicht Zeit zu sehen ob es gut oder schlecht gespielt, das Haus war eine Taucherglocke worin wir in eine entzetzliche Kunsthitze und Tiefe herabgelassen, die natürliche Tochter führte mich ganz in die merkwürdige Zeit, die uns umwirbelt. Wie traulich dann mit ÇxxxÈ Egmont ÇxxxÈ und Eugenie in der Abendschwühle über einerley Bäumen sich abzukühlen, die einem Aengste und Hitze in den Leib gejagt, es ist so schön das Vergessen und die einzige Vergebung der Sünden mag das Vergessen seyn. Wenn sich die Zeit nur vergässe in Frankreich vielleicht. Selig auch beym Wein, auch wir, selig die Felsen an denen der 436
680
685
690
695
700
ÇNr. 472.EÈ
705
Rheinhang klingt selig die Kehle an die der Wein klingt, der Geist schwebt an als Reiher holt sich manch blankes Fischlein, ringsum sehen zu lauter liebe sächsische Leutenants Hallische Herren die gegenspringenden Lachse, ein einsames Licht leuchtet an der Bude, Irrlichter leuchten nach Hause Çvmtl.
kein ExzerptÈ
Hildesheim Es ist so erquicklich einer schönen Zeit die Tritte zu erleichtern, allein zu seyn und sich zu gesellen, wie es die Gelegenheit will 710
715
720
725
730
735
Ç472.E
An Clemens Brentano, 16. August 1806È
An Clemens d* 16 August 1806 Heinses Briefe sind ein freudiges Hinaussetzen aus seiner Zeit das auch der unsern in lauter Wollust den Tod geben könnte. Das Herrlichste für sich der Brief an Gleim über italische Land und Luft als Einleitung des Peterrsges Der Brief an Wieland Dedikation von Göthes Göttern. Bey Müllers Brief∧wechsel begreift man nicht, warum sich beyde Leute schreiben, die in ihren verschiedenen Dialekten einander nie verstehen. Jakobis Schrift ist eine Art Knochen∧beylage zum guten Fleisch, er beweist daß er nachlässiger mit seinen Freunden als mit sich und ihre Ehre S 47 lieber als ihren Vortheil aufgebe, übrigens kein Spitzbube sey. Nachdem ich jene, dann dies gelesen war mir wie heute wo ich bey Kommerschkören eingeschlafen und von einem alten Weibe auf der Spitze des Hause durch ein geistlich Lied durch die Nase gesungen geweckt wurde Beireis. Ein kleines trocknes Männchen mit grossem ÇxxxÈ Herzen und kleinen grauen Augen stets seidnem Unterfutter und Steinschnalle ein Genie der kleinsten Reichsstadt, der reine negative Gegensatz zu Göthe. Er hat es mit Bonaparte gemein, wunderbar viel zu besitzen und noch wunderbar mehr darüber zu lügen. Die Welt hat er in 36 Definitionen, in der lezten Stunde kann jeder erfinden, was er will und in der Zeit die er dazu bestimmt, die Mechaniker können es aber gewöhnlich nicht ausführen. Unterricht ohne Kinder in einem wüsten Hause wo statt der Kochtöpfe Retorten am Herd sich kocht in einem öden Garten, bey zwey alten Katzen lebt er der die Welt zu besitzen meint, alles nämlich was ihm darin lieb, abgeschlossen von 437
22v
23r
Anhang III
23v
aller Entdeckung seit dreissig Jahren steht er darin, wie der wunderbare Schäfer im Harz, der viele Jahre geschlafen und sein Hauß kaum kennt, alle Menschen verändert findet, lauter Halbwissen, Gotteslästerung, er kennt und sucht nur noch die Sachen in der Welt, glaubt von allem das erste und letzte zu besitzen. Er ist wie das arme kleine gelehrte Wunderkind, so einsam, so verlassen und doch so besucht, von seinen ältesten Bekannten für einen Narren ausgeschrieen. Doch hat er Menschenkenntniß, bringt jedem das Seine, weiß doch meist, was man durchschaut und was man anerkennt. Hin und wieder auch glückliche Gedanken Er drängte mich seinen Diamant zu sehen, ich fragte mystisch, ob so etwas wohl gemacht werden könnte? Er: das Brennliche kann wohl nicht auf einen so engen Raum verbunden werden. Seine späteste Zeit bezeichnen die Gemälde, er schätzt nur die wobey Hunde bellen, Consistorialräthe weinen. Was ich will das habe ich, welchem Chemiker hat die neue Chemie einen Groschen eingebracht, er spricht dreymal schneller als jeder denkt an drey Sachen zugleich, das hat seine Zunge abgenuzt, aus seiner Wade hat er unsichtbare Präparate geschnitten, wer spottet wird zum Wunderhause hinaus geworfen. Ein wissenschaftlicher Donquichote schien er und die Gemälde eine edelmüthige von ihm kommandirte Garnison, die aus der Kammer mat und lichtscheu hinaus wolte um aus den Kase∧matten einmal an die Luft geführt zu werden. Durch Göthe wuste ich eigentlich schon mehr von ihm, als man eigentlich wissen kann, nämlich alles was er nicht machen werde. Er Die Mechanik ist um dem Menschenverstand Ehre zu machen. Ich Der Mensch ist um der Mechanik Ehre zu machen die Rechenmaschine klappert und ruft
740
745
750
755
760
Ç454.E An Johann Wolfgang von Goethe, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806È r
24
ÇFortsetzung des 24v begonnenen Eintrags:È der ihn statt der Bezahlung tüchtig ausschimpft, er geht ihm endlich mit dem Messer zu Leibes da wendet sich das Blat, der Franzose bekommt Schläge, die Gewissensbisse roher Naturen, je mehr er schreit, jemehr lacht das Volk. Pantomimische Zoten dabey wie in der alten Komödie. Der Voigt in Warnemünde entwickelte mir die Rechte der Stadt, der Herzog ist nur wie ein Gast, sie dürfen sich einige lächerliche rothe Soldaten halten, die von zwey mecklenburgischen Prinzen in einen Sack geschoben wurden. Darin schreien sie Abends die Stu438
765
770
ÇNr. 443.EÈ
775
780
785
790
denten Brumberen an, Wie können dieses Kerls das Meer ansehen wie es schwenkt und scheltert. Auch unsre Flagge spiegelt sich nicht mehr darin Rostock. In der Unruhe ruhig, ich habe kein Schiff auf dem Meere, viel Bankerute, dreizehn Spielbanken von reisenden Beobachtern gehalten, ein Spiel auf Leben und Tod. Der Champagner fliest nicht, alles hängt zwischen der Vorsehung und ungeheuern Provisorien. Wo hoch gespielt wird da giebt es viele politische Lügen. Auf dem Markte drängt sich starrend das liebe Vieh und die schwarzen Bauern, dazwischen die Pferdehändler abgehärmt mit grossen Backenbärten lustiger die Kinder mit Peitschen und zinnernen Spornen, ich kann vor keinem Hause vorbeys, so viele schöne wohlerhaltene Giebel der ältesten Baukunst sah ich nie. Nur der Schiffgeruch kann mich noch höher erfreuen die Wolken thürmen sich rings wie Genua unter den Bäumen zwischen den Reihen der Buden, in dem Gedränge im Anrufen warum sollte mir nicht so wohl seyn wie da. Auf dem Markte ist auch ein Harlekin, er muß im Puppenspiel einem Franzosen das Schleifrad drehen,
24v
ÇLage IVÈ Ç443.E An Clemens Brentano, 18.–22. April 1806È
795
800
805
Aus dem B. an Clemens. 19 April. Ich studiere jezt in der frischen Sonne darauf die Nase wie ein Puthahn mir über das Maul hinunter zu lassen, daß ich mir das Kinn damit kitzele, marschiren und Federsprützen wie ein Puthahn kann ich schon, seit mir so viele frohe Ereignisse wie der Frühling kamen. Das Unbegreiflichste ist oft das Liebste und alles berührt sich in der Welt durch Magnetismus, Elektricität und Willen Gottes, gewiß aber ist es, daß alles nur einmal zur Darstellung kommt, darum ich kein Puthahn werde, eben so wenig ich etwas darstellen könnte, was du darstellst. Ein Wettstreit in der Poesie muß dem Ueberwundnen mit dem Tode bestraft werden. Es ist so viel noch zu thun und in jedem Winkelchen ist Platz zu einer Welt. Da lese ich jezt mit Verwunderung die Briefe eines Franzosen, der in seinem Dachstübchen unerkannt ein Prophet, eine ganz gott ergebne Seele, der wenn er es recht glaubte, sich mit Dreck schmieren würde – wie jener im alten Testament, der lebt in einem Dachstübchen und in wie grösserem Geiste gehen seine 439
25r
Anhang III 25v
26r
Angelegenheiten als dessen, der jezt Europa beherrscht. Das soll uns wohl das menschlige Unvermögen in dem grossen Schicksale der Welt bewähren, daß es gerade durch die Hände der Schwächsten sich zum Besten wendet. Ich bin wieder wie in Trages, im klingenden Walde mit dem knallenden Rohre durchstreif ich die rauhen Berge von Monserate, den Gipfel und Preis der Allmacht Gottes. Ein grimmer Roreif hat roh die Frühreife des Frühlings abgerissen, die Aeste liegen am Boden, ich singe allein im Walde, daß sich die Ameisen in ihren Löchern verkriechen und die wilden Vögel alte Knochen tragend sich bey mir sammeln. Mein Onkel würde die Welt voll wunderbarer Bäume und Stauden pflanzen, wenn sie seyn wäre, jezt ist sein Gut wie der Nabel von der Fläche durch lustige Abwechselung geschieden es ist wie der Vogel unter den Fischen in dem künstlichen Glasapparate. Seine Freude ist das Schaffen, seine Mühe das Erhalten, wenn er sich so den Schöpfer dächte, so wäre er nach seiner Natur ganz ausgesöhnt. Meine Tante ist durch ein schwaches Gesicht von dem Genusse seines Treibens geschieden, sie hört nur seine Klage, ihr ist ein reicher Lebensgenuß in der Geselligkeit und das Land ist hier einsam, so ist des einen Freude in des andern Leiden begründet und des ersten Freude durch das andre Leid beschränkt.
810
815
820
825
Ç451.E An Clemens Brentano, 1. Mai 1806È
26v
An Clemens d* 1 May Endlich muß sich alles finden, wenigstens beym jüngsten Gerichte, Arm und Beine finden sich da zusammen um mit einander zu leiden Ich sah heute den Kampf der Störche in ewigen Kreisen drängte sich der dritte an die zwey Verbundenen, er wurde verjagt, aber wer ist Sieger, der der im Neste angeschlossen, oder der frey entflieht, jenem ist alles Hölle ausserhalb diesem kleinen Neste, diesen alles Himmel. Frisch auf wie die Welt, alles Schnelle ist gut nur die Sünde ist träge. Çvmtl. keine ExzerpteÈ Die Festigkeit und Beweglichkeit des Eigenthums scheint ein Hauptzeichen freyer Verfassungen, aber es scheint auch, als wenn das Eigenthum durch alle Arten der Festmachung gehen müsse, ehe es zu seiner sicheren Beweglichkeit gelangt, man hat fast an allen Orten mit Lehnen angefangen und mit Allodien aufgehört. 440
830
835
840
ÇNr. 452.EÈ
845
Ich glaube man kann Lessing die Ansicht im Vogelflug gönnen, wo die gröste Eiche ihm wie ein grüner Fleck erscheint, den er mit seinem Fuß deckt, wir sind im Schatten der Eiche. Ç452.E An Bettina Brentano, 11. Mai 1806È
850
855
860
865
870
875
880
An B. d* 11 May Wir hatten gestern das erste Gewitter fern unhörbar, unser Feld war so bestäubt, daß es sich gern gebadet hätte, da musicirte ich gewaltig auf meiner besten Geige, verlor mich aber so darin, daß ich mit meinem Bogen dem Gewitter das feurige Auge ausstieß, es ward danach still und ließ nichts weiter von sich sehen oder hören. Ist es mir mit Ihnen so ergangen? Zu weilen wenn ich aus meinem Fenster in den Garten sehe, wie der Wind die Kaiserkronen, Rosenäste Narcissen zusammentreibt, oben Kirschblüthen, Apfelblüthen und wie dann jedes thut, als wenn sie sich einander zu beugten, sich viel zu sagen und sich mit einem andern nicht Zeit habe, und was dabey heraus kommt, daß jedes an seiner Stelle bleibt, wo es hingestellt, da denk ich auch wohl, daß ich nur darum allen Nachrichten von ihnen entsagen muß. Wenn ich hier verzweiflungsvoll einem Falken durch das Dickicht nachschleichend nach gewunden, und ich komme an einen Teich, so denke ich nun da steht Christian listig lauernd, wie er Frösche todtschlägt, wenn einer den Kopf nasengrün heraussteckt, und beweist mir solide, daß dieses eine edle, sogar die einzige Jagd. Meine Flinte ist ein kleiner Gott, stets bereit zu seinen Orakeln versagt er nie spricht er bestimmt und leicht und treffend. Mit Federn geschmückt tret ich in mein Zimmer und sehe wie im Schattenspiele die Wagen über Rande der Berge gegen die helle Luft ziehen. Die Nachtigallen wollen den Spatzen im Singen Unterricht geben, die ärgern sich so gewaltig daß sie für sich lieber in dem Boden bey meinem Zimmer herum singen, so mach ichs auch, und singe und schreibe manches meiner Art, wie die übrige Welt mir erlauben mag. Nicht weit von mir hört ich ja auch den berühmten Juristen auf seiner kleinen Orgel Walzer spielen, es ist das einzige Menschlige an ihm, sonst ist er durchaus so über irdisch, daß er vom Pferde gefallen, sonst ein magrer Stubensitzer jezt bey der geräucherten Nahrung sitzen so gespannte Backenknopfe an ihm daß er bald nicht mehr der schönste in seiner Haut sondern ausser seiner Haut seyn wird. Ueber mir schlafen sieben Dirnen, mein Ofen steckt eine neugierige Rauchröhre hinein, über dem Jungfernneste klappert 441
27r
27v
Anhang III
28r
der Storch in seinem Neste entsetzlich, über dem Storche ziehen die Wolken über den Wolken die Sterne, über den Sternen sieht es tief aus und ich mag nicht hineintreten, so bleibe ich still bey mir Ç453.E An Georg von Mecklenburg-Strelitz, 13. Mai 1806È
A. H. D. 13 May Wir sind nun unter einer Krone zusammengesperrt wie Küchlein, die Bauern werden nie Sontags tanzen, das alles habe ich prophezeiht doch möchte ich nur die Blume haben, welche zur Besitznahme abgepflückt. Hier gehören wir eigentlich nicht mehr der Erde, die Archimedischen Hebel sind eingesetzt, Eichen und Buchen, sind eingesetzt um sie aus ihren Angeln zu heben und wirklich scheint es aus der Menge rother, grüner gesprenkelter, bepelzter und spitzblättriger Gewächse, daß ein Stück von Ostindien hieher gerissen, wo ein Dutzend Braminen unter einem Blatte, Schatten, Nahrung und Feurung finden. Mitten in dieser Pracht reite ich auf einem einäugigen Pferde, man hat genug Beyspiele von einäugigen Schönheiten, eine trefliche Vogelflinte hängt mir über den Rücken, ein Falke der sie fürchtet zieht so schnell in die Höhe, daß er in die Mondsatmosphäre fällt, und dort gilt er für einen Held, der alle Hindernisse glücklich überwindet Ç456.E An Johann Friedrich Reichardt, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806È 28v
An R. Wie die Natur die Jahre zu wiederholen, wie schön, Wie ein gleicher Tag zu kommen und zu gehen, die langen Lowenheilinschen Thaten in eine Corespondenz zwischen den erschossenen Husaren über seinen Rückzug in die Unterwelt, er wird ermahnt bey seiner bekannten Loyaute die angebrannte Pfeife Taback zurückzulassen, weil in der Unterwelt nicht geraucht werden dürfe. Zulezt sperrt er den Eingang, so bleibt alles am Leben. Ich schliesse meinen Aufenthalt bey dem travestirten Wilhelm Meister von Kotzebue. Statt aller Aufzüge sah ich doch den Aufzug der Bäume hörte die neuen Glückkinder, sehe den offnen Vorhang ihres Himmels, diese heitre Ruhe zur Geistesgemeinschaft der Arbeit.
442
885
890
895
900
905
910
ÇNr. 399.EÈ
Ç388.E An Clemens Brentano, 6. oder 7. September 1805È 915
920
Himmelsstationen. 1 Der Himmel ist sehr hoch und wir wissen eigentlich nicht wie er ist, besonders, woran die schweren Wolken hängen. 2 Es trauert im Sack und in der Asche, schon spielen die himmlischen Tropfen melodisch über die Steine. 3 Er deckt die Berge mit perlmutternem Schild und wir denken an die befreundete Ferne. 4. Er reisst blau auf, der Rauch steigt straks hoch, gerade quer durch die Wolkenstreifen, wir machen das Kreuz über das Brod was wir essen.
29r
Ç399.E An Friedrich Schlegel, 18. Oktober 1805È
925
930
935
940
945
An Fr Schlegel über die Volkslieder 18. Okt Meine Gedanken verziehen sich wie die Weinlese und meine Reise zu Ihnen, ein Paar habe ich des wegen in fremden Boden eingepflanzt. Es schien mir besser was mir eigen nicht dem Fremden eintreten zu lassen, als die Flügelmanner für meine Garde auszulesen. Ihr Urtheil macht mir Freude, nur das offentliche Urtheil empört mich, denn die Kritik ist eine Heimlichkeit. Ich hätte manches sagen können über die Anordnung, wie frühere und spätere Gedichte einander die Hände reichen, aber immer abwärts, mir war es aber um den Eindruck, den diese Anordnung bewustlos erweckt, der Leser hätte den Angelhaken früher als den Regenwurm sehen können Ich bin auf die Lieder wie der Teufel auf arme Seele, und kriege ich eins von Ihnen, so haben Sie den Gottessegen obenein. Zum Kriege sage ich nichts, in Sagen ging die schönste Welt unter darum, sage ich auch nichts weiter über die Volkslieder – daß die Welt und ihre Zeit nur leicht und angenehm vergehe! Das Mark altdeutsche Geschichte in ihrer Prosa zu sammeln darf ich im deutschen Publiko die Knochen erwarten, es zu fassen? Sässe der französische Adler einmal auf dem trocknen Aste, den die Bäume hervorstrecken um die Blätter zu fangen, ich wollte ihn nicht fehlen, und wäre doch doppelte Adler erst auf dem grünem Zweige, er würde auch mich erheben. Mehr erfahren heist sicherer bewahren
443
29v
Anhang III
Ç402.E An Clemens Brentano, etwa 10. Dezember 1805È 30r
Der Händedruck französischer Freundschaft sprengt einem die Adern. Der Sammler steht auf dem Seile, er muß ruckwärts oder vor, denn das Stehenbleiben ist das Schwerste.
950
Der Ehestand ist der Grim darm des Lebens, wir haben nicht immer Bauchgrimmen, aber wenn es ist, so ist es da. Den weissen Acker pflügen, ich meine schreiben, und Schlittenfahren das ist einander entgegen gesetzt, bey jenem kommt man zurück, bey diesem gewöhnlich vorwärts Der Dürer bey Holzschuer ist das höchste was künstliche menschliche Hand nach funfzigjähriger Uebung mir gezeigt hat. 30v
Die äussere Ansicht der Kunst als etwas blos historischen ist wahrscheinlich die zerstörendste, die Kunst ist eigentlich da zu beweisen, daß die Historie nicht die einzige Kunst. Die historische Ansicht schneidet im buchstäblichen und im allgemeinen Sinne die Holzschnitte aus dem Buche heraus wozu sie gehörten und vernichtet so beyde. Für die Kranken wer hat die Poesie sie gesund zu erhalten im Geiste, daß sie selig sterben können, ich kann ihnen nur sagen last euch die Geister des Vergangnen nicht plagen, lebet mit dem Lebendigen Çvmtl.
31r
955
960
965
970
kein ExzerptÈ
Das Kind ging meine Betrachtung über Farben von dem Unterschiede zwischen Spiegelung und weisser Farbe aus. Daraus entstand mir ein Gegensatz. Das Auge ist ein Spiegel für andre und immer Spiegel für sich bis es geblendet wird und Farbe. Die andern Körper sind immer Farbe wenn sie nicht geblendet sind und dadurch spiegeln. Was heist geblendet nun? Wenn ihr Wesen zur Veränderung erregt, wäre das Metall nicht oxydabel und zerfielen die Kristalle nicht und verdampfte das Wasser nicht es würde alles nicht spiegeln. Nichts kann Farbe oder Spiegel seyn ohne eben dadurch diese Fähigkeit zu verlieren
444
975
980
ÇNr. 419.EÈ
Ç404.E An Clemens Brentano, 16., 17. und 20. Dezember 1805È 985
990
995
1000
1005
1010
Jena lege ich unter meine Sammlung alter Stadtschaften, die wunderbaren Berge die hinein scheinen, die Häuser die unter einander zerstreut liegen, das Paradies mit einer Hecke verschlossen die Saale die leise vorbeylispelt, und was sie eben fertig macht zierlich und geheimnißvoll wie Demant oder Philosophie ans Ufer wirft. Närrischer Ort und doch trostlos dem, der davon in voraus viel geÇxxxÈ. es ist alles schon eingepackt, bald kommt die Eisscholle die alles hinwegnimmt. Es ist vorüber gegangen wie manches was im Leben bedeutend schien es dient wenigstens, daß wir uns nicht verwundern, warum die Wolken Tag und Nacht ziehn. Ç417.E An Hans von Schlitz, zwischen 9. und 14. Januar 1806È
(An den Onkel) Fest verstarrt wie in Bernstein fand ich in Berlin das flügelnde Leben der Politick in der Frage, was recht und unrecht. Die voreilige Bildung erstickt immer die Höhere, die Frage setzt ein Streben nach beydem voraus und das Streben fehlt, ja es ist verhasst, weil es aus der Versunkenheit in eignen Geschäfte heraus reisst. Von Frankreich meint man immer noch, es werde von sich selbst zerfallen, darum weder Krieg noch Bündniß, nur Schimpfen um es zu beschwören. Als wenn der liebe Himmel eine Million Menschen abschlachten liesse, damit der nackte liederliche Müssiggang sich in ihre Kleider theilen sich damit decken könnte. – Unserm Zeitalter war die Entdeckung vorbehalten, die Menschen als ein Fideicommiß anzusehen für die Herrscherfamilien, wenn einer schlecht wirtschaftete, so leiden freilich die andern, aber sie können ihm nicht nehmen sein Gut, wenn auch alle Gebäude einfallen. Ç419.E An Hans von Schlitz, etwa 18.–20. Januar 1806È
1015
31v
(An den Onkel) Unser altes Stammhaus sieht mich mit finstern Augen an. Drinnen wird es mir tragisch zu muth, bey aller Gesundheit auf Dauer entsteht mir da das Gefühl von Altwerden im leeren Leben, es ist das Gewicht der öden Jugendstunden, die ich da verathmet, und die in keinem Alter mir so öde wiederkommen können. Dankbar seh ich dann alles herrliche Leben in mir wehen, freu mich der entlaufenen Zeit und daß 445
32r
Anhang III
32v
sie nicht wieder kehrt und sehe mich recht vergnüglich mit untergestüzten Armen in meinem Augenblick um. – Wären die Volkslieder neun ⅓ oder kleiner Haber, die Edelleute würden sie schon aus dem Volke herauspressen, für die Gelehrten haben sie gute Ruhe, denn die haben zu feine Finger um sich mit so etwas zu befassen sie lassen durch ihr Sieb alle fruchtbaren Körner durchlaufen und spielen mit dem schwarzen Teufelssamen und den harten Steinen die zurückbleiben, was sie einem geben, ist gewöhnlig ein Quark worüber sie den Segen gesprochen, der Kehricht in ihren Zimmern ist das Beste wie bey armen Goldschmieden. Ç420.E1
33r
1020
1025
An Clemens Brentano, etwa 20.–26. Januar 1806È
An Clemens. Was mir in der Poesie gelungen das machte sich so natürlich wie das Kreutz im Schnee auf meinem Platz mit vier Strassen, keiner denkt daran doch arbeiten daran alle. Ueber die Spanischen Novellen Wie kannst du uns arme einsame Junggesellen im schmalen Bette bewirthen mit süssem Zuckerbrot, das aber hoch in der Luft hängt, wie Mahomeds Leiche am Magnet, mit Wein, wobey Pemperleckerfen geschrieben mit Unterröcken von gewässertem Taft, die wie Spinngewebe, im Anhauch ÇLage V:È zerfliegen. Die erste Erzählung ist so himmlisch wollüstig, glückselig in dem Zusammenpassen wunderlicher Umstände, daß sie auch dem Liederlichsten einen Abscheu gegen Hurenhäuser. O ihr Gestirne der schönen Doppelnaht: Hier ist kein Sonnet wie die fromme Entsagung und die ungläubige Liebe sie einhaucht, nur ein kalter klappernder Hexameter, wie die Weiber zu Hexen werden Die Novelle aber gehört zu den nackten tanzenden Bildern die ein frommer Mensch wohl bedecken möchte um sie nur allein zu sehen Alle Pläne wie unreife Kinder habe ich nicht ehrlich begraben sondern von meiner Steinbank in die Saale geworfen, mögen sie ins Meer schwimmen zu den Versteinerungen
1030
1035
1040
1045
1050
Çvmtl. keine ExzerpteÈ Ja etwas fehlt doch stets, und ist es nicht das Glück, so ist es das Geschick.
446
ÇNr. 425.EÈ 1055
1060
1065
1070
Ich fragte Humboldt, was die Amerikaner von den Experimenten sagten, wenn die erste Verwunderung vorbey, ob sie wohl auch die Welt in Elemente eintheilten. Er sagte, sie hätten überhaupt nicht viel Neugierde es wär auch schwer darüber zu sprechen, so erfahren jezt die Reisenden weiter nichts, als aus ihren Resultaten. Er bemerkte die Mondthälerähnlichkeit von Mexico, ich meinte ob der Mond wohl auf der andern abgekehrten Seite wie unsre alte Welt aussähe, ich glaubte aber nicht gut dahinter kommen zu können. – Ich fragte ihn, ob in beyden Völkern Spuren älterer Geschichte so wie von der Eroberung, von beyden, da die Bewohner noch in vielen ihrer alten Familieneinrichtungen leben die Spanier geben in Mexico in zwey monatliches komisches Spiel von der Eroberung. Er sagte es wäre ganz geistlos und hat es nicht mitgebracht. Wie seine Vorlesung hätte geschrieben werden können, ohne daß er in Mexico gewesen, so hätte er alles das erzählen können, ohne daß er sich bey den Mexikanern gewesen, in so fern er das nöthige Bauschpapier zum Einpacken der Mineralien von einheimischen ÇxxÈvasen mitgenommen. Er ist so sehr gehetzt, daß er gern seine Spur verwischen möchte.
33v
34r
Ç425.E An Clemens Brentano, 17. Februar 1806È 1075
1080
1085
1090
Ueber Göthe’s Recension Mit Demuth kann ich sagen haben ich sie gelesen, welche himmlische Cisterne seines sanften wohlwollenden Sinnes, wenn er in diesem Willen manches besser sieht, so hebt er es in die Nähe seines glänzenden Auges, daß mir wie ein Stern in dieser Nacht der Gelehrsamkeit leuchtet. o du klare stille Winternacht, auch du bist mir lieb, und ist dieses Erstarren einmal überstanden. und es giebt noch ein Deutschland, noch Theater dann, so will ich auch den Tag finden und mich andern zeigen. Lother und Maller von Fr Schlegel. In weitschichtiger Unbestimmtheit voll ehrlicher Erfindung, ein braves ernsthaftes Buch, in der freude losen Rede doch anmuthig, sanft unterhaltend, voll schöner Geschichten. Weihnachtsfeyer von Schleiermacher. In der Dialektik herrlich aufeinander passend wie eine Kaffemühle, nichts von Weihe noch von der Nacht noch von der Feyer, übrigens kommt das Ding aus der antikischen Waffeleisenform ganz wohlschmekend heraus, wenn ich gleich der Meinung Josephs zulezt beytreten möchte, daß sie auch ungeschrieben bleiben konnte 447
34v
Anhang III
An Clemens O du lieber goldner Adler, du schickst mir Hirsch und Rhe zum Frühstück in mein Zimmer, daß ich mich der kleine Schmerzenreich glauben konnte sehe ich nicht den grossen Frohreich. Es giebt eine Art prächtiger gesellschaftliger Skandale, die Berlin eigen sind, es ist die poetische Seite, wo man in einem Augenblick gern alles ruinirt. Wie müst ihr bluten, ihr Frankfurter, wär noch so viel wahres Blut in der Nation, als mir eben warm in die Backen läuft, es müste doch anders gehn.
1095
1100
Ç428.E An Friedrich Schlegel, vmtl. zwischen 17. und 25. Februar 1806È
35r
35v
An Fr. Schlegel Es ist jezt eine Zeit wo die Weltbegebenheiten so langweilig werden daß die Welt nicht lange mehr stehen kann. Gut Ding will Weile haben! Rom ist nicht in einem Tage erbaut! So erwehre ich mich einer anekelnden Entfremdung von den Weltbegebenheiten. Es kommt wohl unerwartet einmal wie der Brief von Ihnen. Sie wünschen mehr Strenge in der Liederauswahl, ich wünschte besonders Vieltönigkeit um der poetischen Eintönigkeit unsrer Zeit unter die Arme zu greifen. Das Historische der Lieder mochte ich nicht hinzufügen, weil eben dies in den Veränderungen untergegangen, bey dem Vortreflichsten trit aber noch der Fall ein daß weder Jahr noch Verfasser noch Dialekt ausgemittelt werden kann. Ihre Reise hat mir recht lebhaft den Aufenthalt in Cölln unter den alten Gemalden zurück gerufen, besonders den Gang am alten Hafengemäuer, den Morgen in Deutsch, wo wir uns eben nicht kümmerten ob der Rhein davonlaufe, der Roland bey ähnlicher Unbestimmtheit wichtiger Momente wie Lother würde in trockner Prose besser gefallen haben. Die Verse erhalten zu sehr die Aufmerksamkeit beym Einzelnen, besonders dringt das Spanische darin zu genau auf eine Vergleichung mit spanischen Romanzen wo so sehr schön auch unbedeutender Umstand bedeutsam und bestimt gemacht ist. Doch das ist Sache der Meinung, sie haben sich länger damit beschäftigt, Ihnen würde das auch wohl eingefallen seyn, wenn es wahr wäre. Çvmtl. keine ExzerpteÈ Das Unendliche ist das Nothwendige, das Gesetz, die endliche Linie ist der einzelne Ausdruck dafür, der Mensch. 448
1105
1110
1115
1120
1125
Çvmtl. keine ExzerpteÈ 1130
1135
1140
Die That stammt aus der That nicht aus dem Zustand. Wir verwundern uns, wie so viele frohe Gemüther an den Tod denken, er ist das Undeutliche und alles Undeutliche erscheint ihnen so, was ist Hypochondrie endlich, es ist die krankhafte Fratze des Schönsten und Heiligsten der Ahndung, Schicksal, Ergebung, das Gefühl eines grösseren Lebens wozu wir gehören und dem wir nicht widerstehen können, der Religion, nur strebt das wie alle Krankheit gegen sich selbst indem es fühlt, daß es so wie es da gestellt nicht das Rechte, das Mißbehagen dabey dies oder jenes Thun zu müssen.
36r
Gefrorener Schaum am See, wo der Sonnengott seine Rosse badet, das ist die Erde. Das Consequenteste, ja das einzig Consequente in der Welt ist das Talent, das Talent giebt eine feste Lebensart. Die Tapferkeit ist auch eine Lebensart, sie will also das Talent dazu und die Möglichkeit ihrer Entwickelung. Die Tapferkeit kann nicht nachgemacht werden.
1145
1150
1155
Wenn man mich von der Unsterblichkeit frägt, denn ich selbst komme nicht leicht darauf, so frage ich wieder, Wissen sie etwas vom morgenden Tag? auch wenn sie leben? Sie haben ihre Absichten, ihre Erwartungen von morgen, ihre Erwartungen sind oft nicht eingetroffen, ihre Absichten haben sich geändert, also alles was wir fortdauerndes Leben nennen hat sich geändert, sie sind also wirklich gestorben und wieder aufgelebt. Aber wenn ich nun nicht wieder auflebte kann ich nicht einmal vergessen werden? Was vergessen sie? Sicher nicht, was ihnen am Herzen liegt, was aber nicht am Herzen liegt, daß gehört überhaupt nicht zu uns – Daß ich untergehe meine ich! – Vernichten sie ein Sandkorn und ich gebe es zu, daß aber die höhehre Organisation untergeht, während die niedre sich erhält, das ist gegen die Möglichkeit. Jede Gewißheit aber ist Unsterblichkeit, in jeder That ist Gewißheit Nothwendigkeit, wer je thätig der ist mehr oder minder jedes.
36v
37r
1160
Eine Regierung soll Charackter haben sagt man, das ist wahr, nur keinen Charackter wie ihn sich einer etwa denkt, sondern den Charackter der Leute, die sie in Händen haben, den oder sie bleibt ewig inconsequent charackterlos, verderblich. Eine angenommene Festig449
37v
Anhang III
keit, die nicht im Gemüthe nur in der Absicht der Leute liegt, ist durchaus nachtheiliger als gar keine
38r
Die englische Wechselwirtschaft hat ihre nothwendige Entstehung in den mancherley allgemeinen Bedürfnissen gehabt, ob sie in England je allgemein wird, ob sie sich halten kann ist die Frage, in Deutschland ist sie besonders aus gemeinen chemischen Grundsätzen empfohlen worden, jede Getreideart nehme etwas Bestimmtes vom Boden in Erde und Luft. Das Wahrscheinlichere ist doch wohl daß Vegetation die gedeihlich seyn soll mit den Böden ein bestimmtes Verhältniß hat, sich den Boden erzieht, auf Wiesen wachsn gewisse Gräser immer wieder, die einmal da einheimisch gemacht und gedeihen jedes Jahr, es giebt Flecke der Erde, wo nie etwas andres als Tannen gestanden haben und sie wachsen da noch immer am besten. Doch muß ich bemerken, daß Abwechselung eine Hauptsache in der Beziehung ist ehe sie also fertig muß noch abgewechselt werden und ist die Erziehung der Erde unendlich, so muß immer abgewechselt werden. So sind wir am Schluß wie es bey allem verständigem Räsonnement geht auf das Entgegengesetzte von dem gekommen, was wir beweisen wollten. Ç431.E(I)
1165
1170
1175
1180
An Clemens Brentano, 12.– etwa 19. März 1806È
Herder’s Cid Nachlässig bearbeitet, doch leicht, unterhaltend ohne zu ergreifen, wirklich ganz eigentlich in jeder Romanze vereinzelt. Sein Hochzeitsbett aus einem Mantel vom Vater. Die Sandkisten beym Juden u.s.w. bewähren recht das Talent der Spanier, das Ding mit seinem eigenthümlichen Geruche und Beygeschmacke einzumachen, und darin bin ich ganz mit ihnen einverstanden ich rieche lieber Schweis als Seife.
1185
1190
Wo der Sinn aufhört, da wird er blos Reitz, so ist der Eigensinn ohne Sinn eine blasse Schärfe, die den am meisten packt, der sie hat. – Ç434.E An Bettina Brentano, 18. März 1806È 38v
An B. Ein Brocken für einen bellenden Hund, wenn ich zuschnappe ist es ein Demant, der mir den Mund zerschneidet, so wie ihr Brief. Was beschäftigt sie so unendlich, schürzen Sie Knoten in einem Spinngewebe 450
1195
ÇNr. 431.E(II)È 1200
um die Spinne zu ärgern? Jeden Brief versteht eigentlich nur der, der ihn schreibt und der ihn empfängt Ç431.E(II)
1205
1210
1215
1220
1225
1230
An Clemens Brentano, 12.– etwa 19. März 1806È
An C. Meiner Vergessenheit ist es zuzuschreiben, ich armer Schelm, daß ich das städtische Leben darzustellen vergessen, stumme Liebe ich habe nichts darüber gesagt, auf dem Bremermarkt will ich aber künftig die Leser hinführen. Strelitz Morgens auf dem Hünerhof Abends auf dem Hofe des Herzogs; die Leute nehmen hier die Hüte ab, und die Adlichen sind wirklich fremd und stolz gegen den Hof, voll Individualität alle, aber ganz müssig. Es ist ein so fester Ehestand im Ganzen und eine Mühe sich müssig zu machen, daß ich kaum weiß ob jener soviel werth ist, als diese schadet. Spiel und Redensarten, darin waschen die Leute ihre Hände in Unschuld. Es giebt eine besondre politische Partey hier, die sehr heftig redet redet aber durchaus nicht sieht, die Intrique verachtet, zur Handlung nicht Lust hat, die Austerlitzer Schlacht nicht glauben will, den König von Schweden für unternehmend, den Kaiser von Rußland für gescheidt, den König von England für vernünftig, den deutschen Kaiser für verbesserlich hält, wenn das ist so hat auch unser Kabinet einen grossen Elan, der erst zur Reife kommt, wenn die andern ihre Erndte in Sicherheit gebracht haben. Man erzählt von Amerikanischen Pflanzen, die sich aus Gewohnheit bey Tage schliessen bey Nacht öffnen, und also ewig im Dunkeln sind, so sind wir wahrscheinlich aus dem Monde gefallen und mondsüchtig, deswegen trauen wir keinem, der uns anruft. Um Gottes will laß mich reden, sagen hier wohl die eifrigen Politiker Um Gottes Willen lasst uns etwas thun, sollten sie denken. Der Herzog wenn man mit ihm spricht, senkt den Kopf, streckt ein Ohr vor schliest halb die Brauen wie ein Papagei daß man ihm den Kopf krauen möchte, und ich sprach über das Wichtigste im wichtigsten Zeitpunkte entscheidend, über das Anhängen des Fürsten an sein Land Prinz Ernst ist ein vollständig eingerichtetes Köpfchen mit allen Bedürfnissen des Lebens im Kleinen wohl versehen
451
39r
Anhang III
39v
40r
Çvmtl. keine ExzerpteÈ Eine Kunstgeographie wäre recht verdienstlich Darüber an Göthe
1235
Was die gerichtlichen Hinrichtung während einer Revoluzion vielleicht verhindern könnte, wäre das bestimmte Gesetz in voraus, wenn die Verfassung schwankend, sey sie des Menschen lebens unwerth. Besser leidenschaftlicher Mord als solcher gerichtliger Mord, jener hebt sich selbst bald auf.
1240
Wenn der Frühling sich entscheidet, alles fortgeworfen, die Welt offen und ich tret hinaus nach mancher langen staubigen Gasse in eine öde Gegend, Sandhügel an den Schorfe Höhe mit mit etwas Grün bedeckt mit braunen Streifen durchzogen im Tannenwald wo die Armuth alle trocknen Zweiglein abgebrochen und die Nadeln abgeharkt, es wird einem fröhlig, aber in schlechter Langeweile fröhlig, daß einem nichts fehlte, als eine braungebietzte Soldatenhure um Zoten zu schreiben, und das ist auch die Erklärung solcher Bücher, ich meine aller der in denen wirklich Talent. Wenn man niest ärgert man sich da, daß man nicht für die ganze Welt niesen kann, wenn man liebt, daß man nicht alle Weiber lieben kann, das Individuelle verflacht sich so, daß man alles ganz allgemein ansieht. Ueber das Lotto habe ich nun folgende Beobachtung gemacht, die Zahlengeheimnisse sind wirklich unergründlich, das Glück ist sehr lang weilig und das Unglück sehr gleich gültig, im Ganzen sitzt man da, als wenn Gott die Zahl der Haare auf dem Haupte vergessen hätte und sie wiederzählte.
1245
1250
1255
1260
Ç442.E An Bettina Brentano, 9. April 1806È 40v
An B. Daß der Frühling bey meinen Freunden sein Nachtlager und Vorbosten nimmt früher als bey mir, das ist nicht gegen meinen Befehl, vielmehr würde ich die Vögel nicht eben locken, wenn sie nicht etwas Neues und Altes mir erzählen könnten Ein Fink, auf den meine Flinte in T. versagte sagt mir viel Schones daher, er wollte mir auch etwas vorsingen, was er unterweges aufgeschnapt, aber da wurden wir durch eine Baßgeige gestört die sich in dem wunderbaren stillen Meere, das 452
1265
1270
ÇNr. 445.EÈ
1275
unsre Stadt umgiebt, in langsamen Zügen hören ließ. Es war ein heiserer Frosch, das schnell abwechselnde Wetter hatte seiner Stimme geschadet der Ostertag machte ihn singlustig. Ich bitte Sie lassen Sie Sich doch nicht von solchen Bestien stören, denn wenn Sie dort singen, regnet es hier blaue Blumen. O schiffte ich erst im Sandmeer, wo sich die Syrenen wie Kaninchen verstecken. O du weißgeschäumter Papierstrom rings der mich davon abtreibt. ÇEinzelblätterÈ Ç445.E An Bettina Brentano, 19.–21. April 1806È
1280
1285
1290
1295
1300
1305
An B. (d* 19 April) Ich habe es schon erlebt, Sie Freundlichste sehen nie freundlicher aus, als wenn sie eben schelten Wer könnte es dem Landmann verdenken, wenn er mit derben Flüchen eine recht heitre Saatzeit vom lieben Gott ertrotzen könnte, wenn er kein Blat vor den Mund nehme. So legte ich mein Blat hin, ungedultig nicht unartig, denn die Ungedult hat auch ihre Art und Weise, wenn sie gleich nicht weise seyn mag. Nochmehr ich hatte einen merkwürdigen Traum es kamen unzählige artige Geisterchen an meinen Tisch, so daß ich immer aufsah, ob sie mir in die Briefe oder ins Herz sähen, dann machten sie aber weiter nichts, als eine zierliche Verbeugung, ich machte die wieder und immer wieder, da kam aber immer eine andre, bald traurig, bald lustig, bald wild, bald mild, das war zu arg, ich schnit allen zusammen ein entsetzliches Gesicht, den Mund zog ich bis an die Ohren, die Augen verdreht ich, mit der Zunge wackelte ich, da liefen alle weg bis auf eine und ich lachte, ich hatte mich nur so wild gestellt mit der allein zu seyn. Doch ist es weder jenes noch dieses, was uns betrifft. Nein, sehen Sie zwey Schachspieler recht eifrig spielen, der eine legt die Hand an die Stirn an den das Spiel und sieht auf seinen Springer, der andre sieht es und zieht seine Dame Königin, ehe jener angezogen, der andre läst seinen Springer nun stehen, jener ist verloren, jener macht es wieder gut, so kommt dieser nie zum Spiel: O Post, ihre großen Gedanken waren schon unterwegs, als mein unartiger Brief schon fortzog, die Frühlingsblume war da und ich spielte mit einem Windhalm. Alles das ist noch nicht ganz mein Fall. Noch kommt meine entsetzliche Noth mit Noten dazu, die mir eiserne Stange mit buntem Zierrath vor der Himmelsthür; acht Tage trage ich sie in meiner Geldtasche, mir den Eintrit zu 453
41r
41v
42r
Anhang III
42v
erkaufen, ehe ich einen Petrus oder eine Heilige finde, die den wahren Clavier oder Violinschlüssel hat: Die Heilige hat aber so viel mit guten Werken zu thun für Putz und Gesellschaft, daß der Bart vom Schlüssel in Eile abbricht aber die Engel hinter dem Himmelsgitter poltern in Eile, Zerstreutheit, Gleichgültigkeit so ungeschickt heraus, daß ein Paar hängen bleiben, ein Paar quäken, ein Paar heulen der eine lahm, der andre stumm ist, So ist es mir bey ihre Musik ergangen, ich hörte sie so abstümpern, daß ich nicht in den Himmel hineinkönnte. Wäre ich ein Vogel ich würde tagelang auf meinem Zweige singen: Der Himmel wird oft hell und wills nicht scheinen. Die Leute würden das erst hübsch finden, dann würden sie doch sagen, nun wird er doch bald was andres singen Wiederum säng ich: Der Himmel ist oft hell! bis alle davonliefen und mich allein liessen. Kommen dann Kinder so sing ich, wenn ich ein Vöglein war, die sind aber schälkhaft und sagen: Wenn ich ein Aeffchen war, macht ich dir alles nach, blieb doch ein Aff, das aber nicht kann seyn ists nicht mein Fach.
454
1310
1315
1320
Abb. 1: Zu Nr. 467. Erstes Doppelblatt von Arnims Brief an Bettina mit Abdruck der beigelegten Eisenhutblüte
Abb 2: Zu Nr. AI.58. Stammbuchblatt Goethes
Abb. 3: Zu Nr. AI.58. Von Arnim nachträglich aufgeklebtes Porträt Goethes
Abb. 4: Zu Nr. AI.62. Stammbucheintragung von Hans von Schlitz
Abb. 5: Zu Nr. AI.64. Stammbuchblatt Arnims für Louise Reichardt
Abb. 6: Zu Nr. AI.65. Stammbucheintragung von Louise Reichardt
Abb. 7: Zu Nr. AI.67. Stammbucheintragung von Christoph Ludwig Friedrich Schultz und Angehörigen der Familie Püttmann
Abb. 8: Zu Nr. AI.69. Stammbucheintragung von Friedrich Kahlow
Abb. 9: Zu Nr. AI.70. Stammbucheintragung von Emma Blumenbach mit Zusatzstrophe Arnims
Abb. 10: Zu Nr. AI.70. Von Arnim eingeklebter Stich »Mariaspring bei Göttingen«
Abb 11: Zu Nr. AI.71. Stammbuchblatt von Louise Reichardt
Abb. 12: Zu Nr. AIII. Erste Seite von Arnims Exzerptheft »Abschriften aus Briefen«
KOMMENTAR
Zu dieser Ausgabe ich fühle es, daß solche Art Leute wie ich nur in der Welt sind Unordnung zu machen, unordentlich zu seyn, unordentlich zu schreiben (an Bettina, 5. August 1806; Nr. 473.K)
1. Der Briefedition der Weimarer Arnim-Ausgabe liegt die Auffassung zugrunde, daß die von und an Arnim geschriebenen Briefe einen kommunikativen Zusammenhang bilden. Briefe und Gegenbriefe verschränken sich zur Korrespondenz des Autors. Alle überlieferten und erschließbaren Von- und An-Briefe werden daher in der Reihenfolge, in der sie geschrieben wurden, chronologisch angeordnet und numeriert. Dabei finden Konzepte und Exzerpte ebenso Berücksichtigung wie erschlossene und publizierte Briefe sowie besondere Brieftypen. Nicht genau datierbare Briefe werden dem als frühestmöglich angenommenen Datum zugewiesen. Mit der chronologischen Numerierung ist die Kennzeichnung von erschlossenen Briefen, Konzepten, Exzerpten und publizierten Briefen verbunden. (Vgl. Editorische Abkürzungen und Zeichen.) StammbuchEintragungen und Sonderformen wie Rechnungen und Protokolle sowie Kontextbriefe sind in Anhängen dokumentiert. Briefbeilagen werden, wenn bisher nicht oder entlegen ediert, ebenfalls mitgeteilt. Bei Überschneidungen mit anderen Bereichen des Arnimschen Œuvres (vor allem naturwissenschaftlichen Aufsätzen und fiktionaler Prosa) kommen die betreffenden Texte in den Zusammenhängen zur Edition, die aus inhaltlichen Gründen Priorität haben. Ist aus Gründen des Briefcharakters und Korrespondenz-Zusammenhangs die Aufnahme solcher Texte auch in die Briefedition notwendig, werden die Mitteilungen in ihr nach Möglichkeit auf allgemeiner interessierende Auszüge und Erläuterungen beschränkt. Wird ein Brief an anderer Stelle der Ausgabe vollständig oder in anderem Kontext ediert, erhält er auf jeden Fall in der Briefabteilung seine numerierte Stelle, von der auf die Edition verwiesen wird.
457
Kommentar
In den Überschriften der Briefe sind Absender und Empfänger, Von- und Anorte sowie das Datum (nach Möglichkeit mit Wochentag) angegeben. Dabei steht vor unsicheren Angaben von Absendern und Empfängern und ungenauen Datierungen »vmtl.«, nach unsicheren An- und Vonorten ein Fragezeichen. Annähernde Datierungen in einen möglichst eng eingegrenzten Zeitraum erfolgen mit der Angabe der Termini post quem und ante quem nach der Präposition »zwischen«. Eine Von-Bis-Angabe signalisiert, daß die betreffenden Briefe zum ersten genannten Datum begonnen und zum letzten beendet wurden. Die weiteren Mitteilungen zu den Briefen enthalten Angaben zur Druckvorlage, zu den Bezugs- und Antwortbriefen, zum Aufbewahrungsort der Handschrift, zum Format (Höhe x Breite, mit Hinweisen auf Faltung und Kuverts), zu Papierschäden, Siegeln und Wasserzeichen, zu Beilagen, Fremdeinträgen und Besonderheiten, Kustoden und Postzeichen, zur Datierung ganz oder teilweise undatierter Briefe, zum Erstdruck und zu anderen Drucken. Wenn die Farbe des Papiers (meist vergilbt) und seine Beschaffenheit keine Besonderheit aufweisen, wird dies nicht eigens erwähnt, und da in der Regel mit Tinte (verschiedene Braun- und Schwarzfärbungen) geschrieben wurde, wird auch zum Schreibmaterial nur in vom Usus abweichenden Fällen etwas mitgeteilt. Analog ist bei den Angaben zur Schriftform in Wasserzeichen verfahren worden, die nur dann erläutert wird, wenn sie nicht aus doppelkonturigen Antiquaversalien besteht. Verzichtet wurde auch auf nähere Angaben zum Schreibmaterial der Fremdeinträge, die normalerweise mit Bleistift erfolgten, jedoch nicht diejenigen Varnhagens. Einen Überblick der Absender und Empfänger der Briefe, der Verfasser oder Unterzeichner von Stammbuch-Eintragungen und weiteren edierten Texten ermöglicht das Verzeichnis der Korrespondenten des Bandes, das auch Auskunft über alle darin befindlichen Texte gibt, die der jeweilige Korrespondent geschrieben und erhalten hat. Ab drittem Briefband ist das Personenregister kommentiert, um die Erläuterungen von biographischen Informationen, Wiederholungen und Verweisen zu entlasten. Allgemein und im World Wide Web zugängliche Quellen für die Ermittlung biographischer Daten (ADB, DBA, NDB u.a.) werden in der Regel nicht im einzelnen nachgewiesen. Alle (nicht nur wie bisher ausgewählte) Literaturangaben sind im Kommentar abgekürzt und im Literaturverzeichnis aufgelöst.
458
Zu dieser Ausgabe
2. Der dritte Briefband enthält die von Anfang 1805 bis Ende 1806 von und an Arnim geschriebenen Briefe, soweit sie überliefert sind bzw. mit hinreichender Sicherheit erschlossen werden konnten. Sie entstammen der Zeit der Vorbereitung, Drucklegung und Frührezeption des ersten Wunderhorn-Bandes und der Vorbereitung des zweiten, die durch die politisch-militärischen Ereignisse des Herbstes 1806 unterbrochen wurde. Diese erste intensive Phase der Heidelberger Romantik begann, nachdem Brentano Arnim im Herbst 1804 in Berlin besucht hatte und am Neujahrstag 1805 wieder nach Heidelberg zurückgekehrt war. Daraufhin setzt der Briefwechsel der Freunde über das große gemeinsame Projekt ein, neben dem längere Zeit die Herausgabe der eigenen Gedichte als Lieder der Liederbrüder geplant war. Am 7. Mai 1805 brach Arnim von Berlin nach Heidelberg auf, das er nach Reisestationen in Giebichenstein bei Johann Friedrich Reichardt, in Weimar und Gotha einen Monat später erreichte. Das Heidelberger sympoetische Beisammensein mit Brentano und seiner Frau Sophie, geb. Mereau währte zwar nur zwei Monate, aber in dieser hochproduktiven Zeit gelang es, den ersten Wunderhorn-Band weitgehend zusammenzustellen. Die abschließende Arbeit und Drucklegung leistete Arnim ab etwa 10. August in Frankfurt, während Brentano seine Gesundheit in Wiesbaden zu regenieren suchte, und als der erste Band der Liedersammlung etwa Mitte Oktober herauskam, hielten sich die Freunde anläßlich der Taufe der Tochter des Juristen Friedrich Carl von Savigny im geselligen Kreis auf dessen Gut Trages (bei Hanau) auf, das damals eine Art Nebenschauplatz der Heidelberger Romantik war. Die Rückreise Arnims von Heidelberg nach Berlin dauerte mit Unterbrechungen eineinhalb Monate und zog sich vor allem deshalb hin, weil er sie gegen Mitte November mit einem süddeutschen Umweg begann, der über Schwäbisch Hall, Ellwangen, Ansbach, Nürnberg, Erlangen und Coburg nach Gotha führte. Während im deutschen Süden der dritte Koalitionskrieg ausgebrochen war und Napoleon am 2. Dezember in der Dreikaiserschlacht von Austerlitz die verbündeten russisch-österreichischen Truppen schlug, reiste Arnim durch Orte und Gegenden, die zwar aufgrund der pronapoleonischen oder politisch neutralen Haltungen ihrer Regierungen nicht unmittelbar von den Kämpfen betroffen waren, deren Auswirkungen er aber durchaus zu spüren bekam. Mitte Dezember erreichte er Weimar-Jena, wo er von Goethe freundlich aufgenommen wurde und sich dem preußischen Prinzen Louis Ferdinand im erhofften antifranzösischen Kampf anschließen wollte, zu dem es jedoch aufgrund des preußisch-französischen Vertrages von Schönbrunn vom 15. Dezember nicht kam. Nach einem Aufenthalt zum Jahreswechsel wieder bei Reichardt in Gie-
459
Kommentar
bichenstein reiste Arnim mit dem Musiker Anfang 1806 nach Berlin, das er Ende Februar abermals verließ. Sein Onkel Hans von Schlitz hatte ihn nach Neustrelitz eingeladen, und an Arnims süd- und mitteldeutsche Reiseeindrücke schlossen sich nun mecklenburgische an. Er lernte das Leben und Treiben in der zwar kleinen, aber nicht unwichtigen Residenz des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz kennen und anschließend weitere mecklenburgische Verhältnisse: zunächst in Karstorf, dem Gut des Onkels in der Mecklenburgischen Schweiz, dann auch in anderen Orten bis zur Ostseeküste. In der ersten Junihälfte wird Arnim nur ein paar Tage in Berlin gewesen sein, bis er von dort zu seiner nächsten großen Reise aufbrach, die wieder nach Heidelberg führen sollte. Nach einem Besuch in dem im südlichen Fläming gelegenen Ländchen Bärwalde, das ihm und seinem Bruder seit dem Frühjahr 1805 gehörte, reiste er zunächst nach Giebichenstein zu Reichardt, wo er bis Ende Juli blieb, und von dort erst nördlich, dann westlich des Harzes über Magdeburg, Helmstedt, Braunschweig, Hildesheim, Hannover nach Göttingen. Dort blieb er zwei Monate, bis Mitte Oktober. Im Sommer 1806 hatte Franz II. die römisch-deutsche Kaiserwürde niedergelegt, wurde unter Obhut Napoleons der Rheinbund geschlossen, dem Baden und mit ihm Heidelberg zugeschlagen waren, mobilisierte Preußen gegen Frankreich, und statt nach Heidelberg zu gelangen, mußte Arnim nach der preußischen Niederlage in der Schlacht von Jena und Auerstedt vom 14. Oktober vor den nachrückenden französischen Truppen nach Norden flüchten. Über Berlin, Prenzlau und Danzig erreichte er Ende November 1806 Königsberg, wo er die nächsten zehn Monate verbrachte. Arnims hauptsächlicher Briefpartner in diesen beiden Jahren war Clemens Brentano. Die Korrespondenz der Freunde, die sich bereits während Arnims Bildungsreise in den Jahren 1802–1804 zu einem der außerordentlichsten Briefwechsel der deutschen Literatur entwickelt hatte, erreichte 1805–1806 ihre hochromantische Phase. Sie ist nunmehr auch für diese Jahre der Beziehung so vollständig und genau wie möglich dokumentiert und erläutert. Was bereits anläßlich der Edition des Arnim-Brentano-Briefwechsels der Bildungsreise festgestellt wurde (vgl. WAA XXXI, S. 413f.), gilt mutatis mutandis auch für denjenigen der Heidelberger Romantik. Die zwischen den Wunderhornisten gewechselten Briefe sind nicht lediglich spontane Niederschriften eines emphatischen Lebensgefühls und Dokumente einer unkonventionellen Dichterfreundschaft. Vielmehr durchdringen sich in ihnen Authentizität und Fiktionalisierung, die Episteln haben Mitteilungs- und Kunstcharakter in einem. Die Briefe sind großenteils Briefdichtungen nicht nur in dem Sinn, daß sie Gedichte enthalten, sondern vor allem in dem Dichtung und Leben ineinander verwebenden der hochromantischen Poetik.
460
Zu dieser Ausgabe
Daß dieser Briefwechsel länger als ein Jahrhundert nur in der entstellenden Edition Reinhold Steigs (Steig 1894) zugänglich war, sollte bei der Benutzung des authentisch mitgeteilten nicht vergessen werden. Die Steigsche Edition hatte Harry Schewe 1932, hauptsächlich soweit sie das Wunderhorn betrifft, anhand der Originalbriefe kritisch überprüft, wobei er zu einem erschütternden Fazit kam, das an dieser Stelle wegen seiner forschungs- und rezeptionsgeschichtlichen Relevanz bewahrt zu werden verdient: »Sachliche Irrtümer, Mißverständnisse und Ungenauigkeiten entspringen neben einem gewissen Mangel an Sorgfalt oder vermeintlicher Besserwisserei (ein Beispiel unterdrück ich) nicht selten der leidigen Manier Steigs, an e i n e r Stelle oberflächlich zu vereinen, was an m e h r e r e n auf dieselbe Sache zurückkommt oder in verändertem Sinne wiederholt. Zerstörte Beziehungen lassen sich eben nicht ohne weiteres wieder herstellen. Nachschriften sind fast durchweg an die Briefe angefügt oder irgendwo in sie aufgenommen. Schon dies führt notwendig zu Umstellungen. Viele Briefe sind arg zusammengestrichen, ja nur noch auszugsweise wiedergegeben (und verlieren dadurch natürlich stark den Reiz des Persönlichen). Überall stößt man beim Durchblättern der Originale auf Steigs Bleistifteinklammerung, die das Wegzulassende bezeichnet. Um den noch verbleibenden Rest lesbar zu machen, ist natürlich willkürliche Neuanknüpfung der zerrissenen Fäden, sind Umstellungen nach Gutdünken unvermeidbar. Ja, Steig scheut in solchen Fällen nicht vor Änderung des Wortlauts und Zusammenfassung in eigenen Worten zurück. Es ist selbstverständlich, daß dieser Arnimsche Haushistoriograph, wie Erich S c h m i d t ihn gelegentlich gutmütig spöttelnd nannte, nach Kräften alles intim Persönliche aus den Familien Arnim und Brentano unterdrückt, so namentlich die schwankenden Gruppierungen und Spannungen innerhalb des Brentanoschen Familienkreises. Und es fehlt alles, was er nach wohl abgemessenem Plane auf seine zukünftigen Bücher verteilen wollte.« (Schewe 1932, S. 143f.) Schewe hat dieses Urteil durch prägnante Beispiele und Gegenüberstellungen von Steigschen Wiedergaben und originalen Briefstellen eindrucksvoll belegt. Auf solche Diskrepanzen wird in der vorliegenden Edition nicht jeweils im einzelnen hingewiesen. Ihrem Benutzer sei jedoch Schewes Beispielsammlung nachdrücklich empfohlen. Erst seit der Ausgabe von Hartwig Schultz (Schultz 1998) ist der Arnim-Brentano-Briefwechsel annähernd vollständig zugänglich. Die Briefe sind jedoch oft ungenau datiert, Konzepte und Exzerpte Arnims nur ausnahmsweise mitgeteilt, und vor allem wurden die beziehungs- und anspielungsreichen Texte mit ihren vielen erklärungsbedürftigen Details nur oberflächlich oder gar nicht, zum Teil sogar eklatant falsch erläutert, so daß die Ausgabe ingesamt dem Anspruch ihres Gegenstandes nicht gerecht wird.
461
Kommentar
Neben Arnims Briefwechsel mit Clemens Brentano sind in dem vorliegenden Band die Korrespondenzen mit dessen Frau Sophie, mit der Schwester Bettina sowie die Briefe an Goethe von herausragender Bedeutung. Mit Sophie Brentano hat Arnim zwar nur sieben Briefe gewechselt, aber die Partner haben sich damit besondere Mühe gegeben und sie mit zwei im Anhang mitgeteilten Gedichten (Nr. AII.22 und AII.23) gekrönt: Arnims die Brentanosche Ehegemeinschaft umspielende Elegie Die Spinnerin und der Weber, deren Bezug bisher nicht erkannt war, und Sophie Brentanos kaum weniger anmutiger Dankreplik Arnim, ein Dreher. Zwischen Arnim und Bettina hatte es zwar bereits im Herbst 1802 einen kurzen, einmaligen Briefwechsel gegeben, an dem die Schwester Kunigunde beteiligt war (WAA XXXI, Nr. 259, 272), aber die eigentliche Korrespondenz der beiden beginnt doch erst im Januar 1806, nachdem sie sich im vorhergehenden Herbst in Frankfurt und auf Trages näher kennengelernt hatten. Dieser ArnimBettinasche Freundschafts-und Liebesbriefwechsel bis zur Heirat 1811, der intensivste und poetischste der deutschen Romantik, ist erstmals von Reinhold Steig 1913 ediert worden, wesentlich vollständiger und zuverlässiger als der mit dem Bruder Clemens, aber doch nicht ohne jene Eigenwilligkeiten, die Harry Schewe gerügt hat, und da die 1986 von Otto Betz und Veronika Straub vorgelegte Neuausgabe der 1806–1808 gewechselten Briefe (Betz/Straub 1986) für diese Jahre den von Steig erstellten Text statt der Handschriften zugrundelegte, war auch er bisher nicht in wünschenswerter Zuverlässigkeit und vor allem Vollständigkeit zugänglich. Eine von Arnim besonders geschätzte Perle der Korrespondenz bildet die Bettinasche Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift, die er für sein Dramenprojekt Die Wiedertäufer benötigte. Diese erstmals identifizierte Abschrift (Nr. AII.24.A) wird im Anhang ediert. Zwei der drei im vorliegenden Band edierten Briefe Arnims an Goethe (Nr. 454, 480) hatte Monty Jacobs zu einer Zeit, in der die Mannigfaltigkeit des Arnimschen Œuvres noch in Auswahleditionen repräsentiert wurde, in seine Arnim-Ausgabe (Jacobs 1908) aufgenommen. Sie sind heute, wie der dritte große An-Goethe-Brief des Jahres 1806 (Nr. 422), so gut wie unbekannt. Ihr Empfänger hatte noch einen Sinn für die Ungewöhnlichkeit vor allem der umfangreichen Briefe vom Februar und Frühjahr 1806 mit ihren detaillierten Berlin- und Mecklenburg-Berichten. Am 9. März 1806 dankte er Arnim für die glückliche Darstellung so mancher wunderlichen Bilder (Nr. 430,13), am 26. Juni antwortete er ihm: Ihre reichhaltigen Blätter, die manchem andern
ziemlich mysteriös vorkommen möchten, versetzen mich jedesmal in den Zustand in dem Sie sich befinden und geben mir ein erfreuliches Anschaun der wunderbarsten Umgebungen. (Nr. 465,7–11.) Mit diesen 462
Zu dieser Ausgabe
Einschätzungen charakterisierte Goethe als einer der ersten Arnim-Briefe, und was er schrieb, ist nicht nur auf die an ihn gerichteten beziehbar. Arnim andererseits wird die Goethesche Zuwendung, die im Dezember 1805 mit der freundlichen Aufnahme in Weimar-Jena begann und mit der im Februar 1806 erschienenen Rezension des ersten Wunderhorn-Bandes ihren Höhepunkt erreichte, wichtiger als jede andere Beziehung der Jahre 1805–1806 gewesen sein, abgesehen von der zu den Geschwistern Clemens und Bettina, und kostbarer als jeder noch so intensive und liebreiche Brief von ihnen in jener Zeit war ihm wohl der lateinische Stammbuchvers, den er mit Goethes erstem Schreiben erhielt und den er in sein Stammbuch legte (Nr. AI.58), ohne ihn darin einzukleben, was er ansonsten mit ihm gewidmeten Stammbuchblättern tat. Wie ernst ihm sein Briefschreiben an Goethe war, geht besonders eindrucksvoll aus der Vorbereitung des Mecklenburg-Berichts vom Frühjahr 1806 hervor, von dem drei Konzepte bruchstückhaft rekonstruiert werden konnten (Nr. 454.K1-K3). Daß Arnim Briefe nicht nur spontan niederschrieb, sondern auch raffiniert konzipierte, ist bereits von seinem Brentano-Briefwechsel der Bildungsreise bekannt, und er wird diese Praxis auch bei 1805–1806 an Brentano, Bettina und andere geschriebenen Briefen beibehalten haben, wenngleich zu diesen nur wenige Konzepte überliefert sind. Das wichtigste ist sicher das bisher unveröffentlichte an den preußischen Prinzen Louis Ferdinand vom 17. Dezember 1805 (Nr. 405.K). Seit der Schul- und Studentenzeit hatte Arnim Briefwechsel mit den drei ihm nahestehenden Verwandten: der Großmutter Caroline von Labes, dem Onkel Hans und der Tante Louise von Schlitz, und dieser Kontakt riß auch zur Zeit der Heidelberger Romantik nicht ab. Er war sogar, wenn auch nur eher ausnahmsweise, mit dem Interesse für Volkslieder verbunden, wie sich aus einem Brief des Onkels ergibt, in dem dieser sich dazu ironisch verhält (Nr. 418). Und auch eine andere, allerdings negative Kontinuität des verwandtschaftlichen Briefwechsels ist für die Jahre 1805–1806 zu registrieren. Von demjenigen mit dem Bruder Carl Otto von Arnim ist nur ein einziger, allerdings eindrucksvoller Satz Arnims (Nr. 504) überliefert. Von einer Reihe von Briefkontakten Arnims in den beiden in diesem Band repräsentierten Jahren wüßte man nichts oder doch wesentlich weniger, wenn nicht ein Heft mit Exzerpten überliefert wäre, die Arnim von Herbst 1805 bis Anfang 1807 aus seinen Briefen auszog, wobei er die Brieftexte mitunter erheblich variierte. Es erschien sinnvoll, die nur zum Teil datierten Aufzeichnungen dieses Heftes, über das bereits in einer Vorstudie berichtet wurde (Zschiedrich 2000), auf zweifache Weise mitzuteilen. Erstens vereinzelt und kommentiert in ihrer rekonstruierten Chronologie im Zusammenhang mit den Konzepten, Aus-
463
Kommentar
fertigungen und erschlossenen Briefen. Zweitens in der Reihenfolge, in der die Einträge im Heft stehen, da diese komplizierte Reihenfolge nicht mit der erschlossenen Chronologie übereinstimmt, am ehesten durch Dokumentation plausibel wird und zudem einige Niederschriften enthält, die den Charakter von Notizen haben, jedenfalls nicht zweifelsfrei als Exzerpte identifiziert werden konnten. Das Anfertigen von Exzerpten war schon während der Bildungsreise eine Arnimsche Spezialität. Wie bereits festgestellt wurde (vgl. WAA XXXI, S. 414f.), bilden sie mit ihren Stoff- und Stilsammlungen einen Übergang von den Briefen zum poetischen Werk. Sie sind nicht nur erhellend, weil Arnim das festhielt und konzentrierte, was ihm wichtig war, sondern auch deshalb, weil Wesentliches von dem, was ihm wichtig war, sonst überhaupt nicht überliefert wäre, beispielsweise im Exzerpt eines Briefes An Fr Schlegel über die Volkslieder (Nr. 399.E) oder Einträge über das Elend des Krieges von ungewöhnlicher Kraßheit: Die Dörfer abgebrochen zu Wachtfeuer, die Thiere geschlach-
tet, die Einwohner zerprügelt haben keinen Gedanken als an den lieben Gott! Es war ein Augenblick der Verzweiflung als ich einen Bauer da sachte vor sich rufen hörte leve Gott leve Gott, neben sich trieb er seine magere Kuh, Die Grenzen der geselligen Ordnung lösen sich, die Zäune werden abgebrochen, die Rücken der Felder niedergetreten. Es ist ein kleiner Schrit vom Uebermuth zur Verzagtheit, es sind zwey Seiten eines Schwerdts, welches das Herz trift. 〈...〉 Der Anblick der Armee unterhält nicht lange, weil die menschlige Sprache fehlt, die zerlumpten, trübsinnigen Soldaten werden bald gleichgültig, selbst des zerhackten Menschenfleisches wird so viel, daß ich es in der Noth essen könnte. Und so müssen künftig die Kriege der allgemeinen Wüste geführt werden, wo jedes mal so viel Feinde getödtet werden, als zur Mahlzeit nothwendig. (Nr. 514.E.) Als Anhang I werden Stammbuch-Eintragungen mitgeteilt, vor allem solche, die Arnim in sein altes, Anfang 1806 erworbenes Stamm- und Gesellenbuch (vgl. zu Nr. AI.51) einfügte oder einschreiben ließ. Darunter befindet sich sogar eine Zusatzstrophe des Besitzers, nachdem eine Schreiberin, Emma Blumenbach, früh gestorben war (Nr. AI.70). Andere eigene Gedichte widmete Arnim Empfängern von Stammbuch-Einträgen, gleich zweimal den Neunzeiler Vaterland (Nr. AI.63, AI.64). Anhang II mit Kontextbriefen und Beilagen enthält auch die Korrespondenz anläßlich des Antrags auf die Besitzübertragung des Ländchens Bärwalde an die Brüder Arnim. Diese Korrespondenz ist charakteristisch für den Briefwechsel des Dichters in gutsherrschaftlichen Angelegenheiten, der ihm zunehmend zu schaffen machte und der in der WAA lediglich paradigmatisch dokumentiert werden
464
Zu dieser Ausgabe
kann. Auf eine vollständige Darbietung und Kommentierung dieses Schriftwechsels wird wegen des Umfangs und der Verzweigtheit des betreffenden Nachlaßbereichs und damit aufgrund editionsökonomischer Aspekte verzichtet. Anhang III bietet das Exzerptheft Abschriften aus Briefen in der rekonstruierten Reihenfolge mit den Varianten, jedoch ohne Erläuterungen, die bei der chronologischen Edition der einzelnen Exzerpte erfolgen. Insgesamt werden 154 Briefe, Konzepte und Exzerpte von Arnim sowie 61 an ihn ediert oder registriert, außerdem als Anhang I 21 Stammbuch-Eintragungen, als Anhang II zehn Kontextbriefe und Beilagen. Ein erheblicher Teil der edierten Brief- und sonstigen Texte wird erstmals oder erstmals vollständig nach Handschriften gedruckt: 69 von Arnim, 9 von anderen. In nicht wenigen Fällen konnten Empfänger und Datierungen von Briefen neu oder genauer bestimmt werden. Diese und andere Präzisierungen sind den Angaben zu den einzelnen Briefen zu entnehmen, die auch Auskünfte über Besonderheiten enthalten. Die folgenden Tabellen geben Auskunft über die mitgeteilten und eruierten Briefe sowie sonstige Texte.
2.1. Brief- und Text-Typen Von Arnim Briefe davon: Ausfertigungen Konzepte Exzerpte Erschlossene Briefe Stammbuch-Eintragungen
154 66 10 53 25 5
Von anderen Briefe davon: Ausfertigungen Konzepte Erschlossene Briefe Stammbuch-Eintragungen Stammbuch-Eintragungen (erschlossen)
465
64 50 1 10 15 1
Kommentar
2.2. Erstdrucke und weitere Drucke Von Arnim Briefe Erstdrucke Erste vollständige Drucke Weitere Drucke Stammbuch-Eintragungen (Erstdrucke) Stammbuch-Eintragungen (weitere Drucke)
131 60 9 62 2 3
Von anderen Briefe Erstdrucke Erste vollständige Drucke Weitere Drucke Stammbuch-Eintragungen (Erstdrucke) Stammbuch-Eintragungen (weitere Drucke)
57 8 1 48 12 1
Insgesamt Erstdrucke Erste vollständige Drucke Weitere Drucke
82 10 115
2.3. Druckvorlagen und Archive Handschriften davon aus (vgl. Editorische Abkürzungen): BJ UB Heidelberg FDH GSA DLA SPK BLHA GMD Privatbesitz Drucke
466
206 74 44 35 26 15 5 4 2 1 1
Zu dieser Ausgabe
2.4. Die häufigsten Absender und Adressaten (mit allen Brieftypen und Stammbuch-Eintragungen) Von Arnim Clemens Brentano 46 Bettina Brentano 28 Caroline von Labes 10 Johann Wolfgang von Goethe 9 Johann Friedrich Reichardt 8 Sophie Brentano 6 Hans von Schlitz 7 Friedrich Carl von Savigny 5 Leopold von Seckendorf 4 Friedrich Schlegel 3
An Arnim 20 13 3 3 4 5 1 3 2 1
3. Textgrundlage ist in der Regel das handschriftliche Original. Lediglich in zwei Fällen wurde keine Handschrift ermittelt, so daß Drucke zugrundegelegt wurden. Die Briefe an Arnim werden wie die Briefe von Arnim ediert. Als Brieftext wird die letztgültige Gestalt des jeweiligen Textzeugen einschließlich Datum, Anrede, Schlußformeln, Unterschrift und Adresse wiedergegeben. Zusätze des Schreibers, die eindeutig eingewiesen sind oder deren intendierte Position erschließbar ist, werden in den Text eingefügt; der Ort in der Handschrift wird im textkritischen Apparat vermerkt. Ließen sich Zusätze des Schreibers nicht eindeutig in den Textzusammenhang einfügen, sind sie am Briefschluß wiedergegeben. Sonstige Veränderungen im Entstehungsprozeß (Streichungen, Überschreibungen, Umstellungen) werden im textkritischen Apparat nachgewiesen. Lateinische Schreibschrift ist durch kursive Schrift gekennzeichnet. Unterstreichungen in Handschriften werden als Unterstreichungen wiedergegeben, unvollständige als vollständige, wenn kein Autorwille erkennbar war. Unterschiedliche Hervorhebungsarten in Drucken sind zu Sperrungen vereinheitlicht. Absätze werden schematisch reproduziert. Analog wird mit Höflichkeitsabständen zwischen Anreden, Brieftexten und Grußformeln verfahren. Positionen und Zeilenfall bei Anreden, Daten, Grußformeln, Unterschriften sowie Adressen werden annähernd wie in den Handschriften wiedergegeben. Lateinisch geschriebene und unterstrichene Unterschriften sind hervorgehoben, nicht jedoch weitere Besonderheiten von Unterschriften. Nachschriften, die im Original in oder neben den Gruß geschrieben wurden, werden in der Regel unter ihm
467
Kommentar
plaziert. Seitenwechsel in der Handschrift ist mit senkrechtem Strich im Text vermerkt. Außerdem erfolgt die Seitenangabe in der äußeren Randspalte. Abkürzungen und Kürzel werden nicht ergänzt, Chiffren nicht aufgelöst. Gebräuchliche stehen im Verzeichnis »Abkürzungen und Zeichen in den Texten«, ungebräuchliche werden in den Erläuterungen zum Text erklärt. Abkürzungsschlaufen sind mit * gekennzeichnet (Abkürz*). Konnte nicht entschieden werden, ob Getrennt- oder Zusammenschreibung intendiert war, wird dies mit dem Zeichen ∧ ausgewiesen (von∧einander). Dieses Zeichen ist so selten wie möglich angewendet worden und nicht bei besonders für Konzepte Arnims typischen Flüchtigkeits-Zusammenschreibungen eindeutig selbständiger Wörter, die aufgelöst wurden. Flüchtigkeits-Verschleifungen verschiedener Schreiber (vor allem Reichardt) wurden ebenfalls normalisiert, es sei denn, Singular/Plural- oder Dativ/Akkusativ-Alternativen würden dadurch vereindeutigt. Die Unterscheidung von Groß- und Kleinschreibung ist besonders in den Briefen Clemens und Bettina Brentanos schwierig, vor allem bei den Buchstaben B und b, D und d. Am Anfang von relativ eindeutigen Substantiven, von Sätzen und Versen werden diese Buchstaben in der Regel groß wiedergegeben. Analog ist bei anderen Schreibern verfahren worden. Zweifelsfreie Ergänzungen fehlender Graphe stehen in Winkelklammern (eind〈e〉utig〈,〉), unsichere Ergänzungen unterpungiert in Winkelklammern (un〈sic ...... 〉her), unleserliche Graphe als kursive x in Winkelklammern (1: 〈x〉; 2: 〈xx〉; mehr als 2: 〈xxx〉). Analog stehen bei Papierschaden zweifelsfreie Rekonstruktionen von Graphen in doppelten Winkelklammern (eind〈〈e〉〉utig), unsichere Rekonstruktionen unterpungiert in doppelten Winkelklammern (un〈〈sic ...... 〉〉her), unmögliche Rekonstruktionen als kursive x in doppelten Winkelklammern (〈〈xxx〉〉). In Orthographie, Interpunktion und grammatikalische Besonderheiten wurde bis auf die im folgenden mitgeteilten Ausnahmen nicht eingegriffen. Der Unterschied zwischen langem und rundem s sowie Punkte über y sind nicht berücksichtigt, m und n mit Dopplungsstrichen zu mm bzw. nn aufgelöst, Initialen als Großbuchstaben, doppelte Binde- bzw. Trennungsstriche als einfache, nichtrunde Klammern als runde wiedergegeben. Fehlende Umlautstriche wurden nicht ergänzt. Die Brentanosche Eigenheit, bei Diphthongen die Punkte über deren nichtumgelauteten Bestandteil (aüßerst) zu setzen, ist belassen worden. Unterschiedliche An- und Abführungszeichen wurden vereinheitlicht (»An- und Abführung«), zeittypische Wiederholungen von Anführungszeichen am Beginn jeder Zeile längerer Zitate nicht übernommen. Kreuzartige Marken zwischen Absätzen und Strophen werden als x reproduziert, die Längen von Horizontallinien vereinheitlicht (kurze; längere; über Seitenbreite durchgehend). Mehrfach-
468
Zu dieser Ausgabe
strichige Linien sind einstrichig wiedergegeben, starke und unterbrochene normalisiert.
4. Die Herausgeber dieses Bandes sind dankbar für vielfältige Unterstützung. Leiter und Mitarbeiter der Archive und Bibliotheken, die edierte Handschriften verwahren (vgl. 2.3.), stellten Kopien oder Mikrofilme zur Verfügung, ermöglichten und erleichterten das Kollationieren der Originale, gaben Auskünfte zu ihnen. Für kritische Lektüre des Manuskripts gebührt Lothar Ehrlich (Weimar) Dank. Lateinische Texte wurden übersetzt von Manfred Simon (Jena), eine italienische Passage und ein französisches Stammbuch-Gedicht von Corinna Fiedler (Frankfurt/M.), ein dänischer Text von Gabriele Gerecke (Weimar). Auskünfte erteilten dankenswerterweise die Archive, Bibliotheken und Institutionen: Deutsches Volksliedarchiv Freiburg i. Br. (Waltraud Linder-Beroud); Universitätsarchiv Göttingen (Dr. Ulrich Hunger); Forschungs- und Landesbibliothek Gotha (Cornelia Hopf); Schloßmuseum Gotha (Bernd Schäfer); Gemeindebüro der Bartholomäus-Gemeinde Halle/S.; Technisches Halloren- und Salinemuseum Halle/S.; Stadtarchiv Halle/S. (Roland Kuhne); Stadt- und Hospitalarchiv Schwäbisch Hall (Daniel Stihler); Stadtarchiv Nürnberg (Horst-Dieter Beyerstedt); Goethe-Nationalmuseum der Klassik Stiftung Weimar (Katharina Krügel); Stadtarchiv Worms (Gerold Bönnen, Margit Rinker-Olbrisch). Mit Recherchen und Hinweisen haben Freunde, Interessenten, Mitarbeiter und Kollegen wertvolle Hilfe geleistet, ohne daß diese im einzelnen angemessen gewürdigt werden könnte. Wenigstens genannt seien: Roswitha Burwick (Claremont/CA); Christian Deuling (Jena); Achim Hölter (Münster); Erich Mertens (Lennestadt); Stefan Nienhaus (Foggia); Wolfgang Petters (Halle/S.); Helge Pfannenschmidt (Jena); Sabine Schäfer (Weimar); Manfred Simon (Jena); Peter Staengle (Heidelberg); Harold Voit (München); Olaf Wisch (Jena).
469
Editorische Abkürzungen und Zeichen Brieftypen 1 *2 3.K 4.E 5.A 6.P AI AII AIII A B
Brief Erschlossener Brief Konzept Exzerpt Abschrift Publizierter Brief Anhang I Anhang II Anhang III Antwortbrief Bezugsbrief
Allgemein a.a.O. Abb. Abt. aoR aoRl aoRm aoRr alR arR auR auRl auRm auRr Bd., Bdch.
am angegebenen Ort Abbildung(en) Abteilung am oberen Rand am oberen Rand links am oberen Rand mittig am oberen Rand rechts am linken Rand am rechten Rand am unteren Rand am unteren Rand links am unteren Rand mittig am unteren Rand rechts Band, Bändchen
470
Editorische Abkürzungen und Zeichen
beschr. Bibl. Bl. Cod. D1 D2, D3 (usw.) Dbl. DV ebd. egh. eigtl. eing. gedr. gestr.
beschrieben Bibliothek Blatt Codex Erstdruck Weitere Drucke Doppelblatt Druckvorlage ebenda eigenhändig eigentlich eingewiesen gedruckt gestrichen
H, Hs.
Handschrift
hg.
herausgegeben
idZ
in der Zeile
K
Konzept
Ku
Kuvert
Ms., Mss.
Manuskript(e)
Nachl.
Nachlaß
nachträgl.
nachträglich
o.D.
ohne Datum
o.O.
ohne Ort
p, pag.
pagina
r
recto
Rep.
Repertorium
S.
Seite
Sign.
Signatur
Sp.
Spalte
St.
Stück
T.
Teil
TD
Teildruck
üdZ
über der Zeile
v
verso
verschr.
verschrieben
vgl.
vergleiche
vmtl.
vermutlich
471
Kommentar
WZ Z. *
/ ∧
〈xxx〉 〈〈xxx〉〉
Wasserzeichen Zeile Abkürzungsschlaufe Zeilenwechsel Seitenwechsel; Trennzeichen bei Mitteilung von Varianten u. ä. unsichere Groß- und Klein-, Getrennt- und Zusammenschreibung nicht entzifferte Graphe nicht überlieferte Graphe (Papierverlust)
Bibel Dan Jes 2Kg Kön Lk Mi Mo Mt Off
Daniel Jesaja 2. Buch Könige Könige Evangelium des Lukas Micha Mose Evangelium des Matthäus Offenbarung des Johannes
Archive und Bibliotheken BHLA BJ BJ/VS BSB DLA FB FDH FSU GMD GNM GSA
Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam Biblioteka Jagiellon´ska Krako´w Biblioteka Jagiellon´ska Krako´w, Varnhagen-Sammlung Bayerische Staatsbibliothek München Deutsches Literaturarchiv Marbach Forschungsbibliothek Gotha Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum Frankfurt/M. Friedrich-Schiller-Universität Jena Goethe-Museum Düsseldorf Goethe-Nationalmuseum Weimar der Klassik Stiftung Weimar Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar
472
Editorische Abkürzungen und Zeichen
HAAB HStA MLU NSTUB SLB SLUB SPK/NS StA StB StLB SUB ThULB TU UA UB ULB
Herzogin Anna Amalia Bibliothek der Klassik Stiftung Weimar Hessisches Staatsarchiv Marburg Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Stadt- und Landesbibliothek Dortmund Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, Nachlaß Savigny Stadtarchiv Stadtbibliothek Stadt- und Landesbibliothek Staats- und Universitätsbibliothek Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena Technische Universität Universitätsarchiv Universitätsbibliothek Universitäts- und Landesbibliothek
Periodica Literaturverzeichnis
473
Abkürzungen und Zeichen in den Texten Allgemein
ad, Ad Adresse a/M am Main allg. allgemein B., Bd. Band Bibl. Bibliothek Cand. Candidat Cie, Co Compagnie Ct, Ct Current (aktuelles d. dieses D. Doktor d. das derg., drgl. dergleichen ders. derselbe(n) deut. deutsch d. g. m. dergleichen mehr Dir. Direktor ec, e.c.t., et usw. ed. ediert Ex. Exemplar Excell: Excellenz f., Fol. Folio Fbr Februar fco, fo, fr, fro franco fr: französisch Fr. Frau Fr, Frft, Ffurt, ffurth Frankfurt Geb. Gebrüder
Jahr)
474
Abkürzungen und Zeichen in den Texten
Geh. Gr. h. H., Hr., Hrr. H* H. D. HH., Hrn ingl: I. K. H. J. L. Z. K. H. M, m M, Mad, Mde Mlle MM. Mr, Mons Ms., Mst, Mspt N NB, N.B.
Geheim Graf(en) heilig Herr(n) Heller Herzogliche Durchlaucht Herren ingleichen Ihrer Königlichen Hoheit Jenaische (Allgemeine) Literaturzeitung Königliche Hoheit mille (tausend) Madame Mademoiselle Messieurs Monsieur Manuskript(e) Nummer; Nota Notabene (merke wohl); auf Adressen Abkürzung für beiliegende Wechsel bzw. Wertpapiere
Nr., Nro., n N. S. p., p.p. P. pag P., Pr. P Ct P. M. P.P., Pp
o
Nummer, Nummero Nachschrift usw. Page (Seite) Pagina (Seite) Professor Preis Courant (Preisliste) Pro Memoria (zur Erinnerung) Praemissis Praemittendis (mit Vorausschickung des Vorauszuschickenden; Überschrift von Zirkularen und dergl.)
Pr pr., preuss. pr: addr: Prgt. proC proCagio P. S. R.
Prinz, Prinzessin; Professor preußisch per Adresse Pergament Prozent Prozent Agio (Aufgeld) Postskriptum Rat
475
Kommentar
Sec. s/m sig sog. Sr St. Stud., Studios. T, Th Tom. Tt., Titl. u. u. a. u.d.g., u.d.gl. u.d.g.m v.M. Wohlgeboh. 7b, 7ber, 7bre 8ber, 8bre 9bre xbris, Xbre, Xber 2 (Formatangabe) 4 (Formatangabe) 8 (Formatangabe) 12 (Formatangabe)
Seculum sur main (am Main) signiert sogenannt Signor Stück Studiosus Teil Tomus (Band) Titulus (Titel) und und andere und dergleichen und dergleichen mehr vorigen Monat(s) Wohlgebohren September Oktober November Dezember Folio Quart Oktav Duodez
Weitere, zumeist weniger gebräuchliche Abkürzungen sind in den Erläuterungen zu den Briefen aufgelöst.
Maße, Münzen, Gewichte
£ Batzen Carolin(s) Ct, Cour. d Elle
Pfund Oberdeutsche Münzsorte (meistens 4 Kreuzer oder 16 Pfennige) frz., auch süddeutsche Goldmünze(n) (1 Carolin = 11 Gulden = 5,5 Reichstaler) Courant, Kurant (gewöhnliche Münze, Umlaufgeld) Denarius (Pfennig) ca. 60–70 cm
476
Abkürzungen und Zeichen in den Texten
f, F, fi, fl f24.Fuß
frcs. Frd’or, fr dor F. g, gl gg, ggl, ggr Gld h K, kr Laubthaler Ld’or, Lsdr Liv, Livres lt pf Quentchen R,r*, rt*,rth Sols S stb, stbr thl. x, xr
Florin (frz. Bezeichnung des Guldens) 24-Guldenfuß (Vereinbarung deutscher Staaten von 1776, derzufolge die kölnische Mark fein Silber zu 24 Gulden ausgeprägt wurde) Franc(s) (frz. Münze) Friedrichsd’or (preußische Goldmünze = 5 Reichstaler) Fuß Groschen (Silbermünze zur Stückelung von Talern und Gul1 den; 24 Reichstaler) Gute Groschen (24 = 1 Reichstaler) Gulden (Silbermünze; 60 Kreuzer) Heller (Münze; 576 Heller = 1 Reichstaler) Kreuzer (kleine Scheidemünze, nach dem Kreuz im anfänglichen Gepräge; 4 Pf.; 4–8 Heller) frz. Silbermünze (Bild des Königs und Wappen von zwei Lorbeerzweigen umgeben) Louisd’or, frz. Goldmünze (24 Livres) frz. Fünffrankstück (seit 1796; etwa 100 Sous) Lot (zweiunddreißigster Teil eines Pfundes) Pfennig(e) Vierter Teil eines Lots Reichst(h)aler (deutsche Silbermünze und preußische Einheitsmünze; 24 Groschen oder 90 Kreuzer; Verhältnis zum Gulden: 3:2) ältere Bezeichnung des Sous Sou(s) (frz. Kupfermünze, seit 1791 aus Glockengut und Eisen) Stüber, niederrheinische (auch niederländische) Münze; 1½ Kreuzer oder 1½ Pfennig; 20 Stüber = 1 Gulden (Reichs)T(h)aler Kreuzer (vgl. K, kr)
477
Literaturverzeichnis Abelein 1977
Werner Abelein, Henrik Steffens’ politische Schriften. Zum politischen Denken in Deutschland in den Jahren um die Befreiungskriege. Tübingen 1977.
Achnitz 2002
Reinfried von Braunschweig. Mit einer Einleitung hg. von Wolfgang Achnitz. Faksimileausgabe der Hs. Memb. II 42 der Forschungsbibliothek Gotha. Göppingen 2002.
ADB
Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. Leipzig 1875–1912. Reprint Berlin 1967.
Adelung
Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. 4 Bde. Leipzig 1793–1801.
AK Berlin 1804
Adreß-Kalender, der Königlich Preußischen Haupt- und Residenz-Städte Berlin und Potsdam, besonders der daselbst befindlichen hohen und niederen Collegien, Instanzien und Expeditionen, auf das Jahr 1804. Berlin.
Aland 1987
Die Briefe Johann Philipps von Wessenberg an seinen Bruder. Hg. von Kurt Aland. Freiburg-Basel-Wien 1987 (Ignaz Heinrich von Wessenberg. Unveröffentlichte Manuskripte und Briefe. II).
Albertsen 1979
Leif Ludwig Albertsen, Baggesen eller Oehlenschläger. København 1979 (Baggeseniana. X).
Allgayer 1931
Gustav Allgayer, Albert Ludwig Grimm – Sein Leben, sein öffentliches und literarisches Wirken. Diss. Heidelberg 1931.
Amelung 1908
Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau. Nach den Handschriften hg. von Heinz Amelung. 2 Bde. Leipzig 1908.
478
Literaturverzeichnis
Amelung 1920
Heinz Amelung, Die Geschichte einer Cid-Uebersetzung. In: Preußische Jahrbücher 180, 1920, S. 119–123.
Amelung 1939
Briefwechsel zwischen Clemens Brentano und Sophie Mereau. Nach den Handschriften hg. von Heinz Amelung. Neue Ausgabe. Potsdam 1939.
Andrian-Werburg 1965
Klaus Frhr. von Andrian-Werburg, Der Minister v. Kretschmann. Versuch einer Staatsorganisation in Sachsen-CoburgSaalfeld. In: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1965, S. 27–88.
Arnim 1845
Carl Otto Ludwig von Arnim, Reise nach Neapel, Sicilien, Malta und Sardinien, zu Anfange des Jahres 1844. Leipzig 1845 (Flüchtige Bemerkungen eines Flüchtig-Reisenden. IV).
Arnim 1848
Bettina Arnim, Ilius Pamphilius und die Ambrosia. 2 Bde. Leipzig 1848.
Arnim 1850
Carl Otto Ludwig von Arnim, Reise ins Russische Reich im Sommer 1846. Zweiter Theil. Berlin 1850 (Flüchtige Bemerkungen eines Flüchtig-Reisenden. V).
Arnim-Bibl.
Bibliothek Ludwig Achim und Bettina von Arnims aus Wiepersdorf. Sondersammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek der Klassik Stiftung Weimar.
Arnim/SW
Ludwig Achim von Arnim, Sämmtliche Werke. Neue Ausgabe. Hg. von Wilhelm Grimm 〈und Bettina von Arnim u.a.〉. 21 Bde. Berlin 1857. (Titelaufl. von Arnim, Sämmtliche Werke. Berlin 1839–1856. Reprint Hildesheim-ZürichNew York 1982.) Bd. XXII: Gedichte. Bd. II. Hg. von Herbert R. Liedke und Alfred Anger. Tübingen 1976.
Arnim/W
Achim von Arnim. Werke in sechs Bänden. Hg. von Roswitha Burwick, Jürgen Knaack, Paul Michael Lützeler, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Hermann F. Weiss. Frankfurt/M. 1989–1994 (Bibliothek deutscher Klassiker).
Arnswaldt/DevriDas Geschlecht von Arnim. Im Auftrage des von Arent 1914–1923 nim’schen Familienvorstandes 〈...〉 bearb. von Werner Konstantin von Arnswaldt und Ernst Devrient unter Mitwirkung der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte Leipzig. 3 Bde. Leipzig (Bde. II, III: Prenzlau, Selbstverlag der Familie) 1914–1923.
479
Kommentar
Baden/Württ. 1987 Württembergisches Landesmuseum Stuttgart, Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons. Ausstellung des Landes Baden-Württemberg unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. h.c. Lothar Späth. 3 Bde. Stuttgart 1987. Bäte 1925
Vossische Hausidylle. Briefe von Ernestine Voß an Heinrich Christian Boie und Sara Boie (1794–1820). Hg. von Ludwig Bäte. Bremen 1925.
Ballof 2001
Die Jacobson-Schule. Festschrift zum 200-jährigen Bestehen der Jacobson-Schule in Seesen. Hg. von Rolf Ballof. Seesen 2001.
Baudach 2003
Frank Baudach, »Mir gefällt doch die Berührigkeit des Menschen«. Johann Heinrich Voß und Reichardt. In: Johann Friedrich Reichardt und die Literatur. Komponieren, Korrespondieren, Publizieren. Hg. von Walter Salmen. Hildesheim 2003, S. 335–359.
Baudissin 1924
Klaus Graf von Baudissin, Zeichenmeister und Maler in Heidelberg von 1720–1805. In: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg 11, 1924, S. 217–243.
Baumgart 1999
Hildegard Baumgart, Bettine Brentano und Achim von Arnim. Lehrjahre einer Liebe. Berlin 1999.
Baumgart 2000
Hildegard Baumgart, Die Große Mutter Caroline von Labes. Das Leben der Großmutter Arnims 1730–1810. In: Burwick/ Härtl 2000, S. 1–24.
Bechtold/Weiss 1996
Weltbild Wörlitz. Entwurf einer Kulturlandschaft. Hg. von Frank-Andreas Bechtold und Thomas Weiss. Wörlitz 1996 (Kataloge und Schriften der Staatlichen Schlösser und Gärten Wörlitz, Oranienbaum, Luisium. I).
Berbig 1998
Roland Berbig, Schultz, Christoph Friedrich Ludwig. In: Goethe Handbuch. Bd. IV/2: Personen, Sachen, Begriffe L-Z. Hg. von Hans-Dietrich Dahnke und Regine Otto. Stuttgart-Weimar 1998, S. 966–968.
Berend 2001
Jean Pauls Persönlichkeit in Berichten der Zeitgenossen. Hg. von Eduard Berend. Mit einem Nachwort von Kurt Wölfel. Weimar 2001.
Berg 2003
Meike Berg, Jüdische Schulen in Niedersachsen. Tradition – Emanzipation – Assimilation. Die Jacobsonschule in Seesen
480
Literaturverzeichnis
(1801–1922). Die Samsonschule in Wolfenbüttel (1807– 1928). Köln-Weimar-Wien 2003. Bernitt 2001
Hans Bernitt, Zur Geschichte der Stadt Rostock. Rostock 2001.
Betz/Straub 1986
Bettine und Arnim. Briefe der Freundschaft und Liebe. Bd. I. 1806–1808. Hg., eingeführt und kommentiert von Otto Betz und Veronika Straub. Frankfurt/M. 1986.
Biedermann 1854
Johann Gottfried Biedermann’s Geschlechtsregister des Patriciats der vormaligen Reichsstadt Nürnberg bis zum Jahre 1854 fortgesetzt und hg. von Christoph Friedrich Wilhelm von Volckamer. Nürnberg 1854.
Biermann 1992
Kurt-R. Biermann, Beglückende Ermunterung durch die akademische Gemeinschaft. Alexander von Humboldt als Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Berlin 1992.
Bode 1982
Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen. Zusammengestellt von Wilhelm Bode. Hg. von Regine Otto. 3 Bde. Berlin-Weimar 1982.
Bode 2002
Wilhelm Bode, Goethes Sohn. Biographie. Hg. von Gabriele Radecke. Berlin 2002.
Böcking 1846–1847
August Wilhelm von Schlegel’s sämmtliche Werke. Hg. von Eduard Böcking. 12 Bde. Leipzig 1846–1847.
Böhmer 1920
Wilhelm Naschinski 〈d. i. Gerhard Böhmer〉, Der Dichter in Stein und Landschaft. In: Mecklenburgische Monatshefte, Mai 1920, S. 229–239.
Böhmer 1930
Gerhard Böhmer, Das Lebenslied des Grafen Hans von Schlitz. Teterow 〈1930〉.
Börsch-Supan 1971 Die Kataloge der Berliner Akademie-Ausstellungen. 1786– 1850. 2 Bde. und Registerbd. Bearb. von Helmut BörschSupan. Berlin 1971. Bolte 1918
Friedrich Nicolai, Eyn feyner kleyner Almanach Vol schönerr echterr liblicherr Volckslieder 〈...〉. 3 Bdchen. Berlin 1918. Hg. von Johannes Bolte. Reprint der Ausgabe Berlin-Stettin 1777–1778. Bdch. III: Bolte, Friedrich Nicolais VolksliederAlmanach 1777–1778. Nachwort.
Borkowsky 1908
Ernst Borkowsky, Das alte Jena und seine Universität. Jena 1908.
481
Kommentar
Bose 1904
Carl Emil von Bose, Die Familie von Bose. Beiträge zu einer Familiengeschichte. Dresden 1904.
Bothe 1808
〈Friedrich Heinrich Bothe,〉 Emma, Rosaura’s Schwester. Vom Verfasser der Rosaura. Berlin 1808.
Botzenhart/Hubatsch 1957–1974
Freiherr vom Stein. Briefe und Amtliche Schriften. Bearbeitet von Erich Botzenhart. Neu hg. von Walther Hubatsch. 10 Bde. Stuttgart 1957–1974.
Bouvier 2002
Arwed Bouvier, Die Morgenröte der Vernunft. Der mecklenburgische Aufklärer, Astronom und Grundbesitzer Friedrich von Hahn (1742–1805). Schwerin 2002.
Brandt 1865
M. G. W. Brandt, Leben der Luise Reichardt, nach Quellen dargestellt. Zweite erw. Aufl. Basel 1865.
Braunbehrens/ Busch-Salmen/ Salmen 2002
J. F. Reichardt – J. W. Goethe. Briefwechsel. Hg. und kommentiert von Volkmar Braunbehrens, Gabriele Busch-Salmen und Walter Salmen. Weimar 2002.
Brentano 1805
Sophie Brentano, Bunte Reihe kleiner Schriften. Frankfurt/ M. 1805.
Brentano 1806
Spanische und Italienische Novellen. Hg. von Sophie Brentano. Bd. II. Penig 1806 (Die lehrreichen Erzählungen und Liebesgeschichten der Donna Maria de Zayas und Sotomayor. II).
Brentano 1854
Christian Brentano, Nachgelassene religiöse Schriften. 〈Hg. von Emilie Brentano.〉 2 Bde. München 1854.
Brentano/W
Clemens Brentano. Werke. Hg. von Friedhelm Kemp. 4 Bde. (Bd. 1 hg. von Wolfgang Frühwald, Bernhard Gajek und Friedhelm Kemp). München 21978.
Broszinski 2000
Hartmut Broszinski, illiteratissima urbs? Kasseler Privatbibliotheken im 18. Jahrhundert. In Christina Vanja, Karl-Hermann Wegner und Heide Wunder (Hg.), Kassel im 18. Jahrhundert. Residenz und Stadt. Kassel 2000, S. 47–70.
Bulling 1962
Karl Bulling, Die Rezensenten der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens 1804–1813. Weimar 1962.
Burbach 1895
Friedrich Burbach, Rudolf Zacharias Becker. Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte unsres Volkes. Gotha 1895.
482
Literaturverzeichnis
Burckhardt 1891
C〈arl〉 A〈ugust〉 H〈ugo〉 Burckhardt, Das Repertoire des Weimarischen Theaters unter Goethes Leitung. 1791–1817. Hamburg-Berlin 1891.
Burkhardt 1983
Albert Burkhardt, Mitten in Mecklenburg. Wanderungen im Lande Fritz Reuters. Leipzig 21983.
Burwick/Fischer 1990
Neue Tendenzen der Arnimforschung. Edition, Biographie, Interpretation mit unbekannten Dokumenten. Hg. von Roswitha Burwick und Bernd Fischer. Bern u.a. 1990.
Burwick/Härtl 2000 »Frische Jugend, reich an Hoffen«. Der junge Arnim. Zernikower Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Hg. von Roswitha Burwick und Heinz Härtl. Tübingen 2000 (Schriften der Internationalen Arnim-Gesellschaft. II). BvA/W I
Bettina von Arnim. Werke. Bd. I: Goethes Briefwechsel mit einem Kinde. Hg. von Heinz Härtl. Berlin–Weimar 1986.
BvA/W II
Bettina von Arnim. Werke. Bd. II: Die Günderode. Clemens Brentanos Frühlingskranz. Hg. von Heinz Härtl. Berlin–Weimar 1989.
BvA/WuB I
Bettine von Arnim, Werke und Briefe in vier Bänden. Hg. von Sibylle von Steinsdorff und Walter Schmitz. Bd. I: Clemens Brentano’s Frühlingskranz. Die Günderode. Hg. von Walter Schmitz. Frankfurt/M. 1986.
BvA/WuB IV
Bettine von Arnim, Werke und Briefe in vier Bänden. Hg. von Sibylle von Steinsdorff und Walter Schmitz. Bd. IV: Briefe. Hg. von Heinz Härtl, Ulrike Landfester und Sibylle von Steinsdorff in Zusammenarbeit mit Ursula Härtl, Bettina Kranzbühler und Walter Schmitz. Frankfurt/M. 2004.
Caillois 1961
Jan Potocki, Die Handschrift von Saragossa. Hg. von Robert Caillois. Frankfurt/M. 1961 (Nachwort: Schicksal eines Mannes, eines Buches: Graf Jan Potocki und »Die Handschrift von Saragossa«).
Catel 2007
Andreas Stolzenburg, Der Landschafts- und Genremaler Franz Ludwig Catel (1778–1856). Rom-Bonn 2007.
Cramer 1781–1797 Carl Friedrich Cramer, Menschliches Leben. Gerechtigkeit und Gleichheit! 20 Bde. Altona-Leipzig 1791–1797.
483
Kommentar
Dahlmann 1972
Briefe Friedrich Creuzers an Savigny (1799–1850). Unter Mitarbeit von Ingeborg Schnack hg. von Hellfried Dahlmann. Marburg-Berlin 1972.
Dammann 1934
Oswald Dammann, Johann Friedrich Heinrich Schlosser auf Stift Neuburg und sein Kreis. In: Neue Heidelberger Jahrbücher N. F. 1934, S. 1–128.
DBA
Deutsches Biographisches Archiv. Eine Kumulation aus 254 der wichtigsten biographischen Nachschlagewerke für den deutschen Bereich bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Mikrofiche-Edition. Hg. von Bernhard Fabian. Bearb. unter der Leitung von Willi Gorzny. München-New York-LondonParis 1982–1986.
Dahnke/Leistner 1989
Debatten und Kontroversen. Literarische Auseinandersetzungen in Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts. Hg. von Hans-Dietrich Dahnke und Bernd Leistner. Berlin-Weimar 1989.
de Bruyn 1999
Günter de Bruyn, Die Finckensteins. Eine Familie im Dienste Preußens. Berlin 1999.
Deibel 1905
Franz Deibel, Dorothea Schlegel als Schriftstellerin in Zusammenhang mit der romantischen Schule. Berlin 1905.
Derwein 1922
Herbert Levin 〈d. i. Herbert Derwein〉, Die Heidelberger Romantik. München 1922.
Dickson/Wingertszahn 2003
Sheila Dickson/Christof Wingertszahn, »Selig sind alle Deine Selbsttäuschungen«. Carl Otto Ludwig von Arnim (1779– 1861). In: Romantische Identitätskonstruktionen: Nation, Geschichte und (Auto-)Biographie. Glasgower Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Hg. von Sheila Dickson und Walter Pape. Tübingen 2003, S. 139–159 (Schriften der Internationalen Arnim-Gesellschaft. IV).
Diez 1795
Franz Maximillian Diez, Allgemeines Postbuch und Postkarte von Teutschland und einigen angränzenden Ländern. Frankfurt/M. 〈1795〉.
DjB
Der junge Brentano. Briefwechsel 1791–1806 und »Clemens Brentano’s Frühlingskranz«. Kritische Ausgabe. Hg. von Heinz Härtl unter Mitarbeit von Ursula Härtl. Göttingen (voraussichtlich 2013).
484
Literaturverzeichnis
Dobbek/Arnold 1984
Johann Gottfried Herder. Briefe. Achter Band. Januar 1799– November 1803. Bearb. von Wilhelm Dobbek und Günter Arnold. Weimar 1984.
Dölemeyer 2000
Barbara Dölemeyer, Gunda Brentano (1780–1863) und Friedrich Carl von Savigny (1779–1861). Romantik und Recht. In: Geist und Macht: Die Brentanos. Hg. von Bernd Heidenreich. Wiesbaden 2000, S. 159–179.
Drews 2000
Jörg Drews, »Parteilos, aber kühn! / Kühn, aber besonnen!« –? Garlieb Merkel als Literaturkritiker in Berlin und Riga, 1800 bis 1811. In: »Ich werde gewiß große Energie zeigen.« Garlieb Merkel (1769–1850) als Kämpfer, Kritiker und Projektemacher in Berlin und Riga. Hg. von Jörg Drews. Bielefeld 2000, S. 71–91.
Droysen 1920
H. Droysen, Die handschriftliche Überlieferung der »Memoires de ma vie« der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth. In: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 32, 1920, S. 191–205.
Drüll 1986
Dagmar Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. Berlin-Heidelberg-New York-Tokyo 1986.
Dünninger 2001
Eberhard Dünninger, Therese von Thurn und Taxis und die Dichter. Literarische Interessen einer Fürstin an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. In: Reichsstadt und Immerwährender Reichstag (1663–1806). 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg – Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998. Kallmünz 2001, S. 109–115 (Thurn und Taxis-Studien. XX).
Düntzer 1853
Briefwechsel zwischen Goethe und Staatsrath Schultz. Hg. und eingeleitet von H〈einrich〉 Düntzer. Leipzig 1853.
Duft 1990
Johannes Duft, Die Abtei St. Gallen. Bd. I: Beiträge zur Erforschung ihrer Manuskripte. Ausgewählte Aufsätze in überarbeiteter Fassung. Hg. zum 75. Geburtstag des Verfassers von Peter Ochsenbein und Ernst Ziegler. Sigmaringen 1990, S. 165–175.
Dussler 1959
Luitpold Dussler, Die Zeichnungen des Michelangelo. Kritischer Katalog. Berlin 1959.
485
Kommentar
DWb
Deutsches Wörterbuch. Hg. von Jacob und Wilhelm Grimm 〈u.a.〉. Leipzig 1854–1960. Reprint München 1984 (danach zitiert; andere Bandaufteilung).
Ebel 1937
Hans Ebel, Der Theatergraf. Karl Friedrich Graf von HahnNeuhaus. Unter besonderer Berücksichtigung seines Wirkens in Pommern. Ein Beitrag zur Geschichte des norddeutschen Theaters. In: Monatsblätter. Hg. von der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Altertumskunde 51, 1937, Nr. 3, S. 35–47.
Ebstein 1924
Erich Ebstein, Franz Joseph Gall im Kampf um seine Lehre auf Grund unbekannter Briefe an Bertuch usw. sowie im Urteile seiner Zeitgenossen. In: Essays on the History of Medicine. Presented to Karl Sudhoff on the Occasion of his seventieth Birthday November 26th 1923. Edited by Charles Singer und Henry E. Sigerist. Zürich 1924.
Eckardt 1913
Briefe aus alter Zeit. Wilhelmine Heyne-Heeren an Marianne Friederike Bürger 1794–1803 und ein Nachtrag. Hg. von M〈athilde〉 Eckardt. Hannover 1913.
Eckardt 1990
Götz Eckardt, Johann Gottfried Schadow. 1764–1850. Der Bildhauer. Leipzig 1990.
Ecker 1880
Alexander Ecker, Lorenz Oken. Eine biographische Skizze. Gedächtnißrede zu dessen hundertjähriger Geburtstagsfeier gesprochen in der zweiten öffentlichen Sitzung der 52. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu BadenBaden am 20. September 1879. Durch erläuternde Zusätze und Mittheilungen aus Oken’s Briefwechsel vermehrt. Stuttgart 1880.
EKG 1953
Evangelisches Kirchengesangbuch der Kirchenprovinz Sachsen. Berlin 1953.
Elwert 1784
Anselm Elwert, Ungedrukte Reste alten Gesangs nebst Stücken neurer Dichtkunst. Gießen-Marburg 1784.
Endler 1926
Carl August Endler, Der Lieblingsbruder der Königin Luise, Großherzog Georg von Mecklenburg-Strelitz. In: Mecklenburg-Strelitzer Geschichtsblätter 70, 1926, S. 135–147.
Endler 1933
Carl August Endler, Die Geschichte der Landeshauptstadt Neustrelitz (1733–1933). Reprint der Originalausgabe Rostock 1933. Mit einer Biographie von Georg Tersin, einem
486
Literaturverzeichnis
Werkverzeichnis von Carl Meltz und einer Schrifterläuterung versehen. Neustrelitz 1995. Engelhardt 2005
Dietrich von Engelhardt, Henrik Steffens. In: Naturphilosophie nach Schelling. Hg. von Thomas Bach und Olaf Breidbach. Stuttgart-Bad Canstatt 2005, S. 701–735.
Erhart 2004
Ingo Erhart, Achim von Arnims Geburtshaus in Berlin. In: JbBvA 16, 2004, S. 119–121.
Erk/Böhme 1893–1894
Deutscher Liederhort. Auswahl der verzüglicheren deutschen Volkslieder nach Wort und Weise aus der Vorzeit und der Gegenwart mit ihren eigenthümlichen Melodien gesammelt und erläutert von Ludwig Erk. Nach Erk’s handschriftlichem Nachlasse und auf Grund eigener Sammlung neu bearbeitet und fortgesetzt von Franz M. Böhme. 3 Bde. Leipzig 1893–1894.
Fabry 1989
Jacques Fabry, Le the´osophe de Francfort Johann Friedrich von Meyer et l’e´sote´risme en Allemagne au XIX sie`cle. 2 Bde. Bern u.a. 1989.
Fambach 1958
Oscar Fambach, Ein Jahrhundert deutscher Literaturkritik (1750–1850). Bd. IV: Das große Jahrzehnt in der Kritik seiner Zeit. Die wesentlichen und die umstrittenen Rezensionen aus der periodischen Literatur des Überganges von der Klassik zur Frühromantik, begleitet von den Stimmen der Umwelt. In Einzeldarstellungen. Berlin 1958.
Fambach 1980
Oscar Fambach, Das Repertorium des Hof- und Nationaltheaters in Mannheim 1804–1832. Mit einer Einleitung und drei Registern. Bonn 1980.
FBA
Frankfurter Brentano-Ausgabe: Clemens Brentano. Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Veranstaltet vom Freien Deutschen Hochstift. Hg. von Jürgen Behrens, Wolfgang Frühwald, Detlev Lüders (seit 2004 Anne Bohnenkamp, Konrad Feilchenfeldt, Ulrike Landfester, Christoph Perels, Hartwig Schultz). Stuttgart-Berlin-KölnMainz 1975ff.
FBA III/1
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. III/1: Gedichte 1816– 1817. Hg. von Michael Grus und Kristina Hasenpflug. A.a.O. 1999.
487
Kommentar
FBA III/2
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. III/2: Gedichte 1818– 1819. Hg. von Michael Grus, Kristina Hasenpflug und Hartwig Schultz. A.a.O. 2001.
FBA VI–IX/1–3
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bde. VI–IX/1–3: Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder. Gesammelt von L. A. v. Arnim und Clemens Brentano. Hg. von Heinz Rölleke. 6 Bde. A.a.O. 1975.
FBA X
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. X: Romanzen vom Rosenkranz. Unter Mitwirkung von Michael Grus und Hartwig Schultz hg. von Clemens Rauschenberg. A.a.O. 1994.
FBA XII
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XII: Dramen I. Prosa zu den Dramen. Hg. von Hartwig Schultz. A.a.O. 1982.
FBA XVI
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XVI: Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter. Hg. von Werner Bellmann. A.a.O. 1978.
FBA XVII
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XVII: Die Mährchen vom Rhein. Hg. von Brigitte Schillbach. A.a.O. 1983.
FBA XIX
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XIX: Erzählungen. Hg. von Gerhard Kluge. A.a.O. 1987.
FBA XXIX
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XXIX: Briefe. Erster Band. 1792–1802. Nach Vorarbeiten von Jürgen Behrens und Walter Schmitz hg. von Lieselotte Kinskofer. A.a.O. 1988.
FBA XXX
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XXX: Briefe. Zweiter Band. 〈Bettine von Arnim〉, »Clemens Brentano’s Frühlingskranz« und handschriftlich überlieferte Briefe Brentanos an Bettine 1800–1803. Hg. von Lieselotte Kinskofer. A.a.O. 1990.
FBA XXXI
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XXXI: Briefe. Dritter Band. 1803–1807. Hg. von Lieselotte Kinskofer. A.a.O. 1991.
FBA XXXII
Frankfurter Brentano-Ausgabe. Bd. XXXII: Briefe. Vierter Band. 1808–1812. Hg. von Sabine Oehring. A.a.O. 1996.
Feigs 1980
Wolfgang Feigs, Deskriptive Edition auf Allograph-, Wortund Satzniveau demonstriert an handschriftlich überlieferten, deutschsprachigen Briefen von H. Steffens. Teil II,1 (Briefe 1799–1828). Diss. Trondheim 1980.
488
Literaturverzeichnis
Feilchenfeldt 1970 Konrad Feilchenfeldt, Varnhagen von Ense als Historiker. Amsterdam 1970. Feilchenfeldt 1978 Konrad Feilchenfeldt, Brentano-Chronik. Daten zu Leben und Werk. München 1978. Feilchenfeldt 2001 Konrad Feilchenfeldt, Arnim und Varnhagen: Literarischpublizistische Partnerschaft und Rivalität im Kampf um die »deutsche Nation« 1806–1814. In: Arnim und die Berliner Romantik: Kunst, Literatur und Politik. Berliner Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Hg. von Walter Pape. Tübingen 2001, S. 23–39 (Schriften der Internationalen Arnim-Gesellschaft. III). Feudel 1988
Werner Feudel, Adelbert von Chamisso. Leben und Werk. Leipzig 31988.
Fichte 1978–1992
J. G. Fichte im Gespräch. Berichte der Zeitgenossen. Hg. von Erich Fuchs in Zusammenarbeit mit Reinhard Lauth und Walter Schieche. 6 Bde. Stuttgart-Bad-Canstatt 1978–1992.
Fischer 1798–1825 Johann Carl Fischer, Physikalisches Wörterbuch oder Erklärung der vornehmsten zur Physik gehörigen Begriffe und Kunstwörter so wohl nach atomistischer als auch dynamischer Lehrart betrachtet mit kurzen beygefügten Nachrichten von der Geschichte der Erfindungen und Beschreibungen der Werkzeuge in alphabetischer Ordnung. 9 Bde. Göttingen 1798–1825. Fischer 2001
Rotraut Fischer, Recht, Poesie, Geschichte – Friedrich Carl von Savigny und der Kreis Marburger Romantiker. In: Aurora 61, 2001, S. 67–82.
Förster 1966
Otto H. Förster, Das Salomons-Urteil des Bartholomäus Bruyn. In: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 38, 1966, S. 15–30.
Forster 1942
Hans Forster, Hans Rudolph Rebmann und sein »Poetisch Gastmahl zweier Berge«. Ein Beitrag zur Kultur- und Literaturgeschichte der deutschen Schweiz um die Wende des 16. Jahrhunderts. Frauenfeld-Leipzig 1942.
Fouquet-Plümacher/ Aus dem Archiv des Verlages Walter de Gruyter. Briefe. UrWolter 1980 kunden. Dokumente. Bearb. von Doris Fouquet-Plümacher und Michael Wolter. Berlin-New York 1980. Frenzel 1963
Elisabeth Frenzel, Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. Stuttgart 21963.
489
Kommentar
Freye 1913
Karl Freye, Casimir Ulrich Boehlendorff, der Freund Herbarts und Hölderlins. Langensalza 1913.
Fuld 1991
Karl August Varnhagen von Ense. Schriften und Briefe. Hg. von Werner Fuld. Stuttgart 1991.
Gause 1996
Fritz Gause, Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen. Bd. II: Von der Königskrönung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Köln-Weimar-Wien 1996.
Geiger 1905
Ludwig Geiger, Aus Chamissos Frühzeit. Ungedruckte Briefe nebst Studien. Berlin 1905.
Gercke 1991
Peter Gercke u.a., Apollon und Athena. Klassische Götterstatuen in Abgüssen und Rekonstruktionen. Katalog zur Sonderausstellung 1991. Kassel 1991 (Kataloge der Staatlichen Kunstsammlungen Kassel. XVII).
Gersdorff 1981
Lebe der Liebe und liebe das Leben. Der Briefwechsel von Clemens Brentano und Sophie Mereau. Mit einer Einleitung hg. von Dagmar von Gersdorff. Frankfurt/M. 1981.
Gersdorff 1984
Dagmar von Gersdorff, Dich zu lieben kann ich nicht verlernen. Das Leben der Sophie Brentano-Mereau. Frankfurt/ M. 1984.
Geßner 1803
Georg Geßner, Johann Kaspar Lavaters Lebensbeschreibung. Bd. III. Winterthur 1803.
Gobert 1997
Catherine Gobert, Die dämonische Amazone. Louise de Gachet und die Genese eines literarischen Frauentypus in der deutschen Romantik. Regensburg 1997 (Regensburger Skripten zur Literaturwissenschaft. III).
Goedeke 1900
Karl Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Zweite ganz neu bearb. Aufl. fortgeführt von Edmund Goetze. Bd. VII. Dresden 1900.
Goedeke 1913
Karl Goedeke, Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. Zweite ganz neu bearb. Aufl. fortgeführt von Edmund Goetze. Bd. VIII/1. Dresden 1913.
Goethe/MA
Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens (Münchner Ausgabe). Hg. von Karl Richter in Zusammenarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller, Gerhard Sauder und Edith Zehm. 21 in 33 Bänden. München 1985–1999.
490
Literaturverzeichnis
Goethe/RA
Briefe an Goethe. Gesamtausgabe in Regestform. 〈Regestausgabe.〉 Hg. von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar. Goethe- und Schiller-Archiv. Hg. Karl-Heinz Hahn. Redaktor Irmtraud Schmid (ab Bd. VII, 2004 hg. von der Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen). Weimar 1980ff.
Granier 1913
Berichte aus der Berliner Franzosenzeit. 1807–1809. Nach den Akten des Berliner Geheimen Staatsarchivs und des Pariser Kriegsarchivs. Hg. von Hermann Granier. Leipzig 1913 (Publikationen aus den Königlich Preussischen Staatsarchiven. 88).
Griesbach-Maisant 2000
Dietrich Griesbach-Maisant, Schloss und Park Biebrich am Rhein. München 2000.
Griese 1999
Sabine Griese, Salomon und Markolf. Ein literarischer Komplex im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Studien zu Überlieferung und Interpretation. Tübingen 1999.
Grimm 1890
Jacob Grimm, Kleinere Schriften. Bd. VIII: Vorreden, Zeitgeschichtliches und Persönliches. Hg. von Eduard Ippel. Gütersloh 1890.
Grote 1961
Geistliches Chorlied. Hg. von Gottfried Grote. Berlin 1961.
Gruber 1833
Johann Gottfried Gruber, August Lafontaine’s Leben und Wirken. Halle 1833.
Gruber 2007
»Lieber Bruder ...«. Briefe von Sophie und Friedrich Ernst Carl Mereau an Johann Friedrich Pierer. Ediert und kommentiert von Sabine Gruber. Jena 2007.
Grunewald 1988
Eckhard Grunewald, Friedrich Heinrich von der Hagen. 1780–1856. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Germanistik. Berlin-New York 1988.
Günther 1916
Fritz Günther, Die Schlesische Volksliedforschung. Breslau 1916 (Wort und Brauch. XIII).
Günther 2000
Sebastian Günther, Friedrich Carl von Savigny als Grundherr. Frankfurt/M. u.a. 2000.
Günzel 1970
Alte deutsche Puppenspiele. Mit theatergeschichtlichen und literarischen Zeugnissen. Hg. von Klaus Günzel. Berlin 1970.
GW 1981
Geflügelte Worte. Zitate, Sentenzen und Begriffe in ihrem geschichtlichen Zusammenhang. Hg. von Kurt Böttcher,
491
Kommentar
Karl Heinz Berger, Kurt Krolop und Christa Zimmermann. Leipzig 1981. Häntzschel 1971
Rudolph Zacharias Becker. Mildheimisches Liederbuch. Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1815. Mit einem Nachwort von Günter Häntzschel. Stuttgart 1971 (Deutsche Neudrucke. Reihe Texte des 18. Jahrhunderts).
Härtl 1971
Heinz Härtl, Arnim und Goethe. Zum Goethe-Verhältnis der Romantik im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. 2 Bde. Phil. Diss. Halle 1971 (Masch.).
Härtl 1979
Briefe Friedrich Carl von Savignys an Bettina Brentano. Hg. von Heinz Härtl. In: Wissenschaftliche Zeitschrift MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 28, 1979, H. 2, S. 105–128.
Härtl 1980
Deutsche Romantiker und ein böhmisches Gut. Briefe Christian Brentanos, Friedrich Carl von Savignys, Achim von Arnims und Clemens Brentanos von und nach Bukowan 1811. Hg. von Heinz Härtl. In: Brünner Beiträge zur Germanistik und Nordistik. Bd. II. Brno 1980, S. 139–165.
Härtl 1982
Arnims Briefe an Savigny 1803–1831. Mit weiteren Quellen als Anhang. Hg. und kommentiert von Heinz Härtl. Weimar 1982.
Härtl 1985
»Findet, so werdet ihr suchen!« Briefe Achim von Arnims an verschiedene Empfänger 1803–1830. Mit weiteren Quellen als Anhang. Hg. von Heinz Härtl. In: Impulse. Bd. VIII. Berlin-Weimar 1985, S. 242–279.
Härtl 1989
Briefe Christian Brentanos über die letzten Tage seines Bruders Clemens. Hg. von Heinz Härtl. In: JbFDH 1989, S. 202– 243.
Härtl 1992
Zwei Briefe Bettina von Arnims an Hermann Karl von Leonhardi. Hg. von Heinz Härtl. In: Wissenschaftlliche Zeitschrift Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Geisteswissenschaftliche Reihe 41, 1992, H. 1, S. 9–14.
Härtl 2003
Ludwig Achim von Arnim/Bettina von Arnim/Clemens Brentano, »Anekdoten, die wir erlebten und hörten«. Hg. von Heinz Härtl. Göttingen 2003.
Härtl 2003a
Heinz Härtl, Wann wurde Clemens Brentano geboren? Zum 225. Geburtstag des Dichters. In: Neue Zeitung für Einsied-
492
Literaturverzeichnis
ler. Mitteilungen der Internationalen Arnim-Gesellschaft 3, 2003, S. 37–39. Härtl 2009
Heinz Härtl, »Amazonenrepublik« und »Raum von vier Dimensionen«. Zur Genese von Texten Arnims. In: Raumkonfigurationen in der Romantik. Eisenacher Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Hg. von Walter Pape. (Schriften der Internationalen Arnim-Gesellschaft Bd. 7.) Tübingen 2009, S. 111–120.
Häusser 1861–1864 Ludwig Häusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes. 3. verb. und verm. Aufl. 3 Bde. Berlin 1861–1864. Hahn 2003
Hans-Werner Hahn, Zwischen Erfurt, Weimar und Wetzlar. Justus Friedrich Froriep und Ludwig Friedrich Froriep. In: Mitteilungen des Wetzlarer Geschichtsvereins 41, 2003, S. 57–77.
Hahn 2003a
Matthias Hahn, Statistische Angaben zur Architektur und zur Soziologie der Eigentümer und Bewohner der Häuser der Leipziger Straße in Berlin in den Jahren 1785–1815. In: Berliner Klassik. Eine Großstadtkultur um 1800/OnlineDokumente. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften 2003 (www.berliner klassik.de/〈...〉/hahn leipziger/01.html).
Hammerstein 1997 Sophie Mereau-Brentano, Wie sehn’ ich mich hinaus in die freie Welt. Tagebuch, Betrachtungen und Vermischte Prosa. Hg. und kommentiert von Katharina von Hammerstein. München 1997. (In einer dreibändigen Kassettenausgabe mit: Das Blütenalter der Empfindung. Amanda und Eduard. Romane. Hg. und kommentiert von K. v. H. München 1997; Ein Glück, das keine Wirklichkeit umspannt. Gedichte und Erzählungen. Hg. und kommentiert von K. v. H. München 1997.) Hammerstein/Horn Sophie Mereau. Verbindungslinien in Zeit und Raum. Hg. 2008 von Katharina von Hammerstein und Katrin Horn. Heidelberg 2008 (Ereignis Weimar–Jena. Kultur um 1800. Ästhetische Forschungen. Hg. von Klaus Manger. XIX). Hang 1934
Adelheid Hang, Sophie Mereau in ihren Beziehungen zur Romantik. Phil. Diss. Frankfurt/M. 1933. Mainz 1934.
493
Kommentar
Hannemann 2005
Britta Hannemann, Weltliteratur für Bürgertöchter. Die Übersetzerin Sophie Brentano-Mereau. Göttingen 2005.
Harms 1997
Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts. Hg. von Wolfgang Harms. Bd. VII: Die Sammlung der Zentralbibliothek Zürich. Kommentierte Ausgabe. Teil 2: Die Wickiana II (1570–1588). Hg. von Wolfgang Harms und Michael Schilling. Tübingen 1997.
Hartmann 1997
Horst Hartmann, Julie von Roquette. Eine vergessene Dichterin aus Pommern. In: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte 83, 1997, S. 69–75.
Hartung 1964
Günter Hartung, Johann Friedrich Reichardt (1752–1814) als Schriftsteller und Publizist. 2 Bde. Phil. Diss. Halle 1964 (Masch.).
Hartung 2003
Günter Hartung, Der Autor des Buches »Napoleon Bonaparte und das französische Volk unter seinem Consulate«, Germanien 1804. In: Johann Friedrich Reichardt (1752– 1814). Zwischen Anpassung und Provokation. Goethes Lieder und Singspiele in Reichardts Vertonung. Bericht über die wissenschaftlichen Konferenzen in Halle anlässlich des 250. Geburtstages 2002 und zum Goethejahr 1999. Hg. durch Manfred Beetz u.a. Halle 2003, S. 33–50.
Haufe 1972
Christian Reuter, Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung Zu Wasser und Lande. Hg. von Eberhard Haufe. Leipzig 1972.
Hauser 1929
Rudolf Hauser, Zur Geschichte der Wiener Zeitschrift »Prometheus« (1808). In: Euphorion 30, 1929, S. 308–328.
Heinrich 1981
Gerd Heinrich, Brandenburg II. In: Theologische Realenzyklopädie. Bd. VII. Hg. von Gerhard Krause und Gerhard Müller. Berlin 1981, S. 111–128.
Henne/Objartel 1984
Bibliothek zur historischen deutschen Studenten- und Schülersprache. Hg. von Helmut Henne, Georg Objartel. 6 Bde. Berlin–New York 1984.
Henrich 1993
Dieter Henrich, Der Ursprung der Doppelphilosophie. Friedrich Heinrich Jacobis Bedeutung für das nachkantische Denken. In: Friedrich Heinrich Jacobi. Präsident der Akademie, Philosoph, Theoretiker der Sprache. Vorträge auf einer Gedenkveranstaltung der Bayerischen Akademie der Wissen-
494
Literaturverzeichnis
schaften 250 Jahre nach seiner Geburt. Vorgelegt am 7. Mai 1993. Hg. von Dieter Henrich. München 1993, S. 13– 27 (Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Sitzungsberichte. Jg. 1993, H. 3). Henzel 1994
Christoph Henzel, Die italienische Hofoper in Berlin um 1800. Vincenzo Righini als preußischer Hofkapellmeister. Stuttgart-Weimar 1994.
Herbst 1872–1876 Wilhelm Herbst, Johann Heinrich Voss. 2 Bde. Leipzig 1872–1876. Höllerl 2004
Heinrich Höllerl, Die Bratwurst ist eine Fränkin. Genüßliche Monographie eines Kult-Nahrungsmittels. Würzburg 2004.
Höpfner 1850–1851
Eduard von Höpfner, Der Krieg von 1806 und 1807. Ein Beitrag zur Geschichte der Preußischen Armee nach den Quellen des Kriegs-Archivs bearbeitet. 2 Bde. Berlin 1850–1851.
Homann 1977
Hermann Homann, Drei Käfige am Turm. Aufstieg und Fall des Wiedertäuferreiches in Münster 1534/35. Münster 1977.
Huber 1999–2003 Therese Huber. Briefe. Hg. von Magdalene Häuser. Bd. I: 1774–1803. Bearb. von Magdalene Heuser in Zusammenarbeit mit Corinna Bergmann-Törner, Diane Colemann Brandt, Jutta Harmeyer und Petra Wulbusch. Bd. II: 1804–Juni 1807. Bearb. von Magdalene Heuser, Petra Wulbusch, Andrea Kiszio, Jessica Kewitz und Diane Colemann Brandt. Tübingen 1999–2003. Hueck 1967
Genealogisches Handbuch der gräflichen Häuser. Hauptbearbeiter: Walter von Hueck. Gräfliche Häuser A. Bd. V. Limburg a. d. Lahn 1967 (Genealogisches Handbuch des Adels. XL).
Hultberg 1973
Helge Hultberg, Den unge Henrich Steffens. 1773–1811. Festskrift udg. af Københavns Universitet in anledning of Universitets A˚rsfest, nov. 1793. København 1973.
Jacobs 1840
Friedrich Jacobs, Personalien. Leipzig 1840 (Jacobs, Vermischte Schriften. VII).
Jacobs 1908
Arnims Werke. Auswahl in vier Teilen. Hg., mit Einleitung und Anmerkungen versehen von Monty Jacobs. 4 Bde. Berlin-Leipzig-Wien-Stuttgart 〈1908〉.
495
Kommentar
Jarck 1996
Braunschweigisches biographisches Lexikon. 19. und 20. Jahrhundert. Hg. von Horst-Rüdiger Jarck. Hannover 1996.
JbBvA
Internationales Jahrbuch schaft. Berlin 1987ff.
JbFDH
Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts. Frankfurt/M. 1902ff.
Jean Paul 1988
Jean Paul. Sämtliche Werke. Hg. von Norbert Miller. Abt. I. Bd. 4. München-Wien 41988.
Joachim/Klinkenborg 1920
Erich Joachim/Melle Klinkenborg, Familien-Geschichte des Gräflich Finck von Finckensteinschen Geschlechts. Berlin 1920.
Jobst 2002
Hans-Peter Jobst, Gütesiegel »Säbelschwingender Reiter«. Die Oberpfälzer Büchsenmachertradition der Kuchenreuter. Wissenschaftliche Zulassungsarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Realschulen in Bayern nach der LPO I an der Universität Regensburg im Fach EWS-Volkskunde am Institut für Volkskunde. Regensburg 2002 (http://www.kuchenreuter.de).
John 2007
Timo John, Lessing läßt grüßen. Sinnbild der Toleranz: Die sanierte Rokoko-Moschee im Schwetzinger Schlosspark. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. August 2007, Nr. 183, S. 34.
Jorns 1964
August Kestner und seine Zeit. 1777–1853. Das glückliche Leben des Diplomaten, Kunstsammlers und Mäzens in Hannover und Rom. Aus Briefen und Tagebüchern zusammengestellt von Marie Jorns. Hannover 1964.
Jürgensen 2002
Renate Jürgensen, Bibliotheca Norica. Patrizier- und Gelehrtenbibliotheken in Nürnberg zwischen Mittelalter und Aufklärung. 2 Bde. Wiesbaden 2002.
Justi 1831
Karl Wilhelm Justi, Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten-, Schriftsteller- und Künstler-Geschichte vom Jahre 1806 bis zum Jahre 1830. Fortsetzung von Strieder’s Hessischer Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte und Nachträge zu diesem Werke. Marburg 1831.
Karsten 1823
Franz Christian Lorenz Karsten, Vorrede. In: Neue Annalen der Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft. Hg. von F. CH. L. Karsten. 10. Jg. 2. Hälfte. Rostock 1823, S. V–XXXVIII.
496
der
Bettina-von-Arnim-Gesell-
Literaturverzeichnis
Kat. Arnim 1981
Achim von Arnim 1781–1831. Ausstellung. Katalog bearbeitet von Renate Moering und Hartwig Schultz. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum 30. Juni bis 31. Dezember 1981. Frankfurt/M. 1981.
Kat. Baldinger 1805
Catalogus bibliothecae medico-physicae Ern. Godfr. Baldingere. Cur. Jo. Guil. Henr. Conradi. 2 Bde. Marburg 1805.
Kat. Baldinger 1805a
Catalogus derer Bücher, Kupferstiche etc. welche der verstorbene Geheime Rath und Professor Medicinae Baldinger außer seiner Sammlung von medizinischen Büchern hinterlassen, und welche Montags den 4ten November dieses Jahrs und folgende Tage Nachmittags 2 Uhr dahier in Marburg in dessen Behausung öffentlich an den Meistbietenden gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden sollen. Marburg 1805.
Kat. Bassenge 17
Auktionskatalog Galerie Gerda Bassenge. Nr. 17. Berlin 1971.
Kat. Brentano 1974 Clemens und Christian Brentanos Bibliotheken. Die Versteigerungskataloge von 1819 und 1853. Mit einem unveröffentlichten Brief Clemens Brentanos hg. von Bernhard Gajek. Heidelberg 1974 (Beihefte zum Euphorion. VI). Kat. BvA 1985
Herzhaft in die Dornen der Zeit greifen ..... Bettine von Arnim 1785–1859. Ausstellung 1985, Freies Deutsches Hochstift. Katalog hg. von Christoph Perels. Frankfurt/M. 1985.
Kat. Frankfurt 1988 Katalog zu der Abteilung Bürgerliche Sammlungen in Frankfurt 1700–1830. Historisches Museum Frankfurt/M. 1988. Kat. Goethe–Romantik 1999
»Ein Dichter hatte uns alle geweckt«. Goethe und die literarische Romantik. Hg. von Christoph Perels. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum 1999. Ausstellung im Frankfurter Goethe-Museum 19. Juni – 31. Juli 1999. Frankfurt/M. 1999.
Kat. Henrici 149
Karl Ernst Henrici. Versteigerung 149. Arnim und Brentano. Des Knaben Wunderhorn. Handschriftliches aus dem Nachlaß der Bettine v. Arnim. Berlin 1929.
Kat. Henrici 155
Karl Ernst Henrici. Versteigerung 155. I. Autographen aus verschiedenen Gebieten. II. Handschriftliches aus dem Nachlaß der Bettine v. Arnim. Dritter und letzter Teil. Berlin 1929.
497
Kommentar
Kat. Kippenberg 1928
Katalog der Sammlung Kippenberg. 2 Bde. Leipzig 1928.
Kat. Liepmannssohn 27
Leo Liepmannssohn. Versteigerungskatalog 27. Berlin 1901.
Kat. Liepmannssohn 64
Leo Liepmannssohn. Versteigerungskatalog 64. Berlin 1934.
Kat. Mozler 56
N.LVI oder Fortsetzung des Verzeichnisses einiger gebundener Bücher, welche bey Joseph Mozler in Freysing um beygesetzte billige Preise gegen gleich baare Bezahlung zu haben sind. Freysing 1805.
Kat. Mozler 59
N.LIX. oder Fortsetzung des Verzeichnisses gebundener Bücher, welche bey Joseph Mozler in Freysingen um die beygesetzten billige Preise gegen gleich baare Bezahlung zu haben sind. Freysing 1806.
Kat. Riepenhausen Antike zwischen Klassizismus und Romantik. Die Künstler2001 familie Riepenhausen. Eine Ausstellung der WinckelmannGesellschaft im Winckelmann-Museum Stendal 20. Mai bis 22. Juli 2001. Hg. von Max Kunze. Mainz 2001. Kat. Rother 1989
Michael Rother, Die Briefe der Heidelberger WunderhornSammlung. Katalog. Heidelberg 1989 (Universitätsbibliothek Heidelberg. Heidelberger Bibliotheksschriften. XXXVII).
Kat. Stargardt 268 J. A. Stargardt. Katalog 268. Autographen. Versteigerung am 29. und 30. April 1927. Berlin 1927. Kat. Stargardt 649 J. A. Stargardt. Katalog 649. Autographen aus allen Gebieten. Auktion in Berlin am 4. und 5. April 1991. Marburg 1991. Kat. Stargardt 675 J. A. Stargardt. Katalog 675. Autographen aus allen Gebieten. Auktion am 13. und 14. November 2001. Berlin 2001. Kayser 1923
Aus gärender Zeit. Tagebuchblätter des Heidelberger Professors Karl Philipp Kayser aus den Jahren 1793 bis 1827 mit 10 Abbildungen nach zeitgenössischen Bildern von Friedrich Rottmann. Hg. von Franz Schneider. Kunstgeschichtliche Einleitung von Karl Lohmann. Karlsruhe 1923.
Kiefner 1997
Hans Kiefner, »Ideal wird, was Natur war«. Abhandlungen zur Privatrechtsgeschichte des späten 18. und des 19. Jahrhunderts. Goldbach 1997.
498
Literaturverzeichnis
Kiermeyer-Debre 1986
Joseph Kiermeyer-Debre, »Gespräche in Liedern«. Eine Anregung und ihre Folgen am Beispiel von Arnims Liederspiel »Markgraf Otto von Brandenburg«. Mit einem Anhang: Ludwig Achim von Arnim: »Markgraf Otto von Brandenburg«. Text nach der Handschrift; Lesarten, Anmerkungen und Beilagen. In: Aurora 46, 1986, S. 174–261.
Kirchhof 1869
Hans Wilhelm Kirchhof, Wendunmuth. Hg. von Hermann Österley. Bd. I. Tübingen 1869 (Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart. XCV).
Kirchner 1969
Werner Kirchner, Der Hochverratsprozeß gegen Sinclair. Ein Beitrag zum Leben Hölderlins. Neue verbesserte Auflage mit einem Nachwort hg. von Alfred Kelletat. Frankfurt/M. 1969.
Kirschke 2001
Martin Kirschke, Liebigs Lehrer Karl W. G. Kastner (1783–1857). Eine Professorenkarriere in Zeiten naturwissenschaftlichen Umbruchs. Berlin 2001.
Klebe 1796
A〈lbert〉 Klebe, Gotha und die umliegende Gegend. Gotha 1796.
Klenner 1977
Hermann Klenner, Anmerkungen zu »Savigny«. In: Kuczynski 1977, S. 158–173.
Kleßmann 1995
Eckart Kleßmann, Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Soldat, Musiker, Idol. Überarb. Ausgabe München 1995.
Kluyver 1913
A. Kluyver 〈u.a.〉, Woordenboek der Nederlandsche Taal. Bd. IX. ’s Gravenhage-Leiden 1913.
Koch 1795–1798
Erduin Julius Koch, Compendium der Deutschen LiteraturGeschichte von den ältesten Zeiten bis auf Lessings Tod. 2 Bde. Berlin 1795–1798 (1. Aufl. des ersten Bandes 1790. 1795 mit dem Nebentitel: Grundriß einer Geschichte der Sprache und Literatur der Deutschen von den ältesten Zeiten bis auf Lessings Tod).
Körner 1911
Josef Körner, Nibelungenforschungen der deutschen Romantik. Leipzig 1911.
Körner 1926
Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Berlin 1926.
Körner 1930
Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. 2 Bde. Zürich-LeipzigWien 1930.
499
Kommentar
Körner 1936–1958 Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. von Josef Körner. Bde. I/II: Brünn-Wien-Leipzig 1936–1937. Bd. III: Kommentar. Bern 1958. Körte 1806
Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller. Aus Gleims litterarischem Nachlasse. Hg. von Wilhelm Körte. 2 Bde. Zürich 1806 (Briefe deutscher Gelehrten. Aus Gleims litterarischem Nachlasse. Hg. von Wilhelm Körte. Bde. II/III).
Köster 1968
Die Briefe der Frau Rath Goethe. Gesammelt und hg. von Albert Köster. 8. Auflage. Leipzig 1968.
Kopp 1906
Arthur Kopp, Johann Balhorn (Druckerei zu Lübeck 1528 bis 1603). Lübeck 1906.
Kralik/Winter 1885 Deutsche Puppenspiele. Hg. von Richard Kralik und Joseph Winter. Wien 1885. Kranzbühler 1905
Eugen Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten. Beiträge zur Baugeschichte und Topographie der Stadt Worms. Worms 1905.
Krünitz 1773–1858 Johann Georg Krünitz, Oeconomische Encyclopädie oder Allgemeines System der Land-, Haus- und Staats-Wirthschaft. In alphabethischer Ordnung 〈...〉. 242 Teile. Berlin 1773–1858 (elektronische Version). Kuczynski 1977
Jürgen Kuczynski, Gelehrtenbiographien. Berlin 1977, S. 125–157 (Kuczynski, Studien zu einer Geschichte der Gesellschaftswissenschaften. VI).
KVK
Karlsruher Virtueller Katalog.
Lachmann/MunGotthold Ephraim Lessings sämtliche Schriften. Hg. von Karl cker 1886–1919 Lachmann. Dritte, auf’s neue durchgesehene und vermehrte Auflage besorgt durch Franz Muncker. 22 Bde. Stuttgart u.a. 1886–1919. Langendörfer 1971 Friedhelm Langendörfer, Die Landschaden von Steinach. Zur Geschichte einer Familie des niederen Adels im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Heidelberg 1971. Lechner 1974
Leonhard Lechner. Werke. Bd. VII. Hg. von Konrad Ameln. Kassel-Tours-London 1974.
Leffson/Steffens 1912
Arndts Werke. Auswahl in zwölf Teilen. Hg., mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von August Leffson und Wilhelm Steffens. Berlin-Leipzig-Wien-Stuttgart 〈1912〉.
500
Literaturverzeichnis
Leiser 1971
Wolfgang Leiser, Jung-Stilling und Karl Friedrich von Baden. In: Festschrift für Professor Dr. Dr. Wolfgang Müller zum 65. Geburtstag. Bühl 1971, S. 273–279 (Alemannisches Jahrbuch 1970).
Leitzmann 1942
Albert Leitzmann, Mhd. Texte beim jungen Arnim. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 65, 1942, S. 170–175.
Lessing/Brüning 1905
Julius Lessing und Adolf Brüning, Der Pommersche Kunstschrank. Berlin 1905.
Ley 1994
Francis Ley, Madame de Krüdener 1764–1824. Romantisme et Sainte-Alliance. Paris 1994.
Leyser 1896
J〈akob Anton〉 Leyser, Joachim Heinrich Campe. Ein Lebensbild aus dem Zeitalter der Aufklärung. 2 Bde. 2. Ausgabe. Braunschweig 1896.
Lichtenberg 2004
Georg Christoph Lichtenberg. Briefwechsel. Unter Mitwirkung von Hans-Joachim Heerde hg. von Ulrich Joost. Bd. V/1. Nachträge, Besserungen, Personenregister. München 2004.
Lichtenstein 1855
Clemens Brentano/Stephan August Winkelmann, Distichen auf Jenaer Bekannte zur Neujahrsnacht 1799/1800. Abschriften mit Erläuterungen von Martin Heinrich Karl Lichtenstein. Jena, 31. Dezember 1799/Berlin, 2. April 1855. Manuskript Stadtarchiv Mainz, Sign. 4° Ms 87–25,2.
Lohmeyer 1935
Karl Lohmeyer, Heidelberger Maler der Romantik. Heidelberg 1935.
Lohner 1972
Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel. Briefe. Auf der Grundlage der von Henry Lüdeke besorgten Edition neu hg. und kommentiert von Edgar Lohner. München 1972.
Lorenz/Henningsen 1999
Henrik Steffens – Vermittler zwischen Natur und Geist. Hg. von Otto Lorenz und Bernd Henningsen. Berlin 1999.
Luther 1988
Edith Luther, Johann Friedrich Frauenholz (1758–1822). Kunsthändler und Verleger in Nürnberg. Nürnberg 1988.
Mallon 1925
Otto Mallon, Arnim-Bibliographie. Berlin 1925. Reprint Hildesheim 1965.
Mandelkow 1975
Goethe im Urteil seiner Kritiker. Dokumente zur Wirkungsgeschichte Goethes in Deutschland. Teil I: 1773–1832. Hg., eingeleitet und kommentiert von Karl Robert Mandelkow. München 1975.
501
Kommentar
Mann 1984
Gunter Mann, Franz Joseph Galls kranioskopische Reise durch Europa (1805–1807). Fundierung und Rechtfertigung neuer Wissenschaft. In: Nachrichtenblatt der deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik e.V. 34, H. 3, Winter 1984, S. 86–114.
Marquardt 1964
Hertha Marquardt, Henry Crabb Robinson und seine deutschen Freunde. Brücke zwischen England und Deutschland im Zeitalter der Romantik. Nach Briefen, Tagebüchern und anderen Aufzeichnungen unter Mithilfe von Kurt Schreinert bearb. Bd. I. Göttingen 1964.
Martin 2000
Dieter Martin, Barock um 1800. Bearbeitung und Aneignung deutscher Literatur des 17. Jahrhunderts von 1770 bis 1830. Frankfurt/M. 2000.
Matthaei 1941
Ruprecht Matthaei, Die Farbenlehre im Goethe-Nationalmuseum. Eine Darstellung auf Grund des gesamten Nachlasses in Weimar mit der ersten vollständigen Bestandsaufnahme. Jena 1941.
Maurice 1997
Florian Maurice, Freimaurerei um 1800. Ignaz Aurelius Feßler und die Reform der Großloge Royal York in Berlin. Tübingen 1997.
Merckle 1894
Kurt Merckle, Das Denkmal Friedrichs des Großen in Berlin. Aktenmäßige Geschichte und Beschreibung des Monuments. Berlin 1894.
Meyer 1858
Friedrich Adolph Meyer, Characterzüge aus dem Leben des Grafen Carl Hahn-Neuhaus. Hamburg 1858.
MGG
Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Hg. von Friedrich Blume. 17 Bde. Kassel–Basel 1949–1986. Reprint München–Kassel–Basel– London 1989.
MGKL
Meyers Großes Konversations-Lexikon. Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearb. und verm. Aufl. 24 Bde. Leipzig-Wien 1908–1913.
Migge 1959
Walther Migge, Briefwechsel zwischen Achim von Arnim und Sophie Mereau. Ein Beitrag zur Charakteristik Clemens Brentanos. In: Festgabe für Eduard Berend zum 75. Geburtstag am 5. Dezember 1958. Hg. von Hans Werner Seiffert und Bernhard Zeller. Weimar 1959, S. 384–407.
502
Literaturverzeichnis
Milch 1968
Werner Milch, Die junge Bettine 1785–1811. Ein biographischer Versuch, im Manuskript überarbeitet, eingeleitet und hg. von Peter Küpper. Heidelberg 1968.
Moering 1978
Renate Moering, Arnims künstlerische Zusammenarbeit mit Johann Friedrich Reichardt und Louise Reichardt. Mit unbekannten Vertonungen und Briefen. In: Burwick/Fischer 1990, S. 198–279.
Moering 1996
Bettine von Arnim. Lieder und Duette für Singstimme und Klavier. Handschriften, Drucke, Bearbeitungen. Hg. von Renate Moering. Kassel 1996.
Moering 2003
Renate Moering, Castor und Pollux. Arnim und Brentano in ihren Projekten mit Reichardt. In: Johann Friedrich Reichardt und die Literatur. Komponieren, Korrespondieren, Publizieren. Hg. von Walter Salmen. Hildesheim 2003, S. 431–452.
Moering 2006
Louise Reichardt. 1779–1826. Lieder romantischer Dichter für Singstimme und Klavier. Hg. von Renate Moering. 2 Bde. Kassel 2006.
Mohr 1973
Heinrich Mohr, »Freundschaftliche Briefe« – Literatur oder Privatsache? Der Streit um Wilhelm Gleims Nachlaß. In: JbFDH 1973, S. 14–75.
Müllenhoff 1879
Karl Müllenhoff, Irmin und seine Brüder. In: Zeitschrift für deutsches Alterthum und deutsche Litteratur 23, 1879, S. 1–23.
Müller 1874
Adolph Müller, Briefe von der Universität in die Heimath. Leipzig 1874 (Aus dem Nachlaß Varnhagen’s von Ense. Hg. von Ludmilla Assing).
Müller-Jabusch 1921
Thersites. Die Erinnerungen des deutsch-baltischen Journalisten Garlieb Merkel 1796–1817. Hg. und mit Zwischenkapiteln versehen von Maximilian Müller-Jabusch. Berlin 1921.
Münch 2003
Ernst Münch, Niedergang und Stagnation. 1648 bis 1806. In: In deinen Mauern herrsche Eintracht und allgemeines Wohlergehen. Eine Geschichte der Stadt Rostock von ihren Ursprüngen bis zum Jahre 1990. Hg. von Karsten Schröder. Rostock 2003, S. 93–108.
Murr 1801
Christoph Gottlieb von Murr, Beschreibung der vornehmsten Merkwürdigkeiten in der Reichsstadt Nürnberg. Nürnberg 21801.
503
Kommentar
Narr 1968
Friedrich David Gräter 1768–1830. Hg. von Dieter Narr. Schwäbisch Hall 1968 (Württembergisch Franken-Jahrbuch. 52).
NDB
Neue Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Berlin 1953ff.
Neander von PeJohann Christoph Neander von Petersheiden, Neue Antersheiden 1801 schauliche Tabellen von der gesammten Residenz-Stadt Berlin, oder Nachweisung aller Eigenthümer, mit ihrem Namen und Geschäfte, wo sie wohnen, die Nummer der Häuser, Straßen und Plätze, wie auch die Wohnungen aller Herren Officiere hiesiger Garnison, zum zweitenmale dargestellt. Berlin 1801. Neuß 1949
Erich Neuß, Das Giebichensteiner Dichterparadies. Johann Friedrich Reichardt und die Herberge der Romantik. Halle/S. 2 1949.
Nicolai 1786
Friedrich Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend. Dritte völlig umgearb. Aufl. 3 Bde. Berlin 1786.
Novalis/Schr
Novalis. Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs. Begründet von Paul Kluckhohn und Richard Samuel. Hg. von Richard Samuel in Zusammenarbeit mit Hans-Joachim Mähl und Gerhard Schulz. Dritte, nach den Handschriften ergänzte, erweiterte und verbesserte Aufl. Stuttgart-BerlinKöln-Mainz 1960ff.
Obser 1914
Karl Obser, Aus dem Briefwechsel des Freiherrn Leo von Seckendorff. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Literatur im ersten Jahrzehnt des 18.〈!〉 Jahrhunderts. In: Neue Heidelberger Jahrbücher 18, 1914, H. 1, S. 1–47.
Oehlenschläger 1850
Adam Oehlenschläger, Meine Lebens-Erinnerungen. Ein Nachlaß. Deutsche Originalausgabe. 2 Bde. Leipzig 1850.
Oehlenschläger 1945–1950
Breve fra og til Adam Oehlenschläger. Udgivet af H. A. Paludan, Daniel Preisz, Morten Borup. 5 Bde. København 1945–1950.
van Oorschot 1968 Friedrich Spee. Güldenes Tugend-Buch. Hg. von Theo G. M. van Oorschot. München 1968 (Friedrich Spee. Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe. II).
504
Literaturverzeichnis
van Oorschot 1985 Friedrich Spee. Trutz-Nachtigall. Hg. von Theo G. M. van Oorschot. Bern 1985 (Friedrich Spee. Sämtliche Schriften. Historisch-kritische Ausgabe. I). Pfälzisches Wörter- Pfälzisches Wörterbuch. Begründet von Ernst Christmann. buch 1968–1998 Bearb. von Julius Krämer. 6 Bde. und Beiheft. Wiesbaden 1968–1998. Pierer
Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Künste und Gewerbe. Vierte, umgearbeitete und stark vermehrte Aufl. 19 Bde. Altenburg 1857–1865.
Plate 1888
Otto Plate, Die Kunstausdrücke der Meistersinger. In: Straßburger Studien. Zeitschrift für Geschichte, Sprache und Literatur des Elsasses 3, 1888, S. 147–225.
Preisendanz 1912
Die Liebe der Günderode. Friedrich Creuzers Briefe an Caroline von Günderode. Hg. und eingeleitet von Karl Preisendanz. München 1912.
Preitz 1914
Brentanos Werke. Hg. von Max Preitz. Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe. 3 Bde. Leipzig-Wien 1914.
Preitz 1957
Max Preitz, Clemens Brentano und Tian. Ein Gedenkblatt für Caroline von Günderrode. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. August 1957, Nr. 195.
Preitz 1962
Karoline von Günderrode in ihrer Umwelt. I. Briefe von Lisette und Christian Gottfried Nees von Esenbeck, Karoline von Günderrode, Friedrich Creuzer, Clemens Brentano und Susanne von Heyden. In: JbFDH 1962, S. 208–306.
Preitz 1964
Karoline von Günderrode in ihrer Umwelt. II. Karoline von Günderrodes Briefwechsel mit Friedrich Karl und Gunda von Savigny. In: JbFDH 1964, S. 158–235.
Press 1987
Volker Press, König Friedrich I. – der Begründer des modernen Württemberg. In: Baden/Württ. 1987, Bd. II, S. 25–40.
Raich 1881
Dorothea v. Schlegel geb. Mendelssohn und deren Söhne Johannes und Philipp Veit. Briefwechsel im Auftrage der Familie Veit hg. von J. M. Raich. 2 Bde. Mainz 1881.
Ramler 1992
Karl Wilhelm Ramlers Geistliche Kantaten. Hg. von Wolf Hobohm und Ralph-Jürgen Reipsch. Reprint Magdeburg 1992.
505
Kommentar
Reich 1980
Nancy B. Reich, Louise Reichardt. In: Ars Musica. Musica Scientia. Festschrift Heinrich Hüschen zum fünfundsechzigsten Geburtstag am 2. März 1980. Hg. von Detlef Altenburg. Köln 1980, S. 369–377.
Reich 1981
Louise Reichardt. Songs. Compiled and with an introduction by Nancy B. Reich. New York 1981 (Women Composers Series. VII).
Reichard 1877
H. A. O. Reichard. (1751–1828.) Seine Selbstbiographie überarbeitet und hg. von Hermann Uhde. Stuttgart 1877.
Reichert 1985
〈Ursula Reichert,〉 Clemens Brentano an Ludwig Achim von Arnim. Wiesbaden 7. September 1805. Universitätsbibliothek Heidelberg. Heid. Hs. 2110(4) Brief 475. 〈Wiesbaden〉 1985.
Reimer 1999
Doris Reimer, Passion & Kalkül. Der Verleger Georg Andreas Reimer (1776–1842). Berlin-New York 1999.
Reinbeck 1808
G〈eorg〉 Reinbeck, Heidelberg und seine Umgebungen im Sommer 1807. in〈!〉 Briefen. Nebst einem merkwürdigen Beitrage zum Prozesse der Publicität gegen ihre Widersacher, und einer Beilage. Tübingen 1808.
Reiser 1975
Rudolf Reiser, Mathilde Therese von Thurn und Taxis (1773–1839). In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 38, 1975, H. 2, S. 739–748.
Reiter 1935
Friedrich August Wolf. Ein Leben in Briefen. Die Sammlung besorgt und erläutert durch Siegfried Reiter. 3 Bde. Stuttgart 1935.
Richter 1926
Die Briefe Friedrichs des Großen an seinen vormaligen Kammerdiener Fredersdorf. Hg. und erschlossen von Johannes Richter. Berlin-Grunewald 1926.
Richter 1988
Der Physiker des Romantikerkreises Johann Wilhelm Ritter in seinen Briefen an den Verleger Carl Friedrich Ernst Frommann. Hg. und mit Kommentaren versehen von Klaus Richter. Weimar 1988.
Ricklefs 1980
Ulfert Ricklefs, Arnims lyrisches Werk. Register der Handschriften und Drucke. Tübingen 1980.
Ricklefs 1990
Ulfert Ricklefs, Kunstthematik und Diskurskritik. Das poetische Werk des jungen Arnim und die eschatologische Wirklichkeit der »Kronenwächter«. Tübingen 1990.
506
Literaturverzeichnis
Riley 1978
Helene M. Kastinger Riley, Ludwig Achim von Arnims Jugend- und Reisejahre. Ein Beitrag zur Biographie mit unbekannten Briefzeugnissen. Bonn 1978.
Rölleke 1971a
Heinz Rölleke, »Kriegslieder«. Achim von Arnims Imitation eines Fliegenden Blattes im Jahre 1806. In: Jahrbuch für Volksliedforschung 16, 1971, S. 73–80.
Rölleke 1971b
Heinz Rölleke, Georg Forsters »Frische Teutsche Liedlein« und »Des Knaben Wunderhorn«. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft N.F. 12, 1971, S. 351–358.
Rölleke 1971c
Heinz Rölleke, Die Titelkupfer zu »Des Knaben Wunderhorn«. Richtigstellungen und neue Funde. In: JbFDH 1971, S. 123–131.
Rölleke 1973
Heinz Rölleke, Neuentdeckte Beiträge Clemens Brentanos zur »Badischen Wochenschrift« in den Jahren 1806 und 1807. Rezeption deutscher Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts in der Romantik. In: JbFDH 1973, S. 241–346.
Rölleke 1980
Brüder Grimm. Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand mit den Originalanmerkungen der Brüder Grimm. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Ausgaben veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen hg. von Heinz Rölleke. 3 Bde. Stuttgart 1980.
Rölleke 1993
Heinz Rölleke, Rezension zu: Kindermärchen von Albert Ludwig Grimm. Nachwort und Kommentare von Ernst Schade. Hildesheim 1992. In: Wirkendes Wort 43, 1993, S. 363f.
Rölleke 2001
Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm. Hg. von Heinz Rölleke. Teil 1. Text. Stuttgart 2001 (Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Kritische Ausgabe in Einzelbänden. I/1).
Rogge 1999
Die Versuche und Hindernisse Karls. Eine deutsche Geschichte aus neuerer Zeit. 2 Bde. Hg. von Helmuth Rogge. Reprint Hildesheim 1999 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1926).
Roller 1924
Theodor Roller, Georg Andreas Reimer und sein Kreis. Zur Geschichte des politischen Denkens in Deutschland um die Zeit der Befreiungskriege. Berlin 1924.
507
Kommentar
Rosenstrauch 2003 Hazel Rosenstrauch, Karl August Varnhagen und die Kunst des geselligen Lebens. Eine Jugend um 1800. Biographischer Essay. Berlin 2003. Rossmann 1941
Kurt Rossmann, Versuch einer Geschichte des Heidelberger Schlosses von Clemens Brentano. In: Neue Heidelberger Jahrbücher N. F. 1941, S. 59–75.
Roth 1805–1806
Johann Ferdinand Roth, Gemeinnütziges Lexikon für Leser aller Klassen, besonders für Unstudierte; oder kurze und deutliche Erklärung der in mündlichen Unterhaltungen und in schriftlichen Aufsätzen gebräuchlichsten Redensarten, Ausdrücke und Kunstworte, in alphabetischer Ordnung. 2 Bde. Nürnberg 1805–1806.
Rothkirch 1985
Königin Luise von Preußen. Briefe und Aufzeichnungen 1786–1810. Mit einer Einleitung von Hartmut Boockmann hg. von Malve Gräfin Rothkirch. München 1985.
Rudorff 1938
Ernst Rudorff, Aus den Tagen der Romantik. Bildnis einer deutschen Familie. Leipzig 1938.
Rückert 1984
Joachim Rückert, Idealismus, Jurisprudenz und Politik bei Friedrich Carl von Savigny. Ebelsbach 1984.
Rumpf 1804
I. D. J. Rumpf, Berlin und Potsdam, eine vollständige Darstellung der merkwürdigsten Gegenstände. 2 Bde. Berlin 1804.
Runge 1840/41
Hinterlassene Schriften von Philipp Otto Runge, Mahler. Hg. von dessen ältestem Bruder 〈Daniel Runge〉. 2 Bde. Hamburg 1840/41.
Runge 2008
Anita Runge, »Es ist ein sonderbares Gefühl, sich auf dem Papier jemand nähern zu wollen«. Brieftheoretische und briefgeschichtliche Aspekte der Liebesbriefe Sophie Mereaus. In: Hammerstein/Horn 2008, S. 229–244.
Sagave 1966
Pierre-Paul Sagave, Schach von Wuthenow. Dichtung und Wirklichkeit. Frankfurt/M.-Berlin 1966.
Salmen 2002
Walter Salmen, Johann Friedrich Reichardt. Komponist, Schriftsteller, Kapellmeister und Verwaltungsbeamter der Goethezeit. Zweite erweiterte und ergänzte Aufl. mit einer neuen Bibliographie. Hildesheim-Zürich-New York 2002.
Sanford 2005
Goethes Briefwechsel mit seinem Sohn August. Mit Einleitung, Kommentar und Register hg. von Gerlinde Ulm Sanford. 2 Bde. Weimar 2005.
508
Literaturverzeichnis
Sauer 1987
Paul Sauer, Heiraten aus Staatsräson. Napoleon und seine Beziehungen zu den Regentenhäusern Badens, Württembergs und Hohenzollerns. In: Baden/Württ. 1987, Bd. II, S. 55–65.
Sauter 1969
Willmar Sauter, »Ein new Jar«. Neujahrswunschblätter aus sechs Jahrhunderten. München 1969.
Savigny 1999
Gunda von Savigny, Hof Trages. Chronik der Familie von Savigny. Hanau 21999.
Schad 1984
Brigitte Schad, Christian Brentano, Vater der Aschaffenburger Brentanos. In: Die Aschaffenburger Brentanos. Beiträge zur Geschichte der Familie aus unbekanntem NachlaßMaterial. Hg. von Brigitte Schad. Aschaffenburg 1984, S. 20–50.
Schäffer/Hartmann C. Schäffer/C. Hartmann, Die Königlichen Theater in Berlin. 1886 Statistischer Rückblick auf die künstlerische Thätigkeit und die Personal-Verhältnisse während des Zeitraums vom 5. December 1786 bis 31. December 1885. Berlin 1886. Schaible 2000
Friederike Schaible, Die Geschichte zur Wahrheit läutern: Arnims »Wiedertäufer«-Fragment. In: Burwick/Härtl 2000, S. 201–215. (Vgl. Simmgen 1997).
Schaub 1972
Gerhard Schaub, Die Spee-Rezeption Clemens Brentanos. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft N.F. 13, 1972, S. 151–179.
Scheffler 1995
Sabine und Ernst Scheffler unter Mitarbeit von Gerd Unverfehrt, So zerstieben getraeumte Weltreiche. Napoleon I. in der deutschen Karikatur. Stuttgart 1995.
Scheidel 1885
Gustav Scheidel, Franz Karl Leopold Freiherr von Seckendorff in seinen literarischen Beziehungen, hauptsächlich zum Weimarschen Dichterkreise, nach einer ungedruckten Korrespondenz. Nürnberg 1885.
Schellberg/Fuchs 1939
Das unsterbliche Leben. Unbekannte Briefe von Clemens Brentano. Hg. von Wilhelm Schellberg und Friedrich Fuchs. Jena 1939.
Schellberg/Fuchs 1942
Die Andacht zum Menschenbild. Unbekannte Briefe von Bettine Brentano. Hg. von Wilhelm Schellberg und Friedrich Fuchs. Jena 1942.
509
Kommentar
Schenkendorf 1983 Stammbuch des Dichters Max von Schenkendorf. Bearb. und mit Anmerkungen versehen von Ekkehard P. Langner und Hans-Josef Schmidt. Koblenz 1983 (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Koblenz XV/2). Schewe 1932
H〈arry〉 Schewe, Neue Wege zu den Quellen des Wunderhorns. In: Jahrbuch für Volksliedforschung 3, 1932, S. 120–147.
Schewe 1933
Harry Schewe, Württemberg und Wunderhorn. In: Württemberg. Monatsschrift im Dienste von Volk und Heimat 1933, Januar, S. 15–26.
Schief 1969
Axel Schief, Jacob Fidelis Ackermann (1765–1815). Arzt zwischen Aufklärung und Naturphilosophie. Phil. Diss. (Masch.) Heidelberg 1969.
Schilling 1985
Die große Burgunder Chronik des Diebold Schilling von Bern. »Zürcher Schilling«. Faksimile-Ausgabe hg. von Alfred A. Schmidt. 2 Bde. Luzern 1985.
Schlechter 2006
Ein Knab auf schnellem Roß. Die Romantik in Heidelberg. Ausstellungskatalog. Bearb. von Armin Schlechter unter Mitwirkung von Martina Rebmann. Heidelberg 2006 (Schriften der Universitätsbibliothek Heidelberg. VII).
Schlegel/KA
Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Hg. von Ernst Behler unter Mitwirkung von Hans Eichner und Jean-Jacques Anstett (fortgeführt von Andreas Arndt). 35 Bde. MünchenPaderborn-Wien-Zürich 1958ff.
Schlegel/KA III
Friedrich Schlegel. Charakteristiken und Kritiken II (1802–1829). Hg. und eingeleitet von Hans Eichner. A.a.O. 1975.
Schlegel/KA V
Friedrich Schlegel. Dichtungen. Hg. und eingeleitet von Hans Eichner. A.a.O. 1962.
Schlegel/KA XVI
Friedrich Schlegel. Fragmente zur Poesie und Literatur. Erster Teil. Mit Einleitung und Kommentar hg. von Hans Eichner. A.a.O. 1981.
Schlegel/KA XXXIII Friedrich Schlegel. Sammlung von Memoiren und romantischen Dichtern des Mittelalters aus altfranzösischen und deutschen Quellen. Eingeleitet und hg. von Lieselotte Dieckmann. A.a.O. 1980.
510
Literaturverzeichnis
Schleiermacher 1984
Friedrich Schleiermacher, Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch. Reprint der Erstausgabe 1806. Darmstadt 1984.
Schlie 1902
Friedrich Schlie, Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. Bd. V. 2. Aufl. Schwerin 1902.
Schlitz 1833
〈Hans von Schlitz,〉 Memoiren eines deutschen Staatsmannes aus den Jahren 1788–1816. Leipzig 1833.
Schlitz 1898
Denkwürdigkeiten des Grafen Hans von Schlitz von den letzten Lebensjahren Josephs des II. bis zum Sturze Napoleon’s I. Nach dem handschriftlichen Werke bearb. und hg. von Albert Rolf. Hamburg 1898.
Schmid 1987
Hermann Schmid, Die Säkularisation und Mediatisation in Baden und Württemberg. In: Baden/Württ. 1987, Bd. II, S. 135–155.
Schmidt 1797
Friedrich Wilhelm August Schmidt, Gedichte. Mit Kupfern und Musick. Berlin 1797.
Schmidt 1913
Caroline. Briefe aus der Frühromantik. Nach Georg Waitz vermehrt hg. von Erich Schmidt. 2 Bde. Leipzig 1913.
Schmidt 2003
Volker Schmidt, Die Prillwitzer Idole. Rhetra und die Anfänge der Forschung im Lande Stargard. In: Inventing the Pasts in North Central Europe. The National Perception of Early Medieval History and Archaeology. Hg. von Matthias Hardt, Christian Lübke und Dittmar Schorkowitz. Frankfurt/M. u.a. 2003, S. 96–110.
Schmitt 1996
Hanno Schmitt in Verbindung mit Peter Albrecht u.a., Visionäre Lebensklugheit. Joachim Heinrich Campe in seiner Zeit. Ausstellung des Braunschweigischen Landesmuseums vom 29. Juni bis 13. Oktober 1996. Wiesbaden 1996.
Schmitz 1910/11
Hermann Schmitz, Die Biskuitbüste Friedrichs des Großen und weitere Arbeiten von Joh. Carl Friedrich Riese. In: Amtliche Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen 32, 1910/11, Sp. 191–202.
Schnack 1974
Ingeborg Schnack, Marburg. Bild einer alten Stadt. Impressionen und Profile. Hanau 31974.
Schnack 1984
Der Briefwechsel zwischen Friedrich Carl von Savigny und Stephan August Winkelmann (1800–1804) mit Dokumen-
511
Kommentar
ten und Briefen aus dem Freundeskreis, gesammelt, hg. und kommentiert von Ingeborg Schnack. Marburg 1984. Schnackenburg 1996
Bernhard Schnackenburg, Gesamtkatalog. Gemäldegalerie Alte Meister/Staatliche Museen Kassel. 2 Bde. Mainz 1996.
Schnackenburg 2000
Bernhard Schnackenburg, Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel, Gründer der Kasseler Gemäldegalerie. In: Wunder/Vana/Wegner 2000, S. 71–87.
Schneider 1913
Franz Schneider, Geschichte der Universität Heidelberg im ersten Jahrzehnt nach der Reorganisation durch Karl Friedrich (1803–1813). Heidelberg 1913.
Schneider 1914
Franz Schneider, Beiträge zur Geschichte der Heidelberger Romantik. In: Neue Heidelberger Jahrbücher 18, 1914, S. 48–102.
Schneider 2000
Helmuth Schneider, »Wahrhaft glückliche Tage«. Kassel und die Antike im 18. Jahrhundert. In: Wunder/Vana/Wegner 2000, S. 88–103.
Schreiber 1811
Aloys Schreiber, Heidelberg und seine Umgebungen, historisch und topographisch beschrieben. Heidelberg 1811.
Schreiter/Pyritz 2007
Berliner Eisen. Die Königliche Eisengießerei Berlin. Zur Geschichte eines preußischen Unternehmens. Hg. von Charlotte Schreiter und Albrecht Pyritz. Hannover 2007.
Schüddekopf/Walzel 1899
Goethe und die Romantik. Briefe mit Erläuterungen. Hg. von Carl Schüddekopf und Oskar Walzel. Bd. II. Weimar 1899.
Schultz 1995
Hartwig Schultz, »Rosengarten überm Rhein«. Zwei unbekannte Gedichte Clemens Brentanos. In: JbFDH 1995, S. 22–34.
Schultz 1998
Achim von Arnim und Clemens Brentano. Freundschaftsbriefe. Vollständige kritische Edition von Hartwig Schultz. 2 Bde. Frankfurt/M. 1998.
Schultz 2004
Hartwig Schultz, Schlag zwölf am Festtag Mariae Geburt? Geburtstermin und Selbststilisierung Clemens Brentanos. Mit einem ungedruckten Brief von Michael de La Roche. In: Romantik und Exil. Festschrift für Konrad Feilchenfeldt. Hg. von Claudia Christophersen und Ursula Hudson-Wiedemann in Zusammenarbeit mit Brigitte Schillbach. Würzburg 2004, S. 113–121.
512
Literaturverzeichnis
Schulz 1989
Gerhard Schulz, Die deutsche Literatur zwischen Französischer Revolution und Restauration. Zweiter Teil: Das Zeitalter der napoleonischen Kriege und der Restauration 1806–1830. München 1989 (de Boor/Newald, Geschichte der deutschen Literatur. VII/2).
Schumann 1979–1989
Otto Schumann, Lateinisches Hexameterlexikon. Dichterisches Formelgut von Ennius bis Archipoeta. 7 Bde. München 1979–1989.
Schuster 1907
Die Jugend des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und des Kaisers und Königs Wilhelm I. Tagebuchblätter ihres Erziehers Friedrich Delbrück. Mitgeteilt von Georg Schuster. 3 Bde. Berlin 1907.
Schwartz 1878
Karl Schwartz, Leben des Generals Carl von Clausewitz und der Frau Marie von Clausewitz geb. Gräfin von Brühl. Mit Briefen, Aufsätzen, Tagebüchern und anderen Schriftstükken. 2 Bde. Berlin 1878.
Schwarz 1935
Irmgard Schwarz, Friedrich David Gräter. Ein Beitrag zur Geschichte der germanischen Philologie und zur Geschichte der deutsch-nordischen Beziehungen. Phil. Diss. Greifswald 1935 (Nordische Studien. XVII).
Schwarz 1941
Friedrich Schwarz, Labes, Johannes. In: Altpreußische Biographie. Bd. I. Königsberg 1941, S. 305.
Schwarz 1991
Gisela Schwarz, Literarisches Leben und Sozialstrukturen um 1800. Zur Situation von Schriftstellerinnen am Beispiel von Sophie Brentano-Mereau geb. Schubart. Frankfurt/M. u.a. 1991.
Schweigard 2003
Jörg Schweigard, Für Meinungsfreiheit und Menschenrechte. Die Auseinandersetzung um die naturrechtlichen Schriften des Heidelberger Juristen Karl Ignaz Wedekind. In: Aufklärung, Freimaurerei und Demokratie im Diskurs der Moderne. Festschrift zum 60. Geburtstag von Helmut Reinhalter. Hg. von Helmut Fischer. Frankfurt/M. 2003, S. 181–206.
Schweikert 1971
Ludwig Tieck. Hg. von Uwe Schweikert. München 1971. 3 Bde. (Dichter über ihre Dichtungen. IX).
Schwennicke 2002 Detlev Schwennicke, Europäische Stammtafeln. N.F. Bd. XXI. Brandenburg und Preußen 2. Frankfurt/M. 2002.
513
Kommentar
Sedlacek 1998
Carola Sedlacek, Goethe, August von. In: Goethe-Handbuch. Bd. IV/1: Personen, Sachen, Begriffe A-K. Hg. von Hans-Dietrich Dahnke und Regine Otto. Stuttgart-Weimar 1998, S. 391–393.
Seebaß 1951
Clemens Brentano. Briefe. Hg. von Friedrich Seebaß. 2 Bde. Nürnberg 1951.
Seibold 1982
Gerhard Seibold, Die Pellersche Gemäldesammlung. In: Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Nürnberg 1982, S. 70–82.
Selle 1937
Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1734–1837. Hg. von Götz von Selle. Hildesheim 1937.
Senn 1974
Matthias Senn, Johann Jakob Wick (1522–1588) und seine Sammlung von Nachrichten zur Zeitgeschichte. Zürich 1974.
Siegert 2007
Reinhart Siegert, Rudolph Zacharias Becker – der »Erfinder der Publizität« und sein Einsatz für die Volksaufklärung. In: Volksaufklärung. Eine praktische Reformbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts. Hg. von Holger Böning, Hanno Schmitt und Reinhart Siegert. Bremen 2007, S. 141–161.
Simmgen 1997
Friederike Simmgen, Das unbekannte Dramenfragment »Die Wiedertäufer« von Ludwig Achim von Arnim. Edition – Quellendokumentation – Analyse. Magisterarbeit der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg 1997. (Vgl. Schaible 2000).
SNA
Schillers Werke. Nationalausgabe. 1940 begründet von Julius Petersen. Fortgeführt von Lieselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel. Hg. im Auftrag der Stiftung Weimarer Klassik und des Schiller-Nationalmuseums in Marbach von Norbert Oellers. Weimar 1943ff.
SNA II/1
Gedichte in der Reihenfolge ihres Erscheinens 1799–1805. Hg. von Norbert Oellers. A.a.O. 1983.
SNA XXXVII/2
Briefwechsel. Briefe an Schiller 1.4.1997–31.10.1798 (Anmerkungen). Hg. von Norbert Oellers und Frithjof Stock. A.a.O. 1988.
SNA XL/1
Briefwechsel. Briefe an Schiller 1.1.1803–17.5.1805 (Text). Hg. von Georg Kurscheidt und Norbert Oellers. A.a.O. 1987.
514
Literaturverzeichnis
SNA XL/2
Briefwechsel. Briefe an Schiller 1.1.1803–17.5.1805 (Anmerkungen). Hg. von Georg Kurscheidt und Norbert Oellers. A.a.O. 1995.
Stammler/Langosch 1980
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Begründet von Wolfgang Stammler, fortgeführt von Karl Langosch. Zweite, völlig neu bearb. Aufl. unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter hg. von Kurt Ruh u.a. Bd. II. BerlinNew York 1980.
Stammler/Langosch 1981
Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 〈...〉 Bd. III. Berlin-New York 1981.
Steffens 1995–1996
Henrich Steffens, Was ich erlebte. Aus der Erinnerung niedergeschrieben. Neudruck. Mit einer Einleitung hg. von Dietrich von Engelhardt. 5 Bde. Stuttgart-Bad Canstatt 1995– 1996.
Steig 1892
Reinhold Steig, Goethe und die Brüder Grimm. Berlin 1892.
Steig 1892a
Reinhold Steig, Bettina. In: Deutsche Rundschau 72, 1892, S. 262–274.
Steig 1892b
Reinhold Steig, Achim von Arnim über Herders Cid. In: Vierteljahrsschrift für Litteraturgeschichte 5, 1892, S. 148.
Steig 1894
Achim von Arnim und Clemens Brentano. Bearbeitet von Reinhold Steig, Stuttgart 1894 (Achim von Arnim und die ihm nahe standen. Hg. von Reinhold Steig und Herman Grimm. I).
Steig 1904
Achim von Arnim und Jacob und Wilhelm Grimm. Bearbeitet von Reinhold Steig, Stuttgart 1894 (Achim von Arnim und die ihm nahe standen. Hg. von Reinhold Steig und Herman Grimm. III).
Steig 1910
Reinhold Steig, Goethesche Handschriften erhalten durch Bettina und Achim von Arnim. In: JbFDH 1910, S. 321–371.
Steig 1911
Achim von Arnims Werke. Ausgewählt und hg. von Reinhold Steig. 3 Bde. Leipzig 1911.
Steig 1913
Achim von Arnim und Bettina Brentano. Bearb. von Reinhold Steig. Stuttgart-Berlin 1913 (Achim von Arnim und die ihm nahe standen. Hg. von Reinhold Steig und Herman Grimm. II).
515
Kommentar
Steig 1913a
Reinhold Steig, Aus der preußischen Unglückszeit. Patriotische Versuche und Vorschläge von Achim von Arnim. In: Deutsche Revue 38, 1913, Bd. 3, S. 62–77.
Steig 1923
Reinhold Steig, Die Familie Reichardt und die Brüder Grimm. In: Euphorion, 15. Erg.-Heft, 1923, S. 15–54.
Steiger 1986
Robert Steiger, Goethes Leben von Tag zu Tag. Eine dokumentarische Chronik. Bd. IV. 1799–1806. Zürich-München 1986.
Stern 1911
Ludwig Stern, Die Varnhagen von Ensesche Sammlung in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Berlin 1911.
Stoll 1927
Der junge Savigny. Kinderjahre, Marburger und Landshuter Zeit Friedrich Karl von Savignys. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Romantik. Hg. von Adolf Stoll. Berlin 1927 (Friedrich Karl von Savigny. Ein Bild seines Lebens mit einer Sammlung seiner Briefe. I).
Stoll 1929
Friedrich Karl v. Savigny. Professorenjahre in Berlin 1810–1841. Hg. von Adolf Stoll. Berlin 1929 (Friedrich Karl von Savigny. Ein Bild seines Lebens mit einer Sammlung seiner Briefe. II).
Stolpe 1966
Heinz Stolpe, Johann Gottfried Herders Handbibliothek und ihr weiteres Schicksal. In: Goethe. Jahrbuch der GoetheGesellschaft 28, 1966, S. 206–235.
Streller 1956
Dorothea Streller, Arnim und das Drama. Phil. Diss. Göttingen 1956 (Masch.).
Strieder 1819
Friedrich Wilhelm Strieder’s Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Bd. XVIII. Hg. von Karl Wilhelm Justi. Marburg 1819.
Stummann-Bowert Ruth Stummann-Bowert, Philippine Engelhard, geborene 1995 Gatterer. Ein bürgerliches Frauenleben zwischen Aufklärung und Empfindsamkeit. In: »Des Kennenlernens werth«. Bedeutende Frauen Göttingen. Hg. von Traudel Weber-Reich. Göttingen 1995, S. 27–52. Stummann-Bowert Philippine Engelhard, »Lass die Dichtkunst mich begleiten 2008 bis zum letzten Lebensgang«. Ausgewählte Gedichte. Ein bürgerliches Frauenleben zwischen Spätaufklärung und Biedermeier. Hg. und eingeleitet und mit einer Biographie versehen von Ruth Stummann-Bowert. Würzburg 2008.
516
Literaturverzeichnis
Suphan 1877–1913 Herders Sämmtliche Werke. Hg. von Bernhard Suphan. 33 Bde. Berlin 1877–1913. Taillandier 1977
Saint-Rene´ Taillandier, Heinrich IV. von Frankreich. München 1977.
Tausch 2006
Harald Tausch, »Die Architektur ist die Nachtseite der Kunst«. Erdichtete Architekturen und Gärten in der deutschsprachigen Literatur zwischen Frühaufklärung und Romantik. Würzburg 2006.
Teller 1989
Jürgen Teller, Das Losungswort Spinoza. Zur Pantheismusdebatte zwischen 1780 und 1787. In: Dahnke/Leistner 1989, Bd. I, S. 135–192.
Thieme/Becker
Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hg. von Ulrich Thieme und Felix Becker. 37 Bde. Leipzig 1907–1950. Reprint Leipzig 1999.
Thös-Kössel 1990
Siegmund Thös-Kössel, Maler Müllers »Schriften zur Kunst«. In: Maler Müller in neuer Sicht. Studien zum Werk des Schriftstellers und Malers Friedrich Müller (1749–1825). Hg. von Gerhard Sauder, Rolf Paulus und Christoph Weiß. St. Ingbert 1990, S. 151–173.
Tieck 1797
〈Ludwig Tieck,〉 Volksmährchen herausgegeben von Peter Leberecht. 3 Bände. Berlin 1797.
Toepke 1903
Die Matrikel der Universität Heidelberg. Bearb. und hg. von Gustav Toepke. Teil IV: 1704–1807. Heidelberg 1903.
Thürauf 1918
Ulrich Thürauf, Die öffentliche Meinung im Fürstentum Ansbach-Bayreuth zur Zeit der französischen Revolution und der Freiheitskriege. Nach zeitgenössischen Quellen dargestellt. München 1918.
Tschirch 1933–1934 Otto Tschirch, Geschichte der öffentlichen Meinung in Preußen vom Baseler Frieden bis zum Zusammenbruch des Staates (1795–1806). 2 Bde. Weimar 1933–1934. Varnhagen 1870
K. A. Varnhagen von Ense. Tagebücher. Hg. von Ludmilla Assing. Bd. XII. Hamburg 1870 (Aus dem Nachlaß Varnhagen’s von Ense).
Varnhagen 1987–1994
Karl August Varnhagen von Ense. Werke in fünf Bänden. Hg. von Konrad Feilchenfeldt. Frankfurt/M. 1987–1994. (Bibliothek deutscher Klassiker).
517
Kommentar
Verein 1855
Des Monsterschen Koninck Johannes von Leyden Hoffordenunghe int Jair 1534 und 1535. (Hg. vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens). In: Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde Westfalens N.F. 6, 1855, S. 358–363.
Vogel 1989
Lutz Vogel, »Ästhetische Prügeleien«. Literarische Fehden in Berlin und in Weimar (1800–1803). In: Dahnke/Leistner 1989, Bd. II, S. 358–416.
Vogt 1880
Salman und Morolf. Hg. von Friedrich Vogt. Halle 1880 (Vogt, Die deutschen Dichtungen von Salomon und Markolf. I).
Vordtriede 1961
Achim und Bettina in ihren Briefen. Briefwechsel Achim von Arnim und Bettina Brentano. Mit einer Einleitung von Rudolf Alexander Schröder. Hg. von Werner Vordtriede. 2 Bde. Frankfurt/M. 1961.
Voß 1828
Johann Heinrich Voß, Kritische Blätter nebst geografischen Abhandlungen. 2 Bde. Stuttgart 1828.
WA
Goethes Werke. Hg. im Auftrage der Großherzogin von Sachsen (Weimarer Ausgabe). 4 Abteilungen, 133 Bde. Weimar 1887–1919. Reprint München 1987.
WAA
Ludwig Achim von Arnim. Werke und Briefwechsel. Historisch-kritische Ausgabe. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Weimarer Klassik hg. von Roswitha Burwick, Lothar Ehrlich, Heinz Härtl, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Christof Wingertszahn (Weimarer Arnim-Ausgabe). Tübingen 2000ff.
WAA I
Ludwig Achim von Arnim. Schriften der Schüler-und Studentenzeit. Hg. von Sheila Dickson. Edition der lateinischen Schülerarbeiten von Manfred Simon unter Mitarbeit von Bettina Zschiedrich. A.a.O. Tübingen 2004.
WAA II
Ludwig Achim von Arnim. Naturwissenschaftliche Schriften I. 2 Bde. Hg. von Roswitha Burwick. A.a.O. 2007.
WAA X
Ludwig Achim von Arnim. Die Päpstin Johanna. Hg. von Johannes Barth. A.a.O. 2006.
WAA XXX
Ludwig Achim von Arnim. Briefwechsel 1788–1801. Hg. von Heinz Härtl. A.a.O. 2000.
WAA XXXI
Ludwig Achim von Arnim. Briefwechsel 1801–1804. Hg. von Heinz Härtl. A.a.O. 2004.
518
Literaturverzeichnis
Waas 1928
Christian Waas, Siegfried Schmid aus Friedberg in der Wetterau, der Freund Hölderlins (1774–1859). Darmstadt 1928.
Wackenroder 1991 Wilhelm Heinrich Wackenroder. Sämtliche Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Hg. von Silvio Vietta und Richard Littlejohns. 2 Bde. Heidelberg 1991. Wagenknecht 2000 Christian Wagenknecht, glossen. als handschrift für freunde gedruckt. sechzehnte lieferung / im dezember 2000. Privatdruck Göttingen. Wahl 1916
Der Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand. Ein Lebensbild aus den Befreiungskriegen. Hg. von Hans Wahl. Weimar 1916.
Wahl 1917
Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Ein Bild seines Lebens in Briefen, Tagebuchblättern und zeitgenössischen Zeugnissen. Hg. von Hans Wahl. Weimar 1917.
Wahl 1930
Goethe im Bildnis. Hg. und eingeleitet von Hans Wahl. Leipzig 〈1930〉.
Walther 1963
Hans Walther, Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters. Göttingen 1963.
Wander
Karl Friedrich Wilhelm Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon. 5 Bde. Leipzig 1867–1880. Reprint Wiesbaden 1987.
Weber 1983
Gerhard Weber, Das Praun’sche Kunstkabinett. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 70, 1983, S. 125–195.
Weimann 1828
H〈einrich〉 Weimann, Kuriosa der berittenen Akademie der Künste und Wissenschaften. Krefeld 1828.
Weimar-Lex. 1993
Weimar. Lexikon zur Stadtgeschichte. Hg. von Gitta Günther, Wolfram Huschke und Walter Steiner. Weimar 1993.
Weiss 1980
Unveröffentlichte Briefe Achim von Arnims nebst anderen Lebenszeugnissen. I. 1793–1810. Hg. von Hermann F. Weiss. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der GörresGesellschaft N.F. 28, 1980, S. 89–169.
Weiss 1986
Unbekannte Briefe von und an Achim von Arnim aus der Sammlung Varnhagen und anderen Beständen. Hg. und kommentiert von Hermann F. Weiss. Berlin 1986.
Weiss 1994
Hermann F. Weiss, Georg Andreas Reimers »Großes Hauptbuch« als Quelle für das literarische Leben. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens 41, 1994, S. 261–269.
519
Kommentar
Wenzel 2003
Matthias Wenzel, Ein Gasthof vor den Toren Gothas. Die Geschichte des »Gasthauses zum Mohren«. In: Thüringische Landes-Zeitung. Kreis Gotha, Weimar, 25. Januar und 1. Februar 2003.
Willison 1989
Ann Willison, Bettines Kompositionen. Zu einem Notenheft der Sammlung Heineman. In: JbBvA 3, 1989, S. 183–208.
Willison 1995
Ann Willison, Bettina Brentano-von Arnim, The Unknown Musician. In: Bettina Brentano-von Arnim. Gender and Politics. Hg. von Elke P. Frederiksen und Katherine R. Goodman. Detroit 1995, S. 304–345.
Wintzingerode 1866
Wilko Graf Wintzingerode, Graf Heinrich Levin Wintzingerode, ein Würtemberger Staatsmann. Gotha 1866.
Wolfes 2000
Matthias Wolfes, Reimer. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon. Begründet und hg. von Friedrich Wilhelm Bautz. Fortgeführt von Traugott Bautz. Bd. XVII. Berlin 2000, Sp. 1116–1126.
Wunder/Vana/Weg- Kassel im 18. Jahrhundert. Residenz und Stadt. Hg. von ner 2000 Heidi Wunder, Christina Vana und Karl-Hermann Wegner. Kassel 2000. Zentner 1957
Johann Peter Hebel. Briefe. Hg. und erläutert von Wilhelm Zentner. 2 Bde. Karlsruhe 1957.
Zschiedrich 2000
Bettina Zschiedrich, Ein Krako´wer Konvolut Arnims mit Exzerpten, Konzepten und Notizen 1806–1807. In: Burwick/ Härtl 2000, S. 165–180.
520
ZUM BRIEFWECHSEL 1805–1806
360.K An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 3. Januar 1805, Donnerstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 372. H: BJ/VS 8. − 1 Dbl. ca. 230 x 191 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; nicht gefaltet. − WZ: VANDERLEY. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: L. A. von Arnim an Sophie Brentano., aoRr: Berlin 3 Jan. 1805., Z. 21 über Schluß von angesezt Entzifferung: ezt, auRl Varnhagen: Bettina. 1v Z. 40 über erstem Teil von Glockenschläge Entzifferung: Glocken 2r Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Auf beiliegendem Blatt Notiz Varnhagens:
Zu dem Briefe von Arnim an Sophie Brentano. (Berlin, 3. Jan. 1805.) Dieser Brief ist nur ein Entwurf, eine verbesserte und weitere Ausführung – anstatt dieser drei hat sie sieben solcher Quartseiten – befindet sich in dem gesammelten Briefwechsel. 〈danach mit Bleistift: nein!〉 Sonderbar, daß auch Achim von Arnim, der gleichsam stets mit fliegender Feder und auch seine Verse wie aus dem Stegreif schrieb, für gewöhnliche Freundschaftsbriefe sich bisweilen Entwürfe machte, selbst bisweilen an Clemens Brentano schreibend, an den vertrautesten Freund, mit dem sonst keine Umstände gemacht wurden. Auch Karl von Nostitz that das, auch Chamisso! Sie wollten selbst im scheinbaren Morgenanzug noch guter Wirkung sicher sein. – Varianten 8 hat] h aus 〈x〉 9 nichts] s aus 〈x〉 12 so] s aus 〈x〉 19 Sie] S aus 27 an] üdZ eing. 27 Höheres] aus 〈xxx〉 27 geglaubt] ge 〈x〉 nachträgl. idZ 30 gegangen] zweites g aus 〈x〉 31 nicht] ni aus be 39 sein] s aus m 40 Secunden] Se aus 〈xx〉 41 euer] er aus ren 44 Glück] l aus 〈x〉 49 Sie] S aus s 57 die] ie aus es 63 Sie] S aus s 69 lesen] l aus 〈x〉
Erläuterungen Vgl. Nr. 360.
523
Zu Nr. 360
360.
An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 3. Januar 1805, Donnerstag
DV: H. B: −. A: Nr. 372. H: GSA 03/232. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 228 x 190 mm; 1r–3r 7 beschr. S.; je 1x quer gefaltet. − Leicht fleckig, dünn und löchrig; 1v beschmutzt. − WZ: I + II: VANDERLEY. Fremdeinträge: 1r aoRl: 462, An Sophie Brentano., aoRm: 2, aoRr: Berlin 3. Jan. 1805, 3 2r aoRr: 5 3r aoRl: 462, 3, aoRm: z. 3. Jan. 1805. ?, aoRr: 7 4v aoRl kopfstehend Bettina von Arnim: An Sophie Mereau / 3. Januar 1804, mittig: An Sophie Mereau, darunter gestr.: 1804. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 362. – Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 knappe Inhaltsangabe. D1: Kat. Henrici 155, S. 44, Nr. 135 (TD, kurzer Auszug). D2: Migge 1959, S. 390–393. D3: Gersdorff 1984, S. 336–340. D4: Weiss 1986, S. 33–35 (Nr. 6).
Varianten 19–20 Es sind] sind nach gestr. wohnen idZ eing. 20 das] aus da 46–47 mir Ernst] Ernst über gestr. seine 47 ihm Ernst] Ernst über 47 Leben] über gestr. Ernst 51 Klockenspiel] ck gestr. mein Scherz aus g 51 nur] danach gestr. um 54 schliest] sch aus er 59 bey 61 Sie] S aus s 65 sey] s aus 〈x〉 ihnen beyden] üdZ eing. 69 Zugvögel] üdZ eing. 70 Wiederhall] üdZ eing. 72–73 Atmosphärilien] üdZ eing. 74 des Roland] üdZ eing. 94 Lehrer] danach 102 mehr] aus mehrern 106 deswegen muß] üdZ eing. gestr. oder 107 Poet] danach gestr. muß also 108 Direction] Dir aus The 125 1805] 5 über gestr. 4
Erläuterungen 2–3 Wie ich 〈...〉 aufräume] In dem Zimmer, das Brentano während seines Aufenthalts in Berlin vom 13. November bis 18. Dezember 1804 bei Sara Levy bewohnt hatte, die seit 1795 Hinter dem Neuen Packhof Nr. 3 einen der wichtigsten Berliner Salons führte. Arnim wohnte ebenfalls bei Sara Levy. Vgl.: WAA XXXI, Nr. 350,2–3 und Erl.; Nr. 352,13–15, S. 950f.
524
Zu Nr. 360
4–5 er ist 〈...〉 bey Ihnen] Brentano war am 1. Januar 1805 in Heidelberg eingetroffen. 16–17 der Gebrannte scheut das Feuer] Sprichwort. (Vgl. Wander I, Sp. 1387.) 19 wie Fugen] Die Fuge ist ein Tonstück von zwei oder mehr Stimmen,
welches nach gewissen Regeln der Melodie und Harmonie ein gewähltes Hauptthema oder mehrere, einer bestimmten Nachahmungsformel gemäß in all seine wesentliche Stimmen bringt, und hieraus eine, aus vielen an einander geketteten Periodis fusis bestehende musikalische Rede bildet. Ein Mitspieler eilet dem anderen nach, und der erstere ist gleichsam auf der Flucht (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 349). 40 ausflorirende] ausblühende. (Vgl. DWb III, Sp. 1818.) 51 Stoß und Zwang] Nicht als feste Verbindung und Antonyme belegt, sondern vmtl. als Synonyme im Sinn einer regelmäßigen Einwirkung aufzufassen. 51 Klockenspiel] K-Schreibung und -Anlaut vor allem niederdeutsch, auch bei Matthias Claudius, Matthisson und Voß. (Vgl.: DWb VIII, Sp. 143; DWb XI, Sp. 1220.) 61 Titel Ihrer Zeitschrift 〈...〉 verlangten] Sophie Brentano hatte Brentano vmtl. am 30. November 1804 (DjB Nr. 1028) gebeten, ihr mit Arnim einen Titel für ein Taschenbuch-Projekt – keine Zeitschrift – bei dem Frankfurter Verleger Friedrich Wilmans vorzuschlagen, Brentano bereits am 17. Dezember (DjB Nr. 1030) in seinem und Arnims Namen den Titel Bunte Reihe angeregt, bei dem es dann – mit dem Zusatz kleiner Schriften – blieb. Das Buch erschien nach dem 24. April 1805; aus Sophie Brentanos Brief an Arnim von diesem Datum (Nr. 372,31) geht hervor, daß es damals noch nicht vorlag. 65 Granaten] Granatäpfel, die Frucht des Granatenbaumes, welcher aus Carthago in andere Länder verpflanzt worden ist (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 404). 67–68 Rubinen Diamanten Smaragden Saphyren 〈...〉 die vier Elemente vorstellen] Nach der Vier-Elemente-Lehre des Aristoteles sind Wasser, Feuer, Luft und Erde die Grundbestandteile aller Dinge. Ihnen ordnet die Alchemie u.a. Edelsteine zu: Wasser – Saphir, Feuer – Rubin, Luft – Diamant, Erde – Smaragd. 72–73 Atmosphärilien] »die natürlichen Bestandteile der atmosphärischen Luft, besonders Sauerstoff, Ozon, Kohlensäure, Ammoniak, Salpetersäure, salpetrige Säure, Wasser, namentlich in Hinsicht auf die durch sie hervorgerufenen chemischen Prozesse, wie Verbrennung, Verwitterung, Atmung der Organismen, Ernährung der Pflanzen etc.« (MGKL II, S. 52). 73 Amrita der Trank der Unsterblichkeit] In der indischen Mythologie. Vgl. den ausführlichen, Arnim und Sophie Brentano sicherlich bekannten Artikel
525
Zu Nr. 360
Amrita in dem von Friedrich Majer herausgegebenen ersten Band des Allgemeinen Mythologischen Lexicons aus Original-Quellen bearbeitet. Erste Abtheilung, welche die nicht altklassischen Mythologien 〈...〉 enthält. Weimar 1803, S. 79–87. 74 die Tafelrunde 〈...〉 des Roland] Die Kampfes- und Liebesabenteuer des legendären Helden Roland, der dem Sagenkreis von Karl dem Großen und seinen Paladinen entstammt; kontaminiert mit der eigentlichen Tafelrunde, dem Kreis von Helden, die zur Hofhaltung des Königs Artus gehörten und von ihm um eine runde Tafel versammelt wurden. 76 Kastrolle] Auch Casserolle: Küchengeschirr (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 111). 76–77 Karbatsche] Aus ledernen Riemen geflochtene Peitsche. 77–78 der Öhlkrug der 〈...〉 Jungfrauen] Vgl. Mt 25,1–13. 108–110 Direction 〈...〉 und einiger optischer Instrumente] Goethe war seit 1789 Mitglied der Weimarer Schloßbaukommission, hatte 1790 die Wasserbaukommission, 1791 die Leitung des Hoftheaters übernommen und im selben Jahr das erste Heft seiner Beyträge zur Optik herausgegeben. 116 um mir] Dativ-Akkusativ-Verwechslung des Berliners.
361.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, etwa 9. Januar 1805, Mittwoch
DV: H. B: −. A: Nr. 362. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 72r–74v. − 1 Bl. ca. 227 x 188 mm + 1 Dbl. ca. 230 x 188 mm; 1r–2v 3¼ beschr. S.; 3v Adresse; je 2x längs, 2x quer gefaltet. − 3v gelber Siegelrest. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: kleines Dreieck, 461, aoRr: 1805., mit Rötel gestr. II, danach 72 2r aoRl: kleines Dreieck, 461, aoRm: 1805, aoRr: 73 3r aoRr: 74 1v Rötelanstreichung neben der mit Titel, Bunte Reihe beginnenden Zeile. Besonderheiten: Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 34. Postzeichen: Poststempel: R.1.HEIDELBERG, 2 Portozeichen. Datierung: Arnim hatte Brentanos Brief noch nicht, als er den ersten, vom 14. Januar datierten Teil seines Antwortbriefes schrieb, sondern erst zu Beginn des zweiten, vom 19. Januar datierten Teils, und da die Post zwischen Heidelberg und Berlin etwa zehn Tage unterwegs war (vgl. Datierung von DjB Nr 1028), wird Brentanos Brief um den 9. Januar geschrieben sein.
526
Zu Nr. 361
D1: D2: D3: D4: D5: D6:
Steig 1892, S. 311 (TD); nicht näher datiert. Steig 1894, S. 124–127 (TD); nicht näher datiert. Kat. Henrici 149, S. 64f., Nr. 1 (TD, kurzer Auszug); datiert: Anfang 1805. Seebaß 1951, Bd. I, S. 268–271; datiert: Neujahr 1805. FBA XXXI, S. 380–383 (Nr. 396); datiert: um den 5. Januar 1805. Schultz 1998, Bd. I, S. 249–252 (Nr. 49); datiert: um den 5. Januar 1805.
Varianten 6 zwei] aus einen 8 lege] l aus s oder f 15 deinen] d aus m 16 mit mit] Wiederholung durch Zeilenwechsel 20 das] aus 〈xxx〉 31 Sophie] danach gestr. und 32 erwarten,] danach gestr. all 37 Christian] danach gestr. g 37 dem] m aus r 42 Erdbeermäd43 und] nach gestr. das 43 uns] n aus 〈x〉 chen] E aus e 45 Schönheit,] danach gestr. 〈menschlicher 47 ihre] Schluß-n gestr. ................................. 〉 47 ein∧fachen] Trennung am Zeilenende ohne Trennzeichen 56 theil76 ihr] danach gestr. fein 77 Wäsche,] danach weiße] t aus 〈x〉 79 heißt,] danach gestr. ihr 79 Schiffer] S aus F gestr. hänge 89 laß] danach gestr. s 92 die] aus den 99 mit] aus 〈xxx〉
Erläuterungen 2 Mehrere Tage 〈...〉 wieder in meiner Heimath] Seit 1. Januar. 4 meiner Abwesenheit] Brentano war am 27. Oktober von Heidelberg zu Arnim nach Berlin abgereist. 7–8 die wunderlichen Bücher alle auf der See] Arnim, der sich auf seiner Bildungsreise zuletzt in London aufgehalten hatte, war vmtl. Ende Juli/Anfang August 1804 mit einem Schifferboot auf den Kontinent zurückgekehrt (vgl. WAA XXXI, Nr. 348,47–48 und Erl.), da im französisch-englischen Krieg kein regulärer Schiffsverkehr stattfand. Aus diesem Grund trafen die Bücher, die er separat in England verschifft hatte, spät in Berlin ein. Erst am 25. März 1805 konnte er Brentano ihre Ankunft berichten (Nr. 367,175–178). 11 Coffre] (frz.) Reisekoffer, Kasten. 17–18 der Unsichtbare, der deine Liebe erwartet] Schwangerschaft mit der Tochter Joachime; Arnim war Taufpate. 22–23 meinen Glauben, meine Hofnung, meine Liebe] Die drei christlichen Kardinaltugenden. 35–36 Ich habe Betinen die Tasse geschickt] Mit einem nicht überlieferten Brief vom ersten Januar-Drittel (DjB Nr. *1032) nach Frankfurt, von Arnim Brentano nach Heidelberg mitgegeben.
527
Zu Nr. 361
36–37 daß sie nun gänzlich mit Christian verbunden ist] Der in Marburg studierende Christian Brentano beteiligte sich nach Verabredung mit Savigny an der geistigen Bildung seiner Schwester. Der Briefwechsel ist teilweise überliefert. (Vgl. Härtl 1979, S. 124.) 41–47 daß er das wunderschöne Erdbeermädchen 〈...〉 ihre Kleidung verändert] Vgl. Charlotte Servie`re am 16. Dezember 1804 aus Frankfurt an Henry Crabb Robinson: Christian 〈...〉 schmachtet in Amors Feßlen, sein
Mädchen ist von niederem Stande, er hat ihr hier schöne Kleider und Weißzeug machen laßen, die Betine allein war im Geheimniß und hatte den Auftrag dazu, hat aber alles so öffentlich betrieben, daß es nun Jedermann weiß und ihre Brüder sehr darüber entrüsted waren. (Marquardt 1964, S. 115f.) Christian Brentano schrieb am 19. November 1804 aus Marburg an Bettina über das Mädchen: Die ich, außerdem daß ich sie
ihrem unvermeidlichen Schicksal, der Verführung, aus dem Rachen reiße, auch aus dem Baurenstand heraufziehe u[nd] ihr eine Welt aufschließen will; dahin solch ein Engel besser paßt. (BvA/W II, S. 899.) Der Name des Mädchens ist nicht bekannt. In einem Bekenntnisbrief an Johann Heinrich Christian Bang vom 24. Dezember 1812 gestand Brentano, daß er es verehrt und geliebt habe wie kaum eine andere: es hat vielleicht nie ein
Mensch soviel an jenes Mädchen gedacht als ich, und ich dencke noch immer oft und viel an Sie, aber ich bin selbst zu arm geworden, und zu los und ledig und ohne Heimath, um etwas für sie thun zu können, auch kenne ich Sie gar nicht mehr unter der Transfiguration die Christian mit ihr vorgenommen. Ihr Andencken erschüttert mich immer ungemein, und jezt darf ich es euch gestehn, daß ich als ich noch ledig bei Savigny lebte, dieses Geschöpf leidenschaftlich geliebt habe, so oft sie mir Erdbeeren gebracht, war ich wie in einem Fieber, aber ich habe nie gewagt, nur ein Wort mit ihr zu reden, aus einer tiefen innren Scheu vor ihrer Schönheit und Unschuld. Ihr könnt euch nicht dencken, wie wunderbar mich später die Erfahrung von Christians Umgang und Einwirkung auf sie erschütterte, denn eine stille Zuneigung zu ihr, hatte mich durch meine Ehe mit Sophien begleitet, und nur ihr Verhältniß mit Christian war schuld, daß ich ihr nachher meine Hand nicht angetragen habe, und in das Unglück mit meiner z〈wei〉ten Frau gekommen bin 〈...〉 Ich habe ihr in mir geheimes Verhältniß zu mir längst in einer Erzählung gefeiert, die in meinem Pulte liegt. Nichts hat mir von Christian je so leid gethan, als die Art, wie er mir früher jenes Verhältniß und seine Art ganz verschwiegen, und wie er mir später drüber hin geschlüpft, denn ich hatte lange nicht anders 528
Zu Nr. 361
gedacht, als er würde Sie heurathen, und habe deswegen mit tiefem geheimem Schmerz resignirt, er selbst weiß von Allem diesem nichts, und soll es auch nie erfahren, ich lege es bei euch nieder, als einem Beichtvater, daß ich unter solchen Umständen gar nicht, oder nur mit tiefem Leid von ihr mit ihm reden könnte, werdet ihr meinem Herzen gern verzeihen. Ich konnte Sie nur in die Fantasie meines Lebens aufnehmen, da wird sie immer stehn unter dem liebsten, anderes war mir verboten, und ich habe drum getrauert. (FBA XXXII, S. 430f.) Das Erdbeermädchen fand Eingang in Brentanos Rheinmärchen und Bettina von Arnims Buch Die Günderode. Im Rheinmärchen ist es eine Vorbildfigur der Lureley, die sich ähnlich kleidet; sie erzählt: Diese Kleidung, dieses Aussehen
habe ich von einem hessischen Baurenmädchen entliehen, die ich auf meiner Reise im Wald Erdbeeren suchen sah, und die an einem Brunnen, in dem ich übernachtete heftig über ihre böse Stiefmutter weinte. Sie war so wunderschön und lieblich, daß ich sie der Brunnenfrau herzlich empfahl, und mich so gestaltete, wie Sie, und wenn gleich meine eigne Gestalt glänzender und reitzender ist, als diese, so hat doch niemals ein so edles und fromm schönes Menschenbild gelebt, als dieses. (FBA XVII, S. 259.) In dem Buch Die Günderode schreibt Bettine ihrer Jugendfreundin: Letzt war mir ein allerliebst Mädchen vom Pfarrer Bang geschickt worden, weil es sehr viel schöne Lieder kann; die ganze Familie gehört zu dem Singgeschlecht, die sich ernährt mit Kräutersuchen für die Apotheken in der Umgegend und im Frühjahr〈!〉 mit Erdbeeren- und Heidelbeersuchen. 〈...〉 so ein allerliebst Kind kannst Du Dir gar nicht denken, auch von Schönheit 〈...〉 Was mich am meisten ergötzt, ist die Kenntnis aller Kräuter und Wurzeln, die das Kind hat, ohne doch je gelernt zu haben, es ist eine traditionelle Botanik, die aber so vollständig ist und mit so viel historischen Belegen versehen und zu so manchen Vergleichen führt, daß wohl auf diese Weise ein groß Teil Gottesphilosophie auch in den unstudierten Bauern übergeht. (BvA/W II, S. 378f.) 47–48 unserm Freunde dem Pfarrer Bang übergeben] Johann Heinrich Christian Bang, seit 1803 Pfarrer im Marburg nahen Goßfelden, gehörte dort zu einem Freundeskreis um Friedrich und Leonhard Creuzer, der sich durch den Hinzutritt Friedrich Carl von Savignys, der Geschwister Clemens und Christian Brentano und schließlich der Brüder Grimm erweiterte. 50 Herr Bruder Graf] Toposartige Bezeichnung des Freundes Schelmuffskys durch diesen in dem im Arnim-Brentano-Savigny-Kreis geliebten Schelmenroman Christian Reuters Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährli-
529
Zu Nr. 361
che Reisebeschreibung Zu Wasser und Lande (1696, zweite erweiterte Fassung 1696/97). Vgl. zu DjB Nr. 707. 56–57 in Vier Wochen ist hier eine Auktion] Vmtl. die Versteigerung des Handschriften- und Büchernachlasses des Heidelberger Kirchenrat-Registrators August Friedrich Hose ab Anfang März 1805, deren Termin aus dem Titel des Versteigerungskatalogs hervorgeht: Verzeichniss der hinterlassenen Sammlung von Handschriften und Büchern des verstorbenen Kurfürstl. Kirchenraths-Registrators Herrn August Friedrich Hose zu Heydelberg, welche nebst der seines Sohnes, des verstorbenen reformirten Pfarrers zu Weinheim Herrn Johann Albert Hose auf den 4ten März 1805 und ff. Tage in des Verlebten Wohnhause dahier an den Meistbietenden gegen gleich baare Bezahlung verkauft werden sollen. Heidelberg o. J. (Rarissimum der UB Heidelberg, Sign. Batt 465; unvollständig [204 S., die letzten Seiten fehlen]). Daß Brentano auf der Auktion Bücher erwarb, geht aus einem im zweiten oder letzten Drittel März 1805 an ihn geschriebenen Brief (DjB Nr. 1049) des Heidelberger Professors für Natur- und Völkerrecht Franciscus Ignatius Wedekind hervor. Hose war ein Sammler Heidelberger Altertümer und hatte in seinem Haus eine Gemäldekammer eingerichtet, von der er selbst 1780 ein Bild anfertigte (Abb. Lohmeyer 1935, S. 5). Daß Hose auch eine sehr
interessante Sammlung von Kupferstichen, die p f ä l z i s c h e G e s c h i c h t e betreffend, hinterließ, teilte eine Miszelle in der Badischen Wochenschrift (Nr. 11 vom 12. September 1806, Sp. 183f.) mit: Diese Sammlung mag wohl an zweitausend Blätter stark seyn, und enthält theils topographische und historische Gegenstände, theils und hauptsächlich Bildnisse merkwürdiger Personen, die in der Pfalz geboren wurden, oder doch auf einige Zeit ihre Heimath daselbst fanden. Daß Brentano von der Witwe des Verstorbenen auch Teile der graphischen Hinterlassenschaft erworben hat, kann aus Arnims Heidelberger Brief vom 22. Oktober 1808 (WAA XXXIII) an den nach Landshut übersiedelten Freund gefolgert werden: Deine
Zeichnungen von der Hose soll Grimm mitbringen so wie die Bücher. Während seines Heidelberg-Aufenthalts kaufte auch Arnim Bilder aus der Hoseschen Sammlung, und im Frühjahr 1806 konnte Brentano ihm den Erwerb von Liedern berichten. (Vgl. Nr. 449,32–40 und Erl.) 58 Sophie dankt dir für 〈...〉 Titel, Bunte Reihe] Vgl. Nr. 360,61 und Erl. 59–61 sie hat 〈...〉 einige schöne Lieder geschrieben, die 〈...〉 besser als alle ihre vorhergehenden sind] Zu Sophie Brentanos Gedichten neuen Typs werden für ihren Mann einige von den in ihrer Bunten Reihe kleiner Schriften veröffentlichten gehört haben. Vielleicht wurden sogar alle, die für Brentano neu waren, darin publiziert. Da er die neue Lyrik als Lieder 〈...〉 in einer
530
Zu Nr. 361
andren Art bezeichnet, dürften die nicht liedhaften und eher konventionellen Gedichte des Bandes auszuschließen sein: die drei einleitenden Sonette Abend, Nacht und Morgen, die unter dem übergreifenden Titel Der neue Frühling erschienen, der zudem auf eine Entstehungszeit im Frühjahr hindeutet, wohingegen die neuen Lieder Sophie Brentanos im Herbst/Winter 1804 entstanden waren; die weiteren Sonette des Bandes (an Arnim, auf Friedrich Tiecks Brentano-Büste, auf Gemälde der Dresdner Galerie, zum Geburtstag einer Freundin) wohl ebenfalls wegen der traditionellen Form, teils auch aus stofflichen und entstehungsgeschichtlichen Gründen; Drei schöne alte Lieder, weil diese nicht von Sophie Brentano stammen. Es bleibt eine Gruppe von vier hintereinander gedruckten Gedichten, die das Neuigkeits- und Innovationskriterium erfüllt: Zweifel und Treue mit dem Untertitel Romanze sowie Trost, Die Geister und Das Brünnlein (S. 282–303). Die beiden rahmenden Gedichte dieser Gruppe – Zweifel und Treue sowie Das Brünnlein – sind prononciert liedhaft, das letzte zeichnet sich durch formale und inhaltliche Mannigfaltigkeit besonders aus. 62–67 Bartholdy’s Hund 〈...〉 Zuneigung] Ein junger Hund, den Brentanos ehemaliger Hallenser Kommilitone Jakob Ludwig Bartholdy, mit dem auch Arnim noch in Halle bekannt geworden war (vgl. WAA XXX, Nr. 162,54 und Erl.), ihm auf die Rückreise von Berlin nach Heidelberg mitgegeben hatte. Bartholdy hieß ursprünglich Salomon und war nach Reisen vor allem in Italien und Griechenland als Sohn wohlhabender jüdischer Eltern 1804 in Berlin zum Protestantismus konvertiert, wobei er seinen ursprünglichen Namen mit dem neuen (dem Namen eines Gartenbesitzes der Familie an der Spree) vertauschte. Vgl. Brentano an Arnim, 26. Dezember 1804 (WAA XXXI, Nr. 358,3–10 und Erl.). 67–68 er möge mir die Lieder nicht versagen] Bartholdy scheint Brentano keine Lieder geschickt zu haben, er war nicht Beiträger zum Wunderhorn. Vielleicht hatte er sizilianische Volkslieder versprochen. Vgl. seinen Beitrag Etwas über den Volksgesang der Sicilianer in Reichardts Berlinischer Musikalischer Zeitung, 1. Jg. 1805, Nr. 5 (ohne Datum), S. 19f., wozu Reichardt in einer Vorerinnerung bemerkte: Ich habe die sicilianischen Abschriften der Stammmelodien verschiedener sicilianischer Städte, von welchem〈!〉 H. B. in dem folgenden Aufsatze spricht, vor mir. Am Schluß seines Beitrags teilte Bartholdy zwei sizilianische Volkslieder im Original und in deutscher Übersetzung mit. 72–73 Pistors Frau 〈...〉 sehr lieb] Carl Philipp Heinrich Pistor, den Arnim und Brentano während ihres Studiums in Halle als Postsekretär kennengelernt hatten, war seit Anfang des 19. Jhs. Geheimer Postrat in Berlin, wo er 1803 Charlotte Hensler, Tochter von Reichardts zweiter Frau aus erster Ehe, geheiratet
531
Zu Nr. 361
hatte. Brentano verehrte sie zeitlebens. »Die Lauterkeit ihres Gemüts, das von Gefallsucht, Falschheit und kluger Berechnung nichts wußte, hatte etwas Rührendes; ihre Herzensgüte war unerschöpflich; ihre harmlose Heiterkeit wirkte wie belebender Sonnenschein auf ihre Umgebung; sie hatte Humor und war musikalisch begabt; ihr praktischer Sinn endlich sorgte dafür, daß sie sich als ausgezeichnete Hausfrau bewähren würde.« (Rudorff 1938, S. 93.) 74 Schule] Malerschule. 74–75 Tiecks Kritick] An Charlotte Pistor, die mit Ludwig Tieck (den Arnim und Brentano im Dezember 1804 in Ziebingen besucht hatten) verwandt war. 76 Schlachten] Uferbefestigungen, Holzdämme aus Pfählen, Gatterwerk u. ä. (vgl. DWb XV, Sp. 236). 78 das gelbe Fieber] Das Gelbfieber war vor allem in überseeischen tropischen und subtropischen Ländern epidemisch, trat Anfang des 19. Jhs. aber auch in südeuropäischen Küstenstädten (Cadiz, Barcelona, Gibraltar) auf. Vgl.
Zeitung für die elegante Welt, Beinahe häten wir hier auch das gelbe Fieber bekommen, wie es nach Halle hätte kommen können. Ein Kaufmann in Mallaga, von hier gebürtig, der jetzt auf Reisen ist, hat hier ein Paket Sachen an einen hiesigen Kaufmann vorauf geschickt, mit Bitte, solche bis zu seiner Ankunft zu asserviren. Es wurde aber dem Polizeidirektorio gemeldet 〈...〉. 83–84 Reichharden mache mein Abschiedskompliment] Der Musiker eine Nachricht aus Berlin in der Leipziger
Nr. 144 vom 1. Dezember 1804:
und politische Schriftsteller Johann Friedrich Reichardt, Arnims väterlicher Freund, war im Oktober/November 1804 von seinem Landsitz Giebichenstein (bei Halle) nach Berlin gekommen; vgl. an Goethe, 17. November:
Ich muß diesmahl einen langen Winter hier bleiben; die Besetzung meiner Oper Rosmonda 〈...〉 und der Tod unseres braven Ministers Struensee machte mir die frühe Reise hieher doppelt nothwendig. (Braunbehrens/Busch-Salmen/Salmen 2002, S. 151.)
87
Mahler Müller seine Gedichte]
Eine Sammlung aller Gedichte von
Friedrich Müller, genannt Maler Müller, war nicht erschienen, jedoch eine –
Balladen (Mannheim 1776). 88 nach welchem Tieck die Genofeva schrieb] Ludwig Tiecks Drama Leben und Tod der heiligen Genoveva (1800 im zweiten Band von Tiecks Romantischen Dichtungen) war stofflich angeregt durch das Volksbuch und Maler Müllers Drama Golo und Genoveva, das, um 1776 entstanden, bisher
vielleicht gemeinte – der
nur partiell gedruckt war und von Tieck 1811 in der von ihm edierten Werkausgabe Maler Müllers vollständig veröffentlicht wurde.
532
Zu Nr. 361
89–91 in der allg. deut. Bibl. von dem Bruns 〈...〉 Bearbeitung alter Handschriften] In der von Friedrich Nicolai herausgegebenen Allgemeinen Deutschen Bibliothek war Bd. 84, St. 1, S. 202–205 und Bd. 90, St. 2, S. 474–479 eine Besprechung der von Paul Jakob Bruns publizierten Beyträge zur kritischen Bearbeitung unbenutzter alter Handschriften, Drucke und Urkunden (3 Bde., Braunschweig 1802–1803) erschienen. Bruns hatte zuvor Romantische und andere Gedichte in altplattdeutscher Sprache (Berlin 1798) publiziert, über die Arnim während Brentanos Berlin-Aufenthalt gespottet haben wird. 92 die zwei Folio Hans Sachs in Speier] Vmtl. zwei Bände der Nürnberger Hans-Sachs-Folioausgabe 1558–1579 (im Unterschied zur Augsburg-Kemptner Quartausgabe 1612–1616). Über den Besitzer bzw. eine Versteigerung in Speyer ist nichts bekannt. Brentano scheint die Bände nicht für Arnim bekommen zu haben. Am 8. Mai 1809 teilte diesem Wilhelm Dorow aus Königsberg mit, daß der in Heidelberg studierende Carl Schwinck die von Arnim gesuchte Folioausgabe von Hans Sachs’ Werken besitze. (Weiss 1986, S. 189; WAA XXXIV.) 95–97 deine Gedichte 〈...〉 das Konigs töchterlein und der Falke] Brentano wollte Gedichte Arnims und sein eigenes Lied Es gieng verirrt im Walde, das er ihm im Brief vom 8. September 1802 (WAA XXXI, Nr. 252) geschickt hatte, für das von den Dichterfreunden geplante Projekt der Lieder der Liederbrüder (vgl. zu Nr. 365,172–191). Arnim schickte eine eigene Version des in den ersten Wunderhorn-Band aufgenommenen Liedes Der Falke (vgl. zu Nr. 362,138–139) und eine Abschrift des Brentanoschen, die er mit der Überschrift Die Königstochter und der Falke versah. (Vgl. CB/Werke 1978, Bd. I, S. 1059.) 98–99 Von Savigny 〈...〉 sein Koffer abgeschnitten wurde] Savigny war Ende November/Anfang Dezember 1804 mit seiner Frau Kunigunde und deren Schwester Meline Brentano zu einem Studienaufenthalt in Paris eingetroffen, von wo Kunigunde am 5. Dezember Friedrich Creuzer in Heidelberg benachrichtigte:
Savigny ist zu sehr gestört, zu traurig durch den Verlust aller seiner Manuskripte die sich auf diese Reise bezogen. Wir haben unsern Koffer verloren oder auch er ist gestohlen worden als wir in Paris einfuhren; Savigny hat darum den Muth nicht die Feder noch anzurühren. (Stoll 1929, S. 243.) Am 20. Februar 1805 schrieb Savigny an Creuzer, daß mich beynahe zwey Monate eine Unpäßlichkeit (die Folge des warmen feuchten Clima’s), verbunden mit dem Eindruck meines Unglücks und aller hiesigen Nichtigkeiten, völlig gelähmt hatte (Stoll 1927, S. 245). 103 Ungers Tod] Der Berliner Buchdrucker und Verleger Johann Friedrich Unger war am 26. Dezember 1804 gestorben, worüber Marie Johanna Fichte am
533
Zu Nr. 361
10. Januar 1805 aus Berlin an Charlotte von Schiller berichtete: Unger ist an der Harnruhr gestorben, seine Krankheit bestand in einem langsamen schwinden der Kräfte, ohne Schmerzen; bey seiner Öfnung fanden die Ärzte in der Harnblase eine Zukerartige Substanz die sich rafiniren ließ, und wie Zuker schmekte (SNA XL/2, S. 395). Vgl. Nr. 362,38–40. 105 seine Auktion] Unger besaß eine wertvolle Bibliothek, die im August 1806 versteigert wurde. Vgl. den Katalog Bibliotheca Ungeriana seu catalogus librorum, manuscriptorum et impressorum, maximam partem rarissimorum 〈...〉 divendendorum publica auctionis lege de 11 et seqq. Augusti anni 1806 (Berlin 1806). 105 Menschelchen] Im DWb (XII, Sp. 2038) ist Menschchen und menscheln belegt, jedoch nicht Menschelchen. 107–108 Tiek 〈...〉 will Dir die Büste machen] Arnim hatte zwischen Anfang November und Mitte Dezember 1804 an Friedrich Tieck in Weimar einen nicht überlieferten Brief (WAA XXXI, Nr. *354) mit der Bitte um einen Abguß von dessen Büste Brentanos geschrieben, wozu er von diesem am 25. Oktober 1804 (ebd., Nr. 351) aufgefordert worden war.
362.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. und 19. Januar 1805, Montag und Sonnabend
DV: H. B: Nr. 358, 361. A: Nr. 365. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 33r–34v, 35r–36r. − 2 Dbl. (I, II) ca. 225 x 188 mm + 232 x 190 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I: Bekrönter Posthornschild II: I G EBART. Beilagen: Nr. 360; Abschrift Arnims von Brentanos Gedicht Es gieng verirrt im Walde; Arnimsche Gedicht-Version des in den ersten Wunderhorn-Band aufgenommenen Liedes Der Falke; das Lied Die Rose blüht (vgl. zu Z. 139–140) in Abschrift Reichardts. Fremdeinträge: 1r aoRl: 460, aoRr über Datum: 1805., auRl: 3843,4 1v aoRr: 34 3r aoRl: 463, aoRm: 35, aoRr unter Datum: 1805 4r aoRr: 36, auRr: 3843,4 1r Z. 25 Gachet mit Rötel unterstr. und Passage sie und die 〈...〉 vollenden (Z. 25–26) mit Rötel alR angestr. 1v Z. 38 Unger mit Rötel unterstr. und Passage Die Leute rathen 〈...〉 bunte Reihe (Z. 46–49) alR mit Rötel angestr. 3v Z. 132 über Marcheti mit Tinte Marchetti 3v zu Judas Ischariot (Z. 141) alR mit Tinte Bartholdy. – Im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs.
534
Zu Nr. 362
Besonderheiten: Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 19, 20. D1: Steig 1894, S. 127–129 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 1 und 2 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 252–257 (Nr. 50).
Varianten 7 denken] danach gestr. fort〈xxx〉 12 ihre] üdZ eing. 15 aß] danach 18 halten. Es] aus halten, es 19 wenn sie] danach gestr. neulig gestr. es 21 von Deinem Taback] über gestr. davon 33 Für] F aus V 37 Johann] Jo aus 〈xx〉 38 Du weist] aus An b 40 Formschnei42 Widertäufersachen] s aus S dergedanken] zweites d aus 〈s〉 53 und] d aus 〈xx〉 59 zum Zusehen] üdZ eing. 60 ein] Schluß-e gestr. 63 Verwandte] V aus v 64 Sie] S aus 〈x〉 74 nachgereist] danach unkenntlich gemacht 〈xx〉 84 dir] üdZ eing. 88 gelesen] danach 89 ein] aus etwa 89 Paar] P aus 〈x〉 90 jämmerlig] gestr. hat jäm aus 〈xxx〉 108 eine] e aus 〈x〉 114 Erziehungsheirath] zweites h aus g 123 ich] davor gestr. Buchstabenansatz 127 Deinen] D aus d 129 alles,] , aus . 129 Frau und Kind 〈...〉 dergleichen hörte.] nachträgl. idZ 138 Ich] Duktuswechsel 145 in ] aus die 147 habe] 151 fing] f aus w 156 sie in] aus h aus , 150 brauche] e aus 〈en ......〉 sich 158 in] i aus 〈x〉 159 wies] e aus 〈x〉 159 in] i aus d 160 trudeln] d aus t 162 und] u über , 168 sind] aus hast
Erläuterungen 3 Deinen Brief aus Gotha] Vom 26. Dezember 1804 (WAA XXXI, Nr. 358). Gotha war Station auf Brentanos Rückreise von Berlin nach Heidelberg. 4 daran erkennt man euch ihr Götter!] Goethe, Iphigenie auf Tauris, V. 1100–1104: Wie man den König an dem Übermaß / Der Gaben kennt:
denn ihm muß wenig scheinen / Was Tausenden schon Reichthum ist; so kennt / Man euch, ihr Götter, an gesparten, lang / Und weise zubereiteten Geschenken. (WA I, Bd. 10, S. 48.) 5 mit Rabenfedern] Eigentlich »die Schwungfedern der Raben 〈...〉 zum Zeichnen mit der Feder und zu feinen Schreibereien gebraucht« (Pierer XIII, S. 778); hier ironisch, da Raben als diebisch gelten. 6–7 Filtrirmaschine] Ein Apparat zum Filtern des Koch- und Trinkwassers von Verunreinigungen, war vor allem in Paris zur Reinigung des Seinewassers in jeder Haushaltung unentbehrlich (Ludwig Wilhelm Gilbert, Nachricht von
535
Zu Nr. 362
den neuen französischen Filtrirapparaten vom Herausgeber. In: Annalen der Physik, Bd. XIII, Halle 1803, 1. Stück, S. 108). Arnim wird einen der neuen, von seinem akademischen Lehrer Gilbert beschriebenen Apparate benutzt haben. Sie wurden als Fontaines depuratoires oder Filtres inalte´rables bezeichnet und machten nicht bloß, wie die alten, das trübe Wasser
k l a r , sondern selbst v e r d o r b n e s Wasser trinkbar, und das durch ein einmahliges Durchlaufen durch den Filtrirapparat, welches in kurzer Zeit geschieht (ebd., S. 110). 7 Windofen] Ein von außen geheizter Ofen, in welchem das Feuer durch einen angebrachten Luftzug verstärket wird; ein Zugofen (Adelung IV, Sp. 1558). 9 Flankfurter Eisenblech] Die Anspielung ist unklar und kann sich sowohl auf einen Eisenofen als auch auf die danach erwähnten Offiziere und ihre verzierten Uniformen oder die Antiquitäten des Kunsthändlers Krause beziehen. 11 bey Krause] Bei dem Kunstgärtner August Friedrich Wilhelm Krause in der Krautsgasse vor dem Stralauer Tor, bei dem Pflanzen, Kunstsachen und Antiquitäten zu besichtigen waren. (Vgl.: Neander von Petersheiden 1801, S. 95; Rumpf 1804, Bd. I, S. 516f.) 11 Komödie] Das Berliner Nationaltheater. 14–15 die lustigen Musikanten] Brentanos Lustspiel (1803). 15–16 Schleyermacher 〈...〉 daß ich Plato fur und für Bin gesessen über Dir] Friedrich Daniel Ernst Schleiermachers Platon-Übersetzung begann 1804 zu erscheinen (bis 1810 5 Bände), und Arnim fiel Martin Opitz’ Gedicht Überdruß der Gelahrtheit mit dem Beginn ein: Ich empfinde fast ein Grauen / Daß ich, Plato, für und für / Bin gesessen über dir ein (im ersten Band des Wunderhorns; FBA VI, S. 53). 20 Vivat die Tabacksrolle] Rückbezug auf eine erotische Anspielung in Brentanos Brief vom 26. Dezember 1804, die auf Carl Philipp Heinrich Pistor und dessen Frau Charlotte gemünzt war: grüße mir Die Pistor, sage ihr,
wenn ich meine Frau nicht wenigstens ein viertel so liebenswürdig wiederfände, als ich die Pistor verlassen, so käme ich wieder nach Berlin, und gieng in ihren Keller um in die verbotnen Aepfel zu beißen, und ihrem Manne schnitt ich die Tabacksrolle ab, wenn sie mich nachher hängten, so wollte ich unter dem Gedancken an sie suffocativ, das heist auch vocativ o Lotte, an Galgen erigirt sterben (WAA XXXI, Nr. 358,28–34). 22 gespengelt] Etwa: geflickt. (Vgl. DWb XII, Sp. 1879: spängeln). 24 Simpl: Springinsfeld und die Dame Courage] Hauptfiguren Simplicianischer Schriften Grimmelshausens (der noch nicht als Verfasser bekannt war):
536
Zu Nr. 362
die junge Frau Springinsfelds (des Protagonisten in Der seltzame Springinsdie ihn verläßt, als sie ein seinen Träger unsichtbar machendes Vogelnest findet, wovon der Erzählzyklus Das wunderbarliche Vogel-Nest / Der Springinsfeldischen Leyrerin (1672–1675) berichtet, und die Protagonistin der Lebensbeschreibung der Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche (1670). 25–26 die Gachet 〈...〉 und die Eugenie sind eine Person] Für Goethes Trauerspiel Die natürliche Tochter (1803), das unter dem Titel Eugenie uraufgeführt wurde, waren die zweibändigen Me´moires historiques de Ste´phanie-Louise de Bourbon-Conti, e´crits par elle-meˆme (Paris 1797/98) eine wesentliche stoffliche Anregung. Das Werk »schildert, ebenso ereignisreich wie sentimental, die Bosheiten und Ungerechtigkeiten, denen die 1762 geborene natürliche Tochter des Prinzen Louis-Franc¸ois von Bourbon-Conti, nach Louis’ XV. Versprechen ihrer Anerkennung als königliche Prinzessin, durch die Verfolgung ihrer Mutter, der ›schönen Herzogin‹ von Mazarin, und ihres legitimen Halbbruders ausgesetzt war.« (Victor Lange in: Goethe/MA, Bd. VI/1, S. 932f.) Daß Ste´phanie-Louise de Bourbon-Conti mit der französischen Abenteurerin Louise de Gachet, die um die Jahrhundertwende in Deutschland lebte und Ende 1801 in Frankfurt mit Brentano bekannt geworden war, identisch sei, wurde zwar von Zeitgenossen (und einem Teil der Sekundärliteratur) behauptet, ist jedoch nicht belegt und unwahrscheinlich. (Vgl.: Gobert 1997; DjB [Korrespondenten].) Arnim hatte die Meinung bereits in seinem Pariser Brief an Brentano vom 6. Juni 1803 kolportiert. (Vgl. WAA XXXI, Nr. 310,95–97 und Erl.) 26 Bartholdys Pulver] Nicht ermittelte Anspielung auf Jakob Ludwig Bartholdy. 27–28 Er verspricht dir 〈...〉 zu schiken] Vgl. zu Nr. 361,83–85. 28–29 ich möchte zur Bunten Reihe 〈...〉 genannt habe] Sophie Brentanos Sammlung erschien ohne Beiträge Arnims. Ein Text von ihm mit dem Titel Bunte Reihe ist nicht bekannt. 29–33 Einige neue Lieder 〈...〉 Reichardt 〈...〉 komponirt 〈...〉 eine neue musikalische Zeitung 〈...〉 le Troubadour genannt.] Reichardt vertonte insgesamt mindestens 23 Gedichte Arnims. (Vgl. den Überblick Moering 1990, S. 217–222, wo Weises Die Rose blüht mitgezählt ist.) Zwölf Kompositionen erschienen im März 1805 im ersten Band von Reichardts Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand, und zwar: Einsamkeit, Morgengruß, Zu Hause, Nach Hause, Polonaise, So bist du nicht verloren, Maylied, Frühlingsnacht, Winter-Unruhe, Der wilde Jäger, Schwüle Luft sowie Wenig Töne, dessen Verfasserschaft nicht vermerkt worden war. (Das Erschei-
feld),
537
Zu Nr. 362
nungsdatum ergibt sich daraus, daß der Troubadour Beilage zu Arnims Brief an Brentano vom 25. März war.) Als Arnim Brentano am 27. Februar berichtete, Reichardt habe über zwölf andere Lieder von ihm komponiert (Nr. 366,138), wird er vor allem die im Troubadour erschienenen gemeint haben. Die Komposition des Gedichts Morgengruß veröffentlichte Reichardt außerdem ebenfalls Anfang 1805 in seiner neuen Berlinischen Musikalischen Zeitung (1. Jg., Nr. 9). Darin im ersten Quartal von Arnim noch der von Reichardt gekürzt publizierte, mit Vor- und Schlußbemerkung versehene Aufsatz Von Volksliedern (Nr. 20–23, 26), der vollständig am Schluß des ersten WunderhornBandes erschien, sowie der Artikel Ueber deutsches Sylbenmaaß und griechische Deklamation (Nr. 32) mit Bezug auf eine Fußnote Reichardts zu dem Beitrag Einige Gedanken über Deklamation (Nr. 30). 33–36 die Widertäufer 〈...〉 Johann von Leyden hat den Waldemar 〈...〉 zurückgedrängt] Die Arbeit an dem Drama Johann von Leyden – nach dem selbsternannten König der Wiedertäufer von Münster, dem Schneider Johann Bockelson, der sich Johann von Leyden nannte –, wurde nicht zu Ende geführt. (Vgl. Schaible 2000.) Das in die preußische Geschichte zurückreichende Waldemar-Stück, in Arnims Brief an Brentano vom letzten Januar-Drittel 1803 noch als Trauerspiel-Projekt erwähnt (vgl. Nr. 281,164–166), war als Liederspiel zur Aufführung durch Reichardt vorgesehen, die jedoch nicht zustandekam, wie aus Nr. 366,159–165 hervorgeht. Es erschien postum (1846) als Doppeldrama unter dem Titel Der echte und der falsche Waldemar. 38–39 daß Unger an einer Zukerfabrik in der Harnblase gestorben] Vgl. zu Nr. 361,103. 40 Formschneidergedanken] Unger hatte sich auch als Typograph hervorgetan, eine eigene Frakturschrift (Unger-Fraktur) erfunden und war seit 1800 an der Berliner Kunstakademie Professor der Holzschneidekunst, für deren Vervollkommnung er sich einsetzte. 40–41 daß 〈...〉 seine Bücher nur im Ganzen verkauft werden] Vgl. zu Nr. 361,104–105. 45–48 Hintze, der Pächter in Bärwalde 〈...〉 seine Frau 〈...〉 Herschaft meines Gutes] Das Arnimsche Ländchen Bärwalde war von 1804 bis Juni 1806 an den Oberamtmann Christlieb Gotthelf Hin(t)ze verpachtet, nach dessen Tod übernahm die Witwe die Pacht. Von Juli 1806 bis Juni 1812 wurde August Leberecht Traugott Birkner neuer Generalpächter. Vgl. Nr. 462,77 und Erl. 46 Schlagfluß] Schlaganfall. 50–51 Der Christmarkt 〈...〉 hat mich mächtig erquickt] Der Berliner Christmarkt war vor allem durch die Ausstellungen der Konditoren beliebt, worauf Arnim noch in seiner Erzählung Die Weihnachts-Ausstellung (1817) eingeht. (Vgl. die Erläuterungen Arnim/W III, S. 1369–1371.)
538
Zu Nr. 362
51 Waldteufel verbrummt] Waldteufel sind »ein kinderspielzug, eine papiertrommel, mit pferdehaaren an einem stiel, die geschwungen einen summenden ton von sich geben« (DWb XXVII, Sp. 1200). 55 Revülager] Schaufenster. (Revue: Besichtigung; Lager: Warenlager.) 57–58 Deine Tante] F r i e d e r i k e Eleonore von La Roche. 58 Helmuth] Helmuth von La Roche, der etwa siebenjährige Sohn von Friederike und Carl von La Roche. 60–61 desinit in piscem mulier formosa superne] Horaz, Ars Poetica 4: eine oben schöne Frau endet als Fisch (wörtliche Übersetzung). Das Zitat aus dem Beginn der Ars Poetica steht in einem kunsttheoretischen Kontext, dessen Kenntnis Arnim voraussetzt: Wollte ein Maler zum Kopf eines Men-
schen den Hals eines Pferdes / fügen und wahllos zusammengewürfelte Glieder mit Federn / farbig bemalen, so daß eine Frau mit prächtigem Busen / endet als schwarzer, häßlicher Fisch – zum Betrachten geladen, / könntet ihr euch da, bei aller Freundschaft, das Lachen verbeißen? (Ars Poetica 1–5; Übersetzung von Manfred Simon.) 62 Aufsatze] »kopfputz der frauen« (DWb I, Sp. 718). 62–63 aus dem Braunschweigischen 〈...〉 Verwandte von Winkelmann] Stephan A u g u s t Winkelmann, der in Jena studiert, in Göttingen doziert hatte und mit Arnim und Brentano befreundet war, stammte aus Braunschweig, wo er seit dem Frühjahr 1803 als Arzt und Professor wirkte. 65 humanen Gesellschaft] Die 1797 gegründete Berliner Gesellschaft der Freunde der Humanität. Sie wurde von denjenigen eingerichtet, die in der 1796 gestifteten und auf fünfzig Mitglieder beschränkten Mittwochsgesellschaft keine Aufnahme gefunden hatten. Von 1799 bis 1809 war der jüdische philosophische Schriftsteller Lazarus Bendavid Direktor. Die Gesellschaft, die keine konfessionellen Schranken setzte und Frauen zuließ, die jedoch nicht Mitglieder werden durften, war »eine kleinere und modifizierte Ausgabe der Mittwochsgesellschaft, die Sitzungen sollten nach freimaurerisch-disziplinierten Formen verlaufen« (Maurice 1997, S. 159). 67 homo sum humani nihil a me alienum puto] Terenz, Heautontimorumenos I, 1, V. 77: Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir
fremd. 69 Deine Nachrichten von Tieck] Brentano hatte Arnim am 26. Dezember 1804 berichtet, er habe auf seiner Rückreise von Berlin nach Heidelberg in Weimar von Friedrich Tieck erfahren, dessen Bruder Ludwig sei seiner Schwester Sophie Bernhardi, die 1803 von August Ferdinand Bernhardi geschieden worden war und im Herbst 1804 mit ihrem Liebhaber, dem estländischen Baron Karl Georg von Knorring, über Weimar und Gotha nach München gereist war, dort-
539
Zu Nr. 362
hin nachgeeilt und preise sich glücklich, das Gut Ziebingen in der preußischen Neumark, wo er mit seiner Frau Amalia wohnte, und damit auch seine Frau verlassen zu haben. Vgl. WAA XXXI, Nr. 358,14–22. 72–74 Recktor 〈...〉 nach Würzburg nachgereist] Bernhardi sah seine Ehre durch die Liaison seiner geschiedenen Frau Sophie mit Knorring gekränkt und suchte die Kinder zu erlangen, die sie mitgenommen hatte: die 1800 und 1802 geborenen Söhne Wilhelm und Felix Theodor, wobei letzterer »höchstwahrscheinlich ein natürlicher Sohn« Knorrings war (Körner 1936–1958, Bd. III, S. 28). Ein drittes Kind, Ludwig, war zwei Monate nach der Geburt am 28. Februar 1802 gestorben (vgl. ebd., S. 18). Bald nach Sophie Bernhardis Abreise von Weimar war er dort eingetroffen. (Vgl. Sophie Bernhardi an A. W. Schlegel, 28. Januar 1805; ebd., Bd. I, S. 185f.) 83–84 Volks-Sagen von Otmar 〈...〉 1800.] Volcks-Sagen. Nacherzählt von Otmar. Bremen 1800, bei dem Verleger Gerhard F r i e d r i c h Wilmans (Arnim-Bibl. Sign. B 1251). Die Sammlung enthält Harz-Sagen. Von Arnim auch gerühmt in seinem Aufsatz Von Volksliedern: Eine Sammlung aus einem
kleinen Flecken von Deutschland, die bis auf einzelne Zusätze und Wortüberfluß als Muster ähnlicher aufgestellt werden kann. Es ist wie eine neue Welt schöner Erfindung, aber von den meisten vergessen, weil es weder Veilchensyrup noch Teufelskost, sondern weil es uns führt zu den Veilchen, auch wohl in die Behausung des Teufels. (FBA VI, S. 420f.) Hinter dem Pseudonym Otmar verbarg sich der Halberstädter Kirchenund Schulmann Johann Karl Christoph Nachtigal. 85–86 Tieck und Novalis haben ihn schön bestohlen und nie genannt.] Daß Tieck und Novalis Nachtigals Volcks-Sagen kannten und für eigene Werke benutzten, ist nicht belegt. Arnim dachte vmtl. besonders an Tiecks Ende 1803 erschienene Erzählung Der Runenberg mit ihrer Unterreich- und SteinweltMotivik und an Novalis’ 1802 erschienenen Roman Heinrich von Ofterdingen. 86 Aufsaze] Von Volksliedern. 88–92 vom kleinen Zwergvolke 〈...〉 ein Faß damit füllen.] Ähnlich im Aufsatz Von Volksliedern (FBA VI, S. 420f.). Wiedergabe einer Südharz-Sage in dem Beitrag Ueber die Hühnen- und Zwerg-Sagen: Einst bemerkte ein
Bewohner jener Gegend, daß seine Feldfrüchte alle Nächte beraubt wurden 〈...〉 Zitternd fielen die Zwerge vor ihm nieder, und bekannten: daß ihr Volk es sey, welches die Felder der Landesbewohner beraube, wozu aber die äußerste Noth sie zwänge. 〈...〉 Endlich kam man dahin überein, daß die Zwerge über eine schmale Brücke bei Neuhof ziehen, und daß jeder von ihnen, in ein dorthin gestelltes Gefäß, einen be540
Zu Nr. 362
stimmten Theil seines Vermögens, als Abzugs-Zoll, werfen solle, ohne daß einer der Landesbewohner zugegen wäre. Dies geschah. Doch einige Neugierige hatten sich unter der Brücke versteckt, um den Abzug der Zwerge wenigstens zu hören. Und so hörten sie denn viele Stundenlang das Getrappel der kleinen Menschen; es war ihnen, als wenn eine sehr große Heerde Schaafe über die Brücke ging. (A.a.O., S. 326f.) 92–93 Der Ziegenhirt der Ritterkeller, die Wunderblume 〈...〉 Romanzen] Der Ziegenhirt (a.a.O., S. 151–158), Der Ritterkeller auf dem Kyffhäuser (S. 131–140), Die Wunderblume (S. 145–150) sind Prosabeiträge. Arnims Bezeichnung Romanzen ist also inhaltlich, nicht formal (Dichtungsart) bestimmt. Vgl. Adelung II, Sp. 1155: eine kleinere singbare abenteuerliche Geschichte im Volkstone. 93–94 das Epos von der Roßtrappe] Die Roßtrappe (a.a.O., S. 179–185). 95 Zwergsagen] In dem Beitrag Ueber die Hühnen- und Zwerg-Sagen (a.a.O., S. 311–358).
95–97 in der Einleitung 〈...〉 S 64 u. 65] Nachtigal zitiert a.a.O. aus dem Homer zugeschriebenen Hermes-Hymnus als Beispiel für die Nähe des dichterischen Werths (S. 61) der von ihm mitgeteilten Volkssagen zu bekannten Dichtungen. Der Hinweis auf Schelmufsky ist nicht von ihm, sondern – ironisch – von Arnim, der auf die Drastik der Schilderung des Werdegangs und der Taten des Helden sowohl im homerischen Hymnus als auch in Christian Reuters Roman Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung Zu Wasser und Lande (1696, zweite erweiterte Fassung 1696/97) abzielt. Vgl. das Zitat Nachtigals (nach der Übersetzung Christian zu Stolbergs) am von Arnim angegebenen Ort:
Ihn gebar der Morgen, am Mittag spielt er die Leier, Und am Abend stahl er die Rinder Foebos Apollon. Als er sich losgerißen hatte vom Leibe der Mutter, Konnt’ ihn nicht halten die vierte Stund der heiligen Wiege. Plötzlich sprang er empor, und suchte die Rinder Apollon. – Maja Sohn, der Zielerreicher, der Mörder des Argos, Sonderte von der Heerde funfzig brüllende Kühe, Trieb die irrenden hin und her in dem sandigen Felde, Ihrer Tritte Stapfen verwirrend; dann wandt’ er sie, schlauer Ränke voll, daß die letzten die ersten wurden, die ersten Füße die letzten. So trieb er die Heerd’, und auch selbst ging er rücklings. – Er zog zwo der gehörnten Küh’ aus dem Stalle; 541
Zu Nr. 362
(Denn er hatte gewaltige Kraft) zur brennenden Höhle, Beide warf er alsbald zu Boden, die Schnaubenden, wälzte Auf den Rücken sie, beugte sich drüber, und durchstach sie. – Solches that er bei Nacht, beim Schimmer des leuchtenden Mondes. Gegen Morgen kehrt’ er zurück zu den heiligen Gipfeln Von Külläne. Es kam auf dem langen Weg ihm entgegen Keiner der seligen Götter, und keiner der sterblichen Menschen. Keine Hunde bellten. Der Geber des Reichthums, Hermäs, Duckte nieder, und schmigte sich durch das Schloß in die Wohnung, Einem Nebel ähnlich und einem herbstlichen Dunste. Eilend verkroch er sich in die Wiege, der Ränkeerfinder, Und umwand mit den Binden die Schultern; dann zog er die Füße Spielend unter die Wiegendecken, hinauf zu den Händen, Und in der Linken hielt er die lieblichtönende Leier. So lag Hermäs, ähnlich dem neugebornen Kindlein. – (S. 64f.) 97–98 du must diese Hymne 〈...〉 einschreiben] Brentanos Schelmuffsky-Exemplar ist nicht bekannt. 98–100 Ich habe ein Lustspiel entworfen, wo Schelmufksy 〈...〉 lockt.] Nicht bekannt. 100 Cupedoren] Cupidoren: Liebesgötter, Amoretten. 107 Brief an Deine Frau] Nr. 360. 113 Deines Bruders Heirathserziehung] Vgl. Nr. 361,39–55 und Erl. 117–118 daß ihm der Schwarzkünstler Bang nicht Brombeeren 〈...〉 hinein legt in ihr – Körbchen.] Reaktion auf Brentanos Mitteilung, der (schwarz gekleidete) Pfarrer Bang habe Heiratsambitionen mit dem schönen Erdbeermädchen (Nr. 361,42), vmtl. mit Bezug auf das Volksliedmotiv vom Mädchen, das beim Brombeerensammeln geschwängert wird. Vgl. das Wunderhorn-Lied Die schweren Brombeeren mit der Herkunftsangabe Vielfach schriftlich und mündlich (FBA VII, S. 203). 119 wie Savigny mit dem Koffer!] Vgl. Nr. 361,98–103 und Erl. 125 Ponce] Das Lustspiel Ponce de Leon (1803). 127 Godwi] Der Roman Godwi oder das steinerne Bild der Mutter (2 Bde., 1801). 128 Zerbino] Ludwig Tieck nach der Titelgestalt seines Dramas Prinz Zerbino oder die Reise nach dem guten Geschmack (1799).
542
Zu Nr. 362
129 Kind] Die Tochter Dorothea. 129 O Saperment, als ich dergleichen hörte.] Leitmotivische Wendung (tabuistisch für beim Sakrament!) in Christian Reuters Schelmuffsky-Roman, darin erstmals: O sapperment! wie kam mir alles so wüste da vor (Haufe 1972, S. 18). 131 Opernprobe] Vmtl. von Reichardts Oper Rosmonda, die in Berlin am 6. Februar 1801 uraufgeführt worden war und am 18. Februar 1805 wiederholt wurde. In seinem Brief von vmtl. 26./27 Februar teilte Arnim Brentano mit, er kenne die Oper nur aus den Proben (Nr. 366,189). 139 Falkonierliede] Eine Version des in den ersten Wunderhorn-Band aufgenommenen Liedes Der Falke, dessen lyrisches Ich als Falkonier vorzustellen ist, wie die erste Strophe nahelegt: Wär ich ein wilder Falke, / Ich wollt
mich schwingen auf, / Und wollt mich niederlassen / Vor meines Grafen Haus. (FBA VI, S. 59.) Ob Arnim bereits die im Wunderhorn erschienene Fassung schickte, läßt sich, da seine Sendung nicht überliefert ist, nicht feststellen. Quelle des seit Mitte des 16. Jhs. überlieferten Liedes war Friedrich Nicolais Feyner kleyner Almanach (Berlin-Stettin 1777–1778), doch ist die Arnim zu verdankende Wunderhorn-Neudichtung motivisch stimmiger. Er wird mit ihr auf Brentanos Romanze Es gieng verirrt im Walde repliziert haben, die dieser sich im Bezugsbrief (Nr. 361,8–10) zurückerbeten hatte. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 149–152.) Allerdings war noch nicht an einen Beitrag zum Wunderhorn gedacht, sondern zum Projekt der Lieder der Liederbrüder, für das Brentano seine Romanze zurückverlangte. 139–140 Reichardt hat die Rose für Dich abgeschrieben] Die Rose blüht / ich bin die fromme Biene aus Christian Weises Die Drey Klügsten Leute in der gantzen Welt (Leipzig 1675). Mit Vertonung in Reichardts Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand, außerdem in Arnims Liederspiel Markgraf Otto von Brandenburg und im ersten Band des Wunderhorns. Von Brentano bereits Ende September 1802 in einem Brief an Hannchen Kraus variiert und noch früher erstmals in einer nicht überlieferten Version bearbeitet. (Vgl. DjB Nr. 684 und Erl.) 141 Judas Ischariot] Anspielung auf den Übertritt Jakob Ludwig Bartholdys vom Judentum zum Protestantismus. Vgl. zu Nr. 361,62–72. 142–144 Mengel-Werke (wie die Holländer vermischte Gedichte nennen) 〈...〉 ein Pack Bläter gezeigt] Bartholdys Reisebericht Bruchstücke zur
nähern Kenntniß des heutigen Griechenlands, gesammelt auf einer Reise. Im Jahre 1803–1804. Erster 〈und einziger〉 Theil (Berlin 1805). Arnim wird noch nicht das Buch, sondern Teile des Manuskripts oder Korrekturbögen bekommen haben. – Mengel-Werk (niederländ.): »Letterkundig werk van gemengden inhoud« (Kluyver 1913, S. 527).
543
Zu Nr. 362
sein Münzkabinet 〈...〉 die Silberlinge 〈...〉 in der Bibel erKeine Episode in Bartholdys Reisebericht. Vgl. Mt 27,3 über den Verräter Judas: Da das sah Judas, der ihn 〈Jesus〉 verraten hatte, daß er 144–145
wehnt]
verdammt war zum Tode, gereute es ihn, und brachte wieder die dreißig Silberlinge den Hohepriestern und den Ältesten. 146–147 seine Erzählung von den Lustbuben] Vgl. Bartholdys Reisebericht, a.a.O., S. 373–375: Die Tavernen und Kaffeehäuser zu Constantinopel, Pera und Galata sind mit Tänzern gefüllt, die ihre Kunst für Geld zeigen, und welche die Türken ungemein vergnügen, indem sie ihre Lieblingsleidenschaft darzustellen und zu erregen verstehen, auch die aufgereiztesten Begierden selten unbefriedigt lassen. Es sind Knaben von zehn bis achtzehn Jahren, die meist schön und bunt gekleidet sind; sie lassen ihr Haar lang wachsen, und herabhängen, und die türkischen Liebhaber spielen damit, wie Trimalcion, der nach dem Bade seine Finger an den Locken solcher Kinder trocknete. Auch hat ihr ganzes Benehmen etwas ungemein Weibisches, und viel von der Manier, Coquetterie und Habsucht unserer Freudenmädchen. Große Herren halten oft zu ihrem Vergnügen viele solcher Knaben, die nach dem Grade der Gunst, deren sie genießen, mehr oder minder prachtvoll gehalten werden. Als ich mich zu Janina aufhielt, wurde ich eines Abends zu einem Trinkgelage bei dem Sohne des Visir Ali, MouctarPascha, eingeladen, der eben so sehr seiner freien Sitten als seiner Tapferkeit wegen bekannt ist. 〈...〉 Nachdem Mouctar vom Weine etwas begeistert worden war, ließ er den Tisch abheben, und man bot uns Pfeifen an. Nun befahl er, seine beiden Lieblingsknaben zu rufen, um uns und sich durch ihre Geschicklichkeit zu ergötzen. 〈...〉 Der Tanz selbst, den sie hierauf begannen, war sehr wollüstig. Die Bewegungen ihrer Hüften (wie auch der echte Fandango, und fast alle südliche Nationaltänze es erheischen) waren erstaunlich gewandt, ohne daß der obere Theil des Körpers je dabei seine Haltung verlor. Dann dreheten sie sich wie die Dervische erst langsam, dann immer schneller walzend (aber jeder einzeln) herum, hoben dabei die Arme mit viel Anmuth, und begleiteten die Bewegungen durch das beständige Geräusch der Castagnetten, die den Takt angaben. Bald aber warfen sie sich rücklings auf die Erde, und Gesten und Mienen bezeichneten den höchsten Genuß der irdischen Wollust. Hierauf kamen sie wie ganz erschöpft zum Pacha, der ihnen liebkosete, sie küßte und beschenkte. 150 Menscher] Dirnen, Huren. (Vgl. Henne/Objartel 1984, Bd. II, S. 168f.) 544
Zu Nr. *363
157–158 Flöten uhr] Uhr mit Flötenspiel, engl. Fluteclock. (Vgl. DWb III, Sp. 1825.) 160 trudeln] »rollen, sich wälzen, sich drehend bewegen« (DWb XXII, Sp. 1239).
362.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. und 19. Januar 1805, Montag und Sonnabend DV: H. B: Vgl. Nr. 358, 361. A: Vgl. Nr. 365. H: GSA 03/174. − 1 Dbl. ca. 228 x 186 mm; 1r beschr. − Im Mittelfalz stark beschädigt. − WZ: I G EBART. Fremdeinträge: 1r aoRr: 77, auRl: 22.
Varianten 6
glauben] g
aus 〈x〉
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 362. Die beiden letzten Absätze ohne Entsprechung im Brief.
*363. An Johanna Dieterich in Göttingen Berlin, vmtl. zweite Hälfte Januar 1805 B: −. A: Nr. 364. Datierung: Johanna Dieterich wird bald auf den Brief Arnims geantwortet, dieser in der zweiten Januarhälfte 1805 geschrieben haben.
545
Zu Nr. 364
364.
Von Johanna Dieterich nach Berlin Göttingen, 8. Februar 1805, Freitag
DV: H. B: Nr. *363. A: −. H: BJ/VS 52. − 1 Dbl. ca. 225 x 185 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 2v Adresse; 3x auf ca. 80 x 94 gefaltet; rote Siegelreste. − 2v Papiereinrisse (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Jeannette Dieterich an L. A. von Arnim., Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN; auRl Varnhagen: Betti-
na. Postzeichen: 1 Portozeichen, 1 Frankozeichen. D1: Weiss 1986, S. 156 (Nr. 38).
Varianten 25
zu]
danach gestr.
schein
Erläuterungen 14–15 daß Mamsell Blumbach Braut mit H. v. Jasmund aus Cassel ist] E m m a Maria Hedwig Blumenbach, mit Arnim aus seiner Göttinger Studienzeit bekannt, verheiratete sich mit Carl Wilhelm Friedrich Theodor Gustav von Jasmund. 19–20 Bouterweck 〈...〉 gar nicht mehr] Auf eine frühere Beziehung zwischen Johanna Dieterich und F r i e d r i c h Ludewig Bouterwek läßt eine Stelle in Winkelmanns Göttinger Brief an Savigny, Brentano und weitere Bekannte vom 12. November 1802 schließen: die D. kränkelt, Bouterwek ist traurig (DjB Nr. 696). 25–26 mein* Mann 〈...〉 ein herzlich schlechter Correspondent] Klagen über die Unzuverlässigkeit Heinrich Dieterichs, bei dem Hollin’s Liebeleben (1802) und Ariel’s Offenbarungen (1804) erschienen waren, des öfteren im Briefwechsel Arnims und Brentanos. 32–33 sollen Sie 〈...〉 die verlangten Briefe erhalten] Arnim wird seine Briefe an Johanna und/oder Heinrich Dieterich zurückerbeten haben.
546
Zu Nr. 365
365.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 15. Februar 1805, Freitag
DV: H. B: Nr. 362. A: Nr. 366. H: FDH 7791 (I) + UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 75r–78r (II–III). − 1 Bl. (I) ca 243 x 194 mm + 2 Dbl. (II–III) je ca. 226 x 186 mm; 1r–1v (I) + 2r–5r (II–III) 9 beschr. S.; I–III je 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I: VANDERLEY II: Bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG III: C & I HONIG. Beilagen: Eine Karikatur Bonapartes für Reichardt (nicht überliefert); Brentanos Gedicht Die Roße Blüht, ich bin die fromme Biene; Brief Bettinas an Clemens Brentano, vmtl. zwischen etwa 20. und 25. Januar 1805 (nicht überliefert; DjB Nr. *1037). Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Clemens Brentano., aoRr: Anfang 1805., aoRr: III 1v auRr: 7791 2r aoRl: 464, aoRm: z. 15. Febr. 1805., aoRr mit Rötel durchstr.: IV, daneben: 75 3r aoRl: 464, aoRr: 3, daneben: 76 4r aoRl: 464, daneben: 384,3, aoRm: z. 15. Febr. 1805., aoRr mit Rötel durchstr.: V, daneben: 77 5r aoRr: 78. Besonderheiten: 1r aoR Zettel (42 x 70 mm) mit Notiz Varnhagens: Clemens Brentano an Ludwig Achim von Arnim, auR Varnhagen: Bettina. – Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 35; Schlechter 2006, S. 118 (Teilfaksimile). D1: II–III: Steig 1894, S. 131f. (TD). D2: II–III: Steig 1923, S. 16 (TD). D3: II–III: Kat. Henrici 149, Nr. 169 (TD; kurzer Auszug). D4: II–III: Seebaß 1951, Bd. I, S. 272–276. D5: I: Kat. Brentano 1978, S. 149 (Nr. 161) (TD). D6: I + II–III: FBA XXXI, S. 387–395 (Nr. 399). D7: I + II–III: Schultz 1998, Bd. I, S. 258–264 (Nr. 51).
Varianten 1–2 Lieber Arnim! Hier 〈...〉 hinten.] vmtl. nach Abschluß des Brieftextes 9 wo] danach gestr. noch 10 Kerssenbroiks,] danach gestr. an 12 predigte] p aus 〈x〉 16 Georgii] danach gestr. d 19 338–49] üdZ 20 425.] danach gestr. Schröcks 38 wo∧rinn] Trennung am eing. 45 individuelste] danach gestr. erha Zeilenende ohne Trennzeichen 54 bestimmtes] Schluß-s über r 55 deiner] r aus s 57 und] danach 57 wir] danach gestr. jeden Abendschein 65 Staarstegestr. mit chen] S aus 〈x〉 74 Des] aus 〈xxx〉 74 Zähren] aus 〈xxx〉 75 mit]
547
Zu Nr. 365
aus 〈xxx〉 78 Bau] danach gestr. sie 78 ist] i aus s 78 nun] üdZ 81 Ruht] h aus 〈x〉 83 Buhltänzerinnen] ä aus 〈x〉 87 der] eing. 90 so] aus 〈xx〉 95 das] s aus 〈x〉 99 nicht] aus nichts r aus n Schluß-s von folgendem d überschrieben 102 ruhig] danach gestr. 〈xxx〉 104 worin] danach gestr. d 117 Bokkatz] danach gestr. alteutsch 120 4] danach gestr. 〈xx〉 120 biethe] über verschrieben biethe 122 –] aus 〈x〉 125 dem] danach gestr. 〈xxx〉 126 du nur] d aus 〈x〉 128 geboten,] danach gestr. von 130 älteste] aus 〈xxx〉 138 Bewustsein,] danach gestr. und 140 und] danach gestr. Ges 140 das] a aus 〈x〉 141 hat er] üdZ eing. 146 gern] üdZ eing. 158 als] danach 158 machen.] danach gestr. Wer 158 eine] Schluß-n gestr. durch gestr. 158 Faust] danach gestr. ins Brett geleg 161 wird] üdZ eing. 166 der] danach gstr. Th 170 mit] über gestr. nebst 173 ein] danach gestr. Vo 176 den] aus die 185 Volks∧lieder] Trennung am Zeilenende ohne Trennzeichen 194 bedeutungs∧voller] Trennung am Zei195 Sommer] danach gestr. wieder lenende ohne Trennzeichen 196 und die] nach und gestr. 〈xx〉 204 den] n aus r 211 das] as aus er 217 allerliebst,] danach gestr. und
Erläuterungen 2 Anabaptister Notizen] Bibliographische Angaben zu den Wiedertäufern, von Arnim im Bezugsbrief für sein Dramen-Projekt Johann von Leyden erbeten. 3–5 Geschichte der Wiedertaüfer 〈...〉 1771. 4°] Hermann von Kerssenbroick, Geschichte der Wiedertäufer zu Münster in Westphalen. Nebst
einer Beschreibung der Hauptstadt dieses Landes. Aus einer lateinischen Handschrift 〈...〉 uebersetzt. Münster 1771. Der Übersetzer war der Frankfurter Jurist Johannes Friedrich Piel. Kerssenbroick hatte seine Darstellung Anabaptistici furoris Monasteriensium inclitam Westphalie Metropolim evertentis historica narratio um 1570 verfaßt. Er »gibt nicht nur einen umfassenden Bericht über die Zeit der Täuferherrschaft in Münster von 1534–1536, sondern erweitert in bezug auf Ereignisse, die im Zusammenhang mit dem Aufruhr stehen, den Berichtszeitraum auf die Jahre 1524 bis 1554. Darüber hinaus liefert er eine Überblicksdarstellung zu Ursprung, Örtlichkeiten, Einwohnern und Sitten der Stadt.« (Simmgen 1997, S. 55.) Das Buch ist nicht in Arnims Bibliothek überliefert, in seinem Dramenfragment konnten keine Bezüge auf Kerssenbroick festgestellt werden, und da »von Arnims Hand Exzerpte der Dorpius-Schrift, nicht aber der Kerssenbroicks überliefert
548
Zu Nr. 365
sind, ist der Einfluß von Kerssenbroick auf Arnim nicht sehr hoch anzusetzen« (ebd., S. 56). 8–9 Mosheims Kirchengeschichte des neuen Testaments 1776. 2ter Band] Johann Lorenz Mosheim, Vollstaendige Kirchengeschichte des Neu-
en Testaments: aus dessen gesammten groessern Werken und andern bewaehrten Schriften; mit Zusaetzen vermehret und bis auf die neuern Zeiten fortgesetzet. Hg. von Johann Adolf Schlegel. Bd. II: Welcher die Geschichte der Christen von Carl dem Grossen an bis auf die Kirchenverbesserung enthaelt. Heilbronn-Rothenburg o. d. T. 1776. Aus dem Literaturhinweis kann »kein wesentlich neuer Impuls« für Arnims Arbeit an seinem Drama hervorgegangen sein (Simmgen 1997, S. 57). 14 Krohns Geschichte der Wiedertaüfer. Leipzig 1758] Berthold Nicolaus Krohn, Geschichte der Fanatischen und Enthusiastischen Wieder-
täufer vornehmlich in Niederdeutschland. Melchior Hofmann und die Secte der Hofmannianer. Nebst einem Schreiben Jac. Wilhelm Feuerleins an den Verfasser. Leipzig 1758. »Als Quelle für die Wiedertäufergeschichte von Münster ist der Inhalt des Buches für Arnim 〈...〉 so gut wie unbrauchbar, abgesehen von weiterführenden Literaturhinweisen.« (Simmgen 1997, S. 57.)
15–17 Historia vitae 〈...〉 Dav. Georgii 〈...〉 1642.] Nikolaas Meiyndertz van Blesdijk, Historia vitae, doctrinae, ac rerum gestarum Davidis Georgii Haeresiarchae. Daventriae 1642. »Schon am Titel ist abzulesen, daß er für die Münsterische Wiedertäufergeschichte wenig aufschlußreich sein konnte.« (Simmgen 1997, S. 58.) 18 Adelungs Geschichte Menschlicher Narrheit. Theil III.] Johann Christoph Adelung, Geschichte der menschlichen Narrheit, oder Lebens-
beschreibungen beruehmter Schwarzkuenstler, Goldmacher, Teufelsbanner, Zeichen- und Liniendeuter, Schwaermer, Wahrsager, und anderer philosophischer Unholden. Bd. III. Leipzig 1788. A.a.O. über David Joris, der zwar zur Täuferbewegung gehörte, Arnim jedoch »im Zusammenhang mit seiner dramatischen Bearbeitung der Münsterischen Wiedertäufergeschichte kaum interessiert« haben dürfte (Simmgen 1997, S. 58).
20
Mosheims Kezergeschichte. Th II.] Johann Lorenz Mosheim, Anderweitiger Versuch einer vollständigen und unpartheiischen Ketzergeschichte. Helmstedt 1748. (Fortsetzung von Mosheims Versuch einer unpartheiischen und gründlichen Ketzergeschichte. Helmstedt 1746.) Nicht über die Münsterischen Wiedertäufer, deshalb für Arnims Arbeit vmtl. nicht von Interesse. (Vgl. Simmgen 1997, S. 58.)
549
Zu Nr. 365
21 Schröcks Lebensbeschreibungen. B. 1.] Johann Matthias Schröckh, Lebensbeschreibungen berühmter Gelehrten. Neue umgearbeitete Aufl. Bd. I. Leipzig 1789. 22 Corrodi kritische Geschichte des Chiliasm. Band. 3.] Johann Heinrich Corrodi, Kritische Geschichte des Chiliasmus. Bd. III. Frankfurt/M.-Leipzig 1783. A.a.O. über David Joris, nur am Rande über die Münsterischen Wiedertäufer, daher für Arnims Arbeit vmtl. nicht von Interesse. (Vgl. Simmgen 1997, S. 58.) 26–27 Schardii Scriptoribus rerum germanicarum 〈...〉 T III.] Simon Schard, Schardius redivivus, sive rerum germanicarum scriptores varii. Bd. III: Continens historias sub gubernatione Ferdinandi I. imperatoris
et epitomen rerum ab an. Domini M.D.LVIII. usque ad finem anni M.D.LXIV. in variis orbis partibus gestarum. Gießen 1673. »Hinsichtlich der Ereignisse in Münster, die auch beschrieben werden, kann die Lektüre für Arnim, der ja frühere Quellen kannte, keine entscheidend neuen Erkenntnisse ergeben haben.« (Simmgen 1997, S. 60.) 28 Arnolds Kirchen und Ketzer-Historie] Gottfried Arnold, Unpartheyische Kirchen- und Ketzerhistorie. Vom Anfang des Neuen Testaments Biß auf das Jahr Christi 1688. 3 Bde. Frankfurt/M. 1699–1700. »Arnim konnte in Arnolds Bericht nichts wesentlich Neues finden. Möglich ist aber, daß er im Hinblick auf die Beurteilung der Bedeutsamkeit von Ereignissen von Arnold beeinflußt wurde. 〈...〉 Insgesamt ist festzuhalten, daß Arnim Arnold als Quelle benutzt hat, die Bedeutung dieser Quelle ist aber im Vergleich zu den in den Exzerpten explicit erwähnten Quellen eindeutig geringer zu bewerten.« (Simmgen 1997, S. 59f.) 30 Lambert Hortensii tumultuum anabapt. liber.] Lambertus Hortensius, Tumultuum anabaptistarium liber unus. Basel 1548. 31–32 Schleidanus Historia sui temporis 〈...〉 Deutsch und Latein] Johannes Sleidanus, De statu religionis et rei publicae Carolo quinto Caesare commentarii. Straßburg 1555; dt. Warhafftige und eigentliche
Beschreibung, was sich in geistlichen und weltlichen Sachen, bey Regierung des Großmechtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Caroli diß Nammens des Fünfften, Römischen Keysers verlaufen; ständig vermehrt und fortgesetzt; dt. 1771–1773 hg. von Johann Salomo Semler. Im Vergleich zu Dorpius wird kaum Neues berichtet, doch kann Arnim Einzelheiten genutzt haben. (Vgl. Simmgen 1997, S. 60f.) 33 Berliner nächsten Spaldingischen Auktion] Der Berliner Theologe Johann Joachim Spalding war am 26. Mai 1804 gestorben. Vgl. Verzeichniß der
vom verstorbenen Oberkonsistorialrath und Probst in Berlin Herrn 550
Zu Nr. 365
Spalding hinterlassenen sehr ansehnlichen und wichtigen Sammlung von griechischen und römischen Klassikern, philog. histor. litter. 〈...〉 Büchern, Landkarten, Kupferstichen 〈...〉 welche nebst verschiedenen zur Verlassenschaft des Herrn Professor Thym gehörigen Manuscripten den 4ten März 〈...〉 1805 durch den Auktionscommissarius Sonnin versteigert werden sollen. Berlin 1804. 38 Gesangbuch der Wiedertaüfer] Aussbund Etlicher schöner Christlicher Geseng, wie die in der Gefengnuss zu Passaw im Schloss von den Schweitzern, vnd auch von andern rechtgläubigen Christen hin vnd her gedicht worden. Allen vnd jeden Christen, welcher Religion sie auch seien, vnparteilich vnd fast nützlich zu brauchen. Ann. MDLXXXIII. O.O. 1583. – Zahlreiche Nachdrucke der Mennoniten. – Brentano sandte das Gesangbuch nicht ab, da Arnim es in Heidelberg einsehen könne, wie er ihm am 2. April 1805 schrieb (Nr. 368,129–131). Vgl. Kat. Brentano 1974, S. 184, Nr. 741 sowie Rölleke in FBA IX/1, S. 287–290. »Im Hinblick auf das ›Wiedertäufer‹-Fragment dürfte Arnim 〈...〉 vor allem der erste Teil des Buches interessiert haben. Die in den Balladen beschriebenen Einzelschicksale von Märtyrern der Täufer vermitteln anschauliche Details über Lebensumstände und Probleme dieser Zeit. 〈...〉 Aber obwohl die Zeit, aus der die 80 Lieder des ersten Teils stammen, auch die Jahre des Münsterischen Königreichs einschließt, findet sich nirgends ein direkter Bezug auf die Ereignisse von Münster.« (Simmgen 1997, S. 62.) 39 einige habe ich gezeichnet] Vmtl. markiert (mit Zeichen versehen). 40 das Lied, woraus Winkelmann die Pura Fabrizirte] A.a.O., S. 51–55:
Ein schöne History / die sich vnder Keyser Valerio hat zugetragen / von einer Jungfrawen Pura genant / vnd einem Jüngling. Danach Stephan August Winkelmanns Gedicht Pura im Göttinger Musen-Almanach für das Jahr 1803, hg. von Sophie Mereau. Von Arnim zu dem Lied Pura im ersten Band des Wunderhorns bearbeitet. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 287–290.) 41–43 Beschreibung des Münsterschen Vorgangs 〈...〉 in Savignys Bibliothek] Am 30. März 1805 bat Brentano den in Paris sich aufhaltenden Savigny, ihm eine alte kleine Druckschrift über die Münsterschen Unruhen, die sich in einem Mizellan 4° Band in Savignys Marburger Bibliothek befinde, für Arnim zukommen zu lassen (DjB Nr. 1055). Die Schrift war Savigny unbekannt, wie er am 19. April (DjB Nr. 1069) antwortete. Im Frühjahr 1806 fand er jedoch in seiner Bibliothek eine Wiedertäufer-Schrift, von der Bettina eine Abschrift anfertigte, wie sie Arnim um den 25. April 1806 berichtete (vgl. Nr. 448,1–11 und AII.24), und außerdem ermittelte Savigny noch eine zweite,
551
Zu Nr. 365
von der er Arnim am 30. April 1806 eine Abschrift von unbekannter Hand schickte (vgl. Nr. 450,11–14). 48–51 gehst 〈...〉 nach Gotha 〈...〉 in dem Hause des Regierungsrath Geißler 〈...〉 mit einem Heidelberger Kutscher entgegen] Brentano hatte sich Ende Dezember 1804, auf seiner Rückreise von Berlin nach Heidelberg, in Gotha bei Johann Georg Geißler aufgehalten und wird ihm Arnim empfohlen haben, wenn dieser auf seiner beabsichtigten Heidelberg-Reise im Frühjahr 1805 nach Gotha komme. Es ist anzunehmen, daß Arnim sich während der Reise (vgl. zu Nr. 371,145–148) bei Geißler aufhielt. Brentano holte ihn nicht ab. 52–53 Meine Frau 〈...〉 niederkommen 〈...〉 ein glücklicherer Pathe sein] Nach dem am 11. Mai 1804 geborenen Sohn Joachim Ariel, der bereits am 19./20 Juni 1804 gestorben war, wurde am 13. Mai 1805 die Tochter Joachime geboren, zu deren Paten wiederum Arnim gehörte. Auch sie starb nach wenigen Wochen, am 17. Juni 1805. 55–56 ein anderes Quartier 〈...〉 biß an den Neckar geht] Die neue Wohnung, die Sophie Brentano am 18. April während Clemens’ Abwesenheit bezog, war ein westlich vor dem Mitteltor, dem Mannheimer Tor, in Neckarnähe gelegenes freistehendes Gartenhäuschen, das »etwa dem heutigen Haus Untere Neckarstraße 32 entspricht« (Derwein 1922, S. 38) und dem Kaufmann Philipp Besse´ gehörte. Vgl. die Abbildung Derwein 1922, neben S. 32 (nach einem Aquarell Friedrich Rottmanns 1808). 57 einer Altan] Altan ist im Italienischen Feminimum (im Dt. Maskulinum);
ein freyer unbedeckter Platz oben an einem Hause, dessen Fußboden die Stelle eines Daches vertritt, und der mit einem Geländer umfasset ist (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 22). 64 Bild Bonapartes 〈...〉 für Reichard ist] Das von Brentano geschickte Bild Napoleons war vmtl. eine Karikatur des Kopfes im Profil oder Halbprofil. Seinen Angaben entspricht von den bekannten zeitgenössischen Napoleon-Karikaturen der mittlere Teil einer kolorierten Radierung mit dem Titel Ober Consul Bonaparte, nebst seinen Vier Brüdern. (Vgl. Scheffler 1995, S. 188.) »Auf vier Sockeln und an einem Schiffsmast werden die ovalen Porträtmedaillons der fünf Brüder Bonaparte präsentiert. Zu jedem ist auf dem Sockel oder dem Segel eine Legende angebracht; vier Medaillons sind mit Girlanden und Schleifen geschmückt, das fünfte ist mit Federn und Schiffswimpeln dekoriert. / In der Mitte befindet sich das Bildnis des Ober Consul Bonaparte, das eine entfernte Ähnlichkeit mit frühen Porträts Napoleons aufweist. Helm und Schwert, Palmwedel und Lorbeerzweig sind die das Medaillon bekrönenden Attribute; die römische Kriegsgöttin Bellona hat Rüstung, Waffen und Fahnen am Fuß des Sockels niedergelegt und weist auf Napoleon, der zu dieser Zeit als
552
Zu Nr. 365
Friedensstifter gefeiert wurde. / Links und rechts vom Zentrum der Macht sind die Porträts der vier Brüder ausgestellt, deren Blicke sich auf Napoleon richten. Die Inschriften beschreiben, welche Rolle er ihnen beim Aufbau seiner Dynastie zugedacht hatte.« (Ebd.) Die von Brentano hervorgehobenen Details des Gesichts sind auf dem Napoleon-Medaillon großenteils nachvollziehbar. Der Karikaturist ist nicht bekannt, die Karikatur auf 1801 datiert (Blattmaße 198 x 339 mm). Vielleicht wurde nach Napoleons Kaiserkrönung 1804 dessen Porträt aus der Karikatur von 1801 vereinzelt und ohne Sockel und andere bisherige Attribute in Umlauf gebracht. Ein Brentanos Angaben genau entsprechendes Napoleon-Porträt war nicht feststellbar. Die Karikatur war Reichardt vmtl. insbesondere als Verfasser des 1804 in Hamburg anonym erschienenen Buches Napoleon Bonaparte und das französische Volk unter seinem Consulate zugedacht, das unter maßgeblichem Einfluß des deutschen Paris-Beobachters Graf Gustav von Schlabrendorf entstand und binnen kurzem eine enorme zeitgenössiche Wirkung erreichte. »Das Napoleon-Buch von 1804 überraschte die Zeitgenossen durch sein entschiedenes Urteil g e g e n Napoleon wie durch die Kraft und Konsequenz, mit der dieses Urteil begründet wurde.« (Hartung 1964, S. 334f.; vgl. Hartung 2003.) Vielleicht wußte Brentano auch bereits von Reichardts Napoleon-Satire, die im Herbst 1805 erschien: Offene Briefe des Freiherrn Arminius von der Eiche und
seines Leibjägers Hans Heidekraut. Während ihres Leid- und Freudelebens in Frankreich zu Ende des Consulats und zu Anfange des Kaiserthums geschrieben. Germanien [Hamburg] 1806. 65–66 Staarstechen 〈...〉 mit Kaiserschnitt verwechselt werden] Die Anspielung ist vmtl. historisch-politisch im Sinn des Reichardtschen NapoleonBuches und der folgenden Brentanoschen Verse intendiert: Der republikanische Hoffnungsträger Napoleon, der in die alten Verhältnisse heilsam eingegriffen hat (wie ein Star-Operateur), wandelte sich mit der Proklamation zum Kaiser zu einem Machthaber, der es darauf abgesehen hat, seinen Schnitt zu machen. (Der medizinische Kaiserschnitt soll auf die Geburt von Julius Cäsar zurückzuführen sein.) 66–67 cio e veramente la fisionomia di buona parte] Das ist wirklich die Physiognomie des guten Teils (Bonapartes). 69 der Grassini zuschreiben können] Anspielung darauf, daß die Sängerin Giuseppina Grassini, von der Arnim Brentano im Frühjahr 1804 aus London berichtet hatte, zuvor Mätresse Napoleons war, wie Arnim ebenfalls geschrieben hatte. Vgl. WAA XXXI, Nr. 336.K1,83–87 und Erl. 82–83 Bartholdyschen Buhltänzerinnen 〈...〉 in Berlin gesehen] Vgl. Nr. 362,146–164 und Erl.
553
Zu Nr. 365
84 Streber nach dem Polarstern] Anspielung auf den 1803 gegründeten Nordsternbund, »eine Gesellschaft s e h r junger Dichter, eine literarische Bohe`me des damaligen Berlin« (Müller-Jabusch 1921, S. 159), die den Polarstern zum symbolischen Zeichen ihres gemeinsamen literarischen Strebens gewählt hatte. Den »engsten Kreis« (ebd., S. 160) bildeten Karl August Varnhagen von Ense, Adelbert von Chamisso und Wilhelm Neumann. 85–86 nach Schlegelsch Ideen] Die Mitglieder des Bundes waren vor allem von den Berliner Vorlesungen August Wilhelm Schlegels über romantische Poesie beeinflußt, die sie im Winter 1803/04 gehört hatten. (Vgl. Feudel 1988, S. 32–34.) 90 indisch] Anspielung auf die auf indische Dichtung und Mythologie gerichteten Tendenzen der deutschen Romantik um und nach 1800, die besonders durch Veröffentlichungen Friedrich Majers repräsentiert wurden und bald in Friedrich Schlegels Über die Sprache und Weisheit der Indier (1808) einen Höhepunkt erreichten. 92 Lacrimas] Lacrimas (Lacrima: Träne) war der Titel des ersten, von A. W. Schlegel herausgegebenen, anonym erschienenen Dramas (1803) von Christian Wilhelm von Schütz, genannt Schütz-Lacrimas. 93 deine fette Ostfriesländerin] Vgl. Nr. 362,59–62, wonach sie allerdings aus dem Braunschweigischen stammte. Brentano hat ihre Herkunft vmtl. wegen der ihr von Arnim zugeschriebenen Fischartigkeit an die Nordseeküste versetzt. 93 deine Bordel Scene] Vgl. Nr. 362,147–164. 94–96 Den 11 Merz 〈...〉 Verkauf der Börnerschen Bibliothek 〈...〉 enorm dicker Catalog] Der Jurist Georg Gottlieb Börner war 1804 in Leipzig gestorben. Vgl. Bibliotheca Boerneriana. Verzeichniß der von Herrn D.
George Gottl Börner Churf. Sächß. Appellations-Rath, des Consistoriums, und des Schöppenstuhls Beysitzer und Proconsul, hinterlassenen Büchersammlung welche nebst einem Anhange von Büchern aus allen Wissenschaften, den 11. März und folgende Tage im rothen Collegio öffentlich versteigert werden soll (Leipzig 1805). Das Verzeichnis besteht aus einem Hauptteil von 349 S. mit 6979 Positionen und einem kaum weniger umfangreichen Anhang von 364 S. mit 6406 Positionen. 96–98 in Berlin nimmt Commission an 〈...〉 Candidat Bakofen 〈...〉 auf dem Werder] Nach der Mitteilung in Bibliotheca Boerneriana, Rückseite des Titelblatts, unpag.: In Berlin nimmt Commission an H. Cand. Backofen in der alten Leipziger Straße auf dem Werder. Der Kommissionär konnte nicht identifiziert werden. 98–99 pag 42 n0 63 das Heldenbuch] A.a.O.: 63. Heldenbuch in Versen, m. Holzschn. Frf. 590. Schwldrb. – Die Sammlung frühneuhochdeutscher
554
Zu Nr. 365
Umarbeitungen mittelhochdeutscher Epen wurde erstmals um 1490, bis 1590 mehrfach gedruckt. 103 die Scriptores rerum germanicarum] Nach der Überschrift VII. Abth.
Sammlung von Schriften, Urkunden und anderer Denkmäler, besonders in Deutschland. 103–104 der Schardius] A.a.O.: 11–13 Historicum opus, contin. scriptores rer. German. S. Schardio autore. IV Tomi. Bas. 574. Voll. III. Pgb. Vgl. zu Z. 26–27. 105 Schilters Thesaurus] A.a.O.:
Schilteri thesaurus antiquitat. Teutonicar. exhibens monumenta varia, c. not. Scherzii. III Tomi. Ulm 727. 28 Pgb. – Johann Schilter, Thesaurus antiquitatum Teutonicarum ecclesiasticarum, civilium, litterariarum. Hg. von Johann Christian Simonis, Johann Georg Scherz, Johann Frick. 3 Bde. Ulm 1727–1728. 106–107 der Theuerdanck und der Weiskönig] A.a.O.:
4751 Die Feuerlichkeiten u. Gesch. d. Helds Theuerdanks, v. M. Pfinzing. m. Holzschn. Nürnb. gedr. d. Hansen Schönsperger. 517. Pgb. – 53 Marx Treutzsauerweins der weisse Kunig eine Erzähl. v. d. Thaten Kays. Maximilians I. m. viel Holzschn. Wien 775. hPgb. – Kaiser Maximilian I., Die Geverlicheiten und einstheils die Geschichten des loblichen streytparen und hoch berümbten Helds und Ritters Herr Tewrdannckhs. Nürnberg 1517; ders., Der Weisskunig. Hg. von Anton Felix Franz Hofstätter. Wien 1775. Unter Leitung von Maximilian I. zum Ruhm des Kaisers verfaßte Dichtungen: Der Theuerdank, ein Ritterroman in Reimpaarversen, wurde vor allem erstellt von den Hofliteraten und Geheimschreibern Marx Treitzsauerwein, Sigmund von Dietrichstein und Melchior Pfinzing, der die Schlußredaktion besorgte und unter dessen Namen der Erstdruck 1517 in Augsburg bei Hans Schönsperger erschien. Der Weißkunig, eine Prosahistorie über Maximilians Vater Kaiser Friedrich III. und den jungen Maximilian selbst, wurde von Marx Treitzsauerwein aufgrund älterer Entwürfe mehrerer Bearbeiter 1514 zusammengestellt und erstmals 1775 nach der in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien verwahrten Handschrift von Hofstätter mit 237 Holzschnitten Hans Burgkmairs d. Ä. herausgegeben. 107 Fuggers Ehrenspiegel] A.a.O.: J. J. Fuggers Spiegel d. Ehren d.
Erzhauses Oesterreich, verbess. durch Sigm. Birken, m. K. Nürnb. 663. Pgb. – Spiegel der Ehren des Höchstlöblichsten Kayser- und Königlichen Erzhauses Oesterreich 〈...〉 Erstlich vor mehr als C Jahren verfasset, durch den Wohlgebornen Herrn Herrn Johann Jacob Fugger 〈...〉. Bearbeitet von Siegmund von Birken. Nürnberg 1668. 555
Zu Nr. 365
108 Kronecke der Sassen] A.a.O.: M. Dressers Sächsisch Chronicon, m. Holzschn. Wittenb. 596. hFrzb. – Sächsisch Chronicon. Darinnen ordentl. begriffen d. fürnemsten u. denckwirdigsten Sachen, so von Anbegin d. Welt sich begeben, allermeist aber die in d. Röm. Reiche u. Sachsen 〈...〉 vorgelauffen 〈...〉 auffs newe zugerichtet, gebessert u. 〈...〉 continuirt 〈...〉 durch Mattheum Dreßerum. Wittenberg 1596. Der Verfasser des von Matthäus Dresser herausgegebenen Werks war der Chronist und Goldschmied Conrad Bote. 109–114 Leibnitz scriptoribus 〈...〉 5525–27.] A.a.O.: Gfr. Guil. Leibnitii
scriptores rer. Brunsvicens. acc. Heineccii synt. de sigilles III Tomi. Hanov. 707–11. Voll. III. Pgb. – Gottfried Wilhelm Leibniz, Scriptores rervm Brvnsvicensivm illustrationi inservientis, antiqui omnes et religionis reformatione priores: quibus res Brunsvigo-Luneburgensium et vicinarum regionum, episcopatuum, urbium, monasteriorum, principum et hominum illustrium, nonnulla etiam estensia; leges item complures antiquae saxonum inferiorum, et monumenta historica ipsa eorum dialecto exhibentur. 〈...〉 3 Bde. Hannover 1707–1711. 115 Stumpf] A.a.O.: J. Stumpfens gemein. löbl. Eidgenossenschaft stett. Länd. u. Völk. chronikwürd. Thaten Beschr. m. Holzschn. Zürich 548. Ldrb. – Johannes Stumpf, Gemeiner loblicher Eydgnoschafft Stetten, Landen vnd Voelckeren Chronick wirdiger thaaten beschreybung. Hierin[n] wirt auch die gelegenheit der gantzen Europe, Jtem ein kurtzuergriffne Chronica Germanie oder Teütschlands, 〈...〉 fürgestellt 〈...〉 Durch Johann Stumpffen beschriben, vnd in XIII. bücher abgeteilt. Zürich 1548. 115 Tschudi] A.a.O.: Aeg. Tschudii chronicon Helveticum, nebst. Reg. von J. R. Iselin. II Theile. Bas. 734–36. Voll. II Pgb. – Aegidius Tschudi, Chronicon Helveticum. Oder Gründliche Beschreibung der So wohl in dem Heil. Römischen Reich als besonders in Einer Lobl. Eydgenoßschafft und angräntzenden Orten vorgeloffenen Merckwürdigsten Begegnussen. Hg. von Johann Rudolf Iselin. 2 Bde. Basel 1734–1736. 117–119 Bokkatz centum novellae eine alte übersetzung angebunden. 2) Pauli das Buch Schimpf und ernst] A.a.O.: Boccaty Centum Novellae. Straßb. 535. m. Holzschn. b) Pauli J. das Buch Schimpf u. Ernst genannt, Strßb. 533. m. Holzschn. c) Weyl N. v. Translation od. Deutschung, Augsp. 536. R. u. E. – Centum Novella Johannis Boccatij. Hundert neuwer historien, welche eyn erbar geselschafft, von dreien männern, und sieben weibern 〈...〉 zusamen geredt 〈...〉 kurtzweilig zu lesen. Straßburg 1535; Johannes Pauli, Schimpf vn Ernst heiset das buoch 556
Zu Nr. 365
mit name durchlaufft es d〈er〉 welt handlung mit ernstlichen vnd kurtzweiligen exemplen parabolen vnd hystorien nützlich vnd gut zuo besserung der Menschen. Straßburg 1522; Niclas von Wyle, Translation oder Deütschungen des hochgeachten Nicolai von Weil, denzeiten Statschreiber der Statt Eßlingen, etlicher Bücher Enee Siluij, Pogij Florentini, Doctoris Felicis Hemerlin. Mit sampt anderen schrifften, deren achtzehen nach einander vnderschydlichen mit iren fyguren vnd titlen, in disem buch begriffen sind. Augsburg 1536. 121–122 Petri de Dusburg chronicon Prussiae mit zwei 〈...〉 intressanten 40.] A.a.O.: Petri de Dusburg chronicon Prussiae; c. Anonym. cujusd. continuat. aliisque antiquitatibus Prussicis. Cph. Hartknoch recens. et. notis illustrav. Frf. et Lips. 679. – b) Chronica Helmoldi et Arnoldi, recens. et not. illustrav. Hnr. Bangertus. Lubc. 659. – c) Trogilli Arnkiel güldenes Tundernsches Horn. Kiel, 683. Pgb. – Petrus de Dusburg, Chronicon Prussiae, in quo ordinis Teutonici origo, nec non res ab eiusdem ordinis magistris ab an. 1226 usque ad an. 1326 in Prussia gestae exponuntur, cum incerti auctoris continuatione usque ad annum 1435. 〈...〉 item dissertationes 19. Antiquitates Prussicas complexa auctore et coll. Christophoro Hartknoch. Frankfurt/M.-Leipzig 1679; Chronica Slavorum Helmoldi presbyteri Bosoviensis et Arnoldi abbatis Lubecensis: In quibus res Slavicae et Saxonicae fere a tempore Caroli Magni usque ad Ottonem IV. seu ad ann. Ch. MCCIX exponuntur Henricus Bangertus ex mss. codicibus recensuit et notis illustravit. Lübeck 1659. (Enthält 1.: Helmoldus »Bosoviensis«: Chronica Slavorum. 2.: Arnoldus »Lubecensis«: Chronica Slavorum); Trogillus Arnkiel, Gülden-Horn, 1638 bey Tundern gefunden, aus dem darunter verborgenem Heidenthumb unserer Vorfahren cimbrischer Nation, als eine denckwürdige Antiquität, und höher als Gold geschätztes Monument ihrer Heidnischen Abgöttereien erklärt, und wieder die anderswoher gesuchte Erklärunge verthädiget, allen Antiquität-liebenden zur Nachricht. Kiel 1683. 124 commitiren] beauftragen. 125–126 Proclamator Weigel 〈...〉 Freund Savignys] Johann August Gottlieb Weigel, der 1795 in Leipzig eine bedeutende antiquarische Buchhandlung gegründet hatte, war mit Savigny seit dessen sächsischer Studienreise 1799/1800 bekannt. (Vgl. Stoll 1927, S. 128, 131.) 128–129 Collnische Chronik] Die Cronica van der hilliger stat van Coellen (Köln 1494) eines unbekannten Verfassers, Quelle einer Episode in Brentanos Romanze Aus Köllen war ein Edelknecht (vgl. zu WAA XXXI, Nr. 279,195).
557
Zu Nr. 365
130–131 die älteste 〈...〉 Legenda historia lombardica] Des Dominikaners Jacobus de Voragine Legenda aurea seu historia lombardica ist in mehreren frühen Drucken nachweisbar, der früheste Ulm 1472; nicht in der ArnimBibl. 132 deine englischen Bücher] Vgl. Nr. 361,7–8 und Erl. 133 Konig Parismus] Emanuel Ford, Parismus, the renoumed prince of
Bohemia. His most famous, delectable, and pleasant historie. Conteining his noble battailes fought against the Persians. His loue to Laurana, the kings daugther of Thessaly, and his traunge aduentures in the desolate iland. With the miseries and miserable imprisonment, Laurana endured in the iland of rockes. And a description of the chiualrie of the Phrygian knight, Pollipus: and his constant loue to Violetta (London 1598). Populärer, im 17. Jh. mehrfach nachgedruckter englischer Abenteuerroman über die Kämpfe und Liebesgeschichten des fiktiven böhmischen Prinzen Parismus, fortgesetzt mit The second part of the most famous,
delectable, and pleasant historie of Parismus, the renowned prince of Bohemia, the aduenturous trauels and noble chiualrie of Parismenos, the Knight of Fame, in diuers countries (London 1599). Nicht in der Arnim-Bibl. 136–137 die Rose ist recht artig componirt] Vgl. Nr. 362,29–33 und Erl. 142 »Kennst du das Land«] Lied Mignons in Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre, dessen Erstausgabe (1795/96) mit acht Gedichtvertonungen Reichardts erschienen war. 143–152 Ich habe die Rose 〈...〉 noch von Winkelmann für einen Allmanach 〈...〉, aus dem nichts geworden ist.] Vmtl. im Frühsommer 1800 für eine von Brentano mit Sophie Mereau und Winkelmann betriebene literarische Anthologie, die Ostern 1801 erscheinen sollte. (Vgl. DjB Nr. 301.) Das damalige Projekt wurde vmtl. deshalb nicht verwirklicht, weil es im August 1800 zum Zerwürfnis zwischen Brentano und Sophie Mereau kam. Eine weitere Bearbeitung des Weiseschen Gedichts in Brentanos Brief an Johanna Kraus von vmtl. Ende September 1802: Die Roße Blüht, ich bin die fromme Biene (DjB Nr. 684). 147 Die von dir komponirten Lieder] Die von Reichardt komponierten Arnimschen Lieder. Vgl. Nr. 362,29–33 und Erl. 149–151 ob er nicht auch fremde Musick 〈...〉 einige meiner Lieder senden] Arnim richtete Brentanos Wunsch nicht an Reichardt aus, wie er im Antwortbrief (Nr. 366,144–145) mitteilte. 152–155 Alle Worte, welche Tieck in Erlangen 〈...〉 bei Lepique 〈...〉 geschrieben] Ludwig Tieck hatte im Juni und Juli 1803 mit seinem Schulfreund
558
Zu Nr. 365
und Gönner Wilhelm von Burgsdorff Süddeutschland bereist und in Erlangen mit Johann Philipp Le Pique gesprochen, der seinem Heidelberger Bekannten Karl Philipp Kayser darüber berichtete. 156 Antifaust] Fragment Tiecks, aus dem Nachlaß veröffentlicht: Anti-Faust oder Geschichte eines dummen Teufels (Tieck 1855, Bd. I, S. 127–159). 158 die Eugenie schlecht zu machen] Tieck favorisierte den jungen Goethe und kritisierte den klassischen und späten. An der Natürlichen Tochter (1803 als Eugenie aufgeführt) störte ihn, wie er 1828 in seiner Studie Goethe und seine Zeit zusammenfaßte, daß das Drama zu sehr berechnet, so allgemein
gehalten und mit großer Anstrengung zu bewußtvoll geschrieben ist (Mandelkow 1975, S. 410). Vgl. DjB Nr. 1047 und Nr. 1334 mit Erl. sowie Friedrich Creuzer an die Günderrode aus Heidelberg, 5. Januar 1805, über Brentanos Mitteilungen von Äußerungen Tiecks in Ziebingen: Tiek schilt Göthen einen
kalten Menschen und bewundert nur dessen Faust. Die Eugenie verwünscht er. (Preisendanz 1912, S. 53.) Bereits am 16. Dezember 1803 hatte Tieck an Friedrich Schlegel geschrieben: Wenn die E u g e n i e zu den Fortschritten unsrer Zeit gehört, so soll man auch nicht unbillig dazu rechnen, daß ich mich jezt selbst rasire (Lohner 1972, S. 146). 158–159 wer eine Faust im Spiel hat] Goethes Faust. Ein Fragment war 1790 erschienen, Faust I kam 1808 heraus. 161–168 Ich habe die bekannten Romanzen 〈...〉 des heiligen Rosenkranzes.] Brentano hatte seine Romanzen vom Rosenkranz 1803 begonnen (vgl. Nr. 303,25–27 und Erl.) und dann bis zur Heidelberger Zeit nicht weitergeführt. Die Briefstelle »muß wohl so gedeutet werden, daß zu diesem Zeitpunkt die zusammen auf zwei Papierbögen überlieferten Romanzenentwürfe I, II und III neu entstanden waren, während weitere drei bereits seit längerem vorlagen, und zwar spätestens seit der Zeit von Brentanos Besuch bei Arnim in Berlin im Herbst 1804. Es muß sich dabei um die ersten Entwürfe zu den Romanzen IV, V und VI handeln. 〈...〉 Nach diesem Brief, der noch von einem Umfang von zwölf Romanzen ausgeht, dürften die Notizen zu den ersten Romanzen zu dem Werk niedergeschrieben worden sein, die eine Disposition der ersten zwölf Romanzen sowie Stichpunkte zum weiteren Verlauf der Handlung enthalten. Vermutlich sind auch der erste Entwurf der zehnten Romanze sowie der Entwurf der sechsten Romanze noch in dieser Entstehungsphase in Heidelberg entstanden.« (Pravida in FBA X/1, S. 13.) Von der Wiederaufnahme der Arbeit berichtete auch Friedrich Creuzer der Günderrode am 7. Februar 1805: Clemens 〈...〉 fängt seit einigen Wochen wieder an zu dichten. Sie
kennen die Romanzen, dazu hat er wieder einige neue, und zwar sehr schöne gemacht, wodurch das Ganze einen andern Sinn gewinnt. Er ist 559
Zu Nr. 365
willens den ganzen Cyclus von Romanzen, deren etwa 12 werden dörften, in einem besondern Bändchen zusammen herauszugeben. (Preisendanz 1912, S. 62.) Zu einer Herausgabe durch Brentano ist es nicht gekommen. Die Romanzen vom Rosenkranz blieben Fragment und wurden erst aus dem Nachlaß veröffentlicht. 168–169 Die Musikanten 〈...〉 in Mannheim wieder gegeben] Brentanos am 1. Januar 1804 in Mannheim unter dem Titel Das neue Jahr in Famagusta oder die lustigen Musikanten uraufgeführtes Lustspiel (vgl. Fambach 1980, S. 29) wurde dort 1805 nicht wiederholt (vgl. ebd., S. 36–44). Jedoch kam es am 1. Januar 1807 zu einer zweiten Aufführung unter dem Titel Das Neue Jahr in Famagusta. (Vgl. ebd., S. 52; Theaterzettel im Reiß-EngelhornMuseum Mannheim.) 169–170 eine kleine Oper zur Vermählung des Kurprinz von Baden mit der Baierschen Prinzessin] Nicht ausgeführtes Projekt, weil es 1805 nicht zur Heirat des Kurprinzen K a r l Ludwig Friedrich von Baden mit der Prinzessin A u g u s t e Amalie von Bayern kam, da Napoleon eigene Absichten verfolgte. Die bayerische Prinzessin wurde am 14. Januar 1806 mit dem von Napoleon adoptierten und zum Vizekönig von Italien erhobenen Eugen Beauharnais verheiratet, der badische Kurprinz mußte am 8. April 1806 S t e´ p h a n i e Louise Adrienne Beauharnais, die von Napoleon zuvor adoptierte Nichte seiner Frau, ehelichen. (Vgl. Sauer 1987.) 172–175 Ich habe dir und Reichard 〈...〉 Volksliederbuch 〈...〉 Mildheimische Lieder buch unnötig mache] Programmentwurf der Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn, in den von seiten Brentanos Reichardt als Mitherausgeber einbezogen war, was Arnim im Antwortbrief ablehnte. Der am Schluß des ersten Wunderhorn-Bandes erschienene Aufsatz Von Volksliedern ist jedoch An Herrn Kapellmeister Reichardt gerichtet. Mit dem Programmentwurf des Wunderhorns war das erstmals im Brief Brentanos vom 30. April 1803 (WAA XXXI, Nr. 295,384–399) formulierte Projekt der Lieder der Liederbrüder, also der gemeinsamen Herausgabe von Gedichten bzw. Liedern Arnims und Brentanos, nicht aufgegeben. Es wurde daneben weiterbetrieben, wie bereits aus Arnims Antwortbrief hervorgeht, in dem er auf beide Vorhaben nacheinander eingeht. Allerdings wurde an den Liedern der Liederbrüder offensichtlich mit wesentlich geringerer Energie als am Wunderhorn gearbeitet. Doch erwog Arnim noch Ende Mai/Anfang Juni 1806, Gedichte des verstorbenen Winkelmann in die Lieder der Liederbrüder aufzunehmen (vgl. Nr. 455,55–86). Der Wunderhorn-Programmentwurf erfolgte im engen Zusammenhang mit der Abstoßung von dem dominierenden Liederbuch der Spätaufklärung, das Rudolf
560
Zu Nr. 365
Zacharias Becker in volkspädagogischer Absicht herausgegeben und nach vielerlei Gelegenheiten zum Singen geordnet hatte, nur nicht nach solchen, die sozialkritische Haltungen ermöglichen konnten. Es zeigt schon im gespreizten Titel die Bemühtheit seines Inhalts an, wurde aber durch das Wunderhorn keineswegs unnötig gemacht: Mildheimisches Lieder-Buch von 518 lu-
stigen und ernsthaften Gesängen über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann. Gesammelt für Freunde erlaubter Fröhlichkeit und ächter Tugend, die den Kopf nicht hängt (Gotha 1799, 21800, 31801, 41806, 51808, 61810). Neue vermehrte und verbesserte Ausgabe Gotha 1815 (21822, 31833, 41837). (Vgl. Häntzschel 1971.) Mildheim ist ein fiktiver Musterort, den Becker bereits in seinem Noth- und Hülfsbüchlein oder lehrreiche Freuden- und Trauergeschichte der Einwohner zu Mildheim (2 Bde., 1787–1798) popularisiert hatte. 174 gemeine] Drückt eigentlich den Begriff der Menge aus, aber mit
mancherley Einschränkungen und Nebenbegriffen, vor allem mit dem Nebenbegriffe des Mittelmäßigen oder Schlechten (Adelung II, Sp. 548). 187–188 Otmars Volksagen] Nachtigals Volcks-Sagen. Vgl. Nr. 362,83–84 und Erl. 190–191
Welchen Aufsatz 〈...〉 wo kommt er hin] Der Aufsatz Von Volksliedern. Vgl. Nr. 362,86 und Erl. 192 Dein Brief an Sophie] Nr. 360. 195–196 den Reihn wiedersehn] Nach der gemeinsamen Rheinreise im Juni
1802. 198–200 Wittich vom Jordan und der Herzog Ernst 〈...〉 in Gotha kopirt 〈...〉 auch die besten, der übrigen Heldengedichte] Die Anfertigung der Kopien geht auf Brentanos Gotha-Aufenthalte von Anfang November und Ende Dezember 1804 zurück. Bereits bei seinem ersten Aufenthalt hatte er für seine Frau das Spruchgedicht Salomon und Markolf kopieren lassen. (Vgl. DjB Nr. 1017 und Erl.) Nun wurde erstens die Handschrift Hertzog Beliand oder Herr Wittig von dem Jordann (FB Gotha, Chart. B 56, 119 Bll.) abgeschrieben. Brentano erhielt die Abschrift Anfang April 1805, wie aus Geißlers Brief an ihn vom 1. April (DjB Nr. 1058) geschlossen werden kann. Sie ist im Versteigerungskatalog der Brentanoschen Bibliothek aus dem Jahr 1819 verzeichnet: Herzog Beliand od. Herr Wittich v. d. Jordan. Reinliche Abschrift d. Gothaischen Mscpts. dieses Rittergedichts 4to. (Kat. Brentano 1974, S. 26, Nr. 28.) Wittich vom Jordan ist der Name des Helden in der mhd. Versnovelle Die Heidin, in der ein christlicher Ritter die Minne einer Heidenkönigin zu gewinnen sucht. Über-
561
Zu Nr. 365
liefert sind vier Bearbeitungen, die alle auf die erste (Heidin I) zurückgehen. Die Gothaer Handschrift ist die Fassung III (Ende 13. Jh.): die umfangreichste Version, die sich »durch breite Beschreibungen von Personen, Konfliktsituationen und Kämpfen« sowie »Hinzufügungen weiterer Episoden zu teilweise romanhafter Aufschwellung« auszeichnet (Stammler/Langosch 1981, Sp. 614). Zweitens wurde die Gothaer Handschrift des Spielmannsepos Herzog Ernst abgeschrieben. Diese Handschrift ist die Fassung D (Beginn des 15. Jhs.; Chart. B 48, 135 Bll.). Sie umfaßt die Empörung Ernsts gegen den Kaiser (erster Teil) sowie phantastische Elemente und Orientabenteuer (zweiter Teil) und gilt wegen ihrer »Vorliebe für die Darstellung ritterlicher Feste (z.B. 391–410), besonderer aventiure-Taten und geographischer Merkwürdigkeiten (z.B. 2165–2193) als die ›höfischste‹ Bearbeitung der alten Empörergeschichte« (Stammler/Langosch 1981, Sp. 1182). Welche Abschriften von Heldengedichten Brentano noch aus Gotha erhielt, ist nicht bekannt. Vgl. Geißler an Brentano, 1. April 1805 (DjB Nr. 1058 und Erl.). 202–203 In Betinen gehen 〈...〉 wunderbare Dinge vor 〈...〉 sie studirt Philosophie] Vgl. Arnims Antwort (Nr. 366,86–102) sowie Bettina an Savigny, etwa 25. Januar 1805: ich muß Dir doch noch sagen daß ich einen harten
Kampf zu bestehen hatte, daß ungefehr 3 wochen lang sehr krank war und dabey sehr Melancolisch war, es war mir immer als müste ich bald Sterben erst vor wenig Tagen hat sich all dieses gelöst und ich gla〈ube, we〉nn Güntherödgen nicht gewesen wäre, die sich um mich bekümmert w〈ie um〉 ein einziges Kleinod, ich wäre wirklich Capores. (BvA/WuB IV, S. 19.) In dem Buch Die Günderode schreibt die Jugendfreundin an Bettine, ihr sei berichtet worden, diese habe aus überreiztem Widerwillen gegen die Philosophie starkes Erbrechen gehabt, daraus sich ein galliges Nervenfieber gebildet habe (BvA/WuB I, S. 362). Noch am 24. November 1838 erinnerte sich Bettina in einem Brief an Hermann Karl von Leonhardi: als mich in meiner Jugend die Günderode mit Schellings Wer-
ken bekannt machte und in Philosophie unterrichten wollte bekam ich ein nerveuses Gallenfieber aus geheimem Schauder davor und war dem Tod ganz nah dessen Ursache sich in meinen Fieberphantasien genugsam ergab. (Härtl 1992, S. 10.) 205–207 der alte Schwab 〈...〉 sein Bruder gestorben] Georg Joseph Anton Schwaab, der von Brentano verehrte Buchhalter im Frankfurter BrentanoHaus, stammte aus Miltenberg am Main, wo am 17. November 1804 sein Bruder Franz gestorben war, dessen Handlung er übernahm. (Vgl. Schellberg/Fuchs 1939, S. 552.)
562
Zu Nr. 366
216–217 Die von dem † Bode herausgekommen Burlesken 〈...〉 allerliebst] Von dem 1804 jung verstorbenen August Bode war in der Junius’schen Buchhandlung in Leipzig Ende 1803 ein Bändchen Burlesken erschienen. Es enthält sechs dramatische Spiele: Der Hauptmann Copernikus, Das unterbrochne Opferfest, Der verliebte Don Quichote, Däumling, Die Erfindung der Kunst und Das Concert, dazu vier kolorierte Karikaturen. Die dramenästhetischen Ansichten Bodes kommen vor allem in der Vorrede zum Ausdruck. Sie konvergieren mit der Lustspielkonzeption Brentanos und stehen in der Tradition der Schlegel/Tieckschen Innovationen. Bode betont den privaten und Stegreifcharakter seiner dramatischen Spiele, die vor mehreren Jahren für einen fröhlichen Zirkel geschrieben worden seien (S. III), eine Gattung des Barocken bildeten (S. IV) und beweglichen Caricaturbildern verglichen werden könnten (S. V). Ansatzweise skizziert er Merkmale eines Burleskentheaters: Es wäre vielleicht nicht überflüßig, einmal die Idee eines Burles-
kentheaters weiter auszubilden, und das Gebiet seiner Gattung näher zu bestimmen; einer Bühne, die berechnet wäre, durch Auffassung des rein Komischen allein, dem sich bis zu einer gewissen Tiefe folgen ließe, durch Aufstellung greller Bilder, abentheuerlicher, bis an’s Gebiet des Ungescheuten streifender, Vorstellungen zu wirken, einer Bühne, auf der recht eigentlich das Tolle einheimisch, alles Vernünftige geächtet wäre; wo der Effect als letzter Zweck angenommen werden könnte, ohne daß man damit die Sünde so vieler unsrer ernsteren Bühnen theilte. (S. VIII.) Die Vorrede ist Lauchstädt, im August 1803 datiert (S. X). Brentano, der im Juli 1803 in Lauchstädt war, wird Bode persönlich gekannt haben, wohl schon von Weimar her, wo Bode seit 1801 als vielseitiger Schriftsteller lebte, vor allem als Übersetzer französischer Dramen und Herausgeber der auf Übersetzungen spezialisierten Zeitschrift Polychorda (Penig 1803–1805).
366.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, vmtl. 26./27. Februar 1805, Dienstag/Mittwoch
DV: H. B: Nr. 365. A: Nr. 368. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 41r–45r. − 1 Dbl. ca 230 x 189 mm + 1 Bl. ca. 230 x 189 mm + 1 Dbl. (2 auseinandergeschnittene Dbl.-Hälften) je ca. 232 x 194 mm; 1r–5r 9 beschr. S.; Faltung nicht erkennbar. − WZ: Nicht identifiziert. (Im aufgeklebten Falz.)
563
Zu Nr. 366
Fremdeinträge: 1r aoRl: 466, aoRr Steig: 1805. [27.2.] 3r aoRl: 466, aoRr Steig: 1805., alR nicht Steig: Gibichenstein 4r aoRl: 467, aoRm Steig: Kann ganz wegbleiben Anfang 1805. etwa im April., aoRr: 44 5r aoRl: 467, aoRm Steig: z. 1805: 45 4v Z. 200 Fr. Tieck mit Rötel unterstrichen im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Vgl: Kat. Rother 1989, Nr. 22 und 23 (als getrennte Briefe mit Vermutung der Zusammengehörigkeit); Schlechter 2006, S. 119 (Teilfaksimile). Datierung: Der Brief ist zwar von Arnim d. 27 Feb 1805 datiert (Z. 77), jedoch nicht am Anfang, sondern nach Erhalt des Bezugsbriefes. Begonnen wurde er jedoch früher, vmtl. einen Tag zuvor. D1: Steig 1894, S.132–135 (TD); datiert: 27. Februar 1805. D2: Steig 1913, S. 10f. (TD). D3: Henrici 149, S. 66, Nr. 4 und 5 (TD, kurzer Auszug); datiert: Februar und etwa April 1805. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 264–271 (Nr. 52); datiert: 27. Februar 1805.
Varianten 4 Marburg 1781] üdZ eing. 6 ist] danach gestr. sehr 10 1.] die Str. 35 gekommen] g aus 〈x〉 37 gelassen. Ein] dreisp. nebeneinander aus gelassen, ein 38 Hoffnung] danach gestr. und sie auf 47 mir] r aus 〈s..〉 49 Huld] ul aus em 53 1655] 6 aus 7 63 1.] Str. zweisp. nebeneinander 75 gesitt] tt aus 〈xx〉 82 Tieks] s aus 〈x〉 85 hast] 89 Dich] D aus 〈x〉 94 seht] aus 〈xxx〉 95 er] über ha aus ma 99 daß sie] s aus S 111 Du] D aus 〈x〉 113 Frischlin] gestr. ihr üdZ eing. 116 Bühne,] danach gestr. die ers 117 Sonnenflecken] über dick gestr. 〈xxx〉 118 durchschattet] schattet aus 〈xxx〉 121 Darstellenden] D aus d 128 möchte] mö aus wü 131 und 137 dem] m aus n 137 der Art] üdZ drucken lassen] üdZ eing. 138 mir] üdZ eing. 142 Dazu] zu aus rum 144 alle] aus eing. 〈xxx〉 144–146 und des wegen 〈...〉 auf] üdZ eing. 148 in deinem 148 Du] D aus 〈x〉 150 geschehen muß] lezten Briefe] üdZ eing. hen muß aus hat, 〈xxx〉 152 für ein] e aus s 156–157 Sehe sie 〈...〉 überzeugen] üdZ eing. 158 mancher] cher aus 〈xxx〉 159 meine] aus sein 159 Lieder] üdZ eing. 163 Lieder] üdZ eing. 168 Heideday] zweites e aus d 177 Fremd∧artiges] F aus f 180 wackle er] ckle er aus 〈xxx〉 182 (der Direktor)] üdZ eing. 185 Umschwüngen] üngen aus ung 186 mit] aus 〈xxx〉 197 voll] v aus 〈x〉 202 Bestimmt-
564
Zu Nr. 366
heit] B aus 〈x〉 Schluß-en gestr. 220 zwey] danach
204 so spricht 〈...〉 gut] üdZ eing. 218 anhört] t aus 〈x〉 220 gestr. Juch
215 Wort] aus 〈xxx〉
Bis]
Erläuterungen
Sammlung deutscher Volkslieder 〈...〉 1781] Anselm Elwert, Ungedrukte Reste alten Gesangs nebst Stücken neurer Dichtkunst. GießenMarburg 1784, eine der wichtigsten Quellen für den ersten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 732f.) Arnims Exemplar ist mit Notizen 3–4
von seiner Hand überliefert (Arnim-Bibl. B 1220). 4–5 Und wenn zwey Liebercher scheiden] Aus
Ein Volkslied: Und wenn zwei Lieberger scheiden / Reichen sie einander die Händ. (Elwert 1784, S. 34f.) Im Wunderhorn verändert u. d. T. Müllers Abschied (FBA VI,
S. 96f.). Eines der verbreitetesten Volkslieder, das Arnim und Brentano schon früher kannten. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 225–229.) 5–6 das Lied vom venedischen Glase 〈...〉 bey Herder] Das Lied vom jungen Knaben mit dem Incipit Zu Koblenz auf der Brücken und der Vorbemerkung Siehe Herders Volkslieder I. Th S. 15. der Verschiedenheit wegen hier eingerükt (Elwert 1784, S. 51). Unter dem Titel Das Lied vom jungen Grafen mit dem Incipit Ich steh auf einem hohen Berg an erster Stelle des ersten Bandes der von Herder 1778/79 publizierten Volkslieder (Suphan 1877–1913, Bd. XXV, S. 133f.). Von Arnim als Lied vom venedischen Glase bezeichnet, weil der Knabe seinem Mädchen, bevor es ins Kloster geht, aus einem solchen Glas, das den Trank vergiftet, zu trinken gebietet. Im ersten Band des Wunderhorns verändert u. d. T. Das römische Glas, jedoch nicht nach Elwert und Herder (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 442–445). 7 Stand ich auf hohen Bergen in Bragur] Stund ich auf hohen Bergen in Bragur 1791–1812, Bd. I, S. 264–271. Die Zeitschrift Bragur war eine wichtige Quelle des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 726f., 809f.) 8–9 Gassenhauer, Reuter und Bergliedlein 〈...〉 1571] Henrich Knaust,
Gassenhawer / Reuter vnd Bergliedlin / Christlich / moraliter, vnnd sittlich verendert / da mit die böse ergerliche weiß / vnnütze vnd schampare Liedlin / auff den Gassen / Felde / Häussern / vnnd anderßwo / zu singen / mit der zeit abgehen möchte / wann mann Christliche / güte nütze Texte vnd wort darunder haben köndte. Frankfurt/M. 1571. (Nicht in der Arnim-Bibl.) Das Buch war Quelle für vier
Wunderhorn-Lieder.
(Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 743.)
565
Zu Nr. 366
11 Der Gukuk mit sein Schreien] Wesentlich veränderte Wiedergabe der Str. 2, 3 und 5 des bei Knaust siebenstrophigen Hertzlich thut mich erfrewen / Christlich vnd moraliter verendert, das vollständig lautet (a.a.O, S. 32–34):
Hertzlich thut mich erfrewen / die liebe sommer zeit / all mein geblüt vernewe / der May vil wollust geit / mit feinem hellen schall / lieblich die vögel singen / vorauß die nachtigall. Der guckuk mit seim schreien / macht frölich jederman / des abends frölich reien / die Meidlin wolgethan / spatziren zu den brunnen / pflegt mann zu diser zeit / all welt sucht freud vnd wunne / mit reisen fern vnd weit. Es grunet in den wälden / die bäume blüen frei / die rößlin auff dem felde / von farben mancherlei / ein blümlin steht im Garten / heist / Christ vergiß nicht mein / das edel kraut Gotts warten / gibt trost der seele dein. Ein kraut wechst in der awen / das heißt sei wolgemut / auff Christum / fest thu bawen / dazu sein werdes blut / die weissen vnnd roten rosen / am creutz halt fest in acht / Gottsson thet mich erlösen / vnd hat mich selig gemacht. Das kraut je lenger je lieber / in meinem hertzen blüet / bringt mich zu Gott hinüber / Herr Christ mich stets behüt / ich hab es wol vernommen / was dises kraut vermag / wol dem der mit Gottsnamen / vnd gsetz vmbgeht all tag. Des morgens in der Awe / so thu ich frü auff stahn / für mein sünd leid vnd rewe / von hertzen grund zu han / zu bitten meinen Herrn / daß mirs möcht wol ergehn / daß er sein gnad möcht mehren / vnd mir trewlich beistehn. Darumb lobt Gott im Sommer / deßgleich im Winter thut / Christ wend vns allen kummer / vnd bringt viel freud vnnd mut / der zeit wil ich geniessen / dieweil ichs leben han / Gotts gnad wirdt sich ergiessen / vbr vns wirdt sie auffgahn. Durch Arnims Änderungen wird aus dem geistlichen wieder ein weltliches Lied, nachdem Knaust das geistliche Lied aus einem weltlichen umgedichtet hatte. Im ersten Band des Wunderhorns entsprechen dem Text die Str. 2, 3 und 5 des Lieds Frühlingsblumen, das jedoch nicht auf Knaust, sondern auf einer Quelle im ersten Band des Bragur basiert, die Arnim noch unbekannt gewesen sein wird, als er die Knaustsche Version änderte (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 417–420). Im Untertitel des Wunderhorn-Lieds wird mitgeteilt: Geistlich verändert in den Gassenhauern von Heinrich Knausten (FBA VI, S. 225).
566
Zu Nr. 366
37–40 vom Jäger 〈...〉 sag ich sie sey.] Nach der Schlußstrophe des siebenstrophigen Es wolt ein Jäger jagen / von dem Glauben / hoffnung / vnd liebe / Christlich verendert (a.a.O., S. 27): Hoffnung / lieb / vnd
glaube / die schönen schwestern drei / wenn ich die lieb anschawe / die gröst / sag ich / sie sei. Arnim hat die Strophe im wesentlichen unverändert wiedergegeben. Eine »vor allem die Syntax modernisierende Bearbeitung des Texts« (Rölleke in FBA IX/1, S. 276) erfolgte für den ersten Band des Wunderhorns, in den das Lied unter dem Titel Drey Schwestern, Glaube, Liebe, Hoffnung aufgenommen wurde. 44 Ihr seyd 〈...〉 träg und faul] Nach Str. 3 des dreistrophigen Ein meidlein sagt mir freundtlich zu / Christlich vnd moraliter geendert (a.a.O., S. 92f.):
Ir seit im glauben träg vnd faul / Bettet von hertzen selten / offt bettet nur allein das maul / bei mir müst ihrs entgelten / für ewer schuld / geb ich mein huld / also ist mein sitt / ju ju ju ju ju ju / liebs mennlin murr nur nit. Arnim hat die Strophe mit leichten Änderungen wiedergegeben. 52–53 Lieder von Greflinger 〈...〉 1655] Georg Greflinger, Poetische Rosen und Dörner / Hülsen und Körner. Hamburg 1655. (Nicht in der ArnimBibl.) Das Buch war Quelle für ein Wunderhorn-Lied. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 737.) 54–58 Formen 〈...〉 von Göthe eigner Erfindung glaubte 〈...〉 Haben die
Götter es also versehen] Schluß des Gedichts Zweyer Personen LiebesGespräch / mit der Mutter Einrede (a.a.O., unpag., Nr. 31): Mutter. Haben die Götter es also versehen / Liebet euch lieblich ich willige zu. Wollet euch ehrlich und ehlich begehn. Mehren und ehren in lieblicher Ruh. Arnim hat die Strophe im wesentlichen unverändert wiedergegeben und darauf
Völlig ungeändert aufmerksam gemacht. Im zweiten Wunderhorns ergeben die von ihm zitierten Verse den Vierzeiler Verlobung. Die Verse der Mutter, die Arnim an Goethe erinnern, sind Daktylen. mit seiner Bemerkung
Band des
Er wird Goethes lyrische Sprechweise im Sinn gehabt haben, wie sie etwa am Schluß von
Hermann und Dorothea,
in dem die Eltern mit dem Pfarrer das
Verlöbnis der Liebenden begehen, zum Ausdruck kommt. Vgl. Röllekes Hinweis auf den »Synkretismus antiker 〈...〉 und biblischer Sprechweise«, der Arnim an dem Segen der Mutter angezogen haben dürfte (FBA IX/3, S. 125).
567
Zu Nr. 366
Aus einem 〈...〉 Liede an seines Freundes Freundin 〈...〉 / Der die Sonne viel besieht] Str. 4 und 5 des sechsstrophigen Gedichts An seines Freundes Freundin (a.a.O., unpag., Nr. 15):
62–64
4. Der die Sonne viel besieht / Schadet seinen guten Augen / Also will es mier nicht taugen / Deine Schönheit deine Blüth / Edles Mariannichen, Uebermässig anzusehn. 5. O mein Freund / wie wol ist dir / Der du ihre Gunst genüssest / Sie nach Lust und Willen küssest / Thue es doch nicht mehr vor mier / Denn ich bin also gesitt / Wo man küsset / küss’ ich mit. Arnim hat die Strophe im wesentlichen unverändert wiedergegeben. Nicht im
Wunderhorn. 80–81 Brief deiner Liebe 〈...〉 August 1803)] WAA XXXI, Nr. 319, zwischen etwa 16. und 21. August 1803.
82 Tieks Büste] Vgl. Nr. 361,107–108 und Erl. 86–87 Deine Schwester scheint 〈...〉 gewonnen zu haben] Reaktion auf Bettina Brentanos nicht überlieferten Brief an den Bruder, zwischen etwa 20. und 25. Januar 1805, den dieser seinem Bezugsbrief an Arnim beigelegt hatte. 95–96 mit 〈...〉 Sinter inkrustirt] Mit Ablagerungen von Mineralstoffen überzieht. 102–103 Ollapadrida den durchtriebenen Fuchs∧mundi] Joseph Anton Stranitzky (Verfasserschaft unsicher), Ollapatrida des durchgetriebenen
Fuchsmundi. Worinnen lustige Gespräche, angenehme Begebenheiten, artliche Ränck und Schwäncke, kurzweilige Stich-Reden 〈...〉 sich in der Menge befinden. An das Licht gegeben vom Schalck Terræ, als des obbbesagten ältesten hinterlassenen respective´ Stieff-Bruders Vetterus Sohn. Wien 1711. (Arnim-Bibl. B 968; Kat. Brentano 1974, S. 63, Nr. 280.) 103 Speculum mundi] Bartholomäus Ringwaldt, Speculum mundi. Eine feine Comoedia. Frankfurt/O. 1590, 21592. (Nicht in der Arnim-Bibl.; nicht in Kat. Brentano 1974.)
568
Zu Nr. 366
105
Gar vieles kann ein Wort besagen] Von Arnim in sein Gedicht Allmacht der Freude integriert. Zu den Fassungen vgl. Ricklefs 1980, Nr. 658. 110 Saperment] Nach Reuters Schelmuffsky. Vgl. Nr. 362,129 und Erl. 114–115 Cardenio und Celinde 〈...〉 heraus zu geben] Bevor Arnim den Plan einer Neuausgabe von Andreas Gryphius’ Cardenio und Celinde. Oder Unglücklich Verliebete (1657) faßte, war das Drama bereits von Sophie Brentano teilweise bearbeitet worden, wie aus Friedrich Creuzers Heidelberger Brief vom 30. Dezember 1804 an die Günderrode hervorgeht. Sophie Brentano habe ein Trauerspiel von einem alten Dichter Gryphius 〈...〉 vollendet (Preisendanz 1912, S. 52). Gegen Ostern 1805 erschien dann in ihrem Almanach Bunte Reihe kleiner Schriften (S. 59–98) unter dem Titel Scenen aus einem Trauerspiele »eine gekürzte und modernisierte Version der Akte II und III« (Martin 2000, S. 340) von Cardenio und Celinde. In der an Sophie von La Roche gerichteten Widmungsvorrede des Bandes wies Sophie Brentano auf Arnims Herausgabeabsicht hin, von der sie inzwischen Kenntnis erlangt hatte: Ich
stelle diese Scenen um so lieber hier aus, als sie blos vorbereitend sind, da ich Sie versichern darf, daß ein junger und mächtiger Dichter unsrer Zeit das ganze Bild mit aller seiner tragischen Herrlichkeit wieder hervorzurufen verspricht. Dieser ist, Ludwig Achim von Arnim (Brentano 1805, unpag.). Arnim selbst kündigte 1808 in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur (1. Jg., 5. Abt., S. 61–63 [Intelligenzblatt VI]) eine Neuausgabe der dramatischen Werke Gryphius’ an. Überliefert ist eine Umarbeitung des Drameneingangs, die 431 Alexandriner umfaßt und auf den ersten 358 Versen von Gryphius’ Trauerspiel basiert. (Streller 1956, S. 116–124; vgl. Martin 2000, S. 333–339.) Es war eine wesentliche Quelle für das Doppeldrama
Halle und Jerusalem. 122–124 Piast könnte unter Göthe’s Namen gehen 〈...〉 zu seiner Genesungsfeier] Arnim dachte vmtl. an Parallelen zwischen Gryphius’ Singspiel Piastus und Goethes Vorspiel zur Eröffnung des Lauchstädter Theaters vom Juni 1802 Was wir bringen. Beide Stücke sind allegorisch und entfalten das Prüfungsmotiv vom Besuch göttlicher Wesen, die in einer Bauernhütte hilfsbereit aufgenommen und deren Bewohner deswegen erhöht werden. In Goethes Vorspiel wandelt sich die Hütte zum neuen Theater, Vater Märten wird Exzellenz. Bei Gryphius avanciert der fleißige polnische Bauer Piast gar zum polnischen König, der die Fürsten des verwaisten Reichs bei der Volljährigkeitsfeier seines Sohnes zu bewirten vermag. 123–124 von einer schweren Krankheit wieder hergestellt] Goethe litt im Januar/Februar 1805 an einer wiederholt auftretenden Lungenentzündung mit Krämpfen; Besserung am 22. Februar. Vgl. u. a. Heinrich Voß d. J. an Solger,
569
Zu Nr. 366
Weimar, Sonntag, 24. Februar 1805: Noch denselbigen Abend kam 〈der Arzt Johann Christian〉 Stark aus Jena (es war am Freitagabend), der erklärte, wenn Goethe bis Sonntag früh lebte, so sei Hoffnung da 〈...〉 Aber 〈...〉 schon in dieser Nacht hatte die Krankheit umgeschlagen, die Krämpfe hatten nachgelassen 〈...〉 Von dem Tage an ist Goethe zusehends besser geworden. (Bode 1982, Bd. II, S. 289.) 127–128 Ueber das Volksliederbuch 〈...〉 mit keinem andern 〈...〉 möchte ich es herausgeben.] Reaktion auf Brentanos Vorschlag im Bezugsbrief (Nr. 365,172–192). Arnim lehnt die von Brentano vorgeschlagene Einbeziehung Reichardts als Mitherausgeber ab. 129 das Journal] Sophie Brentanos Buch Bunte Reihe kleiner Schriften (keine Zeitschrift). 130–131 Reichardt einen Auszug 〈...〉 für seine musikalische Zeitung 〈...〉 drucken lassen] Vgl. zu Nr. 362,29–33. 133 ausgenommen, die verkehrte Druckerey] Wendung gegen den schlechten Druck in Reichardts Zeitschrift. 134 das Mildheimische Liederbuch] Vgl. Nr. 365,172–175 und Erl. 136 Miniaturpinseln] Pinsel für die Miniaturmalerei. 138 Reichardt hat über zwölf andere Lieder von mir komponirt] Vgl. Nr. 362,29–33 und Erl. 141 Lieder der Liederbrüder] Vgl. zu Nr. 365,172–175. 151–154 1 Wenn ich ein Vöglein war: 2) Ach was ist die Liebe für ein
süsses Ding 3) Im Walde schleich ich still und wild. 4) Wie lieb ich euch ihr Nachtigallen. 5) Erlkönig 6) Den König von Tule] Lieder nach Texten in Herders Volksliedern (1), von Friedrich Wilhelm Gotter (2) und Goethe (3 [Jägers Abendlied mit von Arnim falsch zitiertem Beginn, richtig: Im Felde schleich ich 〈...〉], 5–6). 158 ständigste] feststehend, dauernd (vgl. DWb XVII, Sp. 771f.). 159–160 für meine Lieder aus Göthes Müllerromanzen ein Liederspiel gemacht] Goethe hatte 1797/98, angeregt durch eine Aufführung von Giovanni Paisiellos graziöser Oper La Molinara (1788; dt. Die schöne Müllerin), vier Balladen bzw. Romanzen gedichtet, die in Schillers Musenalmanach auf das Jahr 1799 erschienen: Der Edelknabe und die Müllerin, Der Junggesell und der Mühlbach, Der Müllerin Verrat, Reue. Drei dieser vier Lieder hatte Reichardt komponiert, und Arnim erweiterte sie Anfang 1805 mit eigenen Gedichten zu seinem Liederspiel Markgraf Otto von Brandenburg, mit dem er die von Reichardt maßgeblich initiierte Gattung des Liederspiels fortsetzte. Es blieb unaufgeführt und wurde erst aus dem Nachlaß veröffentlicht. (Vgl. Kiermeyer-Debre 1986.) In einem Entwurf zur Rahmenhandlung des
570
Zu Nr. 366
Wintergartens hat Arnim später die Bemühungen um ein Liederspiel mit Reichardts Musik thematisiert. (Vgl.: Arnim/W III, S. 1093; Moering 2003, S. 440f.) 160–161 Markgraf Otto, lezter des Ascanischen Stammes] Diese Angabe auch im Personenverzeichnis des Liederspiels (Kiermeyer-Debre 1986, S. 189). »Wie auch in seinen sonstigen Werken festzustellen, bedient sich Arnim der historischen Fakten mit großer Freiheit. So macht er hier den letzten Markgrafen von Brandenburg, Otto, mit dem späteren Beinamen der Faule, der aus dem Hause Wittelsbach war, zu einem Askanier und zum Vetter des echten oder auch falschen Waldemar, je nachdem, wie man die Sache zu sehen geneigt ist. Markgraf Otto von Brandenburg 〈...〉, geboren um 1342 als sechster Sohn Kaiser Ludwigs des Baiern, ist keinesfalls ein Vetter Waldemars 〈...〉 und auch nicht von diesem vertrieben, sondern von ganz anderen politischen Kräften um die Mark Brandenburg gebracht worden.« (Ebd., S. 246.) 161–162 Grete die Lise] Die Schwester Ottos die Müllerin. 171–172 der verwit: Königinn Tod] Friederike Luise, die Witwe Friedrich Wilhelms II., war am 25. Februar 1805 gestorben. 172 Klocken] Vgl. zu Nr. 360,51. 174 Die erste Oper von Naumann] Die erste Oper Johann Gottlieb Naumanns war Amphion, uraufgeführt in Stockholm 1778. Im Februar 1805 wurde in Berlin jedoch die Oper Medea in Colchide aufgeführt, erstmals nach der Berliner Uraufführung 1787, und zwar am 11., 15., 18. und 22. Februar. (Vgl.: Henzel 1994, S. 46; Berlinische Musikalische Zeitung, Nr. 14, 1805, S. 56.) 175 Sauschneider] Kastrierer. 181–182 der Baran Reck (der Direktor)] Carl Friedrich Leopold von der Reck. – Baran verschrieben oder aussprachegemäß für Baron. 183 Ruladen] Rouladen, »in Gesangstücken eine Passage oder ein rollender Lauf« (MGKL XVII, S. 196). 184 Fieste] Fiste, geräuschlose Winde. (Vgl. Henne/Objartel 1984, Bd. II, S. 103: fisten.) 184–185 Psyche mit der tollen Parisermusik] Psiche´ (1790), Ballett-Pantomime von Pierre Gabriel Gardel, komponiert von seinem Schwiegervater Ernest-Louis Müller. Nicht die gleichnamige, 1789 in Berlin uraufgeführte Oper Psyche, komponiert von Karl Bernhard Wessely. 189 Reichardt’s Oper] Reichardts letzte italienische Oper, Rosmonda (vgl. zu Nr. 362,131), war in Berlin am 6. Februar 1801 uraufgeführt und am 18. Februar 1805 wiederholt worden, mußte dann wegen des Todes der verwitweten Königinmutter ausgesetzt werden und wurde noch am 25. und 29. März sowie am 1. April 1805 gespielt. Das Libretto schrieb der preußische Hofpoet Antonio de Filistri de Caramondani. (Vgl. Henzel 1994, S. 46, 105–109.) 571
Zu Nr. 366
193 Vermählungsfeier des Badischen Prinzen] Vgl. Nr. 365,169–170 und Erl. 200–202 Fr. Tieck 〈...〉 aß gestern 〈...〉 mit Pistor] Vgl. Friedrich Tieck an Christian Gottlob Voigt d. J., 1. März 1805: Ich habe vor wenigen Tagen
Arnims Bekanntschaft gemacht, und gestern mit ihm gegessen. Er ist bei weitem nicht so närrisch wie Äußerungen seiner Briefe aber erschreklich albern, wenigstens das letzte. Er hat eine Ansicht die der meinigen nicht unähnlich ist. (Trainer 1995, S. 3.) 205 Veit, Schlegel, Ritter] Dorothea Veit und ihr Gefährte Friedrich Schlegel waren in Jena 1800/01 zeitweise mit dem Naturforscher Johann Wilhelm Ritter befreundet – wie auch Brentano. 208 Deiner Romanzen] Vgl. Nr. 365,161–168 und Erl. 210 Wenn ihr nicht werdet wie jene] Vmtl. Anspielung auf Lk 10,17: Wer
nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. 213 Tiecks Aufzug der Romanze] Ludwig Tiecks Prolog Der Aufzug der Romanze zu Beginn seines Lustspiels Kaiser Oktavianus (1804). 216 beym Pruter Grafen] Anspielung auf den Bruder Grafen in Christian Reuters Schelmuffsky (vgl. Nr. 361,50 und Erl.). Der real Gemeinte konnte nicht identifiziert werden.
367.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 25. März 1805, Montag
DV: H. B: −. A: Nr. 368. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 37r–40v. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 233 x 194 mm; 1r–4v 8 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I, II Bekrönter Posthornschild, darunter: VAN DER LEY. Beilagen: Johann Friedrich Reichardts Liedersammlung Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand. Cahier I–XII (Berlin 1805). Daß der Troubadour beilag, ergibt sich aus Brentanos Antwortbrief (Nr. 368,1–2). Fremdeinträge: 1r aoRl: 465, aoRm Steig: 1805, aoRr: 37 2r aoRr: 38 3r aoRl: 465, aoR: Steig: z. 25. März 1805, aoRr: 39 3r aoRr: 40, Z. 126 Mursinna mit Rötel unterstrichen im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 21.
572
Zu Nr. 367
D1: Steig 1894, S. 135–137 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 65f., Nr. 3 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 271–277 (Nr. 53).
Varianten 4 eine] aus sein 6 So manchen Abend traur’ ich hier] die folgenden 27 S 180 Frühlingslied] die folgenden vier Str. rechtssp. vier Str. linkssp. 36 Ihr] r aus m 39 es] aus sie 40 sein] aus ihr 46 sie] darüber er 52 Edlen] Ed aus 〈xx〉 54 eingepudert] p aus 〈x〉 61 die] d aus 〈x〉 63 den] aus sie 63 einen] ei aus ru 64 wie] w aus g 67 stand] danach gestr. reicht 68 Wachholderbeeren] W aus 〈x〉 b aus s 72 bekommen] davor verklekst 〈g 74 Entwerfung] w aus f ...〉 74 aufgebraucht] üdZ eing. 81 der] d aus A 94 waren] ar aus 〈xx〉 97 Das] D aus d 100 Eheleute] t aus f 126 Mursinna] möglich 139 Ich] neuer Schreibansatz auch Mursimma oder Mursiena 140 einen] Schluß-n nachträgl. 140 seitenlangen] s aus S 143 schneidet] über gestr. macht 144 u] aus zu 156 zum Vortrage] über gestr. dazu 169 sind] aus 〈xxx〉 171 Von] V aus E 179 sie] aus wie 182 noch] üdZ eing. 182 wie die Blüte Achellei] üdZ eing. 183 sage] aus ist es nur 183 Laute] L aus l
Erläuterungen
Göthe 〈...〉 auf einem fahlen Pferde betroffen. Von Schmidt’s Gedichten 〈...〉 eine Parodie] Der brandenburgische Pastor Friedrich Wilhelm
2–4
August Schmidt, nach seinem Wirkungsort Schmidt von Werneuchen genannt, hatte 1795 60 Gedichte und im selben Jahr weitere im Neuen Berlinischen Musen-Almanach (Nebentitel Calender der Musen und Grazien für das Jahr 1796) veröffentlicht. Ein Jahr später, im Herbst 1796, erschien in Schillers Musen-Almanach für das Jahr 1797 Goethes Spottgedicht Musen und Grazien in der Mark, das sich gegen den provinziellen und bodenständigen Charakter der von Schmidt produzierten Lyrik richtete. Von diesem Gedicht Goethes behauptet Arnim, er habe ihn auf einem fahlen Pferde – also bei einer Unwahrheit (vgl. Wander III, Sp. 1317, Nr. 870) – getroffen. 1797 folgte Schmidts Sammlung Gedichte, aus der Arnim 1805 erstmals den Lyriker Schmidt kennenlernte. Die Parodie, aus der er bisher seine Kenntnis von ihm geschöpft hatte, war August Wilhelm Schlegels berühmter Wettgesang zwischen Voß, Matthisson und Schmidt, der 1800 im dritten Band des Athenaeums erschienen war.
573
Zu Nr. 367
6
So manchen Abend traur’ ich hier] An den Mond. Abends um eilf Uhr am Fenster (Schmidt 1797, S. 25). Getreue Wiedergabe. 17 Bitte fur die Frau.] Bitten für die junge Frau (Schmidt 1797, S. 139). Auslassung der zweiten (mittleren) Strophe. 27 Frühlingslied] Frühlings-Freuden (Schmidt 1797, S. 179–181). Von 9 Strophen sind Str. 2–6 ausgelassen. Str. 7 Gustchen statt Kindchen in Arnims Wiedergabe. 47 Weihnachtsliedes] Schmidt 1797, S. 231–234 Der heilige Abend vor Weihnachten; erste Strophe (von fünf):
Das Schneedach fegt des Sturmes Saus, Die Ofenflammen zittern. Die Kinder bleiben gern zu Haus’, Und denken nicht an schlittern; Denn sieh! der Abend graut, Und Ruprecht kömmt; und baut Für jedes bald ein Tischchen auf, Und legt gar schöne Sachen drauf. Eunomia 〈...〉 Aufsäze von Johann Müller Fichte und anderen Edlen] Eunomia. Eine Zeitschrift des neunzehnten Jahrhunderts
51–52
erschien nicht erst seit Anfang 1805, sondern bereits seit 1801 in Berlin und stellte Ende des Jahres 1805 ihr Erscheinen ein. Herausgeber des Jahrgangs 1805 waren Ignaz Aurelius Feßler und Ernst Gottfried Fischer. Die Zeitschrift brachte im Januar-Heft (S. 18–35) Johann Gottlieb Fichtes Vorlesung
Grund-Epochen des Erdenlebens
Die fünf
und im Februar-Heft (S. 81–91) Johannes
von Müllers noch größeres Aufsehen erregende Akademie-Vorlesung
Ueber die
Geschichte Friedrichs des Zweiten (S. 81–98), der im März-Heft (S. 161–170) der Beitrag Johann von Müller über Friedrich den Großen als Anhang zur Vorlesung folgte: eine Zusammenstellung früherer Äußerungen Johannes von Müllers über Friedrich II. Zu den Quartal 1805 in der
Eunomia
anderen Edlen,
die im ersten
publizierten, gehörten deren Herausgeber Fi-
scher mit dem programmatischen Beitrag
Prometheus und Christus. Eine
Parallele (Januar, S. 1–17) und Feßler mit dem ähnlich tendenziösen Artikel Was hat Poesie und Philosophie mit Religion zu thun? (Februar, S. 99–104), und Arnim wird auch den Berliner Kunsthistoriker Aloys Ludwig Hirt
über Mythologie, Archäologie und Kunstgeschichte;
März,
S. 231–238) mitgemeint haben, der um die Jahrhundertwende im Jenaer
Athe-
(Fragmente
naeum
den Spott August Wilhelm Schlegels auf sich gezogen hatte.
574
Zu Nr. 367
52–55 Müller über Friedrich den zweyten 〈...〉 nicht frisirt.] Johannes von Müllers Vorlesung war die erste, mit welcher der schweizerische Historiker, der seit 1804 Kriegsrat und Geschichtsschreiber des hohenzollernschen Hauses in Berlin war, als solcher öffentlich auftrat, und Arnim wird mit der Metaphorik von Haar und Perücke den taciteischen Stil gemeint haben, mit dem Müller die Größe Friedrichs II. andeutete, ohne eine detaillierte und abschließende Charakteristik anzustreben. Seine Absicht war, statt ein unvollkommenes Gemählde der Geschichte des Königs zu entwerfen, von dem Gesichtspunkte zu
handeln, welchen, wie wir glauben, sein künftiger Geschichtschreiber einnehmen solle (S. 82), und deshalb konnte Arnim schreiben, die ganze Peruke sei noch nicht frisirt. Die Perspektive, in der Müller Friedrich II. skizzierte, war mehrdimensional und supranational: zu zeigen, wie er nicht nur überhaupt König, sondern mit welchem Interesse für Deutschland und Europa er der Preußen König ward (S. 88). 55–58 Fichte 〈...〉 muß darum seinen Witz verschlucken.] Fichtes Vorlesung war der Eröffnungsvortrag eines Zyklus von Vorlesungen über die fünf Grund-Epochen des Erdenlebens. Unter Erdenleben verstand er das gesammte Eine Leben, dessen Einheitsbegriff ein Weltplan sei, der sich in verschiedene Epochen spalte, von denen jede wiederum Einheitsbegriff eines besondern Zeitalters sei. (S. 22f.) In der ersten Vorlesung bestimmte Fichte die dem gesamten Zyklus zugrundeliegende Methode, wobei er bekannte, als Philosoph nicht-pragmatisch vorzugehen: ohne Rücksicht auf irgend eine Erfahrung und schlechthin a priori (S. 20). Er kündigte an, weder den Ton der Klage, noch den der Satire, zumal der persönlichen, anstimmen zu wollen (S. 33) und sich dem Allgemeinen, Nicht-Individuellen zuzuwenden: Individuen aber verschwinden nun vollends vor dem Blicke
des Philosophen, und fallen ihm alle zusammen in die Eine große Gemeine. (Ebd.) Anfangs betonte er die seinem philosophischen System immanente Schwierigkeit, sich verständlich zu machen: Wir heben hiermit an eine Reihe von Betrachtungen, welche jedoch im Grunde nur einen einzigen, durch sich selbst eine organische Einheit ausmachenden Gedanken ausdrücken. Könnte ich diesen Einen Gedanken in derselben Klarheit, mit der er mir beiwohnen mußte, ehe ich an das Unternehmen ging, und mit welcher er mich leiten muß bei jedem einzelnen Worte, das ich sagen werde, auch Ihnen sogleich mittheilen; so würde von dem ersten Schritte an das vollkommenste Licht sich verbreiten über den ganzen Weg, den wir mit einander zu machen haben. Aber, ich bin genöthigt, diesen Einen Gedanken vor Ihren Augen erst allmählich aus allen seinen Theilen aufzubauen, und aus allen seinen 575
Zu Nr. 367
bedingenden Ingredienzien erst herauszuläutern: dies ist die nothwendige Beschränkung, welche jedwede Mittheilung drückt; und durch dieses ihr Grundgesetz allein wird zu einer Reihe von Gedanken und Betrachtungen ausgedehnt, und zerspalten, was an sich nur ein einziger Gedanke gewesen wäre. (S. 18f.) Solchen Absicherungen und Annahmen gilt Arnims Wendung gegen Fichtes Principe und Grundirthum, gegen seine Zurückhaltung von Witz. Mit der Redoute, in der Fichte sich nicht verrathen wolle, ist das alljährliche große gesellschaftliche Berliner Winter-Ereignis gemeint, von dem Arnim Brentano im Januar 1806 (Nr. 362,50–67) berichtete. 60–62 Zur Wiedereröffnung des Theaters 〈...〉 beim Publikum vorbey] Nachdem wegen des Todes der verwitweten Königinmutter das Berliner Nationaltheater acht Tage geschlossen war, erfolgte am 5. März die Wiedereröffnung. In einem zeitgenössischen Bericht heißt es: Der Anfang war um sieben Uhr
Abends bestimmt worden. Ein zahlreiches Publikum, wie es nur das ziemlich große Haus fassen mag, hatte sich, fast sämmtlich in Trauer gekleidet, vor dem Vorhange versammelt, um durch Gelegenheit und durch ein schönes Kunstprodukt unserer Zeit, sich einer feierlichen Stimmung zu überlassen. / Einige Minuten vor der angesetzten Zeit erhob sich sanft der Vorhang. Das Theater stellte das Innere eines großen Tempels dar. An beiden Seiten des Prosceniums standen Altäre von welchen Opferrauch empor stieg. Der ganze Tempel war von oben herab erleuchtet und mit Florgehängen, die mancherlei schickliche Figuren bildeten, ausgestattet. Das ganze Personal des Königl. Nationaltheaters mit einem sehr reichen Orchester erschien, sämmtlich in tiefer Trauer, und hatte einen Halbkreis formirt, der einen vollkommen imposanten Anblick gewährte. / Unmittelbar nach Erhebung des Vorhangs fing die Musik mit der majestätischen und feierlichen Ouvertüre aus G l u c k s A l z e s t e an, nach deren Endigung des Requiem von M o z a r t sogleich erfolgte. (Todtenfeier im hiesigen Nationaltheater. In: Berlinische Musikalische Zeitung, 1. Jg. 1805, Nr. 22.) 66–68 Iffland 〈...〉 mit Direktorialathem] August Wilhelm Iffland war seit 1796 Direktor des Berliner Königlichen Nationaltheaters. 67 Kohlbeken] Kohlenbecken:; »Becken für Kohlenfeuer« (DWb XI, Sp. 1586). 69 Rühre] Im DWb nicht belegt. 71–74 zweyten Bandes von Ofterdingen 〈...〉 Entwerfung des Plans] Der zweite Teil des Heinrich von Ofterdingen war Anfang November 1802 im zweiten Band der von Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck herausgegebenen Schriften des Novalis mit einem Fortsetzungs-Bericht Tiecks erschienen, in dem
576
Zu Nr. 367
es heißt: Es war die Absicht des Dichters, nach Vollendung des »Ofterdingen« noch sechs Romane zu schreiben, in denen er seine Ansichten der Physik, des bürgerlichen Lebens, der Handlung, der Geschichte, der Politik und der Liebe, so wie im »Ofterdingen« der Poesie niederlegen wollte. (Novalis/Schr I, S. 359.) 75 Didos Ochsenhaut] Dido begehrte der Sage nach, als sie nach Afrika geflohen war, dort soviel Land, wie mit einer Stierhaut zu umfassen sei. Sie schnitt die Haut in feine Streifen und gründete auf dem so gewonnenen Land Karthago. 88–90 die Hausfreunde 〈...〉 den Inhalt könnte eine Maus auf ihrem Schwanz wegtragen] Ifflands Die Hausfreunde. Schauspiel in fünf Aufzügen war am 8. März 1805 in Berlin uraufgeführt worden, wurde aber erst 1808 gedruckt. Arnim urteilt also, nachdem er das Stück gesehen, nicht gelesen hat, und sein Urteil richtet sich zwar gegen die Dürftigkeit des Inhalts, gilt – im folgenden – aber auch der Bösartigkeit und Intriganz der meisten Figuren. Das wird aus der Fabel deutlich, die der Berichterstatter G. M. (vmtl. Garlieb Merkel) im Berliner Freimüthigen, Nr. 50 und 51 vom 11. und 12. März 1805, S. 200, 204 anschaulich referiert:
Die Fabel des neuen Stückes ist folgende: Eigentlich wider den Willen ihres Vaters, des Geheimen-Raths Mantel, eines höchst ehrsüchtigen und dabei beschränkten Kopfes, hat der Hofrath Harling ein Frauenzimmer von gebildetem Geist, von edlem Charakter geheirathet; bald nachher ist es ihm gelungen, sich das Vertrauen und die Freundschaft des Ministers zu erwerben, unter welchem er steht; aber der Eifer und die Sorgfalt, mit welchen er seinen Geschäften obliegt, entfernen ihn allmälig von seiner Frau. Die Hofräthin wird indeß von drei sogenannten Hausfreunden umlagert, von denen ihr jeder auf eine andere Weise gefährlich ist. Der Präsident – –, ein gewöhnlicher zärtlicher Lüstling, aber Bruder des erwähnten Ministers, verfolgt sie mit einer leidenschaftlichen Liebe. Der Sekretär Dingel, ein Mensch mit völlig abgestorbenem Gefühl, aber sehr hellem Verstande und festen Charakter, 〈...〉 hat sich durch sein schlaues, keckes und festes Betragen eine gewisse Autorität in ihrem Hause angemaßt, die er dazu anwendet, die Absichten des Präsidenten zu unterstützen, und das Glück des Hofraths zu untergraben. Lerberg endlich, ein junger Gelehrter von Talent, tiefem Gefühl und sehr edler Gesinnung, ein enthusiastischer Freund des Hofraths, liebt heimlich die Hofräthin, doch ohne Plane zu entwerfen, ohne ihr seine Empfindung zu gestehen; und grade durch sein zartes Benehmen hat er Eindruck auf ihr Herz gemacht, der indeß 577
Zu Nr. 367
die Liebe zu ihrem Gatten nicht schmälert. – Der Präsident wirft sich der Hofräthin zu Füßen, und wird verächtlich abgewiesen. Der Sekretär bestürmt sie jetzt durch die Nachricht, daß ihr Mann beim Minister in Ungnade gefallen ist, und durch Anspielung auf ihre geheime Zuneigung zu Lerfeld. Ihr geckenhaft-ehrsüchtiger Vater unterstützt ihn, und fordert, sie solle sich von ihrem Manne scheiden lassen, um den Präsidenten zu heirathen; er selbst bewirbt sich um den Posten, den sein Schwiegersohn resignirt hat. Die Hofräthin, obgleich auch sie es schmerzlich empfindet, daß ihr Gatte von seiner glänzenden Laufbahn entfernt ist, wirft den Sekretär mit edlem Selbstgefühl zurück; sie widersteht ihrem Vater, schmiegt sich innig ihrem Gemahle wieder an, ist im Begriff, ihm ihre Schwachheit für Lerfeld, die der Sekretär ihm schon in einem anonymen Briefe verrathen hat, zu gestehen, und ihn um dessen Entfernung zu bitten, – da läuft plötzlich die Nachricht ein, daß der Minister selbst gefallen ist, und ein alter Gönner des Hofraths seine Stelle erhalten hat: das verändert die ganze Lage der Dinge. Der Präsident entfernt sich; der Sekretär, von dem Lerfeld darthut, daß er es war, der den Hofrath stürzte, verläßt das Land, nachdem er vom Hofrath erst 500 Thaler dazu geborgt hat; der Geheime Rath ist jetzt wieder ganz seinem Schwiegersohne ergeben; Lerfeld entfernt sich freiwillig, und der Hofrath zieht mit seiner Gattin aufs Land. (S. 200.) 90–91 Kotzebue 〈...〉 drey Bände italiänischer Reisen heraus] August von Kotzebue war vmtl. Ende Februar/Anfang März 1805 nach Berlin von einer Italienreise zurückgekehrt, über die er Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel (3 Bde., Berlin 1805) publizierte, von denen Vorabdrucke im Berliner Freimüthigen erschienen. 92 bey einem Geburtstage von Schickler] Arnim schildert eine Begebenheit vom 25. Februar anläßlich des Geburtstages von David Schickler jun., der am 27. November 1804 Mitchef des Berliner Bankhauses Gebrüder Schickler geworden war. Sein Vater David Schickler sen., seit 1780 Inhaber des Bankhauses, kann nicht gemeint sein, da er am 2. September Geburtstag hatte. (Vgl. Schwennicke 2002, Tafel 57.) 93 Papirheilige Neujahrs∧wünsche] Arnim kaufte vorgedruckte Neujahrskarten. Sie waren um 1800 eine Modeerscheinung und wurden gewerbemäßig vertrieben, wobei Prägekarten mit Kupferstichen dominierten. (Vgl. Sauter 1969, S. 40–43.) Gegen Ende des 18. Jhs. »erlebten die einzeln hergestellten Neujahrswunschblätter einen neuen Aufschwung. Nachdem die industrielle Erzeugung ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurden individuelle Wünsche wach: Die gute
578
Zu Nr. 367
Gesellschaft wollte etwas bekommen, was nicht jeder haben konnte. Viele Künstler setzten diese Nachfrage in die Tat um. Sie entwarfen private, nur für einen bestimmten, vorgesehenen Personenkreis gedachte Neujahrsblätter.« (Ebd., S. 50.) Arnim wird also das Interesse an attraktiven Neujahrskarten durch die Vortäuschung, sie seien von Kotzebue, zu befriedigen gesucht haben. Vielleicht kaufte er Exemplare der gegen Jahrhundertende in Mode gekommenen Zugkarten mit Sprüchen, von denen man annehmen konnte, der beliebte Erfolgsautor habe sie verfaßt. Das (im DWb nicht belegte) Adjektiv Papirheilig dürfte auf scheinheilige (nur auf dem Papier heilige) Hervorbringungen zielen. 101 Seketär hat gar sehr viel Verwandte.] Arnim scheint die Figur des Sekretärs besonders beschäftigt zu haben, und er wird nicht dessen Verwandtschaftsverhältnisse im Stück, sondern die lebensweltlichen Entsprechungen gemeint haben. Auch der Berichterstatter des Freimüthigen interessierte sich besonders für den Sekretär, fand den Charakter allerdings nicht überzeugend angelegt: Dieses kalte Wesen, in welchem jedes Gefühl abgestorben ist,
ohne daß es an Kraft verloren hat, das daher an allen Dingen nur die Kehrseite sieht, aber doch aus Bedürfniß der Thätigkeit kräftig handelt, ist nicht in der Natur, oder der Verfasser scheint mit dem Original, das er schildern wollte, noch nicht auf dem Reinen zu seyn. Er macht ihn zu einem niedrigen Menschen; er läßt ihn mühsam versteckte und verschlungene Pfade gehen, und beides ist unrichtig. Eine solche Menschenschlacke k a n n böse seyn (nothwendig ist es nicht,) aber schon aus Stolz und Vorsicht, niemals n i e d r i g handeln, und mühsame, schlau entworfene, weit aussehende Pläne anlegen und ausführen, wird sie eben deshalb nicht, weil sie nichts mehr lebhaft interessirt. Die unrichtige Ansicht des Charakters ist Schuld gewesen, daß der Verfasser auch seine Verhältnisse nicht befriedigend motivirt hat 〈...〉 Uebrigens gehört dieser Charakter, der in der wirklichen Welt nicht Produkt der Natur seyn kann, sondern nur der Zeitbildung und besondrer Schicksale, wohl zu denen, die am schwersten zu halten sind. (A.a.O., S. 204.) 103 Probe von Reichardts Rosmonda] Vgl. Nr. 366,131 und Erl. 106–108 Auf eines tritt der König mit zwey Prinzen herein 〈...〉 mache mich aus dem Staube.] In der gespenstischen Szene hat Arnim außer dem regierenden preußischen König zwei zukünftige gesehen, von denen einer Kaiser wurde. Friedrich Wilhelm III. von Preußen hatte drei Söhne: den Kronprinzen Friedrich Wilhelm, den Prinzen Wilhelm und den Prinzen Carl. Es ist unwahrscheinlich, daß der Jüngste die Probe mit besuchen durfte. Den Vater werden
579
Zu Nr. 367
die beiden Älteren begleitet haben, und Arnim begegneten folglich die künftigen Herrscher Friedrich Wilhelm IV. (König seit l840) und Wilhelm I. (König seit 1861, seit 1871 deutscher Kaiser). Daß sich die Prinzen Friedrich Wilhelm und Wilhelm um jene Zeit für die Oper interessierten, ist durch das Tagebuch ihres Erziehers Friedrich Delbrück belegt. 22. März 1805: Am Abend besuchten wir die Oper Medea v. Naumann und Le jugement de Paris 〈Ballett-Pantomime von Pierre Gabriel Gardel〉. Es
war die Erste, welche sie sahen, und ob es gleich bis halb 11 Uhr dauerte, hielt Prz. Fritz doch mit vieler Aufmerksamkeit bis ans Ende aus. (Schuster 1907, Bd. I, S. 237.) 31. März: Gegen 6 Uhr in die Oper wo Kallirhoe 〈Trauerspiel mit Musik, Chören und Tänzen von Antonio de Filistri de Caramondani, Musik von Joseph Augustin Gürrlich〉 beyden Prinzen großen Genuß gewährte. (Ebd., S. 241.) 110 La Roche] Brentanos Onkel Georg C a r l von La Roche. 114 in Pistors Garten] Pistor wohnte, nachdem er 1803 Charlotte Hensler geheiratet hatte, in einem großem Haus mit schönem Garten, Mauerstraße Nr. 34. 115 Redtel ist fort] Redtel, der aus Breslau stammte, ging nach Schlesien, wie aus Brentanos Brief an Arnim vom 1. Januar 1806 gefolgert werden kann: Für Schlesien treibe Redel (Nr. 415,163). 115–116 Reichardt geht bald] Reichardt kehrte Anfang April nach der Aufführung seiner Oper Rosmonda nach Giebichenstein zurück. 116 Finkensteins leben unter einer so zahlreichen Familie] Friedrich Ludwig K a r l Finck von Finckenstein und seine Frau C a r o l i n e Wilhelmine Albertine hatten zehn nach 1800 noch lebende Kinder. (Vgl. Joachim/Klinkenborg 1920, S. 282–308 und Stammtafel.) 119 Madliz] Madlitz, Gut der Finckensteins bei Frankfurt/O. 120–121 Die Heirath der Baronin mit dem Lacrymas-Schütz 〈...〉 widerrathen] Barnime Finck von Finckenstein und der Schriftsteller Wilhelm von Schütz, nach seinem Drama Lacrima genannt, heirateten erst am 21. Juli 1809. 126 ein todtgeschossner junger Mursinna] Der Berliner Referendar Carl Friedrich Mursinna (vgl. AK Bln 1804, S. 156) war in einem Aufsehen erregenden Duell von dem Kollegienassessor der russischen Gesandtschaft in Berlin Ludwig von Krüdener (vgl. ebd., S. 166) getötet worden. Arnim und Brentano werden Mursinna 1801 als Göttinger Studenten kennengelernt haben, denn er war dort am 27. April jenes Jahres, nachdem er bereits in Erlangen studiert hatte, als Student der Kameralistik immatrikuliert worden (vgl. Selle 1937, Nr. 19404).
580
Zu Nr. 367
Näheres über den Vorfall berichtete N. in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Nr. 38 vom 28. März 1805, Sp. 303f. unter der Überschrift Duell; darin: Der Referendar M u r s i n n a , der einzige Sohn des berühmten und verdienstvollen Generalchirurgus und Professors Mursinna, bekommt auf einem Balle mit dem Russischen Legazionsrath K r ü d n e r Streit, und wird von diesem auf Pistolen gefordert. Im Thiergarten geht das Duell vor sich. Krüdner schießt zuerst und verwundet seinen Gegner durch einen Streifschuß. Mursinna schießt fehl. Nach den Regeln des Duells (aber wo sind diese Regeln? wer hat sie gemacht? wer hält sie aufrecht?) wäre der Zweikampf geendigt gewesen, denn der eine Theil war verwundet. Krüdner und seine zahlreichen Begleiter bestehen darauf, daß wenigstens noch zwei Schüsse fallen müssen. Mursinna und sein Sekundant müssen sich nothgedrungen dazu verstehen. K r ü d n e r schießt, – der einzige Sohn eines um den Staat verdienten Greises, sinkt in seinem Blute nieder, und endigt in wenig Minuten sein hofnungsvolles Daseyn. Ein barbarisches gräßliches Bravorufen seiner blutdürstigen Gegner begleitet ihn aus dem blühenden Leben. – Das menschliche Herz des edeln Monarchen trauert über diese That. Ganz Berlin ist empört. Wahrscheinlich wird sie streng untersucht und geahndet werden, und dann wird man erfahren, ob einige Umstände, mit denen sich das Gerücht über diese That trägt, gegründet sind oder nicht. Am 14. Mai kam in der Zeitung für die elegante Welt, Nr. 58, Sp. 459–461 ein anonymer Bericht über den Beschluß der Wintervergnügungen in Berlin auf die Affäre und ihre Folgen zurück: Der Tod des jungen M u r s i n n a machte zwar in den ersten Tagen eine allgemeine Sensazion, aber, sobald er aufhörte eine N o u v e l l e d u j o u r zu seyn, verlor sich diese, und es war oft empörend, welche Urtheile die Mehrheit aus den privilegirten Klassen unsrer Staatsbürger über diesen Zweikampf fällten. Die meisten hielten die Ermordung des jungen Mannes noch für eine großmüthige Wohlthat seines Gegners, und wer den Herausforderungsbrief des letztern gelesen hat, muß erstaunen, daß der junge Mursinna darauf zu erscheinen sich entschließen konnte. Er ist im Styl der höchsten Verachtung geschrieben. Gewisse Personen fanden ihr Interesse darin, die Sache ins Lächerliche zu wenden, und es erschienen daher Reime: M u r s i n n a , eine Geisterstimme, und eine Charade, die so witzig und sinnlos, und dabei so plump und abgeschmackt waren, daß selbst der gemeinste Einwohner von Berlin das Unedle davon fühlte, und darüber sein Mißfallen nicht undeutlich zu
581
Zu Nr. 367
erkennen gab. Gleich nach diesem Zweikampf entspannen sich mehrere Duelle, alle liefen aber weniger tumultuarisch und blutig ab. Endlich wurde auch ein Duell zwischen einem Schneider und einem Gastwirth, Namens – –, von einigen lustigen Köpfen eingeleitet, das zwar nicht zur That gekommen ist, aber unsern Witzlingen sehr vielen Stoff zur Explosion ihrer Geistesfunken gegeben hat. 139 Bartholdinischen Verzögerung] Vgl. Nr. 362,141–143 und Erl. 139–140 es sind die Silberlinge] Vgl. Nr. 362,144–145 und Erl. 140–141 seitenlangen Aufsatz in der musikalischen Zeitung] Bartholdys Beitrag Etwas über den Volksgesang der Sicilianer in der Berlinischen Musikalischen Zeitung, Nr. 5, 1805, umfaßte 1½ Seiten (drei Spalten), davon die Vorerinnerung des Herausgebers fast eine Spalte, so daß der eigentliche Beitrag Bartholdys eine Seite (zwei Spalten) und drei Zeilen betrug. 145 Rollfinken] Nach Fischart (Affenteuerliche und Ungeheurliche
Geschichtschrift vom Leben, Rhaten und Thaten der for langen weilen vollenwolbeschraiten Helden und Herrn Grandgusier, Gargantoa, und Pantagruel) ein lockerer Vogel (vgl. DWb XIV, Sp. 1148). Vmtl. jedoch eher nach dem Professor der Medizin Werner Rolfinck, der seit 1629 in Jena lehrte und sezierte. »Das Wort rolfincken statt sezieren ward unter seinen Studenten dann bald zum technischen Ausdruck.« (Borkowsky 1908, S. 76.)
145–146
Gall 〈...〉 Modevorlesungen hält]
Der Anatom und Phrenologe
Franz Joseph Gall hielt seit 22. März 1805 in Berlin Vorlesungen über die
Verrichtungen des Gehirns und die Möglichkeit, die Anlagen mehrer Geistes- und Gemüthseigenschaften aus dem Bau des Schädels der Menschen und Thiere zu erkennen. Berlin war die erste Station einer Vortrags- und Demonstrationsreise, die Gall, der seit den neunziger Jahren in Wien gelebt und praktiziert hatte, bis Ende 1807 durch Europa führte. Seine Ansichten über das Gehirn, dessen Strukturen, Funktionen und Wechselwirkungen waren heftig umstritten und wurden des Materialismus verdächtigt. (Vgl. Mann 1984, S. 88f.) Von den Zeitgenossen äußerte sich Lorenz Oken, der Empiriker und Naturphilosoph war, besonders einsichtig. Er habe Gall wirklich interessant gefunden; nicht als wenn die Vertheilung seiner Organe etwas Wahres enthielte, aber wegen seiner mir sehr plausiblen Ansicht des Hirns und des Nervensystems, besonders was das Anatomische daran betrifft. Ein Anhänger der Naturphilosophie ist er freilich nicht. Aber das ist ja auch nicht nöthig für einen solchen Mann; wenn er uns nur die Steine in Ordnung haut, das Brauchbare wird sich schon herausfinden. (An Schelling, 8. September 1805; Ecker 1880, S. 186.)
582
Zu Nr. 367
In einem Bericht über
Doktor Galls erste Vorlesung in Berlin heißt es: Die Zuhörer, die ich in dem Akademiesaale bemerkte, mochten sich ungefähr auf 120 Personen belaufen, unter denen sich etwa 14 Damen befanden. Hr. Gall war umringt mit Präparaten, von Gehirnen, die aus Wachs geformt waren, und mit Schädeln von Menschen und allerlei Thieren. Er stand hinter einem mit solchen Präparaten bepflanzten Tische und fing seinen Vortrag um ein Viertel auf ein Uhr an und fuhr bis zwei Uhr fort. Sein rhapsodischer Ideengang, welcher vermittelst der Assoziazionen zusammenhing, soll so kurz und deutlich vorgestellt werden, als es mir möglich ist. (Zeitung für die elegante Welt, Leipzig,
Nr. 42 vom 6. April 1805. Zu den Details vgl. ebd., Nr. 42 und 43, Sp. 329–332, 337–340 sowie die Ebstein 1924, S. 279–281 und Mann 1984, S. 89–91 angeführten Berichte und Erinnerungen.) 153 Auch ich war in Arkadien.] Nach der zuerst auf einem frühen Gemälde des Giovanni Francesco Barbieri, gen. Il Guernico nachweisbaren Sentenz Et in Arcadia ego, die wenig später durch zwei Gemälde Nicolas Poussins berühmt wurde und in der deutschen Version seit Mitte des 18. Jhs. verbreitet war. Vor allem bekannt geworden als Motto von Goethes Italienischer Reise, die jedoch erst 1816/17 erschien. Die Sinngebung der Sentenz changierte zwischen der Betrachtung menschlicher Hinfälligkeit und der Beschwörung Arkadiens; Arnims ironische Nuance ist in der Motiv-Geschichte kaum bekannt. (Vgl. Goethe/MA XVIII, S. 802–810 [Anm. zur Italienischen Reise von Andreas Beyer; mit Literatur].) 155–156 Franz Horn 〈...〉 einige Stunden gehört] F r a n z Christoph Horn, Lehrer am Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin, hielt in dessen Räumen im Winter/Frühjahr 1805 öffentliche Vorlesungen über deutsche Literaturgeschichte:
Durch besondere Gründe veranlaßt, kündige ich hiermit an, daß ich in einer Reihe von etwa 14 Vorlesungen die G r u n d l i n i e n d e r d e u t s c h e n P o e s i e u n d B e r e d t s a m k e i t entwerfen werde. Dieses Collegium, welches in einem Hörsaale des Berlinischen Gymnasiums der mir durch die Güte des Herrn Direktors Bellermann bewilligt worden ist, gehalten werden wird, nimmt Sonnabend am 12ten Januar 1805. von halb 3 bis 4 Uhr seinen Anfang. Es wird dann regelmäßig alle Sonnabende in der angegeben Zeit seinen Fortgang haben, und gegen Ende des April geschlossen werden. Das Honorar ist 1 Friedrichsd’or (Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, 1. Januar 1805, Nr. 1). 158–159 wie Winkelmann] Reminiszenz an Winkelmanns Göttinger Vorlesungen im Frühjahr/Sommer 1801, insbesondere über Goethe (vgl. DjB Nr. 455 und Erl.).
583
Zu Nr. 367
160–162 las über A. Gryph 〈...〉 Cardenio und des Piast zu erwähnen 〈...〉 gar nicht kannte.] Franz Horn hatte bereits im ersten Band seines Taschenbuchs Luna (vgl. folgende Erl.) Sonette Gryphius’ mitgeteilt und auf deren Bedeutung hingewiesen und machte auch in seiner nach den Vorlesungen erschienenen Geschichte und Kritik der deutschen Poesie und Beredsamkeit (Berlin 1805, S. 127–132) auf den Dichter aufmerksam, dessen Cardenio und Celinde er besonders herausstellte, die Modernität des Stücks betonend: Dieses letzte Drama, welches man bisher entweder ganz über-
sehen, oder wol gar auf eine unverständige Weise getadelt hat, beurkundet Gryphs tragisches Talent auf eine sehr bedeutende Weise, so wie überhaupt die bloße Idee, welche diesem Stücke zum Grunde liegt: den Sieg des Todes über die irdische Liebe darzustellen, eine tiefe Ahndung des Wesens der modernen Tragödie bezeichnet. Nur der erste und fünfte Akt neigen sich zu sehr zum Epischen hin, sonst dürfte man dieses Trauerspiel – ich wage es allerdings zu behaupten – zu den wahrhaft vollendeten romantischen Tragödien rechnen, die die Deutschen aufzuweisen haben. Aber auch so, wie es Gryph geliefert hat, ist es der genauesten Aufmerksamkeit und Liebe werth, und ein neuer correcter Abdruck desselben wäre ohne Zweifel sehr zu wünschen, da die Originalausgabe wol nur in wenig Händen sein dürfte. (S. 130.) Dieser Hinweis ist vmtl. Arnim zu verdanken, der Horns Beurteilung beeinflußt haben kann. Piast wird in Horns erster Literaturgeschichte jedoch nicht erwähnt, auch nicht in der wesentlich umfangreicheren späteren Die Poesie und Beredsamkeit der Deutschen, von Luthers Zeit bis zur Gegenwart (4 Bde., Berlin 1822–1829), in welcher der Verfasser stolz und ohne Arnim zu nennen auf die Wiederentdeckung des Dramas Cardenio und Celinde zurückblickt: ich glaube fast sagen zu dürfen, daß es zum e r s t e n m a l
mit Auszeichnung in meiner Geschichte der deutschen Poesie und Beredsamkeit genannt worden ist. (Bd. I, S. 222f.) 163–164 Luna 〈...〉 altere Sachen abgedruckt seyn sollen] Luna, ein Taschenbuch auf das Jahr 1804 bzw. Luna, ein Taschenbuch auf das Jahr 1805, beide hg. von Franz Horn, Leipzig-Züllichau-Freistadt 1803 bzw. 1804. Im Jg. 1804 u. a.: Sechs Sonette von Andreas Gryph; Gedichte aus dem altteutschen Roman Octavia (Nürnberg 1685–1707). Im Jg. 1805 u. a.: Altdeutsche Gedichte (von Opitz, Fleming, Hofmannswaldau, Lohenstein). Dazu: Franz Horn, Andeutungen für Freunde der Poesie. Ein Anhang zu dem Taschenbuche: Luna. Leipzig-Züllichau-Freistadt 1804 (Arnim-Bibl. Sign. B 1265); darin S. 76–80 über Gryphius (vor allem die Sonette, nichts zu Cardenio und Celinde). 584
Zu Nr. 367
167–168
der edle Möringer aus der Bragur] Das Lied von dem edeln Möringer in der »für die Volksliedrezeption vor dem Wunderhorn sehr wichtigen Zeitschrift« (Rölleke in FBA IX/3, S. 727) Bragur. Ein Litterarisches Magazin der Deutschen und Nordischen Vorzeit, Bd. III, Leipzig 1794, hg. von Johann Heinrich Häßlein und Friedrich David Gräter, S. 402–415. Mitgeteilt aus einer handschriftlichen Chronik, 40 Strophen zu je 7 Versen. Nicht im Wunderhorn. Die erste Strophe lautet:
Wolt Ir Herren fremde mer Die vor Zeyten vnd ee geschah Von dem edlen Möringer, Wie er zu seiner Frawen sprach Deß nachtes do er bey Ir lag, Er umbfieng die Zarte Frawe sein Der spilenden Frewde er mit Ir Pflog. Bragur war in der nordischen Mythologie die Dichtkunst, benannt nach ihrem Urheber, dem weisen und erfindungsreichen Asen Braga, Sohn Odins und der Frigga. Arnim wird aufgrund dieser Bedeutung Bragur feminin gebraucht haben. 168–169 die Geschichte des Ritter Trimunitas in Adelungs Magazin II B. 2 Stük] Ein schön lied von eynem Ritter auß Steyermarck, genant Trimunitas, vnd von eins Künigs tochter auß Denmarck, genant Floredebel. In Hertzog Ernsts thon. In: Magazin für die Deutsche Sprache. Hg. von Johann Christoph Adelung. Zweyten Bandes Zweytes Stück. Leipzig 1784, S. 51–64. Mitgeteilt nach einem Nürnberger Druck von 1532, 35 nicht in Versform gedruckte Strophen. Nicht im Wunderhorn. Die erste Strophe lautet:
O reicher Got im höchsten sal, hilff mir probiren maß vnd zal, die silben reymen zwingen, Ich bit doch won mir hilfflich bey, denn das ist yetz kein fantasey, danon jch euch will singen, von eynem Ritter auß Steyrmarck von Adel hoch geporen, der war schön stoltz jung vnd auch starck, er het kürtzlich verloren, seyn vater durch des todes band, seyn land gab er eym ritter ein, ritt selbs nach dienst in frembde land. 170–171 Reichardt 〈...〉 verspricht mir viele in Giebichenstein.] Arnim scheint während seines Giebichenstein-Aufenthalts im Mai 1805 von Reichardt Volkslieder erhalten zu haben, denn dieser forderte ihn am 23. Juli auf:
und holen Sie dann die Volkslieder selbst
bringen
(Nr. 384,54). Demzufolge sollte
Arnim vmtl. bei einer weiteren Anwesenheit Volkslieder, die er bereits erhalten hatte, zurückbringen und andere mitnehmen. Es ist jedoch nicht bekannt, um welche Lieder es sich handelte. Ins
Wunderhorn 585
fanden lediglich zwei Lieder
Zu Nr. 367
Eingang, die Reichardt 1782 (im Musikalischen Kunstmagazin) und 1806 (in der Berlinischen Musikalischen Zeitung) veröffentlicht hatte. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 758f.) 171–172 Von ihm 〈...〉 Jahrgängen des feinen kleinen Almanach] Friedrich Nicolai hatte die beiden Bändchen Ein feyner kleyner Almanach (Berlin-Stettin 1777–1778), die eine Hauptquelle des ersten WunderhornBandes wurden (vgl. Rölleke in FBA 9/III, S. 750–752), in parodistischer Absicht herausgegeben, um die Volksliedbegeisterung des Sturm und Drang lächerlich zu machen. Zu den Texten steuerte Reichardt »ohne viel Bedenken eine ganze Reihe einfacher Melodien« bei, »die in der Folge als echte Volksmelodien angesehen 〈...〉 wurden. Auch ein paar von Nicolai selber komponierte Weisen wurden auf diese Weise fortgepflanzt.« (Bolte 1918, Bdch. III, S. 6f.) 175 Mein englischer Kasten] Die lange erwartete Nachsendung aus England mit wunderlichen Bücher〈n〉, auf die Brentano gespannt war (Nr. 361,7–8). 176 die Taube mit dem Myrtenzweig] Vielmehr mit einem Blatt des Ölbaums (1. Mo 8,11). 182 Achellei] Akelei. 183–184 sage nicht Laute 〈...〉 Gitarre] Es war eine alte Laute, die Arnim auf seiner Süddeutschlandreise mit sich führte und deren Geheimniß ihn einundeinviertel Jahr später, als er abermals zu den Freunden nach Süden reisen wollte und in Giebichenstein bei Reichardt Station machte, dessen Tochter Louise erklärte, wie er Bettina in seinem Brief vom 12. Juli 1806 berichtete (Nr. 467,26–28). 184 die drey Reiter] Es ritten drei Reiter zum Tore hinaus. Von Brentano bereits in Die Rose (1800) parodiert, von Arnim in Hollin’s Liebeleben (1801) variiert. Im ersten Band des Wunderhorns nach dem Druck in Nicolais Feynen kleynen Almanach mit der Überschrift Abschyds-Lyd. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 434–436.)
367.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 25. März 1805, Montag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 368. H: BJ/VS 8. − 1 Bl. ca. 234 x 193 mm; 1¼ S. beschr. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: VAN DER LEY. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: L. A. von Arnim., auRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Datierung: Analog Nr. 367.
586
Zu Nr. 368
Varianten 11 14
nicht] danach keiner] danach
gestr. entfernen gestr. sich
12
ausführen] h
nachträgl.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 367. 17 F.] Finckenstein(s).
368.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 2. April 1805, Dienstag
DV: H. B: Nr. 366, 367. A: Nr. 371. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 79r–81v. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) je ca. 236 x 190 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I, II: Bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Beilagen: Mischabschrift von zwei Gedichten Friedrich Spees durch Sophie und Clemens Brentano. Vgl. Nr. AII.20.A. Fremdeinträge: 1r aoRl: 468, aoRm: 2. April 1805., aoRr mit Rötel gestr.: VII (Tinte), daneben: 79 2r aoRr: 80. 3r aoRl: 468, aoRm: z. 2. April 1805., aoR mit Rötel gestr.: VIII (Tinte), daneben: 81. Besonderheiten: Vgl.: Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 3 (kurze Inhaltsangabe); Kat. Rother 1989, Nr. 36. D1: Steig 1894, S. 137–139 (TD). D2: Seebaß 1951, Bd. I, S. 276–280 (TD). D3: FBA XXXI, S. 416–423 (Nr. 405). D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 277–283 (Nr. 54).
Varianten 17 26
lege] über gestr. schreibe 17 Stück] üdZ eing. 25 die] d aus s wanns] w aus s 39 arm.] udZ eing. 41 liegen. – .] danach gestr. die in deinem Pulte liegenden 59 Pferde] danach gestr. brauchen 60 Ich] I aus i 64 sollen] s aus w 67 zu] üdZ 67 finden] danach gestr. mag 77 Schwaben, und] danach gestr. dem 78 andere] nach 83 das] s aus ß 87 es] danach gestr. Distr gestr. Freunde 88 distriktweiße] danach gestr. oder 88 muß] danach gestr. eine 587
Zu Nr. 368
richtige 89 Thule] danach gestr. 〈xx〉 91 beim] aus 〈xxx〉 92 1ter] 92 femm] danach gestr. 〈xxx〉 94 hier] üdZ eing. 1 aus 2 98 Hilario.] danach gestr. Plissine. 〈xx〉 101 Liebeshändeln] h aus g 103 hervorblickt.] danach gestr. Da 110 bearbeitet] danach gestr. 〈xxx〉 115 behandelt;] danach gestr. 〈x〉 119–120 〈...〉 1.] Numerierung nach120 Erfrorenen] erstes n aus t 123 habe] danach gestr. ihm trägl. 127 beikommende] Schluß-r gestr. 129 ist] danach gestr. sch〈xxx〉 137 Sophiens] danach gestr. mit 140 Kochs] K aus 〈x〉 140 Do144 sammlen] nach n gestr. 〈x〉 150 gezeececeen] danach gestr. f 156 Antiquar] danach gestr. in 〈xxx〉 hört,] danach gestr. de 161 Zeile] Schluß-e aus l 165 sie] danach gestr. g 174 dumm] d aus 〈x〉 179 Schrift] danach gestr. 〈xxx〉 188 et] danach gestr. ille 202 Hausfreund] danach senkrechter Schnörkel Erläuterungen 1–2 einen 〈...〉 Brief von dem troubadour begleitet von dir] Nach Arnims Brief von vmtl. 26./27. Februar (Nr. 366) derjenige vom 25. März (Nr. 367) mit Johann Friedrich Reichardts Liedersammlung Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand. Cahier I–XII (Berlin 1805). 3–4 Briefwechsel mit Savigny, mehreren Antiquaren] Vgl. DjB Nr. *1046, *1047, 1050, 1052, 1053, 1055, *1056. 9–11 du sollst Ende April hier eintreffen 〈...〉 Sophie niedergekommen ist] Arnim kam erst am 9. Juni oder kurz zuvor in Heidelberg an. Am 9. Juni berichtete Friedrich Creuzer an Caroline von Günderrode: Arnim ist hier von
Berlin. Clemens brachte ihn zu mir – Da ging ich dann mit in seiner Gesellschaft. Sein Betragen ist nicht abweichend von der Sitte des gewöhnlichen Lebens. Er scheint klar und in und durch die Klarheit heiter – ähnlich in diesem Stück dem Savigny. (Preisendanz 1912, S. 90; datiert: 9. Mai; diese Datierung ist irrtümlich, Mai verlesen oder verschrieben für Juni; vgl. zu DjB Nr. 1079). – Die Tochter Joachime wurde am 13. Mai geboren, am 23. Mai getauft. 17–22 ich lege dir hier ein
Stück Frühlings∧lied, aus der Truznachtigal, des Jesuiten Spee 1696. her 〈...〉 zu den Volksliedern bieten.] Wie
Brentano Z. 126–127 mitteilt, w o l l t e er ein Lied des jesuitischen Predigers Friedrich Spee abschreiben, doch war ihm Sophie Brentano mit dem Abschreiben der Ecloga oder Hirtengesang von Christo dem Herrn im Garten zuvorgekommen. Zugrunde lag Spees Trutz Nachtigal / Oder Geistlichs-
Poetisch Lustwäldlein / deßgleichen noch nie zuvor in Teutscher 588
Zu Nr. 368
Sprach gesehen. Köln 1660. Das ist die dritte Auflage, die auch für Wunderhorn benutzt wurde; eine Ausgabe von 1696 gibt es nicht. (Vgl.
das den Überblick über die Drucke van Oorschot 1985, S. 291–310.) Das Lied, das Brentano abschreiben wollte, war vmtl. Anders Liebgesang der gespons JESV. Zum Anfang der Sommerzeit, ebd., S. 32–36; im ersten Band des Wunderhorns u. d. T. Frühlingsbeklemmung. Die erste Strophe lautet:
Der trübe Winter ist fürbey, Die kranich wider kehren; Nun reget sich der Vogelschrey, Die Nester sich vermehren: Laub mitt gemach Nun schleicht an tag, Die blümlein sich nun melden, Wie Schlänglein krum Gehn lächlend vmb Die Bächlein kühl in wälden. (van Oorschot 1985, S. 42.) Der Brief an Arnim ist »der erste bisher bekannt gewordene Beleg« (Schaub 1972, S. 156) für Brentanos Kenntnis der Trutz Nachtigal, dem »das unbestreitbare Verdienst« gebührt, »zum ersten Mal wieder auf die wichtigste und eigentümlichste poetische Errungenschaft Spees, auf die für die deutsche Literatur in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts neue Gattung der geistlichen Ekloge aufmerksam gemacht zu haben« (ebd., S. 157). Von Spee gelangten vier Lieder ins Wunderhorn. (Vgl.: Schaub 1972; Rölleke in FBA IX/1, S. 326–329; FBA IX/3, S. 767–769.) 1817 erschien Brentanos Neuausgabe Trutz Nachtigal
ein geistlich poetisches Lustwäldlein. Dein heiliger Eifer über das fahle Pferd Göthens 〈...〉 Talent des Schmidt parodirt] Vgl. Nr. 367,2–4 und Erl. 26 Wanns immer 〈...〉 so wär] Kein Zitat, sondern Andeutung der Tendenz. 27 geworden] In jemandes Besitz kommen, ihm widerfahren (Adelung IV, Sp. 22–25
1496).
ein paar Scenen aus 〈...〉 Cardenio 〈...〉 in ihre bunte Reihe 〈...〉 ein gerückt] Vgl. zu Nr. 366,114–115. 32–33 in ihrer Vorrede 〈...〉, daß du das ganze bearbeiten würdest] Vgl. 28–30
zu ebd.
33–39
Den Piast hat Maier 〈...〉 bearbeitet 〈...〉 Ixion 〈...〉 der Feueral-
larm]
Brentano hatte den Frankfurter Juristen, Schriftsteller und Bibelexegeten
Johann Friedrich von Meyer 1800 kennengelernt und sich ihm zeitweise ange-
589
Zu Nr. 368
schlossen. Im selben Jahr war das Epos Tobias – eine Neufassung des alttestamentarischen Stoffes in sieben Gesängen – erschienen, und im Februar 1801 – also vor vier, nicht zwei Jahren – kam bei dem Frankfurter Verleger Bernhard Körner, einem Jugendfreund Brentanos, die Sammlung Dramatische Spiele heraus, die die Gryphius-Bearbeitung Piast sowie die Stücke Ixion, Der Feuerlärm und Wintergemählde enthielt. 40–41 hat den Leo Arminius 〈...〉 liegen] Meyer hatte Leo Armenius. Ein historisches Trauerspiel in 5 Aufzügen nach Gryphius’ Tragödie Leo Arminius oder Jämmerlichen Fürsten-Mords Trauer-Spiel (1652) bearbeitet. Von der unveröffentlichten Bearbeitung ist ein Manuskript mit Rollenverteilung überliefert. (Archiv der Theologischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg, Nachlaß Johann Friedrich von Meyer. Ms. 26c. Vgl.: Fabry 1989, Bd. I, S. 101f., 448; Martin 2000, S. 313–333.) 41–43 Die mir im vorigen Bande gemeldeten 〈...〉 Gassenhauer, Rund und Bergliedle] Henrich Knausts Gassenhawer / Reuter vnd Bergliedlin / Christlich / moraliter, vnnd sittlich verendert (Frankfurt/M. 1571), von Arnim im Brief von vmtl. 26./27. Februar (Nr. 366,7–9) durch Zitate empfohlen. (Bande ist verschrieben statt Briefe.) 43 des Greflingers] Vgl. Nr. 366,52–53 und Erl. 44–45 In Weimar wird 〈...〉 Herders Bibliothek versteigert] Die Auktion war am 18. Februar 1805 im Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung angekündigt, als Termin der 22. April angegeben worden. Der Katalog: Biblioteca Herderiana. Weimar 1804 (VI, 349 S.). 48 ich will für dich und mich kaufen] Das in der HAAB Weimar befindliche Exemplar des Katalogs enthält Notizen über die auf der Auktion erzielten Preise und den Verkauf eines Teils der Bücher von der Hand des Bibliothekars Christian August Vulpius. Die Einträge enthalten jedoch keine Hinweise auf Erwerbungen Brentanos. (Vgl. Stolpe 1966.) Er wird entweder selbst oder vermittels seiner Frau, die in Weimar gelebt hatte, dortige Personen kontaktiert haben. Über Kommissionen Brentanos ist jedoch nichts bekannt. 50 Lebensplane] Der Plural Plane um 1800 neben Pläne. (Vgl. DWb XIII, Sp. 1883.) 54 Daß der Englische Kasten da ist] Vgl. Nr. 367,175 und Erl. 58 dein Reuterlied] Vgl. Nr. 367,184 und Erl. 64–66 Savigny 〈...〉 zur Welt zu bringen.] Vgl. Savigny an Brentano, 26. Februar 1805: Paris gefällt mir 〈...〉 schlecht, und ich weiß keinen Ort,
an welchen ich so ungern gebannt seyn mögte. Wenn ich nicht so enorm viel hier fände, so wäre ich schon lange weg. Wir leben sehr häußlich und eingezogen, und werden es bald noch mehr thun, weil 590
Zu Nr. 368
die Gundel in 6–8 Wochen niederkommen wird. Deswegen ist es mir auch recht lieb, daß wir mitten im bewohntesten Quartier von Paris ein Häußchen hinter einem Garten gefunden haben 〈...〉 Ich kann mich nicht enthalten, Paris mit allem was eigentlich dazu gehört sehr ordinär zu finden (DjB Nr. 1043). 66–67 Savigny 〈...〉 dich darin zu finden hoft.] Nicht Savigny, sondern seine Frau Kunigunde hatte am 23. März lediglich geschrieben: wenn wir zurück kommen nach Deutschland, werden wir Euch wohl zu sehen bekommen 〈...〉 Es sollte mich freuen, wenn alsdann Arnim noch da wäre, daß Sav. ihn kennen lernt (DjB Nr. 1052 [Nachschrift]). 68–69 den Lancelot de Lac folio gekauft, den du so sehr liebst] Daß der anonyme, wirkungsmächtige Prosaroman Lancelot du lac – der erste Teil eines fünfgliedrigen Romanzyklus (1215–1230) – in Paris zu bekommen sei, hatte Savigny Brentano am 23. März mitgeteilt (vgl. DjB Nr. 1052 und Erl.). Arnim hatte den Roman zwei Jahre zuvor während seines Paris-Aufenthalts begeistert gelesen; vgl. an Madame de Stae¨l, Paris, 13. Mai 1803: ich lese nur Bücher
aus der goldnen Zeit, wo es in Frankreich eine freye Poesie erlaubt war wie den Roman de la rose, Lancelot, Gyron, Jean de Paris (WAA XXXI, Nr. 304.K,43–45); ähnlich in der Ausfertigung des Briefes (WAA XXXI, Nr. 304,63–66). 70–71 Otmars Volkssagen (Nachtigalls)] Vgl. Nr. 362,83–84 und Erl. 74–77 eine fortlaufende Zeitschrift für deutsche Volkssage, in einem Zirkular werden 〈...〉 aufgefordert] Mit der Absicht, die deutschen Volkssagen systematisch zu sammeln und zu publizieren, steht Brentano intentionell am Anfang der modernen Sagensammlung und –edition, zehn Jahre vor Jacob Grimms Wiener Circular wegen Aufsammlung der Volkspoesie, elf Jahre vor dem ersten Band der Deutschen Sagen der Brüder Grimm. Die fortlaufende Zeitschrift kam nicht zustande, auch kein speziell zur Sagensammlung auffordernder Zirkularbrief, doch kündigte Arnim in seiner Ende 1805 erschienenen Aufforderung, Volkslieder einzusenden, an: Melodien, Zeichnun-
gen, besonders Nachstiche alter Holzschnitte und Landschaften, alte mündlich überlieferte Sagen und Mährchen werden mit der Fortsetzung dieser Sammlungen sich verbinden (Reichs-Anzeiger, Gotha, Nr. 229 vom 17. Dezember 1805; FBA VIII, S. 348,13–15). Vgl. Nr. 449,282–284 sowie den von Brentano verfaßten Zirkularbrief zur Volksliedersammlung (Nr. 458.P) vom Mai 1806, in dem allerdings nicht zum Sammeln von Sagen aufgefordert wird. 79 zerzaßern] DWb XXXI, Sp. 318 ist zasern belegt: »in zasern, fasern auflösen«.
591
Zu Nr. 368
guten Becher Weins 〈...〉 in dem sich der König von Thule 〈...〉 ohne sich was zu vergeben] Die Titelgestalt von Goethes Gedicht Der König in Thule (Erstdruck 1782), 1782 von Karl Siegmund von Seckendorff vertont, 1790 in Faust. Ein Fragment und 1800 in Bd. VII der Neuen Schriften 88–90
Goethes, war eine der wesentlichen Identifikationsfiguren Brentanos. Zwischen etwa 5. und Mitte November 1801 hatte er an Winkelmann geschrieben: Ich
war mit Sav. am Rhein und stand wo ich sonst stand, und werde den Frühling mit ihm im Schloße der Gisella 〈Ruine der Nieder- oder Brömserburg bei Rüdesheim〉 Wohnen, wir sind die einigsten Menschen, als ich oben auf dem Punkte der Aussicht stand, war mein Herz bewegt, und ich bin so begeistert geweßen, wie nie, und Gott hat sich meiner erbarmt, und meiner Freunde, und Liebe, es riß mich empor, ich bin mir deutlich geworden, meine Lippe ward die Wunde meines Herzens und sang mit Andacht, / Ich bin ein König in Tule / Wiße das, und schicke mir Blumen durch den Raßen unter dem du mir ruhst, den Becher halt ich hoch, und will nicht mehr trinken, wenn ich ihn hinunter werfe. (DjB Nr. 517; vgl. Erl. dazu.) 91–96 Gotsched Vorrath 〈...〉 1ter Band p 259 〈...〉 lächerlich gemacht werden«] Johann Christoph Gottsched, Nöthiger Vorrath zur Geschichte der deutschen Dramatischen Dichtkunst, oder Verzeichniß aller Deutschen Trauer- Lust- und Sing-Spiele, die im Druck erschienen, von 1450 bis zur Hälfte des jetzigen Jahrhunderts. Leipzig 1757, a.a.O.; im wesentlichen korrektes Zitat. 97–103 lhonette femme 〈...〉 Plissine 〈...〉 von Hilario 〈...〉 von 1695 der Roman aber 1696 〈...〉 hervorblickt.] Christian Reuters Komödie L’Honne´te
Femme Oder die Ehrliche Frau zu Plißine in einem Lustspiele vorgestellet und aus dem Französischen übersetzet von Hilario erschien 1695 in Leipzig als angebliche Übersetzung aus dem Französischen unter dem Pseudonym Hilario; Plißine ist eine scherzhafte Ableitung von Pleiße, die durch die Stadt fließt. Der erste Teil des Romans Schelmuffsky kam 1696 heraus, der zweite 1697. In der Komödie stellte Reuter die Witwe Schlampampe und ihre Kinder, darunter Schelmuffsky, dar, wobei er die Familie seiner stadtbekannten Leipziger Wirtin Anna Rosine Müller karikierte. Die Komödie enthält bereits die wesentlichsten Motive des späteren Romans. Auf die Geschichte von der Ratte, die zu Beginn des Romans zur Frühgeburt Schelmuffskys führt, wird schon hingewiesen. 103–104 auf der andern Seite 〈...〉 le jouvanceau charmant Seign. Schelmufski. Oper. 1695 Hamb] Gottsched, a.a.O., S. 260: Le Iouvanceau char-
mant, Seigneur Schelmuffsky, & l’honne´te Femme Schlampampe, re592
Zu Nr. 368
presente´e sur le Theatre a` Hambourg, oder der anmuthige Jüngling Schelmuffsky und die ehrliche Frau Schlampampe in einer Opera, auf dem Hamburgischen Theatro vorgestellet (Hamburg 1697). Das Stück ist Christian Reuters in Verse gesetzte und mit Arien bereicherte Opern-Version seiner Komödie. 105–107 1696 〈...〉 la maladie et mort de lhonette femme 〈...〉 meiner Ausgabe von 1753.] Gottsched, a.a.O., S. 261: La Maladie & la Mort de
l’honnete Femme, das ist der ehrlichen Frau Schlampampe Kranckheit und Tod, in einem Lust- und Trauerspiele vorgestellet, und aus dem Frantzösischen in das Deutsche übersetzet von des Schelmuffsky Reißegefährten (Frankfurt/M. 1696). Der Text ist eine Fortsetzung der Komödie L’Honne´te Femme oder die ehrliche Frau zu Plißine. Die neue Ausgabe: Vie, La Maladie Et La Mort De L’Honnete Femme: Das ist: Der ehrlichen Frau Schlampampe Leben, Kranckheit und Tod, in Zweyen Lust- und Trauer-Spielen vorgestellt. Aus dem Franzoesischen in das Teutsche übersetzt von Schelmuffsky Reisegefaehrten. Frankfurt-Leipzig 1750 (nicht, wie Brentano angibt, 1753). Vgl. Kat. Brentano 1974, S. 72, Nr. 410: Der ehrlichen Frau Schlampampe Leben, Krankheit u. Tod,
von Schelmufskys Reisegefährten. Frkf. 750. Ppb. 110–122 Daß Horn 〈...〉 Winkelmann 〈...〉 Rezept 〈...〉 pfeife dein Lied!] Franz Horn, ein Jahr jünger als Winkelmann, stammte wie dieser aus Braunschweig und wurde einen Monat vor ihm, am 24. April 1799, in Jena immatrikuliert, wo Brentano ihn bald danach kennenlernte. In der Silvesternacht 1799 hatte dieser mit seinem Zimmernachbarn Theodor Friedrich Arnold Kestner für einige Kommilitonen eine poetische Neujahrsnacht veranstaltet, wobei er jedem Anwesenden ein satirisches Doppeldistichon schenkte, das er auf ihn gedichtet hatte. (Vgl. die Erinnerung von Martin Heinrich Karl Lichtenstein, der an der Neujahrsnacht teilgenommen hatte, aus dem Jahr 1855: Lichtenstein 1855 [Manuskript]; Teildruck: Schnack 1984, S. 289–292.) Das von Brentano erinnerte Doppeldistichon auf Horn ist in der Abschrift eines unbekannten Schreibers zusammen mit einem eben solchen Doppeldistichon Winkelmanns überliefert (Lichtenstein 1855 [Manuskript]; nicht in Schnack 1984, S. 289–292):
Anticandide 4. Horn. Ach! Im Backofen singt selbst der erfrorene Apfel, B. Und im Sarge erlahmt auch des Tanzmeisters Fuß. Sollen die Kuchen Dir aufgehn, nun so erhitze die Formen. Ist Dir Dein Elend Gesang, ach! so pfeife Dein Lied.
593
Zu Nr. 368
Wisse dichtender Freund, Dir hat der Glaube geholfen. W. Und die Göttin sie steigt freundlich hernieder zu Dir. Hörst Du der Ehre Verlangen, die Lockung der weichlichen Ruhe, Aber die Freundin sie lenkt schon zu den Sternen Dein Herz. In Horns Charakteristik durch Lichtenstein heißt es ebd.: Eine etwas verzärtelte, weichliche Natur mit Dichterdrang, im Leben ehrenwerth. 124 Mlle Gedicke] Franz Horn heiratete 1806 Rosa Gedike, die Tochter des Berliner Pädagogen Friedrich Gedike, Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster, an dem Horn 1803–1805 Lehrer war. Vgl. dessen Darstellung Friedrich
Gedike. Eine Biographie, nebst einer Auswahl aus Gedike’s hinterlassenen, größtentheils noch ungedruckten Papieren (Berlin 1808). 129–130 Die Wiedertäufer Sachen] Vgl. Nr. 365. 134–135 daß L. Tieck sich 〈...〉 verliebt haben soll] In Sophie Bernhardis Münchner Brief an A. W. Schlegel vom 14. März 1805 heißt es: Mein ältester Bruder der mich bis nach Rom begleiten wolte geht durch eine Menge verfluchter Umstände zurik die ich Ihnen alle mündlig erzählen will. (Körner 1936–1958, Bd. II, S. 191f.) Einen Bezug zwischen dieser Briefstelle und der Brentanos vermutete bereits Josef Körner (ebd., Bd. III, S. 116). Der rheumatisch erkrankte Tieck kehrte nicht zurück, sondern folgte im Juli 1805 seiner Schwester und Knorring, die bereits vorausgeeilt waren, nach Rom. Vgl. Arnims Mitteilung über die Berliner Gerüchte Nr. 369,7–19. 139–140 Mein Freund Dotzen und Kochs Dozeececeen] Anspielung auf die unterschiedliche Aussprache des Namens Docen durch Brentano und den Berliner Literaturhistoriker und Prediger Erduin Julius Koch. Bernhard Joseph Docen kann Brentano kann bereits während seines Göttingen-Aufenthalts im Frühjahr/Sommer 1801 kennengelernt haben. Docen erinnerte sich in der Beischrift zu seinem Brief an Brentano vom 2. Februar 1806 (DjB Nr. 1189), in Göttingen bei einer Vorlesung Winkelmanns Arnim gesehen zu haben, schreibt allerdings im selben Brief, daß er und Brentano sich in J. kannten (DjB Nr. 1189). Demzufolge werden sie während Brentanos Jena/Weimar-Aufenthalt im Frühjahr/Sommer 1803 miteinander Umgang gehabt haben. Seit 1804 war Docen an der Münchner Hofbibliothek als Akzessist angestellt, wo er sich rasch mit literaturhistorischen Studien und Veröffentlichungen hervortat, und hatte deswegen Kontakt zu Erduin Julius Koch aufgenommen. Dessen Grundriß einer Ge-
schichte der Sprache und Literatur der Deutschen von den ältesten Zeiten bis auf Lessings Tod (Nebentitel: Compendium der Deutschen Literatur-Geschichte von den ältesten Zeiten bis auf Lessings Tod), 2 Bände, Berlin 1795–1798 (erste, einbändige Auflage Berlin 1790 unter dem Titel
Compendium der deutschen Litteratur-Geschichte von den ältesten 594
Zu Nr. 368
Zeiten bis auf das Jahr 1781)
war ein grundlegendes literaturgeschichtlichbibliographisches Werk, für dessen zweite Auflage Wackenroder, dem 1792/93 Privatunterricht bei Koch zuteil wurde, Ergänzungen beigesteuert hatte. (Vgl. Wackenroder 1991, Bd. II, S. 507f., 623–628.) Brentano hatte Koch während seines Berlin-Aufenthalts im Herbst 1804 kennengelernt; vgl. Arnims Dank an Koch im Aufsatz Von Volksliedern (FBA VI, S. 415). 141–143 hat in Aretins Journal 〈...〉 seine Entdekungen über das Heldenbuch bekannt gemacht.] Vgl. Docen, Entdeckung über das sogenannte Heldenbuch des Heinrich von Ofterdingen. In: Beyträge zur Geschichte
und Literatur, vorzüglich aus den Schätzen der pfalzbaierschen Centralbibliothek zu München. Hg. von Johann Christoph von Aretin. Bd. III, 1804, St. 4, S. 85–112; St. 5, S. 49–58. Brentano hatte den Aufsatz nicht gelesen und lernte den Inhalt erst Ende 1805 durch eine Rezension kennen, worüber er Arnim am 20. Dezember 1805 berichtete. Vgl. Nr. 406,100–105. 145–146 Konig Parismus] Vgl. Nr. 365,133 und Erl. 151–152 Deine herrlichen Costume Zeichnungen zu dem Berliner Theater] Arnims Theater-Berichte in seinen Briefen Nr. 366,170–198 und 367,60–70. 152–153 der allegorische Kammerherrn Schlüßel auf Iflands Hintern] Vgl. Arnims Skizze in Nr. 367. 154–158 in Berlin 〈...〉 Salomon und Markolph 〈...〉 mir fehlt eine Seite 〈...〉 30 Zeilen sein.] Brentano besaß von dem Spruchgedicht Salomon und Markolf eine Abschrift des Exemplars der Gothaer Bibliothek. (Vgl. DjB Nr. 1017 und Erl.) In diesem fehlt Blatt m 1. (Vgl. Vogt 1880, S. VIIIf.) Außer dem Gothaer Exemplar sind vier weitere bekannt, davon eines in der Berliner Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. (Vgl. Griese 1999, S. 92.) Vielleicht hatte Pistor das Exemplar, das in den Berliner Bibliotheksbesitz gelangte. 163–166 In Koch litteratur 〈...〉 parthie älterer interessanter Volkslieder 〈...〉 laß abschreiben] Vgl. Koch 1795–1798, Bd. II, S. 99f: Mitteilung von Incipits von fliegenden Deutschen Volksliedern aus der Opizischen Periode aus Kochs Besitz. Im Wunderhorn gehen zwei Lieder (das eine teilweise) auf Veröffentlichungen Kochs zurück. (Vgl.: FBA VI, Nr. 58 und FBA VII, Nr. 151 sowie Erl. Röllekes dazu in FBA IX/1 und IX/2.) 166–167 ich erhalte nächstens ein Manuskript des Renners] Der Freisinger Antiquar Joseph Matthias Mozler hatte Brentano Hugo von Trimbergs didaktisches Gedicht Der Renner in einer illustrierten Handschrift angeboten, die 262 Bl. und 91 Miniaturen umfaßte. Brentano erwarb diese Handschrift, die 1819 versteigert wurde (vgl. Kat. Brentano 1974, S. 23, Nr. 1) und eine von 15 illuminierten Renner-Handschriften ist, die bisher bekannt sind, und zwar die-
595
Zu Nr. 368
jenige, die als Cod. 763 der New Yorker Pierpont Morgan Library verwahrt wird. Vgl. DjB Nr. 1051 und Erl. 176 noch ein Lied des Spee hinter jenes meiner Frau schreiben] Abschrift von Andere Ecloga oder Hirten gesang, von selbiger Materi,
darin der Bach Cedron Poetisch eingeführt wird, so die gefangnuß Christi unter der Person des Hirten Daphniß beklaget. Vgl. Nr. AII.20.A. 179–196 De cre`dulitate Daemonibus adhibenda 〈...〉 quam prius apparuit.] De credulitate Daemonibus adhibenda (Über die für Dämonen anzuwendende Leichtgläubigkeit) ist eine 1456/57 entstandene Beispielsammlung, verfaßt von dem Zürcher Chorherrn und Reformtheologen Felix Hemmerli (latinisiert: Malleolus), um 1500 in einer Inkunabel erschienen, 1582 (und später) nachgedruckt in der Frankfurter Ausgabe des Hexenhammers: Tomvs
Secvndvs Malleorvm Qvorvndam Maleficarvm, Tam Vetervm, Qvam Recentivm Avtorum. Brentano hat die Stelle nicht ganz exakt wiedergegeben und den letzten Satz des Abschnitts weggelassen. Sie lautet (Frankfurt/M. 1588, S. 429; Kollation des Exemplars der LUB Halle von Wolfgang Petters):
Unde narrant de quodam Sacerdote, qui propter vehementem fornicationis et suspicionis infamiam cum uxore potentioris villae ibidem exortam de sua parochia per quoddam nemus multum perterritus fugiebat: cui Diabolus in forma religiosi Sapientis obviabat, et ait illi: quo vades lamentabili tristitia gravatus? quod cognosco divinis visionibus. Et ille rem gestam sinceriter narravit. et religiosus ait: si hoc maledictum virile non haberes, tu indubitanter in villa tua secure permaneres. Et ille: Utique domine. et Religiosus inquit: Leva vestimenta tua ut tangam illud; prout tetigit, illud membrum penitu`s illico` disparuit, de quo sacerdos multum gavisus et in villam reversus et pulsatis campanis, innocentiae suae Sinceritatem ostensurus; et congregatis Parochianis, continuo spe plenus, Stans in Canzellis et confitenter elevatis vestimentis; et mox mebrum suum abudantius, quam prius apparuit. Et sic ipsum Daemon in humana formia decepit. Übersetzung der von Brentano mitgeteilten Version von Manfred Simon: Erzählt wird von einem gewissen Priester, welcher wegen des heftigen Aberglaubens der Hurerei und wegen der Schande, die mit einer Frau aus einem einflußreicheren Hause ebenda entstanden war, aus seiner Gemeinde durch einen [bestimmten] Wald völlig erschreckt floh. Ihm begegnete der Teufel in Gestalt eines gläubigen Weisen und sprach zu ihm: »Wohin willst du gehen, mit bejammernswerter Traurigkeit beladen, was ich mit göttlichen Gesichten erkenne?« Und jener erzählte ehrlich, was geschehen war. Und der Gläubige sagte: »Und wenn du 596
Zu Nr. 369
dieses verfluchte Glied nicht hättest, würdest du ohne Zweifel in deinem Hause bleiben.« Und jener: »Gewiß, Herr.« Und der Gläubige sagte: »Lüfte deine Kleidung, damit ich jenes berühre.« Sowie er es berührte, verschwand dieses Glied auf der Stelle. Der Priester war darüber hocherfreut, kehrte in sein Haus zurück, läutete die Glocken und wollte die Aufrichtigkeit seiner Unschuld beweisen. Nachdem die Gemeindemitglieder sich versammelt hatten, stand er mit fortdauernder Hoffnung erfüllt auf der Kanzel und lüftete vertrauensvoll seine Kleider. Und alsbald erschien sein Glied umfänglicher als vorher. Die erste deutsche Übersetzung stammt vmtl. von Arnim, sie steht in einer Vorstufe zu seiner Geschichte des Prediger Tanner und was er in der Frauenschule gelernt (1809): Es ist eine bekannte Erzählung aus den
Heilgengeschichten, daß ein Pfarrer wegen seiner Ausschweifungen von der Gemeine vertrieben im Walde umherirrte dem Teufel, der als ein frommer Einsiedler erschien, seine Noth klagte; der Teufel sagte, daß auf sein Gebet, ihm alles verschwinden sollte, was zur fleischligen Sünde nothwendig. Der Pfarrer empfand auch diese Wirkung, ging Eilends ins Dorf zurück, läutete die Gemeine in der Kirche zusammen, bestieg den Altar um allen öffentlich sein Unvermögen zur Sünde zu bescheinigen, aber welches Gelächter entstand, als die teuflische Bosheit diese Theile ihm inzwischen ums Dreyfache vergrössert hatte. (Arnim/W III, S. 1190f.) Weniger drastisch in der vollständigen Version der Geschichte des Prediger Tanner (ebd., S. 429,29–430,6). 202 Hausfreund] Vmtl. Albert von Zschock, Schwager Pistors. Das Zschocksche Ehepaar lebte in demselben Haus wie das Pistorsche (Mauerstraße Nr. 34), das ihnen von der Mutter Pistors überlassen worden war. (Vgl. Rudorff 1938, S. 94f.)
369.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 8. April 1805, Montag
DV: H. B: −. A: −. H: GSA 03/1050. − 1 Dbl. ca. 235 x 193 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 3x quer gefaltet. − WZ: VAN DER LEY. Fremdeinträge: 1r aoRm: 3, aoRr: 7 2r aoRr: 9. Besonderheiten: Zu dem Steig 1894, S. 140 erwähnten nicht erhaltenen Brief stellte Schewe 1932, S. 146 richtig, Steig habe den Brief nur nicht ge-
597
Zu Nr. 369
druckt. – Beischrift unter der Skizze 1v: Opitz, Beischrift darüber: Beischrift rechts: Fig 1. D1: Härtl 1990, S. 125f. D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 289–291 (Nr. 56).
Das alles,
Varianten 2 zweymal an Dich geschrieben und] üdZ eing. 15 bey] aus von 16 hocherhaben] ho aus se 28 die 〈...〉 Wälder] üdZ 29 um] aus an 33 34 Lieder] L aus m 35 mir] danach gestr. doch 46 über Ritter] üdZ eing. 52 usw] idZ
6 habe] üdZ eing. 21 der] aus dem es] danach gestr. doch 38 durch] d aus 〈x〉
Erläuterungen 2 zweymal an Dich geschrieben] Nr. 366 und 367. 6 eine feste Burg] Nach Luthers Lied Eine feste Burg ist unser Gott. Vgl. Nr. 371,14 und Erl. 7–10 daß Tieck zurückkehrt 〈...〉 aus der Finkschen Familie 〈...〉 Familien∧verhältnissen.] Tieck kehrte nicht von München nach Berlin zurück. Mit der Finkschen Familie ist die Familie Finck von Finckenstein gemeint. Briefe an Tieck aus dem Frühjahr 1805 mit negativer Tendenz über Berliner Äußerungen seines Bruders Friedrich Tieck sind nicht bekannt. Der mit Amalie, geb. Alberti verheiratete Tieck war mit Henriette Finck von Finckenstein eng befreundet, und seine mit dem Berliner Pädagogen August Ferdinand Bernhardi verheiratete Schwester Sophie reiste mit ihrem Liebhaber, dem estländischen Baron Georg von Knorring, und ihren Kindern, die Bernhardi an sich zu bringen suchte. Vgl. Nr. 362,69 und Erl. 18–19 ein lächerliges Gesicht in einen Rettig geschnitten] Anspielung auf Falstaffs Schlußrede in Shakespeares König Heinrich IV. Zweiter Teil, III/2: wenn er nackt war, sah er natürlich aus wie ein gespaltner Rettich,
an dem man ein lächerliches Gesicht mit einem Messer geschnitzt hat (Übersetzung von A. W. Schlegel). 20–21 Den Leipziger Katalog 〈...〉 Backofen hatte schon abgesendet] Gemeint ist der von Brentano am 15. Februar empfohlene Katalog der Bibliotheca Boerneriana. Für die in Leipzig am 18. März stattfindende Versteigerung nahm in Berlin der Kandidat Backofen Bestellungen an, der diese jedoch schon abgeschickt hatte, als Arnim auf die Nachricht Brentanos reagieren wollte. Vgl. Nr. 365,33 und Erl.
598
Zu Nr. 369
22–23 25–27
den Herderschen] Vgl. Nr. 368,44–49 und Erl. Opitz 〈...〉 Wolfsbrunnen bey Heidelberg 〈...〉 mit Rhu und Lust umgeben] Arnim zitiert V. 1 von Martin Opitz’ Sonett Vom Wolffesbrunnen bey Heydelberg, dessen erste Strophe lautet: Dv edler Brunnen du, mit Rhu und Lust vmbgeben, Mit Bergen hier vnd da als einer Burg vmbringt, Printz aller schönen Quell, auß welchen Wasser dringt Anmutiger dann Milch, vnd köstlicher dann Reben. (Martini Opitii Weltliche Poe¨mata. Der Ander Theil. Zum vierdten mal vermehret vnd vbersehen herauß gegeben. Frankfurt/M. 1694, S. 362. – Exemplar der Arnim-Bibl., Sign. B 937.) Kurz vorher, am 30. März, hatte sich Brentano in einem Brief an Savigny auf das Sonett bezogen. Vgl. DjB Nr. 1055. 28–30 die Oden im vierten Buche der poetischen Wälder 〈...〉 Ist irgend zu erfragen 〈...〉 Liebespein.] Oden oder Gesänge im Vierten Buch von Opitz’ Weltlichen Poe¨mata. Arnim zitiert den Beginn der zweiten Ode. Unter dem Titel Unerhörte Liebe im ersten Band des Wunderhorns. 31–32 die Schäfrey von der Nimfe Hercyne] Schäfferey von der Nimfen Hercinie (1630), eine Schäferdichtung, die erste deutsche Prosaekloge mit lyrisch-didaktischen Einlagen, die Arnim ebenfalls im Vierten Buch der Weltlichen Poe¨mata kennenlernte: Eine poetische Bergwanderung von Freunden führt zu einer Grotte, an der sie von der Nymphe Hercinie empfangen werden, die im Berginneren hofhält und die schlesische Heimat sowie das gräfliche Haus Schaffgotsch preist. 32 Jean Pauls Campanerthal] Jean Paul, Das Kampaner Thal oder Über die Unsterblichkeit der Seele (1797). 40 Ich höre bey Gall] Vgl. Nr. 367,145–153 und Erl. 51 Deiner Büste] Vgl. Nr. 366,82–85 und Erl. 57–58 wenn ich meinen Hippokrates schreibe] Nicht realisierter Plan. 60–62 Die Abänderung in dem einen beygefügten Liede 〈...〉 das Ursprüngliche beygeschrieben] Eine (nicht näher identifizierte) Änderung in einem der Lieder Arnims in Reichardts Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand, den Arnim mit seinem Brief vom 25. März (Nr. 367) geschickt hatte. 70 Glückwünschen] Zur bevorstehenden Niederkunft.
599
Zu Nr. 369.E
369.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 8. April 1805, Montag DV: H. B: −. A: −. H: GSA 03/174. − 1 Dbl. ca. 228 x 186 mm; 1v ½ S. beschr. − Im Mittelfalz stark beschädigt. − WZ: I G EBART. Datierung: Analog Nr. 369.
Erläuterungen Vgl. Nr. 369.
370.
An Louise von Schlitz in Regensburg Berlin, 8. April 1805, Montag
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS 8. − 1 Dbl. ca. 228 x 186 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; nicht gefaltet. − WZ:
I G EBART. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: L. A. von Arnim., aoRm Stempel: ST. BIBLIOTHEK BERLIN, auRl Varnhagen: Bettina. D1: Steig 1894, S. 140 (TD). D2: Weiss 1986, S. 36f. (Nr. 7).
PR.
Varianten 12 29 49
Sich] S aus s 23 Hauptzeichen] z aus p 25 Zimmer] Z aus I vor] aus der 36–37 Nationalität] at aus 〈xx〉 49 Ihnen] I aus i Ihren] Ihr aus 〈xxx〉
Erläuterungen 3 Ich habe so lange geschwiegen] Der letzte überlieferte Brief Louise von Schlitz’ wurde zwischen letztem Drittel November 1802 und Januar 1803 geschrieben (WAA XXXI, Nr. 275), das letzte Briefkonzept Arnims ist vmtl. vom zweiten Drittel August 1803 (WAA XXXI, Nr. 317.K). 12–13 dem Sie Sich wahrscheinlig bald nähern] Da die Tante im Frühjahr/Sommer von Regensburg, wo ihre Eltern lebten, nach Mecklenburg zu rei-
600
Zu Nr. 371
sen pflegte, wo ihr Mann Hans von Schlitz in der Nähe von Teterow – im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin – das Gut Karstorf bewirtschaftete. 13–15 In vierzehn Tagen 〈...〉 nach Heidelberg von da in ein Bad zu gehen] Arnim reiste am 7. Mai von Berlin ab – zunächst nach Giebichenstein (bei Halle), wo er Reichardt und dessen Familie wiedersah. In Heidelberg traf er am 9. Juni oder kurz zuvor ein; ein Bad besuchte er danach nicht. Vgl. zu Nr. 371,145–148. 21–22 seit seiner Abreise 〈...〉 seit einem Monat] Hans von Schlitz wird der Tante von Regensburg vorausgereist sein, sich zunächst in Berlin aufgehalten haben und um den 8. März von dort nach Karstorf gefahren sein. 40 die Gallsche Schädeldeutung] Vgl.: Nr. 367,145–153 und Erl.; Nr. 369,40–58; Nr. 369.E. 41 Kartenschlagen] zum Kartenschlagen werden die Spielkarten ge-
mißbraucht, indem man vorgibt, aus der zufälligen Lage der einzelnen Blätter 〈...〉 vermöge der willkürlich angenommenen Bedeutung ihrer Figuren, das Schicksal eines Menschen od. einzelne Begebenheiten seines Lebens vorhersagen zu können (Pierer IX, S. 346). 44 dieses Golgatha] Der Nahme ist syrisch und bedeutet eigentlich einen Hirnschedel. Vermutlich ist dieser Berg deshalb so genennet worden, weil er einer kahlen Hirnschale ähnlich sah. Damit stimmt auch die lateinische Bezeichnung Calvaria und die deutsche Schedelstätte überein. (Roth 1805–1806, Bd. I, S.398.) 371.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, kurz vor Mitte April 1805
DV: H. B: Nr. 368. A: Nr. 372, 375. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 46r–47v + 48r–49v. − 1 Dbl. ca. 227 x 187 mm + 1 Bl. ca. 227 x 187 mm + 1 Bl. ca. 234 x 192 mm; je 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Nicht identifiziert. (Im aufgeklebten Falz.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 470, aoRm: (Spee), aoRr: 1805 (unter gestr. 1808), daneben: 46 2r aoRr: 47 3r aoRl: 471, aoRr Steig: 1805. wohl im April, daneben: 48 3v Z. 145–146 Den vierten May will ich von hier fort unterstrichen (Bleistift) und über May: 1805 (Bleistift) 4r aoRl: 471〈!〉, aoRr 49 4v arR: 1806 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern)
Steigs. Besonderheiten: Von Sophie Brentano ihrem Mann von Heidelberg nach Frankfurt nachgeschickt. – 4v links neben letzter Strophe schräg kleine Zahlenkolonne (Arnim?). – Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 24 und 25.
601
Zu Nr. 371
Datierung: Arnim beantwortete mit dem undatierten Brief den datierten Brentanos vom 2. April, und Sophie Brentano dankte ihm am 24. April (Nr. 372) für seinen Brief. Arnim wird ziemlich genau in der zeitlichen Mitte zwischen 2. und 24. April geschrieben haben: kurz vor Mitte April. Die auf der Route BerlinHalle-Gotha-Heidelberg beförderte Post war Ende 1804/Anfang 1805 zirka zehn Tage unterwegs. (Vgl. Datierung von DjB Nr. 1028.) D1: Steig 1894, S. 141–143; nicht näher datiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 66, Nr. 6, 7 und 8 (TD, kurzer Auszug); nicht näher datiert. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 283–288; datiert: Anfang April 1805; nicht als Antwortbrief zu Nr. 368 identifiziert.
Varianten 8 auf] aus 〈xxx〉 8 die] d aus 〈x〉 13–33 Lied 〈...〉 Luther] Eine feste Burg 〈...〉 linkssp., (Schlußvers) rechtssp. daneben 17 hat] t aus 〈x〉 24 sie sollen] aus er soll danach gestr. doch 35 stieg und] üdZ eing. 76 gebären] b aus w 78 ein] n aus ne 82 Er] über gestr. Und 97 oder] aus 〈xxx〉 98 jungen] aus alten 98 Leute] danach gestr. anfingen 102 gebildete] g aus 〈x〉 113–129 Blühende Herzen 〈...〉 Greflinger] die beiden Str. zweisp. nebeneinander 119 Lasset] L aus 〈x〉 129 Greflinger] nachträgl. 133 für] aus 〈xxx〉 134 uns] u aus zu 136 Otmars] aus 〈xxx〉 142 oder] üdZ 143 Knospe] pe aus 〈xxx〉 146 den] d aus 〈x〉 151 Umherirren,] , aus . 157 ich] aus b 157 beywohne] w aus s 166 ladest] l aus 〈x〉 168 grüngespizen] Schluß-n aus t 171 Auf] aus Du 171 durren Lub] über gestr. wachest ganz 172 voll] über gestr. ruft 172 Winterpein] pein aus schnee 175 Und] darüber Sich 〈xxx〉 176 seid ihr] aus bin ich 178 hier] aus 〈xxx〉 180 Sich federt] darüber gestr. Es schwingt sich 181 Es schwingt sich] über gestr. Und flieget 182 Wein] über gestr. Hayn 183 Wer] aus Wo 184 Mit Laute] über gestr. Mit schlagend Mit aus 〈xxx〉 nach Laute gestr. er 186 Wir] vor gestr. Ich 187 im] aus zum
Erläuterungen 2–3 die Himmelsschäflein, die nos Abschrift von Spees Ecloga
sie zu uns hergetrieben] Sophie Brentaoder Hirtengesang von Christo dem Herrn im Garten vnder der person deß Hirten Daphnis in der Beilage (Nr. AII.20.A) des Bezugsbriefes.
602
Zu Nr. 371
5–6
das letzte von Dir abgeschriebene] Brentanos Abschrift von Spees Andere Ecloga oder Hirtengesang von selbiger materi darin der Bach Cedron Poetisch eingeführt wird in der Beilage (Nr. AII.20.A) des Bezugsbriefes. 8–9 Geschichte des Endymion] Schöner Schläfer der griech. Mythologie, Geliebter der Mondgöttin Selene, die zu ihm herabstieg, wenn er von der Jagd ermüdet entschlummerte, und ihm fünfzig Töchter gebar. Zeus gewährte ihm ewigen Schlaf mit Unsterblichkeit und Jugend. 11–12 Luther 〈...〉 auf der Rückreise von Worms von Bewaffneten geraubt] 1521, als Luther auf der Rückreise vom Wormser Reichstag auf Veranlassung des sächsischen Kurfürsten nach einem vorgetäuschten Überfall auf die Wartburg in Sicherheit gebracht wurde. 14 Eine feste Burg ist unser Gott] Das Lied entstand 1527 auf Worte des Psalms 46. Unter dem Titel Kriegslied des Glaubens mit der Herkunftsangabe Mündlich nach Martin Luther Lieder. Zittau 1710. S. 502 〈...〉 (FBA VI, S, 105) nach Arnims Brief oder einem Exzerpt im ersten Band des Wunderhorns. Der (bereits von Rölleke in FBA IX/1 nicht identifizierte) von Arnim angeblich benutzte Druck aus dem Jahr 1710 ist nicht ermittelbar. 34 die Nachtigal] Luther nach Hans Sachs’ Gedicht Die wittembergisch Nachtigall, die man jetzt höret überall (1523). 35 die Trutznachtigal] Friedrich Spee nach dem Titel seiner Liedersammlung. 38 Jesaia dem Propheten das geschah] Luthers Lied Das deudsch Sanctus, entstanden vor 1527 nach Jes 6,1–4. Unter dem Titel Jesaias Gesicht nach Arnims Brief oder einem Exzerpt im ersten Band des Wunderhorns. Der dort wie zu Eine feste Burg ist unser Gott angegebene Druck ist nicht ermittelbar. Vgl. Brentanos Umdichtung Auf einen Pfingsttag es geschach zu Beginn seines Briefes von Ende Mai bis 14. Juni 1806 (Nr. 457). 55 Sie ist mir lieb die werthe Magd] Das Lied entstand vor 1536 nach Off 12. Nach Arnims Brief oder einem Exzerpt im ersten Band des Wunderhorns. Der dort wie zu Eine feste Burg ist unser Gott angegebene Druck ist nicht ermittelbar. 98–99 wo die jungen Leute 〈...〉 alt und geistlig zu werden] Arnim wird an die Spinoza-Debatte zwischen 1780 und 1787 mit dem Höhepunkt 1785/86 gedacht haben, auf dem Moses Mendelssohn seinen verstorbenen Freund Lessing gegen den von Friedrich Heinrich Jacobi provozierten Vorwurf des Spinozismus verteidigen zu müssen glaubte. Auch Lavater, Claudius, Hamann und andere argumentierten antispinozistisch. (Vgl. Teller 1989.) 100–103 Ein schöner Zug Berlins 〈...〉 Einführung des neuen Gesangbuches 〈...〉 ausschlugen.] Nach zuvor gescheiterten Versuchen war 1780 mit
603
Zu Nr. 371
dem von den Berliner Theologen Johann Samuel Diterich, Johann Joachim Spalding und Wilhelm Abraham Teller bearbeiteten Gesangbuch zum gottesdienstlichen Gebrauch in den Königlich Preußischen Landen der »Versuch eines rationalistischen Einheitsgesangbuches« unternommen worden, doch »vor allem in Berlin und in der Altmark (Osterburg) ergaben sich kirchenkampfähnliche Unruhen, die nach dem von den Gemeinden erbetenen Eingreifen des Königs (24.7.1782) mit einer Niederlage des Geistlichen Departements und der Berliner Aufklärer endeten. Der Streitfall, in der übrigen Monarchie stark beachtet, zeigt, wie unter dem Dach friderizianischer Aufklärung kleinbürgerlich neoreformatorischer Glaube, schriftgläubige Orthodoxie und zeitabgewandter Spätpietismus unversöhnt neben dem reformeifrigen und zum Teil grobschlächtigen Rationalismus bestanden.« (Heinrich 1981, S. 117.) 101 König] Friedrich II. von Preußen. 102–103 Gemeinen] Schwesterform von Gemeinden. 103 Porstische Gesangbuch] Pietistisch beeinflußtes Brandenburger Gesangbuch von Johann Porst: Geistliche und Liebliche Lieder, Welche der Geist
des Glaubens durch Doct. Martin Luthern, Johann Hermann, Paul Gerhard, und andere seine Werckzeuge, in den vorigen und jetzigen Zeiten gedichtet 〈...〉 (Berlin 1708, überarbeitet noch 1905). Arnim besaß eine Ausgabe von 1765 (Arnim-Bibl. Sign. B 2261). Vgl. seine Mitteilung an Winkelmann vom 24. September 1801, daß in Porstens altem Gesangbuche einige überaus schöne Lieder und Naturallegorien sind (WAA XXX, Nr. 172,50–51). 104 das Lutherische Paul Gerhards] Paul Gerhardt, Geistliche Andachten (Berlin 1667). 104 Mich. Weiß] Michael Weiße, Ein new Gesengbuchlen (Jungbunzlau 1531), erstes deutsches Gesangbuch der böhmischen Brüder. 105–106 astronomischen Erläuterungen] Es gibt in dem preußischen Gesangbuch keine Anmerkungen oder Fußnoten zu den einzelnen Liedern, sondern Arnim nimmt Anstoß an der pedantischen Gliederung mit Haupt- und Untertiteln. So folgt auf den Titel Erste Hauptabtheilung der Untertitel Lob Gottes, auf diesen als weiterer Untertitel Allgemeines, und vor den jeweiligen Liedtexten stehen die durchnumerierten Melodie-Angaben: 1. In bekannter Melodie, 2. Mel. Nun danket alle Gott usw. Da die einzelnen Strophen jedes Liedes ebenfalls durchnumeriert sind, wird Arnim einen weiteren Anlaß gehabt haben, von astronomischen Erläuterungen zu schreiben. 107–108 Ausschnitte aus dem deutschen Museum] Das von Heinrich Christian Boie (bis August 1778 mit Christian Konrad Wilhelm Dohm) herausgegebene Deutsche Museum (Leipzig 1776–1788), fortgesetzt als Neues
604
Zu Nr. 371
Deutsches Museum (Leipzig 1789–1791). Aus den Jahrgängen 1778, 1780 und 1781 gelangten vier Lieder ins Wunderhorn. Die Ausschnitte Erduin Julius Kochs sind im Wunderhorn-Material zum Teil erhalten. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 750.) 108 Kanzlers Quartalschrift] Quartal-Schrift, für Aeltere Literatur (1783–1784) von Karl Christian Canzler und August Gottlieb Meißner, aus der zwei Lieder in das Wunderhorn gelangten. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 757f.) 108–109 Gottscheds Büchersaal] Johann Christian Gottscheds Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freien Künste. 10 Bde. Leipzig 1745–1754. 110–111 auch von Reichardt 〈...〉 alte Sachen.] Vgl. zu Nr. 367,170–171. 113–129 Blühende Herzen 〈...〉 Greflinger] Die beiden Strophen nach z w e i Liedern Georg Greflingers. Die erste Strophe ist Umdichtung der ersten Strophe von An seine Gesellschafft in Seladons Weltliche Lieder, Frankfurt/M. 1651, Nr. 4, S. 58–61: LAsset vns schertzen / Blühende Herzen / Lasset vns lieben Ohne Verschieben. Lauten vnd Geigen Sollen nicht schweigen / Kommet zum Dantze / Pflücket vom Crantze. Die zweite Strophe ohne wesentliche Änderung nach der ersten Strophe von
Wieder einen Bier-Taback-und Brandwein-säuffer in Poetische Rosen und Dörner / Hülsen und Körner, Hamburg 1655, Nr. 23, unpag.: 1. WEine vom Reyhne / Necker und Meyhne / Stärcken der Sinnen / Geistig beginnen. Wasser mit Hopffen / Pfeiffen bestopffen / Brandwein zu Nöseln / Machet zu Eseln. Beide Strophen sind Ricklefs 1980, Nr. 194 und Arnim/W V, S. 203 ohne Hinweis auf Greflinger als e i n Gedicht Arnims registriert bzw. ediert.
605
Zu Nr. 371
127 Nöseln] Nösel: ein kleineres Maß, öfter in Verbindung mit Branntwein. (Vgl. DWb XIII, Sp. 901.) 130–133 Mein Aufsatz über Volkslieder 〈...〉 Vorrede unsrer Lieder∧ brüder für meinen Antheil] Arnims Aufsatz Von Volksliedern wurde demnach nicht für das Wunderhorn geschrieben, sondern für das parallel laufende Projekt der Lieder der Liederbrüder. Die Aufforderung Brentanos: Nr. 368,79–81; diejenige Arnims nicht im Erstdruck in der Berlinischen Musikalischen Zeitung, sondern als Fußnote des erweiterten Drucks im ersten Band des Wunderhorns: Diese Sammlung sey dem Leser eine Probe von
dem, was wir wünschen. Wer der Gelegenheit und Lust ermangelt, was er entdeckt, bekannt zu machen, dem erbiethen wir uns, mein Freund Clemens Brentano in Heidelberg und ich in Berlin (abzugeben im Viereck n. 4.) zur schnellen Herausgabe. (FBA VI, S. 440.) 141–142 Stillings Beschreibung der Burgundischen Kriege] Diebold Schilling, Beschreibung der Burgundischen Kriegen. Und einicher anderer in der Schweitz, und sonderlich zu Bern, Um selbige Zeit vorgefallenen Merckwürdigen Begebenheiten. Bern 1743. – In Brentanos Bibliothek (Kat. Brentano 1974, S. 29, Nr. 37), auch in der Arnims (Sign. B 620); Quelle für das Wunderhorn (vgl. FBA IX/3, S. 761). – Diebold Schilling d. Ä. hatte eine dreibändige Chronik der Stadt Bern verfaßt; die von ihm zurückgehaltene Originalfassung des dritten Teils ist die umfassendste Quelle zu den Burgunderkriegen. (Vgl. Schilling 1985 [mit 199 dazugehörigen, nicht von Schilling stammenden aquarellierten Federzeichnungen].) 144 Großmutter] Caroline von Labes in Berlin. 145–148 Den vierten May 〈...〉 ob ich über Weimar gehe] Arnim verließ Berlin am 7. Mai, wie aus einem Antrag hervorgeht, den er und sein Bruder Carl Otto von Arnim am 2. Mai an die Mittelmärkische Ritterschafts-Registratur richteten (vgl. Nr. AII.19). Nach Halle bzw. Giebichenstein wird er, wie im damaligen Postverkehr üblich, vier Tage unterwegs gewesen sein. Am 22. Mai trug sich dort Friederike Reichardt in sein Stammbuch ein (vgl. Nr. AI.51). Bald danach wird er weitergereist sein. Da er erst am 9. Juni oder kurz zuvor in Heidelberg eintraf, ist anzunehmen, daß er sich auf weiteren Reisestationen aufhielt, und zwar in Weimar und Gotha. Daß er in Weimar war, erhellt aus Reichardts Brief an ihn vom 23. Juli (Nr. 384,2–4), doch gibt es keine weiteren Zeugnisse über den Aufenthalt. Für eine Zwischenstation in Gotha hatte ihm Brentano im Brief vom 15. Februar den Regierungsrat Geißler empfohlen (vgl. Nr. 365,48–50), und Arnim wird diese Empfehlung befolgt haben. Auch über die mutmaßliche Unterbrechung in Gotha sind Details nicht bekannt. Über Meiningen (vgl. Nr. 402,2) reiste er dann nach Heidelberg.
606
Zu Nr. 372
156–157 Vor dem Ende Mays 〈...〉 zur Taufe 〈...〉 beywohne] Arnim traf erst später in Heidelberg ein (vgl. vorige Erl.); die Taufe der Tochter Joachime war am 23. Mai. 163 Reiselied meiner Laute.] Zu den Fassungen des Gedichts vgl. Ricklefs 1980, Nr. 487.
372.
Von Sophie Brentano nach Berlin Heidelberg, 24. April 1805, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 360, 371. A: Nr. 376. H: GSA 03/192a. − 1 Bl. ca. 242 x 190 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − An den Rändern beschädigt, rotes Siegel. − WZ: Oberer Teil von Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 469, aoRm: 1, daneben: 77, aoRr: 1X 9, darunter:
Heidelberg, 24. April 1805. Postzeichen: Abgangsstempel: R.1.HEIDELBERG. Ankunftsvermerk: Ap. Neuer Packhof. Portozeichen. D1: Steig 1894, S. 140 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 (TD, kurzer Auszug). D3: Kat. Henrici 155, S. 44, Nr. 135 (TD, kurzer Auszug). D4: Migge 1959, S. 398f.
30.
Varianten 11 aber] üdZ eing. 11 dann] a aus e danach gestr. Schluß-r aus s 28 Clemens] danach gestr. hat
ich
18
größter]
Erläuterungen 1 Clemens ist in Frankfurt] Brentano war von etwa 10. bis 27. April bei seinen Verwandten in Frankfurt. 11–12 hofe ich Sie mit zwei Leben zu begrüßen] Geburt der Tochter Joachime am 13. Mai 1805. 14 Die Xenien] Die Titelvorschläge für Sophie Brentanos Bunte Reihe kleiner Schriften in Arnims Brief vom 3. Januar (Nr. 360,60–78). Der Terminus Xenien ist nicht poetologisch gemeint (Distichen wie die Xenien Goethes und Schillers von 1796), sondern vmtl. botanisch. »In der B o t a n i k heißen X. alle
607
Zu Nr. 372
Abweichungen von der normalen Gestalt oder Färbung, die an irgendwelchen Teilen einer Pflanze durch direkte Einwirkung fremden Blütenstaubes hervorgebracht werden.« (MGKL XX, Sp. 808.) 15–18 mich über den Cardenio 〈...〉 in meinem Buch] Vgl. Nr. 366, 114–115 und Erl. 19 Name, den Sie ihm gegeben haben] Vgl. Nr. 366,129–130 und Erl. 20–23 jenen rachsüchtigen Wirth in München 〈...〉 eine Bratwurst schuldig geblieben ist] Luther soll in einem Gasthaus in Erfurt in der Eile des Aufbruchs vergessen haben, seine Bratwürste zu bezahlen. Der Wirt kreidete das daraufhin an der Tür an. Während des Siebenjährigen Krieges soll dann ein preußischer Husar dafür bezahlt und den Wirt aufgefordert haben, die Notiz auszulöschen. Diese Geschichte verbreitete sich auch nach München, wo Luther nie war. (Vgl. Höllerl 2004, S. 58.) 28–29 Clemens wird 〈...〉 geschrieben haben] Brentano scheint während seines Frankfurt-Aufenthalts nicht an Arnim geschrieben zu haben. 34 Im Levischen Hause] Vgl. zu Nr. 360,2–3.
*373. Von ? nach Berlin ?, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 DV: H. B: −. A: −. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 382. Datierung: Da Arnim Berlin am 7. Mai verließ (vgl. zu Nr. 371,145–148), wird der ihm nachgeschickte Brief kaum vor Anfang Mai geschrieben sein, und da die Großmutter erst im Briefteil vom 1. Juli über den Eingang des Briefes berichtet, kaum nach dem 25. Juni.
*374. Von ? nach Berlin ?, zwischen Anfang Mai und etwa 25. Juni 1805 DV: H. B: −. A: −. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 382. Datierung: Analog Nr. *373.
608
Zu Nr. 375
375.
Von Clemens Brentano nach Giebichenstein Heidelberg, vmtl. zwischen 5. und 10. Mai 1805, Sonntag und Freitag
DV: H. B: Nr. 371. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 82r–82v. − 1 Bl. ca. 240 x 197 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Unregelmäßige Ränder, arR Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 1v roter Siegelrest. − WZ: Nicht identifiziert. (Im aufgeklebten Falz.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 473, aoRr mit Rötel durchstrichen: X, darüber: 82. Postzeichen: Stempel: R.1.HEIDELBERG. 3 Portozeichen. Datierung: Das Glas, von dem Brentano schreibt, Bettina habe es ihm für Arnim geschickt, wird kaum vor dem 5. Mai in Heidelberg eingetroffen sein, denn Brentano war vmtl. am 27. April von Frankfurt abgereist, und die Schwester wird ihm von da das Glas nicht unmittelbar nach der Abreise geschickt haben, sondern frühestens einige Tage später. Mit diesem Kriterium konvergiert, daß Arnim Sophie Brentano aus Giebichenstein im zweiten Mai-Drittel (Nr. 376) auf deren Brief vom 24. April (Nr. 372) antwortete, ohne Brentano zu erwähnen. Er wird um den 11. Mai in Giebichenstein eingetroffen sein und dort zu seiner Enttäuschung noch keine Nachricht Brentanos vorgefunden haben, obwohl er doch in Nr. 371 darum gebeten hatte. Ein weiteres Datierungskriterium ergibt sich aus Brentanos Feststellung zu Beginn des Briefes: So bist du dann endlich unterwegs 〈...〉. Diese Feststellung war auf Arnims Mitteilung seiner Abreise am 4. Mai in Nr. 371 bezogen – er reiste allerdings erst am 7. Mai ab (vgl. zu Nr. 371,145–148). Daß Brentano nach dem ersten Mai-Drittel geschrieben hat, ist wenig wahrscheinlich, da die Tochter, von der er schreibt, in vierzehn Tagen sei sie gewiß schon da, am 13. Mai geboren wurde. D1: Steig 1894, S. 143 (TD); nicht näher datiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 5 (TD, kurzer Auszug); nicht näher datiert. D3: FBA XXXI, S. 429 (Nr. 411); datiert: um den 8. Mai 1805. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 291 (Nr. 57); datiert: ebenso.
Varianten 14
machen]
danach dick gestr.
bis beiliegender
609
〈xxx〉
Scherz
Zu Nr. 375
Erläuterungen 3 Giebichenstein] Dorf unterhalb der gleichnamigen Burgruine bei Halle an der Saale, in dem Reichardt mit seiner Familie nach seiner Berliner Entlassung als königlich preußischer Kapellmeister als Salinendirektor in einem »Dichterparadies« (Neuß 1949) wirkte, das »in den Jahren bis 1806 zu einem wirklichen Gasthaus literarisch-kultureller Geistigkeit aufblühte und sich, als Halle 1804 bis 1806 an die erste Stelle der deutschen Universitäten rückte, mit Berühmtheiten und Unberühmtheiten aus allen Teilen Deutschlands füllte. Auf dem Hang seines Berggartens, mit dem Blick auf das Saaletal, die Burgruine Giebichenstein und den fernen Petersberg, den Reilsberg zur Rechten, im Rücken das rauchverhangene Halle und die Ebene bis Leipzig, – konnte man damals nicht nur Musiker, sondern auch Dichter, Gelehrte und Literaten von überallher treffen, gebildete Bürger aus Halle, Beamte, Offiziere, Professoren und Studenten der Universität.« (Hartung 1964, S. 312.) Den von einer Mauer umgebenen Garten strukturierte »eine klare Zweiteilung nach dem vom Gelände vorgegebenen Oben-UntenGegensatz 〈...〉, wodurch ein landschaftlich angepaßter Berggarten am nach Halle gelegenen Hang sowie ein auf sanfter Höhe über dem Saaletal gelegener Talgarten entstand, wo sich das Haus befand«, dessen Gartensaal »zwar die Einheit aus Haus und Garten als architektonisches Bindeglied noch stärker akzentuierte, der jedoch auch auf die umgebende Landschaft des nur wenig tiefer gelegenen Saaletals bezogen war« (Tausch 2006, S. 210f.). Arnim, der Giebichenstein als hallescher Student kennengelernt hatte, setzte dem Gastgeber mit seinen Töchtern bereits in Hollin’s Liebeleben ein literarisches Denkmal: Ein schöner heiterer Mann mit freundlichem Blick und freier Stirn bat mich bei ihm einzutreten 〈...〉 Poleni war es, den
wir als politischen Schriftsteller mit einander schon früh ehrten. Er erfreut sich hier nach manchen Verfolgungen einer tätigen Ruhe in der Mitte seiner Kinder. – Wir traten in sein Wohnzimmer, seine vier Töchter sangen zum Pianoforte ein Chor 〈...〉 Ich sah vor mir ausgebreitet das mannigfache Grün des Parks, der durch eine große geöffnete Tür, mit dem Lichte in den Saal zu treten schien (Arnim/W I, S. 60). Das Erlebnis der Giebichensteiner Geselligkeit schlug sich in weiteren Texten nieder, so im Freyen Dichtergarten, dem Eröffnungsgedicht der Zeitung für Einsiedler (vgl. Tausch 2006, S. 212–214). In einer späteren Aufzeichnung heißt es: Wer Halle, den Musensitz als Student in schönen Frühlingstagen kennengelernt hat, wird gewiß auch den Musenalmanach, welchen die Saale dicht daneben bei Giebichenstein zwischen den Felsen gestammelt und herausgegeben hat durchblättert und durchgeklettert
610
Zu Nr. 376
haben. Vielleicht ist der Musensohn auf einer der Höhen von einer Mauer in seiner Umschauung gehemmt worden, wo gerade einer der glücklichsten Punkte den Ueberblick über die ganze Gegend zu gewähren versprach, hat des wegen die Bekanntschaft mit dem Besitzer dieses sinnvoll angelegten, reich und mannigfaltig geschmückten Waldgartens sich gewünscht, vielleicht auch durch raschen Sprung über die Mauer sich selbst in den Besitz einer Anschauung gesetzt, die in klaren Tagen bis zum Brocken reicht und diesen Grus der Musen vielleicht für sein ganzes Leben als wohlthuende Erinnerung bewahrt. Wer diese Höhen geschaffen, wir kennen ihn alle, wir preisen ihn, wer aber den Wink des Höheren verstand, hier Wege brach, Erde sammelte, pflanzte, verdient wohl auch daß sein Name genannt werde (Härtl 1971, Bd. II, S. 365f.). 4 es ist gar nicht übel dort] Brentano hatte Giebichenstein während seines Studiums in Halle im Frühjahr 1797 kennengelernt. Vgl. DjB Nr. 155 und Erl. 11–13 ein Polischinelltheater 〈...〉 nach Ticks zeichnung in Ziebingen geschnitten sind] Der Polichinelle ist eine französische Abwandlung der Figur des komischen Dieners (Pulcinella) aus der Commedia dell’arte. Brentano meinte vmtl. ein Schattenspiel (mit Figuren, die geschnitten sind) im Stil der italienischen Stegreifkomödie. Über die im Dezember 1804 in Ziebingen zum Schellmufsky von Tieck und Arnim entworfenen Zeichnungen hatte er Savigny im Brief von vmtl. 4. März 1805 berichtet. Vgl. DjB Nr. 1047. 14 Gundel hat 〈...〉 geboren] Die Tochter Bettina am 11. April. 15 Betine hat sie gehoben] Bettina war Taufpatin in Abwesenheit. 16 in meiner neuen reizenden Wohnung] Vgl. Nr. 365,55–56 und Erl.
376.
An Sophie Brentano in Heidelberg Giebichenstein, vmtl. zweites Drittel Mai 1805
DV: H. B: Nr. 372. A: −. H: GSA 03/240. − 1 Dbl. ca. 234 x 192 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 2 alR eingerissen, 2v Siegelrest. − WZ: Reitender Postillion auf verziertem Postament. Fremdeinträge: 1r aoRl: 472, aoRm: 4, aoRr: Mai (gestrichen: 1804), daneben: 11, darunter: Giebichenstein (gestrichen: Frühjahr) 1805. Besonderheiten: Vgl. Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 (Erwähnung).
611
Zu Nr. 376
Postzeichen: Portozeichen; Notiz: 9 kr 5 3¼. Datierung: Arnim wird um den 11. Mai in Giebichenstein eingetroffen sein (vgl. zu Nr. 371,145–148) und von dort bald an Sophie Brentano geschrieben haben. D1: Migge 1959, S. 399–401.
Varianten 2 9
Ihnen] I aus i sonst] so aus sch
3 seh Sie] 20 Wehes]
S aus s W aus et
7
Schuldner] S
aus
s
Erläuterungen 5–6 Giebichenstein 〈...〉 im Grünen im Blühenden] Vgl. zu Nr. 375,3. 10 allerley dumme Geseze zu entdecken] Reminiszenz Arnims an sein juristisches Studium und die entsprechenden Studentenarbeiten in Halle. (Vgl. WAA I, S. 339–350, 803–835.) 20 daß Ihnen der Monat Wehes anthut] Geburt der Tochter Joachime am 13. Mai. 21–22 bey der Taufe 〈...〉 Gevatter stehen] Vgl. zu Nr. 371,156–157. 28–30 Frau Registrator Klingelhöfer] Arnim gibt die nicht mehr aktuelle Heidelberger Adresse Brentanos an: am Paradeplatz (dem späteren Universitätsplatz), wo dieser mit seiner Familie bis zum Frühjahr 1805 wohnte. Zu der vmtl. verwitweten Wirtin konnte nichts ermittelt werden. Registrator: Angestellter bei Kanzleien, Gerichten, Ämtern. (Vgl. Roth 1805–1806, Bd. II, Sp. 305.)
*377. An Caroline von Labes in Berlin Giebichenstein, vmtl. um den 20. Mai 1805, Montag B: −. A: Nr. 382. Besonderheiten: Datierung: Arnim wird um den 11. Mai in Giebichenstein angekommen und bald nach dem 22. Mai von dort abgereist sein. (Vgl. Nr. 371,145–148 und Erl.) Da die Großmutter sein langes Stillschweigen beklagt, ist anzunehmen, daß er erst gegen Ende des Aufenthalts geschrieben hat.
612
Zu Nr. 379.K
*378. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Weimar, vmtl. Ende Mai/Anfang Juni 1805 B: −. A: Nr. 384. Datierung: Arnim, der Giebichenstein und Halle bald nach dem 22. Mai verlassen haben wird und zunächst nach Weimar reiste, wird sich dort Ende Mai/Anfang Juni aufgehalten und in dieser Zeit an Reichardt geschrieben haben. Vgl. Nr. 371,145–148 und Erl.
379.K An Christian Brentano in Marburg Heidelberg, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 DV: H. B: −. A: Nr. 381. H: FDH 12881. − 1 Bl. ca. 230 x 187 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet (vmtl. ältere Faltung). − Dünn, fleckig, verknittert, alR eingerissen. − WZ: Oberer Teil von bekröntem Posthornschild. Fremdeinträge: 1v aoRl: 643, 397/9 Stück, auRr: 12881. Datierung: Arnim, der spätestens am 9. Juni in Heidelberg eintraf, wird den Brief an Christian Brentano kaum vor Mitte Juni konzipiert und ausgefertigt haben. Christian Brentanos Antwortbrief ist zwar abschließend auf den 23. Juli datiert, aber er begann ihn wesentlich früher und ließ ihn nach Beendigung von zwei Doppelblättern längere Zeit liegen, wie aus dem Beginn des dritten Doppelblatts hervorgeht: Soweit lieber Arnim war mein Brief; während dem
hatten mich mancherley Verdrießlichkeiten so krank u mancherley Krankheit so verdrießlich gemacht; daß ich mein liebstes vergaß u mein angeligenstes hintenangesetzt, u also auch die die Beantwortung ihres lieben Briefs. (Nr. 381,157–160.) Christian Brentano wird den Antwortbrief kaum vor etwa 20. Juni begonnen, Arnim den seinen kaum nach dem 10. Juli beendet haben.
Varianten 3 zurückbehalte] danach gestr. Ihnen 5 höhere] aus deren 5 Analysis] danach gestr. des Unendligen 5–6 ist sehr 〈...〉 erfunden] üdZ 12 Folgerung] Fol aus Bem 16–17 erinnern 〈...〉 erregen] üdZ 17 und der Gebrauch] üdZ eing. 21 sie] danach gestr. Ihn eing. 26 unorganische] unor aus Natur 29 im] darüber unter
613
Zu Nr. 379.K
Erläuterungen 1 Ihr Program] Vgl. zu Nr. 381,2. 20 Jatromathematiker] Die Jatromathematik wendet mathematisch-physikalische Lehrsätze auf die Medizin an. Die Anhänger der Lehre galten als neuere naturwissenschaftliche Schule. (Vgl. Pierer VIII, S. 760.)
*379. An Christian Brentano in Marburg Heidelberg, vmtl. zwischen Mitte Juni und etwa 10. Juli 1805 B: −. A: Nr. 381. H: FDH 12881. Datierung: Analog Nr. 379.K.
*380. An Caroline von Labes in Berlin Heidelberg, etwa 18. Juni 1805, Dienstag B: −. A: Nr. 382. Datierung: Die Großmutter erhielt den Brief am 28. Juni, und da die von Heidelberg über Gotha und Halle beförderte Post etwa zehn Tage unterwegs war (vgl. Datierung von Nr. 371), wird er um den 18. Juni geschrieben worden sein.
381.
Von Christian Brentano nach Heidelberg Marburg, zwischen etwa 20. Juni und 23. Juli 1805
DV: H. B: Vgl. Nr. 379.K., *379. A: −. H: FDH 10136. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) + 1 Dbl. (III) je ca. 232 x 190 mm + 1 Bl. (IV) + 1 Dbl. (V) je ca. 213 x 182 mm;; 1r–8v 15¼ beschr. S.; 2x längs, 1x quer gefaltet. − Derb, fleckig, leichter Tintenfraß, 1r alR Abdruck von rostiger Büroklammer. − WZ: I: W Wimpf, II: Bekrönung, III: bekrönter Posthornschild, IV: Tannenbaum, V: J M 1802 MARBURG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 474, darunter Varnhagen: Christian Brentano, aoRr: 23. Juli 1805. 1 2v auR: 10136 3r aoRl: 474 2 3v auR: 10136 4r aoRl: 474 5v auR: 10136 6r aoRl: 474 6v auR: 10136 7r aoRl: 474 8r auR: 10136.
614
Zu Nr. 381
Besonderheiten: Eine durchstrichene Passage wird aufgrund ihres Zusammenhangs mit dem nicht gestrichenen Text durchstrichen wiedergegeben. Datierung: Vgl. Nr. 379.K. D1: Kat. Henrici 149, Nr. 79, S. 24 (TD, kurzer Auszug).
Varianten
Gott] G aus zu 9 Transfusion] aus 〈xxx〉 9 Arterie] danach gestr. zu 〈xxx〉 9 die Anfüllung] üdZ eing. 9 Quelle] danach gestr. zu füllen wenn 10 so] s aus d 11 dringt] aus trinkt 11 und] danach 13 nur vereintem] üdZ eing. 14–15 obgleich 〈...〉 gestr. obgleich vorbey sind] üdZ eing. 23 Doch ist] aus 〈xxx〉 23 dieß] danach gestr. ist 24 Leben] Schluß-s gestr. 24 das] aus 〈xxx〉 25 Glücklicher] danach gestr. von dem 26 Schönen] S aus s 26 Liebenswürdigen,] danach gestr. als 31 ich] danach gestr. zu 35 einer] aus der 37 gewesen] g aus d 39 hingegen] üdZ eing. 39 gehen] danach gestr. der 39 Doch] aus Aber 49 sage] g aus ch 49 es] danach 52 der] aus die danach gestr. Ursache 54 Aber] gestr. weiter danach gestr. soweit 56 durch] aus 〈xxx〉 57 negativer u positiver] üdZ eing. 59 Sprache] S aus 〈x〉 63 weit aber doch] üdZ eing. 64 weit] weit über gestr. viel 65 das Gegeneinander] üdZ 66 welche] danach gestr. sich 69 K] aus A 69 die] aus diese 70 freyeren] üdZ eing. 72 wo] über gestr. darin wieder 74 Vehikel] danach gestr. angeschauet 81 Zeit,] danach gestr. und leg 82 verschiednen] danach gestr. Möglichk 83 möglich*] danach gestr. z. B. die Schwer 92 nur] üdZ eing. 94 u Zeit] danach gestr. wenn 95 gleichsam] danach gestr. verlacht wird 104 will] alR eing. 104 elyptisch] e aus E 105 den] d aus 〈x〉 105 man] danach gestr. 〈xxx〉 108 Doch] aus Aber 110 solche] danach gestr. Mathem 112 der] danach gestr. Gehalt 114 hinter] aus 〈xxx〉 115 alles] danach gestr. Richtung 117 die] aus geben 119–120 Krystallisation] Kry aus Chry 120 Mechanik] danach gestr. liegt 126 durch] danach gestr. ihre 129 sie] aus sich 133 in] danach gestr. Vers 133 Vehikel] danach gestr. oder 141 daß] ß aus s 145 haben] aus hat〈xx〉 danach gestr. für 166 Brief] danach gestr. nicht blo 168 gehalten] ge aus ha 170 These] danach gestr. zur Zeit als ich da 170 näml*] danach gestr. in Hinsicht 172 Ich] aus Sie 176 Na177 Chirurgie] aus Medizin turkunde] Natur aus Medi 177 Medizin] Med aus Mat 181 Program] danach gestr. 〈xxx〉 7
615
Zu Nr. 381
Sache] danach gestr. 〈xxx〉 185 Organisch] O aus un Astronomie] Ast aus 〈xxx〉 207 wenigstens] danach gestr. nicht Die TotalErscheinung sämtlicher] über gestr. 〈xxx〉 231–232 und in so fern 〈...〉 liege] üdZ eing. 233 erste] aus 〈xxx〉 234 Muskel] aus 〈xxx〉 235 Elementen] danach gestr. ist 242 ich durch] durch aus nur 256 aber] aus und 257 Medizin die] aus 〈xxx〉 261 ver263 mittelbar die] üdZ 268–269 also zerren] zerren aus ziehen 269 die nämliche] über gestr. in der eine chirurgisch] üdZ eing. 272 von gewissen Winkel] üdZ eing. 273 Linie] danach gestr. das Gesetz des Falles 273 welche] danach gestr. aus den 277 Horizont] am Schluß gestr. al 277 constant] üdZ eing. 278 Unterschied] Un aus 〈xx〉 282 Diesen] danach gestr. schief 287–288 Das Geradbiegen 〈...〉 ansehen.] nachträgl. idZ 291 Eisenfeile] über gestr. Magneten 295 Vehikel] danach gestr. hier 295 wenn Sie auch] üdZ 295 das] danach gestr. ganze 296 Phänomen] danach gestr. können 296 so] aus Sie danach gestr. daraus nicht 296 erklären,] danach gestr. denn aus verminderten 297 ihre Erklärung] über gestr. sie 297 zusammen] danach gestr. durch die 〈xxx〉 die cohasion der oberen Schicht des 304 sind] aus ist 305 Hessische] aus 〈xxx〉 311 alten] Papiers aus 〈xxx〉 313 zu] aus so 314 u] aus als danach gestr. daß Sie 316 (Savigny 〈...〉 Müller] üdZ eing. 317 erschoßen] ß aus 〈xx〉 182 193 229
Erläuterungen 2 mein Programm] Christian Brentano, der seit Ende Mai 1803 in Marburg Medizin studierte, hatte dort aus Anlaß der Ernennung des Marburger Mediziners Johann Wilhelm Heinrich Conradi zum ordentlichen Professor ein Programm verfaßt, über das sein Bruder Clemens am 4. März 1805 Savigny berichtete: Sie werden wohl wissen, daß Christian ein wunderbar Mathe-
matisch Naturphilosophisches Program zu Conradis Professor werden geschrieben hat, in welchem dem Brown ein großer Stoß gegeben werden soll, es steht in einer so ernsthaften ironie mit der Veranlassung, und das ganze verzieht keine Miene (DjB Nr. 1047). Christian Brentano bezog sich auf Conradis zum Beginn des Frühjahrssemesters 1805 in Marburg publizierte, 29 Seiten umfassende Schrift Über einige Mängel der
Brownschen Therapie. Ein Programm zur Ankündigung seiner Vorlesungen von Ostern bis Michaelis 1805. Conradi hatte auf Mängel der umstrittenen Erregungslehre des schottischen Arztes John Brown hingewiesen, ohne diese zu diffamieren, und in den Auseinandersetzungen zwischen Anhän-
616
Zu Nr. 381
gern und Gegnern Browns eine vermittelnde Position eingenommen. Friedrich Creuzer schrieb am 4. März 1805 an Savigny: Christian Brentano hat in
einem deutschen Programm, dessen Styl mir wohl gefällt u. worin er die Brownische Lehre beleuchtet, dem Conradi zur Professur öffentl. Glück gewünscht. (Dahlmann 1972, S. 155.) Jacob Grimm forderte seinen Bruder Wilhelm aus Paris auf: such doch das Programm zu bekommen, das wie du weist Brentano wegen des konradischen geschrieben hat, u. schikke es hierher (Rölleke 2001, S. 38). Wilhelm Grimm antwortete darauf am 24. März: Das Programm des Brentano konnte die Tante unmöglich dir schicken, da es allzu viel war 〈...〉 ich habe es gelesen und soviel ich verstehe dünkt es mir recht witzig und scharfsinnig (Rölleke 2001, S. 48). Christian Brentanos Programm scheint nicht mehr erhalten zu sein, es ist im KVK nicht nachgewiesen. Die Tendenz läßt sich jedoch zumindest partiell aus seinem Brief an Arnim und dessen Bezugsbriefkonzept erschließen. Sie ist auch aus einer Mitteilung seiner Witwe Emilie angedeutet, der eine Erinnerung Christians zugrunde liegen dürfte: Seine Art war, wenn er sich eine wissen-
schaftliche Aufgabe gestellt hatte, sich einige Hülfsmittel zur Hand zu nehmen, und dann ging es im Sturm darüber her, bis er ersättigt oder ermüdet war. Wirklich gelang es ihm auch meistens, in dem, man möchte fast sagen, magischen Wirken seiner productiven Kraft aus wenig sächlichen Fragmenten einen gewissen Geist der Sache heraufzubeschwören, der oft manchem geduldig treuen Lerner unter der Last dieser Sachen verborgen blieb. In der Philosophie, Botanik, Anatomie, Physiologie, Medicin, Physik, Chemie etc. förderte solches Verfahren freilich nur Systeme und Methoden; im Technischen der Chemie aber und in der Chirurgie einige ausgezeichnet praktische Erfindungen. In der Anatomie ward er durch eine besondere Fügung bei dem Tode des Professors 〈Ernst Gottfried Baldinger, 1804〉 eine Zeit lang Verfasser der Hefte, nach welchen die täglichen Vorlesungen gehalten wurden, und durch die Anstrengung, womit er sie bearbeitete, mögen sie nicht ohne Werth gewesen seyn. (Brentano 1854, Bd. I, S. XIVf.) 57–58 Kr. 〈...〉 Vehickel] Kraft − Stoffe. 99 Cybele-Rhea-Tellus] Kybele, kleinasiatische Mutter-und Fruchtbarkeitsgöttin – römische Göttermutter − römische Göttin der Erde. 118–119 Hay’s Entdeckung] Der französische Mineraloge Rene´-Just Haüy beschrieb das Symmetriegesetz der Kristallographie. Demzufolge haben die kleineren Einheiten eines Kristalls dieselbe Form wie der Kristall selbst. Daraus folgerte Haüy das Gesetz der rationalen Indizes. Es besagt, daß sich jede Kristallfläche durch drei ganze Zahlen beschreiben läßt. Vgl. Haüy, Essais d’une
617
Zu Nr. 381
Theorie sur la Structure des Crystaux: appliquee a plusieurs genres de substances crystallisees. Paris 1784. (Frdl. Hinweis von Roswitha Burwick.) 300 Jatromathematiker] Vgl. zu Nr. 379.E,20. 300–301 der Debelhohl mer! 〈...〉 Rückenstreicher zur falschen Quint] Bezug auf Christian Reuters Schelmuffsky-Roman, den Christian Brentano bereits in einem Brief an den Bruder Clemens von vmtl. 10.–13. Dezember 1802 bemüht hatte (vgl. DjB Nr. 707 und Erl.). Der Tebelhohl mer ist leitmotivische aufschneiderische Wendung, bereits zu Beginn der Widmung und der Anrede an den Leser (Haufe 1972, S. 18), Rückenstreicher Synonym für den Degen, die Quinte in der älteren Fechtkunst die fünfte Stoßart, ein listiger, trügerischer Stoß, und alle drei Begriffe kommen in der Schilderung eines Gefechts des Titelhelden zusammen: Wie zog ich meinen Rückenstreicher auch von
Leder und legte mich in Positur, ich hatte ihn kaum einen Stoß auspariret / so that ich nach ihn einen Saustoß / und stach ihn der Tebel hohl mer mit meinen Rückenstreicher die falsche Quinte zum lincken Ellebogen hinein / daß das Blut Arms dicke heraus schoß (ebd., S. 52f.). 305 Montur] Ausstattung, Bekleidung. 309–319 habe ich bey meinen Bemühungen 〈...〉 die Soldaten 〈...〉 Und was die Studenten angeht 〈...〉 ferner bemühen und hoffen.] Arnim wird Christian Brentano um Beiträge zum Wunderhorn aus Hessen gebeten haben. Dieser scheint zu der Sammlung jedoch nicht beigetragen zu haben.
382.
Von Caroline von Labes nach Heidelberg Berlin, 29. Juni – 3. Juli 1805, Sonnabend–Mittwoch
DV: H. B: Nr. *377, *380. A: −. H: GSA 03/205. − 1 Dbl. (I) ca. 194 x 118 mm + 1 Bl. (II) ca. 189 x 118 mm, 1r–3v 5 S. + 4 Z. beschr.; 2x quer gefaltet. − WZ: I: bekrönter Posthornschild. II: −. Beilagen: Zwei Briefe an Arnim (Nr. *373, *374) sowie ein Frachtbrief. Fremdeinträge: 1r aoRm: 25, aoRr: 89, auRl: 22 2r aoRr: 91, auRl: 23 3r aoRr: 93, auRl: 24. D1: Riley 1978, S. 117–119 (Nr. 31).
618
Zu Nr. 382
Varianten 10 21 34 59 65
Die] aus 〈xxx〉 12 Das] aus Die 16 wieder] danach gestr. wieder einst] üdZ eing. 24 ein] danach gestr. Landhauß 34 da] aus 〈xx〉 Holtz] aus 〈xxx〉 49 Von] V aus D 53 Vorzeigung] alR eing. ten d* 3 ] alR eing. 59 kranck] alR eing. 61 Das] aus Aus Zum] Z aus z
Erläuterungen 10–11 Die Wiepersdorffer Reise] Wiepersdorf war der Hauptort des Arnimschen Ländchens Bärwalde (im Niederen Fläming, südöstlich von Jüterbog), zu dem sieben Dörfer gehörten. Die Großmutter hatte das Ländchen 1780 für 98000 Reichstaler für Arnims Vater Joachim Erdmann erworben, dem sie das Kaufgeld vorschoß. Nachdem er am 16./17. Januar 1804 gestorben war, Arnim und sein Bruder ein Jahr später die Besitzübertragung beantragt hatten und einen amtlichen Schriftwechsel führen mußten (vgl. Nr. A.II.16.A -A.II.19), wurde am 23. April 1805 ihr Besitztitel über die Güter des Ländchens Bärwalde in das Land- und Hypothekenbuch des Zauchischen Kreises, Vol. I (BLHA Potsdam, Rep. 23A, Kurmärkische Stände. Ritterschaftliche Hypothekendirektion, Nr. 759) eingetragen. Seitdem war Arnim, gemeinsam mit dem Bruder, Erb- und Gerichtsherr des Ländchens Bärwalde. Die Großmutter hatte es zuletzt Anfang März 1804 anläßlich der Trauer im Ländchen über den Tod Joachim Erdmann von Arnims besucht, worüber der für das Ländchen zuständige Prediger, Johann Christian Heinrich Salpius, einen anschaulichen Bericht hinterlassen hat (Härtl 1985, S. 258f.), und unternahm im Mai oder Juni 1805, als nicht nur Arnim, sondern auch sein Bruder verreist waren, eine weitere Inspektion. 12 Wirth] Nicht ermittelt. 13–14 nach meinen ausdrücklichen Willen 〈...〉 Euren Händen kommen] Die ausdrückliche Erklärung der Großmutter, die Brüder Arnim dürften das Ländchen Bärwalde nicht veräußern, wird nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, daß sie es trotz wirtschaftlicher und finanzieller Schwierigkeiten behielten. Und nach dem Tod der Großmutter trat ihr Testament in Kraft, in dem sie die Brüder verpflichtete, alles von mir ererbte Vermögen ihren
eheleiblichen Kindern beiderlei Geschlechts als ein Fideikommiß zu hinterlassen (Härtl 1982, S. 199). 15–16 Vernachläßigungen Eures theuren Vatters] Joachim Erdmann von Arnim, der sich nach seiner Entlassung durch Friedrich II. auf sein uckermärkisches Gut Friedenfelde zurückgezogen hatte, scheint sich nicht substantiell um
619
Zu Nr. 382
das Ländchen Bärwalde gekümmert zu haben. Der Pfarrer Salpius berichtet in einer Niederschrift: Nachdem er aber seinen Posten als Intendant der
Königl Schauspiele niedergelegt hatte, hielt er sich größtentheils zu Friedenfelde in der Uckermark auf von da er nach Camin reisete, wenn seine Gegenwart als Dechant, des dortigen Stiftes nöthig war, seltener kam er nach Wiepersdorf. (Härtl 1985, S. 260.) In einer anderen Aufzeichnung mokierte sich der Pfarrer über Joachim Erdmann von Arnims Faible für Turmbauten in Wiepersdorf: Dieser Herr fand überhaupt ein Ver-
gnügen an den Thürmen. Denn außer den Thurm der damals über die Einfahrt in den herrschaftlichen Hofe sich befand, u den beiden gedachten Thürmen, ließ er auch einen Thurm auf das neu erbaute Familienhaus welches der Kirche gegenüber steht setzen, auch hatte das kleine Spritzenhaus, und ein andres Gebäude, daß er zum Strohgebäude bestimmte jedes einen kleinen Thurm, u welche zu beiden Seiten des gedachten Familienhauses stehen. Da er in der Folge einen vergrößerten Schafstall bauen ließ, so bekam auch dieser einen Thurm, so wie das neu erbaute Schäferhaus. Endlich führte er auch noch ein Gebäude in der sogenannten Birkenheide auf, das auch mit einem Thurm versehen wurde, das aber nicht ausgebaut wurde. 〈...〉 Auf diese Weise befanden sich den Kirchthurm mitgerechnet eilf Thürme in Wiepersdorf. Alle diese Thürme sind aber durch die Söhne und Nachfolger des gedachten Herrn abgerissen worden. (Ebd., S. 256f.) Vgl. Caroline von Labes’ Brief an den Vater vom 6. März 1799, in dem sie ihm die Vernachlässigung seiner Söhne vorwirft (WAA XXX, Nr. AII.5).
23–24
für ein unbewohntes Landhaus noch immer gantz hübsch]
Das
Wohnhaus des Wiepersdorfer Gutes wird nach dem Besitzwechsel 1780 wenig bewohnt worden sein. Salpius berichtet über die Baugeschichte:
Früher fand sich hier nur ein kleineres Wohngebäude von Holz für die hier wohnende adliche Familie von Stutterheim. Sobald der Herr von Einsiedel zum Besitz des Ländchens gekommen ließ er das Wohnhaus 1734 halb massiv u halb von Holz bauen. In der Folge hat es der Herr von Jeez ganz massiv bauen lassen. Es hat 2 Etagen und hat viele hübsche Zimmer, die aber jetzt nicht zum besten verziert sind. Im Jahr 1736 sind auch die beiden Flügel aufgeführt worden welche der nachfolgende Besitzer des Ländchens der Herr Geheime Legationsrath u Kammerherr Freyherr von Arnim noch mit dem Hauptgebäude dadurch vereinigt daß er hier zwei Thurmgebäude aufführen ließ, wodurch auch einige Zimmer mehr entstanden. (Härtl 1985, S. 256.) 620
Zu Nr. 384
35 der Pächtern] Die Witwe des verstorbenen Oberamtmanns Christlieb Gotthelf Hin(t)ze. Vgl. Nr. 362,45–48 und Erl. 43 dedronisire] dethronisieren: entthronen, vom Thron stoßen. 44 gestrackelt] strackeln: niederdt. streicheln. (Vgl. DWb XIX, Sp. 1176.) 49 Von meinen Sohn und deßen Frau] Hans und Louise von Schlitz. Vgl. Nr. 370,21–22 und Erl. 51 Küste] Als Nebenform von Kiste belegt. (DWb XI, Sp. 855.) 59 Meine Mamsel] Discher. 60 Zerniekow] Zernikow, Gut Caroline von Labes’ im Ruppinschen Kreis der preußischen Mittelmark, das sie jährlich in den Sommermonaten besuchte, bis 1801 in der Regel mit ihren Enkeln, den Brüdern Arnim. Es liegt etwa 50 km nördlich von Berlin, 15 km östlich Rheinsberg. Vgl. Arnims Beschreibung des Rittergutes Zernikow (WAA I, S. 53f. und Erl.). 66 neugebohrnen Schicklerschen Tochter] Isabella Schickler, geboren am 14. Mai 1805. (Vgl. Schwennicke 2002, Tafel 57.)
*383. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Heidelberg, um den 17. Juli 1805, Mittwoch B: −. A: Nr. 384. Datierung: Reichardt wird, zufolge seiner Antwort, Arnims Brief am 23. Juli unmittelbar nach dessen Erhalt beantwortet haben, und die Post von Heidelberg nach Halle/Giebichenstein wird etwa sechs Tage unterwegs gewesen sein. (Nach Berlin zehn Tage, vgl. Datierung von Nr. 371.)
384.
Von Johann Friedrich Reichardt nach Heidelberg Giebichenstein, 23. Juli 1805, Dienstag
DV: H. B: Nr. *378, *383. A: −. H: GSA 03/212. − 1 Dbl. ca. 227 x 186 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: VAN DER LEY. Fremdeinträge: 1r aoRm: 1, aoRr: x, daneben: 1, auRl: 1 2r aoRr: 3, auRl: 2. D1: Kat. Henrici 149, Nr. 91, S. 34 (TD, kurzer Auszug). D2: Kat. Henrici 155, Nr. 252, S. 82 (TD, kurzer Auszug). D3: Moering 1990, S. 231f. (Nr. 2).
621
Zu Nr. 384
Varianten 8–9 das 〈...〉 verloren hat] üdZ eing. 19 verhüllte] ver aus 32 bevollmächtigt] über gestr. eingesetzt 39 dazu] üdZ 47 50 u in H.] üdZ 54 u holen] üdZ bärmlichkeit] E aus 〈x〉
um Er-
Erläuterungen 6 Pistor und Lotte und die Alberti] Berliner Verwandte Reichardts. Carl Philipp Heinrich Pistor hatte Charlotte Hensler, Tochter von Reichardts zweiter Frau aus erster Ehe (Johanna, geb. Alberti, verw. Hensler), geheiratet; Wilhelmine Hensler, die Schwester Charlottes, den preußischen Beamten Carl Alberti. 8–9 den lieben Jungen verloren] Der etwa Ende September 1804 geborene Sohn Reinhold (auch Gernoth genannt) starb bereits nach wenigen Monaten. (Vgl. WAA XXXI, S. 905.) 11 Sacontalas Erscheinung] Nach der Protagonistin des Dramas des indischen Dichters Kalidasa, von Georg Forster aus dem Englischen übersetzt: Sakontala oder Der entscheidende Ring (1791, 1803 mit einer Vorrede Herders). Die liebreizende, von König Dusyanta geliebte Sakuntala ist verzweifelt, weil der Fluch eines Weisen zur Folge hat, daß der König sie nicht erkennt. 17–19 einst auf dem Vesuv 〈...〉 ganz Neapel] Reminiszenz an Reichardts Italien-Reise 1783. 21 Geschwistern] Reichardts Töchter Louise, Wilhelmine Juliane, Johanna und Friederike. 25 unsre Lieder] Vmtl. die von Reichardt vertonten Arnimschen Lieder. Vgl. Nr. 362,29–31. 30 unser Pastor] Georg Christian Friedrich Kühne, 1800–1818 Pfarrer an der Bartholomäus-Kirche in Giebichenstein. (Frdl. Mitteilung des Büros der Bartholomäus-Gemeinde Halle.) 44 Gall hier] Der Phrenologe Franz Joseph Gall, dessen Vorlesungen Arnim im Frühjahr in Berlin besucht hatte, setzte danach seine Vortragstour in anderen Städten fort. Zu den Zuhörern in Halle gehörten auch der Student Eichendorff (Tagebuch vom 8. Juli) und Goethe, der über Gall in seinen Tag- und JahresHeften berichtet (Goethe/MA XIV, S. 136–139). 47–48 Erbärmlichkeit seines Wiener Publikums] Gall hatte 1786–1801 die ersten Vorlesungen über seine Schädellehre in Wien gehalten, wo sie Ende 1801 vom Kaiser als religionsgefährlich verboten wurden und nur in eingeschränkter Weise fortgesetzt werden durften. Reichardt wird mit Erbärmlichkeit die antireligiöse Verdächtigung gemeint haben.
622
Zu Nr. 385
48–49 Steffens, der morgen über seine Schädellehre zu lesen anfängt] Henrik Steffens, seit 1804 Professor für Naturphilosophie, Physiologie und Mineralogie in Halle, hielt Drey Vorlesungen über Hrn. D. Gall’s Organenlehre (erschienen Halle 1805). 49–52 Göthe 〈...〉 auch hier u in H. 〈...〉 in Lauchst. 〈...〉 wieder zu uns.] Goethe war seit 6. Juli zur Kur in Lauchstädt und besuchte von dort vor allem den Altphilologen Friedrich August Wolf in Halle. 51 das Tropfbad] Goethe gebrauchte, wie er dem Herzog Carl August am 10. August 1805 berichtete, auf Anraten seines Arztes Johann Christian Stark ein Tusch-Bad (WA IV, Bd. 19, S. 34). Bei einem solchen Bad wurde das Wasser nur auf einen gewissen Theil des Körpers geleitet 〈...〉 Die Anwendung
geschieht durch Eintauchen des kranken Gliedes, oder durch Aufgießen, Spritzen etc. (Krünitz 1773–1858, Artikel Touchebad [elektronische Version]). 54 bringen und Erl.
385.
u holen Sie dann die Volkslieder selbst] Vgl. Nr. 367,170–171
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 1. September 1805, Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 389. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 62r–63v. − 1 Dbl. ca. 237 x 199 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs und 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: HEISLER VON BASEL. Fremdeinträge: 1r aoRl: 482, aoRm: 1808. , darunter Steig: nein, 1805, aoRr unter Datum Steig: September nach Wiesbaden, aoRr: 62 2r aoRr: 63 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 31. Datierung: Brentano schreibt zu Beginn seiner Antwort vom 7. September, er habe Arnims Brief seit einigen Tagen (Nr. 389,1). Da Arnim den Brief Sontags (Z. 1) schrieb, muß dieser Sonntag der 1. September gewesen sein. D1: Steig 1894, S. 146 (TD); nicht näher datiert. D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 293 (Nr. 59): datiert: vmtl. 1. September 1805.
623
Zu Nr. 385
Varianten
Weile, mache] W aus 〈x〉 5 einer] danach gestr. Stufe 7 (heute den 15ten)] üdZ eing. 9 verschaffte] te aus en 11 die Fischpredigt] üdZ eing. 18 Dir] D aus d 23 fremde] f aus Z 24 den] üdZ eing. 24 Deinen] Schluß-n aus m 26 vielmehr] m aus l 27 je] danach 41 nur] üdZ eing. 41 Sie] S aus s 46 Dir] über gestr. gestr. stär ihr 47 sind] s aus 〈x〉 48 ohne] aus 〈xxx〉 3
Erläuterungen 1 Frankfurt] Nachdem Arnim und Brentano in Heidelberg intensiv am ersten Band des Wunderhorns gearbeitet hatten, waren sie am 8. August nach Frankfurt gereist, wo sie die Arbeit abschlossen und wo der Druck begann. Am 20. August fuhr Brentano nach Wiesbaden, um seine Gesundheit – er hatte Schmerzen im Fuß – mittels der alkalischen Kochsalzquellen des Badeorts zu kurieren. Währenddessen besorgte Arnim in Frankfurt die Korrektur des ersten Wunderhorn-Bandes. Während er die ersten Druckbogen korrigierte, nahm er in den letzten Teil des Manuskripts noch neue Lieder-Bearbeitungen auf. 2 Ritter hat mir den Orlando gebracht] Brentano hatte von dem Freisinger Antiquar Joseph Matthias Mozler ein Liederheft Orlando di Lassos erworben:
Der Dritte Theil Schöner Newer Teutscher Lieder mit fünff stimmen sampt einem zu end gesetzten Frantzösischen frölichen Liedlein 〈...〉. München 1576. (Vgl.: DjB Nr. 1112 und Erl.; DjB Nr. 1119) Dort traf es jedoch erst nach der Abreise der Freunde ein. Der Mannheimer Komponist und Kapellmeister Peter Ritter, der Brentanos Singspiel Die lustigen Musikanten vertont hatte, wird es auf einer Reise nach Frankfurt mitgebracht haben. 2 Bettine viel Nachrichten von Dir] Nachdem sie Brentano Ende August in Wiesbaden besucht hatte. Vgl. Nr. 389,6–7. 4 quäle sie mit Schwefel und Holunder] Schwefel wirkt gegen Hautkrankheiten (Schwefelbäder), Holunder (Schwitzkuren) gegen Erkältungen und grippale Infekte. 8 noch 〈...〉 aus den frischen Liedlein] Aus der Sammlung des Liederdichters Georg Forster Ein außbund schöner Teutscher Liedlein zu singen,
vnd auff allerley Instrumenten, zugebrauchen, sonderlich außerlesen (Titel der Fünften Ausgabe Nürnberg 1560–1561, 5 Teile; Erstdruck 1539). Die Sammlung war die »ergiebigste gedruckte Quelle für das Wunderhorn überhaupt« (Rölleke in FBA IX/3, S. 735). Welche Lieder Arnim noch auswählte, ist nicht bekannt. (Vgl. Rölleke 1971b.)
624
Zu Nr. 385
8 aus dem Orlando] Drei Lieder (davon zwei Teilvorlagen) aus Der Dritte Theil Schöner Newer Teutscher Lieder (München 1576) Orlando di Lassos im ersten Band des Wunderhorns, und zwar erst im 22.–24. Bogen: Nächtliche Jagd, Von Hofleuten, Gesellschaftslied. (Vgl. FBA IX/3, S. 753.) 9–10 Bettine verschaffte mir einige 〈...〉 Strophen geheckt habe] Bettina hatte bereits mit einem umfangreichen Liederbrief (DjB Nr. 1100) zum Wunderhorn beigetragen, die meisten ihrer Aufzeichnungen scheint sie Brentano gegeben zu haben (vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 797f.). Ende August 1805 wird sie zum ersten Wunderhorn-Band noch Das Weltende und Wiedersehen am Brunnen (beide ergänzt von Arnim) geliefert haben. Dieser Annahme entspricht Arnims im Brief folgende Mitteilung, sie habe ihm zwey recht reine liebe Liederchen gebracht (Z. 37–38). 10–11 die Schlacht bey Sempach 〈...〉 in der Abkürzung vortreflich] Arnim hat die Vorlage des Liedes – in Ägidius Tschudis Chronicon Helveticum – auf fast die Hälfte zusammengestrichen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 582–594.) 11 die Fischpredigt] Des Antonius von Padua Fischpredigt, von Arnim nach Abraham a Santa Claras Judas der Ertz-Schelm bearbeitet. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 578–581.) 12 Buchhändler] Jacob Christian Benjamin Mohr, Frankfurter Teilhaber der Akademischen Buchhandlung von Mohr und Zimmer, die 1805 in Heidelberg unter Leitung von Mohrs Freund Johann Georg Zimmer zugelassen wurde. 12–13 vier vorläufige Anzeigen] Davon sind drei durch Publikationen bekannt, die jeweils etwas anders akzentuiert wurden: in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, Nr. 106 vom 21. September 1805; im Gothaer Reichs-Anzeiger, Nr. 254 vom 22. September 1805; in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Intelligenzblatt Nr. 47 vom 1. Oktober 1805. (Vgl. FBA VIII, S. 343–345, IX/3, S. 649f.) 20 zwey Monate in einem Zimmer mit Dir gelebt] In Brentanos Heidelberger Wohnung. Vgl. zu Nr. 365,55–56. 21 in einem weitläuftigen stubenreichen Hause] Im Goldenen Kopf, dem Frankfurter Brentano-Haus. 34–36 Daß der Marie ihr Kind 〈...〉 fort damit.] Die seit 1803 mit Georg Brentano verheiratete Marie, geb. Schröder hatte eine Fehlgeburt erlitten, wie Clemens seiner Frau am 1. September mitteilte (DjB Nr. 1138). 43 Deinem Plane] Es ist unklar, auf welchen Plan Brentanos sich Arnim bezieht: auf einen zum Wunderhorn, zu dem Projekt der Lieder der Liederbrüder oder zur Bildung Bettinas. Auf einen Plan zur Bildung der Schwester läßt der nächste Satz schließen (vgl. Erl. dazu), auf den der Lieder der Liederbrüder Arnims Brief an Bettina vom 18. März 1806, in dem es heißt: Ich
625
Zu Nr. 385
hatte den Plan, mit Clemens eine Sammlung unsrer Lieder mit Melodieen herauszugeben; schreiben Sie wohl einmal die älteren auf, die neueren dabei, und einige neue hinzu? (Nr. 434,30–32.) 46–47 daß ich vor drey Jahren 〈...〉 jezt aufmunterst] In Arnims Brief aus Genf vom 14. bis 23. September und 22. September 1802 die letzte Seite des Briefteils vom 22. September (WAA XXXI, Nr. 253,420–436), die Brentano in seiner Antwort vom 7./8. Oktober 1802 als Kunstlehre (WAA XXXI, Nr. 260,15) bezeichnet hatte. 49 wuschen] »sich schnell und huschend bewegen« (DWb XXX, Sp. 2401).
386.
An Sophie Brentano in Heidelberg Frankfurt, 1. September 1805, Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 387. H: GSA 03/232. − 1 Dbl. ca. 236 x 180 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Leicht fleckig, Bl. 2 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß, rotes Siegel. − WZ: Bl. 1: ICS, Bl. 2: bekrönter Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 478, daneben: an Sophie Brentano, aoRr: 15, darunter gestr.: 1804, daneben: 1805, auRl: 7 2r aoRr: 17, auRl: 8. Postzeichen: Stempel: R1FRANCFORT. D1: Steig 1894, S. 144 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 (TD, kurzer Auszug). D3: Kat. Henrici 155, S. 44, Nr. 135 (TD, kurzer Auszug). D4: Migge 1959, S. 401–403.
Varianten 5
Enghdt]
aus
E.
42
bis]
üdZ eing.
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Migge 1959, S. 401–403. 4–8 Ist M. Engelhardt schon nach Gotha? 〈...〉 von Amors Pfeilen durchlöchert 〈...〉 an unsre Lieder erinnern, an ihren Correspondenten in Hessen] Mademoiselle Caroline Engelhard, Tochter der Kasseler Schriftstellerin Philippine Engelhard, mit Sophie Brentano 1804 in Marburg bekannt ge-
626
Zu Nr. 386
worden, war ihr seit April 1805 in Heidelberg zunächst bei der Niederkunft und Pflege ihres Kindes behilflich. Dort verliebte sich in sie der Gothaer Gymnasiallehrer Friedrich Christian Kries, der Heidelberg im ersten August-Drittel, vielleicht schon gegen Ende Juli mit seinen Gothaer Kollegen Friedrich Jacobs und Johann Georg August Galletti besucht hatte (vgl.: Karl Philipp Kaysers Tagebucheintrag vom 12. August 1805 [Schneider 1923, S. 62]; Zeitung für die elegante Welt, Leipzig, Nr. 110 vom 12. September 1805, Sp. 880; Jacobs 1840, S. 64f.). Am 10. August teilte Kries Sophie Brentano seinen Wunsch nach einer Verbindung mit der Verehrten und die Hoffnung mit: Möchte Ihre Freundin eine ähn-
liche Gesinnung hegen, und eben so leicht einen günstigen Eindruck aufnehmen, als sie einen vortheilhaften in mir erweckt hat! Haben Sie die Güte, sich einer Sache, an der Sie Ihrer Freundin und Ihrer selbst willen einmal Theil genommen haben, ferner anzunehmen. Dann bin ich überzeugt, daß sie sich in den besten Händen befindet (Amelung 1908, Bd. II, S. 220f.; Zuschreibung des Briefes an den Übersetzer Johann Diederich Gries). Caroline Engelhard scheint Kries’ Liebe jedoch nicht erwidert zu haben, wie sich Sophie Brentanos Antwortbrief an Arnim (Nr. 387,10–14) entnehmen läßt. Ihr von Arnim gemeinter hessischer Korrespondent ist nicht bekannt. Sie übermittelte zwar Beiträge für das Wunderhorn, die Sophie Brentano an Brentano schickte (vgl. DjB Nr 1135 und 1148). »Indes hat sich weder ein Ms. von ihrer Hand gefunden, noch läßt sich ein Wunderhorn-Lied auf ihre Beiträge zurückführen.« (Rölleke in FBA IX/3, S. 805.) 9 Was macht Fiammetta] Sophie Brentano arbeitete an der Verdeutschung von Boccaccios Il libro chiamato Elegia di Madonna Fiammetta da lei alle innamorate donne mandate (entstanden 1343/44, vor dem Decamerone). Auf die Wichtigkeit dieses Werkes wird sie 1800/01 von Friedrich Schlegel, mit dem sie damals ein Verhältnis hatte, hingewiesen worden sein. In dessen Notizen aus der Zeit der Jahrhundertwende wird der Briefroman öfter genannt, darunter: Fiammetta wohl das eigentl[iche] Werk d[es] Bocc[accio] / Decam.[erone] nicht frei von falscher Tendenz. (Schlegel/KA XVI, S. 315.) Ähnlich klassifizierte Friedrich Schlegel 1803 in seiner Zeitschrift Europa: Die FIAMMETTA aber, wiewohl ein kleines Werk, ist der Anlage nach das eigentümlichste, im Styl das vollendetste. (Schlegel/KA III, S. 19.) Daß Sophie Brentano mit der Übersetzung schon Ende 1804 beschäftigt war, geht aus einem Tagebucheintrag Karl Philipp Kaysers vom 9. Dezember 1804 hervor: Sie ist dazu, wie sie unlängst selbst sagte, schon vor einiger
Zeit von den Schlegeln aufgefordert worden. Auch glaubt sie, nur ein Weib könne dieses Product übersetzen, und sie meint, wenn irgend etwas, dieses gut thun zu können. (Kayser 1923, S. 56.) Am 28. August 627
Zu Nr. 386
1805, drei Tage bevor Arnim die Frage an sie richtete, hatte sie Brentano berichtet: In der Fiametta bin ich ziemlich fortgerückt; doch kann sie Zimmer, mit dem ich davon sprach, 〈...〉 nicht eher drucken bis Michael übers Jahr u* dies ist zu spät. (DjB Nr. 1135.) Die Suche nach einem anderen Verleger übernahm schließlich Arnim, der Georg Andreas Reimer in Berlin dafür interessierte, bei dem die Übersetzung 1806 erschien, allerdings auch nicht früher, als Zimmer dies vorgesehen hatte. (Vgl.: Nr. 420,45–46 und Erl.; Nr. 444; Nr. 463.) 15–16 Garnerin 〈...〉 den siebenten fährt er gen Himmel] »Zur Herbstmesse 1805 sah die Stadt Frankfurt einem besonderen Ereignis entgegen, dem Aufstieg eines Luftballons mit Professor Garnerin aus Paris. Nach den ›Auffahrten‹ von Francois Blanchard im Jahre 1787, die ebenfalls von Frankfurt aus unternommen wurden, war dies das zweite Mal, daß ein solches Unternehmen in Deutschland gewagt wurde. In den Jahren dazwischen hatten sich die Stadtväter wegen der nicht zu leugnenden Feuergefahr und den mangelhaften Löschvorrichtungen geweigert, ähnliche Versuche von Schaustellern zu gestatten. Garnerin, der als Physiker und Aeronaut einen guten Ruf besaß, hatte durch diplomatisches Geschick die Erlaubnis bekommen. Auch hatte er bei der Krönung Napoleons in Mailand seine Ballonexperimente vorgeführt. Die Stadt traf seit Wochen umfassende Sicherungen zum Schutz der Bevölkerung. Garnerin stieg in seinem Ballon, der ›mit brennbarer Luft‹ gefüllt war, am 12. und 15. September von der Pfingstweide aus auf. Arnim irrt sich hier im genauen Datum.« (Migge 1959, S. 402.) 16–17 Sr Furioso und Consorten] Signor Pierre Forioso, ein Seiltänzer aus Paris, mit seiner Truppe. »In den Frankfurter ›Frag- und Anzeige-Nachrichten‹ vom 5. September gibt er bekannt, daß er am heutigen Abend zum ersten Mal seine Künste mit seiner Gesellschaft in der großen Hütte auf dem Paradeplatz (an der jetzigen Hauptwache) zeigen werde.« (Migge 1959, S. 402.) 19 der Krieg fängt an] »Truppenbewegungen gegen Rhein und Donau ließen die kriegerischen Pläne Napoleons gegen Österreich ahnen. Hessen stellte dem französischen Kaiser Truppenkontingente.« (Migge 1959, S. 402.) 20–21 Standes∧erhöhungen in Heidelberg] Sie betrafen mehrere Heidelberger Professoren. So wurde Friedrich Creuzer zum Hofrat ernannt. Vgl. Provinzialblatt der badischen Pfalzgrafschaft, Nr. 38 vom 18. September 1805, S. 286. 24–27 Fr. v. Larosche 〈...〉 als wir in den Garten gingen] Arnim besuchte mit Bettina Sophie von La Roche in Offenbach, wo die Großmutter der Brentano-Geschwister an ihrem Haus in der Domstraße einen Garten besaß, der in Clemens Brentano’s Frühlingskranz mehrfach erwähnt wird.
628
Zu Nr. 387
29–30 Anton Brentano 〈...〉 Reisebeschreibung beschäftigt] »Anton Brentano, der älteste Sohn des Kaufherrn Pietro Antonio Brentano aus dessen erster Ehe mit Paula Walpurga Brentano-Gnosso, – ein kindlich einfältiges Wesen, das, von Clemens besonders geliebt, zurückgezogen im Hause lebte. 〈...〉 Mit welcher Reisebeschreibung er sich beschäftigte, war nicht zu ergründen.« (Migge 1959, S. 402.) 31–32 Der Doktor 〈...〉 wie ein altes Haus.] Dominikus Brentano, fünftes Kind aus der ersten Ehe des Vaters, 1794 zum Dr. iur. promoviert, ebenfalls Sonderling im Frankfurter Brentano-Haus. 32–34 Marie Brentano 〈...〉 frühzeitigen Geburt.] Vgl. Nr. 385,34–36 und Erl. 34–35 Lulu Jordis 〈...〉 Eheständigkeit] Lulu (Ludovica) Brentano, Schwester Clemens’ und Bettinas, und der kurhessische Legationsrat und Bankier Johann Carl Jordis hatten am 22. Mai 1805 geheiratet. 37–38 Tony Brentano 〈...〉 Wirthin] Antonia Brentano, die Frau des Bruders Franz, der das Brentanosche Handelshaus nach dem Tod des Vaters weiterführte, leitete den Haushalt des Goldenen Kopfes.
387.
Von Sophie Brentano nach Frankfurt Heidelberg, 2. oder 3. September 1805, Montag oder Dienstag
DV: H. B: Nr. 386. A: −. H: BJ/VS 8. − 1 Bl. ca. 235 x 192 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 2x längs, 1x quer gefaltet. − Ränder verknittert und fleckig. − WZ: Posthorn. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Sophie Brentano an L. Achim von Arnim., aoRr Varnhagen: Heidelberg, 1805., andere H: Herbst 1805, auRl Varnhagen: Bettina. 1v aoR Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Datierung: Sophie Brentano schreibt: Wie ich auch bisher in meinen Briefen nach Ihnen fragen mogte, nie erhielt ich Antwort. (Z. 6–7.) Sie hatte Brentano zuletzt am 30. August nach Arnim gefragt, am 1. September erteilte ihr Brentano Auskunft. (Vgl. zu Z. 6–7.) Diesen Brief Brentanos wird Sophie noch nicht erhalten haben, als sie Arnim schrieb, und da dieser ebenfalls am 1. September geschrieben hatte und die Briefe zwischen Frankfurt und Heidelberg ein bis zwei Tage unterwegs waren, wird sie ihm am 2. oder 3. September geantwortet und bald danach den Brief Brentanos erhalten haben. D1: Weiss 1986, S. 157f. (Nr. 39); datiert: um den 5. September 1805.
629
Zu Nr. 387
Varianten 8 und] üdZ eing. 11 verliebten] über gestr. genialischen 26 〈xx〉 33 aus] s aus 〈x〉 42 wahrnehmen] wahr aus 〈xxx〉
als] aus
Erläuterungen 4 Phöbus] Beiname des Apollon. »Als den ›Lichten‹, ›Leuchtenden‹ bezeichnet ihn sein Beiname Phöbos, zugleich als den ›Reinen‹, ›Heiligen‹; denn als Gott des reinen Lichtes ist er Feind aller Finsternis und alles ihr verwandten Unreinen, Unholden und Frevelhaften.« (MGKL I, S. 620.) 6–7 Wie ich auch bisher 〈...〉 fragen mogte, nie 〈...〉 Antwort.] In den Briefen an Brentano, nachdem dieser mit Arnim Heidelberg am 8. August verlassen hatte. Am 18. August: Schreib mir von Arnim, ich will gar zu gern etwas von ihm wißen (DjB Nr. 1132); am 30. August: Du schreibst mir gar nicht von Arnim, wo ist er? kömmt er zu Dir? (DjB Nr. 1137.) Jedoch Brentano an Sophie, 1. September: Arnim ist noch in Frankfurt Korektur
bogen, Getümmel und manichfache Diners und Soupers bei Bethmann fesseln seinen lebendigen Muth. (DjB Nr. 1138.) 7 Lethe] »im griech. Mythus ein Fluß der Unterwelt, aus dem die Seelen der Verstorbenen Vergessenheit des Erdenlebens tranken« (MGKL XII, S. 453). 10–13 Der harte Engel 〈...〉 nach Gotha begeben] Vgl. Nr. 386,4–8 und Erl. 14 Tante Gatterer] Vmtl. Justina Amalia Gatterer, geb. Klingsöhr, Schwägerin von Philippine Engelhard. 14–15 Die versprochnen Lieder 〈...〉 an Clemens abgeschickt] Vgl. Nr. 386,4–8 und Erl. 15–16 zwei Lieder von Caroline Rudolfi] Von Caroline Rudolphi hatte Sophie Brentano am 18. August zwei Lieder an Clemens geschickt. (Vgl. DjB Nr. 1132, Beilagen.) 18 Schelmin von Achen] Arnim sah sie drei Jahre später in Heidelberg wieder, worüber er Bettina am 25./26. September 1808 berichtete: Denk Dir, ich war kaum einen Abend hier 〈...〉 so ist mir zum Tort auch eine M.
Claus aus Aachen angekommen, die ihre alte Pensionswirthschaft wiederbesucht; ich hatte sie schon vor drey Jahren gekannt, aber in der Zeit hatte sie sich so verschönert, daß ich sie kaum wieder kannte (WAA XXXIII). 21–27 Spaziergang 〈...〉 das sogenannte Stift 〈...〉 den Gipfel erreicht hatten] Die Wanderung führte zunächst am rechten Neckarufer flußaufwärts
630
Zu Nr. 387
zum Stift Neuburg – einem seit 1703 den Jesuiten gehörenden Kloster, das nach der Aufhebung des Ordens in der Pfalz (1773) in wechselndem Besitz war und erst seit 1825, als Friedrich Schlosser das Anwesen erworben hatte, zu einem geselligen Zentrum wurde – und dann zurück über den 440 m hohen Heiligenberg, der steil ins Neckartal abfällt. 30 Waldteufel] eine Gattung kleiner schwarzer Affen mit langen Schwänzen (Roth 1805–1806, Bd. II, S. 60). 38 Balsammen] Balsamen oder Balsaminen: Bezeichnung verschiedener blühender Straucharten. Gemeint ist vmtl. eine Art der Gartenbalsamine (Impatiens balsamina), die auch in Parks und Wäldern vorkommt. 40–43 auf einer Stelle des Neckars 〈...〉 ein nahes Erdbeben prophezeihen] Vmtl. Bezug auf eine regionale seismographische Störung. Vgl. Sophie Brentano an Clemens, 30. August 1805: Auch wir haben hier einen unbe-
schreiblich trüben Himmel, nur Dämmerungen, keine Tage, das alles sind Folgen des Erdbebens – doch schenkt uns die Sonne, ehe sie schlafen geht, noch immer einige wunderbar, ewig neue, herrliche Augenblicke. (DjB Nr. 1137.) 43–44 der Ueberrest der jenaer Academie 〈...〉 auswandert 〈...〉 hieher] Anspielung auf die starke Abwanderung von Professoren der Universität Jena, die Berufungen an andere Universitäten folgten. Nach Heidelberg gingen bis Herbst 1805 der Anatom Jakob Fidelis Ackermann, der Philosoph Jakob Friedrich Fries, der Naturwissenschaftler Karl Wilhelm Gottlob Kastner und der Jurist Anton Friedrich Justus Thibaut. 44–45 das südliche Athen, wie Heidelberg 〈...〉 genannt wird] Ein nicht näher zu identifizierender Baron von Benghem auf Eichwaldshausen hatte Sophie Brentano am 28. August 1805 aus Frankfurt eine (nicht überlieferte) gedruckte Mitteilung über ein französisches Leseinstitut in Paris geschickt, zu dessen deutschen Korrespondenten er gehöre, wie er im Begleitbrief mitteilte. Er sei beauftragt, die Errichtung einer Filiale des Instituts in Heidelberg zu betreiben, und bat Sophie Brentano um ihre Unterstützung. Der Grund für das Pariser Interesse an Heidelberg sei: Mit wachsendem Antheil sieth man
jetzt in Heidelberg, durch die vielen berühmten Menschen die sich dort niederlassen, – ein südliches Athen sich bilden – da leider die Helden unseres nördlichen Athens (Weimar) mit Macht absterben. (H: BJ/VS 122.) Weitere Briefe, in denen Heidelberg als das südliche Athen bezeichnet wurde, wird Sophie Brentano nicht erhalten haben. Vgl. ihren Brief an Clemens vom 4. September 1805 (DjB Nr. 1141).
631
Zu Nr. 388
388.
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 6. oder 7. September 1805, Freitag oder Sonnabend
DV: H. B: −. A: Nr. 389. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 50r–51v. − 1 Dbl. ca. 236 x 138 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 2 Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 2v rotes Siegel. − WZ: ICS. Fremdeinträge: 1r aoRl: 476, aoRm gestr.: Herbst 1804, aoRr: 50, in der Datumszeile 1 October durchstr. und vor 5: 180. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 26. Postzeichen: Stempel: R.1.FRANCFORT. Datierung: Brentano erhielt den Brief, während er am 7. September Nr. 389 an Arnim schrieb. Dieser wird seinen Brief am selben Tag oder einen Tag vorher geschrieben haben. Die Reutende Post ging mittags in Frankfurt ab und kam nach 4½ Meilen abends in Wiesbaden an. (Vgl. Diez 1795, S. 150, 205.) Arnims Eigendatierung 1 October ist ominös, October vmtl. verschrieben statt September. D1: Kat. Henrici 149, S. 66, Nr. 9 (TD, kurzer Auszug). D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 295 (Nr. 60); datiert: Anfang September.
Varianten 9
habe] nach e vmtl. kleineres e gesellen,] danach gestr Du ha
19 das] üdZ eing. 30 das] aus die
23
Handwerks-
Erläuterungen 4 (Guten Morgen Spielmann 〈...〉 so lang)] Bezug auf das Lied Hier liegt ein Spielmann begraben, aus dem die beiden Eingangsverse zitiert sind, im ersten Band des Wunderhorns; nach einer Mischhandschrift Arnims und Brentanos. Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 559f. 5 Feldberg] Höchster Berg des Taunus, nordwestlich von Frankfurt. 7 Kupferstichsammlung] Herkunft und Zusammensetzung der Arnimschen Sammlung sind nicht bekannt. Vgl. zu Nr. 361,56–57. 11–12 Bettine hat ein Lied aus dem Ariel 〈...〉 musicirt] Bettina komponierte aus Ariel’s Offenbarungen: Abendstille öffnet Thüren (1841 in ihrer Kompositionen-Sammlung Dedie´ a` Spontini), Vom Nachen getragen sowie eine Strophe aus Dichterschmerz. (Vgl. Moering 1996, S. 73–75.) Arnim meinte vmtl. die Komposition von Vom Nachen getragen, wovon sich zwei
632
Zu Nr. 388
Handschriften erhalten haben, von denen eine – auf einem losen Blatt – aus dem Jahr 1805 stammen dürfte. (Vgl. Willison 1989, S. 205; Abb. in Willison 1995, S. 324f.) 13–15 Hoffmann 〈...〉 Bettine] Philipp Carl Hoffmann war Bettinas Offenbacher Musiklehrer. 15 Fechterstück] Ein Fechterstreich: ein Blendwerk, verstellter Angriff,
eine Finte, wodurch geschickte Fechter ihren Gegner zu hintergehen wissen (Adelung II, Sp 64). 19 Die Manschettenblumen] Die gefährliche Manschettenblume im ersten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 603–606.) 19–20 das andre Lied vom lebenden, schwebenden Garten] Die schlechte Liebste im ersten Band des Wunderhorns, mit der dritten Strophe: Es trauert mit mir die Sonne, der Mond, / Dazu die hellen Sterne, / Die haben den lebenden, schwebenden / Lustgarten an dem Himmel. (FBA VI, S. 362. Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 639f.)
21–22 der Stauffenberger 〈...〉 in sechs Romanzen] Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye im ersten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 681–703.) 22–24 schick mir 〈...〉 Seyd fröhlig u l. ihr Handwerksgesellen 〈...〉 zuschreiben] Arnim hatte eine Brentanosche Bearbeitung des unter dem Titel Kerbholz und Knotenstock erst im zweiten Band des Wunderhorns erschienenen Liedes in Händen und kannte ein Fliegendes Blatt mit dem Lied Seid fröhlich und lustig ihr Handwerksgesellen, von dem er in Brentanos Version die Schlußstrophen vermißte. Brentano scheint Arnims Aufforderung, das Fliegende Blatt zu schicken, nicht nachgekommen zu sein, verbesserte jedoch die erste Bearbeitung, mit der Arnim noch unzufrieden war, für den Druck im zweiten Wunderhorn-Band. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 592–598.) 25 straks] gerade. 29–30 mein Verändertes Zesensches Lied] Vmtl. Ermunterung zur Fröligkeit nach Philipp von Zesens Frühlings Lust, oder Lob- und- LiebesLieder (Hamburg 1642), unter dem Titel Zueignung Eröffnungsgedicht des zweiten Bandes des Wunderhorns; darin eine Strophe ausgelassen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 7f.; ohne Bezug auf die Briefstelle.) Das zweite (veränderte) Zesensche Lied – Von allerhand Versen – im Wunderhorn (unter dem Titel Großer Kriegshymnus in der Gelehrten-Republik ebenfalls im zweiten Band) war aufgrund seiner Thematik und Versform weniger dazu geeignet, daß Arnim es mit besonderm Ergötzen 〈...〉 hersagen konnte. 32 sie wiederzusehen] Vmtl. die in Heidelberg weggeworfenen Blätter.
633
Zu Nr. 388.E
388.E An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, 6. oder 7. September 1805, Freitag oder Sonnabend DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 389. H: Vgl. A.III, 29r, ca. ¼ S. Besonderheiten: Nicht als Exzerpt gekennzeichnet.
389.
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Wiesbaden, 7. September 1805, Sonnabend
DV: H. B: Nr. 385, 388. A: Nr. 391. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 83r–84v. − 1 Dbl. ca. 230 x 189 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 2 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß; roter Siegelrest. − WZ: Nicht identifiziert. (Im aufgeklebten Falz.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 475, aoRr mit Rötel gestr.: XI, darüber: 83 2r aoRr:
84. Besonderheiten: Vgl.: Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 6 (kurze Inhaltsangabe); Kat. Rother 1989, Nr. 38. Postzeichen: Stempel: Wiesbaden. Datierung: Aufgrund von Brentanos Mitteilung im Text: morgen früh den 8 7b. auf meinen Geburtstag (Z. 39–40). D1: Steig 1894, S. 145 (TD). D2: Reichert 1985, S. 3–4, 9–10 mit Faksimile S. 5–8. D3: FBA XXXI, S. 457–459 (Nr. 426). D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 296–298 (Nr. 61).
Varianten 6 hätte,] danach gestr. und 7 insofern] danach gestr. , 8 eben] danach gestr. an 12 soll,] danach gestr. ich 14 Abend] A aus a 16 Rheinfarth] R aus 〈x〉 18 von Rüdesheim] üdZ eing. 25 wenn] danach gestr. du 31 Sophien] danach gestr. dein 32 es] s aus r 43 Grün] G aus 〈x〉 50 schonsten] sch aus an 52 da] danach gestr. geb 61 Der] D aus S 68 den] aus und 68 Ich] neuer Schreibansatz 70 mir] danach gestr. aber 73 Waß] danach gestr. hast du
634
Zu Nr. 389
Erläuterungen 3 Lichtenberg] Ludwig (Louis) von Lichtenberg war am 1. September in Wiesbaden angekommen, wie Brentano seiner Frau an diesem Tag (DjB Nr. 1138) berichtete. 10–11 Biberich 〈...〉 Residenz 〈...〉 das Schloß] Schloß Biebrich, ein dreiflügeliger Barockbau, war in der ersten Hälfte des 18. Jhs. direkt am Rheinufer errichtet worden und 1744–1806 Residenz der Fürsten von Nassau-Usingen. Goethe an seine Frau Christiane, 8. August 1814: Gestern war ich in Bieb-
rich zur Tafel, die Herrschaften sehr gnädig und freundlich. Der Gesellschaftssaal eine Gallerie, man Sieht an einer Seite den Rhein, an der andern den Lustgarten. Es ist völlig ein Mährchen. Der runde Speisesaal tritt etwas vor die Linie des Gebäudes. Die Herzoginn, neben der ich sas, sitzt gerade so dass man durchs offne Fenster den herunterfliesenden Rhein vor einen See halten kann, an dessen jenseitigem Ufer Maynz liegt. Ganz in der Ferne Sieht man die Berge der Bergstrase, und den Melibocus. (WA IV, Bd. 25, S. 12f.) 11–16 sogleich an Sophie geschrieben 〈...〉 unsre Rheinfarth] Brentano bat seine Frau am 7. September (DjB Nr. 1143), zu ihm zu kommen. Sie wird, wie er erwartete, am Dienstag, dem 10., oder Mittwoch, dem 11. September, in Wiesbaden eingetroffen sein, wo Arnim am Freitag, dem 13., seiner Mitteilung zufolge, er wolle den Donnerstag noch in Frankfurt abwarten (Nr. 391), ankam, und danach wird die von Brentano angeregte Rheinreise begonnen und etwa eine Woche gedauert haben. 18 Walpurgis 〈...〉 von Rüdesheim] Walpurgis Ackermann, Tochter des Rüdesheimer Gastwirts Ackermann, die Arnim und Brentano während ihrer Rheinreise im Juni 1802 kennengelernt hatten. Vgl. WAA XXX, zu Nr. 234.E,56. 19 Die Korrektur] Des ersten Wunderhorn-Bandes durch Arnim. 34–35 ob du das Manschettenlied brauchen konntest] Vgl. Nr. 388,19 und Erl. Brentano stellte die Frage, kurz bevor er den Brief Arnims erhielt. 38 die Tuschmaschiene] Vgl. Nr. 384,51 und Erl.
39 par force] Mit Gewalt. 40 8 7b. 〈...〉 Geburtstag] Brentano wurde in der Nacht vom 8. zum 9. September geboren und am 9. September auf den Namen Clemens oder Clement getauft. Er gab stets den 8. September als seinen Geburtstag an. (Vgl. Härtl 2003a; Schultz 2004.) 55 Garnerin] Vgl. Nr. 386,15–16 und Erl. 58 damals auf dem Ohstein] Reminiszenz an die Rheinreise mit Arnim im Juni 1802. Vgl. WAA XXXI, Nr. 234.E,74–91 und Erl.
635
Zu Nr. 389
61–64 Der Schloßgarten 〈...〉 jezt mit allerlei englisch〈〈en〉〉 Schwarmereien vermischt] Nachdem Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen 1803 die Regentschaft angetreten hatte, wurde der Schloßgarten, der Ende des 18. Jhs. verwildert war, wiederhergestellt, wobei für die englischen Gartenanlagen charakteristische Schlängelwege angelegt wurden und 1805/06 der Rohbau einer neuen Burg im gotischen Stil, der Mosberg, entstand. (Vgl. GriesbachMaisant 2000, S. 13f.) Goethe an seine Frau Christiane, 8. August 1814: Nach
Tafel besah man den Park und eine recht artig angelegte Ritterburg. Von dem Altan ist die Aussicht sehr schön. 〈...〉 Die Vegetation im Garten und Park sehr lebhaft. Platanen von groser Schönheit, so auch babylonische Weiden von auserordentlicher Grösse. (WA IV, Bd. 25, S. 13.) 69 Geschichte
Karl des zwölften von Posselt] Ernst Ludwig Posselt, Geschichte Karls des Zwölften, Königs von Schweden, nach Voltaire
(Karlsruhe 1791). Brentano wird die 1805 in Frankfurt/M. erschienene neue Auflage gelesen haben. Mit dem Datum des 1. Oktober 1805 steht das Buch in einer Rechnung von Mohr und Zimmer (DjB Nr. A.58). 73 Waß und wo hast die Kupferstiche her] Vgl. Nr. 388,7 und Erl.
*390. Von ? nach Heidelberg ?, vmtl. zweites Drittel September 1805 B: −. A: −. Besonderheiten: Es wird angenommen, daß der Brief, den Brentano am 27. September von Heidelberg nach Frankfurt schickte, im zweiten Septemberdrittel geschrieben wurde.
391.
An Clemens Brentano in Wiesbaden Frankfurt, vmtl. 11. September 1805, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 389. A: −. H: UB Heidelberg, Heid Hs. 2110,1, Bl. 52r–53v. − 1 Dbl. ca. 236 x 179 mm; 1r beschr.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 2v rotes Siegel. − WZ: Nicht identifiziert.
636
Zu Nr. 391
Fremdeinträge: 1r aoRl: 477, aoRm: Herbst 1804. , darunter Steig mit Verweiszeichen zu Kunze im Text: Titel zum ersten Bande des Wunderhorns., aoRr unter 1804 oder 5 Steig: 1805, aoRr: 52 2r aoRr: 53. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 27. Postzeichen: Stempel: R.1.FRANCFORT. Datierung: Der Donnerstag, den Arnim noch abwarten wollte, war der 12. September, und da Brentano im Bezugsbrief vom 7. September mitgeteilt hatte, er erwarte seine Frau Dienstag, oder Mitwoch Abend, wird Arnim den Brief am Mittwoch, dem 11. September, geschrieben haben. D1: Steig 1894, S. 146 (TD); undatiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 66, Nr. 10 (TD, kurzer Auszug); nicht näher datiert. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 298 (Nr. 62); datiert: nach dem 7. September 1805.
Varianten 7 er] aus gestr. gef
es
7
Gesicht] danach gestr. des Jungen
8
denen] danach
Erläuterungen 5–6 Donnerstag 〈...〉, wo die Luftfahrt anberaumt] Vgl. zu Nr. 386,15–16. 6–10 Kunze hat den kleinen Jungen angefertigt 〈...〉 edler verlangen.] Gemeint ist die Titelvignette zum ersten Band des Wunderhorns: ein Knabe, ein Horn über dem Kopf haltend, auf einem galoppierenden Pferd. Sie wurde nach einer Skizze Arnims ausgeführt, in der sich das Pferd »bedeutend rassiger als in der steifleinenen Ausführung aus〈nimmt〉, und das Gesicht des Knaben erinnert Arnim zu Recht anscheinend an den Tambursgesell 〈...〉, der seinem Tod durch den Galgen entgegensieht« (Rölleke in FBA IX/1, S. 68; vgl. Rölleke 1971c, S. 123–125 mit Abb. 1–3). Der Künstler war vmtl. der zunächst in Mannheim lebende Maler und Radierer Karl Kuntz, von dem mehrere Heidelberg-Ansichten bekannt sind. Rölleke (FBA IX/1, S. 68) bringt aufgrund von »Namensform und auch Zeichentechnik« den Zeichner und Miniaturmaler Johann Christian Kuntze in Vorschlag, weist aber zugleich darauf hin, daß dieser »meist am Niederrhein« lebte. Auch ein anderer Künstler des Namens sei, so Rölleke (ebd.), nicht auszuschließen. Indes dürfte doch Karl Kuntz der Wunderhorn-Illustrator gewesen sein; nicht nur aus regionalen Gründen, sondern auch weil sich die Namensform Kunz in Arnims Brief an Brentano vom 25. Januar 1808 (WAA XXXIII) findet. – Arnims Skizze ist auf dem Schutzumschlag dieses Bandes abgebildet.
637
Zu Nr. 392
392.
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, 27. September 1805, Freitag
DV: H. B: −. A: Nr. 393. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 99r–100v. − 1 Dbl. ca. 235 x 195 mm; 1r–2r 2¼ beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − 2v rotes Siegel. − WZ: Posthorn an Schlaufe. Beilagen: Brief Bettinas an Brentano nach Wiesbaden, vmtl. 24. oder 25. September, von Arnim in Frankfurt geöffnet und nach Heidelberg geschickt, von wo Brentano ihn Arnim zurückschickte (nicht bekannt; DjB Nr. *1146); Lieder von Caroline Engelhard (nicht bekannt). Fremdeinträge: 1r aoRl: 492, aoRr: Heidelberg, daneben: 99, mit Rötel gestr.: XIV 2r aoRr: 100 2v Zahlenkolonne mit Rötel:
1½ 1 6 2 4
Courant Kreuz Batzen Bat
4–½ 9 – 30 4 – 45 2 – 24 24 15 – 33.
Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 44. Postzeichen: Stempel: R.1.HEIDELBERG. 3 Portozeichen. Datierung: Der Brief läßt sich aufgrund der Mitteilung, es seien seit gestern Abend zehntausend Mann französischer Truppen durch Heidelberg marschiert (Z. 22–23), auf den Tag genau datieren: Die Truppen gehörten zum Korps des Marschalls Davout, das seit dem 26. September in bzw. bei Mannheim den Rhein überschritt und neckaraufwärts zog. Der Durchmarsch dauerte mehrere Tage, bis Davout am 30. September seinen Truppen nachreiste. (Vgl. Walter 1978, S. 44.) Die Truppen, die Mannheim am 26. September passierten, werden Heidelberg am Abend desselben Tages erreicht haben, und der folgende Tag, an dem Brentano den Brief schrieb, war demzufolge der 27. September. D1: Steig 1894, S. 145f., 146f. (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 67f., Nr. 4 (TD); datiert: 1806. D3: FBA XXXI, S. 460–462 (Nr. 428); datiert: Ende September 1805. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 299–301 (Nr. 64); datiert: ebenso.
Varianten 7 diese] Schluß-n gestr. 8 daß] danach gestr. ich 9–10 manichfal14 vollendet, und] danach gestr. das tigen] danach gestr. nähe
638
Zu Nr. 392
15 mir] danach gestr. versagt 16 daß] danach gestr. mir 20 deine] aus die 20 Güte] G aus L 21 Anna,] danach gestr. 〈xx〉 21 heute] 27 Krieg] danach gestr. 〈xx〉 34 ein] Schluß-e gestr. h aus g 35 Lied] üdZ 35 weil] aus da 44 verbat] v aus s 51 Grosen] 52 Man] aus 〈xxx〉 53 Franzosen] z aus s Gro aus 〈xxx〉
Erläuterungen 2–3 Heute Morgen 〈...〉 Betinens Brief nach Wisbaden 〈...〉 erbrachst] Vgl. Beilagen. 21–23 Hier ist heute und gestern 〈...〉 zehntausend Mann durchmarschirt] Baden hatte am 5. September mit Frankreich einen Unterstützungsvertrag für den Dritten Koalitionskrieg geschlossen. Vgl. Datierung. 24 Piquet] »Truppenabteilung, die im Felde zur Unterstützung einzelner Feldwachen oder der ganzen Vorposten-(Sicherungs-)linie aufgestellt wurden.« (MGKL XV, S. 873.) 27 daß der Krieg im südlichen Schwaben sein wird] Am 8. Oktober schlug die vereinigte französische Armee bei Wertingen (südlich von Donauwörth) die Österreicher, die sich am 19. Oktober in Ulm ergaben. 29–32 daß unser 〈...〉 Liedermäckler 〈...〉 Grimm 〈...〉 einen Musen Almanach bei Mohr herausgegeben hat] Albert Ludwig Grimm steuerte mehrere Lieder zum ersten Band des Wunderhorns bei, in dem die gütige Bemühung 〈...〉 eines Studierenden in Heidelberg (FBA VI, S. 78) hervorgehoben wird. (Vgl.: Rölleke in FBA IX/3, S. 810f.; Rölleke 1993.) Mit Albert Ludewig Danquard, dem Direktor der Lateinschule im badischen Mosbach, gab er bei Mohr in Frankfurt Persephone, ein Jahrbuch auf 1806 heraus, darin 24 Gedichte Grimms. Sie »sind als unselbständige Jugendversuche anzusehen, denen viel Unfertiges anhaftet, vor allem in der äußeren Form. Hier versucht sich unser junger Student in verschiedenerlei klassischen Vers- und Strophenformen. 〈...〉 Eine weiche, schwärmerische Veranlagung tritt uns in ihnen entgegen. Eine unglückliche Jugendliebe 〈...〉 gibt mehreren von ihnen einen schwermütigen, sentimentalen Grundton. Auch sonst ist diese Stimmung vorherrschend. Doch finden sich auch einige wenige Gedichte, die auf einen frischeren Ton gestimmt sind, und in denen eine gesunde und echte Naturbegeisterung zum Ausdruck kommt.« (Allgayer 1931, S. 17.) Vgl. Grimms Brief an Schiller vom 13. April 1805 mit der Bitte um einen Beitrag (SNA XL/1, Nr. 359 sowie Erl. dazu in SNA XL/2). 34 ein zweites geringeres Aufgebot der Engelhard] Das erste hatte Sophie Brentano am 28. August an Brentano nach Wiesbaden geschickt. (Vgl. DjB
639
Zu Nr. 392
Nr. 1135.) Welche Lieder Caroline Engelhard schickte, ist nicht bekannt. Ein entsprechendes Manuskript von ihrer Hand ist ebensowenig überliefert, wie sich Wunderhorn-Lieder auf Beiträge von ihr zurückführen lassen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 804f.) 35–36 das »Hast du mir mein Nudeltöpfchen brochen«] Nicht ermittelt. Vmtl. kein Lied von Caroline Engelhard, sondern ein von ihr gesammeltes. 38 Blühe liebes Veilchen ganz von dir verwandelt gefunden] Blühe liebes Veilchen ist ein Gedicht von Christian Adolf Overbeck, das 1777 erstmals veröffentlicht, durch weitere Drucke sowie Vertonungen Mozarts und Johann Abraham Peter Schulz’ populär wurde. Arnim veränderte es stark kürzend und publizierte seine Version unter dem Titel Knabe und Veilchen mit der Herkunftsangabe Mündlich. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 561–564.) 43 einer deiner besten Freunde 〈...〉 Nasse aus Westphalen] Christian Friedrich Nasse war seit 1797 Mitschüler Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium, anschließend sein Kommilitone in Halle, wo er 1800 promoviert wurde; danach Arzt in Bielefeld. Von dort ist ein Brief Nasses an Arnim vom 8. Juli 1801 überliefert. Vgl. WAA XXX, Nr. 158 und S. 651. 46 Wollust] In der weiteren Bedeutung: »ohne spezifischen nebensinn soviel wie freude, vergnügen, ergötzung« (DWb XXX, Sp. 1385). 47–48 Schwabische Chronick Msst 〈...〉 in welcher, der Möhringer steht] Das Chronik-Manuskript ist nicht bekannt. Auf das Lied Der edle Möringer in Gräters Zeitschrift Bragur hatte Arnim Brentano bereits am 25. März 1805 (Nr. 367,167–170) aufmerksam gemacht. 50–51 einen Grosen Brief 〈...〉 den ich hier vorfand] Nicht bekannt; Nr. *390. 52–53 Baden werde seine Truppen den Franzosen geben] Am 1. Oktober 1805 wurde in Ettlingen »ein Vertrag geschlossen, der gegen das Versprechen von Gebietsvergrößerungen in Vorderösterreich auch das badische Contingent von dreitausend Mann den Franzosen zur Verfügung stellte« (Häusser 1861–1864, Bd. II, S. 578). 59 gl.] Vmtl. Abkürzung von: dergleichen.
640
Zu Nr. 393
393.K An Clemens Brentano in Heidelberg Frankfurt, Ende September/Anfang Oktober 1805 DV: H. B: Vgl. Nr. 392. A: Vgl. Nr. 395. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 54r–55v. − 1 Dbl. ca. 232 x 190 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; nicht gefaltet. − WZ: Nicht identifiziert. (Im aufgeklebten Falz.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 479, aoR: Zurückgelegtes Blatt, danach gestr.: um 1806/7, darunter gestr.: Zur Zeit des Mißverhältnisses mit Bettina und Christian, aoRr: 54 2r aoRr: 55. Besonderheiten: Ab 2r zunehmend flüchtiger geschrieben. – Kat. Rother 1989, Nr. 28. Datierung: Analog Nr. 393.
Varianten 1 Aus Frankfu] nachträgl. 3 habe] be aus tt 4 fühle] e aus t 4 mehr denn] üdZ 5 sein] über gestr. unser 5 mag] aus mögen danach gestr. wir darüber gestr. er in 5 erreichen.] danach gestr. bis die 6 wir uns] uns üdZ 6 waren] danach gestr. und sind Sonne sinkt 7 Gegenwart] w aus d 16 wirft] w aus b 19–20 gedacht] ge aus an 23 Fest verschränket] die drei Str. dreisp. nebeneinander 26 Nicht 32 Nun] vor gestr. ans Wandern] über gestr. und verbessert Fortzuw Auf 37 Rudert] aus 〈xxx〉 42 gesellen:] : aus ; 44 Ist unbeschränket] über gestr. Zusammenströmet
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 393.
393.
An Clemens Brentano in Heidelberg Frankfurt, Ende September/Anfang Oktober 1805
DV: H. B: Nr. 392. A: Nr. 395. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 56r–59v. − 2 Dbl (I, II) je ca. 233 x 190 mm; 1r–3r 5 beschr. S.; 4v Adresse; je 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 4 Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 4v roter Siegelrest. − WZ: I, II je bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG.
641
Zu Nr. 393
Fremdeinträge: 1r aoRl: E., darunter: 480, aoRm: Frankfurt, aoRr: nach 1806. 1805 September, aoRr: 56 2r aoRr: 57 3r aoRl: E. 480, aoRr: 58 4r aoRr: 59 4v aoR: 1804 oder 5 1v Z. 19 Christian mit Rötel unterstr. 2v Gedicht-Incipit Fest verschränket alR mit Bleistift markiert, die folgenden Prosa-Zeilen der Seite alR mit Bleistift angestrichen 3r Z. 82 in diesen Tagen wahrscheinlich mit Bleistift doppelt unterstr., die ganze Seite alR mit Bleistift angestrichen. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 29. Postzeichen: Stempel: R.1.FRANCFORT. Datierung: Arnim teilt Z. 82 mit, daß Savigny in diesen Tagen wahrscheinlich in Frankfurt eintreffe. Zwar ist der Brief Kunigunde von Savignys, auf den Arnim sich beruft, nicht bekannt, doch wird sie etwa gleichzeitig mit ihrem Mann geschrieben haben, der am 24. September aus Metz an Brentano nach Heidelberg berichtete, daß er in Frankfurt in etwa acht Tagen durchkommen werde (DjB Nr. 1147). Demzufolge wurde Arnims Brief Ende September/Anfang Oktober 1805 geschrieben. D1: Steig 1894, S. 147 (TD); nicht datiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 66, Nr. 11 und 12 (TD, kurzer Auszug); nicht näher datiert. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 301–303 (Nr. 65); datiert: Ende September 1805.
Varianten 5 was] w aus 〈x〉 13 gewinnen] g aus G 28 Dich] üdZ eing. 32 die] ie aus er 32 Löckung] L aus S 36 Christian] aus er 41 dich] aus es 43 mich] üdZ eing. 43 deine] aus ein 44 ansiehst,] über gestr. seyn 49 Fest verschränket] die drei Str. dreisp. 69 Meer und] aus 〈xxx〉 78 grosse] g aus G nebeneinander 81 Pr.] nachträgl. idZ 83 deine] d aus D
Erläuterungen
Du und Christian 〈...〉 Kreutzer 〈...〉 der von seinem Freunde 〈...〉 gelogen] Christian Brentano wollte, wie er seinem Bruder Clemens am 23. Juli 19–24
1805 mitgeteilt hatte (DjB Nr. 1117), mit dem von ihm geschätzten Marburger Bekannten Gottfried Heinrich Schäfer nach Heidelberg übersiedeln, wo er sich für diesen eine Stelle als Privatdozent erhoffte. Clemens bat daraufhin Friedrich Creuzer, Schäfer behilflich zu sein, und teilte Creuzers mündliche Reaktion dem Bruder Christian mit. Dieser Brief Clemens’ ist nicht bekannt, doch läßt sich die
642
Zu Nr. 393
Schäfer betreffende Passage aus Creuzers Brief an Savigny vom 6. Oktober 1805 erschließen: Es finden sich auch einige Privatdocenten ein, die es
auf gutes Glück versuchen. Dabei fällt mir eine Feindschaft ein, die ich mir unverschuldet von Christian Brentano und Bang zugezogen. Ersterer will einen gewissen S c h ä f e r hierherbringen als Privatlehrer. Ich ward von Clemens angesprochen ihm beförderlich zu sein. Ich antwortete: Sowie ich den Mann vor 6 Jahren gekannt, könnte ich mich über seinen Entschluß nicht freuen. (ich kannte ihn als einen lüderlichen Menschen, der zugleich höchst anmaßend war). Das hat Clemens dorthin gemeldet. (Dahlmann 1972, S. 169.) In Briefen vom 11. und 28. August 1805 (DjB Nr. 1124 und 1136) kam Christian Brentano noch einmal auf die Angelegenheit zurück, und während Clemens’ Aufenthalt in Frankfurt im zweiten und letzten Augustdrittel muß der aus Marburg dorthin gereiste Christian sich negativ über Creuzers Einstellung zu Schäfer geäußert haben. Schließlich gaben Christian Brentano und Schäfer ihre Absicht auf, nach Heidelberg zu gehen. 49 Fest verschränket] Unter dem Titel Abreise nach der Heirat mit vierter Strophe in einem Gedichttaschenbuch Arnims (Arnim/W V, S. 205; vgl. Ricklefs 1980, Nr. 809). 57 Scheier] Im Konzept: Schleyer. 73–74 Ich habe den 26ten Bogen corrigirt, beym 27ten 〈...〉 etwas Prosa 〈...〉 das Hochzeitlied auf Leopold ist schon abgedruckt] Arnim gelangte mit dem 26. Bogen ans Ende der Korrektur des Liederteils des ersten Wunderhorn-Bandes (S. 400–416). Das Hochzeitlied auf Kaiser Leopoldus und Claudia Felix (S. 397–406) – von Arnim geringfügig nach Matthias Abeles Vivat oder so genandte künstliche Unordnung (Bd. V, Nürnberg 1675) bearbeitet (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 676–678) – ist das drittletzte Lied des Bandes. Es folgen noch auf dem 26. Bogen die kurze Antwort Mariä auf den Gruß der Engel (S. 406f.), das umfangreiche Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye (S. 407–418) und zum Schluß – auf den 27. Bogen (S. 417–432) übergehend – Des Schneiders Feyerabend und Meistergesang (S. 418–421). Daran schließen sich S. 425–432 die ersten Seiten von Arnims Aufsatz Von Volksliedern an. 76 Das Register] Das abschließende Verzeichnis Lieder-Anfänge (S. 465–470 des Erstdrucks). 77–79 Blühe liebes Veilchen 〈...〉 Contrast mit dem guten Morgen Spielmann] Knabe und Veilchen folgt unmittelbar auf das mutwillige Lied Hier liegt ein Spielmann begraben (Incipit: Guten Morgen Spielmann).
643
Zu Nr. 393
81 Ich habe Dir durch Pr. Froriep sagen lassen] Zu Arnims Frankfurter Begegnung mit Ludwig Friedrich Froriep und Frorieps Reise nach Heidelberg ist nichts bekannt. 81–83 daß Savigny 〈...〉 eintrift 〈...〉 aus Metz geschrieben] Vgl. Datierung. 83–87 Cottaischen Kalender 〈...〉 Göthe’s Epilog auf Schiller 〈...〉 Todtenfeyer im Schauspielhause] Das von Johann Friedrich Cotta in Tübingen verlegte Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1806, das im Herbst 1805 erschien, enthielt den Erstdruck von Goethes Epilog zu Schillers Glocke (Incipit Und so geschah’s!), der am 10. August 1805 in Lauchstädt nach einer dramatisierten Aufführung von Schillers Lied von der Glocke durch die Weimarer Schauspielergesellschaft gesprochen wurde. 89 meinen Gryphius] Vmtl. das Exemplar, das Arnim im März 1805 Franz Horn geschickt hatte. Vgl. Nr. 367,160–162 und Erl.
394.
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1805
DV: H. B: −. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 98r–98v. − 1 Bl. ca. 222 x 174 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Leicht verschmutzt, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 1v schwarzes Siegel. − WZ: VON
BASEL. Beilagen: Lieder von A. L. Grimm. Vgl. Erl. Fremdeinträge: 1r aoRl: 491, aoRr: XV, darunter: Heidelberg. 98. Postzeichen: Stempel: HEIDELBERG. 2 Portozeichen. Datierung: Der monierte vermeintliche Druckfehler steht im 26. Bogen des ersten Wunderhorn-Bandes (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 661). Arnim teilte die Nachricht, daß er diesen Bogen korrigiert habe, in seinem Brief von Ende September/Anfang Oktober 1805 (Nr. 393) mit, und da er darin auf Brentanos Mitteilungen zum Wunderhorn nicht einging, wird er sie erst danach erhalten und Brentano etwa gleichzeitig oder eher etwas später geschrieben haben. D1: Steig 1894, S. 146 (TD); nicht näher datiert. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 3 (TD, kurzer Auszug); datiert: 1806. D3: FBA XXXI, S. 459f. (Nr. 427); datiert: Anfang bis Mitte September 1805. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 298f. (Nr. 63); datiert: ebenso.
644
Zu Nr. 395
Varianten 7
habe]
aus 〈xxx〉
13
Arnim]
über gestr.
von Achim
Erläuterungen 2 vier schöne Lieder von Grimm 〈...〉 gebracht] Von Albert Ludwig Grimm sind zwei Handschriften zum Wunderhorn überliefert, jedoch nicht die von Brentano an Arnim geschickte. Sie kam für den ersten Band des Wunderhorns zu spät, für dessen folgende Bände Grimms Beiträge nur noch ausnahmsweise genutzt wurden. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 810f.) Die vier Lieder konnten nicht identifiziert werden. 5–10 Gott grüß euch alter 〈...〉 Blumenkopf statt topf 〈...〉 sollte dies Lied von Pfeffel nicht da stehn] Gottfried Konrad Pfeffels erstmals 1782 veröffentlichtes populär gewordenes Gedicht Gott grüß euch Alter, schmeckt das Pfeifchen wurde von Arnim – ohne Nennung des Verfassers – für den ersten Band des Wunderhorns bearbeitet. Bei dem monierten Blumenkopf (V. 2) handelt es sich um einen Pfeifenkopf mit Blumenschmuck. Pfeffel hatte im Erstdruck Blumentopf, die auf ihm basierenden Fliegenden Blätter mit Pfeffels Gedicht änderten jedoch zu Blumenkopf, und Arnim schloß sich diesen Änderungen an, ohne Brentanos Einwand zu berücksichtigen, der vmtl. zu spät – nach der Korrektur – kam. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 661f.) In sein Handexemplar des Wunderhorns notierte Arnim an den Rand des Gedichts: Einige haben mir einen Vorwurf daraus gemacht, daß ich dieses
Lied aufgenommen, sie nannten es gemein, die Welt ist auch sehr gemein, denn sie gehört allen, die sich an ihr erfreuen (zit. ebd.).
395.
Von Clemens Brentano nach Frankfurt Heidelberg, vmtl. zwischen 1. und 5. Oktober 1805, Dienstag und Sonnabend
DV: H. B: Nr. 393. A: Nr. 397. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 101r–103v. − 1 Dbl. + 1 Bl. je ca. 236 x 195 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 493, aoRr mit Rötel durchstr.: XII, darunter: 101 2r aoRr: 102 3r aoRl: 493, arR: 103, mit Rötel durchstr.: XIII 1v Z. 49 Christian mit Rötel unterstr. 2v Z. 106 Christian, Savigny mit Rötel unterstr.
645
Zu Nr. 395
Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 45. Datierung: Der Brief wurde vmtl. umgehend nach Erhalt des Bezugsbriefes vom Ende September/Anfang Oktober geschrieben, da Savignys Aufenthalt in Frankfurt, den Arnim als unmittelbar bevorstehend mitgeteilt hatte, noch vorausgesetzt wird. Andererseits scheint Brentano Savignys Mitteilung aus Metz vom 24. September, daß er in etwa acht Tagen in Frankfurt durchkommen werde, um nach Trages zu gehen (DjB Nr. 1147), noch nicht erhalten zu haben. Sie wird – wegen des Kriegsbeginns – erst spät in Heidelberg eingetroffen sein: am 5. Oktober abends. Zu dieser Zeit erhielt Creuzer ein ebenfalls vom 24. September aus Metz datiertes Briefchen Savignys. (Dahlmann 1972, S. 169.) D1: Steig 1894, S. 147 (TD); nicht näher datiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 68, Nr. 5 (TD, kurzer Auszug); datiert: 1806. D3: FBA XXXI, S. 462–468 (Nr. 429); datiert: Ende September/Anfang Oktober 1805. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 304–309 (Nr. 66); datiert: Anfang Oktober 1805.
Varianten 2 um] danach gestr. 〈xx〉 4 sein] aus seine 21 das] danach gestr. ge 21 der] üdZ 27 alle] aus die 28 du] aus 〈xx〉 32 mich] danach 34 ihnen] danach gestr. den 〈xx〉stigen 34 mich] danach gestr. so gestr. 〈xx〉 39 seit] aus wenn 47 auf] danach gestr. den 52 ihm] 52 mein] Schluß-e gestr. 54 halte] aus m aus n danach gestr. und habe 56 wuste] danach gestr. er 56 werde wo] wo aus 〈xx〉 57 mündlich,] danach gestr. meine 57 doch] danach gestr. gef 67 berichtet] am Schluß gestr. 〈x〉 73 sie] aus es 78 meiner] danach gestr. halb 79 Pflicht] danach gestr. sta 82 waren, ich] danach 83 rette] danach gestr. nich 96 manche] Schluß-s gestr. gestr. war 100 nur] danach gestr. die tran 102 ist.] danach gestr. N〈xxx〉 107 Sie] S aus s 113 Christian] danach gestr. 〈xx〉 117 Hingeben,] danach gestr. der Leztern 120 würden.] danach ¾ Zeile gestr. Sie lebte 〈xxx〉 121 ihr] danach gestr. 〈xx〉 125 gegen mich] üdZ eing. 126 empfand,] danach gestr. gab mir das eine gewiße Trauer 126 es] üdZ 126 mich] danach gestr. das 127 aller] üdZ 128 die sich] danach gestr. sa 130 Paare] P aus 〈x〉 132 Stille] danach gestr. wie 133 umschloß,] danach gestr. ging 136 zu] danach gestr. sehn 148 diesen] aus den 149 müste,] danach gestr. aus 157 aus] aus in 159 zugegen] danach gestr. seh 163 jenen] danach gestr. Ber 170 wäre] danach gestr. er 180 könne,] danach gestr. ob
646
Zu Nr. 395
Erläuterungen
Wie die Leute sagen, daß Jakobi ein drittes gefunden habe 〈...〉 erhebt] Die Charakterisierung der Philosophie Friedrich Heinrich Jacobis konnte nicht verifiziert werden. Nicht in den berühmten Rezensionen des Romans Woldemar durch Wilhelm von Humboldt und Friedrich Schlegel sowie im doku24–26
mentierten Kontext dieser Rezensionen. (Vgl. Fambach 1958, S. 52–75.) Auch keine Äußerung Goethes, den Jacobi im Juli 1805 in Weimar besucht hatte. Brentano scheint eine eigene oder ihm naheliegende Kennzeichnung für die Modernität von Jacobis Philosophieren anzuführen, mit dem dieser »eine Bahn der Vergewisserung erschloß, die aus der bis dahin erschöpfend scheinenden Alternative von Optionen herausführte« (Henrich 1993, S. 26). Dieter Henrich zufolge versuchte Jacobi zu zeigen, »daß schon in dem Wissen von sich, daß für jedes erkennende Wesen die erste und eine gänzlich dem Zweifel entrückte Gewißheit hat, ein Wissen vom übernatürlich Unbedingten gelegen ist. Er führte diesen Nachweis in einer von ihm selbst entwickelten Begriffssprache: Wo wir etwas aus der ihm vorausgehenden Ursache begreifen, da verstehen wir es als durch diese Ursache Bedingtes. Insofern diese Bedingung von ihm selbst zu unterscheiden ist, verstehen wir es vermittels dieser Bedingung und als ein durch sie vermitteltes Wirkliches. Naturerkenntnis ist Erkenntnis aufgrund solcher Vermittelungen. Die endlose Abfolge dieser Vermittelungen kann niemals ein Un-Vermitteltes und in diesem Sinne Un-Bedingtes erreichen. Wo wir aber ein Wirkliches anerkennen, ohne es damit zugleich in seiner Bedingtheit herleiten wollen zu können, da müssen wir es unter dem Gedanken des Unbedingten verstehen, der begrifflich die Voraussetzung der Verstehbarkeit des Gedankens des Bedingten ist. Als endlich, als nicht selbstgenügsam und insofern als bedingt wissen wir aber von unserem eigenen Dasein, und zwar diesseits jeder Perspektive auf Erklärung aus der Dimension der Vermittelung und also der Natur. In diesem Wissen ist aber der Gedanke eines Un-Bedingten diesseits oder, wenn man will, jenseits der Natur schon vorausgesetzt. Wir wissen also unmittelbar von ihm.« (Ebd., S. 24.)
Ich halte von unserm Wortwechsel über Schäfer gar nichts 〈...〉 Wortwechsel gerathen.] Vgl. Nr. 393,19–24 und Erl. 88 letzten Anwesenheit in Frankfurt] Nach der Rheinreise Mitte Septem54–59
ber mit Arnim und Sophie Brentano. 92 das Bad] Wiesbaden. 95 Meßgeraüsch] Geräusch der Frankfurter Herbstmesse. 97–98 Trüblichkeit] Sonst nicht belegte Substantivierung von XXII, Sp. 1206).
647
trüblich (DWb
Zu Nr. 395
107 Briefe Christians und Savignys an Sie] Savignys Briefe Härtl 1979, darin S. 124 zu denen Christian Brentanos. 130 Wohlust] Vgl. zu Nr. 392,46. 137 Küßen] Um 1800 korrekte Schreibung von Kissen. (Vgl. Adelung II, Sp. 1849.) 144 Brüdern] Franz und Georg Brentano, die die väterliche Handlung in Frankfurt weiterführten. 159 Ankunft Savignys] Anfang Oktober in Frankfurt, aus Paris. 160 Kindes] Die Tochter Bettina. 170 Diligence] Der Verkehr mit den Diligencen wurde von einem Privatunternehmer besorgt und war schneller als der mit der Post; eine Art Halbkutsche,
welche aus einem leichten Kasten bestehet, der auf einem leichten und kurzen Gestelle aufgesetzt ist (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 217). 170 Trages] Gut Savignys, das 1751 in den Besitz seines Vaters gelangt war und von Pächtern bewirtschaftet wurde. Es »liegt im südlichsten Teil des heutigen Hessens zwischen den Gemeinden Freigericht und Rodenbach östlich von Hanau, fast unmittelbar auf der hessisch-bayerischen Grenze am östlichen Rand des Hessischen Spessarts. Die benachbarten Ortschaften sind auf hessischer Seite Oberrodenbach und Somborn, auf der bayerischen Albstadt.« (Günther 2000, S. 29.) Das Gut wurde zu einem Treffpunkt des Arnim-Brentano-Savigny-Kreises. 171 miens] Vmtl. mince (frz.): dünn; auch: winzig, unbedeutend. 173 Bücher u Brief] Savignys Pariser Brief vom 4. September und Bücher, über die es darin heißt: Ich weiß nicht, lieber Clemens, warum ich nun
schon so lange nichts von Ihnen höre. Ich habe Ihnen vor langer Zeit geschrieben, habe Ihnen dann Bücher geschickt, die schon vor 14 Tagen angekommen seyn müssen, und habe Ihnen darauf nochmals geschrieben, um diese Bücher anzumelden. (DjB Nr. 1140.) 175 Sophie dankt für den Allmanach] Vgl. Nr. 393,83–87 und Erl. 175–176 daß Froriep bei mir war] Vgl. Nr. 393,81 und Erl. 176–177 daß Jean Paul wahnsinnig 〈...〉 und in Sicherheit gebracht worden] Die Nachricht über Jean Paul, der seit August 1804 in Bayreuth lebte, wird durch andere zeitgenössische Berichte nicht bestätigt. (Nicht in Berend 2001.) 177–179 Voß 〈...〉 daß Gothe 〈...〉 fleisig arbeite] Johann Heinrich Voß, der am 17. Juli 1805 in Heidelberg eingetroffen war, hatte zuvor in Jena gelebt, wo er von Goethe erfahren haben wird, daß dieser an der Ausgabe seiner Werke arbeite, die 1806–1810 bei Cotta in Tübingen erschien. 179–181 die lezte Strophe 〈...〉 waß der lezte Wille sei] In Goethes Epilog zu Schillers Glocke (vgl. zu Nr. 393,83–87):
648
Zu Nr. *396
Er hatte früh das strenge Wort gelesen, Dem Leiden war er, war dem Tod vertraut. So schied er nun, wie er so oft genesen; Nun schreckt uns das, wofür uns längst gegraut. Doch jetzt empfindet sein verklärtes Wesen Nur einen Wunsch, wenn es herniederschaut. Oh! möge doch den heil’gen, letzten Willen Das Vaterland vernehmen und erfüllen. (Goethe/MA, Bd. VI/1, S. 92.)
182
»waß uns alle bändigt, das Gemeine«] V. 31f.: Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine, Lag, was uns Alle bändigt, das Gemeine. (Ebd., S. 91.)
Voß soll sich sehr hart 〈...〉 von den Nibelungen 〈...〉 waß den Griechen der Homer sein 〈...〉 einen Saustall einem Pallast vergleichen] Als Erster hatte Tieck das Nibelungenlied in die Nachfolge Homers 183–187
gestellt, wie Brentano vmtl. am 4. März 1805 an Savigny berichtete. (Vgl. DjB Nr. 1047.) Voß, dem Homer-Übersetzer und Verehrer der klassischen Antike, mußte die Aufwertung des Nibelungenlieds auf das Niveau von Ilias und Odyssee suspekt sein. Bereits in seiner ersten überlieferten Äußerung über Arnim ist die Diskrepanz zum Literaturkonzept der Heidelberger Romantik manifest.
*396. An Caroline von Labes in Berlin Frankfurt, 9. Oktober 1805, Mittwoch B: −.
A: Nr. 400.
649
Zu Nr. 397
397.
An Clemens Brentano in Heidelberg Trages, zwischen 10. und 12. Oktober 1805, Donnerstag und Sonnabend
DV: H. B: Nr. 395. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 60r–61v. − 1 Dbl. ca. 324 x 205 mm; 1r Zeichnung; 1v–2v 3 beschr. S.; 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Bl. 1 Herz mit Inschrift: JH Bl. 2 bekröntes Lilienwappen. Fremdeinträge: 1v aoRl: 481, aoRm-aoRr Steig: Kann nur 1805 sein / aus Frankfurt. / Sept/October 1805 [Sept. 〈xxx〉 Savigny’s / in Frkf.], darüber gestr.: 1804. 2r aoRl: 61 2v Z. 28 Gundel sowie Z. 31 Mann und Kind mit Bleistift unterstr. (Kind doppelt unterstr.). Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 30. Datierung: Savigny, der Anfang Oktober 1805 mit Frau, Tochter und Schwägerin Meline von seinem Paris-Aufenthalt in Frankfurt eintraf, reiste danach mit ihnen auf sein Gut Trages (vgl. zu Nr. 395,170) weiter. Diese Weiterreise wird am 8. Oktober erfolgt sein, denn an diesem Tag schrieb Jacob Grimm, der ebenfalls mit Savigny aus Paris zurückgekehrt war, aus Hanau seinem Bruder Wilhelm: Ich warte alle Minuten hier auf Savigny um mit ihm nach
Trages zu gehn, wo ich mich aber weil da jezt eine Menge Menschen zusammensind gar nicht aufhalten vielleicht diesen Abend schon zurükkommen werde. (Rölleke 2001, S. 95.) Arnim wartete, seinem Brief zufolge, in Frankfurt noch auf Brentano und fuhr dann ohne ihn nach Trages. Da er das dortige Zusammensein mit Savigny rühmt und er nach Savigny in Trages ankam, wird der Brief einige Tage nach dem 8. Oktober geschrieben sein, jedoch nicht nach dem 12. Denn spätestens an diesem Tag wird Brentano, der Empfänger des Briefes, dort angekommen sein. Dies kann aus Creuzers Mitteilung aus Heidelberg an die Günderrode vom 11. Oktober geschlossen werden:
Du weist doch daß Klemens zu Savignys gereist ist, ich sollte mit ihm reisen. Wich ihm aber aus. (Preisendanz 1912, S. 166.) Brentano, der zwei Tage unterwegs war, wird (spätestens) am 10. Oktober abgereist sein – ohne die Günderrode (deren Mitfahrt ab Frankfurt Arnim erwogen hatte), denn diese schrieb am 10. Oktober an Savigny:
mir jezt zu traurig.
Ich komme den Sonntag nicht, es ist
(Preitz 1964, S. 209.) Am Sonntag, dem 13., wurde Sa-
vignys Tochter auf den Namen Bettina getauft. D1: Steig 1894, S. 147f. (TD); nicht näher datiert. D2: Kat. Henrici 149, S. 66f., Nr. 14 (TD, kurzer Auszug); nicht näher datiert. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 310f.; datiert: Frankfurt, Anfang(?) Oktober 1805.
650
Zu Nr. 398
Varianten 9 verschiessen] nach sch nachträgl. l eingefügt, so daß gelesen werden kann 11 Dich] D aus 〈x〉 18 spotlen] o aus 〈x〉 20 hat] t aus st 21 gehalten] ge nachträgl. idZ danach gestr. müssen aus un 27 brauchte] br aus fan 36 zeigt] aus
auch verschliessen 17 das] a aus en 21 ja] üdz eing. 26 Conjectur] ec s〈xxx〉
Erläuterungen 5 Hünerloch] »schlupfloch für hühner und hund neben der tür eines bauernhauses« (DWb V, Sp. 1880). 7 Allvater Okeanos] »im griech Mythus der Erde und Meer umfließende Weltstrom, bei Homer Ursprung aller Dinge, auch der Götter, der im äußersten Westen hausende, mildgesinnte Urvater« (MGKL XV, S. 12). 8 die Englischen Schiffe blokiren uns] Die englische Flotte blockierte die französisch-spanische, die am 21. Oktober 1805 in der Seeschlacht von Trafalgar eine vernichtende Niederlage erlitt. 38 Deiner Fluß] Deiner Frau. Fluß in der Bedeutung von fließend, weich und sanft. (Vgl. DWb III, Sp. 1853.)
398.
Clemens Brentano an Sophie Brentano in Heidelberg mit Nachschrift Arnims Trages, vmtl. Mitte Oktober 1805
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS 35. − 1 Bl. ca. 250 x 205 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Ränder beschädigt, fleckig, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, roter Siegelrest. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRl Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRr:
Trages, Mitte Okt. 05. Besonderheiten: Nachschrift Arnims stark verblichen. Postzeichen: Stempel: R.2.HANAU. Portozeichen. Datierung: Brentano wird spätestens am 12. Oktober in Trages angekommen sein (vgl. Datierung von Nr. 397) und bald an seine Frau geschrieben haben, denn im nächsten Brief an sie vom 25. Oktober erinnert er an die wenigen Zeilen, die ich dir gleich nach meiner Ankunft geschrieben (DjB Nr. 1156). Allerdings wird mindestens ein Tag zwischen der Ankunft abends und
651
Zu Nr. 398
dem Schreibtag gelegen haben, da Brentano berichtet, man würde den ganzen Tag auf dem Felde mit der Flinte hin und her gehn. Merkwürdigerweise wird das Tauffest für Savignys Tochter Bettina am 13. Oktober nicht erwähnt. D1: Steig 1894, S. 148; nicht näher datiert. D2: Amelung 1908, Bd. II, S. 188f.; datiert: Mitte Oktober 1805. D3: Amelung 1939, S. 402; datiert: ebenso. D4: Gersdorff 1981, S. 367f.; datiert: ebenso. D5: FBA XXXI, S. 469f. (Nr. 430); datiert: ebenso.
Varianten 6 nie] danach gestr. f 7 zu] üdZ 18 Heises] danach gestr. Schwa 19 Poeten.] danach gestr. Er geht hauptsächlich nach Heidelberg um
nicht beständig mit Erläuterungen 4 das Kind] Die Tochter Bettina. 8 ein 〈...〉 Savoyarde] Die Savoyarden galten als »ehrlich, treuherzig, sehr thätig, sparsam, fröhlich u. von einfachen Sitten« (Pierer XV, S. 22). Sie waren außerhalb Savoyens, das 1720–1860 zur Sardinischen Republik gehörte, als Gelegenheitsarbeiter (Schuhputzer, Schornsteinfeger u.ä.) bekannt. 11–12 Ich schlafe wieder in dem kleinen Haüschen] Brentano war erstmals im Sommer 1800 auf Trages und hatte in einem an den Park angrenzenden (nicht mehr vorhandenen) Jägerhaus bzw. Gartenpavillon gewohnt. (Vgl. Savigny 1999, S. 40, 48.) 12–13 unter allen Jägern ist Arnim der unermüdlichste] Arnims Liebe zur schönen Jagdkunst geht bereits aus seinem Briefkonzept an Carl Friedrich von Redtel von vmtl. Anfang August 1801 hervor: die mir immer noch die
liebste von∧allen schönen Künsten ist weil sie den∧Frieden und Krieg sorecht brüderlig vereinigt (WAA XXX, Nr. 164.K,51–53). Sie kommt auch in
seinem Brief an Brentano aus Karstorf, dem Gut des Grafen Schlitz, vom 18.–22. April 1806 (Nr. 443,215–217 mit einer Trages-Reminiszenz) und weiteren Briefen sowie in der Bedeutung des Jagdmotivs in seinen Werken zum Ausdruck. Vgl.: Ricklefs 1990, S. 240, Anm. 483 und 492; Barth in WAA X, S. 1018. 17–19 die Studien 〈...〉 Creuz. Heises Aufsazz und 〈...〉 die Poeten] Der erste Band der von Creuzer und Daub herausgebenen Studien (Frankfurt/M.Heidelberg) enthält: Creuzer, Das Studium des Alterthums, als Vorberei-
652
Zu Nr. 398
tung zur Philosophie; ders., Plotinos von der Natur, von der Betrachtung und von dem Einen, mit einer Einleitung und mit Anmerkungen; Daub, Orthodoxie und Heterodoxie, ein Beitrag zur Lehre von den symbolischen Büchern; Schwarz, Religion, eine Sache der Erziehung; Loos, Ueber Theophrastus Paracelsus; Heise, Ueber die Gewissensfreiheit im Staate; Udohla, in zwei Acten. Von Tian; Magie und Schicksal, in drei Acten. Von Demselben. Die beiden letzten Beiträge – Dramen der Günderrode unter ihrem Pseudonym Tian – erschienen in einer von den vorigen Beiträgen abgesetzten Abteilung Poesien. Daß Savigny, dem das Pseudonym der Günderrode bekannt gewesen sein dürfte, mit die Poeten deren Texte gemeint haben soll, ist befremdlich. 19 in höchstens 2 Tagen werde ich kommen] Brentano reiste jedoch – mit Arnim und Savigny – erst am 7. November von Trages ab und kam mit ihnen um den 9. November in Heidelberg an. Vgl. DjB Nr. 1156 und 1158 (jeweils Datierung). 20–21 Hier ist Bostel Arn. Krist. Bet. Mel.] Hans Christian von Bostel; Arnim; Christian Brentano; Bettina Brentano; Meline Brentano. Außerdem war Savigny zugegen, vmtl. auch Claudine Piautaz. Jacob Grimm, der nur ganz kurz am 8. Oktober dort gewesen sein dürfte (vgl. Datierung von Nr. 397), nahm nicht an der Trages-Geselligkeit teil. Er und Arnim, die sich später eng befreundeten, hätten sich beinahe erstmals begegnen können. Die Günderrode, die Savigny am 10. Oktober abgesagt hatte (vgl. Datierung von Nr. 397), kam in der zweiten Oktober-Hälfte doch noch. Obwohl Creuzer sie Mitte Oktober bat:
Gehe doch nicht auf Trages so lang Klemens dort ist. Es schmerzt mich Dich mißhandelt zu wissen (Preisendanz 1912, S. 167), mußte er ihr am 24. Oktober schreiben, sie als Freund, sich als Frommer maskierend: Sie sind auf Trages – unter vielem Lärm und großer Gesellschaft. Der Freund wird sich doch zuweilen allein fühlen oder wünschen. Der Fromme ist allein 〈...〉 / Letzterer sagte mir heute: »Wenn der Freund nur dort nichts zu leiden hat, besonders von Clemens, ich will es lieber ertragen, daß er den Clemens etwas liebenswürdig findet, als daß er von diesem mißhandelt werde.« (Preisendanz 1912, S. 168.) 26–27 der Doktor] Dominikus Brentano, Dr. iur. 28–29 am Dienstag um halberneun] Anspielung auf Strophe 6 von Der Bettelvogt im ersten Band des Wunderhorns: Ihr Brüder seyd nun lustig, der Bettelvogt ist todt, Er hängt schon im Galgen ganz schwer und voller Noth, 653
Zu Nr. 398
In der verwichenen Woch am Dienstag um halber neun, Da haben sie ’n gehangen in Galgen fest hinein. (FBA VI, S. 95.)
*399. An Friedrich Schlegel in Köln Trages, 18. Oktober 1805, Freitag B: −. A: Nr. 416. Beilagen: Vmtl. der erste Band des Wunderhorns. Datierung: Aufgrund des datierten Exzerpts.
399.E An Friedrich Schlegel in Köln Trages, 18. Oktober 1805, Freitag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 416. r v H: Vgl. AIII, 29 –29 , ca. 1¾ S.
Erläuterungen 1 über die Volkslieder] Nach dem Erscheinen des ersten WunderhornBandes vmtl. Mitte Oktober 1805 im Verlag von Mohr und Zimmer in Frankfurt und Heidelberg. 2–3 meine Reise zu Ihnen] Arnim hatte Friedrich Schlegel im August 1804 in Köln besucht, und dabei wird ein weiterer Besuch im Sommer/Herbst 1805 verabredet worden sein. Vgl. Nr. 416,2–3 und Erl. 3 ein Paar 〈...〉 in fremden Boden eingepflanzt] Eigene Gedanken in die Volkslieder. 4–5 nicht dem Fremden eintreten zu lassen] Unklar. Die Intention vor den Textänderungen war klar: dem Fremden aufzuladen. 13 Kriege] Vgl. zu Nr. 392,21–27.
654
Zu Nr. 400
400.
Von Caroline von Labes nach Frankfurt Berlin, 2. November 1805, Sonnabend
DV: H. B: Nr. *396. A: −. H: GSA 03/205. − 1 Dbl. ca. 230 x 185 mm; 1r–2r 2½ beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Derb, gerippt, Bl. 2 Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, rotes Siegel. − WZ: J HONIG & ZOONEN. Fremdeinträge: 1r aoRm: 26, aoRr: 95, auRl: 25 2r aoRr: 97, auRl: 26. Postzeichen: Portozeichen; 6. D1: Riley 1978, S. 120f. (Nr. 32).
Varianten 3 war] danach gestr. nicht 12 Verstorbenen] V aus v 14 beide] üdZ eing. 15 Stube] danach gestr. mit 15 daneben,] alR 20 sie] s aus S 24 auf] a aus f 25 NB] üdZ eing. 30 Er] E aus e 31 Feˆten 39 bei] danach gestr. H* Schm gab es gar nicht] auR eing.
Erläuterungen 3 wieder in Berlin] Die Großmutter wird sich zuvor in Zernikow (vgl. zu Nr. 382,60) aufgehalten haben. 11–13 der alte Krieges Rath Schultze 〈...〉 deßen Wittwe will 〈...〉 vermiethen] Arnim hatte bereits im Winter 1804/05, als Brentano ihn besuchte, nicht im großmütterlichen Haus Viereck Nr. 4 gewohnt (vgl. Nr. 419.E und Erl.), sondern in dem Haus Hinter dem Neuen Packhof Nr. 3, das der Bankierswitwe und Salonnie`re Sara Levy gehörte (vgl. WAA XXXI, zu Nr. 350,2–3). Daß er auch nach seiner Rückkehr von Heidelberg nicht bei Caroline von Labes wohnen würde, scheint er mit ihr bereits vor Beginn der Reise vereinbart zu haben. Er folgte jedoch nicht ihrer Empfehlung, die Zimmer des verstorbenen Kriegsrats Schultze zu mieten, sondern zog in den Gasthof Goldener Adler am Dönhoffschen Platz/Ecke Jerusalemer Straße. (Vgl. Nr. 420,19–20 und Erl.) Die Schultzesche Wohnung muß sich der Beschreibung zufolge ganz in der Nähe befunden haben. Infrage kommt das gegenüberliegende Schönbergsche Haus in der Leipziger Straße 46, wo der Geheime Kriegsrat Christian Ludwig von Schul(t)ze wohnte (vgl. Hahn 2003a, S. 48, 115). Ob es sich bei dem Verstorbenen um diesen handelt oder um einen Verwandten, konnte nicht ermittelt werden.
655
Zu Nr. 400
27 entriren] Eingehen, sich auf etwas einlassen. 28–29 unsern Kayserlichen Besuch] Am 25. Oktober 1805 empfing Friedrich Wilhelm III. Zar Alexander I. auf dem Paradeplatz in Berlin, der danach den Namen Alexanderplatz erhielt. Die beiden Monarchen waren seit einem Treffen in Memel 1802 befreundet und versicherten sich am 4. November während eines gemeinsamen Besuchs der Gruft in der Potsdamer Garnisonkirche ihrer unverbrüchlichen Freundschaft. 34–35 ungewiß ob Krieg mit den Frantzosen 〈...〉 oder Friede] Preußen erklärte sich im Potsdamer Vertrag vom 3. November 1805 bereit, der russischösterreichischen Koalition gegen Frankreich beizutreten, wenn preußische Verhandlungen mit Napoleon scheiterten. Die zusammengezogenen Truppen wurden jedoch nicht in Marsch gesetzt, da nach der Schlacht von Austerlitz (2. Dezember) und nach dem russisch-französischen Waffenstillstand von Znaim (6. Dezember) Preußen im Geheimvertrag von Schönbrunn (15. Dezember) ein Schutz- und Trutzbündnis mit Frankreich einging. 39–40 Dein Bruder 〈...〉 bei H* Schmueker eingemiethet] Der zwei Jahre ältere Carl Otto von Arnim kümmerte sich um die Bewirtschaftung der den Brüdern Arnim gehörenden Güter (vgl. seine Kopien aller Geschäftsbriefe 1806–1807; BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Ritterschaftliche Hypothekendirektion der Kurmark, Nr. 767) und wohnte in der Berliner Mohrenstraße 48 bei dem Kriegsrat und Justizbeamten Johann Heinrich Christian Schmucker. (Vgl.: AK Berlin 1804, S. 148, 174, 204, 243.) 40 deinen Auftrag] Nicht bekannt.
401.
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Schwäbisch Hall, 26. November 1805 – Berlin, 26. Januar 1806, Dienstag – Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 433. H: SPK/NS 2/1. − 2 Dbl. (I, II) + 1 Bl. (III) je ca. 234 x 186 mm; 1r–5r 8½ beschr. S.; 5v Adresse; je 2x längs, 2x quer gefaltet; − III dünn, vergilbt und verschmutzt, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß. − WZ: I, II: C & I HONIG; III: oberer Teil von bekröntem Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl Stempel: Savigny, daneben Stempel: STAATSBIBLIOTHEK BERLIN, aoRr: 1 2r aoRr: 2 3r aoRl Stempel: Savigny, aoRr: 3, auRr Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN 4r aoRr: 4 5r aoRl Stempel: Savigny, aoRr: 5 5v aoR Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK
BERLIN. 656
Zu Nr. 401
Besonderheiten: Eher als den Brief Arnims erhielt Savigny den von Arnim um den 10. Dezember in Gotha an Brentano geschriebenen (Nr. 402), den dieser mit seinem Brief vom 7. Januar 1806 (DjB Nr. 1180) an Savigny weiterschickte. D1: Härtl 1971, S. 132f. (TD). D2: Härtl 1982, S. 31f. (Nr. 2).
Varianten 12
Schnipfer ] r aus n 12 Slowaken] w nachträgl. idz 16 die alte Jungfer] aus der alte Junge 17 seinen] danach gestr. Na 30–31 ein Meister in der ungebundenen Rede] nachträgl. zwischen den Zeilen 36 dem] m aus r 43 Flamländische] F aus M 55 ein] üdZ eing. 59 beydes] be aus ihn 64 Berlin] neuer Schreibansatz 75 sich] s aus 75 hat auf] au aus be 81 Sie] S aus s 〈x〉 Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Härtl 1982, S. 221–223. 1–8 Schwäbisch Hall 〈...〉 nach dem friedlichen Frankfurt zurück.] Arnim, Brentano und Savigny waren am 7. November von Trages, wohl über Frankfurt, nach Heidelberg abgereist, von wo Savigny nach einigen Tagen nach Frankfurt zurückfuhr, um von dort nach Marburg zu gelangen. Mit Savignys Reisewagen gelangten auch Arnims Degen und Schirm von Heidelberg in die Freie Reichsstadt. Arnim selbst blieb noch einige Tage in der Neckarstadt und begann vmtl. zwischen Mitte und 20. November seine Rückreise nach Berlin mit einem süddeutschen Umweg, der zunächst nach Schwäbisch Hall führte. Während der Reise vermied er, in Gegenden zu kommen, die vom dritten Koalitionskrieg unmittelbar betroffen waren: am 17. Oktober hatte die französische Armee das österreichische Nordheer in der Schlacht bei Ulm geschlagen, am 2. Dezember kam es zur Dreikaiserschlacht bei Austerlitz. Aber die Reise war im Gegensatz zur Rückkehr Savignys in die Freie Reichsstadt, die sich neutral verhielt, trotzdem nicht ungefährlich. 10 Karlsberg] Heidelberger Gasthof. 11 sechs hundert Gefangne] Aus dem bei Ulm geschlagenen österreichischen Nordheer. 12 Schnipfer] Diebe. (Vgl. DWb XV, Sp. 1333.) 15–16 ein Blat vom Freymüthigen 〈...〉 daß Göthe kein Deutsch verstehe] August von Kotzebue gab seit Anfang 1803 in Berlin die Zeitung Der
Freimüthige, oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Le657
Zu Nr. 401
ser heraus, die Anfang 1804 mit dem von Garlieb Merkel seit Juli 1803 publizierten Unterhaltungsblatt Ernst und Scherz fusionierte und den Titel Der Freimüthige oder Ernst und Scherz
erhielt. »Fortan blieb Kotzebue zwar
nominell Mitherausgeber und lieferte auch weiterhin Beiträge, nahm de facto jedoch keinen Einfluß mehr auf die inhaltliche Ausrichtung der Zeitung. Merkel indes nahm den ›Freimüthigen‹ fest in seine Hände« (Vogel 1989, Bd. II, S. 407. Vgl. Müller-Jabusch 1921, S. 139–166). Die Zeitung, die gegen Goethe und die Romantik polemisierte, war paradigmatisch für den um 1800 in Deutschland aufkommenden, das Pikante und Skandalöse favorisierenden Kulturjournalismus. Seit Herbst 1805 spielte Politik in ihr eine größere Rolle, wobei Merkel sich »strikt antinapoleonisch« (Drews 2000, S. 85) engagierte. Kotzebues
daß Herr von Göthe kein Deutsch versteht,
Beweis,
erschienen in Nr. 223 vom 8.
November 1805 (S. 472f.), demonstrierte die im Titel zum Ausdruck kommende
Epilog zu Schillers Glocke (vgl. zu Nr. 393,83–87). Dieser auf drei kleinen Blättern, daß Göthe leider kein Deutsch versteht. Denn er enthalte zahlreiche Sprachfehler, Goethe dichte nicht sprachlich korrekt. Die Quintessenz des Kotzebueschen Pseudobeweises lautet: Sollte man diese Beleuchtung M i c r o l o g i e schelten, so besinne man sich doch, daß Göthe bei fremden Nationen für einen unserer ersten Dichter gilt, daß sie unsern Geschmack, unsere Fortschritte in der Sprache, noch immer nach s e i n e n Produkten beurtheilen, weil sie dem u n t e r g e h e n d e n G e s t i r n nicht so nahe stehn als wir, und daß man folglich nicht laut genug die Stimme erheben kann; zumal wenn der Gedanke sich dabei aufdringt: Goethe v e r s t e h e es wohl besser, aber er meyne, für uns sei alles gut genug, und wenn er nur niese, so müssen wir niederfallen und anbeten. 20–22 in der hiesigen Kirche ein violettes Kind 〈...〉 Blühe liebes Veilchen u.s.w.] Das in der Schwäbisch Haller St. Michaels-Kirche getaufte Kind Auffassung am
beweise
war veilchenfarben (frz. violet). In der Arnimschen Umdichtung des in der Vertonung von Johann Abraham Peter Schulz volkstümlich gewordenen Liedes
Knabe und Veilchen (1778) von Christian Adolf Overbeck, die im ersten Band des Wunderhorns steht, ist Veilchen eine Metapher für das Mädchen, das der Knabe pflücken will und das ihn dazu auffordert, es zu tun:
Brich mich stilles Veilchen, Bin die Liebste dein, Und in einem Weilchen Werd ich schöner seyn! 658
Zu Nr. 401
Weist du, was ich denke, Wenn ich duftend schwenke Meinen Duft um dich: Knabe liebe mich! (FBA VI, S. 319f.)
23 Die Gradirung 〈...〉 stellt sich nach dem Winde] In der Schwäbisch Haller Saline wurde die Luft- oder Dorngradierung angewandt. Dabei leitete man das salzhaltige Wasser (die Sole) in Gradierhäusern über aus Schwarzdornzweigen gebildete Wände, wobei sich die Konzentration der Sole durch Verdunstung erhöhte, deren Voraussetzung die Offenheit der Gradierhäuser, also der ungehinderte Luft- bzw. Windzutritt war. 24–25 hat das Salzsiederjahr nur sechs Wochen] Dafür gibt es keinen Beleg. (Frdl. Auskunft des Technischen Halloren- und Salinemuseums Halle/S.) In Schwäbisch Hall wurde 20 Wochen im Jahr Salz gesotten. (Vgl. http://www.schwaebischhall.de.) 25–27 Gräter 〈...〉 Ein lieber, eifriger Literatus] Vgl. S. 1050. 32–33 sein Leben und Treiben 〈...〉 von Klopstocks Herrmannsschlacht ausgegangen] Friedrich Gottlieb Klopstock, Die Hermannsschlacht, ein Bardiet für die Schaubühne (1769). 33–34 von einem Verwandten und untergeschlagenem Briefe beschränkt und bestimmt worden] Dazu nichts ermittelt. 35 bey dem verstorbenen Suhm] Peter Friedrich von Suhm war Gräters Mäzen. Gräter würdigte Suhms Bedeutung als Historiker im Vorwort zu seiner Übersetzung von Suhms
Geschichte der Dänen, Bd. I, Leipzig 1803, und Bragur, Bd. VI/2, 1800, S. 273–276; Bd.
erinnerte an ihn in seiner Zeitschrift
VII, 1802, S. 236–245. (Vgl.: Schwarz 1935, S. 91f., 99f.)
37 seine erste Schriftstellerarbeit] Nordische Blumen (Leipzig 1789). 38–39 literarischen Studentengesellschaft in Halle 〈...〉 sich ausgezeichnet haben] Gräter hatte seit 1786 in Halle Theologie studiert, wo im selben Jahr der Romancier August Heinrich Julius Lafontaine einen Kreis junger begabter Freunde um sich sammelte, zu dem außer Gräter der spätere Philosoph, Philologe und Volksschriftsteller Georg Gustav Fülleborn, der spätere Professor der Philosophie, Mathematik und Rhetorik Johann Gebhard Ehrenreich Maaß, der spätere Schriftsteller und Pädagoge Johann Jacob Mnioch sowie der spätere Bibliothekar und Bibliograph Johann Samuel Ersch gehörten. (Vgl. Gruber 1833, S. 105–107.) 40 solchen Studentengesellschaften] Arnim war während seines Studiums in Halle selbst Mitglied mehrerer der wissenschaftlichen Bildung verpflichteter
659
Zu Nr. 401
studentischer Freundeskreise, vor allem der Freunde freyer Untersuchung und einer juristischen Disputiergesellschaft. (Vgl.: WAA I, S. 335–353, 805–841; WAA XXX, S. 218–220, 617–623.) 42–44 Er beschreibt jezt die Kamburger Bibliothek 〈...〉 das Flamlän-
dische Manuscript des Reinike Fuchs entdeckt.] Über die Comburger Bibliothek. 3 Hefte. Hall 1805/06. (Heft 1 mit dem Untertitel Ein Programm an der Jahresfeyer des glorreichen Geburtstagsfests Seiner Churfürstlichen Durchlaucht Friedrichs des Zweyten, Herzog zu Würtemberg 〈...〉 den 6ten November 1805.) Danach unter dem Titel Über die Merkwürdigkeiten der Bibliothek des ehmaligen Ritterstifts Comburg am Kocher in: Odina und Teutona. Ein Neues literarisches Magazin der Teutschen und Nordischen Vorzeit. Hg. von F. D. Gräter. 1. 〈und einziger〉 Bd. Breslau 1812 (Bragur, Bd. VIII); darin S. 265–375: Die erste entdeckte Handschrift des Reineke Fuchs in flammändischer Sprache. 44–45 des Kaiser Justinianus eigenhändige Anmerkungen zum Co: J.] Eigenhändige Erläuterungen des oströmischen Kaisers Justinian I. zu dem auf seine Veranlassung zusammengestellten Corpus iuris civilis sind nicht bekannt geworden. 46 Seine 〈...〉 Frau] Maria Elisabeth Caroline, geb. Hofmann, verw. Seiferheld und Haspel, mit Gräter seit 20. März 1805 verheiratet, nachdem seine erste, 1799 geschlossene Ehe mit Christiane Therese, geb. Spittler 1803 geschieden worden war. (Vgl. Narr 1968, S. 19f., 38.) 50–51 sammelt 〈...〉 Leichenpredigten] Von Gräter gesammelte Leichenpredigten sind nicht bekannt geworden. 56–57 über die Bardenlieder die Karl der Grosse gesammelt 〈...〉 noch immer zu finden hofft] Die von Karl dem Großen veranlaßte Sammlung
Barbara et antiquissima carmina, quibus veterum regum actus et bella canebantur, die Preislieder auf die Karolingerkönige und heroische Gedichte enthielt, ist nicht bekannt geworden. Der Altertumsforscher Karl Christian Traugott (Teuthold) Heinze hatte für den Entdecker der Bardenlieder einen Preis von 100 Dukaten ausgesetzt. Vgl. Gräters Beitrag Altdeutsche Bardenlieder in: Bragur, Bd. VI/2, 1800, S. 231–235. 57 Ich danke ihm viel Lieder] Gräters Zeitschrift Bragur. Ein Litterarisches Magazin der Teutschen und Nordischen Vorzeit (1791–1802, 1812), fortgesetzt unter dem Titel Idunna und Hermode (1812–1816), war eine Hauptquelle für das Wunderhorn. Arnim konnte außerdem aus Gräters Volksliedersammlung zwanzig bis dreißig Lieder abschreiben, wie er Brentano um den 10. Dezember mitteilte (Nr. 402,27–31). In Gräters Nachlaß befinden sich deutsche und dänische Volkslieder sowie Gedichte verschiedener Verfasser
660
Zu Nr. 402
und Nachdichtungen aus dem Minnesang. (Vgl. Narr 1968, S. 120–130.) Blätter aus dem Nachlaß, die Arnim zur Verfügung standen, gelangten ins British Museum London. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 779, 784, 809f.) 60 Viereck n 4] Das Haus der Großmutter am Brandenburger Tor, in dem Arnim jedoch nach seiner Rückkehr nicht wohnte. Vgl. Nr. 400,11–13 und Erl. 60–61 danken wenn die Störche ihre alten Nester ausflicken] Da Savigny die Reiseutensilien nicht hatte, wie er Arnim antwortete, erübrigte sich Arnims Dank in seinem nächsten Brief an Savigny vom 9. April 1806 (Nr. 441). 71–72 Thaten in den Wäldern von Trages] Vgl. Nr. 398,12–13 und Erl. 72–73 In Weimar genoß ich viel un verdientes Glück] Vgl.: Nr. 403, 404. 73–74 in Halle viel un verdiente Freude] Vor allem bei Reichardt in Giebichenstein. Vgl. Nr. 420,130–136 und Erl. 75 daß sich Göthe auf mich gestüzt hat] Arnim war in Jena vom 15. bis 19. Dezember häufig mit Goethe zusammen. Vgl.: Nr. 404,53–55 und Erl.; Nr. 422,7–9 und Erl. 79 kleinen Bettine] Savignys am 11. April 1805 in Paris geborene Tochter. 79–81 die grosse Bettine 〈...〉 die kleine liebe Frau 〈...〉 Meline] Bettina und Meline Brentano wohnten von Ende November 1805 bis Ende April 1806 bei Savigny und seiner Frau Kunigunde in Marburg.
402.
An Clemens Brentano in Heidelberg Gotha, etwa 10. Dezember 1805, Dienstag
DV: H. B: −. A: Nr. 406. H: I: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110, 64r–65v II, III: FDH 7359. − 3 Dbl. (I, II, III); 1r–6v 12 beschr. S.; je ca. 232 x 185 mm; vmtl. 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Jeweils bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 488, aoRr Steig: Gotha, Dezember / 1805 (unter gestr. 1801.), aoRr: 64 2r aoRr: 65 3r aoRl: Steig I 149, aoRm gestr.: 3. Dez 1801, aoRr Steig: (Gotha, Anf. Dez. 1805), auRr: 1 3v auRr: 2 4r auRr: 3 4v auRr: 7359, daneben: 4 5r aoRl: 487 z Dez. 1801., auRr: 5 5v auRr: 6 6r auRr: 7 6v auRr: 7359, daneben: 8. im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs 1v Z. 16 Gräter mit Rötel unterstr. 2v Z. 42 Murr mit Rötel unterstr. 5r Z. 90 Galletti mit Rötel unterstr. Besonderheiten: Von Brentano mit Brief vom 7. Januar 1806 (DjB Nr. 1180) an Savigny geschickt. – Vgl.: Kat. Henrici 149, S. 67, Nr. 15 (Erwähnung); Kat. Rother 1989, Nr. 32.
661
Zu Nr. 402
Datierung: Am 26. November schrieb Arnim aus Schwäbisch Hall, seiner ersten Reisestation, an Savigny (Nr. 401). Da er sich danach noch in Ellwangen, Ansbach, Nürnberg, Erlangen und Coburg, vmtl. auch in Meiningen aufhielt und für die Reiseetappen zwischen den Orten jeweils mindestens ein Tag zu veranschlagen ist – von Coburg nach Gotha war er drei Tage unterwegs –, ist anzunehmen, daß er in Gotha um den 10. Dezember eintraf. Am 13. Dezember wird er von dort nach Weimar weitergereist sein, denn in Jena war er, Nr. 404,2–3 zufolge, am 15., und die Ueberkunft von Weimar nach Jena verdankte er Goethe (Nr. 404,27–28), der am 14. Dezember in der Universitätsstadt eintraf und Arnim mitgenommen haben wird. D1: Steig 1894, S. 149 (TD); nicht näher datiert. D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 311–315 (Nr. 68); datiert: Anfang Dezember 1805.
Varianten 14 zanken] k aus g 17 Aeussern] Ae aus 〈xx〉 25 isländischen] is aus 〈xx〉 27 Ein] E aus e davor gestr. aber 28 bis dreissig] üdZ eing. 37–38 er hat 〈...〉 gesetzt,] üdZ eing. 48 Stoßdegen] d aus st 50 das] d aus es 50 ist] i aus a 55 sind] danach gestr. eben so 56–57 darin für ihn] üdZ eing. 58 gewölbten] l aus b 59 Wiesner] 61 Chroniken] i aus k 62 Roth] Ro aus 〈xx〉 r aus ch 64 Holzschnitte] i aus t 76 auf] über gestr. und 78 Vor] aus In 80 zweite] t aus d 82 wenigstens] w aus B 85–86 zugeschnitten] danach gestr. war 86 war] üdZ eing. 86 so] aus da 86 in] üdZ 95–96 Zusammenstellung] Zus aus Gest 97 Arbeit] danach eing. 98 nichts] üdZ eing. 100 abschreiben] ei aus ie gestr. für 102 eine] über gestr. ich 108 Jahre] e aus en 108 hinaus] h aus i 111 frage] e aus en 118–119 genossenen] g aus G 123 des] s aus r
Erläuterungen 2–3 In Meinungen 〈...〉 wieder zusammen] Arnim war Ende Mai/Anfang Juni 1805 auf der Reise von Meiningen nach Heidelberg vmtl. dieselbe Strecke gefahren, die Brentano Ende Oktober/Anfang November 1804 zu ihm zurückgelegt hatte: über Neustadt, Würzburg und Walldürn. Auf der Rückreise unternahm er zunächst einen Umweg durch Teile Süddeutschlands, der ihn über Schwäbisch Hall, Ellwangen, Ansbach, Nürnberg, Erlangen und Coburg wieder nach Meiningen und von dort zunächst nach Gotha führte. (Ellwangen wird von Arnim zwar als erste Reisestation angeführt, er erreichte sie aber, von Heidel-
662
Zu Nr. 402
berg südostwärts reisend, nach Schwäbisch Hall und vor Ansbach.) – Meinungen (Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Meiningen) war um 1800 übliche Schreibweise. 9 Kriegsgefangner] Vgl. Nr. 401,11–13 und Erl. 9 Ratzen] Um 1800 übliche Bezeichnung für Ratten, auch Sammelbezeichnung für Nagetiere. (Vgl. Adelung III, Sp. 960f.) 9 Slawaken] Um 1800 alternative Bezeichnung für Slowaken, »ein slawischer Volksstamm in Mähren, im nördlichen Ungarn u. im österreichisch-slavonischen Grenzgebiet« (Pierer XVI, S. 215). 10 Cooks Reisebeschreibung von den Diebsinseln] In James Cooks Voy-
age towards the south pole and round the world, performed in His Majesty’s ships the Resolution ans Advanture, in the years 1772, 1773, 1774 and 1775 (London 1777, 31779). Diebsinseln: die Marianen. 11–12 schmäligen Drucke der französischen Freundschaft] Anspielung auf die Bündnisse der süddeutschen Staaten mit Frankreich. 12–13 ein Händedruck wie Falk Vossen gegeben ihm die Adern zu sprengen] Anspielung auf den Beitrag des Weimarer Schriftstellers Johannes Daniel Falk Wir lassen es folgern! oder einige zufällige Betrachtungen,
bey Gelegenheit einer in der Allg. Jenaischen Literatur-Zeitung abgedruckten Rezension von Adelungs großem Wörterbuch, erschienen in Falks Neuester Sammlung kleiner Satiren, Gedichte und Erzählungen (Berlin 1804), und zwar an prominenter Stelle, als letzter Beitrag. Er bezieht sich, ohne daß dies in ihm selbst konkret angegeben wird, auf eine umfangreiche Rezension von Johann Christoph Adelungs Grammatisch-kritischem
Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen (4 Bde., 2. Aufl. Leipzig 1793–1801), die unter der Überschrift Klopstocks Urtheil über Johann Christoph Adelungs Wörterbuch der hochdeutschen Mundart vom 29. Januar bis 20. Februar 1804 in mehreren Nummern der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung (Nr. 24–43, mit Unterbrechungen) mit dem abschließenden Rezensenten-Kürzel V. publiziert worden war. Der Rezensent war Voß (vgl. Bulling 1962, S. 50), der die Besprechung zu einer Polemik gegen Adelungs Opposition zum Lutherdeutsch nutzte und sich dabei auf Klopstock berief. Falks Beitrag besteht aus einem Dialog zwischen Fr. und A. Ersterer vertritt den spät- und populäraufklärerischen, von Adelung geteilten Standpunkt, Luthers Bibel-Übersetzung und die alten Gesangbücher müßten verbessert werden, wohingegen A. die von dem Rezensenten des Wörterbuchs behauptete Gegenposition zugunsten des besseren Alten bezieht. Dabei besteht der Witz des Dialogs wesentlich darin, daß Fr. weitschweifig argumentiert,
663
Zu Nr. 402
während
A. ihm immer wieder nichts weiter entgegnet als: Wir lassen es (also: herleiten, schließen), was Fr. ebenso in Rage bringt wie das penetrante Wir, mit dem A. einer Gruppen-Meinung Ausdruck verleiht. Mit Fr.s Worten: Er selbst ist der letzte betrübte Worthalter des goldnen Zeitalters der Deutschen (S. 246). Fr. ordnet A. mit der rhetorischen Frage: folgern
Kömmst du etwa aus den Propyläen? oder aus Schlegels Europa? oder aus Falks Satyrischem Taschenbuch? (S. 251) zunächst der klassisch-romantischen Fraktion zu, verfällt schließlich aber auf eine andere, durch das Rezensenten-Kürzel nahegelegte Identifikationsidee: Oder gar vielleicht, wie man
aus einigen seltenen Schwüngen der Kraft und Wendungen des Nachdrucks, in Anstimmung der Tonarten, und Handhabung der Sprache, fast vermuthen sollte: – Ich erschrecke, ich erzittre; mich überläuft ein kalter Angstschweiß, wenn ich daran denke, daß Er, – dieser Einzige, aus Klopstocks Schule, der noch ein Wort hat, und der es in so vollem Maße zu geben verdient: – Stimme, bist Du – nein du bist es nicht! – sage, bist Du der wackre Johann Heinrich Voß? / A. Wir lassen es folgern. (S. 251f.) Voß hätte, der Vermutung Fr.s zufolge, die spätaufklärerische Position verlassen und wäre zur gegnerischen Fraktion übergegangen, und das war der satirische
Händedruck,
den
Falk Vossen gegeben ihm die Adern zu
sprengen. 13–14 wie die Regierungsrathe aus Elwangen sich mit den Franzosen zanken] Die Fürstpropstei Ellwangen war 1802/03 durch die Säkularisation an Württemberg gekommen, 1803 für Regierungs- und Justizsachen sowie weitere Zentralbehörden der neuwürttembergischen Landesteile das Oberamt Ellwangen eingerichtet worden. Die württembergische Politik blieb im Herbst 1805 von der labilen Haltung Kurfürst Friedrichs bestimmt. Einerseits versuchte er sich gegenüber Österreich und der antinapoleonischen Allianz loyal zu verhalten, andererseits war er von Napoleon beeindruckt, der das Kurfürstentum für ein Bündnis mit Frankreich zu gewinnen suchte. Am 5. Oktober kam es zur Koalition mit Frankreich, wenngleich Friedrich noch immer für den Fortbestand des Reichs optierte. (Vgl.: Press 1987, S. 29f.; Schmid 1987, S. 142f.) Von der politischen Krisen- und Übergangssituation waren auch die Ellwanger Regierungsräte betroffen.
16–17 Gräter 〈...〉 im Aeussern] Vgl. Arnims ausführliche Schilderung in seinem Brief an Savigny vom 26. November (Nr. 401,25–58), zum Aussehen die Abb. in Gräter 1809 (Frontispiz) sowie Narr 1968, S. 5 und 42. 17 Triesel] Kreisel, Wirbel.
664
Zu Nr. 402
von einer Frau geschieden 〈...〉 mit einer Frau verheirathet, die er nie geliebt hat] Vgl. zu Nr. 401,46–49. 24–25 Seine Büchersammlung] Gräters Bibliothek umfaßte 1800 3000, spä23–24
ter 7000 Bände. (Vgl. Narr 1968, S. 23.) 27–30 Ein zwanzig bis dreissig einzelne Lieder 〈...〉 aus der Handschrift 〈...〉 fliegender Bläter und Musikbücher] Vgl. zu Nr. 401,52–53. 30 mein Bedienter] Frohreich. Zu seinen Abschriften für das Wunderhorn, »in die Arnim meist leicht modernisierend eingriff«, vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 807f. (Zitat S. 808). 31–34 Der Eingang der Kirche dort zahllose Stufen 〈...〉 drin ein Salzwerk 〈...〉 nach dem Winde.] Zur St. Michaels-Kirche führt eine riesige Freitreppe mit 53 Stufen. Das in ihr aufgestellte Modell ist nicht mehr bekannt. Es entsprach, Arnims Beschreibung zufolge, der in der Schwäbisch Haller Saline genutzten Technik der Luft- oder Dorngradierung. Da die alten Gradierhäuser in der ersten Hälfte des 19. Jhs. abgerissen wurden, als die Salzgewinnung auf die Verarbeitung von gelöstem Steinsalz aus dem Bergwerk Wilhelmsglück umgestellt und der Neubau der Saline errichtet wurde, wird das Modell, das Arnim sah, nicht mehr gezeigt worden und schließlich verschollen sein. (Nach einer frdl. Mitteilung von Daniel Stihler, Stadt- und Hospitalarchiv Schwäbisch Hall.) 34–35 Anspach 〈...〉 Schulbekannte] Die Markgrafenschaft Ansbach war 1792 an Preußen gekommen, das sie im Vertrag von Schönbrunn (15. Dezember 1805) an Bayern abtrat. Regierender preußischer Minister war Karl August von Hardenberg, der die Verwaltung reorganisierte und preußische Beamte berief. 36 einer] Johann Daniel Ferdinand Sotzmann, Mitschüler Arnims und und wie dieser Abiturient am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, nach Jura-Studium in Göttingen, wo Arnim sich mit einem Tieck-Zitat am 28. Juli 1801 in sein Stammbuch eintrug (vgl. WAA XXX, Nr. AI.36), 1804 Assessor bei der Kriegsund Domänenkammer in Ansbach. Dort nähere Verbindung zu (dem folgenden) Schultz. (Vgl.: Düntzer 1853, S. 8, 13; WAA XXX, S. 658.) 36–38 v Schulz 〈...〉 hat viel Lieder und Kirchensachen gesetzt] Christoph Ludwig Friedrich Schultz, Mitschüler Arnims und wie dieser Abiturient am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin; studierte, zeitweise gemeinsam mit ihm, von Ostern 1799 bis Ostern 1801 in Halle Jura und Kameralistik. (Vgl.: Düntzer 1853; WAA XXX, S. 420.) »In den Musenkünsten fand Schultz noch immer seine heiterste Lust und reinste Befriedigung. Er selbst setzte mehrere Lieder von Goethe, Novalis u. a. in Musik, und übersandte sie nebst einem Lied ohne Text der Geliebten.« (Düntzer 1853, S. 14.) Vgl. Arnim an Bettina, 17. Februar 1806 (Nr. 427,2–4).
665
Zu Nr. 402
40–41 heirathet im Frühling] Schultz heiratete am 4. August 1806 in Hildesheim – bei Anwesenheit Arnims – Johanna (Jeanette) Püttmann. Vgl. Nr. 472,126–139. 42 Bey Murr wie Kind vom Hause] Der Nürnberger Polyhistor Christoph Gottlieb von Murr war bekannt durch zahlreiche Veröffentlichungen, vor allem das Journal zur Kunstgeschichte und zur allgemeinen Litteratur (1775–1789, 1798–1800), und besaß eine umfangreiche Bibliothek, deren Katalog 5663 Drucke und 45 Handschriften verzeichnet (vgl. Jürgensen 2002, Bd. II, S. 1311–1489). Vgl. Wackenroders Brief an die Eltern, Nürnberg, 22.–25. Juni 1793 (Littlejohns 1991, S. 180f.), sowie Savigny aus Nürnberg an Bettina, 11. Juni 1806: ein alter, berühmter Gelehrter, der verwirrteste, närrischste
Mensch von der Welt, über den wir uns schon halb todt gelacht haben, der ganze Mensch eine ungeheure Sammlung von Curiositäten, und seine Stube ein kleines aber getreues Abbild davon (Härtl 1979, S. 114); und aus Erlangen an Friedrich Creuzer, 30. Juni 1806: Ich kenne nichts ermüdenderes als den Umgang mit dieser alten, höchst verwirrten Curiositätensammlung. (Stoll 1927, S. 284.) 44 Gedichte] Sinngedichte (1773, 21779). 45–47 Aus meiner Sammlung 〈...〉 von Michel Angelo stechen.] Die Zeichnung Michelangelos konnte nicht identifiziert werden. (Vgl. Dussler 1959.) Sie gehörte zu der Kupferstichsammlung Arnims, die er im Brief an Brentano vom 6. oder 7. September 1805 erstmals erwähnt hatte (Nr. 388,6–10). Ein von Murr veranlaßter entsprechender Stich konnte ebenfalls nicht ermittelt werden. Vgl. Savigny an Friedrich Creuzer, 30. Juni 1806: Jezt geht sein 〈Murrs〉
ganzes Dichten und Trachten auf die Edition einer großen Sammlung von autographis, meist bloße Unterschriften, aus Briefen oder Stammbüchern geschnitten, großentheils von so unbedeutenden Menschen, daß ganze Bücher von ihnen neu entdeckt werden könnten, ohne daß sie Jemand lesen würde. (Stoll 1927, S. 284.) 47–48 sein Altdorfer Stoßdegen] Murr hatte 1751–1756 an der Altdorfer Universität studiert. (Vgl. Jürgensen 2002, Bd. II, S. 1311.) 48 Für den Brief an H. von Holzschuer danke Stromer] Die Stelle ist so zu verstehen, daß sich ein Mitglied der Nürnberger Patrizierfamilie Stromer von Reichenbach in Heidelberg aufgehalten und Arnim einen Empfehlungsbrief an ein Mitglied der Nürnberger Familie Holzschuher mitgegeben hatte. Die Auffassung, Arnim habe ein Mitglied der Familie Stromer von Reichenbach in Nürnberg kennengelernt, und zwar Christoph Friedrich Stromer, und dieser habe für das Wunderhorn das Memorialbuch des Wolf Jakob Stromer zur Verfügung gestellt, dem zwei Beiträge im zweiten und dritten Band der Liedersammlung
666
Zu Nr. 402
entstammen (vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 339f. sowie in FBA IX/3, S. 407, 792, 840), übersieht, daß Arnim von einem ihm vor seinem Aufenthalt in Nürnberg bekannten Mitglied der Familie Stromer dorthin empfohlen worden sein muß, und die Abschriften aus dem Stromerschen Memorialbuch stammen vmtl. von demselben Stromer, den Arnim und Brentano in Heidelberg kennengelernt hatten. Er dürfte identisch sein mit jenem, den Friedrich Creuzer am 8. Juni 1806 aus Heidelberg Savigny für dessen geplanten Nürnberg-Aufenthalt empfahl: He.
von Stromer ist aber die Gefälligkeit selber und wird Sie ohne Zweifel weiter recommandiren. (Dahlmann 1972, S. 64.) Wer kann dieser Stromer in Heidelberg gewesen sein? In der Matrikel der Universität Heidelberg ist für die infrage kommenden Jahre kein Stromer eingetragen. Hielt sich der bisher angenommene Christoph Friedrich Stromer von Reichenbach, seit 1805 Pfleger in Altdorf, in jenem Jahr in Heidelberg auf? Oder kommt nicht eher einer seiner Söhne infrage: Christoph Friedrich Siegmund, zu dem nichts weiter mitgeteilt wird, oder Johann Christoph Sigmund, 1805 Fähnrich im Churfürstl. Hessischen Infanterie-Regiment Churprinz? Mögliche Vermittler sind auch Johann Sigmund Jakob Karl Stromer von Reichenbach auf Grünsberg, und seine Söhne Johann Sigmund Ludwig Karl und Christoph Karl Friedrich. (Angaben zu den Personen nach Biedermann 1854, S. 110–113.) Der Empfänger des Stromerschen Empfehlungsbriefes für Arnim war vmtl. Rudolf Sigmund von Holzschuher. 49–51 seinen Dürer 〈...〉 aus Dürers letzter Zeit] Albrecht Dürers Porträt des Nürnberger Patriziers Hieronymus Holzschuher, das 1526, zwei Jahre vor Dürers Tod, entstand. 51–52 das Hauß des H. von Peller] Das Weiße Pellerhaus am Egidienplatz, 1602–1607 im Stil der deutschen Renaissance auf Veranlassung von Martin Peller, dem Begründer der Nürnberger Linie der Peller von Schopperhofs, errichtet; 1945 vollständig zerstört. 52–55 er selbst 〈...〉 sein Bildniß] Das Pellerhaus war im 17. Jh. »zu einer Vorschickung (Nürnberger Form des Familienfideikommisses) gemacht worden, deren Nutzung dem Senior seiner Nachkommen zustand, während die Erträge nach einem bestimmten Schlüssel verteilt wurden. Demnach muß Ende 1805 Carl Christoph Alexander Peller als der damalige Senior der Bewohner gewesen sein.« (Frdl. Mitteilung von Horst-Dieter Beyerstedt, Stadtarchiv Nürnberg.) Zu dem von Arnim gesehenen Bild konnte weder in der Literatur noch im Familienarchiv von Peller etwas ermittelt werden. (Frdl. Mitteilung von demselben.) Arnim wird, seiner Formulierung zufolge, ein Bildnis von Carl Christoph Alexander Peller gesehen haben, kaum das eines Pellerschen Vorfahren, von denen das Porträt Martin Pellers von Leandro da Ponte gen. Bassano das bekannteste ist (vgl. Seibold 1982, S. 70–82, bes. S. 71 [Abb.]).
667
Zu Nr. 402
55–56 Die Gemälde 〈...〉 Jacob Balma] Die Bilder des Pellerhauses stammen vor allem von Malern aus Venedig und Nürnberg. Entstehung und Umfang der Sammlung gehen auf Martin Peller zurück, der die Sammlung im wesentlichen zwischen 1610 und 1620 zusammenbrachte und sämtliche Räume des Hauses mit Gemälden bestückte. Jacopo Palma il Giovane war 1614/15 sein Gast. (Vgl. Seibold 1982.) 60 Attila flagellum dei] Attila flagellum Dei vulgare (Venedig 1521). Zum Inhalt vgl. Arnim in seiner Rezension von Zacharias Werners Drama Attila, König der Hunnen: Die merkwürdige Erzählung eines venetianer sehr seltenen Volksbuches 〈...〉 läßt Attila verkleidet als Pilger mit einem
vergifteten Messer zum König Giano nach Venedig einschleichen, er will ihn umbringen, weil ein Astrolog ihm vorausgesagt, er würde selbst durch ihn sterben, der König, der seine Sprache etwas versteht, spricht mit ihm, erkennt, daß er von hundischer Rasse, hebt ihm die Kaputze auf und sieht, daß ihm das rechte Ohr fehlt; so wird er erkannt und getödtet. (Heidelbergische Jahrbücher der Literatur. 3. Jg. 1810. 5. Abt. Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst. 1. Bd., S. 11.) Das Buch ist in Arnims Bibliothek nicht überliefert; Brentano besaß es (Kat. Brentano 1974, S. 103, Nr. 147). 61 Pfarrer Roth] Johann Ferdinand Roth. 62 Wo Roth?] Gustav David von Roth aus Livland. Arnim und Brentano werden ihn im zweiten Novemberdrittel 1805 in Heidelberg kennengelernt haben; er wird identisch sein mit dem Herrn von Rothe, den Brentano zu jener Zeit der Günderrode in Frankfurt empfahl (vgl. DjB Nr. 1158 und Erl.). 62 Bey Frauenholz] Die 1787 gegründete Kunsthandlung des Nürnberger Verlegers Johann Friedrich Frauenholz hatte bereits den jungen Wackenroder beeindruckt: eine Niederlage von einer unbeschreibl. Menge Deutscher,
Französischer, Engl. u Ital. Kupferstiche, u unternimmt den Verlag der kostbarsten Werke (an die Eltern, 22.–25. Juni 1793; Littlejohns 1991, S. 184). 63 Sechs Bände geschriebenen Meistergesang für 12 Gulden] Zwei Bände, die sich in Arnims Besitz befanden und von denen einer für das Wunderhorn genutzt wurde, sind von Rölleke (FBA IX/3, S. 790) ermittelt worden. Arnim wollte sie am 12. Januar 1808 Brentano schenken, der jedoch vmtl. kein Interesse zeigte, woraufhin Arnim sie nach Abschluß der Wunderhorn-Arbeiten der Berliner Bibliothek vermachte (SPK Ms. germ. 20 22, Ms. germ. 20 23). Zu den anderen Bänden ist nichts Näheres bekannt. (Frauenholz erwarb 1801 das Praunsche Kunstkabinett, zu dem eine Handschriften- und Büchersammlung gehörte, jedoch werden Meistergesang-Handschriften in den Beschreibungen des Kabinetts [Murr 1801, S. 452–461; Weber 1983] nicht erwähnt.)
668
Zu Nr. 402
63–64 Holzschnitte bunte italiänische und holländische] Frauenholz gab zahlreiche Kupferstiche, Radierungen und illustrierte Bücher hoher Qualität heraus und hatte ein reichhaltiges Sortiment graphischer Blätter aus dem In- und Ausland auf Lager. (Vgl. Luther 1988, S. 57–77.) 64 wie ich sie allein nur besitze] Vielleicht aus der Hoseschen Sammlung. (Vgl. zu Nr. 361,56–57.) 65–66 die alte Bergmeisterin 〈...〉 knorrig zuschneidet] Anspielung nicht ermittelt. 70–72 Hofrath Hildebrandt 〈...〉 von meinen Versuchen gesprochen 〈...〉 vor drey Jahren 〈...〉 noch erinnere.] Den Erlanger Professor der Medizin, Chemie und Physik Georg Friedrich Hildebrandt, vmtl. anonymer Rezensent von Arnims Versuch einer Theorie der elektrischen Erscheinungen (1799) in der Erlanger Literatur-Zeitung (vgl. WAA II, S. 603–605; WAA XXX, S. 423), hatte dieser nicht vor drei, sondern vor vier Jahren kennengelernt: Ende November/Anfang Dezember 1801 auf der ersten Etappe seiner Bildungsreise, die ihn von Dresden nach Regensburg führte. (Vgl. WAA XXX, S. 571.) Hildebrandt wird nicht speziell über den Versuch einer Theorie der elektrischen Erscheinungen gesprochen haben, sondern über physikalische Versuche, die Arnim in mehreren seiner Beiträge in den Annalen der Physik mitgeteilt hatte. 72–73 In Koburg 〈...〉 die ersten Preussen] Arnim, der zuvor in preußischen Gebieten unterwegs war, sah in Coburg, der Residenz des Herzogtums SachsenCoburg-Saalfeld, die ersten Sachsen. Preussen ist verschrieben, wie aus dem folgenden Passus deutlich wird. 76 Pälzer-Stolz] Verschrieben (Pfälzer) oder Ironisierung der Aussprache. 78–82 ein grosses 〈...〉 unbeendigtes Brauhaus der Regierung] Das Fürstentum Sachsen-Coburg-Saalfeld, das durch langwierige und kostspielige Prozesse der Fürsten in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. mit über 1 Million Gulden verschuldet war, wurde zu Beginn des 19. Jhs. durch Theodor Konrad von Kretschmann, 1801–1806 dirigierender Minister des Fürstentums, zu sanieren versucht. Kretschmann hatte eine »Kredit-, Deposito- und Assignationsbank 〈...〉 zur Hebung von Landbau, Gewerbefleiß und Handel« gegründet, die »ihr vorgesehenes volles Kapital von 1 110 000 fl. u. a. durch eigene Industrie- und Handelsunternehmungen zu erreichen suchen« sollte (Andrian-Werburg 1965, S. 37). »Ihr waren, um einige zu nennen, eine Baumwollfabrik und –spinnerei, eine Bleiche, ein Holzmagazin in Mönchröden und eine Färberei für türkische Garnfarbe angeschlossen 〈...〉. Später wurde noch eine Branntweinbrennerei auf der Rosenau eingerichtet. Die nicht ohne Aussicht auf Erfolg begonnenen Unternehmungen wurden durch die Kriegsereignisse von 1806 und die darauf folgende wirtschaftliche Depression zunichte« (ebd.). Das Brauhaus, das Arnim sah, wird zu den in Angriff genommenen Bauten gehört haben.
669
Zu Nr. 402
87 das Mohrenland] Nach dem führenden Gothaer Gasthof Der Mohr (auch: Zum Mohren), vmtl. auch mit Bezug auf die Gothaer Geselligkeit in dem Gasthof und die nach ihm benannte Mohrengesellschaft: Es ist ein
sehr ansehnliches Gebäude, dessen 4 Seiten einen großen Hofraum einschließen. Im zweyten Stock, das vorn auf die Straße geht, findet man mehrere schöne Zimmer, die gut meublirt, und mit Gemälden und Kupferstichen zum Theil ausgeziert sind. Auf dieses folgt ein etwas höheres Gebäude mit großen Fenstern, welches den schönen Saal enthält, der den Bewohnern von Gotha zu öffentlichen Vergnügungen dient. Hier werden Bälle, Concerte und Redouten gehalten. In dem Hintergebäude nach dem Garten zu, befindet sich eine Reihe Zimmer, für die sich hier versammelnde Gesellschaft aus dem B ü r g e r s t a n d e . Das andere Seitengebäude enthält die Versammlungszimmer der M o h r e n g e s e l l s c h a f t 〈...〉. Aus einem derselben kommt man auf einen Altan, und von diesem führt eine Treppe in den Garten, worin eine bedeckte Kegelbahn ist. (Klebe 1796, S. 145f.) In dem traditionsreichen Gasthof übernachtete auch Goethe. (Vgl. Wenzel 2003; Recherche von Christian Deuling, Jena.)
87
Kaiserzimmer] Vmtl. eines der Zimmer im zweiten Stock des Gasthofs Der Mohr. (Vgl. vorige Erl.) 87 Speusen] Als Nebenform zu Speisen im DWb nicht belegt. 88 Bibliothek] Die Herzogliche öffentliche Bibliothek auf Schloß Friedenstein. Im seit dem 18. Oktober 1803 geführten Einschreibebuch der Fremden (FB Gotha, Chart. A 2031) ist Arnim nicht verzeichnet. 88 3 P.] Pollutionen? Das Wort ist in Arnims Brief an Brentano vom 17. April 1802 (WAA XXXI, Nr. 229,44) belegt.
88–90 Der Band Holzschnitte 〈...〉 drey historische Lieder 〈...〉 von der Schlacht von Navarra und Pavia.] Arnim wird bereits auf seiner Reise nach Heidelberg, als er sich Ende Mai/Anfang Juni in Gotha aufhielt, in der Bibliothek, die von den bücherliebenden Herzögen von Sachsen-Gotha unterhalten wurde, auf einen merkwürdigen Band mit Holzschnitten aufmerksam geworden sein, mit dem er sich dann auf seiner Rückkehr nach Berlin näher befaßte. Möglicherweise hat ihn auch Brentano, der bereits während seiner Gotha-Aufenthalte Anfang November und Ende Dezember 1804 die Herzogliche öffentliche Bibliothek benutzte, darauf aufmerksam gemacht. Über einen der Holzschnitte berichtete Arnim in dem Artikel Steinregen, der in den Annalen der Physik, Bd. XXII, 1806, St. 3, S. 331 erschien. (Vgl. WAA II, S. 449, 1115– 1118.)
670
Zu Nr. 402
Die Arnimschen Lieder-Abschriften sind nicht überliefert. Von den Vorlagen dieser Abschriften ließ sich eine ermitteln: Eyn schons neües Lied von der
Schlacht newlich vor Pauia geschehen am tag Mathie ym Jar Tausent vnnd funffhundert vnd funffundzwayntzig. yn dem newen thon von Mayland oder des Wißbecken thon / oder wie man die syben Stalbrüder singet. Ein Lied über die Schlacht von Navarra ist in dem Gothaer Band mit Holzschnitten nicht mehr enthalten. Der Band, den Arnim benutzt hatte, ging Ende des 19. Jhs. von der Gothaer Schloßbibliothek an das Gothaer Schloßmuseum über, wurde dann nach und nach aufgelöst und z. T. in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jhs. veräußert. (Freundl. Auskunft von Bernd Schäfer, Direktor des Schloßmuseums Gotha; Recherche von Olaf Wisch, Jena.) Lieder von der Schlacht von Navarra und Pavia stehen nicht im Wunderhorn, in dessen zweitem Band (1808) jedoch eines mit dem Titel Aus einem ähnlichen Lied im Ton der Schlacht von Pavia aufgenommen wurde (FBA VII, S. 336). Die Angabe des Tons folgt der Quelle, einem Fliegenden Blatt (vgl. FBA IX/2, S. 339). 91 Klub] 1777 gegründete Gothaer gesellige Vereinigung, der Johann Georg Geißler angehörte, die älteste der hier jetzt existirenden Gesellschaften.
Er besteht aus 24 Mitgliedern, die hier zur gesellschaftlichen Unterhaltung zusammen kommen. Diese versammeln sich in einem Privathause auf dem alten Markte, das die Gesellschaft mit Mobilien und Tischgeräthschaften versehen hat, die ihr eigenthümlich zugehören. 〈...〉 Die Mitglieder, die aus angesehenen Geschäftsmännern, Gelehrten, Kaufleuten u. s. w. bestehen, werden durch Ballotiren erwählt, und Fremde können durch ein Mitglied eingeführt werden. (Klebe 1796, S. 154.) Im Herbst 1802 hatte der Klub sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum mit der Einweihung eines neuen Saales begangen, wie aus einem Brief Geißlers an Sophie Mereau vom 8. November 1802 (H: BJ/VS 65) hervorgeht. 92–93 Bey Becker 〈...〉 Holzschnitte 〈...〉 zerschneidet alte Bücher] Rudolf Zacharias Becker arbeitete an der Herausgabe einer Sammlung von Holzschnitten, die der preußische Hauptmann Hans Albrecht von Derschau angelegt und ihm zur Edition überlassen hatte. Die erste Lieferung erschien 1808 in Gotha: Holzschnitte alter deutscher Meister in den Original-Platten
gesammelt von Hans Albrecht von Derschau. Als ein Beytrag zur Kunstgeschichte herausgegeben und mit einer Abhandlung über Holzschneidekunst und deren Schicksale begleitet von Rudolph Zacharias Becker. Zwei weitere Lieferungen folgten 1810 und 1816. Beckers Absicht war eine repräsentative Auswahl von Holzstichen der Vor-Dürer-Zeit, Dürers und seiner Zeitgenossen, bekannter und unbekannter Meister, so daß die Liebhaber
671
Zu Nr. 402
in dieser Sammlung eine ziemlich vollständige Geschichte der Holzschneiderkunst in einer Reihe von wirklichen Producten ihrer Meister erhalten (Vorbericht zur 1. Lieferung, S. 30). Die Abbildungen A1–A12 (Inkunabeln oder Blätter des ersten Zeitraumes vor Albrecht Dürer) der ersten Lieferung sind ausgeschnitten und aufgeklebt; Arnims Klage, daß Becker Holzschnitte zerschneide, kann sich auf diese Abbildungen beziehen. (Recherche von Christian Deuling, Jena.) 93–94 für die Möhrin und für den Fierabras 〈...〉 eingelegt] Brentano war interessiert an Hermann von Sachsenheims 1453 verfaßter, 1512 erschienener Verserzählung Die Mörin, der die Sagen vom Venusberg, vom Tannhäuser und vom getreuen Eckhart zugrunde liegen, sowie an dem Volksroman Fierabras (1533), der die Geschichte des gleichnamigen heidnischen Riesen aus dem Sagenkreis Karls des Großen erzählt, hatte jedoch beide Bücher im Februar und März 1805 von dem Freiburger Antiquar Joseph Matthias Mozler nicht bekommen können (vgl.: DjB Nr. 1042; DjB Nr. 1051). Im Antwortbrief (Nr. 406,132–134) teilte er Arnim mit, Becker sei ihm bei dem Antiquar zuvorgekommen. 94 Vorbitten] Fürbitten. 98–99 Kries will das Polnische Reich wieder herstellen] Der Gothaer Gymnasialprofessor Friedrich Christian Kries wurde in Thorn geboren, in einer polnischen Stadt, wie sein Gothaer Kollege Friedrich Jacobs hervorhob (Jacobs 1839, S. 7). Seit Kries’ Geburt war Polen dreimal geteilt worden. 99 Jakobs hat gar liebe Kinder] Friedrich Jacobs erwähnt in seiner Autobiographie (Jacobs 1840, S. 46, 167, 186, 200, 265, 556–570) die Söhne Friedrich Wilhelm Josias und Paul Emil. 100 Herzog Reynfried abschreiben] Das mhd. Epos eines anonymen Gottfried-Nachahmers Herzog Reinfried von Braunschweig nach der Gothaer Pergament-Handschrift (FB Gotha, Memb. II 42; I, 163, I Bl.; Faksimileausgabe Achnitz 2002; 14. Jh.). Abschriften, die bis 1735 angefertigt wurden, befinden sich in der HAAB Weimar und der NLB Hannover. (Frdl. Mitteilung von Cornelia Hopf, FB Gotha.) Die Teil-Abschrift für Arnim ist nicht bekannt. 101–102 Apollonius von Thirland abzuschreiben] Die Gothaer Papierhandschrift Heinrich von Neustadt: Apollonius von Tyrland (FB Gotha, Chart. A 689; I, 158, I Bl.; mittelbairischer Raum; um 1465) – eine Version der Geschichte des syrischen Fürstensohnes Apollonius von Tyrus – wurde für Brentano angefertigt, wie aus Geißlers Brief an ihn vom 1. April 1805 hervorgeht. Vgl. DjB Nr. 1058 und Erl. 102–103 Aufforderung für den Reichsanzeiger] Eine Aufforderung zu Beiträgen für die Fortsetzung des ersten Wunderhorn-Bandes, unterzeichnet L.
672
Zu Nr. 402.E
Achim von Arnim, erschienen in dem von Rudolf Zacharias Becker herausgegebenen Gothaer Reichs-Anzeiger, Nr. 339 vom 17. Dezember 1805, Sp. 4305f. (Vgl. FBA VIII, S. 347f.) 103–104 Nachfrage nach einigen Büchern] Die Annonce Bücher-Kauf, erschienen ebd., Nr. 340 vom 18. Dezember 1805, Sp. 4313. (Vgl. FBA VIII, S. 349.) Gesucht wurden, ebenfalls zur Fortsetzung des ersten WunderhornBandes: 1) Musikbücher mit weltlichen Texten, aus dem sechzehnten und siebenzehnten Jahrhunderte. 2) Liederbücher aus dieser Zeit, ohne Musik. 3) Schauspiele, Fastnachtspiele u.s.w. 105 meine Kupfer] Vgl. zu Nr. 361,56–57. 105 unsrer Sammlung] Der erste Band des Wunderhorns. 110–111 Deinen Romanzen] Die Romanzen vom Rosenkranz. 113 Alles ist voll von Soldaten] Von preußischen Truppen, nachdem sich Preußen im Potsdamer Vertrag vom 3. November 1805 bereiterklärt hatte, der russisch-österreichischen Koalition beizutreten, jedoch am Krieg gegen Frankreich nicht teilnahm. (Vgl. zu Nr. 400,34–35.) Schon im Winter 1805–6 füll-
te die schwankende, zweideutige Haltung Preußens unser Herzogthum und meine Vaterstadt mit Quartierlasten und allem Tumulte eines Hauptquartiers. (Reichard 1877, S. 365.)
402.E An Clemens Brentano in Heidelberg Gotha, etwa 10. Dezember 1805, Dienstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 406. H: Vgl. AIII, 30r–30v, 1¾ S. Besonderheiten: Nicht als Exzerpt gekennzeichnet.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 402.
673
Zu Nr. 403
403.
An Clemens Brentano in Heidelberg Weimar, vmtl. 14. Dezember 1805, Sonnabend
DV: H. B: −. A: Nr. 406. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 70r–71v. − 1 Dbl. ca. 229 x 191 mm; 1r Zeichnung und beschr.; 2v Adresse; 2x längs und 2x quer gefaltet. − Bl. 2 Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 2v roter Siegelrest. − WZ: C
& I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 489, darunter: 3843, aoRr: 70, auRl: 13 2r aoRr: 71. Besonderheiten: Arnims Erläuterungen in seiner Skizze (von oben nach unten): Weimar – Weidenbaum – Sphinx – Sprudel. − Kat. Rother 1989, Nr. 33 (nicht als selbständiger Brief registriert). Datierung: Arnim war vmtl. am 13. Dezember abends von Gotha in Weimar eingetroffen und wird den Scherzbrief bald nach seiner Ankunft, vmtl. am nächsten Tag, geschrieben haben. (Vgl. Datierung von Nr. 402.) D1: Schultz 1998, Bd. I, S. 318 (nicht als selbständiger Brief, Teil von Nr. 69).
Varianten 4
der]
aus 〈xx〉
4
Rasens]
Schluß-s nachträgl., verschmiert
Erläuterungen 1 Da bin ich.] Arnim hielt sich der Skizze zufolge im Weimarer Ilmpark nahe der Sternbrücke in der Sphinxgrotte auf, wo eine von Martin Gottlieb Klauer 1786 modellierte, auf einem Sockel ruhende Sphinx neben der am Hangfuß entspringenden Leutraquelle aufgestellt ist. (Vgl. Weimar-Lex. 1993, S. 407.) 3–5 Inschrift 〈...〉 keine Blüthen abzureissen] Vmtl. Imitation des Goetheschen Verlautbarungsstils. 4 kalten Küche] »Alte, bereits 1619 in Urkunden erwähnte Flurbezeichnung für den Bereich des Ilmsteilhangs im Park an der Ilm zwischen Floßbrücke und Römischen Haus, in dem im Jahre 1778 die ersten Umgestaltungen zum heutigen historischen ›englischen‹ Park begannen.« (Weimar-Lex. 1993, S. 240.) 4 Sterne] »Als ›Sterngarten‹ erstmals 1685 genannte Bezeichnung für nördliche Teile des Parks östlich der Ilm neben Floßbrücke und Sternbrücke mit sternförmiger Wegeanlage, die immer wieder von Ilmhochwassern heimgesucht wurden. 1720/40 als ›Sternwiesen‹ erwähnt. Um 1700 zwei, um 1736 drei und zu Zeiten Carl Augusts vier Fischteiche. 1782 wurden ›neue Gänge in denen buschigten Quartier‹ angelegt, danach starke Veränderungen. Der St. diente höfischer Geselligkeit.« (Weimar-Lex. 1993, S. 432.)
674
Zu Nr. 404
7 Genio almo] Dem wohltätigen (segenspendenden) Genius. Vmtl. Analogiebildung zu Genio huius loci (dem Geist dieses Ortes), der Inschrift auf dem 1787 am linken Ilmsteilufer aufgestellten Schlangenstein Martin Gottlieb Klauers. Gemeint ist Goethe. 7 bey dem ich esse] Goethes Tagebuch gibt für den Dezember 1805 keine Auskunft über Einladungen und Essen. Vgl. jedoch Arnim im folgenden Brief an Brentano: Er hat mich auf alle Tage eingeladen zum Mittagessen (Nr. 404,31–32).
404.
An Clemens Brentano in Heidelberg Jena, 16. und 17., Weimar, 20. Dezember 1805, Montag und Dienstag, Freitag
DV: H. B: −. A: Nr. 415. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 66r–69v. − 2 Dbl. (Dbl. II in zwei Einzelbl. getrennt) je ca. 229 x 186 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Datum; je 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − 4v verschmutzt, besonders in den Faltungskanten. − WZ: I und II: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 489, HHs. 2110,4, aoRm Steig: 16. Dez. 1805, aoRr: 66, auRl: 13 3r aoRl: 489, aoRr neben Datum: 1805, daneben: 68, auRl: 14 4r aoRl: 489, aoRm Steig: z. 17. Dez. 1805, aoRr: 69. 3r im Text mit Rötel unterstr.: Nostitz 〈...〉 Universitätskamerad, Prinzen 〈...〉 Adjutanten, Herzog, Prinzen Ludewig, Prinz war, nachher 〈...〉 Dienste an 3v im Text mit Rötel unterstr.: Prinz war 〈...〉 glaubte, zu sich gebeten 〈...〉 Hauptquartier 4r im Text mit Rötel unterstr.: gehe nicht ins Hauptquar-
tier, Prinz bald. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 33. – Von dem Brief ist eine Abschrift Varnhagens überliefert (BJ/VS 8, 1 Dbl.). D1: Steig 1894, S. 152–154 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 67. Nr. 16 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 315–318 (Nr. 69).
Varianten 8 verzweiflungsvolle] z aus 〈x〉 16 es] aus sie 23 den] aus die 31 Er] aus 〈xx〉 34 Zwey] Z aus z 36 und] aus 〈xxx〉 44 Leben] 47 Tag] T aus N 52 am Nachmittag 〈...〉 nur wenig] üdZ L aus l
675
Zu Nr. 404
53 Prinzen] P aus 〈x〉 58 zuweilen] w aus f 81–82 16 Jena. 17 Dec 1805] andere (schwarze) Tinte als sonstiger Brieftext (braun) eing.
Erläuterungen 3 das Paradies] Eine parkartige Anlage am Saaleufer im Osten von Jena. Vgl. den Prospect des Jenaischen Paradieses in einem zeitgenössischen Stammbuch (Kat. Goethe-Romantik 1999, S. 14f. und Tafel IIIB). 6 Demant wie die Philosophen] Demant (für Diamant) war bereits um 1800 altertümlich, wie aus dem Eintrag bei Adelung (Bd. I, Sp. 1474) deutlich wird: Vor Alters sagte man im Deutschen auch A d e m a n t , wovon noch D e m a n t hin und wieder üblich ist. Als philosophischer Terminus nicht belegt, eher dichterischer. 7 Tieck beym Schelmufsky] Reminiszenz an den Aufenthalt Arnims und Brentanos bei Tieck in Ziebingen im Dezember 1804. Vgl.: Brentanos Bericht an Savigny von vmtl. 4. März 1805 über die damalige Begeisterung für Christian Reuters Schelmenroman: Schelmufski hat zuerst Arnim, und dann Tiek ganz begeistert, wir haben oft Scenen draus gezeichnet. (DjB Nr. 1047). Solger an Tieck, 18. Mai 1811: Sie werden nun sehen, daß Sie die Haupt-
sachen unter den verlangten Büchern erhalten haben. Den Schelmufsky hätte ich Ihnen wohl noch gegönnt. Brentano und Arnim setzen ihn dem Don Quichote an die Seite. Indessen hat er wirklich seine Meriten. (Matenko 1933, S. 80.) Sowie Tiecks Antwort, zweites Drittel Mai 1811: Daß ich den Schelmufsky nicht erhalten, beklage ich nicht sehr, und daß er dem D. Quichote gleich stehn soll (wie ich selbst gedruckt gelesen) ist selbst ganz im Sinn des Schelmufsky gedacht, was Falstaff von sich sagt, (von seinem Witz) kann man auch auf ihn anwenden, er ist nicht nur selbst albern (doch ergötzlich) sondern auch Ursach, daß andre Leute albern werden (ebd., S. 83). 10 In der Rose 〈...〉 Winkelmann fehlte.] In der Rose oder Rosenkellerei kam um 1800 ein studentischer Freundeskreis zusammen, dem Brentano und sein damaliger Studienfreund Stephan August Winkelmann angehörten. Ende Juli/Anfang August 1801 hatte Winkelmann in Göttingen Arnim ein Empfehlungsschreiben an Freunde in der Rose mitgegeben, das dieser vmtl. nicht benutzte. (Vgl. WAA XXX, Nr. AII.10.) 11 ein Paar tausend Soldaten] Vgl. Nr. 402,113 und Erl. 13–14 es war mir doch lieber wie ich es mir dachte] Vgl. Arnim an Bettina von seiner schwäbischen Reise, nach dem Erscheinen der Kronenwächter, 2. November 1820: Mit klopfendem Herzen stand ich an dem Tore
676
Zu Nr. 404
von Waiblingen mit meinem Wagen. Ich blickte hinein, aber es sah mir ganz anders aus, als ich es mir gedacht habe, da ließ ich weiter fahren nach Schorndorf, es muß so gewesen sein, wie ich es mir dachte. (Vordtriede 1961, Bd. I, S. 236f.) 15 Deine Schwägerin habe ich besucht] In Jena lebte Sophie Brentanos ältere unverheiratete Schwester Henriette Schubart, die ihr nach Heidelberg berichtete: Arnim war bei mir – den Du wahrscheinlich dazu veranlaßt
und erbot sich mir englische Balladen mitzutheilen. Ich nahm das Anerbieten fröhlich an, denn ich glaubte es käm von Dir, aber er hat es nicht erfüllt. – / Aus einigen seiner Äußerungen schloß ich daß ich ihm besonders mißfallen habe, was mir selten bei jemand so leid gethan hat – Er war mehrere Stunden bei mir und that eine Menge meistens sehr gewöhnlicher Fragen an mich, die ich oft mit Fragen nach Dir unterbrach, oder mit Anstrengung noch gewöhnlicher beantwortete – denn ich war nicht wohl und er war mir entsetzlich beschwerlich – auch hätt’ ich ihn nicht gesehen, wenn er nicht von Dir gekommen wäre. Seine Erscheinung hatte mir etwas mysteriöses. Er war so groß das Licht brannte so dunkel – ich sah nichts als ein Lächeln, und hörte nichts als einen wundervoll zutraulichen Ton – man könnte sagen, daß seine Stimme wie ein Volkslied läute, wenn man sich ein recht zartes bildsames Volk dächte – auch that er mir leid – denn ich dachte ihn mir von Ort zu Ort schweifend, ohne Befriedigung zu finden. – Lange läute mir noch diese Stimme –. (Schwarz 1991, S. 228.) 18 meine Sammlung schottischer Romanzen Gemeint ist Walter Scotts Ausgabe Minstrelsy of the
zum Uebersetzen] Scottish border: consisting of historical and romantic ballads; collected in the southern counties of Scotland; with a few of modern date, founded upon local tradition (2 Bde., Kelso 1802; 2. Aufl. 3 Bde. Edinburgh 1803), die Arnim bereits im Brief an Brentano vom 5. Juli 1803 als Sammlung schottischer Romanzen und Balladen (WAA XXXI, Nr. 314,149–150) bezeichnet hatte. 1808 publizierte Arnim zwei von Henriette Schubart übersetzte Lieder in der Zeitung für Einsiedler (4. Juni und 12. Juli). Erst 1817 erschien ihre Ausgabe Schottische Lieder und Balladen von Walter Scott. 27–28 Meine Ueberkunft danke ich Göthe] Goethe war am 14. Dezember von Weimar nach Jena gefahren (vgl. Steiger 1986, S. 646) und wird Arnim, der von Gotha zunächst nach Weimar gereist war, von dort mitgenommen haben. 29–31 unsre Sammlung 〈...〉 in der Jenaer Literaturzeitung] Goethes umfangreiche und positive Besprechung des ersten Wunderhorn-Bandes er-
677
Zu Nr. 404
schien am 21. und 22. Januar 1806 (Nr. 18 und 19 des 3. Jahrgangs) in der
Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung. 33 er läßt Dir viel Schönes über des Schneiders Feyerabend sagen] Des Schneiders Feyerabend und Meistergesang wurde im ersten Band des Wunderhorns mit dem Vermerk Altes Lied in meinem Besitz. C. B. mitgeteilt. (FBA VI, S. 402.) Dieser Vermerk war irreführend. Denn Brentanos Quelle war ein einstrophiges Lied in Georg Forsters Sammlung Frische Teutsche Liedlein, zu dem er acht weitere Strophen dichtete. Goethe wird von Brentanos Um- und Weiterdichtung durch Arnim erfahren haben. 33–35 Die Fischpredigt, die Misheirath, der Stauffenberg, das von
Procop zwey Nachtigallen, der Lindenschmidt, der Nydhart mit seinen Mönchen] Des Antonius von Padua Fischpredigt; Misheirath; Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye; Antwort Mariä auf den Gruß der Engel (mit der Herkunftsangabe Procope Mariale festivale [Predigtwerk des Kapuzinerpredigers Procopius von Templin mit Liedeinlagen] und dem Incipit Zwey Nachtigallen in einem Thal); Lindenschmidt; Abt
Neithards und seiner Münche Chor. 36 die Prinze und Princessin] Carl Friedrich von Sachsen-Weimar-Eisenach, dessen Bruder Carl Bernhard, deren Schwester Caroline Louise. 48–49 von den Bergen der Rasenmühle] Vom Hausberg und/oder den Kernbergen, die östlich der Saale und der auf einer Saaleinsel befindlichen Rasenmühle liegen. 50 Nostitz, ein alter Universitätskamerad] Karl von Nostitz hatte vom Frühjahr 1799 bis zum Frühjahr 1800 an der Universität Halle studiert (vgl. Wahl 1916, S. 28–33; ohne Erwähnung Arnims), Arnim vom Frühjahr 1798 bis ebenfalls Frühjahr 1800. Arnim sah ihn in Weimar als zweiten Adjutanten des Prinzen Louis Ferdinand wieder. 50–56 Prinzen Ludwig 〈...〉 bot ich ihm meine Dienste an] Louis Ferdinand, Prinz von Preußen trat 1805 für ein Bündnis mit Österreich gegen Napoleon ein und drängte zum Krieg gegen Frankreich. Seit Anfang Dezember hielt er sich im preußischen Hauptquartier in Erfurt auf, das am 12. Dezember aufgelöst wurde, woraufhin er über Weimar und Jena an den Fuß des Erzgebirges rückte und sein Hauptquartier in Zwickau aufschlug. (Vgl. Wahl 1917, S. 251–271; ohne Erwähnung Arnims.) Nach der Begegnung mit dem Prinzen und nachdem er in Jena den Briefteil vom 17. Dezember an Brentano geschrieben hatte, erfuhr Arnim wohl gegen Abend desselben Tages die Nachricht vom Waffenstillstand von Schönbrunn (15. Dezember), wie aus seinem am 17. in Weimar geschriebenen Briefkonzept an Louis Ferdinand geschlossen werden kann, in dem er dem Prinzen sein Beyleid über den Tod des schönen
678
Zu Nr. 404
Krieges abstattete (Nr. 405.K,2–3). Vgl. Arnim an Savigny, 20. Juni 1814: Im Jahre 1805 forderte mich Prinz Louis auf ihn bey dem vorhabenden Feldzuge zu begleiten, ich richtete mich in Weimar darauf ein, da kam der Waffenstillstand und Friede mit Oesterreich zwischen, nachher lernte ich etwas mehr von seinen Verhältnissen kennen, sah ihn aber nicht wieder, im Jahre 1806 eröffnete sich der Feldzug ehe ich es erwartete und zwar mit seinem Tode, dadurch schwand mir jede Aussicht einer grösseren Wirksamkeit, zu dem ordinären Soldatenleben hatte ich weder Lust noch Geschick. (Härtl 1982, S. 86.) 52 sah den grossen Codex durch 〈...〉 nur wenig] Arnim konsultierte einen in der Jenaer Universitätsbibliothek (Sign. Ms. El. f. 100) befindlichen Codex aus dem Jahr 1558, das Meistersingerbuch des Valentin Voigt. Aus dem Codex, der wenige weltliche Lieder enthält, ging nur eines, Schnelle Entwickelung, in den dritten Band des Wunderhorns ein. Den Codex sah Arnim auf dem Zimmer Goethes durch, der Eichstädt am 16. Dezember eigens um Überlassung für den Mitherausgeber des Wunderhorns gebeten hatte. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 264.) 53 Herzog] Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. 54 Jagemans] Die Schwestern Caroline und Marianne Jagemann, vmtl auch ihr Bruder, der Maler Ferdinand Jagemann, der im Frühjahr 1805 von seiner Ausbildung in Wien und Paris nach Weimar zurückgekehrt war. Die Schwestern hatte Arnim bereits im Sommer 1801 in Göttingen kennengelernt, wo sie ihn mit Stammbuch-Einträgen verabschiedeten (vgl. WAA XXX, Nr. AI.30 und AI.31). 64 Ahndung] Zur Bedeutung dieses Begriffs für den jungen Arnim vgl. sein zwischen 5. und Mitte Mai 1803 geschriebenes Briefkonzept an Winkelmann (WAA XXXI, Nr. 300.K,46–53) und Erl. dazu. 67 Kantonirungen] »vorübergehende Einquartierung von Truppen in bewohnten Orten« (MGKL XV, S. 153). 76 seinem Sohne] August von Goethe. 77 Schritschuh] »alte echte bildung für das spätere umgedeutete schlittschuh« (DWb XV, Sp. 1759), das sich durch Anlehnung an Schlitten entwickelt hat. 79–80 Meine Adresse ist im Viereck n 4.] Vgl. zu Nr. 400,11–13.
679
Zu Nr. 404.E
404.E An Clemens Brentano in Heidelberg Jena, 16. und 17., Weimar, 20. Dezember 1805, Montag und Dienstag, Freitag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 415. H: Vgl. AIII, 31r–31v, 1 S. Besonderheiten: Nicht als Exzerpt gekennzeichnet.
Erläuterungen Vgl. Nr. 404.
405.K An Louis Ferdinand Prinz von Preußen Weimar, 17. Dezember 1805, Dienstag DV: H. B: −. A: −. H: SPK Musik-Abt., Nachlaß Erk, Mus. ms. T60. − 1 Dbl. ca. 230 x 180 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; nicht gefaltet. − Derb, zerknittert, beschmutzt; Bl. 1 Mitte ca. 80 mm langer Riß in Längsrichtung. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRr: 9 2r aoRr: 10. Besonderheiten: Da Prinz Louis Ferdinand, nachdem er Arnim am Abend des 16. Dezember begegnet war, an den Fuß des Erzgebirges vorrückte, wird Arnim zunächst im unklaren gewesen sein, wohin er den ausgefertigten Brief mit dem ersten Band des Wunderhorns schicken sollte. Es ist nicht bekannt, ob der Prinz Brief und Buch erhalten hat. Vgl. Nr. 404,50–56 und Erl.
Varianten 4–5 Wozu noch die Augen offenhalten!] üdZ 5–6 und ihre Zeit] üdZ 6 wollen] w aus s 6 wir] w aus s 6–7 meinen Zeitvertreib eing. mein Wunderhorn] umgestellt aus mein Wunderhorn meinen Zeitver8 auf Augenblicke] üdZ 8–9 so hat es sein Dasein erfüllt] treib üdZ eing. 10 eigen] danach gestr. und worüber Sie zu befehlen haben. 11 I.] aus E. 11 kann,] danach gestr. um Sie zu sehen, 13 würde] danach gestr. es 14 Hoheit] danach gestr. allgemeine 14 in vielen 15 zum innern] darüber nicht gestr. seinen wiederzufinden] üdZ eing.
680
Zu Nr. 406
16 Geiste] davor gestr. Kriegs 16–17 der alles 〈...〉 bilden kann] über gestr. eine Einwirkung die kein Friede aufheben kann, die viele aus dem Trauerzuge in ihre Häuser zurückbringen werden 18 Ihrer] er nachträgl.
Erläuterungen 2–3 Tod des schönen Krieges] Durch den am 15. Dezember in Schönbrunn geschlossenen Vertrag, in dem Preußen ein Schutz- und Trutzbündnis mit Frankreich einging. Mit der Formulierung huldigt Arnim den kriegerischen Ambitionen des Prinzen, doch entspricht sie auch seiner Auffassung von der Notwendigkeit des Krieges zwecks Entscheidung: Es mußte ein Krieg sein, um zu bewäh-
ren, mit wem Gott sei; die Überzeugung kommt nur aus einem Kampfe auf Leben und Tod, schrieb er nach der preußischen Niederlage in der Schlacht von Jena und Auerstedt 1806. (Es mußte ein Krieg sein; Arnim/W VI, S. 189.) 12 Aenderung
406.
des Hauptquartiers]
Vgl. Besonderheiten.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 20. Dezember 1805, Freitag
DV: H. B: Nr. 402. A: Nr. 420. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 85r–87v. − 3 Bl. (I–III) je ca. 232 x 195 mm; I+II abgetrennte Dbl.-Hälften; 1r–3r 5 beschr. S.; 3v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − III Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß. 3v roter Siegelrest. − WZ: I+II: Bekrönter Posthornschild, darunter: I HONIG III: oberer Teil von bekröntem Posthornschild. Beilagen: Brief Christoph Friedrich Karl Koelles an Brentano vom 30. November 1805 (DjB Nr. 1162). Fremdeinträge: 1r aoRl: 483, aoRm Steig: Heidelberg, 20. December 1805. (aus gestr.: 20 Dez. 1806.), aoRr: 85 sowie 1 (Tinte) 1v aoRl: 483 2r aoRl: 483, aoRr: 86 sowie 2 (Tinte) 2v aoRl: 483 3r aoRl: 483, aoRr: 87 sowie 3 (Tinte) 1v Z. 69 mit Bleistrift unterstr.: Grimm. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 39. Postzeichen: Stempel: R.1.HEIDELBERG. 3 Portozeichen. D1: Steig 1894, S. 155–157 (TD); datiert: 23. Dezember.
681
Zu Nr. 406
D2: D3: D4: D5:
Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 7 (TD, kurzer Auszug); datiert: Dezember. Seebaß 1951, Bd. I, S. 285–291; datiert: 23. Dezember. FBA XXXI, S. 473–479 (Nr. 433); datiert: 23. Dezember. Schultz 1998, Bd. I, S. 318–324 (Nr. 70); datiert: 23. Dezember.
Varianten 24 höre] nach ö gestr. h 40 als] danach gestr. Adelung 48 ect.] danach gestr. seiner 50 dessen] danach gestr. voran 52 und] danach gestr. best 55 Sammlung,] danach gestr. wird 56 das] aus ins 59 Murr] Schluß-s gestr. sowie 〈xxx〉 60 unsres] Schluß-s aus r 78 das] s aus ß 94 ich] danach gestr. hinge 99 Wo] aus 〈xx〉 101 einer] danach gestr. Littera 102 einem] m aus n 103 Münch105 als] danach gestr. sein jezziger 105 –] nerVorrath] V aus v danach gestr. 〈xxx〉 108 Schlegel] danach gestr. so 110 einen] en nachträgl. 118 sehr schön wie er] über gestr. 〈xxx〉 119 in] danach gestr. eine 120 schönen] s aus S 124 Sonnen] S aus 〈x〉 124 zur] danach gestr. Handl 127 führt] danach gestr. ehr 131 Reichsan133–134 Antiquar] danach gestr. abgestohlen zeiger] danach gestr. g 140 u] üdZ eing. 143 der] er aus ie 145 angenehmer] er hat nachtr. idZ 147 Sie] danach gestr. und 150 anzuknüpfen,] , aus . 154 gehn,] danach gestr. 〈x〉 155 Gelegenheit] danach gestr. für 169 nicht] danach gestr. so
Erläuterungen 5 Pistolen] Louisd’ors (Goldmünzen im Wert von fünf Reichstalern). 11–16 Voß 〈...〉 Radlof 〈...〉 an seinem Worterbuche helfen 〈...〉 Manusskript von Wurzelwörtern 〈...〉 jenes von einer Gramatick in Leipzig versezt ließ] Am 7. August 1805 teilte der Kurator der Heidelberger Universität Siegmund von Reitzenstein seinem Kollegen Johann Baptist Hofer mit, Voß schlage als Bibliothekssekretär einen jungen Mann in Leipzig Namens Radlof vor, der mit 300 fl. zu haben wäre, im Bücherwühlen ganz
unique sey und dessen acquisition ihm auch persönlich um so angenehmer seyn würde, als er sich dessen bei Ausarbeitung eines grosen Teutschen Wörterbuchs das er herauszugeben gedenkt, bedienen könnte. (Schneider 1914, S. 76.) Der Leipziger Kandidat der Theologie und Privatgelehrte Johann Gottlieb Radlof war gegen Anfang Dezember nach Heidelberg gekommen, um Voß bei der Arbeit an einem deutschen Wörterbuch seit Luther
682
Zu Nr. 406
(vgl. Herbst 1872–1876, Bd. II/2, S. 42f., 252–261) zu helfen. Die Arbeiten am Wörterbuch kamen jedoch nicht über Vorarbeiten hinaus, und Radlof erhielt auch keine Anstellung an der Bibliothek. Eine selbständige Veröffentlichung Radlofs über Wurzelwörter (einfache, nicht abgeleitete Wörter) ist nicht erschienen. Anfang 1808 kündigte er zwar im Intelligenzblatt Nr. III der Heidelbergischen Jahrbücher der Literatur eine Provinzialgrammatik der deutschen Sprache, besonders für Ober- und Mitteldeutsche an und außerdem ein Allgemeines Provinzial-Wörterbuch der deutschen Sprache. Doch diese Ankündigungen konnte er nicht realisieren. Brentano bildete 1809 in einem gegen Voß gerichteten Aufsatz die Verbform radlöffelte (FBA IX/3, S. 687,24). In seinem Rheinmärchen erinnert der Name des Müllers, der zunächst Radlof, dann Radlauf heißt, an den Sprachforscher. 16 Lusten] Maskuline Nebenform zu: Lust, Verlangen. (Vgl. DWb XII, Sp. 1329.) 26 Campe] Joachim Heinrich Campe. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen (bis 1806) gehörten auch mehrere zur deutschen Sprache: Proben einiger Versuche von deutscher Sprachbereicherung (1791), Zweiter Versuch deutscher Sprachbereicherungen (1792), Über die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache. Dritter Versuch (1792), Versuch ei-
ner genaueren Bestimmung und Verdeutschung der für unsere Sprachlehre gehörigen Kunstwörter (1804). 26 Adelung] Johann Christoph Adelung hatte eine Deutsche Sprachlehre (1781) veröffentlicht und war vor allem bekannt geworden mit seinem Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (4 Bde., Ausgabe letzter Hand 1793–1801), gegen das Voß Einwände vorbrachte (vgl. zu Nr. 402,11–12), auf die Adelung replizierte, wogegen wiederum Radlof Stellung nahm mit seinem Aufsatz Ueber Aktivum und Neutrum. Zur Mitbeleuch-
tung der Schutzrede des Herrn Hofraths Adelung gegen die Vossische Beurtheilung seines Wörterbuchs. In: Eunomia. Berlin 1805, Bd. I, S. 49–54, 198–211. 26 Collecte] »Einsammlung freiwilliger Gaben zur Unterstützung Armer oder Verunglückter, oder auch zur Unterhaltung öffentlicher wohltätiger Anstalten.« (MGKL XI, S. 265.) 29 daß man den absoluten Genitiv nicht annehmen wolle] Bereits in einem Brief an Goethe vom 20. August 1803 äußerte Radlof seine Auffassung, daß zur Verfeinerung und Bereicherung der deutschen Sprache die Wiedereinführung der absoluten Genitive aus dem Altdeutschen sinnvoll sei, worüber er noch 1813 einen Aufsatz publizierte. (Vgl. Goethe/RA IV, Nr. 877.) – »Der vermeintlich altdeutsche absolute Genitiv stammt eigentlich aus der gotischen Bi-
683
Zu Nr. 406
belübersetzung und ist dort unmittelbar der im Griechischen üblichen Konstruktion des Genitivus absolutus nachgebildet.« (Frdl. Mitteilung von Nikolaus Henkel, Hamburg.) 31 daß der absolute Dativ ihm notiger ist] »Sollte darin ein Wortspiel liegen? Ich möchte es fast vermuten, denn dem bettelarmen Radlof ist ein Geber/Gönner in seiner mittellosen Lage zweifellos nötiger als die Spekulation über den absoluten Genitiv.« (Frdl. Mitteilung von Nikolaus Henkel, Hamburg.) 33 Kapuziner] Ein Wettermännchen. Bedichtet von Arnim in seinem Brief an Bettina vom 25. August – 1. September 1807: Lustig auf! Der Kapuziner /
Unser kleiner Wettermann, / Macht mit blossem Kopf den Diener, / Nimmt den guten Morgen an (WAA XXXIII). Vgl. Jean Paul im Jubelsenior (1797): Eine bekannte Art Wettermännchen, die ihre Kapuze über den Kopf ziehen, eh’ es regnen will. (Jean Paul 1988, S. 495.) 49 Silbengeburt] Fehlgeburt, unvollkommene Geburt (vgl. DWb IV, Sp. 1903). Mit Bezug auf die Silbe als unvollkommenes Wort. 59–60 Murr-Magd Murner] Wortspiel, da Murner wegen des murrenden Tons der Tiere eine Bezeichnung der Katze und des Katers ist. (Vgl. DWb XII, Sp. 2723.) 61–62 Alten Landschaften] Terminus Arnims im Bezugsbrief (Nr. 404,15). 63 von den bößen Stollen] Stollen waren in der Regel die beiden gleichgebauten Teile des Aufgesangs in der Meistersangstrophe, denen der Abgesang folgte. In einigen Liedern schloß sich dem Abgesang noch ein dritter Stollen an. Die Bezeichnung böse Stollen ist in der Meistersinger-Literatur jedoch nicht gebräuchlich. (Auch nicht in der Standardstudie zu den Meistersinger-Termini Plate 1888; vgl. ebd., S. 192.) Vielleicht hat Brentano die dreistolligen Lieder als die von den bößen Stollen bezeichnet. 63–66 waß das seltene Flagellum angeht 〈...〉 die Notiz doch in dein Exemplar zu meinem Angedenken.] Vgl. Nr. 402,60 und Erl. Brentano schickte die Notiz erst mit seinem Brief vom 1. Juni 1806 (Nr. 457). Da sie mit diesem Brief überliefert ist, wird Arnim sie nicht in seinem Exemplar verwahrt haben. 69 ein schönes von Grimm] Von den von Albert Ludwig Grimm überlieferten Wunderhorn-Beiträgen kommt vor allem das Lied Hör’, Bauer! was will ich dir sagen in Betracht, als Nebenhandschrift vmtl. für Das Lustlager im zweiten Band benutzt. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 55.) 69–70 »Wo soll ich mich hinkehren 〈...〉 aus einem Faßnachtspiel] Verbreitetes Schlemmerlied. Brentano kannte es vielleicht in der Version, in der es Burkhard Waldis in sein Spiel vom Verlorenen Sohn aufgenommen hatte. Nicht sie, sondern die Fassung in Johann Fischarts Affentheurlich Naupen-
684
Zu Nr. 406
geheurliche Geschichtklitterung bildete jedoch die Hauptquelle für das Lied Das dumme Brüderlein im zweiten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 651–654.) 71–73 Brief 〈...〉 auf
deine Aufforderung im Wunderhorn 〈...〉 von einem gewissen Herrn 〈...〉 Koelle] Christoph Friedrich Karl Koelle hatte sich
am 30. November mit einem Brief an Brentano gewandt (DjB Nr. 1162), der Mitteilungen zu Volksliedern enthielt, wobei er sich auf eine Fußnote in Arnims Aufsatz Von Volksliedern berief: Wer der Gelegenheit und Lust erman-
gelt, was er entdeckt, bekannt zu machen, dem erbiethen wir uns, mein Freund Clemens Brentano in Heidelberg und ich in Berlin (abzugeben im Viereck n. 4) zur schnellen Herausgabe. (FBA VI, S. 440.) 76 Ich schrieb ihm] Der Brief (DjB Nr. *1163) ist nicht bekannt. 76–77 daß Sekkendorf sich bereits an uns geschloßen habe] Leopold von Seckendorf, Brentano bereits aus seiner Jenaer Studienzeit bekannt, seit 1801 württembergischer Beamter in Regensburg, wo Arnim ihn 1801/02 kennenlernte, und Stuttgart, auch mit Koelle in Verbindung, war vmtl. im letzten November-Drittel 1805 nach Heidelberg gekommen, worüber Friedrich Creuzer der Günderrode in einem undatierten Brief berichtete: Den Sekkendorf hab ich hier selbst gesehen und zwar einige Stunden bei Klemens. Dieser aber verachtet ihn sehr, wie ich nachher erfahren, spricht ihm wahren Geist ab, findet ihn verworren und so weiter. (Preisendanz 1912, S. 187.) Während dieses Heidelberg-Aufenthalts wird Seckendorf seine Sympathie für die Volkslied-Ambitionen Arnims und Brentanos bekundet haben.
79
der Tebelholemer] Leitmotivische Wendung (der Teufel hole mich) in Schelmuffsky Christian Reuters. Vgl. Nr. 381,300–301 und Erl. 80 waß er unter Auswechseln versteht] Bezug auf Koelles Mitteilung an Brentano vom 30. November: Noch einmahl, es würde mich innigst erfreuen, wenn ich meine Bemerkungen, und das Resultat meines Sammelns gegen die Ihrigen austauschen könnte. (DjB Nr. 1162.) 84–86 Zimmer ist 〈...〉 aufgefordert worden, den Knaben Wunderhold zur Zensur zu liefern.] Die Aufforderung an Johann Georg Zimmer, den Heidelberger Teilhaber des Verlags von Mohr und Zimmer, in dem das Wunderhorn erschien, ist nicht bekannt. – Plakat: eine öffentlich angeschlagene Schrift; obrigkeitlicher Anschlag, wodurch etwas bekannt gemacht wird (Roth 1805–1806, Bd. II, S. 222). 93 Aufforderung im Reichsanzeiger] Vgl. Nr. 402,102–103 und Erl. 97–98 Stromer 〈...〉 daß dir der Holzschuersche Dürer sowohl gefallen]
dem geliebten
Vgl. Nr. 402,49–51 und Erl.
685
Zu Nr. 406
99 Wo läst Murr dann deinen Angelo stechen?] Vgl. Nr. 402,45–47 und Erl. 99–100 wohl bei seinen Handschriften] Murr gab seit 1774 Verzeichnisse der in seinem Besitz befindlichen verkäuflichen Handschriften und Zeichnungen heraus. Ein Catalogvs Librorum compactorum 1806 mit Preisangaben befindet sich im Anhang zur Designatio scriptorvm editorvm et edendorvm a Christophoro Theophilo de Murr. Editio altera (Nürnberg 1805). Vgl. Jürgensen 2002, Bd. II, S. 1326. 100–105 Endlich 〈...〉 in einer Rezension von Aretins Journal 〈...〉, waß 〈...〉 Doze´n 〈...〉 übers Heldenbuch 〈...〉 sein jezt angeblicher Dichter.] Gemeint ist Docens Aufsatz Entdeckung über das sogenannte Heldenbuch des Heinrich von Ofterdingen, der in den von Johann Christoph von Aretin herausgegebenen Beyträgen zur Geschichte und Literatur, vorzüglich aus den Schätzen der pfalzbaierschen Centralbibliothek zu München, Bd. III, 1804 erschienen war. Auf diesen Aufsatz hatte Brentano Arnim bereits am 2. April 1805 aufmerksam gemacht, ohne ihn damals gelesen zu haben. (Vgl. Nr. 368,141–143 und Erl.) Welcher Rezension Brentano seine Kenntnis verdankte, ist nicht bekannt. Das Epos Der Rosengarten zu Worms, eine Heldendichtung aus dem Stoffkreis um Dietrich von Bern mit Bezug zum Heldenbuch und Nibelungenlied, entstand vmtl. Mitte des 13. Jhs., der Verfasser ist unbekannt und nicht der sagenhafte Minnesänger Heinrich von Ofterdingen, der in dem Gedicht vom Wartburgkrieg (nach mittelalterlicher Sage 1206/07) als Sänger auftritt und durch Novalis’ gleichnamigen Roman (1802) bekannter geworden war. 101–102 Kochs Doze´n und mein Do´zen] Vgl. Nr. 368,139–140 und Erl. 105–109 Voß 〈...〉 A. W. Schlegels Elegie Rom 〈...〉 ein Schlegel macht mir durch einen Heine ein Geschenck] A. W. Schlegels Elegie Rom war im Herbst 1805 in Berlin erschienen. (Zur Rezeption – mit Berücksichtigung der Briefstelle Brentanos – vgl. Körner 1930, Bd. II, S. 84f.) Daß Schlegel die Elegie über den Göttinger Altphilologen Christian Gottlob Heyne, seinen akademischen Lehrer, an Voß, den die Frühromantiker verspottet hatten, gelangen ließ, ist ansonsten nicht belegt, ein entsprechender Brief nicht bekannt. Voß betrachtete Heyne als seinen Gegner, seitdem dieser Vossens 1773 erschienene Arbeit über die Textüberlieferung der Lyrik Pindars und deren Metrik zurückgewiesen hatte, und wandte sich in einer 1803 in der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung erschienenen großen Rezension polemisch gegen Heynes Ilias-Edition. (Vgl. Herbst 1872–1876, Bd. II/2, S. 44–53.) 119–120 in 〈...〉 Geschichtsflächen abdistichirt] In der Elegie sind Phasen der römischen Geschichte in Distichen (die jeweils aus Hexa- und Pentameter bestehen) dargestellt.
686
Zu Nr. 406
121 Basrelieffen] Bildhauerarbeit, wo auf einem flachen Grunde halberhobene Figuren vorgestellt werden (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 57). 122–123 der Übergang auf die Stael 〈...〉 gemäsigt und schön] In der Madame de Stae¨l gewidmeten Elegie wendet sich A. W. Schlegel zum Schluß seiner Gönnerin und Freundin zu:
Also sang ich am Fuße von Cestius Denkpyramide, Weil allmählich ihr Schatt’ unter den Gräbern verschwomm. Dämmrung entfaltete rings den gefildeinhüllenden Mantel. Um den Betrachtenden schwieg tiefere Feierlichkeit: 〈...〉 Doch, wie die heilige Nacht mit verheißenden Augen herabschaut, Ahnet der strebende Geist freudige Wiedergeburt. Tröstend begegnete so dein Blick mir, edle Gefährtin, Jener entzückende Strahl göttlichen Doppelgestirns. (Böcking 1846–1847, Bd. II, S. 30.) 129 Lichtpuzze] ein Werkzeug in
Gestalt einer Schere, woran der eine Arm hohl ist, das Licht damit zu putzen, d. i. die Schnuppe von dem Lichte wegzunehmen (Adelung II, Sp. 2054). 129–130 Nekers Todenlampe] In den Schlußversen ist auf den französischschweizerischen Staatsmann Jacques Necker, den Vater der Madame de Stae¨l, angespielt, der am 9. April 1804 auf seinem Landgut Coppet gestorben war. Necker hatte seit den achtziger Jahren die französischen Zustände bis zu denen des Konsulats in mehreren Schriften kritisiert, seine Tochter 1805
Neckers Charakter und Privatleben veröffentlicht, worauf Brentano mit Todenlampe
vmtl. anspielt. Der Schluß der Elegie lautet:
Und wann unter den Weisen, die rein für das Ganze gestrebet, Wir aufsuchen ein Bild mildester Väterlichkeit, Streng’ in der eigenen Brust, langmüthig dem Wahn und dem Undank, Gleichwie ein Schutzgeist schwebt über dem Menschengeschlecht, Dann sei dessen Gedächtniß geheiliget, welchen zu kennen Nicht mir gegönnt war, ach! welchen du ewig beweinst. (Böcking 1846–1847, Bd. II, S. 31.)
130–131
Hast du die Musikalischen Liederbücher 〈...〉 aufgesucht?]
Vgl.
Nr. 402,36–38 und Erl.
Bekers Holzstich wuht 〈...〉 die Mörin und Fierrabras 〈...〉 Freisinger Antiquar abgejagt hat] Vgl. Nr. 402,93–94 und Erl. Der Freisinger Antiquar: Mozler. 132–134
687
Zu Nr. 406
von der Panzerschen Bibliothek 〈...〉 Roth 〈...〉 den Katalog Der Buchkundler und Bibliograph Georg Wolfgang Franz Panzer war am 9. Juli 1805 gestorben und hinterließ eine der ansehnlichsten Nürnberger Bibliotheken. Der dreibändige Katalog Bibliothecae a D. Georgio Wolfgang. Panzero Capituli Ad Div. Sebald. Norimberg erschien 1806–1807 in Nürnberg, ein Bearbeiter wird nicht genannt und ist auch sonst nicht nachweisbar. (Vgl.: Jürgensen 2002, Bd. I, S. 62f.; Bd. II, S. 1687, Nr. 170; frdl. Auskunft des Stadtarchivs Nürnberg.) 137–139 Idee 〈...〉 Demselben zu schreiben 〈...〉 seine Aüßerung] Brentanos Brief an Johann Ferdinand Roth ist nicht bekannt (DjB Nr. *1164). Eine Antwort Roths und ein eventueller Vorab-Verkauf eines Teils der Panzerschen Bibliothek sind nicht nachweisbar. (Frdl. Mitteilung des Stadtarchivs Nürnberg.) 141–142 Der spanischen Novellen zweiter Band ist endlich da] Der zweite Band der Übersetzung der Novelas amorosas y ejemplares der Marı´a 134–137
macht]
de Zayas y Sotomayor, wobei Sophie Brentano als Herausgeberin firmierte:
Spanische und Italienische Novellen herausgegeben von Sophie Brentano. Zweiter Band. Der Band war – wie im Juni 1804 der erste – in Penig bei dem Verleger Ferdinand Dienemann in der Serie Journal von neuen deutschen Original-Romanen erschienen, und zwar als letzter (vierter) Band des letzten (vierten) Jahrgangs.
142–143
meines Verlegers Klage über schlechten Abgang]
Die Klage
Dienemanns ist nicht bekannt. Sie wird an Sophie Brentano gerichtet gewesen sein, die offiziell und dem Verleger gegenüber als Herausgeberin und Übersetzerin der
Spanischen und Italienischen Novellen
galt und auch die Kor-
respondenz mit ihm führte, wie aus Dienemanns Brief an sie vom 22. Dezember 1804 (DjB Nr. A.48) hervorgeht.
143–144 Leipziger
der eleg. Zeit. eine Anzeige gesendet] Die Anzeige ist in der Zeitung für die elegante Welt nicht erschienen – vmtl. weil im
Intelligenzblatt der Zeitung, Nr. 60 vom 30. November 1805, bereits angezeigt worden war:
Bei F. Dienemann und Comp. in Penig ist erschienen: Friedrich Julius Lebensjahre und endliche Bildung, zweiter Band 1 Thlr. 8 gr. Spanische und italienische Novellen, herausgegeben v. Sophie Brentano. Zweiter Band, Preis 1 Thlr. Allen Freunden einer anziehenden interessanten Lektüre, können wir diese Werke zur angenehmen Unterhaltung empfehlen. 146 die erste] Der gewarnte Betrogene nach El prevenido engan ˜ ado. 688
Zu Nr. 406
148 Die Fiametta] Vgl. zu Nr. 386,9. 149–150 Hyderköpfichen] Vielköpfig wie die lernäische Hydra, das von Herakles getötete Ungeheuer. 150–151 die englischen Balladen für die arme Schubert] Vgl. Nr. 404, 15–24 und Erl. 152 Räumers] Der Berliner Buchhändler Georg Andreas Reimer. 155 das Buch] Vmtl. Walter Scotts Minstrelsy of the Scottish border. Vgl. zu Nr. 404,18. 158–159 dem Freimüthigen 〈...〉 durch Robert Levi] Die Berliner Zeitung Der Freimüthige brachte keinen auf Vermittlung Arnims zurückgehenden Beitrag zum Wunderhorn. Brentano wird Robert Levin, den Bruder Rahel Levins, bei seinem Berlin-Aufenthalt Ende 1804 kennengelernt und ihn als Rezensenten vorgeschlagen haben, weil ihm seine Mitarbeit am Freimüthigen bekannt war – im Gegensatz zur Forschung (nicht dokumentiert in dem informativen RobertArtikel in Goedeke 1913, S. 513–519 und Nachträgen in späteren Bänden). Levin ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Verfasser der mit den Initialen R. L. gezeichneten Beiträge des Journals, von denen in den Jahrgängen 1804–1806 zahlreiche erschienen. 163 den armen Heinrich] Ursprünglicher Titel der Chronica des fahrenden Schülers, an der Brentano seit Herbst 1804 nicht mehr gearbeitet zu haben scheint. (Vgl. WAA XXXI, Nr. 351,64–66 und Erl.) »Möglicherweise« ist nun »der Einschub im Mittelteil der Chronica entstanden, vielleicht hat Brentano aber auch die Geschichte Vom traurigen Untergang zeitlicher Liebe abgerundet.« (Gerhard Kluge in FBA XIX, S. 513.) 163 die Ro〈〈m〉〉anzen] Zu dieser vmtl. weniger intensiven Arbeitsphase an den Romanzen vom Rosenkranz sind keine Details bekannt. Vgl. Nr. 365, 161–168 und Erl. 165–167 auf Michälis 〈...〉 die Italiänischen Kindermährchen für deutsche Kinder zu bearbeiten] Erste Erwähnung des nicht abgeschlossenen Projekts einer Bearbeitung von Giambattista Basiles Lo Cunto de li Cunti (Die Erzählung der Erzählungen, Neapel 1634–1636). Mit dem Termin, der Herbstmesse 1806, die am Sonntag nach Michaelis (29. September) begann, hatte Brentano sich allerdings verschätzt. Seine Bearbeitungen erschienen – mit Ausnahme des Märchens von Fanferlieschen Schönefüßchen – erst postum 1846/47. 168 die kleinen Bilderchen selbst dazu kritzeln] Nicht verwirklichter Plan. 170 Von Marburg habe ich noch keine Zeile gehört] Von Savigny und den Schwestern (Kunigunde, Bettina und Meline), die ihm im November 1805 nach Marburg gefolgt waren.
689
Zu Nr. 406
171 wenn gleich geschrieben] An Bettina oder Savigny (DjB Nr. *1160). 174–176 Im Kriege hat Bonaparte 〈...〉 der Friede parforce kommen zu wollen.] Vgl. zu Nr. 402,113. 176–177 Frft a/m würde Badisch] Die politisch neutrale Freie Reichsstadt Frankfurt wurde von Napoleon distanziert behandelt, weil die Frankfurter Kaufmannschaft mit England Handel trieb, und fürchtete deshalb den Verlust ihrer Selbständigkeit. Am 18. Januar 1806 wurde Frankfurt von 9000 Mann französischer Truppen unter Marschall Augereau besetzt und wegen des englischen Handels zu einer Strafe von vier Millionen Franken binnen acht Tagen gezwungen. Die Selbständigkeit erlosch mit der Gründung des Rheinbundes am 12. Juli 1806. 177 der Doktor seinen Prozeß gewonnen] Zu dem Prozeß Dominikus Brentanos ist nichts bekannt. 179 Fries, dem ich täglich gewogner werde] Vmtl. der Heidelberger Bankier, Krappfabrikant und Kunstsammler Christian Adam Fries, der ›Krappfries‹, mit dem Brentano recht vertraulich verkehrt zu haben scheint; nicht der Philosoph Jakob Friedrich Fries, der ›Kantfries‹, den er von Jena her kannte und an dessen Berufung nach Heidelberg er Anfang 1805 mitwirkte, wo sie sich jedoch einander entfremdeten. – Krapp: aus Rötegewächsen (Rubiaceae) gewonnener roter Farbstoff, der in der Malerei sowie zum Färben von Stoffen verwendet wurde. 180 Friedr. Heinr. Jakobi ist hier] Jacobi war seit August 1805 Präsident der umzugestaltenden Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Über seinen Heidelberg-Aufenthalt im Dezember 1805 ist nichts weiter bekannt. 181 Horstig predigt den zweiten Feiertag] Carl Gottlieb Horstig war, bevor er 1803 nach Heidelberg kam, Oberprediger in Bückeburg und mußte sich dort pensionieren lassen, weil er während einer Predigt einen Anfall von Geistesstörung erlitt. Deshalb war die Nachricht, daß er in Heidelberg predige, von Belang. 183 dein Bild] Peter Eduard Ströhlings in London gemaltes Porträt Arnims, das dieser im August 1804 von Düsseldorf an Brentano geschickt hatte. (Vgl. WAA XXXI, Nr. 344.)
690
Zu Nr. *409
*407. An Theodor Friedrich Arnold Kestner in Frankfurt Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 B: −. A: −. Datierung: Arnim war zu Weihnachten 1805, von Weimar kommend, bei Reichardt in Giebichenstein eingetroffen, blieb dort Zehn schöne Tage (Nr. 420,129) und reiste dann nach Berlin mit Reichardt weiter, der Goethe am 3. Januar (Schluß seines Briefes vom 31. Dezember) benachrichtigte: In einigen
Tagen gehen wir gewis dorthin, wie auch Weg und Wetter beschaffen seyn mag. (Braunbehrens/Busch-Salmen/Salmen 2002, S. 159.) Am 9. Januar waren beide in Berlin, wie der Rubrik Angekommene Fremde der Vossischen Zeitung vom 11. Januar 1806 (Nr. 5) zu entnehmen ist, die den Arnimschen Herkunftsort falsch angibt: Hr. v. Arnim, Gutsbesitzer a. Heilbronn 〈...〉 Hr. Reichardt, Direktor a. Halle, Leipzigerstr. Nr. 23. Während seines Giebichenstein-Aufenthalts schrieb Arnim, seinem (zitierten) Brief an Brentano zufolge, die vier Briefe, und da er selbst in Giebichenstein für Reichardts Berlinische Musikalische Zeitung den Beitrag Etwas über das deutsche Theater in Frankfurt am Mayn verfaßte, ist zu vermuten, daß er die weiteren Theater-Beiträge für die Reichardtsche Zeitung erbat. Antworten sind nicht bekannt.
*408. An Franciscus Ignatius Wedekind in Mannheim Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 B: −. A: −. Datierung: Vgl. Nr. *407.
*409. An Heinrich Levin Karl Friedrich von Wintzingerode in Ellwangen Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 B: −. A: −. Datierung: Vgl. Nr. *407.
691
Zu Nr. *410
*410. An Karl Finck von Finckenstein in Wien Giebichenstein, Ende Dezember 1805/Anfang Januar 1806 B: −. A: −. Datierung: Vgl. Nr. *407.
411.
An Henrik Steffens in Halle Giebichenstein, Ende Dezember 1805
DV: H. B: −. A: Nr. 413. H: GSA 03/246. − 1 Dbl. ca. 197 x 158 mm; 1r–1v 1¼ beschr. S.; 1x quer gefaltet. − Derb, grau, unterer Rand abgerissen. − WZ: Bekröntes R, darunter: GHK. Fremdeinträge: 1r aoRl: 508, aoRm: 64, aoRr: 1806. Datierung: Arnim schrieb das Billett während seines Aufenthalt bei Reichardt in Giebichenstein, wo er gegen Weihnachten ankam und bis etwa 5. Januar blieb. (Vgl. Datierung von Nr. *407.) Die Datierung in diesen GiebichensteinAufenthalt wird durch Arnims Eintrag in Steffens’ Stammbuch vom 28. Dezember (Nr. AI.56) und Steffens’ am 30. Dezember 1805 geschriebenes Gedicht Was ist das Wort? (Nr. 413) nahegelegt, das mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Reaktion auf Arnims nicht näher bekannte Äußerung und seinen Stammbucheintrag war. Das Datum des Gedichts ist der Terminus ante quem des Billetts. D1: Kat. Henrici 149, S. 37, Nr. 97 (TD); datiert: 1806. D2: Kat. Henrici 155, S. 83, Nr. 254 (TD); datiert: 1806. D3: Burwick 1978, S. 346 (Nr. 4); datiert: Dezember 1805.
Varianten 1 7
An Pr Steffens.] nachträgl. Pr nachträgl. idZ alten] üdZ eing. 10 Zeit] danach gestr. 〈xxx〉
4
Ich] I
aus
i
Erläuterungen 3–4 Halten Sie mich 〈...〉 verachteten Zeit?] 1803 war Arnims Rezension von Steffens’ Beyträgen zur innern Naturgeschichte der Erde (1801) erschienen. (Vgl. WAA II, S. 431–446 und Erl. dazu S. 1099–1115.) Zufolge einer 1811 erschienenen Erinnerung Arnims hatte die Rezension Manchen ohne
692
Zu Nr. 411
meine Absicht gegen dieses treffliche Buch eingenommen (ebd., S. 468). Von Steffens ist keine Äußerung über die Besprechung bekannt, und es ist unklar, ob sie bei der Begegnung mit Arnim Ende 1805 eine Rolle spielte. Steffens arbeitete an seinen Grundzügen der philosophischen Naturwissenschaft (1806) und hatte damals eine prinzipielle Aversion gegen eine seines Erachtens oberflächliche Wissenschafts- und Weltauffassung, wie aus einem Brief an Heinrich Ernst von Schimmelmann vom 28. März 1806 hervorgeht: Sie haben 〈...〉 gefragt, warum ich, warum überhaupt die neuern, die so kühn anfiengen, jezt stillschwiegen. Der äussere Streit hat sich mehr und mehr verloren, was jugendliche Übermuth und Eitelkeit hineinbrachte, alle bloss persöhnliche Verhältnisse sind zurückgetreten und die ernsthaftern, tiefern der erwachenden Wissenschaft fordern gründlichere Untersuchungen, grössere Anstrengung. Nicht die Gesinnung, nur ihre vorlaute Äusserung hat sich geändert. Im Stillen regt sich allgemein der tiefere, ruhige Geist, der Abgrund von Niederträchtigkeit, von demüthigender, herabwerfender Schlaffheit, die Unterdrückung der Nationen, wird die feste Geburt des Herrlichen befördern, und wie in der allgemeinen Gährung und im Tode der ausgelebten Pflanzen die verjüngte Vegetation am gedeihlichsten keimt, so wird auch je der Genius der Geschichte aus dem Schiffbruche des Herkömmlichen und dem Untergang des Gewöhnlichen jene göttliche Blume hervortreten lassen. Wenn nur das wüste Leben der frewlende Wissenschaftlichkeit weg bleibt, dass wir nicht den heiligen Schleyer in welchen die Natur, wie eine sittsame Geliebte sich einhüllt mit ruchloser Hand wegziehen, um die stille Freude geheimnissvoller Liebe in den wilden Genuss wüster, frewlender Wollust zu verwandeln, wenn das rücksichtslose Forschen uns heilig bleibt und kriechende Gesinnung, wie ein tödtender Luftzug nur nicht die unschuldige Blume anweht – Doch was wäre unser Zutrauen an die Ewigkeit der Wahrheit – wenn jede Wolke uns störte – (Feigs 1980, S. 122f.). Vgl. auch Steffens an Goethe, 3. September 1806 (ebd., S. 126–128). Zu der Auseinandersetzung vgl. außerdem Steffens’ Erinnerung an seine erste Begegnung mit Arnim: Er war ganz Dichter geworden. Wenn die geistige
Freiheit, die Schelling verkündigt hatte, selbst in der strengern Wissenschaft eine unglückliche Neigung, durch Vereinzelung Selbständigkeit zu erringen, erzeugte, so daß die großartige Einheit, die die verschiedenartigsten Geister verklären, in der scheinbaren Trennung vereinigen sollte, zu verschwinden schien, so mußte dieses noch mehr in der Poesie stattfinden. (Steffens 1995–1996, Bd. VI, S. 101; die Erinnerung 693
Zu Nr. 411
Steffens’ steht zwar in dem Band seiner Memoiren, in dem er die Zeit von Frühjahr 1808 bis Herbst 1811 rekapituliert, dürfte aber auf die Begegnung Ende 1805 zu beziehen sein.)
*412. Von Friedrich Carl von Savigny über Heidelberg nach Berlin Marburg, 29. Dezember 1805, Sonntag B: −. A: Nr. 426. Besonderheiten: Savigny hatte den Brief an Brentano in Heidelberg geschickt, da er Arnims Adresse nicht wußte, und Brentano schickte ihn nach Berlin weiter. Vgl. Brentano an Savigny, 7. Januar 1806 (DjB Nr. 1180).
413.
Von Henrik Steffens nach Giebichenstein Halle, 30. Dezember 1805, Montag
DV: H. B: Nr. 411. A: −. H: GSA 03/442. − 1 Bl. ca. 92 x 152 mm; 1r–1v 2 beschr. S., nicht gefaltet. − Fleckig. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRr: 127 1v aoRr: 127, auRl: 120 (kopfstehend). Besonderheiten: Vgl. Nr. 411.
Varianten 1 Was ist das Wort?] 1. Str. linkssp., 2. Str. rechtssp. 32 Mensch] M aus G gestr. treflichen
Erläuterungen Vgl. Nr. 411.
694
10
hohen]
danach
Zu Nr. 415
*414. Von Christoph Ludwig Friedrich Schultz nach Berlin Ansbach, vmtl. Januar 1806 B: −. A: −. Beilagen: Zwei Liedvertonungen. (Nicht überliefert.) Datierung: Arnim schickte die Schultz’schen Vertonungen noch nicht mit seinem Brief vom 26. Januar (Nr. 421) an Bettina, sondern erst mit dem vom 17. Februar (Nr. 425). Daher wird angenommen, daß er sie am 26. Januar noch nicht erhalten und Schultz sie zwischen Anfang und Ende Januar – mit einem Begleitbrief – übersendet hatte.
415.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, 1. Januar 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 404. A: Nr. 424. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 89r–92v. − 2 Dbl. (I, II) ca. 234 x 200 + 228 x 192 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − 4v roter Siegelrest. − WZ: I: Nicht identifiziert. II: −. Beilagen: Nr. AII.6. Fremdeinträge: 1r aoRl: 484, aoRr: Heidelberg 1. Jan. 1806., daneben: 4, 89 1v aoRl: 484 2r aoRl: 484, aoRr: 90 2v aoRl: 484 3r aoRl: 484, aoRr: 5, 91 4r aoRr: 92 1r Z. 14 mit Rötel unterstr.: deine Anwandlung dem Prinzen ins Feld zu folgen 2v Z. 131 mit Rötel unterstr.: nordischen Merkurs, darüber: Miscellen; zu dem folgenden Wort Rezension auRl mit Verweiszeichen: (von Varnhagen.) Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 41. – Überliefert ist ein Dbl. Varnhagens (FDH 11104) mit einer Teilabschrift des Briefes (1r Ich lebe jetzt 〈...〉 denn ich will dich immer mehr lieben), die in textkritischer Hinsicht nicht relevant ist, und einer Aufzeichnung Varnhagens (2r–2v):
Zu dem Briefe vom 1. Jan. 1806. Es ist falsch, wenn Brentano sagt, seine Frau verfalle in Trauer, ohne daß er dazu Veranlassung gebe, oder die Ursache wisse. Sein Müßiggang ließ seinem Spürtalent freie Bahn, er richtete dessen ganze Kraft auf das Nächste, auf seine Frau. Deren früheres Leben war ihm bekannt; ihre Gemüthsart, ihre Eigenschaften lagen offen vor ihm. Er hielt ihr mit Beflissenheit einen Spiegel vor, der sie stets grausamer und tiefer demüthigte. Sie mußte bekennen, daß sie ihre schönste 695
2r
Zu Nr. 415
2v
Lebenszeit verloren habe, daß sie manche Ansprüche nicht mehr machen könne, weder die der jugendlichen Schönheit noch die der unbefleckten Tugend; selbst ihr Dichtertalent mußte sie fahren lassen. Dabei wühlte er in ihrer Vergangenheit, wollte alles bis in ’s kleinste Einzelne wissen, und häufte so den Stoff bitterer Gefühle und nagender Vorwürfe. Er weidete sich an dem Unglück der Frau, die keinen Glauben an sich selbst mehr haben durfte. Dazu führte er ganze Schauspiele auf, um sie zu quälen und sich mit ihr. Einst hatte er in ihren Papieren Briefe aus alter Zeit gefunden, in denen ein junger Mann für Sophie leidenschaftliche Liebe ausdrückte, die, wie sich aus manchen Stellen ergab, erwiedert worden war. Clemens wußte, daß die Liebenden durch Umstände früh getrennt worden, daß der junge Mann verstorben, daß seitdem viele Jahre verflossen waren. Dennoch ergriff ihn eine quälende Eifersucht, eine tückische Lust, diese spielen zu lassen. Er trat feierlich vor Sophien, erklärte ihr, es sei eine ernste Stunde für sie gekommen, sie müsse jetzt entscheiden, ob sie bei ihm bleiben oder einem andern folgen wolle. Der Geängstigten eröffnete er dann weiter, jener frühere todtgeglaubte Geliebte lebe noch, sei in Heidelberg angekommen, liebe sie noch, wolle sie haben, jetzt habe sie zu wählen, er trete willig zurück, wenn sie jenen vorziehe. Nachdem er einen halben Tag die arme Frau durch den Zwiespalt solcher Vorstellungen gequält, allen Wechsel der Gefühle in ihr aufgeregt, gestand er endlich, daß alles nur von ihm erfunden sei in Folge des Lesens jener Briefe. Das aber blieb, daß er die Frau stets an sich selbst irre machte, und in ihr das Gefühl wach erhielt, sie sei nichts, sei verfehlt. Postzeichen: Stempel: R.1.HEIDELBERG. Mehrere Portozeichen. Datierung: Die Jahreszahl 1807 am Briefende ist – zu Beginn des neuen Jahres – verschrieben und mit Bleistift gestr. D1: Steig 1894, S. 157f. (TD). D2: Steig 1913, S. 13 (TD). D3: Kat. Henrici 149, S. 67, Nr. 1 (TD). D4: Seebaß 1951, Bd. I, S. 292–299. D5: FBA XXXI, S. 480–488 (Nr. 435). D6: Schultz 1998, Bd. I, S. 325–332 (Nr. 71).
Varianten 8 kann] danach gestr. kann 22 muß, denn] aus muß: E
8 mich] üdZ 26 –] aus 〈xxx〉
696
18
in] 38
danach gestr. üdZ eing.
du]
Zu Nr. 415
38 glaubst] danach gestr. du 47 daß] ß aus s 49 allein] üdZ eing. 51 die] danach gestr. endlich 52 Zuflucht] danach gestr. so 53 das] s aus ß 58 in diesen Tagen] üdZ eing. 67 als] danach gestr. sehe ich 68 welchem] m aus s 74 an] danach gestr. den 75 stehst] hst aus ts 78 beste] danach gestr. Mei 80 dir] aus du 81 kein] danach gestr. Dichter 82 den] Schluß-n gestr. 89 kenne] danach gestr. l 101 Ich] neuer Schreibansatz 105 überreifes,] danach gestr. eine 116 gerückt,] danach gestr. bin 118 erstenmal] danach gestr. an mich 128 Betine] danach gestr. sehr 134 Anzeige] danach gestr. nah 158 Gesänge] danach gestr. ge〈xxx〉 165 für] danach gestr. 〈xxx〉i 169 Wiederwillen] W aus A 171 Gleims] Gl aus mit 184 eine] Schluß-e eing. 184 ist] Schluß-s gestr. 185 die] aus den danach gestr. Gott 187 Etwas] neuer Schreibansatz 194 wunderbare] Schluß-n gestr. 196 ist] über gestr. sind 209 Flagellum] F aus A 214 Jenner] danach gestr. 1807
Erläuterungen 14 Prinzen] Louis Ferdinand von Preußen. 26 Waffenstillstand] Vgl. zu Nr. 404,50–56. 27–28 der Kerl, der hinter dir steht] Vgl. Nr. 404,52–53. 39 Kaiser] Franz II., legte am 6. August 1806 die Kaiserwürde nieder. 65–66 daß Anton einen Regenschirm einen Wellenbaum genannt] Vgl. Bettina an Savigny, 3. Juli 1806, über ein Fest anläßlich des Namenstages von Anton Brentano, dem ältesten Bruder: da wir seinen Wellenbaum auf das
zierlichste mit Blumen und Geschenken schmückten und kränzten und ihn aufgespannt in einen großen Radankuchen steckten mitten auf dem Eßtische mit schönen Versen (Schellberg/Fuchs 1942, S. 44). – Wellenbaum: drehbarer Stamm, Achse. (Vgl. DWb XXVIII, Sp. 1391–1393.) 85 Rammler] Arnim hatte in seiner Schulzeit Karl Wilhelm Ramlers Kurzgefaßte Einleitung in die schönen Künste und Wissenschaften abgeschrieben und distanzierte sich in einem Brief an Bettina vom 18./19. April 1809 ironisch von dem sehr treffliche〈n〉 Buch über Kunsttheorie. (Vgl.: WAA I, S. 397f.; WAA XXXIV.) 94–95 Reichard in der 〈...〉 Rezension des Wunderhorns 〈...〉 Dichterseelen] Reichardt in seiner Rezension des ersten Wunderhorn-Bandes, die in der von ihm herausgegebenen Berlinischen Musikalischen Zeitung, Jg. 1805, Nr. 100 (ohne Datumsangabe) erschienen war. Beginn: Seit der schönen
Sammlung Vo l k s l i e d e r , die Herder in den Jahren 1778 und 1779 in 697
Zu Nr. 415
2 Bänden herausgab, erschien in Deutschland nichts was den Freunden des ächten, erfreulichen altdeutschen Volksgesanges so willkommen seyn konnte als diese vor uns liegende Sammlung, die mit vieler Sorgfalt und Liebe von zwei reinen innig befreundeten Dichterseelen zu Tage gefördert worden (S. 395). 101 heute zum erstenmahle Nachricht von Marburg erhalten] Vgl. Nr. 406,170–172 und Erl. 102 Brief von Betinen] Nicht bekannt. (DjB Nr. *1173.) 109 den Willhelm Meister wieder gelesen] Zur ersten Bettinaschen Lektüre von Goethes Roman vgl. Brentano an Savigny, 8. September 1801 (DjB Nr. 501 und Erl). 117–118 Das schöne Erdbeermadchen] Vgl. Nr. 361,41–47 und Erl. 120 Arnims Taufgedicht] Bey der Taufe Bettinens von Savigny Mitte Oktober 1805 auf Trages. In einer durch vier Schlußverse veränderten Fassung von Arnim Weihnachten 1814 der neunjährigen Bettina von Savigny geschenkt. (Vgl. Arnim/W V, S. 870f., 1526f.) 124–125 auf unserm Berg] In dem hochgelegenen Forsthof, einem geräumigen Anwesen unterhalb des Schlosses mit schöner Aussicht und großem Garten, das der Jurist Philipp Friedrich Weis, Savignys Marburger Lehrer, 1801 aus Staatsbesitz erworben hatte und in das Savigny mit Clemens Brentano im Frühjahr 1802 gezogen war. (Vgl. DjB Nr. 601 und Erl.) 125 Christian] Christian Brentano. 129–130 das Erdbeermädchen 〈...〉 einige Lieder zu liefern für uns] Beiträge des Erdbeermädchens zum Wunderhorn sind nicht bekannt. 130–134 der Herausgeber des nordischen Merkurs 〈...〉 Rezension des Wunderhorns 〈...〉 Bedürfniße der Zeit berühren] Die seit 1804 in Hamburg erscheinenden, von dem Publizisten Friedrich Alexander Bran herausgegebenen Nordischen Miszellen brachten in Nr. 47 vom 24. November 1805, S. 321–323 des vierten Bandes, eine begeisterte anonyme Rezension des Wunderhorns. Der Verfasser war jedoch nicht Bran, sondern Karl August Varnhagen von Ense, wie aus dessen Denkwürdigkeiten hervorgeht: Einige literari-
sche Erscheinungen regten unsern stärksten Anteil auf. Des Knaben Wunderhorn von Clemens Brentano und L. A. von Arnim veranlaßte mich zu einer empfehlenden Anzeige, welche den doppelten Erfolg hatte, die freundliche Aufmerksamkeit der beiden Herausgeber und den schnöden Unwillen Merkel’s zu erregen. (Varnhagen 1987–1994, Bd I, S. 336.) Vgl. Varnhagen an Chamisso, 3. Dezember 1805: Mich hat der Achim von Arnim durch seinen Hollin, Ariel, besonders aber durch seinen Anhang über Volkslieder so mächtig ergriffen, wie lange nichts, 698
Zu Nr. 415
(Geiger 1905, S. 70.) Die enthusiastische Rezension beginnt mit den Sätzen: Das duftigste, frischeste
eine Riesenkraft und göttliche Bewegung!
Sträuslein unverwelklicher Blumen, wie sie nur immer in verschiedenen Zeiten und Orten aufgeblüht sind! Volkspoesie, wie ihrer das Zeitalter bedarf, um zu Gesang und That wieder aufgeweckt zu werden, wie ihrer der Höhere bedarf, um der erfüllten Seele Tiefen in dem leichten demüthigen Gewande des bloßen Naturtriebs lustig und beruhigt anzuschauen. Die Lieder sind deutsch; nur den, welchem der innere Kern der Deutschheit noch nicht verdorben ist, können sie ansprechen. Der Ernst und die Kurzweil in der alten, heiligen Verbindung; wenn auch in den neuern Liedern der Sammlung die religiöse Gesinnung weniger durchscheint, so ist doch die frische Kraft und die gedrängte Lebensfülle in ihnen, die sie zu Volksliedern machen konnte, ein Ueberbleibsel aus frühern Zeiten, da der Glauben die innersten Kräfte regte. Wohl sollte dies Buch, wie ein Noth- und Hülfs-Büchlein von wohlgesinnten Obrigkeiten und ächt patriotischen Gesellschaften unter das Volk ausgetheilt werden, damit das Geschwätz getödtet würde, und die erwachenden Singer das Deutsche Reich wiederherstellten. (S. 321f.) Varnhagen zitiert danach aus Arnims unvergleichlichem Anhang über Volkslieder (S. 322), der ihn zu einem Sonett inspirierte, das in Arnims Stammbuch überliefert ist (vgl. Nr. AI.53), und teilt abschließend drei Lieder mit: Die fromme Magd; Schlachtlied; Zauberformel zum Festmachen der
Soldaten. 132 Xstück] Brentano wird die Nummer nicht mehr gewußt haben. 134–136 Deine Anzeige im Reichsanzeiger 〈...〉 Anfrage um alte Liederbücher 〈...〉 auch von dir?] Vgl. Nr. 402,102–103 und Erl. 136–137 von 〈...〉 Koelle immer noch keine Antwort] Koelle antwortete auf Brentanos nicht überlieferten Brief aus der ersten Hälfte Dezember 1805 (vgl. Nr. 406,71–73) erst am 27. März 1806 (DjB Nr. 1223). 137–138 in den schwäbischen Merkur eine Anzeige] Im Schwäbischen Merkur konnte keine Wunderhorn-Anzeige ermittelt werden. (Erneute Durchsicht, nachdem bereits Steig 1894, S. 356 das Fehlen einer Anzeige mitgeteilt hatte.) 138–139 an den Hebel 〈...〉 schreiben] Ob Brentano an Johann Peter Hebel geschrieben hat, ist nicht bekannt. Die an Hebel gerichteten Briefe sind nicht überliefert, und ein Brief Hebels an Brentano ist ebenfalls unbekannt. Hebel schickte den ersten Wunderhorn-Band Ende August 1806 an seine Straßburger Freundin Sophie Haufe, die ihn zu ihrem Geburtstag (1. September) erhielt, wie aus seinem in die erste September-Hälfte 1806 zu datierenden Brief an sie
699
Zu Nr. 415
hervorgeht:
Sie schreiben mir, daß Ihnen das Wunderhorn so lieblich töne. Deswegen wird es auch auf Ihren Geburtstag angekommen seyn. Ich hab es zwar nicht gewußt, aber deswegen wird es das Wunderhorn heißen, weil es selber thut, was ich aus Unwissenheit unterlasse. Lassen Sie sich also dasselbe, wenn es Ihnen an sich wohlgefiel, als Angebinde von Ihrem Freund zum Geburtstag noch besser gefallen.
(Zentner 1957, Bd. I, S. 309; datiert: zweite Junihälfte 1806.) 139 Wie wär es, wenn du an Winkelmann schriebst] Ein entsprechender Brief Arnims an Stephan August Winkelmann ist nicht bekannt. 139–140 er ist mit Eschenburg bekannt] Der Literaturhistoriker und Shakespeare-Übersetzer Johann Joachim Eschenburg gehörte zu Winkelmanns Lehrern am Braunschweiger Collegium Carolinum, doch ist eine nähere Beziehung Winkelmanns, der 1803 nach Braunschweig zurückgekehrt war, zu Eschenburg nicht belegt. (Vgl.: Schnack 1984, S. 25f., 86; Rölleke in FBA IX/3, S. 734, 805f.)
141 an Wilhelm Körte in Halberstadt] Ein entsprechender Brief Arnims an Wilhelm Körte, den Großneffen und Nachlaßverwalter Johann Wilhelm Ludwig Gleims in Halberstadt, ist nicht bekannt. Arnim und Brentano werden Körte während ihres Studiums in Halle kennengelernt haben, wo dieser von Ostern 1796 bis 1799 Jura studierte. Körte scheint zum Wunderhorn nicht beigetragen zu haben. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 744.) 142 der dessen Briefschafften herausgegeben hat] Briefe zwischen
Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller. Aus Gleims litterarischem Nachlasse. Hg. von Wilhelm Körte. 2 Bde. Zürich 1806. (Bde. II und III der dreibändigen Reihe Briefe deutscher Gelehrten. Aus Gleims litterarischem Nachlasse. Hg. von Wilhelm Körte.) Die Ausgabe erschien erst im März 1806. Brentano kannte, als er den Brief schrieb, einen Vorabdruck: Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller, erschienen in: Isis. Eine Monatsschrift von deutschen und schweizerischen Gelehrten. 1. Jg., Zürich 1805, Bd. II, Oktober, S. 879–902. Dies geht aus seinem Brief an Savigny vom 22. März 1806 (DjB Nr. 1221) hervor. 144 dieser] Körte. Gleim war 1803 gestorben. 145–146 Franz Horn in Bremen aufmuntern] Ein entsprechender Brief Arnims an Horn ist nicht bekannt. Horn gehört nicht zu den Volkslied-Vermittlern ans Wunderhorn. 147–148 Horns Sprachgeschichte 〈...〉 Vorlesungen über deutsche Poe-
sie?] Geschichte und Kritik der deutschen Poesie und Beredsamkeit (Berlin 1805). Brentano fragt mit Bezug auf Arnims Bericht über Horns literaturgeschichtliche Vorlesungen im Brief vom 25. März 1805 (Nr. 367,155–156).
700
Zu Nr. 415
153 156
deiner Abhandlung] Von Volksliedern. Deine Einrichtung des Stauffenbergs] Ritter Peter von Stauffenberg und die Meerfeye, kürzende Bearbeitung der mittelhochdeutschen Novelle von 1598 durch Arnim. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 681–703.) 159–163 Der Thedel von Walmoden 〈...〉 auf der Göttinger Bibliotheck 〈...〉 durch Wilken besorgen.] Gemeint ist eine Abschrift der dritten Auflage der von dem Schulmeister Georg Thym verfaßten gereimten Biographie Des
Edlen Gestrengen, Weitberümbten, vnnd Streitbaren Heldes Thedel Vnuerferden von Walmoden, tapfferer, menlicher vn Ritterlicher Thaten 〈...〉 auffs fleissigste in Reim gebracht (Wolfenbüttel 31563), die nach einem Exemplar der Stadtkirche in Celle in der Göttinger Bibliothek verwahrt wird (NSTUB Göttingen, Sign. 80 Poet. Germ. II, 2903). Wegen einer Abschrift dieser Abschrift wandte sich Friedrich Wilken, der 1800–1803 Repetent der Theologischen Fakultät in Göttingen gewesen war und seit Herbst 1805 als Heidelberger Professor wirkte, an den Naturforscher Lorenz Oken, seit Mai 1805 Privatdozent in Göttingen, der Wilken am 30. März antwortete (DjB Nr. A.61) und eine Abschrift in zwei Sendungen an Brentano schickte (DjB Nr. 1230, 1243). Im zweiten Band des Wunderhorns erschien unter dem Titel Des edlen Helden Thedel Unverfehrden von Walmoden Thaten jedoch eine Bearbeitung Arnims, der Thyms Biographie im Sommer 1806 ebenfalls abschreiben ließ, und zwar von seinem Diener Frohreich, jedoch nicht in Göttingen, sondern nach einem in der Bibliothek der Universität Helmstedt verwahrten Druck. (Vgl. Nr. 472,101.) Auch Arnims Abschrift ist verschollen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 474–496.) 163 Für Schlesien treibe Redel] Arnims Kommilitone Carl Friedrich von Redtel (vgl. WAA XXX, S. 654f.), der aus Breslau stammte und Berlin im Frühjahr 1805 verließ (vgl. Nr. 367,115), wird sich anschließend in Schlesien aufgehalten haben. Beiträge Redtels zum Wunderhorn sind nicht bekannt. 163 für Dessau Raumer] Arnims Schulfreund und Kommilitone Carl von Raumer (vgl. WAA XXX, S. 654) hatte seine Kindheit, Schul- und Universitätsferien sowie eine landwirtschaftliche Ausbildung in und bei Dessau verbracht, wo sein Vater Kammerdirektor des Fürsten von Anhalt-Dessau war. Beiträge Raumers zum Wunderhorn sind nicht bekannt. 163–164 für Bärwalde deinen Prediger] Prediger in Meinsdorf, dem Pfarrdorf des Arnimschen Ländchens Bärwalde, war seit 1797 Johann Heinrich Christian Salpius. (Vgl. Härtl 1982, S. 428.) Beiträge Salpius’ zum Wunderhorn sind nicht bekannt. 164 für Ziebingen Burgsdorf] Wilhelm von Burgsdorff, der Schulfreund und Gönner Ludwigs Tiecks, war bis 1802 Besitzer von Gut Ziebingen (preußische
701
Zu Nr. 415
Neumark, poln. Cybinka), auf dem sich Arnim und Brentano im Dezember 1804 aufgehalten hatten. Beiträge Burgsdorffs zum Wunderhorn sind nicht bekannt. 166–168 im 8br. der J. L. Z. die Rezension der Riepenh. Lesche 〈...〉 mit Seitenhieben auf Tieck] In einer Extra-Beilage zum dritten Quartal der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung 1805, S. I–IV erschien unter dem Titel Über Polygnots Gemählde auf der rechten Seite der Lesche zu
Delphi, mit Beziehung auf die von Fr. und Joh. Riepenhausen entworfenen Umrisse und Erläuterung derselben von Johann Heinrich Meyer, dem Weimarer Kunstexperten und Goethe-Freund, ein Aufsatz über eine Publikation der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen: Gemählde des Poly-
gnotos in der Lesche zu Delphi nach der Beschreibung des Pausanias gezeichnet (Göttingen 1805), eine Stichfolge von fünfzehn Zeichnungen, die die Zerstörung Trojas darstellen und angefertigt waren nach der von Pausanias überlieferten Beschreibung der Gemälde des Polygnot in der Lesche, der Versammlungshalle der Knidier, in Delphi. Die Stichfolge erschien mit einer anonymen Beigabe, die der in Göttingen studierende, mit den Brüdern Riepenhausen befreundete angehende Arzt und Schriftsteller Christian Schlosser verfaßt hatte: Erläuterungen des polygnotischen Gemäldes auf der rechten Seite der Lesche zu Delphi. Erster Theil. Goethe kannte die Zeichnungen bereits seit September 1803, als die Brüder Riepenhausen sie einer zur damaligen Weimarer Kunstausstellung eingereichten Arbeit beigelegt hatten, und war damals recht angetan. Den Erläuterungen der überarbeiteten Stichfolge von 1805 mußte er jedoch entnehmen, daß die inzwischen zum Katholizismus konvertierten Riepenhausen sich der romantischen Malerei und einer christlichen Kunstauffassung zugewandt hatten. Er fügte Meyers Besprechung eine Passage bei, mit der er sich gegen die romantische Tendenz richtete und insbesondere mit dem Ausdruck das klosterbrudrisirende, sternbaldisirende Unwesen Wackenroder (Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders) und Tieck (Franz Sternbalds Wanderungen) attackierte. Brentano, der die Autorschaft Goethes erkannte, scheint jedoch nicht nur diesen Ausdruck, sondern auch weitere Stellen der von Goethe hinzugefügten Passage als gegen Tieck gerichtet aufgefaßt zu haben:
Wir ehren und schätzen das schöne Talent der Verfasser in seinen verschiedenen Äußerungen nach Würden und hegen überhaupt den besten Willen gegen sie, können uns aber an ihrer ahndungsvollen gestaltlosen Ansicht der Kunst des Alterthums durchaus weder erfreuen, noch dieselbe für die wahre, nützliche und fördernde halten. Wer mag z.B. wohl verstehen, was die u n e n d l i c h g e h e i m n i ß v o l l e O f f e n b a r u n g d e s G e m ü t h s sein soll, von welcher Seite 19 geredet 702
Zu Nr. 415
wird? Eben daselbst findet sich die erweislich unrichtige Behauptung, Mahlerei sei ihrer Natur nach symbolischer als die Plastik, und auf der 20. Seite verstricken sie sich in einen noch unverzeihlicheren Irrthum. »Niemals (so heißt es) war der Grieche zu der Erfindung eines solchen Kunstwerks gelangt, in welcher sich der Geist der ganzen Welt mit allem seinem Glanze, allen seinen Verborgenheiten und seiner entzückenden herrlichen Hoheit offenbart; diese lag außerhalb des Umfangs seiner Möglichkeit und war späteren Zeiten vorbehalten, in welchen eine andere, göttlichere, geheimnißvollere Religion eine andere, durch sie wiedergeborene Welt mit neuer Vortrefflichkeit überströmen sollte.« Wem ist in diesen Phrasen die neukatholische Sentimentalität nicht bemerklich, das klosterbrudrisirende, sternbaldisirende Unwesen, von welchem der bildenden Kunst mehr Gefahr bevorsteht als von allen Wirklichkeit fodernden Calibanen? (WA I, Bd. 48, S. 121f.) 169–170 Tiecks Wiederwillen gegen Eugenie] Vgl. Nr. 365,158 und Erl. 176 in dem Paradiese] Vgl. Nr. 404,3 und Erl. 176–177 der Pirmonter Wasser 〈...〉 Veit] Dorothea Veit hatte zur Zeit ihres Jenaer Aufenthalts um 1800 Heilwasser aus Bad Pyrmont getrunken. Am 5. Juli 1800 entschuldigte Friedrich Schlegel sie gegenüber Brentano, daß sie durch den Pyrmonter verhindert sei (DjB Nr. 309). 178–179 meine Frau zuerst gesehen und Savigny kennen gelernt] Brentano lernte in Jena Sophie Mereau im Juni 1798, Savigny Ende Juni/Anfang Juli 1799 oder im April 1800 kennen. 179–181 hat Winkelmann 〈...〉 entworfen] Ironische Anspielung auf die Vorherbepralerei (Brentano an Savigny, 1. Dezember 1802; DjB Nr. 702) Stephan August Winkelmanns, dessen Interesse an sozialen und politischen Verhältnissen jedoch ebenso belegt ist wie sein Engagement für Volkslieder, das vor allem in seinem Aufsatz Göthens Werke. Charakterisirende Ansicht zum Ausdruck kommt: Das einfache naive Volkslied ist Anfang der Poesie und Vollendung der Kunst. (Poetisches Taschenbuch auf das Jahr 1803. Hg. von Gramberg und Boehlendorff. Berlin 1802, S. 142.) Daß Winkelmann sich jahrelang 〈...〉 mit der Geschichte eines alten Stadtaufruhrs getragen habe, teilte Arnim noch am 14. September 1830 Bettina mit (Vordtriede 1961, Bd. II, S. 899f.). Diese Absicht wird ebenso wie die Revolution von Westphalen mit Winkelmanns ide´e fixe verbunden gewesen sein, ein Bündnis der deutschen Städte, die sich zu einer neuen Hanse zusammenschließen sollten, könne die durch den Frieden von Lune´ville vom Adel bedrohte Freiheit des Bürgertums restituieren. Mit dieser Idee konvergierte Winkelmanns Plan, eine Geschichte der Freiheit der Städte zu schreiben. Dies geht vor allem aus seinem Brief an Savigny von Anfang März 1801 hervor:
703
Zu Nr. 415
Theils eben zu dem entschiedenen Resultate gekommen, daß keine andere Entwicklung unserer vaterländischen Wünsche möglich sey, als zuerst einzelne Vereinigungen der Gebildeten in den Städten unter der schon eingeführten Form der gemeinnüzzigen Gesellschaften zu veranlassen, in denen die Redlichkeit der Sitten erhalten, die Bildung der Wissenschaften und Künste verbreitet und durch Erinnerung der Vorzeit bürgerlicher Sinn erweckt u. aufgefrischt und die Aufforderungen des Zeitgenius beantwortet würden – theils erschreckt bis ins Innerste von diesem Frieden, der mit klaren deutlichen Worten es ausspricht, was wir fürchteten daß der Zeitgenius die heiligste Wahrheit, die geliebte Ahndung der Freiheit verspottet und durch die Verfügungen der Fürsten das lezte Andenken der freien Städte und so die schöne Vorbereitung einer neuen, in einem höheren Sinne geschlossenen Hansa, als einer Verbindung der Städte (Mittelpunkt der Bildung) zur Erhaltung der Freiheit zu zerstöhren droht – traf mich eine Erzählung Harbauers, Mühlmann denke eine Journal für die Reichsstädte herauszugeben, auf eine sonderbare Art. / 〈...〉 Auch wenn die Städte (wie es für die Schwäbischen zu hoffen, für unsre Sächsischen zu fürchten ist) fürstlich werden sollten, ist desto mehr daran zu denken, die Geschichte ihrer Freiheit – das vollständige Gemählde des hanseatischen Bundes – ins Werk zu stellen – belebend in der Geschichte ihres Flors, belehrend in der Beschreibung ihres Untergangs. Ich kann mir nichts Grössers denken, als dieses Werk – und ich darf nicht daran denken, diesen schönsten bürgerlichen Kranz, (der Geschichtschreiber der alten Freiheit wird der Erfinder der neuen seyn) mir zu erwerben – aber dafür kann ich mitthun. (Schnack 1984, S. 111.) 181 Jette Schubart] Henriette Schubart, Brentanos Schwägerin, über die Arnim Nr. 404,15 aus Jena berichtet hatte. 190–191 am armen Heinrich und den Romanzen] Vgl. Nr. 406,163 und Erl. 206 die Fries] Luise Christine Fries, die Frau des Heidelberger Krappfabrikanten und Kunstsammlers Christian Adam Fries, zu denen Brentano ein gutes Verhältnis hatte. (Der Philosoph Jakob Friedrich Fries, seit Frühjahr 1805 mit Brentanos Vermittlung in Heidelberg, war noch unverheiratet.) Vgl. zu Nr. 406,179. 208–209 lezthin die Litterairnotize wegen dem Flagellum Dei zu schicken vergessen] Vgl. Nr. 406,63–66 und Erl. sowie Nr. AII.6. 209–210 Von Marburger Auction 〈...〉 Viel erhalten zu haben] Der 1804 verstorbene Marburger Medizin-Professor Ernst Gottfried Baldinger hatte eine
704
Zu Nr. 416
»vorzüglich starke Bibliothek« (Karl Wilhelm Justi in Strieder 1819, S. 6) hinterlassen, die im November 1805 verkauft wurde, nachdem der von seinem Nachfolger Conradi aufgestellte Katalog erschienen war (Kat. Baldinger 1805). Der nicht naturwissenschaftlich-medizinische Teil der Sammlung – 3400 Titel und zahlreiche Kupferstiche – war ausgesondert worden und wurde meistbietend versteigert (Kat. Baldinger 1805a). »Baldinger der Polyhistor, Baldinger der Humanist, der Kunstsinnige, der Freund der Freuden dieser Welt – welch ein Bild erscheint nach Betrachtung dieses 〈...〉 Teils seiner Bibliothek neben dem des Fachwissenschaftlers und praktischen Arztes.« (Broszinski 2000, S. 63.) Savigny erwarb im Auftrag Arnims Kupferstiche aus der Nachlaßversteigerung, die dieser jedoch erst spät erhielt. Vgl. Nr. 426,4–7 und Erl. Daß es Viel war, hatte Brentano der ihm von den Marburger Universitätsangestellten David Lederer am 25. Dezember 1805 mitgeteilten Kaufsumme von 57 Florin 46 Kreuzern entnehmen können (DjB Nr. 1172).
416.
Von Friedrich Schlegel nach Berlin Köln, 3. Januar 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. *399. A: Vgl. Nr. 428.E. H: BJ/VS 227. − 1 Dbl. ca. 195 x 115 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 2x quer gefaltet. − WZ: ZOONEN. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Friedr. Schlegel an L. A. von Arnim. 2v auRm Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Die für Schlegel charakteristischen Verschleifungen am Wortende wurden aufgelöst. – 1r aoRl aufgeklebter Zettel mit Notiz Varnhagens:
Friedrich Schlegel an Achim von Arnim. / Kölln, 3. Jan. 1806. / Bettina. D1: Volpers 1917, S. 228f.
Varianten 11 Lieder] danach gestr. gelesen 13 Auswahl] danach gestr. 〈xx〉 15 die] am Schluß gestr. 〈x〉 31 können,] danach gestr. 〈xxx〉 33 ab] üdZ 33 Mitte] danach gestr. 〈xxx〉 38 der] danach gestr. 〈xxx〉 42 zugesandt] g aus s 47 einen] danach gestr. 〈xxx〉 52 Sie] üdZ eing.
705
Zu Nr. 416
Erläuterungen 2–3 nachdem wir sie im Sommer vergeblich erwartet hatten] Arnim hatte Friedrich und Dorothea Schlegel am Ende seiner Bildungsreise in der ersten Augusthälfte 1804 in Köln besucht (vgl. zu Nr. 428.E,13–14), und damals wird ein Wiedersehen im Sommer des nächsten Jahres vorgesehen worden sein. 4–5 meinem Allmanach] Friedrich Schlegel, Poetisches Taschenbuch für das Jahr 1806. Berlin 1805. 7–8 bald wieder einen] Eine Fortsetzung des Poetischen Taschenbuchs kam nicht zustande. Einen Tag später schrieb Friedrich Schlegel an Reimer: Ich
habe noch so viel poetischen Vorrat und möchte eigentlich gern alle Jahre, wenigstens noch ein oder zweimal einen solchen Almanach; aber ich fürchte, diese stillen poetischen Anklänge verlieren sich ganz in dem Kriegsgeschrei (Körner 1926, S. 71). 10–18 Ihrer Liedersammlung 〈...〉 mehr abzusondern] Vgl. Friedrich an August Wilhelm Schlegel, 11. November 1805: Aus Deutschland hab ich auch sonst noch nichts neues erhalten, außer einen dicken Band von Arnim (und Brentano) sogenannte Alte Deutsche Lieder, was man sonst Volkslieder nannte; sehr viel bekannte und oft gedruckte aus Herder pp, dann einige gute alte die ich noch nicht kannte, vorzüglich aber eine grosse Menge Schund, Kropzeug, Crethi und Plethi, mit vielen eignen Brentanereien die wenn sie nicht unverständlich wären pöbelhaft heißen würden. Die meisten dieser Lieder schweben zwischen Kuckuck und Galgen; dieses sind die Lieblingsgedanken oder Factoren dieser Art. Man könnte das Buch in dieser Rücksicht auch G a s s e n j u n g i a n a nennen. Es ist aber eigentlich doch zum Erbarmen wie jeder gute Gedanke, noch eh er ganz reif ist, von dieser Compagnie breit geschlagen wird! (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 246.) Als Goethes Wunderhorn-Rezension erschienen war, reagierte Schlegel mit einem Haßausbruch, der eher dem als Hauptfeind klassifizierten Rezensenten als dessen Gegenstand galt: Goethe hat 〈...〉 ein ausschweifendes und scanda-
löses Lob auf Brentano wegen der Pöbellieder in seinem Freimüthigen Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung〉 aufgestellt; die Deutschen Gelehrten zusammen, lieber Freund, sind jetzt ein wahres Zigeunergesindel. (An A. W. Schlegel, 27. Februar 1806; ebd., S. 292.) Gerechter urteilte Schlegel dann in seiner 1808 erschienenen Rezension der Sammlung deutscher Volkslieder mit einem Anhange flamländischer und französischer von Johann Gustav Gottlieb Büsching und Friedrich Heinrich von der Hagen (Berlin 1807): Die v o n A r n i m - u n d B r e n t a n o s c h e 〈der
706
Zu Nr. 416
S a m m l u n g zuerst war es, die alle frühere zu umfassen strebte, und die Herausgeber derselben haben das Verdienst, manches schöne Volkslied, das noch ganz unbekannt, oder doch nur sehr wenig verbreitet war, der Vergessenheit entrissen zu haben. Wenn nur auch die Sorgfalt der Behandlung und der Auswahl dem Reichtum einigermaßen entspräche! Wenn nur nicht so manches Schlechte mit aufgenommen, so manches Eigne und Fremdartige eingemischt wäre, und die bei einigen Liedern sichtbare willkürliche Veränderung nicht bei dem größten Teil der Leser ein gerechtes Mißtrauen auch gegen die übrigen einflößen müßte. (Schlegel/KA III, S. 103.) 25 Lohensteins Arminius u Thusnelda] Daniel Casper von Lohenstein, Großmüthiger Feldherr Arminius, oder, Hermann. Als Ein tapfferer Beschirmer der deutschen Freyheit, nebst seiner Durchlauchtigen Thußnelda 〈...〉 (2 Bde., Leipzig 1689–1690). Enzyklopädischer Roman, dessen stoffliche Grundlage der Sieg des Germanenfürsten Hermann über die Römer ist. 29–30 Ostern oder Pfingsten nach Deutschl u Berlin] Der Besuch kam aufgrund der politischen Verhältnisse nicht zustande. Vgl. an A. W. Schlegel, 1. Januar 1806: An meine Reise denke ich eigentlich nicht mehr, obwohl
sie sehr nöthig wäre, so gewiß sehe ich noch vielen weit schrecklicheren Begebenheiten entgegen. (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 270.) 34–35 Preußens weise Nullität] Schlegel optierte politisch für Österreich und gegen Preußen, besonders nach dessen Schönbrunner Schutz- und Trutzbündnis mit Frankreich. Vgl. an A. W. Schlegel, 1. Januar 1806: Die Zaghaf-
tigkeit und halbe Verrätherei der Preußen wird allgemein noch mehr verachtet, als der stupide Eigendünkel der Russen, ja selbst als die entschiedne Niederträchtigkeit des Bo[naparte]. Mir thut nur Oesterreich leid; es war doch der einzige Staat, dem es um Erhaltung des Guten und des Alten einigermaßen zu thun war. (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 270f.) 43 Lother
u Maller] Lother und Maller, eine Rittergeschichte. Aus einer ungedruckten Handschrift bearbeitet und herausgegeben von Friedrich Schlegel. Frankfurt/M. 1805. Schlegel hatte die spätmittelalterliche Handschrift einer Sage um Karl den Großen in der Bibliothek der Kölner Diözesan-Kirche gefunden. (Vgl. Schlegel/KA XXXIII, S. XXV–XXVII, 377–452.) Die Bearbeitung stammte jedoch nicht von ihm, der sich auch gegenüber Tieck und dem Verleger als Editor ausgab, sondern von Dorothea Schlegel. 45–47 von diesen beiden Büchlein 〈...〉 in der Eleg. Zeit. oder sonst 〈...〉 zu sagen] Arnim besprach weder das Poetische Taschenbuch noch Lother
707
Zu Nr. 416
Vgl. jedoch seine Rezension der 1809 erschienenen Gedichte Friedrich Schlegels (Heidelbergische Jahrbücher der Literatur 3, 1810, 5. Abt., H. 4, S. 145–153; Arnim/W VI, S. 301–309). 50 wir] Friedrich und Dorothea Schlegel. 51–52 Das Kind 〈...〉 ist ein Gedicht gewesen.] Vmtl. eines der drei Gedichte, die in Schlegels Sammlung Gedichte (Berlin 1809) mit dem Untertitel Im Sommer 1806 erschienen: Huldigung, Frieden, Gesang der Ehre (S. 324–331) oder das mit dem Untertitel Im Herbst 1806 publizierte An seinen Freund (ebd., S. 346–350). 53–54 Verlust Ihres Kindes] Tod der am 13. Mai 1805 geborenen Tochter Joachime bereits am 17. Juni. 57 Wer ist Tian?] Pseudonym Caroline von Günderrodes.
und Maller.
*417. An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, zwischen 9. und 14. Januar 1806, Donnerstag und Dienstag DV: H. B: −. A: Nr. 418. Datierung: Arnim war am 9. Januar 1806 in Berlin angekommen (vgl. Datierung von Nr. *407), und dieser Ankunftstag ist der Terminus post quem. Arnim muß bald nach der Ankunft geschrieben haben, da Schlitz bereits am 16. Januar antwortete.
417.E An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, zwischen 9. und 14. Januar 1806, Donnerstag und Dienstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 418. H: Vgl. AIII, 31v–32r, 1 S. Datierung: Vgl. Nr. *417. D1: Zschiedrich 2000, S. 176f. (TD).
708
Zu Nr. 418
Erläuterungen 12 Fideicommiß] »Nach gemeinem Recht verstand man unter F. die letztwillige Verfügung eines Erblassers (fideicommittens), wodurch derselbe seinen Erben oder wer sonst etwas mit seinem Willen auf Kosten des Nachlasses zugewendet erhält, verpflichtet, einem Dritten (Fideikommissar) eine vermögensrechtliche Leistung zu machen.« (MGKL VI, S. 549.)
418.
Von Hans von Schlitz nach Berlin Neustrelitz, 16. Januar 1806, Donnerstag
DV: H. B: Nr. 417.E. A: Vgl. Nr. 419.E. H: BJ/VS 228. − 1 Dbl. ca. 188 x 115 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 2x quer gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: D & C BLAUW. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Graf von Schlitz an L. A. von Arnim. 2v auR Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN. D1: Weiss 1986, S. 158–160 (Nr. 40).
Varianten 16 von] danach gestr. Berthold Schwarz und 22 Radiesern] R aus 〈x〉 23 so] s aus n 53 danach gestr. liebliche 61 feine] f aus G
16 selbst] b aus g zurück] üdZ 60 eine]
Erläuterungen 1 N. Strelitz] Residenzstadt des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, in welcher der Onkel, der nordwestlich davon in Karstorf (Mecklenburg-Schwerin) begütert war, den Winter verbrachte. 2 Katten-Lande] Nach dem »german. Volksstamm, der zu den Herminonen gehörte, wohnte zwischen Rhein, Taunus, Werra, Diemel und dem Teil des Rheinischen Schiefergebirges, der die Wasserscheide zwischen Rhein und Weser bildet« (MGKL X, S. 756). 3 Berlin, wo 〈...〉 die Akazien blühn!] Von Friedrich Heinrich Bothe, verbreitet durch Fliegende Blätter, unter dem Titel Berlinade, oder Lindenlied in Bothes Emma, Rosaura’s Schwester (Berlin 1808). Die erste Strophe des zehnstrophigen Gedichts lautet:
709
Zu Nr. 418
Unter den Akazien Wandeln gern die Grazien, Und der Mädchen schönste finden Kannst du immer unter’n Linden In Berlin, in Berlin, Wann die Bäume wieder blüh’n. (Bothe 1808, S. 399.)
In Emma, Rosaura’s Schwester weitere Volkslieder. Bothes Volkslieder, nebst untermischten anderen Stücken (Berlin 1795) enthalten vor allem Übersetzungen aus dem Englischen, keine deutschen Lieder. Drei deutsche Volkslieder in dem von Bothe herausgegebenen Frühlings-Almanach (Berlin 1804): Die Mannsverrätherin, Hans Markgraf, Die Königstochter (S. 52–55, 132–134, 225–228). 10–12 erste original ausgabe 〈...〉 Radieser Menuet] Schlitz verspottet im folgenden die Volksliedbegeisterung Arnims und den mit ihr verbundenen philologischen Eifer. Das Radieser Menuet ist vmtl. eine Erfindung des Onkels. 16 Laurenz Coster] Schlitz hatte zunächst Berthold Schwarz geschrieben und wieder gestrichen (vgl. Varianten), also auf den Franziskanermönch und Alchimisten angespielt, den sagenhaften Erfinder des Schießpulvers (Schwarzpulver). Doch erschien es ihm sinnvoller, Lourens Janszoon Coster anzuführen, der nach holländischer Annahme die Buchdruckerkunst erfunden haben soll. 19–20 Lessing 〈...〉 Das Neue ist 〈...〉 nicht immer neu.] Die Wendung geht auf Johann Heinrich Voß’ Neuformulierung einer Lessing-Stelle zurück. Lessing
Von der besten Art über Gott zu denken (1758) Briefe, die neueste Literatur betreffend geschrieben: Ja freylich; wenn es erlaubt ist, allen Worten einen Verstand zu geben, als sie in der üblichen Sprache der Weltweisen haben: so kann man leicht etwas Neues vorbringen. Nur muß man mir auch erlauben, dieses Neue nicht immer für wahr zu halten. (Lachmann/Muncker 1886–1919, Bd. VIII, S. 262.) Voß’ Distichon Auf mehrere Bücher. Nach Lessing lautet: Dein redseligs Buch lehrt mancherlei Neues und Wahres. Wäre das Wahre nur neu, wäre das Neue nur wahr! hatte anläßlich Klopstocks
im 111. (12. Juni 1760) seiner
(Musen-Almanach für 1792. Hg. von Johann Heinrich Voß. Hamburg, S. 71. Danach ohne den Untertitel in: Voß, Gedichte. Bd. II. Königsberg 1795, S. 303.) Arnim hatte sich bereits in einem publizierten Brief an Ludwig Wilhelm Gilbert, den Herausgeber der
Annalen der Physik,
von vmtl. Anfang 1799 auf die
Wendung bezogen. (Vgl.: WAA II, S. 61,7–9; WAA XXX, Nr. 68.P,6–10.)
710
Zu Nr. 419.E
20 Tribbechovius] Sowohl Adam Tribbechow als auch dessen Sohn Johannes Tribbechow waren Theologen und geistliche Liederdichter. 21 vita Eginhardi] Vita Caroli Magni, die Lebensbeschreibung Karls des Großen von Einhard (Eginhart). 27 Fridrich Wilhelms Canal] 1662–1668 von Kurfürst Friedrich Wilhelm angelegte Verbindung zwischen Spree und Oder. 34 Quarre no 4] Vgl. Nr. 419.E,2 und Erl. 36 Ich ging einmal spatzieren] Lied von Leonhard Lechner, Text von Paul Dulner; Beginn:
Ich gieng ein mal spacieren durch einen grünen wald da hört ich lieblich singen ein Frewlein wolgestalt (Lechner 1974, S. 130.) 39 Ich habe Dir was anzutragen] Nicht ermittelt. 43 In spiraluli 〈...〉 qua¯tschidderdi] Nonsens Schlitz’. 49–50 nimm Dir ein Fuhrwerk 〈...〉 und reise] Arnim reiste erst Ende Februar nach Neustrelitz. 56 Nach dem 26sten] Arnims Geburtstag.
419.E An Hans von Schlitz in Neustrelitz Berlin, etwa 18.–20. Januar 1806, Sonnabend-Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 418. A: −. H: Vgl. AIII, 32r–32v, 1 S. Datierung: Der Terminus post quem ergibt sich aus Schlitz’ Brief vom 16. Januar (Nr. 418). Arnim wird ihn umgehend beantwortet haben, da der Onkel ihn bereits sechs Tage später in Neustrelitz erwartete. Terminus ante quem aufgrund der Position im Exzerptheft: zwischen den Exzerpten Nr. 417.E und Nr. 420.E. D1: Zschiedrich 2000, S. 174 (TD).
Erläuterungen 2 Unser altes Stammhaus sieht mich mit finstern Augen an.] Gemeint ist das Berliner Haus der Großmutter Quarre´ (seit 1814 Pariser Platz) Nr. 4, das
711
Zu Nr. 419.E
jedoch nicht Arnims Geburtshaus war. Er wurde in dem Nachbarhaus Quarre´ Nr. 3 geboren, das die Großmutter 1779 für Arnims Vater und ihre Tochter erworben und nach deren Tod im Oktober 1781 wieder verkauft hatte. (Vgl. Erhart 2004.) Als Arnim nach Berlin zurückkehrte, zog er dem Wohnen im großmütterlichen Haus ein Quartier im Goldenen Adler vor. Vgl.: zu Nr. 400,11–13; zu Nr. 420,19–20. 10 Wären die Volkslieder neun ⅓ oder kleiner Haber] Etwa: Hätten die Volkslieder auch nur ein wenig materiellen Wert wie noch nicht einmal zehn Pfennige (oder Groschen) oder geringer (niedriger) Hafer.
420.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag
DV: H. B: Nr. 406, 415. A: Nr. 424. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 129r–137v. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) je ca. 230 x 188 mm + 2 Dbl. (III, IV) je ca. 235 x 188 mm + 1 Dbl. (V) ca. 230 x 188 mm; 1r–9v 18 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − 5v verschmutzt. − WZ: I–III nicht identifiziert (im aufgeklebten Falz) IV: bekrönter Posthornschild, darunter: I G EBART V: bekrönter Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Beilagen: Gedicht Die Spinnerin und der Weber für Sophie Brentano. (Nr. AII.22.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 482, aoRr: 129 2r aoRr: 130 3r aoRl: 482, aoRm Steig: z. 26. Jan. 1806., aoRr: 131 4r aoRl: 482, aoRm Steig: z. 26. Jan. 1806., aoRr: 132 5r aoRr: 132 6r aoRl: 482, aoRm Steig: z. 26. Jan. 1806., aoRr: 134 7r aoRr: 135 8r aoRl: 482, aoRm Steig: z. 26. Jan. 1806., aoRr: 136 9r aoRr: 137 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Dbl. bzw. Bl. jeweils zu Beginn aoRl von Arnim numeriert (Tinte): 1–5. – Kat. Rother 1989, Nr. 55. Datierung: Daß Arnim den Brief an mehreren Tagen schrieb, ist aufgrund des Umfangs evident. Er beendete ihn am 22. Januar; denn die Redoute, von der er am Briefschluß berichtet, daß er sie Diese Nacht besuchte, war am 21. Januar (vgl. zu Z. 190–200). Die Bemerkung über das Absendedatum (26. Januar, Arnims Geburtstag) am Briefanfang ist nachträglich. Als Terminus post quem wird etwa der 20. Januar angenommen, weil das im Krako´wer Exzerptheft stehende Exzerpt (Nr. 420.E1) auf dasjenige an den Onkel zwischen etwa 18. und 20. Januar (Nr. 419.E) folgt.
712
Zu Nr. 420
D1: D2: D3: D4: D5: D6:
Steig 1894, S. 154, 159 (TD); nicht näher datiert. Steig 1913, S. 13 (TD); nicht näher datiert. Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 1 (TD; kurzer Auszug); datiert: 26. Januar 1806. Schewe 1932, S. 146 (TD). Kat. Arnim 1981, S. 38, 40 (TD). Schultz 1998, Bd. I, S. 332–338 (Nr. 72); datiert: 26. Januar 1806.
Varianten 1–3 Abgegangen 〈...〉 d* 26 Januar 1806.] nachträgl., nach Beendigung des 5 er] r aus s 11 Karten] K aus 〈x〉 19 Kreuz] danach Briefes gestr. über 21 es] nachträgl. idZ 24 eigensinnigen] erstes e aus 〈x〉 28 Deinen] D aus d 30 bewirthen] üdZ eing. 30 Zukkerbrot] e aus b 34 die] d aus 〈x〉 34 uns] üdZ eing. davor gestr. und auf ist 39 Weiber] über gestr. Leute eing. 39–40 (keinen kalten 〈...〉 zum 40 sich jede] jede aus jeder 41–42 Hier ist 〈...〉 Glück)] üdZ eing. wunderschön] üdZ 41 letzte] danach vmtl. gestr. Ansatz von U 45 dieser] aus der 51 Bis] über gestr. Zu 55 allem] danach gestr. ge 58 es] über gestr. sie 62 ist] aus wa 62 ich] danach gestr. Ge 77–78 aber 〈...〉 ärgerlich] idZ eing. 78 dich] danach gestr. aber 80 Bostels] B aus 〈x〉 80 ergiebt] aus ergiebst 83 mehr] üdZ eing. 86 thätig] üdZ eing. 87 noch] üdZ eing 109 vielleicht 〈...〉 diesen] üdZ eing. 111 Künste und die] üdZ eing. 112 Menschen] M aus m 120 falsch] aus 〈xxx〉 127 da] danach gestr. alle 127 meiner] danach 146 II] nachträgl. idZ 146 gejagter] zweites g aus c gestr. dort 151 Einbildung] erstes n aus t 156–157 Leipzig Weygandsche Buchhandlung] üdZ eing. 166 Orlamünde] danach gestr. 14) 167 besten] 167 historisch] h aus G 168 die du noch nicht kennst] b aus 〈x〉 üdZ eing. die aus 〈xxx〉 176 nicht] üdZ eing 176 den] n aus r 176 Gehäge] ä aus e 185 Revoluzion] vo aus 〈xx〉 186–187 täglich 187 ungedruckten] un beym] nach täglich gestr. auf beym aus 〈xxx〉 aus 〈xx〉 189–190 Drehbank] b aus 〈x〉 192–193 Nacken] danach 198 die] aus 〈xxx〉 gestr. 〈xxx〉
Erläuterungen 4–5 Schon wieder 〈...〉 schreien konnte er doch noch nicht] Bezug auf die Mitteilung von Sophie Brentanos Fehlgeburt zu Beginn von Nr. 406.
713
Zu Nr. 420
6–7 daß Du 〈...〉 Kinder Mährchen aufschreibst] Vgl. Nr. 415,5–7. 12 deiner Frau einliegenden Trost aufzuschreiben] Vgl. Nr. AII.22. 14 Magenmorsellen] aus allerley Gewürzen, und auch Arzeneyen
mit Zucker zusammengegossene Tafeln, welche in kleine längliche Stücke zerschnitten und theils als ein Konfekt, theils als eine Arzney zugerichtet sind (Roth 1805–1806, Bd. II, S. 78). In Jean Pauls Biographischen Belustigungen unter der Hirnschale einer Riesin (1796) räsoniert der Erzähler über philosophische Pillen und Magenmorsellen (Jean Paul 1988,
S. 382). Hebel schickte seinem Straßburger Freund Gottfried Haufe zu Weihnachten 1805 ein Stück Magen Morsellen (Zentner 1957, Bd. I, S. 286). 19–20 meinen Dönhofschen Platz] Arnim wohnte nach seiner Rückkehr in Berlin in einem Wirthshause um mich nicht einheimisch zu fühlen, wie er im Februar 1806 an Goethe schrieb (Nr. 422,29–30). Er logierte im Goldenen Adler, einem Gasthof erster Klasse am Dönhoffschen Platz/Ecke Jerusalemer Straße in der Friedrichstadt. (Vgl. Nicolai 1786, Bd. I, S. 184; Bd. II, S. 966.) 27 neuen Theil deiner spanischen Novellen] Vgl. Nr. 406,141–144 und Erl. 28–29 Verber aus Bingrelien] Verber (mit V-Schreibung im DWb nicht belegt, jedoch Ferber, ferben als Nebenformen zu Färber, färben) ist vmtl. im übertragenen Sinn von färben gemeint: »fälschen, teuschen, beschönigen, schmücken, triegen, entstellen« (DWb III, Sp. 1325). Bingrelien spielt auf Heidelberg an (jeweils zehn Buchstaben, von denen sieben in beiden Wörtern vorkommen) mit Anklang an Verb- und Substantivformen mit dem Wortstamm bing bzw. bink. So bedeutet bingeln mit kleinen Glocken läuten, Bingeling heißt in einem hessischen Kindermärchen ein junger Riese, dem eine Glocke auf dem Kopf geworfen wird, woraufhin er sich über die neue Bingelmütze freut, und Binkebank war ein Kinderspiel, zu dem die Verse überliefert sind: man
hat in einer hand, gleichwie die kinder pflegen / zu spielen binkebank, lust, leben, friede, segen, / und in der andern hand zorn, tod, fluch, hasz und zank, / ach wie gefährlich ist ein solches binkebank! (Alle Beispiele DWb II, Sp. 35f.) 30–31 hoch in der Luft an einem Magneten 〈...〉 wie Mahomeds Leichnam] Diese Überlieferung wurde, der von Jean Gagnier kompilierten Mohammed-Biographie zufolge, die Arnim für die Päpstin Johanna benutzt hat (vgl. Johannes Barth in WAA X, S. 691–693) und die in seiner Bibliothek (Sign. B 2234a,b) überliefert ist, nur von Christen, nicht von den Muslimen tradiert. Gagnier berichtet über Mohammeds Begräbnis: Der Boden der Gruft war mit
gebranten Quadersteinen gepflastert, wozu man neun Stück gebraucht hatte; rings um den Sarg warf man Erde hinein, um die Höhlungen 714
Zu Nr. 420
auszufüllen, und so entstand ein kleiner Grabhügel über der Oberfläche des Platzes. Nicht ohne Grund hat sich daher der Doktor Pococke über die gemeine Meinung lustig gemacht, welche die Christen von Mohammeds Grabmal haben. Sie sagen, sein Leichnam sei in einen eisernen Sarg gelegt worden und dieser schwebe in der Luft – kraft der Magnetsteine, womit sein Grab gewölbt sei. Wenn man den Musülmännern diese Fabel erzählt, so lachen sie über die thörichte Leichtgläubigkeit unsrer Glaubensgenossen, die auf diese Weise ihre gänzliche Unwissenheit in der Geschichte der arabischen Nazion verrathen. (Gagnier 1804, S. 300.) 32 Pemperleckofen] In Analogie zu Zukkerbrot und Taftnen Unterröcken, die nicht erreichbar sind, scheint mit Pemperleckofen ein Hindernis bezeichnet zu sein, das den Weingenuß nicht ermöglicht oder nicht ermöglichen soll; vmtl. ein Schimpfwort. Und in Analogie zu Verber aus Bingrelien dürfte es sich um einen nur Eingeweihten verständlichen, vielleicht auf Buchstabenbzw. Wortverdrehung zurückzuführenden Sprachscherz, einen romantischen joke handeln. Ob der erste Teil des Kompositums auf das Verb
pempern
(bempern, pimpern) zurückzuführen ist, einen vor allem österreichischen Ausdruck für
beischlafen
(www.ostarrichi.org/benutzer–905.html), steht ebenso
dahin wie ein Bezug des letzten auf das Substantiv
Ofen,
genauer die roman-
tische Vorstellung vom Ofen bzw. Platz am Ofen als »ambivalenter Ort zwischen Alltäglichkeit und Magie« (Pietsch 2009, S. 266), »Ort der Gespenster, des Teufels, von Kobolden und Dämonen« (ebd., S. 267), »spukhaft-unheimlicher Ort« (ebd., S. 270). Das nur bei Arnim nachweisbare Wort kommt auch in (II/7), dem ersten Teil des Doppeldramas
Halle und Jerusalem,
Halle
vor, und zwar
in einem Dialog zwischen dem jüdischen Wechsler Nathan und Pamphilio, der für seinen Freund Cardenio Geld zu leihen sucht:
P a m p h i l i o . Jud’, ich sag es dir, du lebst nicht lange, mach’ dir Freunde mit dem ungerechten Mammon. N a t h a n . Gehen Sie, was soll das heißen, Sie verfluchen mich. P a m p h i l i o . Pemperleckofen. N a t h a n . Weinstock. Es ist doch kein Paar brillantne Schuhschnallen. (Jacobs 1908, Bd. III, S. 74.) In diesem Dialog richtet sich der Ausruf
Pemperleckofen
als Schimpfwort ge-
gen den Juden, der Geld und Geldvermehrung zum Lebenszweck verabsolutiert und moralische Werte mißachtet. Wein dient Nathan, wie der Schluß der Szene zeigt, nicht als Genußmittel zur Steigerung des Lebensgefühls, sondern zu dessen Verringerung: er macht dumpf und schläfert ein.
715
Zu Nr. 420
32–33 mit gewässerten Taftnen Unterröcken] Bezug auf die Stelle in der Übersetzung Der gewarnte Betrogene – nach den Novelas amorosas y ejemplares der Marı´a de Zayas y Sotomayor –, in welcher der Protagonist seine Geliebte beim Gang zum Nebenbuhler erblickt: Die Dame war über dem
Hemde mit einem Unterröckchen von fleischfarbenem gewässerten Taft bekleidet, dessen silberne Stickerei wie Sterne schimmerte, ohne weiter etwas an zu haben, als ein Mäntelchen von demselben Taft und mit blauem seidnem Felbel gefüttert, welches ihr aber so leicht um die Schulter hieng, daß man an dem weißen Hemde, die Stickereien mit indischem Pflanzenzwirn sehen konnte. (Brentano 1806, S. 37.) 33 Spinnewef] Spinngewebe (so in Arnims Exzerpt des Briefes Nr. 420.E1). Spinnewef im DWb nicht belegt. 33–35 〈Skizze〉] Bezug auf eine Stelle in Der gewarnte Betrogene, die derjenigen mit den gewässerten Taftnen Unterröcken folgt: Alles das konnte der Granadiner nach Lust bewundern, denn die schöne Nachtwandlerin trug in der einen Hand einen silbernen Leuchter mit einem brennenden Wachslicht, bei dessen Schein er dieses himmlische Bild gerührt betrachten konnte; aber ruhiger wäre er gewesen, wäre ihm so ein fremdes Weib begegnet, oder hätte er sich nur einen Augenblick für jenen halten können, den sie so reizend so buhlerisch geschmückt aufsuchen mochte. (Brentano 1806, S. 37f.) 35 Furie] Wut, Raserei. 37–39 Wo die Gestirne nicht so stehen 〈...〉 ist es miserabel] Sowohl in der ersten Nacht, in welcher der Protagonist erstmals den Betrug einer Geliebten erkennt, als auch in der Nacht des Betrugs der zweiten ist der Sternenhimmel derselbe. Beim erstenmal, als die Angebetete ein Kind zur Welt bringt, heißt es: alle himmlische Sterne blickten auf seine Geburt mitleidig nieder (Brentano 1806, S. 16). Da sich der Protagonist jedoch des Kindes mitleidig annimmt und es aufziehen läßt, geht es diesem nicht miserabel. 39–41 hier sind alle Weiber auf einen Hexameter 〈...〉 eingerichtet 〈...〉 zur Hexe!] Bezug darauf, daß die zweite Geliebte in Der gewarnte Betrogene auf Bitte einer ihrer Dienerinnen ein Lied zur Harfe singt, das von der Sehnsucht nach ihrem Geliebten handelt, doch der Protagonist, der durch ihre
Schönheit, ihre Stimme, und die Süßigkeit der Harfentöne ganz berauscht war, machte sich weiter keine eifersüchtigen Gedanken über den Inhalt ihres Liedes (Brentano 1806, S. 54). Die ersten drei Strophen des Liedes lauten:
Wenn die Morgensonne Schimmert an den Bergen, 716
Zu Nr. 420
Wenn sie endlich freundlich Von des Orients Fenster Zieht den düstren Vorhang, Daß der Tag erstehe, Wenn Aurorens Rosse Aus den goldnen Mähnen Schütteln Thaues Perlen In die Blumenkelche, Wenn sich alle Stimmen Sie zu grüßen heben, Weint um den Geliebten Thränen Serene. (Ebd., S. 31.) Das Lied besteht aus fünf Gruppen analog strukturierter Strophen, von denen jede Strophe mit Wenn einsetzt und jede Gruppe mit dem Vers Thränen Serene endet. Arnims Bezeichnung Hexameter geht vmtl. von der für ein Lied außergewöhnlichen syntaktischen Kompliziertheit und der Reimlosigkeit der Verse aus, die jedoch keine Hexameter im eigentlichen Sinn sind. 39–40 keinen kalten, wie der Schlegelsche] Der korrekte Hexameter A. W. Schlegels in der Elegie Rom. Vgl. Nr. 406,105–109 und Erl.
41
das letzte Ungläubig] Das letzte in Der gewarnte Betrogene: Ungläubig war ich, kühn und fest mein Willen (Brentano 1806, S. 23). 42 das erste. Fromm.] Vielmehr das zweite: Fromm trug ich meine Liebe in dem Herzen (Brentano 1806, S. 19). 42–44 das Flämmelein 〈...〉 gegen diese zierliche Schlangenflamme] Boccaccios Fiammetta (dt. Flämmlein) bzw. die Übersetzung davon. 45–56 Wegen dieser Fiammetta 〈...〉 Reimer 〈...〉 Bis Ostern 〈...〉 der Name deiner Frau 〈...〉 oder der Deine] Sophie Brentano hatte, wie Friedrich Creuzer der Günderrode am 30. Januar 1806 berichtete, die Absicht schon aufgegeben 〈...〉 die Fiametta des Boccaccio ins Deutsche zu übersetzen, wobei dieses Aufgeben nicht so ganz freiwillig war, sondern Folge vergeblicher Bemühungen einen Verleger dafür zu finden 〈...〉 Hinterher sagt sie nun, sie habe gefunden »dies Werk könne von keinem Weibe übersezt werden«. (Preisendanz 1912, S. 223.) Arnims Frage, welcher Übersetzer-Name angegeben werden solle, stützt die Vermutung, daß Brentano an der Verdeutschung beteiligt war. Zumindest wird er an der Wer-
717
Zu Nr. 420
bung für die Übersetzung und das ihr zugrundeliegende Werk Boccaccios Anteil gehabt haben. Wie bereits Steig (1894, S. 356) vermutete, dürfte er der Verfasser des Artikels La Fiammetta di Messer Giovanni Boccaccio sein, der am 10. Mai 1806 in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Nr. 56, Sp. 1235–1237 erschien und mit dem ersten Satz die Frage nach der Autorschaft der Übersetzung offen ließ: Dieses bisher fast gänzlich unbekannte Werk
des berühmten Novellendichters, wovon S o p h i e B r e n t a n o eine Uebersetzung angekündigt und vielleicht schon herausgegeben hat, ist eben so merkwürdig als vortreflich und einzig in seiner Art. Aufgrund der Arnimschen Bemühung konnte die Übersetzung bei Reimer in Berlin erscheinen, allerdings erst zur Herbstmesse 1806, nachdem Sophie Brentano am 18. April einen Teil des Manuskripts an Arnim gesandt hatte (Nr. 444), dieser am 16. Juni mit einer Verpflichtungserklärung Reimers antwortete (Nr. 463) und sie vmtl. Mitte Juli das Restmanuskript an Reimer schickte, dem sie es mit einem Brief vom 8. Juli (Schwarz 1991, S. 197f.) angekündigt hatte. Das Werk erschien schließlich mit dem Titel: Fiametta. Aus dem Italienischen des Boccaccio übersetzt von Sophie Brentano. Am 25. Dezember 1806 brachte die Zeitung für die elegante Welt, Nr. 154, Sp. 1236f. zwei Auszüge aus der Übersetzung mit einer kurzen Einleitung von Beauregard Pandin (das ist Karl von Jariges), in der die Übersetzer-Autorschaft vereindeutigt ist:
Der R o m a n d e s B o c c a c c i o : F i a m e t t a , von welchem vor einiger Zeit in diesen Blättern (No. 52) eine kurze Schilderung versucht wurde, ist nunmehr übersetzt, und zwar von S o p h i e B r e n t a n o – es ist eine der letzten Arbeiten dieser talentvollen Schriftstellerin, die uns zu früh durch den Tod entrissen worden. Die Uebersetzung gibt, wie sich erwarten läßt, das Original im Ganzen nach seinem Geiste und Sinne glücklich wieder, was nicht so leicht zu leisten war, als es auf den ersten Blick scheinen möchte. 49–50 Schlegels u. s. w. haben ihn sehr mit Vorschüssen sitzen lassen] Vor allem war A. W. Schlegel Reimer das Manuskript des zweiten Bandes des Spanischen Theaters schuldig, für das dieser 700–800 Taler verauslagt hatte; der Band erschien erst 1809. Bereits am 15. Juni 1805 hatte der Verleger dem älteren Schlegel mitgeteilt: Glauben Sie mir in allem Ernste, mein wer-
ther Freund, daß es mich nicht wenig drückt, und in Verlegenheit bringt, besonders da Sie nicht der einzige unter ihren Freunden sind dem ich bedeutende Vorschüsse gemacht habe; freilich steht bei Ihnen bei weitem die größte Summe, im einzelnen. (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 203. Vgl. Reimer an A. W. Schlegel, 25. November 1805, 9. Januar und 1. Februar 1806; ebd., S. 249, 273, 284f.)
718
Zu Nr. 420
53 verkümmelt] Zufolge DWb XXV, Sp. 692 Nebenform zu verkümmern vmtl. nur in der Bedeutung: verkaufen. 57 unsre Vormundschaft über das arme Kind] Vgl. Sophie Brentanos Bitte an Brentano vom 28. August 1805, ihr wegen eines Verlegers zu raten (DjB Nr. 1135), und dessen Vorschlag vom 1. September 1805, sich an Arnim zu wenden, der Reimer gut kenne (DjB Nr. 1138). 57–58 ganz wie in der alten Komödie wird es verheirathet] Arnim wird an die Komödien des Terenz mit ihrer ausgleichenden, die Protagonisten nicht beschädigenden humanistischen Tendenz gedacht haben. In den meisten von ihnen geht es um Konflikte bei Verheiratungen. Terenz’ Komödie Andria hatte Arnim bereits in seiner lateinischen Schülerarbeit Mores juvenum aequalium eorumque varia studia als Vorbild angegeben. (Vgl. WAA I, S. 288, 293 und Erl.) 58 das Erbbeermädchen] Ironische Verschreibung? Vgl. Nr. 361,41–47 und Erl. 59 die Appelrose in Halle] Vmtl. eine Apfelverkäuferin, die Arnim und Brentano während ihres Studiums in Halle kennengelernt hatten. Nicht zu identifizieren. (Frdl. Mitteilung von Roland Kuhne, Stadtarchiv Halle.) 60 Christian arbeitet so fleissig?] Vgl. Nr. 415,125–126. 60 O Saperment!] Vgl. Nr. 362,129 und Erl. 61 Deine Frau ist eifersüchtig] Vgl. Nr. 415,205–207. 61 Betine klagt] Vgl. Nr. 415,101–109. 84 der Beobachter an der Spree] Seit Anfang 1802 erscheinendes Ber-
liner Wochenblatt. 96 Umschlung] Im DWb nicht belegt. 118 wenn ich ihr dies oder Aehnliches schriebe] In seinem kurzen Brief an Bettina vom 26. Januar (Nr. 421) berührte Arnim die Brentano mitgeteilten Besorgnisse nicht. 126 Nelson vor Cadiz zuerst commandirt und gestorben] Nelson war 1797 zum Konteradmiral ernannt und mit dem Befehl über das englische Blokkadegeschwader vor Cadiz betraut worden. Am 21. Oktober 1805 fiel er in der Seeschlacht bei dem Vorgebirge Trafalgar. 130–133 Louise 〈...〉 in einer gehölten Nuß 〈...〉 Musik zu einem Liede des Ariel] Vertonung von Lilie sieh mich, erschienen als Musikbeilage zu Reichardts Berlinischer Musikalischer Zeitung, Berlin 1806, Nr. 39. Die Handschrift ist erhalten (vgl.: Kat. Arnim 1981, S. 35f.; Reich 1981, Frontispiz). 133 noch drey 〈...〉 componirt] Bekannt sind zwei weitere Kompositionen von Gedichten in Ariel’s Offenbarungen: Ida. Wenn ich gestorben bin; Heymdal. Ist Lerchenklang am Bergeshang. Sie erschienen mit Lilie sieh
719
Zu Nr. 420
mich in Louise Reichardts XII Deutsche u. italiänische romantische Gesaenge mit Begleitung des Piano-Forte componirt und Ihrer Durchlaucht der Herzogin Mutter Anna Amalia von Sachsen Weimar und Eisenach aus reiner Verehrung zugeeignet. Berlin 1806, S. 16, 17–19, 21. 135 (Rieke)] Friederike Reichardt. 136 Die andern] Vmtl. Johanna, Wilhelmine Juliane und Sophie Reichardt. 144–146 ungedruckte französische Memoiren einer Preussischen Princeß 〈...〉 Schwester Friedrichs II] Arnim las die Erinnerungen von Wilhelmine Friederike Sophie Markgräfin von Brandenburg-Bayreuth vier Jahre vor den ersten beiden, miteinander konkurrierenden Veröffentlichungen: Me´moires de
Fre´de´rique Sophie Wilhelmine, Margrave de Bareith, soeur de Fre´de´ric le Grand e´crits de sa main (Braunschweig 1810); Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Königl. Preußischen Prinzessin Friederike Sophie Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth vom Jahr 1709 bis 1733. Von ihr selbst in französischer Sprache geschrieben. (2 Bde., Tübingen 1810–1811.) Sowohl der französischen Ausgabe als auch der deutschen Übersetzung lag jedoch nicht das Originalmanuskript zugrunde, das erst später im Nachlaß des ehemaligen Leibarztes der Markgräfin gefunden wurde, sondern sie beruhten auf Abschriften, und Arnim wird bei Reichardt ebenfalls eine Abschrift des Originalmanuskripts vorgefunden haben. Wie dieser zu der Abschrift gekommen war, ist nicht bekannt. Von den sechs bekannten französischen Abschriften (vgl. Droysen 1920) scheint keine aus seinem Besitz zu stammen. Im Prosateil von Friedrichs Jugend teilt Arnim wesentliche Begebenheiten aus dem Leben Friedrichs II. aufgrund seiner Lektüre der Memoiren mit, die er außerordentlich schätzte. Sie forderten durchaus einen Abdruck 〈...〉, weil
sie ein Eigentum der Nation sind. Die Markgräfin ist eine vortreffliche Geschichtschreiberin ungeachtet sie selbst so ernst, so traurig, so dürftig darin mitspielte, weil sie bei hellem Verstande und fortwährender Teilnahme an den Begebenheiten ihrer Jugend, doch fast keine andre Leidenschaft als einen gewissen Stolz zeigt 〈...〉 Ich las diese Memoiren einigen Mädchen vor, die mehrmals über das Glück laut aufschrieen was sie im Hause ihrer Eltern hätten verglichen mit den Schicksalen dieser Königstochter. (Arnim/W III, S. 63.) Zwei in den Memoiren geschilderte Szenen, die Arnim bereits in Friedrichs Jugend zueinander in Beziehung setzte, präfigurieren, ebenfalls aufeinander bezogen, Sequenzen seiner Erzählung Die Majorats-Herren (vgl. Tausch 2006, S. 310–314). 156–157 Lenz 〈...〉 der neue Menoza 〈...〉 Weygandsche Buchhandlung] Jakob Michael Reinhold Lenz, Der neue Menoza. Oder Geschichte des cumbanischen Prinzen Tandi. Eine Komödie. Leipzig 1774, bei Christian Friedrich Weygand.
720
Zu Nr. 420
159–166 1) Sterndreherlied 〈...〉 14) 〈...〉 St Georg.] Sieben Lieder wurden im zweiten, eins im dritten Band des Wunderhorns mitgeteilt: Sterndreherlied; Die Magdeburger Fehde; Vom Buchsbaum und vom Felbinger; Zucht bringt Frucht (Es flohen drei Sterne); Der Bremberger; Von dem Hammen von Reystett, wie ihn der Peter von Zeytenen gefangen hat; Dorothea und Theophilus; Die Herzogin von Orlamünde. Mit Des Sultans Töchterlein und der Meister der Blumen sowie Ritter St. Georg waren bereits im ersten Band des Wunderhorns Versionen von Arnims Sultans Töchterlein ganz und St Georg erschienen, auf die in den nächsten Bänden verzichtet wurde. Die Grosse Schneiderromanze unter den SchneiderspottLiedern des Wunderhorns nicht identifiziert, ebenso Liebesfehler unter den Liebesliedern. Kein Feuer keine Kohle und die Lieder über die Schlacht von Navarra und von Pavia stehen nicht im Wunderhorn. Letztere hatte Arnim bei seinem Aufenthalt in Gotha im Dezember 1805 abschreiben lassen. Vgl. Nr. 402,88–90 und Erl. 171 Planetario poetico] Neubildung (sonst nicht belegt) in Analogie zu mechanischen Planetarien, die als Weltmaschinen oder Planetenmaschinen bezeichnet wurden. (Vgl. Fischer 1798–1825, Bd. V, 1804, S. 618f.) So fertigte der Berliner Astronom Johann Elert Bode seit 1788 ein Sonnensystem um einen
billigen Preis. Uranus und alle Nebenplaneten, den Mond mitgerechnet, sind daran nur zum Fortschieben, die übrigen Hauptplaneten werden durch Räderwerk bewegt. (Ebd., S. 619.) 172–173 Ich gebe immer noch nicht unsre Liederbrüder auf.] Auch nach Erscheinen des ersten Wunderhorn-Bandes noch das von Brentano am 30. April 1803 (WAA XXXI, Nr. 295,384–403) vorgeschlagene Projekt einer gemeinsamen Ausgabe der eigenen Gedichte, für das Arnim im Antwortbrief
Lieder der Liederbrüder geprägt hatte. 173 Kreutz in unsrer Ehrenlegion] Die Le´gion d’honneur ist eine 1802 von Napoleon gestiftete Auszeichnung, die zunächst lediglich in der Mitgliedschaft in der neuen Organisation bestand und seit 1804 mit der Verleihung von sichtbar zu tragenden Ehrenzeichen verbunden war, die als affiliierte Medaillen oder Kreuze bezeichnet werden. (Vgl. http://www.dhm.de/magazine/orden.) 174 was er schreibt] Im Brief an Brentano vom 30. November 1805 (DjB Nr. 1162), den dieser seinem Brief an Arnim vom 20. Dezember 1805 (Nr. 406) beigelegt hatte. 175 Zusatz zum Da droben] Koelle hatte zu Müllers Abschied (Incipit Da droben auf jenem Berge) eine veränderte dritte Strophe und einen neuen Schluß mitgeteilt.
(WAA XXXI, Nr. 298,24) den Titel
721
Zu Nr. 420
175–176 die drey Grafen wir noch nicht antrafen] Koelle hatte moniert, daß auf die Ähnlichkeit des Wunderhorn-Lieds Der Pfalzgraf am Rhein mit dem Lied von den 3 Grafen hätte hingewiesen werden sollen, und Arnim kann dieses Lied nicht identifizieren. Kölle wird die Ballade von den drei Mördern gemeint haben. (Identifiziert Schewe 1933, S. 18.) 176 den Jäger 〈...〉 aus Gräters Gehäge] Den von Koelle mitgeteilten Text Es wollt ein Jägerlein jagen kannte Arnim schon aus Gräters Zeitschrift Bragur, Bd. III, 1793, S. 263f. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 499f.) 179–180 Die Strophen aus dem Liede des Grafen von Gleichen 〈...〉 schwanger danach.] Bezug auf Koelles Mitteilung, daß er nur 2, aber wunderschöne Strophen 〈...〉 eines uralten Liedes über den Grafen besitze. (Vgl. DjB Nr. 1162 und Erl.) Erste Bekundung von Arnims Interesse an der Sage vom Grafen von Gleichen. Die Beschäftigung mit dem Stoff ist 1810 in einer Passage in der Gräfin Dolores manifest, kommt um 1815 in der Arbeit an einer Trauerspiel- und an einer Lustspielfassung, 1817 im Abdruck der Eingangs-Scene zum Trauerspiel: Die Gleichen im Berliner Gesellschafter zum Ausdruck und kulminiert schließlich 1819 in der Veröffentlichung des Schauspiels Die Gleichen. 180–182 Das Spottlied 〈...〉 von einem schwäbischen Contingentssoldaten] Vgl. DjB Nr. 1162. 183 Stückknecht] Artillerist, Kanonier; Stück war u. a. Bezeichnung für Kanone. (Vgl. DWb XX, Sp. 202, 239.) 183–186 Von Winkelmann 〈...〉 mit dem König von Schweden 〈...〉 die Westphälische Revoluzion 〈...〉 aufgeschoben] Ironische Reaktion auf Koelles Bitte an Brentano (DjB Nr. 1162), ihm zu schreiben, was er von der neuesten Lage Winkelmanns wisse, sowie auf Brentanos Mitteilung an Arnim Nr. 415,179–180, daß Winkelmann in Jena seine Revolution von West-
phalen, den jezzigen Untergang Oesterreichs, die Schlacht bei Austerliz entworfen habe. Der schwedische König Gustav IV. Adolf war zwar als ein fanatischer Napoleonhasser 1805 der dritten antifranzösischen Koalition beigetreten, gehörte aber zu deren Verlierern und erwies sich als militärisch und diplomatisch besonders unfähig. 186–188 Robinson 〈...〉 zu Bonaparte gefahren 〈...〉 Uebersetzung von ungedruckten Werken vorzulesen.] Ironische Reaktion auf Koelles Bitte an Brentano (DjB Nr. 1162), ihm zu schreiben, was er von der neuesten Lage des englischen Deutschlandreisenden und Publizisten Henry Crabb Robinson wisse. Eine napoleonfreundliche Gesinnung Robinsons, der im September 1805 von seinem mehrjährigen Deutschlandaufenthalt nach England zurückgekehrt war, ist zu dieser Zeit nicht belegt. (Vgl. Marquardt 1964, S. 313–339.) Arnims Ironie
722
Zu Nr. 420
richtet sich insbesondere gegen Robinsons Übersetzungen aus dem Deutschen ins Englische, von denen – neben veröffentlichten – zahlreiche ungedruckt blieben, u. a. nach A. W. Schlegel, Goethe und Schiller. (Vgl. ebd., S. 354–365.) 190–200 Diese Nacht war ich in der Redoute 〈...〉 bis an den Hals.] Die Redoute fand am 21. Januar im Opernhaus statt, wie Anzeigen in der Vossischen Zeitung (14. Januar und öfter), dem Tagebuch des Prinzenerziehers Friedrich Delbrück (Schuster 1907, Bd. I, S. 416) und vor allem einem Brief des dänischen Dichters Adam Gottlob Oehlenschläger zu entnehmen ist, der aus Berlin berichtete: Efter en lang og besværlig Reise kom jeg i Tirsdags 〈...〉
om Aftenen til Berlin. Jeg traadde af im schwarzen Adler og hörte strax til min Sorg at der intet ordentligt Carnaval blev i Aar, men samme Aften var Redoute i det store Operahuus, den eneste, hele Vinteren. Jeg lod mig altsaa hente Domino og Maske, pyntede mig og kiörte nu i luftig Silke med Pudder i Haaret og Parfume paa Klæderne til Operahuset 〈...〉 Redouten selv var jammerlig. Jeg havde den Fornöielse at see Dronningen med Vinger paa 〈...〉. (An Christiane Heger, 27. Januar 1806; Oehlenschläger 1945–1950, Bd. IV/1, S. 213f. – Nach einer langen und beschwerlichen Reise bin ich Dienstag 〈...〉 am Abend in Berlin angekommen. Ich bin im Schwarzen Adler abgestiegen und hörte sofort zu meinem Kummer, daß es in diesem Jahr keinen ordentlichen Karneval gibt, aber am selben Abend war Redoute im Großen Opernhaus, die einzige den ganzen Winter. Ich ließ mir also Domino und Maske holen, machte mich zurecht und fuhr nun in luftiger Seide mit Puder im Haar und Parfum an den Kleidern ins Opernhaus 〈...〉 die Redoute selbst war jämmerlich. Ich hatte das Vergnügen, die Königin mit Flügeln zu sehen [Übersetzung von Gabriele Gerecke/Weimar].) In seinen Lebens-Erinnerungen berichtet Oehlenschläger, daß er zum ersten
und letzten Male die holde Königin Louise – merkwürdig genug – als Psyche, mit Schmetterlingsflügeln an den Schultern, sah (Oehlenschläger 1850, Bd. II, S. 42). Arnim, der seinen Brief am 22. Januar beendete, wurde am selben Tag von Oehlenschläger aufgesucht, und da er den Brief vor dem Besuch beendet haben wird, entging Brentano ein Bericht darüber. Aus Oehlenschlägers Brief an Christiane Heger geht hervor, daß er von Arnims Lyrik nicht viel hielt und eine konträre Dichtungsauffassung vertrat: Dagen derefter gik jeg til Reichardt,
som nogle Dage i Forveien var reist til Berlin med en interessant ung Mand Baron von Arnim, der nylig har udgivet en Samling af gamle tydske Digte. Hans egne duer ikke meget; Poesien begynder virkelig at blive altfor e l e k t r i s k og jeg har spurgt Steffens om han ikke syntes det var vel om den blev stivnet og styrket og ordnet og formet med lidt 723
Zu Nr. 420
M a g n e t i s m e , hvilket han maatte tilstaae. (A.a.O., S. 214. – Am Tag danach ging ich zu Reichardt, der einige Tage vorher nach Berlin gekommen war, mit einem interessanten jungen Mann, Baron von Arnim, der vor kurzem eine Sammlung mit alten deutschen Gedichten herausgegeben hat. Seine eigenen taugen nicht viel; die Poesie hat wirklich angefangen, allzu elektrisch zu werden, und ich habe Steffens gefragt, ob es ihm nicht so vorkommt, als sei sie mit ein bißchen Magnetismus versteift und gestärkt und geordnet und geformt worden, er mußte dem zustimmen. Dies soll auch mein ewiges Bestreben sein; Form, Absicht und das Ausschließen von allem Nichtdazugehörigen habe ich in allen meinen reifen Gedichten gezeigt, und ich hoffe es immer zu zeigen. [Übersetzung von Gabriele Gerecke/Weimar.]) 191 Titania] In Shakespeares Sommernachtstraum.
420.E1 An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag DV: H. B: Vgl. Nr. 415. A: Vgl. Nr. 424. H: Vgl. AIII, 32v–33r, ca. 1¾ S. Fremdeinträge: Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK Datierung: Analog Nr. 420.
BERLIN.
Erläuterungen Vgl. Nr. 420.
420.E2 An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, etwa 20.–26. Januar 1806, Montag-Sonntag DV: H. B: Vgl. Nr. 415. A: Vgl. Nr. 424. H: FDH 7360. − 1 Dbl. ca. 235 x 189 mm; 1r–2v 3½ beschr. S.; nicht gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild, I G EBART. Fremdeinträge: 1r aoRl: Steig II, 13 / Konzept, aoRm-aoRr Steig: lag unter den Briefen an Bettina (Fach 1) Sept. 1806, unter zweiter Überschrift mit Bezug auf Januar Steig: Berlin, 26. 2v auRr: 7360.
724
Zu Nr. 421.K
Datierung: Analog Nr. 420. D1: Schultz 1998, Bd. II, S. 851f.
Varianten 25
ihr] hr
aus 〈xx〉
28
gleich]
aus 〈xxx〉
Erläuterungen 7 goldner Kopf] Das Frankfurter Brentano-Haus. 22–23 Scamander] Skamandros (jetzt Menderes), Fluß, der am Ida entspringt und in den Hellespont mündet; in der griech. Mythologie Flußgott, Sohn des Okeanos und der Tethys. 24 Okeanos] Vgl. zu Nr. 397,7.
421.K An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 26. Januar 1806, Sonntag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 423. H: FDH 7219. − 1 Bl. ca. 230 x 187 mm; 1r beschr.; 1x quer gefaltet. Ränder verknittert. − WZ: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 130, aoRm Steig: zurückgelegtes Blatt zum rigen [nicht copieren] 1v auRr: 7219.
−
vo-
Varianten 3 8
allen Tischen] aus alle Tische Druck] D aus S
4
Erläuterungen Vgl. Nr. 421.
725
kömt] t
aus 〈x〉
8
ich]
aus
es
Zu Nr. 421
421.
An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 26. Januar 1806, Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 423. H: FDH 7219. − 1 Bl. ca. 236 x 188 mm; 1r–1v 1½ beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Fleckig, verknittert, 1r Schrift verblaßt. − WZ: Unterer Teil von Posthornschild, I. G. EBART. Beilagen: Vgl. zu Z. 5–6. Fremdeinträge: 1r aoRl: 130 1v untere Hälfte rechtwinklig zur Schreibrichtung: Berlin 26 Januar 1806, auRr: 7219. D1: Steig 1913, S. 14. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986 (Nr. A1), S. 37.
Varianten 12
gar]
aus 〈xxx〉
Erläuterungen 5–6 Lieder von mir und viel Melodieen von Reichardt] Zufolge dem Konzept schickte Arnim, was er im Druck fertig gefunden (Nr. 421.K,8). Er wird Reichardts Troubadour italien, franc¸ais et allemand geschickt haben, der Vertonungen zwölf Arnimscher Gedichte enthielt, vielleicht Auszüge daraus. Vgl. zu Nr. 362,29–33. 9–10 meinen alten Landschaften] Arnims wesentliche Landschaftseindrükke. Vgl. Nr. 404,14–15. 10 Ihren Fels] Anspielung auf die hohe Lage des Forsthofs in der Marburger Rittergasse, in dem Bettina mit ihrer Schwester Meline bei Savignys wohnte. Vgl. Nr. 415,124–125 und Erl. 14 bey der Drehbank] Vgl. Nr. 420,189–190.
726
Zu Nr. 422
422.
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Berlin, zwischen Anfang und 20. Februar 1806, Donnerstag
DV: H. B: −. A: Nr. 430. H: BJ/VS 8. − 6 Dbl. je ca. 232 x 187 mm; 1r–11v 22 beschr. S.; 1x quer gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild, I G EBART. Beilagen: Proben Von den Zierrathen aus der Königlichen Eisengiesserey vor dem Brandenburger Thor (Z. 124–125), von den Arbeiten in gebrannten Erden 〈...〉 in der Porcellanfabrik sowie aus Eckardtstein’s Steingutfabrik (Z. 125–127). Im Goethe-Nationalmuseum Weimar nicht nachweisbar. (Frdl. Auskunft von Katharina Krügel.) Fremdeinträge: 1r aoRl Steig: an Goethe, aoRr Steig: 1806. 1r aoRm, 3r aoRm, 5r aoRm, 7r aoRm, 9r aoRm, 11r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIO-
THEK BERLIN. Besonderheiten: Die sechs Dbl. sind zu Beginn jedes Dbl. (1r, 3r, 5r, 7r, 9r, 11r) aoRr von Arnim numeriert: 1–6. 1r aoRl aufgeklebter grüner Zettel ca. 42 x 65 mm mit Notiz Varnhagens: Ludw. Achim von Arnim / an Goethe. / Berlin, 20. Febr. 1806. Beiliegend Abschrift Varnhagens (2 Dbl., 7½ beschr. S.) mit 1r aufgeklebtem Zettel und der Notiz Varnhagens: Wer diese Briefe je
zum Druck befördert, der erweise ihnen die Wohlthat häufiger Absätze und guter Interpunktion. Im Dbl. II eingelegter Zettel mit der Notiz Varnhagens zum Schluß von Arnims Mitteilung über das Kasperl-Spiel (Z. 218–219 ordentlich geholt und gebraten.): (In einer andern eigenhändigen Ab-
schrift des Verfassers findet sich noch folgende, später ausgelassene Stelle:) / Das heimlich verkuppelnde Wesen der Politik geht so weit, daß die auf Einem Bein kriegsfüßig stehenden Inspektionen eigentlich nicht einmal ahnden, gegen wen sie fechten sollen. – Ich flüchte mich aus u.s.w. Vgl. Nr. 422.E,183–186.) Datierung: Der Terminus ante quem des undatierten Hauptteils des Briefes ist von Arnims Mitteilung über Alexander von Humboldts Vorlesung über Pflanzenphysiognomik bestimmt. Diese Vorlesung hielt Humboldt am 30. Januar 1806. (Vgl. zu Z. 173.) Der Terminus post quem dieses Briefteils ist der 17. Februar, denn an diesem Tag wurde das Schauspiel Heinrich der Vierte, König von Frankreich erstmals aufgeführt (vgl. zu Z. 202–210). Als Datum des letzten Briefteils gibt Arnim selbst den 20. Februar an. Die Sendung wurde jedoch später abgeschickt, denn Arnim wollte noch versuchen, etwas zur Probe beyzulegen (Z. 131), und hat das auch getan. Goethes Tagebuch verzeichnet erst am 9. März: Sendung Arnims (WA III, Bd. 3, S. 121), und am selben Tag antwortete er auf der Stelle (Nr. 430,10). D1: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 83–95; datiert: Februar 1806.
727
Zu Nr. 422
Varianten
in dem sicheren] aus 〈xx〉 den A 7 Daseins] aus 〈xxx〉 10 ge17 schlechtes] letztes e aus s 18 Weltbegemalten] ge aus Sch 48 sehr] s aus l 52 gefährdet] üdZ eing. benheiten] g aus b 53 die] aus wie 53 seiner] aus dem 64 sind] aus 〈xxx〉 71 rohe] aus Stü 81 Kabinet] b aus p 83 nur] üdZ eing. 83 Eintrit] danach gestr. nur 84 sehr schwer] über gestr. eben so 110 der] üdZ eing. 117 weibliche] aus Menschliche 122 verschönern] ver aus 124–125 Von den Zierrathen 〈...〉 Proben.] üdZ eing. 〈xxx〉 129 Catel’s] aus Ka〈x〉e〈x〉’s 132 Unterricht] U aus 〈x〉 135 Thüre] Th aus Ki 142 Ein andres Bild] aus Zwey andre Bilder 143 Friedrichs] danach gestr. und ein projektirtes Denkmal auf Friedrich 143 erinnert] t aus n 147 Ein] aus Das 149 von ihm] üdZ eing. 185 sein] Schluß-e gestr. 187 Türkenkrieges] ü aus 〈x〉 192 an203 sich] s aus 〈x〉 208 nichts] aus 〈xxx〉 gepinselt] p aus s 228 und] u aus d 236 mitwirkende] w aus s 6
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Goethe/RA V, Nr. 326. 2 beym leidigen Abschiede] Weihnachten 1805, als Arnim zu Reichardt nach Giebichenstein weiterreiste. 7–8 als ich Ihnen auf den altlandschaftlichen Bergen von Jena zur Stütze diente] Am 16. Dezember 1805. Vgl. Nr. 404,53–55. 9–10 Farbenerscheinung auf der alten gemalten Scheibe in Ihrer Hand] Die Scheibe ist unter den Gegenständen und Materialien, die von Goethes Farbenversuchen überliefert sind, nicht zweifelsfrei zu identifizieren. (Vgl. Matthaei 1941.) Goethe erhielt von Arnim eine Glasscheibe, deren Wirkung er in seinen Nachträgen zur Farbenlehre (1822) beschreibt: Schon in der
alten Glasmahlerei, welche ihren großen Effect den Metallkalken verdankt, findet man einen trüben Schmelz, welcher, auf Glas getragen, bei durchscheinendem Lichte ein schönes Gelb hervorbringt; zu diesem Zwecke ward er auch daher benutzt. Die blaue Erscheinung dagegen, bei auffallendem Licht und dunklem Grunde, kam dabei zwar nicht in Betracht; ich besitze jedoch eine solche Scheibe, durch die Gunst des Herrn Achim v o n A r n i m , wo gewisse Räume bei’m durchscheinenden Licht, der Absicht des Mahlers gemäß, ein reines Gelb, in der entgegengesetzten Lage ein schönes Violett, zur Freude des Physikers hervorbringen. (WA II, Bd. 5/1, S. 347.) 728
Zu Nr. 422
14 Weltgeschäfte] Im DWb nicht belegt. 22 jüngeren Tochter Reichardts] Friederike Reichardt. 22–23 von der ältesten eine Liedermusik in einer gehölten Wallnuß] Von Louise Reichardt. Vgl. Nr. 420,130–133 und Erl. 29 Wirthshause] Vgl. zu Nr. 420,19–20. 34 Neigen] Der trübe Rest, Bodensatz in einem Gefäß. (Vgl. DWb XIII, Sp. 567.) 36–38 des Gewildes 〈...〉 fremden Thiere, die hier durchkommen] Gewildes: Verstärkung von Wild. Der Passus Arnims ist im detaillierten GewildArtikel des DWb als »seltsame stelle« im Zusammenhang von Belegen dafür angeführt, »wie lebhaft sich für menschliche verhältnisse die jagd als gleichnis vordrängt« (Bd. VI, Sp. 5816). Arnim hatte die heimkehrenden Soldaten nach dem preußisch-französischen Vertrag von Schönbrunn (15. Dezember) und dem österreichisch-französischen Frieden von Preßburg (26. Dezember) im Sinn. Bereits in seinem Bericht an Brentano über Kriegsgefangene, die ihm in Süddeutschland begegnet waren, vermischte er menschliche und tierische Attribuierungen: ich bin durch Züge närrischer Kriegsgefangner Ratzen und
Slawaken gefahren, die allenfalls auch in Cooks Reisebeschreibung von den Diebsinseln hinein verkauft werden konnten (Nr. 402,8–11). 40–42 während die Franzosen 〈...〉 das alte Haus bedrohen] Anspielung auf die Überlassung preußischen Territoriums am Rhein an Frankreich aufgrund des Schönbrunner Vertrags. Nachdem die linksrheinischen Distrikte von Kleve bereits 1803 an die Batavische Republik gekommen waren, trat Preußen Ende 1805 auch den rechtsrheinischen Teil Kleves an Napoleon ab, und gleichzeitig wurde ihm auch Neuenburg (Neuchaˆtel) zugesprochen. 43 König] Friedrich Wilhelm III. 45–46 »Er zählt die Häupter 〈...〉 kein einzig Haupt«] Das Lied von der Glocke, V. 225–226. 60–61 das Kunstkabinet] Das Königliche Kunst-, Naturalien- und Münzkabinett im vierten Geschoß des Berliner Schlosses. 61 Die geschnittenen Steine] Aus Edelgesteinen, Perlenmutter, Coral-
len, Schildplatt, Einhorn, Nasehorn, Muscheln und dergl. gearbeitete Stücke (Nicolai 1786, Bd. III, S. 794), seit 1798 vereinigt mit einer kostbaren Sammlung von alten, tief und erhaben, geschnittenen, Steinen, von alten und neuen gläsernen Pasten, die von Potsdam nach Berlin gebracht worden war (Rumpf 1804, Bd. I, S. 314).
61
kennen Sie sicher]
Da Goethe im Mai 1778 – zum ersten und einzigen
Mal – Berlin besucht hatte.
729
Zu Nr. 422
71–72 Ein Hirschgeweih in einen Stamm eingewachsen] das in Preußisch Littauen gefundene Geweih eines Hirsches, um dessen Kopf der Stamm eines Eichbaumes herum gewachsen, so daß der Kopf im Holze fest steckt, und die Geweihe auf allen Seiten hervorragen (Nicolai 1786, Bd. III, S. 792). 72–73 Model der kleinen Kantone von Pfiffer 〈...〉 in Luzern] Ein Relief der Zentralschweiz von Franz Ludwig Pfyffer von Wyher, erstellt 1762–1796 nach eigenen Vermessungen im Maßstab von ca. 1:25000 (26 m2), das erste große Landschaftsrelief. Das Original in Luzern ist erhalten, die Zweitanfertigung für Berlin nicht. 83 die Gemälde] Die Gemäldegallerie und angrenzende Zimmer im dritten Stock, detailliert beschrieben Rumpf 1804, Bd. I, S. 240–314. 85–87 das Walthersche anatomische Cabinet 〈...〉 die armen kleinen Embryonen] Sammlung des Berliner Anatomen Johann Gottlieb Walter. Viele
Schränke enthalten die getrokneten anatomischen Präparate, worunter sich vorzüglich die mit Wachs ausgespritzten Gefäße, Muskeln und Eingeweide, und die mit Quecksilber angefüllten Wassergefäße auszeichnen. Unter diesen findet man auch eine ganze Reihe von Wasserköpfen, von der vierten Woche nach der Empfängniß, bis zum ein und dreißigsten Jahr nach der Geburt. In einigen hundert Gläsern mit Weingeist angefüllt, werden höchstglücklich eingespritzte und andere sehr mühsam ausgearbeitete Theile des menschlichen Körpers vorgezeigt, worunter sich auch sehr viele menschliche und thierische Misgeburten befinden, besonders aber ein Kind, welches zur rechten Zeit zur Welt geboren und einige Zeit gelebt, an welchem das Herz ganz frey zur Brust heraushängt. Endlich werden meist ganze, aber auch völlig ganze Körper von Kindern und erwachsenen Personen, an denen alle Gefässe, Muskeln, Eingeweide und Nerven auf das sauberste ausgespritzt und ausgearbeitet sind, in großen zinnernen Kästen mit Weingeist angefüllt, aufbewahret. (Nicolai 1786, Bd. III, S. 823f.) 87–88 Septembrisirern] Eigentlich die französischen Revolutionäre, die im September 1792 ihre politischen Gegner und Unschuldige massenweise ermordet hatten. 98 Schadow 〈...〉 ein zierlich festes Haus erbaut] Johann Gottfried Schadow hatte sich ein klassizistisches Wohnhaus in der Kleinen Wallstraße (heute Schadowstraße 10/11) errichtet. 106–111 Luthers Statue 〈...〉 der mansfeldschen Denkmahl-Gesellschaft bestimmt] Ein von der vaterländisch-literarischen Gesellschaft der Grafschaft Mansfeld geplantes Luther-Denkmal, für das Schadow ein Modell anfer-
730
Zu Nr. 422
tigte, nach dem er erst 1821 eine Bronze-Statue ausführte, die im selben Jahr in Wittenberg enthüllt wurde. 109–110 nach einem Bilde von Kranach 〈...〉 in Weimar] Lucas Cranachs d. Ä. Altarwerk in der Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul (später Herderkirche), mit der Darstellung Luthers. 111–112 Denkmahl von Copernikus 〈...〉 modellirt] In Thorn, Nikolaus Kopernikus’ Geburtsort, der zur Provinz Preußen gehörte, sollte ein Denkmal des Astronomen errichtet werden, mit dessen Entwürfen Schadow betraut war. Er schuf zwei Gipsmodelle; die Ausführung des Thorner Denkmals unterblieb zwar, doch konnte eine Kopernikus-Büste für die von dem bayerischen Kronprinzen Ludwig geplante Walhalla angefertigt werden. (Vgl. Eckardt 1990, S. 120f., 141–143.) 117 eine weibliche nackte Figur] Ein liegender weiblicher Akt in Marmor (1797), die sog. Nymphe Salmacis, zufolge Selbstausssage Schadows ein
nackendes Mädchen aus Träumen erwachend, den Körper dehnend, hingestreckt auf einer Matratze, Arm und Kopf auf ein weiches Kissen lehnend 〈...〉 das Bild einer wollustatmenden, wohlgebildeten Sterblichen (Eckardt 1990, S. 74), kein Auftragswerk; seit der Mitte des 19. Jhs. verschollen, Umrißstiche sind überliefert (Abb. ebd., S. 76). 124–125 Von den Zierrathen aus der Königlichen Eisengiesserey 〈...〉 einige Proben.] Die 1804 in der Invalidenstraße gegründete Königliche Eisengießerei stellte zunächst Gußteile für Maschinen, Munition und Kanonen her, seit 1806 auch Plastiken, Medaillons, Schmuck und Kleinreliefs. Zum neuen Jahr produzierte die Firma feine Reliefplaketten (Darstellungen von Gebäuden, neuen Erfindungen u.ä.), die als Neujahrskarten in seidenen Etuis an Geschäftspartner und Regierungsbeamte verschenkt wurden. (Vgl. Schreiter/Pyritz 2007.) Vgl. Goethes Antwort (Nr. 430,20). 126–127 lebensgrosser Kopf Friedrichs des II in der Porcellanfabrik] Eine 1805 entstandene lebensgroße Biskuitbüste von Johann Carl Friedrich Riese, der 1789–1831 Modellmeister an der Berliner Porzellanmanufaktur war. (Vgl. Schmitz 1910/11.) 127–128 Eckardtstein’s Steingutfabrik hat manche antike Form 〈...〉 nach Wedgwuth nachgebildet] Die Steingut- und Fayence-Fabrik von Gottfried Bernhard von Eckardstein befand sich in der Landsberger Straße 65 und hatte eine Niederlassung auf der Schloßfreiheit. Der englische Fabrikant Josiak Wedgwood hatte ein helles porzellanähnliches Steingut entwickelt und stellte daraus Zierkeramik nach antiken Motiven her. Goethe bekam Mosaique, wie aus seinem Tagebucheintrag vom 10. März 1806 geschlossen werden kann: Prof. Meyer Arnims Brief und bes. Mosaique (WA III, Bd. 3, S. 121).
731
Zu Nr. 422
129–131 Catel’s Stuckfabrik 〈...〉 nachgezogen] Aus der von Ludwig Friedrich Catel 1801 gegründeten Musiv-Stuck-Fabrik war bereits in der Berliner Akademie-Ausstellung 1804 ein Platteau mit drei Vasen gezeigt worden (Börsch-Supan 1971, 1804, Nr. 518), 1806 waren Verschiedene Postamente, Vasen und Tischplatten (ebd., 1806, Nr. 402) zu sehen. 131 Vielleicht kann ich noch etwas zur Probe beylegen.] Goethe bedankte sich für einen Löwenkopf (vgl. Nr. 430,21). 134–136 die Ermordung des Abts von Bernau 〈...〉 Marienkirche] Die
Ermordung des Probstes Nicolaus von Bernau zu Berlin, vor der Thüre der Marienkirche (Börsch-Supan 1971, 1804, Nr. 80). Aquarell 83 x 104 cm; Staatliche Graphische Sammlung Berlin. Aufgrund dieses Bildes wurde Franz Ludwig Catel als ordentliches Mitglied in die Berliner Akademie der Künste aufgenommen. – Propst Nikolaus von Bernau war 1323 von aufgebrachten Bürgern vor der Berliner Marienkirche erschlagen worden. Den Hintergrund der Tat bildeten Auseinandersetzungen zwischen Papst Johannes XXII. und den Wittelsbachern, in deren Verlauf der Papst versuchte, Ludwig IV. die Königswürde abzusprechen. Der Propst hatte gegen die Wittelsbacher gepredigt, woraufhin es vor der Kirche zu dem Aufruhr kam. 142–145 König und Kaiser 〈...〉 Opernscene am Grabe Friedrichs] Catels Gemälde Abschied Zar Alexanders I. vom preußischen Königspaar
Friedrich Wilhelm III. und Königin Louise am Sarge Friedrichs des Großen in der Garnisonkirche von Potsdam am 4. November 1805. Öl auf Leinwand 52,7 x 42,2 cm; Schloß Charlottenburg, Berlin. Das Bild wurde erst 1810 auf der Akademieausstellung gezeigt, diente aber bereits 1806 als Vorlage für einen Stich von Friedrich Wilhelm Meyer d. Ä. (Vgl. Catel 2007, S. 20.) 146 das Bild des lebenden Königs] Gemeint ist die Darstellung Friedrich Wilhelms III. im angegebenen Bild, kein weiteres Porträt. 147–149 Ein projektirtes Denkmahl auf Friedrich 〈...〉 von seinem Bruder 〈...〉 angegeben.] Perspektivische Zeichnung in Aquarell-Farben
eines Denkmals für Friedrich den Großen. Nach der Erfindung und architektonischen Anordnung des Architekten Herrn Louis Catel (Börsch-Supan 1971, 1806, Nr. 448). Catel hatte ein von seinem Bruder Franz Ludwig Catel gemaltes »zwei Fuß hohes und doppelt so breites Aquarell eingesandt, das eine perspektivische Ansicht seines Entwurfs gewährte. Sein Denkmal sollte sich fern vom Gewühle der Residenz auf dem großen Stern im Tiergarten erheben. Die ruhige Größe und Herrscherkraft Friedrichs suchte er dadurch auszudrücken, daß er ihn, wie einst Phidias seinen olympischen Zeus, auf dem Throne sitzend darstellte.« (Merckle 1894, S. 89.)
732
Zu Nr. 422
150–151 Wolters 〈...〉 Copien in Cassel von Claude Lorrains] Kopien Heinrich Christian Wolters der im Kasseler Museum Fridericianum ausgestellten Vier Tageszeiten Claude Lorrains, deren Originale Arnim im Herbst des Jahres sah (vgl. Nr. 498,73–74 und Erl.). Die Kopien sind nicht überliefert. 151–152 Kretschmann 〈...〉 zurückgekommen] Carl Kretschmar, war nach Studienreisen 1803/05 durch Deutschland, Italien und Frankreich nach Berlin zurückgekehrt. 153–155 Buri 〈...〉 Ihr Bild stand bey ihm.] Friedrich Bury, Goethes Hausgenosse in Rom, hatte ihn 1800 in Weimar gemalt: »thronend mit den Attributen der Bühne 〈...〉 Um den blauen Frack war ein purpurner Mantel geschlungen« (Wahl 1930, S. 62). Das Gemälde ist verschollen, eine Kreidezeichnung überliefert (vgl. ebd., Abb. 39). 156–158 Der Sohn des Landschaftmahler Genelly als Amor 〈...〉 das Gewand ab.] Vmtl. das Ölgemälde Triumphierender Cupido nach Bonaventura Genelli, Sohn des Landschaftsmalers Janus Genelli; 1806 nicht ausgestellt. Das Bild kam ebenso wie der Schwur der Schweizer durch Prinzessin Friederike-Luise von Preußen, die Gattin König Wilhelms I., nach Den Haag. 160 die drey schwörenden Schweizer] Schwur der Schweizer mit lebensgroßen Figuren, Ölgemälde; 1806 nicht ausgestellt. 169–171 Humboldt 〈...〉 Präsident der Akademie 〈...〉 Kammerherr] Alexander von Humboldt war Mitte November 1805 nach neunjähriger Abwesenheit nach Berlin zurückgekehrt und wurde zwar nicht zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften, jedoch sofort zum ordentlichen Mitglied und von Friedrich Wilhelm III. zum Kammerherrn ernannt. (Vgl. Biermann 1992.) 173 las öffentlich über die Pflanzenphysionomieen] Am 30. Januar 1806 Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Datum und Thema gehen aus der Teilveröffentlichung hervor, die in der Berliner Zeitschrift Der Freimüthige oder Ernst und Scherz, Nr. 31 vom 13. Februar, S. 121–123 erschien: Fragment aus der am 30sten Jan. 1806 in der öffentlichen Sit-
zung der Königl. Akademien gehaltenen Vorlesung: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse, von Alexander von Humboldt. Diese Veröffentlichung war ein Vorabdruck der vollständigen Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse (Tübingen 1806). 181–182 Fichte hält eine Anleitung zum seligen Leben] Fichte hielt seine Vorlesung Anweisung zum seligen Leben sonntags vom 12. Januar bis 30. März 1806. Etwa zur gleichen Zeit berichtete Zacharias Werner an Chamisso: Ich höre jetzt bei Fichte die Anweisung zum seeligen Leben oder,
was er und jeder Vernünftige damit für synonim hält, zum Leben in der Liebe, zum einzigen wahren Leben. Fichte ist eine der merkwür733
Zu Nr. 422
digsten Erscheinungen von gesunder Kraftfülle. Dem Johanneischen System ergeben, ist er selbst ein Johannes, ein Vorläufer der Zeit, in der Glaube und Kraft sich vereinigen sollen, die wir glaubend erwarten, und was an uns ist, herbeiführen müssen, und die uns um so näher ist, je mächtiger die Menschheit durch den Druck von außen und Leiden von innen dazu fortgestoßen wird. 〈...〉 Fichte’s System scheint, so weit ich es kenne, eine Vorschule der Religion wie Jean Paul eine der Aesthetik geschrieben hat (Fichte 1978–1992, Bd. III, S. 391). 187 vorigen Türkenkrieges] 1787–1791 Rußland und Österreich gegen das Osmanische Reich. 193–194 das Theater 〈...〉 Stückpferd] Arnim hatte das 1800–1802 von Carl Gotthard Langhans erbaute Neue Schauspielhaus bereits im Volkslieder-Essay des ersten Wunderhorn-Bandes kritisiert: Wenn ich Abends im Winter-
sturm beim Schauspielhause vorüberziehe, wo Licht und Leben erloschen, ich denke wohl, die stille Uhr über den langwierigen Stunden wird einmal anschlagen, der hohe Dekkel sich eröffnen vom Sarge, die Larve wird durchbrochen von einem bunten Chor, die neue Bande aufsteigen, ausfliegen durch das Land, fliegen auf allen Tönen, alle erwecken, die schon schlafen gegangen! (FBA VI, S. 424.) – Stückpferd: ein Geschützgaul. 196–197 an den
Lampen 〈...〉 Skawronskys Erfindung 〈...〉 Verbesserung gemacht] Die Beleuchtung geschieht durch einen in der Mitte hängenden Kronleuchter, woran 60 Argandsche Lampen und ein reicher zierlicher Glasbehang. In den zwölf Pfeilern der Wände befinden sich Konsolen, worauf Vasen mit doppelten Lampen stehen, an den Seiten des Orchesters Kandelabren, mit dergleichen Lampen. (Rumpf 1804, Bd. I, S. 113.) Zu der Erfindung nichts ermittelt; vmtl. von Graf Paul Martinowitsch Skawronski, der als Gesandter und Musikenthusiast in Neapel prunkvolle Feste veranstaltete. 198–202 Der Cid nach Niemeyers Bearbeitung 〈...〉 Stellen aus Wallenstein eingesetzt.] Pierre Corneilles Trauerspiel Le Cid (1636) wurde am 3. Februar 1806 in einer Bearbeitung von Anton Niemeyer am Berliner Nationaltheater aufgeführt. (Vgl. Schäffer/Hartmann 1886, S. 14.) Eine Veröffentlichung erfolgte erst vier Jahre später: Der Cid. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Frei nach Pierre Corneille (Köthen 1810); darin keine Passagen aus Schillers Wallenstein. Arnim bezieht sich auf die Aufführung.. 202–210 Heinrich der vierte von Adolph Bergen 〈...〉 Weinen des
Volks.] Heinrich der Vierte, König von Frankreich. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen, unter dem Pseudonym Adolph Bergen von Abraham Friedrich 734
Zu Nr. 422
Blech, zwischen 17. und 25. Februar 1806 dreimal in Berlin aufgeführt (vgl. Schäffer/Hartmann 1886, S. 41), bereits gedruckt Königsberg 1802 (eines der wenigen erhaltenen Exemplare FB Gotha, Poes 8° 02234/11). Gegenstand des Trauerspiels sind die Intrigen am Hof Heinrichs IV., die von den Anhängern seiner Gemahlin Maria von Medici und seiner Geliebten Henriette de Balzac d’Entrague, Marquise de Verneuil gesponnen wurden. Die Handlung ist konzentriert auf die letzte Lebensphase des Königs, kurz vor der Krönung Maria von Medicis zur Königin von Frankreich (13. Mai 1610), dabei wird die Rolle der Geliebten stark idealisiert. Als alle Ränke und ein Mordversuch scheitern, dingt der Beichtvater Marias, der Jesuitenpater Varada, den Königsmörder. Er überzeugt den Jesuitenschüler Franc¸ois Ravaillac, daß dieser erwählt sei, als Märtyrer zu sterben, wenn er die Macht der Medici und der katholischen Kirche durch den Königsmord rette. Nachdem der erste Anschlag Ravaillacs gescheitert ist, händigt ihm Varasa einen neuen Dolch aus, womit er den König bei seiner Fahrt zum Louvre erstechen soll. Nun folgt die von Arnim beschriebene Szene (V/12). Varada und der Abenteurer Concino Concini stehen am Fenster und verfolgen gespannt das Geschehen. Den Mord, der in einer engen Gasse stattfindet, können sie nicht sehen, aber sie erfahren ihn aus der Reaktion des Volkes. Der in den Mordplan eingeweihte Staatssekretär Villeroy bestätigt den Tod des Königs, Varada zieht sich mit den Worten zurück: Und ich verfüge mich in mein Kämmerlein zum stillen Dank. Das Theaterstück endet mit der Trauer des Volks (V/16). 225 M. Levi] Mademoiselle Rahel Levin, Goethes große Verehrerin. Die Annahme, daß sie gemeint ist und nicht Sara Levy, bei der Arnim 1804/05 zeitweise wohnte, liegt deshalb nahe, weil erstere Goethe 1794 in Karlsbad kennengelernt hatte, noch unverheiratet war und Arnim ihm von Berliner Bekannten und kinderlosen Frauen berichtet. Zu einer persönlichen Begegnung Goethes mit der verheirateten Sara Levy, die Arnim vmtl. als Mad. (Madame) bezeichnet hätte, ist es hingegen nicht gekommen. 235–236 die Jenaer Zeitung 〈...〉 Beurtheilung des Wunderhorns] Goethes Rezension war am 21. und 22. Januar 1806 in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung (Nr. 18 und 19 des Jahrgangs) anonym erschienen. 240 Doppelgestirne] Die Metapher ist im Verhältnis zu Goethe merkwürdig und konventionell eher auf die Freundschaft Arnims mit Brentano zu beziehen: »zwei neben einander stehende sterne wie Kastor und Pollux. Uneigentlich, zwei durch geist ausgezeichnete freunde.« (DWb II, Sp. 1264.) 241–242 kimmerischen Nacht] Die Kimmerier wohnten nach antiker Vorstellung im äußersten Westen am Eingang zur Unterwelt und wurden von der Sonne nie beschienen.
735
Zu Nr. 422
244–245 Trutz aber bey 〈...〉 dem Freymüthigen] In dem von Garlieb Merkel herausgegebenen antiklassischen und -romantischen Berliner Freimüthigen (vgl. zu Nr. 401,15–16) war in Nr. 260 vom 30. Dezember 1805, S. 624 unter der Überschrift An den Herausgeber des Freimüthigen mit dem Pseudonym Misophlyaros die Hamburg, den 16. Dec. 1805 datierte Aufforderung erschienen: Sagen Sie uns doch geschwind auch etwas über d e s
K n a b e n Wu n d e r h o r n , eine Sammlung Altdeutscher Lieder, die vom Herrn Achim von Arnim und Clemens Brentano veranstaltet worden ist. Im letzten Stücke der hier erscheinenden n o r d i s c h e n M i s c e l l e n 〈vgl. Nr. 415,130–134 und Erl.〉 wird es allen wohlgesinnten Obrigkeiten und patriotischen Gesellschaften zur heiligsten Pflicht gemacht, dies Amulet gegen alles faule Geschwätz und gegen jede Feigherzigkeit allen ihren Untergebenen auf die Seele zu binden. Das muß ein herrliches Produkt voll Salbung und Geistes seyn, das in diesen trostlosen Zeiten von einem Engel des Lichts erscheint. Kurz es ist Gewissenssache, mein Herr Freimüthiger, eine solche Leuchte ja nicht unter dem Scheffel sich fruchtlos verzehren zu lassen. Freilich – die Pröbchen, die uns bei dieser Empfehlung in den nordischen Miscellen aus diesem Wu n d e r h o r n e gespendet werden, und denn daher gewiß nicht das schlechteste der ganzen Sammlung sind, machen uns etwas stutzig. 247–248 In wenigen Tagen 〈...〉 nach Mecklenburg] Auf Einladung des Grafen Schlitz nach Neustrelitz. 249–250 Ihr Sohn 〈...〉 Lehrer 〈...〉 auf glater Bahn] Arnim hatte von August von Goethe in Weimar Schlittschuhlaufen gelernt. Vgl. Nr. 406,76–77. 250–253 ein Stammblat 〈...〉 Stamm und Gesellenbuch 〈...〉 alte Freunde zugeschaffen habe] Goethe schickte mit seinem Brief vom 9. März (Nr. 430) außer einem eigenen Stammbuchblatt (Nr. AI.58) auch eines seines Sohnes, das jedoch im Gegensatz zu dem des Vaters nicht in Arnims Stammbuch überliefert ist (Nr. *AI.57). Das Stammbuch enthielt freie Seiten für Eintragungen, und für einen Vorbesitzer waren bereits Eintragungen vorgenommen worden. Mit der Formulierung, er habe sich an hundert alte Freunde zugeschaffen, meint Arnim die bereits vorhandenen Eintragungen, die er im Laufe der Zeit zum Teil mit Abbildungen und neuen Texten überklebte. Vgl. Nr. AI.51.
736
Zu Nr. 422.E
422.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Berlin, zwischen Anfang und 20. Februar 1806, Donnerstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 430. H: BJ/VS 8. − 5 Dbl. je ca. 236 x 190 mm; 1r–10r 19 beschr. S.; nicht gefaltet. − WZ: I G EBART. Fremdeinträge: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRr Steig: Febr. 1806. 3r aoRm, 5r aoRm, 7r aoRm, 9r aoRm Stempel: PR. ST.
BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Das außergewöhnlich umfangreiche Exzerpt weicht wesentlich von der Ausfertigung ab. Datierung: Vgl. Nr. 422.
Varianten
Scheibe] S aus 〈x〉 11 Ihrer] I aus i 11 u] nachträgl. idZ schon] aus 〈xxx〉 24 meine politischen] alternativ üdZ und idZ den 37–38 Die Schilderhäuser 〈...〉 hind*] zwischen Ball der politischen 47–49 Aus Mangel 〈...〉 nöthig] zwischen den Z. 53 Sie] S aus den Z. s 54 vermehrt] m aus f 54 ein] aus der 56 sehr mannigfaltig 61 Blumenlaube] l aus 〈x〉 62 Greis] danach in Form] üdZ eing. gestr. zieht 65 Pfiffer] aus 〈xxx〉 67–68 unternommen] un aus ge 70 Fischen] üdZ eing. 70 vollständiger in] üdZ eing. 71 und] aus , 75 überzuziehen] zweites z aus s 81–82 sogenannten] s aus S 85 öffentliche] üdZ eing. 85 Schönen] S aus 〈x〉 85 ewig] aus Leb 86 die] aus den 92 zierlich festes] Schluß-es von zierlich gestr. festes üdZ 96 hätte] aus ich 96–97 allen Bildhauern zum Willkom] üdZ 107 aus] aus der 117 begeistert] b aus 〈x〉 118 Gesichter.] eing. 118 Gegend] d aus 〈x〉 124 ein] am Schluß gestr. e . aus , 132 sind] si aus in 134 erinnern] aus 〈xxx〉 136–137 Verzierungs138 können] en aus te 138 eine] arbeiten] sa aus en ten aus ter aus einen 142 Antiken] t aus d 144 der] nachträgl. idZ 150 in] aus 〈xx〉 156–157 zahlreichen] z aus Z 158 Lichtstrahle] e aus 〈x〉 162 ein] aus der 178 kommen] ko aus 〈xx〉 180 vierundzwanzig] u aus z 182 begnügen] nüg aus 〈xxx〉 183–184 verkuppelnde] k aus 195 So] neuer Schreibansatz 198 vorlaut] v aus f 200 unter] 〈x〉 aus dem 204 dem] de aus Fr 212 Geehrter] G aus g 10 16
737
Zu Nr. 422.E
Erläuterungen Mit Nr. 422 übereinstimmende Passagen werden dort erläutert. 4 das Salve] Auf Goethes Veranlassung vor der Eingangstür zu seiner Wohnung in den Fußboden des Treppenhauses eingelegte Inschrift. 40 Stückknechte] Artilleristen, Kanoniere; Stück war u. a. Bezeichnung für Kanone. (Vgl. DWb XX, Sp. 202, 239.) 42 Towarzy] russ. Kameraden. 56 Intrurischer] Vmtl. ungenau für noch nicht geläufiges Etruskischer (bzw. Nebenformen). 67 Der Pommersche Schrank, von Baumgärtner in Augsburg] Berühmter, 1615–1617 hergestellter Kunstschrank von dem Augsburger Kunstschreiner Ulrich Baumgartner. (Vgl. Lessing/Brüning 1905.) 198–199 daß ich im Buche mich 〈...〉 über die Recensenten erhoben] Im Aufsatz Von Volksliedern: Zur Ehre der Deutschen kann man sagen,
daß sie nicht Erfinder dieser Höllenkünste der Rezensirbuden und des kritischen Waschweibergeschwätzes sind, ungeachtet dergleichen Mode bey ihnen insonders gefaßt. Doch sind hiebey immer noch wie ein Wirthshaus erster Klasse von einem der vierten zu unterscheiden, die ernsthaften Dikasterien, wo freylich auch oft die Akten über Stadtneuigkeiten vergessen werden, von den telegraphischen Büreaus aller literarischen Misere durch ganz Deutschland. (FBA VI, S. 438f.) Sowie als Schluß der Nachschrift an den Leser: Dem verständigen Leser wird dies zum aufmerkenden Lesen genügen; was die Recensenten anbelangt, sie lesen dies so wenig als das übrige, wir lesen sie dafür eben so wenig, so sind wir miteinander im ewigen Frieden. (Ebd., S. 443.)
423.
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, vmtl. zweite Hälfte Februar 1806
DV: H. B: Nr. 421. A: Nr. 434. H: FDH 12923. − 1 Bl. ca. 91 x 195 mm; 1r beschr.; vmtl. 1x längs, 1x quer gefaltet. − auR unregelmäßig abgeschnitten, Oberlängen von Buchstaben der ersten, nicht mehr identifizierbaren Zeile erkennbar. − WZ: Unterlängen von
BLAUW. Beilagen: Komposition eines Arnimschen Gedichtes. (Nicht bekannt.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 132 1v auR: 12923.
738
Zu Nr. 424
Besonderheiten: Brief nebst Beilage wurden Arnim vmtl. von Berlin nach Neustrelitz nachgeschickt. Datierung: Bettina war Ende Januar von Marburg nach Kassel gereist. (Vgl. Savigny an Brentano, 2. Februar 1806; DjB Nr. 1190.) Sie wird den Bezugsbrief Arnims vom 26. Januar erst nach ihrer Rückkehr in Marburg erhalten und beantwortet haben. Da sie etwa vierzehn Tage in Kassel blieb, wird das in der zweiten Februarhälfte gewesen sein. D1: Steig 1913, S. 15; nicht näher datiert. D2: Betz/Straub 1986, S. 38 (Nr. B1); datiert: Februar 1806.
424.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, etwa 15.–20. Februar 1806, Sonnabend–Donnerstag
DV: H. B: Nr. 420. A: Nr. 431. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 93r–97v. − 2 Dbl. (I, II) + 1 Bl. (III) je ca. 234 x 197 mm; 1r–5v 10 beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − WZ: I: II: Bekrönter Posthornschild, darunter Antiquaversalien (nicht identifiziert) HEISLER VON BASEL III: Oberer Teil von Wappen. Beilagen: Melodie-Aufzeichnung des Liedes Ach in Trauren durch Horstig und Abschrift des Textes durch Brentano (beide nicht überliefert); Sophie Brentanos Gedicht Arnim, ein Dreher (Nr. AII.23). Fremdeinträge: 1r aoRl: 485, daneben: x+x, aoRr: Febr 1806, daneben: 6, daneben: 93 2r aoRr: 94 3r aoRl: 485, aoRr: 7, daneben: 95 4r aoRr: 96 5r aoRl: 485, aoRr: 8, daneben: 97. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 42. Datierung: Brentano hatte Savigny zwar etwa am 6. Februar mitgeteilt, er werde Morgen an Arnim schreiben (DjB Nr. 1192), führte diese Absicht aber zunächst nicht aus, wie er Arnim eingangs des verzögerten Briefes wissen läßt. Daß der Brief etwa am 15. Februar geschrieben, zumindest begonnen wurde, ergibt sich aus dem Erhalt des dritten Briefes von Bernhard Joseph Docen während des Schreibens: so eben wieder ein langer Brief von ihm (Z. 91–92). Dieser Brief ist derjenige vom 12. Februar (DjB Nr. 1196), der von München nach Heidelberg etwa drei Tage unterwegs gewesen sein wird. Brentanos abschließende Mitteilung: der Brief liegt schon lange (Z. 273) deutet auf Unterbrechung beim Schreiben, zumindest darauf, daß er vor Absendung mehrere Tage liegengelassen wurde. Es wird angenommen, daß Brentano den Brief etwa fünf Tage nach Beginn abschloß.
739
Zu Nr. 424
D1: D2: D3: D4: D5:
Steig 1894, S. 159–162 (TD); nicht näher datiert. Kat. Henrici 149, S. 67, Nr. 2 (TD, kurzer Auszug); datiert: Februar 1806. Seebaß 1951, Bd. I, S. 300–304; datiert: Februar 1806. FBA XXXI, S. 493–502 (Nr. 438); datiert: um den 15. Februar 1806. Schultz 1998, Bd. I, S. 339–347 (Nr. 73); datiert: ebenso.
Varianten
gefallen] danach gestr. 〈xxx〉 15 deiner] danach gestr. Ged 19 ich] 23 in] danach gestr. 〈xxx〉 23 Selbstgefühls] danach gestr. aus es geth 38 ohne] danach gestr. alles zu 43 Zeilen] aus Versen 43 und] danach gestr. von 45 wieder] danach gestr. ge 48 er] danach gestr. die 64 der] danach gestr. H 65 Manusskript] danach gestr. Z 69 geschickt,] danach gestr. zum 76 Buch,] danach gestr. daß 78 nähern] üdZ eing. 79 vor.] danach gestr. Weiter 81 mehrere] danach gestr. schl 84 die] aus das danach gestr. Lied ist 86 besteht] danach gestr. vo 95 hängt] g aus k 97 gar] üdZ eing. 99 sagen,] danach gestr. es 100 scheint] danach gestr. da 100 Von] danach gestr. jenen 102 Stük] üdZ 102 suchen,] danach gestr. ich 104 in] über gestr. für 107 der] üdZ glaube nicht, daß wir 110 will] danach gestr. sich 118 er] aus es 124 er] üdZ eing. 126 Lessing,] danach gestr. 〈xx〉 126 Schillers] darüber gestr. 〈xxx〉 134 klarste] danach verkleckst einfa 135 unter] aus 〈xxx〉 137 stün140 so] danach gestr. kann 149 drücken,] de,] danach gestr. 〈xxx〉 danach gestr. b 154 von] danach gestr. 〈xx〉 167 davon,] danach gestr. s 185 lesen] danach gestr. und 185 und] üdZ eing. und gestr. daß 186 Runge] über verschrieben Runge 189 den] aus die 191 aus] üdZ 208 Porzellan,] danach gestr. einer von Rother 220 sagt,] danach gestr. als 222 nicht] danach gestr. das 231 Kunst238 war] aus wie danach gestr. ist werk] danach gestr. sich 242 würden,] danach gestr. O 245 ein] danach gestr. v 245 Be249 Christliches.] danach gestr. 〈xx〉 249 ein] ginnen] B aus 〈x〉 aus nichts v 254 Lustig] danach gestr. 〈x〉 256 2terb] üdZ 256 b)] danach gestr. habe 261 haben,] danach gestr. unser 270 Engelhard,] danach gestr. meine Frau 5
740
Zu Nr. 424
Erläuterungen
Die an Pedanterei gränzende Rezension Falks 〈...〉 gekrönt entJohannes Daniel Falks Wunderhorn-Besprechung war in zwei Teilen seiner neuen Weimarer Zeitschrift Elysium und Tartarus erschienen, die mit dem kontinuierlichen Untertitel Eine Zeitung für Poesie, Kunst und neuere Zeitgeschichte, jedoch mit wechselndem Obertitel – entweder als Elysium oder als Tartarus – herauskam. Der erste Teil erschien im Elysium vom 8. Januar (Nr. 3) unter dem Titel Heidelberg und Frankfurt 1806 bei Mohr 10–13
läßt.]
und Zimmer. Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L. A. v. Arnim und Clemens Brentano und beginnt mit einer Reflexion über das Verhältnis von Volks- und Kunstpoesie, die auf Arnims Volkslieder-Aufsatz rekurriert, ohne ihn zu nennen. Anschließend werden einige Lieder genannt und zitiert. Der zweite Teil erschien im Elysium vom 12. Januar (Nr. 4) und setzt zunächst den ersten mit Kritik an einzelnen Liedern und Bearbeitungen, dann mit einem ambivalenten Urteil über den Volkslieder-Aufsatz fort: Was Herr v. A r n i m zuletzt über Volkslieder sagt, verdient alle
Aufmerksamkeit und Achtung, besonders das, über die Unterdrückung des Frohsinns und des eigentlichen Lebens unter dem Volke, durch Abschaffung der Zusammenkünfte und Feste, und durch das Aufdringen eines ökonomischen Sinnes, des beständigen Arbeitens und des ruhigen Vegetirens. Aber das Merkwürdigste von diesem Anhange ist, daß derjenige, der sich darin für Volkspoesie ereifert, selbst die verschobenste, überkünstelte Sprache führt. So erzählt er von sich: »Sah ich still vor sich jemand den wunderbaren Fischer (Göthe’s) lesen, es war mir, als sähe ich den herrlichen Gedanken halb ziehen, halb sinken ins Wasser, k e i n e L u f t w o l l t e s i c h i h m g e s t a t t e n . « / Sprache der einfachen Natur und Sprache der überreizten Kunstbildung; beide können sehr wohl, als die hervorstechensten Merkzeichen der ganzen modernen Kultur, im Gegensatz mit der Bildung der Griechen, einander gegenüber stehen. Blicken wir auf das Eine: – welche Nüchternheit und Anmuth! Sehen wir auf das Andere: – welch ein chaotischer Ueberfluß! Volles Leben, in ruhiger Schönheit: – diese gereifte, himmlische Frucht, wie selten gedeiht sie bei den Neueren! (S. 15.) Dieser Kritik folgt unter dem Titel Akten aus der großen Gerichtsstube des Tartarus. In Sachen contra Achim v. Arnim, zu Berlin im Viereck Nro. 4 ein Totengespräch zwischen Lessing, Ramler und Herder. Die drei Autoren räsonieren besonders über den Volkslieder-Aufsatz und erlassen abschlie-
741
Zu Nr. 424
ßend das Urteil:
Achim von Arnim, angeklagt wegen Mangels an Geschmack, üppigen Kolorits, Vernachläßigung des Stils, der Sprache und der Zeichnung; auch deßhalb, wie aus den Akten zu ersehen ist, schuldig erfunden; wegen höhern Verdienstes aber, als genialer Kopf, als Sammler altdeutscher Volksgedichte, und des echten Dichtergefühls, das ihn bei diesem schweren Geschäft geleitet hat, freigesprochen, und mit einem doppelten Ehrenkranz nach Elysium entlassen. (S. 16. Im
Original gesperrt.) 15–16 erwähnt deiner Sätze noch zwei mal am dritten Beitrag Ueber die verschiedenen Ansichten des Kasperl,
Ort] 1) In dem oder des sogenannten Marinellischen Theaters, auf der Wiener Leopoldstadt: Herr v. A r n i m , nachdem er ebenfalls, aus einem der lustigsten W i e n e r Vo l k s l i e d e r , aus einer Beschreibung des P r a t e r s , ein Paar Strophen folgendermassen angeführt 〈...〉 setzt hinzu: »Das Verhältniß dieser Lieder zu den Nationalopern der dortigen Vorstädte, wird schon aus diesen Proben fühlbar. Die meisten dieser Singspiele sind d e r A n l a g e n a c h s c h ö n ; nur ungeschickt und leer in der Sprache; gewöhnlich aber durch Fortsetzungen unangenehm.« (Tartarus, 19. Januar 1806, Nr. 6, S. 23. Vgl. FBA VI, S. 434.) – 2) In dem Beitrag Aus Wien vom 7. Febr.: Bloße Miethsoldaten, das heißt Solche, die wie Herr v. A r n i m sagt: mit einem frischen Trunk, in einen frischen Rock stürzen, und beim Hereinpassieren in’s Thor schon sehen, wie sie am besten wieder heraus kommen möchten, können uns jetziger Zeit nur wenig Dienste leisten. (Elysium, 23. Februar 1806, Nr. 16, S. 61. Ungenaue Wiedergabe; vgl. FBA VI, S. 428: diese stürzen sich für einen frischen Trunk in einen frischen Rock, und sehen beym Eintritt in das Thor, wie sie hinauslaufen können, wenn der Krieg sie überrascht, als welchen sie gar nicht ansehen mögen.) Zwischen den beiden Beiträgen erschien im Elysium, Nr. 13 vom 12. Februar, S. 52 die auf Goethes anonym publizierte Rezension hinweisende, den Namen des Verfassers nicht preisgebende und Arnim als alleinigen Herausgeber nennende N o t i z . In der Allgem. Jen. Literaturzeitung steht eine vor-
treffliche Anzeige, von A. v. A r n i m s Knaben Wunderhorn. Ein stiller und bedachtsamer Ton, ein Wesen, ein Geist, der die verschiedenen Stimmungen dieser Lieder liebend in sich aufnimmt, gleichsam an sich selbst durch versucht, und sodann in ein Paar freundlichen Akkorden wieder anklingen läßt. 16 Das Lied vor Prag, das ihn geärgert] Falk im Tartarus über Die Prager Schlacht: 〈...〉 unter dem Volke, wie unter den gebildeten Stän742
Zu Nr. 424
den, gibt es auch eitele Menschen, die ihren glücklichen Kammeraden, in den Zelten, Herbergen und Wachtstuben, es im Dichten gern nachthun möchten. Wie leer sind nicht die Verse der Soldaten vor Prag, die mit diesen Reimen schließen: »Wer hat dies Liedlein denn erdacht? Es haben’s drey Husaren gemacht, Unter Seydlitz sind sie gewesen, Sind auch bey Prag selbst mit gewesen: Viktoria, Viktoria, – König von Preußen ist schon da!« (Nr. 4 vom 12. Januar, S. 15.)
17 rettet Göthe in seiner 〈...〉 Rezension] Goethe über Die Prager Schlacht: Rasch und knapp. Eben als wenn es drei Husaren gemacht hätten. (WA I, Bd. 40, S. 348.) 18 das Wort Kapital] Zum Gesellschaftslied, mit Anspielung auf Till Eulenspiegel: In Tillen-Art capital. (Ebd., S. 353.) 20 unsere Gesellschaft] Die gemeinsame Herausgabe durch Arnim und Brentano. 25 in der Aurora 〈...〉 von Dozeeen] Die Besprechung von Bernhard Joseph Docen war in zwei Teilen mit der Überschrift Altdeutsche Volkslieder und dem Untertitel Des Knaben Wunderhorn – Altdeutsche Volkslieder ge-
sammelt von L. A. von Arnim und C. Brentano. Heidelberg und Frankfurt 1806 erschienen in: Aurora, eine Zeitschrift aus dem südlichen Deutschland, München, Nr. 126 und 127 vom 25. und 28. Oktober 1805 (S. 501–503, 507f.; erst Anfang Februar 1806 erschienen). Der wesentliche Teil der Besprechung ist ihr Beginn:
Wer gegen die unerquickliche Schwüle unserer gegenwärtigen Cultur in der »frischen Morgenluft altdeutschen Wandels« sich zu schützen sucht, wer für den gesunden Sinn jener ungekünstelten Töne, die der alles verflachende Zeitgeist noch dem Volke nicht entreißen konnte, empfänglich geblieben, dem empfehlen wir diese reichhaltige Sammlung alter Volkslieder, deren die Herausgeber einen großen Theil in mündlicher Ueberlieferung sorgfältig aufgesucht, die übrigen aus handschriftlichen Denkmälern oder fliegenden gedruckten Blättern mitgetheilt haben. Die l a n g e dithyrambische Schlußrede des Herrn von Arnim »von Volksliedern« – zum Theil schon in Reicharts musikalischer Zeitung abgedruckt – steht mit der Absicht, diese Lieder in die Hände des 743
Zu Nr. 424
lesenden Volks zu bringen, in einem sonderbaren Contrast; dergleichen Corruscationen und Klagen über die Jämmerlichkeiten des Zeitalters verstimmen nur für den leichten, freundlichen Sinn jener Lieder. Indessen möchten wir durch die Berührung dieses und anderer ausserwesentlicher Puncte niemand von der wiederholten Lesung dieser Feldblumen abhalten, die fern von dem kranken Boden unserer glatten Künstlichkeit oder unfruchtbaren Leerheit in natürlicher Schönheit, oft schon mehrere Jahrhunderte lang fortgeblüht haben. Abwechselnd stößt man in diesem reitzenden Garten bald auf einen lustigen Schwank, bald auf ein munteres Lied für den Militär-Stand, bald auf das sanftere Gefühl religiöser Gesinnung – des Sultans Töchterlein und der Meister der Blumen S. 15. – bald auf eine Romanze vom alten Hildebrand; am meisten aber ergötzen die bald fröhlich scherzenden, bald sehnsuchtsvoll klagenden Kinder der Liebe. Beide Herausgeber verdienen den Dank unserer Nation, da sie mit so edlem Eifer, was uns eigenthümlich, und über allen Flitterstaat von Kraft und Dauer ist, treulich aufzubewahren, und A l l e n zugänglich zu machen suchen. Sie haben ihre Sammlung, die baldmöglichst fortgesetzt werden soll, dem Herrn von Göthe zugeeignet, und dieß mit Recht, denn Göthe war der erste, der uns thätig bewieß, daß es kein so verächtliches Ding um den deutschen Volkswitz sey, als es manchmal den eleganten, gebildeten Leutchen vorauszusetzen beliebt. (S. 501.) Anschließend werden das Eingangsgedicht Das Wunderhorn und das Gedicht Das Kiff-Erbeskraut von Hans Sachs mitgeteilt, ersteres mit der Bemerkung, es sei ein Gedicht, das – von Herrn Brentano – uns den Titel des Buches noch werther macht (S. 502). Dem Wunderhorn-Text liegt jedoch eine Version in Elwerts Ungedrukten Resten alten Gesangs (1784) zugrunde, die wiederum auf eine Übertragung aus dem Altfranzösischen zurückgeht. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 76–79.) 25–26 mit dem ich brieflich alte Bekanntschaft erneuerte] Vgl. Brentano an Docen, vmtl. erstes Drittel Januar 1806 (DjB Nr. *1175) sowie Docen an Brentano, 17. Januar 1806 (Nr. 1184.K und 1184). Brentano und Docen hatten sich während Brentanos Göttingen-Aufenthalt von Mitte Mai bis 10. August 1801 kennengelernt. (Vgl. zu DjB Nr. 1184.K.) 26–27 zwei unendliche Briefe] Vom 2. und 12. Februar 1806 (DjB Nr. 1189 und 1196). 30–37 er hat 〈...〉 vielen alten Liedern angeboten 〈...〉 ohne eine Silbe verändert.] Docens Projekt einer Anthologie deutscher Gedichte blieb unausgeführt. Vgl. DjB Nr. 1189.
744
Zu Nr. 424
39–40 Ostern Miscellanien 〈...〉 Parthie Volkslieder beigefügt] Das Erscheinen der Docenschen Miscellaneen zur Geschichte der teutschen Li-
teratur, neu-aufgefundene Denkmäler der Sprache, Poesie und Philosophie unsrer Vorfahren enthaltend verzögerte sich. Der erste Band kam erst Ende 1806 heraus, der zweite erschien 1807 (beide mit der Jahreszahl 1807). Im ersten Band S. 247–288 der Beitrag Altteutsche Lieder, aus dem sechszehnten Iahrhundert. 40–42 in dem ersten Heft von Aretins Beiträgen 〈...〉 alte Lieder von ihm] Ungenaue Wiedergabe der Docenschen Mitteilung vom 2. Februar 1806 (DjB Nr. 1189), ein Teil der Miscellaneen werde zugleich im ersten Stück des Jahrgangs 1806 der von Christoph Friedrich von Aretin herausgegebenen Bey-
träge zur Geschichte und Literatur, vorzüglich aus den Schätzen der Kgl. Hof- und Centralbibliothek zu München (München 1803–1808) erscheinen. 42–45 ein Verzeichniß von Anfangs Zeilen 〈...〉 ihm wieder mitzutheilen 〈...〉 so wenig habe] Vgl. Beilage I zu Docens Brief vom 2. Februar 1806 (DjB Nr. 1189). 47–48 mit Koch den dritten Band der Müllerschen Sammlung 〈...〉 ein Heldengedicht, Alexander liefert] Docen wollte, wie er Brentano am 17. Januar 1806 geschrieben hatte, mit Erduin Julius Koch den von dem Berliner Gymnasialprofessor Christoph Heinrich Müller nicht vollendeten dritten Band von dessen zweibändiger Samlung deutscher Gedichte, aus dem XII., XIII. und XIV. Jahrhundert (Berlin 1784/85) abschließen, wozu es jedoch nicht kam. Er hatte erwogen, in den dritten Band eine der beiden Handschriften über Alexander den Großen aufzunehmen, die in den Besitz der Münchner Bibliothek gelangt waren. Vgl. DjB Nr. 1184.K und Erl. 49–50 eine kritische Handausgabe der Niebelungen, Parzifal, und Titurell] Docen brachte keine Handausgaben dieser Texte heraus, fand aber am Ende der Parzifal-Handschrift der Münchner Hofbibliothek (Cgm 19) Wolframsche Titurel-Fragmente, die er 1810 selbständig veröffentlichte. Vgl. an Brentano, 17. Januar 1806 (DjB Nr. 1184.K und Erl.). 50 ein enormes Glossar] Vmtl. Docens bereits veröffentlichte Glossogra-
phische Denkmäler der ältern teutschen Sprache vom IX.–XIII. Iahrhundert. Vgl. DjB Nr. 1184.K und Erl. 50–51 eine alte Evangelien Harmonie] Eine altsächsische Evangelienharmonie, der später sogenannte Heliand, die 1794 in Bamberg entdeckt worden und im Zuge der Säkularisation 1804 nach München gekommen war, wo jedoch Versuche, sie zu veröffentlichen, zunächst scheiterten. Docen, der eine historisch-kritische Einordnung und Darstellung des Textes verfassen sollte, ver-
745
Zu Nr. 424
öffentlichte lediglich einen kommentierten Auszug: Von Ierusalems Zerstörung und dem Weltende, der 1806 separat sowie in Aretins Beyträgen zur Geschichte und Literatur und ein Jahr später auch in Docens Miscellaneen erschien. Erst 1830 konnte Johann Andreas Schmeller den vollständigen Text veröffentlichen, dem er 1840 noch Wörterbuch und Grammatik folgen ließ. Vgl. DjB Nr. 1189 und Erl. 52–53 er hat dem Bonaparte 〈...〉 ein Gedicht überreicht] Docen hatte Anfang Dezember 1805 eine Ode an Napoleon verfaßt, die diesem mit einer lateinischen Zuschrift vom 5. Januar 1806 bei seinem München-Aufenthalt überreicht wurde. Vgl. DjB Nr. 1183.K und Erl. 54 Herr Koelle, hat mir nicht wieder geantwortet] Koelle antwortete auf Brentanos Brief aus der ersten Hälfte Dezember 1805 (DjB Nr. *1163) erst am 27. März 1806 (DjB Nr. 1223). 57–59 eines Briefs im Bragur von 〈...〉 Röther 〈...〉 von 95.] Johann Wilhelm Röther, Sammlung Teutscher Volkslieder. In: Bragur, Bd. III, 1794, S. 478–480: Brief an den Herausgeber (Gräter) aus Stuttgart vom 10. November 1793 (nicht: 1795). Beginn: Ich beschäfftige mich schon seit einiger Zeit
vorzüglich mit dem Aufsuchen Teutscher, besonders Schwäbischer Volkslieder, und bin so glücklich im Finden gewesen, daß ich ernstlich anfange, an eine Herausgabe derselben zu denken. Schon vor sechs Jahren hatte ich diesen Gedanken. Allein wegen meiner bald darauf folgenden gänzlichen Entfernung von Teutschland mußt’ ich ihn wieder fahren lassen. (S. 478.) 65–66 Vollständiges Manusskript von Volksliedern] Mit dem Titel Feldund Waldblumen (vgl. Röther an Brentano, 17. Februar 1806; DjB Nr. 1199), nicht überliefert. 68–69 ich habe ihm nun geschrieben] Nicht überliefert (DjB Nr. *1188). 72–78 zu St Gallen 〈...〉 Liedersammlungen 〈...〉 Verzeichniß in Tschudis Leben und Schriften von Ildefons Fuchs 〈...〉 ob man nicht abschriften erhalten kann] Ildephons Fuchs hatte 1805 ein grundlegendes Werk über den Schweizer Historiker Aegidius Tschudi veröffentlicht: Egidius
Tschudi’s von Glarus Leben und Schriften nach dessen eigenen Handschriften diplomatisch verfaßt und mit Urkunden belegt. 2 Bde. St. Gallen 1805. Bd. II enthält eine ausführliche Beschreibung von Tschudis gedruckten und ungedruckten Schriften, darin S. 171–176 Hinweise auf handschriftliche Musikalien und Liedersammlungen sowie Auszüge daraus. Auf folgende handschriftliche Sammlungen wird verwiesen:
Nro. 62. Alte Musikalien, samt den Grundregeln und Fundamenten des Choralgesangs, 25 Seiten in 4to, zu St. Gallen. 746
Zu Nr. 424
Nro. 63. Ein gleiches auf 21 Seiten in 4to. Ebendaselbst. Nro. 64. Zerschiedene〈!〉 geistliche und weltliche, lateinische, deutsche und französische Gesänge und Lieder, mit musikalischen Noten. 119 Seiten in 4to. Ebendaselbst. Aus diesen und folgenden Stücken ersieht man, daß Tschudi in der Musik eben so gut unterrichtet gewesen, als in andern edeln Künsten. 〈...〉 Nr. 65. Ein lateinisch-deutsch und italienisches Gesangbuch, mit Noten. 135 Seiten in 4to. Ebendaselbst. Hier ist Kirchen- Tisch- und Liebesgesang unter einander vermengt. Doch hat Tschudi auch hier mit Geschmack und Auswahl aus den besten Musikathoren〈!〉 seiner, auch älterer Zeiten gesammelt. 〈...〉 Nro. 66. Ein anderes Gesangbuch, von meistens deutschen Liedern, mit musikalischen Noten. 152 Seiten in 4to. In eben der Bibliothek zu St. Gallen. Arnim hat sich die Tschudi-Biographie Fuchs’ besorgt, doch ist in seinem Exemplar (Arnim-Bibl. Sign. B 436) die Beschreibung des Nachlasses unaufgeschnitten. Brentano schrieb in der ersten Märzhälfte mit der Bitte um Abschriften an Fuchs, der ihm am 12. Juli eine erste Lieferung schickte, zu der er bemerkte: Theils das Unleserliche der Schrift, theils das Alter der Sprache, machen die Poesie bisweilen unverständlich (DjB Nr. 1281). Die auf Veranlassung Fuchs’ angefertigten Abschriften sind verschollen, und Liedertexte der Sammlung gelangten vmtl. wegen der bereits von Fuchs bemerkten Problematik nicht ins Wunderhorn. (Vgl.: Rölleke in FBA IX/3, S. 808f.; zum St. Gallener Tschudi-Nachlaß Duft 1990, S. 165–175; Beschreibung von drei Liederbüchern aus dem Nachlaß mit Literaturhinweisen ebd., S. 128f.) 80–81 aus der Dietmarsischen Kronick drei vortrefliche] Anton Viethen, Beschreibung und Geschichte des Landes Dithmarschen (Hamburg 1733); Vorlage für drei Lieder im zweiten Band des Wunderhorns (Wieben Peter, Trümmeken Tanz, Springel- oder Lange-Tanz) sowie Teilvorlage für ein Lied (An den Meistbiethenden gegen gleich baare Bezahlung). Vgl. Rölleke in FBA IX/2 passim und FBA IX/3, S. 771. 82–84 die Melodie, ach in Trauren, durch Horstig von dem Bergjungen gesezt 〈...〉 den alten Text zu] Ach in Trauren ist Incipit des Liedes Abschiedsklage im dritten Band des Wunderhorns, nach einer Abschrift Wilhelm Grimms aus Gräters Zeitschrift Bragur, Bd. I, 1791, S. 272f. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 131f.) Welchen Text Brentano seiner Abschrift an Arnim zugrundelegte, ist nicht bekannt. Carl Gottlieb Horstig hatte die Melodie von einem
747
Zu Nr. 424
Jungen im Odenwald gehört. Nach einem Liedvortrag des Jungen notierte Brentano das Lied Joseph, lieber Joseph, was hast du gedacht, das zur Hauptquelle der Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl wurde und unter dem Titel Weltlich Recht in den zweiten Band des Wunderhorns einging. Horstig zitierte das Lied in seinem Beitrag Volksgesänge in Schwaben und in der Pfalz, der in Reichardts Berlinischer Musikalischer Zeitung, 2. Jg. 1806, Nr. 10 (ohne Datum), S. 40 erschien. Als Beilagen zu dem Beitrag wurden in der Berlinischen Musikalischen Zeitung die Melodien von Ach in Trauern muß ich schlafen gehen und Joseph, lieber Joseph, was hast du gedacht mitgeteilt. Horstig ging in seinem Beitrag auf den Vortrag des Vermittlers mit besonderem Nachdruck ein: Ein gefälliger
Knabe vom Berge, auf dessen Stimme und Lieder mich der Herausgeber des Wunderhorns aufmerksam gemacht hatte, sang mir heute seine Lieder vor; und er sänge vielleicht noch bis in diese Stunde, ohne sich erschöpft zu haben, wenn ich seine Bereitwilligkeit hätte mißbrauchen können. Gefesselt standen alle meine Lieben im Kreise um den Sänger, während ich in aller Schnelle Worte und Töne sterographirte,〈!〉 um nicht ganz zu verlieren, was sich zwar durch keine Noten halten läßt, aber doch der Erinnerung beym Anblick der gemachten Zeichen lebendiger wieder vorschwebt. Noch immer tönen die Melodien mit den unmittelbaren Accenten, mit der in einander schmelzenden Bewegung aller Intervallen vor meinen Ohren, die ich hier aufgezeichnet wieder vor mir erblicke. 85–87 es Ritt ein Ritter 〈...〉 aus unserm Text und dem Ullrich und Aennchen genau verbunden] Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried ist Incipit des Liedes Liebe ohne Stand im ersten Band des Wunderhorns, nach Nicolais Feynem Kleynem Almanach (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 109–111). Der Text Horstigs war kontaminiert mit dem des Liedes Ulrich und Aennchen, im ersten Band des Wunderhorns nach Herders Volksliedern. Eine fragmentarische Aufzeichnung Brentanos vom Februar 1806 nach dem Gesang des Bergknaben ist erhalten. (Vgl. ebd., S. 474–476.) 91–92 so eben wieder ein langer Brief von ihm] Vom 12. Februar 1806 (DjB Nr. 1196). 93–98 seine Anzeige in der Aurora 〈...〉 von H Brentano] Vgl. zu Z. 25. 98 einige 6 Lieder] Nicht als Beilage zu Docens Brief überliefert. 99–100 Soldans Töchterlein ganz, das du auch hast 〈...〉 unser Fragment nicht schlechter] Docen hatte eine Version des Liedes Ein Soldan hat ein Töchterlein geschickt, die vmtl. mit der von Arnim erworbenen, in seinem Brief von etwa 20.–26. Januar 1806 als Sultans Töchterlein ganz
748
Zu Nr. 424
bezeichneten (Nr. 420,165–166) identisch war: die von Rölleke (FBA IX/1, S. 79) vermutete 30strophige Fassung Fl.Bl. Yd 7924.18.1. Die verschollene Vorlage zu dem Wunderhorn-Lied Des Sultans Töchterlein und der Meister der Blumen war zufolge der Recherche Röllekes kürzer. 103–104 daß er in einigen Tagen wieder einige Lieder in die Aurora rükken will] Im Fortsetzungsteil der Docenschen Rezension (Aurora, Nr. 127 vom 28. Oktober 1805; später erschienen) folgt die Mitteilung von vier weiteren Wunderhorn-Liedern (im folgenden Angabe der Wunderhorn-Titel): Hüt du dich (jedoch nicht nach dem Wunderhorn, sondern nach einem variierenden Druck von 1581); Wie kommt es, daß du traurig bist?; Weine nur nicht; Die Rose. 105–109 daß er Forsters frische Liedlein 〈...〉 von dem regen Leben der damaligen Städte ausgehen sollte,«] Vgl. Docen an Brentano, 12. Februar 1806 (DjB Nr. 1196). Docen hatte Georg Forsters Ein außbund schöner Teutscher Liedlein bekommen. Vgl. zu Nr. 385,8. 112 auch er wird die Kartofflen mit samt der Montur auftragen] Bezug auf Arnims Einschätzung der Volkslied-Ambitionen Koelles: er will die Kartoffeln mit der Schale und allem Dreck fressen (Nr. 420,178). 114–116 ein Corektor 〈...〉, daß bei Pastor Witte 〈...〉 Volkslieder verborgen liege] Vgl. Docen an Brentano, 12. Februar 1806 (DjB Nr. 1196). 117 thue dich darnach umsehen] Arnim besuchte Karl Witte während seines Giebichenstein-Aufenthalts im Juli 1806, fand jedoch nichts, wie er Brentano Nr. 472,105–106 mitteilte. (Der Besuch und der Besitz von Volksliedern sind nicht erwähnt in Karl Wittes Biographie seines Sohnes: Karl Witte, oder
Erziehungs- und Bildungsgeschichte desselben; ein Buch für Eltern und Erziehende. Herausgegeben von dessen Vater, dem Prediger, Dr. Karl Witte. 2 Bde. Leipzig 1819.) 118–120 er wollte mir ein Lied schicken 〈...〉 habe Jakobi sich von der Bibliothek holen laßen] Vgl. DjB Nr. 1196. 122–123 die Bairen wären mit ihren Entschädigungen gar nicht zufrieden] Vgl. DjB Nr. 1196 und Erl. 124–127 daß man vor wenigen Tagen noch 〈...〉 anschaffte ect.] In Docens Brief ohne die Zeitangabe vor wenigen Tagen. Vgl. DjB Nr. 1196 und Erl. 127–129 in einem alten Buch, daß 〈...〉 die sogenannte Irmensaüle auch Arnimssaüle heiße] Irmin war der göttliche Stammvater des westgermanischen Stammes der Erminonen und heidnischer Sachsen, die ihm zu Ehren gewaltige Baumstämme, sogenannte Irmensäulen, errichteten. Dieser Name wurde etymologisch zunächst, wie Jacob Grimm in seiner Abhandlung Irmenstraße und Irmensäule (1815) feststellte, von Hermes, Mars, Ares, Eres,
749
Zu Nr. 424
Heermann (kriegsmann) und Herman (Arminius) hergeleitet; etwas wahres scheint immer durch, allein es wurde blindlings ergriffen und nirgends erwiesen. (Grimm 1890, S. 494.) Der mit Arnim befreundete Grimm verzichtete darauf, dessen Namen mit dem der Irmensäule in Verbindung zu bringen, und zudem war der infrage kommende Bezugsname ja Armin(ius) und nicht Arnim. Das Kompositum Arnimssäule (bzw. Arminssäule) nicht im DWb. In welchem Buch Brentano den Namen gelesen hatte, konnte nicht ermittelt werden. Zu den Deutungen der Irmensäule schrieb Jacob Grimm, der darauf verzichtete, sie alle anzuführen: Bestimmte, feste zeugnisse sichern
ihre ehrwürdigkeit, aber weil seit dem sechzehnten jahrhundert so viele schriftsteller sich an ihre erklärung gewagt, und sie meistens verfehlt haben, so ist die vorstellung von ihr immer leerer und luftiger geworden, bis sie der überall läugnende zweifelgeist moderner critik beinahe zu einer bloszen lüge verdammen wollte. (Ebd., S. 490.) Zufolge der Auffassung Müllenhoffs bedeutet Irmin »eigentlich e x c e l s u s und ›erhaben‹, dann überhaupt das was einem begriff seine gröste ausdehnung und steigerung gibt, die jede vergleichung ausschliesst.« (Müllenhoff 1879, S. 3.) 130 weil du 〈...〉 deine Vorfahren im Ariel besangst] Im Heldenlied von Herrmann und seinen Kindern, dem ersten Teil von Ariel’s Offenbarungen, in dem die Irmensäule, die sich am Schluß in eine leuchtende Harfe verwandelt, ein Requisit ist. 131–132 ein Heldenbuch 〈...〉 nächstens zuschicken will] Brentano hatte Arnim bereits vor einem Jahr geschrieben, daß dieser das Heldenbuch doch haben müsse (vgl. Nr. 365,98–99 und Erl.), und schickte es mit weiteren Büchern, deren Titel er Nr. 449,382 sowie Nr. 457,255 anführt. 133–134 Das Gedicht 〈...〉 das du meiner Frau gesendet] Die Spinnerin und der Weber (Nr. AII.22), Beilage zu Nr. 420. 136 Göthischen Römischen Elegien] Erschienen 1795 in Schillers Zeitschrift Die Horen, danach 1800 im siebenten Band der Neuen Schriften Goethes. 140–141 kann selbst Loder 〈...〉 nicht praepariren] Brentano, der in Jena Medizin studierte, wird dort bei Vorlesungen und Demonstrationen des Anatomen Justus Christian Loder zugegen gewesen sein. 143 Du puzzt die Sterne des Platetanarii poetici] Bezug auf Arnims Formulierung Nr. 420,171. 144–145 »wie schön leucht uns der Morgenstern«] Lied (1599) von Philipp Nicolai. 146–147 daß du noch zu weilen an die Liederbrüder dächtest] Vgl. Nr. 420,172–173 und Erl.
750
Zu Nr. 424
154–156 Waß du 〈...〉 über Betinen 〈...〉 und 〈...〉 das ganze Wesen der Familie 〈...〉 geschrieben] Vgl. Nr. 420,65–122. 155 disgressiv] absondernd, zerstreuend. 165–166 deinen Rath mich auf eine bestimmte 〈...〉 Art mit Betinen zu unterhalten] Vgl. Nr. 420,92–106. 172–173 »der Sache einen Stiel finden«] Nicht der Sache, sondern: Der Hacke einen Stiel finden. (Wander II, Sp. 247, Nr. 10 mit der Erläuterung: »Leicht einen Vorwand, eine Veranlassung, zu etwas einen Ausweg, ein Mittel finden.«) Vgl. Brentano an Bettina, zweites Drittel Juni 1802: Alles Gegen-
wärtige ist mir nur der Stiel an dem ich Vorzeit und Zukunft anfaße 〈...〉 Die meisten haben nur den Stiel in Händen, und sind mit dem Stiel zufrieden, weil sie nicht wissen dürfen waß sie thun, um etwas zu thun (DjB Nr. 638). 175–177 Meline war auf den Tod krank 〈...〉 Nachtwachen ect. mit dem Kinde] Meline Brentano hielt sich mit Bettina bei Savignys in Marburg auf, wo sie Kunigunde bei der Pflege der Tochter Bettina unterstützte. Vgl. Bettina an Arnim, 8. April 1806 (Nr. 440,15–21). 177–179 Ich ziehe Ostern aus 〈...〉 am Paradeplatz zu einem Stillen Weinhändler] Die neue Wohnung war, wie Sophie Brentano am 18. April 1806 an Arnim schrieb, außerordentlich hell u* weitsehend (Nr. 444,26–27). Nähere Angaben zu ihr und zum Vermieter konnten nicht ermittelt werden. (Vgl. Derwein 1922, S. 45.) – Ostersonntag: 6. April. – Paradeplatz: der spätere Universitätsplatz – ein längliches geräumiges Quadrat, welches von ei-
nem Geländer eingeschlossen, und mit Bäumen besetzt ist; einige steinerne Bänke laden zum Sitzen ein. 〈...〉 An der Straße steht das Wachthaus, und hinter diesem das sehr ansehnliche Universitäts-Gebäude. – Aus den Fenstern der umherstehenden Privathäuser sieht man auf die grünen Gebirge, welche sich hier sehr mahlerisch erheben, und auf die Hinterseite der Schloßtrümmer. (Reinbeck 1808, S. 10.) Eine zeitgenössische Abb. des Platzes Lohmeyer 1935, S. 9. 180–183 Contribution der ganz zerknirschten Frankfurter 〈...〉 die Stadt muthwillig angefüllt] Vgl. zu Nr. 406,176–177. 186–191 Der Mahler Runge 〈...〉, den du durch Tieck kennst 〈...〉 über das Wunderhorn 〈...〉 unverhochdeutscht gehört] Philipp Otto Runge hatte Ludwig Tieck 1801/02 in Dresden kennengelernt, und dieser wird Arnim und Brentano während ihres Ziebingen-Aufenthalts im Dezember 1804 von Runge berichtet haben, der am 24. Januar 1806 aus Hamburg an Johann Georg Zimmer in Heidelberg über Des Knaben Wunderhorn schrieb: Es ist unmög-
lich, daß man das Buch, welches Sie mir da schenken, ohne lebhaft 751
Zu Nr. 424
interessirt zu werden, in die Hand nehmen könnte, weil ein jeder an seine Umgebungen, oder an die Umstände, unter welchen er dieses oder jenes gehört hat oder noch hört, erinnert wird. Nur fällt es einem auf, zuerst, daß man vieles, das darin ist, vollständiger kennt und gehört hat, und hernach, daß durch das Uebertragen oder Verhochdeutschen eine Sache oft platter geworden ist. An einem rechten Volksliede, Ballade, Märchen u. s. w. hangt eine geistige Färbung, wie die Staubfäden an den Blumen, dieses haben auch die Herausgeber gefühlt. Es liegt dieses wohl bisweilen in der Geschichte oder Materie, am gewöhnlichsten aber doch in dem Wie? oder Wodurch? Herder hatte Recht, daß die Melodien dabey gehören und selbst dem Fremdesten das höchste Interesse geben; sollte es nicht dasselbe mit dem Dialekt seyn, in welchem so ein Lied gemacht worden, und sollte man nicht, wenn man darauf denkt, den Reiz solcher Sachen festzuhalten, grade auf das Flüchtige, ich möchte sagen die Blüthe, in welcher sie einem erscheinen, festzuhalten suchen? (Runge 1840/41, Bd. I, S. 63f.) 192–194 ein paar Märchen in Prosa 〈...〉 der höchste Triumph plattdeutscher Möglichkeit gefeiert sein] Runge hatte Zimmer die Märchen Von dem Fischer un syner Fru und Von dem Machandelboom geschickt und dazu im selben Brief geschrieben: Ich sende Ihnen hiebey zwey plattdeutsche Döhnchen, wie sie die Kinderfrauen wohl erzählen. Man findet sie selten so vollständig und ich habe mich bemüht, sie so aufzuschreiben, wie sie sich anhören. Vielleicht, da Sie das Plattdeutsche doch verstehen, wird es Ihnen möglich, auch den rechten Ton zu treffen, oder ihn sich zu imaginiren. Der Ton ist sehr verschieden in beiden. Das erste ist eigentlich erhaben pathetisch und wird durch die Kümmerlichkeit und Gleichgültigkeit des Fischers sehr gehoben. Das andre ist im Grunde mehr wehmütig als traurig, es geht oft in’s Fröhliche über. Ich glaube, wenn jemand es übernähme, dergleichen recht zu sammeln, und hätte das Zeug, um das Eigentliche zu packen, daß es schon der Mühe verlohnen würde; vorzüglich wäre nie zu vergessen, daß die Sachen nicht gelesen, sondern erzählt werden sollten. (Ebd., S. 64.) Arnim veröffentlichte Von den Machandel Bohm in der Zeitung für Einsiedler, Nr. 29 und 30 vom 9. und 12. Juli 1808, und machte beide Texte 1809 den Brüdern Grimm zugänglich, die sie in ihre 1812 erschienenen Kinderund Hausmärchen aufnahmen. (Vgl. Rölleke 1980, Bd. III, S. 449f., 462.) 196–197 schwäbischen 80jährigen Amme] Vielleicht Cordula Frank, bei Sophie von La Roche in Offenbach lebende Nichte ihres verstorbenen Mannes
752
Zu Nr. 424
Georg Michael Anton von La Roche, die alte C o r d e l in Clemens Brentano’s Frühlingskranz (vgl. BvA/W II, S. 499 und Erl.). 197 die Schlangenköchinn] Großmutter Schlangenköchin, im ersten Band des Wunderhorns und zuvor im zweiten Band des Godwi. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 85f.) 198–201 daß in meinem Exemplar 〈...〉 verschenkt werden] Brentanos Exemplar ist nicht bekannt, der inhaltliche Bezug unklar. Sowohl in der von Arnim veröffentlichen Rungeschen Version des Märchens Von den Machandel Bohm als auch in derjenigen der Kinder- und Hausmärchen werden eine goldene Kette und rote Schuhe an den Vogel verschenkt, damit er singe, die Kette jedoch vom Vater des Mädchens, dem Goldschmied, und die Schuhe vom Schuster. Daß Brentanos Angabe der Version in seinem Exemplar davon markant abweicht, ließe sich damit erklären, daß er eine Erinnerung wiedergibt. Vielleicht hat er die Rungesche Version mit der eigenen erinnerten verwechselt. Die handschriftlichen Aufzeichnungen, die Runge an Zimmer geschickt hat und die Brentano für seine eigene Märchensammlung behielt, sind nicht bekannt. 203 Den neuen Menoza] Jakob Michael Reinhold Lenz’ Komödie Der neue Menoza. Oder Geschichte des cumbanischen Prinzen Tandi (Leipzig 1774). 207 ein Gartenspalier] Vmtl. Herr von Biederling. 207 ein Zopf] Herr von Zopf. 208–209 ein Zinnerner Pistopf, einer von Dresdner Porzellan, ihre Tochter, und einer von rothem Kupfer 〈...〉 die Diana] Frau von Biederling, deren Tochter Wilhelmine, die Gräfin Diana. Pistopf vielleicht mit Anspielung auf den Pißputt, in dem die Protagonisten des Märchens Von dem Fischer un syner Fru wohnen. 212 Pelegrin] Pellegrin war das Pseudonym, unter dem Friedrich de la Motte Fouque´s von A. W. Schlegel herausgegebene Dramatische Spiele (Berlin 1804) erschienen. 212 Bernhardi] Sophie Bernhardi, geb. Tieck, Dramatische Phantasien. Drei romantische Schauspiele (Berlin 1804). 213–214 Verhältniß zu Göthens Geschwistern 〈...〉 zu gleicher Zeit geschrieben] Prinz Tandi und Wilhelmine, die sich lieben, erfahren am Ende zu ihrem Glück, daß sie keine Geschwister sind – wie Wilhelm und Marianne in Goethes Stück. Brentano hat die entstehungsgeschichtliche Nähe beider Stücke scharfsichtig erahnt. Lenz’ Stück entstand 1773, Goethes erst 1787 gedruckter Einakter im Oktober 1776. 217–218 die verliebte Scene 〈...〉 auf dem Sopha] III/3.
753
Zu Nr. 424
218–219 wie Biederling den Grafen an die Erde schmeist] III/1. 219–220 der Dicke Kerl 〈...〉 ich will sie uffrennen, (die Thüre)] IV/6. 222 Dresen, sage Dräsen] Im Stück Dresden. 223–227 in Schloßers Kleinen Schriften 〈...〉 Prinz Tandi 〈...〉 zum Trost Lenzes 〈...〉 beklagte] Lenz hatte auf die überwiegend ablehnende Aufnahme seines Stücks mit einer Rezension des neuen Menoza von dem Verfasser selbst aufgesetzt reagiert, die am 11. Juli 1775 in den Frankfurter Gelehrten Anzeigen erschien. Goethes Schwager Johann Georg Schlosser verfaßte daraufhin die Verteidigungschrift Prinz Tandi an den Verfasser des neuen Menoza, deren Fiktion darin besteht, daß die literarische Figur ihrem Autor vorwirft, er orientiere sich an der Kritik der Journale statt an der Rezeption durch die Gutgesinnten. Die Verteidigungschrift erschien zunächst separat im August 1775 und dann in Schlossers Kleinen Schriften, Bd. II, Basel 1780, S. 261–280. 236–242 Prinz Tandi sollte 〈...〉 ein rührendes edles Stück sein 〈...〉 schlechte Stüke verschlungen würden] Vgl. Schlosser, Prinz Tandi an den Verfasser des neuen Menoza: Siehe, wies andere machen! We i ß e
schrieb elende Stücke und wurde zum Himmel erhoben; E n g e l , G e b l e r , die S t e p h a n i s , und wer weiß mehr, schreiben, was du und ich nicht lesen mögen, und werden gelobt. Willst du gelobt seyn, so schreib nach ihrem Muster! – Aber dafür bewahre dich der Himmel! Nein Lenz! Verflucht sey der Federzug, den du thust, um von den Männern gelobt zu werden, die die Werke des Geists ins Klafter legen, und was drüber und drunter ist verwerfen! Begnüge dich, denen zu gefallen, die Herzen haben! Diese posaunen nicht, trommeln nicht, aber sie stellen, was du gutes machst, in den Tempel, wo ihre Kinder und Kindeskinder dein Bild umarmen, und dich ihren Freund, ihren Bruder bey jeder Thräne, jeder Aufwallung ihres Herzens segnen werden. 〈...〉 Dein M e n o z a wäre gleichgültig aufgenommen worden? bist du so ganz entfernt von guten Leuten, daß du nie in eine Hütte gekommen bist, wo der Vater wünschte ein B i e d e r l i n g zu seyn; wo das unschuldige Mädchen mit meiner M i n e weinte; wo der warme Jüngling seine Hand nach meiner ausstreckte, und sich einen warmen ehrlichen Freund wünschte, wie mich? Bist du nie? – So komm zu uns! (Ebd., S. 262f.) 245–246 die Werke des guten Lenz 〈...〉 heraus zu geben] Die Wiederentdeckung des Dichters durch die Romantik kulminierte in der Ausgabe der Gesammelten Schriften durch Ludwig Tieck 1828. 249 Koch 〈...〉 im Kompendio.] In Koch 1795–1798.
754
Zu Nr. 424
254–256 pag. 142. 1terband g) ein Lustig ernsthaft 〈...〉 wenigstens weiß, wo?] Koch 1795–1798, Bd. I, S. 142: »Ein lustig und ernsthaft poetisch Gastmal und Gespräch zweier Bergen, nemmlich des Niesens und Stockhorns, Sonnetten weise gestellt durch Hans Rudolph R e b m a n n , Diener des Worts Gottes zu Muri bey Bern,« Bern 620. 4. (Diese Sammlung enthält eine mit moralischen Sprüchen und historischen Erzählungen durchwebte Erdbeschreibung der Eidgenossenschaft, und ist als die älteste Sammlung Schweizerischer Volkslieder äußerst merkwürdig.) Der Pfarrer Johann Rudolph Rebmann vollendete kurz vor seinem Tod eine gereimte lehrhafte Dichtung, deren Gesprächspartner zwei heimatliche Berge sind und deren vollständiger Titel den Inhalt (ausführliche Übersicht Forster 1942, S. 28–60) deutlicher anzeigt: Einn Neuw/ Lustig/ Ernsthafft/ Poetisch
Gastmal/ vnd Gespräch zweyer Bergen/ In der Löblichen Eydgnoßschafft/ vnd im Berner Gebiet gelegen: Nemlich deß Niesens vnd Stockhorns/ als zweyer alter Nachbaren: Welches Innhalt Ein Physicam Chorographicam vnnd Ethicam Descriptionem Von der gantzen Welt in gemein/ Vnd sonderlich Von Bergen vnd Bergleuten: Sonnetten weiß gestellt Durch H. Hans Rudolph Räbmann/ Dieneren des Worts Gottes (Bern 1606). Koch führt die zweite, veränderte Ausgabe (Bern 1620) an, der vmtl. das vollständige Manuskript Rebmanns zugrundelag, das für den Erstdruck gekürzt worden war (vgl. Forster 1942, S. 71–75). Sie enthält ein in der Erstausgabe fehlendes zwanzigstrophiges Lied von der Laupenschlacht im Jahr 1339, das Rebmann nach einem älteren Laupenschlachtlied umdichtete (ebd., S. 76f.). Weitere Volkslieder scheint Rebmanns Werk nicht zu enthalten (vgl. ebd., passim). Vielleicht hat dessen Abfassung in Knittelversen – nicht, wie der Titel angibt, in Sonetten (ebd., S. 65) – Koch dazu veranlaßt, das Buch als älteste Sammlung Schweizerischer Volkslieder zu bezeichnen. »Die jüngere Ausgabe von 1620 ist noch häufiger anzutreffen als diejenige von 1606; sie findet sich nicht nur in vielen größeren Bibliotheken der Schweiz und sogar Deutschlands, sondern auch vereinzelt in Privatbesitz.« (Ebd., S. 77.) Zu Brentanos Rebmann-Rezeption vgl. Rölleke 1973, S. 324–331. 256–257 pag. 48. 2terb b) ist auf der berl. Bibl.] A.a.O., Bd. II, S. 48f.:
XLV. zu Tugendt vnd Gottesfurcht erbawliche Lieder. Frankf. a. d. O. bey Mich. Kochen, 631. 123 Seiten, 8. 〈...〉 / Das Ganze besteht aus 45 Gesängen mit folgenden Ueberschriften: 〈...〉 Wenn gleich der Sprache dieses Dichters Geschmeidigkeit, und seiner Versification Harmonie und Richtigkeit mangelt; so ist doch der Reichthum richtiger und erhabener Gedanken überall unverkennbar, und das Ganze eine bemerkenswürdige Erscheinung am Dichter-Horizonte jenes Zeitalters. 755
Zu Nr. 424
Den Namen des Verfassers vermag ich jetzt eben so wenig anzugeben, als zu bestimmen, ob sein Werk Original oder Uebersetzung sey. Der Verfasser des Gesangbuchs ist nicht ermittelt worden. 257 p. 99 2terband.] Ebd., Bd. II, S. 99f.: Von fliegenden
Deutschen Volksliedern aus der Opizischen Periode besitze ich folgende einzelne Abdrücke, von welchen ich nicht weiß, ob sie z u oder n a c h ihrer Zeit in größere Sammlungen aufgenommen worden sind. a) Schwing dich auf Frau Nachtigall geschwind. – s. l. 639. 8. b) Es wolt ein alt Mann Hochzeit han. – Ydt wolde een Buwr Brutlacht hebben. s. l. 639. 8. c) Aus frischem freyen Muth, frew dich du junges Blut. – Jungfraw ich thue euch fragen. s. l. 644. 8. d) Cupido mit seinem Pfeil mich tapffer thut scharsiren. – Wer von Liebe nicht will wissen. – All mein Anfang, Mittel und Ende. – s. l. 644. 8. e) Daphnus ging für wenig Tagen, vber die begründte Heyde. – Sa, Sa, Sa, selb Ander, Ey sollte ich nicht Lachen. – s. l. 646. 8. f) Meinz Herz für grossen Frewden hebt jetzt zu singen an. – Es batt ein Bawer ein Töchterlein. – Ich hab vor vielen Jahren gehöret vnd erfahren. s. l. 646. 8. g) Es ist nicht lang da es geschah, daß man den Lindenschmidt Reiten sah. s. l. 646. 8. h) Von der Mägde Hoffart. – Hört ihr Herren steht fein still. – In dem May, in dem May ists lieblich vnd schön. s. l. 646. 8. i) Als ich vor kurtzer weile ein schönes Jungfräwlein anblicket. – Vorlangst ich meine Floria fandt. – Es liegt ein Schloß in Oesterreich. s. l. 647. 8 258–259 100. Johann Ballhorns Abc. scheint er auch zu haben] Ebd., Bd. II, S. 100: I n J o h a n n B a l l h o r n s g ü l d e n e m A . B . C . n e benst andern schönen Gedancken in diese geschmeidige F o r m g e b r a c h t s. l. & a. 12. stehen mehrere Deutsche Volkslieder, theils ganz, theils in Proben, welche mit den durch G r ä t e r s Bragur verewigten die strengste Vergleichung aushalten, und daher mit vollem Rechte eine Stelle in jenem Archive des Altdeutschen Volkswitzes verdienen. Z. B. No. 12. Der Liebste Buhle den wir han, Der liegt beym Wirth im Keller; Er hat ein hölzern Röcklin an, Und heißt der Muskateller &c. 756
Zu Nr. 424
Das Buch ist ansonsten bibliographisch nicht nachgewiesen, Kochs Notiz in der Literatur zu dem Lübecker Buchdrucker Johann Balhorn nicht berücksichtigt worden. So geht Kopp 1906 zwar auf die Überlieferung ein, welche die Redensart vom Verballhornen darauf zurückführt, daß Balhorn ein ABC-Buch verschlimmbessert habe, bezweifelt aber die Authentizität dieser Überlieferung und kennt kein von Balhorn gedrucktes ABC-Buch, also auch kein Güldenes. Collijn 1920/21 konnte den Fund eines Lübecker ABC-Buchs aus dem Jahr 1553 mitteilen, das sich »als eine lateinische Ausgabe des so lange gesuchten Balhornschen Abc-Buches erwies« (ebd., S. 421). Der Druck umfaßt acht unpaginierte Blätter in Klein-Oktav, »ist indes kein Abc-Buch in der modernen Bedeutung dieses Wortes, sondern eine sog. ›Katechismusfibel‹, die außer dem Alphabet auch die Glaubensartikel der christlichen Lehre, einige Gebete u. a. enthält« (ebd.). Die zugrundeliegende deutsche Ausgabe ist noch immer nicht ermittelt worden. 259–261 Mit Lenz zugleich soll Göthe 〈...〉 Plautus herausgegeben haben] Nur Lenz gab heraus: Lustspiele nach dem Plautus fürs deutsche Theater. Frankfurt/M.-Leipzig 1774. 262–264 hiesigen Aestetiker Schreiber 〈...〉 sammelt jezt für unsre Lieder] Aloys Schreiber war seit Oktober 1805 Professor für Ästhetik in Heidelberg. Zwei von ihm gesammelte Lieder im zweiten und dritten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 839.) 265–266 Sophie 〈...〉 Fiametta 〈...〉 zusenden will] Sophie Brentano schickte das Manuskript etwa Mitte Juli selbst an Reimer. Vgl. Nr. 420,45–46 und Erl. 267 eine Antwort] Das Gedicht Arnim, ein Dreher (Nr. AII.23) als Reaktion auf Arnims mit Nr. 420 geschickte Elegie Die Spinnerin und der Weber. 268 Wenn du es im Drechseln 〈...〉 als ihm Zeichnen] Bezug auf Arnims Mitteilung, er habe sich eine Drehbank gekauft und wolle sich seine eigne Welt drehen (Nr. 420,189–190), sowie seine Skizze im selben Brief. 270–272 Engelhard 〈...〉 als Dichterinn 〈...〉 Kaufmann 〈...〉 um fürs Taschenbuch der Grazien zu sammlen] Bei dem Mannheimer Verleger Ferdinand Kaufmann erschien das von August Heinrich Julius Lafontaine herausgebene Taschenbuch der Grazien. In den Jahrgängen 1807 und 1808, die jeweils im Herbst des Vorjahrs herauskamen, befinden sich keine Beiträge Caroline Engelhards. Zu ihren Veröffentlichungen vgl. Justi 1831, S. 100f.
757
Zu Nr. 425
425.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
DV: H. B: −. A: Nr. 435. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 138r–141v. − 2 Dbl. (I, II) je ca 233 x 186 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet, nachträgl. 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − Bl. 4 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß; rotes Siegel, 4v verschmutzt. − WZ: II: Bekrönter Posthornschild, darunter: I G EBART. Fremdeinträge: 1r aoRl: 494, aoRr: 138 2r aoRr: 139 3r aoRl: 494, aoRm Steig: z. 23. Febr. 1806., aoRr: 140 4r aoRr: 140 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 56. Postzeichen: 3 Portozeichen. D1: Steig 1894, S. 162f. (TD); datiert: 17. Februar. D2: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 2 (TD, kurzer Auszug); datiert: 27. Februar. D3: FBA XXXI, S. 493–502 (Nr. 438); datiert: um den 15. Februar 1806. D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 339–347 (Nr. 73); datiert: ebenso.
Varianten
ihrer] aus es 6 Erinnerungen] E aus 〈x〉 11 er] r aus s 12 und 13 niemals] danach genauer 〈...〉 Wandelstern.] zwischen den Zeilen gestr. ein 22 zu] aus zum 22 erzählen] über gestr. Erzählgen 22–25 Burgsdorf 〈...〉 in die Augen!] nachträgl. idZ 29 fraterna] f aus 34 den] aus die 38 Junge] üdZ eing. 39 Tücke] e aus en 〈x〉 43 Fr] idZ eing. 50 ein] aus eine 50 prächtig] pr aus 〈xxx〉 51 es 54 Munde] M aus m 54 manche] aus mancherley ist] i aus 〈x〉 56 dabey] da aus 〈xx〉 58 dessen] d aus 〈x〉 61 würde] aus wäre 67 bis] aus bey 70 dessen] d aus 〈x〉 75 Deine] D aus 〈x〉 4
Erläuterungen 3 Fünf Bogen 〈...〉 an Dich abgegangen] Der aus fünf Doppelbättern bestehende Brief Nr. 420, der zufolge seiner (nachträglichen) Datierung allerdings vor drei Wochen beendet wurde. 7 Göthe s Urtheil in der Jenaer Zeitung] Die Wunderhorn-Rezension in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, Nr. 18 und 19 vom 21. und 22. Januar 1806.
758
Zu Nr. 425
11 Feuerwurm] Johanniswurm (Cicindela). 11 Kimmerischen Nacht] Vgl. zu Nr. 422,241–242. 13–15 Ist dir niemals Cosmely begegnet 〈...〉 auf dem Kaukasus] Über den gelehrten Abenteurer Michael Kosmeli hatte Brentanos Studienfreund, der Mediziner Ludwig von Wrangel, bereits in einem Jenaer Brief vom 25. November 1799 berichtet. Der aus Pleß (Oberschlesien) stammende Kosmeli war nach Jura-Studium in Halle, Göttingen und Jena zunächst Hauslehrer in Siuxt (Kurland), dann 1796–1797 Referendar in Brieg, lebte danach in Berlin, Hamburg und anderen Orten, reiste durch Holland, Frankreich und die Schweiz und nach Petersburg, von wo er 1802 mit dem georgischen Gesandten nach Tiflis ging. 1804 kehrte er zunächst nach Schlesien zurück. Weitere Reisen folgten, u.a. nach Rußland. (Vgl. DjB Nr. 274 und Erl.) 17 Lehrmeister] Der Botaniker und Chemiker Apollo Apollonowitsch MussinPuschkin, leitete 1802 eine Kaukasus-Expedition, an der Kosmeli teilnahm, und benannte eine Pflanze nach ihm (Carduus Cosmeli). 20 das Brummeisen] Maultrommel: ein hufeisenförmiges Eisenstück, das mit den Zähnen gehalten wird, während die Finger eine Stahlzunge in Schwingung versetzen, wobei die Mundhöhle als Resonanzboden dient. Kosmeli soll in Rußland und auf weiteren Reisen Konzerte auf diesem Instrument gegeben haben. 22 Gleichheit mit Humboldt] Alexander von Humboldt. 22–23 Burgsdorf 〈...〉 voll Ziebinger Sand] Vgl. zu Nr. 415,164. 26 Brief von Savigny] Nr. *412. 28–29 En proculum amoris 〈...〉 vivat fraterna sanitas!] Hier etwas Liebes aus der Ferne, eine Gabe gegen den Schmerz, hoch 〈...〉 lebe die brüderliche Gesundheit! (Übersetzung von Manfred Simon, Jena.) 29–30 Kaufs den Savigny gemacht hat] Der Kupferstichsammlung aus der Baldingerschen Auktion. Vgl. Nr. 426,4–7 und Erl. 30–32 Im März 〈...〉 Kupferstichauction 〈...〉 Meil 〈...〉 Katalog 〈...〉 sehr
dick] Verzeichniß der vom verstorbenen Direktor der Königl. Akademie der Künste und mechanischen Wissenschaften Herrn J. W. Meil hinterlassenen vortreflichen Sammlung von Kupferstichen der berühmten Meister aus allen Schulen, Kunstwerken, sehr schönen Handzeichnungen und vielen Gemälden der besten Meister, welche 〈...〉 1806 versteigert werden sollen. Berlin 1805. 443 S. 32–33 Von Koch 〈...〉 wieder allerley 〈...〉 bekommen] Näheres nicht bekannt. 34 Hagen hat mir einige geliefert] Friedrich Heinrich von der Hagen bereitete mit Johann Gustav Gottlieb Büsching in Berlin eine Sammlung Deutscher Volkslieder (Berlin 1807) vor. Welche er Arnim zuvor zur Verfügung stellte, ist nicht bekannt. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 728–730.)
759
Zu Nr. 425
34–35 Bergreihen, woraus Nikolai 〈...〉 feinen Almanachs ausgeschrieben] Von der Hagen und Büsching bekamen für ihre Sammlung Deutscher Volkslieder von Friedrich Nicolai die – heute verschollene – Ausgabe Schöne Bergkreyen, auffs new zusammen bracht mit außerleßnen Liedern (Nürnberg 1547), die dieser bereits für seinen Feynen kleynen Almanach von 1777/78 benutzt hatte und die Arnim seinerseits dem Lied Bergreihen im zweiten Band des Wunderhorns zugrundelegte. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 668; IX/3, S. 725.) 37–38 Horstig 〈...〉 in die musikalische Zeitung geschickt] Horstig hatte in seinem Beitrag in Reichardts Berlinischer Musikalischer Zeitung das von dem Odenwalder Bergknaben gehörte Lied Josef lieber Josef / Waß hast du gedacht mitgeteilt. Vgl. zu Nr. 424,82–84. 39–40 Bemerkungen von mir über das Frankfurter Theater] Etwas
über das deutsche Theater in Frankfurt am Mayn. Von einem Reisenden. In: Berlinische Musikalische Zeitung. Hg. von Reichardt. 2. Jg. 1806, Nr. 6, S. 21f. (Arnim/W VI, S. 184–186.) 42–43 Briefe an Kestner, Wedekind,
Winzingerode und Finkenstein
Die Briefe Arnims (Nr. *407, *408, *409, *410), die vmtl. um Theaterberichte für Reichardts Berlinische Musikalische Zeitung warben, sind nicht bekannt. Ob die Angeschriebenen antworteten, ist ebenfalls nicht bekannt. 43–45 Von Fr Schlegel 〈...〉 wünscht aber recht viel historische Anmerkungen] Vgl. Nr. 416. 45–48 seinen Lother und Maller] Vgl. zu Nr. 416,43. 49–54 Von Schleiermacher 〈...〉 Weihnachtsfeyer 〈...〉 aus seinem Munde.] Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher, Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch. Halle: Schimmelpfennig und Comp. 1806. Schleiermacher war 1804 als Universitätsprediger und außerordentlicher Professor für Theologie nach Halle berufen worden und schrieb das Buch Ende 1805 in drei Wochen, wobei er die platonische Gesprächsform zu erneuern versuchte, die zeitgenössischen Anschauungen über das Christentum sowie seine eigene Religionsauffassung behandelte und die Geselligkeit des Reichardtschen Hauses in Giebichenstein spiegelte. Er war durch den ihm befreundeten Naturphilosophen Henrik Steffens, Schwiegersohn Reichardts, in dessen Haus eingeführt worden, in dem Arnim Weihnachten und Neujahr 1805 verlebt hatte. Vgl. Nr. 426,27–33 und Erl. 50 Waffeleisen] ein eisernes Werkzeug in Gestalt einer langen Zange, worin die Waffeln gebacken werden (Adelung IV, Sp. 1331). 55–56 die Pistor hat 〈〈ei〉〉nen Sohn] Richard, geb. im Januar 1806, starb »nach Verlauf eines Jahres« (Rudorff 1938, S. 103).
um Nachrichten von den Theatern]
760
Zu Nr. 425
57 nach Strelitz 〈...〉 meine Tante] Nach Neustrelitz, der Haupt- und Residenzstadt des Herzogtums Mecklenburg-Strelitz, wo Hans und Louise von Schlitz den Winter verbrachten. 58–59 den goldnen Adler] Vgl. zu Nr. 420,19–20. 60–61 daß ich mich oft in den kleinen Schmerzenreich hineinträumen könnte] Schmerzensreich, dem Sohn Genovevas in Tiecks Drama Leben und Tod der heiligen Genoveva (1800), sind die Tiere befreundet. 62 mein Onkel] Hans von Schlitz. 63 Hemkengriper] Auch Name eines Professors in Arnims Erzählung Holländische Liebhabereien. 64 Heimchen] Grillen. 64–65 die Landplagen 〈...〉 ergreifen mich nun selbst] Arnim bezieht die eigentliche Bedeutung von Landplage – ein Übel, welches ein ganzes Land, dessen sämmtliche Einwohner drücket (Adelung II, Sp. 1891) – auf seine Sorgen als Gutsbesitzer. 66 o Sakerment] Reminiszenz an Christian Reuters Schelmuffsky, worin es allerdings leitmotivisch Sapperment heißt. Vgl. Nr. 362,129 und Erl. 66–67 in Reiners] Reiners verschrieben für (Georg Andreas) Reimers und zu ergänzen Hause oder ähnlich. 67 Ringeln gespielt] Ein Spiel mit Ringeln (Diminutiv von Ringen) oder Ringeltanz. 67 Turnieren] Umtreiben, drehen (frz. tourner). 67 Me〈〈hl〉〉schneiden] Ein Mehlhaufen, auf dessen Spitze ein kleiner Gegenstand liegt, wird am Rand beschnitten, bis der Gegenstand herunterfällt, woraufhin er mit dem Mund erhascht werden muß. 70–71 Ihr armen Teufel 〈...〉 bluten] Vgl. zu Nr. 406,176–177. 71–72 dein Bruder sollte seine Comödie 〈...〉 herausgeben] Christian Brentano, von dem Schatten- und Lustspiele – zumindest als Titel – bekannt sind, jedoch keines von Blut und Geld. Herausgegeben hat er lediglich das 1816 entstandene Schattenspiel Der unglückliche Franzose oder Der Deutschen Freiheit Himmelfahrt (Frankfurt/M. 1850). 76 den zweyten Theil] Des Wunderhorns. 77 zu Michaelis] Zur Herbstmesse 1806; Beginn: Sonntag nach Michaelis (29. September). Die beiden letzten Bände des Wunderhorns erschienen jedoch erst im Herbst 1808.
761
Zu Nr. 425.E
425.E An Clemens Brentano in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 435. H: Vgl. AIII, 33r–34v, ca. 1½ S. Datierung: Analog Nr. 425. D1: Zschiedrich 2000, S. 172 (TD).
Erläuterungen Vgl. Nr. 425.
426.
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
DV: H. B: Nr. *412. A: Nr. 433. H: SPK/NS 2/1. − 1 Dbl. ca. 232 x 186 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: I G EBART. Beilagen: Geld zur Bezahlung der von Savigny in Marburg erworbenen Kupferstiche; Nr. 427. Fremdeinträge: 1r aoRl Stempel: Savigny, daneben Stempel: STAATSBIBLIOTHEK BERLIN, aoRr: 6; 2r aoRr: 7. D1: Härtl 1982, S. 33 (Nr. 3).
Varianten 3 zu den] aus in die 3 Inseln] In aus 〈Xx〉 3 herzlichen] ch aus g 4 Lieber] L aus l 5 denke] danach gestr. das 6 andres] nachträgl. idZ 6 Ich] I aus i 12 Siebenmeilenstiefel] S aus 〈X〉 12 in] aus 19 Ich] I aus i 20 einen] erstes e aus 〈x〉 24 Theater] h aus 〈xx〉 e 28 Kaffemühle] m aus f 28 darin] d aus w 32 der] d aus J 41 Sie] S aus s
762
Zu Nr. 426
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Härtl 1982, S. 223–225. 4–7 ich nehme die Kupferstiche 〈...〉 neugierig auf meinen Kauf] Savigny hatte die Kupferstiche aus der Nachlaßversteigerung des verstorbenen Marburger Professors der Medizin Ernst Gottfried Baldinger (vgl. zu Nr. 415,209–210) um das Doppelte der Kommission Arnims erworben, wie er Arnim am 16. März (Nr. 433,22–23) schrieb, und hätte sie gern selbst behalten, weswegen er auf eine weitere Mitteilung des Freundes wartete. Dieser antwortete am 9. April, Savigny könne sich aus der Sammlung herausnehmen, was ihm gefalle (Nr. 441,9–13). Bevor Savigny diesen Brief Arnims bekam, erhielt er – sehr verspätet – den vorliegenden vom 17. Februar. Daraufhin schickte Savigny die Kupferstiche mit einem Begleitbrief vom 20. April (DjB Nr. 1232) in einer Kiste an Brentano nach Heidelberg, der Arnim Ende April berichtete, daß er die Sendung weiterbefördere und Bücher beilege (Nr. 449,381–382). Als Brentano erfuhr, daß Arnim im Sommer nach Heidelberg kommen werde, gab er jedoch in Frankfurt bei dem Buchhändler Mohr, dem Kompagnon des Heidelberger Verlegers Zimmer, über den die Kiste nach Berlin geschickt werden sollte, Contre ordre (Nr. 469,45), so daß sie nicht an Arnim abging. Da dieser wegen des ausbrechenden preußisch-französischen Krieges seine beabsichtigte Süddeutschlandreise in Göttingen abbrechen mußte und in den Norden verschlagen wurde, dauerte es jedoch noch lange, bis er die Schätze in Augenschein nehmen konnte. Am 29. November 1807 teilte er dem Bruder Carl Otto aus Kassel mit: Im
vorigen Jahre ist von Heidelberg aus ein Kasten mit sehr schönen Kupferstichen und Büchern 〈...〉 durch den Buchhändler Mohr und Zimmer durch Fracht an mich abgegangen, so viel ich weiß an meiner Großmutter Wohnung andressirt 〈...〉 es wird Dir Vergnügen machen ihn durchzusehen, es sind mehrere hundert der seltensten Kupferstiche, über tausend Thaler an Werth, die ich für 34 rth in der Auction des verstorbenen Baldinger erstanden (WAA XXXIII). Wenig später, etwa Mitte Dezember 1807, wandte Brentano sich ebenfalls aus Kassel an Zimmer in Heidelberg: Noch etwas, sie werden sich erinnern, daß ich Ihnen vor ohngefähr 1¼ Jahr ein Kiste mit Kupferstichen zur Spedition an Arnim gegeben, sie haben die Kupfer bei mir gesehen, so viel ich weiß haben sie dieselben durch Mohr Speditiren lassen, Arnim hat bis jezt nichts von der Kiste gehört, in welcher doch ein groser Wehrt war, zwar ist er bis jezt hier und dort sehr herum vagirt, und steht die Kiste vielleicht in Berlin, in jedem Falle wäre uns sehr lieb zu erfahren, was Mohr oder sie um die Spedition wissen (FBA XXXI,630,28–631,5; datiert:
763
Zu Nr. 426
kurz vor dem 18. oder 28. Dezember 1807). Die Kiste war in Heidelberg bei Zimmer zurückgeblieben, am 24. Februar 1808 berichtete Arnim aus Heidelberg Brentano: Es ist mir sehr rührend gewesen, als ich den Kasten mit
Kupferstichen Büchern öffnete in dem Apollonius einen Zettel von Dir mit der Nachricht Deiner Rückkehr von Wallthüren 〈von Walldürn, Juni 1806〉 zu lesen. (WAA XXXIII.) Einige Stecher und Stiche nennt der beeindruckte Brentano Nr. 449,90–109, die beigelegten Bücher Nr. 457,255–265. 9 Abschaffung der Reichsposten] Im Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 war zwar der Besitzstand der Taxis, denen die Reichspost unterstand, ausdrücklich verbürgt worden. Er ging aber mit der Auflösung des Römischen Reiches deutscher Nation rechtlich unter. Die Reichsstände erhielten im Postwesen volle Souveränität. 10 einen Brief und Musikalien nach Marburg] Am 26. Januar an Bettina (Nr. 421). 11–12 kleinen Bettine] Savignys am 11. April 1805 geborene Tochter. 14–15 Göthe’s Recension 〈...〉 in der Jenaer Zeitung] In der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, Nr. 18 und 19 vom 21. und 22. Januar 1806. 25 Schlegels Lother und Maller] Vgl. zu Nr. 416,43. 27–33 Schleiermacher 〈...〉 Weihnachtsfeyer 〈...〉 Ernestine (Louise Reichardt) und Leonhard (Steffens) 〈...〉 Josef 〈...〉 unbesprochen geblieben seyn.] Vgl. Nr. 425,49–54 und Erl. Ernestine, für die Louise Reichardt Modell war, ist die christliche Idealgestalt in der Weihnachtsfeier, während Leonhard den rationalistisch reflektierenden Theologen repräsentiert. Die letzte Rede hält Eduard, der Gatte Ernestines, der das Christentum als höheres Selbstbewußtsein der Menschheit verherrlicht. Am Schluß gesellt sich Joseph, eine Selbstspiegelung Schleiermachers, dem Freundeskreis zu und spricht u. a. die vmtl. von Arnim gemeinten Worte: Alle Formen sind mir zu steif, und alles
Reden zu langweilig und kalt. Der sprachlose Gegenstand verlangt oder erzeugt auch mir eine sprachlose Freude, die meinige kann wie ein Kind nur lächeln und jauchzen (Schleiermacher 1984, S. 133). 33–34 Der zweyte Theil der spanischen Novellen von Clemens] Vgl. Nr. 406,141–144 und Erl. 34–35 die erste] Der gewarnte Betrogene (nach El prevenido engan ˜ ado). 41 Warum sind Sie nicht nach Dresden gegangen?] Dazu nichts ermittelt.
764
Zu Nr. 427
427.
An Bettina Brentano in Marburg Berlin, 17. Februar 1806, Montag
DV: H. B: −. A: Nr. 432. H: FDH 7220. − 1 Bl. ca. 232 x 186 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Fleckig, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, roter Siegelrest. − WZ: Unterlängen von I. G. EBART. Beilagen: Zwei Lieder mit Melodien (nicht überliefert) von Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Fremdeinträge: 1r aoRl: 131 1v über Adresse Bettina: Berlin 17 Febr 1806, auRr: 7220. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 426. D1: Steig 1913, S. 14f. D2: Betz/Straub 1986, S. 37f. (Nr. A2).
Varianten 12
Ihre] I
aus 〈X〉
Erläuterungen 2–4 Musick 〈...〉 von Schulz in Anspach 〈...〉 mir überschickte] Arnim hatte den musikliebenden Schultz auf der Rückreise von Heidelberg nach Berlin in Ansbach besucht. (Vgl. Nr. 402,36–38 und Erl.) Dessen Sendung an Arnim (Nr. *414) ist nicht bekannt. 5 die grüssende Maria] Vmtl. Ludwig Helmbolds Lobgesang auf das Fest der Heimsuchung Mariae, erschienen in seiner Sammlung Geistliche Lieder (Erfurt 1575). Beginn: Übers Gebirg Maria geht / zu ihrer Bas Eli-
sabeth. / Sie grüßt die Freundin, die vom Geist / freudig bewegt Maria preist / und sie des Herren Mutter nennt (Grote 1961, Nr. 4). Bereits 1598 in der Vertonung Johann Eccards in dessen Preußischen Festliedern. (Vgl. ebd., S. XIV.) Den Preußen Schultz und Arnim wird das Lied bekannt gewesen sein. 6–7 mit einem Onkel 〈...〉 nach Strelitz] Mit Hans von Schlitz nach Neustrelitz, wo dieser mit Arnims Tante den Winter über wohnte. Vgl. Nr. 425,57 und Erl. 10 Felsen von Marburg] Fortsetzung der Anspielung Nr. 421,10 auf die hohe Lage des Forsthofs in der Marburger Rittergasse.
765
Zu Nr. 428.E
428.E An Friedrich Schlegel in Köln Berlin, vmtl. zwischen 17. und 25. Februar 1806, Montag und Dienstag DV: H. B: Vgl. Nr. 416. A: −. v v H: Vgl. AIII, 34 –35 , ca. 2 S. Datierung: Daß Exzerpt steht in Arnims Krako´wer Exzerptkonvolut nach dem Exzerpt des Briefes an Brentano vom 17. Februar (Nr. 425.E). An diesem Tag (Montag) schrieb Arnim Bettina, er reise In dieser Woche nach Neustrelitz (Nr. 427,6); am 20. Februar teilte er Goethe mit, er reise In wenigen Tagen nach Neustrelitz ((Schlußteil des Briefes; Nr. 422,6–7). Es wird angenommen, daß Arnim das Exzerpt an Schlegel noch in Berlin und vor dem 25. Februar geschrieben hat.
Erläuterungen 3–4 Gut Ding 〈...〉 in einem Tage erbaut!] Vgl. Wander I, Sp. 638 (Nr. 866); III, Sp. 1716 (Nr. 52). 7 Liederauswahl] Für den ersten Band des Wunderhorns. 13 Ihre Reise] Die im Bezugsbrief mitgeteilte (nicht realisierte) Absicht, nach Berlin zu kommen. 13–14 Aufenthalt in Cölln unter den alten Gemalden] Arnim hatte sich zum Abschluß seiner Bildungsreise in der ersten Augusthälfte 1804 in Köln aufgehalten. Das geht aus seinem kurzen Brief an Brentano vom 12. August 1804 (WAA XXXI, Nr. 344) hervor, in dem jedoch keine Einzelheiten mitgeteilt werden außer der, daß er Brentanos ehemaliges Zimmer aufgesucht habe. Aus dem vorliegenden Briefexzerpt ergibt sich, daß Arnim damals mit Friedrich Schlegel zusammentraf, der im April 1804 von Paris nach Köln übersiedelt war. Mit einem von ihm, seiner Frau Dorothea und Helmina von Che´zy gemeinsam geschriebenen Pariser Brief vom 4. April 1804 (WAA XXXI, Nr. 338) war Arnim im Zusammenhang der Mitteilung eines bevorstehenden Sommeraufenthalts in Köln aufgefordert worden, Friedrich und Dorothea Schlegel zu besuchen, und dieser Aufforderung hatte er Folge geleistet. Er wird mit Schlegel die von den Brüdern Sulpiz und Melchior Boissere´e unter Schlegels Leitung aus den Kölner Kirchen und Klöstern gesammelten Gemälde besichtigt haben. 15 Deutsch] Deutz, Köln gegenüber am jenseitigen Rheinufer. 16 der Roland] Schlegels Übertragung der Historia Karoli Magni et Rotholandi (12. Jh.) – über den zum Sagenkreis von Karl dem Großen und seinen Paladinen gehörenden Helden Roland –, erschienen unter dem Titel Roland.
766
Zu Nr. 430
Ein Heldengedicht in Romanzen nach Turpins Chronik in seinem Poetischen Taschenbuch auf das Jahr 1806, S. 3–124 (Schlegel/KA V, S. 95–147). 17 Lother]
429.
Lother und Maller.
Vgl. zu Nr. 416,43.
Von Frau Bose in Neustrelitz Neustrelitz, zwischen Anfang März und 18. April 1806, Freitag
DV: H. B: −. A: −. H: Arnims Stammbuch, DLA 258r–258v. − 1 Bl. 1r beschr., 1v Adresse; ins Stammbuch eingeklebt und auf 124 x 94 mm beschnitten (mit Textverlust), linker Rand ca. 20 mm gefalzt; nur rechter Rand ca. 20 mm aufgeklebt, so daß Verso-Seite mit Anschrift lesbar ist. Besonderheiten: Arnim lernte in Neustrelitz drei Schwestern oder zwei Schwestern und eine Schwägerin Bose kennen (vgl. Nr. 462,22–23), und von allen drei erhielt er Schriftstücke, die er in sein Stammbuch einklebte. Die eine Schwester unterzeichnete ihr Erinnerungsblatt mit Luise Bose (Nr. AI.61), die andere mit v. Jasmund geb. Bose (Nr. AI.60). Von der dritten bewahrte er ein Billett, das sie ohne Vornamen, nur mit Bose unterschrieb. Der Briefstil läßt eine verheiratete Frau vermuten, vielleicht die Nr. 431,36 erwähnte Frau von Bose. Eine nähere Identifikation war nicht möglich. Datierung: Die datierten Einträge der Schwestern stammen vom 21. April 1806, dem Datum von Arnims Abreise. Das vorliegende Billett wird früher geschrieben sein. Da Arnim im letzten Februardrittel nach Neustrelitz kam, wird Anfang März als Terminus post quem angenommen. Und da der 21. April ein Montag war, das Billett jedoch an einem Freitag geschrieben wurde, ergibt sich der 18. April als Terminus ante quem.
430.
Von Johann Wolfgang von Goethe nach Berlin Weimar, 9. März 1806, Sonntag
DV: H. B: Nr. 422. A: Nr. 454. H: BJ/VS 71. − 1 Dbl. ca. 231 x 190 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 3x quer, 1x längs gefaltet. – Schreiber: Friedrich Wilhelm Riemer. − WZ: D & C BLAUW.
767
Zu Nr. 430
Beilagen: Stammbuchblätter Goethes (in Arnims Stammbuch überliefert, vgl. Nr. AI.58) und August von Goethes (nicht überliefert, vgl. Nr. *AI.57). Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Goethe an Achim von Arnim, aoRr: 1806. aoRm Stempel: Ex Bibl. Regia. Berolin., auRl: 73, darunter Varnhagen: Bettina. Besonderheiten: Der Brief wurde zufolge Goethes Tagebuch (WA III, Bd. 3, S. 122) erst am 20. März ausgefertigt: H r n v . A r n i m nach Berlin Stammbuchs Blättchen pp. Er wurde Arnim vmtl. nach Neustrelitz nachgeschickt. – Überliefert ist eine Abschrift Varnhagens (BJ/VS 71; 1 Bl., 1½ beschr. S.). D1: WA IV, Bd. 19 (1895), S. 113–115 (Nr. 5183). D2: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 95f. D3: Steig 1910, S. 363f.
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Schüddekopf/Walzel 1899, S. 337. 1–7 Man erzählt 〈...〉 Secretair 〈...〉 weil ich zauderte.] Analoge Briefanfänge Goethes: an Zelter, 28. Februar 1811 (WA IV, Bd. 22, S. 46); an Adele Schopenhauer, 16. November 1827 (WA IV, Bd. 43, S. 171). Henry Oldenburg aus Bremen war nach längeren England-Aufenthalten und Europareisen seit 1662 Sekretär der ein Jahr zuvor gegründeten Londoner Royal Society. 17 August auf Ostern nach Berlin] Die Reise kam nicht zustande. Vgl. Goethe an Zelter, 5. März und 2. Juni 1806 (WA IV, Bd. 19, S. 112, 131). 19 Ihrem erneuten Stammbuche] Vgl. Nr. 422,250–253 und Erl. 20 Die Eisengüsse sind in den Medaillenschrank gelegt worden] Vgl. Nr. 422,124–125. 21 der Löwenkopf prangt an der alten Thüre ins Speisezimmer] Vgl. Nr. 422,131. 24 jener Farbenerscheinung der alten Scheibe] Vgl. Nr. 422,9–10 und Erl. 29 der Welt ein Zeugniß davon abzulegen] Goethes Wunderhorn-Rezension in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, Nr. 18 und 19 vom 21. und 22. Januar 1806.
768
Zu Nr. 431
431.
An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 12.–etwa 19. März 1806, Mittwoch–Mittwoch
DV: H. B: Nr. 424. A: Nr. 449. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 142r–149v. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) + 2 Dbl. (III, IV) + 1 Bl. (V) je ca. 233 x 197 mm; 1r–8v 16 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I–IV: C. W. ARSAND; V: −. Beilagen: Gedicht Arnims für Sophie Brentano. Vgl. zu Z. 181–182. Fremdeinträge: 1r aoRl: 495, aoRr nach Datum: 1806 2r aoRr: 143 3r aoRl: 495, aoRm Steig: z. 12. März 1806., arR: 144 4r aoRl: 495, aoRm Steig: z. 12. März 1806., aoRr: 145 5r aoRl: 495, aoRm: z. 12. März 1806., aoRr: 146 6r aoRl: 495, aoRm Steig: z. 12. März 1806. 6v aoRr: 147 7r aoRr: 148 8r aoRl: 495, aoRm Steig: z. 12. März 1806., arR: 149 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Dbl. und Bl. sind 1r, 3r, 4r, 6r, 8r aoRl von Arnim numeriert (Tinte): 1–5. – Kat. Rother 1989, Nr. 57. Datierung: Der Terminus ante quem ergibt sich aus Arnims Mitteilung, er habe an Bettina geschrieben, mir ihre älteren und neueren Melodieen auf Deine und meine Lieder gefällig mitzutheilen (Z. 126–127). Diesen Brief schrieb Arnim am 18. März (Nr. 434), und folglich beendete er den an Brentano danach. D1: Steig 1892b, S. 148 (TD). D2: Steig 1894, S. 163–165 (TD). D3: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 3 (TD, kurzer Auszug). D4: Schultz 1998, Bd. I, S. 349–355 (Nr. 75).
Varianten
so] aus die 38 Du durch] aus 〈xxx〉 39 verbunden] v aus b sie] s aus S 43–44 unabhängiger] u aus 〈x〉 52 ehe] aus er Er] aus 〈xx〉 62 von] aus 〈xxx〉 65 schnell] sch aus 〈xxx〉 nach] üdZ eing. 85 Geschichte] Schluß-e aus en 105 wie sie 109 sich mit] üdZ eing. 134 nach] aus mit lachen] üdZ eing. 144 II Vol] üdZ eing. 153 Ding] Di aus 〈xx〉 154 und einzu163 von] aus aus 164 dem] d aus w machen] üdZ eing. 167 Gestalten] danach gestr. im Hitz, oder St〈xx〉 179 sie gleicht 〈...〉 Bilde] nachträglich idZ 188 Pfeilen] danach gestr. mich 25 40 61 75
769
Zu Nr. 431
Erläuterungen 2–3 Lieber Clemens 〈...〉 Bitt für uns!] Nach der Floskel, mit der die Heiligen um Fürbitte bei Gott angerufen werden. 4 Krönung durch den Papst Falk] Falks Wunderhorn-Besprechung in seiner Weimarer Zeitschrift Elysium und Tartarus, Nr. 3 und 4 vom 8. und 12. Januar 1806. Vgl. Nr. 424,10–13 und Erl. 4–5 Geisselung durch den Bettelvoigt Dozeen] Docens WunderhornAnzeige in der Münchner Aurora, Nr. 126 und 127 vom 25. und 28. Oktober 1805 (erst Anfang Februar 1806 erschienen), mit Kritik an Arnims Aufsatz Von Volksliedern. Vgl. Nr. 424,25 und Erl. – Bettelvoigt: verächtliche Benen-
nung derjenigen Knechte oder Diener der Polizey, die zur Abhaltung und Aufhebung der Bettelleute bestellt sind (Adelung I, Sp. 951). 7–8 mich einen armen Schelm nennt] Nicht Docen hatte Arnim einen armen Schelm genannt, sondern Brentano Docen. Vgl. Nr. 424,109–110. 11 Aufsatze] Von Volksliedern im ersten Band des Wunderhorns. 12–13 Bremermarktplatz 〈...〉, wo ich die vollständigste Sammlung Volksbücher und Lieder fand] Im August 1804 auf der Rückkehr von der Bildungsreise. Arnim wird, nachdem er die Überfahrt von London in einen Hafen der Maas-Mündung bewältigt hatte (vgl. WAA XXXI, Nr. 348,47–48 und Erl.), von dort nach Bremen weitergereist sein. 14–15 die herrliche Erzählung im Musäus 〈...〉 etwas über ihn zu sagen] Gemeint ist Johann Karl August Musäus’ in Bremen lokalisierte Erzählung Stumme Liebe. Sie gehört zu den drei Erzählungen Musäus’, die Arnim bereits in seinem Brief an Winkelmann vom 24. September 1801 hervorhob (WAA XXX, Nr. 172,40–46). Arnim hat sich in einem Aufsatz über Benedikte Nauberts Neue Volksmährchen der Deutschen (Zeitung für Einsiedler, 20. Juli 1808) und in seinem Beitrag Noch etwas über die verstorbene Dichterin Naubert (Dresdner Abend-Zeitung, 11. November 1819) öffentlich, wenn auch eher beiläufig über Musäus geäußert und dabei auch Kritik geübt. 1819 lobte er zwar die abwechselnde Lebendigkeit seiner Erzählung, die auch
etwas Bekanntes neu aufzustellen verstand, stieß sich aber an den leeren literarischen Witzeleien, durch welche seine Märchen 〈...〉 auf die unbequemste Art unterbrochen werden (Arnim/W VI, S. 663). 15–16 Ich will es nachholen, wenn unser Buch eine zweite Auflage erlebt.] Nicht realisiert in der zweiten Auflage des ersten Wunderhorn-Bandes (1819).
16–19 Hagen danke ich 〈...〉 von Nikolai die Sammlung 〈...〉 zusammengeschrieben.] Vgl. Nr. 425,34–35 und Erl.
770
Bergreihen
Zu Nr. 431
19–20 Prediger Witte wird 〈...〉 abgetrieben.] Vgl. Nr. 424,117 und Erl. 21–22 Morgens 〈...〉 den Hünerhof meines Onkels] Vgl. zu Nr. 425,57. 22 Abends auf den Hof des Herzogs.] Abends im Neustrelitzer Schloß von Carl von Mecklenburg-Strelitz. 29 ein sehr angenehmes Hoffräulein] Vmtl. Luise Bose, die Arnim am 21. April ein Stammbuchblatt schenkte (Nr. AI.61), vmtl. nicht Frau von Jasmund, geb. Bose. Während Arnim in dem vorliegenden Brief nur zwei Schwestern erwähnt, berichtet er in seinem Brief an Brentano vom 14. Juni 1806 von drey freundlichen Schwestern (Nr. 462,22–23); die dritte ist die im folgenden erwähnte verheiratete Frau von Bose, wahrscheinlich eine Schwägerin. 33 Fräulein Neubrunn im Wallenstein] Hofdame der Prinzessin Thekla in
Wallensteins Tod. 33 Pompadur] Pompadour,
kleiner Strick-oder Arbeitsbeutel, benannt nach der Marquise von Pompadour. 36–37 Frau von Bose 〈...〉 in Dresden gesehen] Vgl. Sophie Mereau am 30. August 1803 an Brentano aus Dresden: Auch eine Mahlerin, Fr. v. Bose, war sehr gefällig u* liebenswürdig. (DjB Nr. 858.) Vgl. auch das Billett Nr. 429 (zugleich Nr. AI.59). 44–46 Der Blaubart 〈...〉 Clausnarren scheiterte der Plan] Tiecks Stück Ritter Blaubart (1797) mit der Figur des Narren Claus. 48 die Eugenie] Goethes Drama Die natürliche Tochter (1803), benannt nach der Titelheldin. 49–52 Doktor Beckendorf 〈...〉 zu einem Göthe für den hiesigen Erbprinzen bestimmt 〈...〉 ehe er noch angebissen] Georg Philipp Ludolph von Beckedorff wurde nicht Erzieher des Erbprinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz (nicht verzeichnet im Herzoglich Mecklenburg-Strelitzischen Staatscalender auf das Jahr 1806, in dem S. 21 der Hofstaat des Erbprinzen aufgeführt ist), jedoch anderer Prinzen: 1810 des Kurprinzen von Hessen, 1811–1818 des Erbprinzen von Anhalt-Bernburg. Arnim parallelisiert Beckedorffs pädagogisches Wirken mit dem des jungen Goethe, der 1775 auf Betreiben des jungen Herzogs Carl August nach Weimar gekommen war. – 1811 war Beckedorff in Berlin Mitglied der von Arnim gegründeten deutschen Tischgesellschaft, in der er am 18. Juni eine antisemitische Abschiedsrede vortrug (WAA XI, S. 151–155). 54 ein Liebchen wie Göthe] Mit Bezug auf Christiane Vulpius. 57–59 Hannöversche Politick 〈...〉 gegen Bonaparte] Das in Personalunion mit Großbritannien verbundene Kurfürstentum Hannover hatte sich in den französisch-englischen Auseinandersetzungen des Jahres 1803 proenglisch verhalten, war daraufhin von Frankreich okkupiert und im Schönbrunner Vertrag vom 15. Dezember 1805 von Napoleon an Preußen abgetreten worden.
771
Zu Nr. 431
Er hat neulich eine Cantate 〈...〉 Promotion eines Cammerjunkers von Jasmund zum Kammerherrn] Die Kantate Beckedorffs ist nicht bekannt. Carl Friedrich Heinrich von Jasmund wird im Herzoglich Mecklenburg-Strelitzischen Staatscalender auf das Jahr 1806 (S. 7) als Kammerjunker geführt, in demjenigen auf das Jahr 1808 (S. 11) ist er Kammerherr. 67–68 auf Ramlers Tod Jesu 〈...〉 den Besenstiel im Rücken u.s.w.] Nach einer Tenorarie aus dem Oratorium Der Tod Jesu von Carl Heinrich Graun; das 61–63
Libretto (1754) schrieb Karl Wilhelm Ramler:
So stehet ein Berg Gottes, Den Fuß, in Ungewittern, Das Haupt, in Sonnenstralen: So steht der Held aus Kanaan. Es mag der Tod auf Blitzen eilen, Er mag aus hohlen Fluren heulen, Es mag der Erde Rand zersplittern: Der Weise sieht es heiter an. So stehet ein Berg Gottes, Den Fuß, in Ungewittern, Das Haupt, in Sonnenstralen: So steht der Held aus Kanaan. (Ramler 1992, S. 23f.)
74
Spaniol]
»feiner span. Schnupftabak, wird aus Havannablättern bereitet
und mit einer roten Erde gefärbt« (MGKL XVIII, S. 674).
82–83 Sein Bruder, auch ein Feldmarschal] Prinz Ernst von MecklenburgStrelitz war wie der regierende Herzog königlich großbritannischer und kurfürstlich braunschweig-lüneburgischer Feldmarschall (vgl. Herzoglich Mecklenburg-Strelitzischer Staatscalender auf das Jahr 1806, S. 1, 3). 91 Hannepampel] Seltenes »schimpfwort für einen haltlosen, hin und her fahrenden und zappelnden menschen« (DWb X, Sp. 170). Auch in Arnims Kronenwächtern (Berlin 1817, S. 406). 96–97 die Grafin Colloredo, Bassenheim war bey ihr glücklich] Gemeint sind Auguste von Colloredo-Mannsfeld, geb. Freiin Groschlag von Dieburg, seit 1801 verheiratet mit Ferdinand von Colloredo-Mannsfeld, den Arnim im März 1802 in Wien als Göttinger Bekannten getroffen hatte (vgl. an Heinrich Dieterich, 16. März 1802; WAA XXXI, Nr. 114,48–50 und Erl.), sowie Friedrich Karl Rudolf Graf von Waldbott-Bassenheim, Gutsbesitzer am Rhein.
772
Zu Nr. 431
122–124 Wenn Du die Fiametta schickst 〈...〉 Zeit und Namen.] Sophie Brentano schickte das Manuskript etwa Mitte Juli selbst an Reimer. Es erschien mit ihrem Namen. Vgl. Nr. 420,45–56 und Erl. 125 Die Liederbrüder könnten sehr bald herauskommen.] Reaktion auf Nr. 424,146–154. Arnim kam auf das Projekt nicht mehr zurück, das wohl vor allem an den im Sommer 1806 einsetzenden Kriegswirren, die den Kontakt zu Brentano erschwerten, gescheitert ist. 125–127 An Bettine 〈...〉 Lieder gefällig mitzutheilen] Vgl. Nr. 434 sowie Datierung. 128–129 auf zwey Briefe 〈...〉 nur vier Zeilen geantwortet] Arnim hatte am 26. Januar (Nr. 421) und 17. Februar (Nr. 427) geschrieben, Bettina in der zweiten Hälfte Februar kurz auf seinen ersten Brief geantwortet (Nr. 423). 133–134 meinen Brief an Dich 〈...〉 darin nach bestem Gewissen gesprochen] Vgl. Nr. 420,65–122. 138 Tochter] Louise Reichardt. 143–144 Memoires secrets sur la Russie 〈...〉 Pougens 〈...〉 II Vol] Charles Franc¸ois Philibert Masson, Me´moires secrets sur la Russie, et particulie`-
rement sur la fin du re`gne de Catherine II. et le commencement de celui de Paul I. 3 Bde. Paris: Pougens an VIII–X (1800–1802). Masson war als französischer Offizier in russischen Diensten 1797 aus Rußland ausgewiesen worden und erregte mit seinen rußlandkritischen Anekdoten über den Zarenhof Aufsehen über Frankreich hinaus. Vgl. Herder an Knebel, 11. Juni 1800: Die Memoires sur la Russie m ü ß e n Sie lesen. 〈...〉 Das ist ein Mensch! u. das ist ein Reich! u. das ist eine Staatswirthschaft! (Dobbek/Arnold 1994, S. 135.) 147–148 Cid 〈...〉 von Herder 〈...〉 in der ersten Lieferung seiner Werke] Herders Bearbeitung Der Cid. Geschichte des Don Ruy Diaz, Grafen von Bivar erschien, nach Vorabdrucken in der Adrastea (9./10. Stück), vollständig erst postum mit einer Einleitung Johannes von Müllers in: Johann
Gottfried von Herder’s sämmtliche Werke. Zur schönen Literatur und Kunst. Bd. III. Tübingen 1805. 157–158 Weimaraner Wochenschrift 〈...〉 aus dem Leben Schillers ausgeschwatzt?] Falks Journal Elysium und Tartarus (vgl. zu Nr. 424,10–13); Anekdoten über Schiller in Nr. 1 vom 1. Januar, Nr. 31 Probeblatt (zwischen 20. und 23. April), Nr. 39 vom 21. Mai. 159–162 In diesen Tagen 〈...〉 die gröste Sammlung wendischer Alterthümer 〈...〉 in dem Schlosse zu Prillwitz aufgestellt] Das Dorf Prillwitz liegt etwa 15 km nördlich von Neustrelitz am Südwestufer der Lieps auf einer von Wiesen umgebenen Erhebung. Die mecklenburgischen Altertumsforscher
773
Zu Nr. 431
des 17. und 18. Jhs. hatten angenommen, daß sich auf dem Prillwitzer Schloßberg die slawische Tempelburg Rethra befunden habe, nach in das frühe Mittelalter zurückgehender Überlieferung der Hauptsitz der Götter der slawischen Wilzen oder Obotriten. Diese Annahme wurde durch die Funde der sogenannten Prillwitzer Idole in der zweiten Hälfte des 18. Jhs. verstärkt, die von dem Schloßberg stammen sollten. In den neunziger Jahren des 18. Jhs. waren die Funde auf Veranlassung des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz in sein Lustschloß Hohenzieritz, in die unmittelbare Nachbarschaft von Prillwitz, gebracht worden, wo Arnim sie noch sah, bevor die Gegenstände gegen Ende des Jahres 1806 aufgrund der französischen Invasion zur Sicherheit in das Neustrelitzer Schloß kamen. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jhs. stellte sich dann heraus, daß die Idole von den Neubrandenburger Goldschmieden Gideon Sponholz und dessen Bruder Jacob Sponholz gefälscht worden waren. Auf dem Prillwitzer Schloßberg befand sich zwar eine Befestigungsanlage, jedoch nicht das slawische Rethra, sondern eine frühdeutsche (Ersterwähnung 1286), die um 1500 geschleift worden war. (Vgl. Schmidt 2003.) 170–177 Die Gegend wo der grössere Theil gefunden 〈...〉 Zauberformel.] Arnim las, wie aus seinem Brief an Goethe von etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 (Nr. 454,327) hervorgeht, das von dem Neustrelitzer Hofprediger, Superintendenten und Konsistorialrat Andreas Gottlieb Masch verfaßte, von dem Neustrelitzer Hofmaler Daniel Woge herausgegebene Werk Die gottesdienst-
lichen Alterthümer der Obotriten aus dem Tempel zu Rethra am Tollenzer-See. Nach den Originalien auf das genaueste gemahlet, und in Kupferstichen nebst Hrn. Andreas Gottlieb Maschens Herzogl. Mecklenb. Strelitzischen Hofpredigers, Consistorial-Raths und Superintendentens Erläuterungen derselben (Berlin 1771), das die gängige Auffassung kanonisierte. 175 Purpurlagen] lagen: Laken (Tuch, Decke; vor allem niederdeutsch). 179 grossen See] Der Tollensesee, der nördlich an den Lieps-See anschließt. 179 sie gleicht dem Chimborasso nach Humboldts Bilde] Alexander von Humboldt hatte 1802 den Chimborasso bis etwa 5600 m bestiegen und berichtete darüber Anfang 1806 in seinen Berliner Vorlesung über die Physiognomie der Pflanzen vom 30. Januar 1806, die Arnim besucht hatte (vgl. Nr. 422,173 und Erl.): Am Chimborazo, sechsmal höher als der Brocken, sahen wir Schmetterlinge und andere geflügelte Insekten. 〈...〉 Höher, als der
Kegelberg von Teneriffa auf den Aetna gethürmt; höher, als alle Gipfel der Andeskette, schwebte über uns der Kundur, der Riese unter den Geiern. (Fragment aus der am 30sten Jan. 1806 in der öffentlichen Sitzung der Königl. Akademien gehaltenen Vorlesung: Ideen zu einer 774
Zu Nr. 431.E
Physiognomik der Gewächse, von Alexander von Humboldt. In: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz. Berlin 1806, Nr. 31 vom 13. Februar, S. 121–123, zit. 121. – Vorabdruck aus den Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Tübingen 1806, S. 1.) Arnim bezieht sich insbesondere auf das metaphorische Bild vom auf den Ätna getürmten Teide, das er mit seiner mecklenburgischen Landschaftsbeschreibung manche Wölbungen von Hügeln über∧einander variiert. Eine Humboldtsche Abbildung des Chimborasso kann er nicht gemeint haben. 181–182 Ich lege eine kleine Elegie bey 〈...〉 als eine Gegendevise] Vmtl. eine Teilversion der Elegie Träume (1809 im Wintergarten), angeregt von der Besichtigung der pseudowendischen Altertümer im Prillwitzer Schloß, von denen Arnim in seinem Brief an Goethe von etwa Mitte Mai bis Anfang Juni 1806 im Zusammenhang mit der Inspiration zu einer Elegie berichtet (Nr. 454,278–280). Eine separate Version dieser Darstellung, die Träume-Versen des Wintergartens entspräche, ist zwar nicht überliefert, doch spricht auch die Art und Weise, wie Arnim im Brief an Brentano von seinem Gedicht berichtet, dafür, daß Sophie Brentano eine der im Brief an Goethe geschilderten Episode entsprechende Fassung bekommen hat. Arnim wird sie als burleske Gegendevise zur erhabenen Darstellung des künstlerischen Schaffensprozesses in Sophie Brentanos Gedicht Arnim, ein Dreher (Nr. AII.23) verstanden haben.
431.E An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 12.–etwa 19. März 1806, Mittwoch-Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 424. A: Vgl. Nr. 449. H: Vgl. AIII, 38r (I), 38v–39r (II), ca. 2 S. Besonderheiten: Zwei Exzerpte (I, II) in AIII. Datierung: Analog Nr. 431.
Erläuterungen Vgl. Nr. 431. 25 König von Schweden] Gustav IV. Adolf. 25 Kaiser von Rußland] Alexander I. 26 König von England] Georg III. 26–27 deutschen Kaiser] Franz II.
775
Zu Nr. 432
432.
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, Mitte März 1806
DV: H. B: Nr. 427. A: Nr. 442. H: FDH 7387. − 1 Bl. ca. 234 x 190 mm; 1r–1v 1½ beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Verknittert, aoR fleckig. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 133 1v auRr: 7387. Besonderheiten: Der Brief wurde Arnim vmtl. von Berlin nach Neustrelitz nachgeschickt. Datierung: Aufgrund von Bettinas Mitteilung, Arnims Bezugsbrief sei erst am 12. März angekommen, sowie aufgrund von Arnims Nachricht im Antwortbrief, der Brief Bettinas sei schon unterwegs gewesen, als er einen enttäuschend kurzen von ihr (Nr. 423) beantwortet habe. Diese Antwort wurde am 18. März (Nr. 434) geschrieben. D1: Steig 1913, S. 16f.; datiert: März 1806. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 38–40 (Nr. B2); datiert: März 1806. D4: BvA/WuB IV, S. 34–36 (Nr. 10); datiert: etwa Mitte März 1806.
Varianten 4
recomandiren,] danach gestr. werden 10 aushauchen] danach gestr. darf 18 aussezen] aus auszusezen 31 mit] üdZ eing. 35 Auf36 Norden] r aus d 39 Wohnung] danach gang] Schluß-en gestr. 42 manche] danach gestr. 〈xxx〉 43 Hecken] k aus gestr. ziemlich 51 Gesträuch] aus 〈xxx〉 56 werden] we aus de 57 hier] h 〈x〉 aus e 59 sehr daß ich] aus 〈xxx〉 60 hat] aus habe Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen BvA/WuB IV, S. 766–768. 1 vom 3ten Fbr] Vielmehr vom 17. Februar; Bettina hat das undeutliche Datum verlesen. 4 recomandiren] empfehlen. 5 Ihre Lieblingslieder] Beilagen von Arnims Schul- und Universitätsfreund Schultz zum Bezugsbrief (vgl. Nr. 427,2–4 und Erl). 6–7 seit sie weg sind] Arnim war am 7. November 1805 mit Brentano und Savigny von dessen Gut Trages abgereist, wo sich auch Bettina aufgehalten hatte.
776
Zu Nr. 433
8 heischeren] »rauh, belegt, von stimme und ton« (DWb X, Sp. 900). 13–15 ein Lied, welches von Reichardt 〈...〉 componiert ward] Eines der Lieder Arnims, deren Kompositionen Reichardt in seinem Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand veröffentlicht hatte. Vgl. zu Nr. 362,29–33. 16 Die beiden lezten Andenken eines schönen Tages] Die beiden von Arnim überschickten Lieder, nach dessen Formulierung im Bezugsbrief. 22 Mangel an grüsenden Bildern] Nach Arnims Bedauern im Bezugsbrief, es fehle ihm an Bildern, die mich so begrüßen wie die grüssende Maria (Nr. 427,5). 28 auf dieser edlen Spize über hängenden Gärten] Der Forsthof in Marburg, unterhalb der Schloßbefestigung mit Berggarten. (Vgl. Nr. 415,124–125 und Erl.) Hängende Gärten: terrassenförmig angelegte Gartenanlagen, ursprünglich diejenigen der Semiramis in Babylon. 40–41 die jüngsten Kinder seiner Laune] Nach dem Titel von August von Kotzebues Sammlung Die jüngsten Kinder meiner Laune (6 Bde., Leipzig 1793–1797). 42–43 annoch] Bis jetzt, bis heute (nach lat. adhuc). 46 Sans Soucis mon repos] Beliebte französische Namen für Lustschlösser. Sanssouci: Sorgenfrei; Monrepos: Meine Ruhe. 58 Göthes recention] Des ersten Wunderhorn-Bandes in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, Nr. 18 und 19 vom 21. und 22. Januar 1806.
433.
Von Friedrich Carl von Savigny nach Berlin Marburg, 16. März 1806, Sonntag
DV: H. B: Nr. 426. A: Nr. 441. H: GSA 03/218. − 1 Dbl. ca. 205 x 125 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRr: 15, auRl: 1 1v aoRr: 16 2r aoRr: 17, auRl: 2. Besonderheiten: Der Brief wurde Arnim vmtl. von Berlin nach Neustrelitz nachgeschickt. D1: Härtl 1982, S. 180f. (Anhang I Nr. 1).
777
Zu Nr. 433
Varianten 16 milderes,] danach gestr. gestr. sie
Sch
28
sie] s
aus
m
34
und]
danach
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Härtl 1982, S. 380. 4–5 kleines Briefchen 〈...〉 durch Clemens von mir erhalten haben müssen] Nr. *412 vom 29. Dezember 1805, von Savigny nach Heidelberg geschickt. 7 Degens und 〈...〉 Regenschirms] Arnim hatte angenommen, Savigny habe die beiden Reiseutensilien bei seiner Abreise von Heidelberg gegen Mitte November 1805 irrtümlich mitgenommen. Vgl. Nr. 401,6–8. 15 Carlsberg] Heidelberger Gasthof. 22–28 die Baldingerschen Kupfer 〈...〉 mir abzutreten] Vgl. Nr. 426,4–7 und Erl. 39 die Rüstung 〈...〉 Göttingen] Göttingen gehörte zum Königreich Hannover, das im Schönbrunner Vertrag vom 15. Dezember 1805 von Napoleon an Preußen abgetreten worden war. Den französischen Truppen, die abzogen, folgten preußische. Arnim kam im August 1806, als Savigny und Bettina Marburg verlassen hatten, nach Göttingen. 42 Die kleine Betine] Bettina von Savigny (geb. 10. April 1805). 43–44 Brief an Sie] Nr. 423.
434.
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 18. März 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 423. A: Nr. 440. H: FDH 7221. − 1 Dbl. ca. 236 x 195 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 3x längs, 1x quer gefaltet Ku ca. 100 x 122 mm; Kur Adresse. − Im Mittelfalz und arR braune Flecke; Kur auR brauner Fleck, Kuv rotes Siegel. − WZ: C. WARSAND. Fremdeinträge: 1r aoRl: 134 2v auRr: 7221 Kur aoRl: 134 Kuv Bettina: 18.
März 1806 Neustrelitz. Postzeichen: Portozeichen. D1: Steig 1913, S. 17f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 41–43 (Nr. A3).
778
Zu Nr. 434
Varianten 8 von dem 〈...〉 möchte] üdZ eing. 11 wie] aus 〈xxx〉 19 die] danach 23 Wort. Nach] aus Wort, nach 24 haben] aus hatten gestr. die 30 hatte] aus 〈xxx〉 33 schreiben Sie auf] üdZ eing. 35 Ihr] I aus 〈x〉 41 ewig] e aus 〈x〉 42 Und] aus Me 49 ist] aus 〈xxx〉 51–53 Vor drey Wochen 〈...〉 angekommen.] alR
Erläuterungen 5 Notenblat] Nicht bekannte Beilage (Komposition) Bettinas zum Bezugsbrief. 6 Inschrift von Rosette] 1799 in der ägyptischen Stadt Rosette gefundene Tafel mit drei verschiedenen Inschriften: in altägyptischen Hieroglyphen, demotischer und griechischer Schrift. 19 mein klein braunes Kindchen] Arnims Patenkind Bettina von Savigny (geb. 10. April 1805). 19–20 die 〈...〉 Herrschaft von Trages] Friedrich Carl und Gunda von Savigny als Besitzer des Gutes Trages. 22 Clemens 〈...〉 daß 〈...〉 Meline krank gewesen] Vgl. Nr. 424,175–177. 27 der hiesige Capellmeister Siebenkäs] Anspielung auf die Titelfigur von Jean Pauls Roman Blumen-, Frucht- und Dornenstücke oder Ehestand,
Tod und Hochzeit des Armenadvokaten F. St. Siebenkäs im Reichsmarktflecken Kuhschnappel (1796/97). Hofkapellmeister in Neustrelitz war Johann Peter Conrad Wiele. (Vgl. Herzoglich Mecklenburg-Strelitzischer Staatscalender auf das Jahr 1806.) 27 Blondin] (frz.) Blondkopf; auch: Stutzer, Weichling. 28 Geburtstage einer alten Princeß] Am 16. März 1806 wurde die verwitwete Prinzessin Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt – die Schwiegermutter des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz – 77 Jahre alt. 29 den Blaubart 〈...〉 der Klaus fehlte uns] Die Aufführung von Tiecks Stück Ritter Blaubart (1797) scheiterte daran, daß sich für die Figur des Narren Claus kein Darsteller von angemessener Größe fand. Vgl. Nr. 431,44–46. 31 Sammlung unsrer Lieder] Als Lieder der Liederbrüder. Vgl. Nr. 420,172–173 und Erl. 42 Und der Morgen] Brentanos
Und der Morgen wird ein Küssen, Mittag wird ein süß Umfangen; Abendroth ein still Verlangen, Nur die Nacht werd’ ich vermissen. 779
Zu Nr. 434
in seiner Anfang 1801 erschienenen Erzählung Der Sänger (FBA XIX,51,21–24). Den ersten Vers zitiert Brentano in seinem zwischen 18. und 22. Juli 1802 an Johanna Kraus und Gritha Hundhausen geschriebenen Brief (DjB Nr. 659). 43 Das macht mir Schmerz] Vmtl. dasselbe Lied, das Bettine in einem Frühlingskranz-Brief zitiert: Das schmerzt mich sehr, das kränket mich, daß ich nicht genug kann lieben Dich. (BvA/W II, S. 651.) Es ist der aus dem ursprünglich religiösen Kontext gelöste Anfang der zweiten Strophe des von Johann Heermann 1630 verfaßten Kirchenliedes O Jesu, Jesu, Gottes Sohn. Die beiden ersten Strophen lauten:
O Jesu, Jesu, Gottes Sohn, mein Bruder und mein Gnadenthron, mein Schatz, mein Freud und Wonne, du weißt es, daß ich rede wahr, vor dir ist alles sonnenklar und klarer als die Sonne. Herzlich lieb ich mit Gefallen dich vor allen, nichts auf Erden kann und mag mir lieber werden. Dies ist mein Schmerz, dies kränket mich, daß ich nicht gnug kann lieben dich, wie ich dich lieben wollte. Ich werd von Tag zu Tag entzündt; je mehr ich lieb, je mehr ich find, daß ich dich lieben sollte. Von dir laß mir deine Güte ins Gemüte lieblich fließen, so wird sich die Lieb ergießen. (EKG 1953, Nr. 452.)
43 43
Göthe’s Fischer] Die Ballade Der Fischer (1779). Lustige Musikanten] Brentanos berühmtes Lied Die lustigen Musikanten (1803); Beginn: Da sind wir Musikanten wieder, Die nächtlich durch die Straßen ziehn
in seinem Lustspiel
(Brentano/W IV, S. 291).
46–47 In wenigen Tagen denke ich in der ersten Junihälfte nach Berlin zurück.
780
Berlin zu seyn] Arnim kam erst in
Zu Nr. 435
51–53 Vor drey Wochen 〈...〉 an Savigny 〈...〉 und 427 mit Beilagen. 52 meine Kupferstiche] Vgl. zu Nr. 426,4–7.
einen Brief an Sie]
Nr. 426
434.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 18. März 1806, Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 423. A: Vgl. Nr. 440. H: Vgl. AIII, 38v, ¼ S. Besonderheiten: Der letzte Satz steht in Arnims Brief an Brentano vom 12. März 1806 (Nr. 431,136–137). Datierung: Analog Nr. 434.
Erläuterungen Vgl. Nr. 434.
435.
Von Clemens Brentano nach Berlin und Neustrelitz Heidelberg, 18.–etwa 22. März 1806, Dienstag–Sonnabend
DV: H. B: Nr. 425. A: Nr. 443. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 104r–107v. − 2 Dbl. (I, II) ca. 234 x 187 + 232 x 194 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Adresse; je 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 4 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß; 4v drei rote Siegel. − WZ: I + II: J WHATMAN. Beilagen: Briefe Docens an Brentano vom 17. Januar, 2. Februar, 12. Februar und zwischen etwa 10. und Mitte März 1806 (DjB Nr. 1183, 1189, 1196, 1211). Fremdeinträge: 1r aoRl: 496, aoRr: 9., unter Datum Steig: 18 März 1806, darunter: 104 2r aoRr: 104 3r aoRl: 496, aoRr: 10., 106 4r aoRr: 107 3v Z. 169–171 von deinem Rausch 〈...〉 Übergabe von Wesel mit Rötel unterstr. 4r Z. 209 Stollberg mit Rötel unterstr. Besonderheiten: Der Brief wurde Arnim vmtl. von Berlin nach Neustrelitz nachgeschickt. – Kat. Rother 1989, Nr. 46.
781
Zu Nr. 435
Postzeichen: Stempel: R.1.HEIDELBERG. 2 Portozeichen. Datierung: Am Schluß räsonniert Brentano über die Zeit, welche dieser Brief schon geschrieben wird (Z. 219–220). Daß er zumindest noch am 22. März geschrieben wurde, läßt sich aus der Erwähnung (Z. 47) von Savignys Brief an ihn vom 16. März (DjB Nr. 1216) erschließen, den Brentano am 22. März erhielt, wie aus seinem Antwortbrief an Savigny vom gleichen Tag (DjB Nr. 1221) hervorgeht. D1: Steig 1894, S. 165–168 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 68, Nr. 6 (TD, kurzer Auszug). D3: Seebaß 1951, Bd. I, S. 304–309. D4: FBA XXXI, S. 504–511 (Nr. 440). D5: Schultz 1998, Bd. I, S. 355–362 (Nr. 76).
Varianten 4 dir] d aus 〈x〉 danach gestr. denn 9 mochtest] cht aus 〈xxx〉 10 Geschäft] danach gestr. hätte 15 das] s aus ß 29 studierte] stu aus 〈xxx〉 32 außerdem] neuer Schreibansatz 40 meiner] r aus m 40 Seele] S aus K 45 Asche] danach gestr. für H K 47 schönes] danach gestr. erzählt 50 Adams] danach gestr. Arbei 60 Rezen63–64 erwähnte,] danach gestr. senten] danach gestr. Buchstabenansatz war 71 Menschliches] danach gestr. als 92 Zimmer] über gestr. Mohr 92 den] aus die danach gestr. Forts 137 Neuenheim] danach gestr. bei 147 als] danach gestr. auf 152 den] aus mit 164 in die 174 und sie] üdZ 174 laßen] aus läßt Schweiz] üdZ eing. 175 lieb,] danach gestr. ich k 175 Vollendete] danach gestr. E 179 Geschichten] G aus 〈xx〉 181 folgt.] danach gestr. Es ge 191 Korbe] danach gestr. ruhig 194 edle] alR eing. 195 ein] aus einem 204 nun] danach gestr. l 207 dem] m aus s 210 gäbe] neuer Schreibansatz 216 können,] danach gestr. dein 220 schon] aus 〈xxx〉
Erläuterungen 5 meine Antwort auf dein vorleztes] Nr. 424 auf Nr. 420. 7–8 ein wahrer Bötticher] Anspielung auf den umtriebigen Ex-Weimarer Altphilologen, Polyhistor und Journalisten Carl August Böttiger. 10–11 Fiammettisch] In der Art von Boccaccios Fiammetta: Die an Liebe leidende Fiammetta wendet sich elegisch an andere verliebte Frauen zu deren Belehrung.
782
Zu Nr. 435
18 Langwied] Langwiede, auch Langbaum, Langwagen, Langwelle. (Vgl. DWb XII, Sp. 185.) 25–26 an Leon 〈...〉 geschrieben] An Gottlieb von Leon, vmtl. erste Hälfte März 1806 (DjB Nr. *1206; nicht überliefert). 26 der auch dem Gräter viel geschickt] Volkslieder-Beiträge, die in der von Gräter herausgegebenen Zeitschrift Bragur erschienen: Altteutsche Volkslieder, mitgetheilt aus der Kaiserlichen Bibliothek (Bd. VI, 2. Abt., 1800, S. 70–87); Altteutsche Volkslieder aus der kaiserlichen Bibliothek. Zweyte Lieferung (Bd. VII, 2. Abt., S. 89–105). 27–29 an Tschudis Biografen 〈...〉 wegen den 〈...〉 Tschudischen Liedersammlungen] An Ildephons Fuchs, vmtl. erste Hälfte März 1806 (DjB Nr. *1202; nicht überliefert). Vgl. Nr. 424,72–78 und Erl. 29–32 in Halle 〈...〉 studierte 〈...〉 ein 〈...〉 St. Gallner Meier 〈...〉 ob er in St Gallen lebt] Daniel Meyer, am 12. Oktober 1795 als stud. med. in Halle immatrikuliert, Sohn des St. Gallener Unterbürgermeisters Johann Ulrich Meyer (frdl. Auskunft des Universitätsarchivs der MLU Halle-Wittenberg), gründete 1803 in St. Gallen als Apotheker mit dem Arzt Kaspar Tobias Zollikofer eine Apotheke, die vollständig in seinen Besitz überging und die er 1859 verkaufte (vgl.www.sternapotheke.ch/cms/front). Er gehörte nicht zu den Vermittlern von Liedern ins Wunderhorn. 41 Verzeihe daher dem aschgrauen Antlitz dieses Briefes] Auf den vorangehenden Inhalt bezogen, nicht auf die materiale Beschaffenheit des Briefes. 44–45 dem alten Zauberkasten, der dein Stehpult war] Vgl. Arnims Erinnerung in der Zweiten Nachschrift an die Leser zur zweiten Auflage des ersten Wunderhorn-Bandes (1819): an sein damaliges mit alten Bildern beschlagenes Stehpult auf Brentano’s Zimmer in Heidelberg 〈...〉, von
welchem ich umher auf einen reichen Schatz gesammelter alter Bücher und Handschriften und in die Ferne auf die abgestuften Weinberge jenseits des Neckars blickte (FBA VIII, S. 378). 46 Krapp für Fries] Anspielung auf den Heidelberger Krapp-Fabrikanten Christian Adam Fries. Vgl. zu Nr. 406,179. 47–51 Savigny hat mir 〈...〉 welches sehr schön sein soll.] Brief vom 16. März 1806 (DjB Nr. 1216). Zu den Kupferstichen vgl. zu Nr. 426,4–7. 51–52 Betine war in Kassel mit Jordis und Lulu] Johann Carl Jordis und seine Frau Lulu waren Ende Januar auf der Durchreise in Marburg und hatten Bettina für vierzehn Tage nach Kassel mitgenommen. Vgl. Savigny an Brentano, 2. Februar 1806 (DjB Nr. 1190). 52 ihre Beschreibung von dem Eindruk der Gallerie] Bettinas Bericht an Brentano, zwischen etwa 20. Februar und Mitte März 1806 (DjB Nr. *1200), ist
783
Zu Nr. 435
nicht überliefert. Die von Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel im 18. Jh. erworbene umfangreiche und wertvolle Gemäldesammlung war in einem 1749–1751 erbauten 40 Meter langen und 11 Meter hohen Saal an der Frankfurter Straße untergebracht, der 1775 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden war. (Vgl. Schnackenburg 2000.) Im September 1806 war Arnim selbst von den Kasseler Sammlungen beeindruckt. Vgl. Nr. 498,66–81 und Erl. 54 Churprinzessin] Friederike Christiane Auguste Kurprinzessin von HessenKassel. 55 meschanten] me´chant (frz.): schlecht, elend, erbärmlich. 57 gemein] gewöhnlich. 58 der neue Amadis] Goethes Gedicht Der neue Amadis (Erstdruck 1775). 58 Wielands neuen Amadis] Wielands Der Neue Amadis. Ein comisches Gedicht in achtzehn Gesängen (1771). 62–64 Briefwexel zwischen Heinse Gleim und Müller 〈...〉 Auszug in
der Isis] Vgl. Nr. 415,142 und Erl. 70 unzählich oft die Worte Elisium, Grazienheiliger, Charitinen]
Der
Beobachtung dürfte vor allem die Lektüre des ersten Drittels des ersten Bandes zugrundeliegen. Darin kommt zwar
Elysium oft vor, Grazienheiliger (Anrede Chari-
Heinses an Gleim, 1. September 1772) jedoch nur einmal (S. 104) und
tinen (nach der griech. Bezeichnung von Grazien) nicht häufig (Körte 1806, Bd. I, S. 53, 118, 121, 143). 73 daß ich Heinse gekannt habe] Heinse war um 1800 des öfteren in Frankfurt, wo er auch zu den Brentanos Kontakt hatte. Vgl. Kunigunde an Brentano, 16. März 1801, und Brentano an Kunigunde, etwa 20. März 1801 (DjB Nr. 418, Nr. 420). 75–76 Heinse im abgebranten Dorfe ist gar rührend] Gemeint ist Heinses Brief an Gleim aus dem Thüringer Wald vom 7. August 1772 (Körte 1806, Bd. I, S. 97–102) mit einem Bericht über seinen Geburtsort Langewiesen (bei Ilmenau), der im Vorjahr erstmals und vor einigen Tagen vollends abgebrannt war. Das Haus meines Vaters mit allem, was darinnen war,
sammt den schönen Bäumen in seinem Garten, das Haus meiner Schwester, eines gutherzigen Mädchens, und noch einige meiner Verwandten, sind gänzlich von der Flamme verzehret worden. (Ebd., S. 97f.) 77–78 wie ihn die Düsseldorfer Gallerie entzündet] Zufolge der umfangreichen Briefe an Gleim vom August 1776 und April 1777 (ebd., Bd. I, S. 246–307, 336–366) mit Beschreibungen von Gemälden der Düsseldorfer Galerie, die bereits im Teutschen Merkur erschienen waren.
784
Zu Nr. 435
78–79 wie Göthe 〈...〉 erwähnt wird] Zuerst im Brief aus Düsseldorf an die Halberstädter Freunde vom 13. September 1774: Göthe war bey uns, ein
schöner Junge von fünf und zwanzig Jahren, der vom Wirbel bis zur Zehe Genie und Kraft und Stärke ist; ein Herz voll Gefühl, ein Geist voll Feuer mit Adlerflügeln, qui ruit immensus ore profundo (ebd., Bd. I, S. 196f.). Dann an Gleim, 13. Oktober 1774: Ich kenne keinen Menschen in der ganzen gelehrten Geschichte, der in solcher Jugend so rund und voll von eigenem Genie gewesen wäre, wie er. Da ist kein Widerstand; er reißt alle mit sich fort, und seine »Götter, Helden und Wieland« 〈...〉 kömmt in keine große Betrachtung, wenn man ihn persönlich reden hört. (Ebd., Bd. I, S. 201.) 80 der alte Wieland damals schon fatal] Wieland hatte sich 1773 in einem Brief an Gleim, den dieser Heinse zu lesen gab, unwillig über erotische Frühwerke Heinses geäußert: die Stanzen im Anhang des Romans Laidion und die Übersetzung des Satyricon von Petronius, und Körte teilte (ebd., Bd. I, S. 136–148) Heinses Brief an Wieland aus Halberstadt vom 2. Januar 1774 mit,
weil er eine Rechtferigung des vielfach mißverstandenen Heinse enthält (Anm. Körtes S. 136). Wielands Antwort bezeugte eine Meinungsänderung, von der Heinse Gleim am 23. Juni 1774 unterrichtete: Socrates-Wieland will mich wieder lieben; er schreibt, nachdem er Laidion gelesen: ich muß ihn wider meinen Willen lieben; und den Stanzen macht er vielleicht zu große Lobsprüche. Freuen Sie sich mit Ihrem guten Sohne darüber, daß der alte erzürnte Socrates von meiner lieben Tochter Laidion sich wieder hat besänftigen lassen. (Ebd., Bd. I, S. 171.) 80–81 Jakobi damals schon eine Art Superintendent aus dem Himmel] Vmtl. Bezug auf Heinses Briefwechsel mit dem nach Magdeburg gereisten Gleim im Jahr 1774: über den Vertragsabschluß mit dem in Halberstadt weilenden Jacobi über Heinses Mitarbeit an der Zeitschrift Iris und über die Abreise Heinses mit Jacobi. Allerdings wird Brentano entgangen sein, daß der Halberstädter Jacobi nicht Friedrich Heinrich Jacobi war, sondern dessen Bruder Johann Georg, der 1769 ein von Gleim vermitteltes Kanonikat in Halberstadt erhalten hatte und die Iris 1775–1778 mit Gleim herausgab. Im Briefwechsel heißt es: Heinse an Gleim, Halberstadt, 2. April 1774: Ich habe mit Jacobi einen
Vertrag wegen der Iris errichtet. Ehe ich ihn einging, that ich noch einen Satz, mich, nach Ihrem Willen, gänzlich von den Geschäften der Iris los zu reißen. / Am Nachmittag aber war ich bey beßrer Laune, und, ging den Vertrag ein; ohngefähr wie ein Mädchen seine Jungfrauschaft verliert, verlor ich meine Freyheit; Jacobi verwandelte mich erst in eine Dame, und dann war’s ihm nicht mehr schwer, mich zu 785
Zu Nr. 435
überwinden. / Ich weiß jetzt nichts beßres zu thun, und zu ergreifen, und lasse mich also mit ihm nach Düsseldorf fahren. – Jacobi läßt sich nicht aufhalten, seine Abreise ist auf vier Uhr, Montags früh mit einem langen Nagel angeschlagen. (Ebd., Bd. I, S. 152.) Gleim an Heinse, Magdeburg, 8. April 1774: Ich bin es gewohnt, mein lieber Freund! Von meinen Freunden gemordet zu werden – / Ich sagte nach dem Lesen Ihres Briefes zu meiner Nichte: Jacobi kann mit leichtem Herzen meinen Heinse mir entführen – Mein Jacobi ist Kaufmann geworden, und hat meinen Heinse, das gute Kind, zu seinem Ladendiener angenommen; er will abreisen, ohne meinen Heinse mich noch einmal sehen zu lassen, und hat zu seiner Abreise keinen andern Bewegungsgrund! (Ebd., Bd. I, S. 154f.) 82 Ardinghello] Heinses Roman Ardinghello und die glückseligen Inseln (1787). 86–90
Der Pfarrer Bang 〈...〉 schreibt mir 〈...〉 Pitzger 〈...〉 die Bergkreyen habe er eigen gehabt.] Vgl. Bang an Brentano, 15. März 1806 (DjB
Nr. 1215). 91–92 Dozen hat sich auch an Koch gewendet um Lieder.] Das hatte Docen Brentano mitgeteilt. Vgl. DjB Nr. 1211. 92 Michaelis] Zur Herbstmesse; Beginn: Sonntag nach Michaelis (29. September). 100 sie] Mohr und Zimmer. 100 durch Voß seine Sachen] 1806 erschienen von Voß Des Quintus Horatius Flaccvs Werke sowie Hesiods Werke und Orfeus der Argonaut bei Mohr und Zimmer. 100 gesteckt] Ein Ziel gesetzt. (Vgl. DWb XVII, Sp. 1303f.) 108–110 dann mußt du mir ja auch alle deine Lieder vorlesen 〈...〉 ich dir die Abschrift der meinigen geben] Das Projekt der Lieder der Liederbrüder, auf das etwa gleichzeitig (Nr. 424,146–154) auch Arnim zurückgekommen war. 112–113 Ich möchte auch wegen der Volkslieder ein Zirkular drukken lassen] Vgl. Nr. 458.P. 115 die Frfter Contribution] Vgl. zu Nr. 406,176–177. 119–121 nach Braunschweig an Hoyer 〈...〉 aus Eschenburg seiner Sammlung Etwas zu erwischen] Arnim schrieb nicht an den ehemaligen Göttinger Kommilitonen Conrad Friedrich Heyer, der sich als Arzt in Braunschweig niedergelassen hatte, sondern besuchte ihn dort im Juli 1806 wie auch den Literaturhistoriker Johann Joachim Eschenburg, von dem er mancherley erhielt (Nr. 472,106). Brentano hatte den Kontakt zu Eschenburg bereits am 1.
786
Zu Nr. 435
Januar (Nr. 415,140) empfohlen, damals jedoch als Vermittler Winkelmann vorgeschlagen. 121 an Franz Horn nach Bremen] Von Brentano bereits Nr. 415,145 empfohlen. Vgl. Erl. dazu. 122 an Körte nach Halberstadt] Von Brentano bereits Nr. 415,141 empfohlen. Vgl. Erl. dazu. 122–123 die grose Bibliothek Gleims] Gleim hatte eine Bibliothek von etwa 10 000 Bänden hinterlassen, von der Körte 1804 einen Teil-Katalog herausgab, den Brentano gekannt haben wird: Verzeichniß eines Theils der Kup-
ferstich- und Bücher-Sammlung Johann Wilhelm Ludwig Gleim’s, welcher den 22sten October d. J. und folgende Tage, in den gewöhnlichen Nachmittagsstunden, im sogenannten großen Juden-Hause öffentlich versteigert werden soll. Nebst einigen Anhängen. Halberstadt 1804 (Reprint Leipzig 1987). 128–129 Wenn ich 〈...〉 nicht kann sein] Bezug auf die erste Strophe von Wenn ich ein Vöglein wär im ersten Wunderhorn-Band:
Wenn ich ein Vöglein wär, Und auch zwei Flüglein hätt, Flög ich ich zu dir; Weils aber nicht kann seyn, Bleib ich allhier. (FBA VI, S. 217f.)
132 englischen] engelhaften. 134 Haarseil] »dünnes von haaren gedrehtes seil, das in ein fontanell zum abführen böser feuchtigkeiten des körpers gelegt wird« (DWb X, Sp. 38). 143–148 Chemiker Kastner 〈...〉 schon ein paar Fabriken regiert 〈...〉 Geld verdient] Karl Wilhelm Gottlob Kastner war zum Herbstsemester 1805 als außerordentlicher Professor der Chemie nach Heidelberg gekommen. Von 1798 bis 1803 hatte er eine Apothekerlehre in Swinemünde absolviert, bei dem Berliner Apotheker Christian Gottfried Flittner als Gehilfe gearbeitet und eine Apotheke im sächsischen Neustadt verwaltet. »Im Sommer 1802 bekam Kastner 〈...〉 auf Vermittlung Flittners das Angebot, sich in einem Betrieb um verschiedene Prozesse wie das Färben zu kümmern. Diese Gelegenheit nahm er gern wahr, um sich 〈...〉 in der angewandten Chemie weiterzubilden. Auf den auch später geschätzten Bezug zur Praxis legte er also schon damals großen Wert. Während seiner Tätigkeit war es ihm dann möglich, eine Reihe von Versuchen zur Färbung sowie verschiedene Analysen durchzuführen, über die er in Trommsdorffs Journal 〈Journal der Pharmacie〉 berichtete: Analysen des Kur-
787
Zu Nr. 435
barillharzes, des ›fetten Nephrits‹ sowie des ›derben Zinnsteins‹.« (Kirschke 2001, S. 18f.) Daß Kastner schon ein paar Fabriken regiert, Arkana an Fabriken verkauft und Geld verdient habe, ist allerdings nicht belegt. 1804 hatte er Medizin und mehrere naturwissenschaftliche Fächer in Jena studiert, wo er »seine romantisch-naturphilosophische Prägung« erhielt, »der er sein Leben lang verhaftet blieb« (ebd., S. 28). Brentanos Mitteilung, Kastner habe das Universum so gut in der Apothekerbüchse als irgend einer, bezieht sich auf Kastners Inspiration durch die frühromantische Natur- und Transzendentalphilosophie, die ihm vor allem durch Johann Wilhelm Ritter vermittelt wurde. Eine besondere Prägung erfuhr Kastners naturphilosophische Auffassung durch den Einfluß der Schriften des ungarischen Chemikers Jakob Joseph Winterl, dessen dualistisches System er jedoch nicht kritiklos rezipierte (vgl. ebd., S. 34–41). 148–149 mit Ritter zusammen gelebt] Johann Wilhelm Ritter und Kastner hatten sich zu Beginn von dessen Jena-Aufenthalt im April 1804 eng befreundet. (Vgl.: Richter 1988, S. 131; Kirschke 2001, S. 22, 28–30.) 152–153 den Veitstanz 〈...〉 überwunden habe geben müssen] Vgl. Brentano an Savigny, vmtl. Mitte Juni 1803 (DjB Nr. 807). 154–156 in Spaziers Wanderungen durch die Schweiz 〈...〉 ein paar Schweizer∧lieder 〈...〉 Is äben ä Mänsch uf Erden!] Karl Spazier veröffentlichte in seinen Wanderungen durch die Schweiz (Gotha 1790) Schweizerlieder, darunter Ischt äben ä Mensch uf Erden, Simeliberg, das Vorlage für Des Hirten Einsamkeit im dritten Wunderhorn-Band wurde (vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 243–248) und das Brentano im November 1804 in Berlin gesungen hatte, wie er damals seiner Frau berichtete (DjB Nr. 1024). Von einigen Liedern, deren Texte ihm nur in Fragmenten zugekommen waren (S. 340), teilte Spazier lediglich die Melodien als Notenbeilage mit, S. 340–342 gab er jedoch einige Liedtexte wieder:
Mi Schatz wä tue tuscht zKilche ga Luek numme nüt gänge mi a; Suscht segge di fule Knabelüt Miär müsse än angere ha. Mi Schatz wä tue tuscht z’Märi ga, Chram numme uüt so viäl, Wä du dis Geld verchrämerlet häscht, Wat soll i dä nue mit di?
788
Zu Nr. 435
Mi Schatz wä tue zu Danz tuescht ga, Danz numme nüt gänge mit miär Danz og nu mit andre Maidschene z’Nacht kunschte denn nüschte zmir. Ein anderes. Ischt äben ä Mensch uf Erden, Simeliberg, Und Fräneli ab dem Kuggisberg Und Sibethals Jäggeli (Jacob) änne ten Berg, Ist eben ä Mensch uf Erden, Daß ig mag bey im sey. Und mag der mir nüt werden, Simeliberg, Vor Kummer stürben ig. In meines Buhlis (Buhlen) Garten, Simeliberg Da standen zwey Bäumali. Das einte treibt Muskaten, Simeliberg Das andre Nägeli. Die Muskaten die sind süeße, Simeliberg, Die Nägeli die sind süeße, – Dort äne (oben) in einer Tiefe, Simeliberg, Da stand ein Mühlirad. Das Mühlirad ist broken, S. Die Liebe hat än End. 156–157
das Bruchstük eines gröseren Kriegslieds] Ebd., S. 344–347 AusEyn schön Lied, vom Ursprung und Herkommen der alten Schwytzeren. Insonderheit des Landes Haßli im Weyßland: aus alten Chronicken gezogen. In seiner eigenen Melodey, oder in der Weiß: Kompt her zu mir spricht Gottes Sohn. Anfang und
züge aus einem Lied mit dem Titel
Schluß der Auszüge lauten:
4. Die Thewrung hat gewährt so lang Daß man in Schwedn kein Nahrung fand Und in dem Land Ost-Friesen etc. 11. Aus Ostfriesen zoch ein groß Schaar, Kommend mit den Schweden dahar – Sie musten ziehen überall 789
Zu Nr. 435
Aus Bergen und auß tieffe Thal, Von Städten und von Landen. 〈...〉
77. Nach Inhalt der Chronick ist es gesetzt, Zum Gdachtnüß gsungen und geschwetzt, Der Landschaft zNutz und Ehren, Damit ein jeder denk daran, Und alles zum Besten thu verstahn, All Ehr ghört Gott dem Herren. Amen. 157–160 er klagt auch über den Mangel 〈...〉 daß er ein Lied 〈...〉 umsonst gesucht habe] Ebd., S. 340: Von alten Volksliedern und Volksgesängen habe ich wenig auffinden können. Man singt schon viel neuere deutsche Lieder, in welchen ich nichts von der alten rustiken Simplicität und dem kräftigen Balladenton fand. 〈...〉 Man hat eine alte Ballade von einem Bettelmann, den eine gnädige Frau in Abwesenheit des Junkers ins Haus nimmt; aber ich habe sie nicht angetroffen. (S. 340.) – Ueberhaupt aber ist mir kein einziges Schweizervolkslied vorgekommen, das mit einer nordischen Romanze im geringsten verglichen werden könnte. Nichts als kindisches Wesen, Weichheit, plumpe läppische Küherliebe, niedrige flache Bilder aus dem dürftigen Bezirk des Küherlebens, und ganz rohe Einfalt, die mit allem gleich am Ende ist, charakterisiren die alten Schweizerlieder. (S. 342.) 160–161 Dies ist wahrscheinlich unser Bettelmann aus Ungarn.] Der Pilger und die fromme Dame im ersten Wunderhorn-Band. 163–164 einen vierten Brief in die Schweiz 〈...〉 an einen Freund von Georg] Brentano hatte bereits DjB Nr. *1202, *1203, *1204 in die Schweiz geschrieben. Den vierten Brief schickte er seinem Bruder Georg Brentano nach Frankfurt, der ihn an Caspar Müller in Luzern, Mitarbeiter der dortigen Firma Jost Müller und Comp., weiterleitete. (Vgl. DjB Nr. *1219.) 165 wo du deinen Tell abgeschrieben] Während Arnims Schweizreise im Juli 1802 in Arth (am Zuger See im Kanton Schwyz). In der Erzählung Aloys und Rose teilte er erstmals das Dialoggedicht Tell und sein Kind mit. Die Historizität der Inschrift scheint verbürgt, sie wurde unter dem Titel Tell und sein Kind in den ersten Wunderhorn-Band aufgenommen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 82–84.) 167 das von dem Brande gerettet ist] Im 18. Jh. zerstörten zwei Dorfbrände in Arth siebenundsiebzig (1719) bzw. neunzehn (1759) Häuser. (Vgl. www.arth-online.ch/geschichte.)
790
Zu Nr. 435
167–169 Auf der Anspacher Schloßbibliotheck 〈...〉 an Bairen gekomDer größte Teil der umfangreichen und wertvollen Ansbacher Schloßbibliothek (12 400 Bände) mußte 1805/06 auf Anordnung der preußischen Regierung an die Erlanger Universiätsbibliothek abgegeben werden, der Restbestand (etwa 7000 Bände) blieb in Ansbach und kam als Regierungsbibliothek an Bayern, da die Markgrafschaft Ansbach im Vertrag von Schönbrunn (15. Dezember 1805) von Preußen an Bayern abgetreten wurde. (Vgl. www.schlossbibliothekansbach.de/geschichte.) 170 Rausch in Weimar bei Prinz Louis] Vgl. Nr. 404,50–56 und Erl. sowie Nr. 405.K. 170–172 Übergabe von Wesel 〈...〉 daß Preußen das Loch öfnen muste] Festung und Stadt Wesel waren von Preußen im Vertrag von Schönbrunn an Frankreich abgetreten worden, das damit einen rechtsrheinischen Brückenkopf gewann. 172–173 deine braven Ukermärker] Arnim war in der Uckermark begütert. Vgl. im Exzerpt eines Briefes an Louise von Schlitz aus der ersten Hälfte Juli 1802, also nach der Rheinreise mit Brentano: Den Rhein sah ich bey Cassel
men.]
zum letztenmal in seiner freundligen Spiegelfläche, wenn er doch einst mich eben so freundlich aufnehmen wollte, wenn ich mit den Ukermärkischen Rittern und meinen Mannen die dreyfarbigen Flaggen zerreissen und die rothen Federn von ihrem Posten ablösen und hinein jagen werde. (WAA XXXI, Nr. 234.E,4–8.) 174 sie] Ernestine Voß. 176–177 daß sie und Louise Reichard sehr vertraut zu sein scheinen] Vossens hatten Reichardt im Juli 1797 und im Juli 1799 in Giebichenstein besucht (vgl. Baudach 2003, S. 348–354), und dabei wird Ernestine Voß auf Louise Reichardt aufmerksam geworden sein. Allerdings urteilte sie in einem Brief an Heinrich Christian Boie vom 31. Juli 1799 aus Giebichenstein recht negativ über die Reichardtschen Töchter: Unser hiesige〈!〉 Auffenthalt hat so manches
was einen nicht zum inneren Frohsein gelangen läßt. Reichhard ist bei all seiner scheinbaren Natürlichkeit, ein sehr strenger Haus Despot. 〈...〉 Die Mädchen sind fast alle erwachsen, und haben einen starken Hang zur Eitelkeit, für ihre Bildung geschieht gar wenig. (Bäte 1925, S. 51.) 180–181 die Geschichte von dem Hündlein zu Bretten] »Das steinerne Hündlein zu Bretten und die Redensart waren früh bekannt; die Herkunft aber wurde verschieden gedeutet. Brentanos Schreiben an Arnim ist das erste schriftliche Zeugnis für diese burlesk-makabre Motivierung, durch die das ›lutherische‹ Hündlein zum treuduldenden Märtyrer, der ›ergrimmte‹ Fleischermeister zu sei-
791
Zu Nr. 435
nem Verfolger wird. Ob Brentano dabei einer nicht näher bestimmbaren mündlichen Tradition folgte, oder ob er die Geschichte selbst erfunden hat, ist ungeklärt.« (Rölleke 1973, S. 266f.) Am 18. Juli 1806 erschien sie wesentlich erweitert in der Kurfürstlich privilegierten Wochenschrift für die Badischen Lande unter dem Titel Brief an den Herausgeber über das Sprichwort: Dir geht es wie dem Hündlein von Bretten. (Vgl. Rölleke 1973, S. 265– 274.) 182 Sprichwort] Vgl. Wander II, Sp. 904f., Nr. 18. Nachweisbar bereits in Fischarts Affenteuerliche und Ungeheurliche Geschichtschrift vom Le-
ben, Rhaten und Thaten der for langen weilen vollenwolbeschraiten Helden und Herrn Grandgusier, Gargantoa, und Pantagruel (1575). (Vgl. Rölleke 1973, S. 266.) 209–210 daß Stolberg sich darüber entschloß, katholisch zu werden] Voß’ ehemaliger Mitstreiter aus der Zeit des Göttinger Hainbundes Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg war 1791–1800 Kammerpräsident in Eutin und konvertierte nach einer allmählichen Hinwendung zur politischen und kirchlichen Reaktion am 1. Juni 1800 in Münster zum Katholizismus, was Voß’ entschiedenes Mißfallen erregte. In seiner 1819 erschienenen Schrift Wie ward Fritz Stolberg ein Unfreier? stellte er den Übergang Stolbergs zum Katholizismus detailliert dar. 210–213 Schwanz Romanzen 〈...〉 in den Tartarus des armen Falk schicken] Arnim lehnte ab. Vgl. Nr. 443,112–114. 219 das böse Ausziehen] Der Umzug in die neue Wohnung am Paradeplatz. Vgl. Nr. 424,177–179 und Erl. 223 Meine Frau 〈...〉 die Fiammetta.] Vgl. Nr. 431,122–124 und Erl.
*436. Von August Heimbert Hinze nach Berlin oder Neustrelitz Waldenburg (Schlesien), vmtl. letztes Drittel März 1806 B: −. A: Nr. 439. Datierung: Arnim antwortete zufolge dem Schluß seines Antwortbriefes vom 4. April am selben Tag, an dem er den Brief Hinzes erhielt. Dieser Brief wird folglich im letzten Märzdrittel geschrieben sein.
792
Zu Nr. 439.A
*437. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Neustrelitz, vmtl. erste Hälfte April 1806 B: −. A: Nr. 447. Datierung: Reichardt scheint am 22. April Arnims Brief bald beantwortet zu haben. Es wird angenommen, daß dieser in der ersten April-Hälfte geschrieben wurde.
*438. Von Johann Friedrich Reichardt nach Berlin Giebichenstein, vmtl. erste Hälfte April 1806 B: −. A: −. Besonderheiten: Der Brief wurde Arnim vmtl. von Berlin nach Neustrelitz nachgeschickt. Datierung: Da sich Reichardts Brief mit Arnims Nr. *437 gekreuzt hatte, wird er etwa gleichzeitig geschrieben sein.
439.A An August Heimbert Hinze in Waldenburg (Schlesien) Neustrelitz, 4. April 1806, Freitag DV: H. B: Nr. *436. A: −. H: BJ/VS 8 (I) + GSA 03/250 (II). − 1 Dbl. (I) + 1 Dbl. (II) ca. 205 x 175 mm; 1r–2v 4 beschr. S. (I) + 3r–3v 2 beschr. S. (II); II nicht gefaltet. − II derb, grau, leicht fleckig. − WZ: II: Hollandia, darunter: H, darüber: PRO PATRIA. Fremdeinträge: I: 1r aoRl Varnhagen: an〈!〉 L. A. von Arnim, aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN 3r aoRl: k, aoRm: F8. Besonderheiten: Der Zusammenhang von I und II war bisher nicht erkannt. H von I im September 2008 nicht auffindbar. – Abschrift von Arnims Diener Frohreich. D1: I: Steig 1894, S. 168f. D2: II: Weiss 1980, S. 123f. (Nr. 14); datiert: Frühjahr 1806; Empfänger nicht identifiziert.
793
Zu Nr. 439.A
Varianten 12 Gedächtnißrennen] t nachträgl. idZ 36 dir] danach Einsetzungslücke ca. 20 mm S aus s
27 Beichte] aus 51 Codices] i üdZ
Berichte 52 Sie]
Erläuterungen 5 manchen willkommenen Beytrag] Im Brief an Brentano vom 18.–22. April 1806 (Nr. 443,8–9) berichtet Arnim von einem Dutzend schöner Volkslieder, das Hinze ihm geschickt habe. 7–10 Kloster Trebnitz 〈...〉 von der Tartarfürstin 〈...〉 vom Herzog Hans 〈...〉 schicken werde] Hinze hatte Abschriften von vier historischen Liedern aus dem 1800–1803 von Georg Gustav Fülleborn herausgegebenem Breslauischen Erzähler, Jg. 1801, geschickt: 1) Die Tartarfürstin, 2) Herzog Ladislaw, 3) Hannes, der Herzog von Sagan, 4) Die Gründung von Trebnitz. Drei dieser Lieder (1, 3 und 4) waren Quellen für Die Tartarfürstin, Herzog Hans von Sagan und Kloster Trebnitz im zweiten Band des Wunderhorns, der erst im Herbst 1808 erschien. (Vgl. Günther 1916, S. 15 sowie im einzelnen Rölleke in FBA IX/2, S. 423–428.) 10–11 König Ladislaus 〈...〉 aus dem Deutschen Museum 〈...〉 schon besaß] Des König Ladislaus Ermordung im Jahre 1457, im zweiten Band des Wunderhorns, jedoch weder nach der Version im Deutschen Museum noch nach Hinzes Einsendung, sondern nach einer Sammelhandschrift der Brüder Grimm. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 220–225.) 12 Gedächtnißrennen] Arnim wird das merkwürdige Wort (im DWb nicht belegt) im Sinn von Erinnerungsgedicht, Ehrengedächtnis gemeint haben. Das Lied handelt von der Ermordung (1457) des österreichisch-ungarischen Königs Ladislaus Posthumus durch die Hussiten. 18–19 Das Lied von der Müllerin 〈...〉 Leon 〈...〉 im Bragur abdrucken
lassen] Ein new Lied von einem mülner und mülnerin. Wie sie einander beichten, von dem Wiener Bibliothekar Gottlieb von Leon in seinem Beitrag Altteutsche Volkslieder mitgetheilt aus der Kaiserlichen Bibliothek in Gräters Zeitschrift Bragur (1800, Bd. VI/2, S. 72–76). 25–28 manches 〈...〉 aus Nikolais feinen Almanach 〈...〉 liegen lassen] Aus Friedrich Nicolais Feynem kleynem Almanach (1777/78) gelangte nur noch ein Kinderlied in die beiden letzten Wunderhorn-Bände (vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 750f.), nicht das von Arnim als lustige Beichte bezeichnete Eyn lustiges Lydleyn mit dem Incipit Wo soll ych mych hinkeren, / Ich 794
Zu Nr. 439.A
(Bolte 1918, 2. Bdch., S. 60–65), das im zweiten Band im wesentlichen nach Fischarts Affentheurlich Naupengeheurliche Geschichtklitterung (1582) erschien (vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 651–654). 29–30 Satz des alten Baservich 〈...〉, wo die Natur 〈...〉 durch alle Mittelstufen] Roger Joseph (Ruger Josip) Boscovich, Philosophiae naturalis theoria. Redacta ad unicam legem virium in natura existentium. Wien 1759, S. 15: Continuitatis lex, de qua hic agimus ineo sita est, ut quaevis
tummes Bruderleyn
quantitas, dum ab una magnitudine ad aliam migrat, debeat transire per omnes intermedias ejusdem generis magnitudines. (Das Gesetz der ununterbrochenen Fortdauer, über das wir hier sprechen, besteht darin, daß eine gewisse Menge, während sie von einer Größe in die andere übergeht, erst durch alle dazwischenliegenden Stufen ihrer Art durchgehen muß. – Übersetzung von Roswitha Burwick.) Arnim zitiert die Stelle in einer Fußnote seiner Rezension der Beyträge zur innern Naturgeschichte der Erde (1801) von Steffens. (Vgl. WAA II/1, S. 432.) 31–32 die hübschen Denksprüche 〈...〉 Austreiben des Winters] Das Todaustreiben im ersten Band des Wunderhorns mit dem Incipit So treiben wir den Winter aus (FBA VI, S. 152; vgl. Rölleke in IX/1, S. 305–308). 35 den Manesse] Bezeichnung der von Bodmer herausgegebenen Minnelieder-Handschrift nach deren Namenspatron, dem Zürcher Ratsherrn Rüdiger Manesse: Sammlung von Minnesingern aus dem schwäbischen Zeitpuncte
CXL Dichter enthaltend; durch Ruedger Manessen, weiland des Rathes der Uralten Zyrich (2 Bde., Zürich 1758/59). 49 die von Ihnen bearbeiteten Minnelieder] Nicht bekannt. 55 eine Stelle aus Lessing 〈...〉 Arletius] Lessing hatte in der Vorrede seiner Edition Gedichte von Andreas Scultetus (1771) darauf aufmerksam gemacht, daß der Breslauer Gymnasialrektor und Bibliothekar Johann Kaspar Ar-
reichen Schatz von Opitianis besitze, die entweder noch nie, oder wenigstens nicht in den Sammlungen der Opitzischen Werke gedruckt worden seien (Lachmann/Muncker 1886–1919, Bd. XI, S. 171). 60 Liedes vom Olof] Herr Olof, im ersten Band des Wunderhorns nach Herders Volksliedern (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 454–456). 61 die Ottmarschen] Die unter dem Pseudonym Otmar von dem Halberstädter Superintendenten Nachtigal herausgegebenen Volcks-Sagen (1800). Vgl. zu
letius einen
Nr. 362,83–84.
62–64 die wohl wollende Recension 〈...〉 von Göthe] Am 21. und 22. Januar 1806 anonym in der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung (Nr. 18 und 19 des Jahrgangs).
795
Zu Nr. 440
440.
Von Bettina Brentano nach Neustrelitz Marburg, 8. April 1806, Dienstag
DV: H. B: Nr. 434. A: Nr. 445. H: FDH 7388. − 1 Bl. ca. 218 x 184 mm; 1r–1v 1½ beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Leicht fleckig, verknittert. − WZ: Unterer Teil von Posthornschild. Beilagen: Vertonung eines Arnimschen Gedichtes. (Nicht identifiziert.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 135 1v auRr: 7388. D1: Steig 1913, S. 18f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 43–45 (Nr. B3).
Varianten 3 der] danach gestr. sich 8 aufbrechen] üdZ eing. 13 den] aus die 16 empfielt] p aus f 16 bestens] danach gestr. und 16 sie] s aus S 18 hat] danach gestr. ihr 23 Rücksicht] ck aus g 24 Leben] aus lebendig 25 schwehrlich] zweites h nachträgl. 27 an] am Schluß gestr. t 31 Gott] danach gestr. Thau 32 zwar] danach gestr. Alt 32 und] danach gestr. sch 41 thun] aus 〈xxx〉 41 Wir] danach gestr. be 42 May] danach gestr. 〈x〉
Erläuterungen 12–13 Beitrag zu ihren Liedern gesammelt] Von Bettina stammen Vorlagen bzw. Teilvorlagen zu 18 Liedern in den letzten beiden WunderhornBänden. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 797f.) 15–16 Meline 〈...〉 Clemens 〈...〉 krank war] Vgl. Nr. 424,175–177. 44 das kleine Bettingen] Bettina von Savigny (geb. 10. April 1805).
441.
An Friedrich Carl von Savigny in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 433. A: Nr. 450. H: SPK/NS 2/1. − 1 Dbl. ca. 229 x 189 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Jan Kool (Schreibschrift).
796
Zu Nr. 441
Fremdeinträge: 1r aoRl Stempel:
Savigny, STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN.
aoRr:
8
2r aoRr:
9
2v Stempel:
D1: Härtl 1982, S. 33f. (Nr. 4).
Varianten 5 Kupferstich∧sammlung] Trennung am Zeilenende ohne Trennzeichen 6 doch] nachträgl. idZ 9 die Sammlung] über gestr. sie 9–10 marschfertig] m aus un 15 Anabaptisten∧traktat] Trennung am 21 sondern] s aus d 22 daß] nachträgl. Zeilenende ohne Trennzeichen 24–25 faustendick] danach gestr. (auf den Zähnen) idZ
Erläuterungen 3 Vorsehung, die alle Haare zählt] Nach Mt 10,30; Lk 12,7. 4 Geld mit schriftligen Beylagen] Arnim hatte das von Savigny vorgestreckte Geld zur Bezahlung der Kupferstichsammlung (vgl. zu Nr. 426,4–7) aus dem Nachlaß des Marburger Mediziners Baldinger mit seinem Brief vom 17. Februar (Nr. 426) an Savigny geschickt, dem außerdem ein Brief an Bettina (Nr. 427) beilag. Savigny konnte den Erhalt des Geldes im Bezugsbrief nicht bestätigen, da er Arnims Sendung vom 17. Februar noch nicht bekommen hatte. 7–8 Ackermann in Rüdesheim] Vmtl. Richard Ackermann, der Besitzer des Gasthofes Zum Engel in Rüdesheim, Vater der von Arnim und Brentano bewunderten Walpurgis Ackermann und Bruder von Jakob Fidelis Ackermann, der seit 1805 Professor der Medizin in Heidelberg war und ebenfalls gemeint sein kann. Er besaß in Rüdesheim ein Weingut, wo er die Weinlese alljährlich im Herbst selbst besorgte. (Vgl. Schief 1969, S. 20, 39.) 15 den bekannten Anabaptisten∧traktat] Vgl. Nr. 365,3–5 und Erl. 22 beati possidentes] Glücklich sind die Besitzenden. Sprichwort nach einer Ode des Horaz (4, 9, 45). 23–24 daß ich Bostels Ruf 〈...〉 zu fördern suche] Der Versuch, Hans Christian von Bostel eine Anstellung in Mecklenburg zu vermitteln, erübrigte sich, da dieser seit Februar 1806 Fürstlich Salmscher Hof- und Regierungsrat in Bocholt (bei Wesel) war. Vgl. Nr. 450,15–18 und Erl. 27–28 mein Onkel 〈...〉 Mecklenburg Koppel und Drillwirtschaft] Arnims Onkel Hans von Schlitz war neunzehn Jahre lang Hauptdirektor der 1798 gegründeten Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft.
797
Zu Nr. 442
442.
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 432. A: Nr. 448. H: FDH 7222. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 228 x 190 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; 4v Adresse, 2x längs, 2x quer gefaltet. − Verknittert, braunfleckig. II Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, rotes Siegel. − WZ: I + II: Bekrönter Posthornschild, darunter: Jan Kool (Schreibschrift). Fremdeinträge: 1r aoRl: 137 2v auRr: 7222 4v über Adresse Bettina: Neue-
Strehlitz 9ter April 1806. Besonderheiten: 3v Profilskizze Arnims. D1: Steig 1913, S. 20f. D2: Betz/Straub 1986, S. 45f. (Nr. A4).
Varianten 4 früher] nachträgl. idZ 5 die Vögel] aus den Vögeln 10 wartet] üdZ eing. 15 sing] s aus l 15 Ostertage] ta aus fe 20 mit] üdZ 29 A.] aus mit 36 bräunlichen] üdZ eing. 36 blasen] b aus eing. w 37 schlüpfen] s aus S 40 von] vo aus et 41 lasse] Schluß-n gestr. 44 sein] s aus m 48 lasse] am Schluß gestr. n 59 zu] üdZ eing.
Erläuterungen 7 auf den meine Flinte in Trages versagte] Arnim hatte sich während des Trages-Aufenthalts im Herbst 1805 als Jäger hervorgetan. Vgl. Nr. 398,12–13 und Erl. 12 Meere, das unsre Stadt umgiebt] In und um Neustrelitz liegen mehrere größere und kleinere Seen (Glambecker See, Zierker See, Großer Fürstenseer See, Langer See, Krebssee, Domjüchsee). 15 Ostertage] Ostersonntag: 6. April. 20 mit einem halben Dutzend 〈...〉 Briefe] Dazu werden die Briefe Goethes, Savignys, Brentanos und Hinzes (Nr. 430, 433, 435, *436) gehört haben. 22–23 Also im May sind Sie in Trages?] Diese Mitteilung stand nicht in Bettinas Bezugsbrief, sondern in dem gleichzeitigen Savignys (Nr. 433,41–42). 23 mitten im Sande] In Wiepersdorf und dem Ländchen Bärwalde. 25 tantalisirender Freude] Tantalos, Liebling der Götter, war von ihnen wegen eines Frevels in die Unterwelt verstoßen worden. Dort »büßt er nach Homer
798
Zu Nr. 442
durch ungestillten Hunger und Durst; bis zum Kinn steht er in Wasser, die schönsten Früchte hängen ihm vor Augen; will er aber essen und trinken, so weichen Früchte und Wasser zurück. Bei Pindar, andern Lyrikern und den Tragikern quält ihn ein über seinem Haupte hängender, stets den Sturz drohender Felsblock.« (MGKL XIX, S. 313f.) 26–27 wo ich 〈...〉 zum Geburtstage der Mutter Reichardt aufführen sehe] Zum Geburtstag Johanna Reichardts (3. Juli). 27–28 Magdeburg 〈...〉 das berühmte Grabmahl] Grabtumba im Magdeburger Dom für den Erzbischof Ernst von Sachsen, vor dessen Tod von Peter Vischer d. Ä. 1495 vollendet. 28–29 Helmstadt 〈...〉 Beireis grossen Diamanten] Zu den fragwürdigen Schätzen des gelehrten Sonderlings Gottfried Christoph Beireis gehörte ein Diamant, den Arnim während seines Besuchs bei ihm sah. Vgl. Nr. 480,89–91 und Erl. 29 Braunschweig, wo ich A. Winckelmann sehe] Arnims Göttinger Studienfreund Stephan August Winkelmann, seit 1803 Arzt in seiner Geburtsstadt Braunschweig, war dort am 21. Februar 1806 gestorben, was Arnim erst später erfuhr. Vgl. Nr. 457,142. 31 mein altes Gartennest] Arnim wohnte als Göttinger Student in einer Gartenwohnung vor dem Wall, außerhalb der Stadt, am Groner Stadttor. Vgl. seinen Brief an Carl Friedrich von Redtel, vmtl. bald nach dem 8. Juni 1801 (WAA XXX, Nr. 156,15–16 und Erl.). 32 der kleinen Bettine] Bettina von Savigny (geb. 10. April 1805). 34–35 Michelsbach] Michelbach, Dorf bei Trages. 35 Säulen des Herkules] In der Antike Bezeichnung der Meerenge von Gibraltar (Herculis Columnae). 35 Sandmeer] Anspielung auf eine Episode in Christian Reuters Schelmenroman Schelmuffsky, dessen Protagonist von einer abenteuerlichen Reise berichtet, während der er ein merkwürdiges Meer kennenlernte: Wir 〈...〉 bekamen nach etlichen Tagen das gelübberte Meer zu sehen 〈...〉 Sapperment!
was stunden dort vor Schiffe in den gelübberten Meere / es war der Tebel hohlmer nicht anders / als wenn man in einen grossen dürren Wald sehe / da die Bäume verdorret stünden / und war keine Seele auf den Schiffen zu finden. (Haufe 1972, S. 120.) Mit dem gelübberten Meere war auf die »aus der Antike stammende und bis ins Mittelalter verbreitete Vorstellung von einem geronnenen Meer (›Lebermeer‹)« angespielt (ebd., Erl. S. 274). In einem zeitnahen Brief Brentanos an Savigny, zwischen 11. und 14. Juni 1806, ist dieselbe Episode gemeint: ich hätte mich in dem Gelübberten Sandmeer bei Alzenau todgeweint (DjB Nr. 1256).
799
Zu Nr. 442
36 Tritone] In der griechischen Mythologie »Diener der obern Seegötter, bisweilen außer dem menschlichen Oberleib und dem Fischschweif noch mit Vorderfüßen eines Pferdes dargestellt« (MGKL XIX, S. 731); von Arnim mit Delphinen in eins gesetzt. 37 Syrenen] »bei Homer zwei, in späterer Sage drei Jungfrauen, die auf einem Eiland zwischen der Insel der Kirke und der Skylla, auf einer Strandwiese, umgeben von bleichenden Gebeinen, durch ihren Gesang Vorübersegelnde anlockten, um sie zu verderben« (MGKL XVIII, S. 499f.). 41–42 Strandrecht] »die Befugnis, Bestandteile eines gescheiterten Schiffes und Gegenstände, die von einem solchen an das Land geschwemmt worden sind, sich anzueignen« (MGKL XIX, S. 94). 52–53 Onkels und 〈...〉 Tante 〈...〉 Gute] Arnim reiste zu dem Hans und Louise von Schlitz gehörenden Gut Karstorf (seit 1817 Burg Schlitz) bei Teterow im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin. 54 wo Diogenes den Alexander 〈...〉 zu treten] Die Episode, derzufolge Alexander der Große dem Kyniker Diogenes von Sinope einen Wunsch freigestellt habe, woraufhin dieser bat: Geh mir ein wenig aus der Sonne!, ist von Cicero u. a. überliefert (vgl. GW 1981, Nr. 158).
442.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 9. April 1806, Mittwoch B: Vgl. Nr. 432. A: Vgl. Nr. 448. H: Vgl. AIII, 40v, 1 S.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 442. 6 T.] Trages.
800
Zu Nr. 443
443.
An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 18. April – Karstorf, 22. April 1806, Freitag–Dienstag
DV: H. B: Nr. 435. A: Nr. 457. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 150r–158v. − 4 Dbl. (I–IV) + 1 Bl. (V) je ca. 228 x 190 mm; 1r–9v 18 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I: Bekrönter Posthornschild II–V: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 497, aoRr: 150 2r aoRr: 151 3r aoRl: 497, aoRm Steig: z. 18. April 1806., aoRr: 152 4r aoRr: 153 5r aoRl: 497, aoRr: 154 6r aoRr: 155 7r aoRl: 497, aoRm Steig: z. 18. April 1806., aoRr: 156 8r aoRr: 157 9r aoRl: 497, aoRm Steig: z. 18. April 1806., aoRr: 158 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Dbl. II und III aoRl von Arnim numeriert (Tinte): 2, 3. – Kat. Rother 1989, Nr. 58. D1: Steig 1894, S. 169–171 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 4 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 362–370 (Nr. 77).
Varianten 8 in Schlesien] üdZ 14 verglich] i aus ei 16–17 »wie auf einer Mauer« (sic)] An- und Abführungszeichen nachträgl. idZ (sic) üdZ eing. 18 viel] danach gestr. will 24 auch] aus der 28 orbe] r aus t 43 voll] aus von 47 froh] aus frech 48 Bett] tt aus 〈xx〉 49 ins 56 Muthig] Mu aus 〈xx〉 56 Fürste] e aus in Herz] aus die Frau 62 worden] w aus g 65 Bauch] danach gestr. der 65 Augen aus] über gestr. nicht an 66 ichs] üdZ eing. 66 hab] danach gestr. ich 73 Dir] D aus d 79 Darum] über gestr. und so 82 zusehen] z aus s 86 dem] über gestr. zum 90 aus Berlin] über gestr. noch 93 Rei94 wollte,] danach gestr. in dem 98 bechardt] über gestr. der 98 mit] über gestr. und 98 fiel] f aus v geistert] üdZ eing. 107–110 Er hat 〈...〉 schließen konnte] aoR nachträgl. die folgende, eben115 kein] falls nachträgl. Linie durchstreicht die erste ursprüngliche Zeile aus ein 119 andre] aus dies 119 sechs] danach gestr. Paar 121 über] aus von 124 Mit buntem Pfeil aus weiter Ferne] Str. zweisp. nebeneinander, und zwar nachträgl., wie sich aus Schriftduktus und Textanordnung rekonstruieren läßt: Arnim schrieb zunächst nur den Gedichtanfang Mit buntem Pfeil, ließ dann die beiden oberen Drittel von 5v frei und setzte zu Beginn des unteren Drittels mit dem Prosatext Von Bettine habe ich
801
Zu Nr. 443
〈...〉 fort; das Gedicht fügte er später ein, wobei er Schwierigkeiten mit dem zur Verfügung stehenden Raum bekam, so daß er die unteren Verse der Gedicht135 Daß 〈...〉 niederschrift in den Prosabeginn hineinschreiben mußte Ringe] aus Wenn er will durch der Krone Ringe 160 Wer 〈...〉 nach] aus Wer schaut mit ihm nach gleichem Ziel 177 Kramer] Kr aus 〈xx〉 180 unverdauete] un eing. 184 Flammen] danach gestr. an 184 nassen] üdZ eing. 185 zu] aus m 192 der] aus ein 203–204 Weltbegebenheiten] ben aus bl 204 verlieren,] danach gestr. fast 229–230 auszeichnen, die er durch] über gestr. und wunderbare 231 Glas] üdZ eing. 234 als] aus am 247 Kreutzwegen] aus Kreutzzügen oder umgekehrt 251 Dich] üdZ eing. 268 den ich] aus
der mich Erläuterungen 4 Puthahn] Truthahn. (Vgl. Adelung III, Sp. 870.) 5 Federsprützen] Federspreizen (spreizen mhd. spriuzen). 6–7 so viele frohe Ereignisse an einem Morgen] Arnim hatte auf einmal ein halbes Dutzend andrer willkommener Briefe erhalten, wie er am 9. April an Bettina schrieb (vgl. Nr. 442,20 und Erl.). 8 Brief von einem Doktor Hinze in Waldenburg] Nr. *436. 12–13 Ich habe ihm meinen Dank 〈...〉 geschrieben] Nr. 439.A. 14 die langen Briefe von Dozeen] An Brentano, der sie Nr. 435 (vgl. Beilagen) beigelegt hatte. 16–17 »wie auf einer Mauer« (sic)] Vielleicht: Mahnend, wie das Menetekel, das Belsazar als geisterhafte Schrift an der Wand seines Palastes erscheint (Dan 5, 25). Als Zitat nicht ermittelt. 17–20 »So wenig es sagen will 〈...〉 die alten Gedichte.«] So wenig es
sagen will, ein Gedicht hervorzubringen, soviel hat es zu bedeuten, wenn man eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen im Stande ist, und dazu haben wir auch die alten Classiker. (Einleitung zur Denkwürdigen Geschichtschronik der Schildbürger. In: Tieck 1797, S. 235f.) Die Stelle ist bei Tieck – mit Bezug auf die zuvor erwähnten Griechen und Römer – ironisch. (Stellen-Hinweis von Achim Hölter, Hildesheim.) 20–27 von Göthe ein sehr gütiger Brief 〈...〉 aus Vorurtheil zu entbehren.«] Nr. 430,27–32. 28–29 Consiliis hominum pax non reparatur in orbe. Memoriae Göthe.] Korrekte Wiedergabe der Inschrift des von Arnim in sein Stammbuch eingelegten Blattes mit Ausnahme des fehlenden Datums. Vgl. Nr. AI.58 und Erl.
802
Zu Nr. 443
35–36 ein Zwischenbrief von mir 〈...〉 wegen der Fiametta gedrungen] Nr. 431. 36–37 dein freyliebender Brief aus Erfurt] Der vmtl. zwischen 17. und 23. August 1803 geschriebene Weimarer Brief Brentanos (WAA XXXI, Nr. 319), den dieser in Erfurt auf die Post gegeben und den Arnim erst 1805 erhalten hatte. 41–42 eine reizende Fiametta unsern Hof beleben] Zufolge Arnims Brief an Goethe von etwa Mitte Mai–Anfang Juni 1806 lernte er am mecklenburgstrelitzschen Hof zwei Schwestern des Erbprinzen Georg kennen: die Princeßin
Solms lächelte jedem und jedem allein, die Princeßin Taxis wurde von allen angelächelt und sie meinte, es geschehe zu allem (Nr. 454,89–91). Gemeint sind Friederike von Solms-Braunfels, 1798 verheiratet mit Friedrich Prinz zu Solms-Braunfels, und Therese Fürstin von Thurn und Taxis, 1789 verheiratet mit Carl Alexander Fürst von Thurn und Taxis, mit dem sie 1790–1805 sieben Kinder hatte. Diese beiden Schwestern waren zwei der vier geistreichen und schönen Töchter des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz, die beiden anderen: Charlotte, 1785 verh. mit dem späteren Herzog Friedrich von SachsenHildburghausen, und Luise, 1793 verh. mit dem späteren preußischen König Friedrich Wilhelm III. Da Arnims Prosagedicht eine Fürstin zur Protagonistin hat, kommt von den beiden Schwestern, die er 1806 in Neustrelitz sah, nur die Princeßin Taxis infrage, auf die auch die Attribuierung zwar aus kleinem aber reichlichem Lande (Z. 74–75) eher zutrifft als auf ihre Schwester Friederike. Der Fürst war demzufolge Carl Alexander Fürst von Thurn und Taxis, das Vaterhaus, in das sie zurückbegehrte, das neustrelitzsche, und der Bruder, der sie zurückführen sollte, ihr einziger: Georg. Sie war am 1. April in Neustrelitz eingetroffen und reiste am 13. April wieder ab. (Vgl. MecklenburgStrelitzische Annalen 1806 in: Herzoglich Mecklenburg-Strelitzischer Staatscalender auf das Jahr 1808, S. 126.) Erst nach ihrer Abreise, am 26. April, traf die Schwester Friederike ein, die Neustrelitz am 19. Mai wieder verließ (ebd.) und auch aufgrund des Anreisedatums – nach Arnims Brief an Brentano – nicht als Protagonistin von Arnims Gedicht infrage kommt. Arnim und sein Bruder hatten Therese von Thurn und Taxis während ihrer Bildungsreise Ende 1801/Anfang 1802 in Regensburg kennengelernt und dort an geselligen Veranstaltungen der Fürstin teilgenommen. (Vgl. Arnim 1845, S. 33f.) Einer der Liebhaber der Fürstin Therese war Graf Maximilian Emanuel von und zu Lerchenfeld. Von ihm soll sie fünf uneheliche Kinder bekommen haben; eines davon soll am 6. Mai 1806 in Dresden, dem damaligen Wohnort Lerchenfelds, zur Welt gekommen und auf den Namen Georg katholisch getauft worden sein. (Vgl. Reiser 1975, S. 748.) Die Schwangerschaft mit diesem Kind wird Arnim in Neustrelitz aufgefallen sein. Hans von Schlitz berichtet in seinen
803
Zu Nr. 443
Erinnerungen über die unterhaltsamen Abendstunden bei der damaligen Erbprinzessin in Regensburg: Spiele des Witzes und der frohen Laune waren
da an der Tagesordnung, Aufführung von Sprichwörtern, improvisirte Schauspiele, in welchen meine nicht selten burleske Einbildungskraft wunderbare Zusammenstellungen schuf. (Schlitz 1898, S. 35.) Ende 1806 sah er sie in Paris mit Lerchenfeld wieder: Die 〈...〉 F ü r s t i n Ta x i s war bereits dort und mit ihr einer ihrer vielen Besieger, der Graf L e r c h e n f e l d , welcher wenigstens am längsten, im strengeren Sinne des Wortes, sie gefeßelt hielt. Diese Frau, mit Willen und Verstande ausgerüstet, hatte beiden für Diesen entsagt, und sein Benehmen gegen sie war das eines ungeberdigen Sultans. (Ebd., S. 103f.) Therese von Thurn und Taxis gilt als bedeutendste Fürstin des Hauses Thurn und Taxis, die sich in der Hauspolitik engagierte, Kunst und Literatur förderte und mit Klopstock, Jean Paul, Kotzebue, Lavater und Rückert korrespondierte. »Sie hat, willensstark und emanzipiert, selbstbewußt, klug und diplomatisch gewandt, überzeugte Protestantin in einer katholischen Umwelt, in den Jahren der Zeitenwende um 1800, im Zeitalter Napoleons die Geschicke des Fürstenhauses gestaltet, ja geleitet. Ihre politische Führungskraft – so bemerkenswert wie ihr soziales Engagement und ihre geistige Aufgeschlossenheit – ließen sie mehrfach mit Napoleon verhandeln, das Fürstenhaus 1814 auf dem Wiener Kongreß vertreten, in Erfurt Verhandlungen mit dem russischen Zaren Alexander und dem französischen Außenminister Tayllerand führen.« (Dünninger 2001, S. 110.) Ihre Beziehung zu Arnim war bisher nicht bekannt. 42 Schwarzes Haar und schwarze Braunen] Rhythmisierte Prosaversion des Gedichts Die Fürstin in einem handschriftlichen Gedichtband Arnims (vgl. Ricklefs 1980, Nr. 1297). 42 Braunen] Nebenform von Brauen. (Vgl. DWb I, Sp. 788.) 76 Berg Gottes] Vmtl. Anspielung auf die Empfängnis Mariä bei rätselhafter Vaterschaft. Der Sohn werde, so in der Verkündigung des Engels Gabriel, Immanuel heißen; das ist verdolmetscht: Gott mit uns. (Mt 1,23.) 84 »geschissnen vollen« sic Schelmufsky] Nachdem Schelmuffsky und der Bruder Graf beim Bürgermeister von Amsterdam einen Topf mit Sauerkraut auf nüchternen Magen gegessen haben: ey sapperment! wir fingen an zu spey-
en / und spyen der Tebel hohlmer den Burgemeister die Hölle geschissene voll (Haufe 1972, S. 98). 87 die Vertheidigung von General Mack] Der österreichische General Karl Freiherr Mack von Leiberich hatte am 17. Oktober 1805 in Ulm die Kapitulation abgeschlossen, mit der er die Stadt und seine Armee den Franzosen übergab. Daraufhin wurde er in Wien von einem Kriegsgericht zur Todesstrafe verurteilt,
804
Zu Nr. 443
die der Kaiser auf Dienstentsetzung und Festungshaft milderte. Zu seiner Rechtfertigung verfaßte Mack die vierhundertseitige Vertheidigung des östreichischen Feldzugs von 1805 (Wien 1806). 91–92 Oehlenschläger 〈...〉 Steffens 〈...〉 in Halle kennen lernte] Adam Gottlob Oehlenschläger war von Henrik Steffens in Kopenhagen für die Bestrebungen der deutschen Romantik begeistert worden und hatte 1803/04 mehrere Werke veröffentlicht, die ihn im dänischen Kulturleben bekannt machten. 1805–1809 reiste er mit Unterstützung des dänischen Staates in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Italien. Arnim hatte ihn Weihnachten 1805 in Halle bei Steffens kennengelernt, Oehlenschläger Arnim am 22. Januar 1806 in Berlin besucht. (Vgl. zu Nr. 420,190–200.) 95–96 Baggesen hat ihm seinen Lorbeerkranz feierlich cedirt] Der ältere Jens Immanuel Baggesen repräsentierte die vorromantische dänische Dichtung, wohingegen Oehlenschläger der federführende Autor der aufkommenden dänischen Romantik war, vor allem durch seine Digte (Gedichte, 1803). Die Abtretung des Lorbeerkranzes scheint eine private Aktion gewesen und ansonsten nicht belegt zu sein. (Nicht erwähnt in Albertsen 1979.) 97–102 Karschin 〈...〉 von meinem Großvater gekrönt 〈...〉 mit Briefen von ihr 〈...〉 bekannt mache.)] Die als Naturtalent bewunderte preußische Dichterin Anna Louise Karsch wurde von Arnims Großvater mütterlicherseits Hans von Labes unterstützt, der sein letztes Lebensdezennium auf dem östlich von Rheinsberg gelegenen Gut Zernikow, das seiner Frau Caroline von Labes gehörte, verbrachte. Dort trug sich die Trinkgelage-Episode zu, die Arnim auch in seiner Anekdote Grossvater v. Labes (Härtl 2003, S. 9–14) sowie in dem Artikel Ungedruckte Briefe der Karschin erzählt, der 1819 im Berliner Gesellschafter erschien und hauptsächlich acht an Labes gerichtete Versepisteln der Dichterin enthält (vgl. Arnim/W VI, S. 655–657). Briefe und Lieder von ihr hatte Arnim bei seinem Onkel Hans von Schlitz im Nachlaß Labes’ gefunden. 107 Hakon Jarl] Hakon Jarl hin Rige (Hakon Jarl der Mächtige, erschienen 1808). 112–119 Deine Schwanzgeschichten 〈...〉 dem Tartarus andre Bevölkerung als uns beyde] Vgl. Nr. 435,210–213 und Erl. 116 Wettstreit 〈...〉 auf Wartburg] »Ein poetischer Wettstreit, der nach mittelalterlicher Sage 1206 oder 1207 am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen zu Eisenach stattgefunden haben soll und in einem lyrisch-epischen Gedicht mittelhochdeutscher Sprache aus der Zeit um 1260 von einem unbekannten Verfasser geschildert ist. Auf die Wartburg wird dieser Kampf zuerst von dem thüringischen Chronisten Johannes Rothe (Anfang des 15. Jahrhunderts) verlegt. Das Gedicht läßt sieben Sänger, darunter Heinrich von Ofterdingen,
805
Zu Nr. 443
Walther von der Vogelweide, Wolfram von Eschenbach, Reinmar von Zweter, einander mit Liedern über den ruhmwürdigsten Fürsten auf Leben und Tod bekämpfen. Heinrich von Ofterdingen, der, entgegen den übrigen, das Lob des Herzogs Leopold von Österreich singt, verliert den Sieg gegen Walther von der Vogelweide, der den Thüringer Landgrafen preist. Der Überwundene will sich dem Schiedsspruch, der ihn der Hand des Henkers überantwortet, nicht unterwerfen; er ruft den Zauberer Klingsor aus Ungarland zu seinem Beistand herbei, der dann mit Wolfram von Eschenbach streitet, dem er mystische Rätselfragen vorlegt. Wolfram löst diese, so daß der endlich gleichfalls für besiegt erklärte Klingsor mit Zuhilferufung des Teufels droht.« (MGKL XX, S. 390.) 119–121 sechs baumwolle Schnupftücher 〈...〉 im Godwi giebt] In Bd. II, Kap. 36 des Romans beauftragt die Gräfin den Gärtner, seinem Bruder, einem Kapuziner-Mönch, ein Dutzend Schnupftücher zu kaufen: sage er ihm dabey, ich und Violette hätten sie ihm gesäumt 〈...〉 aber kaufe er feine weiße (FBA XVI,534,9–11). 124 Mit buntem Pfeil aus weiter Ferne] Vgl. Arnim/W V, S. 300f., 1196f. (Erl. von Ulfert Ricklefs). 166–168 Von Bettine habe ich 〈...〉 mehr werth als tausend Worte] Vgl. Nr. 440,4–11. 169–170 Jean Paul, die Unterredung mit sehr geistreichen Leuten im Traume] In Das Kampaner Thal oder über die Unsterblichkeit der Seele (1797), Zweiter und letzter Freudenstock: Nichts schlägt mir elen-
der zu und lässet mich matter zurück als ein Diskurs mit Leuten, die außerordentlich berühmt und gescheut sind, und ein halbstündiges Kolloquium mit Voltaire, mit Friedrich II., mit Lessing tränkte mir mein Magen gewöhnlich mit Säuere ein und mein Kopf mit Kongestionen. Besonders ist mirs zuwider, wenn ich den berühmten Mann schon wirklich gehöret habe, der mich in meinem Bette besucht (denn ich rede von meinem bureau d’esprit in Träumen). Ich darf sagen, daß ich voriges Jahr täglich mehr Bitterklee 〈...〉 kochen und trinken mußte und am Morgen gar nicht aus den Federn wollte, bloß weil Herr H. 〈Herder〉 jede Nacht zu mir kam, als wäre mein Kopfkissen ein Besuchszimmer: denn ich mußte mich im Schlafe, wo die Natur ruhen will, nicht bloß entsetzlich anspannen, um mich im Diskurse zu zeigen, sondern ich mußte auch Herrn H. jedes Wort eingeben, das er zu mir sagte. Und das ist (zumal im Bette) schwere Arbeit. Glücklicherweise kömmt ihm das niemals zu Ohren, was er zu mir sagt und was ich ihm einblase; aber lieber sprech’ ich mit ihm m i l l i o n e n m a l auf seiner Stube als e i n m a l in meinem Kopf, weil ich dort nur zu sagen brauche, was ich weiß, hier aber das übrige. (Jean Paul 1988, S. 705f.) 806
Zu Nr. 443
171–172 was in den wunderbaren Punkten auspunktirt ist wie Schicksal] In der Punktierkunst oder Geomantie werden absichtslos im Sand markierte Zeichen oder Striche zu Figuren verbunden, die zum Wahrsagen dienen. 174–177 Baggesen oder das Labyrinth (Altona Kaven 1799) 〈...〉 Diskant singen.] Die humoristische Reisebeschreibung Baggesens war unter dem Titel Baggesen oder Das Labyrinth. Eine Reise durch Deutschland, die Schweiz und Frankreich von dem mit ihm befreundeten Carl Friedrich Cramer übersetzt worden und in der Buchhandlung von Johann Heinrich Kaven erschienen, und zwar als Bände 10–11 und 14–16 der zwanzig Bände umfassenden Cramerschen Sammlung Menschliches Leben. Gerechtigkeit und Gleichheit! (Altona-Leipzig 1791–1797.) Arnim hatte Baggesen 1803 in Paris kennengelernt (vgl. WAA XXXI, Nr. 384,6–11) und nahm ihn in der Reisebeschreibung jungenhaft, jugendlich war. (Diskant singen: die Oberstimme singen, vor dem Stimmbruch.) In Arnims Gräfin Dolores ist Baggesen, der sich 1809/10 gegen die Romantik wandte, als Dichter Waller karikiert. 177–181 Kramer 〈...〉 in sein menschliches Leben verarbeitet 〈...〉 Indigestion von unserm Nikolai ist] Carl Friedrich Cramer hatte seine Übersetzung von Baggesens Reisebeschreibung nicht nur in seine Sammlung Menschliches Leben integriert, sondern auch noch mit zahlreichen eigenen Einschüben und Fußnoten versehen. Die Äußerung über das menschliche Leben als jämmerliches Ding ist sarkastische Auslegung Arnims, nicht Intention Cramers, der zum Titel seiner Sammlung einleitend mitgeteilt hatte:
»Das menschliche Leben« sagt ein Alter, »gleicht dem erdumgürtenden Ocean.« Es umfaßt unsere Schicksale und Begegnisse, gute und schlimme; vergangene, gegenwärtige und zukünftige; es umfaßt die Charactere der Menschen, die wir kannten und kennen werden; die wir liebten, und die wir haßten; die Tugenden und Fehler, die Freuden und Leiden Derer, die sind, und die waren; jeden Gegenstand unsers Empfindens und Denkens (Cramer 1791–1797, Bd. X, S. IIIf.). Die Arnimsche Anspielung auf den Berliner Schriftsteller und Verleger Friedrich Nicolai setzt den Sarkasmus über das menschliche Leben fort und zielt auf die Konvergenz der sozialen Haltungen des preußischen Spätaufklärers und des norddeutschen Demokraten. Arnim kann aber auch die Schwerverdaulichkeit der Cramerschen Menschliches Leben-Serie in ästhetisch-literarischer Hinsicht mitgemeint haben. 185–186 Mohr kommt auch darin vor 〈...〉 im II. St. S. 112.] Cramer (nicht Baggesen) schildert im elften Band von Menschliches Leben (Cramer 1791–1797, Bd. XI, S. 111–116) die 1794 erfolgte Niederreißung des Galgens auf dem Hochgericht vor den Toren Kiels und erwähnt dabei, daß er dort Jacob
807
Zu Nr. 443
Christian Benjamin Mohr (den späteren Buchhändler der Heidelberger Romantik) getroffen habe: Indessen abordirte mich unser Buchdruckereyfactor
Mohr. »Eben,« sagte er, »habe ich eine Recension Ihres Buches gehört. Da is, sprach Einer, der dort steht, »de Professer Cramer wohl mit Schuld daran, man süt ’t em recht an, wie vergnögt he daby is; de hett ook in sinen Book schreven davon.« – »Zu viel Ehre!« antwortete ich; »meine Bescheidenheit schmeichelt solcher Einflüsse sich nicht; vielleicht aber, daß mittelbar doch das Capitel einst einen oder andern Galgen in »Monomotapa« zerstört.« (S. 112f.) 187–189 daß das Buch 〈...〉 bis zum 〈...〉 Münster in Straßburg steigt] Baggesens intensive Schilderung seiner Besteigung des Straßburger Münsters bildet einen Höhepunkt der Reisebeschreibung. 190–191 Die elegante Zeitung, Spazier, reist damals schon mit ihm.] Karl Spazier, 1801–1804 erster Herausgeber der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, war Reisebegleiter Baggesens von Pyrmont bis zur Schweizer Grenze. Er hatte sich von allen Banden losgerissen, und war frey wie
wir, wie der Vogel in der Luft! Ein Mann von Kenntnissen, von Geschmack und – das Wichtigste! – von herzlichster Rechtschaffenheit, war er bald unser gemeinschaftlicher Freund geworden. (Cramer 1791–1797, Bd. XV, S. 225.) 191–193 Das Ganze heist
das Labirinth 〈...〉 der Unterleib 〈...〉 das Schönste und das Gemeinste enthält] Ironische Auslegung Arnims, nicht Intention Baggesens, der zur Wahl seines Titels ausgeführt hatte: Gegenwärtige Reise ist wirklich ein L a b y r i n t h ; oder noch eigentlicher, ein Stück des Labyrinths, welches von der Wiege bis ans Grab zu durchwandern zu meinem Loose mir fiel. Die unregelmäßigen, in allerhand Winkeln und Buchten fortlaufenden Irrgänge ( K r i n k e l g a n g e ) davon, contrastiren so sehr mit den regelrechten, schnurgeraden, nach einem gleich in die Augen fallenden Plane angelegten Straßen, deren man in den eigentlichen graphischen Werken gewohnt ist, welche man unter den Namen von R e i s e n besitzt – daß ichs mich nicht erkühnte, ( t r ö s t e d e m i g t i l ) unbedingt, meine in die glänzende Classe dieser zu stellen, und dadurch das Publicum zu einer Vergleichung zu berechtigen, bey der sie nothwendig zu viel verlieren müßte. (Menschliches Leben, Bd. X [Baggesen oder Das Labyrinth, Bd. I], S. 15.) 196 kakle] Gackern; viel Aufhebens machen. (Vgl. DWb XI, Sp. 48f.) 197 Heinze] Die von Brentano Nr. 435,62–86 mit besonderem Hinweis auf Heinse empfohlenen Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller. Aus Gleims litterarischem Nachlasse, hg. von Wilhelm Körte, 2 Bde., Zürich 1806.
808
Zu Nr. 443
198–199
Briefe eines Franzosen an meine Tante, den ich in Paris nicht genug kennen lernte] Der Theosoph Louis Claude Marquis de Saint-Martin,
an den Hans von Schlitz Arnim in Paris empfohlen hatte und der zuvor den Onkel und seine Frau Louise in Regensburg besucht hatte. (Vgl. Schlitz an Arnim, 8. November 1802; WAA XXXI, Nr. 266,35–40 und Erl.) Wie Schlitz am 17. November 1802 an Arnim schrieb, sei es wahrscheinlich, daß Saint-Martin eine Landwohnung beziehe (WAA XXXI, Nr. 270,3–6); dies wird eine Ursache dafür gewesen sein, daß Arnim ihn selten sah. Die Briefe Saint-Martins an Louise von Schlitz sind nicht bekannt. 206 Reichsbürger] Bürger einer Freien Reichsstadt. (Vgl. DWb XIV, Sp. 597.) 209 eines tollen Hagen bey uns] Nicht identifiziert. Mit Bezug auf den Nienburger Rittergutsbesitzer Karl Ernst von Hagen, gen. »der tolle Hagen«. Goethe hatte ihn im Sommer 1805 besucht und berichtet darüber in seinen Tagund Jahresheften (Goethe/MA, Bd. XIV, S. 156–159). 214 Karsdorf] Karstorf, Gut in der Nähe von Teterow (Herzogtum Mecklenburg-Schwerin), das Hans von Schlitz 1791 mit den Lehngütern Hohen Demzin, Thürkow, Groß- und Klein-Röthel erworben hatte. 215–217 ich wäre in Trages 〈...〉 Bostel 〈...〉 mit meinem knallenden Rohre] Reminiszenz an den Aufenthalt auf Savignys Gut Trages im Herbst 1805, wobei auch Brentano und Bostel zugegen waren und Arnim sich als Jäger hervortat. Vgl. Nr. 398,12–13 und Erl. 218 die rauhen Berge von Monserate] Arnim setzt die hügelige Landschaft um Karstorf in Bezug zu dem nordwestlich von Barcelona gelegenen Gebirge Monserat mit berühmter, von Wallfahrern besuchter Benediktinerabtei. 220 Roreif] Rauhreif. (DWb XIV, Sp. 1128 belegt.) 225–229 Mein Onkel ist thätig und beschäftigt 〈...〉 durch Berg und Thal auszeichnen] Schlitz gestaltete seinen 1791 erworbenen Landbesitz zu einem Landschaftspark um, gründete um 1800 die Ortschaften Hohen-Schlitz und Görzhausen und begann im Frühjahr 1806 auf der höchsten Erhebung seiner Gemarkung (96 m), dem Buchenberg, seinen Lieblingsplan, den Bau eines repräsentativen Gutes, zu realisieren. Wegen der napoleonischen Kriege mußte der Bau jedoch unterbrochen werden. Die Arbeiten konnten erst 1812 wieder aufgenommen werden; 1817 erhielt das Anwesen den Namen Burg Schlitz. Die Gegend soll der mit Schlitz befreundete Erbprinz Georg von MecklenburgStrelitz 1812 in einer Ansprache anläßlich der Grundsteinlegung von Burg Schlitz erstmals als Mecklenburgische Schweiz bezeichnet haben, woraufhin diese Bezeichnung dann populär geworden sei. (Vgl.: Böhmer 1920; Böhmer 1930, S. 64–82, 116–121 [romanhaft, nach Schlitz’ Memoiren, ohne Erwähnung der Anwesenheit Arnims, wichtig wegen der landschaftlichen und landwirt-
809
Zu Nr. 443
schaftlichen Details].) Von Burg Schlitz hat man ein eindrucksvolles Landschaftsbild, »gross, weit und vollendet schön in den Formen seiner Hügel und Thäler, Wälder und Felder, Baumgruppen und Garten-Anlagen, aus denen überall hübsche Dörfer mit Kirchthürmen hervorlugen, und in deren Mitte wie eine grosse blaue Perle der Malchiner See sich ausdehnt.« (Schlie 1902, S. 82f.) 227–228 Gabriel 〈...〉 der Schöpfungs∧bote] Gabriel ist als Bote Gottes der Verkündigungsengel, der Maria die Botschaft von ihrer Schwangerschaft mit Jesus überbringt (Lk 1,26–38). Insofern er von Fruchtbarkeit kündet, kann er auch als Schöpfungsbote aufgefaßt werden. 230–231 der Vögel unter den Fischen 〈...〉 der Taschenspieler] Gemeint ist vmtl. ein Aquarium, in das ein lebender Vogel hineingespiegelt wurde. Eine ähnliche Technik wurde auch im Theater angewendet. Dabei war eine schräggestellte Glasscheibe entweder nicht wahrzunehmen oder sie fungierte (je nach Beleuchtung) als Spiegel, der eine Figur, die sich im Orchestergraben befand, auf die Bühne projizierte. (Frdl. Mitteilung von Harold Voit, Zauberzentrale München.) 238 (Du hast mit ihr im Briefwechsel gestanden)] Louise von Schlitz hatte am 28. Juli 1802 in Regensburg einen Brief Brentanos beantwortet, den dieser an ihre Mutter Caroline von Schlitz gerichtet hatte. Vgl. DjB Nr. *657 und 666 (WAA XXXI, Nr. AII.14). 241 Tochter] Adele (geb. 12. Oktober 1801). 251–252 daß ich Dich nicht mehr 〈...〉 hinaus sehend mir denken kan] Weil Brentano in Heidelberg aus der Arnim bekannten Wohnung in Neckarnähe an den Paradeplatz umzog. 253 Affenthaler] Rotwein aus dem badischen Dorf Affenthal (bei Bühl). 253–255 Wenn Du Dich unter dem Bilde eines Wagens 〈...〉 zu schwer bepackt] Vgl. Nr. 435,13–24. 259–260 Bettine schreibt 〈...〉 Reichstag halten wollt] Vgl. Nr. 440,41–43.
443.E An Clemens Brentano in Heidelberg Neustrelitz, 18. April – Karstorf, 22. April 1806, Freitag–Dienstag DV: H. B: Vgl. Nr. 435. A: Vgl. Nr. 457. H: Vgl. AIII, 25r–26r, 2¾ S. Datierung: Arnims Datierung 19 April ist vmtl. nachträglich und kann nicht stimmen, denn der zweite Teil der Ausfertigung, den er – zusammen mit den
810
Zu Nr. 444
ersten – exzerpierte, wurde am 22. April in Karstorf geschrieben. Am 19. April war Arnim noch in Neustrelitz (vgl. Datum von Nr. 445). D1: Zschiedrich 2000, S. 171 (TD).
Erläuterungen Vgl. Nr. 443. 15 wie jener im alten Testament] Vmtl. Hiob, der allerdings im Christentum nicht als Prophet gilt. Vgl. Hiob 30,19. 17 der jezt Europa beherrscht] Napoleon.
444.
Von Sophie Brentano nach Berlin Heidelberg, 18. April 1806, Freitag
DV: H. B: −. A: Nr. 463. H: BJ/VS 8. − 1 Bl. ca. 235 x 198 mm; 1r–1v 1¾ beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Ränder fleckig und eingerissen; restauriert. − WZ: J WHATMAN. Beilagen: Teil-Manuskript der Übersetzung von Boccaccios Fiametta. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Sophie Brentano / an L. A. von Arnim., aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, auRl Varnhagen:
Bettina. D1: Steig 1894, S. 171 (TD). D2: Gersdorff 1984, S. 366f.
Varianten 1 kommen] danach Einweisungszeichen für den Text 1r auR 5 als] über 16 sie braucht] s aus S 16 weil dadurch] aus weil gestr. mehr zur durch sie 18 zur Meße] üdZ eing. 38 Ich] davor Einweisungszeichen
Erläuterungen 1–8 Fiametta 〈...〉 Tittel] Vgl. zu Nr. 420,45–46. 18 zur Meße] Zur Frühjahrsmesse, die drei Wochen nach Ostern (6. April) begann. 25 Reichart hat es sehr anmuthig componirt] In seiner Sammlung Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand (Berlin 1805), die Arnim vmtl. mit Nr. 371 nach Heidelberg geschickt hatte.
811
Zu Nr. 444
26 Wir wohnen jezt auf dem Paradeplatz] Der Umzug hatte gegen Ostern stattgefunden, die Adresse ist nicht bekannt. 32 er wolle Ihnen mit der Briefpost schreiben] Nr. 449. Die Briefpost wurde von der Reitenden Reichspost besorgt und nicht von der Fahrenden, die Personen beförderte. 38 Ich hätte Ihnen gern das Ganze geschickt] Den Rest des FiamettaManuskripts schickte Sophie Brentano vmtl. Mitte Juli 1806 an den Verleger Reimer, nachdem sie es ihm mit einem Brief vom 8. Juli (Schwarz 1991, S. 197f.) angekündigt hatte.
445.
An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 19. – Karstorf, 21. April 1806, Sonnabend-Montag
DV: H. B: Nr. 440. A: Nr. 459. H: FDH 7223. − 2 Dbl. je ca. 228 x 188 mm; 1r–4v 8 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet; Umschlagblatt ca. 233 x 188 mm. − Umschlagblatt stark beschädigt, roter Siegelrest. − WZ: Jeweils Jan Kool (Schreibschrift), Umschlagblatt: bekrönter Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 138 2v auRr: 7223. Besonderheiten: Notiz Bettinas auf Umschlagblatt: 21. April Neustrelitz
1806. D1: Steig 1913, S. 21–24. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 47–52 (Nr. A5).
Varianten 7 ungeduldig] di aus 〈xx〉 21 andre sieht] s aus z 21 seine] Schluß-n gestr. 22 Königin] über gestr. Dame 22 seinen] über gestr. diesen 36 oder] o aus d 37 hinter dem Gitter] üdZ eing. 37 poltern] danach gestr. sie 43 vielweniger 〈...〉 konnte] nachträgl. 52 Freundschaft Ihrer] I aus i 52 Liederzwischen den Zeilen 54 Ihr] I aus i 57 jeder Morgen wortsammlung] wort üdZ eing. ein Küssen] über jeder: Und der über ein: war ein so daß auch: jeder Morgen war ein Küssen gelesen werden kann 66 das] üdZ eing. 73 hätt] aus wär 78 mir] üdZ eing. 99 sind] danach gestr. in
812
Zu Nr. 445
Erläuterungen 3 Kampfe gegen Bostel] Auf Trages im Herbst 1805. Vgl. Nr. 398,20–21. 24–25 Ihr zweyter Frühlingsbrief] Nr. 432. 25–26 den ersten dürren Windhalm beantwortete] Nr. 423 mit Nr. 434. 27 Antwort des zweyten Briefes] Nr. 442. 30 Noten] Beilagen Bettinas zu Nr. 423 und Nr. 440. 46–47 Der Himmel ist oft hell.] Anfang von Arnims Gedicht Schwüle Luft, 1805 in Reichardts Troubadour, von diesem vertont. Von Arnim Bettina mit Nr. 421 geschickt. (Vgl. Ricklefs 1980, Nr. 282.) 52 Liederwortsammlung] Bezug auf Bettinas Mitteilung, sie habe schon einen ziemlichen Beitrag zu Arnims Liedern gesammelt (Nr. 440,12–13). 55 Vorschlag einer Morgendiät] Arnim an Bettina, 18. März 1806: Nur Eins schreiben Sie auf, wenn Sie jeden Morgen aufstehen (Nr. 434,33). 57 jeder Morgen ein Küssen] Rückbezug auf das von Arnim bereits im Brief vom 18. März anzitierte Brentano-Gedicht Und der Morgen wird ein Küssen. Vgl. Nr. 434,42 und Erl. sowie Variante zu der Stelle. 63–64 aus Schlesien 〈...〉 historische] Von August Heimbert Hinze (Nr. *436). 66 das kleine Bettinchen] Bettina von Savigny (geb. 10. April 1805). 67 wie Scävola] Furchtlos wie der römische Jüngling Gajus Mucius Scaevola (Linkhand), der seine rechte Hand verloren haben soll, als er sie ins Feuer des Opferaltars legte, um den Etruskerkönig Porsena, der 507 v. Chr. Rom bedrängte und ihn mit Folter und Tod bedrohte, zu zeigen, daß ihn nichts erschrecke. Bettina spielt darauf in ihrem Buch Die Günderode (BvA/W II, S. 120) an. 69–70 gegen den Rattenkönig von Schweden und die Englischen Seeräuber] Der schwedische König Gustav IV. Adolf war als fanatischer Napoleonhasser 1805 der dritten antifranzösischen Koalition beigetreten, von der sich England nach der siegreichen Seeschlacht von Trafalgar (21. Oktober 1805) durch Kaperei hervortat. 71–72 seinem kleinen Mädchen] Adele (geb. 12. Oktober 1801). 72 wenn ich ein Vöglein wär] Im ersten Band des Wunderhorns. 77 Karsdorf] Vgl. zu Nr. 443,214. 78–79 Cassel 〈...〉 Göthe 〈...〉 Gallerie] Von Bettinas Kassel-Besuch hatte Arnim durch Brentanos Brief vom 18. bis etwa 22. März 1806 erfahren. Vgl. Nr. 435,51–52 und Erl. 91 Papilioten] Haar-, Lockenwickler. 96–97 meinen Kinderbriefen 〈...〉 zu Dutzenden fand] Von Arnims Kinderbriefen an Hans und Louise von Schlitz sind mehrere Konzepte überliefert, jedoch keine Ausfertigungen. Vgl. WAA XXX, S. V–VII (Inhalt).
813
Zu Nr. 445
99 Sepia] Zeichnung in dunkelbrauner Wasserfarbe, aus dem braunen Saft der Sepie (Tintenschnecke) gewonnen. »Die S. war besonders im 18. Jahrh., namentlich zu landschaftlichen Darstellungen, beliebt und wurde mit Vorliebe von Dilettanten betrieben, durch das Aufblühen der Aquarellmalerei aber verdrängt.« (MGKL XVIII, S. 348.)
445.E An Bettina Brentano in Marburg Neustrelitz, 19. – Karstorf, 21. April 1806, Sonnabend–Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 440. H: Vgl. AIII, 41r–42v, 4 S.
A: Vgl. Nr. 459.
Erläuterungen Vgl. Nr. 445.
446.
Von Leopold von Seckendorf nach Berlin Regensburg, 21. April 1806, Montag
DV: H. B: −. A: Nr. 470. H: GSA 03/226. − 1 Dbl. ca. 268 x 177 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer, 1 x quer in der Mitte gefaltet. − Fleckig, 2v verschmutzt, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, roter Siegelrest. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRr: 7, auRl: 1 1v aoRr: 8 2r aoRr: 9, auRl: 2 2v aoRr: 10. Postzeichen: Portozeichen.
Varianten 20 aber] danach gestr. erst 32 will] üdZ, eing. danach gestr. als 38 25] 5 aus 0 71 Droben in letzten vier Titel und Adresse rechtssp.
814
36
ursprünglich] dem Weiherle p] die
Zu Nr. 446
Erläuterungen 2 Ich bin nunmehr 〈...〉 wieder hier] Seckendorf war 1801/02 württembergischer Legationsrat in Regensburg, wo Arnim ihn zu Beginn seiner Bildungsreise kennengelernt hatte (vgl. seinen Brief an Brentano vom 21. Januar 1802; WAA XXX, Nr. 198,40–56 und Erl.), seit 1802 Regierungsrat und Kammerherr in Stuttgart, wo er 1805 in einen Hochverratsprozeß um den Hölderlin-Freund Isaak von Sinclair verwickelt und verhaftet worden war. Danach hielt er sich 1806/07 vorwiegend in Regensburg auf. 2 per varios casus] Nach mannigfaltigem Zufall. 15 die versprochenen Volkslieder] Seckendorf hatte vmtl. im letzten November-Drittel 1805 Brentano in Heidelberg besucht, dieser Arnim am 20. Dezember beiläufig mitgeteilt, daß Sekkendorf sich bereits an uns geschloßen habe (Nr. 406,76–77). 23 meinen deutschen Percy] Nach dem Muster von Thomas Percys Reliques of ancient English poetry (3 Bde., Edinburgh 1765 und öfter) plante nicht nur Docen eine Liedersammlung (vgl. DjB Nr. 1183), sondern auch Sekkendorf. Zu diesem Projekt notierte er in einer undatierten Zusammenstellung seiner literarischen Pläne: D e u t s c h e r P e r c y . Dieser umfaßt eine
Sammlung Denkmäler des deutschen lyrischen Gesangs von den ältesten Zeiten bis Opitz, wenige neuere Stücke ausgenommen, hauptsächlich der Vo l k s p o e s i e . Die Sammlung soll nach Materien und Epochen der deutschen Bildung und Sprache geordnet werden. Wo verschiedene Dialekte, werden sie beibehalten, ebenso alte Sprachformen und Orthographie, letzte aber nur, wo sie sich wesentlich auszeichnet. Doch wird, wo es nötig ist, eine möglichst treue Nachbildung ins heutige Deutsch mitgegeben. Der Text wird kritisch hergestellt, kurze Varianten mitgegeben, übrigens so wenig kritischer Apparat als möglich. Letzter gehört mehr dem strengen Sprachforscher. Die Sammlung enthält zugleich alles Interessante aus Herders, Nicolais, Elwerts, Bodes 〈Friedrich Heinrich Bothes, 1795〉 Volksliedern und aus dem Wunderhorn von Arnim und Brentano. An sie schließt sich in einzelnen Heften eine Sammlung von Volksmelodien mit zweckmäßiger, einfacher Begleitung. (Hauser 1929, S. 309.) Eine selbständige Publikation kam nicht zustande, doch erschienen in den beiden Jahrgängen des Musenalmanachs für die Jahre 1807 und 1808, die Seckendorf in Regensburg herausgab, unter der Rubrik
Stimmen der Völker
internationale Volkslieder und im
zweiten Jahrgang eine umfangreiche Sammlung deutscher Volkslieder (insgesamt 41), zudem zwei venezianische Gondelliedchen.
815
Zu Nr. 446
28 in Elwert] Vgl. zu Nr. 366,3–4. 29–30 durch Sie in Briefwechsel mit Reichardt zu kommen] Mit dem Antwortbrief schickte Arnim einen (nicht überlieferten) Brief Reichardts. 30–32 daß ich Melodien zu Volksliedern 〈...〉 herausgeben will] Nicht verwirklichter Plan. 35 Liederspielen] Reichardt, Liederspiele (Tübingen 1804). 36 kleinen feinen Almanach] Friedrich Nicolai, Eyn feyner kleyner Almanach Vol schönerr echterr liblicherr Volckslieder (2 Bdch., Berlin-Stettin 1777/78). 38–39 welche Reichard 〈...〉 in einer eignen Zeitschrift herausgegeben hat] Volkslieder in: Musikalisches Kunstmagazin. Hg. von Johann Friedrich Reichardt. Bd. I. Berlin 1782, S. 99f., 154f. (Dort droben in jenem Thale; Es gieng ein Müller wohl übers Feld; Das Lied vom jungen Grafen; Es ritten drey Reiter zum Thor hinaus). 41 Unger] Der Berliner Verlag von Johann Friedrich Unger wurde nach dessen Tod (Ende 1804) von seiner Witwe Friederike Helene Unger bis zum Konkurs 1811 fortgesetzt. 42 Breitkopf] Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 44 prävenirt] zuvor benachrichtigt. 83 Du〈x〉*] Duderstadt, Poststation im preußischen Eichsfeld.
447.
Von Johann Friedrich Reichardt nach Neustrelitz Giebichenstein, 22. April 1806, Dienstag
DV: H. B: Nr. *437. A: −. H: BJ/VS 211. − 1 Dbl. ca. 184 x 111 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x quer gefaltet. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoR Varnhagen: Reichardt an A. von Arnim. Giebichenstein, 22. April 1806, aoRl Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BER-
LIN. Besonderheiten: 2v aufgeklebter Zettel mit Notiz Varnhagens:
Kapellmeister Reichardt an / Achim von Arnim. / Giebichenstein, 22. April 1806. / Bettina. D1: Moering 1990, S. 232f. (Nr. 3).
816
Zu Nr. 447
Varianten 14
Auch] A
aus 〈x〉
17
unsre]
danach gestr.
paar
Erläuterungen 3–5 Gedicht 〈...〉 zu dem Hausfeste] Am 9. April hatte Arnim Bettina geschrieben, er erwäge über Halle (bzw. Giebichenstein) zu reisen, wo ich einige
Chöre von mir zum Geburtstage der Mutter Reichardt aufführen sehe (Nr. 442,26–27). Die Absicht, den Geburtstag Johanna Reichardts am 3. Juli im familiären Kreis zu begehen, wird er auch dem Kapellmeister im Bezugsbrief mitgeteilt haben. Das Geburtstagsgedicht konnte nicht identifiziert werden. 6 deliberirt] beratschlagt. 14–15 die einzelnen Gedichte 〈...〉 L. 〈...〉 den Wandrer] Welche Gedichte Arnim geschickt hat, ist bis auf den Wandrer nicht bekannt: Der traurige Wanderer (Incipit: Der Blinde schleicht am Wanderstabe), von Louise Reichardt komponiert, 1811 in ihrer Sammlung XII Gesaenge mit Begleitung des Fortepiano’s, zuvor unter dem Titel Freundschaft in dem Zyklus Der freye Dichtergarten (Zeitung für Einsiedler, Nr. 2 vom 6. April 1808), 1819 in dem Schauspiel Die Gleichen. (Vgl. Ricklefs 1980, Nr. 264.) 18–19 mein Bettelblatt 〈...〉 erhalten] Reichardt wird sein Bettelblatt (Nr. *438) nach Berlin geschickt haben, von wo es nach Neustrelitz weiterbefördert wurde. 19 Solicitanten] Bittsteller. 19–20 Dürftigkeit 〈...〉 Musik 〈...〉 politischen Systems] In Neustrelitz. 21–22 mit G. u der Jag 〈...〉 in Belitz erlebt] Belitz ist verschrieben statt Strelitz. (Daß Reichardt die südwestlich von Berlin gelegene Garnisonsstadt Beelitz gemeint hat, ist unwahrscheinlich.) Mit G. wird er den Erbprinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz gemeint haben, zu dem er während seiner BerlinAufenthalte 1801 und 1804/05 und auch noch 1806 Kontakt hatte (vgl. Salmen 2002, S. 97, 104f., 152). Am 8. November 1804 erbot er sich, nach Neustrelitz zu kommen (ebd., S. 105). Die Jag wird die Sängerin und Schauspielerin Caroline Jagemann gewesen sein. 31 le cadet] Der Zweitgeborene (jüngste Sohn des Hauses).
817
Zu Nr. 448
448.
Von Bettina Brentano nach Berlin Marburg, 25. April 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. 442. A: Nr. 461. H: FDH 7389. − 1 Bl. ca. 232 x 190 mm; 1r beschr.; 1x quer gefaltet. − Ränder verknittert, aoR braune Flecke, eingerissen. − WZ: Oberer Teil von bekröntem Posthornschild. Beilagen: Nr. AII.24.A. Fremdeinträge: 1r aoRl: 136 1r mehrere Unterstreichungen sowie Z. 14 Steig: auf 9. April (über: nicht darauf) 1v auRr: 7389. Datierung: Kriterium ist Bettinas Mitteilung, sie würden am Sonntag Marburg verlassen. Am Sonntag, dem 27. April, reisten Savignys sowie Bettina und Meline von Marburg ab. Der Freitag, an dem der Brief geschrieben wurde, war demnach der 25. April. D1: Steig 1913, S. 25f.; datiert: vmtl. Offenbach, ohne Datum. D2: Betz/Straub 1986, S. 54f. (Nr. B4); datiert: Offenbach, Mai 1806.
Varianten 4
es]
aus
er
29
die]
aus 〈xxx〉
29
beliebte]
erstes
b
aus 〈x〉
Erläuterungen 1–4 Savigny fand 〈...〉 Büchlein von den Wiederteuffern 〈...〉 senden wird] Bettina fertigte die Abschrift für Arnims Dramenprojekt über die Wiedertäufer in Münster an (vgl. zu Nr. 362,33–36). Diese Abschrift ist überliefert (Nr. AII.24.A), über die auf dem Umschlag befindliche Kopie des selbsternannten Wiedertäuferkönigs Johann von Leyden freute Arnim sich besonders (vgl. Nr. 461,3–13). Die Abschrift der anderen in Savignys Bibliothek befindlichen Wiedertäuferschrift, vmtl. Des Münsterischen Königes, Johann von Leiden, Hoffordnung, ein Flugblatt von 1535, schickte dieser am 30. April an Arnim (vgl. Nr. 450,11–12). Auch diese Abschrift ist überliefert (Nr. AII.25.A). Ob es sich dabei um jene Druckschrift handelt, um die Brentano bereits am 30. März 1805 den damals in Paris sich aufhaltenden Savigny gebeten hatte, ließ sich nicht klären: In ihrer Bibl. zu Marburg steht in einem Mizellan 4°
Band eine alte kleine Druckschrift über die Münsterschen Unruhen, erinnern sie sich wohl in welchem, es ist ein Holzschnitt davor, wo die Königlichen Schneider mit ihren 〈Skizze: Krone〉 über die StadtMauer ragen, sehr lieb wäre mir es für Arnim zur Einsicht diesen Band zu 818
Zu Nr. 449
haben, er hat mich darum gebeten, da er eine Tragödie Johan von Leiden schreibt (DjB Nr. 1055). 17 mein zweites Liedgen] Beilage zu Nr. 440. 19–22 Stallburgsbrünnlein 〈...〉 eines Freundes Bild in seinen Wellen erschien] Reminiszenz an einen der beiden Frankfurt-Aufenthalte Arnims im Juni 1802, als Bettina ihn kennenlernte. Sein Bild erschien ihr in einer tiefgelegenen Brunnenanlage unter hohen Bäumen, die zur Stalburg-Oed, einem ehemaligen Anwesen der Frankfurter Patrizierfamilie Stalburg, gehörte. Der Brunnen wurde 1876 zugeworfen. (Vgl.: Derreth 1976, S. 128f.; Pehl 1978, S. 34–37.) Ein Stich von Wenzel Hollar zeigt ihn im Jahr 1630. (Abb.: www.frankfurt-nordend.de/images/1630 stallburg; auch in Arnims Stammbuch, DLA S. 279v, neben einem undatierten Eintrag von Anton Maria Brentano, der sich darauf bezieht.) Auch Goethes Sohn August wurde von Bettina bei dessen Frankfurt-Aufenthalt im April 1808 an das Brünnlein geführt. (Vgl. BvA/W I, S. 138.) 23–24 hohen und kleinen Jagd] Die hohe Jagd war ein Privileg des Adels, der das Hochwild (die großen wehrhaften Tiere) jagen durfte. Die Jagd auf kleinere Tiere (wie Hasen und Rehe) wurde als niedere Jagd bezeichnet. 29 Insinuir Manier] Insinuieren: »jemand auf eine feine Art etwas beibringen, es ihm ›stecken‹ 〈...〉 sich einschmeicheln, sich in jemandes Gunst einschleichen« (MGKL IX, S. 870).
449.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, Ende April/Anfang Mai 1806
DV: H. B: Nr. 431. A: Nr. 462, 466. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 108r–113v + 114r–114v. − 3 Dbl. (I–III) je ca. 232 x 197 mm + 1 Bl. (IV) ca. 98 x 190 mm; 1r–7r 13 beschr. S.; Faltung wegen restauriertem Zustand nicht bestimmbar. − WZ: I–III: J WHATMAN IV: Teil eines Wappens. Beilagen: Die kleinsten alten Blätter (Z. 108) aus der für Arnim auf der Nachlaß-Auktion Baldingers erworbenen Kupferstichsammlung. Fremdeinträge: 1r aoRl: 498, Mai (danach gestr.: Spätfrühling) 1806 cf letzte Seite, aoRr: Mai 1806, darunter: 108 2r aoRr: 109 3r aoRl: 498, aoRr: 110 4r aoRl: 498, aoRr: 111 5r aoRl: 498, aoRr: 112 6r aoRr: 113 7r aoRl: 498, aoRr: 114 1r Z. 11 mit Bleistift unterstr.: Die Baüme 〈...〉 abgeblüht 2r Z. 61 mit Rötel unterstr.: Winkelmanns Tod 2v Z. 110 mit Rötel unterstr.:
Schleiermachers Weihnachts Abend. 819
Zu Nr. 449
Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 47 und 48. Datierung: Am Anfang des Briefes berichtet Brentano, daß ihn gestern der Liedersammler Elwert mit seinem Sohn besucht habe, der vom Vater auf die Universität gebracht worden sei. Da der Sohn am 27. April immatrikuliert wurde (vgl. zu Z. 18–19), wird der Besuch um diesen Tag stattgefunden haben. Mit dieser Fixierung konvergiert diejenige von Brentanos Mitteilung, er habe bereits eine Stunde bei Kastner Chemie gehört (Z. 148–149). Da das Heidelberger Sommersemester 1806 am 28. April begann (vgl. Anzeige 1806, S. 1) und Kastner seine Vorlesung sechsmal wöchentlich vormittags hielt (ebd., S. 17), ist anzunehmen, daß Brentano an der ersten Vorlesung von Montag, dem 28. April, teilgenommen und bald danach seinen Brief begonnen hat: Ende April. Daß der Brief nach Berlin adressiert war und Arnim ihn dort erst nach seiner Rückkehr aus Mecklenburg erhielt, ergibt sich aus seinem Berliner Brief an Sophie Brentano vom 16. Juni: ich wanderte in Mecklenburg herum und fand meine Briefe erst hier (Nr. 463,8–9). Es ist evident, daß der Brief an mehreren Tagen geschrieben wurde, denn Brentano berichtet von gestern an zwei Briefstellen verschiedene Ereignisse: gegen Anfang den Besuch Elwerts, gegen Ende einen Besuch in Schwetzingen. Gegen Briefende fällt auch das datierungsrelevante Stichwort Mai Lust (Z. 370), woraus gefolgert wird, daß Brentano den Brief Anfang Mai beendet hat. D1: Steig 1894, S. 172–174 (TD); datiert: Mai. D2: Kat. Henrici 149, S. 68, Nr. 7 (TD, kurzer Auszug); datiert: Mai. D3: Seebaß 1951, Bd. I, S. 309–314; datiert: Mai. D4: FBA XXXI, S. 514–528 (Nr. 442); datiert: kurz vor dem 20. Mai. D5: Schultz 1998, Bd. I, S. 376–387 (Nr. 80); datiert: ebenso.
Varianten 6 den] aus die 8 dem] danach gestr. k〈xxx〉 13 der] danach gestr. so 13 Elwert, der] danach gestr. Buchstabenansatz 28 Mandelkerne] danach gestr. sehen 31 seiner] r aus m 40 verrathen] danach gestr. einem 43 und ein Fluß vor ihm] üdZ eing. 55 Anblick] danach gestr. des 57 lassen,] danach gestr. des 59 ich] danach gestr. meinte 62 Februar,] danach gestr. hatte 66 Sein] Schluß-e gestr. 68 ganze] danach gestr. Ker 71 wieder,] danach gestr. ich 74 mir] danach gestr. nicht 76 des] danach gestr. er 82 Tschudis] danach gestr. bei 94 beschädigter] danach gestr. d〈xx〉 94 Salomon] danach gestr. mit 97 die] danach gestr. 〈xx〉 97 besteht] danach gestr. aus et 98 Loth,]
820
Zu Nr. 449
danach gestr. Simson 99 Bathseba,] danach gestr. Buchstabenansatz 100 durchaus] danach gestr. eher 102 Hunden] danach gestr. unter 102 der] üdZ eing. 103 lächerliche.] danach gestr. Ridinger 103 du] danach gestr. Buchstabenansatz 107 ich] üdZ eing. 118 einen] en üdZ eing. 121 eine] danach gestr. Zeit 124 auf das] das aus dem 129 seine] danach gestr. 〈xxx〉 132 Schnecke] danach gestr. h〈xxx〉 135 Ganze] danach gestr. ist ein 150 doch] aus 〈xxx〉 153 von] danach gestr. 〈x〉 160 ganzen] danach gestr. fr 161 be167 wurden] üdZ eing. 167 um] aus dencke,] danach gestr. weiß und 172 Jüngling] danach gestr. die Geschichte 179 so] danach 181 ein] aus einen 185 diese] danach gestr. stehen gestr. her 193 die] aus der 193 breitbasigte] danach gestr. Thurm 200 Gar200 Kirche,] danach gestr. wo 202 Kirchten] danach gestr. und 202 gemeine] üdZ eing. 204 uns,] danach hofe] danach gestr. fand gestr. 〈xxx〉 212 da?] danach gestr. Wo ist 213 geschiehtm] aus geschieht ihm 214 klopft] k aus g 215 Frau] danach gestr. ihn 219 spricht] danach gestr. 〈xx〉 219 spricht der] danach gestr. 〈xx〉 222 eingraben,] danach gestr. und 241 diktirt,] danach gestr. so 245 schläft] üdZ 246 Lieben] danach gestr. schläft 246 liegt,] danach gestr. da 248 versammelten,] danach gestr. sch 251 sprach 259 ich] danach gestr. oh 259 dir] von] danach gestr. chinesche danach gestr. abschre 265 das] s aus ß 268 Meine] neuer Schreib273 zwei] danach gestr. An 288 sei] über gestr 〈xxx〉 ansatz 296 auch] üdZ 296 recht] danach gestr. 〈xxx〉 299 freilich] danach 303 sie] danach gestr. d 304 Hoffraülein] danach gestr. zu gestr. g 305 ob] danach gestr. sies nicht z 307 lieb] aus liebst 308 redest,] danach gestr. ich 319 Die] danach gestr. Ges 329 Bedingung] danach gestr. (ersten 343 das] danach gestr. das 362 Zimmer] Z aus s 363 dich,] danach gestr. 〈xxx〉 370 Murren] danach gestr. auf die Gr darüber gestr. das Haus 370 der] danach gestr. Lust 383 und] d aus 〈x〉
Erläuterungen 3–4 Ausschnitt aus einer 〈...〉 (Wilhelm Meister) Welt] Wegen der Ähnlichkeit des von Arnim geschilderten theatralischen Hoflebens mit den entsprechenden Szenerien in Wilhelm Meisters Lehrjahren (1795/96). 5 inzwischen ausgezogen] In eine Wohnung auf dem Paradeplatz. Vgl. Nr. 424,172–173 und Erl.
821
Zu Nr. 449
6–7
Büchern ja Büchern] Fuhrmann, ja Fuhrmann
Bezug auf volksliedhaftige Intensivierungen wie im ersten Band des Wunderhorns (FBA VI,
S. 192). 7 dein Bild] Das Arnim-Porträt von Ströhling (1804). 9–10 Kasten, aus welchem dir die schönen Lieder ins Wunderhorn gestiegen sind] Das Arnimsche Stehpult während seines Heidelberg-Aufenthalts im Sommer 1805. Vgl. Nr. 435,44–45 und Erl. 14 ungedruckte Reste alten Gesanges] Nach dem Titel von Elwerts für das Wunderhorn benutzter Sammlung: Ungedrukte Reste alten Gesangs nebst Stücken neurer Dichtkunst (1784). 18 en Wikse] Studentensprachlich: en Galla, sehr geputzt (Henne/Objartel 1964, Bd. II, S. 261 [Kindleben, Studenten-Lexicon, Halle 1781]). 18–19 Er brachte seinen Sohn auf die Universitaet] Ernst Georg Ludwig Wilhelm Elwert wurde am 27. April 1806 als stud. iur. in Heidelberg immatrikuliert; mein Vater ist hessen-darmstädischer Regierungsrath u. Amtmann zu Dornberg, schrieb er in die Matrikel (Toepke 1903, S. 395). 23 Restaurationen und Ipsefacten] Vielzitierte formelhafte Bezeichnung für die Arbeitsweise der Wunderhorn-Herausgeber. Restaurationen: Zufolge Roth (1805–1806, Bd. II, S. 322) hatte das Wort um 1800 einen der lat. Wortbedeutung entsprechenden progressiven Sinn: (lat.) die Erneuerung. Brentano dürfte besonders der kunsthistorische Bedeutungshintergrund interessiert haben: »die Wiederherstellung von beschädigten Gebäuden, Statuen, Gemälden etc.« (MGKL XVI, S. 825). Dies läßt sich aus einem um den 31. Januar 1808 an Arnim geschriebenen Brief schlußfolgern, in dem er sein Verständnis von Restauration konkretisierte: Alle Restauration darf nicht individuell sein, sonst wird es Instauration und zwei Genien, die sich die Hände reichen, und deren einer die Hand verlohren, sind nicht restaurirt, wenn ich hinten meine Hand durch steckte, eben so wenig, wie in eine gemahlte Leda ohne Schwan, jemahls ein lebendiger Schwan sich verlieben wird. Arnim vertrat dagegen in seiner Antwort vom 6. Februar 1808 eine andere Auffassung. (Vgl. WAA XXXIII.)
Ipsefacten: Nach Ipso facto: durch die Tat selbst
(Roth 1805–1806, Bd. I,
S. 539). Die Brentanosche Kompositum- und Pluralbildung ist singulär.
dein Verlohrner Schwimmer 〈...〉 Gebrauch 〈...〉, den die Zeile, sowie auf dem Pokale ect. berühre] Der verlorne Schwimmer im ersten Band des Wunderhorns, worin die Königstochter ein Licht aufs Wasser setzt, 24–26
mit dessen Hilfe der Geliebte zu ihr schwimmen kann. Die betreffenden Str. 4 und 5 lauten:
822
Zu Nr. 449
Ja wie auf dem Pokale Zum Spiel ein Lichtlein schwebt, Wenn es beim hohen Mahle Auf Königs Wohlseyn geht, So setzt sie auf das Wasser Ein Licht auf leichtes Holz, Das treibet Wind und Wasser, Zu ihrem Buhlen stolz. (FBA VI, S. 223.) Nur die beiden ersten Strophen sind echt – aus Forsters Frischen Teutschen Liedlein –, die restlichen von Arnim. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 412f.) Bei dem Elwert interessierenden Vergleich »dürften Erinnerungen an einen Silvesteroder Matthiasbrauch (24.2.) eingewirkt haben, der teils als Liebes-, teils aber auch als Todesorakel verbreitet war: Beide Aspekte läßt Arnim anklingen« (ebd., S. 413; mit Literaturhinweisen). 26 Reichsanzeiger] Der von Rudolf Zacharias Becker seit 1791 in Gotha herausgegebene Kaiserlich privilegierte Reichs-Anzeiger. 27–28 wie die Mandelkerne eins der altfränkischten Konfekte sei] Ohne unmittelbaren Bezug auf das Lied Der verlorne Schwimmer. 29–30 daß sein altes Liedchen unsern Titel veranlaßt] Dem Eingangslied Das Wunderhorn liegt die Mitteilung einer altfranzösischen Romanze unter dem Titel Une Romance. Eins der ältesten französischem Lieder in Elwerts Ungedrukten Resten alten Gesangs zugrunde. (Vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 76–79.) Darin jedoch nicht das Kompositum Wunderhorn, das vmtl. aus Des Oldenburgischen Wunder-Horns Ursprung (Bremen 1684) stammt. (Vgl. ebd., S. 68f.) 30–31 Sammlung 〈...〉 die er mir 〈...〉 überliefern will] Wie Brentano Arnim am 1. Juni (Nr. 457,165–173) schrieb, war Elwert zunächst durch familiäres Unglück am Überschicken verhindert. Er scheint aber auch später nichts mitgeteilt zu haben; darauf läßt das Fehlen seines Namens in der am 1. Januar 1808 entworfenen Dankadresse schließen. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 733.) 32–33 zwei geschriebene Sammlungen 〈...〉 durch Mozler] Vmtl. mit der in Mozlers Brief an Brentano vom 11. Februar 1806 angekündigten Sendung, der er etwas Von alten Liedern 〈...〉 beypacken wollte (DjB Nr. 1195). Eine
Sammlungen konnte identifiziert werden: ein aus 14 Bl. bestehenAch wenn sie das Rössel doch langsam gehen ließen im zweiten Band des Wunderhorns enthält. (Vgl. Rölleke in
der beiden
des Liederheft, das die Vorlage für
FBA IX/2, S. 675–678 sowie in FBA IX/3, S. 788.)
823
Zu Nr. 449
34–35 einiges sehr gute durch 〈...〉 lieben Grimm] Von Albert Ludwig Grimm stammen drei Teil-Vorlagen für den zweiten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 810f.) 35–37 Kinderlieder, und eine gute Romanze von der alten Frau Hose, der du die Bilder abgekauft] Frau Hose war die Witwe des Heidelberger Kirchenrat-Registrators August Friedrich Hose, dessen Nachlaß 1805 versteigert wurde (vgl. Nr. 361,56–57 und Erl.). Welche Bilder Arnim von der Witwe gekauft hatte und welche Lieder Brentano erhielt, ist nicht bekannt. Im Wunderhorn-Nachlaß konnte ihre Handschrift »nicht sicher identifiziert« werden (Rölleke in FBA IX/3, S. 819). 38 Dossenheim] Dorf nördlich von Heidelberg (inzwischen eingemeindet). 39 Convent] Vgl. zu Nr. 452,15. 40–45 Ein Lied 〈...〉 wie bleibt der Fährmann so lang!] Brentano hörte vmtl. »eine nicht überlieferte oder weiter nicht verbreitete Ballade; denn Erzähllieder, in denen von einer Flußüberquerung die Rede ist oder in denen ein Fährmann bzw. Schiffer herbeigerufen wird, weichen inhaltlich vom Lied, das Brentano in seinem Brief an Arnim erwähnt, ab. Zwar habe ich spontan die beiden Lieder ›Die Losgekaufte‹ (E.-B. 〈Erk/Böhme 1893–1894, Nr.〉 78) und ›Maria und der Schiffmann‹ (E.-B. 〈ebd., Nr.〉 2063) assoziiert, in denen ebenfalls ein Schiffsmann angerufen wird, aber diese haben inhaltlich nichts mit dem fraglichen Lied zu tun. Ebenso wenig einige regionale Erzähllieder aus der Gottschee (Jugoslawien), die von der Flucht eines Mädchens handeln; hier fragt die Mutter den Schiffer, ob er ihre Tochter über den Fluß gefahren habe. Andererseits kommt die Überquerung eines Flusses in den mir vorliegenden Entführungsballaden (E.-B. Bd. 1, passim) nicht vor. Ich vermute daher, dass es sich um einen sehr aktuellen, in der Erzählliteratur oft behandelten Stoff des späten 18. Jahrhunderts handelt, nämlich die Entführung oder Flucht einer Nonne aus dem Kloster, zumal hier von einem Prediger die Rede ist. Legt die Bemerkung Brentanos, dass letzterem das Lied gestohlen worden sei, nicht die Vermutung nahe, dass letzterer der Verfasser sei?« (Frdl. Mitteilung von Waltraud Linder-Beroud, Deutsches Volksliedarchiv Freiburg i. Br.) Zum von Brentano zitierten Kehrreim der Ballade vgl. den Kanon Fährmann, Fährmann, hol über. »Er ist nicht weiter in unseren Sammlungen nachgewiesen, könnte aber ein Relikt aus dem fraglichen Liede sein (Abdruck im Kolpingliederbuch ›Singgesell. Liederbuch aus dem Geiste Adolf Kolpings‹. Gestaltet von der deutschen Kolpingfamilie. Köln 1952, S. 117).« (Frdl. Mitteilung von Waltraud Linder-Beroud.) 46–54 Leon hat mir 〈...〉 geschrieben 〈...〉 in eine nähere Verbindung bringen.] Vgl. Gottlieb von Leon an Brentano, 29. März 1805 (DjB Nr. 1224).
824
Zu Nr. 449
54–55 unser alter Churfürst 〈...〉 Anblick Bonapartes] Napoleon hatte sich vom 20. bis zum 23. Januar 1806 in Karlsruhe aufgehalten, wo der achtundsiebzigjährige Kurfürst Karl Friedrich von Baden mit ihm zusammentraf. 55–56 Vermählung mit der fabrizirten Stephanie] Ein wichtiges Mittel Napoleons zur Verstärkung seiner Macht in Süddeutschland war die Heiratspolitik. Am 7. April 1806 war es in Paris zur Vermählung von Ste´phanie Beauharnais, der von Napoleon zuvor adoptierten Nichte seiner Frau, mit dem badischen Kurprinzen Karl gekommen. 56–58 hat 〈...〉 Jung zu sich kommen lassen 〈...〉 mit ihm gebetet] JungStilling beriet den badischen Kurfürsten, den er 1796 kennengelernt hatte und der seinerseits die religiös-philanthropischen und sonstigen Bestrebungen seines Günstlings unterstützte. (Vgl. Leiser 1971.) Von 1803 bis 1807 lebte Jung-Stilling in Heidelberg, danach in Karlsruhe. Dort hielt er sich auch vom 26. Februar bis 4. März 1806 auf. Zu dem ganztägigen Zusammensein mit dem Kurfürsten wird es zwischen 27. Februar und 3. März gekommen sein. In einem unveröffentlichten Brief schrieb er am 19. März: ich war zugegen als der Kurprinz von
seinem GrosVater und der Familie Abschied nahm, um nach Paris zu reisen. Diesen Auftritt vergeß ich nie. (Frdl. Mitteilung von Erich Mertens, Lennestadt.) 59–60 Fortsetzung der Eugenie] Goethes Trauerspiel Die natürliche Tochter, das 1803 in Weimar unter dem Titel Eugenie (nach dem Namen der Protagonistin) uraufgeführt worden war, war als Trilogie geplant, jedoch wurde nur der erste Teil vollendet. 61–63 Winkelmanns Tod 〈...〉 von Bouterweck gehört 〈...〉 an einem schnellen Nervenfieber] Arnims und Brentanos Jugendfreund Stephan August Winkelmann war am 21. Februar 1806 in Braunschweig gestorben. Mit Friedrich Ludewig Bouterwek, der in Göttingen Professor der Philosophie war, hatte er sich dort befreundet, und Bouterwek wird die in den Braunschweiger Anzeigen, 17. Stück vom 26. Februar 1806, publizierte Todesanzeige bekommen haben: Am 21. dieses Monats starb mein innigst geliebter Sohn,
Stephan August Winckelmann, der Philosophie und Arzneikunst Doktor, und Professor an dem Fürstl. Anatomisch chirurgischen Collegio, in seinem kaum eingetretenen 27. Lebensjahre, an einem Nervenfieber. Indem ich diesen mir so höchst schmerzlichen Verlust anzeige, bitte ich alle diejenigen, die Alles, was Kunst, Freundschaft und Zuneigung nur vermögen, in der letzten Krankheit des theuren Verstorbenen, zu seiner Erhaltung so edelmüthig angewandt haben, von meiner und der Meinigen unbegränzten und unauslöschlichen Dankbarkeit überzeugt zu seyn. Marianne Louise Winckelmann, geborne Leisewitz. (Schnack 1984, S. 86.) 825
Zu Nr. 449
63–64 Aufsätze von riodikum Neue Vesta.
ihm für die Vesta] Bouterwek gab in Leipzig das PeKleine Schriften zur Philosophie des Lebens und zur Beförderung der häuslichen Humanität (6 Bde., 1803–1808) heraus, in dessen erstem und zweitem Band Winkelmann vertreten war, doch kam es in den Bänden 7–10, die 1806–1808, nach Winkelmanns Tod, erschienen, zu keiner postumen Veröffentlichung. Die von Winkelmann kurz vor seinem Tod geschickten Aufsätze sind nicht bekannt. 74 ein X] »x steht in allgemeinerem sinn für die unbekannte (oder ungenannte) natur einer sache« (DWb XXX, Sp. 2562). 75 auf dem Gartenhause bei ihm] Reminiszenz an den Göttingen-Aufenthalt im Sommer 1801, als Winkelmann auf einem Garten wohnte, wie Brentano seiner Schwester Kunigunde vmtl. am 9. Juni 1801 geschrieben hatte. Die vor der Stadt befindlichen Gartenhäuser waren billiger als die Wohnungen in ihr. (Vgl. DjB Nr. 456 und Erl.)
81 Antwort von Fuchs 〈...〉 dem Biografen Tschudis] Von Ildephons Fuchs, 20. April 1806 (DjB Nr. 1233). Vgl. Nr. 424,72–78 und Erl. 84–86 Von Göttingen 〈...〉 Thedel von Wallmoden erhalten] Eine Teilabschrift von Georg Thyms gereimter Biographie Des Edlen Gestrengen, Weit-
berümbten, vnnd Streitbaren Heldes Thedel Vnuerferden von Walmoden, tapfferer, menlicher vn Ritterlicher Thaten durch Lorenz Oken mit einem Brief Okens an Brentano vom 18. April (DjB Nr. 1230). Vgl. zu Nr. 415,159–163.
87–88
daß deine baldingerischen Bilder mir von Savigny zugeschickt
sind]
Die aus dem Nachlaß des Marburger Mediziners Baldinger für Arnim
erworbenen Kupferstiche, mit einem Brief Savignys an Brentano vom 20. April (DjB Nr. 1232). Vgl. zu Nr. 426,4–7.
88–89 ich falte sie nun mit den Büchern 〈...〉 zusammen und sende sie dir] Falten im Sinn von zusammenlegen. Die beigepackten Bücher führt Brentano in der Nachschrift und im folgenden Brief an Arnim (Nr. 457,252–265) im einzelnen an.
92–93
zwei Rembrand 〈...〉 viele Aldegreef]
Eine Identifikation der von
Arnim erworbenen Stiche ist nicht möglich, da diese weder in dem umfangreichen zweibändigen Katalog der medizinischen Bücher Baldingers (Kat. Baldinger 1805) noch in dem speziellen der nichtmedizinischen Werke und der Kupfer-
Aldegreef: Heinrich Aldegrever. 92 ein van Ryn] Jan van (de) Rijn, Jan Pietersz. van Rijn oder Titus Rembrandtsz. van Rijn? 93 mehrere Boheim] Barthel Beham oder Hans Sebald Beham? stiche (Kat. Baldinger 1805a) verzeichnet sind.
826
Zu Nr. 449
94–95 de Bruyn, Salomon von den Weibern zur Abgötterei verführt] Vmtl. ein Salomons-Urteil (nach 1 Kön 3,16–28) von Bartholomäus Bruyn d. Ä. Von ihm wurde erst in den fünfziger und frühen sechziger Jahren des 20. Jhs. ein monumentales Wandgemälde im großen Saal des Bremer Rathauses entdeckt und restauriert, das 1532 entstanden und 1726 übermalt worden war. (Vgl. Förster 1966.) Es ist außerordentlich personalreich und detailliert, keineswegs auf die Gruppe des Königs und der beiden Frauen reduziert, die um das Kind streiten, von dem jede die Mutter zu sein behauptet, bis die rechte dadurch erkannt wird, daß sie nach dem Befehl des Königs, es in zwei Hälften zu teilen, auf die ihr zugesprochene verzichtet. Doch nehmen die beiden Frauen vor dem thronenden König in Bildmitte Haltungen ein – die eine knieend, die andere stehend –, die Brentanos Beschreibung entsprechen. Allerdings ist nicht bekannt, daß Bruyn außer dem im Bremer Rathaus gemalten Bild noch eine andere Version des Motivs geschaffen hat, und von anderen Malern des Namens ist kein Salomons-Urteil belegt. 97 Sammlung Vetus und novum testamentum] Darstellungen von Themen aus dem Alten und Neuen Testament. Vgl. Kat. Baldinger 1805a, S. 261: Nr. 23: Ve t u s Te s t a m e n t u m 168 St. von Sadler, Eichet, Halmann,
Visscher, Porporati, Gole, Sichem, van de Passe, Fantect, Krugel, Gabrieli, Wagner, Volpato, Cochin, Schmid, Doryny, Schwanenberg, Blömärt. Nr. 24: Ve t u s Te s t a m e n t u m 128 St. von Weisbrod, Sänredam, Greuter, Goltzius, van Buysen, Raphael, Fanteat, Galle, Colluert, Vischer, Frogen, Vorstermann, Hoy, Tempestius, Sadler, Cars, Galle, Wierx, Sänret. Nr. 25: N o v u m t e s t a m e n t u m 217 St. v. Schwanenburg, Boudous, Tyroft, Chevillet, Busmecher, Schnyders, Marrett, Wyerx, Troyen, Crispin de Pas, van Kessel, Mätham, Kusel, Prenner, van Schuppen, Sadeler, Geyn, Lisebetius, Galleus, Golzius, Collärt, Crispianus, van de Passe, Stien, Saiter, Galle, Kilian, Peyrolery, Lauwers, Mathani. 100 Sammlung liebschaft] Vgl. Kat. Baldinger 1805a, S. 262f., Nr. 31: 128 St. Liebeshändel betreffend, hierunter einige Stücke von Golzius; Nr. 38: 53 St. Liebeshändel betr.; Nr. 60: 82 St. Liebeshändel betr. 102 hinter der Ratte her] Anspielung auf die grosse Ratte, die in Christian Reuters Schelmenroman Schelmuffsky vor der Geburt des Helden seiner Schwester zwischen die Beine durchläufft und unversehens in ein Loch kömmt (Haufe 1972, S. 17). 103 Ridingers zwölf Blätter vom Paradies] Johann Elias Ridinger, Das Paradies oder die Schöpfung und der Sündenfall des ersten Menschenpaares (12 Bl.). 827
Zu Nr. 449
110–112 Schleiermachers Weihnachts Abend 〈...〉 wie ein Waffeleisen 〈...〉 allerdings] Reaktion auf Arnims Mitteilung über seinen Lektüre-Eindruck von Schleiermachers Weihnachtsfeier. Vgl. Nr. 425,49–54. 111 Werkeltags] im gemeinen Leben für Werktag(s) (Adelung IV, Sp. 1505). 112 Teich] Teig (frankfurtisch). 114–116 die kleine Sophie 〈...〉 in gewisser Hinsicht Betinen] Sofie ist die halbwüchsige Tochter der Gastgeber des Familien- und Freundeskreises, der am Weihnachtsabend zusammenkommt. Die Ähnlichkeit mit Bettina wird Brentano vor allem bei der Lektüre der ersten Seiten, auf denen Sofie eingeführt wird, bewußt geworden sein. So heißt es: Nur die kleine Sofie ging in sich
gekehrt mit den größten ihrer Schrittchen auf und ab und war den mutwillig Durcheinanderlaufenden und Redenden mit ihrer unruhigen Gleichförmigkeit fast eben so sehr im Wege, als diese ihr. Endlich fragte Anton sie mit verstellter Verdrießlichkeit, ob sie nicht jetzt alle ihre Geschenke gern hingeben würde für ein Glas, welches ihr vergönnte, durch die verschlossenen Türen zu schauen. – Wenigstens, sagte sie, täte ich das eher als du. Denn du bist gewiß mehr eigennützig als neugierig und glaubst wohl ohnedies, daß die Strahlen deiner wunderbaren Klugheit durch keine Tür aufgehalten werden. Und nun setzte sie sich in den dunkelsten Winkel und wiegte das Köpfchen bedachtsam in den aufgestützten Händen. (Schleiermacher 1984, S. 4.) Oder: Indes waren die Geschenke näher betrachtet worden 〈...〉 Sofie hatte zuerst nur einen flüchtigen Blick auf ihre eigenen Schätze geworfen, und war gleich bald hier bald dort bei allen umhergegangen, alles neugierig beschauend und eifrig rühmend, vor allen Dingen aber ansehnliche Bruchstücke von den zerstörten Namenszeichen einbettelnd. Denn an Süßigkeiten aller Art ist sie unersättlich und liebt große Vorräte davon zu besitzen, zumal wenn sie sie auf diese Weise zusammenbringen kann. Erst nachdem sie ihre Reichtümer mit einem solchen Magazin vermehrt hatte, fing sie an, ihre Geschenke genauer zu betrachten und ging nun wieder zeigend und triumphierend mit jedem einzelnen Stück besonders umher, gleich von jedem, wie es sich tun ließ, Gebrauch machend, um dadurch die Vortrefflichkeit der Gaben am sichersten zu beweisen. (Ebd., S. 6f.) 119–120 »es Gehörte zu Christi Leiden keinen rechten Vater zu haben«] Eduard, Sofies Vater, berichtet: Ja, das Mädchen hört wirklich manches aus der Bibel recht genau, wie es dasteht. So war ihr auch Josef nur als der Pflegevater Christi vorgestellt worden; es ist wohl schon ein 828
Zu Nr. 449
Jahr und länger her, was ich jetzt erzähle, und als ihr auf die Frage, wer denn sein rechter Vater gewesen, die Mutter antwortete: Er habe keinen andern gehabt als Gott, meinte sie, Gott wäre ja ihr Vater auch, aber sie möchte mich deshalb nicht missen, und es gehöre das wohl schon zum Leiden Christi, keinen rechten Vater zu haben, denn es sei eine gar herrliche Sache um einen solchen. Wobei sie mich liebkoste und mit meinen Locken spielte. (Ebd., S. 20.) 122 Reden zwischen verschiedenen Kleidungsstücken] Ironisch für die zu Meinungsträgern veräußerlichten Charaktere. 123–125 am Ende 〈...〉 ganz kauderwelsch das Evangelium Johannis 〈...〉 zu streichen] Nicht ganz am Ende der Weihnachtsfeier – das bleibt Josef, der eben ankommt, vorbehalten –, sondern vor dessen Auftritt hat Eduard das Wort, wobei er aus dem Evangelium Johannis zitiert und die zitierte Stelle anschließend so deutet, daß Brentano die Auslegung kauderwelsch anmutet: Dieser 〈der Evangelist〉 gibt uns die geistige und höhere Ansicht
unseres Festes. Er hebt aber so an, wie Ihr wißt: »Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, als des eingebornen Sohnes vom Vater.« So sehe ich am liebsten den Gegenstand dieses Festes, nicht ein Kind so und so gestaltet und aussehend, von dieser oder jener geboren, da oder dort; sondern das Fleisch gewordene Wort, das Gott war und bei Gott. Das Fleisch aber ist, wie wir wissen, nichts anderes, als die endlich beschränkte sinnliche Natur; das Wort dagegen ist der Gedanke, das Erkennen; und das Fleischwerden desselben ist also das Hervortreten dieses Ursprünglichen und Göttlichen in jener Gestalt. Was wir sonach feiern, ist nichts anders als wir selbst, wie wir insgesamt sind, oder die menschliche Natur, oder wie ihr es sonst nennen wollt, angesehen und erkannt aus dem göttlichen Prinzip. Warum wir aber Einen aufstellen müssen, in welchem sich die menschliche Natur allein so darstellen läßt, und warum gerade diesen Einen, und auch bei ihm schon in die Geburt diese Einerleiheit des Göttlichen und Irdischen setzen, nicht als eine spätere Frucht des Lebens, das wird hieraus erhellen. Was ist der Mensch an sich anders als der Erdgeist selbst, das Erkennen der Erde in seinem ewigen Sein und in seinem immer wechselnden Werden. 〈...〉«. (Ebd., S. 57f.) 127–128 der Gehängte im Märchen »Geb mir mein Lung und Leber wieder.] Als Märchen-Motiv so nicht ermittelt. Daß Herz und Leber als Beweis 829
Zu Nr. 449
eines vollzogenen Mordbefehls überbracht werden, kommt in einigen Märchen (z.B. Schneewittchen) vor. Möglicherweise aber auch Bezug auf die Constitutio Criminalis Carolina, die peinliche Gerichtsordnung Karls V. (1532), wonach dem Verurteilten Herz, Lunge und Leber herausgeschnitten und verscharrt worden sein sollen. 129–130 Falk, daß dir seine Elisium und Tartarus so ganz unbekannt ist] Vgl. Nr. 431,4–5. 130–131 deine Apotheose in den ersten Blättern] Vgl. Nr. 424,10–13 und Erl. 131–132 er wiederholt dich und das Wunderhorn noch oft 〈...〉 drukte 〈...〉 die Schneider und die Schnecke ab] Folgende Stellen in Falks Elysium und Tartarus haben außerdem Bezug auf Arnim: 1) Zitat aus dem Aufsatz Von Volksliedern in dem Beitrag Ueber die ver-
schiedenen Ansichten des Kasperl, oder des sogenannten Marinellischen Theaters, auf der Wiener Leopoldstadt: Herr v. A r n i m , nachdem er ebenfalls, aus einem der lustigsten W i e n e r Vo l k s l i e d e r , aus einer Beschreibung des P r a t e r s , ein Paar Strophen folgendermassen angeführt: »Auch ist eine Hütte, wie ihr wohl wißt, Da läßt man sich wiegen, wie schwer als man ist, Ich ging auch einmal hin, Zu wissen, wie schwer ich bin? Der Kerl war ein Flegel, er sprach: Hört’s der Herr? Sie sind g’wiß ein Schneider und sind gar nicht schwer. Wer damit nicht zufrieden, noch mehr sehen will, Geh grade von da aus zum Ringelspiel, Da drehen sich zwei und zwei, Rund herum in der Reih, Oft schreyen die Madeln: nit gar so geschwind, Es ist nicht wegen meiner, ’s ist wegen mein Kind!« setzt hinzu: »Das Verhältniß dieser Lieder zu den Nationalopern der dortigen Vorstädte, wird schon aus diesen Proben fühlbar. Die meisten dieser Singspiele sind d e r A n l a g e n a c h s c h ö n ; nur ungeschickt und leer in der Sprache; gewöhnlich aber durch Fortsetzungen unangenehm.« (Tartarus, Nr. 6 vom 19. Januar, S. 23.) Im selben Beitrag die Frage: Es frägt sich: wer hat nun Recht? Herr B e n k o w i t z , der das Ebenbild Gottes durch den armen K a s p e r l förmlich degradirt glaubt, oder die Herren v . A r n i m und R e i c h a r d t , die gern einer jeden Residenz 830
Zu Nr. 449
und großen Stadt, zu ihrer Aufheiterung, einen solchen Spottvogel gönnen möchten. (Ebd., S. 24.) 2) Hinweis auf Goethes Wunderhorn-Rezension, ohne den Rezensenten zu nennen: N o t i z . In der Allgemein. Jen. Literaturzeitung steht eine vortreffliche Anzeige, von A. v . A r n i m s Knaben Wunderhorn. Ein stiller und bedachtsamer Ton, ein Wesen, ein Geist, der die verschiedenen Stimmungen dieser Lieder liebend in sich aufnimmt, gleichsam an sich selbst durch versucht, und sodann in ein Paar freundlichen Akkorden wieder anklingen läßt. – (Elysium, Nr. 13 vom 12. Februar, S. 52.) 3) Zitat aus Arnims Aufsatz Von Volksliedern in dem Beitrag Aus Wien vom 7. Febr.: Die Furcht vor dem Korporalstock, ist dem Lorbeer nicht günstig; und das Regiment des Steigbügels muß aufhören, wenn der Reiter, mit seinem Pferd verwechselt, nicht zu diesem herabsinken soll. Es ist kein hohler Phantasietraum; nein, nein, ganz andere Beweggründe, wie diese, werden im neunzehnten Jahrhundert die deutschen Armeen ins Feld führen. Bloße Miethssoldaten, das heißt Solche, die wie Herr v . A r n i m sagt: mit einem frischen Trunk, in einen frischen Rock stürzen, und beim Hereinpassieren in’s Thor schon sehen, wie sie am besten wieder heraus kommen möchten, können uns jetziger Zeit nur wenig Dienste leisten. (Elysium, Nr. 16 vom 23. Februar, S. 61.) 4) Nachdruck der Romanze von den Schneidern aus dem ersten Band des Wunderhorns unter dem veränderten Titel Romanze von den drei Schneidern als Nachtrag zu dem Schneiderkrieg (Elysium und Tartarus, Nr. 22 vom 16. März, S. 88). 134–135 Voß schickt 〈...〉 Uebersetzungen ein] 1) An Vinius Asella. (Horaz, Epist. 1, 13; Elysium, Nr. 21 vom 12. März, S. 83); 2) An Torquatus. (Horaz, Epist. 1, 5; Elysium, Nr. 23 vom 19. März, S. 92). 135 der alte Wieland spukt darin] 1) Cöthen. In der Aueschen Buch-
handlung 1805. Gottlieb Hillers Gedichte und Selbstbiographie (Elysium, Nr. 2 vom 5. Januar, S. 6); 2) Wieland, Neuestes Schreiben aus Elysium vom 6ten Jan. (Elysium, Nr. 3 vom 8. Januar, S. 11f.); 3) Berlin 1805. bei Frölich. Gedichte von Christian Schreiber (Elysium, Nr. 5 vom 15. Januar, S. 19); 4) Hinweis auf eine französische Übersetzung von Wielands Erzählung Des Maulthiers Zaum (Elysium, Nr. 5 vom 15. Januar, S. 20; Tartarus, Nr. 6 vom 19. Januar, S. 24); 5) Ueber den Unterschied von
Aesthetischen Spitzbuben, und eigentlich sogenannten gemeinen Kriminalverbrechern (Elysium, Nr. 8 vom 22. Januar, S. 32); 6) Auszug eines Schreibens an den Redakteur (Tartarus, Nr. 10 vom 2. Februar, S. 39); 7) 831
Zu Nr. 449
An die Herren Mitarbeiter des Elysiums (Elysium, Nr. 11 vom 5. Februar, Erklärung (Tartarus, Nr. 12 vom 9. Februar, S. 48); 9) An Vinius Asella. Horaz Epist. 1, 13 (Elysium, Nr. 21 vom 12. März, S. 83); 10) Eine sehr ungezwungene Parodie (Elysium, Nr. 23 vom 1. April, S. 100). 136 vom Aristophanes] 1) Einleitung zu der Aesopschen Fabel Der Adler und der Käfer (Elysium, Nr. 9 vom 1. Februar, S. 33); 2) Die Dichterwaage. Nach Aristophanes (Tartarus, Nr. 12 vom 9. Februar, S. 47f.); 3) Prinzessin mit dem Schweinerüssel (Tartarus, Nr. 24 vom 23. März, S. 96). 136–137 vom Kasperle] 1) Ueber die verschiedenen Ansichten des Kasperl, oder des sogenannten Marinellischen Theaters, auf der Wiener Leopoldstadt (Tartarus, Nr. 6 vom 19. Januar, S. 23f.); 2) Briefe über die Theater in Wien (Elysium, Nr. 16 vom 23. Februar, S. 62f.); 3) Briefe über die Theater in Wien (Elysium, Nr. 17 vom 1. März, S. 68); 4) Philipp Hafner. Fortsetzung (Elysium, Nr. 19 vom 5. März, S. 76); 5) An Vinius Asella. Horaz Epist. 1, 13 (Elysium, Nr. 21 vom 12. März, S. 82f.); 6) Briefe aus Wien (Elysium und Tartarus, Nr. 22 vom 16. März, S. 87f.). 139 Fernov schreibt auch hinein] Carl Ludwig Fernow: 1) 1806. Tableaux en gouache, demi-gouache et dessins au lavis de Salomon Gessner, grave´es a l’eauforte par W. Kolbe. Zurich chez Henry Gessner, libraire (Elysium, Nr. 25 vom 1. April, S. 100); 2) Ueber die Büste des Kaisers Alexanders, von Ulrich in Dresden (Tartarus, Nr. 26 vom 2. April, S. 102). 139–140 den Freimüthigen 〈...〉 zu reitzen und herauszufordern] 1) Akten aus der großen Gerichtsstube des Tartarus. In Sachen contra A. W. Schlegel und dessen Elegie aus Rom. Vom 1. Januar (Elysium, Nr. 2 vom 5. Januar, S. 8); 2) Berlin 1806. Bey Heinrich Fröhlich. Gedichte von K. Heinr. Leop. Reinhardt (Tartarus, Nr. 10 vom 2. Februar, S. 38f.); 3) Aus Paris vom 27. Januar (Tartarus, Nr. 12 vom 9. Februar, S. 48); 4) Kritik (Elysium, Nr. 15 vom 19. Februar, S. 60); 5) Göthe, cum notis Sinceri. Specimen novae editionis classicae criticae (Elysium, Nr. 16 vom 23. Februar, S. 63f.); 6) Ueber August von Kotzebue und dessen Verdienst, als dramatischer Schriftsteller (Tartarus, Nr. 18 vom 2. März, S. 70f.); Buchhändler- und Schriftstellerkorrespondenz (ebd., S. 72); 7) Köln b. Hammer 1806. Testimonia auctorum de Merkelio, das ist Paradiesgärtlein für Garlieb Merkel (Tartarus, Nr. 26 vom 2. April, S. 103f.); 8) Miszellen (ebd., S. 104). – Zum Freimüthigen, der Berliner antiromantischen und –klasS. 44); 8)
sischen Skandalzeitung, vgl. zu Nr. 401,15–16. 148 Aplomb] Auftreten, Haltung. 148–149 ich höre jezt Chemie bei ihm 〈...〉 bereits 1 Stunde loß] Kastner las im Sommersemester 1806 Allgemeine Chemie, und zwar nach seinem
832
Zu Nr. 449
Grundrisse der Chemie, (Jena 1806.) wöchentlich 6 Stunden von 9–10 Uhr (Anzeige 1806, S. 17). Brentano wird die erste Stunde am Montag, dem 28. April, gehört haben. (Vgl. Datierung.) 151–152 Er hat ein Jahr lang mit Ritter zusammengelebt] Vgl. zu Nr. 435,143–148. 154–155 Ritters Rede 〈...〉 in der Akademie] Johann Wilhelm Ritter, Die
Physik als Kunst. Ein Versuch, die Tendenz der Physik aus ihrer Geschichte zu deuten. Zur Stiftungsfeyer der Königlich-baierischen Akademie der Wissenschaften am 28. März 1806. München 1806. 158 Müller, wenn ich seine Briefe an Gleim lese] Johannes von Müllers Briefe in der von Körte herausgegebenen Ausgabe. Vgl. Nr. 415,142 und Erl. 162 Vor Vierzehntagen] Vgl. Datierung. 162–164 nach Worms 〈...〉 wie nach klassischem Boden gereißt 〈...〉 die es unterjocht] Das linksrheinische Worms, durch das Nibelungenlied als Sitz der burgundischen Könige bekannt, war 1797 infolge des Friedens von Campo Formio an Frankreich gekommen. 169–170 der Rosengarten 〈...〉 Helden gefallen] Reminiszenz an die Heldendichtung Der Rosengarten zu Worms (13. Jh.), in der Gippich, der Herr des Wormser Rosengartens und Vater Kriemhilts, sich nur dem unterwerfen will, der die zwölf Hüter seines Gartens besiegt. Diese Herausforderung nehmen der Hunnenkönig Etzel und Dietrich von Bern gemeinsam an, woraufhin in Worms zwölf Kämpfe jeweils zwischen einem burgundischen und einem Berner Helden stattfinden. Vgl. Brentanos Gedicht Rosengarten überm Rhein (Schultz 1995). 175 die Douaniers] Die französischen Zollbeamten. 175–177 Mehrere alte ungeheure steinerne Särge 〈...〉 aufgefunden] »Daß steinerne Sarkophage vermutlich römischer Provenienz im Bereich der Stadtmauer gelegen haben sollen, davon ist bislang nichts Sicheres bekannt, auch nicht der genaue Standort dieser vermutlich im Dombezirk zu vermutenden Särge.« (Frdl. Auskunft von Gerold Bönnen, Stadtarchiv Worms.) 178–182 das einzig schöne 〈...〉 Denkmal 〈...〉 auf den Abbruch verkauft 〈...〉 vielleicht früher her] Die Wormser Johanneskirche, vormals Taufkirche des Doms und seit dem hohen Mittelalter Pfarrkirche, entstand zwar nicht in Drususzeiten – also um Christi Geburt; nach Nero Claudius Drusus, einem durch seine Feldzüge gegen die Germanen bekannten römischen Heerführer –, sondern vmtl. in der Spätromanik und muß ein den Zentralbauten von Aachen und Wimpfen ähnliches imposantes Aussehen gehabt haben. (Vgl. Kranzbühler 1905, S. 16–53.) Als unter der französischen Herrschaft die Zahl der zum Gottesdienst bestimmten Kirchen vermindert wurde, setzte man die Kirche außer
833
Zu Nr. 449
Gebrauch und betrachtete sie als französisches Nationaleigentum. »Nun regt sich die Gegenseite. Der Kirchenvorstand von St. Peter, der die dürftige Erbschaft des aufgehobenen Domstifts angetreten hatte, richtet am 15. Februar 1806 eine Eingabe an den Mainzer Bischof Colmar und bittet um seine Verwendung bei der französischen Regierung, dass ihm die baufällige Johanneskirche überlassen werde. Die Kirche solle abgerissen und der Steigerlös der Baumaterialien zur Herstellung der beschädigten Dom- und der Liebfrauenkirche verwendet werden. Zudem werde durch die Beseitigung der Johanneskirche der Platz vor dem Dom verschönert. Bischof Colmar befürwortet wiederholt diese Bitte beim Präfekten des Departements Donnersberg und fügt hinzu, dass man auf diese Weise der Gefahr begegne, die mit dem täglich drohenden Einsturz der Kirche verbunden sei. Mittlerweile war die Kirche vom Direktor der Domänen zu Miete oder Kauf ausgeschrieben worden. Diese Anordnung wurde jedoch alsbald aufgehoben. Offenbar veranlasst durch die erwähnte Eingabe des Kirchenvorstands forderte der Unterpräfekt zu Speyer vom Wormser Gemeinderat einen Voranschlag über die Abbruchkosten und den Wert der Baumaterialien ein. In der Sitzung vom 13. Juni 1806 beauftragte der Gemeinderat den Baumeister Blattner mit der Aufstellung dieses Voranschlags. Nach weiteren Verhandlungen, die nur die formelle Seite der Angelegenheit betrafen, fiel schließlich am 15. Oktober 1806 die Entscheidung des Präfekten: die Johanneskirche wird dem Kirchenvorstand von St. Peter seinem Antrag entsprechend überlassen.« (Ebd., S. 46f.) Anfang 1807 fand die Versteigerung statt, zwei Wormser Bürger, der Baumeister Blattner und der Zimmermann Bertrand, wurden für 4958 Franken Eigentümer der Kirche. Danach erfolgte der Abbruch. »Der herrliche Bau fiel unter der Hand seiner Zerstörer. Nirgends erhob sich eine Stimme zu seiner Rettung. Die berufen waren, seine Hüter zu sein, legten selbst Hand an. Sogar Bischof Colmar, dessen rastlosem Wirken die Erhaltung des Mainzer Domes zu verdanken ist, selbst er fand kein Wort der Verteidigung. Auch die Trümmer verschwanden spurlos, ohne dass man weiss, wohin das Steinmaterial verbaut worden ist, und es blieb uns ausser den spärlichen Resten nur das traurige Erbe um den Verlust zu klagen. Eine letzte herrliche Blüte des ausklingenden romanischen Stils, vielleicht die köstlichste, die der Zentralbau in den rheinischen Landen getrieben, vom Hauch der Sage leicht berührt, sank der Bau dahin, ein Opfer nüchterner Berechnung, die sein tausendjähriges Gestein in leicht zerrinnendes Silber umwertete.« (Ebd., S. 52.) 187–188 ein Oktogon] Die Johanneskirche hatte kein Achteck, sondern ein Zehneck zum Grundriß. (Vgl. ebd., S. 21.) 194–195 die Juden 〈...〉, die es zerstören] »Die Erwähnung von Juden in diesem Zusammenhang ist rätselhaft, da jüdische Bewohner an der Ersteigerung
834
Zu Nr. 449
und Verwertung der Kirche nachweislich nicht beteiligt waren. Allerdings haben sich Angehörige aller Konfessionen insgesamt bei den Nationalgüterversteigerungen in Worms und damit der Beseitigung der ›Wormatia Sacra‹ beteiligt, ohne daß dies hier für das Schicksal der Kirche eine Rolle gespielt hätte.« (Frdl. Auskunft von Gerold Bönnen, Stadtarchiv Worms.) 195–196 das Ganze abgezeichnet 〈...〉 ein Exemplar] Ob die Auftragsidee realisiert bzw. der Auftrag ausgeführt wurde, ist nicht bekannt. 198–199 Anektode aus der lebenden Welt 〈...〉 ein Toder drin vor] Zu der Exhumierungs-Episode konnte nach einer Recherche über die Wormser Zivilstandsregister, in die jeder Sterbefall aufgenommen werden mußte, festgestellt werden: »Im Sterberegister von 1806 fiel uns ein einziger Eintrag auf, ein Todesfall, der am 7. April 1806 aufgenommen worden war. Es starb der Musiker Henry Pfisterer (Johann Heinrich Pfisterer), dreißig Jahre alt, gebürtig aus Laufen a.M., Witwer der verstorbenen Helene Dupuis, am 6. April um 7 Uhr am Abend. Sein Tod wurde angezeigt durch seinen Schwiegervater, den Küfer Germain Balthasar Dupuis. Der Verstorbene war wohnhaft in Worms Lit. D Nr. 167, Martinsgasse. Außer diesem genannten Pfisterer starben im April an männlichen Personen nur noch Soldaten, die im Militärhospital lagen oder Männer, die älter als 30 Jahre waren. Für Pfisterer könnte sprechen, dass die Altersangabe stimmt, der Beruf ›Musiker‹ irgendwie in Verbindung mit der Dame mit dem Tanzboden in Verbindung stehen könnte und er an einem Sonntag starb – allerdings nach Angabe des Zivilstandsregisters ›a` sept heure du soir‹.« (Frdl. Mitteilung von Margit Rinker-Olbrisch, Stadtarchiv Worms.) Hinweise auf die Exhumierung konnten nicht ermittelt werden; die Kirchenbücher von Worms liegen im Stadtarchiv nur für die Zeit vor 1798 vor, und die Wormser Zeitung aus dem Jahr 1806 ist ebd. erst ab 26. April erhalten. 202 gemeine] Gewöhnliche. Vgl. zu Nr. 365,174. 210 nach Speier] Worms gehörte zum Arrondissement Speyer, dieses zum Departement Donnersberg. 219–220 der eindärmichte Teufel der den alten Tempel abtragen läßt] Nebusaradan, der Oberst der Leibgarde des babylonischen Königs Nebukadnezar, drang im fünften Jahr der Belagerung Jerusalems in die Stadt ein und verbrannte den Tempel Jahwes. (Vgl.: 2Kg 25,13–17; Jr 52,17–23.) Bereits vorher hatte Nebukadnezar die Schätze des Tempels weggeführt und die goldenen Gefäße zerbrochen, die Salomo im Tempel hatte anfertigen lassen. (Vgl. 2Kg 24,13.) Brentano wird mit dem eindärmichten Teufel kaum Nebukadnezar gemeint haben, sondern Nebusaradan, dessen Name ihm nicht geläufig gewesen sein dürfte. – Ein Eindärmiger: »ein hagerer, der gleichsam nur einem darm zu haben scheint« (DWb III, Sp. 161).
835
Zu Nr. 449
223 Bazzen] Süddeutsche Scheidemünze. 230 Maire] Bürgermeister. 233–234 Johanna von Montfaukon] Kotzebues Schauspiel Johanna von Montfaucon (Uraufführung 1799, gedruckt Leipzig 1800). 236 Krappfries] Vgl. zu Nr. 406,176–177. 241 Winterkasten] Zweithöchster Berg des Odenwalds (420 m) mit gleichnamigem Dorf, etwa 30 km nordöstlich von Heidelberg. 242–243 Potaschesiedern] Kaliumcarbonat (Pottasche) wurde in waldreichen Gegenden aus Holzasche gewonnen. 246 altern Lieben] Vmtl. weil er länger der Geliebte der Mutter war als deren Sohn der Geliebte des Mädchens. 249 Maultrommel] Vgl. zu Nr. 425,20. 259–260 Meine Lieder bin ich im Begriff dir abzuschreiben] Für das nicht realisierte, seit 1803 betriebene Projekt der Lieder der Liederbrüder, um dessen Druck Arnim sich zufolge Nr. 431,125 bemühen wollte. 262 ihr] Vmtl. verschrieben statt: dir. 268–269 den Troubadour 〈...〉 deine Lieder] Vgl. zu Nr. 362,29–33. 271 Gänge] Töne, die sich melodisch bewegen. (Vgl. DWb IV, Sp. 1233f.) 272–274 so bist du nicht verlohren 〈...〉 über die zwei ersten Zeilen eines Elwertschen Liedes variirt hast] Arnims Gedicht ist angeregt durch die beiden Anfangsverse von Elwerts Gedicht An Blandine: So warst Du nicht verloren, / So warest Du noch mein? (Elwert 1784, S. 102f.) Vgl. Ricklefs in Arnim/W V, S. 1131f., 1441. 279–282 es wäre höchst nöthig mit einem Zirkular 〈...〉 deinen Nahmen zu unterzeichnen] Brentano entwarf den entsprechenden Zirkularbrief wenig später, im Mai. Vgl. Nr. 458.P. 282–284 sich 〈...〉 um Volkssagen umzuthun] Vgl. Nr. 368,74–77 und Erl. 284 der Freimüthige] Vgl. zu Nr. 401,15–16. 287–290 Fuchs (Tschudi) schreibt mir 〈...〉 Erbietung] Vgl. Ildephons Fuchs an Brentano, 20. April 1806 (DjB Nr. 1233). 299 braun atlaßenem Hoffraülein] Vgl. Nr. 431,29–32. 301 ich kenne sie] Vmtl. im Sinn von: ›Sie ist mir durch Deine Schilderung bekannt.‹ 303–305 der seelige Edelknecht 〈...〉 an den Brunnen treiben] Anspielung auf Arnims Gedicht Der Edelknecht und seine Braut (Incipit: Ey du seliger Edelknecht). Eine Version als gereimte Erläuterung eines mimische〈n〉 Spiel〈s〉 (Incipit: Ei du lustiger Edelknecht!) in der Gräfin Dolores. (Arnim/W I, S. 238–242.) Der Edelknecht badet mit einem Jungfräulein in einem Marmorbrunnen.
836
Zu Nr. 449
304 Eskadron] Schwadron, besteht in zwey oder drey Kompagnien Reiterey (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 276). 309 Tante] Louise von Schlitz. 309–310 zur Grassini] Arnim hatte sich in die italienische Sängerin Giuseppina Grassini im Frühjahr 1804 in London verliebt. Vgl. WAA XXXI, Nr. 336.K1, 84–87 und Erl. 314–316 für Louisen 〈...〉 da die Voß sagte 〈...〉 waß auf mich hält] Vgl. Nr. 435,176–177 und Erl. 317 daß ich Betinen nicht 〈...〉 her haben kann] Bereits am 18. Mai 1805 hatte Franz Brentano in einem Brief an den Bruder Clemens (DjB Nr. 1089) einen Heidelberg-Aufenthalt Bettinas nicht gestattet. 319 Die Novelle von Sekkendorfs Pfauenjagd] Vgl. Nr. 431,90–121. 322 der gelehrte Hannepampel] Vgl. Nr. 431,91 und Erl. 325–326 in seinem Briefe über unsre Lieder] Koelle an Brentano, 30. November 1805 (DjB Nr. 1162). 326 meinen Antrag mitzutheilen] Brentano an Koelle, erste Hälfte Dezember 1805 (DjB Nr. *1163). 326–327 einen der lächerlichsten Briefe geschrieben] Koelle an Brentano, 27. März 1806 (DjB Nr. 1223). 329 6 Autorexemplare] Koelle hatte ein Autorexemplar verlangt. Vgl. DjB Nr. 1223. 335–336 ich habe ihm geschrieben] Brentano an Koelle, zwischen Anfang und etwa 25. April 1806 (DjB Nr. *1226). 337–338 Von dem Thedel von Wallmoden 〈...〉 aus Göttingen] Bereits Z. 84–86 mitgeteilt. Vgl. Erl. dazu. 338–339 daß du ihn wolltest gleich dem Staufenberg zurüsten.] Vgl. Nr. 415,156 und Erl. 341 deine Elegien] Arnims Nr. 420 und Nr. 431 beigelegte Gedichte. 342 Taufpathe] Bezeichnung sowohl für den Paten als auch für das Patenkind. (Vgl. DWb XXI, Sp. 193.) 343–344 du bist und bleibst mein Pathe] Nachdem Arnim bereits Pate der ersten beiden (frühverstorbenen) Kinder war. 345 sollst du die Zitrone hinter mir her tragen] Zu diesem Brauch vgl. Jacob Grimm in seiner Selbstbiographie: Aber allzufrühe schon 〈...〉 starb der
Vater, und ich sehe den schwarzen Sarg, die Träger mit gelben Zitronen und Rosmarin in der Hand, seitwärts aus dem Fenster, noch im Geist vorüberziehen. (Justi 1831, S. 148.) 346 ihr] Luise Christine Fries. 837
Zu Nr. 449
346 Schwezzingen] Schwetzingen, ca. 15 km südwestlich von Heidelberg, im 18. Jh. Sommerresidenz der Kurfürsten von der Pfalz, 1806–1818 Sommerresidenz des Thronfolgers Karl von Baden. 347 standen auf] Bedeutung unklar; vielleicht: feststehen, stillhalten. (Vgl. DWb I, Sp. 748.) 348 Mosche] Jüngster Teil der Schwetzinger Gartenanlage in deren türkischem Bereich mit einer runden Kuppel und zwei Minaretten; ein von dem Architekten Nicolaus von Pigage entworfenes »architektonisches Kleinod, das in der Gartenkunst des achtzehnten Jahrhunderts in ganz Europa seinesgleichen suchte. Kurfürst Carl Theodor ließ die Moschee zwischen 1778 und 1795 als Tempel der Weltweisheit in der Achse zum gegenüberliegenden Merkurtempel errichten. Dessen römische Tempelform stellte das architektonische Symbol für Abend und Tod dar, dem die Moschee als Symbol für Tag und Licht korrespondierte. Dem Gegensatzpaar wurde auch christliche Symbolik unterlegt, sah man doch in den beiden Bauwerken den Kreuzestod Christi und seine Auferstehung versinnbildlicht. / Vordergründig heiter und grazil, nimmt also die sinnesschwere Schwetzinger Moschee philosophisch und architektonisch Bezug auf den Islam und die orientalische Weisheit, die mit freimaurerischen Gedanken und christlichen Symbolen gepaart wurden.« (John 2007.) 349 das Erziehungsinstitut (Rudolphi)] Caroline Rudolphi als Leiterin ihres Heidelberger Erziehungsinstituts für junge Mädchen. 352–355 Rottmann 〈...〉 Abbildung ein Prügelei 〈...〉 die Abentheuer eines Mahlers] Die Prügelszene erschien unabhängig von der Serie Die Aben-
theuer eines reisenden Mahlers. Gezeichnet und geäzt von Friedrich Rottmann, die im Quer-Folio-Format herauskam. Die karikaturistische Gestaltung und Tendenz gehen aus einer ablehnenden Besprechung in der Badischen Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände, Nr. 4 vom 25. Juli 1806, Sp. 55f. hervor, worin es heißt: Wir erkennen und achten in Herrn R. ein hervorstechendes Talent, müssen aber die Anwendung desselben mißbilligen. Er könnte ein B r o w e r oder B a m b o z z o werden, warum strebt er nach dem schnöden Schenkenruhm eines G i l r y ? Die Personalsatyre hat keinen Grund und Boden mehr in unserm Zeitalter, denn unsre Thoren sind nur noch abgeschmackt, nicht lächerlich, und bequemen sich mehr oder weniger nach den Formen der Convenienz, weil keiner den Muth hat, etwas zu seyn oder zu scheinen, was nicht jedermann ist oder scheint. Auch ist die Verzerrung der menschlichen Form weder komisch noch lächerlich, wofern sie nicht als karakteristisches Symbol bedeutsam wird. Alles Lächerliche entsteht durch den Widerspruch zwischen Idee und Erscheinung, allein 838
Zu Nr. 449
dieser Widerspruch darf weder das sittliche noch das ästhetische Gefühl unangenehm berühren. Eine Prügelszene, dergleichen Herr R. neulich auch eine ausgegeben hat, wobei alle Motive fehlen, und die Situazion selbst nur in ihrer Rohheit ergriffen ist, kann blos durch den Kützel der Schadenfreude gefallen. / In der Geschichte des reisenden Mahlers hat sich Herr R. an sich selbst versündigt. Das Leben des wahren Künstlers hat etwas Religiöses, welches aber vom Zeitalter nicht erkannt wird, und eben darum in der Zusammenstellung mit dem Niedrigen und Gemeinen des komischen Effekts nothwendig bei uns verfehlen müßte. Wo aber dieses Religiöse nicht erscheint, da kann der Künstler nur Gemeines zum Gemeinen stellen, und muß sich zum Soufleur eines Possenspiels erniedrigen. Ausserdem sollte aber auch in der unförmlichsten Mißgestalt noch Maaß und Verhältniß durchblikken, denn der Organismus weicht wohl in solchen Gestalten von den Gesetzen der gewöhnlichen Erscheinung ab, aber nicht von denen der innern Nothwendigkeit. Vgl. Karl Philipp Kaysers Tagebucheintrag vom 15. Mai 1806 (aus einem Brief an seinen Bruder): Rottmanns sechs Carrikaturen sind erschienen (Schneider 1923, S. 66). Ebd., S. 67 Abb. des Titelblatts und einer Prügelszene. 357–358 hat sich in den Lektionskatalog
setzen lassen als Zeichner] Herr Rottmann wird in der Z e i c h n u n g s k u n s t theorethisch und practisch Unterricht ertheilen. (Anzeige 1806, S. 23.) 358–360 Primavesi hat wieder 3 Ansichten von Heidelberg 〈...〉 herausgegeben.] 1805 oder 1806 erschienen XII. Ansichten des Heidelberger Schlosses, geäzt und herausgegeben von Georg Primavesi mit Geschichtlichen Notizen Primavesis. Zunächst sollte oder wollte Brentano eine Einleitung schreiben, doch ist lediglich ein fragmentarisches Manuskript überliefert. (Vgl.: Rossmann 1941; Schlechter 2006, S. 38, 117.) Im Frühjahr 1806 kamen im Verlag von Mohr & Zimmer noch Drei Ansichten der Stadt Heidelberg, gezeichnet und geäzt von Primavesi in Mannheim im Großquer-Folio-Format heraus. In einer Besprechung in der Badischen Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände, Nr. 4 vom 25. Juli 1806, Sp. 54 heißt es: In zwei Blättern sind die Standpunkte sehr
zweckmäßig gewählt, Anordnung und Beleuchtung auf mahlerischen Effekt berechnet, und der Vorgrund ist durchgängig mit der Freiheit behandelt, die den dichtenden Künstler vom ängstlichen Kopisten der Natur unterscheidet. Nur können wir nicht billigen, daß die Stadt, als die Hauptparthie, sich zu sehr in der Umgebung verliert, wodurch die Blätter freilich einen landschaftlichern Karakter erhalten, aber weniger als Abbildungen von Heidelberg gelten können. 839
Zu Nr. 449
361–363 das 〈...〉 Taschenbuch von Heidelberg 〈...〉 verlegen] Nicht verwirklichter Plan. 364 Cornucopiae] Füllhorn, nach dem unerschöpflichen Horn der Nymphe Amalthea. 372 deinem Bilde] Das Arnim-Porträt (1804) Peter Eduard Ströhlings. 373–374 abentheuerlichen Stehpult 〈...〉 schautest hier oft nach den Wolken] Vgl. Nr. 435,44–45 und Erl. 375 magst] machst (frankfurtisch). 381 Bücher, die ich für dich gekauft] Vgl. Nr. 424,4–7. 382 Nota] Rechnung (nicht überliefert). 382 Heldenbuch] Vgl. Nr. 457,255 und Erl. 383 Apollonius von Tyrus] Vgl. Nr. 457,262–263 und Erl. 383 ein Band der ältesten Anabaptisten] Vgl. Nr. 457,256 und Erl. 387–388 Theophrast ganz auf Deutsch 〈...〉 willst du ihn?] Eine Paracelsus-Ausgabe, die Brentano nicht mit den Kupferstichen schickte. Er scheint sie nicht für Arnim erworben zu haben. Eine Antwort Arnims ist nicht bekannt. 389 emballirt] verpackt. 390–391 Zimmer hat 〈...〉 eine Wochenschrift für Baden unternommen] Die Kurfürstlich privilegierte Wochenschrift für die Badischen Lande, herausgegeben von Aloys Schreiber, erschien in der Buchhandlung von Mohr und Zimmer vom 4. Juli 1806 bis 1. Januar 1808 in 79 Nummern. Brentano war anfangs ein fleißiger, meist anonymer Mitarbeiter. (Vgl. Rölleke 1973.) Für die kritische Aufmerksamkeit, die das Blatt erregte (und damit auch für die Rezeption der Beiträge Brentanos) ist Hebels Mitteilung an seinen Freund Friedrich Wilhelm Hitzig in einem Karlsruher Brief vom 21. August 1806 von Interesse: Mit was für Augen siehst du die seit dem Jul. herauskommende
Badische Wochenschrift an? Ohne daran mitzuarbeiten interessire ich mich sehr dafür, weil so etwas für unser, uns selbst noch wenig gekanntes Land großes Bedürfniß ist. Aber nach meinem Urtheil beginnt doch dieses Blatt gar zu kläglich arm und leer. Man merkt daß der Herausgeber kein Oktavblatt an Materialien und Vorarbeit in den Händen haben muß, sondern von einer Woche zur andern etwas aus dem Gedächtniß oder der Laune hinwirft und in die Welt schickt, und Voß mit seinen Relationen von Heiligenstadt und mit seinen Ernteliedern scheint dem armen Kindlein nicht aufzuhelfen, wenn nicht das Freyburger Intelligenzblatt fortfahrt gute Aufsätze zum zweiten Abdruck zu liefern. (Zentner 1957, Bd. I, S. 315f.)
840
Zu Nr. 450
450.
Von Friedrich Carl von Savigny nach Berlin Trages, 30. April 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 441. A: Nr. 471. H: FDH 14635. − 1 Dbl ca. 223 x 125 mm; 1r–1v 1¾ beschr. S.; nicht gefaltet. − Fleckig. − WZ: −. Beilagen: Abschrift von Des Münsterischen Königes, Johann von Leiden, Hoffordnung. Vgl. Nr. AII.25.A. Fremdeinträge: 2v aoRr: 14635. D1: Härtl 1982, S. 181 (Anhang I Nr. 2).
Erläuterungen 2–3 Wir sind wieder hier 〈...〉 die Vögel 〈...〉 auf sehr verschiedene Weise.] Reminiszenz an den Trages-Aufenthalt des Savignyschen Freundeskreises anläßlich der Taufe seiner Tochter Bettina im Herbst 1805 und an Arnims damalige Jagdleidenschaft. 5 meines lezten Briefs] Nr. 433. 5 der Ihrige mit dem Gelde] Nr. 426 mit dem Geld zur Bezahlung der von Savigny im Auftrag Arnims erworbenen Kupferstiche. 6 die Bilder 〈...〉 an Clemens geschickt] Mit einem Brief vom 20. April (DjB Nr. 1232). 11–12 durch Betine 〈...〉 eine ähnliche] Vgl. Nr. 448,1–4 und Erl. 15–18 Bostel 〈...〉 als Fürstl. Salmischer Hofrath in Bocholt bey Wesel angestellt 〈...〉 den Herzog Joachim zu bedienen haben wird.] Bocholt, wo Hans Christian von Bostel im Februar 1806 angestellt wurde, war 1802 an die fürstlichen Häuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg gekommen, die 1801 durch den Frieden von Lune´ville ihre linksrheinischen Besitzungen verloren hatten und mit den münsterschen Ämtern Ahaus und Bocholt entschädigt wurden. Beide Fürsten gehörten 1806–1811 als Souveräne dem Rheinbund an. Bostel hatte daher nicht den Herzog Joachim zu bedienen. Dieser war Napoleons Schwager, der französische Marschall Joachim Murat, der durch Dekret vom 15. März 1806 das Herzogtum Cleve-Berg erhielt, das aus preußischen und bayerischen Gebieten des rechten Rheinufers gebildet worden war. Vgl. Bostels Brief an Brentano vom 1. März 1806 (DjB Nr. 1209).
841
Zu Nr. 451
451.
An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, 1. Mai 1806, Donnerstag
DV: H. B: −. A: Nr. 457. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 159r–160v. − 1 Dbl. ca. 230 x 190 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 499, aoRr: 159 2r aoRr: 160. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 59. D1: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 5 (TD, kurzer Auszug). D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 371f. (Nr. 78).
Varianten 7 mochte mir immerhin] über gestr. machte mich das Mißglücken 7 eine] aus einer 8 misglücken] üdZ eing. 23 Wohnung] aus Hauß 27 gleichen vertraulichen] üdZ eing. 32 die] aus über 36 Die] aus wo 39 die E:] über gestr. sie 42 älterlichen Hauses,] üdZ eing. 43 dahin] üdZ eing. 45 und ich 〈...〉 hier] üdZ eing. 47 herrlich] h aus 〈x〉 49 Jagend und reitend ziehn lustige Zeiten.] nachträgl. zwi50 den] aus 〈xxx〉 52 innen] in aus je schen den Zeilen 52 ausserhalb] über gestr. ausser 53 ausserhalb] halb nachträgl. idZ 53–54 er weggebissen 〈...〉 Achim Arnim] 1v alR
Erläuterungen 5 zwey lange Briefe von mir] Nr. 431, 443. 7 Heiraths-Negotiation] Heirats-Unterhandlung. 8–10 Erbprinzen 〈...〉 ganz anständig in Vergleich mit andern Prinzen] Georg von Mecklenburg-Strelitz erwarb Ende 1806 das Vertrauen des Grafen Schlitz, der ihn nach dem Sieg Napoleons in der Schlacht bei Jena und Auerstedt zu Verhandlungen über den Beitritt Mecklenburg-Strelitz’ zum Rheinbund nach Paris begleitete: Milde, durch einen jedoch edlen Stolz begrenzt, das
Zartgefühl einer Frau, verbunden mit derjenigen Feinheit des Verstandes, welche die Gebildeten des anderen Geschlechtes auszeichnet, waren Hauptzüge in der Individualität des Prinzen, und in dieser Hinsicht hätte man auch von ihm sagen können: daß die Natur, als sie ihn als Meisterstück geschaffen, allein sich im Thone vergriff, indem sie ihn zu fein nahm. (Schlitz 1898, S. 102.) 842
Zu Nr. 451
Princeß von Weimar 〈...〉 nach einem Bilde von Jagemann lieb gewonnen hatte] Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach war von Ferdinand
8–9
Jagemann in Weimar gemalt worden, wo Arnim das Gemälde bei seinem Besuch im Dezember 1805 gesehen haben wird. Damals traf er mit den Jagemanns zusammen. (Vgl. Nr. 404,54 und Erl.) Bereits vorher kann ihn die Abbildung im Weimarer Journal des Luxus und der Moden, Januar-Heft 1805 (Bd. XX, 1. Abt.) beeindruckt haben. Vgl. ebd., S. 12f. den Artikel Portrait der
Durchlaucht. Prinzessin Carolina von Sachsen Weimar. Gemalt von Hrn. F. Jagemann. Darin: Der Künstler faßte sehr glücklich die Idee, den eigenthümlichen Charakter seines Gegenstandes – milde edle Würde mit dem zartesten Sinn für alles Große und Gute gepaart – darzustellen. Von selbst bot sich ihm da bei der historischen Anordnung seines Gemäldes das Andenken Herzog B e r n h a r d s d e s G r o ß e n , die Epopee des Weimarischen Hauses, dar. Der Künstler versetzt uns nämlich in eine Gothisch-verzierte Kapelle, dem Andenken des erhabenen Helden geweiht 〈...〉 Im Vorgrunde ruht auf einem Piedestale, auf roth sammtnen Kissen, der prächtige Helm B e r n h a r d s . Mit feierlichen Ernste steht neben ihm die edle junge Fürstin, in altteutscher Tracht von schwarzen Sammt, gekleidet, und hat den Heldenlorbeer um den Helm ihres großen Ahnherrn gewunden. Noch ruht die Hand an dem so eben geschlungenen Kranze, und mit innigster Rührung, im gleichgesinnten Herzen das Große doppelt fühlend, überschaut der seelenvolle Blick der edlen Urenkelin die thatenreiche Vorzeit, und ruft die einzelnen Züge des frommen Helden zurück. Die vollkommenste Aehnlichkeit mit dem allverehrten Urbilde machen dies schöne geistreiche Gemälde noch interessanter. 12 einer Englischen Princeß zugesagt] Der Erbprinz heiratete keine englische Prinzessin, sondern 1817 die Prinzessin Marie von Hessen-Kassel.
13 Onkels] Prinz Ernst von Mecklenburg-Strelitz. 13–14 Negotiation 〈...〉 mit unsrer Engelhardt] Caroline Engelhard nahm das Angebot nicht an. Vgl. Nr. 457,74–78. 16–17 Tante 〈...〉 mit der Du Briefe gewechselt] Vgl. zu Nr. 435,172–173. 17–19 Mein Onkel wohnt 〈...〉 in der schönsten Gegend von ganz Mecklenburg] Vgl. zu Nr. 443,214. 19–20 der Bruder der Engelhardt] Wilhelm Gotthelf Engelhard. 22 er ist jezt beschäftigt sich ein grosses zu bauen] Burg Schlitz. Vgl. zu Nr. 443,225–229. 29–30 Mädchens von vier Jahren] Adele (geb. am 12. Oktober 1801).
843
Zu Nr. 451
31 nach Gotha] Der Gothaer Gymnasiallehrer Friedrich Christian Kries hatte sich im Sommer 1805 bei einem Besuch in Heidelberg in Caroline Engelhard verliebt. Vgl. zu Nr. 386,4–8. 43 Reisen 〈...〉 dahin nach Regensburg] Louise von Schlitz war die zweite Tochter des preußischen Gesandten am Regensburger Reichstag Johann Eustach von Schlitz gen. von Görtz. 56–57 Liebhabertheater bey dem Grafen Hahn in Remplin] Vgl. Nr. 454,348–349 und Erl.
451.E An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, 1. Mai 1806, Donnerstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 457. H: Vgl. AIII, 26r–26v, ca.½ S. D1: Zschiedrich 2000, S. 170.
452.
An Bettina Brentano nach Marburg Karstorf, 11. Mai 1806, Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 459. H: FDH 7224. − 1 Dbl. ca. 228 x 188 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; Ku ca. 98 x 122 mm. − Fleckig, Schrift durchscheinend und verwischt; K beschmutzt, verknittert, rotes Siegel. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: Jan Kool. Fremdeinträge: 1r aoRl: 139 2v auRr: 7224 Kur Bettina: Karsdorf 11 Mai 1806 Kuv Bettina: Kaarsdorf den 11ten Mai 1806. Besonderheiten: Der Brief wurde Bettina von Marburg nach Trages nachgeschickt. Postzeichen: Stempel: HAMBURG. Portozeichen. D1: Steig 1912, S. 269; TD. D2: Steig 1913, S. 24f. D3: Betz/Straub 1986, S. 52–54 (Nr. A6).
844
Zu Nr. 452.E
Varianten 5 feurige] aus wuthige 13–14 und mit 〈...〉 Zeit] üdZ eing. 25 achtzehnjähriges] zehn aus 〈xxx〉 46 ein] aus eine 57–58 in 60 und so bleibe ich still bey mir] üdZ eing. seinem Neste] üdZ eing.
Erläuterungen 15 Familienconvent in Trages] Bezug auf Bettinas Mitteilung vom 8. April (Nr. 440), daß sich Anfang Mai alle Glieder der Brentano-Familie vereinen würden – allerdings in Frankfurt –, wobei Arnim im Sinn gehabt haben wird, daß Convent »die Vereinigung der in einer römischen Provinz lebenden römischen Bürger, die eine Art Korporation bilden« (MGKL XI, S. 448), bezeichnete. Vielleicht dachte er auch an den National-Convent, die Volksversammlung der Französischen Revolution. 29 Kuchenreuters] Waffenhersteller in Steinweg, Stadtamhof und Regensburg, später auch Cham; 1695 von Johann Christoph Kuchenreuter in Steinweg gegründete Firma. Von den zahlreichen Nachfahren erlernten fast alle das Büchsenmacherhandwerk, übernahmen die bestehenden Betriebe oder eröffneten eigene Werkstätten. 43–46 Mösler 〈...〉 juristisches Lexikon] Johann Gottfried Mössler, System der Lehre von persönlichen Klagen. Erfurt 1805 (Theoretisch-praktisches System der Lehre von gerichtlichen Klagen und Einreden, Bd. V).
452.E An Bettina Brentano nach Marburg Karstorf, 11. Mai 1806, Sonntag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 459. H: Vgl. AIII, 26v–28r, ca. 2½ S.
Erläuterungen Vgl. Nr. 452.
845
Zu Nr. 453.E
453.E Vmtl. an Georg von Mecklenburg-Strelitz in Neustrelitz Karstorf, 13. Mai 1806, Dienstag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 28r, ¾ S. Besonderheiten: Die Adressaten-Initialien A. H. D. sind als An Herzogliche Durchlaucht auflösbar; Durchlaucht war der Titel einer fürstlichen Person. Als solche ist der mecklenburg-strelitz’sche Erbprinz Georg wahrscheinlich. Arnim hatte zu dem nur zwei Jahre Älteren in Neustrelitz engeren Kontakt. Im Brief an Brentano vom 1. Mai 1806 berichtet er, daß ihm eine HeirathsNegotiation des Erbprinzen mißglückt sei, den er für ganz anständig in Vergleich mit andern Prinzen halte (Nr. 451,10), im Brief an Goethe von etwa Mitte Mai – Anfang Juni schildert er außerdem charakterliche Schwächen (Nr. 454,80–89). Der Erbprinz gewann auch die Sympathie des Grafen Schlitz (vgl. zu Nr. 451,8–10). Vom 3. Oktober 1810 ist die Abschrift eines Briefes des Erbprinzen an Arnim überliefert, mit dem er auf einen nicht überlieferten Brief Arnims reagierte. (Vgl. WAA XXXIV.)
Erläuterungen 2 Wir] Arnim sowie Hans und Louise von Schlitz. 5–6 die Archimedischen Hebel] Nach dem Ausspruch des Archimedes über das von ihm bewiesene Hebelgesetz: Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich bewege die Erde! (GW 1981, S. 48.) Vgl. Arnim an Brentano, 12.-letztes Drittel Januar 1803 (WAA XXXI, Nr. 281,21–23).
454.K1 An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 DV: H. B: Vgl. Nr. 430. A: Vgl. Nr. 465. H: BJ/VS 8. − I: 1 Dbl. ca. 237 x 209 mm; 1r ¾ S. beschr.; 1x quer gefaltet. – II: 2 Dbl. ca. 262 x 179 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; nicht gefaltet. – III: 1 Dbl., 1r–2v 4 beschr. S. – IV: 1 Bl., 1r–1v, 1 S. + 3 Z. beschr. – V: 1 Bl.; 1r–1v, 2 S. beschr. − WZ: I: JWH WILLENBERG. – II: Stilisierte Pflanze, IR(?). Fremdeinträge: I: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. – II: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN 3r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. – III: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIO-
846
Zu Nr. 454.K1
THEK BERLIN. – IV: 1r aoRl Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRm Steig: (Aus dem mecklenburgischen Reisebrief.) – V: 1r aoRm Steig: (Aus dem mecklenburgischen Reisebrief.), Z. 1 über Hahn Steig: Hahn. Besonderheiten: Aus dem unübersichtlichen Konvolut des mecklenburgischen Reisebriefes an Goethe konnten aufgrund von Kopien und der Kollation von H fünf (I–V) Konzepte bestimmt werden. Einige Kopien waren im September 2008 in BJ nicht auffindbar. Datierung: Vgl. Nr. 454.
Varianten 3 4
Die] davor gestr. Es ist sonderbar, D aus d 3 mich] ch aus r zerrissen] z aus 〈x〉 4 und] danach gestr. abgewiesen 4 ange6 Erzählung] Er aus Be 7 Freymüthige] mü sprochen] aus 〈xxx〉 aus 〈xx〉 8 alles] aus was 15 vielverehrten] üdZ eing. 15 tief] nachträgl. idZ 16 aus jeder 〈...〉 Betrachtung] über gestr. allen Räumen 18 im Eröffnen] üdZ 18 dieses] über gestr. Ihr und Tagen 47 und ganz 〈...〉 ausser ihm] üdZ 51 Welttheilen] Welt aus Bäum 62–68 Man muß 〈...〉 keine Spur.] zwischen den Z. 68 Strelitz] über 92 dabey] d aus 〈x〉 92 Es muß heraus sagten] über gestr. gestr. es daß 93 Wuth] danch gestr. waren 97 Frauen] üdZ eing. 106 war, auch] auch aus 〈xxx〉 112 völlige] üdZ eing. 114 ein] aus der 119 Soldaten annehmen] über gestr. werben 119 aus] aus in 119–121 Der Adel 〈...〉 Verzweiflung] zwischen den Zeilen 122–124 sie 133 schlägt] s aus m wünschen 〈...〉 gerechnet] zwischen den Zeilen 139 das wäre] s aus ß 167 mit] aus dem 178 bestimmte 191 ein] aus eine 196 diese] üdZ genauliche] üdZ eing. 203 erlaubt] er aus 〈xx〉 208 sähe] s aus S 217 können] danach gestr. und darf dieser Erläuterungen 4 Tabulatkrämer] Krämer, die ihre Ware in einem Brettkasten (Tabulet, von lat. tabula) mit Schubfächern, den sie an den Hals hängen, bei sich führen. 7 der Freymüthige] Vgl. zu Nr. 401,15–16. 14 Nicht durch Menschen 〈...〉 wiedergewonnen] Vgl. Nr. 454,1 und Erl. 17 Kreutzkristal] Vgl. Nr. 454,4 und Erl. 60–61 Theater des Grafen Hahn] Vgl. Nr. 454,348–349 und Erl.
847
Zu Nr. 454.K1
64–65 Erdbutten 〈...〉 Elsenknorren] Vgl. Nr. 454,50 und Erl. 78 Jagemanns Bild von der Princeß] Vgl. Nr. 451,8–9 und Erl. 79 Erbprinzen] Georg von Mecklenburg-Strelitz. 81 Oheim] Ernst von Mecklenburg-Strelitz. 89–90 Pr: Solms und Pr Taxis] Vgl. Nr. 443,41–42 und Erl. 100 Der Herzog] Carl von Mecklenburg-Strelitz. 101 die erfahrne Großmutter] Vgl. Nr. 454,105 und Erl. 135–136 Teterow] Etwa 10 km nördlich von Karstorf. 151–153 Rouquette 〈...〉 Ihr Mann] Vgl. Nr. 454,184 und Erl. 165–172 Karschin 〈...〉 Nachlassenschaft meines Großvaters 〈...〉 bewahrte] Vgl. Nr. 454,200–207 und Erl. 175–176 Briefe Friedrichs II 〈...〉 Goldmacherey] Vgl. Nr. 454,207–214 und Erl. 181–182 schönsten Fleck von Mecklenburg] Vgl. Nr. 443,214 und Erl. 188 Nanquin] Vgl. Nr. 454,339 und Erl. 194 verfalbten] Vgl. Nr. 454,345 und Erl. 199 Der Tod seines Vaters 〈...〉 die Sterne] Vgl. Nr. 454,350–352 und Erl.
454.K2 An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 DV: H. B: Vgl. Nr. 430. A: Vgl. Nr. 465. H: GSA 03/237. − 1 Dbl. ca. 228 x 188 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; nicht gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: D & C BLAUW. Fremdeinträge: 1r aoRr: 7, auRl: 5 2r aoRr: 9, auRl: 6. Datierung: Vgl. Nr. 454.
Varianten
Ein Paar 〈...〉 bezeichnen daß] üdZ daß vor gestr. es geht 21 und] aus ge 22 Potocki] über gestr. er 22 angesehen] s aus g 31–32 und ihn] aus von einem 41 dieser] üdZ 42 Meister] aus Ordensmeister 13
un
848
Zu Nr. 454
Erläuterungen
Weiber, Aschenurnen und Thränensammler 〈...〉 sich alles zu Gemüthe führen.] Vgl. Nr. 454,288–289 und Erl. 28–48 Karsdorf d* 28 May 1806 〈...〉 Wintermantel schneidert] Vgl. 1–27
Nr. 454,348–349 und Erl.
454.K3 An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 DV: H. B: Vgl. Nr. 430. A: Vgl. Nr. 465. H: FDH 7214,22. − 1 Dbl. ca. 228 x 188 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x quer gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild, D & C BLAUW. Fremdeinträge: 2v auRr: 7214,22. Datierung: Vgl. Nr. 454.
Varianten 21 adliches] adlich aus 〈xxx〉 25–26 der Kalkputz 〈...〉 Wetter seite] üdZ eing. 29 Betrachtung] danach gestr. ergeht sich lieber 29–33 Die Hügel 〈...〉 und zurück] zwischen den Zeilen 51 unbe56 im Schlosse] üdZ eing. stimmter] un aus 〈xx〉
Erläuterungen Vgl. Nr. 454. 1 kaufte ihn] Hans von Schlitz 1791 seinen Landsitz.
454.
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf und Rostock, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806
DV: H. B: Nr. 430. A: Nr. 465. H: BJ/VS 8. (Im September 2008 nur teilweise auffindbar.) − 9 Dbl. je ca. 228 x 189 mm; 1r–17r 33 beschr. S.; je 1x quer gefaltet. − WZ: Dbl. I, II: Bekrönter Posthornschild, darunter D & C BLAUW.
849
Zu Nr. 454
Beilagen: Gipsabgüsse einer griechischen Kaisermünze und von Basreliefs. Im Goethe-Nationalmuseum Weimar nicht nachweisbar. (Frdl. Auskunft von Katharina Krügel.) Fremdeinträge: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRr Steig: 1806 Frühling 3r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN 5r aoRl Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRm-aoRr Steig: (Aus dem mecklenburgischen Reisebrief.) an Goethe 7r aoRr, 9r aoRm, 11r aoRm, 13r aoRm, 15r aoRm jeweils Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BER-
LIN. Besonderheiten: 1r, 3r, 5r, 7r, 9r, 11r, 13r, 15r, 17r aoRl je Dbl. von Arnim numeriert: 1–9. Beiliegend Teilabschrift Varnhagens (1 Dbl. + 1 Bl., 6 beschr. S.). – Goethe an Christiane Vulpius aus Jena, 26. Juni 1806: Mir ist diese Tage
manches angenehme begegnet. Auch habe ich einen recht hübschen Brief von Herrn von Arnim. (WA IV, Bd. 19, S. 146.) Datierung: Von dem Sturz vom Pferd, den Arnim im ersten Teil des Briefes berichtet, hatte er weder Bettina am 11. Mai (Nr. 452) noch dem Erbprinzen Georg von Mecklenburg-Strelitz am 13. Mai (Nr. 453.E) geschrieben. Dieser Sturz wird sich folglich ab Mitte Mai ereignet haben, woraus der Terminus post quem des Briefes geschlossen werden kann. Das Abschlußdatum ist nicht der 28. Mai, mit dem der letzte aus Karstorf geschriebene Briefteil datiert ist, sondern Anfang Juni, denn Arnim berichtet am Schluß noch von seiner an den Karstorf-Aufenthalt anschließenden Reise nach Rostock, Doberan und Warnemünde, wo er sich gegen Anfang des neuen Monats aufgehalten haben wird. D1: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 97–117; datiert: Mai 1806. D2: Jacobs 1908, Bd. I, S. 122–133; datiert: Mai 1806.
Varianten 10 bereitete,] , aus n 12 auflangen] auf aus 〈xxx〉 16 daß] davor 17 davon] üdZ eing. 22 daß wenn] gestr. um mich zu überzeugen 22 Leute sagen] Schluß-n von Leute durch s ß aus s enn aus as überschrieben 26 Engländer] nach g gestr. e 28 in] aus 〈xx〉 29 ausgesucht] danach gestr. zu haben 40 die] danach gestr. sonst 50 kleinen] üdZ eing. 50 des Sandlandes] üdZ eing. 50 Erdbutten] 57 NeuStrelitz] Neu nachträgl. idZ 61 dieses] aus den s tt aus 〈xx〉 64 für] f aus F 89 erzürnt] n aus 〈x〉 108 machte] Schluß-n gestr. 118 er] über gestr. sie 122 Maaße, sie] aus 〈xxx〉 125 eine] Schluß-n gestr. 131 Stiegen,] danach gestr. viele wiss 131–132 die bey der 134 Leben] danach gestr. wenigErndte zusammengesetzt] üdZ eing.
850
Zu Nr. 454
stens 136 Duldung] l aus 〈x〉 138 mit dem] mit üdZ m aus n 142 alle] a aus in 143 trift] aus ist 153 versetzt, die] die aus der 155 in] i aus a 161 grosse] danach gestr. macht 180 in andern Ländern] üdZ eing. in aus 〈xx〉 180 erschienen] üdZ eing. 190 auf] über gestr. bey 190–191 Zuchthause] Zu aus Gef 198 von] aus in 205–206 wiedererwacht] wacht aus 〈xxx〉 211 Erbsen] danach gestr. liest 214 goldmachenden] üdZ eing. 220 den] n aus m 226 Felde] F aus Pf 234 Ihre] I aus 〈x〉 239 Versuche] aus Versuchung 241 sich] üdZ eing. 241 am] über gestr. der 246 die] aus das 246 der] aus je 253 Namen und] üdZ eing. 256 wen] w aus d 260 Prillwitz] über gestr. Rhetra 263 und] nachträgl. idZ über , 267 des] aus im 303 Spur] danach gestr. daran 304 Götter 309 Krüge] üdZ eing. 310 die ich und Inschriften] üdZ eing. 319 und einzeln] üdZ eing. 326 dem] aus 〈xxx〉 beyfüge] üdZ eing. 331 jeden] n aus m 339 beyde] aus eine 342–343 Nachahmung] zweites a aus s 376 sähe] aus 〈xxx〉 395 zwischen] zw aus wie 396 warum] r aus s 400 eine] aus die 408 gelockt] danach gestr. wurden 409 von] danach gestr. den 413–414 in Wachs] üdZ eing. 416 dem] aus mit 432 Pilger] aus 〈xxx〉 Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 337f.; Goethe/RA V, Nr. 378. 1 Nicht durch Menschen 〈...〉 wiedergewonnen:] Arnims Übersetzung von Goethes Stammbuchblatt vom 13. März 1806 (Nr. AI.58). 4 Kreutzkristal] Gemeint ist eine attraktive Kristallform, die das Mineral Pyrit (Eisenkies) bildet. Es tritt in einigen Lagerstätten in Form von Pentagondodekaeder-Zwillingen (Durchwachsungszwillingen) auf, die entstehen, wenn zwei Pentagondodekaeder sich durchdringen. Sie ähneln dem Malteser Kreuz und werden als Eisernes Kreuz bezeichnet. (Vgl. www.mineralienatlas.de/lexikon.index./ php/Mineralienportrait/Pyrit.) 22 kein Unglück ohne Glück] Vgl. Wander IV, Sp. 1446, Nr. 181–184 sowie Arnims 1806 entstandenen Aufsatz Was soll geschehen im Glücke (Arnim/W VI, S. 200–205). 26–27 an die Stange gewöhnen] An eine eiserne Stange am Zaum der Pferde. 30 in der Schwemme] Befestigte Stelle in Flüssen oder Seen, wo die Pferde zum Säubern oder Abkühlen ins Wasser getrieben werden.
851
Zu Nr. 454
50
Erdbutten] Putte, Pütte: Marschland (niederdt.; vgl. DWb XIII, Sp. 2280). Butten bzw. Erdbutten im DWb nicht belegt. 51–52 Elsenknorren] Erlenknollen. 56–57 einen Sparren zuviel] Sprichwörtlich: »Er ist nicht recht bei Verstande.« (Wander IV, Sp. 661, Nr. 7.) 57–60 NeuStrelitz 〈...〉 die Veranlassung] Nachdem 1712 in Strelitz das Residenzschloß abgebrannt war, ließ Herzog Adolf Friedrich III. 1726–1731 ein etwa 15 km entfernt gelegenes kleines Jagdschloß zum neuen Residenzschloß erweitern, in dessen Nachbarschaft auch die Verwaltungsbehörden angesiedelt wurden. Beim Aufbau der Residenzstadt kam es zu einem Konflikt des Herzogs mit den Strelitzer Handwerkern, die sich auf ihre Zunftprivilegien beriefen und die Beteiligung fremder Handwerker verhindern wollten, wogegen der Herzog auf der Ungültigkeit der Privilegien bestand und darauf drängte, »statt einer Neustadt Strelitz eine neue Stadt Neustrelitz anzulegen« (Endler 1933, S. 7). Seitdem wurde die neue Residenz im Unterschied zur alten als Neustrelitz bezeichnet. – Arnim besuchte Neustrelitz bereits als Schüler. Vgl. seine Beschreibung Meine Reise von Zernikow nach Neu-Strelitz (WAA I, S. 54–56). 71 zeit und geldverderblich] Die beiden Adjektive sind im DWb je einmal belegt: zeitverderblich mit einem Zitat August Gottlieb Spangenbergs als »zeitverschwendend, -vergeudend« (Bd. XXX, Sp. 582), geldverderblich mit einem Zitat Christian Weises als »dem gelde verderblich, dem beutel schädlich« (Bd. V, Sp. 2925). 71–72 Schauspiel scheint noch das Land zu zerstören] Vmtl weil es zeit
und geldverderblich. 76–77 Jagemanns Bild von der jungen Princeß in Weimar]
Ferdinand Jagemanns Bild von Caroline von Sachsen-Weimar-Eisenach. Vgl. Nr. 451,8–9 und Erl. 78–82 Erbprinzen 〈...〉 unter den englischen Princessinnen zu wählen] Georg von Mecklenburg-Strelitz heiratete keine englische Prinzessin, sondern 1817 die Prinzessin Marie von Hessen-Kassel. 80 Oheim] Prinz Ernst von Mecklenburg-Strelitz. 88 Vater] Herzog Carl von Mecklenburg-Strelitz. 89–90 Schwestern 〈...〉 Pr: Solms 〈...〉 Pr: Taxis] Vgl. zu Nr. 443,41–42. 94–103 Die Pr: Taxis 〈...〉 Der Herzog ahndete nichts] Bezug auf die illegale Schwangerschaft der Fürstin Therese von Thurn und Taxis, zuvor Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz. Vgl. Nr. 443,41–42 und Erl. 105 die erfahrne Großmutter 〈...〉 Enkel] Die Großmutter der Prinzessinnen von Mecklenburg-Strelitz war Marie Luise Albertine von Hessen-Darmstadt, die Schwiegermutter des Herzogs. Nach dem Tod der Töchter Friederike und
852
Zu Nr. 454
Charlotte hatte sie seit 1786 ihre Enkelkinder in Darmstadt erzogen, wo sich auch der Herzog zeitweise aufhielt. Ihren Lebensabend verbrachte sie in Neustrelitz. 118 Schienen] Rüstungsteile zur Bedeckung der Gliedmaßen. 135 Dikasterien] Gerichtshöfe, Richterkollegien, insbesondere Schöffenstühle und Juristenfakultäten. 139–140 Bauern 〈...〉 niederzulegen] Das Bauernlegen: Einziehung von Bauerngütern durch die Gutsherrschaft und ihre Vereinigung mit dem Herrschaftsgut, in Deutschland vom 16. bis 18. Jh. besonders in den ostelbischen Gebieten. 154–155 allgemeine Hypothekenbücher 〈...〉 in Preussen] Hypothekenbücher wurden in Preußen ab Mitte des 18. Jhs. in den regionalen Verwaltungsprovinzen eingeführt, und die Eintragungen wurden mit der Allgemeinen Hypothekenordnung vom 20. Dezember 1783 vereinheitlicht. 163 Teterow] Etwa 10 km nördlich von Karstorf. 164 Schöppenstädt, Polkwitz und Lalenland] Orte bzw. Gegend, deren Bewohnern närrische Streiche nachgesagt wurden: Schöppenstedt (bei Braunschweig), Polkwitz (im ehemaligen Schlesien, bei Glogau, poln. Polkovice); das fiktionale Land der Lalen, von denen ein Volksbuch (16. Jh.) berichtet. Zu dem als Narrenort wenig bekannten Polkwitz vgl. Deputation aus Polkwitz an die Dülkener Akademie, den 1sten April (Weimann 1828, Bd. I, S. 162f.). 167 ausschrammen] Das seltene Verb (etwa: sich entfernen, zurückziehen) auch in Arnims Kronenwächtern (einziger Beleg DWb I, Sp. 959f.). 184 eine gewisse Rouquette im Strelitzer Zuchthause] Julie de Roquette, von der Gedichte (Neubrandenburg 1797, 2. erw. Aufl. 1802) und Neue Gedichte (1803) erschienen waren. Zu einer Zuchthausstrafe konnte nichts ermittelt werden. Vgl. Hartmann 1997. 200–207 Karschin 〈...〉 Großvaters 〈...〉 Geschichte 〈...〉 bereit stand.] Vgl. zu Nr. 443,97–102. 207–214 Graf Schlitz 〈...〉 Briefe Friedrich des Zweyten 〈...〉 über Goldmacherey 〈...〉 goldmachenden Frau] Arnim las die Briefe Friedrichs II. an seinen Geheimen Kammerier Michael Gabriel Fredersdorff, den ersten Mann der Großmutter Caroline von Labes. Sie wird ihrem Sohn Hans von Schlitz die Briefe übergeben haben. Fredersdorff hatte dem König im Sommer 1753 ein Rezept zum Goldmachen übersandt, das er von einem Unbekannten erhalten hatte, und der König war darauf eingegangen, hielt das Goldmachen zunächst für möglich und plante sogar die Errichtung eines Großbetriebes. Dabei hoffte er auf das Können einer Madame Nothnagel, zu der Fredersdorff Kontakte hatte. Durch einen Mißerfolg wurde der König schließlich vom Glauben an die Gold-
853
Zu Nr. 454
macherei geheilt. (Vgl. Richter 1926, Stichwort »Goldmachen« im Sachregister S. 262.) 218–221 diesen schönsten Strich von ganz Mecklenburg 〈...〉 sein künftiges Haus stehen sollte] Vgl. Nr. 443,214 und Erl. 233–238 Ackerbaugesellschaft 〈...〉 zwey Bände ihrer Annalen] Schlitz gründete 1798 die Mecklenburgische Landwirtschafts-Gesellschaft, die
Annalen
der
Mecklenburgischen
Landwirthschafts-Gesellschaft
(Rostock 1803–1809, fortgesetzt als Neue Annalen der Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft, Rostock 1813–1846) herausgab. 246 Todtenurnen] Hünengräber (Megalithgräber) mit Tongefäßen aus der Trichterbecherkultur. 247 antediluvianische] Vor Überschwemmungen. (Diluvium: Überschwemmung; frühere Bezeichnung des Pleistozäns.) 257–262 Nach dieser Beschreibung Dietrichs von Merseburg 〈...〉 Bilder in ihnen.] Vgl. zu Nr. 431,159–162. Masch berief sich in seinem Buch auf die Chronik Thietmars (Dietmars), Bischofs von Merseburg, welche die Zeit von 908 bis 1018 umfaßt. Der Neustrelitzer Hofmaler Daniel Woge zeichnete für das von ihm herausgegebenen Werk Maschs 55 Blätter, es erschien bei dem Berliner Musiker und Verleger Johann Karl Friedrich Rellstab. 263 regierende Herzog von Meckl: Strelitz] Carl von Mecklenburg-Strelitz. 264 Sponholzische Sammlung] Vgl. zu Nr. 431,159–162. 266 Prediger Schmidt] Christian Ehrenreich Schmidt. 276–278 Johann Potocki (in Voyages 〈...〉 1795)] Der polnische Graf Jan Potocki, ein kosmopolitischer Ethnograph und Abenteurer, erforschte vor allem die Vor- und Frühgeschichte der slawischen Völker. Außerdem schrieb er einen umfangreichen Roman in der Tradition der Geheimbundmotivik mit zahlreichen Binnenerzählungen (Die Handschrift von Saragossa), der in der zweiten Hälfte des 20. Jhs. wiederentdeckt wurde und und den Verfasser populär machte. (Vgl. vor allem Caillois 1961.) Arnim gibt den Titel der Reisebeschreibung korrekt wieder. 279–280 eine Elegie] Vgl. zu Nr. 431,181–182. 284–286 Vermuthung von Masch, daß 〈...〉 ein See war] Masch stellte in der Vorrede (24 S., unpag.) seines Buches Die gottesdienstlichen Alter-
thümer der Obotriten aus dem Tempel zu Rhetra am Tollenzer-See (vgl. zu Nr. 431,170–177) ausführlich dar, wie die Landschaft um den Tollensesee ursprünglich von den Flüssen Oder und Peene überflutet gewesen sei und die neun Hügel von Rhetra aus der Seenlandschaft herausgeragt hätten. Aus der Lage von Prillwitz schloß er, daß sich an der Stelle das Heiligtum befunden haben müsse.
854
Zu Nr. 454
287 Neu Brandenburg] Neubrandenburg, am Nordufer des Tollensesees. 298 Spindelsteine] »der steinerne, thönerne oder beinerne ring, welcher auf die spindel geschoben wird, um ihr stärkere umdrehung zu geben« (DWb XVI, Sp. 2504). 298–299 Thränensammler] Behälter zum Sammeln von Tränen. Im DWb als Kompositum nicht belegt. 300 Bracteaten] Mittelalterliche Gold- oder Silberblechmünzen. 308 hygroscopisch] Feuchtigkeit aufnehmend und bindend. 317 Wolff in Strelitz] Christian Philipp Wolf in Neustrelitz. 321 Unsere Königin] Luise von Preußen. 325 Nationen] Nation eigentlich: »das (eingeborne) volk eines landes, einer groszen staatsgesamtheit« (DWb XIII, Sp. 425). Vgl. Herder: Amerika ist 〈...〉 voll von so viel kleinen nationen. (Zit. ebd.) 327–331 Masch 〈...〉 Rede eines Wendischen Fürsten 〈...〉 auf lange Zeit.] Masch beschreibt a.a.O., S. 146 die von Woge gezeichneten Götterfiguren und erklärt ihre religiöse Bedeutung. Im fünften Abschnitt Von den Denkmalen wird eine rätselhafte bullige Hundefigur von 1¼ Zoll Länge auf einem vier Zoll hohen Postament mit der Runeninschrift Mita als mögliches Denkmal für einen Wendenfürsten gedeutet: Mistewoi der dritte 〈...〉 bekante sich
zum Christenthum; nachdem er aber durch die schimpfliche Benennung: ein wendischer Hund! zur Erbitterung gebracht war, daß er zur Antwort gab: Bin ich denn ein Hund, so will ich auch bellen und beissen, daß mans hören und fühlen soll: schwur er das Christenthum ab, und verübte alle Grausamkeiten an den Christen, damit er das Christenthum ausrotte, und den Götzendienst wieder herstelle. (§ 286.) – Arnim benutzt das Motiv in der Erzählung Die drei liebreichen Schwestern und der glückliche Färber. (Arnim/W III, S. 786f.) 336–337 Vor mehreren Jahren 〈...〉 reiste] Vmtl. im Herbst 1801, als Arnim sich nach Beendigung des Studiums und vor Beginn der Bildungsreise in Zernikow aufhielt, von wo aus er den Grafen Schlitz in Karstorf besucht haben wird. 339 Nanquin] »chinesisches glattes, festes Baumwollgewebe« (MGKL XIV, S. 407). 345 verfalbten] Verfalben: farblos werden, insbeondere Bezeichnung »des herbstlichwerdens der blätter«, auch »vom vergehen der lebensfrischen körperfarbe« (DWb XXV, Sp. 294). 348–349 PrivatTheater des Grafen Hahn in Remplin] Carl Friedrich von Hahn-Neuhaus, »einer der reichsten Grundbesitzer des nördlichen Deutschlands« (Meyer 1858, S. 4), war ein Theater-Enthusiast, der auf seinem Gut in Remplin – 12 km nordöstlich von Karstorf – am 1. März 1806 ein Privattheater
855
Zu Nr. 454
eröffnet hatte, über das ein Bericht Aus Mecklenburg, der am 22. März 1806 in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt (Nr. 35, S. 287) erschien, näheren Aufschluß gibt: Das Schauspielhaus liegt in einer geringen Ent-
fernung vom Schlosse an einem Ende des Dorfes und hat mit seinen Säulen und den steinernen Pfeilern und Laternen vor dem Hause, ein gefälliges Ansehen. Brillanter ist jedoch das Innere, welches nicht nur zweckmäßig, sondern auch sehr elegant eingerichtet worden ist. Außer dem Parterre und Parquet ist zu beiden Seiten eine Reihe Logen und über diesen die sogenannte Gallerie. Die Decke ist gewölbt und das ganze wird durch einen großen Kronleuchter erhellt. Das Theater soll eine Länge von 90 Fuß haben – fast zu groß für ein Privattheater. Die ganze Einrichtung ist, wie ich hörte, in Zeit von 3 Monaten, mitten im Winter, ausgeführt worden 〈...〉 alles ist hier nach dem Kostüme des 〈Berliner〉 Nationaltheaters und manches noch prachtvoller wie dort eingerichtet. Die Dekorazionen sind größtentheils in Berlin gemalt, und dem Ganzen vollkommen angemessen. / Das Schauspielhaus wurde mit den Kreuzfahrern des Herrn v. Kotzebue eröffnet. Ungeachtet der vielen darin vorkommenden Statisten und veränderten Dekorazionen, ging das Ganze doch sehr gut, und man kann unmöglich von einem Privattheater mehr verlangen und erwarten. Hahn-Neuhaus, der sein enormes Vermögen seiner Theaterleidenschaft opferte, ist als Schauspieler »nur wenig aufgetreten; doch besorgte er mit großem Eifer das Schminken, Soufflieren, Donnern und Blitzen und war stets der Anführer von Zügen, die über die Bühne gingen« (MGKL VIII, S. 623). Gegen 1808 scheint er das Rempliner Liebhabertheater aufgegeben zu haben. In verschiedenen Städten Norddeutschlands blieb er jedoch seiner Leidenschaft treu. (Vgl.: Meyer 1858; Ebel 1937.) 350–352 Der Tod seines Vaters 〈...〉 Spiegelteleskope] Der Astronom Friedrich von Hahn war 1805 auf seinem Rempliner Gut, wo er eine Sternwarte eingerichtet hatte, gestorben. (Vgl. Bouvier 2002.) 356 Paraden] Prunkhafte Schaustellungen. (Vgl. DWb XIII, Sp. 1452.) 363 Die Kreutzfahrer und die Klingsberge von Kotzebue] August von Kotzebue, Die Kreuzfahrer. Ein Schauspiel in 5 Akten (Leipzig 1803) und Die beyden Klingsberg. Ein Lustspiel in 4 Akten (Leipzig 1801). 363–364 Weiberehre von Ziegler] Friedrich Wilhelm Ziegler, Weiberehre. Ein Sittengemählde des dreyzehnten Jahrhunderts in 5 Aufzügen (Wien 1793). 364 der Gefangne ein französisches Singspiel] Karl Alexander Herklots nach Alexandre Duval, Der Gefangene. Singspiel in einem Akt (Berlin um
856
Zu Nr. 454
1800), Musik von Pierre-Antoine-Dominique Della Maria. Der Einakter Le Prisonnier ou la Ressemblance von Duval / Della Maria war 1798 erfolgreich in Paris uraufgeführt worden. 377–378 Ich setze 〈...〉 in dem Getreibe des Rostocker Termins ruhig fort] Arnim reiste Anfang Juni mit seinem Onkel, dem Grafen Schlitz, der als Stifter der Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft vmtl. in Geschäften unterwegs war, von Karstorf nach Warnemünde, Doberan und Rostock. Vgl. Nr. 462,10–13. 386–387 Hannover geht aus einer Hand in die andre] Vgl. zu Nr. 431,57–59. 387 der König von Schweden 〈...〉 etwas Grosses thun] Vgl. zu Nr. 420,183–186. 393 Cölln] Reminiszenz Arnims an seinen Köln-Aufenthalt nach der Rückkehr von der Bildungsreise im August 1804. 395 Genua] Reminiszenz Arnims an seinen Genua-Aufenthalt während der Bildungsreise im Dezember 1802. 400 Kirchenstamms] Doberan wurde als Zisterzienserkloster erbaut, das bis zu seiner Auflösung während der Reformation die Entwicklung des Ortes bestimmte. 403 Rostocker Voigts in Warnemünde] Das Fischerdorf Warnemünde war bis ins 20. Jh. eine Exklave Rostocks, die von einem Rostocker Vogt verwaltet wurde. 404–405 daß eigentlich der Herzog 〈...〉 Gast sey] Im Rostocker Erbvertrag von 1788 hatte der Rat einerseits die Landeshoheit des Herzogs Friedrich Franz I. von Mecklenburg-Schwerin anerkannt, andererseits behielt er »nach wie vor weitgehende Privilegien und Rechte, insbesondere in den Bereichen des Stadtregiments, der Gesetzgebung, der Gerichtsbarkeit und der Finanzhoheit« (Münch 2003, S. 105). Privilegien behielten die Rostocker Bürger auch gegenüber den Einwohnern Warnemündes, die sie unterdrücken und bevormunden konnten. (Vgl. Bernitt 2001, S. 205.) 405–408 Die gröste Gerechtigkeit 〈...〉 Soldaten 〈...〉 Prinzen 〈...〉 in einen Sumpf gefahren wurden.] Zufolge dem Rostocker Erbvertrag von 1788 erhielt der Herzog das »alleinige Garnisonrecht in Rostock«, und die Stadt »durfte selbst nur 30 Polizeisoldaten halten« (Bernitt 2001, S. 204f.). Zu der von Arnim geschilderten Episode, die sich vmtl. Ende des 15. Jhs. zugetragen hat, konnte nichts ermittelt werden. Ob und wann sich Herzog Balthasar von Mecklenburg mit seinem Neffen Erich in Rostock aufgehalten hat, ist nicht bekannt. 441 Ihren Herrn Sohn nicht in Berlin zu sehen] Die von Goethe im Bezugsbrief für Ostern angekündigte Berlin-Reise seines Sohnes August war nicht zustandegekommen.
857
Zu Nr. 454
442 sein Andenken] Das mit Goethes Bezugsbrief überschickte (nicht überlieferte) Stammbuchblatt (Nr. *AI.57).
454.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Karstorf und Rostock, etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 DV: H. B: Vgl. Nr. 430. A: Vgl. Nr. 465. H: Vgl. AIII, 24v–24r, 2 S. Besonderheiten: Der Eintrag beginnt auf der letzten Seite von Lage III (24v) und ist auf der Vorderseite (24r) fortgesetzt.
Erläuterungen Vgl. Nr. 454. 25 scheltert] Nebenform zu schellen (tönen), schallen. (Vgl. DWb XIV, Sp. 2500.)
455.
An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806
DV: H. B: −. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 161r–164v. − 2 Dbl. (I, II) ca. 228 x 188 + 226 x 184 mm; 1r–4v 8 beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − WZ: I: Ornament im Mittelfalz II: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: xxx, darunter: 500, aoRr: 161, neben Ortsangabe: 1806., darunter Steig: Kirschbaumblüthe! 1806 2r aoRl: 162 3r aoRl: xxx, daneben: 500, aoRm Steig: Karsdorf., danach gestr. Steig: Winkelmann, aoRr: 1806. 163 4r aoRr: 164 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 462. Von Arnim am 16. Juni 1806 in Berlin zugleich mit Nr. 462 exzerpiert. – Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 60. Datierung: Der Pferdsturz, von dem Arnim im ersten Briefteil berichtet, ereignete sich etwa Mitte Mai. Der zweite Briefteil, der Z. 35 beginnt (Die Kirschbäume blühen ab und mein Bein auch), wurde Ende Mai, nach der Genesung und kurz vor der Abreise von Karstorf, geschrieben. Vgl. Datierung von Nr. 454.
858
Zu Nr. 455
D1: Steig 1894, S. 174f. (TD); nicht näher datiert. D2: Schultz 1998, Bd. I, S. 372–375; datiert: kurz nach dem 11. Mai 1806.
Varianten
als] danach gestr. mir 13 besteigen] es aus 〈xx〉 14 herfiel] f aus w 17 blieb] danach gestr. ich 23 Anekdoten] d aus t 32 das] aus die 39 2] üdZ eing. 49 kann] üdZ eing. 57–58 Vergißmeinnicht] 69 nach] über gestr. aus 70 geneigt,] danach gestr. seine V aus G 71 so in] in üdZ eing. 77 unentwickelt, wenigstens] w aus d 80 gern] danach gestr. würde 99 dagegen] üdZ eing. 4
Erläuterungen 2 Herzbruder!] Nach Ulrich Herzbruder, dem besten Freund des Simplicius Simplicissimus in Grimmelshausens Roman. 3 Drey Briefe 〈...〉 sind unterweges] Nr. 431, 443, 451. 3–6 ich wollte mich 〈...〉 darauf zurückliessen] Vgl. Nr. 454,26–31. 8–9 die Stieglitzen müssen 〈...〉 hinaufziehen] Der Stieglitz baut sein Nest in hohen Bäumen und ernährt sich vor allem von ebenerdigen Sämereien, im Frühjahr von Knospen und Blattspitzen. 10 auf den Abtrit] Vgl. Arnims epigrammatisches Gedicht Der Abtritt (Arnim/W V, S. 501). 14–15 wie die grossen Berg broken über die Titanen] Als die sich gegen Zeus auflehnenden Titanen nach ihrem Kampf gegen die Olympier (Titanomachie) in den Tartaros geworfen wurden. 18 die Periode noch geschlossen] Mit Bezug auf die Bedeutung von Periode in der Rhetorik: Strukturierter Passus mit vollständigem, zusammenhängendem Sinn. 19 gedruckter] drucken war um 1800 im Oberdeutschen üblich für drücken. (Vgl. Adelung I, Sp. 1560.) 28–29 Denon 〈...〉 in Alexandrien] Der Kunstwissenschaftler Dominique Vivant Denon hatte Napoleon auf dessen Ägyptenfeldzug begleitet und 1802 die Voyage dans la basse et la haute Egypte veröffentlicht. 31 Voila un savant demoin] Voila` un savant de moins. (Sieh da, ein Gelehrter weniger.) 37 Grafen Hahn nach Remplin] Vgl. zu Nr. 454,348–349. 42–45 Römer aus Braunschweig 〈...〉 von Winkelmanns Tode 〈...〉 kannte er ihn zu genau] Arnim lernte den Braunschweiger Jakob Ludwig
859
Zu Nr. 455
Roemer kennen, der seit 1793 Lehrer am Katharinengymnasium in Braunschweig war. (Vgl. Jarck 1996, S. 496.) Zur Beziehung Roemers zu dem am 21. Februar 1806 gestorbenen Winkelmann ist nichts bekannt. 47–48 ich wollte ihn 〈...〉 wenn ich nach Braunschweig kam] Arnim beabsichtigte, im Sommer 1806 nach Frankfurt und Heidelberg u. a. über Braunschweig zu reisen, wo er sich Juli/Anfang August auch aufhielt. 50–51 ein vierfacher Thier∧kreis] Ein Abstand von vier Jahren, da mit Tierkreis (Synonym für Ekliptik oder Zodiakus) »der größte Kreis der scheinbaren Himmelskugel« bezeichnet wird, »den die Sonne scheinbar im Lauf eines Jahres in der Richtung von W. nach O. durchläuft« (MGKL V, S. 585). Gemeint ist die zeitliche Distanz zu Arnims Trennung von Göttingen und Winkelmann Ende Juli/Anfang August 1801. 51–52 im Garten] Vgl. Nr. 449,75 und Erl. 57–58 Gedichte unter dem Titel Vergißmeinnicht] Im Herbst 1804 erschien in Braunschweig (mit der Jahreszahl 1805) mit dem Titel
Gedichte unter
dem Pseudonym A. Hermann eine Sammlung von eigenen Gedichten und LyrikÜbersetzungen Winkelmanns; auf das Inhaltsverzeichnis folgt der Zwischentitel
Vergißmeinnicht. 63 der Schule in die Hände fallen]
Die frühromantische Schule, vor allem
Friedrich Schlegels und Dorothea Veits, mit denen Winkelmann um 1800 in Jena Umgang hatte.
68 Drucker] »in der Ateliersprache der Maler üblicher Ausdruck, bezeichnet die starke Betonung einer Stelle in einem Gemälde durch tiefe Schatten oder durch helles Licht. Durch das ›Aufsetzen der Drucker‹ will man einem Bilde zur beabsichtigten Wirkung verhelfen.« (MGKL V, S. 215.) 71 in unsern Liederbrüdern] Dem (nicht realisierten Arnim/Brentanoschen Projekt einer gemeinsamen Sammlung ihrer Lieder. 73–74 Todesscenen 〈...〉 geschrieben] Vgl. Winkelmanns Eintrag in Arnims Stammbuch vom 31. Juli 1801: Ist es denn wahr? kann denn der Mensch
nicht lieben? / Ist keine Wahrheit in dem dunkeln Leben? / Wird jeder Schmerz im Tode nur gesund? (WAA XXX, Nr. AI.43) – Schlußverse seines Sonetts An S...y (Savigny) im zweiten Band des Godwi, die schon bald verspottet wurden (vgl. WAA XXX, S. 609). 91 Schnarwerk] Eigentlich »bei orgeln pfeifenwerk mit messingener zunge in einem cylindrischen Mundstück, eine hauptart der orgelpeifen«; auch »in scherzhafter übertragung von dem geräusch des schnarchens und hustens« (DWb XV, Sp. 1190). 101 Courierstiefel] »reitstiefel des kuriers« (DWb XI, Sp. 2808).
860
Zu Nr. 456.E
101 Pfundspornen] »groszer, wuchtiger sporn« (DWb XIII, Sp. 1813). 101–102 die beyden Klingsberge und der Gefangene] Vgl. Nr. 454,363.
zu
455.E An Clemens Brentano in Heidelberg Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 DV: H. B: −. A: −. Besonderheiten: Am 16. Juni 1806 in Berlin zugleich mit Nr. 462 exzerpiert.
*456. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 DV: H. B: −. A: −. Datierung: Arnim muß an Reichardt in der zweiten Maihälfte 1806, nach seinem Sturz vom Pferd in Karstorf, von dort geschrieben haben, denn Goethe bezieht sich in seinem Brief vom 26. Juni (Nr. 465,4–5) auf einen Bericht Reichardts von dem Unfall, und der Goethesche Brief an Arnim ist zudem nach Giebichenstein adressiert – auch die Kenntnis dieser Arnimschen Reisestation wird Goethe von Reichardt zugekommen sein. Reichardt war am 7. und 11. Juni 1806 bei Goethe in Weimar zu Gast (vgl. WA III, Bd. 3, S. 130) und wird vorher in Giebichenstein einen Karstorfer Brief Arnims erhalten haben, der also kaum nach Ende Mai geschrieben sein kann. Der Terminus post quem ergibt sich aus Arnims Bericht von dem Sturz in seinem nach Mitte Mai begonnenen Brief an Goethe (Nr. 454).
456.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Karstorf, vmtl. zweite Hälfte Mai 1806 DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 28v, ½ S. Datierung: Analog Nr. *456.
861
Zu Nr. 456.E
Erläuterungen 3–5 die langen Lowenheilinschen 〈...〉 Husaren 〈...〉 Rückzug in die Unterwelt] Bezug nicht ermittelt. 6 Loyaute] Loyaute´: Biederkeit, Ehrenhaftigkeit. 8–9 Aufenthalt 〈...〉 bey dem travestirten Wilhelm Meister von Kotzebue] Bei der Theatergesellschaft des Grafen Friedrich von Hahn-Neuhaus in Remplin, die Arnim anmutet, als seien die Schauspieler- und Theaterpassagen in Goethes Wilhelm Meister nach der Manier Kotzebues travestiert (dessen Stücke in Remplin gespielt wurden). Vgl. Nr. 454,348–349 und Erl. 10 Aufzug der Bäume] Die von Arnim bewunderten Bäume (und Sträucher) in der von seinem Onkel kultivierten Gegend um Karstorf. Vgl. Nr. 454,217–233. 10 die neuen Glückkinder] Hans und Louise von Schlitz.
457.
Von Clemens Brentano nach Berlin Heidelberg, Ende Mai/1. Juni (Sonntag) und Nachschrift vom 14. Juni (Sonnabend) 1806
DV: H. B: Nr. 451. A: Nr. 462, 466. H: UB Heidelberg, Hs. 2110,5, Bl. 116r–120v + 121r. − 2 Dbl. (I, II) + 2 Bl. (III, IV) je ca. 224 x 182 mm; 1r–6r 10½ beschr. S.; I–III Faltung wegen Restaurierung nicht bestimmbar; IV 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: III–IV: Bekrönter Posthornschild, darunter: D & C BLAUW. Beilagen: Erklärung von Caroline Engelhard, warum sie die ihr angetragene Stelle bei Louise von Schlitz nicht annehmen könne (nicht überliefert). Fremdeinträge: 1r aoRl: 501, aoRm: 15, aoRr: 1. Juni 1806, 116, auRl: 14 1v aoRl: 501 2r aoRl: 501, aoRr: 117 2v aoRl: 501 3r aoRl: 502 (501!), aoRm: z. 1. Juni 1806, 16, aoRr: 118 3v aoRl: 502 4r aoRr: 119 4v aoRl: 502 5r aoRl: 502, aoRr: 120 5v aoRl: 502 6r aoRl: 503, aoRm: 14. Juni 1806, aoRr: 121. Besonderheiten: Zu den Seiten, von denen Brentano zu Beginn der Nachschrift mitteilt, sie fehlten und er werde sie mit dem nächsten Brief schicken, wird ein Zettel gehört haben, den Arnim im Frühjahr 1808 in Heidelberg fand, als er die Kiste mit dem für ihn aus der Auktion des Baldingerschen Nachlasses ersteigerten Kupferstichen und Büchern öffnete, worüber er am 24. Februar an Brentano schrieb: Es ist mir sehr rührend gewesen, als ich den Kasten
mit Kupferstichen Büchern öffnete in dem Apollonius einen Zettel von Dir mit der Nachricht Deiner Rückkehr von Wallthüren zu lesen Mein 862
Zu Nr. 457
herzlicher Dank dafür. (WAA XXXIII.) Die fehlenden Seiten hat Brentano nicht nachgeschickt, sie sind unbekannt. Datierung: Der umfangreiche Brief ist von Brentano am Schluß des Hauptteils auf den 1. Juni 1806 datiert. Er wird ihn schon vorher begonnen haben, und zwar zunächst ein Konzept oder mehrere Konzeptteile, die er nicht alle abschrieb und abschickte, denn zu Beginn der Nachschrift teilt er mit, daß einige Seiten fehlen, zu deren Abschrift er keine Zeit habe. Diese Mitteilung ist ein seltener Beleg dafür, daß Brentanos Briefe an Arnim – und sicher auch an andere – zumindest partiell als Konzepte entworfen und abgeschrieben wurden. Mit Sicherheit kann nur angenommen werden, daß Brentano nach dem Pfingstfest zu schreiben begann (Pfingstsonntag: 25. Mai) und daß er den Hauptteil am 1. Juni beendete. Die Nachschrift ist ominös. Denn sie wurde am 14. Juni geschrieben, wie aus dem Datum 15 Juni geschlossen werden kann, das über dem Wort gehe (und damit zu Beginn des Satzes Morgen gehe ich nach Fft) steht. (Vgl. Z. 324.) Am 14. Juni beantwortete Arnim aber bereits den am 1. Juni beendeten Hauptteil des Briefes. Brentano wird das Blatt mit der Nachschrift nicht mitgeschickt haben. Fraglich bleibt aber, warum es zusammen mit dem Hauptteil und in gefaltetem Zustand überliefert ist. D1: Steig 1894, S. 175–180 (TD); datiert: 1. und 14. Juni. D2: Kat. Henrici 149, S. 68, Nr. 8 und 9 (TD, kurzer Auszug); datiert: 1. Juni und nicht näher datiert. D3: Seebaß 1951, Bd. I, S. 314–324 (TD); datiert: 1. Juni. D4: FBA XXXI, S. 532–543 (Nr. 445); datiert: 1. und 14. Juni. D5: Schultz 1998, Bd. I, S. 388–397 (Nr. 81); datiert: 1. und 14. Juni. Varianten 7
der] d aus s 11 und] aus nach 12 ihnen] en eing. 16 der] aus die 17 Fels] s aus g 22 sie] danach gestr. mit 26 saßen] en eing. 27 Necker und] danach gestr. die 36 sie] danach gestr. gan 41 Das] danach gestr. Meke 42 Frau,] danach gestr. stand 44 Hexe,] danach gestr. für 44 Welche] W aus w 48 und] danach gestr. das 52 war] über gestr. ist danach gestr. es 53 fragte sie] s aus S 55 ein] aus im danach gestr. stu 64 und] danach gestr. ho 70 sie] s aus S 76 folgende] Schluß-s gestr. 80 soll,] danach gestr. es ist 81 welcher] lch aus 〈xxx〉 83 besten] danach gestr. Nah nehmlich 87 im] danach gestr. 〈xxx〉 97 geweßen.] danach gestr. Taugliche 100 schätzbarste] Anfangs-s aus S 102 gerühmt] danach gestr. zu 113 sie] s aus S 114 suchen] s aus n 125 selbst)] danach gestr. ihr 863
Zu Nr. 457
aus 〈x〉 134 aus den] aus über gestr. durch den aus danach gestr. 〈xxx〉 148 Hern] danach gestr. Pal 155 wenn] danach gestr. es dir 163 Töchter] danach gestr. gar 164 überhaubt] danach gestr. S 168 Kinder] danach gestr. 〈xxx〉 168 erleicherte] danach gestr. 〈xxx〉 226 bald] danach gestr. s 228 von] aus 〈xxx〉 238 Darstellung] Schluß-en gestr. 238 Charakter,] danach gestr. und 245 Seligmann] danach gestr. bei 249 werden] aus wird 258 Olving] lv aus 〈xx〉 262 1477] aus 1447 264–265 das ich zufällig 〈...〉 in Zwikau] darüber in umgekehrter Schreibrichtung ¾ Z. unleserlich gestr. 268 ich] danach gestr. Sie auf 277 als] üdZ 279 über] aus wie 281 Liederlichkeit] danach gestr. so 299 ich] danach gestr. mich 302 wollen] danach gestr. wenn 320 zu 324 15 Juni] üdZ Miltenberg] üdZ
131
Depense] D
die
Erläuterungen 2
Auf einen Pfingsttag es geschach] Umdichtung von Luthers Lied Das deudsch Sanctus, das Arnim Brentano in seinem kurz vor Mitte April 1805
geschriebenen Brief (Nr. 371,38–51) mitgeteilt hatte und das unter dem Titel Jesaias Gesicht in den ersten Band des Wunderhorns aufgenommen wurde. 6–7 Kirschen 〈...〉 in Göttingen] Reminiszenz an den gemeinsamen Göttingen-Aufenthalt im Frühjahr/Frühsommer 1801. 7–8 der Tebelholemer 〈...〉 nach dem Maul sah] Reminiszenz an den leitmotivischen Fluch in Christian Reuters Schelmuffsky und an die Stelle des Schelmenromans, in welcher der Titelheld von der Dame Charmante berichtet: sie fiel mir um den Halß / hertzte mich / und stackte mir
Ihre Zunge lang wieder in meine Schnautze / welches mir der Tebel hohl mer recht wohl von den Menschen gefiel (Haufe 1972, S. 54). Auch kuntest und Maul gehören zum Vokabular des Schelmuffsky (ebd., S. 24, 49). 9 Pfingsten] Pfingstsonntag: 25. Mai. 12–13 (da muß ja 〈...〉 6 Kreuzer da)] Reminiszenz an eine Episode während Arnims Anwesenheit in Heidelberg im Sommer 1805. 13–22 Nekersteinach 〈...〉 die Landschaden von Steinach genannt 〈...〉 offiziel vom Kaiser] Neckarsteinach war Sitz der Landschaden von Steinach, denen auch die vier Burgen in der Nähe der Stadt gehörten (von Ost nach West): die Vorder- oder Landschadenburg, die Mittelburg, die Hinterburg und Schadeck oder Schwalbennest. Das Adelsgeschlecht führte eine schwarze Davidsharfe mit neun schwarzen Saiten im Schild. Ein genealogischer Zusammen-
864
Zu Nr. 457
hang mit den Harpfenbergern ist nicht belegt. Der Name Landschaden wurde nicht vom Kaiser verliehen. Seine ursprüngliche Bedeutung ist unklar, vielleicht besteht ein etymologischer Zusammenhang mit Landscheid. (Vgl. Langendörfer 1971.) 20 Harpfe] Als hochdeutsche Form »über das 17. jahrhundert hinaus« (DWb X, Sp. 475). 22–24 Friedrich dem Siegreichen von der Pfalz 〈...〉 ungeheuren Schlacht von Sekkenheim] Zur Schlacht bei Seckenheim (nordwestlich von Heidelberg) war es 1462 in der Mainzer Stiftsfehde gekommen, bei der es um die Besetzung des Mainzer Erzbischofstuhls ging. Dabei stellte sich der pfälzische Kurfürst Friedrich I. auf die Seite des von Kaiser Friedrich III. bestimmten Erzbischofs, wogegen sich der Erzbischof von Trier und der Markgraf von Baden mit dem Gegenkandidaten verbündeten. Mit einem Überraschungsangriff konnte Friedrich I. die Gegner bei Seckenheim schlagen, wofür er den Beinamen der Siegreiche erhielt. Brentanos Hervorhebung der ungeheuren Schlacht ist vmtl. ironisch. 26 Thurn] Noch Anfang des 19. Jhs. gebräuchliche hochdeutsche Form von Turm. (Vgl. DWb XXI, Sp. 466.) 32–34 Romanze 〈...〉 von Piramus und Thisbe] »Im vierten Buch der Metamorphosen erzählt Ovid die Liebesgeschichte von Pyramus und Thisbe, die in Babylon in benachbarten Häusern wohnen, sich durch vertrauten Umgang lieben lernen, aber durch das Gebot der Väter getrennt werden. Sie entdecken einen Spalt in der trennenden Wand der Häuser, durch den sie sich ihre Liebe gestehen und schließlich ein nächtliches Stelldichein am Grabe des Ninus neben einem Brunnen unter einem Maulbeerbaum verabreden. Die wartende Thisbe wird durch einen Löwen verscheucht, der seinen Durst löscht und den zurückgelassenen Schleier Thisbes mit dem vom geschlagenen Rinde blutigen Maule zerfetzt. Pyramus entdeckt bei seiner Ankunft den Schleier und ersticht sich. Thisbe kehrt zurück, glaubt zuerst auf Grund der vom Blute rot gefärbten, vorher weißen Maulbeeren fehlgegangen zu sein, entdeckt dann den sterbenden Geliebten und folgt ihm im Tode nach, im Gebet die Väter um ein gemeinsames Grab bittend.« (Frenzel 1963, S. 531.) Zahlreiche Adaptionen in der europäischen Literatur, so in Shakespeares Sommernachtstraum und in den Wunderhorn-Liedern Der Graf und die Königstochter (Bd. I) sowie Wächter hut dich bas (Bd. II). 33 schlechtin] schlechthin: »erst in neuerer sprache gebräuchlich 〈...〉 im sinne von ›durchaus, ohne bedingung und einschränkung‹« (DWb XV, Sp. 542). Diesem Sinn entspricht eine ältere Bedeutung von schlecht: »im sinne von ›einfach, nur, lediglich, nichts weiter als‹« (ebd., Sp. 529).
865
Zu Nr. 457
33 Unerhörten Schuknechtshochzeit] Die Greuelhochzeit im ersten Band des Wunderhorns. 40 Szene, wie wir im Rüdesheimer] Reminiszenz an den Aufenthalt in der Ruine der Nieder- oder Brömserburg bei Rüdesheim während der Rheinreise im Juni 1802, an den Brentano Arnim bereits Mitte Februar 1803 erinnert hatte. Gemeint ist, wie sich aus Authentizität beanspruchenden Stellen im Frühlingskranz und in Die Günderode schließen läßt, ein Bettelmann mit seiner Familie. Im Frühlingskranz berichtet Clemens lediglich von dem Bettler, in Die Günderode hat dieser Familie. (Vgl. WAA XXXI, Nr. 287,286–296 und Erl.) Zu der Burg-Szene bei Neckarsteinach vgl. die Beschreibung Aloys Schreibers: Die
dritte Burg bietet mit ihren wenigen Mauerstücken und ihrem hohen Thurme keinen erfreulichen Anblick dar. In den Trümmern hat sich eine arme Familie angesiedelt, die ihren Kohl hier zwischen Ruinen baut. Die düstere Wohnung dieser Unglücklichen hat etwas Schauerliches und auch Gefahrvolles; Wind und Regen stürmen durch ihr armseliges Stübchen, und sie klagten, daß man ihnen auch diese Zuflucht nicht mehr länger gönnen wolle. (Schreiber 1811, S. 252.) 42 eine rüstige alte Frau] Die Alte kann als lebensweltliche Hintergrundfigur der alten Bäuerin in der Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl aufgefaßt werden. Das Gespräch, das Brentano im Brief wiedergibt, ähnelt dem fiktionalen zwischen der Bäuerin und dem Erzähler. In beiden Texten zitiert die Alte Verse. 45 Freund mit der Hanenfeder] Euphemismus für den Teufel. 57 Ich hab ein Hirsch geschoßen] Der Vierzeiler konnte in den »Katalogen, Arbeitsmaterialien zum alpenländischen Volkslied sowie in der einschlägigen Literatur zum Vierzeiler« nicht ermittelt werden. (Frdl. Mitteilung von Waltraud Linder-Beroud, Deutsches Volksliedarchiv Freiburg i. Br.) 61–63 Büchlein 〈...〉 Geisbohne ins Balsambüchslein] Als Zitat nicht ermittelt. Geißbohne: Ziegendreck. 74 Dein Brief wegen der Engelhard] Nr. 451. 75 persuadirt] überredet. 76 folgende schriftliche Erklärung] Als Beilage geschickt. 79–88 Mademoisell Seidler 〈...〉 ihr Vater Stallmeister] Mademoisell Seidler wird auch erwähnt in Caroline Schlegel-Schellings Jenaer Brief an Luise Gotter vom 3. Dezember 1797: Der Hr. Amtmann hat doch eine Dorette
haben wollen, aber lieber die runde als die lange (Mlle. Seidler). (Schmidt 1913, Bd. I, S. 443.) Sie war nicht die Tochter, sondern die Schwester von Ludwig August Gottfried Seidler. Dessen Tochter war die Malerin Louise Seidler. (Vgl. SNA XXXVII/2, S. 47, 513.)
866
Zu Nr. 457
81–82 Paulus 〈...〉 Paula] Die Frau des Würzburger, zuvor Jenaer Theologen und Orientalisten Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, Elisabeth Friederike Caroline, war – als seine Cousine – eine geborene Paulus. 94 über den sie so viele Briefe geschrieben] Nicht bekannt. 96 deine Tante] Louise von Schlitz. 98–99 Louise Piautaz, Claudinens Schwester 〈...〉 Erzieherin ist] Louise und Claudine Piautaz waren Töchter das um 1770 aus Savoyen in Frankfurt eingewanderten Seidenhändlers Franz Piautaz und Brentano seit der Kindheit bekannt. Zu Claudine, die nach dem Tod der Mutter Erzieherin der Töchter und Gesellschafterin im Brentano-Haus war, hatte er ein besonders inniges Verhältnis. Louise scheint Frankfurt schon früh als Erzieherin verlassen zu haben. Die polnische Gräfin konnte nicht näher identifiziert werden. Eine Anstellung bei Louise von Schlitz kam nicht infrage, da Louise Piautaz bereits als Dame d’honneur bei Catherine Talleyrand-Pe´rigord, der Frau des französischen Staatsmannes Charles Maurice Talleyrand-Pe´rigord, engagiert war. Vgl. Brentano an seine Frau Sophie aus Frankfurt, 20. Juni 1806 (DjB Nr. 1259). 100 Madame Levi] Die Berliner Salonnie`re Sarah Levy, Frau des Bankiers Samuel Salomon Levy, bei der Brentano während seines Berlin-Aufenthalts im Herbst 1804 gewohnt hatte. Nicht die unverheiratete Rahel Levin, die er nicht als Madame bezeichnet hätte. 102 im Freimüthigen] Vgl. zu Nr. 401,15–16. 105 Jette Schubart] »Die um ein Jahr Ältere hat die gleiche Bildung wie Sophie Mereau erfahren; ihre geistigen Fähigkeiten sind denen der Schwester ähnlich. Sie ist jedoch weniger attraktiv, versteht es weniger, ihre Umgebung zu fesseln. Sie steht im Schatten der Schwester, meidet die Gesellschaft und bleibt zuletzt auch ledig. Sie lebt in sehr bescheidenen Verhältnissen, weil sie nicht über ein Vermögen verfügt; für ihren Lebensunterhalt muss sie weitgehend selbst sorgen. Ihre Erwerbsmöglichkeiten sind aufgrund einer fehlenden berufsbezogenen Vorbildung und ihren dezidierten Vorstellungen von einer ihr angemessenen Betätigung sehr eingeschränkt. Gelegentlich wird sie von Sophie Mereau direkt finanziell unterstützt. Die dokumentierten indirekten Unterstützungen bestehen darin, dass ihr Sophie Mereau literarische Arbeiten gibt oder überlässt.« (Hannemann 2005, S. 176f.; vgl. ebd., S. 176–190 das Kapitel über Henriette Schubart.) 113–114 geschrieben, Coll werde wohl abreißen 〈...〉 Dienste suchen müßen] Der an Sophie Brentano gerichtete Brief Henriette Schubarts über ihren Jenaer Freund, den Langzeitstudenten Ludwig Hermann Coll, ist nicht bekannt.
867
Zu Nr. 457
117 Ueber dich 〈...〉 wunderlich geschrieben] Vgl. Nr. 404,15 und Erl. 123–125 englische Romanzen versprochen 〈...〉 nicht Wort gehalten] Vgl. Nr. 404,18 und Erl. 125–126 Deine Romanze von der Hofnungsvollen Fürstin] Vgl. Nr. 443,41–71. Hofnungsvollen: schwangeren. 126–127 die Geschichte des Gefangnen] Nr. 443,73–83. 128 Zirkular wegen Volksliedern] Nr. 458.P. 131 Depense] Aufwand, Unkosten. 133 deine Anzeige im R. A.] Arnims Aufforderung mit der Bitte um Zusendung von Volksliedern im Gothaer Reichs-Anzeiger, Nr. 339 vom 17. Dezember 1805 (FBA VIII, S. 347f.). 140–141 Auch ich putze jezt an meinem Planetario Poetiko, für dich] Metaphorische Mitteilung Brentanos, daß er an seinem Anteil des (nicht realisierten) Projekts der Lieder der Liederbrüder arbeite, mit Bezug auf Arnims Formulierung Nr. 420,172–173. 142 Winkelmanns † Freund Kohler] Johann Kaspar Kohler aus Neresheim war am 5. November 1800 in Jena immatrikuliert worden und hatte sich im Jenaer Wintersemester 1800/01 mit Winkelmann das Quartier geteilt. Er war Beiträger zum Wunderhorn. (Vgl.: Rölleke in FBA IX/3, S. 822f.; Winkelmann an Brentano, Mitte März 1801 [DjB Nr. 416].) 142–144 Neresheim in Schwaben 〈...〉 auf der Landkarte deiner Dicken Fürstin gelegen] Neresheim liegt etwa 15 km nordwestlich von Donauwörth, dieses in weiterer Entfernung westlich von Regensburg, dem Sitz der Thurn und Taxis. Brentano kann mit der kartographischen Konvergenz diejenige von Neresheim und Regensburg in Schwaben, aber auch lediglich Neresheim gemeint haben. Denn die dortige Benediktinerabtei war 1802 »säkularisiert und dem Fürsten 〈Carl Alexander〉 von Thurn und Taxis als Entschädigung gegeben« worden, »der das Kloster in ein Schloß verwandelte« (MGKL XIV, S. 519). Mit seiner Formulierung und mit der Skizze gibt Brentano zu verstehen, daß er die von Arnim Nr. 443,41–71 ohne Preisgabe des Namens geschilderte und bedichtete, wegen ihrer Schwangerschaft Dicke Fürstin als Fürstin von Thurn und Taxis identifiziert hat. Das Posthorn der Skizze symbolisiert das Reichspostgeneralat, das den Fürsten von Thurn und Taxis 1615 verliehen wurde. Mit den beiden anderen Figuren dürften Carl Alexander von Thurn und Taxis und die schwangere Fürstin, vielleicht auch Kloster bzw. Schloß Neresheim angedeutet sein. 145 Bänkelsänger] derjenige, welcher auf den Gassen von hölzernen Bänken allerley Mordgeschichten absinget 〈...〉 Figürlich und in ver-
ächtlichem Verstande, ein schlechter Dichter, der sich ein Geschäft daraus macht, gemeine Gegenstände auf gemeine Art zu besingen (Adelung I, Sp. 718).
868
Zu Nr. 457
145–147 das Fragment vom Einsiedel 〈...〉 soll tano an Kohler, 3. Juni 1806: Der einzelne Vers
Hand anlegen]
Vgl. Bren-
Da droben auf dem Hügel Wo die Nachtigall singt Da tanzt der Einsiedel Daß die Kutt in die Höh springt ist schon wehrt, daß man sie auf dem Altar verehrt (DjB Nr. 1253) – von Brentano geliebte Verse, die er vmtl. im Dezember 1801 in Jena von Kohler kennengelernt hatte, mit dem er damals bekanntgeworden war. Sie sind die Eingangsstrophen der Lieder Einsiedler und Der verwandelte Einsiedler im dritten Band des Wunderhorns, beide von Brentano ausgestaltet. Auch zitiert am Ende von Brentanos Geschichte 〈...〉 des ersten Bärnhäuters in der Zeitung für Einsiedler (Nr. 25 vom 25. Juni 1808), in Arnims Erzählung Owen Tudor (Arnim/W IV, S. 170) und vor allem in Brentanos Brief an Arnim von etwa 5. März 1808 mit dem Vorschlag, mit einer Variation des Motivs die Titelvignette der Zeitung für Einsiedler zu gestalten. Aus dem folgenden Brief Brentanos an Arnim von Mitte März 1808 geht hervor, weshalb der tanzende Einsiedler für ihn eine wesentliche Identifikationsfigur war. (Vgl. WAA XXXIII.) Vgl. – mit weiteren Rezeptionszeugnissen – Rölleke in FBA IX/3, S. 39–44. 147–148 Karethen Croia] Vmtl. Kärnten und das südlich anschließende Krain. 148 Windisch Gratz] Ca. 80 km südlich von Graz (Slovenj Gradec). 148 Pagliarutschi] Daß Brentano an einen Träger dieses Namens geschrieben hat, ist nicht bekannt; nicht in den Adressenlisten des Wunderhorn-Materials (FBA IX/3, S. 658–662). 149 Haarsiebmacher] Hersteller von Haarsieben: aus Roßhaaren gewebt, zum Sieben feiner Gegenstände oder zu Formen für Papiermacher. (Vgl. DWb X, Sp. 38.) 149 Crampagnia] Daß Brentano an einen Träger dieses Namens geschrieben hat, ist nicht bekannt; nicht in den Adressenlisten des
Wunderhorn-Materials
(FBA IX/3, S. 658–662).
151
bei verschiedenen Männern angeknüpft]
Vgl. DjB Nr. *1202, *1203,
*1204, *1219, 1231.
In mehrere Schweizer Wochenschriften 〈...〉 Anzeige deswegen gedrukt.] Daß eine entsprechende Anzeige erschien, ist unwahrscheinlich.
153–154
In den deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften des Jahrgangs 1806, die für Recherchen zur vorliegenden Ausgabe eingesehen wurden, konnte eine Auf-
869
Zu Nr. 457
forderung zum Sammeln von Volksliedern nicht ermittelt werden, nicht einmal in der Kurfürstlich privilegierten Wochenschrift für die Badischen Lande, die Brentanos Heidelberger Bekannter Aloys Schreiber herausgab und an der Brentano zunächst intensiv mitarbeitete. Vgl. Seckendorf an Brentano, 8. Juli 1806: in den öffentlichen Blättern schweigen die Anzeigen (DjB Nr. 1275.A). 158–159 Ein Student von Speier 〈...〉 Lieder überreicht] Johann Wilhelm Müller, in Heidelberg immatrikuliert am 15. November 1805 als theol. cand., von Speyer (Toepke 1903, S. 392). Er ist der 1808 in dem Konzept einer Danksagung zum Wunderhorn genannte H. Müller in Speier (FBA IX/3, S. 407). Seine Lieder-Handschrift ist nicht identifiziert. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 845–848.) 161 Der alte Elwert schrieb mir soeben] Der Brief (DjB Nr. *1245) ist nicht überliefert. 165–173 Ich habe seit langer Zeit 〈...〉 Vaters Klage.] Das Brief-Zitat ist vmtl. fingiert und Brentano selbst zuzuschreiben, der auch das Gedicht Vaters Klage verfaßt haben dürfte, wie insbesondere aus Elwerts Antwortbrief gefolgert werden kann, in dem es heißt: Euer Liedchen, das Ihr mir mitteiltet, ist recht lieblich und für mein trübes Gemüt willkommen. (DjB Nr. 1262; vgl. Erl. dazu.) 176 Berkach] Ehemaliges Kirchdorf, heute Stadtteil von Groß-Gerau-Dornberg. 189 Veiel] Veil: Veilchen, jedoch auch für andere Pflanzen und den mit Veilchen bewachsenen Rasen. (Vgl. DWb XXV, Sp. 41f.) 224–226 wenn du Reichard oder Luisen 〈...〉 bätest 〈...〉 zuschicktest] Arnim und Louise Reichardt kamen Brentanos Anregung nach, und am 1. Juli 1806 konnte Arnim ihm aus Giebichenstein die Vertonung von Elwerts Gedicht mit weiteren Kompositionen von Gedichten Brentanos schicken. (Vgl. Nr. 466,17–20.) Sie erschienen um 1819 in Louise Reichardts Sammlung XII
Gesaenge mit Begleitung des Fortepianos. Componirt und ihrer jungen Freundin und Schülerin Demlle Louise Sillem zugeeignet. Drittes Werkchen. Hamburg o.J. (Vgl.: Mallon 1926, S. 76; Raich 1981, S. XXI [Titelangabe und Erscheinungsjahr, ohne Hinweis auf die Komposition von Elwerts Gedicht].) 227 einen Brief für ihn beilegtest] Arnim scheint Nr. 466 keinen Brief für Elwert beigelegt zu haben. 228–229 Sohn des Kriegsrath Merk 〈...〉 die Göthschen Briefe in Trages lasen] Arnim und Brentano werden während ihres Trages-Aufenthalts im Herbst 1805 Briefe Goethes an Johann Heinrich Merck zu lesen bekommen
870
Zu Nr. 457
haben, die ihnen dessen Sohn Wilhelm anvertraut hatte, der seit August 1804 Assessor beim Oberforstkollegium in Darmstadt war. 229–230 Lieder aus seines Vaters Nachlaß geschickt] Wilhelm Merck hatte Brentano mit einem nicht überlieferten Brief von vmtl. Ende Mai 1806 (DjB Nr. *1246) – nach einer Recherche Harry Schewes (Schewe 1932, S. 127f.) – »ein (nachträglich) gebundenes und ein loses 8°-Heft« mit Liedaufzeichnungen geschickt. Die seinerzeit im Nachlaß Varnhagen verwahrten Hefte sind inzwischen nicht mehr auffindbar. »Die Blätter haben zum Inhalt Übersetzungen aus dem Englischen (von Herder und Merck), Herdersche Gedichte und eine Anzahl deutscher Volkslieder, darunter Abschriften aus Paul von der Aelst und vier der elsässischen Lieder Goethes.« (Ebd.) 231 An Kosegarten 〈...〉 zu schreiben] Daß Arnim an den mit mehreren Veröffentlichungen (u. a. Poesieen [3 Bde., 1798–1802], Blumen [1801], Legenden [2 Bde., 1804]) literarisch hervorgetretenen Pfarrer Ludwig Theobul Kosegarten in Altenkirchen (Rügen) geschrieben hat, ist unwahrscheinlich, Kosegarten als Beiträger zum Wunderhorn nicht bekannt. 232–236 Die Riepenhausischen Umrisse zu Tieks Genoveva 〈...〉 in Frankfurt überraschten sie mich] Bei dem Frankfurter Verleger Johann Friedrich Varrentrapp erschienen vierzehn Radierungen der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen zu Tiecks Leben und Tod der heiligen Genoveva (1799) mit einem von Christian Schlosser verfaßten Kommentar. Mit den Radierungen vollzogen die Brüder Riepenhausen, die 1804 zum Katholizismus konvertiert waren, ihre Hinwendung zu einer christlichen Kunstauffassung. Als Brentano im Sommer 1805 in Frankfurt die noch unveröffentlichten Radierungen gesehen hatte, war er noch beeindruckt: Schöneres, rührenders feiner gedacht und vollendet habe ich nie ein neues Kunstwerk gesehen (an Sophie Brentano, 16. August 1805; DjB Nr. 1131). 242 a la Ugolino] Ugolino della Gherarde´sca, verhaßter Herrscher der Ghibellinen in Pisa, 1288 mit zwei Söhnen und zwei Enkeln von seinen Feinden gefangengenommen und einem qualvollen Hungertod im Turm ausgesetzt. Vor allem bekannt durch Dantes Inferno (32. Gesang, V. 124–139; 33. Gesang, V. 1–90): Nachdem die Jungen vor ihm gestorben sind, kann er sich nicht enthalten, von den Leichnamen zu essen. In der Hölle ist er dazu verurteilt, seine Zähne ins Gehirn des Feindes zu schlagen, der sich die grausame Strafe ausgedacht hat. (Frdl. Hinweis auf die Stelle Peter Staengle, Heidelberg.) 243–244 eine Figur 〈...〉 Hirt über dem toden Golo traurend] Brentano lobt den vorletzten Stich der Serie. Vgl. den entsprechenden Text Schlossers:
Seine Richter tödteten ihn und entflohen. Da kam zufällig der Hirtenknabe her, der ihm das profetische Lied gesungen; er lief neugierig 871
Zu Nr. 457
herzu, kaum erkannte er seinen lieben G o l o wieder. Der lag entseelet da, das Schwerdt im Busen; Gram und Wuth hatten seine sonst so schönen Züge gräßlich zerrüttet. / Der Knabe weinte über den Leichnam und nahm sich vor, weil er ihm doch immer so gut gewesen, wenigstens ein Grab ihm zu bestellen. (Leben und Tod der heiligen Genoveva. In XIV. Platten von den Gebrüdern Franz und Johannes Riepenhausen. Mit beigefügter Erläuterung. Frankfurt/M. 1806, unpag.) 245–246 Die Jüdinn Seligmann von München] Hindele Seligmann, die sowohl Beziehungen zu München als auch zu Heidelberg hatte, war die Frau des bayerischen Oberhoffaktors und königlich-bayerischen Bankiers Aron Elias Seligmann, der aus Leimen (bei Heidelberg) stammte und 1799 von Kurfürst Maximilian Joseph zur Linderung der Finanznöte Bayerns nach München beordert worden war. Sie wird ihren Sohn Bernhard zur Universität Heidelberg gebracht haben; am 1. Mai 1806 wurde er als Student der Staatswirtschaft mit der Bemerkung immatrikuliert:
sein Vater ist Banquier in München (Toepke
1903, S. 399).
246–247 daß Tieck katholisch 〈...〉 sich scheiden lassen] Tieck, der sich vom Sommer 1805 bis Sommer 1806 in Rom aufhielt, wurde weder katholisch noch ließ er sich scheiden, wenngleich er in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts katholisierende Neigungen entwickelte und seine Ehe durch die Liebschaft zur Gräfin Henriette Finck von Finckenstein beeinträchtigt war. 251–252 daß 〈...〉 man ihm ½ Duzzend baumwollene Schnupftücher verehrt] Anspielung auf eine Godwi-Stelle. Vgl. Nr. 443,119–121 und Erl. 252–253 Deinen Kupferstichen 〈...〉 beigepakt folgende Bücher] Brentano hatte Arnim bereits Nr. 449,381–383 mitgeteilt, daß er der von diesem aus der Nachlaßversteigerung des Marburger Mediziners Baldinger erworbenen Kupferstichsammlung mehrere Bücher beipacke. Die Sendung gelangte erst 1808 an Arnim. (Vgl. zu Nr. 425,29–30.) 254 beigefüchte] Frankfurtisch. 255 Heldenbuch] Daß Brentano ein Heldenbuch für Arnim gekauft habe, hatte er ihm bereits Nr. 449,382 mitgeteilt. In der Arnim-Bibl. (HAAB, Sign. B 899) befindet sich die Ausgabe: Heldenbuch, darinn viel seltzamer Ge-
schichten vnd kurtzweilige Historien, von den grossen Helden vnd Rysen, Wie sie so Ritterlichen vmb eines Königs Tochter gestritten haben, Vnd wies jnen zu Wormbs im grossen vnd kleinen Rosengarten ergangen ist: Jetzundt durchauß mit newen Figuren gezieret vnd in vier vnderschiedliche Bücher abgetheilet, deßgleichen zuvor nie Getruckt ist (Frankfurt/M. 1590). 872
Zu Nr. 457
256 Ein Band Miszellen für Widertäuferei] Vmtl. die in der Arnim-Bibl. (HAAB Sign. B 2086) als Sammelband verwahrten 14 Einzelschriften aus dem 16. und 17. Jh. oder ein Teil von ihnen. 257 Homulus tragodi Cölln 1600] Petrus Dorlandus (d. i. Pieter van Diest),
Homulus. Ein sehr schöne Comödi, in der angezeiget wird die Vergänglichkeit deß menschlichen Lebens; mit sonderlichen Fleiß auffs new corrigirt. In der Arnim-Bibl. ist ein Exemplar Köln 1664 überliefert (HAAB Sign. B 948). Brentano hat die Jahreszahl und die Gattungsbezeichnung tragodi vmtl. verschrieben; ein Köln 1600 erschienenes Exemplar ist nicht nachweisbar. 258 Olving Davidi Fastnachsp] Valentin Boltz, Oelung Davidis deß Jünglings vnnd sein Streit wider den Risen Goliath, Basel 1554. (Vgl. Kat. Brentano 1974, S. 44, Nr. 128.) 259 Grobianus von guten Sitten] Grobianus. Von groben Sitten und
unhöflichen Geberden. Erstmals in Latein beschrieben durch Fridericum Dedekindum und jetzunde verdeutschet durch Casparum Scheidt. Frankfurt/M. 1554. Von Sebastian Brant erfundene, von dem Studenten Friedrich Dedekind lateinisch geschriebene und Caspar Scheidt in Reimen übersetzte Satire. In der Arnim-Bibl. überliefert (HAAB Sign. B 894). 260 Fischards Hexenbeschwörung] Jean Bodin, De Daemonomania magorum. Vom Außgelaßnen wütigen Teuffelsheer der Besessenen 〈...〉 durch 〈...〉 Johann Fischart 〈...〉 auß frantzösischer Sprach 〈...〉 in 〈...〉 teutsche gebracht. Straßburg 1581 oder spätere Auflage. Nicht in der ArnimBibl. 261 Bokatius deutsch] Eine Ausgabe von Boccaccios Decamerone: Cento
Nouella Hundert neuwer Historien die einem grosen sterben zu flore[n]tz gesagt wurden, von etlichen kürtzweilige[n] menschen die da vß der stat hin vff das land fluhen ir leben zuerrete[n] vnd da ir ordnung machten ein küng vnd in der zugebiete[n] het was zu froede[n] dient, vn[d] ist wol beglimpfet. Straßburg 1519. CCXXXVI Bl., zahlreiche Illustrationen (Titelholzschnitt, Holzschnitte), 4°. In der Arnim-Bibl. überliefert (HAAB Sign. B gr 3). 262–263 Ano 1477. 4° Apolonius 〈...〉 aus meinem Exemplar] Eine Ausgabe der Historia Apollonii regis Tyri (Geschichte von den Abenteuern des syrischen Fürstensohnes Appolonius von Tyrus), von der Brentano ein Exemplar Augsburg 1471 besaß (vgl. Joseph Matthias Mozler an Brentano, 14. Januar 1806; DjB Nr. 1182 und Erl.). Nicht in der Arnim-Bibl. 264 ein Exemplar von Meisters Beiträgen] Leonhard Meister, Beyträge zur Geschichte der teutschen Sprache und National-Litteratur, 2 Bde. London [d. i. Bern] 1777 sowie Heidelberg 1780. Nicht in der Arnim-Bibl.
873
Zu Nr. 457
in Zwikau 〈...〉 Abschreiben alter Lieder auf der dortigen Schulbibliotheck 〈...〉 vom Bibliothekar zugesagt worden] Die Abschriften
265–267
aus der Ratsschulbibliothek Zwickau sind nicht identifiziert, vielleicht unter den Wunderhorn-Handschriften unbekannter Hand (vgl. FBA IX/3, S. 845–848). Die Zusage hatte Brentano in einem Brief vom 15. März 1806 (DjB Nr. 1214) von dem Altphilologen und Pädagogen Johann August Goerenz erhalten, der Rektor des Lyceums und Direktor der Ratsschulbibliothek in Zwickau war. Brentano war jedoch nicht in Zwickau. 269–271 Fries 〈...〉 hat sein ehmaliges Liebchen 〈...〉 als Frau zurük] Jakob Friedrich Fries heiratete am 22. April 1806 in Allstedt Caroline Erdmann, die Tochter des Allstedter Obersteuereinnehmers und Rentamtmanns Johann Heinrich Erdmann, Schwester seines Jenaer Kommilitonen Wilhelm Christian Friedrich Erdmann. 272 gülden] »als poetische form bis tief ins 19. jh. hinein« (DWb VIII, Sp. 728). 275–278 Hier studiert 〈...〉 Knopf 〈...〉 von Göttingen] Friedrich Carsten Knopff, am 2. Mai 1805 als stud. iur. in Heidelberg immatrikuliert: aus dem
Lüneburgschen, studirte von Michaelis 1797 bis Ostern 1801 Theologie in Gottingen (Toepke 1903, S. 399). Zur Freundschaft mit Winkelmann ist nichts Näheres bekannt. (Schnack 1984, S. 88 fälschlich als Johann Peter Knopf identifiziert.) 278 Solidissimus] Neubildung Brentanos. 289–291 Man müste jezt seine Briefe an verschiedene Studenten 〈...〉 druken lassen] Zufolge Brentanos Brief an Savigny von etwa 8. Juli 1801 (DjB Nr. 476) korrespondierte Winkelmann damals mit etwa 50 bis 60 Studienfreunden allein in Jena. Die Briefe sind großenteils nicht bekannt. 290–291 von Westphalscher Revoluzion] Vgl. Nr. 415,179–181 und Erl. 291 dem grünen Mantel] Vgl. Brentanos Erinnerung, er habe unter dem grünen Mantel Winkelmanns geschlafen (Nr. 449,74–80). 292–293 Göthes 〈...〉 Winkelmann und sein Jahrhundert] Winkelmann
und sein Jahrhundert. In Briefen und Aufsätzen herausgegeben von Goethe (Tübingen 1805); über Johann Joachim Winckelmann. 297 Nouvellen] Nachrichten, Neuigkeiten. 301 meinen Eifer mit der Chemie] Vgl. Nr. 449,144–151. 303 halters man als] Umgangssprachliche Wendung, in der haltersman eine (im DWb nicht belegte) Steigerungsform von halt ist, von dem Nebenformen wie halter, halterig bezeugt sind (DWb X, Sp. 273), und als den »sinn von immer, gewöhnlich, zuweilen« (DWb I, Sp. 247) hat. Vielleicht konvergiert die Bedeutung des adverbialen halt mit der des Substantivs Halter: »derjenige der
874
Zu Nr. 457
zu einem hält«, »auch der fest haltende, in gewahrsam haltende« und »der bei etwas beharrende, etwas ausführende« (DWb X, Sp. 300). 305–306 der alte Herr 〈...〉 ein Hauß zu bauen] Voß verzichtete auf den Hausbau, da wenig später das alte Anatomie-Gebäude der Universität zum Kauf angeboten wurde, das er gegen ein Konkurrenzangebot Brentanos erwarb, mit dem er seitdem verfeindet war. Vgl. Brentanos Brief an das Kuratelamt der Universität Heidelberg vom 12. Juli 1806 (DjB Nr. 1279 und Erl.). 307 deutschen Horatz und Hesiod] Voß’ Übersetzungen Des Quintus Horatius Flaccvs Werke sowie Hesiods Werke und Orfeus der Argonaut (beide Heidelberg 1806). 307 Kurfürsten] Karl Friedrich von Baden. 308–312 Murr 〈...〉 Beschreibung von Wallensteins Ermordung 〈...〉 immer Rindfleisch auflegen mußte.] Christoph Gottlieb von Murr, Die Er-
mordung Albrechts, Herzogs von Friedland. Mit einer Urkunde und zwei Kupfertafeln. Halle 1806; darin S. 34: Er litt sehr an der Gicht, und hatte offene Füße, so daß man den Brand befürchtete. Zu diesem Ende legte man täglich einige Pfunde frischen Rindfleisch über. 310 Podagra] Gicht. 317–318 Vgl. Besonderheiten. 319–320 mit Sophie und Hulda 〈...〉 auf der Walfahrt] Brentano hatte die Wallfahrtskirche zum Heiligen Blut in Walldürn bereits im Herbst 1804 auf seiner Reise nach Berlin besucht. (Vgl. seinen Brief an Sophie Brentano vom 30. Oktober–4. November 1804; DjB Nr. 1014 und Erl.) Über die Wallfahrt im Frühjahr 1806 berichtete das Weimarer Journal des Luxus und der Moden im JuliHeft 1806, S. 456f. in dem anonymen Artikel Die Wallfahrt nach Wallthürn, der mit der Nachricht von der Beteiligung der Brentanos schloß:
Von dem Ausflusse des Neckars. Noch immer dauern die Wallfahrten nach Wa l l t h ü r n – eine lange, heilige, durch Gewohnheit sanktionirte – Mode, fort. Von dem Tage des Frohnleichnamsfestes an, bis 14 Tage nachher, kommen täglich Prozessionen hierdurch von dem Oberrhein und alle den umliegenden Gegenden. Alle Landstraßen sind mit Zügen bedeckt, die im Gehen singend beten. Den Wanderstab, einen Sack mit Lebensmitteln, einen großen Strohhut für die Frauen und einen unbedeckten Kopf für die Männer, so sieht man sie Schaarenweise. Wa l l t h ü r n , wohin sie wallfahrten, liegt im Odenwald. 〈...〉 wie die Legende sagt, hat ein Mönch der Vorzeit den Kelch dort verschüttet, und der geweihete Wein wurde Blut. Der erschrockene Mönch verbarg das Blut unter einem Stein, und erst am Todtenbette, als Niemand mehr ihn fragen konnte, gestand er 875
Zu Nr. 457
sein Vergehn. In einem silbernen Schranke wird nun das Blut bewahrt und während den Tagen der Wallfahrt ist es in einem Tuche sichtbar, das frei über dem Altare hängt. Der Ort ist sehr belebt, wo sich die heilige Menschenmasse bewegt, es ist draussen ein großer Markt, aber ein Markt von heiligen Dingen – Ablaßzettel, Rosenkränze von allen Preisen, Amulette etc. So lächerlich Manchem die Wallfahrt scheinen mag 〈...〉 so eigen ergreifend ist es doch, die glaubige Menschenmenge Paarweise durch die Städte, in der blühenden Natur auf den Landstraßen ziehen zu sehen, ja, ganze Schiffe voll fuhren den Neckar entlang nach Wa l l t h ü r n . 〈...〉 Die Dichterin B r e n t a n o mit ihrer Familie war wirklich da, und gewiß wird sie die erhaltenen Eindrücke der romantischen Partie mit Geist und Gefühl zurückgeben. Gegen diesen Artikel verwahrte Brentano sich im Februar 1807 in einer Replik auf einen weiteren, mißgünstigen Artikel über die verstorbene Sophie Brentano (Hin ist Sie!! In: Journal des Luxus und der Moden, Januar 1807, S. 68–70): Früher haben ich und die Meinige schon mit tiefer Indi-
gnation eine kleine Reise, deren wir unter Freunden gedacht, von ähnlichen Klätschern in derselben Zeitschrift zum Modebericht verwandelt gesehen, und wir haben uns mit der Schwalbe getröstet, von der gesagt wird, daß sie eine Spinne unter dem Flügel ernähre (Warnung vor literarischer Klätscherei unter uns. In: Badische Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände, 20. Februar 1807; zit. nach CB/Werke 1978, Bd. II, S. 1030). 320–321 zu Miltenberg bei H Schwaab] Georg Joseph Anton Schwaab, der von Brentano verehrte Buchhalter des Brentano-Hauses, war 1805 von Frankfurt in seinen Heimatort Miltenberg zurückgekehrt. Vgl. Brentano an Savigny, zwischen 11. und 14. Juni 1806 (DjB Nr. 1256). 321 Savigny ist mit Gundel bereits in Nürnberg] Savigny war am 5. Juni (vgl. Savigny an Creuzer, 4. Juni 1806; Stoll 1927, S. 283) mit seiner Familie von Trages zu einer eineinhalbjährigen Studienreise nach Süddeutschland aufgebrochen, die zunächst nach Nürnberg führte. 322 ich will auch hin] Da am 4. August das neugeborene Kind Savignys und Gundas in Nürnberg starb und Savigny daraufhin Brentano ausrichten ließ, er möge auf einen Besuch verzichten (vgl. Franz Brentano an Brentano, 7. August 1806; DjB Nr. 1302), unterblieb dessen Reise. 324 Morgen 15 Juni gehe ich nach Fft] Vgl. Datierung. 324–325 wo Christian ist, den Gall zu hören] Brentano hatte die Nachricht durch einen Brief Savignys vom 4. Juni erhalten. (Vgl. DjB Nr. 1254.) Gall begann am selben Tag in Frankfurt einen Cours über seine Gehirn- und
876
Zu Nr. 458.P
Schädellehre für Personen beiderlei Geschlechts (Frankfurter Intelligenzblatt vom 3. Juni 1806; Belli 1850, Bd. IX, S. 52). Nach Beendigung des ersten Kurses reiste er am 15. Juni in den Rheingau, und eine Woche später eröffnete er in Frankfurt einen zweiten. (Vgl. Ebstein 1924, S. 297–300.) Man nimmt hier sehr viel Theil an meiner Lehre, schrieb er am 13. Juni an Bertuch (ebd., S. 299), den er Anfang Juli Briefe an Franz Brentano zu adressieren bat (ebd., S. 301). 325–327 Pfarrer Rother 〈...〉 es ist manches dabei.] Johann Wilhelm Röther aus Aglasterhausen hatte bereits am 17. Februar (DjB Nr. 1199) seinen Besuch in Heidelberg angekündigt, um Brentano seine Sammlung zu übergeben. Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 834f. 327–328 Auch der Sohn des Merk 〈...〉 aus Vaters Nachlaß.] Vgl. Z. 229–230 und Erl.
458.P Clemens Brentano Zirkularbrief zur Volksliedersammlung Heidelberg, Ende Mai/1. Juni (Sonntag) 1806 DV: D1. B: −. A: Verschiedene. 1 Dbl. ca. 215 x 171 mm; 1r–2r 2½ bedruckte S.; 2r unter Text Raum für Unterschriften; 2v Raum für die Anschrift; D2, D3 und D4 auf Briefformat gefaltet. − WZ: WEINHEIM. Besonderheiten: Der Verfasser des Zirkularbriefs war Brentano. Da er ihn jedoch im vorausgesetzten Einverständnis Arnims schrieb und auch mit dessen Namen unterzeichnete (vgl. Nr. 457,129–130), wird der Brief auch Arnim zugerechnet. Es wurden 500 Exemplare gedruckt. (Vgl. Nr. 457,155.) »Dies ›ist das erste Mal, daß man sich im Bereiche volkskundlicher Forschung eines Massenaufrufes, des Mediums einer gezielten Briefsendung bedient. Es ist der erste Schritt zu modernen Arbeitsmethoden‹ – diese Worte, mit denen man Jacob Grimms Zirkular über Volkspoesie von 1815 bedacht hat (Nachwort K. Rankes zum Facsimile-Druck, Kassel 1968, S. 9), kommen mit vollem Recht Brentanos Idee und ihrer Durchführung zu. Jacob Grimm wurde nicht nur durch das Wunderhorn-Zirkular zu seinem fast zehn Jahre jüngeren Unternehmen angeregt, sondern auch durch Brentanos Brief vom 8. Januar 1811. / Ursprünglich wollte Brentano die Versendung der Zirkularbriefe durch eine gleichzeitige Anzeigenaktion ergänzen; dazu kam es aber erst Ende 1807« (Rölleke in FBA IX/3, S. 657). Vgl. die von Rölleke edierten drei Adressenlisten im Wunderhorn-Material (FBA IX/3, S. 658–662).
877
Zu Nr. 458.P
Datierung: Aufgrund von Brentanos Mitteilung an Arnim von Ende Mai/1. Juni 1806: Ich habe jezt ein Zirkular wegen Volksliedern drukken lassen, und erwarte es stündlich aus der Drukkerei (Nr. 457,128–129). D1: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,42. D2: Hessisches Staatsarchiv Marburg, Bestand 340 Justi, Nr. 226. 2r Unterschriften und 2v Anschrift von der Hand Brentanos. – Fotokopie: UB Marburg Hs. 805,5. D3: Zentralbibliothek Zürich, Ms M 1.203. 2r Unterschriften und 2v Anschrift von der Hand Brentanos. (Mit Brentanos Brief an Leonhard Meister vom 8. August 1806; DjB Nr. 1304.) D4: Stadtbibliothek Schaffhausen, Ministerialbibliothek, Johann-Georg-MüllerNachl. 190/100. 2r Unterschriften und 2v Anschrift von der Hand Brentanos. D5: Steig 1894, S. 177f.; nicht näher datiert. D6: FBA VIII, S. 350–352; nicht näher datiert. D7: FBA XXXI, S. 530–532 (Nr. 444); datiert: um den 20. Mai 1806. D8: Kat. Venator & Hanstein 58, Nr. 2546, S. 325 (TD), im Abbildungsteil S. 159 Faksimile von 2r; nicht datiert.
Varianten (H Brentanos) 〈D2:〉 2
r
2v
Adresse Clemens Brentano Heidelberg
Clemens Brentano Lud. Achim von Arnim
Herrn Professor Justi Marburg. 〈D3:〉
2
r
2v
Adresse Clemens Brentano in Heidelberg
Clemens Brentano Lud. Achim von Arnim
P. P. 〈D4:〉
1
r
P. P. 878
Zu Nr. 459
Adresse Clemens Brentano in Heidelberg
Clemens Brentano Lud. Achim von Arnim
Erläuterungen 16 frische Morgenluft altdeutschen Wandels] Aus Arnims Nachschrift an den Leser am Schluß des ersten Bandes des Wunderhorns (FBA VI,443,10–11); bereits von Docen in seinem Brief an Brentano vom 2. Februar 1806 (DjB Nr. 1189) hervorgehoben. 29–30 welche die Kunstsprache mit dem Namen Romanze, Ballade bezeichnet] Ähnlich bereits in Arnims Voranzeige zum ersten Band des Wunderhorns vom 21. September 1805: wie sie die Neueren unter den Namen: Romanzen und Balladen begreifen (FBA VIII,343,6–7). 49–50 deutscher Art und Kunst] Nach dem Titel der von Herder 1773 herausgegebenen Sammlung Von deutscher Art und Kunst. 54–56 in der Jenaischen Literaturzeitung den 21sten Jenner 1806. Nr. 14, und 15.] Goethes Rezension, erschienen am 21. und 22. Januar in den Nummern 18 und 19.
459.
Von Bettina Brentano nach Berlin Trages und Frankfurt, 3. und 10. Juni 1806, Dienstag und Dienstag
DV: H. B: Nr. 445, 452. A: Nr. 467. H: FDH 7390. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) je ca. 236 x 193 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; vmtl. 2x längs, 2x quer gefaltet. − I: leicht beschmutzt, aoR verknittert und eingerissen; II: dünn, verknittert, verschmutzt, aoR braune Flecke, Ränder beschädigt. − WZ: I: 1801 BLOXAM & FORDRINER LONDON II: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 140 2v auRr: 7390 3v auRr: 7390. Datierung: Datierungskriterium des Briefanfangs ist Bettinas Mitteilung, Gall werde in Frankfurt morgen seine Vorlesungen beginnen. Das war der 4. Juni. (Vgl. zu Nr. 457,324–325.) D1: Steig 1912, S. 269–271; TD D2: Steig 1913, S. 26–31; als zwei Briefe ediert.
879
2r
Zu Nr. 459
D3: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D4: Betz/Straub 1986, S. 56–60 (Nr. B5), S. 60–63 (Nr. B6); als zwei Briefe ediert.
Varianten 14 in kaltem] aus in 〈xxx〉 28 wegziehen] z aus s 40 recht] danach gestr. 〈xxx〉 46 Sie] danach gestr. es 51 Claudinens] C aus K 54 sieht] danach gestr. sich 55 Kränklichkeit] aus Krankheit danach 55 entstand] a aus ä 80 in] n aus m 86 Schlaf] la aus gestr. 〈x〉 〈xxx〉 93 Die] ie aus 〈xx〉 95 was] w aus h 100 gemahlt] m aus s 105 mich] danach gestr. als ein 116 Zuversicht] v aus s 116 auf 129 da] a aus 〈x〉 129 hier] aus 〈xxx〉 136 alles] Gott] üdZ eing. danach gestr. was 167 einer] danach gestr. 〈x〉 172 essen, und] danach gestr. de 177 da] aus darinn 185 es] aus 〈xx〉 187 umher] r aus h
Erläuterungen 2 Verdeutigung] Verteidigung. 7 Abreise] Vgl. Datierung von Nr. 448. 7 den alten Thurm] Ein zum Marburger Forsthof gehörender ehemaliger Wachtturm, als Bettinascher Aufenthalts- und Begeisterungsort mehrfach emphatisch in dem Buch Die Günderode erwähnt und dadurch als Bettinaturm bekannt. (Vgl. Schnack 1974, S. 430–432.) 9 Feldberg] Höchste Erhebung des Taunus. 9–10 den auch Sie 〈...〉 sahen] Während Arnims Frankfurt-Aufenthalt im Spätsommer und Frühherbst 1805, als er im Englischen Hof wohnte. 44–46 in der Braunschweiger Zeitung 〈...〉 Winkelmann 〈...〉 seinen Trepas erreicht hat] Vgl. zu Nr. 449,61–63. Trepas: tre´pas (frz.): Hinscheiden, Tod. 50–51 Gall 〈...〉 wird morgen seine Vorlesungen dort anfangen] Vgl. zu Nr. 457,324–325. 54 Lumen] (lat.) Licht. 62–64 Dem Clemenz 〈...〉 Schwung ins Possige] Ein entsprechender Brief Bettinas an Clemens ist nicht bekannt und erübrigte sich vielleicht, da Savigny den Bruder am 4. Juni informierte (DjB Nr. 1254). Der reiste Mitte Juni nach Frankfurt und lernte dort Gall kennen, über den er seiner Frau am 20. und 29. Juni berichtete (DjB Nr. 1259 und 1266).
880
Zu Nr. 459
64 Cristian wird wahrscheinlich kommen] Christian Brentano, der von Marburg nach Frankfurt kam, hatte Wuth für Gall (Clemens Brentano an Savigny, vmtl. zwischen 18. und 20. Juni 1806; DjB Nr. 1258) und war leidenschaftlich für Gall (Clemens Brentano an seine Frau Sophie, 20. Juni 1806; DjB Nr. 1259). 66–69 Savigny 〈...〉 nach Nürnberg 〈...〉 Hoffnung abzuwarten] Savigny und Gunda brachen am 5. Juni von Trages nach Nürnberg auf, wo das neugeborene Kind am 4. August starb. 84 Froschteig] teig nach Frankfurter Aussprache. 89–90 von Cassel und der Bildergallerie] Vgl. Nr. 435,52 und Erl. 105 der Apoll] Übergroße gut erhaltene Kopie einer römischen Marmorstatue aus dem 2. Jh nach einem verschollenen griechischen Bronzeoriginal; 1776/77 von Landgraf Friedrich II. erworben und seit 1779 im Museum Friedericium ausgestellt. (Vgl. Gercke 1991.) 128 Sporflecken] Schimmel- oder Moderflecken. (Vgl. DWb XVI, Sp. 2678.) 143 Familien Convent] Vgl. Nr. 452,15 und Erl. 145 Toni und Marie 〈...〉 Familie zu vermehren] Schwangerschaften Antonia Brentanos, der Frau des Bruders Franz, mit Franziska (geb. 26. Juni) und Marie Brentanos, der Frau des Bruders Georg, mit Sofie (geb. 5. September). 146–147 Franz hat einen Garten 〈...〉 Zuckerbäcker] Franz Brentano mietete den Garten von dem Frankfurter Konditor und Sammler Johann Valentin Prehn. Vgl. Brentanos Bericht an Arnim vom 16. Juli 1806 (Nr. 469,95–101 und Erl.). 155–156 Eine Löwen Grube 〈...〉 Daniel darinn] Vgl. Stücke zu Daniel 2,33. 156 Anton] Anton Maria Brentano, der als einfältig geltende Bruder. 174 Virgils Grabmal] Die Authentizität des Vergilschen Grabmals bei Neapel ist nicht verbürgt. Eine Nachbildung wurde 1775 in Wilhelmshöhe bei Kassel errichtet (Kegelstumpf auf würfelförmigem Unterbau), und diese wird im Prehnschen Garten imitiert worden sein. 181 Antichambre] Vorzimmer. 182 Schorstein] Ältere Form von Schornstein; Schorn ist von schorren (hervorragen) abgeleitet. (Vgl. DWb XV, Sp. 1579.) 188–189 Bockenheimer Thor] Frankfurter Stadttor nach Bockenheim. 196–197 Vor 8 Tagen 〈...〉 Briefe Göthes 〈...〉 an F: v: Laroche 〈...〉 meiner Mutter] Bettina hatte von ihrer Großmutter Sophie von La Roche in Offenbach die Briefe zu lesen bekommen, die der junge Goethe an diese schrieb, nachdem er sie in Ehrenbreitstein als Gattin des kurtrierischen Kanzlers Georg Michael Anton von La Roche kennengelernt und sich in deren Tochter
881
Zu Nr. 459
Maximiliane verliebt hatte. Bettina erhielt insgesamt 42 Goethesche Briefe und Billetts und nahm von ihnen doppelte Abschrift: »die eine auf lauter feinen Einzelquartblättern, die 40 Nummern enthält, und die zweite, die auf gröberem Papier hintereinander fort, zum Teil mit Blei, 42 Nummern bietet. Die 42 Stücke nebst dem Manuskript Salomos Königs von Israel und Juda güldene Worte von der Zeder biß zum Issop lieh Bettina 〈...〉 Fritz Schlosser in Frankfurt, der sich ebenfalls mit eigner Hand Abschriften anfertigte.« (Steig 1910, S. 323; ebd., S. 323–327 zur weiteren Überlieferung und zum Verhältnis der Abschriften zueinander.) 197–198 ein Gedicht 〈...〉 Gottes Wort nachahmend] Salomos Königs
von Israel und Juda güldene Worte von der Zeder biß zum Issop (1774/75). Teilveröffentlichung in Arnims Heidelberger Zeitung für Einsiedler, Nr. 4 vom 12. April 1808. 203 Ist mein Johann von Leiden 〈...〉 angekommen] Bettinas mit Nr. 448 vom 25. April geschickte Abschrift einer Wiedertäuferbroschüre. Arnim dankte am 14. Juni (Nr. 461).
*460. An Hans von Schlitz in Karstorf Berlin, etwa 10. Juni 1806, Dienstag B: −. A: −. Datierung: Terminus post quem ist Arnims Rückkehr von seiner mecklenburgischen Reise nach Berlin, Terminus ante quem der 14. Juni als Datum seines Briefes an Brentano, in dem die zitierte Mitteilung steht. Der genaue Rückkehrtermin ist nicht bekannt, vmtl. gegen Ende des ersten Junidrittels.
461.
An Bettina Brentano in Frankfurt Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend
DV: H. B: Nr. 448. A: −. H: FDH 7225. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 228 x 188 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 1x längs, 3x quer gefaltet. − II: dünn, grau. − WZ: I: Jan Kool. II: Bekrönter Posthornschild, I. HONIG & ZOONEN. Beilagen: Louise Reichardt, XII Deutsche und italiänische Gesaenge mit
Begleitung des Piano-Forte componirt und Ihrer Durchlaucht der Her882
Zu Nr. 461
zogin Mutter Anna Amalia von Sachsen Weimar und Eisenach aus reiner Verehrung zugeeignet (Berlin 1806). Als Notenbüchlein erwähnt Z. 43. Daß es Beilage war, geht deutlicher aus Arnims Brief vom 12. Juli (Nr. 467,30–31) hervor; die Gesaenge enthalten drei Vertonungen von Liedern in Ariel’s Offenbarungen: Lilie, sie mich; Wenn ich gestorben bin; Ist Lerchenklang am Bergeshang (vgl. Mallon 1925, S. 23). Fremdeinträge: 1r aoRl: 141 2v auRr: 7225. D1: Steig 1913, S. 31–33. D2: Betz/Straub 1986, S. 63–66 (Nr. A7).
Varianten 6 Feder] danach gestr. in der Hand 40 46 toll] t aus v 61 ihm] aus 〈xxx〉 71 74 werden] üdZ eing. 85 Ihr] aus 〈xxx〉
ist] i aus s 43 Sie S aus s wunderbarer] barer aus 〈xxx〉
Erläuterungen 4 lieber Mahler Müller] Anspielung auf die Beischrift der Kopie des Holzschnitts mit dem Bild Johann von Leydens, die Bettina mit ihrer Abschrift einer Wiedertäuferschrift aus Savignys Bibliothek geschickt hatte: M. Müller fec. 1806. (Vgl. Nr. AII.24.A.) Zugleich Anspielung auf den Dichter-Maler Friedrich Müller, genannt Maler Müller. Mit der Anrede spielte Arnim auf die »Vereinigung von Schrift und Zeichnung« (Steig 1913, S. 31) an. 5 sehr glücklichen Hand] Der Abschrift der Wiedertäufer-Schrift. 7 schämerlich] Verschämt. (DWb XIV, Sp. 2114 belegt: schämerig, schamerig). 8–9 ob mein Johann von Leiden 〈...〉 hervorgeht] Arnims Dramenfragment Johann von Leyden, betitelt nach dem gleichnamigen Wiedertäufer, blieb Fragment. 14 eine Stille] »die stille menschlicher räume und wohnungen 〈...〉, weniger als eigentliche ›lautlosigkeit‹, denn als die in ihnen herrschende atmosphäre« (DWb XVIII, Sp. 2996). 17 dahlen] »kindische, läppische dinge reden und thun, verliebt tändeln« (DWb II, Sp. 696). 20–21 In Karsdorf 〈...〉 ein Engländer mit mir über] Vgl. Nr. 454,26–31. 21–22 Kapereien der Engländer gegen uns] Vgl. Nr. 445,69–70 und Erl. 38–39 Alexander den Homer 〈...〉 unter den Kopf] Zufolge der AlexanderBiographie Plutarchs (8. Abschnitt) legte Alexander der Große ein Exemplar der Ilias und seinen Dolch unter das Kopfkissen.
883
Zu Nr. 461
39–40 ein gut Gewissen 〈...〉 Ruhe kissen] Sprichwort. Vgl. Wander I, Sp. 1669, Nr. 98. 43 dies Notenbüchlein] Vgl. Beilagen. 48 Scheerwerk mit Schnüffelaccompagnement] Scheerwerk vmtl. im Sinn von Scharwerk: eine Arbeit, zu der man verpflichtet ist, Frondienst. (Vgl. DWb XIV, Sp. 2230.) Begleitet von Schnüffeln vmtl. »in spöttischem sinne oder auch mit stärkerer miszbilligung der kleinlichen neugierde oder der bösen absicht« (DWb XV, Sp. 1385). 49 wie Circe die edelsten Helden verwandelte] Die Zauberin Kirke (lat. Circe) verwandelte Odysseus’ Gefährten in Schweine. (Odyssee X,230–243.) 52–54 Privattheater 〈...〉 Tod Winkelmanns] Vgl. Nr. 455,36–46. 54–55 den Sie wahrscheinlich früher läuten hörte] Vgl. Nr. 459,44–49. 58–59 ein Hygrometer 〈...〉 Kapuziner die Kappe abzieht und aufsetzt] Messungen mit dem 1775 erfundenen Hygrometer (Feuchtigkeitsmesser) dienten zu Wettervorhersagen, insbesondere von Regenfällen. Arnim spielt auf die Wechselhaftigkeit der Messungen und den häufigen Wechsel von Regen und Nichtregen an. Dabei rekurriert er auf den Gebrauch von Kapuziner-Figuren als Wettermännchen, wie Brentano eine in Heidelberg im Fenster stehen hatte. Vgl. Nr. 406,33 und Erl. 63–65 in einer Auswahl 〈...〉 in unsern Liederbrüdern ein Denkmahl zu setzen] Bereits Brentano mitgeteilte, jedoch nicht realisierte Absicht. Vgl. Nr. 455,55–58 und Erl. 65–66 die Steine gestrichen und gebrannt hat] Nach 1. Mose 11,3 (Turmbau zu Babel): Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, laßt uns Ziegel
streichen und brennen! 73 seiner Schule] Vgl. Nr. 455,63 und Erl. 76 Planen] Um 1800 übliche, nicht umgelautete
Pluralform. (Vgl. DWb XIII, Sp. 1886.) 81 sein Todesbothe] Der Braunschweiger Roemer. Vgl. Nr. 455,42–46. 85 Meßgeschenk] Anläßlich der Herbstmesse 1805, als Arnim in Frankfurt war.
884
Zu Nr. 462
461.E An Bettina Brentano in Frankfurt Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend DV: H. B: Vgl. Nr. 448. H: Vgl. AIII, 18v, 1 S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. Nr. 461.
462.
An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 14. Juni 1806, Sonnabend
DV: H. B: Nr. 449, 457. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 167r–170v. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 330 x 224 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 4 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß, 4v Siegel. − WZ: I + II jeweils Anker (linkes Bl.) und Tannenbaum (rechtes Bl.). Beilagen: Nr. 455. Fremdeinträge: 1r aoRl: 504, aoRr: 167, Steig: 1806. 2r aoRr: 168 3r aoRl: 504, aoRr: 169 4r aoRr: 170 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 8 wird Arnims Trinklied eines alten Junggesellen mit Melodie von Zelter als Beilage zu dem Brief klassifiziert. Es ist UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 171r–171v im Zusammenhang mit dem Brief überliefert (vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 63), kommt jedoch aufgrund der Faltung als Beilage nicht in Betracht: das 352 x 208 mm große Bl. war 1x quer gefaltet. Im Brief und auch im sonstigen Arnim-Brentano-Briefwechsel des Jahres 1806 wird das Trinklied eines alten Junggesellen nicht erwähnt, Kontakt Arnims zu Zelter ist erst für das Jahr 1810 belegt (vgl. Arnim an Bettina, Berlin, 8. April 1810; WAA XXXIV). Zu zwei weiteren Handschriften vgl. Ricklefs 1980, Nr. 1454 (mit der auf Kat. Henrici 149, a.a.O. zurückgehenden Annahme, die Heid. Hs. sei Beilage zu dem Brief). D1: Steig 1894, S. 180–182 (TD). D2: Kat. Henrici 149, Nr. 170, S. 69 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I,. S. 397–404 (Nr. 82); mit dem Trinklied eines alten
Junggesellen. 885
Zu Nr. 462
Varianten 11
schöne] aus Bade 13–14 Studenten] d aus m 17 Engel] En aus 42 wie] über gestr. und hätten 44 und mit] mit üdZ eing. 56 als] aus das 63 haben] h aus a 65 treulich] tr aus ge 68 ihnen] üdZ eing. 74–75 der vornehme 〈...〉 Diarrhöe] üdZ eing. 76 dann] üdZ eing. 77 Bärwalde] über gestr. einem Gut 84 mei85 manche] Schluß-s gestr. 85 der Anzeigen] üdZ nen] m aus 〈x〉 eing. 86 er geht bald nach Petersburg] üdZ eing. 87 in] aus 〈xx〉 95 Entniebelung] nie aus 〈xxx〉 96 Heldenbuch] Hel aus Nieb 103 verwischt] w aus f die
Erläuterungen 2 Sackerment] Schelmuffsky-Reminiszenz. Vgl. Nr. 425,66 und Erl. 3 deine Wälder] Bezug auf die von Brentano eingangs von Nr. 449 variierten Luther-Verse. 4 Pachtübergaben] Das Arnimsche Ländchen Bärwalde war bis Juni 1806 an Christlieb Gotthelf Hin(t)ze verpachtet. (Vgl. Nr. 362,45–48 und Erl.) Neuer Pächter von Juni 1806 bis Juni 1812 wurde August Leberecht Traugott Birkner. (Vgl. den Pachtvertrag mit Nachträgen BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 37, Nr. 1682.) In einer Arnimschen Niederschrift heißt es: Das Ländchen Beerwalde hat zu
allen Zeiten als es in der Generalpacht des Oberamtmann Fuss war 7000 Reichsthaler exclusive Reservate 7000 Reichsthaler Pacht gegeben und in den leztern Jahren 7500. 1804 übernahm es der Oberamtmann Hintze und gab 9000 Reichsthaler. Durch seinen Tod kam es in die Hände des Oberamtmann Birkner 1806, der dieselbe Pacht zahlte. Die Kriegsjahre indessen machten den Wehrt dieser so wie aller Güter fallen und ich einigte mich mit Herrn Birkner über dessen Abzug 1811 nach Zahlung eines gewissen Abstandsgeldes. Da ich mich indessen mit mehrern Pächtern nicht einigen konnte, so blieb derselbe noch ein Jahr und zahlte für dieses Jahr 6000 Reichsthaler. (BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 37, Nr. 1681.)
7 7
Bey Hahn war noch einmal Comödie] Vgl. Nr. 455,37–45 und Erl. Weiber∧ehre von Ziegler] Friedrich Wilhelm Ziegler, Weiberehre. Ein Sittengemählde des dreyzehnten Jahrhunderts in fünf Aufzügen (Wien
1793).
8–9
Nachher reiste ich an die Ostsee] 886
Vgl. Nr. 454,397–405.
Zu Nr. 462
9–10 wiedertaufen] In dem Wort kommt Arnims Beschäftigung mit dem Wiedertäufer-Dramenfragment Johann von Leyden zum Ausdruck. 10–11 Dobberan 〈...〉 neue Badeanstalten] Vor den Toren von Bad Doberan, der Sommerresidenz des Herzogs Friedrich Franz I. von MecklenburgSchwerin, war 1793 das erste deutsche Seebad, Heiligendamm, eröffnet worden. Vgl. den Reisebericht Durchflüge durch Mecklenburg 〈...〉 Dobberan in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Nr. 78 vom 29. Juni 1805, Sp. 622: Was den Auffenthalt in Dobberan uns und andern noch ange-
nehmer macht, ist der freie ungebundene Ton der Gesellschaft, die Entfernung aller Art von Absonderungen der Stände, die in andern Badeorten den Gast zwängen und engen, dem der freie Umgangston mehr behagt und anzieht. Der regierende Herzog ist der Tonangeber – oder vielmehr Schöpfer dieser zwanglosen Umgangsweise und Annäherung aller zu gemeinsamen〈!〉 Zweck der Erholung, Genesung, Belustigung versammelten Gäste. Das Hutabnehmen z. B. ist abgestellt. An der Table d’Hote, wo der Herzog und ein großer Theil des mecklenburgischen und fremden Adels mitspeist, sitzt alles durcheinander, so wie bei den Bällen kein Standes- und Rangsunterschied gilt noch geduldet wird. Mancher Exzellenz und Hochadelichkeit beides Geschlechts ist dieß freilich nicht zu Sinne; aber – il faut se soumettre! der echte Kosmopolit und Freiheitsfreund freut sich der Bemerkung: Principis ad exemplum totus componitur orbis. – Die ganze hier lebende Welt folgt dem Beispiele des humanen Fürsten, und wer nicht mit Freude folgt, muß sich fügen. 11–13 Rostock 〈...〉 Spielbänke, Wachsfiguren und Policinello] Vgl. den Reisebericht Durchflüge durch Mecklenburg. Rostocker Pfingstmarkt in der Leipziger Zeitung für die elegante Welt, Nr. 78 vom 29. Juni 1805: Den großen Marktplatz umfassen außer dem Rathhause verschiedene ansehnliche Gebäude: das K ö h l s c h e Hotel 〈...〉 das Hotel de Russie 〈...〉 andre Privathäuser, in welchen bedeutende Gold- und Silberbanken gehalten werden. – Mit Buden aller Art und Inhalts ist der Markt bepflanzt. In einigen wird Kleinkrämerei getrieben, in andern werden theatralische Künstlichkeiten ausgestellt und schaugegeben. Wilde Thiere und verwilderte Menschen, Esquimaux und Drahtpuppen bei Trommelschall und Schallmeigetön. Ein Seiltänzer schwingt sich zwischen zwei Pfählen in der Luft, und macht, mit den Füßen am Seil hängend, zum lasttragenden Thiere andre Thiermenschen. 〈...〉 / die portative Bude des Polichinell Direkteurs nicht zu vergessen (Sp. 621). Sowie Nr. 454,412–420. – Der Polichinelle ist eine französische Abwandlung der Figur des komischen Dieners (Pulcinella) aus der Commedia dell’arte.
887
Zu Nr. 462
15–16 Onkel 〈...〉 Tante] Hans und Louise von Schlitz. 16–17 daß Engel so hart 〈...〉 so weitläuftig sind] Anspielung auf Caroline Engelhards distanzierte Haltung zu dem sie begehrenden Friedrich Christian Kries (vgl. zu Nr. 386,4–8) und auf deren von Brentano Nr. 457,74–78 mitgeteilte Absage auf das von Arnim vermittelte Angebot, bei Louise von Schlitz eine Stelle als Hausdame anzutreten. 20 wegen der Sailern 〈...〉 an den Onkel geschrieben] Wegen der von Brentano im Bezugsbrief vorgeschlagenen Dorette Seidler. Arnims Brief an Hans von Schlitz ist nicht überliefert (Nr. *460). 20–21 mit der Piautaz] Mit der von Brentano im Bezugsbrief ebenfalls vorgeschlagenen Louise Piautaz. 22–23 drey freundlichen Schwestern] Die in Arnims Brief an Brentano vom 12. März erwähnte Luise Bose und deren Schwester, verh. von Jasmund, sowie eine weitere Schwester oder Schwägerin. (Vgl. Nr. 429 [Besonderheiten] und Korrespondenten.) Vmtl. war die Begegnung mit den Schwestern eine autobiographische Anregung für Arnims Erzählung Die drei liebreichen Schwestern
und der glückliche Färber. 25 Boitzenburg 〈...〉 Grafen Arnim]
Das uckermärkische Boitzenburg liegt
etwa 20 km südwestlich von Prenzlau, mit einem Schloß, das dem Grafen Friedrich Abraham Wilhelm von Arnim-Boitzenburg gehörte, einem Schwager und Freund des Freiherrn vom Stein.
28
Ruinen eines alten Stiftes]
Überreste eines um 1280 gegründeten Zi-
sterzienserklosters.
28 eine Meile] 1 preußische Meile: 7,532 km. 29 Bergstrasse] Am Westhang des Odenwaldes, von Bessungen bis Heidelberg, »führt durch eine der gesegnetsten Gegenden Deutschlands« (MGKL II, S. 685). 30 in Geschäften] Wegen der vom Vater geerbten uckermärkischen Güter. 30 auf dem Wasser] Im Süden Prenzlaus liegt der Unteruckersee. 31 Quitarre] Im DWb nicht belegte Schreibweise, um 1800 vorherrschend Guitarre. 32 graulich] Als Nebenform zu greulich u. a. in der Bedeutung »furchtsames schaudern erregend« belegt (DWb VIII, Sp. 2163). 33 lichtfreudigen] Im DWb nicht belegt. 34 wie Bologneser Steine leuchtet man] Bologneser Leuchtstein aus Schwerspat vom Monte Paterno bei Bologna, welcher im Dunkeln durch
seinen eigenen Glanz sichtbar ward, wenn er vorher eine Zeitlang im Lichte gelegen hatte (Fischer 1798–1825, Bd. III, S. 865). 888
Zu Nr. 462
35 meinem Gute] Friedenfelde, etwa 20 km südlich von Prenzlau, 1763 von Arnims Vater erworben. 36–37 Preussen, worüber du mich befrägst] Vgl. Nr. 457,297–300. 40 vor einigen Monaten] November/Dezember 1805, als Preußen nicht auf seiten Österreichs und Rußlands in den Dritten Koalitionskrieg eingriff, sondern mit Frankreich den Geheimvertrag von Schönbrunn schloß. 48–53 Haugwitz 〈...〉 eine höchst kühne Operation 〈...〉 sich zu halten wuste.] Graf von Haugwitz, seit 1792 preußischer Staats- und Kabinettsminister, hatte im August 1804 sein Amt niedergelegt, blieb jedoch außenpolitischer Berater des Königs, verhandelte im Winter 1805/06 mit Napoleon und unterzeichnete die für Preußen ungünstigen Verträge von Schönbrunn (15. Dezember 1805) und Paris (15. Februar 1806). Mit der höchst kühne〈n〉 Operation ist vmtl. die Vertragsmitgestaltung und -unterzeichnung gemeint, mit der Krieg vermieden bzw. verzögert wurde. Im April 1806 übernahm Haugwitz wieder die Leitung der auswärtigen Geschäfte. 53–54 Hannover 〈...〉 an uns gefallen] Das Kurfürstentum Hannover war 1803 von Frankreich besetzt und im Schönbrunner Vertrag an Preußen abgetreten worden, das es Ende 1806 – nach der Niederlage von Jena und Auerstedt – wieder an Frankreich verlor. 58–59 Göthes Spruch 〈...〉 in orbe] Vgl. Nr. A1.58 und Erl. 64–67 Engländern 〈...〉 Bosheit wird sich bald strafen] Preußen hatte das mit England in Personalunion verbundene Hannover unter der französischen Bedingung besetzt, Partei gegen England zu nehmen. Es sperrte die Häfen und Ströme an der Nordsee für die englische Schiffahrt, woraufhin England mit der Beschlagnahme aller preußischen Schiffe, die sich in britischen Häfen befanden, mit der Blockade der norddeutschen Flüsse und der Aussendung von Kaperbriefen reagierte, die den preußischen Handel beeinträchtigten. Am 11. Juni erklärte England offiziell den Krieg an Preußen, das Geheimverhandlungen führte, um eine friedliche Übereinkunft zu erreichen. 68 von ganzer Leber] Da die Leber als Sitz von Trieben vorgestellt wurde. (Vgl. DWb XII, Sp. 460.) Vielleicht mit Bezug auf Arnims schwere Leber-Erkrankung im Frühjahr 1804 in London. Als Redensart (bei Wander und im DWb) nicht belegt. 71–72 die Lieder] Für das Projekt der Lieder der Liederbrüder. Brentano hatte Nr. 457,140–141 metaphorisch mitgeteilt, daß er an seinem Anteil arbeite. 72–73 Lust nach Wisbaden] Wiesbaden, wo Brentano im August/September 1805 zur Kur war und Arnim ihn besucht hatte. 76–77 der Fuhrmann 〈...〉 das Pulverland hinter mir] Bezug auf zwei Lieder im ersten Band des Wunderhorns: Der Fuhrmann (Es thät ein
889
Zu Nr. 462
Fuhrmann ausfahren) und Maykäfer-Lied: Maykäfer flieg, / Der Vater ist im Krieg, / Die Mutter ist im Pulverland, / Und Pulverland ist abgebrannt. (FBA VI, S. 221.) Preußen als Pulverland (Land, in dem Krieg herrscht; nicht im DWb) zu bezeichnen war insofern berechtigt, als England ihm den Krieg erklärt hatte. 78 Halle 〈...〉 am Rubikon] Halle an der Saale lag an der Grenze Preußens zu Sachsen. Der Rubikon war der Grenzfluß zwischen Gallien und Italien, den Cäsar zufolge Plutarchs Pompejus-Biographie (Kap. 60) 49 v. Chr. überschritt. 78–79 Savignys Abreise nach Nürnberg] Vgl. Nr. 457,321 und Erl. 81–82 die vielen Wochenbetten in eurem Hause] Schwangerschaften von Sophie Brentano, Kunigunde von Savigny, Antonia und Marie Brentano. Die beiden letzteren hatte Arnim durch Bettinas Brief vom 3. und 10. Juni erfahren (vgl. Nr. 459,145 und Erl.). Sophie Brentano erlag der Totgeburt ihres Kindes, dasjenige Kunigundes, am 31. Juli in Nürnberg geboren, starb fünf Tage danach. 83 Liederaccouchement] accouchement: Entbindung, Geburtshilfe. Gemeint ist die Mitteilung Nr. 457,128–138 über den Zirkularbrief zur Volksliedersammlung (Nr. 458.P). 86 bey Reichardt] In Giebichenstein. 86 er geht bald nach Petersburg] Reichardt plante seit 1803 eine Konzertreise nach Petersburg zur Tilgung seiner Schulden. Im Sommer 1806 hatte er die Reise ernstlich vor und bereits einen Paß beantragt. Sie wurde jedoch durch den Kriegsausbruch verhindert. (Vgl. Hartung 1964, S. 314f. und Anm. 45 zu Kap. V.) 87 soll 〈...〉 das Lied von Elwert lesen] Da Brentano Nr. 457,224–227 geschrieben hatte, Elwerts darin mitgeteiltes Lied Vaters Klage möge von Reichardt oder dessen Tochter Louise vertont werden. 88 nicht Zeit an E zu schreiben] Reaktion auf Brentanos Wunsch Nr. 457,227–228. 88–89 Wenn ich Falk sehe 〈...〉 Lerchenlieder von mir geben] Arnim reiste im Sommer 1806 nicht über Weimar, so daß er Falk nicht begegnete und ihm keine Lieder für die Zeitschrift Elysium und Tartarus geben konnte. – Lerchenlieder: metaphorisch für erotische bzw. Liebeslieder. Vgl. Cardenio in Halle und Jerusalem: Celinde schien mir eben ganz verwandelt, der
heftge Aufruhr, der mich bei ihren Anblick gestern wild durchdrang, ist wie ein Meeresschaum im Sonnenlicht zerplatzt, und keine Göttin steigt daraus hervor. O lichte Himmelswelt, von der ich abgefallen, in deiner Höhe ist nur Dauer, ich steige wie ein schwarzer schwerer Rauch der Lerche nach, die in der Höhe schweb’t, und jeder Windstoß 890
Zu Nr. 462
senket mich hinab, so blicke ich zu dir Olympie und meine doch, es sey mir ganz verboten. Da sitzet sie am höchsten Platze, und wo sie sitzt, da ist der Höchste; sie ist heut schöner noch, als je, ihr Auge glänzt und ihre Wangen blühen. Seh ich zu dir hinauf, Siehst du zu mir hinunter, So geht das Herz mir auf Und alle Sinne unter, Ich bin ein schwarzer See Am Fuß von grünen Hügeln, Zugleich in Lust und Weh Magst du dich an mir spiegeln. (Arnim, Halle und Jerusalem. Heidelberg
1811, S. 164f.)
Hagen 〈...〉 Heldenbuch 〈...〉 die Niebelungen 〈...〉 Natur dieser Dichtungen.] Friedrich Heinrich von der Hagen schrieb für seine Edition des Heldenbuchs die Dresdner Handschriften von Etzels Hofhaltung (SLUB Dresden, M 201), Rosengarten (ebd., M 56) Ecken Ausfahrt (ebd., M 201) und Sigenot (ebd., M 201) ab. (Vgl. Grunewald 1988, S. 131.) Aus München schickte ihm Aretin für die Edition des Nibelungenlieds die Nibelungen-Hand90–100
schrift D nach Berlin. (Vgl. ebd., S. 48.) Die Editionen entstanden teils in Konkurrenz, teils in Übereinstimmung mit den Projekten Tiecks. Zur wissenschaftsgeschichtlichen Bewertung der Leistungen von der Hagens vgl. Grunewald 1988, S. 337–349. 101–102 Er hat 〈...〉 eine Brabanterin geheirathet 〈...〉 im Hurenhause] 1805 Marie Josephine Reynack aus Brüssel. Vgl. Wilhelm Grimm an Savigny, Januar 1810, rückblickend auf Berliner Verhältnisse, die er 1809 kennengelernt hatte: Sodann glaube ich daß es keine Stadt gibt in welcher die Bildung
so durchgedrungen; bei den bessern hat dies eine Freiheit und Liberalität erzeugt, die wohl an keinem Ort so gefunden wird, und wodurch das viele treffliche und schätzenswerte, was dorther doch gewiß gekommen, entstehen konnte; dem gesellschaftlichen Leben hat sie Feinheit, Witz und Leichtigkeit gegeben, die es angenehm machen, wiewohl man erschreckt wird von der unglaublichen Frivolität die zum Grund liegt, und die sich ohne Scheu äußern darf wenn es nur mit guter Art geschieht; den widrigsten Contrast aber hat sie unter den eigentlichen Bürgern, die an andern Orten gewöhnlich das beste sind, hervorgebracht, die das gemeinste Wesen mit einer Art von Vornehmheit zusammen haben. Und sonst entstehen mancherlei Mischungen, 891
Zu Nr. 462
wie z.b. an dem Hagen, der wie man spricht ein guter Kerl ist und doch eine Frau aus dem öffentlichen Haus genommen, wo sie schon sechs Jahre gewesen, und woran nichts Schuld hat als die göthischen Epigramme von Venedig; und so ist etwas Widerliches in seinem Wesen und Tun. (Schoof 1953, S. 83.) 103–104 Doktor Luthers Tintenfleck an des Teufels Leibrock, der voll Cimbeln hängt] Kontamination der Legende, derzufolge Luther auf der Wartburg das Tintenfaß nach dem Teufel warf, mit den Brauch bei Fastnachtsumzügen, Teufelsgewänder mit Cimbeln und Schellen zu schmücken. 105 Doktor Luther 〈...〉 auf dem Theater] Zacharias Werners Schauspiel Martin Luther oder Die Weihe der Kraft, am 11. Juni 1806 am Berliner Nationaltheater mit Iffland in der Titelrolle uraufgeführt (gedruckt 1807). »Das Provokative von Werners Konzept war 〈...〉, Luther nicht nur als Reformator und tapferen Deutschen auf die Bühne zu stellen, sondern auch als Zweifler an sich selbst sowie als künftigen Ehemann, der durch die liebende Mittlerschaft der ehemaligen Nonne Katharina von Bora erst wirklich zu sich selbst kommt und die Weihe seiner Kraft erfährt. 〈...〉 / Es war 〈...〉 Eklektizismus in Verbindung mit einer schütteren Theorie und der anschaulich-leibhaften Vorführung des Begründers der preußischen Staatsreligion, die Werners Stück sowohl Erfolg wie Widerspruch einbrachten. Offiziere des Regiments Gensdarmes veranstalteten, als die Hauptfiguren des Dramas verkleidet, mitten im Sommer eine Schlittenfahrt durch Berlin, deren Pointe sein sollte, daß Katharina und andere einstige Nonnen einen neuen Wirkungskreis bei einer bekannten Bordellwirtin fanden. 〈...〉 Die Parodie der Offiziere war ein grober Kasinospaß ohne ideologische Pointe. 〈...〉 Es war diese Scheintiefe mitsamt den Anspielungen auf Modisches und wohl auch Ifflands bedeutende Darstellungskunst, die dem Stück seinen Erfolg sicherten, aber ebenso Unbehagen auslösten bei allen, die – ob ›freisinnig‹ oder nicht – feste politische, religiöse oder ästhetische Wertvorstellungen hatten, gegen die Werners Eklektizismus auf diese oder jene Weise verstieß.« (Schulz 1989, S. 605–607.) Vgl. die Schilderung der Schlittenfahrt durch Karl von Nostitz (Wahl 1916, S. 89–94) und Fontanes Novelle Schach von Wuthenow (1882), worin der Theaterskandal ein zentrales Motiv ist. (Dazu Sagave 1966.) 105 Lermen] Nebenform von Lärm, nach einem in Liedern der Landsknechte im 16. Jh. verbreiteten Schlachtruf: lermen lermen lermen. (Vgl. DWb XII, Sp. 202f.) 106 Bou:] Bouteillen. 107–108 Da Du viel 〈...〉 in Zeitungen lesen wirst] Zelter an Goethe, 2. Juli 1806: In der einen Berl. Zeitung wurde das Stück gelobt, in der
andern bitter getadelt. Da fechten nun die Kämpfer mit ihren stump892
Zu Nr. 462.E
fen Rapieren gegen einander und da es keine Wunden gibt sondern bloße Hiebe und Kreidepunkte, so haben sich mehrere Liebhaber und Dilettanten ihre Haut jücken lassen um sich solche nach her kratzen zu lassen. Man könnte es: das Mückenfest nennen (Goethe/MA, Bd. XX/1, S. 135). Das Lob stand in der Spenerschen Zeitung: Was dem Zuschauer nun aus seinem 〈Luthers〉 Leben historisch bekannt ist, und die Gewohnheit ziemlich gleichgültig hatte ansehen lassen, das erblickt er hier poetisch aufgestellt. Es ist auch kein Zweifel, daß die Poesie dem Verfasser glücklich gelungen sei 〈...〉 Das Schicksal der ersten Vorstellung war: daß das Publikum sowohl durch die Schönheiten im Stück, als durch das unübertreffliche Spiel Ifflands als Luther, überrascht ward; hierzu kam der blendende Prachtaufwand, die treffliche Musik Webers, und der Beifall zeigte sich häufig (Nr. 71 vom 14. Juni 1806). In der Vossischen Zeitung hieß es hingegen: Er 〈Werner〉 würde seinen Zweck unstreitig sicherer erreicht haben, wenn er die Religion nicht zur Allegorie, die echt-menschlichen Gefühle nicht zu einem sentimentalen Geplapper herabgewürdigt, die Wahrheit nicht in mystisches Dunkel gehüllt hätte (Nr. 71 vom 14. Juni). (Beide Zitate nach Goethe/MA, Bd. XX/3, S. 200.)
462.E An Clemens Brentano in Heidelberg Berlin, 16. Juni 1806, Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 449, 457. A: −. H: Vgl. AIII, 17r–17v, 1¾ S. Besonderheiten: Zugleich Exzerpt von Nr. 455.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 455 und 462.
893
Zu Nr. 463
463.
An Sophie Brentano in Heidelberg mit Erklärung Georg Andreas Reimers Berlin, 16. Juni 1806, Montag
DV: H. B: Nr. 444. A: −. H: GSA 03/232. − 1 Bl. ca. 330 x 206 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: Stilisierter Tannenbaum. Beilagen: Zahlungsanweisung (nicht überliefert); Louise Reichardt, XII Deutsche und italiänische Gesaenge 〈...〉 (Berlin 1806); darin drei Vertonungen von Liedern in Ariel’s Offenbarungen (vgl. Beilagen zu Nr. 461). Fremdeinträge: 1r aoRl: 505, aoRm Steig: an Sophie Brentano, danach: 6, aoRr: 19. Besonderheiten: Vgl. Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 (Erwähnung). D1: Migge 1959, S. 404f. D2: Gersdorff 1984, S. 371f.
Varianten 11 nichts] üdZ eing. 17 hätte. Sie] aus hätte, sie 30 und Format] üdZ eing. 35 Häufelmaaß] H aus 〈x〉 35 an] nach gestr. mit 36 Nachsicht] aus 〈xxx〉 36 mein] Schluß-e gestr.
Erläuterungen 5 Courant] Die umlauffähigen Geldmünzen. 11–13 Da Clemens nichts 〈...〉 bleibt der meine zurück] Vgl. zu Nr. 420,45–56. 16–17 was ich 〈...〉 als Einleitung bestimmt hätte] Vgl. Arnims Konzept Fiametta (H: GSA 03/45; D: WAA XXV.) 19 Karoline] Charlesd’or, Goldmünze. 30–31 wie die neue Auflage von Novalis Schriften] Druck und Format der Fiametta-Übersetzung entsprechen der ein Jahr zuvor bei Reimer erschienenen zweiten Auflage von Novalis’ Schriften, hg. von Friedrich Schlegel und Ludwig Tieck (2 Bde.; 1. Aufl. 1802). 35 Häufelmaaß statt Streichmaaß] Überfülltes (gehäuftes) Gefäß statt abgestrichenes Gefäß als Maßeinheit. 36–37 mein Zeitmaaß ist ein Sieb] Vgl. Nr. 463.E. 39–42 Ich bin 〈...〉 auf der Reise zu Ihnen 〈...〉 laufen müssen.] Heidelberg war zwar Endziel der Reise Arnims, doch sollte sie über östliche und
894
Zu Nr. 464
westliche Umwege zunächst in sein Ländchen Bärwalde, dann nach Giebichenstein und weiter nach Westen führen. Daß er aufgrund der politischen Wirren gar nicht nach Heidelberg kommen würde, konnte er Mitte Juni noch nicht absehen.
463.E An Sophie Brentano in Heidelberg Berlin, 16. Juni 1806, Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 444. A: −. H: Vgl. AIII, 17v–18r, ca. 1 S. Besonderheiten: Nicht als Gedicht Arnims registriert Ricklefs 1980. Datierung: Aufgrund des Datums der Ausfertigung.
Erläuterungen 21
Urne]
464.
Aschenkrug, in der Antike auch Symbol der Flüsse und Bäche.
An Louise von Schlitz in Karstorf Berlin, 16. Juni 1806, Montag
B: −. A: −. H: GSA 03/244. − 1 Bl. ca. 230 x 190 mm; 1r–1v 1 S. + 5 Z. beschr.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: ZOONEN. Beilagen: Aus Karstorf mitgenommene Bücher (nicht identifiziert). Fremdeinträge: 1r auRl: 3 1905. Datierung: Arnim hatte Brentano am 14. Juni (Nr. 462,76–77) mitgeteilt, daß er in zwei Tagen abreisen werde. D1: Weiss 1980, S. 125 (Nr. 15).
Varianten 10 Minister] üdZ eing. 10 Haus] Schluß-e gestr. 11 Sie] S aus 11 Sich] S aus s 12 Bereg] flüchtig geschr. vmtl. erstes e aus r zweites vmtl. versehentlich nicht getilgt
895
s e
Zu Nr. 464
Erläuterungen
eine brauchbare Vorleserin 〈...〉 Tochter des verstorbenen Professors Sprengel] Nachdem die Versuche, Caroline Engelhard und Louise Piautaz
5–7
als Gesellschafterinnen für Louise von Schlitz zu gewinnen, fehlgeschlagen waren (vgl. Nr. 457,74–78 und Erl.), empfahl Arnim die Tochter des 1803 verstorbenen halleschen Professors Matthias Christian Sprengel. (Kurt Sprengel, ebenfalls Professor in Halle, starb erst 1833.) Zu ihr konnte nichts ermittelt werden. 10 im Minister Steinschen Haus] Im Haus des Reichsfreiherrn vom und zum Stein, der im Oktober 1804 als Minister des Akzise-, Zoll-, Salz-, Fabrikund Kommerzialwesens nach Berlin berufen worden war. Da Arnim im Juni 1806 im Haus Steins verkehrte, wird er den Reichsfreiherrn bereits vor seiner Königsberger Zeit kennengelernt haben. 12 Bereg] Vmtl. Karl Ludwig von Berg-Schönfeld. Vgl. Varianten.
465.
Von Johann Wolfgang von Goethe nach Giebichenstein Jena, 26. Juni 1806, Donnerstag
DV: H. B: Nr. 454. A: Nr. 480. H: GSA 29/73,I. − 1 Dbl. ca. 232 x 185 mm; 1r beschr.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Grünlichgrau, braunfleckig, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Oblatenaufriß. − WZ: W. − Schreiber: Friedrich Wilhelm Riemer. Fremdeinträge: 1r aoRl: 76. D1: Steig 1910, S. 365f. D2: WA IV, Bd. 50 (1912), S. 139f. (Nr. 5210a).
Erläuterungen 2–3 noch in Jena 〈...〉 Carlsbad] Goethe war seit 15. Juni in Jena und reiste von dort am 29. Juni nach Karlsbad ab. (Vgl. WA III, Bd. 3, S. 130–132.) 4–5 Ihr Unfall 〈...〉 durch Reichard bekannt worden] Vgl. Datierung von Nr. *456. 11–12 die überschickten Abgüsse] Vgl. Nr. 454 (Beilagen). 19–21 Seine Reise nach Berlin 〈...〉 vereitelt worden.] Vgl. Nr. 430,17 und Erl.
896
Zu Nr. 466
466.
An Clemens Brentano in Heidelberg Giebichenstein, 1. Juli 1806, Dienstag
DV: H. B: Nr. 449, 457. A: Nr. 469. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 172r–177v. − 3 Dbl. (I–III) je ca. 223 x 188 mm; 1r–6r 11 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − Grau. − WZ: I+III: Bekrönter Posthornschild II: HALLE. Beilagen: Kompositionen Louise Reichardts von Gedichten Brentanos. (Vgl. Z. 17–20 und Erl.) Fremdeinträge: 1r aoRl: 507, aoRr: 172, unter Datum Steig: 1806 2r aoRr: 173 3r aoRl: 507, aoRm Steig: z. 1. Juli 1806., aoRr: 174 4r aoRr: 175 5r aoRl: 507, aoRm Steig: z. 1. Juli 1806., aoRr: 176 6r aoRr: 177 6v aoR Steig: Vielleicht 5. oct. 6 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 64. D1: Steig 1894, S. 183–185 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 9 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 404–408 (Nr. 83).
Varianten 3 H] aus 〈x〉 4 vom] aus im 15 daß] aus wenn 41 es] e aus s 50 willst] w aus G 53 den] aus an 60 einrührt] hr aus 〈xx〉 63 Zucker] Z aus K 67 Zeit] aus Geist 75 nicht] üdZ eing. 78 in] aus aus 107 halbes] üdZ eing. 115 Hendel] n aus d 119 ob] aus was 127 Steckt] St aus 〈xx〉 129 vergaß] gaß aus lor
Erläuterungen 1 Giebichenstein] Vgl. zu Nr. 375,3. 2–4 Kramer hatte den sinnreichen Einfall 〈...〉 das H auf einen Strich zu machen] Nicht in Carl Friedrich Cramers Sammlung Menschliches Leben. Gerechtigkeit und Gleichheit! (vgl. Nr. 443,177–181 und Erl.) ermittelt. – H: Siegelkennzeichnung des zum Paketbegleitbrief gehörenden Päckchens, die vom Absender auf dem Brief angegeben wurde. 5–6 Die Voß schrieb ans Reichardtsche Haus] Der Brief ist nicht bekannt. 6–8 Louisens Lieder 〈...〉 mein Brief und das Wechselche bey Deiner Frau] Beilagen zu Nr. 463 und diese selbst. – Die Formulierung das Wechselche ironisiert die Sprechweise jüdischer Wechsler. Vgl. die Szene Das Wohnzimmer des Juden Nathan in Halle und Jerusalem (Halle II/5).
897
Zu Nr. 466
der Rest der Fiammetta 〈...〉 die Reale Handlung real bedienen kann] Bezug auf die Erklärung Reimers, des Besitzers der Berliner Realschul-
8–9
buchhandlung, in Arnims Brief an Sophie Brentano vom 16. Juni (Nr. 463). 12 so grub ich das Grab auf] Vgl. Nr. 449,198–230. 12–13 kletterte an der Fichte hinauf] Vgl. Brentanos Bericht von einer hohen Kiefer Nr. 457,69–74. 13 raupte] die Raupen von den Bäumen und Gewächsen absuchen (Adelung III, Sp. 982). 15 Ettersburger Theater] Schloß Ettersburg bei Weimar war von 1776 bis 1781 der Sommersitz der Herzogin Anna Amalia, die besonders das Liebhabertheater pflegte, auf dem u. a. Jugendstücke Goethes und dessen Iphigenie aufgeführt wurden. 17–20 Erfüllung deiner Vaterklagen 〈...〉 daß das Lied von Elwert 〈...〉 Deine Manier zu entdecken meinen] Louise Reichardt hatte, Brentanos Wunsch entsprechend, das Nr. 457,173–222 mitgeteilte Gedicht
Vaters Klage
vertont, das Brentano Elwert zuschrieb, jedoch, wie Arnim vermutete, selbst gedichtet haben dürfte.
21
das Sträußlein] Louise Reichardts Komposition von Ich wollt’ ein Sträußlein binden (aus Ponce de Leon), 1811 in ihrer Sammlung Zwölf Gesaenge mit Begleitung des Forte-Piano. Componirt und ihrer geliebten Schwester Friederika zugeeignet. Hamburg o.J. (Wieder in Reich 1981, S. 22.) 23 diese wahrhafte alte Laute] Vgl. Nr. 467,26–28. 24 Euer Faß in Heidelb:] Das 1751 gebaute Faß im Keller des Heidelberger Schlosses mit einem Fassungsvermögen von 221 726 Litern. 24 in Erfurt die Glocke] Die 1497 gegossene Gloriosa im Erfurter Dom. 24 Nach Sevilla] Louise Reichardts Komposition von Nach Sevilla (aus Ponce de Leon), ebenfalls in ihrer Sammlung Zwölf Gesaenge mit Begleitung des Forte-Piano 〈...〉. 31 um mir] Dativ-Akkusativ-Verwechslung des Berliners. 43 des Berges] Des Reilsberges, eines Weinbergs, auf dem der Mediziner Johann Christian Reil ein Sommerhaus errichtet hatte. 46–48 wir reisen 〈...〉 bis Hildesheim 〈...〉 Enkelein taufen helfen] In dem mit dem Kurfürstentum Hannover an Preußen gefallenen Hildesheim lebten Reichardts Tochter Wilhelmine Juliane und der mit ihr seit 1805 verheiratete Kriminalrat Christian Friedrich Bernhard Steltzer. Daß das Paar ein Kind hatte, ist nicht überliefert; vielleicht starb es früh. Damit kann zusammenhängen, daß es nicht zu Arnims Reise mit Reichardt gekommen zu sein scheint.
898
Zu Nr. 466
48–50 So führe mich denn Schicksal weiter 〈...〉 so kann ich Feuer locken.] Im Exzerpt des Briefes in Versform. Nicht als Gedicht registriert Ricklefs 1980. 52–53 Versuch auf Rußland 〈...〉 zurück] Vgl. zu Nr. 462,86 sowie Friedrich August Wolf an Goethe, Halle, 17. Juli 1806: er 〈Arnim〉 war so eben bei
seinem innigen Freund Reichard, schon eine ziemliche Zeit; folglich für andere Leute weniger zu genießen. Wie es heißt, will er den Freund auch auf die große Reise ein Stück begleiten; nur weilt der letztre weit über sein Versprechen hier, da Päße verschiedener Art ausbleiben. Es sieht mir zuweilen aus, wie wenn wir das Vergnügen haben könnten, ihn den Sommer ganz zu behalten. (Reiter 1935, Bd. I, S. 416.) 53–54 Egmont in 〈...〉 Lauchstädt zu sehen] Arnim sah Goethes Drama am 17. Juli in dem auf sächsischem Territorium gelegenen Badeort Lauchstädt (südlich von Halle), in dem das Weimarer Theater gastierte. Vgl. seinen Bericht an Savigny vom 23. Juli 1806 (Nr. 471,26–44). Zu den Zuschauern gehörte Joseph von Eichendorff, wie aus dessen Tagebucheintrag von diesem Datum hervorgeht. Bereits am 9. Juli hatte Arnim Goethes Natürliche Tochter gesehen, und auch an diesem Tag war Eichendorff anwesend – und außerdem Varnhagen, der berichtet: Unter den Ausflügen, die wir in die Landschaft machten, 〈...〉 war auch eine Fahrt nach Lauchstädt, dem lieblichen Badeorte 〈...〉 Die
schattenreichen, breiten Anlagen, einladende Gebäude, und bunte regsame Gesellschaft überraschten uns wie eine erquickende Oase 〈...〉 Unsre Hoffnung Goethe’n zu finden, blieb aber leider getäuscht. Um so eifriger waren wir, seine Eugenie zu sehen, welche zu unsrer Freude statt eines angekündigten anderen Stückes gegeben wurde. Arnim, der auch mit Gesellschaft gekommen war, fand sich zwischendurch zu uns, und unser gemeinsames Vergnügen wurde noch durch den Reiz erhöht, welchen die anmutige Erscheinung der Demoiselle Jagemann aus Weimar für uns hatte; sie war nicht zum Mitspielen, sondern nur als Zuschauerin gekommen, da sie jedoch mit Arnim wohl bekannt und von ihm lebhaft empfangen war, so hatten auch wir näheren Gewinn von ihrer Gegenwart. Das Stück wurde vortrefflich gegeben 〈...〉 Überhaupt taten Schauspieler und Zuhörer beiderseits ihr Bestes, und das kleine Haus 〈...〉 konnte in der Tat ein Musentempel dünken, in welchem Sinn, Anstand und Zusammenstimmung des Örtlichen wie des Spiels, den Mangel reicherer Mittel völlig vergessen machten. (Varnhagen 1987–1994, Bd. I, S. 363f.) Arnim hatte die Theaterbegeisterung der Studenten in Halle, wo das Theaterspielen verboten war, bereits 1799 als Student erlebt und rühmte sie noch in Halle und Jerusalem (Halle III/2).
899
Zu Nr. 466
67–70 einen Theil von Arndts Geist der Zeit 〈...〉 meine 〈...〉 Abhandlung vor Augen gehabt] Arnim las den ersten Teil von Ernst Moritz Arndts Geist der Zeit, der im November/Dezember 1805 entstanden und vor Ostern 1806 in Altona erschienen war (vgl. Leffson/Steffens 1912, Bd. VI, S. 9). Da der erste Band des Wunderhorns mit Arnims Abhandlung Von Volksliedern kurz vor der Entstehung von Arndts Buch herausgekommen war und eine VorabVersion der Abhandlung zudem in Reichardts Berlinischer Musikalischer Zeitung stand (vgl. zu Nr. 362,29–33), ist eine Abhängigkeit Arndts von Arnim nicht unwahrscheinlich. 79–80 zweymal das Verderben von Deutschland abgewendet] Vmtl sind die preußisch-französischen Verträge von Schönbrunn (15. Dezember 1805) und Paris (15. Februar 1806) gemeint. Vgl. Nr. 462,40 und Erl. 84 Comus] der Gott der Gastereyen, der Scherze, des gesellschaftlichen Vergnügens (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 147). 94–95 Bärwalde, wo ich einen neuen Pächter einsetzen half] Vgl. Nr. 462,77 und Erl. 97 Entenjacht] Jacht: Die Hochdeutschen sprechen das ›a‹ in diesem
Worte gedehnt, die Niederdeutschen aber geschärft, daher die folgenden weichen Consonanten auch bey ihnen in die ähnlichen härtern übergehen, J a c h t (Adelung II, Sp. 1411). 98 Dessau sah ich] Das Fürstentum Anhalt-Dessau mit dem 1796–1802 unter Leopold III. Friedrich Franz angelegten Dessau-Wörlitzer Gartenreich. 98 Johannistage] 24. Juni. 99–100 papiernen Soldaten auf der Wittenberger Brücke] Die Wittenberger Brücke war die Muldebrücke, über die zwischen zwei Torhäusern die Straße von Wittenberg, näherhin Wörlitz über die Mulde in die Stadt Dessau führte. (Vgl. Bechtold/Weiss 1996, S. 278f.) Vor den Torhäusern wird die Imitation einer Wache aufgestellt gewesen sein, die Arnim und Brentano während ihrer Studentenzeit in Halle anläßlich eines Dessau-Wörlitz-Aufenthalts kennengelernt haben werden. 100 Gleise] die Einschnitte in dem Wege 〈...〉, welche die Räder eines Fuhrwerkes 〈...〉 in den Erdboden machen (Adelung II, Sp. 531). 103–104 daß mir der Garten der Flora wie ein blutbespritztes Turnierfeld vorkam] Am Flora-Tempel befand sich der Liebesgarten mit einem Priapos-Beet und weiteren Bepflanzungen erotischen Charakters. (Vgl. Bechtold/ Weiss 1996, S. 90.) 104–108 Dort fand ich ein Sonett von einem Varnhagen, der mit Chamisso 〈...〉 auf der Post] Karl August Varnhagen von Ense hatte mit Adelbert von Chamisso unter Mitarbeit von Wilhelm Neumann in Berlin 1803–1805 einen
900
Zu Nr. 466
Musenalmanach auf die Jahre 1804–1806 herausgegeben, dessen erste beide Jahrgänge Grüner Musenalmanach oder der Grüne genannt wurden. Nach der Rückkehr von Berlin nach Hamburg im Herbst 1805 begeisterte ihn die schwungvolle Ergießung Arnim’s über Volkslieder 〈...〉 zu einem Sonett, das ich ihm zusandte, und dann fünfundwanzig Jahre später unter werten Andenken von ihm aufbewahrt wiedersah (Varnhagen 1987–1994, Bd. I, S. 336). Warum das Sonett von Dessau nicht weiterbefördert wurde, ist nicht bekannt. Es ist in Arnims Stammbuch überliefert, in dem Varnhagen es wiedergesehen haben wird, als er sich mit Arnims Nachlaß befaßte. Vgl. Nr. AI.53. 108 hier finde ich ihn selbst] Varnhagen war im April 1806 von Hamburg zum Studium nach Halle gereist und hatte rasch Zutritt zu Reichardts ›Giebichensteiner Dichterparadies‹ erlangt. Vgl. seine Erinnerung an die erste Begegnung: Achim von Arnim erschien, und bezog in Gibichenstein bei
Reichardt die für ihn schon bereit gehaltene Gastwohnung. Seine stattliche Größe und edle Haltung, sein ungezwungener Freimut und geselliger Frohsinn vereinigten sich zu einem durchaus wohltätigen Eindruck. 〈...〉 Arnim war für mich ein herrlicher Anblick 〈...〉 Mit mehr liebevoller Offenheit war mir noch niemand entgegengekommen, mein grüßendes Wort aus Hamburg hatte den freundlichsten Sinn zu herzlicher Erwiderung aufgefordert, und ich sah mich auf den besten Fuß zu dem ansehnlichen jungen Manne gestellt. Gleichwohl entstand keine eigentliche Vertraulichkeit, und sowohl das Reichardt’sche Wesen, als auch unsre sehr abweichenden Beschäftigungen hielten uns aus einander. (Varnhagen 1987–1994, Bd. I, S. 361f.) 110–112 testimonia auctorum do Merkelio 〈...〉 Dortchen Lacken∧reisser, an die Merkel schreibt] Testimonia Auctorum de Merkelio, das ist: Paradiesgärtlein für Garlieb Merkel, Köln (recte Hamburg) 1806, eine anonym erschienene Spott- und Streitschrift gegen Merkel, den spätaufklärerischen Widersacher der Romantik, von dem eine (nicht erschienene) Ausgabe seiner sämtlichen Werke angekündigt war. Zur Herausgeberschaft vgl. Varnhagen an de La Foye, Halle, 12. September 1806: Ein kleines Buch
gegen Merkel, das Neumann und ich anonym herausgegeben, hat einiges Aufsehen gemacht. (Riegel 1934, S. 122.) Den Inhalt faßte Merkel selbst in einer Anzeige der Schrift, die in seinem Freimüthigen erschien (Nr. 84 vom 28. April 1806, S. 333), zusammen: Den Anfang dieses Büchelchens macht eine kleine Abhandlung, worin der anonyme Herausgeber mich einen niedrigen, verworfenen, gemeinen Geist, ein literarisches Gespenst usw. nennt, dann in eben diesem Tone Untersuchun901
Zu Nr. 466
gen über meinen Charakter anstellt, und endlich erklärt, Bosheit und Neid seyen die Triebfedern aller meiner literarischen Unternehmungen. Dann giebt er Stellen aus Homer, J. B. Rousseau’s, Göthens, Klopstock’s und Wielands Gedichten, die Hr. Schlegel einst in seinen bekannten ästhetischen Vorlesungen auf mich anzuwenden pflegte; dann folgen eine ganze Menge Schimpfreden und Schimpfgedichte, welche Schriftsteller, die ich getadelt hatte, gegen mich drucken ließen. 〈...〉 Es ist Schade, daß diese Sammlung nicht vollständig ist; sie enthält nicht den zehnten Teil von dem, was man gegen mich gedruckt hat. Ausführlicher mit Zitaten und Ermittlung der Mitarbeiter Müller-Jabusch 1921,
Offenbarung, in dem der Name Briefe an ein Frauenzimmer über die neuesten Produkte der schönen Literatur in Teutschland (1799–1803) S. 162–166. Das von Arnim gemeinte Sonett der Adressatin der Merkelschen
ironisch preisgegeben wird, wurde Müller-Jabusch zufolge nicht von Varnhagen, sondern von dessen Berliner Bekanntem Adolph Schlesinger gedichtet:
Wer mag wohl die holde Jungfrau kennen, Der ein g a r l i e b Männlein Briefe weihte? Gebt mir doch Bescheid, ihr lieben Leute; Kann mir keiner ihren Namen nennen? »Ich bin’, ich! Ich will es frei bekennen, Ich bin’, die er so gelehrt erfreute, Mir ward seine Liebe einst zur Beute, Und ich werde nie von ihm mich trennen.« Wer sie ist? – Ihr werdet’s nicht errathen, Doch ich will’s geradezu verkünden: Dortchen Lakenreißer ist ihr Name! Sonst Maitresse mehrerer Soldaten, Jetzt verschmäht, entstellt durch häufig sünden, Ward sie jenes Männleins Herzensdame! (A.a.O., S. 101f.)
113
in sein Stammbuch geschrieben] Vgl. Nr. AI.63. 113 die Lade einer Meistergilde] Der Behälter einer
Meistersingergesell-
schaft, in dem die Beiträge der Mitglieder verwahrt wurden.
902
Zu Nr. 467
Von Hendel 〈...〉 Hallorenlieder] Bereits im ersten Band des Wunderhorns wurde ein Lied der halleschen Salzsieder (Halloren) mitgeteilt: Die hohe Magd, mit der vmtl. Reichardt zu verdankenden Mitteilung: Herr Buchhändler Hendel soll mehrere derselben haben. (FBA VI, S. 37.) Welche 115
Lieder Arnim von Johann Christian Hendel bekam, ist nicht bekannt. 115–116 Varnhagen 〈...〉 ein Paar Sachen gegeben] Abschriften aus Andreas Dominikus Zaupsers Versuch eines baierischen und oberpfälzischen Idiotikons (München 1789), die für den dritten Band des Wunderhorns benutzt wurden. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 224–228, 841.) 116 nach Wisbaden] Wohin Arnim zur Erholung wollte. Vgl. Nr. 462,72–73. 120 Als die kleine Galathe] Vollständig in dem Erzählfragment 〈Wenda〉 (Arnim/W III, S. 530f.). Zu den Fassungen des Gedichts, dem ein erotisches Volkslied zugrunde liegt (vgl. ebd., S. 1216f.), vgl. Ricklefs 1980, Nr. 71.
466.E An Clemens Brentano in Heidelberg Giebichenstein, 1. Juli 1806, Dienstag DV: H. B: Vgl. Nr. 449, 457. H: Vgl. AIII, 19r–20v, 3½ S.
A: Vgl. Nr. 469.
Erläuterungen Vgl. Nr. 466. 6 Klocke] Vgl. Nr. 360,51 und Erl.
467.
An Bettina Brentano in Frankfurt Giebichenstein, 12. Juli 1806, Sonnabend
DV: H. B: Nr. 459. A: −. H: FDH 7226. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 232 x 186 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; 4v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Derb, brauner Fleck mit klaren Konturen der beigelegten Eisenhutblüte in der Mitte von Dbl. I, auf Dbl. II schwächer (vgl. Abb. 1); 2v beschmutzt; Dbl. II Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, rotes Siegel. − WZ: I: bekrönter Posthornschild, D & C BLAUW. II: D &
C BLAUW. 903
Zu Nr. 467
Fremdeinträge: 2v auRr: 7226 4v über Adresse: Gibichenstein D1: Steig 1913, S. 34–36. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 67–69 (Nr. A8).
12ter Juli 6.
Varianten
von] aus s〈x〉 19 sang] aus sagt 22 ich] idZ eing. 26 das] üdZ Ich] aus Da 62 Eisenhütlein] s aus n 65 fahre] über gestr. fahge 65 bey] üdZ eing. 68–69 Nimmersatt] N aus n 12 45
Erläuterungen 1 Giebichenstein] Vgl. zu Nr. 375,3. 2–5 Sie hatten ein Stücklein Welt 〈...〉 zugeschlagen.] Gemeint ist Bettinas Beschreibung ihrer Marburger Umgebung im ersten Teil des Bezugsbriefes und diejenige des von Franz Brentano in Frankfurt gemieteten Hauses mit Garten, darin ein springendes Wasser, worin schöne Karpfen schwimmen (Nr. 459,159), im zweiten Teil. 16–17 Angelegenheiten meines Guts] Vgl. Nr. 462,4 und Erl. 19 Geburtstag] Johanna Reichardts (3. Juli), der Frau des Kapellmeisters. 20 klockenhell] Vgl. Nr. 360,51 und Erl. 22–23 Ihre beyden neuen Lieder] Kompositionen Arnimscher Gedichte, die Bettina mit ihren Briefen von zweite Hälfte Februar und 8. April (Nr. 423, 440) geschickt hatte. 26–28 Geheimniß der alten Laute 〈...〉 nach der Tabulatur gespielt wird] Arnim hatte die Laute bereits im Frühjahr und Sommer 1805 mit sich geführt, als er über Giebichenstein zunächst nach Heidelberg und dann nach Frankfurt gereist war, und schon in seinem Brief an Brentano vom 25. März 1805 geheimnisvoll angekündigt (Nr. 367,183–184). Louise Reichardt hatte in der Zwischenzeit herausgefunden, daß sie nach einer Lautentabulatur gespielt werden mußte: einer vom 15. bis ins 18. Jh. verbreiteten Griffschrift, die aus Zahlen, Buchstaben und Rhythmuszeichen bestand. 30–31 Louisens gedruckte Lieder] Vgl. Nr. 461 (Beilagen). 35–36 gestern 〈...〉 in Lauchstädt] Am 11. Juli war keine Aufführung, Arnim wird die vom 10. Juli gemeint haben: Lodoiska, Oper von Cherubini. (Vgl. Burckhardt 1891, S. 60.) Vgl. zu Nr. 466,53–54 sowie vor allem Nr. 471,26–44. 45–46 Steinregen 〈...〉 ein Zeichen zu überschicken] Arnim hatte im De-
904
Zu Nr. 467
zember 1805 in der Herzoglichen Bibliothek in Gotha einen Band mit Holzschnitten eingesehen (vgl. Nr. 402,88–90), aus dem er außer Liedern einen Bericht über einen merkwürdigen Steinregen abschrieb, der sich 1564 zwischen Mecheln und Brüssel ereignet hatte. Über diesen Bericht informierte er in dem Beitrag Steinregen, der 1806 in den Annalen der Physik erschien, die sein ehemaliger hallescher Physik-Professor Ludwig Wilhelm Gilbert herausgab, und zusammen mit dem Bericht wurde ein farbiger Einblattdruck aus Arnims Quelle reproduziert, die phantastische Darstellung eines Meteoritenhagels. Der Himmel habe einen Widerschein auf Erden gegeben, daß alles ganz gelb anzuschauen, und es seien, so zitierte Arnim, erschreckliche Stein vom Himmel
gefallen, in Gestalt und Farb als wären sie Marblstein, darunter sind etlich gar groß bey fünf und sechs Pfund schwer, größer und kleiner gewesen. (WAA II, S. 449; vgl. ebd. Abb. 16.) 53 Töchterlein aus Wetzlar 〈...〉 Schwester des 〈...〉 Professor Froriep] Friederike, Stiefschwester von Ludwig Friedrich Froriep aus der zweiten Ehe seines Vaters Justus Friedrich Froriep.
58 geliedert] Das Verb liedern (Lieder dichten) auch in einem Brief des jungen Goethe. (Vgl. DWb XII, Sp. 992.) 61–63 eine hohe blaue Blume 〈...〉 Eisenhütlein 〈...〉 Wagen mit Tauben bespannt] Arnim spielt vmtl. auf die blaue Blume an, die Novalis in seinem Roman Heinrich von Ofterdingen (1802) in die Literatur eingeführt hatte: Was ihn aber mit Macht anzog, war eine hohe lichtblaue Blume,
die zunächst an der Quelle stand, und ihn mit ihren breiten, glänzenden Blättern berührte. Rund um sie her standen unzählige Blumen von allen Farben, und der köstlichste Geruch erfüllte die Luft. Er sah nichts als die blaue Blume, und betrachtete sie lange mit unnennbarer Zärtlichkeit. (Novalis/Schr I, S. 197.) Dahingestellt sei, ob Arnim ›durch die Blume‹ auch auf den erotischen Kontext der Attraktion verweisen wollte: Heinrich badet nackt; die Flut scheint ihm eine
chen
zu
Auflösung reizender Mädsein, die an dem Jünglinge sich augenblicklich verkörperten
(ebd.); in den Blütenblättern der sich ihm zuneigenden blauen Blume erscheint ihm
ein zartes Gesicht
(ebd.).
Konkret hat Arnim den Blauen Eisenhut (Aconitum napellus) gemeint, eine 50–150 cm hohe Staude mit dunkelblauen helmartigen Blüten. Jede Blüte hat fünf Kelchblätter, von denen das obere (der
Helm)
die Honigblätter um-
schließt. Wird das obere Kelchblatt abgenommen, bleiben die unteren und seitlichen Blätter (Wagen) sowie die zahlreichen Staubblätter (Tauben). 66 mich] Dativ-Akkusativ-Verwechslung des Berliners.
905
Zu Nr. 467
68–69 Immermehr und Nimmersatt] Zwar jeweils einzeln belegt, aber nicht im Zusammenhang und nicht sprichwörtlich.
467.E An Bettina Brentano in Frankfurt Giebichenstein, 12. Juli 1806, Sonnabend DV: H. B: Vgl. Nr. 459. H: Vgl. AIII, 20v–21r, 1¼ S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. Nr. 467. 17 schiessenden
Sterne]
Sternschnuppen.
*468. An Caroline von Labes in Zernikow Giebichenstein, etwa Mitte Juli 1806 B: −. A: Nr. 487. Datierung: Caroline von Labes erhielt den Brief, ihrer Antwort zufolge, am 21. Juli in Zernikow. Er wird etwa eine Woche unterwegs gewesen sein.
469.
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, 16. Juli 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 466. A: Nr. 472. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 122r–123r. − 2 Bl. (abgetrennte Dbl.Hälften) ca. 207 x 172 + 205 x 170 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − Bl. 2 Tintenkleks. − WZ: Nicht identifiziert (im aufgeklebten Falz). Fremdeinträge: 1r aoRl: 509, aoRm: 18, aoRr.: 122 1v aoRl: 509 2r aoRl: 509, aoRm Steig: 16. Juli 1806, daneben: 19, aoRr: 123 2v aoRl: 509. Besonderheiten: Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 52.
906
Zu Nr. 469
D1: D2: D3: D4: D5:
Steig 1894, S. 185f. (TD). Kat. Henrici 149, S. 68, Nr. 10 (TD, kurzer Auszug). Seebaß 1951, Bd. I, S. 324–328. FBA XXXI, S. 567–571 (Nr. 456). Schultz 1998, Bd. I, S. 408–411 (Nr. 84).
Varianten 3 erst,] danach gestr. 〈xxx〉 4 wo] danach gestr. ich 5 vielleicht] viel aus 〈xxx〉 11–12 Catohlischer] nach C gestr. h 36 Ich] neuer 41 7] aus 6 42 erhalten,] danach gestr. die Kupfer Schreibansatz 46 ich,] danach gestr. noch 52 1805] üdZ eing. 64 welche] über 70 als] danach gestr. säße 78 Gestern] über gestr. Jetz gestr. die 93 sendet] danach gestr. dir
Erläuterungen 4–5 Gottingen 〈...〉 wo dich vielleicht der Brief kaum trifft] Arnim verließ Giebichenstein im letzten Juli-Drittel und reiste über Helmstedt, Braunschweig, Wolfenbüttel und Hildesheim nach Göttingen, wo er Mitte August ankam. 5–6 Wenn du 〈...〉 nach 〈...〉 Wisbaden willst] Vgl. Nr. 462,72–73 und Erl. 14 Schreiber 〈...〉 gefälliger Hausfreund] Vgl. Nr. 424,262–264 und Erl. 16 lustigen Herbst von Affenthal] Weinlese in dem durch guten Rotwein bekannten badischen Dorf Affenthal (bei Bühl). 17 Pritschen] Mit der Britsche (Pritsche), einem leichten, gespaltenen Brett, schlagen, was vor allem der Hanswurst tat. (Vgl. DWb II, Sp. 393.) 25–26 Oken 〈...〉 hat mir 〈...〉 den Thedel abschreiben laßen] Vgl. zu Nr. 415,159–163. 27–29 In Cassel 〈...〉 Kriegssekretair Grimm 〈...〉 sammelt Lieder für uns] Jacob Grimm, von Februar bis September 1805 Gehilfe Savignys während dessen Paris-Aufenthalt, war seit Januar 1806 Akzessist beim Sekretariat des Kriegskollegiums in Kassel. Nachdem Brentano Savigny am 22. März 1806 (DjB Nr. 1221) gebeten hatte, ihm einen Korrespondenten in Kassel zu vermitteln, der ihn über poetische Manuskripte in der dortigen Bibliothek informieren könnte, bat Savigny am 16. April Jacob Grimm um Unterstützung, der diese mit einem Brief vom 20. April (DjB Nr. A.63), dem zwei Volkslied-Abschriften beilagen, unverzüglich realisierte.
907
Zu Nr. 469
29 auch die Engelhard] Vgl. zu Nr. 386,4–8. 29–30 In Marburg Christian bei Weinhändler Zimmermann und Pfarrer Bang.] Christian Brentano, der in Marburg Medizin studierte, bei einem Bruder des Heidelberger Privatdozenten Johann Christian Zimmermann sowie bei Johann Heinrich Christian Bang, Pfarrer im Marburg nahen Goßfelden. Arnim kam jedoch nicht nach Marburg. 33 Gall will hier den Akermann 〈...〉 ausmerzen] Der Heidelberger Anatom Jakob Fidelis Ackermann hatte sich mit der Schrift Die Gallsche Hirn-,
Schedel- und Organenlehre vom Gesichtspunkte der Erfahrung aus beurtheilt und widerlegt (Heidelberg 1806) gegen Gall gerichtet, der im selben Jahr eine umfangreiche (VIII, 407 S.) Beantwortung der Ackermannschen Beurtheilung und Widerlegung der Gall’schen Hirn- Schedelund Organen-Lehre vom Gesichtspuncte der Erfahrung. Hg. von einigen Schülern des Hrn. Dr. Gall, und von ihm selbst berichtigt veröffentlichte. (Vgl. Ebstein 1924, S. 269–271, 276f.) In der ersten SeptemberHälfte kam er nach Heidelberg, wo er jedoch wenig Aufmerksamkeit erlangte, wie ein Heidelberger Korrespondent in der Leipziger
Zeitung für die elegante Welt, Nr. 118 vom 2. Oktober 1806, Sp. 952, berichtete: Hr. D. Gall ist nach einer dreitägigen Anwesenheit wieder von hier abgereist. Er kündigte seine Vorlesungen über die Gehirn- und Schädellehre, bloß am schwarzen Bret des Universitätsgebäudes an und setzte den Eintrittspreis auf einen Louisd’or. Die Vorlesungen kamen jedoch nicht zu Stande. Als Ursache davon gibt man theils die geringe Anzahl der Zuhörer, welche sich kaum auf 20 soll belaufen haben, an, theils den Mangel eines zur Demonstrazion tauglichen frischen Gehirns, welches ihm zur Widerlegung einiger Ackermannischen Behauptungen, seine Methode der Gehirnzerlegung betreffend, besonders nöthig gewesen seyn soll. Inzwischen hat er versprochen, Anfangs künftigen Semesters nochmals hierher zu kommen. Ueberhaupt aber scheint es nicht, daß die Art des Hrn. Dokt. Gall, wissenschaftliche Entdeckungen zu verbreiten, hier werde je eine ausgezeichnete Zustimmung finden. Anfang 1807 hielt Gall dann Vorlesungen in Heidelberg, wobei ihn Ackermann öffentlich zu widerlegen suchte. (Vgl. Gall an Bertuch, 13. Februar 1807; Ebstein 1924, S. 305f.) 42 Brief von mir mit den vielen kleinen Kupfern] Nr. 449. 43–46 deine eigne schöne Sammlung 〈...〉 eintraf] Die von Savigny im Auftrag Arnims erworbenen Kupferstiche aus dem Nachlaß Baldingers. Vgl. zu Nr. 426,4–7. 46 Deinen Brief aus Berlin] Nr. 462.
908
Zu Nr. 469
47–48 Sophie hat auch alles] Arnims Brief vom 16. Juni (Nr. 463) mit Beilagen. 48 schon an Raümer geantwortet] An Reimer, wegen des Drucks der Fiametta, am 8. Juli (Schwarz 1991, S. 197f.). 52 Baden und seine Umgebungen 1805 von Alois Schreiber] Aloys Schreiber, Baaden in der Marggrafschaft mit seinen Bädern und Umgebungen. Karlsruhe 1805. 57 St Isidorus auf der Saüle 10 Jahre stehn] Verwechslung: Nicht Isidor von Pelusium, sondern Simeon Stylites d. Ä. war der klassische Säulenheilige, der die letzten Jahre seines Lebens stehend auf einer 16–18 m hohen Säule verbrachte und mehrere Nachahmer fand. 61–62 Empfang Feierlichkeiten des Churprinzen und der Stephanie in Mannheim] Anläßlich des Einzugs des neuvermählten Paars Karl von Baden und Ste´phanie Beauharnais am 19. Juli. 62–63 Vorspiel, das Herr Wedekind 〈...〉 von H* Mahlmann hat machen lassen] Der Leipziger Schriftsteller und Herausgeber der Zeitung für die elegante Welt Siegfried August Mahlmann verfaßte im Auftrag von Franciscus Ignatius Wedekind, der um 1805/06 eine nicht näher bekannte, mit dem Mannheimer Theater in Verbindung stehende Funktion innehatte, den Prolog Das Fest am Rheine, der am 19. Juli mit Musik von Peter Ritter gegeben wurde. (Vgl. Fambach 1980, S. 48.) Die Aufführung scheint jedoch problematisch gewesen zu sein, wie aus dem Auszug aus dem Schreiben Eines〈!〉 aus Mannheim vom 21. Juli hervorgeht, der am 25. Juli in der Badischen Wochenschrift (Nr. 4, Sp. 56–59) erschien. Darin heißt es: Herr M a h l -
m a n n hatte die in der That treffende Idee gewählt: F r i e d e und L i e b e geben dem Lande sein altes Glück zurück. Die Szene führte in die Zeit H e r m a n n s von Z ä h r i n g e n zurück. Auf den Hochgebirgen des S c h w a r z w a l d e s , an der Veste Z ä h r i n g e n , saßen Gruppen von Jünglingen und Mädchen, roth und weiß gekleidet, um einen D r u i d e n a l t a r und flochten Blumenkränze. Herrmann von Zähringen erschien hierauf mit einem U n b e k a n n t e n , dem er erzählte von dem Unglücke, welches sein Land seit lange erfahren habe, und daß sie nun, bei der Wiederkehr des Friedens, zum erstenmale wieder das alte Fest der Blumen an dem Altare ihrer Väter feiern wollten. Das Fest beginnt nun unter Spiel und Gesang, wird aber durch ein Gewitter unterbrochen. Alles blickt ängstlich zum Himmel – da schwebt A m o r herab, einen zierlichen Bogen in der Hand, und verkündet, daß Liebe und Friede nun hier wohnen und goldne Zeiten zurückbringen sollten; durch einen Wink des Gottes verwandelt sich der D r u i d e n 909
Zu Nr. 469
a l t a r in eine Rosenlaube, auf deren Spitze sich Täubchen schnäbeln, der hintere Vorhang rollt auf, ein transparenter Tempel erscheint, aus welchem die Göttin des Friedens hervortritt, und bekräftigt, was Amor gesagt hatte. Über die Erfindung will ich nichts sagen; dieses B l u m e n f e s t auf den rauhen Gebirgen des Schwarzwaldes, dieser Druidenaltar unter den christlichen Zähringern, diese Erscheinung Amors und des Friedens machen eine sonderbare Komposition zusammen. Nirgends ein treffendes Bild des großen Augenblickes, der Liebe, Wünsche und Hoffnungen dieses Volkes, die sich so schön im thatenvollen Leben Carl Friedrichs, in der Hochherzigkeit Amaliens, in dem humanen, reinen und unverbildeten Karakter des Kurprinzen, in der Güte, Natürlichkeit, Zartheit und Huld der Kurprinzessin aussprechen und begründen. Bei dem anerkannten Talent des Herrn M. läßt sich inzwischen der Mißgriff erklären. Er hatte in seiner Zeitung für die elegante Welt sich zu bestimmt und zu feindselig über manche Erscheinung der Zeitgeschichte erklärt, sein Gemüth war befangen, und statt eines lebendigen Bildes mußten wir eine kalte poetische Maschinerie erhalten. / Dafür hielt aber R i t t e r s herrliche Musik schadlos, obgleich dadurch der Kontrast nur schneidender wurde, und das Werk der Bestellung zu tief hinter das Werk der Begeisterung zurücktrat. (Sp. 57f.) 63–65 20 Wagen voll ruinirter Wälder 〈...〉 Kränze und Verse reichen] Das Holz wurde für Ehrenpforten und weitere Bauten gebraucht. Vgl. den Auszug aus dem Schreiben Eines〈!〉 aus Mannheim vom 21. Juli: Die
Stadt Mannheim hatte, wie Sie sich denken können, alles aufgeboten, um nicht hinter den übrigen Städten des Landes zurückzubleiben. Von den Ehrenpforten, Anreden, Gedichten und hundert andern Veranstaltungen sage ich Ihnen inzwischen nichts (a.a.O., Sp. 57). 67 libell] ein Klagschreiben an die Obrigkeit (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 691). 67–71 Bemerkungen
eines Anspacher Rathsglieds 〈...〉 aus dem Herzen, als das vive le roi 〈...〉 unter der Guillotine] Nachdem bekannt ge-
worden war, daß Preußen die Markgrafschaft Ansbach an Bayern abtreten werde, war am 21. Januar 1806 eine Bittschrift überreicht worden, in der die Anhänglichkeit der Ansbacher an Preußen und die Bitte, nicht verschachert zu werden, kundgetan wurden. Der König reagierte am 8. Februar 1806 mit einem kurzen Antwortschreiben, das keine Hoffnung auf Erfüllung des Wunsches erweckte. Daraufhin erschienen Bittschrift und königliche Antwort im Druck, zusammen mit einem gegen Preußen gerichteten Pamphlet: Bittschrift der Ein-
910
Zu Nr. 469
wohner des Markgrafthums Anspach an Sr. Majestät den König von Preußen. Nebst Betrachtungen eines Anspachischen Beamten über diese Schrift (Petersburg 1806). Der Inhalt der Betrachtungen »ist kurz folgender: Früher ist es ›unklug‹ wie ›strafbar‹ gewesen, ›Fragen, die auf immer im geheimnisvollen Schleier unter den Stufen der Throne begraben liegen mußten, zu erörtern‹. Da nun aber der Monarch ›mit eigener Hand den heiligen Vertrag zerreißt‹, gibt er den Untertanen ›ihre ursprüngliche Freiheit‹ zurück. Und damit ist auch die Publizität aller Fesseln frei; der Publizist hat das Recht und die Pflicht, die Frage aufzuwerfen, ›ob ein König das Recht hat, seine Staaten zu verkaufen, wie er die Pferde aus seinen Ställen, oder das alte Hausgeräth aus seinen Schlössern verkaufen kann‹? Wie die ›heiligen Bücher‹ von den Pflichten der Könige und der Völker lehren, hat Gott dem Regenten dieses Recht nicht verliehen. An sich erlaubt aber auch der auf ›wechselseitige Verbindlichkeit‹ gegründete Vertrag keine einseitige Kündigung. Der Einwand, die Völker selbst hätten den Monarchen jenes Recht gegeben, ist ebenso hinfällig; denn das Volk wäre hierzu gar ›nicht befugt‹. Wie sich das Individuum nicht verkaufen kann, ohne ›selbstvergessen‹ zu sein, so erst recht nicht ein Volk. Der König hat also seine Treue gebrochen, jedoch damit den Vertrag rechtlich nicht gelöst. Wollte der Herrscher den ›Nexus der Souveränität‹ für das Volk als die ›Nothwendigkeit zu gehorchen‹ und für sich als ›die Befugniß das Volk zu behandeln, wie es ihm gefällt‹ erklären, so wäre das ›eine andere Dialektik‹, eben Despotismus. In Wirklichkeit besteht also für den König von Preußen die Verbindlichkeit des Herrschers noch und er darf und soll seine Ansbacher Untertanen weder verkaufen noch vertauschen. Vielleicht aber ließe sich seine Absicht mit dem ›Eroberungsrecht‹ entschuldigen? Mit nichten; denn nur ›aus dem Kriegs(zu)stand‹ heraus wäre diese Rechtfertigung möglich. Ländertausch, mitten im Frieden, aber ist ›Eroberung, welche die Verruchtheit über die Feigherzigkeit davonträgt‹ 〈...〉 Schließlich – und das ist ein realpolitischer Gesichtspunkt – wäre eine solche korrumpierte Methode des Fürsten nur nach Wunsch Bonapartes, welcher ›gerade auf sein Ziel losgehend‹ die vorgetragene ›Wahrheit wankend machen‹ und außer Kurs setzen will, um ihm dienstbare ›Sklavenstaaten‹ zu schaffen. Bei ›Königen ohne Völker und bei Völkern ohne Könige‹ wäre das für ihn ein leichtes Spiel« (Thürauf 1918, S. 94f.). Brentano parallelisiert die Anhänglichkeit des Ansbacher Beamten an den preußischen König Friedrich Wilhelm III. mit derjenigen der von den Jakobinern guillotinierten Girondisten an Ludwig XVI.
Gestern schreibt er mir wieder 〈...〉 Liedlein einstweilen abzudruken ect.] Der Brief ist vom 8. Juli (DjB Nr. 1275.A).
78–81
911
Zu Nr. 469
82–83 die reisenden Mahler von Ernst Wagner 〈...〉 1806] Johann Ernst Wagner, Die reisenden Mahler. 2 Bde. Leipzig 1806. Arnim rezensierte den bei Georg Joachim Göschen erschienenen Roman zusammen mit zwei weiteren Romanen Wagners positiv in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur, 5. Abteilung, 4. Heft, 1809. (Vgl. Arnim/W VI, S. 266–276, 1182– 1184.) 88 liebes goldnes Jugend Herz] Bezug auf die Idee vom Goldenen Zeitalter. Vgl. die Formulierung die Goldne Zeit wohnt dicht am Herzen der Erde,
und wenn das Kind anfängt aufrecht zu gehen wird es schon ein Infanterist in Brentanos Brief an Arnim vom 6. September 1802 (WAA XXXI, Nr. 251,79–81) und Erl. dazu. 92 Für die Melodien dancke herzlich] Kompositionen Louise Reichardts von Gedichten Brentanos (Beilagen zu Nr. 466). 92–93 ich werde Louisen selbst dafür dancken] Ein entsprechender Brief ist nicht bekannt. 93–94 Betine 〈...〉 wird mit ihr correspondiren] Briefwechsel zwischen Bettina und Louise Reichardt ist nicht bekannt. 95–101 Zu Frft in dem 〈...〉 Garten 〈...〉 von 〈...〉 Pren ist eine Bildergallerie 〈...〉 zwei Reisenden in Rücken sieht] Die Mietung des Gartens durch den Bruder Franz hatte Brentano seiner Frau bereits am 20. Juni berichtet (DjB Nr. 1259), ohne jedoch den Besitzer zu nennen: Johann Valentin Prehn, dessen Garten Bettina ausführlich in ihrem Brief vom 3. und 10. Juni (Nr. 459) schilderte. Zu der Prehnschen Universalsammlung gehörten bei ihrer Versteigerung »über 300 großformatige Ölgemälde unterschiedlicher Qualität« (Kat. Frankfurt 1988, S. 33). Auf welchen Kupferstich und auf welches Gemälde Brentano sich speziell bezog, konnte nicht sicher ermittelt werden. In dem
Verzeichniss der Gemälde, Handzeichnungen, Kupferstiche und Bücher, welche zur Hinterlassenschaft von Johann Valentin Prehn gehören und zu Ende nächster Herbstmesse versteigert werden sollen (Frankfurt/M. 1829; Rarissimum der Fürst Thurn- und Taxis Zentralarchiv-Hofbibliothek Regensburg, Sign. 8–3958) sind die Angaben oft ungenau und pauschal, und zudem wurden von den grösseren Oehlgemälden 〈...〉 nur die besseren der viel zahlreicher gewesenen Sammlung registriert (Vorbemerkung, unpag.). Vielleicht kommt ein Gemälde von Andreas Held bzw. A. Heldt in Betracht. Von einem Maler mit letzterem Namen sind einige Jagd- und Vogelstilleben bekannt (vgl. Thieme/Becker XVI, S. 325), und das Prehnsche Verzeichniss von 1829 führt von einem nicht weiter benannten Maler Held an: Eine Landschaft mit einem Wasser, und einigen Figuren belebt (S. 35, Nr. 75).
912
Zu Nr. 470
470.
An Leopold von Seckendorf in Regensburg Giebichenstein, 18. Juli 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. 446. A: Nr. 482. H: GMD. − 1 Dbl. ca. 232 x 186 mm; 1r–2v 3½ beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − WZ: D & C BLAUW. Beilagen: Brief Reichardts an Seckendorf. (Nicht bekannt.) Fremdeinträge: 1r aoR Empfängernotizen: N o 1. / b. 5. Sept. / pf 1. Aug*. D1: Kat. Kippenberg 1928, Bd. II, S. 26, Nr. 3969 (TD); datiert: 28. Juli 1806. D2: Weiss 1980, S. 126f. (Nr. 16); mit Faksimile.
Varianten 12 28
Musikhandlung] üdZ eing. 22 Leirersmann] das] aus 〈xxx〉 30 bey] aus zu
erstes
r
nachträgl. idZ
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Weiss 1980, S. 127–129. 3–4 In Mecklenburg 〈...〉 Tante 〈...〉 in Regensburg mißvergnügt und krank] Louise von Schlitz, deren Vater in Regensburg lebte, hatte Arnim die Nachricht in Karstorf mitgeteilt, wo er sich bis Ende Mai aufhielt, und kann sie von Seckendorfs in Regensburg lebender Mutter erhalten haben. 12–13 Rudolph Werckmeister 〈...〉 Realschulbuchhandlung 〈...〉 Breitkopf] Rudolph Werckmeister, seit 1806 Musikverleger in Berlin; die von Georg Andreas Reimer übernommene Realschulbuchhandlung in Berlin; die Leipziger Buch-, Kunst- und Musikalienhandlung Breitkopf & Härtel, seit 1795 geleitet von Gottfried Christoph Härtel, an den Christoph Gottlob Breitkopf die Firma abgetreten hatte. 16 durch Schwab Hall, Nürnberg Gotha] Im November/Dezember 1805. Vgl. Nr. 401, 402. 17–18 bis Michaelis] Bis zur Herbstmesse 1806, die drei Wochen nach Michaelis (29. September) begann. Die Fortsetzung des Wunderhorns erschien jedoch erst zwei Jahre später, im Herbst 1808. 19–25 ich erbitte mir 〈...〉 Tra, ri, ro der Sommer u.s.w.] Von den von Seckendorf im Bezugsbrief mitgeteilten Liedertiteln, die sich Arnim erbat, erschien nur Tra, ri, ro im zweiten Band des Wunderhorns, jedoch nach einer 1778 im Deutschen Museum erschienenen Version. (Vgl. FBA IX/3, S. 491–494.)
913
Zu Nr. 470
In Lauchstädt 〈...〉 die Jagemann spielte, Becker, Egmont Clärchen, Figaro] Caroline Jagemann, die Weimarer Schauspielerin und Sängerin,
32–33
und ihren Schauspielerkollegen Heinrich Becker sah Arnim in Lauchstädt, das im Sommer vom Weimarer Hoftheater bespielt wurde, am 9. Juli in Goethes Natürlicher Tochter, am 10. Juli in Cherubinis Lodoiska, am 16. Juli in der Hochzeit des Figaro und am 17. Juli in Egmont. (Vgl. Nr. 466,53–54 und Erl., Nr. 467 und Erl.)
470.E An Leopold von Seckendorf in Regensburg Giebichenstein, 18. Juli 1806, Freitag DV: H. B: Vgl. Nr. 446. H: Vgl. AIII, 21r, ¼ S.
A: Vgl. Nr. 482.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 470.
471.
An Friedrich Carl von Savigny in Nürnberg Giebichenstein, 23. Juli 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 450. A: −. H: SPK/NS 2/1. − 1 Dbl. ca. 232 x 185 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: D & C BLAUW. Fremdeinträge: 1r aoRl Stempel: Savigny, daneben Stempel: STAATSBIBLIOTHEK BERLIN, aoRr: 10 2r aoRr: 11. D1: Härtl 1982, S. 34f. (Nr. 5).
Varianten 13 aus
Ihr] I aus i 19 blau] üdZ eing. 19 durchschimmerten] zweites r t 20 und] aus , 24 üben] ü aus 〈x〉 24 müssen,] danach gestr. es 30 Kunst-Tiefe] -Tiefe üdZ eing. 32 traulich] t aus s 33 der] 43 Halle.] . aus , r aus m 914
Zu Nr. 471.E
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Härtl 1982, S. 225–227. 4 Ihre Abreise nach Nürnberg] Vgl. Nr. 457,321 und Erl. 5 das Kindlein] Das am 31. Juli geborene Kind starb bereits am 4. August. 7 in Trages wieder zu finden] Wo sich Arnim im Spätherbst 1805 aufgehalten hatte. 9 Kupfern] Die von Savigny aus dem Nachlaß des Marburger Mediziners Baldinger für Arnim erworbenen Kupferstiche. Vgl. zu Nr. 426,4–7. 10 die überschickten Abschriften] Von Wiedertäufer-Schriften aus Savignys Bibliothek. Vgl. Nr. 448,1–4 und Erl. sowie Nr. AII.24 und AII.25. 14 mir] Dativ-Akkusativ-Verwechslung des Berliners. 18–19 kleinen Bettine] Savignys Tochter (geb. am 11. April 1805). 27–28 von Göthe 〈...〉 Nachricht 〈...〉 Karlsbad thut ihm wohl] Arnim hatte Goethes Jenaer Brief vom 26. Juni (Nr. 465) in Giebichenstein erhalten. Die Mitteilung über das Befinden in Karlsbad, wohin Goethe am 29. Juni abgereist war, wird er durch Christiane und August von Goethe und/oder Weimarer Schauspieler, mit denen er in Lauchstädt Umgang hatte, erhalten haben. Vgl. Nr. 481,41–42. 28–31 seinen Egmont 〈...〉 die natürliche Tochter sah ich] Vgl. Nr. 466,53–54 und Erl. 36–37 Felsen an denen der Rhein 〈...〉 nieder braust] Reminiszenz an das Erlebnis des noch nicht regulierten Rheins bei Bingen während der Rheinreise mit Brentano im Juni 1802. Vgl. Arnims Briefexzerpt an Louise von Schlitz aus der ersten Julihälfte 1802 (WAA XXXI, Nr. 234.E,82–91). 43 die Herren aus Halle] Die halleschen Studenten, die das Lauchstädter Theater besuchten. 47 Vogelschützen] Während Arnims Aufenthalt in Trages. Vgl. Nr. 398,12–13 und Erl.
471.E An Friedrich Carl von Savigny in Nürnberg Giebichenstein, 23. Juli 1806, Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 450. H: Vgl. AIII, 21v–22r, 1¾ S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. Nr. 471.
915
Zu Nr. 472
472.
An Clemens Brentano in Heidelberg Braunschweig, 30. Juli, Mittwoch – Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
DV: H. B: Nr. 469. A: Nr. 475. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 178r–186v (fälschlich zugeordnet bis 188v). − 3 Dbl. (I–III) je ca. 237 x 193 mm + 1 Dbl. (IV) ca. 225 x 190 mm + 1 Bl. (V) ca. 225 x 190 mm; 1r–9v 18 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I–III: Bekrönter Posthornschild, darunter: VANDER LEY IV: Bekrönter Posthornschild, darunter: FHF V: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 510, aoRr: 178 2r aoRr: 179 3r aoRl: 510, aoRm Steig: z. 30. Juli 1806., aoRr: 180 4r aoRr: 181 5r aoRl: 510, aoRm Steig: z. 30. Juli 1806., aoRr: 182 6r aoRr: 183 7r aoRl: 510, aoRm Steig: z. 30. Juli 1806., aoRr: 184 8r aoRr: 185 9r aoRl: 510, aoRm Steig: z. 30. Juli 1806., aoRr: 186 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Das bisher sowohl in der handschriftlichen Zuordnung des Briefes als auch in seiner Druckgeschichte als zu ihm gehörig aufgefaßte letzte Dbl. bildet den Schlußteil von Nr. 479. Vgl. dort. – Kat. Rother 1989, Nr. 65. – Überliefert ist eine Teilabschrift Varnhagen von Enses (BJ/VS 8; 7 beschr. S.). D1: Steig 1894, S. 187–190 (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 10 und 11 (TD, kurzer Auszug); 30. Juli und nicht näher datiert. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 412–420 (Nr. 85).
Varianten 3
Backenbart] b aus h 13 Tropf] üdZ eing. 17 soll] danach gestr. nur 17 mehr] aus nur eine 18 Ritter] am Schluß gestr. isch 20 folgenden] Schluß-n undeutlich aus s 23 während 〈...〉 kränkelte] üdZ eing. 30 seine] s aus C 30 es] üdZ eing. 32 und] aus de 37 vorgestern] vor üdZ eing. 39–40 er ist aus Mühlhausen] üdZ eing. 40 negativer] üdZ eing. 41 Logick,] danach gestr. darin kann jeder 46 ist er] seiner Schüler in bestimmter Zeit erfinden, was er will üdZ eing. 61 sie] üdZ eing. 61 anbellen] an eing. 63 geht] g aus st 72 ich sagte daß] über gestr. Er sagt 73 wisse] üdZ eing. 74 angewandt] danach gestr. daß jeder Schüler etwas erfindet 75 schiessen] i aus l 99 Ich] neuer Schreibansatz 106 Von] neuer 115 Ebereschen] E aus 〈x〉 127 Hildesheimerin] h Schreibansatz aus 〈x〉 127 ich] i aus d 138 Nath] a aus o 167 das] aus Cle 916
Zu Nr. 472
172 ein] danach gestr. Gl 180 erschien,] danach gestr. und 181 Noch] neuer Schreibansatz 186 aber] a aus R 198 Drang] Dr aus 〈xx〉 199 ich] neuer Schreibansatz 200 wird] über gestr. ist 201 da] aus inso 210 Commersch] C aus K 211 (Heinse)] üdZ 213 (Jakobi)] üdZ eing. 219 Wieland,] danach gestr. ich würde 224 eignen] üdZ eing. 224–225 einer Art Knochenbeylage] üdZ eing.
Erläuterungen 3 Heyer ist unverändert wie in Göttingen] Arnims und Brentanos ehemaliger Göttinger Kommilitone Conrad Friedrich Heyer war Professor für Chirurgie am Braunschweiger Anatomisch-chirurgischen Collegium. (Vgl. Schnack 1984, S. 301.) 6 Princeß] Marie Elisabeth Wilhelmine, Prinzessin von Braunschweig-Oels. 7–8 Frau, die Schwester des Volkmar] Christiane Dorothea Eleonore Heyer, seit 1803 mit Conrad Friedrich Heyer verheiratet, war die Schwester der Brüder Philipp Ludwig und Carl Heinrich Ludwig Volkmar, die seit Oktober 1800 in Göttingen Medizin bzw. Jura studiert hatten. Philipp Ludwig wurde Arzt, Carl Heinrich Ludwig Advokat in Braunschweig. (Vgl. Schnack 1984, S. 89, 401.) Arnim meinte den Arzt, wie aus seinem Konzept an Bettina vom 5. August 1806 geschlossen werden kann, in dem er mitteilt, der einzige, der ihm von Winkelmann berichtete, habe medicinische Beobachtungen an ihm gemacht (Nr. 473.K,28). 8–9 ein Kindchen 〈...〉 eins in der Hoffnung] Das Ehepaar Heyer hatte drei Töchter und einen 1810 geborenen Sohn. (Vgl. Schnack 1984, S. 401.) 12–13 was 〈...〉 Tropf in Heidel: gesagt] Vgl. Nr. 457,275–278 und Erl. Dort richtig: Knopf. 18–19 Ritter nachgebildetes 〈...〉 Leben] Vgl. Arnim in seiner Rezension der Johann Wilhelm Ritterschen Fragmente aus dem Nachlasse eines jungen Physikers: Der Armuth gewöhnt, kam er nach Jena, er wußte sich zu
beschränken und vom mäßigen Bücherverdienste zu leben, sein Ruhm entstand, sein Geist erfreute, und er verstand es damit Credit zu machen, viele drängten sich um ihn, die ihm eben nichts bieten konnten, als ein wenig Völlerey und Wohlleben, weil sie ihn geistig nicht fassen konnten, aber selbst unter den Gebildetsten fand er, wie es die Zeit damals mitbrachte, jenen Leichtsinn, und er fand sich bald darin sehr bequem. 〈...〉 das Beyspiel machte ihn in seinen äußeren Verhältnissen leichtsinniger, und das flüchtige Feuerwerk von Kunsteindrücken, die er da empfing, brachten in den ruhigen Gang seiner wissenschaftli917
Zu Nr. 472
chen Untersuchung einen Wunsch nach Außerordentlichem, auch ein gewisses Lermmachen, vorzeitiges Verkünden von Entdeckungen, die sich mehrmals nicht bewährten 〈...〉 Diese abwechselnde Völlerey und Noth, die sein schönes Streben durchschnitten, nöthigten ihn abwechselnd zu ungemeinen Anstrengungen und veranlaßten manche Nachlässigkeit. Wer aber dem Vergnügen lebt, muß ihm ganz leben, wer arbeiten will, muß sich zuerst bearbeiten, ordnen, bezwingen können. 〈...〉 Ueberhaupt fehlte ihm bey aller religiösen Gesinnung 〈...〉 die Art heiliger erhaltender Ehrfurcht vor dem eignen Körper, weil auch er ein Ebenbild Gottes 〈...〉 vielleicht lohnte es der Mühe, einmal alle bedeutende Entdeckungen durchzugehen, ob je durch solches Zerstören des eigenen Lebens irgend eine gemacht worden, ich habe noch keine finden können, aber die wissenschaftliche Jugend setzt meist ihren Muth darein. (WAA II, S. 461f.) 21 Empfindungsmanege] Vmtl. Bezug auf die auch als Reitbahngang bezeichnete sogenannte Manegebewegung, »ein Symptom von Gehirnerkrankung bei Pferden, die dabei (wie in der Reitbahn) im Kreise herumgehen« (MGKL XVI, S. 771).
28 das verfluchte Lesen] Winkelmanns Vorlesungen in Göttingen 1801/02. Vgl.: Brentano an Savigny, vmtl. 18. Mai 1801, 8. oder 9. Juni 1801, etwa 8. Juli 1801 (DjB Nr. 441; Nr. 455; Nr. 476). 34 seine schöne Frau] Arnim hatte Johanna Steffens, die älteste Tochter aus Reichardts zweiter Ehe, seit 1803 verheiratet mit Henrik Steffens, im Juli 1806 in Giebichenstein wiedergesehen. Schon während seiner Studienzeit in Halle war sie unter den Kommilitonen beliebt. Vgl. Carl Gottlob Häkel an Arnim, 20. August 1800 (WAA XXX, Nr. 106,89–90) und Carl Friedrich von Redtel an Arnim, 26. Juli 1801 (WAA XXX, Nr. 162,33–37). 36 zu Beireis nach Helmstädt] Gottfried Christoph Beireis lehrte seit 1759 an der 1574 gestifteten, 1809 aufgehobenen braunschweigischen Universität Helmstedt. Im Sommer 1805 hatte ihn Goethe besucht, der darüber in seinen Tag- und Jahresheften ausführlich berichtet (Goethe/MA, Bd. XIV, S. 139–156). Von Arnim in der Gräfin Dolores (Abt. 3, Kap. 9) als Der wunderbare Doktor geschildert. 39–40 kleinsten Reichsstadt der Welt 〈...〉 Mühlhausen] Beireis war Bürgermeisterssohn aus dem thüringischen Mühlhausen, das bis 1802 Freie Reichsstadt war. 41 in 36 Definitionen steckt alles] Vgl. zum folgenden Arnim an Goethe, 1. September 1806 (Nr. 480,69–78).
918
Zu Nr. 472
54–55 Er hat herrliche Gemälde 〈...〉 einen jungen Dürer, mit rothem Käppchen] Vgl. den Bericht Goethes, der erkannte, daß es Kopien waren, und ausführlich auf das angebliche Dürer-Selbstporträt von 1493 einging (Goethe/MA, Bd. XIV, S. 145f.), das er allerdings für original hielt, obwohl es ebenfalls kopiert war. Zu Beireis’ Sammelleidenschaft für Gemälde, die erst 1787 einsetzte und die Interessen des Sammlers für Automaten und Naturalien zurückdrängte, vgl. Heister 1860, S. 241–246. 56 pinxit] gemalt. 83–84 seinen Demant] Beireis’ Hauptschatz 〈...〉 In der Größe eines
mäßigen Gänseeies war es vollkommen klar, durchsichtig, doch ohne Spur, daß daran geschliffen worden (Goethe/MA, Bd. XIV, S. 155); vmtl. ein Topasgeschiebe (vgl. Heister 1860, S. 230). 99–100 Bruns hat mir Paar platdeutsche Manuscripte gegeben] Welche Manuskripte Paul Jakob Bruns Arnim in Helmstedt gegeben hat, ist nicht bekannt. Vgl. Bruns’ Edition Romantische und andere Gedichte in altplattdeutscher Sprache (Berlin 1798). 101 Thedel von Wallmoden] Vgl. Nr. 415,159–163 und Erl. 101 mein Bedienter] Frohreich. 102–103 Kampes Haus 〈...〉 viel angenehmes Wesen 〈...〉 ein blondes Fräulein] Joachim Heinrich Campe wohnte seit 1787 in einem Haus am Aegidienmarkt 11, das ihm der Herzog Carl Wilhelm Ferdinand zu Braunschweig und Lüneburg geschenkt hatte und in dem er ein Jahr später seine Schulbuchhandlungs-Druckerei eröffnete. (Vgl. Schmitt 1996, S. 102f.) Zu dem angenehme〈n〉 Wesen wird Campes Frau Maria Dorothea beigetragen haben, wohl auch die Tochter Charlotte, die seit 1795 mit dem nach Braunschweig übersiedelten Buchhändler Johann Friedrich Vieweg verheiratet war, den Arnim ebenfalls mitgemeint haben kann. Wer das blonde Fräulein war, bleibt unklar. Campes Biograph nennt, ohne nähere Mitteilungen, drei infrage kommende Enkelinnen: »als körperlich und geistig wohlbegabte Enkel und Enkelinnen den greisen Grossvater umgaben ( E d u a r d und C a r l ; S o p h i e , L i l l a und M a r i a ) , da hatte ein Kreis lieber Menschen sich geschlossen, in dem C a m p e wie ein Patriarch des alten Bundes lebte und waltete« (Leyser 1896, Bd. I, S. 74; die Angaben zu den Enkelinnen Schmitt 1996, S. 142f. scheinen unvollständig zu sein). 104–105 morgen nach Wolfenbüttel] Am 5. August, wie aus Arnims am selben Tag in Wolfenbüttel geschriebenem Brief an Bettina (Nr. 473) gefolgert werden kann. 105–106 Beym Prediger Witte 〈...〉 nichts gefunden für uns] Vgl. Nr. 424,117 und Erl.
919
Zu Nr. 472
106 Von Eschenburg erhielt ich mancherley] Was Arnim von dem Braunschweiger Literaturhistoriker Johann Joachim Eschenburg erhielt, ist nicht bekannt. »Es dürfte sich dabei 〈...〉 um Abschriften aus älteren Sammlungen oder Fl. Bl. gehandelt haben.« (Rölleke in FBA IX/3, S. 806.) 106–109 in Wolfenbüttel 〈...〉 eine andre Ausgabe der frischen Liedlein, sechs Lieder 〈...〉 abgeschrieben] Arnim fand in der herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel die Erstausgabe (1539) von Georg Forsters Frischen Teutschen Liedlein, nachdem für den ersten Band des Wunderhorns verschiedene andere Auflagen der fünfbändigen Sammlung benutzt worden waren. (Vgl. Rölleke 1971b.) Welche Lieder er abschrieb, ist nicht bekannt. Vgl. Nr. 473,39–41. 113 Liebenstein] Badeort im Thüringer Wald. 114 der Wall wo ich Göthe sah] Während Goethes Göttingen-Aufenthalt vom 6. bis 12. Juni 1801. Vgl. WAA XXX, S. 542f. sowie Arnim an Bettina, Briefteil Göttingen, 30. August 1806 (Nr. 477,104–108), und an Goethe, 1. September 1806 (Nr. 480,27–29). 114 mein Gärtchen] Während seiner Göttinger Studentenzeit wohnte Arnim in einem Garten vor dem Grohnder Thore (an Redtel, vmtl. bald nach dem 8. Juni 1801; WAA XXX, Nr. 156,15–16; vgl. Erl. dazu). 117–118 Heymberg] Hainberg (westlich von Göttingen). 120–121 das neue Kriegswesen Hannover 〈...〉 über fiel] Am 7. August war in Berlin eine Depesche des preußischen Botschafters in Paris, Lucchesinis, eingetroffen, daß Napoleon den Engländern die Rückgabe des Kurfürstentums Hannovers versprochen habe. Daraufhin verfügte der preußische König am 9. August die Mobilmachung der gesamten preußischen Armee. (Vgl. Häusser 1861–1864, Bd. II/2, S. 711.) 121 Hundstagen] eine Zeit des Jahres, da der H u n d s s t e r n zugleich
mit der Sonne aufgeht, welches am 24sten Jul. geschieht, und biß zum 23sten August währet, in welcher die Sonnenhitze gemeiniglich den höchsten Grad zu erreichen, und die H u n d e oft wüthend zu machen pflegt, welches man ehedem dem H u n d s s t e r n e zuschrieb (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 475). 126–127 Kriegsrath von Schulz 〈...〉 verheirathet mit einer Hildesheimerin] Christoph Ludwig Friedrich Schultz, den Arnim im November 1805 in Ansbach wiedergesehen hatte (vgl. Nr. 402,40–41 und Erl.), heiratete am 4. August 1806 in Hildesheim Johanna (Jeanette) Püttmann, die älteste Tochter des Hildesheimer Medizinalrates Franz Joachim Püttmann, der kurz zuvor, am 12. Juli, gestorben war, nachdem die Mutter bereits 1801 begraben werden mußte. (Frdl. Auskunft des Bistumsarchivs Hildesheim an Sabine Schäfer, Goethe/RA.)
920
Zu Nr. 472
Das junge Paar verließ »sechs Tage« (Düntzer 1853, S. 16) nach der Hochzeit mit zwei Schwestern von ihr Hildesheim in Richtung Berlin. 127–128 Indemnitäten] Schadensersetzungen. 128–129 er lernte sie durch die Preussische Besitznehmung kennen] Das Bistum Hildesheim war durch den Reichsdeputationshauptschluß an Preußen gefallen, Schultz im Herbst 1802 als Expedient in Hildesheim angestellt worden, wo er seine spätere Frau bald kennenlernte. (Vgl. Düntzer 1853, S. 6.) 131–132 gingen wir wie Böcklein über die 〈...〉 Berge bey Hildesheim] Die Eltern Püttmann hinterließen sieben 1806 noch lebende Kinder – fünf Töchter, zwei Söhne –, die zur Zeit von Arnims Aufenthalt zwischen sieben und neunzehn Jahren alt waren und sich zusammen mit Schultz und einer Bekannten in Erinnerung an das Erlebnis der Hildesheimer Landschaft auf ein Stammbuchblatt eintrugen, das Arnim später in sein Stammbuch einfügte (vgl. Nr. AI.67). 137–139 der Schweizer bey der Kastanie 〈...〉 so weich hat annehen können] Nach einem Schwank in Hans Wilhelm Kirchhofs Sammlung Wend-
unmuth, darinnen fünff hundert und fünfftzig höflicher, züchtiger und lustiger historien, schimpffreden und gleichnüssen begriffen und gezogen seyn auß alten und ietzigen scribenten (Frankfurt/M. 1562), und zwar Von eim Schwaben und Schweitzer. Darin heißt es: Item auff dem weg fand ohngeferd der Schwab ein kesten oder castanean, die hub er auff und sprach mit freuden: Lug, Uli, lug, ein schöns und guts nüßle, das ist in ein lederle gneiet! Der Schweitzer bsahe es eigentlich und sagt mit grossem verwundern: Gucken, gucken! Das ist bey gotts chrütz ein fyner schnider gsyn und hat gar ein subers nödeli chonnen machen. Meinet oben des ort, das gegem stil gestanden, wer die naht, da das lederlin wer zugenehet (Kirchhof 1869, Nr. 199, S. 245). Der Schwank war Teilquelle für Eine Kastanie, das vorletzte Lied im zweiten Band des Wunderhorns, vmtl. bearbeitet von Brentano, der auch die Ausgabe Kirchhofs von 1562 besaß. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 687–689 mit Hinweis auf die Briefstelle.) 139–140 Redtel 〈...〉 mit ihrer Schwester 〈...〉 noch ein Jahr warten] Carl Friedrich von Redtel, wie Schultz Schul- und Universitätsfreund Arnims, hatte sich 1806 bereits vor Schultz’ Ankunft in Hildesheim aufgehalten und dort Helene Püttmann kennengelernt, die er am 18. April 1808 in Giebichenstein heiratete, wie er Arnim zwei Tage nach der Hochzeit mitteilte (WAA XXXIII). 141 das ganze Haus] Das Püttmannsche Haus. 157–158 Die Anspacher Klageschrift 〈...〉 von mir verlangst] Vgl. Nr. 469,62–71 und Erl.
921
Zu Nr. 472
164 unsern Minister] Karl August von Hardenberg. 167 Neufchatel] Neuenburg (Neuchaˆtel), seit 1707 preußisches Fürstentum, im Dezember 1805 nebst Kleve gegen Hannover an Frankreich vertauscht, seit 1815 Kanton der Schweizer Eidgenossenschaft. 167–174 das Clevische 〈...〉 da ist Unrecht geschehen] Kleve, ehemaliges deutsches Herzogtum beidseitig des Rheins, war im 17. Jh. an Preußen gekommen, das zunächst 1795 im Frieden von Basel den linksrheinischen Teil und 1805 auch noch den rechtsrheinischen – mit Stadt und Festung Wesel – an Frankreich abtrat. Der größte Teil wurde dem Roerdepartement zugeschlagen, das übrige dem 1806 gegründeten Herzogtum Berg. Vgl. Brentanos Einschätzung, daß Preußen mit der Übergabe von Wesel 〈...〉 das Loch öfnen muste (Nr. 435,170–172). 178–180 sechs Dialogen über Krieg und Handel 〈...〉 von dem älteren Raumer 〈...〉 dir so wunderlich erschien] Sechs Dialogen über Krieg und Handel. In den letzten Monaten 1805 (Berlin 1806) von Arnims Schulfreund und Kommilitonen Friedrich von Raumer, dem älteren Bruder des ebenfalls mit Arnim (und Brentano) bekannten Karl von Raumer. Brentano wird ihn bei seinem Berlin-Aufenthalt Ende 1804 kennengelernt haben. 190 Austerlitzer Schlacht] Napoleons Sieg am 2. Dezember 1805 über die österreichischen und russischen Truppen. 194–195 der aber den Morgenstern hält 〈...〉 nicht fallen lassen] Vgl. Arnims Begeisterung für Goethes Spruch Consiliis hominum pax non reparatur in orbe. (Nr. AI.58 und Erl.) Morgenstern: der Planet Venus, wenn er früh vor Sonnenaufgang scheint. 197 Deinen Brief mit Kupferstichen] Nr. 449. 199 Büchereinkauf] Vgl. Nr. 449,88–89. 203–204 Dein Auftrag an Oken] Vgl. Nr. 469,25–26. 206 bey Forkel 〈...〉 Musik∧bücher stecken] Was Arnim bei dem Göttinger Universitätsmusikdirektor und Musikhistoriker Johann Nikolaus Forkel fand, ist im einzelnen nicht bekannt. »Es ist ehestens mit Auszügen aus alten Musikbüchern zu rechnen« (Rölleke in FBA IX/3, S. 806). Forkel gehört zu denjenigen, die im Entwurf einer Danksagung für das Wunderhorn angeführt sind (FBA IX/3, S. 407). 207 Blumenbach 〈...〉 für alle diese Sachen] Was Arnim von dem Göttinger Mediziner Johann Friedrich Blumenbach erhielt, ist im einzelnen ebenfalls nicht bekannt. Blumenbach, dessen naturhistorische Sammlung er während seiner Bildungsreise zu bereichern gesucht hatte (vgl. an Winkelmann, 8. November 1802; WAA XXXI, Nr. 267,49–54 und Erl.), sammelte seit 1799 selbst Volkslieder, die er später August von Haxthausen zur Verfügung stellte, wie dieser
922
Zu Nr. 472
Arnim am 9. März 1818 berichtete. (Vgl. Rölleke in FBA IX/3, S. 799f.) Am 20. April 1808 bat Arnim Blumenbach um Hinweise für die Zeitung für Einsiedler, worauf dieser am 2. Juli positiv reagierte. (Vgl. WAA XXXIII.) Blumenbach gehört zu denjenigen, die im Entwurf einer Danksagung für das Wunderhorn angeführt sind (FBA IX/3, S. 407). 208–210 daß in der Bibliothek des Chorherrn Wick 〈...〉 Liedersammlungen] Der Zürcher reformierte Prediger Johann Jakob Wick hinterließ eine umfangreiche Nachrichtenchronik, »eine Sammlung von Nachrichten zur Zeitgeschichte aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts« (Senn 1974, S. 35). Die Sammlung ist nicht auf Lieder spezialisiert, enthält aber welche. »Neben einer Unzahl von Briefen, die Wick zum Teil vollständig, zum größeren Teil nur auszugsweise kopiert – einige wenige liegen im Original vor –, hält er auch mündliche Berichte fest. Dazwischen erscheinen besinnliche oder satirische Gedichte und Lieder zum Tagesgeschehen, Grabsprüche auf verstorbene Persönlichkeiten und mehrere Namenlisten, die ganz unterschiedliche Zusammenhänge betreffen. Außerdem werden ganze Reiseberichte, Tagsatzungsprotokolle und Flugschriften kopiert. Wick hat aber nicht nur aufgeschrieben und kopiert, er sammelt auch die Drucke und Flugschriften seiner Zeit und nimmt sie in die Chronikbücher auf.« (Ebd., S. 35f.) Zu den Flugschriften vgl. Harms 1997. Daß die Wicksche Sammlung für das Wunderhorn genutzt wurde, ist nicht bekannt. 210–211 Commersch köre (Heinse)] Gesänge bei studentischen Trinkgelagen (Commersch, Kommersch), mit dem Namen Heinses vmtl. wegen seines burschikosen Wesens verbunden, das Arnim bei der Lektüre der von Wilhelm Körte herausgegebenen Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller. Aus Gleims litterarischem Nachlasse (Zürich 1806) bewußt geworden sein wird. Als Heinsescher Terminus darin nicht ermittelt. 211–213 geistlich Lied 〈...〉 von einem alten Weibe (Jakobi)] ParallelAssoziation zu Commersch köre (Heinse), ebenfalls ausgelöst durch die Lektüre der Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller, die auch Briefe Heinses an den Gefühls- und Glaubensphilosophen Friedrich Heinrich Jacobi enthalten, dessen Privilegierung der Religion zuungunsten der Poesie vor allem durch Friedrich Schlegels Kritik (1796) des Romans Woldemar in Mißkredit geraten war. An Jacobi-Stellen der Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johann von Müller hatte bereits Brentano Anstoß genommen. (Vgl. Nr. 435,62–64 und Erl.) 218–219 der Brief an Wieland 〈...〉 Dedikation zu Götter Helden und Wieland] Gemeint ist Heinses Brief an Wieland aus Halberstadt vom 2. Januar 1774, der bereits Brentano zu Kritik an Wieland veranlaßt hatte. (Vgl. Nr. 435,80 und Erl.) Arnim bezieht den Brief auf die Farce Götter, Helden und
923
Zu Nr. 472
Wieland (1774), mit der Goethe auf Wielands Singspiel Alceste (1773) und Briefe an einen Freund über das deutsche Singspiel Alceste (1773) reagierte. Wieland, dessen Singspiel Euripides’ Drama Alkestis zugrunde liegt, hatte seine moralisierende Version über die von Goethe als naturwüchsiger geschätzte des Griechen gestellt, weswegen Goethe ihn in seinem Stück nach Art der Totengespräche persiflierend mit Euripides zusammenführte. 220 der Brief Heinses an Gleim vor dem Peterstage] Großer Brief aus Rom, vor dem Peterstage 1782 (Bd. II, S. 398–439; zit. S. 398). Der Peterstag, eigtl. Peter- und Paulstag, ist das älteste der Apostelfeste, zum Andenken an den Märtyrertod der beiden Hauptapostel am 29. Juni. 221–224 Müllers Briefwechsel 〈...〉 der Schwytzer und der Halberstädter Dialekt] Johannes von Müllers Briefwechsel mit Gleim – von Körte nicht als selbständige Korrespondenz ediert, sondern mit den Briefwechseln Heinses mit Gleim und Jacobi in chronologischer Gesamtanordnung durchmischt – ist Arnim zufolge beeinträchtigt durch die unterschiedlichen Positionen und Artikulationen des Schweizer Historikers und des Halberstädter Dichter- und Menschenfreundes, Dialekt also nicht mundartlich gemeint. 224–228 Jakobi 〈...〉 Schrift 〈...〉 von seinem Freund Heinze urtheilen könne S 47.] Friedrich Heinrich Jacobi richtete sich in Was gebieten Ehre,
Sittlichkeit und Recht in Absicht vertraulicher Briefe von Verstorbenen und noch Lebenden? Eine Gelegenheitsschrift (Leipzig 1806) gegen die Veröffentlichung privater Briefe von Zeitgenossen ohne Einwillung des Adressaten. Es müsse einen vor der Öffentlichkeit zu schützenden privaten Bereich geben, gedruckt dürfe nur werden, was der Verfasser selbst zum Druck bestimmt habe. Damit wandte Jacobi sich gegen den Editorenstandpunkt Körtes, der für weitgehend authentische Briefwechselausgaben plädierte, in deren Druckgestalt einzugreifen dem Herausgeber jedoch durchaus erlaubt sei. (Ausführliche Darstellung der Kontroverse, in der es zu einer Replik Körtes auf Jacobi [1806], einer Polemik Voß’ gegen Körte [1807] und einer Replik Körtes auf Voß [1808] kam: Mohr 1973.) Da Jacobi Heinses aus Italien an ihn gerichtete Briefe ohne vorherige Durchsicht Körte anvertraut hatte, meinte er sich in seiner Gelegenheitsschrift »gegen den Vorwurf der Leichtfertigkeit verteidigen zu müssen 〈...〉 Er tut dies in einem recht negativen Charakterporträt Heinses (Gelegenheitsschrift, 47–50), das zeigen soll, daß ihr Verhältnis nicht intim war und Jacobi mutmaßen konnte, daß ihre Briefe nichts eigentlich Vertrauliches enthielten. Die Charakteristik Heinses, entworfen zum Zwecke der Selbstrechtfertigung Jacobis gegen Angriffe, die ihm nur die eigene Empfindlichkeit suggerierte, ist dem ›Ruhme‹ Heinses ›nachteiliger‹ als alles, was Körte in Heinses Briefen mitgeteilt hatte und nach Jacobis Dafürhalten hätte tilgen müssen. Jacobis Mora-
924
Zu Nr. 472
lismus ist in Gefahr, auf solche Weise in Selbstbezogenheit und Selbstpflege zu verkommen.« (Mohr 1973, S. 57f.) Charakteristisch für das Ineinander von Jacobis Versuch, die moralische Unbedenklichkeit der ihm von Heinse geschriebenen Briefe darzulegen, und der moralischen Entrüstung über bestimmte Werke Heinses ist die von Arnim gemeinte Stelle S. 47f. der Gelegenheitsschrift:
Weit entfernt, daß die öffentliche Bekanntmachung dieser Briefe dem Andenken von Heinse hätte nachtheilig werden können, mußte sie vielmehr für dasselbe auf eine sehr vortheilhafte Weise wirken. Wie Ludwig der Vierzehnte von seinem Neffen, dem Regent d’Orleans, gesagt hatte: c’est un fanfaron de crimes; so konnte man von Heinse, als Verfasser des Ardinghello, der Laidion, des deutschen Petrons sagen: c’est un fanfaron de libertinage – un masque de cerveau brule´. Von dergleichen Ausgelassenheiten und Ungeheuerlichkeiten; wunderlichen und widerlichen Rodomontaden in Worten und Wesen, fand sich nichts in diesen Briefen: das wußte ich, ob ich sie gleich seit fünf und zwanzig Jahren nicht wieder gelesen hatte, und mein Gedächtniß mir aus ihnen gar nichts mehr klar und bestimmt vorhielt; ich wußte es, weil sich nichts dergleichen in Heinsens wirklichem Leben hervorthat, und er sich unmöglich in Briefen an mich je hatte anders können darstellen wollen, als ich ihn während sieben auf einander folgenden Jahren im täglichen Umgange gekannt und erfahren hatte. 230–232 Ich habe aus Winkelmanns Nachlasse 〈...〉 Briefe und 〈...〉 Dein Stammbuch 〈...〉 bring und schick Dir alles] Da Arnim seine geplante Heidelberg-Reise in Göttingen abbrechen mußte, konnte er Brentano die Hinterlassenschaften nicht überbringen. Er schickte ihm dessen Briefe an Winkelmann und das Stammbuch am 6. Oktober nach Heidelberg und hatte Savignys Briefe an Winkelmann vorher nach Marburg gesandt. (Vgl. Nr. 498,16–19.) Letztere gelangten aus dem lange in Trages verwahrten Savignyschen Familienarchiv in die UB Marburg, diejenigen Brentanos kamen ins Freie Deutsche Hochstift Frankfurt/M. und in den Varnhagen-Nachlaß der zunächst Preußischen Staatsbibliothek Berlin (vgl. die Nachweise in der vorliegenden Edition), die wenigen Arnims ebenfalls ins Freie Deutsche Hochstift und in den VarnhagenNachlaß (zwei Exzerpte ins GSA Weimar; vgl. die Nachweise in WAA XXX und XXXI). Brentanos Stammbuch ist verschollen.
925
Zu Nr. 472.E
472.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend DV: H. B: Vgl. Nr. 469. A: Vgl. Nr. 475. H: Vgl. AIII, 9r–10r 2¼ S. (I) + 22r–23v 3⅛ S. (II). D1: Zschiedrich 2000, S. 177 (TD).
Erläuterungen Vgl. Nr. 472. 19 H.] Hannover.
473.K An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August 1806, Dienstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 476. H: FDH 7227. − 1 Dbl. ca. 237 x 192 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; nicht gefaltet. − Braunfleckig, 2v Abdruck von rostiger Büroklammer. − WZ: VANDERLEY. Fremdeinträge: 1r aoRl: B , aoRm: (Conzept) 2v auRr: zu 7227. D1: Steig 1913, S. 37 (TD).
Varianten 6
erworbene] w aus f 19 von] danach gestr. Frankfur 23 die] d aus w 23 gelöst] g aus b 28 medicinische] n aus s 37 an] über 37 viel] am Schluß gestr. e 39 wie] danach gestr. ich gestr. Mit 42 Guido] aus G〈xxx〉 46 mehr] m aus 〈x〉 49 steht] über gestr. sitzt 49 wie an einem Meßtische] üdZ eing. danach gestr. und 49–50 und man will auch nichts liegen lassen] zwischen den Zeilen Erläuterungen 18 durch Lessings Hände gegangen] Lessing war seit 1770 Bibliothekar der herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel. 21 die Wälle abgefahren wie dort] Die Frankfurter Festungsmauern waren 1804 abgerissen worden, um die Stadt wurden Wallpromenaden angelegt.
926
Zu Nr. 473.K
28 der einzige der mir von ihm erzählte] Der Arzt Philipp Ludwig Volkmar. Vgl. Nr. 472,7–8 und Erl. 30–32 Heyer 〈...〉 Frau und Kind 〈...〉 Thätigkeit] Vgl. Nr. 472,8–9 und Erl. 35 wie Silen reitend] Der Satyr Silenus wurde von den Griechen trunken auf einem Esel oder einem Weinfaß reitend vorgestellt. 36–38 der König von Holland 〈...〉 kein Bad frey finde] Die seit 1798 bestehende Batavische Republik war am 26. Mai 1806 in das Königreich Holland umgewandelt worden, zu dessen König am 5. Juni Louis Bonaparte, ein Bruder Napoleons, ernannt wurde. Unter seiner Regierung wurden die französischen Gesetze eingeführt, die holländischen Truppen mußten an den Kriegen Frankreichs teilnahmen. 39–41 In einem hölzernen Schlosse 〈...〉 Bilder] In dem zwischen Wolfenbüttel und Braunschweig gelegenen Salzdahlum hatte Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel 1688–1694 ein Lustschloß errichten lassen, aus Kostengründen fast ausschließlich in Holzbauweise. Es enthielt auch die herzogliche Gemäldesammlung. Als Arnim Salzdahlum besuchte, war dort das höfische Leben erloschen, die Anlagen verfielen, und 1813 wurde das Schloß wegen Baufälligkeit abgerissen. Die Gemälde wurden, soweit sie nicht in den Louvre verbracht worden waren, bereits 1810 versteigert; einige gelangten später in das Braunschweiger Herzog-Anton-Ulrich-Museum. (Vgl. http://de.wikipedia.org/ wiki/Schloss Salzdahlum.) 42–43 die Judith 〈...〉 von Guido Reni] Guido Reni, Judith mit dem Kopf des Holofernes (jetzt Fine Arts Museum of San Francisco). 46–48 Die 〈...〉 Farbenscheibe 〈...〉 weissen Schein giebt] Wird die kreisförmige Newtonsche Farbenscheibe in schnelle Rotation versetzt, erscheinen die Farben, mit denen sie bemalt ist, grauweiß. Vgl. Arnim an Brentano, 24.–27. Dezember 1803: im schnellen Umschwunge zieht die Farbenscheibe die drey Farben nur in weiß zusammen (WAA XXXI, Nr. 327,217–218). 49 Meßtische] »kleiner viereckichter tisch, womit man die weiten und höhen messen und alle felder leicht in den grund legen kann« (DWb XII, Sp. 2140). 56–57 es ist nicht alle Tage Sonntag und Rom ist nicht in einem Tage erbaut] Sprichwörter. (Vgl. Wander IV, Sp. 628, Nr. 12; III, Sp. 1714, Nr. 19.) 58 Willkühr] In der älteren Bedeutung: »das handeln nach gutdünken und freiem ermessen 〈...〉 gleichbedeutend und gerne in verbindung mit freiheit, freie wahl u. ä.« (DWb XXX, Sp. 205.) 59–60 In Magdeburg 〈...〉 Grabmahl] Bronzetumba des Erzbischofs Ernst von Sachsen in der Ernst-Kapelle des Magdeburger Doms aus der Werkstatt Peter Vischers d. Ä. (1495, zu Lebzeiten des Erzbischofs), an den Seiten der Tumba die zwölf Apostel.
927
Zu Nr. 473
473.
An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August, Dienstag, und Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend
DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 476. H: FDH 7227. − 1 Dbl. ca. 225 x 188 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet; Ku ca. 97 x 117 mm. − Stark vergilbt, aoRl Abdruck von rostiger Büroklammer, arR braune Flecke; Ku braunfleckig, rotes Siegel. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: FHF. Fremdeinträge: 1r aoRl: 143 2v auRr: 7227 Kur aoRl: 146, daneben Bettina: Göttingen 16 August 1806 Kuv aoR Bettina: Göttingen 16 August 1806, arR: wort fort. D1: Steig 1912, S. 271; TD. D2: Steig 1913, S. 36f. D3: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D4: Betz/Straub 1986, S. 70f. (Nr. A9).
Varianten 3 möchte] üdZ eing. 12 in den] in aus er
Herzog eing.
4
bewustlose] b aus B 7 zu] nachträgl. idZ 13 von] aus hin 16–17 die Gallerie des von Braunschweig] üdZ eing. 17 die Gallerie von Beireis] üdZ 26 Lerm] üdZ eing.
Erläuterungen Mit Nr. 473.K konvergierende Stellen werden dort erläutert. 13–14 Ringelrennen, wer da etwas absticht] Reiterspiel, besonders im späten Mittelalter, »bei dem es darauf ankommt im scharfen anreiten mit der lanzenspitze einen aufgehängten ring zu treffen oder abzustreifen« (DWb XIV, Sp. 999). 36–37 Flitter∧wochen 〈...〉 des Freundes 〈...〉 Lieder im Winter sandte] Flitterwochen Schultz’ in Hildesheim (vgl. Nr. 472,126–127 und Erl.), von dem Arnim Bettina mit seinem Brief vom 17. Februar (Nr. 427) zwei Vertonungen geschickt hatte. 37–40 in Hannover 〈...〉 Frankreich aufgeopfert] Vgl. Nr. 472,120–121 und Erl. 41–42 die Erndte ist reif 〈...〉 Sichel führen kann] Nach Joel 4,13.
928
Zu Nr. 474.E
44–45 einbeissen an dieses liebliche Eigenthum] Vgl. Arnims Stammbucheintrag für Varnhagen Ende Juni/1. Juli 1806 mit dem Eingangsvers: Fest beiß ich mich, mein schwankend Vaterland (Nr. AI.63), sowie sein Stammbuchblatt für Louise Reichardt vom 6. Juli 1806 (Nr. AI.64).
473.E An Bettina Brentano in Frankfurt Wolfenbüttel, 5. August, Dienstag, und Göttingen, 16. August 1806, Sonnabend DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 476. H: Vgl. AIII, 8r ¼ S. (I) + 10r–10v, ca. 1 S.
Erläuterungen Vgl. Nr. 473.
474.E An Louise von Schlitz in Karstorf Hildesheim und Göttingen, zwischen 10. und 30. August 1806, Sonntag und Sonnabend DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 10v, ½ S. Datierung: Terminus post quem aufgrund der Ankunft in Hildesheim (10. August), Terminus ante quem aufgrund des von Arnim datierten folgenden Exzerpts an Bettina (Nr. 477.E): 30. August.
Erläuterungen 3 sie hatten 〈...〉 zu küssen] Die Hildesheimer Jungvermählten Christoph Ludwig Friedrich Schultz und seine Frau Johanna. Vgl. Nr. 472,126–127 und Erl.
929
Zu Nr. 475
475.
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, etwa 20. August 1806, Mittwoch
DV: H. B: Nr. 472. A: Nr. 479. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 124r–124v. − 1 Bl. ca. 222 x 187 mm; 1r–1v 2 beschr. S.; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Teil von Antiquaversalien (nicht identifiziert). Beilagen: Brief Bettinas an Clemens Brentano vmtl. erste Hälfte August (nicht überliefert; DjB Nr. *1293); das Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke (vgl. zu Z. 48–50), von Arnim am 1. September 1806 mit Nr. 480 an Goethe geschickt. Fremdeinträge: 1r aoRl: 512, aoRm: 20a, aoRr: 124, darunter Steig: Gegen Ende Augusts 1806 1v aoRr: 512. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 53. Datierung: Erstens aufgrund der Mitteilung, die Günderrode habe sich vor 3 Wochen (Z. 37) erstochen – am 28. Juli. Zweitens beendete Arnim den Bezugsbrief am 16. August in Göttingen, von wo aus er vier/fünf Tage nach Heidelberg unterwegs gewesen sein wird, und Brentano wird ihn, der Dringlichkeit wegen, sogleich beantwortet haben. D1: Steig 1892a, S. 302 (TD); nicht näher datiert. D2: Steig 1894, S. 190f. (TD); nicht datiert. D3: Kat. Henrici 149, S. 68f., Nr. 11 (TD); datiert: Ende August. D4: Seebaß 1951, Bd. I, S. 328–330; datiert: etwa 20. August. D5: FBA XXXI, S. 580–582 (Nr. 462); datiert: ebenso. D6: Schultz 1998, Bd. I, S. 421f. (Nr. 86); datiert: ebenso.
Varianten 4
Geweih] danach gestr. zu 5 will,] danach gestr. der 7 den] n aus 19 mich] danach gestr. be 20 untergeht] u aus U 25 stärke] s aus 〈x〉 47 neues ] üdZ eing. 50 vors] v aus g m
Erläuterungen 7–8 Lasse den Königen waß der Könige ist] Nach Mt 22,21. 19 des Bundes] Am 1. August 1806 hatten 16 deutsche Fürsten, darunter der Kurfürst von Baden, ihre Trennung vom Reich erklärt und ihr Bündnis als rheinische Bundesstaaten begründet, nachdem die Rheinbundakte am 17. Juli in Paris unterzeichnet worden war.
930
Zu Nr. 475
22 Hufen] »zusammenfassender Ausdruck für die dem einzelnen Genossen der altdeutschen Dorfschaft oder Bauerschaft in Bezug auf Grund und Boden zustehenden Rechte, also der Eigentums- und Nutzungsrechte an Hofstätte, Akkerland und Almende« (MGKL IX, S. 600). 34 Soll ich die Lieder mitbringen die ich habe?] Unklar, ob für die Fortsetzung des Wunderhorns oder für das Projekt der Lieder der Lieder-
brüder. 37–40 daß die Günterrode sich 〈...〉 erstochen hat 〈...〉 Kreuzers wegen] Caroline von Günderrode hatte sich im Juli 1806 mit den Zwillingsschwestern Paula und Charlotte Servie`re in Winkel im Rheingau auf einem Gut des Frankfurter Kaufmanns Joseph Merten einquartiert. Dort las sie einen (nicht überlieferten) Brief, in dem Karl Daub aus Heidelberg der Frankfurterin Susanne von Heyden mitgeteilt hatte, daß Friedrich Creuzer seiner Liebe zur Günderrode entsage. Vgl. Friedrich Heinrich Christian Schwarz aus Heidelberg am 18. Juli an Leonhard Creuzer: Diesen Morgen ließ er 〈Creuzer〉 mich rufen noch ehe ich kam, und nun that er mir die rühendste Erklärung 〈...〉 bald darauf
kam auch Daub. Er entsagte feyerlich seinem bisherigen Verhältnisse, und D. mußte es übernehmen, Dieses alsobald der G. zu schreiben. (Preisendanz 1912, S. 311.) Nachdem Daub noch einen weiteren, bestätigenden Brief an Susanne von Heyden geschrieben hatte, schickte diese beide Briefe an Charlotte Servie`re nach Winkel, damit die Günderrode auf die Nachricht vorbereitet werde, doch diese las sie unvorbereitet und erdolchte sich am 28. Juli abends am Rhein, worüber Meline Brentano dem Schwager Savigny am 1. und 24. August Einzelheiten mitteilte (vgl. Schellberg/Fuchs 1942, S. 46–48) und Bettina nicht nur dem Bruder Clemens, sondern auch Arnim berichtete (Nr. 476). Noch am 11. August 1810, als sie mit Goethe in Teplitz zusammentraf, gab sie ihm eine Umständliche Erzählung von ihrem Verhältniß zu Fräulein
Günderode. Charakter dieses merkwürdigen Mädchens und Tod. (Goethe, Tagebuch; WA III, Bd. 4, S. 146.) Im September 1833 gestaltete sie ihr Günderrode-Erlebnis für Goethe’s Briefwechsel mit einem Kinde (1835), worin sie es in einem fiktiven Brief an Goethes Mutter schilderte, und 1840 erschien ihr Buch Die Günderode. 47–48 Savignys neues Kind 〈...〉 gestorben] Vgl. zu Nr. 471,5. 48–50 Beikommendes Lied 〈...〉 Heidelberg hinter dem Haarlass abends gesehen] Brentanos Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke war aus Anlaß eines doppelten, am 27. Juli 1806 begangenen Dankfestes entstanden: der Feier der Genesung des badischen Kurfürsten Karl Friedrich von schwerer Erkrankung und der Begrüßung des neuvermählten Paares Prinz Karl und Stephanie Beauharnais in
931
Zu Nr. 475
Karlsruhe. Es erschien am 1. August in der Badischen Wochenschrift zur Belehrung und Unterhaltung für alle Stände. In dem Lied erblickt ein von der Bergstraße kommender Student Heidelberg von der als Haarlaß bezeichneten Landschaft nordwestlich der Stadt, am rechten Neckarufer kurz vor Ziegelhausen. Auch erwähnt in Eichendorffs Tagebuch vom 15. November 1807. Vgl. Karl Ludwig Frommels Bildnis Heidelberg vom Haarlaß mit den Felsen (um 1815; Abb. Lohmeyer 1935, S. 36). 50 gestern] In der edlen Schreibart wird es auch zuweilen figürlich von einer vor kurzen vergangenen Zeit gebraucht. (Adelung II, Sp. 637.) 51–52 ich mache es noch einmahl fertig] Eine Überarbeitung Brentanos ist nicht bekannt.
476.
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, zwischen 20. und 24. August 1806, Mittwoch und Sonntag
DV: H. B: Nr. 473. A: Nr. 477, 483. H: FDH 7391. − 1 Dbl. ca. 226 x 192 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 2x längs, 1x quer gefaltet. − Vergilbt, brüchig. − WZ: Bekrönter Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 145 2v auRr: 7391. Datierung: Bettina reagiert auf Arnims am 16. August beendeten Brief. Er antwortet ihr am 27. August, daß er den ihren einen Tag zuvor erhalten habe (Nr. 477,84). D1: Steig 1912 (TD); datiert: Ende August 1806. D2: Steig 1913, S. 38–40; nicht näher datiert. D3: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D4: Betz/Straub 1986, S. 72–75 (Nr. B7); datiert: August 1806.
Varianten 6 breiten] n aus m 31 zerschmettern] z aus s 32 solange] üdZ 32 alles] danach gestr. zerstört 40 den Schmerz] über gestr. es 68 Kriegsschiff] danach gestr. und 69 hinsenden] hin aus ver 75 und] danach gestr. und 88 sich] aus sie 89 werdenden] üdZ 91 leichte] Schluß-n gestr. 100 darf] danach gestr. es eing.
932
Zu Nr. 477.K
Erläuterungen 18–21 »Was sollte bestehen 〈...〉 Eichenthum.«] Vgl. Nr. 473,42–45. 36 die unglückliche Günderode] Vgl. zu Nr. 475,37–40. 71 Dem Savigny 〈...〉 Sohn 〈...〉 3 Tage] Vgl. zu Nr. 471,5. 71–77 er antwortete mir 〈...〉 der Freude begegnen.«] Bettina hatte um den 10. August geschrieben (Schellberg/Fuchs 1942, S. 48f.; datiert: Mitte August), Savigny antwortete am 14. August (Härtl 1979, S. 116). 81 Zeigen] Zeichen (frankfurtisch).
477.K An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 27. August 1806, Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 476. A: Vgl. Nr. 481. H: FDH 7228. − 1 Dbl. (I) + 1 Bl. (II) je ca. 228 x 190 mm; 1r–3v 6 beschr. S.; 1x quer gefaltet. − Derb, aoRl Abdruck von rostiger Büroklammer, auR fleckig und beschädigt. − WZ: I: FHF; II: oberer Teil von bekröntem Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: A, aoRr: zu 27. Aug. 2v auRr: 7228 3v auRr: zu
7228. Besonderheiten: Arnim hat den Freitod der Günderrode in Briefen, Aufzeichnungen und im fiktionalen Werk verarbeitet. Auf den Bezugsbrief Bettinas reagierte er zunächst mit dem Antwortkonzept, dann mit der Ausfertigung und schließlich mit einem Exzerpt davon. Auf einer weiteren Verarbeitungsstufe fiktionalisierte er die Briefversionen. Der Protagonist heißt Heldenwang und der titellose Text (H: FDH 7228) beginnt: Der sanfte blaue Blick unseres Heldenwang’s begegnet mir sicherer 〈...〉. Arnim verfremdet den Freitod und verwandelt ihn in Literatur. Die Ironie, die mit der Übertragung verbunden ist, kommt im Namen der Protagonisten zum Ausdruck. Das Heldenwang-Fragment entstand 1808 vmtl. für die Zeitung für Einsiedler, in der es jedoch nicht veröffentlicht wurde. Erst in dem 1812 erschienenen Erzählzyklus mit Melück Maria Blainville als zweiter Erzählung fand Arnim eine angemessene Darstellungsweise für die Suizid-Thematik und den Tod der Günderrode. Die Dichterin wird kontrastiv zu dem Selbstmord des Arztes Frenel idealisiert, der in Melück Maria Blainville in die Untaten der französischen Revolutionäre verwickelt ist. Die Poesie ist nun nicht mehr wie im Heldenwang-Fragment von der Reflexion dominiert. Diese ist Gestaltung geworden und in die Beziehungen zwischen den Teilen des Zyklus eingegangen. (Vgl. Härtl 2009, S. 120.)
933
Zu Nr. 477.K
D1: Steig 1913, S. 40 (TD, kurzer Auszug). D2: Betz/Straub 1986, S. 79; (TD, kurzer Auszug).
Varianten 1
An B. B. Göttingen September] nachträgl. 2 sicherer] über gestr. sanfter und freundlicher 3 nun] danach gestr. ich 3 sprechen] über 3–4 und ohne Zurückhaltung] üdZ eing. 6–7 nicht 〈...〉 gestr. sehen auszublasen] üdZ 16 vollstrecken] en aus t 19 kritische] üdZ eing. 20 in Trages] üdZ eing. 20 Pflichtgefühle] danach gestr. ihr 22 mehr] üdZ eing. 30 schien] über gestr. scheint 33 seyn,] danach gestr. ich 33 von] aus ihr 43 und] danach gestr. uns 43 und die] 44 erkennen] erstes e aus 〈x〉 51 die] nachträgl. idZ die aus den 58 dies] aus das 61 dieser] r aus s 65 in] über gestr. mit Erläuterungen Vgl. Nr. 477.
477.
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 27. und 30. August 1806, Mittwoch und Sonnabend
DV: H. B: Nr. 476. A: Nr. 481. H: FDH 7228. − 2 Dbl. (I, II) je ca. 228 x 190 mm; 1r–4v 8 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Derb, Tinte durchscheinend und verblaßt; Dbl. II fleckig, aoRl Abdruck von rostiger Büroklammer. − WZ: I: bekrönter Posthornschild; II:
FHF. Fremdeinträge: 1r aoRl: 147 2v auRr: 7228 4v auRr: 7228 4v im Text zu Z. 104 (Göthe hat an Blumenbach geschrieben) Hinweis Steigs auf Goethes Brief an Blumenbach vom 15. August 1806: (Weim. Ausg. IV,19,174). D1: Steig 1913, S. 40–42. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 75–79 (Nr. A10).
934
Zu Nr. 477
Varianten 13 18
unserm] aus meinem 14–15 Abschieds] üdZ eing. 15 in] aus an daß] ß aus s 19 das] s aus ß 22 dem] m aus r 49 Sich] S aus s 63 thränenden] t aus A 70 freilich auch] üdZ eing. 83 Nachrichten] en eing. 86 tragen] tr aus sa 87–88 Die Erde 〈...〉 fest und] üdZ eing. 89 und in] und aus nur 101 Kupfer] aus Geno Erläuterungen 9–15 von dem Morgen 〈...〉 bis zu dem Abschieds Abende, in Ihrem Hause] Reminiszenz an den Trages-Aufenthalt des Freundeskreises im Herbst 1805. Arnim, Brentano, Savigny (der nur im Konzept erwähnt wird), Bettina und die Günderrode reisten um den 7. November 1805 nach dem gemeinsamen Aufenthalt auf Savignys Gut, wo sie sich anläßlich der Taufe seiner Tochter trafen, nach Frankfurt, von wo Arnim, Brentano und Savigny um den 8. November nach Heidelberg weiterfuhren. Der Abend vor der Weiterreise wird der Abschiedsabend gewesen sein. 19–20 das Lamm 〈...〉 das 〈...〉 sich nun selbst opferte] Vmtl. Bezug auf die Fabel Der Wolf und das Lamm, die auf Phaedrus zurückgeht; auch bei Äsop, Luther, Lessing und Lafontaine. 31 gemeinste] gewöhnlichste. Vgl. zu Nr. 365,174. 61–62 der Dolch 〈...〉 zur Pflugschaar] Nach Mi 4,3. 64–66 Auch ich verlor einen Schulfreund 〈...〉 in Halle] Franz Carl Georg von der Goltz, Mitschüler Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin und Kommilitone in Halle, hatte sich dort am 23. Juli 1798 (also vor acht Jahren) das Leben genommen. Vgl. Arnims Briefkonzept an den Vater, vmtl. zwischen Ende Juli und Ende August 1798 (WAA XXX, Nr. 65.K und Erl.), sowie seine Schülerarbeit Ueber den Selbstmord und insbesondere über den Selbstmord des Kato (WAA I, S. 265–271 und Erl.). 83–85 Clemens 〈...〉 Nachrichten von der Günterode 〈...〉 Kunstwelt 〈...〉 begeben soll] Vgl. Nr. 475,37–40 und 14–16. 93–95 drum dein Stimmlein 〈...〉 hoch dort oben] Nach dem Schluß des Liedes Schall der Nacht im ersten Band des Wunderhorns (Incipit: Komm Trost der Nacht, o Nachtigall), dessen Vorlage aus Grimmelshausens Des
Aus dem Grab der Vergessenheit wieder erstandenen Simplicissimi Abentheuerlicher und mit allerhand seltsamen Begebenheiten angefüllter Lebens-Wandel (Nürnberg 1713) stammt: Laß dein Stimmlein / Laut erschallen, denn vor allen / Kannst du loben / Gott im Himmel, hoch dort oben. (FBA VI, S. 188; vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 354–356.) 935
Zu Nr. 477
99–102 Schlosser aus Frankfurt 〈...〉 Beschreibung der Kupfer zur Genovefa und zur Lesche] Eduard Schlosser, Bruder Friedrich Schlossers, war am 13. Januar 1806 in Halle mit der Dissertation De Turgore Vitali zum Dr. med. promoviert worden und wurde preußischer Militärarzt. Nicht er, sondern sein Vetter Christian Schlosser war jedoch der Verfasser der Erläuterungen des
polygnotischen Gemäldes auf der rechten Seite der Lesche zu Delphi, die zu der Stichfolge der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen Gemählde des Polygnotos in der Lesche zu Delphi nach der Beschreibung des Pausanias gezeichnet (Göttingen 1805) erschienen waren, und von Christian Schlosser ist auch der Kommentar zu den vierzehn Radierungen von ihnen zu Tiecks Leben und Tod der heiligen Genoveva (Frankfurt/M. 1806). Vgl. Nr. 457,232–236 und Erl. 104–105 Göthe 〈...〉 an Blumenbach 〈...〉 wohl befinde.] Goethe aus Jena an Johann Friedrich Blumenbach in Göttingen, 15. August 1806: Daß ich
Ihrer an der heiligen Carlsbader Quelle, welche mir über Erwarten gut zu statten kam, recht lebhaft gedacht habe (WA IV, Bd. 19, S. 174). 106 Hier sah ich ihn zum erstenmal] Reminiszenz an die Begegnung mit Goethe, als dieser sich vom 6. bis 12. Juni 1801 in Göttingen aufhielt. Vgl. Arnim an Redtel, vmtl. bald nach dem 8. Juni 1801 (WAA XXX, Nr. 156,29–30 und Erl.).
477.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 30. August 1806, Sonnabend DV: H. B: Vgl. Nr. 476. H: Vgl. AIII, 10v–11r, 1 S.
A: Vgl. Nr. 481.
Erläuterungen Vgl. Nr. 477.
936
Zu Nr. 479
*478. An Caroline von Labes in Zernikow Göttingen, vmtl. Anfang September 1806 B: −. A: Nr. 487. Datierung: Caroline von Labes wird auf den Brief, ihrer Antwort vom 12. September zufolge, bald reagiert haben. Er wird etwa sieben bis zehn Tage unterwegs gewesen sein.
479.
An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, vmtl. Anfang–8. September 1806, Montag
DV: H. B: Nr. 475. A: Nr. 492. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 187r–190v (fälschlich nur 189r–190v zugeordnet). − 1 Dbl. (I) ca. 228 x 190 mm + 1 Dbl. (II) ca. 233 x 192 mm; 1r–4v 8 beschr. S.; je 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − WZ: I: CIF (unsicher) II: FHF. Beilagen: Lied 〈...〉, das in Berlin zur Schlittenfahrt der Gensdarmen gesungen worden (Z. 111–112; nicht überliefert). Fremdeinträge: 1r aoRl: 513, aoRm Steig: 8. Sept. 1806., aoRr: 189 2r aoRr: 190 3r aoRl: 511, aoRm Steig: Göttingen, Aug. 1806., aoRr: 187, Z. 54 mit Rötel Forkel über dem Wort Arnims 4r aoRr: 188 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Die Zusammengehörigkeit von Dbl. I und II war bisher nicht erkannt, das zweite als Schlußteil von Nr. 472 aufgefaßt. Daß es jedoch zum Brief vom 8. September gehört, ist aus zwei Gründen evident: 1) Gegenüber Sophie Brentano, die ihm den Brief nach Frankfurt nachschickte, moniert Brentano am 17. September: Arnims Brief, den du mir gesendet, hat mir
keine Freude gemacht, nicht wegen der wenigen Hofnung ihn zu sehn, nicht wegen der Vaterlandsliebe, sondern wegen der Sauereien. (DjB Nr. 1330.) Mit den Sauereien sind die Obszönitäten von Dbl. II gemeint. 2) Der letzte Teil des Exzerpts des Briefes vom 8. September enthält Motive und Wendungen von Dbl. II, die beiden Exzerpte von Nr. 472 hingegen nicht. Während Dbl. II Teil des Briefes ist, gehört nicht zu ihm das Konzept Vor-
läufige Anzeige eines neuen Wochenblates / Der Preusse, ein Volcksblat (vgl. zu Nr. 480,146). Dies ergibt sich vor allem daraus, daß das Konzept – im Gegensatz zum Brief – nicht gefaltet ist.
937
Zu Nr. 479
Vgl.: Kat. Henrici 149, Nr. 170, S. 70 (Dbl. I und das Konzept Vorläufige insgesamt 10½ S.); Kat. Rother 1989, Nr. 66 (Dbl. I). – Der Brief wurde Brentano von Heidelberg nach Frankfurt nachgeschickt. Datierung: Der Vermerk Abgegangen Göttingen d. 8 Sept 1806 ist nachträglich. Daß der Brief großenteils früher geschrieben wurde, ergibt sich aus der Mitteilung: Bey den Beinen fällt mir ein, daß ich gestern mit dem einen
Anzeige eines neuen Wochenblates,
im Wasser bey der Stegmühle gesteckt habe, ich war mit den jungen Mädchen (Blumenbachs und Heynes) dahingegangen und wollte ihnen ein Zicklein holen (Z. 98–101). gestern kann nicht der 7. September gewesen sein, denn an diesem Tag schrieb Arnim an Bettina: Ich war heute mit Blumenbachs nach Mariaspring (Nr. 483,19–20), und Mariaspring liegt nördlich von Göttingen, wogegen die Stegmühle südlich liegt. Als Terminus post quem des Briefes wird daher Anfang September angenommen. D1: Steig 1894, S. 191 (TD); datiert: 8. September. D2: Kat. Henrici 149, S. 70, Nr. 12 (TD, kurzer Auszug); datiert: 8. September. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 422–427 (Nr. 87); ohne Dbl. II, mit Konzept Vorläufige Anzeige eines neuen Wochenblates; datiert: 8. September.
Varianten 1–2 Abgegangen Göttingen d. 8 Sept 1806] nachträgl. vor 1806 〈xx〉 3–4 Symb: 〈...〉 Noth!] nachträgl., jedoch nicht gleichzeitig mit darüberstehendem Abgangsdatum 14 uns] s aus d 17 bis dahin] üdZ eing. 20 in] üdZ eing. 39 angesehen. Was] aus angesehen, w 39–40 heil. 42 anhängen] danach gestr. zu der Erzählung] üdZ eing. zu aus dazu sollen 43 Damenpension] p aus s 45 nutzen;] danach gestr. nun sieh einmal die Eyer durch, 48 seinen] Schluß-n aus m 49 das] as aus 〈xx〉 66 reich] üdZ eing. 79 ich] aus er 88 Kinder] aus 〈xxx〉 106 Vivat] aus Nicht weiß 111 das] d aus w 118–119 lebendiger] l aus 〈x〉
Erläuterungen 3
Symb:] Symbolum: Wahrzeichen, Petschaft, Wahlspruch, Losungswort; auch ein allgemeines Glaubensbekenntnis (Roth 1805–1806, Bd. II,
S. 465). 13 Schlif] Verschrieben für
Schilf
(vgl. Exzerpt).
938
Zu Nr. 479
23
laut und vernehmlich will ich reden] Gemeint ist das Zeitungsprojekt Der Preusse, ein Volcksblat. Vgl. Nr. 480,146 und Erl. 24 kein Blat vors Maul nehmen] Sprichwörtlich. (Vgl. Wander I, Sp. 395, Nr. 35.) 28–29 Ein guter Rath ist auch eine That] Sinngemäß als Sprichwort belegt: Guter Rat ist halbe Tat. (Wander III, Sp. 1473, Nr. 161.) 38–39 Deine Erzählung 〈...〉 die Landschaft dabey durch den Mond angesehen.] Gemeint ist Brentanos mit dem Bezugsbrief geschicktes Lied von
eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke. (Vgl. zu Nr. 475,48–50.) Während der Student in Heidelberg umhergeht, fiel ein heller Mondenschein / Gar lockend in die Straßen ein (Brentano/W I, S. 176), vor und auf der Neckarbrücke erlebt er das Stadt- und Landschaftspanorama ebenfalls im Mondschein: Da war so klar und tief die
Welt, / So himmelhoch das Sterngezelt, / So ernstlichdenkend schaut das Schloß, / Und dunkel, still das Tal sich schloß, / Und ums Gestein erbraust der Fluß, / Ein Spiegel all dem Überfluß, / Er nimmt gen Abend seinen Lauf, / Da tut das Land sich herrlich auf, / Da wandelt fest und unverwandt / Der heil’ge Rhein ums Vaterland, / Und wie ans Vaterland ich dacht’ / Das Herz mir weint, das Herz mir lacht’ (ebd., S. 180). 39–40 Was haben die ohlen Pälzer heil. zu der Erzählung gesagt?] Die ohlen Pälzer sind die ehemaligen altehrwürdigen Lehrer der Universität Heidelberg – Erasmus, Reuchlin, Melanchthon u. a. –, die dem Studenten in Brentanos Gedicht während seines Traums auf der Brücke als ein großer Zug durchs Tor, / Von alten Männern ein Ehrenchor erscheinen: die heil’gen
Schatten / Umgaben mit Fleiß / Frau Pallas Bild in halbem Kreis. (Ebd., S. 182f.) Auf die heil’gen Schatten dürfte sich heil. in Arnims Brief beziehen. ohlen Pälzer ist nicht pfälzisch (nicht in: Pfälzisches Wörterbuch 1968–1998), sondern vmtl. Imitation von niedersächsischem Dialekt, der Arnim während seines Göttingen-Aufenthalts wieder erklungen sein wird und mit dem er Brentano an die gemeinsame Studentenzeit erinnern wollte. Vgl. die DialektPassage in dem Brief der Göttinger Kommilitonen Raumer und Redtel an Arnim vom ersten September-Drittel 1800 nebst den Dialekt-Notizen auf der Rückseite dieses Briefes (WAA XXX, Nr. 110). 40 (Ich habe sie an Göthe geschickt.)] Mit seinem Brief vom 1. September 1806 (Nr. 480). 40–43 du hättest noch sollen ein Gespräch zwischen den drey Stadt – – 〈...〉 vor der Damenpension stehend angetroffen.] Am Ende des Gedichts führen zwei Statuen, die auf der alten Heidelberger Brücke stehen, ein Traum-
939
Zu Nr. 479
Gespräch: diejenige der Pallas Athene mit derjenigen des 1799 gestorbenen Kurfürsten Karl Theodor. Arnim meint ironisch, auf dieses Gespräch hätte noch eines folgen sollen, daß die drey Stadtschwager führen. Daß die Einsetzungslücke nach Stadt durch schwager zu ergänzen ist, ergibt sich aus dem Exzerpt des Briefes (Nr. 479.E,19). Die Bezeichnung Schwager war unter Studenten und Handwerkern gebräuchlich und ist in verschiedenen Komposita überliefert (vgl. DWb XV, Sp. 2177f.), jedoch dürfte – mit Bezug auf Damenpension – die erotische Wortbedeutung intendiert sein: Im Scherze, derjenige, welcher
mit eines andern Ehegattin einen unerlaubten Umgang unterhält, in Beziehung auf denselben; von welcher Bedeutung sich vermuthlich auch der gemeine Gebrauch herschreibt, die Postknechte Schwäger zu nennen. (Adelung III, Sp. 1704.) 43–45 Die Aufklärer 〈...〉 zu ehren und zu nutzen] Anspielung auf eine gegen die Aufklärung gerichtete Passage in dem Gespräch zwischen den Statuen der Pallas Athene und des Kurfürsten Karl Theodor. Diejenige der Pallas Athene vertritt zugunsten der romantischen Fraktion an der Heidelberger Universität eine antiaufklärerische Gesinnung, u. a. mit den von Arnim gemeinten Versen: Aufklärung füllte jedes Maul, / Schaut’ durch die Eier und
nannt sie faul, / Weil sie nicht konnt durchs Hühnlein sehn, / Blieb der Verstand ihr stille stehn, / Sie blies das Ei aus, malt es an, / Steckt auch ein Lichtlein hinten dran, / Aufklärung heißt’s, aus Religion / Ward schier ein’ schlecht Illumination (Brentano/W I, S. 181f.). 46–48 Der geharnischte Kerl vor Vossens Hause 〈...〉 was ihm Voß mit seinen indischen Pfeilen für Angst macht] Voß wohnte bis Anfang Juli 1807 im Heidelberger Gasthof Zum Riesen. (Vgl. Herbst 1872–1876, Bd. II/2, S. 100.) Was es mit dem geharnischte〈n〉 Kerl davor auf sich hat, konnte nicht ermittelt werden. Mit den indischen Pfeilen ist sicher eine umfangreiche und scharfe Rezension Voß’ gemeint, die im Juni 1805 in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung erschienen war: über Editionen der sogenannten orphischen Argonautika durch die Altphilologen Gottfried Hermann und Johann Gottlob Schneider. Dabei ist indischen nicht in philologischer oder geographischer Hinsicht zu verstehen (Indologie, Indien), da davon in der Rezension nicht die Rede ist, sondern im zeitgenössischen Sprachgebrauch als ›indianisch‹, also mit spitzen, vergifteten, treffsicheren oder vielen Pfeilen. Die Intention der Voß’schen Besprechung kommt vor allem in ihrem Schluß zum Ausdruck: Wenn doch ein Mann, der im Rathe der gelehrten Re-
publik Siz und Stimme hat, ein durchdringendes Wort ausspräche über die Leichtigkeit, womit man jezt Bücher fertiget, und in Umlauf sezt! Nicht jene Schreibereien, die in den Lesegesellschaften von Messe zu 940
Zu Nr. 479
Messe Ebbe und Flut halten; nein, Bücher meinen wir, deren Inhalt Anspruch auf Dauer hat, Bücher, die an die unsterblichen Klassiker sich anschliessen, und, wofern sie nicht ganz werthlos sind, von ihnen vor die streng prüfende Nachwelt gezogen werden. Wie kann einer es vor sich selbst verantworten, wenn er das Geschäft seines Lebens und Berufs, zumal ein so edles, so geisterhebendes, als der Umgang mit den alten Unsterblichen es gewährt, nicht bis zur erreichbaren Vollkommenheit mit der redlichsten Anstrengung gefördert hat? wenn er der Fahrlässigkeit, wenn er der muthwilligen Abweichung von strenger Wahrheit sich bewusst ist? Wie kann er ohne Unruhe an die mitwissenden Zeitgenossen, wie ohne Furcht an die unbestechliche Nachwelt denken? Gebe es auch Mittel, durch gewonnene Stimmen das Endurtheil zu verzögern; nach dem Getöse der Durchhelfer erhebt sich der ruhige Ausspruch der Kundigen, der Gerechten. Und schweigen die Mitlebenden; die Lessinge in der Wiege werden dereinst Männer, und reden gewiss. (Zit. nach Voß 1828, Bd. I, S. 363f.) Vgl. Creuzer an Savigny, 25. Juli 1805 (also zur Zeit von Arnims HeidelbergAufenthalt) über Voß:
In Leipzig sei die Philologie in Verfall und zwar durch Hermanns Schuld. Diesen hat er neulich in einer öffentlichen Recension angegriffen, so auch den Schneider in Frankfurt an der Oder. Hermann schenkt ihm aber auch nichts. (Dahlmann 1972, S. 166.) Sowie Creuzer an Böttiger, 12. April 1806: Voss ist mir als Mensch und Hausvater 〈...〉 oft sehr ehrwürdig erschienen. Dadurch kann aber mein missbilligendes Urtheil über viele seiner öffentlichen Schritte, wozu ich den neusten gegen Hermann und Schneider rechne, nicht verändert werden. (Herbst 1872–1876, Bd. II/2, S. 283.) 48–49 deine Puppen, am Paradeplatz] Mädchen (vgl. DWb XIII, Sp. 2245) an dem Platz, an dem Brentano seit Frühjahr 1806 wieder in Heidelberg wohnte.
49–50 das Heidelberger Faß was zum Bunde] Das 1751 gebaute große Faß im Kellergewölbe des Heidelberger Schlosses zu dem am 1. August 1806 gegründeten Rheinbund, dem Baden beigetreten war. 51 spack] »dürr, trocken, vor hitze ausgetrocknet und vor trockenheit gesprungen oder leck« (DWb XVI, Sp. 1829). 54–55 Bey Doktor Forkel 〈...〉 manches gefunden] Vgl. Nr. 472,206 und Erl. 55 von Blumenbach und seinen Töchtern 〈...〉 auch einiges] Vgl. Nr. 472,207 und Erl. Blumenbachs Töchter: Emma und Adelheid.
941
Zu Nr. 479
56–57 Mons Veneris woraus ich Heinrich Kornmann, Mons Veneris,
die Braut von Bessa abgeschrieben] Fraw Veneris Berg / Das ist / Wunderbare vnd eigentliche Beschreibung der alten Haydnischen vnd Newen Scribenten Meynung / von der Göttin Venere 〈...〉 (Frankfurt/M. 1614); darin S. 305–308 die Quelle des Liedes Die Braut von Bessa im zweiten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 421–423.) Arnims
Abschrift ist nicht bekannt. »Kornmanns Werk war eine der Hauptvorlagen für Brentanos Romanze XVII 〈...〉, beeinflußte die große Fassung von Arnims Päpstin Johanna 〈...〉 und wurde auch für die Grimmsche Sagensammlung herangezogen« (Rölleke in FBA IX/3, S. 744). 58–59 Ueber Wiedertäufer 〈...〉 manches excerpirt] Zu Arnims Wiedertäufer-Projekt konnten Exzerpte vor allem aus Henricus Dorpius’ Warhafftige〈r〉 historie / wie das Evangelium zu Münster angefangen / vnd
darnach durch die Widderteuffer verstöret / widder aufgehört hat (1536) und der anonymen Schrift Des Münsterischen Königreichs vnd Widertauffs an vnd abgesang / Bluthandel vnd End (1536) ermittelt und dargestellt werden. (Vgl. Simmgen 1997, S. 50–54, 103–131.) Beide Schriften sind im Besitz der NStUB Göttingen, so daß es wahrscheinlich ist, daß Arnim sie in Göttingen exzerpiert hat.
Schlosser, aus Frankfurt, ein Vetter dessen der in Jena 〈...〉 über Hundebellen dissertirte] Arnim lernte in Göttingen Eduard Schlosser kennen 61–62
(vgl. Nr. 477,99–102 und Erl.) und meint außerdem dessen Vetter Friedrich Schlosser, der 1803 in Göttingen (nicht Jena) mit einer juristischen Dissertation promoviert worden war. Von dieser Dissertation sind nur 2 Bl. Thesen bekannt (NSTUB Göttingen, Sign. 4 HLP, 26/5: 1803 (29)).
65–69 Ich habe bei ihm die Genovefa wiedergesehen 〈...〉 viel sagen will] Arnim sah in Göttingen bei Eduard Schlosser die Radierungen der Brüder Franz und Johannes Riepenhausen zu Tiecks Leben und Tod der heiligen Genoveva (1806), zu denen Christian Schlosser einen Kommentar verfaßt hatte (vgl. zu Nr. 477,99–102). Arnim wird die Umrißzeichnungen erstmals – noch vor der Veröffentlichung – im Sommer 1805 bei dem Frankfurter Verleger Varrentrapp gesehen haben – wie Brentano, der seinen damaligen Eindruck am 16. August 1805 (DjB Nr. 1131) an Sophie Brentano berichtet hatte – und dann bei Eduard Schlosser die Veröffentlichung in Augenschein genommenen haben. Mit seinem Urteil widerspricht er demjenigen Brentanos im Brief von Ende Mai/1. Juni 1806 (Nr. 457,232–236). 70 wie Tiecks Dichtung zu den ältern der Art] Wie Tiecks Leben und Tod der heiligen Genoveva zu den Volksbüchern.
942
Zu Nr. 479
Sie haben die zweyte Seite der Lesche geschickt 〈...〉 nicht herauskommt.] Die Brüder Riepenhausen waren im Sommer 1805 mit Friedrich Tieck nach Rom gereist, wo sie am zweiten Teil ihrer Stichfolge Gemählde des Polygnotos in der Lesche zu Delphi nach der Beschreibung des Pausanias gezeichnet arbeiteten, nachdem der erste 1805 erschienen war. Im
72–74
ersten war die rechte Seite der Lesche dargestellt worden, die Eroberung Trojas, und die Fortsetzung galt der linken, dem Besuch Odysseus’ in der Unterwelt. Die Fortsetzung erschien erst 1826 und 1829 in Rom in französischer Sprache zusammen mit einer Neuauflage des ersten Teils. (Vgl. Kat. Riepenhausen 2001, S. 47.) 76–77 An Oken habe ich die dreyzehn Groschen bezahlt] Vgl. Nr. 469,25–26. 81 aufwixt] Studentensprachlich: auftragen lassen Speise und Trank, um jemanden zu regaliren (Henne/Objartel 1964, Bd. II, S. 48 [Kindleben, Studenten-Lexicon, Halle 1781]). 83 karnpeln] Im DWb nicht belegt. Vmtl. Zusammenhang mit karniffeln: durchprügeln, stoßen; auch: das Leder aufreiben, wundreiben (Roth 1805–1806, Bd. I, S. 585). Vgl. zu karnöffeln in DWb XI, Sp. 221. 83 überhaupt ist die Zeugung sein Lieblingsfach] Mit Bezug auf Okens Schrift Die Zeugung (Bamberg-Würzburg 1805). »Die Fäulniß erklärte er darin als einen organischen (morphologischen) Proceß, ein Zerfallen des organischen Leibes in seine Formelemente, die Infusorien. Alle höheren Thiere bestehen daher aus Urthieren (Infusorien), die sich bei der Zeugung zu einem neuen Leib vereinigt haben.« (Ecker 1880, S. 9.) 89–90 das alte Liederbuch vom Igel 〈...〉 hinter sich zu setzen] Anspielung auf die Quelle eines Liedes, das den zweiten Band des Wunderhorns beschließt: mit dem Titel Ygels Art und der mystifizierenden Quellenangabe (Aus einem Liederbuche der Ygel 1500–1600.) (FBA VII, S. 447). Unter dem gleichlautenden Titel Ygels art war die Vorlage als erstes Lied in einem Liederheft Wolfgang Schmeltzls erschienen: Guter / seltzamer / vn
kuenstreicher teutscher Gesang / sonderlich ettliche Kuenstliche Quodlibet / Schlacht / vn der gleichen / mit vier oder fuenff stimmen / biß her / im truck nicht gesehen (Nürnberg 1544), und zwar zu Ehren des Edlen vnd ernuesten Herrn Frantzen Igelßhofer / Rö.Kü.May. usw. Rathe vnd Secretari /Statschreiber zu Wien in Österreich: YGels art ist manchem wol bekannt / thut weit hin vnd wider wandern / 943
Zu Nr. 479
Des Frantzen schrifft durch Stet vnd Landt wirt geschick〈t〉 von eim zum andren / Der Ygl auch / hat an jm den brauch / thuts obs an pörster spitzen / tregt ein in summer auff den winter / Also der gleich / der Frantz ist reich / durch sein kunst / sinn vnd witzen / tregt ein vnd legt hinter / in frummheit vnd in ehren / sein Igelein zu erneren. (Zit. nach FBA IX/2, S. 689f.) Schmeltzl hatte »den vier Stimmen seines Liederhefts jeweils einen Vorspruch beigegeben, in denen der Stieglitz (Tenor), die Grille (Diskant), der Zeisig (Alt) und der Gimpel (Baß) dem Herrn Igel ihre Dienste anbieten. Darauf bezieht sich die scherzhafte Herkunftsangabe im Wunderhorn. In diesem Sinn ist auch das Eingangslied selbst als Huldigung an Igelßhofer aufzufassen. / Das Wunderhorn gibt dem Lied allgemeineren Charakter: Statt der Schriften Frantz Igelßhofers wandern die Lieder des Sängers durch die Lande.« (Rölleke ebd., S. 690.) 91 gemein] gewöhnlich. Vgl. zu Nr. 365,174. 93 wegen der ankommenden schreienden Fremden] Wegen der preußischen Soldaten. 99 Stegmühle] Stegemühle, im Süden Göttingens. 100 jungen Mädchen (Blumenbachs und Heynes)] Die Töchter des Anatomen Johann Friedrich Blumenbach und diejenigen des Altphilologen Christian Gottlob Heyne waren miteinander verwandt, da Blumenbach 1779 Louise Amalie Brandes, die Tochter des hannoverschen Hofrats Georg Friedrich Brandes, geheiratet hatte und Heyne 1777 in zweiter Ehe deren Schwester Christine Dorothea Georgine. Arnim wird mit Emma und Adelheid Blumenbach sowie mit Jeanette und Laura Heyne unterwegs gewesen sein. Drei Töchter aus Heynes zweiter Ehe waren zur Zeit von Arnims Göttingen-Aufenthalt 1806 verheiratet und werden kaum mit von der Partie gewesen sein. (Angaben zu den Blumenbachschen und Heyneschen Töchtern aufgrund der Register in Huber 1999–2003. Vgl. die Eckardt 1913 veröffentlichten Briefe Wilhelmine HeyneHeerens an Marianne Friederike Bürger, die allerdings nur bis 1803 reichen.) Arnim hatte die Mädchen bereits in seiner Göttinger Studentenzeit kennengelernt und schon damals, im Juli 1801, von der inzwischen verheirateten Friederike Heyne ein Stammbuchblatt erhalten (vgl. WAA XXX, Nr. AI.29). Am 29. August 1806 schenkte ihm auch Emma Blumenbach ein Stammbuchblatt (vgl. Nr. AI.70).
944
Zu Nr. 479
Stücke vom Freymüthigen im Ariel eingewickelt 〈...〉 Ponce eben so] Stücke der Berliner Zeitung Der Freimüthige (vgl. zu Nr. 401,15–16) in Druckbogen von Arnims Roman Ariel’s Offenbarungen und Brentanos Drama Ponce de Leon, die 1804 bzw. 1803 bei Dieterich in Göttingen erschienen 102–104
waren. 106 Vivat wer ohn allen Ekel] Nicht als Gedicht Arnims registriert Ricklefs 1980. 107 Gassenrekel] Rekel: 1) Ein großer Hund, im verächtlichen Verstande 〈...〉 2) Ein großer, grober, ungeschickter Mensch, im verächtlichsten Verstande und nur in den niedrigsten Sprecharten (Adelung III, Sp. 1081). 107 fuchst] »sich in unzucht fleischlich vermischen« (DWb IV, Sp. 343). Vgl. den ebd. nicht berücksichtigten Eintrag in des Studenten Georg Franz Burghard Kloß Idiotikon der Burschensprache von 1808: Fuchsen vögeln (Henne/Objartel 1964, Bd. III, S. 42). 111–112 Lied 〈...〉, das in Berlin zur Schlittenfahrt 〈...〉 gesungen worden] Welches Lied Arnim beilegte, ist nicht bekannt. Es wurde zu der Schlittenfahrt gesungen, die anläßlich der Berliner Aufführung von Zacharias Werners Drama Martin Luther oder Die Weihe der Kraft stattfand (vgl. zu Nr. 462,105). Vmtl. war es eines der Lieder in Werners Schauspiel, die Bernhard Anselm Weber vertont und in einer selbständigen Veröffentlichung publiziert hatte: Gesänge aus: Die Weihe der Kraft. Ein Ritterschauspiel in 5 Aufzügen. (Berlin 1806.) 113 Theobald] Luthers Famulus. 115–116 Der König hat zur Strafe 〈...〉 setzen lassen.] Die Provokation führte zur Absetzung des Stücks. Ein Teilnehmer wurde nach Schlesien versetzt, andere wurden arretiert. (Vgl. Tschirch 1933–1934, Bd. II, S. 409–414.) 116–117 Klingemanns miserablem Luther] Ernst August Friedrich Klingemanns Martin Luther. Ein dramatisches Gedicht, aufgeführt 1806, erschienen im ersten Band von Klingemanns Theater (Stuttgart-Tübingen 1808).
945
Zu Nr. 479.E
479.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 8. September 1806, Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 475. H: Vgl. AIII, 12v–13v, ca. 2 S.
A: Vgl. Nr. 492.
Erläuterungen Vgl. Nr. 479.
480.
An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Göttingen, 1. September 1806, Montag
DV: H. B: Nr. 465. A: −. H: BJ/VS 8. − 3 Dbl. je ca. 230 x 190 mm; 1r–6v 12 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − WZ: Bekrönter Posthornschild. Beilagen: Farbenräthsel von Bernhard Friedrich Thibaut (nicht überliefert); Brentanos Lied von eines Studenten Ankunft in Heidelberg und seinem Traum auf der Brücke, das dieser Arnim um den 20. August nach Göttingen geschickt hatte (vgl. zu Nr. 479,38–39; Abschrift von unbekannter Hand in GSA 03/720). Fremdeinträge: 1r, 3r, 5r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Überliefert ist beiliegend eine Abschrift Varnhagens (1 Dbl. + 1 Bl., 4½ beschr. S.). D1: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 117–124. D2: Jacobs 1908, Bd. I, S. 133–136.
Varianten 17 oder] o aus , 22 doch] aus wie 41–42 Streithähne] hä aus en 42 nehmen] hm aus nn 70 zur Gegenprobe] üdZ eing. 72 es] e aus 76 Türken] ü aus 〈x〉 77 in] nachträgl. idZ 88 dem] m aus r 〈x〉 90 Feile] F aus Pf 94 so zusammen] nach so gestr. auf zu aus ein 95 ihrem] m aus er 106 es] s aus r 115 nach] üdZ eing. 117 Ein] i aus s 121 schwingende] g aus d 122 und in Takt halten will] üdZ eing. 124 Bratenwender] Schluß-r aus n 129 aus] a aus b 130 auch] üdZ eing. 131 demselben] selben nachträgl. idZ 135 soweit] weit aus viel 137 jede] Schluß-e aus er
946
Zu Nr. 480
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen: Schüddekopf/Walzel 1899, S. 338–340; Goethe/RA V, Nr. 436. 6–12 Selbst bey mässigem gegenstrahlenden Lichte 〈...〉 das ganze Papier durchdrungen.] Vgl. Goethe, Zur Farbenlehre, Didaktischer Teil, Physiologische Farben, § 45/46: Wie das Abklingen eines umschriebe-
nen Glanzbildes verhält sich auch das Abklingen einer totalen Blendung der Retina. Die Purpurfarbe, welche die vom Schnee Geblendeten erblicken, gehört hieher, so wie die ungemein schöne grüne Farbe dunkler Gegenstände, nachdem man auf ein weißes Papier in der Sonne lange hingesehen. 〈...〉 Hieher gehören gleichfalls schwarze Buchstaben, die im Abendlichte rot erscheinen. (Goethe/MA X, S. 39.) 12–14 Waren es vielleicht grüne Würfel 〈...〉 Blutstropfen erschienen?] Vgl. Goethe, ebd., § 46 (Fortsetzung): Vielleicht gehört auch die Geschichte hieher, daß sich Blutstropfen auf dem Tische zeigten, an den sich Heinrich der Vierte von Frankreich mit dem Herzog von Guise, um Würfel zu spielen, gesetzt hatte. – »Die erwähnte Würfelpartie zwischen Heinrich IV. von Navarra (1553–1610), seit 1589 König von Frankreich, und dem Führer der Katholischen Liga Heinrich von Guise fand kurz nach der Bartholomäusnacht im August 1572 statt. Am 3. Juli 1806 notiert G. in sein Tagebuch:
Entwickelung des Phänomens der Blutflecken auf dem Teppich. Grüne Buchstaben. Gegensatz von der rot abklingenden Blendung.« (Erl. von Peter Schmidt ebd., S. 1083.) 18 meine Hoffnungen reichten bis Malta] Malta war 1798 von den Franzosen besetzt worden, die jedoch im September 1800 nach einer Blockade der Engländer die Insel an diese abgeben mußten. Sie sollte zwar nach dem Frieden von Amiens (1802) an den Malteserorden zurückfallen, doch verweigerten die Engländer die Rückgabe. 25–26 was ich in Lauchstädt 〈...〉 gehört] Vgl. Nr. 471,27–28 und Erl. 26–27 Herr Blumenbach 〈...〉 von Ihrer Gesundheit] Vgl. Nr. 477,104–105 und Erl. 27–28 die Stadt 〈...〉 Stelle des Walls ist mir heilig] Vgl. Nr. 472,114 und Erl. 37–38 das Hannovrische Reden 〈...〉 Preussen] Vgl. Nr. 472,120–121 und Erl. 45 der Universität] Göttingen. 52–54 Thedel von Wallmoden 〈...〉 in Helmstädt erhalten] Vgl.: Nr. 415,159–163 und Erl.; Nr. 472,101.
947
Zu Nr. 480
57 Beireis] Vgl.: Nr. 472,36 und Erl.; Nr. 473,46–48 und Erl. 67 daß Sie meine Aufmerksamkeit zu ihm gewendet] Goethe hatte Beireis im August 1805 in Helmstedt auf einer mit Friedrich August Wolf unternommenen Reise kennengelernt (vgl. Tag-und Jahres-Hefte 1805; Goethe/MA XIV, S. 142–156) und wird Arnim bei dessen Weimar/Jena-Besuch im Dezember 1805 von dem skurrilen Gelehrten erzählt haben. 89–91 Den grossen Diamant 〈...〉 abgestumpft.] Vgl. Goethe, Tag-und Jahres-Hefte 1805 (ebd., S. 155f.). 95–96 Guerikenschen Halbkugeln] Otto von Guericke hatte als Magdeburger Bürgermeister 1657 auf dem Regensburger Reichstag die Kraft des Luftdrucks dadurch demonstriert, daß er zwei große kupferne Halbkugeln mittels einer Dichtung aneinanderfügte, die Luft herauspumpte und dann vor jede Halbkugel nacheinander acht Pferde spannte, die sie nicht auseinanderzureißen vermochten. Als die Kugel wieder mit Luft gefüllt wurde, fiel sie von allein auseinander. 101–104 die edelmüthige Garnison 〈...〉 dastehen] Vgl. Goethe, Tag-und Jahres-Hefte 1805: Die Art seine Bilder vorzuweisen war seltsam ge-
nug, und schien gewissermaßen absichtlich; sie hingen nämlich nicht etwa an den hellen breiten Wänden seiner oberen Stockwerke wohlgenießbar nebeneinander, sie standen vielmehr in seinem Schlafzimmer um das große Thronhimmelbette an den Wänden geschichtet übereinander, von wo er, alle Hülfleistung ablehnend, sie selbst herholte und dahin wieder zurückbrachte. Einiges blieb im Zimmer um die Beschauer herumgestellt, immer enger und enger zog sich der Kreis zusammen, so daß freilich die Ungeduld unseres Reisegefährten allzustark erregt, plötzlich ausbrach und sein Entfernen veranlaßte. (A.a.O., S. 145.) 108 das holzerne Schloß von Salzdahlen] Vgl. Nr. 473.K,39–41 und Erl. 109 Inspector] Johann Anton August Weitsch. 124 Ein alter Freund] Conrad Friedrich Heyer. 131 Tian] Pseudonym, unter dem die Veröffentlichungen der Günderrode erschienen. 131–132 mit demselben Dolche hatten wir oft tragirt] Vgl. Nr. 477, 11–13. 133 der Rheinische Bund geschlossen] Vgl. zu Nr. 475,19. 140–141 im vorigen Jahre 〈...〉 Bundsgenossen] Preußen mit Österreich und Rußland. 146 ein Tageblat für das Volk] Das Zeitungsprojekt Der Preusse, ein Volcksblat, von dem eine Anzeige in dem von Rudolf Zacharias Becker heraus-
948
Zu Nr. 481.K
gegebenen Gothaer Allgemeinen Anzeiger der Deutschen erschien (vgl. Nr. 489), das jedoch aufgrund der Niederlage Preußens bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober und der Flucht Arnims nicht realisiert wurde.
480.E An Johann Wolfgang von Goethe in Weimar Göttingen, 1. September 1806, Montag DV: H. B: Vgl. Nr. 465. H: Vgl. AIII, II, 11r–12v, 3 S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. Nr. 480.
481.K Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 3. September 1806, Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 477. A: Vgl. Nr. 483. H: FDH 7392. − 1 Bl. ca. 235 x 188 mm; 1r ½ beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Derb, verknittert. − WZ: Unterlängen von FHF. Fremdeinträge: 1v aoRr: LTT, auRr: 7392. Besonderheiten: 1v Bettina: zweisp. mit Blei italienische Vokabeln, z. T. unlesbar.
Varianten 1 3ten] 3 aus 1 10 Trähnen] nach T gestr. h 15 Still] S aus s 18 ist,] danach gestr. z 18 sehen] danach gestr. Seh 19 Sie] S aus s 19 auf die] gestr. und Streichung aufgehoben danach gestr. Welt 19 Erde für einen Ball zu halten] üdZ 20 Worte] danach gestr. auf 20 da] danach gestr. sagen
Erläuterungen 7
Weiger]
weicher (frankfurtisch).
949
Zu Nr. 481
481.
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 5. September 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. 477. A: Nr. 483. H: FDH 7392. − 1 Dbl. ca. 226 x 188 mm; 1r–2r 2¼ beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Derb, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, Siegelrest. − WZ: FHF. Fremdeinträge: 1r aoRl: 148 2v auRr: 7392. Besonderheiten: Schnörkel unter Unterschrift. Postzeichen: Portozeichen. D1: Steig 1913, S. 43f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD). D3: Betz/Straub 1986, S. 79–81 (Nr. B8).
Varianten 1 5ten] aus ist
5 aus 3
26
mich] danach gestr. s
34
von] v aus d
37
hat]
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Steig 1913, S. 43. 25–27 diesen Schloser 〈...〉 die R Göthe 〈...〉 viel von ihm] Bettina besuchte seit Anfang Juli 1806 Goethes Mutter Katharina Elisabeth, die Frau Rath, in deren Haus Zum Goldenen Brunnen am Frankfurter Roßmarkt. Diese kannte Georg Schlosser gut, weil er der Sohn ihres Schwiegersohnes Johann Georg Schlosser aus dessen zweiter Ehe mit Johanna Fahlmer war. Bettina ließ sich von der Frau Rath vor allem aus Goethes Jugend erzählen. Betine ist
täglich bestimmt zwei Stunden bei der Göthe, ohne die sie und die ohne sie nicht leben kann, sie hat ein groses Buch dort liegen und schreibt aus dem Mund der Mutter die Geschichte der Mutter und des Sohns in der bekannten kräftigen Manier auf. (Brentano an seine Frau Sophie, 17. September 1806; DjB Nr. 1330.) Das Buch in folio worinn zerstreute und abgebrochne Notizen geschrieben von Frankfurth aus (Bettina an Goethe, 14. November 1810; BvA/WuB I, S. 707) ist nicht überliefert. Aufzeichnungen daraus, die Bettina mit Neuem ergänzte, schickte sie im November 1810 an Goethe, der einiges davon für die Schilderung seiner Jugendzeit in den ersten Büchern von Dichtung und Wahrheit benutzte, das meiste aber zurückstellte und als Ganzes 1831 leicht überarbeitete, weil er es bei einer
950
Zu Nr. 481
Neuauflage der Autobiographie unter dem Titel Aristeia der Mutter in sie aufnehmen wollte. Die Bettinaschen Aufzeichnungen sind zugleich eine Keimzelle ihres ersten Buches, Goethe’s Briefwechsel mit einem Kinde (1835). Vgl. BvA/W I, S. 635, 646. 34–36 Gestern 〈...〉 M: Engelhard 〈...〉 Lieder 〈...〉 tausend Dinge.] Caroline Engelhard, die sich seit dem Frühjahr 1805 in Heidelberg aufgehalten hatte, reiste über Frankfurt zurück nach Kassel. Welche Gedichte sie Bettina brachte, ist nicht bekannt. 37 Marie mit einem Mädgen 〈...〉 beehrt] Marie Brentano, die Frau des Bruders Georg, brachte die Tochter Sofie zur Welt. 41–42 Brief 〈...〉 von Göthe 〈...〉 Gesundheit preißt] Der Brief ist nicht überliefert, jedoch bezeugt durch den Brief der Mutter vom 19. August 1806 an Goethe: deinen Lieben Brief 〈...〉 der das Baad 〈Karlsbad〉 gesegnet und deine Gesundheit aufs neue befestigt hat! (Köster 1968, S. 540.)
43–44
daß ich Ihnen 〈...〉 frohen Tag machen werde]
Durch Mitteilung
von Jugendhandschriften Goethes. Vgl. Nr. 459,196–197 und Erl.
47 »Tiefe Stille herscht im Wasser«] Das Gedicht Meeresstille (vmtl. 1795). 48 Franz hat ein Gut in Winckel gekauft] Franz und Georg Brentano erwarben das Gut in demselben Rheingau-Ort Winkel, in dem die Günderrode sich erdolcht hatte. Im Sommer 1808 trat Georg dem Bruder seinen Anteil ab. Das Haus, »ein an der Winkeler Hauptstraße gelegenes langgestrecktes Gebäude, das aus einem massiven Erdgeschoß sowie einem ausgebauten Mansardendach mit drei übereinandergestellten Fensterreihen bestand, war 1751 von der Familie Ackermann aus Bingen erbaut, 1782 erweitert worden 〈...〉 Zu dem inmitten von Rebgärten gelegenen Haus gehörte auch ein von einer Mauer umgebener Garten, der sich einst bis zum Rheinufer erstreckte, sowie ein 〈...〉 großer Laubengang aus Weinreben.« (Johannes John in Goethe/MA XI/2, S. 782.) Nicht nur durch Bettinas Schilderungen, auch durch einen Aufenthalt Goethes 1814 bei Antonia und Franz Brentano sowie Goethes Bericht in Im Rheingau. Herbsttage ist das – noch heute im Familienbesitz befindliche – Brentano-Gut zu einer literarischen Attraktion geworden: Die herrliche Lage
des Gebäudes läßt nach allen Seiten die Blicke frei, und so können auch die Bewohner 〈...〉 sich ringsumher, zu Wasser und Land, fröhlich bewegen. Zu Wagen, Fuß und Schiff erreicht man, auf beiden Ufern, die herrlichsten, oft vermuteten, öfters unvermuteten Standpunkte. Hier zeigt sich die Welt mannigfaltiger als man sie denkt (Goethe/MA XI/2, S. 116).
951
Zu Nr. 482
482.
Von Leopold von Seckendorf nach Giebichenstein Regensburg, 5. September 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. 470. A: Nr. *496. H: GSA 03/226. − 1 Bl. ca. 265 x 178 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 3x quer gefaltet. − Zerknittert, fleckig, auR eingerissen, roter Siegelrest. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: R P SVOLLGANG. Fremdeinträge: 1r aoRr: 1, auRl: 3 1v aoRr: 2.
Erläuterungen 2–3 Nachrichten aus dem Görzischen Hause] Louise von Schlitz wird aus dem mecklenburgischen Karstorf an ihre Eltern in Regensburg geschrieben haben. 5–6 was mit heutigem Briefe geschieht] Der Brief ist nicht bekannt. Vgl. Nr. 488,50–51 und Erl. 6–7 mein Plan, die musikalische Sammlung 〈...〉 zu veranstalten] Vgl. Nr. 446,23 und Erl. 8–9 Ich habe die paar Lieder 〈...〉 an Brentano geschickt] Mit einem nicht überlieferten, zwischen Ende Juli und Mitte August 1806 geschriebenen Brief (DjB Nr. *1290). 9 zweimal geschrieben] Zuvor am 8. Juli 1806 (DjB Nr. 1275.A). 12 einige in meinen Musenalmanach] Vgl. zu Nr. 446,23. 16 zwei Sammler] Vmtl. Christoph Friedrich Karl Koelle in Tübingen, dessen Volkslieder-Bekanntschaft mit Seckendorf durch einen Brief Koelles an Brentano vom 21. Juli 1806 belegt ist (DjB Nr. 1285), und Bernhard Joseph Docen, den Seckendorf in München besucht hatte (vgl. zu Z. 28). 22–23 die Trümmer der alten Formen] Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und des Regensburger Reichstages. 28 Neulich war ich 14. Tage in München.] Vgl. Docen an Brentano aus München, 5. September: Es wird Ihnen wol bekannt geworden seyn, daß
Seckendorf sich vor nicht langer Zeit einige Wochen hier aufgehalten hat. er konnte nicht begreifen, daß er noch immer einer Antwort von Ihnen, in betreff des 2. Thls des Wunderhorns p. entgegen sehen müßte 〈...〉 Sie können denken, daß wir uns während seines Hierseyns wie mit manchen Projecten 〈...〉 so auch mit den alten Liedern genug zu schaffen gemacht (DjB Nr. 1325). 33 Rechberg Minister] Aloys Franz Xaver von Rechberg und Rothenlöwen war 1806–1809 bayerischer Gesandter in Wien und wurde noch Minister, allerdings erst 1817.
952
Zu Nr. 483
34 Ihre Tante Schliz 〈...〉 zu sehn] Sie reiste von Karstorf über Zernikow nach Regensburg. Vgl. Nr. 487,20–21. 35 Adele] Die 1801 geborene Tochter von Louise und Hans von Schlitz.
483.
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 7. und 10. September 1806, Sonntag und Mittwoch
DV: H. B: Nr. 476, 481. A: Nr. 490. H: FDH 7229. − 1 Dbl. ca. 234 x 192 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet; Ku ca. 98 x 122 mm. − Vergilbt, brüchig, Faltstellen gerissen, arR und im Mittelfalz große braune Flecke; Ku vergilbt, brüchig, auR großer brauner Fleck, rotes Siegel. − WZ: Bekrönter Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 149 2v auRr: 7229 Kur aoR Bettina: 10ter September 1806, darunter: 1806 28 Septem – 1806, in der Mitte: Göttingen 10 Sept / 28 1806, alR: 149. D1: Steig 1913, S. 44f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 81–83 (Nr. A11).
Varianten 8
wie] über gestr. mit 9 spitzig und rund] üdZ eing. 11 an eine 22 den] aus die 24 andern] a aus 〈x〉 andre Kirche] üdZ eing. 25–26 Melodie] über gestr. Tackte 38 mir] aus um danach gestr. mich 43 ich] aus es 44 meine Worte] über gestr. mich 52 einer] r aus m 62 die] üdZ eing. Erläuterungen 19 Feuerrohr] Flinte. 20 Blumenbachs] Vgl. Nr. 479,100 und Erl. 20 Mariaspring] Ausflugsziel bei einer Quelle etwa zehn Kilometer nördlich von Göttingen unterhalb der Burg Plesse, wo sich die Göttinger Gesellschaft zum Tanz traf. 29 verlorne Kinder] In sittlicher Hinsicht; Dirnen. 32–35 hiebevor da wir Kinder waren 〈...〉 nun so hinein!] Nach der ersten Strophe des Kinderlieds Hie bevorn, doˆ wir kinder waren des Wilden
953
Zu Nr. 483
(13. Jh.) in der Jenaer Liederhandschrift, vor 1806 nur gedruckt in Christoph Heinrich Müllers Samlung deutscher Gedichte aus dem XII., XIII. und XIV. Jahrhundert, Bd. II, Berlin 1785, S. 144:
Alexander
Hiebevorn da wir kinder waren. Und diu tzit was in den iaren. daz wir liefen of die wesen. von ienen her wider tzu desen. da wir understunden. fiol vunden. da sicht man nu rinder besen. Identifiziert Leitzmann 1942, S. 173f. 1808 von Arnim stärker verändert als erste Strophe des Gedichts Zeit im Freyen Dichtergarten der Zeitung für Einsiedler, Nr. 2 vom 6. April. 41 Gewild] Vgl. Nr. 422,36–38 und Erl. 55 Freundin] Caroline von Günderrode. 60 All Fehd hat nun ein Ende.] Schluß der ersten Strophe des Gloria in excelsis (Allein Gott in der Höh sei Ehr), Melodie und deutscher Text von Nikolaus Decius.
483.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 10. September 1806, Mittwoch DV: H. B: Vgl. Nr. 476, 481. H: Vgl. AIII, 14r–16v, 4½ S.
A: Vgl. Nr. 490.
Erläuterungen Vgl. Nr. 483. 33 herumstänken] Das seltene stänken mit der Hauptbedeutung ›Gestank erregen‹ im von Arnim intendierten Sinn im DWb nicht belegt.
954
Zu Nr. *485
484.E An Ludwig Wilhelm Gilbert in Halle Göttingen, 8. oder 9. September 1806, Montag oder Dienstag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 13v, 5 Z. Datierung: Das Exzerpt steht zwischen den datierten Exzerpten vom 8. September an Brentano (Nr. 479.E) und vom 9. September an Reichardt (Nr. 485.E).
Erläuterungen 2 die Höhenmessungen im Harz] Arnim wird während seines Giebichenstein-Aufenthalts im Sommer 1806 den Kontakt zu seinem ehemaligen Hallenser Lehrer Ludwig Wilhelm Gilbert erneuert haben. Die Höhenmessungen im Harz wird er bereits während seiner Harzreise im September 1800 (vgl.: WAA XXX, Nr. 110,3–20 und Erl., Nr. 176,36–42, Nr. AI.25) durchgeführt und Gilbert bald nach der Reise oder aber erst 1806 übergeben haben. Dieser hatte im dritten Band seines Handbuchs für Reisende durch Deutschland (Leipzig 1795) u. a. eine – bereits im Untertitel ausgewiesene – umständliche Topographie des ganzen Harzes mitgeteilt und wird an neuen Forschungsergebnissen darüber interessiert gewesen sein. Arnim kannte nicht nur Gilberts Reisebuch; zur Vorbereitung seiner Harzreise hatte er in Göttingen verschiedene Werke gelesen, darunter Christian Friedrich Schröders Ueber verschiedene
Höhenmessungen, zwey entdeckte große Magnetfelsen, und andere merkwürdige Gegenstände des Brockengebürges (Hannover 1796). (Vgl. WAA II/2, S. 867f. sowie zu Arnims wissenschaftsgeschichtlich interessanten Messungen WAA III.)
*485. An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, 9. September 1806, Dienstag DV: H. B: −. A: Nr. 488. Beilagen: Arnims Rheinisches Bundeslied. Vgl. Nr. 492,91–93 und Erl. Datierung: Aufgrund des datierten Exzerpts (Nr. 485.E).
955
Zu Nr. 485.E
485.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, 9. September 1806, Dienstag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 488. H: Vgl. AIII, 13v–14r, ¾ S.
Erläuterungen 4–5 Volksblatte, der 7 Müllers Posaune]
Preusse] Vgl. Nr. 480,146 und Erl. Die Posaune des heiligen Kriegs aus dem Munde Mohammed Sohns Abdallah des Propheten. Herausgegeben durch Johann von Müller (Leipzig 1806, 88 S.). Eine Auswahl von Sprüchen Moham-
meds im Hinblick auf die aktuelle politisch-militärische Situation in den deutschen Gebieten, wie aus Müllers Vorwort deutlich wird: Unsere Augen sahen
die niederwerfende Kraft aufgeregter Begeisterung in fast ungeübten Heeren unter Feldherren, welche, ohne gelehrte Krieger zu seyn, Siege improvisirten. Dasselbe Schauspiel haben vor mehr als tausend Jahren in der mohammedanischen Revolution unsere Altvorderen angestaunt. In Zeiten, wo die altrömische Kriegskunst nicht ausgestorben war, sondern durch die Anwendung mathematischer Berechnungen und Erfindungen scheinbar vervollkommnet wurde, und Kaiser Heraklius im Glanz großer Siege die vornehmste Macht in drey Welttheilen besass, gab Ein Mann, Mohammed, einem stillen, kaum durch kleine Fehden beunruhigten Volke, den Arabern, welche wie Israel ohne viel Zusammenhang unter ihren Richtern lebten, Einen Gedanken, der sie aller Welt unüberwindlich, die halbe Welt ihnen unterwürfig, und ein Drittheil der Menschen an ihn gläubig machte bis auf diesen Tag. (S. 5f.) Der nicht genannte Übersetzer war Joseph von Hammer-Purgstall. 8 Münchhauser Horne 〈...〉 Ton eingefroren] Anspielung auf die Lügengeschichte in Gottfried August Bürgers Übersetzung aus dem Englischen Feldzüge und Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen (1786–1789), derzufolge die gefrorenen Töne eines Posthorns erschallten, als es wärmer wurde.
956
Zu Nr. 487
486.E An Andreas Christian Friedrich Wilke in Berlin Göttingen, 11. September 1806, Donnerstag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 16v, 6 Z.
Erläuterungen 2 Wechsel 〈auf Fredersen〉] Dazu nichts ermittelt. ................................... 4 Alttheil] Der Teil des bäuerlichen Besitzes, in den sich die Eltern nach der Übergabe an die Nachfolger zurückzogen.
487.
Von Caroline von Labes nach Frankfurt Zernikow, 12. September 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. *468, *478. A: −. H: GSA 03/205. − 1 Dbl. ca. 224 x 188 mm; 1r–2v 3¼ beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Derb. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: J HONIG &
ZOONEN. Fremdeinträge: 1r aoRm: 27, aoRr: D1: Riley 1978, S. 133–135 (Nr. 33).
99,
auRl:
27
2r aoRr:
101,
auRl:
28.
Varianten 5 6
dir] aus]
aus dich danach gestr.
5–7
das
d* 21t Jullii 〈...〉 treffen würde] 48 Meine] M aus 〈X〉
auR eing.
Erläuterungen 6 von hier aus] Die Post von Zernikow (vgl. zu Nr. 382,60), das etwa 15 km östlich von Rheinsberg, 50 km nördlich von Berlin liegt, mußte über Rheinsberg nach Berlin und von dort weiter befördert werden. 18–19 Meinen Sohn 〈...〉 hier erwarten] Hans von Schlitz wollte von seinem mecklenburgischen Gut Karstorf kommen. 20–21 seine Frau 〈...〉 sterbenden Mutter mit den Kinde reisen] Louise von Schlitz reiste mit ihrer fünfjährigen Tochter Adele zu ihrer Mutter Caroline von Schlitz gen. von Görtz. Ende 1806 (Nr. 516) berichtet Seckendorf von der Mutter noch als einer Lebenden.
957
Zu Nr. 487
36–37 Petznicker Arnim mit seiner Frau und 〈...〉 Friedrique] Arnims Onkel Otto Erdmann Christof Albrecht von Arnim von dem uckermärkischen Gut Petznick mit seiner dritten Frau Adolfine Albertine. Die Friederike wird eine ersteheliche Tochter der Adolfine Albertine gewesen sein. (Vgl. WAA XXX, zu Nr. 111,42–44.) 41 festonirten Austwagen] Geschmückter Erntewagen. (Frz. festonner: mit Blumengehängen usw. schmücken; Aust: Ernte.) 41 Grentze] Preußens zu Mecklenburg-Strelitz, nördlich von Zernikow. 45 GeburthsTags Feyer] Am 27. Juli.
488.
Von Johann Friedrich Reichardt nach Göttingen Giebichenstein, 16. September 1806, Dienstag
DV: H. B: Nr. *485. A: Vgl. Nr. 494.E. H: GSA 03/212. − 1 Dbl. ca. 227 x 186 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: Bekrönter Posthornschild, darunter: AL
W&Z&C°. Beilagen: Vgl. Z. 2 und Erl. Fremdeinträge: 1r aoRm: 2, aoRr: 5, auRl: 3 2r aoRr: 7, auRl: 3. Besonderheiten: Flüchtig geschrieben, Verschleifungen am Wortende aufgelöst. – 1r obere Hälfte quer zur Schreibrichtung in doppelkonturiger Schönschrift: Lodovico / Lodovico. D1: Kat. Henrici 149, Nr. 91, S. 34 (TD, kurzer Auszug). D2: Kat. Henrici 155, Nr. 252, S. 82 (TD, kurzer Auszug). D2: Moering 1990, S. 233f. (Nr. 4).
Varianten 4–5 Seit 〈...〉 hier] üdZ 12 aus dafür 20 Bringen Sie üdZ 29 bleibt] bl aus 〈xx〉
Drucker] danach gestr. geben 13 für] sie doch mit her.] üdZ eing. 28 in H.] 34 in] aus an
Erläuterungen 2 lustigen Einlage] Das Rheinische Bundeslied, das Arnim vmtl. in der zweiten Septemberhälfte auch an Brentano schickte. Vgl. Nr. 492,91–93 und Erl.
958
Zu Nr. 488
5 Schl.] Eduard Schlosser, den Arnim in Göttingen kennengelernt hatte und der von dort nach Halle ging. Vgl. Nr. 477,99–102 und Erl. 8 Sontag] 14. September. 8 G.] Giebichenstein. 11–14 Ihr allerliebstes Spottlied 〈...〉 Kriegslied 〈...〉 Besorgung des Drucks übergeben] Ein hallescher Druck des Rheinischen Bundesliedes ist nicht nachweisbar. Das Kriegslied, das Reichardt drucken lassen wollte, war vielleicht: Patriotischer Zuruf an Preußens Heere. Ein Volkslied nach der Weise des bekannten Dessauer Marsches. Es erschien bei dem halleschen Verleger Johann Christian Hendel (4 S. unpag.), und ihm folgte bei demselben Verleger ein Kriegslied beim Ausmarsch der Preußen im September 1806. Ein Nachtrag zum patriotischen Zuruf an Preußens Heere (4 S. unpag.). (Beide Lieder angebunden an: Auswahl guter Kriegslieder. Preußens Kriegern gewidmet. Im September 1806. Halle: Hendel; Rara der ULB Halle, Sign. Yd 7015/600.) Vgl. den Bericht des halleschen Theologen August Hermann Niemeyer: Man druckte Kriegslieder, welche die Soldaten nicht sangen (Niemeyer 1808, S. 9). 21 Ihrem patriot. Unternehmen] Das Projekt Der Preusse, ein Volcksblat. Vgl. Nr. 480,146 und Erl. 27 Der König] Friedrich Wilhelm III. von Preußen. 30–31 das Braunsche Grenadier Bataill] Das Grenadierbataillon AltBraun aus der 2. Division des Zentrums der Armee des Herzogs von Braunschweig. 33 Prinz Wilhelm] Wilhelm Prinz von Preußen, diente seit 1799 in der Garde und focht 1806 an der Spitze einer Kavalleriebrigade bei Auerstedt. 35 Herz v Braunschw.] Herzog Carl Wilhelm Ferdinand zu BraunschweigLüneburg, 1806 Oberbefehlshaber der preußischen Armee. Nachdem ihm am 14. Oktober in der Schlacht bei Auerstedt eine Gewehrkugel beide Augen durchschlagen hatte, floh er vor den siegreichen Franzosen auf neutrales dänisches Gebiet, wo er am 10. November an den Folgen der Verwundung starb. 35 cougonirt] Kujonieren: jemand niederträchtig behandeln. 37 Rüchels corps] Das Hannöversche Korps unter General Ernst Philipp von Rüchel. 38 Haugw.] Haugwitz. Vgl. zu Nr. 462,48–53. 40 Preuß. Kriegserklärung] Vgl zu Nr. 499,40–41. 44 Raumer] Arnims Göttinger Kommilitone Carl von Raumer hatte 1803–1805 sein Studium in Halle fortgesetzt, wo er mit Reichardt und dessen Familie bekannt wurde; heiratete 1811 dessen Tochter Friederike.
959
Zu Nr. 488
44 Freib] Freiberg (Sachsen), wo Raumer bei Abraham Gottlob Werner Geologie studierte. 46–47 Marwitz 〈...〉 seinen Bruder 〈...〉 zu wirthschaften.] Alexander von der Marwitz, vor allem bekannt als Korrespondent Rahel Varnhagens, übernahm statt des in den Krieg ziehenden Bruders Friedrich August Ludwig die Verwaltung des Gutes Friedersdorf (im Oderbruch). (Vgl. Brentano/W I, S. 243–249.) 50–51 Von Seck. 〈...〉 auch ich einen Brief 〈...〉 Antwort schicken?] Wie aus Seckendorfs Brief an Arnim vom 5. September hervorgeht, schrieb er am selben Tag auch an Reichardt. (Vgl. Nr. 482,5–6.) Der Brief ist ebensowenig bekannt wie Reichardts Antwort. Ob diese Reichardts Brief an Arnim beilag, wird aus der Frage, ob Arnim sie Seckendorf schicken wolle, nicht deutlich.
489.
An Rudolf Zacharias Becker in Gotha Göttingen, 19. September 1806, Freitag
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS Autographa. − 1 Dbl. ca. 233 x 193 mm; 1r–1v 1½ beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − WZ: C & I HONIG. Beilagen: Manuskript von Vorläufige Anzeige eines neuen Wochenblattes. Der Preusse. Volksblatt, erschienen in: Allgemeiner Anzeiger der Deutschen, hg. von Rudolf Zacharias Becker, Nr. 267 vom 5. Oktober 1806. Vgl. Arnim/W VI, S. 186–189 und Erl. sowie Nr. 480,146 und Erl. Fremdeinträge: 1r aoRl: 112, acc. Ms. 1934.25., aoRm: v Arnim, darunter: L 1283. 1v auR Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BERLIN. D1: Kat. Liepmannssohn 27, S. 33, Nr. 378 (TD). D2: Steig 1913a, S. 62 (TD). D3: Kat. Liepmannsohn 64, S. 87, Nr. 436 (TD). D4: Weiss 1986, S. 37f. (Nr. 8).
Varianten 5 zum] m aus r 15 18 Ergebenheit] E aus e
Palm] al aus 〈xxx〉 19 empfielt] em
960
17 aus 〈xx〉
hatte] h
aus
z
Zu Nr. 490
Erläuterungen Wesentliche Ermittlungen Weiss 1986, S. 37f. 5–6 Reichsanzeiger] Arnim konnte noch nicht wissen, daß der 1793 von Becker gegründete Kaiserlich privilegirte Reichs-Anzeiger infolge der Auflösung des Reichs ab Nr. 251 vom 19. September 1806 umbenannt wurde:
Allgemeiner Anzeiger der Deutschen. Der öffentlichen Unterhaltung über gemeinnützige Gegenstände aller Art gewidmet, zugleich allgemeines Intelligenz-Blatt zum Behuf der Justiz, der Polizey und der bürgerlichen Gewerbe. 10–11 Fortgange Ihrer schönen Holzschnitsammlung] Vgl. Nr. 402,88– 90 und Erl. 15 meinen Namen zu nennen] Der Artikel erschien anonym. 15 Tod des Buchhändler Palm] Der Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm war am 25. August 1806 auf Veranlassung Napoleons von einer Militärkommission in Braunau am Inn zum Tode verurteilt und einen Tag später erschossen worden, weil er die anonyme Flugschrift Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung hatte erscheinen lassen.
489.E An Rudolph Zacharias Becker in Gotha Göttingen, 19. September 1806, Freitag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 16v, 5 Z.
Erläuterungen Vgl. Nr. 489.
490.
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 26. September 1806, Freitag
DV: H. B: Nr. 483. A: Nr. 500. H: FDH 7393. − 1 Bl. ca. 230 x 192 mm; 1r–1v 1½ beschr. S.; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Vergilbt, beginnender Tintenfraß, aoR ca. 10 x 15 mm Papierverlust (mit Textverlust). − WZ: Oberlängen von FHF.
961
Zu Nr. 490
Fremdeinträge: 1r aoRl: 151 1v auRr: 7393. D1: Steig 1913, S. 45f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 17 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 84f. (Nr. B9).
Erläuterungen 17 Tieck war mehrere Tage hier mit Clemens] Ludwig Tieck und der Kunsthistoriker Karl Friedrich von Rumohr waren am 4. September auf der Rückreise von Italien in Heidelberg eingetroffen, von wo Brentano mit ihnen am 10. September nach Frankfurt fuhr, das die beiden Reisenden am 16. September wieder verließen, Brentano am 20. Tieck rieß alle Herzen hin, er hat drei
Stücke aus dem Schäke∧speare gelesen, Betine hat sich in ihn er in Sie verliebt und beinah weit übers Aergerniß hinaus (Brentano an seine Frau Sophie, 17. September 1806; DjB Nr. 1330). Meline Brentano an Savigny, 11.– 16. September, Briefteil 16. September: Die Bettine war sehr fidel mit dem
Tieck, so, daß ich mir dachte seine Abreise, würde sie sehr schmerzen, aber sie ist heute so toll und lustig wie immer. Ich kann noch immer aus ihrem Charakter nicht klug werden. Tieck hat ihren Gesang über alles erhoben, er sagte in Italien habe er keine schönere Stimme gehört. Genug, ich glaube er hatte einige Neigung zu ihr, so wie sie zu ihm. (Zu DjB Nr. 1330.) Vgl. Bettinas zwischen 16. und 20. September an Tieck geschriebenes Billett und ihren Brief an ihn vom 3. Oktober 1806 (BvA/WuB IV, S. 38–41 und Erl.) sowie Nr. 498,3–4.
491.
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 28. September 1806, Sonntag
DV: H. B: −. A: Nr. 497. H: FDH 7230. − 1 Dbl. ca. 232 x 192 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Vergilbt, brüchig, an den Faltstellen beschädigt, in Blattmitte großer brauner Fleck. − WZ: GIF. Beilagen: Arnims Kriegslieder. Erste Sammlung. Vgl. Z. 30–31 und Nr. 498,30–31 mit Erl. Fremdeinträge: 1r aoRl: 152 2v auRr: 7230. D1: Steig 1913, S. 46f. D2: Betz/Straub 1986, S. 85–87 (Nr. A12).
962
Zu Nr. 491.E
Varianten 1 28ten] 8 aus 9 7 es] über gestr. ich 8–9 ausgegohren] au aus he 10 das war Herkules selbst,] üdZ eing. 14 Waldnacht] Wa aus 〈xx〉 22 was er seyn möchte] üdZ eing. 25 um] aus und 32 mit] danach 38 selbst] üdZ eing. 44 Sie] S aus s 47 herausgegestr. an 51 stecke] aus stehe nommen] no aus k
Erläuterungen 3 aus der Keule des Herkules] In der 9,20 m hohen Keule der 70,5 m großen Kolossalstatue des farnesischen Herkules in Wilhelmshöhe bei Kassel, einer 1717 vollendeten Arbeit des Augsburger Goldschmieds Johann Jacob Anthoni, haben neun Personen Platz. 19 Claudes Tageszeiten] Claude Lorrains vier Gemälde Die vier Tageszeiten, die Arnim im Kasseler Galeriegebäude gesehen hatte. Vgl. Nr. 498,73–74 und Erl. 21–22 schlafenden Ritters in der Löwenburg] Gemeint ist ein Detail der als Löwenburg bezeichneten mittelalterlichen Ritterburg-Imitation im Bergpark Wilhelmshöhe, erbaut 1793–1806: ein Sarkophag in der neogotischen Hallenkirche, auf dem ein Ritter in voller Rüstung liegt. 40 ich bin Ihren Tritten nachgeschlichen] Bettina war in der ersten Februarhälfte 1806 in Kassel. Vgl. Nr. 435,52 und Erl. 42–43 Reden, die Sie mit der 〈...〉 Churfürsten∧gesellschaft geführt] Vgl. Nr. 435,53–62. 45 Ein Bild von Rembrandt] Die heilige Familie mit dem Vorhang (1646).
491.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 28. September 1806, Sonntag DV: H. B: −. A: Vgl. Nr. 497. H: Vgl. AIII, 2r–3r, 2½ S.
963
Zu Nr. 491.E
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 491. 30 Nothschäfte] Der nachgewiesene Wortsinn »die erbfolge zu gleichen theilen, z. B. unter geschwistern« (DWb XIII, Sp. 950; ein Nachweis) ist unwahrscheinlich. Vmtl.: Notgeschäfte.
492.
Von Clemens Brentano nach Göttingen Heidelberg, vmtl. Ende September/Anfang Oktober 1806
DV: H. B: Nr. 479. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 125r–128v. − 2 Dbl. je ca. 295 x 164 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 4v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Bl. 4 Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß; 4v rotes Siegel. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 514, aoRm: 20b., danach Steig: Herbst 1806., darunter: Anfang October 1806 2r aoRr: 126 3r aoRl: 514, aoRm: 20.c., aoRr: 127 4r aoRr: 128. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 54. Datierung: Brentano berichtet ausführlich von Tiecks Aufenthalt in Heidelberg und Frankfurt sowie über einen Brief Sinclairs vom 20. September an ihn (DjB Nr. 1331), der ihm von Frankfurt nach Heidelberg nachgeschickt worden war. Weitere aktuelle Ereignisse werden nicht mitgeteilt oder reflektiert, so daß das mutmaßliche Eintreffen des Sinclairschen Briefes die Bestimmung eines Terminus post quem ermöglicht: etwa 25. September. Diesem Terminus entspricht Brentanos Mitteilung, er sehe täglich der Niederkunft 〈s〉einer Frau entgegen (Z. 145) – wenn man in Betracht zieht, daß er um den 20. August an Arnim geschrieben hatte: vier wochen auch sechs Wochen, hat Sophie noch zu gehen (Nr. 475,27–28). Arnim hatte den Brief Brentanos noch nicht, als er ihm am 6. Oktober (Nr. 498) schrieb. Das kann an den kriegsvorbereitenden Wirren gelegen haben, vielleicht hat Brentano den seinen aber auch später abgeschickt. D1: Steig 1894, S. 192–194 (TD); datiert: Anfang Oktober 1806. D2: Kat. Henrici 149, S. 69, Nr. 12 (TD, kurzer Auszug); datiert: ebenso. D3: Seebaß 1951, Bd. I, S. 332–335; datiert: ebenso. D4: FBA XXXI, S. 586–591 (Nr. 466); datiert: Mitte bis Ende Oktober 1806. D5: Schultz 1998, Bd. I, S. 430–435 (Nr. 89); datiert: ebenso.
964
Zu Nr. 492
Varianten
Nachts] aus 〈xxx〉 9 hier] danach gestr. ging 12 hat] danach gestr. zwar 12 alle] a aus d 16 über] üdZ eing. 17 Titurell,] danach 33 bei] üdZ 33 dem Guten] aus das Gute 33 auch] gestr. und danach gestr. übel 34 für] aus Nur 39 bemüht] ht aus th 41 retten,] danach gestr. er Tieck 42 Werke] danach gestr. durch 45 Tieck] über gestr. Müller 49 er] danach gestr. nicht als 52 und] danach gestr. ganz 54 und] danach gestr. nach 55 seinen] danach 61 vergaß,] danach gestr. Und von 68 er] danach gestr. Händen 69 gesungen,] danach gestr. nach ihrer 69 wilden] gestr. auf danach gestr. G 73 so] danach gestr. hat er 83 Leute] danach gestr. 84 verwechseln.] danach 1¾ Zeile unleserlich gestr. 85 Ge〈xxx〉 schichte] danach gestr. must 85 Einsicht] E aus R 91 Faß,] danach 96 Ofen,] danach gestr. Spr 109 liegt,] danach gestr. ach möchte 111 die] aus das 111 lezte] danach gestr. Lied gestr. d 114 wenn] danach gestr. 〈xx〉 117 reinen] danach gestr. potischen 121 mögte] aus möge 127 da] aus 〈xx〉 128 diese] danach gestr. sel 150 biß] danach gestr. mensch 156 ist] danach gestr. doch 8
Erläuterungen 3–5 Lud. Tieck kam 〈...〉 hierher] Vgl. zu Nr. 490,17. 4 Hannövrischen Rumor] Rumohr (der in Dresden geboren wurde) war in Göttingen, das zum Königreich Hannover gehörte, von dem Kunsthistoriker Johann Dominicus Fiorillo und den Brüdern Riepenhausen zur Kunst geführt worden. 6 Comp*] Compagnie (Gesellschaft). 9–10 wie man sich um Lavater mag gequält haben] Johann Kaspar Lavater war 1786 von Zürich zu Freunden nach Bremen gereist und 1793 auf Einladung des Ministers Andreas Peter von Bernstorff nach Kopenhagen. Brentano wird insbesondere diese letzte Reise gemeint haben, die zu den vorzüglich gesegneten Abschnitten seiner Lebenszeit gehörte (Geßner 1803, S. 241). Lavater sah an zahlreichen Orten alte Freunde wieder, machte neue Bekanntschaften und wurde überall mit Hochachtung empfangen. (Vgl. ebd., S. 209–242.) 11 mäkelte] »das treiben bei dem unterhandeln und feilschen« (DWb XII, Sp. 1490).
965
Zu Nr. 492
Zimmer drukt 〈...〉 Ansicht des Mittelalters Rechenschaft geTieck hatte auf dem Vatikan die Heldenlieder durchgesehen, »die in irgendwelcher Beziehung zu den Nibelungen stehen, aber auch alle andern altdeutschen Schätze dieser reichen Bibliothek und trug sich sogar mit dem Gedanken, eine gründliche Nachricht von den deutschen Handschriften des Vatikans herauszugeben, damit zugleich eine Geschichte der alten deutschen Poesie zu verbinden« (Körner 1911, S. 59), aber die Publikationsabsichten wurden allesamt nicht ausgeführt. Zu dem Heldenbuch-Projekt vgl. Brentano an Arnim, zwischen etwa 16. und 21. August 1803 (WAA XXX, Nr. 319,213–218 und Erl.), Tieck an Brentano, 15. Juni 1804 (DjB Nr. 992.A) sowie Tiecks Briefe an Zimmer vom 20. Juni, 11. Oktober, 20. Dezember 1807, 8. Mai und 5. August 1808 (Schweikert 1971, Bd. I, S. 292–296). 20 als in Ziebingen] Beim Besuch Arnims und Brentanos im Dezember 1804. 22–23 gegen Göthe 〈...〉 und besonders gegen die Eugenie] Vgl. Nr. 365,158 und Erl. 37 Mit Mahler Müller 〈...〉 in Rom beständig gewesen] Friedrich Müller, genannt Maler Müller, war 1778 nach Italien gezogen und verbrachte fast den ganzen Rest seines Lebens in Rom, wo er mit Tieck 1805/06 regen Kontakt hatte. Vgl. Karl Philipp Kaysers Tagebuch-Eintrag vom 7. September über eine Heidelberger Geselligkeit mit Tieck, an der Brentano beteiligt war: Tieck 11–19
ben.]
rühmte den Mahler Müller als einen vortrefflichen, aber verfolgten Mann. Eine Schrift von ihm über Kotzebue’s Kunsturtheile in seiner Reisebeschreibung hatte er bey sich und wünschte sie hier gedruckt. Auch gedenkt er, eine Sammlung der Müllerischen Schriften, die z. Th. einzig in ihrer Art seyen, als die Schafschur, Satyr Mopsus, die Tierwelt in Adams Erwachen, zu veranstalten. Müller selbst war, weil er sich für vergessen in Deutschland hält, nicht dazu zu vermögen. Er hätte werden können, was Göthe ist, wenn ihn das Glück begünstigt hätte. Nun wünscht er nur die Mittel, um ein großes Werk zu unternehmen. Tieck hat Manuscripte von ihm bey Schwan empfangen, will in einer Vorrede seine poetischen Productionen würdigen, und verwendete sich auch für die Erhaltung eines Rückstandes von seiner Pension, die er ehemahls von Zweybrücken bezog. Er tadelte es an Göthen, daß er, der früher in vertrautem Briefwechsel mit Müller stand, bey seiner Anwesenheit in Rom ihn nicht sah, von andern verleitet, die Müllern bey ihm herabsetzten. (Schneider 1923, S. 71.) 41–44 Ostern 〈...〉 bei Schwan u Götz in Mannheim] Tiecks dreibändige Ausgabe Mahler Müller’s Werke erschien erst 1811 in Heidelberg bei Mohr und Zimmer, mit Johann Philipp Le Pique und Anton Georg Batt herausgege-
966
Zu Nr. 492
ben, jedoch ohne Vorrede Tiecks. Mit den Mannheimer Verleger Christian Wilhelm Schwan hatte es Schwierigkeiten gegeben; dessen Kompagnon Georg Christian Götz war 1803 gestorben. (Vgl. Schweikert 1971, Bd. II, S. 47–56.) 44–46 an einer kleinen Schrift Müllers gegen Kotzebues 〈...〉 bereits
gedruckt] Schreiben von Friedrich Müller Königlich Bayrischem Hofmahler über eine Reise aus Liefland nach Neapel und Rom von August von Kotzebue (Mannheim 1807), gegen Kotzebues Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel (3 Bde., Berlin 1805). 55 Fidibus] »gefalteter Papierstreifen zum Pfeifenanzünden etc.« (MGKL VI, S. 550). 58–59 Ein
groses Werk über Kunst und Kunstgeschichte 〈...〉 bald vollendet haben] Ein solches Werk hat Maler Müller nicht ausgeführt. (Vgl. ThösKössel 1990, S. 151–173.) 65 hat 3 Schakspears Stücke vorgelesen] Vgl. Meline Brentano an Savigny, 11.–16. September, Briefteil 15. September: Tieck gefällt mir über alle
Maasen wohl; sein Auseres ist sanft und bescheiden, seine Sprache unendlich schön und wenn er liest geräht man in Endzücken. Er that es den Freytag 〈12.9.〉 Abend bey der Loulou, wo sie alle zu Nacht speisten. Ich konnte nicht dabey sein, und als Tieck mich drüber jammern 〈!〉 erboht er sich für mich ganz eigens noch einmal zu lesen. Dies geschah auch den Samstag 〈13.9.〉 Abend in meiner Stube. Ich lag auf dem Canape´ und 15 Menschen saßen in einem Kreiß an den Wänden herum. Tieck las den Sommernachts Traum von Shäckspear, ganz unaussprechlich schön. Da nun aber wie natürlich die Marie nicht dabey seyn konnte, so hielt er Heute 〈15.9.〉 Abend auch bey ihr eine Vorlesung. Wenn ich dir nur beschreiben könnt wie schön er liest, es ist aber über alle Begriffe. (Zu DjB Nr. 1330.) 65–67 Bethmann 〈...〉 George 〈...〉 Franz] Der Frankfurter Bankier Simon Moritz Bethmann und die Brüder Georg und Franz Brentano. 67–76 mit Betinen 〈...〉 wie die Musick entstanden sei] Vgl. Nr. 490,17 und Erl. 78 Schlittenfahrts Lied] Vgl. Nr. 479,111–112. 84 Herrn Bruder Graf] Freund des Titelhelden in Christian Reuters Schel-
muffsky. 84–86 Betinens Brief 〈...〉 zurückzusenden] Vgl. Nr. 481,48 und Erl. 86–91 Betine 〈...〉 bei der alten Göthe 〈...〉 treflich.] Vgl. Nr. 475,37–40 und Erl. 91–93 ein Gedicht auf das Heidelberger Faß 〈...〉 diesem Kalbfelle gefolgt] Brentano erhielt Arnims Rheinisches Bundeslied (Incipit: Das Faß ist
967
Zu Nr. 492
nun gebunden),
vmtl. von Arnims Diener Frohreich adressiert und vielleicht auch abgeschrieben. (Vgl. Edition und Erl. von Ulfert Ricklefs in Arnim/W V, S. 361f., 1233f., wo allerdings nicht erkannt ist, daß das Gedicht an Brentano geschickt wurde.) Das Faß, das Brentano vordergründig – aus Zensurrücksichten? – mit dem Heidelberger Faß identifiziert, ist in der das Gedicht durchwaltenden Böttcher-Metaphorik eine Allegorie auf den von Frankreich zurechtgezimmerten, mit Dauben und Eisenbändern zusammengehaltenen Rheinbund:
Der fromme Deutsche ist das Faß, / Woraus der Franzmann trinkt zum Spaß (ebd., S. 362). Vgl. Nr. 488,2 und Erl. und Nr. 498,31–32 sowie Arnims Erwähnungen des Heidelberger Fasses Nr. 466,24 und 479,49–50. Kalbfell war auch eine Bezeichnung für die Trommel und die Wendung dem Kalbfelle folgen sprichwörtlich. (Vgl. DWb XI, Sp. 58.) Arnim hatte das Rheinische Bundeslied bereits während seines Aufenthalts in Giebichenstein gedichtet, wie aus einer Erinnerung Varnhagens hervorgeht: Auch Achim von
Arnim dichtete eine Anzahl Lieder von politischem Inhalt, und ein Lied auf den Rheinbund, das er mir vorlas, war in der Tat von glücklichster Tonart und schönster Laune. (Varnhagen 1987–1994, Bd. I, S. 374.) 94–95 Kuhhaut 〈...〉 hinausgeschleift] Als Verschärfung der Todesstrafe wurden Mörder auf einer Kuhhaut zum Richtplatz geschleift. (Vgl. Deutsches Rechtswörterbuch; www.rzuser.uni-heidelberg.de.) 96–97 hänge es auch nicht hinter den Ofen, sprichwörtlich] Ironisch, da der Ausdruck etwas hinter den Ofen hängen kein Sprichwort ist. (Nicht im Ofen-Artikel Wander III, Sp. 1115–1121.) 101–106 der Anfang des Cevennenkriegs 〈...〉 Sinclair 〈...〉 in Frft gesehen] Mit dem Anagramm Crisalin erschien Isaak von Sinclairs Dramentrilogie Der Anfang 〈...〉, Der Gipfel 〈...〉 und Das Ende des Cevennenkriegs (1806/07). Sinclair war seit 1796 im Staatsdienst des Landgrafen von HessenHomburg, seit 1802 als Regierungsrat des Direktoriums des fürstlichen Oberappellationsgerichts und der fürstlichen Regierung oberster Regierungsbeamter und Vertrauter des Landgrafen. 1805 war gegen ihn aufgrund einer Denunziation, er plane einen Mordanschlag gegen den württembergischen Kurfürsten, ein Hochverratsprozeß angestrengt worden, der nach Haft in Ludwigsburg und auf der Solitude mit seiner Entlassung endete. In diesen Prozeß war auch Seckendorf verwickelt. Brentano hatte Sinclair während seines Frankfurt-Aufenthalts im Juni 1806 kennengelernt. Sinclair zog sich dann nach Hötensleben, einem Homburgischen Amt im Magdeburgischen, zurück. Vgl. Brentano an seine Frau Sophie, 17. September 1806 (DjB Nr. 1330 und Erl.). 107–108 die Hälfte Antheil an einem Taschenbuch 〈...〉 Trinklieder von ihm] Sinclair hatte mit Johann Erichson das Taschenbuch Glauben und
968
Zu Nr. 492
Poesie. Zum Frühlinge des Jahres 1806. Eine Sammlung von Dichtungen und Bruchstücken in Prosa, von mehreren Verfassern, herausgegeben von Lucian (Berlin) veröffentlicht; darin der Sinclairsche Anteil unter dem Titel Gedichte nebst einer Abhandlung über dichterische Compositionen überhaupt, und über lyrische insbesondere; in ihm acht Gedichte, die jeweils den Titel Trinklied haben, drei, die Rundgesang, zwei, die Päan überschrieben sind. Die Anfangsverse der Trinklieder lauten: Sinkt die goldne Sonne nieder; Auch meine Schläfen schmückt der immergrüne Zweig; Leicht’re Lieder soll ich singen; Zweifelnd hab’ ich lang’ gesonnen; Wie vom Fels der Strom sich stürzt; Hört ihr die Saiten rauschen?; Später wird nunmehr die Stunde; Zu meiner Lust bin ich erwacht. 111–113 die lezte Romanze 〈...〉 Steinkohlengeruch hat] Ebd., S. 239–242: Die Schlacht von Flodden. In der Schlacht von Flodden Field wurden die Schotten unter Jakob IV. am 9. September 1513 von den Engländern geschlagen; auf schottischer Seite kämpften grün gekleidete Ritter, nachdem König Jakob ihrem Anführer, mit dem er verfeindet war, einen Pardon auf ein Trommelfell geschrieben hatte. Die Anfangs- und Schlußstrophen lauten:
Viel Jammer über Schottland bracht Von Sanct Matthä der Tag. Der Jammer, den der Tag gebracht, Kein Mensch besagen mag. Es fielen die Ritter all, die Herrn, Die Herrn, die Ritter gut. Und König Jacob, der König Jacob, Der lag in seinem Blut. 〈...〉
Und andern Tages in der Schlacht, Da stellten sie tapfer sich dar, Doch keiner kam von allen davon, Der grün gekleidet war. Und seit dem Tag trägt keiner mehr Sich grün, der Sinclair heißt. Die Trommel zu Edinburg im Schloß Noch auf die Stund man weist.
969
Zu Nr. 492
eine Zigeunerromanze 〈...〉 aus der Zeit des siebenjährigen Kriegs] Das Gedicht Herr Grillbach oder der Räuberfang auf der Lochmühle bei Wehrheim, von Sinclair in seinem Brief an Brentano vom 20. September 1806 erwähnt (DjB Nr. 1331). Zwar ist von Zigeunern in dem Gedicht nicht expressis verbis die Rede, es sind Haiden, die Herr Grillbach mit 114–115
seinen Gehilfen in der Mühle fängt, jedoch: »nach dem ersten erscheinen der zigeuner im 15. jahrhundert wurden dieselben heiden genannt 〈...〉 noch heute 〈1877〉 haben sie mundartlich den namen behalten« (DWb X, Sp. 801). Sinclair veröffentlichte das Gedicht (mit Angabe der Jahreszahl 1806 im Inhaltsverzeichnis) in seiner Sammlung Gedichte von Crisalin. Bd. I. Frankfurt/M. 1811, S. 104–112. 115 Bänkelsängerartig] Vgl. Nr. 457,145 und Erl. 120 verzeselt] zerfasert. (Vgl. DWb XXXI, Sp. 808.) 121 Vogelleim] »die klebrige masse, mit der die fangruthen für kleine vögel bestrichen werden« (DWb XXVI, Sp. 416). 121 Weichselzöpfen] »die unentwirrbare verfilzung der haare, meist des menschlichen haupthaars 〈...〉 vor allem in polen verbreitet« (DWb XXXVIII, Sp. 536). 123–124 Hölderlin 〈...〉 in Tübingen einem gewißen Autenrieht in die Kur gegeben] Der als geisteskrank angesehene Hölderlin wurde im September 1806 in das von Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth geleitete Tübinger Klinikum eingeliefert, daraus im Sommer 1807 als unheilbar entlassen. Vgl. Sinclair an Prinzessin Wilhelm von Preußen, geb. Prinzessin Marianne von HessenHomburg, 26. September 1806: Ich habe kürzlich die Bekanntschaft von
Friedrich Schlegel, Ludwig Tieck und Clemens Brentano gemacht. Alle diese Männer, die Ew. Hoheit gewiß dem Ruf nach als ausgezeichnete Köpfe bekannt sein werden, sind die größten Bewunderer Hölderlins und weisen ihm eine der ersten Stellen unter den Dichtern Teutschlands zu. (Freye 1913, S. 254.) 125 verrückten Dichter im Kloster Haina] Siegfried Schmid aus dem hessischen Friedberg, befreundet mit Sinclair und Hölderlin, war wegen geistiger Zerrüttung im März 1806 in das in ein Hospital für Geisteskranke umgewandelte nordhessische Haina, ein ehemaliges Zisterzienserkloster, gebracht worden, wurde im Oktober 1806 entlassen, und da ihn der Vater nicht im Elternhaus aufnehmen wollte, brachte ihn Sinclair zunächst bei seiner eigenen Mutter in der Proecken-Mühle bei Homburg unter. Vgl. Waas 1928, S. 186–194 sowie Sinclair an Brentano, 20. September 1806 (DjB Nr. 1331). 130–131 für Friedrich Schlegel 〈...〉 in Fft lesen wolle] Friedrich Schlegel hielt sich im September/Oktober 1806 in Frankfurt auf, wo er Sinclair kennen-
970
Zu Nr. 492
lernte, wurde dort jedoch nicht seßhaft, sondern reiste Ende Oktober nach Rouen zu Madame de Stae¨l, bei der er ein halbes Jahr zu Gast blieb. (Vgl. Körner 1936–1958, Bd. III, S. 197.) 132 drei Tage drauf 〈...〉 einen Brief] Am 20. September 1806 (DjB Nr. 1331). 133–135 von einem Wiener Kaufmannsdiener 〈...〉 Sinclair rekomandirt ihn] Der Kaufmannsdiener hieß Frey, sein Brief war vmtl. an Sinclair gerichtet. Vgl. Sinclair an Brentano, 20. September 1806 (DjB Nr. 1331). 150 Zungen 〈...〉 stählernen] »am abzug der feuerwaffen der untere theil, den der finger berührt« (DWb XXXII, Sp. 606). 154–156 in einem der lezten Modejournals hefte 〈...〉 Kritick deines Volksliederaufsatzes] Im Juli- und August-Stück 1806 des Weimarer Journals des Luxus und der Moden (Bd. XXI, S. 411–427, 478–500) erschien unter dem Titel Literarische Musterung für eine Dame ein umfangreicher anonymer Fortsetzungsbeitrag über die Neuerscheinungen der letzten Zeit, in dem die auffallend häufigen Mundart- und Volkslied-Veröffentlichungen (Hebel, Grübel u. a.) besondere Beachtung fanden und in den Zusammenhang der Volkspoesie-Erörterungen seit Herder eingeordnet wurden. Nach Zitaten aus Arnims Essay Von Volksliedern heißt es: Dies war mein drittes und letztes Ak-
tenstück, das Bekenntniß des Hrn. v. A r n i m , und daraus sehen Sie nun klar und baar, was Volkspoesie ist, die Lieder der Handwerksburschen, der Fischer, der herrlichen Studenten, die uns aus den Wachtstuben herschallen, und in der Bauern alten Gesangbüchern stehen, welche sie mit aller Gewalt gegen neue nicht vertauschen wollen. Wie viel Stoff zum Spott, wenn ich Lust zu spotten hätte! Wir lachen schon nach einem lustigen Abend darüber; jetzt ernsthaft: diese Klagen des Hrn. v. A r n i m , sind sie gerecht? sind sie billig? Stand es besser um Volk und Land, als man jene schöne Poesie noch sang? Wollen wir im Ernste nicht vorwärts, sondern rückwärts schreiten? Die Gespenster des Aberglaubens quälen die Nacht; die Büttel der Hierarchie und Politik den Tag durch; der Muth wurde eingepeitscht, wie jetzt; grause, finstere Gestalten umlagern Wiege und Grab; die Sterne verkünden dunkles Schicksal; Gott selbst ist nur ein finsterer Barbar, – wollen wir zurück? Was wollen wir aber, wir können ja nicht, denn wer greift dem Rade des Schicksals in die Speichen! Phantasie ist freilich in jenen Dingen allein – fühlen Sie darum den E r l k ö n i g weniger schaurig und wunderbar auf sich wirken, weil Sie nicht an sein wahres Daseyn glauben? – Hinweg von diesen Kobolden, die man als wunderschön und das Höchste uns aufdringen will! (S. 486.) 158 an dem alten Wunderkasten stehen] Vgl. Nr. 449,9–10 und Erl. 971
Zu Nr. 493.E
493.E An Philippine Engelhard in Kassel Göttingen, 3. Oktober 1806, Freitag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 3r, ¼ S.
Erläuterungen 1 An Engelhardt] Arnim hatte Philippine Engelhard in Kassel besucht, wie aus Nr. 498,47–61 hervorgeht.
494.E An Johann Friedrich Reichardt in Giebichenstein Göttingen, zwischen 3. und 5. Oktober 1806, Freitag und Sonntag DV: H. B: Vgl. Nr. 488. A: −. H: Vgl. AIII, 3r–4r, 1½ S. Datierung: Das undatierte Exzerpt steht zwischen den datierten Exzerpten an Philippine Engelhard vom 3. Oktober (Nr. 493.E) und an Seckendorf vom 5. Oktober (Nr. 496.E).
Erläuterungen 2 Bluchers Rede.] Vgl. Nr. 498,28–29 und Erl. 15–18 Hannoveraner 〈...〉 England] Vgl. zu Nr. 431,57–59. 21 Kanton einrichtung] Die preußische Kanton- oder Militärverfassung, derzufolge »das ganze Land in Kantone (Kreise) eingeteilt war, in denen jedem Infanterie- und Kavallerieregiment eine bestimmte Anzahl Feuerstellen zur Entnahme seines Rekrutenbedarfs zugewiesen war. 〈...〉 Durch die K. wurde bestimmt: Alle Einwohner des Landes sind verpflichtet, in dem Regiment zu dienen, zu dessen Kanton sie gehören. 〈...〉 Jeder im Kanton geborne Knabe wurde vom Pfarrer in eine Liste eingeschrieben und diese dem Regiment mitgeteilt. Mit dem 20. Lebensjahr wurde der Kantonpflichtige gemeinsam von Militär- und Zivilbehörden gemustert und zu lebenslänglicher, später 20jähriger Dienstpflicht ausgehoben.« (MGKL X, S. 580.)
972
Zu Nr. *496
495.E An Carl Otto von Arnim in Berlin(?) Göttingen, zwischen 3. und 5. Oktober 1806, Freitag und Sonntag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 4r–4v, 1¼ S. Datierung: Das undatierte Exzerpt steht zwischen den datierten Exzerpten an Philippine Engelhard vom 3. Oktober (Nr. 493.E) und an Seckendorf vom 5. Oktober (Nr. 496.E), nach dem undatierten Exzerpt an Reichardt (Nr. 494.E).
Erläuterungen 2–4 Unsre Lage 〈...〉 hergefallen] Als die französischen Truppen im Herbst 1805 das von ihnen okkupierte Königreich Hannover verlassen hatten, um zum Krieg gegen Österreich nach Süddeutschland zu ziehen, wurde es von Russen, Schweden und einer englisch-deutschen Legion besetzt. Mit dem Schönbrunner Vertrag vom 15. Dezember 1805 trat Napoleon dann Hannover legal an Preußen ab. 4 die Weserlinie 〈...〉 das einzelne Wesel] Die Weserlinie war nach der Besetzung Hannovers preußische Westgrenze zu von Napoleon abhängigen Staaten. Festung und Stadt Wesel hatte Preußen im Vertrag von Schönbrunn an Frankreich abgetreten, das damit einen rechtsrheinischen Brückenkopf gewann. 7 der Fürstenbund ist gemacht] Ein antinapoleonischer Fürstenbund im Gegensatz zu dem von Napoleon veranlaßten Rheinbund. 8 Zwischenspiels zweyer beschränkter Minister] Nachdem Haugwitz als Minister des Auswärtigen abgedankt hatte, trat Hardenberg 1803 provisorisch und 1804 definitiv an seine Stelle, wurde jedoch im April 1806 beurlaubt, weil er Napoleon mißliebig war, und danach nahm Haugwitz wieder seine Position ein.
*496. An Leopold von Seckendorf in Regensburg Göttingen, 5. Oktober 1806, Sonntag B: Nr. 482. A: Nr. 516. Beilagen: U.a. vmtl. Arnims
Kriegslieder. Erste Sammlung.
973
Zu Nr. 496.E
496.E An Leopold von Seckendorf in Regensburg Göttingen, 5. Oktober 1806, Sonntag DV: H. B: Vgl. Nr. 482. H: Vgl. AIII, 4v, ¼ S.
A: Vgl. Nr. 516.
Erläuterungen 5–6
geben Sie heraus was sie haben]
497.
Vgl. Nr. 482,8–9 und Erl.
Von Bettina Brentano nach Göttingen Frankfurt, 5. Oktober 1806, Sonntag
DV: H. B: Nr. 491. A: Nr. 500. H: FDH 7394. − 1 Bl. ca. 226 x 190 mm; 1r ½ beschr. S.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, roter Siegelrest. − WZ: Unterer Teil von Posthornschild. Fremdeinträge: 1r aoRl: 153 1v auRr: 7394. Postzeichen: Stempel: R.1.FRANCFORT. Portozeichen. D1: Steig 1912, S. 271f.; TD. D2: Steig 1913, S. 47f. D3: Betz/Straub 1986, S. 88 (Nr. B10).
Varianten 16
sie] s
aus
S
Erläuterungen 15–16 Claudine ist 〈...〉 zu Bruder Joseph Maria Piautaz.
ihrem Bruder]
974
Claudine Piautaz reiste zu ihrem
Zu Nr. 498
498.
An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 6. Oktober 1806, Montag
DV: H. B: −. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 195r–198v. − 1 Dbl. (I) ca. 226 x 188 mm + 1 Dbl. (II) ca. 232 x 195 mm; 1r–4r 7 beschr. S.; 1v Adresse; 1x längs, 1x quer in der Mitte gefaltet. − Leicht fleckig. − WZ: I: Nicht identifiziert II: CIF oder CLF. Beilagen: Brentanos Stammbuch und seine Briefe an Winkelmann aus dessen Nachlaß; Arnims Kriegslieder. Erste Sammlung. Fremdeinträge: 1r aoRl: 515, aoRr: 195 2r aoRr: 196 3r aoRl: 515, aoR Steig: [Nach Clemens Brief v. 16. Juli 1806. zum 6 Oktober 1806], aoRr: 197 4r aoRr: 198 im Text Auslassungsmarkierungen (eckige Klammern) Steigs. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 68. – Überliefert ist ein kurzes Exzerpt Varnhagens (BJ/VS 8). D1: Steig 1894, S. 194f. (TD). D2: Kat. Henrici 149, S. 70, Nr. 13 (TD, kurzer Auszug). D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 427–430 (Nr. 88).
Varianten 12 nach] aus in 29 Platzregen] g aus d 31 sie] s aus S 37 bey 41–43 Ich habe 〈...〉 zugethan.] üdZ manchem Uebel] üdZ eing. 54 zog] z aus s 57 und es Abstrafen nannte.] üdZ 64 Daber76 Vortagen,] danach gestr. ein Morgen 76 Sonwolzky] a aus o 78 eine 〈...〉 Tagszeit] über gestr. Kopirt durch nenuntergang] üdZ 〈xxx〉 ohne Haltung 103 ich wäre] ich aus es
Erläuterungen
Aus einem Briefe Deiner Schwester 〈...〉 mit Tieck in Frankfurt gewesen] Vgl. Nr. 490,17. 5 Briefe 〈...〉 eingeladen] Nr. 475 von etwa 20. August. 11–12 sah aus der Keule des Herkules] Vgl. Nr. 491,3 und Erl. 13–14 Savignys’ Aufenthalt] Savigny war über Nürnberg nach München ge3–4
reist. 16–19
sein Briefpaket aus Winkelmanns Nachlaß 〈...〉 deine Briefe und Stammbuch] Vgl. Nr. 472,230–232 und Erl. 975
Zu Nr. 498
26–27 ich habe hier Rüchels und Blüchers Corps 〈...〉 sehen können] Das Westfälische Korps der preußischen Armee unter General Gebhard Leberecht Blücher wurde in der zweiten Septemberhälfte nach Göttingen gezogen, während das Hannoversche Korps unter General Ernst Philipp von Rüchel weiter südöstlich zwischen Mühlhausen, Langensalza und Tennstedt stationiert wurde. (Vgl. Höpfner 1850–1851, Bd. I, S. 133f.) Bis zum 4. Oktober, an dem das Blüchersche Korps nach Hannoversch-Münden abrückte, waren bei Göttingen fünf Bataillone Infanterie, ein Bataillon Füsiliere, eine Kompagnie Jäger, fünfzehn Schwadronen sowie zweieinhalb Batterien konzentriert. (Vgl. ebd., S. 189.) 28 die Krone] Vornehmer Göttinger Gasthof. 28–29 ich hörte General Blücher 〈...〉 wunderbar schön reden] Arnim wurde von der Rede zu seinen einem Invaliden in den Mund gelegten Kriegsregeln (Steig 1911, Bd. III, S. 375–379) angeregt. Vgl. Nr. 494.E. 30–31 Ich habe Lieder austheilen lassen] Neun Lieder unter dem Titel Kriegslieder. Erste Sammlung (o.O.u.J., Göttingen 1806), »in Aufmachung und Inhalt fast ausschließlich den populären Fliegenden Blättern jener Zeit verpflichtet«, wie Rölleke (1971a, S. 79) seine Untersuchung der Herkunft der einzelnen Lieder resümiert. Vgl. die Nachdrucke Steig 1894, S. 197–206 (Mikrofich-Ausgabe München 1994) und Steig 1911, Bd. III, S. 363–373 sowie die bibliographische Beschreibung Mallon 1925, S. 22, Nr. 28. Der Erstdruck, der Steig und Mallon noch vorlag, ist verschollen. Arnim schickte am 28. September ein Exemplar auch an Bettina (vgl. Nr. 491,30–31). In dem sogenannten ›Doppelroman der Berliner Romantik‹ Die Versuche und Hindernisse Karls ist vmtl. Arnim mit den Worten gemeint: Schön! rief Adolf, daß die Soldaten
sich selber ihre Poesie schaffen, und nicht die neuen Lieder sich aufdringen lassen. Es ist doch ein wahres Kernleben in ihren Gesängen. Da hat ein junger Mann, der am besten selber mitschlüge, für alle singen wollen, und einen ganzen Haufen Kriegslieder angefertigt, die hoffentlich kein Mensch singen wird. (Rogge 1999, Bd. I, S. 243.) 31–32 Einlage in der Tasche 〈...〉 die ich Dir schickte] Arnims Rheinisches Bundeslied. Vgl. Nr. 492,91–93 und Erl. 33 Hat die Jordis ein Kind?] Lulu Jordis, geb. Brentano blieb kinderlos. Um 1825 nahm sie ein Findelkind an. (Vgl. Härtl 1982, S. 368.) 33 Was treibt Kestner?] Theodor Friedrich Arnold Kestner war seit 1804 Arzt in Frankfurt. 37–38 Die Dieterich verlor ihr jüngstes Kind 〈...〉 trösten.] Die von Arnim während seiner Göttinger Studienzeit verehrte Johanna Dieterich hatte fünf Kinder, deren Namen sie in ihrem Brief vom 8. Februar 1805 (Nr. 364) in chronologischer Folge nennt. Wenn danach kein weiteres Kind geboren wurde, war Emma die jüngste Tochter.
976
Zu Nr. 498
39 keine Most] Femininer Gebrauch ist nicht belegt. (DWb XII, Sp. 2597.) 43–45 Seckendorf schreibt mir 〈...〉 kein Wort geantwortet] Vgl. Nr. 482. 47 bey der Mutter Engelhardt] Philippine Engelhard, die in Kassel lebte und sich vorübergehend in ihrer Geburtsstadt Göttingen aufhielt, wird dorthin nur mit einigen ihrer zehn Kinder gereist sein. Arnims Bericht gehört zu den Anekdoten, die sie als »eine lächerliche, sprunghafte, unorganisierte und gesellschaftlich nicht eingepaßte Frau« schildern (Stummann-Bowert 1995, S. 46), ohne ihre literarische und Lebensleistung gerecht zu beurteilen. 48 dulle] niederdt.: tolle. (Vgl. DWb XXI, Sp. 631.) 50 Kamisol] »kurzes, jackenartiges Kleid, das über dem Hemd getragen wurde« (MGKL X, S. 514). 59–60 Ihre blondlockige Tochter 〈...〉 die Geliebte von Kries] Gemeint sind Johanna (vgl. Philippine Engelhard an Jacob Grimm, 28. September 1806; Steig 1904, S. 3) und Caroline Engelhard, in die sich der Gothaer Gymnasialprofessor Friedrich Christian Kries in Heidelberg verliebt hatte (vgl. Nr. 386,4–8 und Erl.). 60 ete] Vmtl. Kurzform von etepetete (fehlt im DWb), nach frz. eˆtre peuteˆtre (mehr scheinen als sein). 61 zip] zimperlich, prüde, geziert. (Vgl. DWb XXXI, Sp. 1561.) 61–62 Grimm habe ich leider nicht kennen gelernt] Vgl. Philippine Engelhard an Jacob Grimm, 28. September 1806: Ich habe vergessen, Ihnen
gestern Abend zu sagen, daß unser Bediente glaubt von dem, der Arnim herbrachte, gehört zu haben, er wohne im Berliner Hof, einem Wirthshaus am Gouvernementsplatz. Sie sähen ihn wohl selbst gern, wollen Sie wohl dort anfragen, ob er noch hier ist, und ob er noch denkt in unser Haus zu kommen? (Steig 1904, S. 3.) Jacob Grimm, seit Januar 1806 Akzessist beim Sekretariat des Kriegskollegiums in Kassel, und Arnim hatten sich bereits im Oktober 1805 knapp verfehlt. (Vgl. Datierung von Nr. 397.) 62 Kinniard] In der Matrikel der Universität Göttingen sind zur Zeit von Arnims Anwesenheit zwei Engländer namens Kinnaird verzeichnet: Douglas J. W. Kinnaird, immatrikuliert am 2. September 1805, und Frederik S. H. Kinnaird, immatrikuliert am 7. Mai 1806. (Frdl. Auskunft UA Göttingen.) Ob Arnim mit dem späteren Freund Lord Byrons, Douglas James William Kinnaird, oder mit dessen Bruder reiste, ist nicht zu ermitteln. 66 die verschiedenen Kunstsammlungen und Gärten] Das 1775 der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Galeriegebäude an der Frankfurter Straße, das Landgraf Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel nach dem Kauf zahlreicher, vor allem niederländischer Gemälde des 16. und 17. Jhs. hatte errichten lassen; das 1779
977
Zu Nr. 498
eröffnete Museum Fridericianum mit der Antikensammlung im Erdgeschoß, der Bibliothek im Obergeschoß, technischen und naturkundlichen Gegenständen, Münzen, Medaillen, Porzellan u.a. in kleineren Räumen der Seitenflügel; der weitläufige Schloßpark Wilhelmshöhe. (Vgl. Schneider 2000, S. 88–90, 98.) »Die Gemäldegalerie und die Antikensammlung fanden bereits im 18. Jahrhundert eine große Resonanz und trugen entscheidend zum Ruf Kassels als einer der bedeutendsten deutschen Residenzstädte bei.« (Ebd., S. 102.) 67–70 Die Sammlung mechanischer Instrumente 〈...〉 Angaben des Großvaters vom jezigen Churfürsten] Kabinette zur Naturgeschichte, Mathematik, Physik, Mechanik u.a. waren ebenfalls von Landgraf Wilhelm VIII. angelegt worden, dem Großvater des Landgrafen Wilhelm IX., seit 1803 als Kurfürst Wilhelm I. »Die Uhrkammer, das Physikalische Zimmer mit den Instrumenten zur Experimentalphysik, das Optische Zimmer, das Mathematische Zimmer mit den astronomischen Instrumenten sowie das Mineralienzimmer 〈...〉 repräsentieren den Schwerpunkt der Sammlung. Hinzu kamen zahlreiche Modelle von technischen Anlagen wie Schöpfrädern, Paternosterwerken oder Wassermühlen im Mechanischen Zimmer.« (Schneider 2000, S. 90.) Wilhelm VIII. trug einzelne Positionen selbst in die Inventare ein. (Vgl. die Abbildung eines Gemäldeinventars Schnackenburg 2000, S. 79.) 70–71 Unter den Gemälden sind die Raphaels alle unecht] In der Sammlung befindet sich nur die Kopie eines Gemäldes der Heiligen Familie mit dem Lamm. (Vgl. Schnackenburg 1996, Textband S. 226.) 71–72 der Lenardo da Vinci 〈...〉 von einem seiner besten Schüler] Gemeint ist das Gemälde Leda mit Kindern, das bis Anfang des 19. Jhs. als Caritas gedeutet wurde, weil eines der Kinder und die Eierschalen übermalt waren. Es stammt nicht von Leonardo da Vinci, sondern von Giampietrino, der vmtl. dessen Schüler war. Das Bild hatte Wilhelm VIII. 1756 in Paris erworben, 1806 wurde es von den Franzosen beschlagnahmt und nach Paris gebracht, nach mehrfachem Besitzwechsel befindet es sich seit 1962 wieder in Kassel. (Vgl. Schnackenburg 1996, Textband S. 123.) 73–74 Die Claudes 〈...〉 die vier Tageszeiten] Claude Lorrains vier Gemälde Die vier Tageszeiten. Sie wurden wenig später, als die Franzosen in Kassel einmarschierten, mit anderen besonders wertvollen Bildern ausgesondert und in der Sababurg im Reinhardswald versteckt, dort jedoch von den Okkupanten erbeutet. Napoleon schenkte sie der Kaiserin Josephine, die sie 1814 an den Zaren verkaufte, so daß sie in die Petersburger Eremitage gelangten. 80 Einige Rembrandts, Potters] In der Galerie befinden sich mehrere Porträts und Landschaften Rembrandts sowie einige Bilder aus seiner Werkstatt und zwei Bilder von Paulus Potter. (Vgl. Schnackenburg 1996, Textband S. 241 und
978
Zu Nr. 498.E
245–248.) Zu Rembrandts Heiliger Familie mit dem Vorhang (1646) vgl. Nr. 491,45. 81 ein Familiengemälde Holbeins] Vielmehr Maerten van Heemskerck, Die Familie des Haarlemer Patriziers Pieter Jan Foppezoon. Das Gemälde war 1749 als Selbstbildnis mit Familie von Hans Holbein verzeichnet. (Vgl. Schnackenburg 1996, Textband S. 141f.) 82–84 die alten Strophen 〈...〉 An allem Ort und Ende] Str. 2 und 3 eines Liedes mit dem Incipit Selig wird stets gepreiset in Daniel Fridericis Honores
Musicales. Oder Newe / gantz lustige / Fröliche / vnd Anmütige Ehren-Liedlein 〈...〉, Rostock 1624, Nr. 24. Arnim wird die Sammlung im November 1805 in Schwäbisch Hall von Gräter bekommen haben oder darauf hingewiesen worden sein. Unter dem von Arnim stammenden Titel Familiengemälde unverändert im zweiten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 28–30.) 107 Deinen nächsten Brief schicke nach Giebichenstein.] Nach der Niederlage Preußens gegen Frankreich am 14. Oktober in der Schlacht von Jena und Auerstedt wäre es wenig sinnvoll gewesen, einen Brief in das bald von Franzosen besetzte Giebichenstein zu schicken. Arnim reiste, nachdem die Nachricht von der Niederlage in Göttingen eingetroffen war, über Duderstadt am Westrand des Harzes entlang nach Braunschweig und Tangermünde und von dort nach Berlin, dann, vor den nachrückenden Franzosen weiter fliehend, über sein uckermärkisches Gut Friedenfelde und Prenzlau nach Stettin, von wo er weiter nach Danzig (etwa 17. November) und Königsberg (etwa 26. November) gelangte.
498.E An Clemens Brentano in Heidelberg Göttingen, 8. Oktober 1806, Mittwoch DV: H. B: −. H: Vgl. AIII, 5r, 1 S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. Nr. 498.
979
Zu Nr. 499
499.
Von Clemens Brentano Heidelberg, vmtl. zwischen 10. (Freitag) und Ende Oktober 1806
DV: H. B: −. A: −. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,4, Bl. 88r–88v. − 1 Bl. ca. 227 x 191 mm; 1r–1v 1⅓ beschr. S.; 1x längs und quer in der Mitte gefaltet. − WZ: Unterer Teil von Posthornschild, darunter: C & I HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 490, aoRr: 1805., 88, im Text mit Rötel unterstr.:
Eunomia, Juli 1805. Besonderheiten: Kat. Rother 1989, Nr. 40. Datierung: Terminus post quem ist die preußische Kriegserklärung vom 9. Oktober, auf die Brentano zum Schluß anspielt (vgl. Erl.). Als Terminus ante quem wird der Tod Sophie Brentanos angenommen. Wäre der Brief danach geschrieben, hätte er sicher zu jenen gehört, von denen Brentano am 14. Juli 1807 Arnim berichtete: ich habe dir nun fünfmahl geschrieben, wie elend ich bin, und du weißt es nicht (WAA XXXIII). Wo Arnim sich aufhielt, wußte Brentano schon im Oktober 1806 nicht mehr; vgl. an Reimer, 19. Dezember: seit dem 19 October weiß ich nichts von ihm (DjB Nr. 1359). Erst durch Reimers Antwortbrief vom 9. Januar erfuhr Brentano, daß der Freund sich wohlbehalten in Königsberg befinde (BJ/VS 211). Daß Brentanos Hinweis auf die Eunomia, Juli 1805 (Z. 4) in den Editionen D2, D3 als Datierungskriterium für Juli/August 1805 angenommen wurde, mag nur Benutzer überraschen, die auf einen näheren Umgang mit den betreffenden Editionen verzichten konnten. Wenn deren Herausgeber schon nicht auf den Gedanken gekommen sind, daß man einer Publikation, die im selben Jahr erschienen ist, in dem man sie erwähnt, normalerweise nicht die Jahreszahl hinzufügt, hätten sie doch wenigstens die Anspielung auf die Kriegserklärung und die im Sommer 1805 im Arnim-Brentano-Briefwechsel völlig deplacierte politisch-volkspädagogische Tendenz des Briefes davon abhalten müssen, ihn so eklatant fehlzudatieren. D1: Kat. Henrici 149, S. 65, Nr. 8 (TD); datiert: 1805. D2: FBA XXXI, S. 442f. (Nr. 417); datiert: Juli/August 1805. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 292f. (Nr. 58); datiert: ebenso.
Varianten 15 stille] danach gestr. heimliche Gesch 24 Unternehmen,] danach gestr. das 41 –] danach gestr. Buchstabenansatz
980
Zu Nr. 499
Erläuterungen 4–9 In der Eunomia, Juli 1805 〈...〉 Bruchstück von Schummels Briefen an Zöllner 〈...〉 Lieder, die ausgemerzt werden müsten] Der Jahrgang 1805 der Berliner Zeitschrift Eunomia (vgl. zu Nr. 367,51–52) enthält den sich über mehrere Hefte erstreckenden Beitrag J. G. Schummels Briefe an den, nun verewigten, O. C. und Ober-Schul-Rath Zöllner. Die 1804 kurz vor Zöllners Tod geschriebenen Briefe sind der bei weitem umfangreichste Beitrag des Jahrgangs. (Bd. I: Juni, S. 403–435; Bd. II: Juli, S. 23–69; August, S. 81–99; September, S. 161–182; Oktober, S. 289–295; November, S. 321–343; Dezember, S. 419–433.) Johann Gottlieb Schummel hatte sie als Prorektor des Breslauer Elisabeth-Gymnasiums an den Berliner Oberkonsistorialrat Johann Friedrich Zöllner geschrieben, der nach 1800 das preußische Oberschulkollegium leitete, und bezog sich auf dessen Ideen über National-Erziehung, besonders in Rücksicht auf die Königl. Preussischen Staaten (Berlin 1804). Für Arnim werden die Briefe von besonderem Interesse gewesen sein, da er mit Zöllner bekannt gewesen war und ihm 1800 über einen für die Universität Halle vorgesehenen Dozenten (WAA XXX, Nr. *122) und 1802 aus der Schweiz über Pestalozzi (WAA XXXI, Nr. *249) berichtet hatte. Das Juli-Heft der Eunomia enthält den Schluß des zweiten Briefes sowie vollständig den dritten. Schummel propagiert im Anschluß an Zöllner eine preußisch-patriotische Erziehung. Die zum Volk hinuntergebückte, Unsittliches und Unsinniges reinigende Haltung der Spätaufklärung kommt in seinen Briefen klar zum Ausdruck. Das pädagogische Einwirken müsse, um erfolgreich zu sein, bereits bei der Jugend beginnen: Woher kommt der Esprit de Corps in der
sogenannten S t u d e n t e n - We l t ? Wie geht es zu, daß der auf acht Universitäten relegirte Wildfang, dennoch auf der neunten sehr leicht sein Unterkommen findet? Das rührt von nichts her als von ihren gemeinschaftlichen Ideen, K u n s t ausdrücken, Geschichten, Liedern, Sitten (oder vielmehr Sittenlosigkeiten), Gebräuchen (oder vielmehr Mißbräuchen), von dem allgemeinen N a t i o n a l h a ß gegen Häscher und Pedell; kurz, aus einer trüben aber gemeinschaftlichen Quelle! – Woher kommt der nehmliche Esprit de Corps in der H a n d w e r k s We l t ? 〈...〉 Wieder aus einer langen Kette gleicher Ideen und Vorurtheile 〈...〉 Hat dies Gemeinsame solche Kraft, wie sollte es nicht auch in Schulen wirken? 〈...〉 Nehmen wir aber einmal, mit S h a k e s p e a r zu reden, das Herz der ganzen Preußischen Jugend in die P r e s s e ; setzen wir ihm auf jeder Quadratmeile unseres Staats mit lauter auserlesenen National-Ideen zu; bilden wir ihren Verstand und schärfen 981
Zu Nr. 499
ihr Gefühl für wahre National-Ehre und Schande: so wird zwar die erste Generation, wenn sie in die wirkliche Welt tritt, wieder vieles von dem eingesammelten Guten einbüßen; aber sie wird doch auch einiges behalten. Unterdeß wächst eine zweite Generation heran, und findet an ihrer Vorgängerin lange nicht mehr den alten Widerstand, vielmehr schon manche Gleichheit der Grundsätze und Ideen. Mit der dritten Generation aber muß die Amalgamirung der jungen und erwachsenen Welt schon meist vollendet seyn. (S. 61–63.) Wenn man die Aufklärung bei den Alten, und nicht bei der Jugend anfange, komme hingegen nichts 〈...〉 heraus. (S. 68.) Geschieht aber das letztere, und wird es erst eine Generation hindurch fortgesetzt seyn, dann wird Ihre 〈die Berliner〉 Akademie der Wissenschaften sich nicht mehr genöthiget sehen, die Kalender o h n e Aberglauben zurückzunehmen. Es wird vielleicht nicht einmal mehr nöthig seyn, die beliebten Volksnahmen, T i l l E u l e n s p i e g e l , C l a u s N a r r etc. zu Vehikeln nützlicher Wahrheiten zu machen. (Ebd.) Friedrich Nicolais in parodistischer Absicht herausgegebenen Feynen kleynen Almanach, eine Hauptquelle des Wunderhorns (vgl. zu Nr. 367,171– 172), erwähnte Schummel als Beispielsammlung schlechter Lieder im Zusammenhang eines Plädoyers für
die allgemeine Einführung des G e s a n g e s in Schulen (S. 38f.): Vielleicht ließe sich der Gebrauch der Musik noch weiter als auf das Herz extendiren; ich erinnere mich wenigstens einer, gar nicht üblen, Melodie auf das ABC, nach welcher den Kindern die Erlernung desselben eben so sehr zur Lust, wie sonst zur Marter werden würde. Man muß in der That durch Gewohnheit abgehärtet seyn, um mit einem musikalischen Ohre, das fürchterliche Gebrülle in unsern Kirchen ertragen zu können. Auf der andern Seite singt das Volk, außer den Kirchen, schon jetzt eine Menge Lieder: aber was für welche! Nicolai hat davon in seinem feynen kleynen Almanach eine Probe gegeben. Die Verdrängung dieser Schelmenstücke – und jenes Gebrülles – würde allein schon ein unschätzbares Verdienst der Schulen seyn! (S. 39.) 15–16 Plan zu VolksEinheit, und eine stille würkende Gesellschaft dafür] Brentano knüpft im folgenden an Arnims grossen Lebensplan in seinem Brief vom 9. Juli 1802 (WAA XXXI, Nr. 236,155–221) und die Vorliebe des Freundes für
geheime Verbindungen
an, worüber dieser sich in seinem vom
17. Februar bis 7. März 1803 geschriebenen Brief geäußert hatte (WAA XXXII, Nr. 288,172–191).
982
Zu Nr. 500
23 einstarken] Im DWb nicht belegt. 24–25 Volksliedditirambe] Arnims Aufsatz Von Volksliedern am Schluß des ersten Wunderhorn-Bandes. 35–36 das Noth und Hülfsbüchlein] Von Rudolf Zacharias Becker (vgl. zu Nr. 365,172–175), in Schummels Briefen an Zöllner als Muster spätaufklärerischer Volkspädagogik gelobt: Mich dünkt, die Deutschen hätten in der
Schriftstellerei für das Volk bereits etwas gethan. Beckers Noth- und Hülfs-Büchlein ist gewiß in seiner Art ein Meisterstück (a.a.O., S. 67). 40–41 Das heiße, Frankreich den Krieg erklärt.] Nachdem Napoleon am 7. Oktober ein preußisches Ultimatum und einen Brief Friedrich Wilhelms III. mit der Forderung, Süddeutschland unverzüglich zu räumen, erhalten und am 8. Oktober mit einem schroff ablehnenden Bulletin reagiert hatte, folgten am 9. Oktober die Kriegserklärung Friedrich Wilhelms III. und ein Manifest des preußischen Hauptquartiers. Der preußischen Kriegserklärung schlossen sich Sachsen, Braunschweig und Sachsen-Weimar-Eisenach an. (Vgl. Häusser 1861–1864, Bd. III, S. 734f.)
500.
An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 13. Oktober 1806, Montag
DV: H. B: Nr. 490, 497. A: −. H: FDH 7231. − 1 Dbl. ca. 225 x 185 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Dünn. − WZ: D & C BLAUW. Fremdeinträge: 1r aoRl: 154 2v auRr: 7231. D1: Steig 1913, S. 48f. D2: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 18 (TD, kurzer Auszug). D3: Betz/Straub 1986, S. 88–90 (Nr. A13).
Varianten 13 durchschoß] d aus w 17 Händen. Entfloh] aus Händen und 25 Reisen Sie] S aus s 29 Immer] danach gestr. nach 37 dem] m aus nn 40 in] aus 〈xx〉 40 kein] k aus f 51 in einem Käfig] üdZ eing.
983
Zu Nr. 500
Erläuterungen 11 schütterte] schüttern: Iterativbildung zu: schütten (sich heftig bewegen). (Vgl. DWb XV, Sp. 2115f.) 20–22 Sie sagten einmal 〈...〉 Zugvöglen vereinigten] Vgl. Nr. 459,133– 135. 33–34 wo Sie uns im vorigen Jahre begleiten wollten] Vgl. Nr. 477,9–15 und Erl. 35–36 Claudine 〈...〉 zu sehen meine] Vgl. Nr. 497,15–17. 41 so herrlich wir in Trages gelebt] Im Herbst 1805 anläßlich der Taufe von Savignys Tochter Bettina. 44 das Mainzer Gebet] Ein gregorianischer Gesang: der als Mainzer Choral bezeichnete sogenannte germanische Choraldialekt, der gegenüber dem romanischen eine veränderte Intervallstruktur hat. 49 Ihre liebe Lapländerin] Vgl. Nr. 490,24–41. 55 Meine Adresse ist jezt Giebichenstein] Vgl. jedoch zu Nr. 498,107.
500.E An Bettina Brentano in Frankfurt Göttingen, 14. Oktober 1806, Dienstag DV: H. B: Vgl. Nr. 490, 497. H: Vgl. AIII, 5v–6r, 1½ S.
A: −.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 500.
501.E An Hans von Schlitz in Karstorf Göttingen, 14. Oktober 1806, Dienstag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 16v, ¼ S. Beilagen: Kupferstiche der Göttinger Umgebung. (Nicht bekannt.)
984
Zu Nr. *502
Erläuterungen 3–4 Aus dem Hessischen Löwen ist ein Hessischer Hund gewunden] Der zuvor preußenfreundliche Kurfürst Wilhelm I. von Hessen-Kassel hatte sich nicht an den Kriegsvorbereitungen beteiligt und am 3. Oktober einen Neutralitätsvertrag mit Napoleon geschlossen. Der Löwe war das kurhessische Wappentier. 4–5 Zensierungswogen] Im allgemeinen Sinn von zensieren: beurteilen. Die Substantivierung Zensierung und das Kompositum sind im DWb nicht belegt. 6 Löwenburg] Vgl. Nr. 491,21–22 und Erl. 6–7 Krähenhütte] »hütte, um daraus gedeckt die krähen, raben zu schieszen« (DWb XI, Sp. 1974). Vgl. die Bemerkung zu Beginn von Marino Caboga:
Zum erstenmal aufgeführt von der neu errichteten Theaterschule auf dem Theater des Marchese, im Casale der Maremme, sonst genannt die Krähenhütte auf der Seehüttung. (Arnim/W IV, S. 664.)
*502. Von Bettina Brentano nach Berlin Frankfurt, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 B: −. A: −. Datierung: Am 3. März 1807 schrieb Louise Reichardt aus Giebichenstein an ihren nach Danzig geflüchteten Vater: Wenn du Arnim schreibst oder siehst
grüß ihn doch recht herzlich. Pistor will seine Briefe nicht unerbrochen verabfolgen lassen u erbrochen will er sie auch nicht ohne besondre Erlaubniss da beyde von Brentanos Schwester sind, also wird Arnim sich Ihrer wohl nicht eher erfreuen bis er nach Berlin kommt. (Moering 2006, Bd. I und II, jeweils S. 16.) Und am 28. Juli 1807 teilte Louise Reichardt wiederum aus Giebichenstein dem in Königsberg sich aufhaltenden Arnim mit: Ich schreibe mit diesem Briefe zugleich an Redtel daß er
Ihnen ein paar Briefe die seit dem Winter für Sie in Berlin liegen, weil der allzuängstliche Pistor sich Ihrer bemächtigte so gleich senden soll. Pistor wollte sie nicht unerbrochen fortschicken u war doch zugewissenhaft dies zuthun weil sie von weiblicher Hand, sonst hätten Sie sie längst erhalten können. (WAA XXXIII.) Louise Reichardt war, nachdem die in der Schlacht bei Jena und Auerstedt siegreichen Franzosen Mitte Oktober 1806 Halle eingenommen und Giebichenstein geplündert hatten, mit ihrer Familie nach Berlin geflüchtet, ihr Vater weiter
985
Zu Nr. *502
nach Danzig. In Berlin wird sie von den Bettinaschen Briefen an Arnim erfahren haben, die in der preußischen Hauptstadt liegenblieben, weil Arnims und ihr Bekannter Carl Philipp Heinrich Pistor Skrupel hatte, sie zu Beginn der französischen Fremdherrschaft weiter zu befördern, wozu er kraft seines Amtes – als höherer Mitarbeiter im preußischen Postdienst – in der Lage gewesen wäre. Auch Louise Reichardts anschließender Versuch, Carl Friedrich von Redtel, einen anderen Berliner Bekannten von ihr und Arnim, zur Weiterleitung zu bewegen, scheint erfolglos gewesen zu sein. Die Briefe sind verschollen, Arnim wird sie nicht erhalten haben. Als Terminus post quem wird Anfang November 1806 angenommen – Bettina hatte zuletzt am 5. Oktober (Nr. 497) an Arnim geschrieben –, als Terminus ante quem Ende Januar 1807, denn Louise Reichardt wird, ihrem zitierten Brief an den Vater zufolge, kaum nach Mitte Februar in Halle eingetroffen, ein Frankfurter Brief Bettinas folglich kaum nach Ende Januar geschrieben sein. Daß Bettina zwei Briefe geschrieben hat, geht aus Louise Reichardts (zitierter) Mitteilung an ihren Vater hervor: beyde von Brentanos
Schwester.
*503. Von Bettina Brentano nach Berlin Frankfurt, vmtl. zwischen Anfang November 1806 und Ende Januar 1807 B: −. A: −. Datierung: Vgl. Nr. *502.
504.
An Carl Otto von Arnim in Berlin Danzig, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806, Montag und Mittwoch
DV: D1. B: −. A: −. Besonderheiten: Der Kontext des Zitats lautet:
Ein Platz im Cabriolet der Schnellpost war zu rechter Zeit bestellt, und so konnte ich die Gegend gut überschauen, und ward auf der ganzen Reise durch Alles was ich vorfand angenehm überrascht. Denn welch ein Unterschied gegen frühere Zeit war es nicht, wenn im Jahre 1806 mein seliger B r u d e r Achim mir aus Danzig schrieb: »Durch Pommern’s Wüsteneien bin 986
Zu Nr. 506
ich endlich im schönen Danzig angekommen«, und wenn ich selbst im Jahre 1813, einige Tage im scheuslichen Gasthof zu K o l b e r g verleben mußte, nachdem ich in Postchaisen, d. h. L e i t e r w a g e n auf bösen Wegen dorthin gelangt war, und jetzt in derselben Provinz die Wege schön chaussirt fand, der Wagen schnell lief und ich auf gleichgiltigen Flächen wenigstens Alles gut bebaut und die Wirthshäuser besser denn mittelmäßig antraf. (Arnim 1850, S. 350f.) Datierung: Arnims sonstige Briefe und Briefexzerpte aus Danzig sind vom 17. bis 19. November 1806 datiert. Es wird angenommen, daß er den Brief an den Bruder, demzufolge er in der Stadt angekommen war, im gleichen Zeitraum geschrieben hat. Etwa am 26. November war er bereits in Königsberg. D1: Arnim 1850, S. 351. D2: Härtl 1983, S. 299.
*505. An Caroline von Labes in Berlin Danzig, vmtl. zwischen 17. und 19. November 1806, Montag und Mittwoch B: −. A: WAA XXXIII, Nr. 519 (3. Januar 1807). Datierung: Der Brief ist der erste von acht Briefen, die Arnim nach seiner Flucht aus Berlin bis zum 26. Juni 1807 aus Danzig und Königsberg an seine Großmutter geschrieben hat. Die Briefanzahl und das letzte Datum gehen aus ihren Briefen an Arnim vom 17. April und 15. September 1807 hervor (WAA XXXIII). Die acht Briefe Arnims sind nicht überliefert. Daß der erste Brief aus Danzig geschrieben wurde, ist durch die Antwort belegt. Er wird analog Nr. 504 datiert.
506.
An Clemens Brentano in Heidelberg Danzig, 17. November 1806, Montag
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS 8. (Im September 2008 nicht auffindbar.) − 2 Dbl.; 1r–4v 8 beschr. S. Fremdeinträge: 1r aoRm + 3r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BER-
LIN. 987
Zu Nr. 506
Besonderheiten: Als Adressat kommt nur Brentano infrage. Der abschließende Bezug auf das Wunderhorn legt diese Annahme besonders nahe. Den Familienangehörigen, die Arnim duzte (Bruder und Onkel), schrieb er etwa gleichzeitig aus Danzig. Ob Brentano den Brief erhalten hat, ist fraglich. In dem ersten Brief, den er nach dem Tod seiner Frau im Juli 1807 an Arnim schrieb, nimmt er nicht darauf Bezug. Daß dessen Brief nicht bei den Handschriften des sonstigen Arnim-Brentano-Briefwechsels verwahrt wird, läßt ebenfalls die Vermutung zu, Brentano habe ihn nicht bekommen. D1: Steig 1894, S. 208 (TD); Adressatenannahme: Familienangehörige.
Varianten 7 Zimmer] Z aus s 13 im] aus von 16–17 Prinz 〈...〉 Hohenlohe] üdZ eing. 22 ersten] erstes e aus F 26 mit] aus und 27 der] aus 〈x〉 36 in] aus ich 52 Dinge.] danach gestr. Tausende arbeiten hier 55 hätte] hä aus re 56 konnen] en aus te an der Festung 57 〈............... tiefen〉] üdZ
Erläuterungen 23 des Prinzen Ludwig Tode] Louis Ferdinand, Prinz von Preußen, den Arnim im Dezember 1805 seine Dienste angeboten hatte (vgl. Nr. 404,50–56 sowie Nr. 405.K), war am 10. Oktober 1806 in einem Gefecht bei Saalfeld gefallen. 25 Lethe] »im griech. Mythus ein Fluß der Unterwelt, aus dem die Seelen der Verstorbenen Vergessenheit des Erdenlebens tranken« (MGKL XII, S. 453). 25–26 Saale, an der so viele schöne Jugend erwachsen und untergegangen] Die Studenten der Universität Jena und die Gefallenen der Schlacht bei Jena am 14. Oktober 1806. 28 der Herzog von Braunschweig flieht geblendet] Vgl. zu Nr. 488,35. 29 der Herzog Eugen von Wirtemberg] Eugen Friedrich Heinrich Herzog von Württemberg führte 1806 als General der Kavallerie die Reservearmee, wurde am 17. Oktober bei Halle von den Franzosen geschlagen und nahm nach dem Frieden seinen Abschied. 30–31 Fürst Hohenlohe ist mit allen Rodomontaden gefangen] Friedrich Ludwig Fürst von Hohenlohe-Ingelfingen befehligte den preußischen Heeresteil, der in der Schlacht bei Jena besiegt wurde, kapitulierte mit einem auf dem Rückzug begriffenen, 11800 Mann starken preußischen Korps am 28. Oktober in Prenzlau, wurde danach entlassen und zog sich auf sein oberschle-
988
Zu Nr. 507
sisches Gut Slawentitz zurück. – Rodomontaden: Aufschneidereien (nach einem prahlerischen Helden in Ariosts Orlando Furioso). 34–35 Prenzlov 〈...〉 Schlacht] Vgl. vorige Erl. 37–39 Duderstadt 〈...〉 Stettin] Vgl. zu Nr. 498,107. 45–46 der Gouverneur übergab es] Gisbert Wilhelm von Romberg übergab Stadt und Festung Stettin kampflos am 29. Oktober. 58 der Fehler liegt 20 Jahre früher] An der Neuausrichtung der preußischen Politik nach dem Tod Friedrichs II. (1786) und dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms III. 61 Klockenschlag] Vgl. Nr. 360,51 und Erl. 69 Berlin, den Tag vor dem Einmarsche der Franzosen] Die französischen Truppen waren am 25. Oktober in Berlin, am 27. folgte der feierliche Einzug Napoleons. 81 im Wunderhorn] In einer Fußnote zu Arnims Aufsatz Von Volksliedern. Vgl. zu Nr. 406,71–73.
507.
An Louise von Schlitz in Regensburg Danzig, 18. November 1806, Dienstag
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS 8. − 1 Dbl. ca. 228 x 191 mm; 1r–2v 4 beschr. S.; 1x längs, 1x quer gefaltet. − Fleckig. − WZ: Bekrönter Posthornschild, J HONIG & ZOONEN. Fremdeinträge: 1r aoRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN 2v auRr: [18 XI 1806]. D1: Steig 1894, S. 208f. (TD). D2: Weiss 1986, S. 39f. (Nr. 9).
Varianten 3 Worte] üdZ eing. 13 drey] aus einen 13–14 die Bewohner] üdZ eing. 14 eingepackt] p aus b 17 Silberwäscherin] in aus ey 19 zu] aus bey 20 hinaus] nach i gestr. e 21 dann] üdZ eing. 22 in Prenzlow] üdZ eing. 23 Nähe] N aus n 24 Prenzlow] über gestr. es 41 N.S.] neuer Schreibansatz 47 glücklicherer] Schluß-er aus 49 hungern müssen] üdZ eing. 50 ertragen] üdZ eing. 〈xx〉 50 es] e aus E
989
Zu Nr. 507
Erläuterungen 9–10 Vorhang in Seezen in eine moderne Judenschule verwandelt] In dem am Nordwestrand des Harzes gelegenen Seesen hatte der jüdische Kaufmann, Kammeragent des Braunschweiger Herzogs und Landrabbiner für den Weserdistrikt Israel Jakobsohn 1801 ein Anwesen mit einem zweistöckigen Haus gekauft, auf dem er »ein Erziehungsinstitut für bedürftige Judenkinder« errichtete, »das sie zum Handwerk ausbilden sollte« (Berg 2003, S. 38). Mit der Seesener Schule wirkte der Braunschweigische Juden Heiland (Goethe an Bettina, 3. April 1808; BvA/WuB II, S. 598) außerordentlich innovativ. »Die handwerkliche Unterweisung stellte ein absolutes Novum auf dem Gebiet des jüdischen Bildungssektors dar, schließlich war erst im Zuge der Aufklärung der Gedanke aufgetaucht, dass auch die jüdische Minderheit ihren Beitrag zur immer noch agrarisch orientierten, auf jeden Fall produzierenden Gesellschaft leisten könne. Der Stifter wollte mit der Gründung einer Industrieschule einerseits der jüdischen Jugend eine bessere Ausbildung und günstigere Ausgangsposition für das spätere jüdisch-deutsche Leben verschaffen, andererseits jedoch auch ganz offensichtlich demonstrieren, dass er mit der geistigen Elite seines nichtjüdischen Umfelds an einem Strang zog, um dort Sympathien für eine jüdische Emanzipation 〈zu〉 gewinnen. Auf jeden Fall stellte die Gründung der JacobsonSchule eine Neuerung im jüdischen Bildungswesen dar, die in solch offener und aufgeklärt-rationalistischer Form im gesamten deutschen Territorium keine nennenswerten Vorläufer hatte.« (Ebd., S. 76f.) Vgl.: Ballof 2001, Avraham 2005. Mit dem Ausdruck Vorhang spielt Arnim vmtl. auf den Vorhang an, der in der Synagoge den Thoraschrein verhüllt. 11 Vetter] Eigtl. Geschwisterkind (Cousin), aber auch »jeder entfernte Verwandte« (MGKL XX, S. 130). Nicht identifiziert. 12–14 in Braunschweig 〈...〉 die Bewohner selbst zum Verkaufe eingepackt] Am 21. Oktober hatte der schwerverwundete Herzog Carl Wilhelm Ferdinand zu Braunschweig-Lüneburg die Regierung des Landes auf seinen jüngsten Sohn Friedrich Wilhelm übertragen; am 26. Oktober rückten die Franzosen ein, am 28. nahmen sie das Herzogtum in Besitz. 20–21 die Franzosen den andren Tag] Vgl. Nr. 506,6–8 und Erl. 22 meinen Lehngütern] Die von Arnims Vater in der Uckermark, südlich von Prenzlau, geerbten Güter Friedenfelde, Kaackstedt u.a. 24–25 Prenzlov 〈...〉 Stürmung] Vgl. Nr. 506,30–31 und Erl. 25–26 Stettin 〈...〉 ausforderten] Vgl. Nr. 506,45–46 und Erl. 34 Tode des Prinzen Louis] Vgl. Nr. 506,23 und Erl.
990
Zu Nr. 508.E
39 Mutter] Caroline von Schlitz gen. v. Görtz. 49 Bagage] Eigtl. das im Krieg mitgeführte Gepäck, hier im übertragenen Sinn.
507.E An Louise von Schlitz in Regensburg Danzig, 19. November 1806, Mittwoch DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 6v–7r, 1¼ S.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. 507.
508.E An Hans von Schlitz in Karstorf Danzig, 19. November 1806, Mittwoch DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 6r–6v, ca. ¾ S. Datierung: Das Exzerpt steht vor dem an Louise von Schlitz (Nr. 507.E), wird aber danach eingeordnet, weil der ausgefertigte Brief an die Tante (Nr. 507) am 18. November geschrieben wurde.
Erläuterungen 6–8 in meinem Lehen 〈...〉 Landrath 〈...〉 Haber zu dreschen] Vgl. Nr. 507,20–21 und Erl. Der Landrat: Ludwig Adolph von Winterfeld. 9 Zieh Schimmel zieh] Als Fuhrmannslied auf der Weinstraße im zweiten Band des Wunderhorns. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 167–172.) 14 idem, omnia mea mecum portans] Denn all meine Habe trage ich bei mir. – Zufolge Cicero (Paradoxa 1, 1, 8) Antwort des Bias von Prie¨ne, eines der Sieben Weisen, der nach der Eroberung seiner Vaterstadt aufgefordert worden war, soviel mitzunehmen, wie er nur könne.
991
Zu Nr. *509
*509. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. zwischen 25. November (Dienstag) und Anfang Dezember 1806 B: −. A: WAA XXXIII, Nr. 519 (3. Januar 1807). Datierung: Caroline von Labes hatte zufolge ihrem Antwortbrief vom 3. Januar 1807 bis dahin einen Brief aus Danzig (Nr. *505) und drei Königsberger Briefe von Arnim erhalten, zufolge ihrem Brief vom 17. April 1807 (WAA XXXIII) bis dahin insgesamt sieben, also sechs aus Königsberg. In diesem Brief vom 17. April 1807 teilte sie außerdem mit, daß sie von Arnim einen Brief vom 22. März 1807 und zuvor am 24. Januar einen weiteren, vorletzten Brief erhalten habe. Dieser vorletzte Brief wird vom 12. Januar 1807 gewesen sein, mit diesem Datum erwähnt ihn Caroline von Labes’ Brief an Arnim vom 29. Januar 1807 (WAA XXXIII, Nr. 526). Den Mitteilungen der Großmutter zufolge muß Arnim ihr also vor dem 12. Januar viermal aus Königsberg geschrieben haben. Von diesen (allesamt nicht überlieferten) Briefen läßt sich einer auf vmtl. 31. Dezember datieren (Nr. *518), da er Beilage zu Arnims Brief an einen Vetter (Nr. 517) von diesem Datum war. Den ersten der Reihe (Nr. *509) wird er ihr bald nach seiner Ankunft in Königsberg geschrieben haben, die zwischen 25. und 27. November erfolgte (vgl. Steig 1913, S. 52), und danach zwei im Dezember – vor demjenigen von vmtl. 31. Dezember. Von den beiden nicht näher datierbaren Dezemberbriefen wird einer in die erste Monatshälfte datiert (Nr. *511) und der andere in die zweite (Nr. *515).
*510. Von einem Angehörigen der Familie Schwinck in Königsberg Königsberg, vmtl. Dezember 1806 B: −. A: −. Datierung: Kat. Henrici 149, S. 36, Nr. 96 verzeichnet unter der Überschrift »Arnim und Schwinck« außer Briefen und Briefkonzepten Arnims an Charlotte Schwinck und von deren Tochter Auguste und dem Vater George Gotthilf Schwinck, die alle 1807 geschrieben wurden, auch: »Schwinck, andere Familienmitglieder. 2 eigh. Briefe. An Achim und eigh. Quittung m. U. 1806–1811.« Demnach wurde der erste dieser Briefe vmtl. 1806 geschrieben. Es wird angenommen, daß dies während Arnims Aufenthalt in Königsberg geschah, vmtl. im Dezember.
992
Zu Nr. 512
*511. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. erste Hälfte Dezember 1806 B: −. A: WAA XXXIII, Nr. 519 (3. Januar 1807). Datierung: Vgl. Nr. *509.
512.
An Clemens Brentano in Heidelberg Königsberg, 2. Dezember 1806, Dienstag
DV: H. B: −. A: −. H: BJ/VS 8. − 1 Bl. ca 209 x 173 mm; 1r beschr.; 1v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − AlR Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß; 1r roter Siegelrest. − WZ: WADANG. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: L. A. von Arnim., Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, auR Varnhagen: Bettina. 1v aoR Stempel: Ex Bibl. Regia Berolin. D1: Steig 1894, S. 210f. D2: Arnim/W V, S. 1256. D3: Schultz 1998, Bd. I, S. 435 (Nr. 90).
Varianten 6
thöricht] hö
aus
ör
20
Mei]
dünne oder verblaßte Tinte
Erläuterungen 1–2 Königsberg 〈...〉 Toussaint et Comp] Arnim wohnte in Königsberg, wo er zwischen 25. und 27. November eintraf, zunächst im Deutschen Haus, Kehrwiedergasse (vgl. Steig 1913, S. 52). Toussaint et Comp. war ein Königsberger Handelshaus (auch erwähnt in Kants Brief an Johann Friedrich Hartknoch vom 28. Januar 1797), das der einer Hugenottenfamilie entstammende Kaufmann und Kommerzienrat Jean Claude Toussaint gegründet hatte. Um und nach 1800 waren dessen Sohn Frederic und Schwiegersohn Jean Claude Laval Erben und Teilhaber der Firma. (Vgl. Gause 1996, Bd. II, S. 190.) Arnim gab vmtl. nur die Postadresse an (Annahme Wingertszahn/Arnim-Chronik), auch mitgeteilt in seinem kurzem Lebenszeichen an Bettina (Nr. 513).
993
Zu Nr. 512
3
Der Vater vom Himmelreich spricht] Nach Doctor Johan Taulers Nachfolgung des Armen Lebens Christi 〈...〉 Nun zu erst auß einem alten / vor einhundert vnd Sibentzig Jahren geschribenen Exemplar / von Wort zu Wort trewlich vnd gantz vnverfälscht nachgetruckt. Frankfurt/M. 1621, S. 176. Darin Überschrift Ein alter Reim und in drei ungleich lange Strophen gegliedert. Arnim hatte das Buch in Königsberg leihweise von Wilhelm Dorow erhalten und übernahm den Text unter dem Titel Zweifel an menschlicher Klugheit in den zweiten Band des Wunderhorns. Die Version im Brief ist gegenüber der Quelle leicht modernisiert und entspricht weitgehend dem Text im Wunderhorn, darin jedoch ein zusätzlicher Vers. (Vgl. Rölleke in FBA IX/2, S. 9–11.)
513.
An Bettina Brentano in Frankfurt Königsberg, 2. Dezember 1806, Dienstag
DV: H. B: −. A: −. H: FDH 7232. − 1 Dbl. ca. 208 x 175 mm; 1r ½ S. beschr.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Derb, grau, große braune Flecke; 2v verschmutzt, Papierverlust (ohne Textverlust) durch Siegelaufriß, rotes Siegel. − WZ: WA-
DANG. Fremdeinträge: 1r aoRl: 156 2v aoR Bettina: auRr: 7232. Postzeichen: Portozeichen. D1: Steig 1912, S. 272. D2: Steig 1913, S. 51. D3: Kat. Henrici 149, Nr. 77, S. 18 (TD). D4: Betz/Straub 1986, S. 93 (Nr. A14).
2 December 6. Königsberg,
Varianten 1
2 Dec]
aus
30 Nov
3
und] u
aus
U
Erläuterungen 1–2 Königsberg 〈...〉 Toussaint 5 89 Psalm.] Ps 89,47–48.
et Comp.]
994
Vgl. zu Nr. 512,1–2.
Zu Nr. 514.E
514.E An Johannes Labes in Danzig Königsberg, 14. Dezember 1806, Sonntag DV: H. B: −. A: −. H: Vgl. AIII, 7r–7v, 1¾ S. D1: Steig 1894, S. 209f. (TD); datiert: 24. Dezember.
Erläuterungen 15 die Ressource] Um 1800 gab es in Königsberg mehrere gesellige Vereinigungen, so eine Ressource für höhere Stände mit dem Namen Casino und eine Einigkeit. (Vgl. Gause 1996, Bd. II, S. 221.) 23 Bennigsen] Bennigsen war im Oktober 1806 mit einem russischen Hilfskorps in Ostpreußen eingerückt. 25–26 Die Juden∧verpachtung der Lazarethe] Die Verpachtung preußischer Lazarette an Juden. 26–27 die Vergiftung in Aegypten] Beim Rückzug aus Ägypten (1799) soll Napoleon seine Ärzte angewiesen haben, die in Jaffa an der Pest erkrankten Soldaten durch Opium zu töten. 28–31 das Schicksal 〈...〉, daß 〈...〉 Brandenburg 〈...〉 zu fliehen schien.] Die unklare Passage wird deutlicher mit der Annahme, daß es Arnim war, der Brandenburg bzw. Preußen das Schicksal 〈...〉 vorherverkündigte, und zwar bei der Arbeit an seinem Dramenfragment Friedrichs Jugend, während der er gegen Ende März/Anfang April 1804 in London an einer Leberentzündung erkrankte. Näheres geht aus Brentanos Brief an Savigny von vmtl. 4. März 1805 hervor: er arbeitete ein historisches Schauspiel Friedrich der Einzige in London 〈...〉 in der Scene da die Weise Frau im Schloße herum geht
und Friedrichs Vater sterben soll bei dem bestimmten Fall eines Rosenkranzkornes, den sie singend abzählt, ergriff den Dichter plözlich seine Leberkrankheit, er lief das Lied der weisen Frau sprechend durch die Strassen Londons und ward den folgenden Tag in einem Londner Wirthshaus eine Stunde von seiner Wohnung todkrank, so∧oft er den Fieberparoxismus beschleunigen wollte, sagte er die Verse, und er kam. (DjB Nr. 1047.) Die Verse der Weisen Frau, die in Arnims Dramenfragment um Mitternacht nach einem Gedankenchor kriegerischer Gestalten einen Rosenkranz betend auftritt, sind vmtl. die in Arnims Exzerpt gemeinte Prophezeiung:
Keiner will mich hören Alle scheuen gleich, 995
Zu Nr. 514.E
Geb ich gute Lehren, Denke ich für euch. Immer die Korallen An dem Rosenkranz Seh ich niederfallen Zu dem Totentanz; Nicht vorüber Gehet dieser. (Arnim/W III, S. 61.) Arnims Exzerpteintrag liest sich, als hätte ihn der Fieberparoxismus von damals noch einmal ergriffen. 32 Fichte 〈...〉 Krieg im Krieg] Fichte war vom 7. bis etwa Mitte November in Danzig und ging dann nach Königsberg, wo er bis zum 13. Juni 1807 blieb. (Vgl. Fichte 1978–1992, Bd. V, S. 333–340.) Mit dem lächerlichen Krieg dürfte Arnim das Verfahren um Fichtes provisorische Anstellung als Professor der Philosophie an der Königsberger Universität und zugleich als Zensor der in Königsberg erscheinenden Hartungschen Zeitung gemeint haben. Das Anstellungsdekret wurde von Friedrich Wilhelm III. am 19. Dezember unterzeichnet. (Vgl. ebd., Bd. IV, S. 6f.; Bd. V, S. 334f.) 32–35 die Studenten 〈...〉 der alte Kant 〈...〉 Licht 〈...〉 Metapher] Vgl. Wilhelm Traugott Krugs Erinnerung an Fichtes Königsberger Vorlesung: Der
Zulauf und das Gedränge war ungeheuer. F i c h t e beging aber die Unvorsichtigkeit, gleich in der ersten Stunde sich über K a n t und dessen Philosophie auf eine zu starke Weise auszusprechen. Dieß nahmen ihn die Königsberger, die für Kant eine ungemeine Verehrung hegten und ordentlich stolz auf diesen Landsmann waren, sehr übel und gaben ihre Unzufriedenheit zum Theile durch Scharren mit den Füßen zu erkennen. Dieß nahm wieder F i c h t e übel und erklärte sich noch stärker. 〈...〉 Endlich blieben noch drei übrig, die sich das Wort gegeben hatten, bis auf die letzte Stunde auszuhalten, weil ihnen F i c h t e 〈...〉 gesagt hatte, sie möchten nur Geduld haben; am Ende würde ihnen plötzlich das Licht aufgehen und alles klar werden. Einer von den Dreien aber 〈...〉 versicherte, das Licht sei ihm nie aufgegangen. (Ebd., S. 13.) Detaillierter über die erste Vorlesung und Fichtes Insistieren auf Licht und Erleuchtung Wilhelm Dorow (ebd., S. 10f.).
996
Zu Nr. 516
*515. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. zweite Hälfte Dezember 1806 B: −. A: WAA XXXIII, Nr. 519 (3. Januar 1807). Datierung: Vgl. Nr. *509.
516.
Von Leopold von Seckendorf nach Friedenfelde Regensburg, 16. Dezember 1806, Dienstag
DV: H. B: Nr. *496. A: −. H: GSA 03/226. − 1 Dbl. ca. 280 x 178 mm; 1r–2r 3 beschr. S.; 2v Adresse; 2x längs, 2x quer gefaltet. − Grünlichgrau, leicht fleckig; 2v stark verschmutzt, Papierverlust (mit Textverlust) durch Siegelaufriß, roter Siegelrest. − WZ: Bl. 1: Segelschiff; Bl. 2: IHI. Fremdeinträge: 1r aoRr: 3, auRl: 4 1v aoRr: 4 2r aoRr: 5, auRl: 5 2v auRl: 1. Postzeichen: Stempel: R.4.REGENSBURG; Portozeichen; Dresden〈xxx〉 24
9¼. Varianten 11 da] danach gestr. es 22 zu] zu aus zur 27 Ein] aus Der 36 Ihrer] aus von 37 mir,] danach gestr. werter 37 sie] danach 63–66 wird 〈...〉 S–dorf.] arR eing. gestr. s
Erläuterungen 4 Beilagen] Darunter vmtl. Arnims Kriegslieder. Erste Sammlung. 4 der gräßliche Schlag] Die preußische Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober. 29 Eleusinien] Die in dem antiken Eleusis begangenen Eleusinischen Mysterien, an denen alle Bewohner, auch Frauen und Kinder, teilnahmen. 39–40 ihre Mutter 〈...〉 ihr Vater] Vgl. zu Nr. 487,20–21. 50–53 Mein Almanach 〈...〉 die teutschen Originalvolkslieder weggelassen 〈...〉 Nachbildungen, und Romanzen 〈...〉 Erstlinge zweier jungen Dichter] Der Musenalmanach für das Jahr 1807, den Seckendorf bei Montag & Weiß in Regensburg herausgab, brachte unter der Rubrik Stimmen der Völker englische und spanische Volkslieder, und zwar, wie im Inhaltsverzeichnis
997
Zu Nr. 516
mitgeteilt wurde, Als Probe eines größern Werkes, Denkmale der Volkspoesie nach Völkern und Zeiten geordnet. Auf die Mitteilung deutscher Volkslieder verzichtete Seckendorf mit Rücksicht auf die beabsichtigte Fortsetzung des Wunderhorns, zu der er sie beisteuern wollte. Als diese jedoch zunächst nicht zustande kam, teilte er in seinem folgenden Musenalmanach für das Jahr 1808 außer englischen und italienischen auch deutsche Volkslieder mit. Die volksliedhaften Erstlinge im Musenalmanach für das Jahr 1807 stammen von Ludwig Uhland (27 Gedichte, darunter Schäfers Sonntagslied) und Justinus Kerner (fünf Gedichte). Noch bedeutender waren drei Gedichte Hölderlins (Die Herbstfeier, Die Wanderung, Die Nacht), die Seckendorf merkwürdigerweise ebensowenig erwähnt wie F. Schlegels Beitrag Sankt Reinolds Kapelle. 54–55 das Schöne und die Freiheit lebt nur im Gesang] Nach dem Schluß von Schillers Am Antritt des neuen Jahrhunderts: Freiheit ist nur
in dem Reich der Träume, / Und das Schöne blüht nur im Gesang. (SNA II/1, S. 363.) 55–56 ich schrieb neulich an Ihren Verleger] An Zimmer in Heidelberg. Der Brief ist nicht bekannt. 60 Volkslieder in ganz wolfeilen Ausgaben zu sammeln] Nicht verwirklichter Plan. Vgl. Nr. 446,23 und Erl. 61–62 das Mildheimische Liederbuch verdrängen] Das war schon Brentanos Absicht mit dem Wunderhorn. Vgl. Nr. 365,172–175. 63–64 Meine Sammlung von Volksmelodien 〈...〉 künftiges Jahr zu Stande kommen.] Nicht verwirklichter Plan.
517.
Vmtl. an Johannes Labes in Danzig Königsberg, 31. Dezember 1806, Mittwoch
DV: H. B: −. A: −. H: GSA 03/247. − 1 Dbl. ca. 228 x 186 mm; 1r–2v 3¾ beschr. S.; 1x quer gefaltet. − Fleckig, leicht verknittert. − WZ: C & I HONIG. Beilagen: Nr. *518. Fremdeinträge: 1r aoRl: 520. Besonderheiten: Arnims Anrede lieber Vetter widerspricht nicht der Annahme, daß er an seinen und Caroline von Labes’ Danziger Verwandten Johannes Labes geschrieben hat. Vetter wurde »auch jeder entfernte Verwandte genannt« (MGKL XX, S. 130).
998
Zu Nr. *518
D1: Steig 1894, S. 210 (TD). D2: Weiss 1980, S. 129f. (Nr. 17).
Varianten 5
Postillionen]
danach gestr.
hier
Erläuterungen 4 Siegesnachricht] In der Schlacht bei Pultusk am 26. Dezember 1806 konnte das russisch-preußische Heer unter Bennigsen die französische Armee am Übergang über den Narew hindern. Die Schlacht endete ohne eindeutigen Sieger und war nicht kriegsentscheidend. 4 Rittmeister Wrangel] Friedrich Heinrich Ernst von Wrangel, der mit seinem Dragonerregiment in Ostpreußen stationiert war, war Leutnant und wurde erst 1809 Rittmeister. 7–8 der König 〈...〉 über seine Kinder hingebeugt.] Königin Luise hatte mit der Familie Berlin am 18. Oktober verlassen und war am 9. November in Königsberg angekommen; Friedrich Wilhelm III., der kurz vor dem Einmarsch Napoleons (27. Oktober) geflohen war, am 10. November. 10 tournirt] Militärische Umfassungsbewegung. 15 bis Neidenburg 〈...〉 wieder Soldau besetzt] Neidenburg liegt etwa 150 km südlich von Königsberg, Soldau weitere 25 km südwestlich.
*518. An Caroline von Labes in Berlin Königsberg, vmtl. 31. Dezember 1806, Mittwoch B: −. A: −. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 517. Datierung: Entsprechend Nr. 517.
999
ZU ANHANG I Stammbuch-Eintragungen 1805–1806
AI.51 Eintragung Friederike Reichardt in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 22. Mai 1805, Mittwoch DV: H. H: DLA 143v. − Eingeklebtes Blatt. Besonderheiten: Zu Arnims Stammbuch vgl. WAA XXX, S. 583–586. Ergänzung: Ca. 150 x 108 x 90 mm; roter Ledereinband mit Lasche zum Verschließen, Laschenteil angesetzt, innen mit grünem Leder beklebt. Blaues Vorsatzpapier. Arnim hat vmtl. den roten Lederbezug mit angesetztem Verschlußteil und Lasche neu anfertigen lassen. Er erwarb das Stammbuch Anfang des Jahres 1806 in Berlin, wie aus seinem zwischen Anfang und 20. Februar 1806 an Goethe geschriebenen Brief hervorgeht: Ihr Sohn 〈...〉 wollte mir ein Stammblat schicken, 〈...〉 es wird in ein Stamm und Gesellenbuch
(Frankfurt a/M 1530) eingefügt werden, womit ich in diesen Tagen mir an hundert alte Freunde zugeschaffen habe. (Nr. 422,249–253.) Abweichend heißt es im Exzerpt des Briefes: Ihr Sohn wollte mir ein Zeichen der Erinnerung schicken 〈...〉 ich besitze jezt ein Frankfurter Stamm und Gesellenbuch vom Jahre 1530 mit vielen Holzschnitten, wo ich sein Blat recht gut einheften kann. (Nr. 422.E,207–211.) Datierung: Nicht 1806, da Arnim in diesem Jahr erst ab Ende Juni in Giebichenstein war, wo er sich 1805 jedoch seit etwa 11. Mai aufhielt.
Erläuterungen 1 Lasset uns tanzen 〈...〉 springen!] Modernisierte Version der dritten Strophe von Paul Flemings Gedicht Aus dem Italiänischen:
Last uns tantzen / last uns springen Denn der Wolken schneller Lauff steht mit dunckeln Morgen auff / ob sie gleich sind schwartz und trübe dennoch tantzen sie mit Liebe nach der Regen-winde singen. (Paul Fleming, Sign. B 923].)
Teütsche Poemata.
Lübeck 1646. S. 507f. [Arnim-Bibliothek,
1003
Zu Nr. AI.52
AI.52 Stammbuchblatt Sophie Reichardts für Arnim Giebichenstein, etwa 22. Mai 1805, Mittwoch DV: H. H: BJ/VS 211. − 1 Bl. ca. 114 x 190 mm; 1r quer beschr. − WZ: VAN. Fremdeinträge: 1r aoRl Varnhagen: Sophie Reichardt, an L. A. von Arnim., auRl Varnhagen: Bettina. 1v Stempel: STAATS-BIBLIOTHEK BER-
LIN. Datierung: Da das Blatt vor einer Abreise Arnims von Giebichenstein nach Heidelberg geschrieben wurde, kann das nur im letzten Mai-Drittel 1805 gewesen sein. Es wird analog Nr. AI.51 datiert.
AI.53 Eintragung Karl August Varnhagen von Ense in Arnims Stammbuch Hamburg, vmtl. zweite Hälfte Oktober 1805 DV: H. H: DLA 28r. − Eingeklebtes Blatt. Datierung: Terminus post quem ist das Erscheinen des ersten WunderhornBandes vmtl. Mitte Oktober 1805. Varnhagen wird das Sonett bald danach, wohl noch im Oktober, geschrieben haben. Seine Wunderhorn-Rezension, die er etwa gleichzeitig mit dem Sonett geschrieben haben wird, erschien am 24. November 1805 in den Nordischen Miszellen (vgl. zu Nr. 415,130–134). Das Sonett, das er Arnim zusandte, blieb in Dessau auf der Post liegen, wo dieser es ein halbes Jahr später fand. Vgl. Nr. 466,104–108 und Erl. D1: Feilchenfeldt 2001, S. 25f.
Erläuterungen 17 τ.τ.π.α .] Abkürzung der griechischen Bezeichnung für den Polarstern, das Zeichen des Bundes, den Varnhagen und seine jungen Berliner Dichterfreunde 1804 eingegangen waren, angeregt von A. W. Schlegels Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst, worüber Varnhagen in seinen Denkwürdigkeiten berichtet: Um bei so vielfacher Trennung, die uns bevorstand, durch ein
äußeres Zeichen auch in der Ferne uns verbunden zu halten, mit dessen Verleihung weiterhin auch neue Freunde gleich an dem gesamten Bunde Teil haben könnten, wählten wir den Polarstern zu unsrem Sinnbilde, und es wurden Siegelringe angefertigt, die mit dem Stern 1004
Zu Nr. AI.55
die griechische Bezeichnung το τουÉ πο λο υ α δτρον enthielten. Ein Geheimnisbild vom August Wilhelm Schlegel, welches dieser aus Franz Baader’s pythagoräischem Quadrat entlehnt hatte, und worin Religion, Sittlichkeit, Poesie und Wissenschaft mit den vier Himmelsgegenden verknüpft werden, die Wissenschaft aber dem Norden entsprechen soll, hatte uns den Nordstern wählen lassen, als welcher auch die andern Richtungen zu bestimmen helfe. Ich empfing den Ring als Geschenk von Koreff, Chamisso und Lafoye mit beiderseitiger Freudigkeit und Rührung. Wir siegelten fortan alle unsre Briefe mit diesem Zeichen, fügten die Buchstaben τ.τ.π.α. überall unsrer Namensunterschrift bei, und selbst zum Anruf und Gruße gebrauchten wir die uns angenehm tönenden Worte gleich maurischen Erkennungslauten. Die Sache ging nicht weiter und wurde neben ihrem Ernst, auch häufig zwischen uns im Scherz betrieben; nach Außen aber gab sie uns bisweilen das Ansehn einer geheimnisvollen Gesellschaft, die für bestimmte Zwecke arbeite. (Varnhagen 1987–1994, Bd. I, S. 282.)
AI.54 Eintragung Arnims in das Stammbuch von Friedrich David Gräter Schwäbisch Hall, 26. November 1805, Dienstag DV: H H: Privatbesitz. − Stammbuch Gräters, 139r. Besonderheiten: Str. 1.–3 linkssp., 4–5 rechtssp.; Datum linkssp., Unterschrift rechtssp. – Abweichende Fassung FDH Pgtband I, Nr. 85. Vgl. Ricklefs 1980, Nr. 262. D1: Arnim/SW XXII, S. 6. D2: Arnim/W V, S. 208 (An einen Sammler).
AI.55 Eintragung Arnims in ein Stammbuch von August von Goethe Weimar, 14. Dezember 1805, Sonnabend DV: H1. H1: GMD, NW 1255/1971, Bl. 20r–20v. − Stammbuch August von Goethes, ca. 115 × 190 × 22 mm, 82 Bl. H2: FDH Hs B/42, S. 108–111. − Gedicht-Taschenbuch Arnims, ca. 189 x 112 mm.
1005
Zu Nr. AI.55
Besonderheiten: Das im GMD verwahrte Stammbuch August von Goethes 1805–1812 war 1971 verauktioniert worden. »Mit 54 handschriftlichen Eintragungen, einem Scherenschnitt und 3 Tusch- bzw. Bleistiftzeichnungen. Jena, Karlsbad, Weimar.« (D3.) Marmoriertes Vorsatzpapier, brauner Ledereinband, goldgeprägte Bordüre auf Vorder- und Rückseite, Goldschnitt; auf dem Rücken Goldprägeschrift auf rotem Grund: Denkmal der Freundschaft, darunter Lyra. D1: Arnim/SW XXII, S. 8–11 (H2). D2: Arnim/W V, S. 217–219 (H2). D3: Kat. Bassenge 17, Teil 2, S. 259, Nr. 4857 (TD von H1).
Varianten Str. 1–4 linkssp., Str. 5–8 rechtssp., Str. 9–12 V.1/2 linkssp., Str. 12 V. 3/4–Str. 14 rechtssp. 23 leidend] Schluß-d mit Bleistift gestr. 43 Flügeln] e üdZ eing. 45 sich] aus mir 45 hebt] h aus 〈x〉 50 kein] aus das
Erläuterungen Vgl. Ricklefs Erl. zu Arnim/W V, S. 217–219.
AI.56 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Henrik Steffens Giebichenstein, 28. Dezember 1805, Sonnabend DV: H. H: FDH Hs B/42, S. 94–96. − Gedicht-Taschenbuch Arnims ca. 189 x 112 mm. D1: Arnim/SW XXII, S. 166–168 (abweichende Fassung). D2: Arnim/W V, S. 209–211 (abweichende Fassung).
Varianten 〈8/1〉 und 〈11/1〉 sind an die jeweiligen Stellen in kleinerer Schrift hineingeschriebene Zusatzstrophen. 32 hernieder] her aus dar 44 Meer,] danach gestr. mit weissem 44 sein] üdZ 44 Bart] am Schluß gestr. e danach gestr. helle 45 er 69 scheinen] davor gestr. er den] über gestr. ihn der
1006
Zu Nr. AI.58
Erläuterungen Vgl. Nr. 411, 413 sowie Ricklefs 1980, Nr. 1340 und Arnim/W V, S. 1157f. (Erl. Ricklefs).
*AI.57 Stammbuchblatt August von Goethes für Arnim Weimar, vmtl. erstes Drittel März 1806 Besonderheiten: Arnim hatte Goethe in seinem zwischen etwa Anfang und 20. Februar geschriebenen Brief (Nr. 422,249–253) daran erinnert, daß dessen Sohn ihm ein Stammblat schicken wollte, und Goethe scheint mit seiner Antwort vom 9. März außer einem eigenen (Nr. AI.57) auch (mindestens) ein Stammbuchblatt des Sohnes geschickt zu haben (vgl. Nr. 430,18–19). Es ist jedoch weder in Arnims Stammbuch noch sonst überliefert.
AI.58 Stammbuchblatt Johann Wolfgang von Goethes in Arnims Stammbuch Weimar, 13. März 1806, Donnerstag DV: H. H: DLA nach Bl. 98 eingelegtes Blatt ca. 95 x 140 mm; 1r Text, 1v später aufgeklebtes Goethe-Porträt: nach der Kreidezeichnung von Karl Christian Vogel von Vogelstein aus dem Jahr 1824 (Wahl 1930, Nr. 63). – Vgl. Abb. 2 und 3.
Erläuterungen 1–2 Consiliis 〈...〉 in orbe] Arnims Übersetzung zu Beginn seines Antwortbriefes an Goethe vom etwa Mitte Mai – Anfang Juni 1806 (Nr. 454,1). Arnim, der den Spruch außerordentlich schätzte, publizierte ihn ohne Nennung des Urhebers am Schluß der ersten Nummer der Zeitung für Einsiedler (1. April 1808), führte ihn noch 1818 am Ende seines Aufsatzes Frau von Stae¨l und Herr von Haller an (Arnim/W VI, S. 640) und kam bereits im Brief an Brentano vom 14. Juni 1806 (Nr. 462,58–59) darauf zurück. Dieser zitiert seinerseits den Vers in seinem Brief an Savigny zwischen 11. und 14. Juni 1806 (DjB Nr. 1256).
1007
Zu Nr. AI.58
Eine Quelle des Spruches ist nicht bekannt. Daß er aus der Antike stammt, kann ausgeschlossen werden; eine mittellateinische Quelle war ebenfalls nicht feststellbar. (Frdl. Recherche von Manfred Simon, Jena; nicht in: Walther 1963; Schumann 1979–1989.) Nicht in der Weimarer, Frankfurter und Münchner Ausgabe der Werke Goethes. »Bis man erfährt, in welchem Werk aus Altertum, Mittelalter oder Neuzeit Goethe den Spruch gefunden haben könnte, möchte man das Monostichon in keiner Gesamtausgabe seiner Gedichte missen.« (Wagenknecht 2000, S. 11.)
AI.59 Eintragung Frau Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, zwischen Anfang März und 18. April 1806, Freitag Vgl. Nr. 429.
AI.60 Eintragung Frau von Jasmund, geb. Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, 21. April 1806, Montag DV: H. H: DLA 278r. Besonderheiten: Vgl. Nr. 431,36–37 und Erl.
Erläuterungen 1 Wie seelig ist, der Hof und Macht] Aus Gryphius’ Trauerspiel Grossmüthiger Rechts-Gelehrter oder Sterbender Aemilius Paulus Papinianus, und zwar die erste und neunte Str. aus dem Reyen der Hofe-Junckern Papiniani. (Andreae Gryphii um ein merckliches vermehrte Teutsche Gedichte. Mit Kayserl. und Churfl. Sächsischen allgnädigsten Privilegio. Breslau-Leipzig 1698, S. 385f.; Arnim-Bibl. Sign. B 945.) Die Kenntnis wird Frau von Jasmund Arnim verdankt haben. 5 (Wesenberg)] Vmtl. Johann Philipp von Wessenberg. Vgl. Wessenberg kurz nach der Heirat mit Maria Gertrude Mülhens am 10. Januar 1804 an seinen Bruder Ignaz Heinrich von Wessenberg: Ehepakten sind – klugerweise keine
geschloßen worden – sondern der Schwiegervater hat mir am Hochzeitstage 50 000 f durch einen Wechsel geschenkt, mit welchen ich frei 1008
Zu Nr. AI.62
disponiren kann. Die Ausstattung, trousseau, übernahm die Mutter – sie wird auf 20 000 f geschätzt – es sind für mehrere hundert Louis Perlen und für 200 Louis Spitzen dabei; nebstdem bekommt meine Frau noch jährlich ein Spielgeld. Ich bitte von diesem niemanden das umständliche zu sagen, da selbst das Haus 〈Simon Moritz〉 Bethmann mir um diese Heirath neidig ist, so liegt mir daran, daß von den damit verknüpften Vortheilen nichts b e s t i m m t e s bekannt werde. (Aland 1987, S. 140.)
AI.61 Eintragung Luise Bose in Arnims Stammbuch Neustrelitz, 21. April 1806, Montag DV: H. H: DLA 330r. Besonderheiten: Vgl. Nr. 431,29 und Erl.
Erläuterungen
In unserer eignen Brust 〈...〉 von Außen stört.] Erstes Buch, V. 495–499.
1–5
Wieland,
Musarion.
AI.62 Eintragung Hans von Schlitz in Arnims Stammbuch Karstorf, vmtl. Mai 1806 DV: H. H: DLA 293v. – Vgl. Abb. 4. Datierung: Während Arnims Aufenthalt auf Schlitz’ mecklenburgischem Gut Karstorf letztes Drittel April/Mai 1806; vmtl. gegen Ende des Aufenthalts.
Erläuterungen 3–10 Den Dichter hält kein Band 〈...〉 freie Dichterkraft] Nach Schillers lyrischem Spiel Die Huldigung der Künste, V. 187–195 (Verse der Poesie).
1009
Zu Nr. AI.63
AI.63 Eintragung Arnims für das Stammbuch von Karl August Varnhagen von Ense Giebichenstein, Ende Juni/1. Juli (Dienstag) 1806 DV: H. H: FDH Hs B/43, 19v. − Gedicht-Taschenbuch Arnims ca. 189 x 112 mm. Besonderheiten: Am 1. Juli 1806 teilte Arnim Brentano über Varnhagen u.a. mit: ich hab mich in sein Stammbuch geschrieben, das wie die Lade einer Meistergilde voll Dichterfamilien war (Nr. 466,112–114). Varnhagens Stammbuch ist als Corpus nicht erhalten, da er die einzelnen Blätter der Einträger unter die betreffenden Namen seiner Sammlung legte. (Vgl. Stern 1911, S. 834.) Das Arnimsche Blatt konnte in BJ/VS nicht ermittelt werden. Es wird daher nach der Fassung H wiedergegeben. Den bisher als Stammbuchblatt für Varnhagen gehaltenen, auf den 6. Juli 1806 datierten Eintrag hat Arnim für Louise Reichardt geschrieben. (Vgl. Nr. AI.64.) Datierung: Der Brief Arnims, in dem er von dem Eintrag in Varnhagens Stammbuch berichtet, ist am Anfang 1. July datiert. Arnim wird den Eintrag kurz vorher geschrieben haben. D1: Arnim/SW XXII, S. 19.
Varianten 1 Vaterland.] daneben nachträgl.: In Varnhagen’s Stammb. / Sommer 3 in] n aus ch 1806.
Erläuterungen Vgl.: Ricklefs in Arnim/W V, S. 1232f.; Baumgart 1999, S. 189–193; Feilchenfeldt 2001, S. 27f.
AI.64 Stammbuchblatt Arnims für Louise Reichardt Giebichenstein, 6. Juli 1806, Sonntag DV: H. H: BJ/VS 8. − 1 Bl. ca. 113 x 182 mm; 1r von Arnim beschr.; 1v von Louise Reichardt; nicht gefaltet. − Karton; 1r + 1v je ca. 1 mm dünne grüne Umrandung. − WZ: −.
1010
Zu Nr. AI.65
Fremdeinträge: 1r auRm Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN, aoRr Bleistift: c. Besonderheiten: Das bisher (seit Steig 1894, S. 185; vgl. Ricklefs 1980, Nr. 605) als Stammbuchblatt Arnims für Varnhagen klassifizierte Erinnerungsblatt war nicht für ihn, sondern für Louise Reichardt bestimmt. Als sie in der zweiten Oktoberhälfte 1806 nach der Einnahme Halles und der Plünderung Giebichensteins durch die Franzosen nach Berlin fliehen mußte, nahm sie es mit, und am 6. Dezember beschrieb sie dort die Rückseite (Nr. AI.71). Das Blatt deponierte sie bei Carl Philipp Heinrich Pistor, der auch Briefe Bettinas an Arnim zur Weiterbeförderung nach Königsberg erhalten hatte (vgl. Nr. *502 [Datierung], *503). Vmtl. hoffte sie, daß der im höheren Postdienst angestellte Pistor das Stammbuchblatt mit den Briefen expedieren würde. Es wird jedoch wie diese liegengeblieben sein. – 1r aoRl angeklebter rosa Zettel mit Notiz Varnhagens: Achim von Arnim. / Giebichenstein, 6. Jul. 1806. – Vgl. Abb. 5 und Nr. AI.63. D1: Steig 1894, S. 185; Adressatenannahme: Varnhagen. D2: Arnim/W V, S. 360; Adressatenannahme: Varnhagen.
Erläuterungen Vgl. zu Nr. AI.63.
AI.65 Eintragung Louise Reichardt in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 6. Juli 1806, Sonntag DV: H. H: DLA 145r. Besonderheiten: Vgl. Abb. 6. Datierung: Den italienischen Nachtrag wird Louise Reichardt zwischen Anfang Oktober und Anfang November 1807 geschrieben haben, als Arnim mit ihrem Vater von Königsberg nach Giebichenstein zurückgekehrt war.
Varianten 2
lag]
aus
liegt
5–7
Le Vita 〈...〉 1807.]
1011
nachträgl. mit anderer Tinte
Zu Nr. AI.65
Erläuterungen 1 Zu Koblenz auf der Brücken] Erste Strophe von Wassersnoth im ersten Band des Wunderhorns. 5–6 Le Vita 〈...〉 di fiori.] Das Leben ist ein kurzer Weg / Bestreuen wir ihn mit Blumen. (Übersetzung Corinna Fiedler.)
AI.66 Eintragung Carl von Raumer in Arnims Stammbuch Giebichenstein, 11. Juli 1806, Freitag DV: H. H: DLA 61r.
Erläuterungen 1
Willst du tiefer innger walten] Schluß-Strophen von Tiecks Gedicht Die Erde; erster Teil des Gedichts Lebens-Elemente (Erstdruck im von A. W. Schlegel und Tieck herausgegebenen Musenalmanach auf das Jahr 1802).
AI.67 Eintragung Christoph Ludwig Friedrich Schultz und Angehörige der Familie Püttmann in Arnims Stammbuch Hildesheim, 10. August 1806, Sonntag DV: H. H: DLA 104r. – Vgl. Abb. 7.
Erläuterungen 1
Im Andenken an die Hildesheimischen Berge]
1012
Vgl. Nr. 472,125–135.
Zu Nr. AI.68
AI.68 Eintragung Johanna Dieterich in Arnims Stammbuch Göttingen, 15. August 1806, Freitag DV: H. H: DLA 76r.
Erläuterungen Übersetzung (Corinna Fiedler):
Als Kreuz habe ich [es] mir um den Hals gehängt, als Blume ganz nah finde ich dort meinen Platz, da ich nicht schön bin, ist das nur ein Schmuck; Aber, mein Freund, werden Sie mich erraten; wenn meine Hälfte Heldin ist und wenn, auf Mousseline gestickt, ich mein Ganzes in verschiedenen Formen verhülle? Ich stelle Ihnen meinen zweiten Namen vor, doch wenn er wäre, was er sagt, wären Ihnen all Ihre Geheimnisse genommen; für jeden wäre es ein Geschenk, für Wißbegierige eine wahre Freude, es öffnet alle Türen ohne Kunst; Doch es ist kein Ding, es ist nur ein Name in Göttingen am 15. August 1806. 1 En Croix j’ai pendu a mon Cou]
Das Rätselgedicht auf den Namen der Verfasserin beginnt mit einer Anspielung auf ihren zweiten Vornamen Christiane. 4–5 Mais 〈...〉 est Heroine] Anspielung auf Jeanne d’Arc, die Kriegsheldin. Johanna bzw. Jeannette ist der Rufname der Verfasserin. 6–7 et si brode´ en Mousseline 〈...〉 mon Tout?] Anspielung auf ihre Herkunft als Tochter eines Tuchfabrikanten. 8–14 Je vous 〈...〉 il n’est qu’un Nom] Gemeint ist ein Dietrich.
1013
Zu Nr. AI.69
AI.69 Eintragung Friedrich Kahlow in Arnims Stammbuch Göttingen, 26. August 1806, Dienstag DV: H. H: DLA 230r. Besonderheiten: Vgl. Abb. 8.
Varianten 6
dir] d
aus
s
Erläuterungen 1 Horch, (II//3).
o horch der Lerchen Lieder]
Lied in Shakespeares
Cymbeline
AI.70 Eintragung Emma Blumenbach in Arnims Stammbuch Göttingen, 29. August 1806, Freitag Mit späterer Zusatzstrophe Arnims DV: H. H: DLA 234r. Besonderheiten: Auf der gegenüberliegenden Seite (233v) eingeklebter Stich: Mariaspring bei Göttingen. Vgl. Abb. 9 und 10. – Arnim schrieb die Zusatzstrophe, nachdem Emma Blumenbach 1819 im Alter von sechsunddreißig Jahren gestorben war.
Varianten 8
wärst]
aus
wärest
8
auch]
üdZ eing.
Erläuterungen 1
O gute Zeit des frühen Lebens]
Nicht identifiziert.
1014
Zu Nr. AI.71
AI.71 Eintragung Louise Reichardts auf Arnims Stammbuchblatt vom 6. Juli 1806 Berlin, 6. Dezember 1806, Sonnabend DV: H. H: Vgl. Nr. AI.64. Besonderheiten: Vgl. Abb. 11 und Nr. AI.64.
Erläuterungen 3
Hört wie die Wachtel im] Hört wie die Wachtel im Grünen schön schlägt; Anfang des Liedes Wachtelwacht im ersten Band des Wunderhorns,
nach einem Fliegenden Blatt (vgl. Rölleke in FBA IX/1, S. 303–305). 5–6 Wahrlich 〈...〉 eine kindliche Freude!] Ungenaues Zitat aus den Phantasien über die Kunst, für Freunde der Kunst (1799), Zweyter Abschnitt, II. Die Wunder der Tonkunst: Wahrlich, es ist ein unschuldi-
ges, rührendes Vergnügen, an Tönen, an reinen Tönen sich zu freuen! Eine kindliche Freude! (Wackenroder 1991, Bd. I, S. 205.)
1015
ZU ANHANG II Kontextbriefe und Beilagen 1805–1806
AII.16.A
Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim, Revers für die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark in Berlin Berlin, 19. Februar 1805, Dienstag Johann Heinrich Schmucker, Protokoll, Berlin, 1. März 1805, Freitag
DV: H. B: −. A: Nr. AII.18.K. H: BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Nr. 767, Bl. 360r–361v. − 1 Dbl., 1r–2v 3½ beschr. S. Fremdeinträge: 1r aoRl: (12 g Stpl.), aoRr: 360 2r aoRr: 361. Besonderheiten: Durch den Tod des Vaters fiel das Ländchen Bärwalde (vgl. zu Nr. 382,10–24) an seine Söhne Carl Otto und Ludwig Achim von Arnim bei deren Volljährigkeit. Zunächst übernahm ihre Großmutter Caroline von Labes, die dem Vater das Kaufgeld für das Ländchen vorgestreckt hatte, die vormundschaftliche Verantwortung. Nachdem Arnim an seinem vierundzwanzigsten Geburtstag (26. Januar 1805) volljährig geworden war, beantragten die Brüder die Besitzübertragung des Ländchens Bärwalde. Mit dem Antrag (Nr. AII.17) reichten sie eine vorher ausgefertigte Erklärung ein. Damit stießen die Brüder Arnim jedoch bereits zu Beginn ihres amtlichen Schriftverkehrs auf bürokratischen Widerspruch. Der Antrag wurde ihnen am 19. März 1805 (Nr. AII.18.K) mit der Aufforderung zurückgestellt, ihre alleinige Deszendenz und die Großjährigkeit Ludwig Achim von Arnims zu bescheinigen, und erst nachdem dies geschehen war (Nr. AII.19), konnte ihr Besitztitel über die Güter des Ländchens Bärwalde in das Land- und Hypothekenbuch des Zauchischen Kreises eingetragen werden, worüber die Brüder Arnim am 3. Mai 1805 benachrichtigt wurden (BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Nr. 759, Bl. 363).
Varianten 33
den]
danach gestr.
unterschrieben werden
Erläuterungen 7 cediren] abtreten, übertragen. 8 Recognitions-Scheins] »soviel wie Lehnsschein; dann überhaupt die Bescheinigung der Vornahme eines gerichtlichen Aktes, z. B. der Hinterlegung eines Testaments bei Gericht oder des Eintrags einer Hypothek« (MGKL XVI, S. 778). 8–9 ingrossirten] in das Hypothekenbuch eingetragenen.
1019
Zu Nr. AII.16.A
9 Vergleichs Summe von 13900 rth Frider:d’or] Eine alte Schuld des Vaters, wie aus Caroline von Labes’ Brief an Arnim vom 16. Oktober 1808 (WAA XXXIII) hervorgeht. 10 in Curia] an öffentlicher Gerichtsstelle. 12 faveur] Begünstigung. 24 Revers] Bescheinigung, durch welche der Inhalt eines anderen Schriftstücks widerrufen oder abgeändert wird. 26 sine jure] nicht von Rechts wegen. 31 L. S.] Loco Sigilli (an Stelle des Sigels). 33 patrimonial-Gerichten] Behörden zur Ausübung der Rechtspflege, die mit dem Besitz eines Gutes (patrimonium) verbunden ist. 39 agnosciirt] anerkannt. 47 p. t.] pleno titulo (mit vollem Titel). 48 concordat orig* ] bezüglich Original.
AII.17 Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark in Berlin Berlin, 14. März 1805, Donnerstag DV: H. B: −. A: Nr. AII.18.K. H: BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Nr. 767, Bl. 358r. − 1 Dbl.; 1r beschr. Besonderheiten: Vgl. Nr. AII.16.A. Fremdeinträge: aoRl Stempel: EIN G: GROSCHEN, aoRr Stempel: Königliches Wappen, dazwischen mittig: Ad Acta Ländchen Beerwalde Zauch. / Crs, aoRr: 358. D1: Härtl 1985, S. 243f. (Nr. 2).
Erläuterungen Vgl. Nr. AII.16.A. 6–7 titulum possessionis] Besitztitel.
1020
Zu Nr. AII.19
AII.18.K
Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark an Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim in Berlin Berlin, 19. März 1805, Dienstag
DV: H. B: Nr. AII.16.A, AII.17. A: Nr. AII.19. H: BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Nr. 767, Bl. 358r–359v. − 1 Dbl.; 1r–2v 3½ beschr. S. Besonderheiten: Vgl. Nr. AII.16.A.
Varianten 8 alleinige] danach gestr. 〈xxx〉 16 welche] danach gestr. nach 18–20 es läßt sich 〈...〉 seyn sollen] alR eing. 23 Darunter] danach gestr. sagten 24 verschiedene] danach gestr. Courant 24–25 in 27 agnoscirt] über gestr. 〈xxx〉 summa 〈...〉 bestehen] alR eing. 28 987] aus 〈xxx〉 28 fordern hat] nachträgl. alR 31 selbst mit] alR 31 gehörte] davor gestr. 〈xxx〉 33 kamen] aus 〈xxx〉 eing. 34 aufgeführt] danach gestr. werden 37 daher] alR eing. 50 davon] danach gestr. 〈xxx〉 56 zu Gunsten der] der unter gestr. den danach 61 protectation] alR eing. gestr. zu Gunsten
Erläuterungen Vgl. Nr. AII.16.A. 12 sub Cura] unter Fürsorge. 19 mundis] Reinschriften. 28 Agio] Aufgeld; »der Betrag, um den der Preis (Kurs) einer Geldsorte den Nennwert derselben übersteigt« (MGKL I, S. 171). 61 legali modo] gesetzmäßiger Weise. 61 protectation] Begünstigung.
AII.19 Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim an die Mittelmärkische Ritterschafts-Registratur Berlin, 2. Mai 1805, Donnerstag DV: H. B: Nr. AII.18.K. A: Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark an Ludwig Achim und Carl Otto von Arnim, Berlin, 3. Mai 1805. H: BLHA Pr. Br. Rep. 23A, Nr. 767, Bl. 365r–365v. − 1 Bl.; 2 beschr. S. Beilagen: Vgl. Text.
1021
Zu Nr. AII.19
Fremdeinträge: 365r aoRl Stempel: EIN G: GROSCHEN, aoRr: 365 und Stempel: Königliches Wappen. Besonderheiten: Vgl. Nr. A.II.16.A. – Mit Notiz von Gottfried Ernst Andreas Müller.
Erläuterungen Vgl. Nr. AII.16.A. 1 Pupillen-Collegii] Vormundschafts-Behörde. 7 Cession] Abtretung, Übertragung. 9 loco Acquistionis] anstelle der Erwerbung. 12 Original-Obl*] Original-Obligation(en). 34 extradiren] aushändigen. 51 Successoren] Rechtsnachfolger.
AII.20.A
Sophie und Clemens Brentano Abschrift von zwei Gedichten Friedrich Spees Heidelberg, März/April 1805
DV: H. H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,2. − 2 Dbl. (I, II) ineinander gelegt + 1 Bl. (III) je ca. 190 x 118 mm; 1r–5v 10 beschr. S.; bis 4r obere Hälfte von Sophie Brentano, ab 4r untere Hälfte von Clemens Brentano. − WZ: I–III: C & I
HONIG. Fremdeinträge: 1r aoRm: Von Friedrich Spee. (S. 237.), aoRr: 10 1v aoRl: 2. 2r aoRr: 11 2v aoRl: 4. 3r aoRr: 12 3v aoRl: 6. 4r aoRr: 13, über dem Beginn der Abschrift Brentanos: (S. 253. 4v aoRl: 8. 5r aoRr: 14 5v aoRl: 10. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 368. – Quelle: Trutz Nachtigal / Oder
Geistlichs-Poetisch Lustwäldlein / Deßgleichen noch nie zuvor in teutscher Sprach gesehen. Durch Den Ehrw. P. Fridericum Spee, Priestern der Gesellschafft Jesu. Jetzo zum drittenmal in Truck verfertiget. Cum Facultate et approbatione Superiorum. Cölln / In Verlag Wilhelmi Friessems Buchhändlers / in der Tranckgaßen im Ertz-Engel Gabriel. 1664. Cum gratia et Privilegio Sac. Ces. Majest., S. 224–230, 240–245. (Exemplar der Arnim-Bibl., vmtl. aus dem Besitz Brentanos; Sign. B 941.) – Die Abschriften sind leicht modernisiert. Beide Texte Spees wurden wenig verändert in den ersten Band des Wunderhorns aufgenommen. Zur Vari-
1022
Zu Nr. AII.21.E
anz zwischen Quelle, Mischabschrift und FBA IX/1, S. 488f., 322f. Datierung: Entsprechend Nr. 368.
Wunderhorn-Texten
vgl. Rölleke in
Varianten Verzeichnet sind die Veränderungen in der Abschrift. 55 jene] danach gestr. Beg 181 Binsenhaar] Bintzen 193 einen] davor gestr. s
Binsen
unter nicht gestr.
Erläuterungen 166 pange lingua, oder mein Zung erkling] Pange lingua: lat., »Erklinge Zunge«; Beginn eines katholischen Hymnus, dessen erste und letzte Strophen im Choral und in verschiedenen Kompositionen zum Lobpreis des Allerheiligsten bei Aussetzungen und Prozessionen gesungen werden.
AII.21.E
Clemens Brentano Exzerpt aus: Francesco Saverio Quadrio, Della storia e della ragione d’ogni poesia über das Buch Attila, flagellum dei Heidelberg, vmtl. zweites Drittel Dezember 1805
H: UB Heidelberg, Heid. Hs. 2110,5, Bl. 115r–115v. − 1 Bl. ca. 190 x 115 mm; 1r–1v 1¼ beschr. S. − WZ: −. Fremdeinträge: 1r aoRl: 498, aoRr: 115. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 415. – Vgl. Kat. Rother 1989, Nr. 49. Datierung: In seinem Brief an Arnim vom 1. Januar 1806 schrieb Brentano:
Jezt eben sehe ich, daß ich dir lezthin die Litterairnotize wegen dem Flagellum Dei zu schicken vergessen. Hiebei izt liegt sie. (Nr. 415,207– 209.) Der vorige Brief an Arnim, dem Brentano die Notiz beizulegen vergaß (Nr. 402), ist vom 20. Dezember 1805 datiert, und folglich wird die Notiz am oder wohl eher kurz vor dem 20. Dezember geschrieben sein. D1: Schultz 1998, Bd. I, S. 331f. (als Schluß von Brief Nr. 415 in vorliegender Ausgabe).
1023
Zu Nr. AII.21.E
Varianten 6 Poema] danach gestr. 16 tuttavia] danach gestr.
del dettato
16
lingua]
danach gestr.
Origin
Erläuterungen Übersetzung (Stefan Nienhaus): Quadrio in seiner Storia d’ogni Poesia, Bd. II, S. 588. Nicolo´ da Casola, aus Bologna, oder Nic. Casolio, wie ihn Giambattista Pigna nennt, hatte seine Blütezeit in der Zeit Giovanni Boccaccios. Er schrieb ein großes Epos in provencalischen Versen, das il Foresto heißt und von Alessandro Sardi in seinen Discorsi sopra Dante erwähnt wird, worin er feststellt, daß Casola in Stanzen und in provencalischer Sprache schrieb. Dieses Epos Foresto ist identisch mit dem von Casola verfaßten Guerra d’Atila. Ein Auszug davon in italienischer Prosa wurde zu Zeiten Giambatista Pignas prächtig gedruckt in 4° 1568 in Ferrara von Francesco di Rossi aus Valenza und 1569 in Venedig bei Domenico Farri in 80 unter dem Titel La Guerra d’Attila flagello di Dio di Tomaso d’Aquilea tratta dal Archivio de Principi d’Estima 〈Der Krieg
Attilas, der Geißel Gottes, von Tomaso d’Aquilea dem Archiv des Prinzen von Estima entnommen〉, dieser Name d’Aquilea ist erfunden, und der wahre Autor ist Pigna selbst, und nachdem dieser eine Auswahl aus all diesen Geschichten des Casola erstellt und in italienische Sprache gebracht, benutzte er sie ausgiebig in seiner zwei Jahre darauf publizierten Storia, der er jenes Buch vorausschickte, um ihr ein historischeres Ansehen zu verleihen. Ob nun jenes Werk original oder ein in provencalischer Sprache diktiertes ist, es ist auf jeden Fall ein voluminöses Produkt, das geschaffen wurde, als Bologna von den Pepoli an Giovanni Visconti, den Erzbischof von Mailand, verkauft wurde, im Jahre 1350, wie aus der von Cherubino Ghirardacci entdeckten Urkunde hervorgeht. Ein weiteres provencalisches Buch in Prosa, der Guerra d’Atila, wird in Padua bei den Kanonikern des Lateranordens aufbewahrt, es ist im 14. Jh. geschrieben, und sein Held nennt sich Panducco und nicht Foresto. Es ist wahrscheinlich, daß aus beiden zusammen das spätere italienische Epos Attila flagellum Dei entstanden ist, das aus der wahren Chronik von Roco degli Arminesi aus Padua übersetzt wurde, und worin, wie gesagt, von Attila erzählt wird, wie er vor einem Hund flieht, und von seinen vielen Zerstörungen, die er in Italien angerichtet hat. Padua 8°. Es handelt sich um drei Gesänge in Stanzen. 1 Quadrio nella Sua Storia d’ogni Poesia vol VI] Francesco Saverio Quadrio, Della storia e della ragione d’ogni poesia. 4 Bde. Bologna-Milano 1739–1752. – Vgl. zu Nr. 402,60.
1024
Zu Nr. AII.22
24
Atilla flagellum Dei]
Vgl. zu Nr. 402,60.
AII.22 Ludwig Achim von Arnim für Sophie Brentano
Die Spinnerin und der Weber Berlin, Januar 1806 DV: H. B: −. A: Nr. AII.23. H: GSA 03/1, Bl. 144. − 1 Bl. ca. 232 x 197 mm; 1r–1v 2 beschr. S. − WZ: C. W. ARSAND. Fremdeinträge: 1r aoRr: 144, auRl: 94 1v auRl: 94. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 420. – In D1 Arnims Gedichten 1809–1810 zugeordnet, da das Gedicht eine frühere und kürzere Version von Der Weber und die Spinnerin in der Gräfin Dolores ist, und nicht als Trostgedicht für Sophie Brentano und Beilage zu Nr. 420 identifiziert. (Vgl. Ricklefs in D1, S. 1455–1457.) Sophie Brentano dankte mit ihrem Gedicht Arnim, ein Dreher, das Brentanos Antwortbrief beilag, in dem er enthusiastisch auf eine Elegie Arnims reagierte, ohne ihren Titel zu nennen (vgl. Nr. 424,133–134). Eine vergleichende Lektüre des feinsinnigen Lobes mit der Elegie Die Spinnerin und der Weber macht evident, daß Brentano sie gemeint haben muß und daß ihr die Beziehung zwischen Sophie Brentano (Spinnerin) und Brentano (Weber) eingeschrieben ist. Die Annahme Schultz 1998, Bd. II, S. 852, Arnim habe Brentano das Gedicht Als sein Kind gestorben geschickt, das Ricklefs (Arnim/W V, S. 1123f.) überzeugend – mit Bezug auf den am 19./20. Juni 1804 gestorbenen Sohn Joachim Ariel – zwischen 28. August und 3. Oktober 1804 datiert hat, ist auf prekäre Weise irreführend. Denn Als sein Kind gestorben bezieht sich nicht auf eine Toden∧geburt, von der Brentano dem Freund berichtet hatte (Nr. 406,8), sondern auf ein gestorbenes Kind, und zwar einen Knabe〈n〉, den Erstling der Mutter (Arnim/W V, S. 151–153). D1: Arnim/W V, S. 731f.
Varianten 5 die] aus gen 5 that] a aus ä 10 Höre] re aus ren 10 Ungestüme] U aus u 14 entgegnet] en aus da 18 brach] über gestr. riß 26 gar] über gestr. schon 28 Müssig] über gestr. Dicht 28 dir zu] über gestr. zu 28 wär] über gestr. ist 30 der] dir
1025
Zu Nr. AII.22
danach gestr. 36
mung
dir 34 dauernd im Feuer] über in Launen] üdZ eing. 36 find’s]
gestr. du ewige aus find am
Stim-
Erläuterungen 5 die Göttin 〈...〉, die einst Arachnen bestraft!] Arachne, in der griech. Mythologie Tochter des Purpurfärbers Idmon, forderte übermütig Athene zum Wettkampf in der Webkunst heraus, doch die Göttin zerriß das Gewebe der Arachne, das die Liebesabenteuer der Götter darstellte, und verwandelte sie in eine Spinne. 24–25 Verdammt ward 〈...〉 zum Spinnen von Weibe] Herakles, von Hermes an die lydische Königin Omphale verkauft, spann drei Jahre in Weiberkleidern Wolle, während sie sich mit Löwenhaut und Keule schmückte.
AII.23 Sophie Brentano für Ludwig Achim von Arnim
Arnim, ein Dreher Heidelberg, etwa Mitte Februar 1806 DV: H. B: Nr. AII.22. A: −. H: GSA 03/440. − 1 Bl. ca. 197 x 118 mm; 1r beschr.; 3x quer gefaltet. HEISLER VON BASEL. Fremdeinträge: 1r aoRl: 486, daneben: zu x+x, aoRr: Febr. 1806. Besonderheiten: Beilage zu Nr. 424. Datierung: Aufgrund der Datierung von Nr. 424. D1: Kat. Henrici 149, S. 82, Nr. 187 (TD). D2: Kat. Henrici 155, S. 44, Nr. 135 (TD).
− WZ:
Varianten 4 Mit] danach gestr. gesch 16 und] danach gestr. ich 16 Schnörkel unter letzter Zeile
10 geweckt] über gestr. ich] danach gestr. noch 17
Erläuterungen 1
Arnim, ein Dreher.]
Vgl. Nr. 424,267.
1026
berührt selbst!]
Zu Nr. AII.24.A
10 Säule des Memnon] Memnon war nach der griech. Sage ein Sohn der Eos (Morgenröte) und des Äthioperkönigs Tithonos, der auf Bitten der Eos von Zeus die Unsterblichkeit erhielt. Diese Sage wurde mit einem kolossalen, zerbrochenen Sitzbild bei Theben, das den König Amenophis III. darstellte, in Verbindung gebracht. Es gab, wenn es von den Strahlen der aufgehenden Sonne getroffen wurde, einen Ton wie eine zerspringende Saite von sich. Durch dieses Tönen soll Memnon beim Sonnenaufgang den Gruß seiner Mutter Eos erwidert haben.
AII.24.A
Bettina Brentano Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift Marburg, zweite Hälfte April 1806
DV: H. H: BJ/VS 10. − Umschlagbl. gefaltet ca. 235 x 220 mm; darin 3 Dbl. (I–III) je ca. 232 x 192 mm; Umschlagbl. 1r Abb. Johann von Leyden mit Königsinsignien; 2r–7v 11½ beschr. S. − Umschlagbl.: stark, fleckig, verknittert, Ränder eingerissen. − WZ: I: D & C BLAUW II: bekrönter Posthornschild, D & C BLAUW III: D & C BLAUW. Fremdeinträge: 1r unter Abb., 2r im Text, 4r aoR, 6v im Text Stempel: PR. ST.
BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Beilage zu Bettinas Brief vom 25. April 1806 (Nr. 448). – Von Bettina aoRr (Versoseiten) und aoRl (Rectoseiten) paginiert. – Die Kopie 1r der Abb. der Vorlage ist weitgehend originalgetreu und weicht nur in Details ab; Beischrift: M. Müller fec. 1806. Vgl. Nr. 461,4 und Erl. Vorlage der Bettinaschen Abschrift ist eine undatierte, um 1535 erschienene Schrift eines unbekannten Verfassers mit dem Titel Warhafftiger bericht der
wunderbarlichenn handlung, der Deuffer zu Münster in Westvalen, wie sich alle sachen nach eroberung der stadt unnd in der eroberung zu getragen, auch wie alle handlung ir endtschafft genommen ec. Ein Exemplar der seltenen Schrift (8 Bl. ca. 188 x 137 mm) befindet sich in der Arnim-Bibl. (Sign. B 2086/2). Auf dem Titelblatt ist Johann von Leiden im Königsmantel mit Reichsinsignien abgebildet (nach einem kolorierten Stich von A. G., der den Wiedertäuferkönig in Ritterrüstung im 26. Lebensjahr zeigt; Abb. Homann 1977, S. 150). Die Beischrift lautet: Jann von Leyen/ König zu newe Jerusalem/ und der gantzen welt. ETATIS 26. AuR der Titelseite:
wer sich erhöcht in dieser welt/ Auß dem stull wurt er verstossen/ Gott achtet weder gut noch gelt/ Bald muß er legen ein blossen. 1027
Zu Nr. AII.24.A
Bettina hat den Text vollständig abgeschrieben, jedoch stark modernisiert. Welchen Quellencharakter die Abschrift für Arnims Dramenfragment Die Wiedertäufer hat, wird im Zusammenhang von dessen Edition dargestellt (WAA XIV/XV). Datierung: Aufgrund von Bettinas Mitteilung vom 25. April 1806 aus Marburg, sie habe die Vorlage die lezten Abende vor meiner Abreiße abgeschrieben (Nr. 448,4–5). Die Abreise erfolgte am 27. April.
Varianten 15 unter] danach gestr. ih 17 stund] st aus 〈xx〉 20 all] danach gestr. ih 25 Do] davor vmtl. Absatzmarkierung 30 besezt,] danach 30 verlegtent] danach gestr. ihn 31 daß] danach gestr. ih gestr. war 35 Als] davor vmtl. Absatzmarkierung 42 Nun] davor vmtl. Absatzmar43 meretheyls] nach mere gestr. theyl 63 Und] davor vmtl. kierung 71 war] r aus s 73 Item] davor vmtl. AbsatzmarAbsatzmarkierung kierung 80–81 gezogen,] danach gestr. wye 82 sye] danach gestr. 86 hattent,] danach gestr. das 90 Werk] danach gestr. gehen 〈xxx〉 120 dringen] d aus t 120 mußt] am Schluß gestr. e 120 kam] danach gestr. Er 149 wurdent] aus wurde 157 Kreuzporten] nach Kreuz gestr. porten 180 schlugens] danach gestr. ih 187 Do] davor 198 andern] danach gestr. f 201 gewiße] ße vmtl. Absatzmarkierung aus 〈xx〉 203 oder] danach gestr. gehindert 211 Stille] S aus s 214 offen] danach gestr. stehen 218 Feinde] danach gestr. he 238 hinweg] w aus g 253 Als] davor vmtl. Absatzmarkierung 254 Nahmhafftigsten] danach gestr. Leut 259 Kurz] davor vmtl. Ab280 Kurz] davor vmtl. Absatzmarkierung 313 latera] satzmarkierung aus 〈xxx〉 davor gestr. 〈xxx〉 316 Mann] danach gestr. kw 330 Ring,] danach gestr. fress 342 etlich] tl aus 〈xx〉 345 In] davor vmtl. 349 der] danach gestr. Ort 352 Item] davor vmtl. Absatzmarkierung Absatzmarkierung 357 Item] davor vmtl. Absatzmarkierung 360 fierfarb] b aus p
Erläuterungen Auf Erl. von Einzelstellen wird verzichtet. Vgl. die Edition von Arnims Dramenfragment Die Wiedertäufer (WAA XIV/XV). 2 missiven] Sendschreiben.
1028
Zu Nr. AII.25.A
AII.25.A
Abschrift einer Wiedertäufer-Schrift von unbekannter Hand Marburg, zweite Hälfte April 1806
DV: H. H: BJ/VS 10. − 1 Dbl. (I) ca. 225 x 188 + 1 Bl. (II) ca. 210 x 175 mm; 1r–3r 5 beschr. S. − I: fleckig, Ränder eingerissen. − WZ: I: bekrönter Posthornschild, FHF. II: Tannenbaum. Fremdeinträge: 1r aoR, 3r aoR Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Beilage zu Savignys Brief vom 30. April 1806 (Nr. 450). Die Abschrift befindet sich in demselben Umschlag wie diejenige Bettinas (Nr. AII.24.A). Vorlage war eine nach der Machtergreifung Johann von Leidens im Juni 1535 als Flugblatt gedruckte Hoffordnung. In ihr sind die Ämter des Wiedertäuferreichs und ihre Inhaber aufgelistet; auch die Frauen Johann von Leidens werden genannt. Welchen Quellencharakter die Abschrift für Arnims Dramenfragment Die Wiedertäufer hat, wird im Zusammenhang von dessen Edition dargestellt (WAA XIV/XV). Eine andere Version der Hoffordnung ist ediert: Verein 1855. Datierung: Aufgrund des Datums von Savignys Brief, mit dem die Abschrift geschickt wurde. Sie wird etwa gleichzeitig wie die Bettinasche angefertigt worden sein.
Varianten Nicht verzeichnet.
Erläuterungen Auf Erl. von Einzelstellen wird verzichtet. Vgl. die Edition von Arnims Dramenfragment Die Wiedertäufer (WAA XIV/XV).
1029
ZU ANHANG III Arnims Exzerptheft
Abschriften aus Briefen Herbst 1805–März 1807
DV: H. H: BJ/VS 8. − Fünf Lagen (I–V) von jeweils vier ineinander gelegten Dbl. (5 x 16 = 80 S.) + zwei Einzelblätter (2 x 2 = 4 S.) je ca. 190 x 124 mm. Die einzelnen Lagen sind fadengeheftet und waren vmtl. ursprünglich insgesamt durch Klebebindung zusammengehalten. Lagen und Einzelblätter sind jeweils auf der ersten Seite (1r, 9r, 17r, 25r, 33r, 41r, 42r) aoRl von Arnim mit Tinte numeriert: 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7. – Lage I: Arnim schrieb 1r oben Überschrift und Motto und setzte dann fort 2r mit Exzerpt an Bettina, 28. September 1806, und weiteren Exzerpten bis zu dem an Labes, 14. Dezember 1806 (Ende 7v). Die Exzerpte und Notizen 8r und 8v sind unchronologisch. Das erste Exzerpt, 1v–1r (an Reichardt 10. März 1807), ist nachträglich, wobei Arnim es 1v begann und dann auf 1r fortsetzte. – Lage II: Exzerpt an Brentano, 16. August 1806, bis Exzerpt an Schlitz, 14. Oktober 1806. – Lage III: Exzerpt an Brentano, 16. Juni 1806, bis Exzerpt an Brentano, 16. August 1806. Das letzte Blatt (24r–24v) ist Exzerpt aus dem Brief an Goethe etwa Mitte Mai-Anfang Juni 1806, wobei Arnim auf der letzten Seite (24v) mit der Überschrift Rostock anfing und 24r fortsetzte. – Lage IV: Exzerpt an Brentano, 19. April 1806, bis Exzerpt an Brentano, 15.–22. Januar 1806 (32r, Fortsetzung auf der ersten Seite von Lage V, 33r). – Lage V: Letzter Teil des Exzerpts an Brentano, 15.–22. Januar 1806, bis Exzerpt an Bettina, 9. April 1806. – Auf den beiden Einzelblättern steht das Exzerpt an Bettina, 19.–21. April 1806. − Tinte, verschiedene Brauntöne, z.T. stark verblaßt. WZ: Verziertes Wappenschild. Fremdeinträge: 1r, 9r, 17r, 25r, 33r, 41r aoRl und 8v, 16v, 24v, 32v, 40v Stempel: PR. ST. BIBLIOTHEK BERLIN. Besonderheiten: Das Heft enthält im wesentlichen Exzerpte aus Briefen des Jahres 1806, außerdem einige vom Herbst/Winter 1805 und eines vom März 1807. Einige Texte lassen sich nicht zuordnen und haben den Charakter von Aphorismen. Die Anordnung ist insgesamt unchronologisch, jedoch innerhalb der einzelnen Lagen im wesentlichen chronologisch. Wie die insgesamt unchronologische Anordnung bei chronologischer Abfolge im einzelnen zustandegekommen ist, bleibt unklar. Arnim kann die Exzerpte an verschiedenen Stellen bereits gehefteter Doppelblätter eingetragen haben. Möglich ist auch, daß er die Doppelblätter aus einem früheren Konvolut herauslöste, unchronologisch ineinanderlegte und nachträglich heftete. Jedenfalls kommt in dem überlieferten Konvolut seine Abneigung gegen den Historismus zum Ausdruck. In einem der Exzerpte heißt es paradigmatisch: Die
äussere Ansicht der Kunst als etwas blos historischen ist wahrschein1033
Zu Nr. AIII
lich die zerstörendste, die Kunst ist eigentlich da zu beweisen, daß die Historie nicht die einzige Kunst. (Z. 962–964.) Um die komplizierte Struktur des Exzerptheftes nachvollziehbar zu machen und auch seine nicht zuordenbaren Textpartien zu berücksichtigen, wird es mit Kennzeichnung der Überlieferungssituation insgesamt ediert. Texte, die den Briefen und ihrer Chronologie zugeordnet werden konnten, stehen außerdem im Briefteil, in dem auch die Erläuterungen zu ihnen erfolgen. Die Varianten werden hingegen im Zusammenhang der Gesamtedition des Exzerptheftes mitgeteilt. Vgl. Abb. 12.
Varianten 6 Er] E aus B 10 R.] nachträgl. idZ 14 Nap.] aus 〈xxx〉 27 schichtete] i aus l 32 kömt] aus kam 51 gehalten.] danach gestr. War 51 war] üdZ 54 aus] aus wie 56–57 in ewigem Dohlengezänk] üdZ 59 Nacht] danach gestr. hell 62–63 es verhallt, es war doch.] üdZ 66 das] aus und 71 dazu] aus 〈xxx〉 72 und es ist nun vorbey] üdZ eing. 89 ausdehnt] danach gestr. mehr 90 vor] üdZ eing. 100 das] aus 〈xxx〉 113 Lumpen] Lum aus 〈xxx〉 122 will] w aus W 130 Man] n aus s 142 Ein] davor S 149 Mir] M aus 〈X〉 153 zusammen] sa aus 〈xx〉 163 muste] m aus 〈x〉 170 schon] aus 〈xxx〉 182 Neuigkeiten] N aus n 185 Erde] danach gestr. gefällt 188 ein höherer Pulsschlag] üdZ eing. 191 Meßwaaren] zweites a aus h 201 Ich] aus Es 214 zerprügelt] rü aus 〈xx〉 215 als] a aus 〈x〉 216 da] d aus s 218 Rücken] R aus F 222 wenn] w aus 〈x〉 227 trübsinnigen]t aus 〈x〉 229 Kriege] aus 〈xxx〉 238 der d〈xxx〉 in] üdZ 249 geworfen.] danach nachträgl. Litera sub fig. / A., und zwar im Zusammenhang mit dem folgenden Eintrag: Göttingen Sept / Günterode. Litera sub fig: B. 273 im] aus 〈xx〉 282 gesellig.] danach gestr. Wie Heuschrecken 329 das] aus und 331 bleiben] erstes b aus f 332 trägt] t aus f 333 Baum] danach gestr. und V 377 winklige] üdZ 414 reich] üdZ 418 ich] aus Ist 419 nahm] n aus k 437 weggeschossenes] o aus l 439 Plan] P aus B 440 weil] aus 〈xxx〉 457 wie] aus mit 460 Schif] aus Kirche 460 an eine andre Kirche] üdZ eing. 467 nach] n aus 〈x〉 468 Steinpflaster] Stein aus Sand 493 Ich] aus Ver 525 dessen] d aus T 555 wenns] aus 〈xxx〉 danach gestr. mir 555 mehr] üdZ eing. 556 Sie] S aus E 568 Euch hab ich so umwunden] aus Ich hab mich so gewunden 580 klopfe] kl aus 〈xx〉 589 In] n aus ch 589 die]
1034
Zu Nr. AIII
aus ein 598 gewesen.] . aus , 598 schicke] aus 〈xxx〉 625 Böse] üdZ eing. 632 Mein] M aus 〈x〉 646 12] 1 aus 2 650 es] aus das 652 all] a aus h 653 Gedanken] G aus s 657 ist] aus hält 658 tagelang] erstes g aus l 693 worin] danach gestr. ich 693–694 und Tiefe] üdZ 700 Selig] aus 〈xxx〉 704 Lachse] L aus S 712 das] aus die 715 Göthes] G aus 〈x〉 716 warum] w aus 〈x〉 725–726 mit grossem 〈...〉 Augen] üdZ eing. 733 wo statt 〈...〉 kocht] üdZ eing. 734 bey zwey alten Katzen] üdZ eing. 736 der] aus ein 738 Halbwissen] w aus s 749 Consistorialräthe] über gestr. Profes804 lese] l aus s 824 Gesicht] danach gestr. auf 830 An soren Clemens] An Clem (dunklere Tinte) über Baggesen (helle Tinte). 836 alles] aus 〈xxx〉 836 diesem] die aus dem 841 Arten] aus 〈xxx〉 857 sagen] danach gestr. haben 858 einem] davor gestr. k 862 und] u aus fa 863 lauernd,] danach gestr. und so 866 versagt er nie] üdZ eing. 866–867 bestimmt] be aus 〈xx〉 868 Rande] üdZ eing. 876 gefallen,] danach gestr. Alles verändert sich, er war 887 das] aus 〈xxx〉 892 gesprenkelter] g aus s 897 zieht] z aus s 904 er908 schliesse] Schluß-n gestr. 915–921 1 schossenen] er aus 〈xx〉 Der Himmel 〈...〉 wir essen.] Arnim schrieb nach dem Titel zunächst den Absatz Es trauert 〈...〉 wir essen. und fügte dann zwischen ihm und den Titel den Absatz Der Himmel 〈...〉 hängen. ein. Im Zusammenhang damit nummerierte er die Sätze; die Ziffern 1, 2, 3 und 4. sind also nachträgl. 915 er 920 straks] ak aus 〈ar 〉 924 Meine] M aus Die ist] aus hoch ..... 925 des] d aus h 926 nicht] üdZ 926 Fremden] danach gestr. aufzuladen und darunter 935 obenein] oben aus über 935 Zum] 940 zu sammeln] üdZ eing. nach Prosa gestr. den Ankla Z aus D 940 darf] aus 〈xxx〉 963 zu] aus zer 979 nun] aus sein 997 Bernstein] erstes n aus li 999 Höhere,] danach gestr. ehe 1014 entsteht] erstes e aus d 1021 die] aus 〈xxx〉 1023 die] danach 1027 in] i aus 〈x〉 1028 armen] über gestr. den gestr. sind 1034 Ueber die Spanischen Novellen] nachträgl. üdZ 1036 bewirthen] be aus an 1045–1047 Die Novelle 〈...〉 zu sehen] nachträgl. eing. 1052 so ist es] e aus d 1059 aus] a aus ih 1062 Ich fragte] aus Er 1064 beyden,] danach gestr. doch 1068 das] aus 〈xxx〉 schien 1069 bey] aus mit 1076 in] i aus d 1078 Auges] s aus n 1078 mir] aus ich 1079 o du] aus und 1081 will ich auch] aus soll 1084 In] I aus D 1090 antikischen] ant aus 〈xx〉k es mir auch an 1093 An] A aus 〈x〉 1095 der] d aus f 1101 als] a aus 〈x〉 1104 Fr.] nachträgl. idZ 1105 so] s aus 〈x〉 1108 Es] aus Sie
1035
Zu Nr. AIII
1119 bey] aus in 1131 frohe] fr aus m 1151 wenn 〈...〉 auflebte] nachträgl. üdZ 1154 daß ich] ich aus sie 1163 oder] d aus h 1164 verderblich] de aus 〈xx〉 1176 die] aus andre 1181 So] S aus s 1186 ergreifen] gr aus h 1189 das Ding] das aus jedes 1194 am meisten] üdZ eing. 1209 Abends] A aus a 1211 alle] üdZ 1216 aber] ab aus 〈xx〉 1216 zur] aus 〈xxx〉 1225 mondeing. süchtig] aus 〈xxx〉 1229 streckt ein Ohr vor] üdZ eing. 1231 das] aus dem 1232 vollständig] vo aus 〈xx〉 1244 die] aus am 1245 nach] aus 〈xxx〉 1245 öde] danach gestr. Sand 1246 Schorfe] S aus d 1247 Armuth] aus Arbeit 1251 in] aus 〈xx〉 1252 wirk1252 Wenn] aus Warum 1252 da] üdZ eing. lich] üdZ eing. 1254 Individuelle] I aus i 1257 Ueber] darüber weggewischt Vor drey 1283 mit] aus sich 1284 ertrotzen] tro aus fle 1289 machten] über 1296 was] danach gestr. mich an〈xxx〉 1302 fortzog] gestr. thaten for aus aus 1310 Engel] E aus H 1313 es mir bey] es idZ bey üdZ 1321 nach, blieb] nach nach, gestr. blos blieb üdZ eing. eing.
Erläuterungen
1r
1v
1055–1072 Ich fragte Humboldt 〈...〉 verwischen möchte.] Vgl. Nr. 422,169–181. 1235 Kunstgeographie] Vgl. Arnims Niederschrift Allgemeine Kunstgeographie: In diesem allgemeinen Vermögenswechsel unsrer Zeit haben
die vorzüglichen Kunstsachen so oft die Besitzer gewechselt, daß man über sehr viele eigentlich gar keine Auskunft geben kann, innig überzeugt, daß durch grosse Gallerieen die Kunstausbildung zwar gefördert, aber der allgemeine Kunstsinn des Volkes selten so geweckt wird wie durch einzelne Bilder in näherer Beziehung, durch Religion oder Eigenthum, geistigen oder weltlichen Besitz, finden wir gerathen alle Eigenthümer von Kunstwerken alter und neuer Meister anzumahnen, das Verzeichniß davon und die Zeiten wo sie besehen werden können ihren Magisträten anzuzeigen, bey dem es dann Einheimische und Kunstpilger erfahren. Sicher wird sich keiner unter diesen Pilgern finden, der nach diesen Durchsichten eine Kunstgeographie von Europa liefert, wie viel Echtes und Unechtes in jedem Lande bewahrt wird. Von Vasaris Geschichte finden wir einen Entwurf solcher Kunstgeographie für seinen Kreis. (BJ/VS 8.)
1036
Gedichtanfänge und -überschriften Das Register enthält alle Gedichte in den Primärtexten, jedoch keine Gedichtzitate. Gedichte, deren Verfasserschaft uneindeutig ist, sind mit (?) gekennzeichnet. Überschriften sind in Kapitälchen gedruckt.
Arnim, Ludgwig Achim von 〈Abreise nach der Heirat〉
Als die kleine Galathe Das Kriegsheer Der beste Sammler das ist Gott Die Spinnerin und der Weber Ey lautes Vögelein Fest beiß ich mich, mein schwankend Vaterland Fest verschränket Im Wagen schwank’ ich hin und her Immer fand ich die Braut beim schnurrenden Elfenbeinrädchen Immermehr und Nimmersatt Mein Zeitmaaß ist ein Sieb Mit buntem Pfeil aus weiter Ferne Reiselied meiner Laute Sieger der Welt ist Alexander kommen So führe mich denn Schicksal weiter Und was du ahndend hier geschrieben Vater und Sohn Vaterland Warum der Wald so wiederklingt Zur Erinnerung
82 277 372 370 400 49 377 82 371 400 282 272 190 49 373 278 381 373 377 372 371
Bearbeitungen von Gedichten Anderer
der Freude〉 Blühende Herzen
〈Allmacht
24 47
1037
Gedichtanfänge und -überschriften
Der Gukuk mit sein Schreien 〈Ein Meidlein sagt mir freundtlich zu〉 Gar vieles kann ein Wort besagen Ihr seyd im Glauben träg und faul
24 25 26 25
Brentano, Clemens
Auf einen Pfingsttag es geschach Des Helden Aug schwamm oft in süßen Freiheits Zähren Es stehen drei Stern am Himmel (?) Vaters Klage (?)
247 20 251 251
Abschrift eines Gedichtes von Friedrich Spee:
Andere Ecloga oder Hirten gesang, von selbiger Materi, darin der Bach Cedron Poetisch eingeführt wird Da nun Abends in dem Garten
395 395
Brentano, Sophie
Arnim, ein Dreher Emsig sah ich bemüht, sitzend an zierlicher Drehbank
401 401
Abschrift eines Gedichtes von Friedrich Spee:
Eine Ecloga oder Hirtengesang von Christo dem Herrn im Garten Mond des Himmels treib zur Weiden
390 390
Dieterich, Johanna 380
En Croix j’ai pendu a mon Cou Elwert, Anselm Carl
Es stehen drei Stern am Himmel Vaters Klage (?)
(?)
251 251
Goethe, Johann Wolfgang von
Consiliis hominum pax non reparatur in orbe
375
Steffens, Henrik 114
Was ist das Wort? Varnhagen von Ense, Karl August
An L. Achim von Arnim Wenn Sterne von den hohen Auen blinken 1038
369 369
Korrespondenten Arnim, C a r l O t t o Ludwig von 1779 Berlin – 1861 Zernikow. Bruder Arnims. Gemeinsame Erziehung, Ausbildung (1793–1798 Joachimsthalsches Gymnasium Berlin, 1798–1800 Universität Halle, 1800–1801 Universität Göttingen) und Bildungsreise (1801–1804). Seit 1805 mit dem Bruder Erb- und Gerichtsherr des Ländchens Bärwalde. Ist während der Abwesenheit des Bruders verantwortlich für die Verwaltung der Güter, gehört nach der Niederlage Preußens gegen Frankreich 1806 zu den Franzosenfeinden um den Fürsten Franz Ludwig von Hatzfeldt und sympathisiert mit den altpreußischen Verhältnissen und Politikern. »Er verkörperte den chevaleresken Vorgestrigen, den adligen Galan, einen zeremoniellen Vortänzer, der anders als Arnim sein Glück in der preußischen Monarchie suchte.« Vmtl. 1807 wird der uneheliche Sohn Carl Ludwig Arnhold geboren. 1813 Mitglied der preußischen Gesandtschaft in Stockholm, dann derjenigen in London. Gibt 1816 in der britischen Hauptstadt die Liedersammlung A Selection of German National
Melodies. With Words both in the Original, and Translated into English heraus. Im selben Jahr wegen einer affaire d’honneur abberufen, von welcher Arnim zu einem Handlungsstrang seiner Erzählung Die Ehenschmiede angeregt wird. Seit den zwanziger Jahren mehrfach interimistischer Intendant der Königlichen Schauspiele in Berlin. 1828 wird sein Drama Der Smaragdring aufgeführt. Seit 1832 Hofcharge als Königlich Preußischer Oberschenk. Bereist 1835–1836 Griechenland und die Türkei, 1841 Frankreich und Spanien, 1844 Italien, 1846 Rußland und veröffentlicht darüber Flüchtige Bemerkungen eines Flüchtig-Reisenden (6 Bde., 1837–1850). 1855 kommt das ehemals der Großmutter gehörende Gut Zernikow (östlich von Rheinsberg) in seinen Besitz. Genannt Pitt (wegen seiner Ähnlichkeit mit dem britischen Premierminister William Pitt). In einer testamentarischen Verfügung Carl Otto von Arnims heißt es: Oberstes Fach. Zweite Höhe. 〈...〉 / 8. Briefe meines seeligen Bruders sind zu verbrennen / 9. Reisejournäle sind zu verbrennen. Diese Bestimmung scheint nur unvollständig ausgeführt worden zu sein, denn es sind über zwanzig
1039
Korrespondenten
von 1807 bis 1812 geschriebene Briefe Arnims an Carl Otto von Arnim und Notizbücher von diesem mit Reiseeinträgen überliefert. Andererseits sind auch verschollene Briefe Arnims an den Bruder nachweisbar. Varnhagen, Tagebuch, Berlin, 15. Juni 1855: Um 10 Uhr 〈...〉 zu Kranzler
gegangen, noch eine Stunde der schönen Abendluft genossen. – Wir sehen fast jeden Abend den Obermundschenk Herrn von Arnim (Pitt) gekrümmt und mühselig vorüberschleichen, mit der einen Hand auf einen Krückstock gestützt, mit der andern aus der Tasche essend, wobei er gar nicht aufblickt, sondern grad vorwärts sieht, um nicht aus der Richtung zu kommen. Eine sonderbare, komische Nachterscheinung, besonders für diejenigen, welche ihn als lustigen Springinsfeld gekannt haben! Vgl.: BLHA Pr. Br. Rep. 37/1405 (zweites Zitat); Arnswaldt/Devrient 1914–1923, Bd. II/2, S. 395–398; Härtl 1983; Dickson/Wingertszahn 2003 (S. 148 erstes Zitat); Varnhagen 1870, S. 129 (drittes Zitat). Nr. 495.E, 504, AII.16.A, AII.17, AII.18.K, AII.19. Becker, Rudolf Zacharias 1752 Erfurt – 1822 Gotha. Nach dem Besuch des Evangelischen Ratsgymnasiums in Erfurt Studium in Erfurt und Jena. Danach Hofmeister in Erfurt. 1782 Lehrer am Philanthropin in Dessau. Seit 1783 in Gotha, wo er publizistisch tätig wird, 1787 die Pfarrerstochter Sophie Karoline Döbling heiratet und 1797 die Beckersche Buchhandlung gründet. Seit 1784 Herausgabe der Deutschen Zeitung für die Jugend und ihre Freunde (1782 in Dessau als Dessauische Zeitung für die Jugend und ihre Freunde begonnen, seit 1796 NationalZeitung der Deutschen). Gibt außerdem seit 1791 den ebenfalls vielgelesenen Allgemeinen Anzeiger der Deutschen heraus (seit 1793 mit kaiserlichem Privileg Reichs-Anzeiger, seit 19. September 1806 infolge Auflösung des Reichs Allgemeiner Anzeiger der Deutschen). Veröffentlicht zudem einflußreiche volksaufklärerische Schriften, die den fiktiven Musterort Mildheim im Titel führen. Zunächst das Noth- und Hülfs-Büchlein für Bauersleute oder lehrreiche Freuden- und Trauergeschichte des Dorfs Mildheim (1788), dem nach mehreren Auflagen 1798 ein zweiter Band folgt. Anschließend das
Mildheimische Lieder-Buch von 518 lustigen und ernsthaften Gesängen über alle Dinge in der Welt und alle Umstände des menschlichen Lebens, die man besingen kann. Gesammelt für Freunde erlaubter Fröhlichkeit und ächter Tugend, die den Kopf nicht hängt (1799, 6. Aufl. 1810; neue verm. und verb. Ausgabe 1815, 4. Aufl. 1837), das zum Stein des Anstoßes für die Konzeption des Wunderhorns wird. Reproduktio1040
Korrespondenten
nen einer Sammlung von Holzschnitten vor allem Dürers und anderer altdeutscher Meister kommen 1808–1816 in drei Lieferungen heraus. Wird im November 1811 wegen eines Artikels in der National-Zeitung der Deutschen von den Franzosen verhaftet und bis April 1813 in Magdeburg in Haft gehalten. Danach wieder in Gotha. Vgl.: Burbach 1895; Häntzschel 1971; Siegert 2007. Nr. 489, 489.E. Blumenbach, E m m a Maria Hedwig, verh. von Jasmund 1783 Göttingen – 1819 Koblenz(?). Tochter des Göttinger Naturwissenschaftlers Johann Friedrich Blumenbach. Gehört um 1800 in Göttingen zu einem Freundinnenkreis mit Töchtern des Altphilologen Christian Gottlob Heyne. Verh. mit Carl Wilhelm Friedrich Theodor Gustav von Jasmund, einem Württemberger, der Adjutant des preußischen Generals Carl von Clausewitz wird, später Polizeidirektor in Stuttgart. Während ihr Mann in Clausewitz’ Koblenzer Zeit 1815–1818 zu den Militärs um den General gehört, schließt sich Emma von Jasmund einem Zirkel gebildeter Frauen um dessen Frau Marie von Clausewitz an. Bekanntschaft mit Max von Schenkendorf, der ihr 1816 das Gedicht Der Spaziergang widmet und in dessen Stammbuch sie sich am 10. April 1816 einträgt. Vgl.: Schwartz 1878, Bd. II, S. 177, 185–189; Schenkendorf 1983; Lichtenberg 2004 (Register). Nr. AI.70. Bose, verh. von Jasmund — Jasmund, von Bose, Luise Jüngere Schwester der Vorigen. 1806 am mecklenburg-strelitz’schen Hof in Neustrelitz. Der Herzoglich Mecklenburg-Strelitzische Staatscalender auf das Jahr 1806 und auf die folgenden Jahre führt keine Hoffräulein an, so daß eine nähere Identifikation nicht möglich ist; auch die familiengeschichtliche Literatur zu den weitverzweigten und zahlreichen Bose (vor allem Bose 1904) führt nicht weiter. Nr. AI.61. Bose, Frau Schwester oder Schwägerin der Vorigen. Aus Dresden, wo 1803 Sophie Mereau mit ihr bekannt wird. 1806 in Neustrelitz. Sophie Mereau an Brentano, Dresden, 30. August 1803: Auch eine Mahlerin, Fr. v. Bose, war sehr gefällig u* liebenswürdig (DjB Nr. 858). Nr. 429, AI.59.
1041
Korrespondenten
Brentano, Catharina Elisabetha ( B e t t i n a / B e t t i n e ) Ludovica Magdalena 1785 Frankfurt/M. – 1859 Berlin. Bis zum Tod der Mutter Maximiliane (1793) im Frankfurter Elternhaus, dem Goldenen Kopf. 1794–1797 mit ihren Schwestern Kunigunde, Lulu und Meline im Pensionat der Ursulinen im kurmainzischen Fritzlar (bei Kassel). Nach dem Tod des Vaters Peter Anton (1797) mit Lulu und Meline bei der Großmutter Sophie von La Roche in Offenbach, von wo aus sie oft Frankfurt besucht. Seit Anfang 1801 intensive Korrespondenz mit dem Bruder Clemens, von der ihr halbfiktionales Erinnerungsbriefbuch Clemens Brentano’s Frühlingskranz (1844) zeugt. Im Juni 1802 in Frankfurt und Offenbach Bekanntschaft mit Arnim. In einem (nicht überlieferten) Brief an Clemens, dem dieser entnimmt, daß sie Arnim liebe, steht das erste rithmische Produkt von ihr (Clemens an Arnim, vmtl. zwischen 3. und 7. August 1802; WAA XXXI, Nr. 240). Seit Dezember 1802 wieder im Goldenen Kopf. Neben dem Bruder Clemens wird Savigny, der die Schwester Gunda heiratet, ihr wichtigster Mentor. Sie befreundet sich mit Caroline von Günderrode, die in einem Frankfurter Damenstift lebt; das halbfiktionale Erinnerungsbriefbuch Die Günderode (1840) ist das Monument dieser Freundschaft. Auch der Bruder Christian beteiligt sich als Marburger Student an Bettinas Erziehung. Ende 1804/Anfang 1805 versucht die Günderrode sie mit Schellings Werken bekannt zu machen und in Philosophie zu unterrichten, woraufhin Bettina ernsthaft erkrankt. Im Frühjahr/Sommer 1805 beschäftigt sie sich unter dem Einfluß der Günderrode mit griechischer Geschichte und Philosophie. Im Juni/Juli trägt sie mit einem großen Liederbrief an Clemens und weiterer Korrespondenz zum Wunderhorn bei. Im August/September kommt es zum Wiedersehen mit Arnim, der in Frankfurt den Druck des ersten Wunderhorn-Bandes überwacht. Im Oktober ist sie mit einem Freundeskreis anläßlich der Taufe von Savignys Tochter Bettina auf dessen Gut Trages; sie und Arnim sind Taufpaten. Von Ende November 1805 bis Ende April 1806 wohnt sie mit ihrer Schwester Meline bei Savignys in Marburg. Von dort nimmt sie ihr Schwager Johann Carl Jordis in der ersten Februarhälfte nach Kassel mit, wo sie die Gemäldesammlung besichtigt und die Schriftstellerin Philippine Engelhard kennenlernt. Im Juni liest sie bei einem Besuch in Offenbach die Briefe, die der junge Goethe 1772–1775 ihrer Großmutter Sophie von La Roche geschrieben hat, nachdem er ihre Mutter kennenlernte. Ende Juli 1806 kündigt ihr die Günderrode die Freundschaft, weil diese ihre Liebesbeziehung zu dem Altphilologen Friedrich Creuzer durch Bettina und Clemens beeinträchtigt glaubt. Nach dem Freitod der Jugendfreundin (26. Juli) beginnt Bettina in Frankfurt Goethes Mutter zu besuchen, die ihr aus dem Leben des Sohnes erzählt. Mitte September lernt sie in Frankfurt Ludwig Tieck kennen, der im BrentanoHaus Shakespeare-Dramen vorliest und von Bettinas Gesang begeistert ist. Ende
1042
Korrespondenten
1806/Anfang 1807 hat sie Umgang mit Carl Theodor von Dalberg, dem Fürstprimas des neugebildeten Rheinbundes, dem auch die bisherige Freie Reichsstadt zugeschlagen wird. Vgl.: Schellberg/Fuchs 1942; Milch 1968; Kat. BvA 1985; BvA/W; BvA/WuB; JbBvA; Baumgart 1999. Nr. 421.K, 421, 423, 427, 432, 434, 434.E, 440, 442. 442.E, 445, 445.E, 448, 452, 452.E, 459, 461, 461.E, 467, 467.E, 473.K, 473, 473.E, 476. 477.K, 477, 477.E, 481.K, 481, 483, 483.E, 490, 491, 491.E, 497, 500, 500.E, *502, *503, 513, AII.24.A. Brentano, C h r i s t i a n Franz Damian 1784 Frankfurt/M. – 1851 ebd. Seit 1791 in Tauberbischofsheim in strenger Erziehung bei einem Dechanten und am Gymnasium. 1793 zur Familie Schwaab in Miltenberg entlaufen, von dort zurück nach Frankfurt. Danach an verschiedenen Erziehungsanstalten in Frankfurt, zuletzt an einem Handlungsinstitut eines Engländers. 1797 Kaufmannslehre in Hamburg, die abgebrochen wird. Je-
den Willenszwang sah ich als die größte Ungerechtigkeit an, und mein Gehorsam hatte niemals die Basis, daß ich die Einsichten meiner Vorgesetzten für besser hielt. Ich gehorchte daher nie aus Demuth, nur aus Furcht vor der Strafe, oder aus Liebe. Politische und philosophische Interessen, von der Französischen Revolution beeinflußt, wobei seine Liebe zum Republicanischen ihn finden ließ, daß die Constitution des Menschen selbst eine republicanische sey. Rückkehr nach Frankfurt. Im April 1801 Bekanntschaft mit dem englischen Deutschland-Reisenden Henry Crabb Robinson, mit dem er in Grimma bei dem Mathematiker Heinrich August Töpfer Mathematik und kantische Philosophie treibt. Im März 1802 Begegnung mit Arnim in Wien. Seit Oktober 1802 mit Robinson Studium in Jena. Seit Ende Mai 1803 mehrjähriges Medizin-Studium in Marburg, wo er ein kleines Haus an der Lahn bewohnt, dessen Hof er in einen abenteuerlichen, verwilderten Garten verwandelt, worin Raben, Elstern, Eulen, Habichte, Hunde, Katzen, Ziegen, Marder, Füchse eine Menagerie bildeten. Verfaßt dort Anfang 1805 ein mathematisch-naturphilosophisches Programm. 1808–1814 Verwaltung des böhmischen Gutes Bukowan (an der Moldau), das eine aus Mitgliedern der Familien Arnim, Brentano, Savigny und Motz bestehende Sozietät erworben hat; daneben Aufenthalte in Prag. Um 1815 entstehen Lust- und Schattenspiele, von denen Der unglückliche Franzose oder Der Deutschen Freiheit Himmelfahrt zu Lebzeiten (1850) veröffentlicht wird. Nach der Rückkehr nach Frankfurt unter dem Einfluß des bayerischen Arztes Johann Nepomuk Ringseis Hinwendung zu einem dogmatischen Katholizismus. 1818 Reise
1043
Korrespondenten
zu der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick in Dülmen (Westfalen). Generalbeichte. 1823–1827 in Rom, Theologie-Studium. Veröffentlichungen in der Zeitschrift Der Katholik. Seit 1827 wieder in Deutschland. Beteiligt sich an einer Erziehungs-Anstalt für junge Mädchen auf dem Marienberg bei Boppard. Unklare Zwistigkeiten führen zu einem längeren Italien-Aufenthalt mit Emilie Genger, der Leiterin der Anstalt, die er 1835 in Nizza heiratet. 1839 Übersiedlung nach Aschaffenburg, wohin er im Sommer 1842 den sterbenskranken Bruder Clemens aus München holt. Wird dessen Universalerbe. Vater des Philosophen Franz Brentano und des Nationalökonomen Lujo Brentano. Vgl.: 〈Emilie Brentano,〉 Biographie. In: Brentano 1854, Bd. I, S. V–XLVIII (S. VIII erstes, S. X zweites, S. XVI drittes Zitat aus einer fragmentarischen Autobiographie Christian Brentanos); Schellberg/Fuchs 1939, passim (Register, S. 524f.); Härtl 1980; Schad 1984; Härtl 1989a. Nr. 379.K, *379, 381. Brentano, C l e m e n s Wenzeslaus 1778 Ehrenbreitstein – 1842 Aschaffenburg. 1784–1790 Erziehung in Koblenz, 1791–1793 in Mannheim, 1794–1796 im Elternhaus in Frankfurt, 1796 Handelslehre in Langensalza, 1797 in Schönebeck. Am 19. Mai 1797 an der Universität Halle als Student der Kameralwissenschaften immatrikuliert. Ostern 1798 – einen Monat vor Arnims Ankunft – Abreise von Halle. Am 5. Juni 1798 an der Universität Jena ohne Angabe der Fakultät immatrikuliert. In Jena Bekanntschaften mit Sophie Mereau, Friedrich Schlegel, Dorothea Veit, Stephan August Winkelmann u.a. Nach Abbruch der Beziehungen zu Sophie Mereau und Friedrich Schlegel im Sommer 1800 Rückkehr nach Frankfurt, wo er sich der Schwester Bettina zuwendet. Januar bis April 1801 bei Friedrich Carl von Savigny in Marburg. Am 21. Mai 1801 an der Universität Göttingen als Student der Philosophie immatrikuliert; Bekanntschaft mit Arnim und Beginn ihrer Freundschaft. Seit 10. August 1801 in Kassel, seit Anfang September in Frankfurt, seit Ende November in Jena, seit etwa Mitte Januar 1802 wieder in Marburg bei Savigny. Im Juni 1802 Rheinreise mit Arnim, im Juli Liebschaft mit Johanna (Hannchen) Kraus in Ahl (an der Lahn), danach in Marburg und Frankfurt, im November/Dezember in Düsseldorf. Seit Anfang 1803 wieder in Marburg, im Mai Wiedersehen und Versöhnung mit Sophie Mereau in Jena. Danach längerer Aufenthalt in Weimar, wo der Bildhauer Friedrich Tieck seine Büste modelliert und von wo er Ende August nach Marburg zurückkehrt, wohin Sophie Mereau ihm mit ihrer Tochter Hulda im November folgt. Am 29. November 1803 Heirat in Marburg. Am 28. Mai 1804 Geburt des Sohnes Joachim Ariel Tyll (nach seinem Paten Arnim), der nach wenigen Wochen stirbt. Anfang Sep-
1044
Korrespondenten
tember mit Frau und Stieftochter Übersiedlung nach Heidelberg, wo sie am Paradeplatz (später Universitätsplatz) wohnen. Vom Sommer 1800 bis Herbst 1804 sind erschienen die dramatische Literatursatire Gustav Wasa, der Roman Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter, das Singspiel Die lustigen Musikanten, die Komödie Ponce de Leon. Ende Oktober/Anfang November 1804 Reise zu Arnim nach Berlin, mit dem er bei der jüdischen Bankierswitwe und Salonnie`re Sara Levy wohnt. Mit dem Freund Besuche bei Ludwig Tieck in Ziebingen und im Arnimschen Ländchen Bärwalde. Im letzten Dezemberdrittel Rückreise nach Heidelberg. Dort im April 1805 Umzug in ein Haus in Neckarnähe. Am 13. Mai Geburt der Tochter Joachime, die nach wenigen Wochen an Scharlach stirbt. Am 9. Juni oder kurz zuvor Ankunft Arnims in Heidelberg und gemeinsame Arbeit am Wunderhorn, die sie im August in Frankfurt abschließen. Vom 20. August bis Mitte September Kuraufenthalt in Wiesbaden. Anschließend Rheinreise mit Arnim und Sophie Brentano, danach Rückkehr nach Heidelberg. Vom 12. Oktober bis 7. November anläßlich der Taufe von Savignys Tochter Bettina Aufenthalt auf dessen Gut Trages (bei Hanau). Danach in Heidelberg Arbeit an der Chronicka des fahrenden Schülers und den Romanzen vom Rosenkranz. Anfang 1806 Beginn einer umfangreichen Korrespondenz zur Sammlung von Volksliedern. Ende März/Anfang April Umzug wieder in eine Wohnung am Paradeplatz. Im Sommer Versand eines Zirkularbriefes zur Volksliedersammlung. Anfang Juni mit Frau Sophie Teilnahme an einer Wallfahrt zum Blutwunder nach Walldürn. Anfang September in Heidelberg Umgang mit Ludwig Tieck, der mit dem Kunsthistoriker Karl Friedrich von Rumohr aus Italien zurückgekehrt ist. Mitte September mit ihnen in Frankfurt. Nach dem Tod seiner Frau bringen ihn Anfang November Freunde zu dem kurz zuvor in Heidelberg angekommenen Görres. In der ersten Novemberhälfte sucht er Trost in Frankfurt, danach wieder in Heidelberg. Vgl.: Schellberg/Fuchs 1939; Feilchenfeldt 1978; FBA; DjB. Nr. 361, 362, 362.E, 365, 366, 367, 367.E, 368, 369, 369.E, 371, 375, 385, 388, 388.E, 389, 391, 392, 393.K, 393, 394, 395, 397, 402, 402.E, 403, 404, 404.E, 406, 415, 420, 420.E1, 420.E2, 424, 425, 425.E, 431, 431.E, 435, 443, 443.E, 449, 451, 451.E, 455, 455.E, 457, 458.P, 462, 462.E, 466, 466.E, 469, 472, 472.E, 475, 479, 479.E, 492, 498, 498.E, 499, 506, 512, AII.20.A, AII.21.E. Brentano, S o p h i e Friederike, geb. Schubart, verh. Mereau 1770 Altenburg – 1806 Heidelberg. Tochter des herzoglich-sächsischen Sekretärs und Obersteuerbuchhalters Gotthelf Heinrich Schubart und seiner Frau Johanna Sophie Friederike, geb. Gabler, verw. Pierer. Mit der ein Jahr älteren
1045
Korrespondenten
Schwester Henriette gemeinsame Ausbildung und Erziehung in Altenburg. 1793 Heirat mit dem Jenaer Universitätsbibliothekar und Professor der Rechte Friedrich Ernst Carl Mereau, Umzug nach Jena. 1794 Geburt des Sohnes Gustav, Erscheinen des Romans Das Blüthenalter der Empfindung. 1794–1795 Liebesbeziehung mit dem Studenten Johann Heinrich Kipp, Besuche von Privatvorlesungen Fichtes. 1797 Geburt der Tochter Hulda, Erscheinen der Briefe von Amanda und Eduard in Schillers Horen. Im Sommer 1798 Bekanntschaft mit Brentano. Anfang 1800 Tod des Sohnes Gustav, im Sommer Trennung von Brentano und Verhältnis mit Friedrich Schlegel. Anfang 1801 erscheint der Almanach Kalathiskos (erstes Bändchen), im Juli Scheidung von Mereau. 1802 folgt das zweite Bändchen Kalathiskos. Im Mai 1803 Wiedersehen mit Brentano in Weimar und Erneuerung der Beziehung. Im Juni 1804 erscheinen bei dem Verleger Ferdinand Dienemann in Penig Spanische und Italienische Novellen herausgegeben von Sophie Brentano mit dem Nebentitel Die
lehrreichen Erzählungen und Liebesgeschichten der Donna Maria de Zayas und Sotomayor; an der Übersetzung ist Brentano beteiligt. Im Frühjahr 1805 kommt bei Wilmans in Frankfurt der Band Bunte Reihe kleiner Schriften heraus, dessen Titel auf einen Vorschlag Arnims und Brentanos zurückgeht. Ende 1805 Fehlgeburt nach Aufhängen eines Spiegels. Der von Brentano mitübersetzte zweite Band der Spanischen und Italienischen Novellen erscheint im November/Dezember 1805, wieder mit der alleinigen Nennung Sophie Brentanos als Herausgeberin. Nachdem Arnim im Januar 1806 das auf Sophie und Clemens Brentano anspielende Gedicht Die Spinnerin und der Weber geschickt hat, reagiert sie im Februar mit dem Gedicht Arnim, ein Dreher. Arnim vermittelt ihre Übersetzung von Boccaccios Fiametta an den Berliner Verleger Reimer, bei dem sie Ende 1806 erscheint. Am 31. Oktober, morgens 1 Uhr, stirbt Sophie Brentano bei der Geburt eines mit ihr sterbenden Kindes. Sie wird nachmittags 2 Uhr auf dem Heidelberger St. Annenkirchhof beigesetzt. Karl Philipp Kayser, Tagebuch, 9. September 1804: Es ist eine niedliche,
kleine Figur. Einigen Reitz hat die Zeit schon von ihrem Gesichte abgestreift. Sie hat ein freundliches Wesen, spricht gern von literarischen Productionen, doch ohne Ziererey und ohne sich etwas darauf einzubilden. Selbst in der Botanik besitzt sie Kenntnisse. Nekrolog im Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung, 20. Dezember 1806: Deutschland verliert in ihr – wo nicht seine erste – doch eine seiner ersten Dichterinnen, die lebendige Phantasie mit tiefem Natur- und Kunstsinn und einer glänzenden und harmonischen Darstellung verband. 〈...〉 Die Nachwelt wird in S o p h i e B r e n t a n o eine 1046
Korrespondenten
Zierde der deutschen Dichterinnen erkennen, und alle die, welche die Unvergessliche persönlich kannten, werden ihr Andenken mit Achtung und Liebe in ihrem Herzen bewahren. Vgl.: Brentano, Clemens; Amelung 1908; Schneider 1923, S. 52 (erstes Zitat); Hang 1934; Amelung 1939; Schellberg/Fuchs 1939; Migge 1959; Gersdorff 1981; Gersdorff 1984; Schwarz 1991; Hammerstein 1997; Hannemann 2005; Gruber 2007; Hammerstein/Horn 2008; Runge 2008. Nr. 360.K, 360, 372, 376, 386, 387, 398, 444, 463, 463.E, AII.20.A, AII.22, AII.23. Dieterich, J o h a n n a ( J e a n n e t t e ) Christiane, geb. Friedheim 1776 Gotha – 1827 Göttingen(?). Tochter des Gothaer Tuchfabrikanten Christian Friedheim. Seit 1794 verheiratet mit dem Göttinger Verleger Heinrich Dieterich. In Göttingen u. a. Umgang mit Lichtenberg. Fünf Kinder zwischen 1797 und 1805. Um 1800 Bekanntschaft mit Arnim, der sich in sie verliebt haben soll, und Freunden von ihm. Bei ihrem Mann erscheinen Frühwerke Arnims (Hollin’s Liebeleben, Ariel’s Offenbarungen) und Brentanos (Ponce de Leon). Hilft in der Firma, die ihr Mann vernachlässigt. Vgl.: WAA XXX (Korrespondenten, Register). Nr. *363, 364, AI.68. Engelhard, Magdalene P h i l i p p i n e , geb. Gatterer 1756 Nürnberg – 1831 Blankenburg (Harz). Tochter des Historikers Johann Christoph Gatterer. Seit 1759 in Göttingen, wo sie, im Umgang mit Kollegen und Studenten ihres Vaters angeregt, früh literarische Interessen zeigt. Bekanntschaften mit Voß, Lichtenberg, Forster und Boie. Briefwechsel mit Gottfried August Bürger. 1777–1778 verliebt sie sich in den in Göttingen studierenden georgischen Fürsten Meschersky, nach dessen Abreise sie Lieder der Liebe dichtet, die nicht veröffentlicht werden. 1778 erscheinen Gedichte , eine zweite Gedichtsammlung folgt 1782. 1780 in Kassel Heirat mit dem Juristen Johann Philipp Engelhard. 1781–1800 zehn Kinder (fünf Jungen, fünf Mädchen). 1784 Umzug in ein eigenes Haus mit Garten vor dem Wilhelmshöher Tor. Im Februar 1806 Bekanntschaft mit Bettina Brentano und vergeblicher Versuch, mit deren Unterstützung ihre Lieder der Liebe herauszugeben. 1821 kommen Neue Gedichte heraus. Lebensabend bei ihrer Tochter Caroline in Blankenburg. Bettina von Arnim in ihrem 1848 unter dem Titel Ilius Pamphilius und die Ambrosia erschienenen teilfiktionalisierten Briefwechsel mit dem Studenten Philipp Nathusius: Deine Großmutter ist ein burlesker Charakter, wie das
leicht bei solchen Naturen der Fall sein kann, in denen das Großartige Fesseln tragen muß, die der gemeine Mensch nicht bemerkt. – Alles 1047
Korrespondenten
Edle und Freie in ihr war verbrämt mit einem allem Anstand zuwiderlaufenden Humor, der nicht selten Anlaß zu lächerlichen Scenen gab. 〈...〉 was ich Dir nicht vorschlage sondern nur erzähle wie einen Traum, könntest Du nicht eine Charakteristik mehrerer Frauen geben, die Deiner Großmutter gleichzeitig und verwandt wie die K a r s c h i n , oder ganz entgegengesetzt wie meine Großmutter waren, und unter welchen sie natürlich als Planet zwischen Trabanten aufträte. Vgl: Arnim 1848, Bd. II, S. 304–306 (Zitat); Stummann-Bowert 1995; Stummann-Bowert 2008. Nr. 493.E. Finck von Finckenstein, K a r l Friedrich Alexander Graf von 1772 Madlitz (bei Frankfurt/O.) – 1811 ebd. Sohn des ehemaligen Regierungspräsidenten von Küstrin Friedrich Ludwig Karl Finck von Finckenstein, der sich auf sein Gut Madlitz zurückgezogen hat. 1793–1795 Jura-Studium in Frankfurt/O. 1796 Anstellung bei der Kurmärkischen Kammer in Berlin und Bekanntschaft mit Rahel Levin, »Rahels erste Liebe« (Günter de Bruyn). 1797 Legationsrat. 1797–1799 als preußischer Delegierter beim Rastatter Kongreß. Seit Herbst 1799 preußischer Gesandtschaftssekretär in Wien. 1800 Abschiedsbrief Rahels. September 1806 Ernennung zum Gesandten in Wien, wo er sich antinapoleonisch engagiert. 1809 Heirat mit Maria Rosa Bianca de Mello e Carvalho aus Bologna. Juni 1810 auf Verlangen Napoleons Abberufung aus Wien. Juni 1811 als preußischer Gesandter nach Dresden beordert; kann den Posten wegen eines Nervenfiebers nicht antreten. Vgl.: Joachim/Klinkenborg 1920; de Bruyn 1999. Nr. *410. Gilbert, Ludwig Wilhelm 1769 Berlin – 1824 Leipzig. Seit 1795 Dozent und außerordentlicher Professor der Mathematik sowie Observator an der Sternwarte in Halle. Seit 1799 außerordentlicher, seit 1801 ordentlicher Professor der Physik und Chemie in Halle sowie Herausgeber der Annalen der Physik (bis 1824). Akademischer Lehrer Arnims. 1811 bis zu seinem Tod ordentlicher Professor der Physik an der Universität Leipzig. Vgl.: WAA II (passim, Register); WAA XXX (Korrespondenten, Register). Nr. 484.E. Goethe, Johann Wolfgang von 1749 Frankfurt/M. – 1832 Weimar. In den ersten Monaten 1805 wiederholt schwer krank, Nierenkolik mit Krämpfen. Am 9. Mai Tod des Freundes Schiller.
1048
Korrespondenten
Im Frühjahr erscheint in Erinnerung an Johann Joachim Winckelmann der Sammelband Winkelmann und sein Jahrhundert. Im Sommer Kuraufenthalt in Bad Lauchstädt, dort Gedenkfeier für Schiller mit Aufführung des von einem Epilog Goethes begleiteten Lieds von der Glocke, Besuche in Halle und Reise im nördlichen Harzvorland. Mitte Dezember mit Herzog Carl August, dem preußischen Prinzen Louis Ferdinand und Arnim in Jena. Am 21. und 22. Januar 1806 erscheint in der Jenaischen Allgemeinen Literaturzeitung Goethes Besprechung des ersten sels mit Arnim. Im April
Wunderhorn-Bandes, danach Beginn des BriefwechAbschluß von Faust. Erster Teil. Im Juli bis Anfang
August Badeaufenthalt in Karlsbad. Nach der Schlacht bei Jena (14. Oktober) Einzug der siegreichen französischen Truppen in Weimar, Einquartierung im Haus am Frauenplan; am 19. Oktober läßt Goethe sich mit Christiane trauen.
Halle und Jerusalem (Halle Wer spricht von unserm Meister, ich sprech von Deutschlands Meister, der war heut angekommen und schritt mit ernstem Blick den Gang herunter, zu eng erschien der breite Gang, noch einen andern außer ihm zu fassen, fast hätte ich vergessen, ihn zu grüßen, obgleich die andern alle als Bekannten ihn bewillkommt, so war ich ganz befangen von dem ernsten Blick, dem festen Gang, dem freundlich schön Vollendeten der Lippen, an diesen Lippen ist der Meister aller Worte, aller Sprache zu erkennen, so zierlich sind sie ausgeschnitten, ein jeder Hauch von ihnen ist ein Flötenton, kein falscher Ton fliegt je von diesen Lippen in die Welt.
Der Student Stürmer in Arnims Doppeldrama III/2):
Vgl.: Arnim 1811, S. 178f. (Zitat); Steiger 1986. Nr. 422, 422.E, 430, 454.K1, 454.K2, 454.K3, 454, 454.E, 465, 480, 480.E, AI.58. Goethe, Julius A u g u s t Walter von 1789 Weimar – 1830 Rom. Unter Anleitung des Vaters Erziehung zunächst (1797–1805) durch Hauslehrer, dann (1805–1808) am Weimarer Gymnasium, wobei auf die praktisch-naturwissenschaftliche Ausbildung besonderer Wert gelegt wird. 1808–1811 Jurastudium zunächst in Heidelberg, dann in Jena. Anschließend halbjähriges Praktikum im herzoglichen Kammergut Kapellendorf und Beginn der Beamtenlaufbahn: 1811 Wirklicher Assessor, 1815 Kammerrat, 1822 Geheimer Kammerrat. 1817 Heirat mit Ottilie von Pogwisch, drei Kinder, Wohnung in der Mansarde des Hauses am Frauenplan. Seit Mitte der zwanziger Jahre psychischer und physischer Niedergang. Tod während eines Rom-Aufenthalts, Beerdigung auf dem protestantischen Friedhof an der Cestiuspyramide.
1049
Korrespondenten
Vgl.: Sedlacek 1998; Bode 2002; Sanford 2005. Nr. AI.55, *AI.57. Gräter, Friedrich David 1768 Schwäbisch Hall – 1830 Schorndorf. Seit 1786 Studium der Theologie in Halle, danach in Erlangen. Seit 1789 Lehrer, seit 1804 Rektor am Gymnasium in Schwäbisch Hall. 1799 erste Ehe mit Christiane Therese Spittler, 1805 zweite Ehe mit Maria Elisabeth Caroline Hofmann, verw. Seiferheld und Haspel. Seit 1818 Rektor des Gymnasiums in Ulm und Pädagogarch des Donaukreises. Lebensabend in Schorndorf. 1791–1812 Herausgabe der einflußreichen Zeitschrift
Bragur. Ein literarisches Magazin der teutschen und nordischen Vorzeit (1812–1816 fortgesetzt als Idunna und Hermode), die eine wichtige Quelle des Wunderhorns wird. Außerdem stellt Gräter seine reichhaltige Volksliedersammlung Arnim bei dessen Besuch in Schwäbisch Hall im Herbst 1805 zur Verfügung. Veröffentlicht außer der Zeitschrift u. a. Nordische Blumen (1789) mit Übersetzungen aus dem Altnordischen, eine Erste Anlage zu einem Wörterbuche der Schwäbisch-Hallischen Mundart (1793) und Lyrische Gedichte (1809). Bedeutender Vermittler zwischen deutscher und skandinavischer Frühgeschichtsforschung. Vgl: Schwarz 1935; Narr 1968; Rölleke in FBA IX/3, S. 809f. Nr. AI.54. Hinze, August Heimbert 1765 Braunschweig – 1832 Waldenburg (Schlesien). Nach Studium in Helmstedt und Promotion zum Dr. med. Arzt in Königslutter und Landphysikus in Calvörde (bei Braunschweig). 1793 Leibarzt des Grafen Hans Heinrich VI. von HochbergFürstenstein (Schlesien). 1803 Brunnen- und Badearzt in Altwasser, Arzt und Kreisphysikus in Waldenburg. 1809 dort Stadtverordneter. Verfasser zahlreicher medizinischer Schriften. Nebenher Komponist (zwei Opern) und Direktor der Waldenburger Gesellschafts-Bühne. Veröffentlicht in Gräters Zeitschrift Bragur einen Volksliedbeitrag und trägt mit einer Einsendung an Arnim 1806 zum Wunderhorn bei. Vgl.: Goedeke 1900, S. 449; Günther 1916, S. 15f.; Rölleke in FBA IX/3, S. 817. Nr. *436, 439.A. Jasmund, von, geb. Bose Vmtl. Hofdame der Landgräfin Marie Luise von Hessen-Darmstadt, der Großmutter der preußischen Königin Luise. In deren Briefen mehrmals erwähnt, auch leicht ironisch als Bolo Fräulein Wohlgemuth bzw. Boto. Aus einem Potsdamer Brief der Königin an ihren Bruder Georg von Mecklenburg-Strelitz vom
1050
Korrespondenten
14. und 20. November 1799 geht hervor, daß die Hofdame das Leben am preußischen Hof nicht mag und Verbindungen zu dem in Neustrelitz hat: Du
weißt, der guten Boto gefällt’s nicht in Berlin, nicht in der großen Welt, wo viel der Schein residiert und man in dem großen Getümmel und Gedränge nur nach dem Äußern urteilt. Was macht den Namen in der großen Welt? Ein schönes Gesicht, G r a z i e , Anstand und Leichtigkeit beim Tanz, ein bißchen Coketterie usw. Dieses alles hat die Bosen nicht. Deshalb die gänzlich gleichgültige Rolle, die sie hier spielt. Auf Bällen tanzt sie nicht, sondern sitzt und hört auf alles aus Langeweile. 〈...〉 Wenn sie hierher kommt, so habe ich mir vorgenommen, ihr vorzuhalten, warum sie diese falschen Nachrichten nach Strelitz brachte und ausschüttete. Ich glaube sie unfähig, aus böser Absicht dieses getan zu haben. In Neustrelitz wird sie einen Herrn von Jasmund kennengelernt und 1806 geheiratet haben, vmtl. einen Verwandten des in Arnims Brief an Brentano vom 12. bis etwa 19. März 1806 (Nr. 431) erwähnten mecklenburg-strelitz’schen Kammerherrn Carl Friedrich Heinrich von Jasmund, der seit 8. Juni 1804 mit Karoline Ernestine von der Goltz verheiratet war. Vgl.: Rothkirch 1985 (Zitate S. 104, 131, 153); Gotha, Taschenbuch der uradeligen Häuser, Jg. 41, 1942, S. 240. Nr. AI.60. Kahlow, Heinrich F r i e d r i c h Gregor Aus Schwedt (Uckermark). Sohn des Stadtmusikers, später Stralsunder Musikdirektors Friedrich Gregor Kahlow. Theologiestudium zunächst in Greifswald, seit 1803 in Göttingen, dort 1806 promoviert. Vgl.: UA Göttingen (frdl. Auskunft). Nr. AI.69. Kestner, T h e o d o r Friedrich Arnold 1779 Hannover – 1847 Frankfurt/M. Fünfter Sohn von Charlotte Kestner, geb. Buff, der Wetzlarer Jugendliebe Goethes, und Johann Georg Christian Kestner, Land- und Lehnsfiskal, auch Archivsekretär in Hannover. 1797 als Student der Medizin in Göttingen, 1798 in Jena immatrikuliert, wo er zum Freundeskreis Brentanos gehört. Seit Sommersemester l800 wieder in Göttingen, wo er 1801 zum Dr. med. promoviert und im selben Monat Privatdozent wird. 1802–1804 Reisen in Deutschland und Frankreich. Seit 1804 Arzt in Frankfurt. 1812 Professor an der medizinisch-chirurgischen Spezialschule, 1815 Landphysikus, 1818 Stadtphysikus.
1051
Korrespondenten
Vgl.: Jorns 1964; Schnack 1984, S. 344; DjB (passim, Register). Nr. *407. Labes, C a r o l i n e Marie Elisabeth von 1730 Potsdam – 1810 Berlin. Tochter des Potsdamer Bankiers und Fabrikanten Gottfried Adolph Daum. 1753 erste Ehe mit dem Geheimen Kämmerer und Obertresorier Michael Gabriel Fredersdorff, einem Günstling Friedrichs II. von Preußen. 1758 zweite Ehe mit dem preußischen Rittmeister Carl Friedrich von Aschersleben, den sie wegen seines Adelstitels geheiratet haben soll und von dem sie nach drei Monaten geschieden wird. 1760 dritte Ehe mit dem preußischen Kammerherrn Johann (Hans) Labes. 1761 Geburt der Tochter Amalia (Mutter Arnims), 1763 des Sohnes Hans Labes, seit 1793 Graf von Schlitz (Onkel Arnims). 1780 leiht sie ihrem Schwiegersohn Joachim Erdmann von Arnim das Kaufgeld für das im Niederen Fläming gelegene Ländchen Bärwalde mit dem Hauptort Wiepersdorf. Nach dem Tod ihrer Tochter infolge der Geburt Arnims nimmt sie ihn und seinen älteren Bruder 1781 in ihr Berliner Haus Quarre´ (Viereck) Nr. 4 auf, wo beide unter ihrer Obhut erzogen werden, während der Vater sich wenig um sie kümmert. 1786 erhält sie für sich und ihren Sohn die preußische Anerkennung des Adels- und Freiherrenstandes. Die Sommermonate verbringt sie mit den Enkeln auf ihrem Gut Zernikow (östlich von Rheinsberg), das sie mit weiteren Gütern von ihrem ersten Mann geerbt hat und um dessen Bewirtschaftung sie sich kümmert. Wird im April 1808 unter den sechs reichsten Privatiers Berlin aufgeführt, die zur Finanzierung eines von den Franzosen geplanten Lagers um die Stadt herangezogen werden sollen. In ihrem Testament legt sie fest, daß ihre Enkel über ihren Erbteil des Nachlasses nicht frei verfügen dürfen, sondern ihn ihren ehelichen Nachkommen als ein Fideikommiß zu hinterlassen haben. Arnim an Bettina, 10. Juli 1810: Meine Großmutter entriß der Tod, sie hat
mir viel Gutes gethan, und ich ehre dankbar ihr Andenken, unsre Gesinnungen hatten in dieser Welt keine eigentliche Berührung. Ihr Vermögen hätte mich selbst in dieser Zeit, wo nur der thätige Gebrauch eines Vermögens eigentliche Sicherheit gewährt, reich gemacht, wenn sie nicht durch eine Fideicommißeinrichtung, die sich erst zum Besten meiner Kinder auflöst, mich und meinen Bruder und Onkel beschränkt hätte. Vgl.: Steig 1894, S. 3–7; Granier 1913, S. 223; Weiss 1980, S. 161–167; Wilcke 1980, S. 641; Wilcke 1982, S. 477–483; Härtl 1982 (passim, Register); Baumgart 2000; WAA I (passim, Register), WAA XXX (passim, Register), WAA XXXIV (Zitat).
1052
Korrespondenten
Nr. *377, *380, 382. *396, 400, *468, *478, 487, *505, *509, *511, *515, *518. Labes, Johannes 1754 Danzig – 1809 ebd. Sohn des Danziger Kaufmanns Kaspar Labes und seiner Frau Christina Juliana, geb. Wallersteen. Nach Ausbildung zum Kaufmann 1786 mit seinem Bruder Friedrich (Prediger an der Jakobskirche in Danzig) Reise nach England und den Niederlanden. Danach alleiniger Inhaber der Danziger Reederei und Großhandelsfirma Kaspar Labes Erben. 1787 Heirat mit Susanna Jakobina, Tochter des Gold- und Silberfabrikanten Jakob Mahl. In selben Jahr Vorsteher des Kinderhauses und des Lazaretts, 1789 Mitglied der Dritten Ordnung, 1807 Senator. Läßt einen Teil seines Waldbesitzes in einen öffentlichen Park umgestalten, der nach ihm Johannisberg genannt wird. Steht in hohem Ansehen als Förderer städtischer Angelegenheiten; 1808 spricht ihm die Stadt offiziell ihren Dank aus. Im selben Jahr wegen politischer Äußerungen verhaftet und zeitweise in Weichselmünde interniert. Nimmt danach gekränkt seinen Abschied aus dem Senat. Immediatbericht des Freiherrn vom Stein, Berlin, 9. Oktober 1805: Was die
Einleitung dieser sämtlichen Anleihegeschäfte anbetrifft, so schlage ich untertänigst vor: wegen Danzig die Aufträge dem dortigen Kaufmann Labes, einem äußerst tätigen einsichtsvollen Manne, 〈...〉 zu übertragen 〈...〉. Friedrich Delbrück, Tagebuch, Danzig, 31. Oktober 1806: Als ich nach zehn Uhr nach Hause kam, fand ich noch Labes. Patriotische Eröffnungen des biedern Mannes. Sorglosigkeit und unzeitige Sparsamkeit haben so viel Uebels gestiftet in diesem Kriege. Man sieht dieß auch an den Festungswerken von Danzig, wo nichts geschieht; und doch werden wenigstens 3 Wochen erfodert, um sie in Stand zu setzen. Mit vermehrter Hochachtung trennte ich mich um elf Uhr von diesem wackern Manne. Morgen soll Stein, der Minister, eintreffen, dessen er sich anzunehmen hat. Vgl.: Schuster 1907, Bd. II, S. 5, 7, 9, 13 (zweites Zitat), 45; Schwarz 1941; Botzenhart/Hubatsch 1957–1974, Bd. II/1, S. 94 (erstes Zitat), Bd. X, S. 459. Nr. 514.E, 517. Mecklenburg-Strelitz, G e o r g Friedrich Carl Joseph Erbprinz von 1779 Hannover – 1860 Neustrelitz. Dritter Sohn des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz und der Prinzessin Friederike von Hessen-Darmstadt. 1816 in Nachfolge seines Vaters Großherzog. 1817 verh. mit Prinzessin M a r i e Wilhelmine Friederike von Hessen-Kassel. Schöngeistig interessiert, korrespondiert mit Künstlern und Schriftstellern, darunter Goethe. Politisch konservativ, Gegner liberaler
1053
Korrespondenten
Entwicklungen in Mecklenburg und der Revolution von 1848. Verhindert danach den Übergang Mecklenburg-Strelitz’ zu einem modernen Verfassungsstaat. Vgl.: Endler 1926. Nr. 453.E. Mittelmärkische Ritterschafts-Registratur in Berlin Nr. AII.19. Ordtmann, Antonie Freundin oder Verwandte der Familie Püttmann in Hildesheim. Nr. AI.67. Preußen, Louis Ferdinand (eigtl. Friedrich Ludwig Christian) Prinz von 1772 Schloß Friedrichsfelde (bei Berlin) – 1806 Wöhlsdorf (bei Saalfeld). Sohn des Prinzen Ferdinand von Preußen und seiner Frau Luise, geb. von Brandenburg-Schwedt; Neffe Friedrichs II. 1789 Eintritt in den Militärdienst. 1792 als Oberst Teilnahme am Feldzug gegen Frankreich. Bei der Belagerung von Mainz wegen besonderer Tapferkeit zum Generalmajor befördert. 1796–1798 zur Bewachung der deutsch-französischen Demarkationslinie in Lemgo und Hoya abkommandiert. Widmet sich jedoch intensiv der Musik, reist und geht galante Abenteuer ein, weswegen er als Regimentskommandeur nach Magdeburg strafversetzt wird. Verkehrt bei Berlin-Aufenthalten im Salon Rahel Levins, hört Vorlesungen bei A. W. Schlegel, brilliert als Pianist. Im Herbst 1805 bei den nach Sachsen vorrückenden preußischen Truppen, welche die Österreicher im Kampf gegen Napoleon unterstützen sollen, deren Eingreifen jedoch durch den Waffenstillstand von Schönbrunn verhindert wird; Mitte Dezember in Jena Begegnung mit Goethe und Arnim. Fällt am 10. Oktober 1806 kurz vor der Schlacht von Jena und Auerstedt in einem Vorhutgefecht. Vgl.: Varnhagen, Prinz Louis Ferdinand von Preußen (in: Varnhagen 1987–1994; Bd. IV, S. 78–122); Wahl 1917; Kleßmann 1995. Nr. 405.K. Püttmann Kinder des Hildesheimer Medizinalrates Franz Joachim Püttmann und von dessen Frau Maria Johanna Magdalena Philippina, geb. Caire. Püttmann, Francisca ( F r ä n z c h e n ) Geb. Hildesheim 1789. Püttmann, Fridericus ( F r i t z c h e n ) Mauritius Geb. Hildesheim 1799.
1054
Korrespondenten
Püttmann, Helena ( H e l e n e ) Sophia Francisca Geb. Hildesheim 1791. Seit August 1806 in Berlin bei ihrem Schwager Christoph Ludwig Friedrich Schultz, 1808 verh. mit Carl Friedrich von Redtel. Püttmann, Johanna ( J e a n n e t t e ) Maria Marcelline — Schultz, Johanna ( J e a n n e t t e ) Maria Marcelline Püttmann, Marcelline Geb. Hildesheim 1791. Seit August 1806 in Berlin bei ihrem Schwager Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Püttmann, Maria Friderika Wilhelmina ( D i e n e ) Geb. Hildesheim 1793. Seit August 1806 in Berlin bei ihrem Schwager Christoph Ludwig Friedrich Schultz. 1810 verh. mit dessen Bruder, dem Bergrat Wilhelm Schultz, danach in Carlshafen. Püttmann, Maria Sophia ( S o p h i e ) Walburga Geb. Hildesheim 1796. Seit August 1806 in Berlin bei ihrem Schwager Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Vgl: Bistumsarchiv Hildesheim (frdl. Auskunft an Sabine Schäfer, Goethe/RA). Nr. AI.67. Raumer, C a r l Georg Ludwig von 1783 Wörlitz – 1865 Erlangen. Sohn von Georg Friedrich Raumer, Kammerdirektor des Fürsten von Anhalt-Dessau (1796 nach Dessau versetzt) und Luise, geb. von Mare´es. Jüngerer Bruder des Historikers Friedrich von Raumer. Kindheit in Wörlitz. 1797 bis Ostern 1801 Besuch des Joachimsthalschen Gymnasiums in Berlin und Bekanntschaft mit Arnim. 1801–1803 Studium der Rechte und Kameralistik in Göttingen. 1803–1805 Fortsetzung des Studiums in Halle, wo ihn die Vorlesungen des Naturphilosophen Henrik Steffens für Naturgeschichte begeistern und er die Reichardtsche Familie kennenlernt. 1805–1806 Studium der Geognosie in Freiberg (Sachsen). 1808–1809 Studienreise nach Paris. 1810 bei Pestalozzi in Yverdon. 1811 Bergrat beim Oberbergamt und Professor der Mineralogie in Breslau; Heirat mit Friederike Reichardt. 1813–1814 als Freiwilliger im Befreiungskrieg. 1819 am Oberbergamt und an der Universität in Halle. 1823 Lehrer am Dittmarschen Erziehungsinstitut in Nürnberg. 1827 Professor der Naturgeschichte in Erlangen. Vgl: Raumer 1866. Nr. AI.66.
1055
Korrespondenten
Reichardt, Friederike 1790 Berlin – 1869 Erlangen. Tochter Johann Friedrich Reichardts aus dessen zweiter Ehe mit Johanna Alberti. 1811 verh. mit Carl von Raumer. Nr. AI.51. Reichardt, Johann Friedrich 1752 Königsberg – 1814 Giebichenstein (bei Halle). Sohn des Königsberger Stadtmusikers und Lautenisten Johann Reichardt, der die musikalische Begabung des Kindes früh erkennt und fördert. 1771–1774 Virtuosenreise durch Deutschland; zahlreiche Bekanntschaften mit Musikern und Dichtern (darunter Johann Abraham Peter Schulz, Carl Philipp Emmanuel Bach, Klopstock und Claudius). 1775–1777 unter Friedrich II. königlich-preußischer Kapellmeister in Berlin. Danach als Musikschriftsteller und Komponist häufig auf Reisen; Bekanntschaften mit weiteren bedeutenden Zeitgenossen (Goethe, Herder, Lavater, Mendelssohn u. a.). 1777 Heirat mit Juliane Benda, nach deren Tod noch im selben Jahr zweite Ehe mit Johanna Alberti, verw. Hensler. Seit 1786 unter Friedrich Wilhelm II. wieder Kapellmeister in Berlin; intensive Beschäftigung mit dem Lied und Singspiel. 1794 aufgrund seiner Sympathie für die Französische Revolution entlassen. 1796 Salinendirektor in Giebichenstein, wo er unterhalb der gleichnamigen Burgruine bei Halle an der Saale ein Kossätengut zu einem vielbesuchten Musensitz kultiviert, zu dessen Attraktivität seine musikalischen Töchter beitragen. 1802–1803 Aufenthalt in Paris, worüber er in Vertrauten Briefen (3 Bde., 1804) berichtet. Sein noch stärker gegen die französischen Zustände gerichtetes politisches Hauptwerk Napoleon Bonaparte und das französische Volk unter seinem Consulate (1804) erscheint anonym unter starker Beeinflussung des Pariser Sonderlings Gustav Graf von Schlabrendorf. Nach der französischen Besetzung Halles im Oktober 1806 Flucht vor den Franzosen nach Danzig, von dort im Sommer 1807 nach Königsberg. Im Herbst 1807 mit Arnim Rückreise nach Giebichenstein. 1808 Theater- und Orchesterdirektor in Kassel, der Hauptstadt des neuen Königreichs Westphalen. 1808–1809 Reise nach Wien. Danach in Giebichenstein und Berlin. Arnim in seinem Nekrolog: Freunde des Gesanges haben mit inniger Rüh-
rung den Tod dieses ausgezeichneten Künstlers vernommen. Je weniger unsre Zeit ihre Aufmerksamkeit auf den Schutz jugendlicher Kunstblüten richten mag; je weniger sie Ruhe zur Ausbildung des Kunsttalents gewährt; um so unersetzlicher scheint ein solcher Verlust. Auch die Freunde der Poesie gestehen dem Verstorbenen das hohe Verdienst zu, durch sein frühzeitiges Anerkennen und Anschließen an gute Dichter, insbesondere durch seine Verehrung für Göthe, zur Ver1056
Korrespondenten
breitung des Bessern, mehr als jeder andere seiner Kunstzeitgenossen, beigetragen zu haben. Seine dramatischen Versuche zur Einführung der Liederspiele in Deutschland sind mit Beifall aufgenommen, seine Darstellungen des geselligen Lebens mehrerer Länder, besonders von Frankreich, gefielen durch Anschaulichkeit und leichte Erzählung. Nicht so allgemein anerkannt ist das große Verdienst des Verstorbenen als politisch-historischer Schriftsteller. Vgl.: Neuß 1949; Hartung 1964; Arnim/W VI, S. 472–475 (Zitat S. 472); Moering 1990; Braunbehrens/Busch-Salmen/Salmen 2002; Hartung 2002; Salmen 2002; Hartung 2003; Moering 2003; Salmen 2003. Nr. *378, *383, 384, *437, *438, 447, *456, 456.E, *485, 485.E, 488, 494.E. Reichardt, Louise 1779 Berlin – 1826 Hamburg. Älteste Tochter Johann Friedrich Reichardts aus dessen erster Ehe mit Juliane Benda. Sängerin, Komponistin, Harfenistin. Verliert zwei Verlobte durch deren plötzlichen Tod. Erzieht während der Stellungslosigkeit ihres Vaters die jüngeren Schwestern. Kompositionen von Gedichten Arnims, Brentanos und aus dem Wunderhorn erstmals in ihrer Sammlung XII
Deutsche und italiänische romantische Gesaenge mit Begleitung des Piano-Forte (Berlin 1806), danach in weiteren Ausgaben von Gesängen (um 1811, um 1819). Seit 1809 Gesangslehrerin in Hamburg, wo sie sich für die Wiederentdeckung Bachs und Händels einsetzt. 1819 Mitbegründerin der Hamburger Singakademie. Adolph Müller an seine Schwester Elise, 25. Dezember 1803: Sie ist ein sehr
angenehmes Wesen, ganz ungekünstelt und voller Kunstgefühl, bescheiden ohne die mindeste Ziererei. Sie hat viel Stimme und noch mehr Geschmack, und ist die einzige Sängerin, die Halle besitzt. Henrik Steffens in seinen Erinnerungen: Die älteste Stieftochter 〈...〉 war schlank gebaut, und sie würde geistreich schön genannt worden sein, wenn das Gesicht nicht durch Pockennarben verunstaltet gewesen wäre. Dennoch zog sie von allen Töchtern des Hauses, die sich alle durch Schönheit auszeichneten, die größte Aufmerksamkeit auf sich; so wie sie auch im Hause eine große Gewalt ausübte. 〈...〉 Das musikalische Talent war den Reichardtschen Töchtern mehr oder weniger angeboren; auch gute Stimmen besaßen sie alle: Louise war die einzige, die dieses Talent des Gesanges wie der Composition ernsthaft ausbildete. Die von ihr componirten Lieder hatten etwas durchaus Eigenthümliches und waren keineswegs als Nachklänge der väterlichen zu betrachten, und daß sie vorzüglich Lieder der jüngeren Dichter, wie der Vater die 1057
Korrespondenten
Goethe’schen, componirte, war natürlich. So wählte sie die von Tieck, Arnim und Brentano; Dichter, die mit der Familie vertraut waren. Viele ihrer Compositionen fanden durch ihre eigenthümliche Tiefe einen allgemeinen Eingang, und sind populärer geworden als die Reichardtschen; wahre Volksgesänge, so daß man sie wohl, ihrer großen Zartheit ungeachtet, auf den Straßen von Dienst- und Bauermädchen singen hörte 〈...〉. Vgl.: Brandt 1865; Müller 1874 (erstes Zitat); Reich 1980; Reich 1981; Moering 1990; Steffens 1995–1996, Bd. III, Teil 6, S. 88–100 (zweites Zitat S. 88–90); Moering 2006. Nr. AI.64, AI.65, AI.71. Reichardt, Sophie 1795 Berlin – 1838 Berlin. Tochter Johann Friedrich Reichardts aus dessen zweiter Ehe mit Johanna Alberti. 1826 verh. mit Ernst Wilhelm Jacob Radecke, Superintendent in Wernigerode. Nr. AI.52. Reimer, Georg Andreas 1776 Greifswald – 1842 Berlin. Sohn des Schiffers, Brauers und Kaufmanns Carl Christoph Reimer und von dessen Frau Eva Christine, geb. Wien. 1790 Buchhändlerlehre in der Greifswalder Filiale des Berliner Buchhändlers Gottlob August Lange. Nach dessen Tod 1795 Geschäftsführer des Berliner Stammhauses. 1800 Heirat mit der Magdeburgerin Wilhelmine Reinhardt und Übernahme der Berliner Realschulbuchhandlung durch Pacht. In den folgenden Jahren Erweiterung des Unternehmens durch Ankauf anderer Verlagshandlungen und Teile fremder Verlage. »Die geschäftliche Grundlage des Unternehmens bildet der Absatz von Schulbüchern. Doch erweiterte R. das Programm um zeitgenössische und ältere deutschsprachige Literatur sowie um Titel aus den Bereichen Theologie, Philosophie, Klassische Altertumswissenschaft und weitere geisteswissenschaftliche Disziplinen. Daneben nahm er auch naturwissenschaftliche und mathematische Titel auf. Mit seiner vorausschauenden Vorgehensweise, dazu auch aufgrund eines erheblichen verlegerischen und kaufmännischen Geschicks gelang es R., innerhalb kurzer Zeit zu einem der bedeutendsten Verleger Deutschlands zu werden«. Seit 1817 firmiert die Buchhandlung als Reimersche Buchhandlung. Bei dem Verleger erscheinen Werke Schleiermachers, der Brüder Schlegel, Fichtes, Tiecks, Novalis’, Kleists, Arnims, Jean Pauls, der Brüder Grimm u.a. In der Vorbereitungszeit der Befreiungskriege propreußisch-antinapoleonisch engagiert, Teilnahme an den Befreiungskriegen 1813/14. In der Restaurationsepoche demagogischer Umtriebe verdächtigt. 1825 und 1828 zum Stadtverord-
1058
Korrespondenten
neten, 1831 und 1837 zum Stadtrat von Berlin gewählt. Sammelt seit 1814 etwa zweitausend Gemälde, darunter Niederländer und Caspar David Friedrich. Nachfolger des Verlags wird der Verlag Walter de Gruyter & Co. Vgl.: Roller 1924; Fouquet-Plümacher/Wolter 1980; Weiss 1994; Reimer 1999; Wolfes 2000 (Zitat). Nr. 463. Ritterschaftliche Hypothekenkasse der Kurmark in Berlin Nr. AII.16.A, AII.17, AII.18.K. Savigny, Friedrich Carl von 1779 Frankfurt/M. – 1861 Berlin. Sohn von Christian Carl Ludwig von Savigny, Geheimer Rat und Diplomat im Dienst verschiedener Höfe, und Philippine Henriette, geb. Groos. Überlebt als einziger von dreizehn Geschwistern die frühverstorbenen (1791 und 1792) Eltern. Erziehung des verwaisten Knaben bei dem Assessor am Wetzlarer Reichskammergericht Constantin von Neurath; mit dessen gleichnamigem Sohn Unterricht durch Hauslehrer. 1795–1799 mit Neurath stud. iur. in Marburg, unterbrochen vom Wintersemester 1796–1797 in Göttingen. In Marburg Bekanntschaft mit dem Romanisten Philipp Friedrich Weis, dessen Vorlesungen ihn beeindrucken, dem Philologen Friedrich Creuzer und dessen Vetter, dem Theologen Leonhard Creuzer. 1799–1800 Studienreise bis Prag mit längerem Aufenthalt in Leipzig, Bekanntschaft mit Brentano und Kommilitonen von ihm. 1800 in Marburg Promotion zum Dr. iur. mit einem strafrechtlichen Thema (De concursu delictorum formali), anschließend Vorlesungen als Privatdozent. 1803 aufgrund der Veröffentlichung der Abhandlung Das Recht des Besitzes zum außerordentlichen Professor in der Marburger Juristenfakultät ernannt. Freundschaften mit den Brüdern Grimm, die zu seinen Marburger Schülern gehören, der Günderrode und Bettina. 1804 Heirat mit Kunigunde Brentano. 1804–1805 Studienreise nach Paris. Nach der Rückkehr im Herbst 1805 auf seinem Gut Trages anläßlich der Taufe der Tochter Bettina Bekanntschaft mit Arnim. Im Herbst 1808 Berufung an die Universität Landshut. 1810 erster Professor für Römisches Recht an der neugegründeten Universität Berlin. 1814 erscheint die Programmschrift der Historischen Rechtsschule Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, seit 1815 die Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter. 1817 Mitglied des preußischen Staatsrates. 1842–1848 preußischer Justizminister. Friedrich Creuzer an Adolf Heinrich Friedrich Schlichtegroll, 27. April 1800:
Alles was Wissenschaft heist, hat das höchste Interesse für ihn. Keiner der Haupttheile derselben ist ihm aber auch fremd u es ist ihm nichts lieber als wenn ihm seine Freunde aus den verschiedenen Fächern, die 1059
Korrespondenten
sie beschäftigen referiren. In jedem nimmt er sodann den höchsten Standpunkt u sein Urtheil trift sicher zum Ziel. 〈...〉 Aber was vorzüglich ihn achtungs- u liebenswürdig macht ist, die hohe Bedeutung die er den Wissenschaften wie er sie behandelt, giebt – immer ist B i l d u n g d e s g a n z e n M e n s c h e n i m h ö c h s t e n S i n n dabei sein Augenmerk. Und diese Einheit des Wirkens die sich in seinem intellektuellen Streben zeigt, zeigt sich auch ganz in seinem Leben. – Nach einem langen genauen Umgang wüßte ich doch auch noch nicht das geringste was ich an ihm tadeln könnte. Vgl.: Stoll 1927; Dahlmann 1972; Kuczynski 1977; Klenner 1977; Härtl 1979 (Zitat S. 106 [zum Adressaten vgl. Schnack 1984, S. 18]); Härtl 1982; Rückert 1984; Schnack 1984; Kiefner 1997, S. 137*–144*; Savigny 1999; Günther 2000; Fischer 2001. Nr. 401, *412, 426, 433, 441, 450, 471, 471.E. Schlegel, Carl Wilhelm F r i e d r i c h 1772 Hannover – 1829 Dresden. Sohn des Generalsuperintendenten Johann Adolf Schlegel. 1790 Jurastudium in Göttingen. 1791–1794 Studium der Philosophie und Philologie in Leipzig; Freundschaft mit Novalis, Bekanntschaft mit Schiller und Caroline Böhmer. 1794–1796 literarische Studien in Dresden. Sommer 1796 bis Sommer 1797 bei seinem Bruder August Wilhelm in Jena (erster Jenaer Aufenthalt); Mitarbeit an Reichardts Zeitschrift Deutschland und Bruch mit Schiller wegen Rezensionen der von diesem herausgegebenen Musenalmanache und der Zeitschrift Die Horen. Sommer 1797 bis Herbst 1799 in Berlin. Im Sommer 1797 Bekanntschaft mit Dorothea Veit, zu der sich ein Liebesverhältnis entwickelt, und Rahel Levin sowie mit Schleiermacher, dem er sich befreundet. September 1799 bis Ende 1801 mit Dorothea Veit in Jena (zweiter Jenaer Aufenthalt), wo sich auch der Bruder August Wilhelm, dessen Frau Caroline, Ludwig Tieck u.a. aufhalten. 1798–1800 mit dem Bruder gemeinsame Herausgabe der Zeitschrift Athenaeum. Im Mai 1799 erscheint der Roman Lucinde. Zahlreiche Kontroversen mit den Gegnern der Jenaer Romantik. Im Frühjahr 1800 engere Beziehung zu Brentano, im Sommer zu Sophie Mereau und Bruch mit Brentano. Seit Frühjahr 1802 in Dresden, seit Herbst 1802 in Paris, dort 1803 Herausgabe der Zeitschrift
Europa
und Bekanntschaft mit Ar-
nim. 1804 Übersiedlung nach Köln und Heirat mit der zum Protestantismus übergetretenen Dorothea Veit. 1804–1805 Herausgabe der von seiner Frau bearbeiteten mittelalterlichen Geschichten vom
und Maller.
Zauberer Merlin
und
Lother
1808 in Köln mit seiner Frau Konversion zum Katholizismus, da-
nach Übersiedlung nach Wien. Dort Vorlesungen über Literatur und Geschichte.
1060
Korrespondenten
Seit 1809 als Hofsekretär in österreichischen Diensten. 1815–1819 als österreichischer Legationsrat am Bundestag in Frankfurt. Danach wieder in Wien. Vgl.: Schlegel/KA; Körner 1926; Körner 1935; Körner 1936–1958; Lohner 1972. Nr. *399, 399.E, 416, 428.E. Schlitz, Hans von 1763 Berlin – 1831 Burg Schlitz (bei Teterow [Mecklenburg-Schwerin]). Sohn des preußischen Kammerherrn Johann (Hans) Labes und von dessen Frau Caroline; Onkel der Brüder Arnim. 1786 erhält seine Mutter für sich und ihn die preußische Anerkennung des Adels- und Freiherrenstandes. 1788 königlichpreußischer Legationsrat. Seit 1791 Bewirtschaftung der Lehngüter Karstorf, Hohen Demzin, Phürckow u.a. in Mecklenburg-Schwerin. Nach der Adoption durch seinen (künftigen) Schwiegervater Johann E u s t a c h Graf von Schlitz gen. von Görtz am 24. Dezember 1793 als Graf von Schlitz in den preußischen Grafenstand erhoben. Am 12. März 1794 Heirat in Regensburg mit Louise von Schlitz gen. von Görtz. 1801 Geburt der Tochter Adele. 1798 Stifter der Mecklenburgischen Landwirthschafts-Gesellschaft (seit 1817 Mecklenburgischer Patriotischer Verein); 19 Jahre deren Hauptdirektor. Ehrenmitglied und Korrespondent der Mecklenburgischen naturforschenden Gesellschaft, des Board of Agriculture und des Preußischen Gartenvereins. Umgestaltung seiner mecklenburgischen Güter, Bau von Burg Schlitz (Namensgebung 1817). Beziehungen zum mecklenburg-strelitz’schen Hof in Neustrelitz, mecklenburgstrelitz’scher Gesandter in Paris. Vgl.: Karsten 1823; Schlitz 1833; Schlitz 1898; Böhmer 1930; Hueck 1967, S. 373f.; Weiss 1980, S. 97, 100–102; Härtl 1982 (Register); Burkhardt 1983, S. 63–78. Nr. *417, 417.E, 418, 419.E, *460, 501.E, 508.E, AI.62. Schlitz, L o u i s e Caroline von 1773 Weimar – 1843 Burg Schlitz(?). Tante der Brüder Arnim. Zweite Tochter von Johann E u s t a c h Graf von Schlitz gen. von Görtz, preußischem Gesandten am Regensburger Reichstag, und seiner Frau Caroline, geb. von Üchtritz. 1794 verh. mit Hans von Schlitz. Vgl.: Schlitz, Hans von. Nr. 370, 464, 474.E, 507, 507.E. Schmucker, Johann Heinrich 1753–1822. Kriegs- und Domänenrat in Berlin, Syndikus der Kur- und Neumärkischen Hauptritterschaftsdirektion, beim Kammergericht zur Prozeßpraxis eingesetzt.
1061
Korrespondenten
Vgl.: AK Berlin 1804, S. 148, 174, 204, 243; Härtl 1982, S. 386, 431. Nr. AII.16.A. Schultz, Christoph Ludwig Friedrich 1781 Marienwerder (Westpreußen) – 1834 Bonn. Sohn des Kriegs- und Domänenrates, seit 1793 Berliner Finanzrates Johann Friedrich Schultz und von dessen Frau Maria Florentine, geb. Schlemmer. 1795–1799 Mitschüler Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1799 Jurastudium in Halle, nebenher intensive Beschäftigung mit Musik. Danach Referendar in Heiligenstadt (Eichsfeld), 1801 Referendar bei der kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer in Berlin, Mitglied der Singakademie. 1802 Expedient in Hildesheim, wo er seine spätere Frau Johanna Püttmann kennenlernt. 1803 Expedient in Heiligenstadt, 1804 Assessor in Ansbach, 1805 Direktor der Porzellanfabrik Bruckberg. Im Juli 1806 Ernennung zum Kriegs- und Domänenrat in Berlin, im August 1806 in Hildesheim Heirat mit Johanna Püttmann, danach Rückkehr nach Berlin, wo er vier der verwaisten Püttmann-Schwestern in seinem Haus aufnimmt. 1809 Staatsrat. Realisiert seit 1819 als außerordentlicher Regierungsbevollmächtigter der Berliner Universität die Karlsbader Beschlüsse, verfolgt die »demagogischen Umtriebe«. 1823 entlassen, seit 1831 in Bonn. Befreundet mit Goethe, mit dem er seit 1814 korrespondiert und den er seit 1816 mehrmals besucht. Vgl.: Düntzer 1853; Berbig 1998. Nr. *414, AI.67. Schultz, Johanna ( J e a n n e t t e ) Maria Marcelline, geb. Püttmann 1787 Hildesheim – nach 1845 Bonn(?). Im August 1806 verh. mit Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Vgl: Püttmann; Schultz, Christoph Friedrich Ludwig. Nr. AI.67. Schwinck Mitglied der Familie des Königsberger Kommerzienrats und Großkaufmanns George Gotthilf Schwinck. Vgl.: WAA XXXIII (Schwinck). Nr. *510. Seckendorf, Franz Karl L e o p o l d ( L e o ) von 1775 Herzogenaurach (bei Erlangen) – 1809 (6. Mai) bei Ebelsberg an der Traun gefallen. Sohn des Präsidenten des Wetzlarer Reichskammergerichts Franz Paul Christoph Albrecht von Seckendorf. Seit 1792 Jurastudium in Tübingen (Bekanntschaft mit Hölderlin), seit 1794 in Jena (Bekanntschaft mit Sinclair) und Göttingen. 1797 Italienreise. Seit 1798 sachsen-weimarischer Regierungsassessor
1062
Korrespondenten
und Hofjunker in Weimar, wo er im Herderschen Haus verkehrt und sich mit Friedrich Majer befreundet. Seit 1801 württembergischer Legationsrat in Regensburg. Seit 1803 Regierungsrat und Kammerherr in Stuttgart. 1805 in einen Hochverratsprozeß um den Hölderlinfreund Isaak von Sinclair verwickelt, verhaftet (Gefangenschaft auf der Solitude und dem Hohenasperg) und im Oktober begnadigt. Danach bei seinen Eltern in Regensburg. Seit Ende 1807 in Wien, 1809 Eintritt in die österreichische Landwehr. Gibt die Regensburger Musenalmanache auf die Jahre 1807 und 1808 (mit Gedichten Hölderlins, Kerners, Uhlands und Volksliedern) und mit Joseph Ludwig Stoll die Wiener Zeitschrift Prometheus (1808, darin Goethes Pandora) heraus. Friedrich Creuzer an Caroline von Günderrode, vmtl. letztes Drittel November 1805: Von seinen Sachen habe ich noch nichts gelesen, aber aus seinen
Gesprächen zu schließen, scheint er mir ein Mann von Talent und vielen schönen Kenntnissen. Und sein männlicher Wuchs ist sehr schön (weniger sein Gesicht), seine Art sich zu kleiden, zu bewegen gefällig und sehr anziehend. Vgl.: Scheidel 1885; Preisendanz 1912, S. 187 (Zitat); Obser 1914; Hauser 1929; Kirchner 1969; Rölleke 1973/74, S. 149–151; Rölleke in FBA IX/3, S. 765f. Nr. 446, 470, 470.E, 482, *496, 496.E, 516. Steffens, Henrik (Henrich, Heinrich) 1773 Stavanger (Norwegen) – 1845 Berlin. Aus einer deutsch-dänischen Familie. 1796 Studium der Naturwissenschaften und Philosophie an der Universität Kiel. 1798–1799 in Jena, wo er sich mit Schelling befreundet, Anhänger und Repräsentant der frühromantischen Naturphilosophie wird. 1799–1802 Studium der Geologie in Freiberg (Sachsen), beeinflußt von dem Geologen Abraham Gottlob Werner. 1801 erscheinen seine Beyträge zur innern Naturgeschichte der Erde. 1802–1804 philosophische Vorlesungen in Kopenhagen, mit denen er zum Wegbereiter der dänischen Romantik wird und Religion, Philosophie und Poesie zu verbinden sucht. 1803 Heirat mit Johanna Reichardt, einer Tochter des Musikers. 1804–1806 Professor für Naturphilosophie, Physiologie und Mineralogie in Halle; Freundschaften mit dem Mediziner Reil, dem Theologen Schleiermacher und dem Altphilologen Friedrich August Wolf, wohingegen ihn die Kantianer und der auf Empirie insistierende Physiker Ludwig Wilhelm Gilbert befehden. 1806 kommen
schaft
Grundzüge der philosophischen Naturwissen-
heraus. Nach Aufhebung der Universität Halle seit Herbst 1806 in Nord-
deutschland. 1808 Rückkehr an die nunmehr zum pronapoleonischen Königreich Westphalen gehörende hallesche Universität. 1809 erscheint mit der Schrift
Über die Idee der Universitäten
ein Beitrag zu deren Neugestaltung.
1063
Korrespondenten
1811–1832 Professor in Breslau. 1813–1814 in Blüchers Hauptquartier Teilnahme an den Befreiungskriegen. Abwendung von den frühromantischen Idealen hin zu einer religiöskonservativen Grundhaltung, von der späte Romane und Novellen zeugen. Seit 1832 Professur in Berlin. 1839 erscheint Steffens’ Christliche Religionsphilosophie, 1840–1844 kommen die zehnbändigen Erinnerungen Was ich erlebte heraus. Vgl.: Hultberg 1973; Abelein 1977; Feigs 1980; Dietrich von Engelhardt, Einleitung in: Steffens 1995–1996 (Bd. I, S. 9*–79*); Lorenz/Henningsen 1999; Engelhardt 2005. Nr. 411, 413, AI.56. Varnhagen von Ense, Karl August 1785 Düsseldorf – 1858 Berlin. Sohn des Düsseldorfer Arztes Johann Andreas Jakob Varnhagen und seiner Frau Anna Maria, geb. Kuntz. 1790 Umzug nach Straßburg, in die Heimatstadt seiner Mutter. 1794–1800 in Hamburg, Ausbildung durch den Vater und Vorbereitung auf den Arztberuf. 1800–1803 Medizinstudium an der Pe´pinie`re in Berlin; im Sommer 1803 Erzieher bei dem Fabrikanten Erzechiel Benjamin Cohen, Verkehr mit Chamisso u.a., Herausgabe eines Musenalmanachs. 1804–1805 Erzieher bei dem Hamburger Bankier Jakob Moses Hertz. Von April bis Oktober 1806 Medizinstudium in Halle. 1807 wieder in Berlin, Beginn der Freundschaft mit Rahel Levin. 1808–1809 Fortsetzung des Medizinstudiums in Tübingen. Kämpft 1809 auf Österreichs Seite gegen Napoleon, Teilnahme an der Schlacht bei Wagram. Anschließend in Wien, Preßburg und Paris. 1813 als Adjutant des Generals Tettenborn Teilnahme am Befreiungskrieg. 1814 Heirat mit Rahel Levin. 1814–1819 preußischer Diplomat (1815 beim Wiener Kongreß, 1816–1819 Ministerresident in Karlsruhe). Danach als Geheimer Legationsrat in Berlin, wo er mit seiner Frau einen berühmten Salon führt und ein genauer Beobachter und Chronist der preußischen Verhältnisse ist. Zahlreiche poetische, historische und zeitgeschichtliche Veröffentlichungen, aus denen seine Denkwürdigkeiten des eignen Lebens (1837–1859) und die postum erschienenen Tagebücher herausragen. Vgl.: Stern 1911; Varnhagen 1987–1994; Fuld 1991; Feilchenfeldt 2001; Rosenstrauch 2003. Nr. AI.53, AI.63. Wedekind, Franciscus I g n a t i u s (Franz Ignaz) 1769 Heidelberg – 1837 Mannheim. Sohn des Heidelberger Jura-Professors Georg Joseph Wedekind. 1785–1792 Jura-Studium in Heidelberg, Mainz und Göttingen. Dort 1792 zum Dr. iur promoviert. Im selben Jahr als Nachfolger seines 1789 gestorbenen Vaters (»Erbprofessorentum«) Professor für Natur- und Völ-
1064
Korrespondenten
kerrecht in Heidelberg. Vertritt in Vorlesungen und Veröffentlichungen der neunziger Jahre Positionen des jüngeren Naturrechts und erregt wegen seiner politischen Grundsätze Anstoß bei Professorenkollegen und der pfälzischen Regierung. Um 1805/06 nicht näher bekannte, mit dem Theater in Verbindung stehende Funktion in Mannheim. Um 1808 Zensor in Heidelberg. Seit 1811 Oberhofgerichtsrat in Mannheim, 1836 Kanzler am Hofgericht Mannheim. Verheiratet mit Agnes, geb. Reuther (Reutter). Vgl.: Schneider 1913, S. 115–119, 170–179, 228–231; Schneider 1923, S.36, 46f., 49, 52f., 72; Drüll 1986, S. 289 (danach die Vornamen); Schweigard 2003; Stadtarchiv Mannheim (frdl. Auskunft). Nr. *408. Wilke, Andreas Christian Friedrich Gest. 1808 Berlin. Geheimer Oberrevisions- und Kammergerichtsrat in Berlin, Mitglied der Kur- und Neumärkischen Hauptritterschafts-Direktion und des Kurmärkischen Pupillenkollegiums. (Ehemaliger) Vormund der Brüder Arnim. Vgl.: AK Berlin 1804, S. 140, 196, 232. Nr. 486.E. Wintzingerode, Heinrich Levin Karl Friedrich Reichsgraf von 1778 Kassel – 1856 Burg Bodenstein (Eichsfeld). Sohn des Reichsgrafen Georg Ernst Levin von Wintzingerode, Oberhofmeister in Kassel. Nach kurzem militärischen Dienst seit 1793 Studium in Göttingen. 1802 Attache´ bei der württembergischen Reichstagsgesandtschaft in Regensburg; reist mit Arnim im Sommer 1802 von Stuttgart nach Zürich. Seit 1803 Regierungsrat in Ellwangen. 1807–1808 Kreishauptmann des Württemberg neu angegliederten Oehringer Kreises. Als württembergischer Gesandter 1808–1809 in Karlsruhe, 1809–1810 in München, seit 1810 in Paris, 1814 in St. Petersburg, 1816 in Wien. 1819 Staatsminister des Äußeren. Gerät 1823 mit dem württembergischen König Wilhelm I. in Konflikt und zieht sich auf seinen Familiensitz Burg Bodenstein oberhalb des Dorfes Wintzingerode zurück, wo er sich der Musik und politischer Publizistik widmet. In erster Ehe verheiratet mit Lady Diane Jane King, Tochter des Earl of Kingston, in zweiter mit Aeone Freiin vom Hagen. Vgl.: Wintzingerode 1866; WAA XXXI, Nr. 247,7–8 und Erl. Nr. *409. ? *373, *374, *390, AII.25.A.
1065
Personenregister Zur Entlastung der Einzelstellen-Erläuterungen ist das Personenregister von Band XXXII kommentiert. Ein kommentiertes Gesamtregister mit weiteren Verzeichnissen soll als Schlußband der Briefedition erscheinen. Soweit ermittelbar, werden immer die Lebensdaten angegeben. Wenn Personen ansonsten nicht weiter erläutert sind, war dies entweder nicht möglich oder erschien (bei allgemein bekannten) nicht nötig. Über die Briefpartner Arnims wird im Verzeichnis der Korrespondenten ausführlicher informiert. Verweise auf dieses Verzeichnis erfolgen mit vorangestelltem Asteriskus (*). Erfaßt sind die Namen von Personen in den Brieftexten und im Kommentarteil einschließlich indirekter Erwähnungen. Nicht registriert sind Namensnennungen in den jeweiligen Briefköpfen, Anreden und Unterschriften (vgl. die zu den Korrespondenten mitgeteilten Briefnummern) sowie die Namen einzelner Wiedertäufer in den auf sie bezüglichen Abschriften (Nr. AII.24.A und AII.25.A). Kaiser und Könige werden unter ihren Vornamen, Landesfürsten und nichtregierende Mitglieder von Dynastien unter den Länder- bzw. Familiennamen angeführt. Bei verschiedenen Nachnamen von Frauen ist derjenige entscheidend, unter dem sie bekannt sind oder der im registrierten Zeitraum üblich war. Andersschreibungen werden verwiesen. Konnte bei mehreren Vornamen der Rufname ermittelt werden, ist er gesperrt hervorgehoben. Recte gedruckte Seitenzahlen verweisen auf den Textteil, kursive auf den Kommentar, in Klammern stehende auf indirekte bzw. erschlossene Erwähnungen. Abele, Matthias (seit 1665 Abele von und zu Lilienberg; 1616/18–1677), österr. Jurist und Schriftsteller 643 Abraham a San(c)ta Clara (Johannes Ulrich Megerle; 1644–1709), Augustinerpater, volkstüml. Kanzelredner und satirischer Schriftsteller 625 Ackermann, Familie in Bingen, Vorbesitzer des Brentano-Hauses in Winkel 951 Ackermann, Jakob Fidelis (1765–1815), Anatom, Prof. der Medizin in Mainz,
1804 in Jena, seit Juli 1805 in Heidelberg 283, 631, 797, 908 Ackermann, Richard, Bruder des Vorigen, Besitzer des Gasthofes Zum Engel in Rüdesheim 184, 635, 797 Ackermann, Walpurgis (geb. 1786), Tochter des Vorigen 75, 635, 797 Adam, Stammvater des Menschengeschlechts (bibl.) 207, 211 Adelung, Johann Christoph (1732–1806), Lexikograph, Grammatiker, Sprach-und
1067
Personenregister Kulturhistoriker, 1759–1761 Prof. am ev. Gymnasium in Erfurt, danach Privatgelehrter in Leipzig, 1787 Hofrat und Oberbibliothekar in Dresden 18, 34, 108, 549, 585, 663f., 676, 683 Adolph II. — Nassau Aelst, Paul von der (Paulus van der Aelst; um 1600), 1602 Hg. einer Liedersammlung, Verfasser von Die vier Heymonskinder 871 Aesop (Aisopos; um 550 v. Chr.) 832, 935 Alberti, Karl (1763–1829), preuß. Staatsbeamter, 1806 Geh. Kriegs- und Oberfinanzrat beim Zolldepartement, Geh. Staatrat und Direktor der Generalsalzdirektion in Berlin 41, 622 Alberti, Wilhelmine (Mine), geb. Hensler (geb. 1777), Tochter von Johanna Reichardt aus erster Ehe, 1803 verh. mit dem Vorigen 11, 41, 67, 622 Aldegreef — Aldegrever Aldegrever, Heinrich (1502–etwa 1552), westfäl. Kupferstecher, Goldschmied und Maler 207, 826 Alexander I. (1777–1825), seit 1801 Zar 95, 138, 144, (167), (451), 656, 732, 775, 804, 978 Alexander der Große (356–323 v. Chr.) 20, 148, 186, 264, 373, 800, 832, 883 Amenophis III. (1403–1354 v. Chr.), Pharao der 18. Dynastie, reg. 1391–1354 v. Chr. 1027 Amor (griech. Eros), röm. Gott der Liebe 70, 138, 144, 276, 279, 435, 528, 626, 909f. Angelo — Michelangelo Anhalt-Bernburg, Alexander Karl von (1805–1863), seit 1834 letzter reg. Herzog von A.-B. 771 Anhalt-Dessau, Leopold III. Friedrich Franz Fürst von (1740–1817), reg. seit 1758, Begründer des Dessau-Wörlitzer Kulturkreises 701, 900, 1055 Anthoni, Johann Jacob (1675–1740), Goldschmiedemeister in Augsburg, fertigte
1713–1717 die Herkules-Figur im Park von Kassel-Wilhelmshöhe 963 Antonius von Padua (Fernandez Martin de Bulhorn; um 1193–1231), Franziskaner aus Coimbra, ital. Bußprediger, 1232 heiliggesprochen 625, 678 Apollon (röm. Apollo), griech. Gott der Weissagung, des Gesangs, der Dichtkunst, Sonnengott 71, 260, 381, 541, 630, 881 Appelrose, vmtl. Apfelverkäuferin oder Marktfrau in Halle 128, 719 Arachne, kunstfertige Weberin der griech. Myth. 400f., 1026 Archimedes von Syrakus (um 287–212 v. Chr.), griech. Mathematiker 221, 442, 846 Ares, griech. Kriegsgott 749f. Aretin, Johann Christoph von (1773– 1824), Jurist und Bibliothekar an der Hofbibliothek in München, 1803 mit der Durchsuchung der bayer. Klosterbibliotheken beauftragt, 1806 Oberbibliothekar, 1811 in Neuburg, 1819 Präsident des Appellationsgerichts in Amberg 39, 110, 148, 595, 686, 745f., 891 Argos, Sohn des Zeus und der Niobe (griech. Myth.) 541 Ariminesi, Rocco degli (15./16. Jh.), ital. Schriftsteller 1024 Ariost (Ludovico Ariosto; 1474–1533) 989 Aristophanes (um 445–um 385 v. Chr.) 208, 832 Aristoteles (384–322 v. Chr.) 525 Arletius, Johann Kaspar (1707–1784), Gymnasialrektor und Bibliothekar in Breslau 182, 795 Arminius (Hermann der Cherusker; um 17 v. Chr.–um 21 n. Chr.), germanischer Fürst 707, 750 Arndt, Ernst Moritz (1769–1860), Schriftsteller 276, 279, 435, 900 Arnhold, Carl Ludwig (geb. 1807), unehelicher Sohn Carl Otto von Arnims 1039
1068
Personenregister Arnim, Adolfine Albertine von, geb. von Warburg, verw. von Aschersleben (1764– 1826), 1799 verh. mit Otto Erdmann Christof Albrecht von A. 958 Arnim, Amalie Caroline Friederike Johanna Dorothea von, geb. von Labes (1761– 1781), Mutter Arnims, 1777 verh. mit Joachim Erdmann von A. 712, 1052 *Arnim, Carl Otto von 66, 89, 95, 267, 276, 331f., 460, 463, 606, 619f., 656, 763, 986f., 1019, 1039f., 1052 Arnim, Friederike von, Tochter von Otto Erdmann Christof Albrecht von A. 332, 958 Arnim, Joachim Erdmann von (1741– 1804), Vater Arnims, Sohn von Otto von A. auf Gerswalde; 1763 preuß. Kammerherr, 1773 Gesandter in Kopenhagen, 1775 in Dresden, 1776–1778 Intendant der ital. Hofoper und des frz. Theaters in Berlin, danach meist auf seinem uckermärk. Gut Friedenfelde, 1797 Domherr von Brandenburg, 1800 Komtur von Werben 65, 387, 619f., 711, 889, 935, 990, 1019f., 1052 Arnim, Otto Erdmann Christof Albrecht von (1748–1821), Onkel Arnims, auf dem uckermärk. Gut Petznick 332, 957 Arnim-Boitzenburg, Friedrich Abraham Wilhelm Graf von (1767–1812), preuß. Diplomat, 1789–1791 Gesandter in Kopenhagen, 1792–1795 in Dresden, Schwager und Freund des Freiherrn vom Stein 267, 888 Arnkiel, Trogillus (1639–1712), Theologe und Altertumsforscher, Propst und Hauptpastor in Apenrade 557 Arnold, Gottfried (1666–1714), Theologe und Kirchenhistoriker, 1697 Prof. der Geschichte in Gießen, 1702 Hofprediger in Allstedt, zuletzt Superintendent in Perleberg 18, 550 Arnoldus Lubecensis (Arnold von Lübeck; 1177–1212), erster Abt des Johannesklosters in Lübeck 557 Artus (5. Jh.), sagenhafter brit. König 526
Aschersleben, Carl Friedrich von, preuß. Rittmeister, 1758 verh. mit Caroline von Labes, im selben Jahr gesch. 1052 Athene (Pallas Athene), griech. Göttin der Weisheit (400f.), 939f., 1025 Attila (Etzel; um 434–453), König der Hunnen 20, 668, 833, 891, 1024 Aue, Johann August (1767–1804), Buchhändler in Köthen 831 Augereau, Pierre Franc¸ois Charles, Herzog von Castiglione (1757–1817), frz. General, 1796 Befehlshaber der Italienarmee, 1797 Kommandeur der Rhein-MoselArmee, Oberbefehlshaber in Holland, 1804 Marschall von Frankreich, 1809 in Spanien, 1812 in Rußland, 1813 Generalgouverneur in Frankfurt/O., Gouverneur des Großherzogtums Würzburg, 1814 Mitglied des Kriegsrates 690 Autenrieth, Johann Heinrich Ferdinand (1772–1835), Arzt, seit 1797 Prof. der Medizin in Tübingen, 1805 Eröffnung einer Klinik (später Universitätsklinik), 1822–1835 Universitätskanzler ebd. 342, 970 Baader, Benedikt F r a n z Xaver von (1765– 1841), philos.-theol. Schriftsteller, 1799 Bergrat, 1801 Oberbergrat, 1807 Oberstbergrat in München, 1826 Honorarprof. für Philosophie ebd. 1005 Bacchus (griech. Dionysos), röm. Gott der Fruchtbarkeit und des Weines 417 Bach, Carl Philipp Emmanuel (1714–1788), zweiter Sohn des Folgenden, Komponist 1056 Bach, Johann Sebastian (1685–1750) 1057 Ba(c)kofen, Kandidat, 1804 Bücher-Kommissionär in Berlin 20f., 41, 554, 598 Baden, Friederike A m a l i e von (1754– 1832), Tochter des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt, 1774 verh. mit Erbprinz Carl Ludwig von B. (1755– 1801) 910 Baden, Hermann I. von (um 1040–1074), Sohn von Berthold I. von Zähringen,
1069
Personenregister Markgraf von Verona, Ahnherr der Markgrafen von Baden 909f. Baden, Johann II. von (1430–1503), seit 1456 Erzbischof und Kurfürst von Trier (865) Baden, Karl I. Markgraf von (1427–1475), reg. seit 1445 (865) Baden, Karl Friedrich von (1728–1811), 1738 Markgraf (bis 1746 unter Vormundschaft), 1803 Kurfürst, 1806 Großherzog (206), (255), 825, 910, 930f. Baden, K a r l Ludwig Friedrich von (1786– 1818), Enkel des Vorigen, 1811 Großherzog, 1806 verh. mit S t e´ p h a n i e Louise Adrienne Beauharnais 22, 29, (206), (284), 560, 825, 838, 875, 909f., 931f. Baggesen, Jens Immanuel (1764–1826), Theologe und Schriftsteller, 1796 Probst, 1798 Theaterdirektor in Kopenhagen, 1797–1811 in Paris, 1811–1813 Prof. für dän. Sprache und Literatur in Kiel, danach in Kopenhagen und Bern 189, 191, 807f., 1035 Baldinger, Ernst Gottfried (1738–1804), 1768 Prof. der Medizin und Botanik in Jena, 1772 Prof. der Medizin in Göttingen, 1782 in Kassel Leibarzt des Landgrafen, 1785 Prof. der Medizin in Marburg 114, 170, 207, 617, 704f., 759, 763, 778, 797, 819, 826f., 862f., 872, 915 Balhorn, Johann (1530–1603), Lübecker Buchdrucker, dessen Verschlimmbesserungen sprichwörtlich wurden 154, 755f. Ballhorn — Balhorn Balma — Palma Baltzer — Mecklenburg, Balthasar Prinz von Balzac d’Entrague, Catharine H e n r i e t t e Marquise de Verneuil (1579–1633), Mätresse von Heinrich IV. 735 Bambozzo — Laar, Peter von Bang, Johann Heinrich Christian (1774– 1851), Theologe, 1803–1839 Pfarrer in Goßfelden (bei Marburg), danach Ober-
pfarrer und Leiter eines Erziehungsinstituts in Haina 9, 14, 175, 283, 528f., 542, 643, 786, 908 Bangert, Heinrich (Henricus Bangertus; 1610–1665), Theologe und Historiker, 1643 Lehrer am Gymnasium in Lübeck 557 Barbieri, Giovanni Francesco (gen. Il Guernico; 1591–1666), ital. Maler 583 Bartholdy, Jakob Ludwig Salomon (1779– 1825), preuß. Diplomat, Sohn des Berliner Bankiers Jehuda Levin Salomon, Jurastudium in Halle und Erlangen, 1804 Konversion zum Protestantismus, 1813 in der Kanzlei des preuß. Staatskanzlers von Hardenberg, 1815 preuß. Generalkonsul in Rom 10, 12, (15), 20, 33, 174, 531, 534, 537, 543f., 553, 582 Bartsch, Johann Christian (1749–1810), seit 1775 Pfarrer in Woltersdorf (südlich von Zernikow) 331 Baservich — Boscovich Basile, Giambattista (ca. 1575–1632), ital. Schriftsteller 689 Bassenheim — Waldbott-Bassenheim, Friedrich Karl Rudolf Graf von Bathseba, Mutter des Königs Salomo (bibl.) 207, 820 Batt, Anton Georg (1775–1839), Privatgelehrter in Weinheim, Mithg. einer MalerMüller-Ausgabe 966f. Baumgartner, Ulrich (um 1580–1652), Augsburger Kunstschreiner 143, 738 Bayern, A u g u s t e Amalie Ludovika von (1788–1851), Tochter des Kurfürsten Maximilian Josef von Bayern, 1806 verh. mit Euge`ne de Beauharnais 22, 560 Bayern, Ludwig von (1786–1868), Kronprinz, 1825–1848 als Ludwig I. König von Bayern 731 Beauharnais, Euge`ne de (1781–1824), Adoptivsohn Napoleons, 1805 Vizekönig von Italien, 1813 Oberbefehlshaber der frz. Armee in Deutschland 560 Beauharnais, S t e´ p h a n i e Louise Adrienne (1789–1860), Adoptivtochter Napole-
1070
Personenregister ons, 1806 verh. mit K a r l Ludwig Friedrich von Baden (206), 284, 560, 825, 909f., 931f. Beauregard Pandin — Jariges Beckedorff, Georg Philipp L u d o l f von (1778–1858), Pädagoge und Schriftsteller, Theologie- und Medizinstudium in Göttingen und Jena, 1806 am Hof von Mecklenburg-Strelitz, 1810 Erzieher des Kurprinzen von Hessen, 1811–1818 des Erbprinzen von Anhalt-Bernburg, 1819– 1827 im preuß. Kultusministerium, 1840 Präsident des preuß. Landesökonomiekollegiums 163, 358, 771f. Beckendorf — Beckedorff Becker, Johann H e i n r i c h Christian Ludwig (1764–1822), Schauspieler und Regisseur, bis 1809 in Weimar, danach in Breslau, 1820 wieder in Weimar 286, 914 *Becker, Rudolf Zacharias 100f., 111, 561, 671–673, 687, 823, 948f., 960f., 983, 1040f. Becker, Sophie Karoline, geb. Döbling (1765–1828), 1787 verh. mit dem Vorigen 1040 Beham, Barthel (1502–1540), Maler und Kupferstecher in Nürnberg, bis 1525 in der Werkstatt Dürers, 1527 Hofmaler von Herzog Wilhelm IV. in München 207, 826 Beham, Hans Sebald (1500–1550), Bruder des Vorigen, Maler und Kupferstecher in Nürnberg, bis 1525 in der Werkstatt Dürers, danach zeitweise in München, 1532 in Frankfurt 207, 826 Beireis, Gottfried Christoph (1730–1809), Arzt und Polyhistor, Studium in Helmstedt, seit 1759 Prof. der Physik und Chemie, 1762 auch der Medizin ebd. 185, 290f., 296f., 300, 318–320, 437f., 799, 918f., 928, 948 Bellermann, Johann Joachim (1754–1842), 1784 Prof. am Ratsgymnasium und an der Universität Erfurt, 1803 Direktor des
Gymnasiums Zum Grauen Kloster in Berlin 583 Bellona, röm. Kriegsgöttin 552 Belsazar (um 550 v. Chr.), babylon. König 802 Bendavid, Lazarus (1762–1832), Schriftsteller, Besuch der Talmudschule in Berlin, 1791–1797 in Wien, danach in Berlin, 1802 Redakteur der Spenerschen Zeitung, 1806–1826 Direktor der jüdischen Freischule in Berlin 539 Benghem auf Eichwaldshausen, Baron von, 1805 in Frankfurt 631 Benkowitz, Karl Friedrich (1764–1807), Schriftsteller, nach dem Theologiestudium Hauslehrer in Barkow (bei Stargard), 1796 in Breslau, 1804 Kammersekretär in Glogau 830f. Benningsen, Levin August Theophil von (1745–1827), General, seit 1773 im russ. Militärdienst, im Oktober 1806 Befehlshaber eines russ. Hilfskorps, seit Januar 1807 Oberbefehlshaber der russ. Armee 362, 417f., 423, 995, 999 Bereg — Berg-Schönfeld Berg-Schönfeld, Karl Ludwig von (1754– 1847), preuß. Kammerherr 273 Bergen — Blech Bernadotte, Jean-Baptiste (1763–1844), frz. General, 1799 Kommandant der Rheinarmee, 1800 der Westarmee, 1804 Marschall, siegte 1805 in der Schlacht von Austerlitz, 1806 bei Jena, 1810 von Karl XIII. von Schweden adoptiert, 1818 als Karl XIV. Johann König von Schweden 365 Bernhardi, August Ferdinand (1769–1820), Pädagoge und Schriftsteller, 1791 Lehrer am Friedrich-Werderschen Gymnasium in Berlin, 1808 dessen Direktor, 1811 Privatdozent an der Universität, 1816 Konsistorialrat (13), 539f., 598 Bernhardi, Felix Theodor (1803–1887), Sohn des Vorigen, Kriegstheoretiker, Diplomat und Schriftsteller 540 Bernhardi, Ludwig (geb./gest. 1802), Bruder des Vorigen 540
1071
Personenregister Bernhardi, Sophie, geb. Tieck (1775– 1833), Schriftstellerin, Schwester der Brüder Tieck, 1799 verh. mit A. F. Bernhardi, 1807 gesch., Freundin A. W. Schlegels, danach mit dem estländ. Baron K. G. von Knorring liiert, 1805 in Rom, 1805–1808 in Wien und München, 1810 Heirat, 1812 in Estland 13, (41), 152, 539f., 594, 598, 753 Bernhardi, Wilhelm (1800–1878), Sohn der Vorigen, Schriftsteller, Mitarbeiter der
Allgemeinen Deutschen Biographie 540 Bernstorff, Andreas Peter Graf von (1735– 1797), nach Studium in Leipzig und Göttingen seit 1759 im dän. Staatsdienst, 1773–1780 und 1784–1797 Außenminister 965 Bertrand, um 1800 Zimmermann in Worms 834 Bertuch, F r i e d r i c h Johann J u s t i n (1747– 1822), Verleger, Schriftsteller und Unternehmer in Weimar, 1775–1796 Geh. Sekretär und Schatullverwalter des Herzogs Carl August, 1784 Mitbegründer der Allgemeinen Literatur-Zeitung, 1791 Gründung des IndustrieComptoirs (seit 1802 Landes-IndustrieComptoir) 877, 908 Besse´, Philipp, Kaufmann in Heidelberg 71, 83, 93, 156, 552 Bethmann, Simon Moritz (von) (1768– 1826), Bankier, seit 1790 Leiter des Frankfurter Handels- und Bankhauses Gebr. Bethmann, 1802 zum russ. Konsul in Frankfurt ernannt, 1808 Erhebung in den österr. Adelsstand, 1810 Ernennung zum russ. Staatsrat 284, 340f., 630, 967, 1009 Bet(t)ine — Brentano, Bettina Betz — Paetz Betz, Otto (1917–2005), Theologe und Schriftsteller, 1973–1983 Prof. in Tübingen 462 Bias von Prie¨ne (um 590– um 530 v. Chr.), griech. Philosoph 991
Birken, Siegmund von (1626–1681), Schriftsteller und Liederdichter, 1546– 1548 in Wolfenbüttel, Niedersachsen und Holstein, danach in Nürnberg, 1655 zum Pfalzgrafen ernannt 555 Birkner, August Leberecht Traugott, 1806– 1812 Pächter des Ländchens Bärwalde 538, 886 Blanchard, Jean Pierre Franc¸ois (1753– 1809), frz. Ballonfahrer, 1784 erste Ballonfahrt in Paris, danach an verschiedenen Orten, 1793–1797 in Amerika, danach wieder in Frankreich 628 Blattner, Georg Philipp, um 1800 Baumeister in Worms 834 Blech, Abraham Friedrich (Ps. Adolph Bergen; 1762–1830), Theologe und Schriftsteller, Studium in Königsberg, Prediger an der Marienkirche in Danzig und Gymnasialprofessor ebd. 139, 734f. Blesdijk, Nikolaas Meiyndertz van (um 1520–1584), Theologe, Wiedertäufer, 1547–1560 in Basel, 1560 reform. Prediger in der Pfalz 18, 549 Bloemaert, Abraham (1564–1651), niederl. Maler und Kupferstecher 827 Blücher, Gebhard Leberecht (seit 1814 Fürst von Wahlstatt; 1742–1819), preuß. Generalfeldmarschall, 1801 Generalleutnant, 1803 Militärgouverneur von Münster, 1806 Befehlshaber bei der Schlacht von Jena und Auerstedt, 1807– 1812 Kommandeur in Pommern, 1813 Feldmarschall, 1815 Oberbefehlshaber der preuß. Armee 344, 347, 349, 419, 973, 976, 1064 Blumbach — Blumenbach Blumenbach, Charlotte Friederike A d e l h e i d (Adele) (1787–1837), Tochter von Johann Friedrich B. 314f., 327, 329, 430, 938, 941, 944, 953 *Blumenbach, E m m a Maria Hedwig 17, 314f., 327, 329, 430, 464, 546, 938, 941, 944, 953, 1014, 1041 Blumenbach, Johann Friedrich (1752– 1840), Physiologe und vergleichender
1072
Personenregister Anatom, seit 1778 Prof. der Medizin in Göttingen 294, 311, 314, 318, 327, 329, 430, 922f., 934, 936, 944, 947, 1041 Blumenbach, Louise Amalie, geb. Brandes (1752–1837), Tochter des hannov. Hofrats Georg Friedrich Brandes, 1779 verh. mit dem Vorigen 327, 329, 430, 944 Boccaccio, Giovanni (1313–1375) 21, 253, 399, 548, 556, 627, 717f., 782, 811, 873, 1024, 1046 Bockelson, Johann (1509–1536), Schneider, als Johann von Leiden selbsternannter König der Wiedertäufer von Münster, 1536 hingerichtet 12, 15, 263, 265, 402–414, 538, 548, 818f.. 841, 882f., 887, 1027, 1029 Bode, Johann Elert (1747–1826), Astronom, 1786–1825 Direktor der Berliner Sternwarte, Mitglied der Akademie der Wissenschaften 721 Bode, Theodor Heinrich A u g u s t (1778– 1804), Schriftsteller in Weimar, 1804 Dr. phil. in Jena 23, 563 Bodin, Jean (1529–1596), frz. Schriftsteller, 1560 Jurist in Paris 873 Bodmer, Johann Jacob (1698–1783), schweiz. Schriftsteller, Historiker und Übersetzer, 1725 Prof. für helvetische Geschichte am Carolinum in Zürich, 1734 Mitbegründer der Verlagsbuchhandlung Orell & Compagnie 797 Böhmer, Caroline — Schelling, Caroline Börner, Georg Theophilus (Gottlieb; 1734– 1804), Jurist, Studium in Leipzig, 1760 Beisitzer im kurfürstl. sächs. Konsistorium, Schöffe und Ratsherr ebd., 1776 Hofrat 20, 554 Böttiger, Carl August (1760–1835), Altphilologe, Polyhistor und Schriftsteller, Schulrektor in Guben und Bautzen, 1791 Direktor des Weimarer Gymnasiums, 1804 Direktor des Pageninstituts in Dresden 173, 782, 941 Boheim — Beham Boie, Heinrich Christian (1744–1806), Schriftsteller, 1770–1775 Hg. des Göt-
tinger Musen-Almanachs, 1776– 1791 Mithg. des Deutschen Museums, 1781 Landvogt von Süddithmarschen 604f., 1047 Boissere´e, Johann S u l p i z Melchior Dominikus (1783–1854), Kunstsammler in Köln, erwarb seit 1804 mit seinem Bruder Melchior B. Kunstwerke aus dem Mittelalter und der Renaissance 766 Boissere´e, M e l c h i o r Hermann Joseph Georg (1786–1851), Bruder des Vorigen, Kunstsammler in Köln 766 Bokatius; Bokkatz — Boccaccio, Giovanni Boltz (Bolz), Valentin (gest. 1560), ev. Pfarrer, Schriftsteller, 1534 in Württemberg, seit 1542 in der Schweiz 873 Bonaparte — Napoleon I. Bonaparte, Je´roˆme (1784–1860), Bruder Napoleons, Leutnant der Marine, 1806 Kommandeur der bayer.-württemb. Rheinbundtruppen, 1807–1813 König von Westphalen 552f. Bonaparte, Joseph (Giuseppe; 1768– 1744), Bruder Napoleons, Jurastudium in Pisa, Rechtsanwalt und Richter in Rom, 1806–1808 König von Neapel 552f. Bonaparte, Louis (1778–1846), Bruder und Adjutant Napoleons, 1804 Divisionsgeneral, 1806–1810 Regent des Königreichs Holland (298f.), 552f., 927 Bora, Katharina von (1499–1552), bis 1523 Nonne im Kloster Nimbschen (bei Grimma), 1525 verh. mit Martin Luther 892 Boscovich, Roger Joseph (Ruger Josip; 1711–1787), Mathematiker und Physiker, Jesuit aus Ragusa, zuletzt in Mailand 181, 795 *Bose, Frau 162f., (213), (267), 767, 771, 888, 1041 Bose, verh. von Jasmund — *Jasmund, Frau von *Bose, Luise 162, (213), (267), 767, 771, 888, 1041 Bostel, Hans Christian von (1779–1839), Jurist, seit 1801 am Reichskammerge-
1073
Personenregister richt in Wetzlar, 1806 Fürstlich Salmscher Hof- und Regierungsrat in Bocholt (bei Wesel); Jugendfreund Brentanos 92, 128, 133, 184, 192, 196, 216, 653, 797, 809, 813, 841 Bote (Bothe, Botho), Conrad (Cord; gest. nach 1501), Chronist und Goldschmied, Verf. der 1492 erschienenen Sachsenchronik 556 Bothe, Friedrich Heinrich (1770/71–1855), Philologe und Schriftsteller, Studium in Halle, danach Privatgelehrter in Heidelberg, Mannheim, Konstanz und Leipzig (124), 709f., 815 Boudan, Alexandre (gest. 1671), frz. Kupferstecher, Drucker und Verleger 827 Boudous — Boudan Bourbon-Conti, Louis Franc¸ois I. de (1717– 1776), Cousin Ludwigs XV., General und Chefdiplomat des frz. Geheimdienstes, verh. mit Louise Diana de Bourbon-Orle´ans 537 Bourbon-Conti, Louis Franc¸ois II. Joseph de (1734–1814), Sohn des Vorigen und von Louise Diana de Bourbon-Orle´ans 537 Bourbon-Conti, Ste´phanie-Louise de (1756– 1825), natürl., legitimierte Tochter von Louis Franc¸ois I. de Bourbon-Conti und der Herzogin de Mazarin 537 Bouterwek , F r i e d r i c h Ludewig (1766– 1828), Philosoph, Literaturhistoriker und Schriftsteller, 1789 Privatdozent, 1797 Prof. der Beredsamkeit in Göttingen, 1802 Prof. der Philosophie ebd. 17, 207, 546, 825f. Braga (Bragi), germ. Gott der Dichtkunst, Sohn von Odin und Frigga 585 Bran, Friedrich Alexander (1767–1831), Publizist, zunächst in Hamburg, 1811 Flucht nach Prag, 1815 in Jena 698 Brandenburg, Friedrich Wilhelm I. Kurfürst von, gen. der Große Kurfürst (1620– 1688), reg. seit 1640 124, 711 Brandenburg, Otto von (Otto V. der Faule; um 1342–1379), 1347–1351 Herzog von Oberbayern, 1365–1373 Markgraf von Brandenburg 28, 571
Brandenburg-Bayreuth, Wilhelmine Friederike Sophie Markgräfin von (1709– 1758), Tochter von Friedrich Wilhelm I. von Preußen, 1731 verh. mit Friedrich von B.-B. (130), 720 Brandes, Georg Friedrich (1709–1791), Jurist, 1746 Sekretär bei der kurfürstl. Kanzlei in Hannover, seit 1770 Kurator der Universität Göttingen 944 Brant, Sebastian (1457–1521), Jurist und Schriftsteller, Syndikus und Stadtschreiber in Straßburg 873 Braunschweig-Lüneburg, Carl Wilhelm Ferdinand Herzog zu (1735–1806), Neffe Friedrichs II. von Preußen, 1773 Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, 1787 preuß. Feldmarschall, 1806 Oberbefehlshaber der preuß. Armee 333f., 355, 919, 959, 988, 990 Braunschweig-Lüneburg-Oels, Friedrich Wilhelm Prinz von (1771–1815), Sohn des Vorigen, seit 1789 im preuß. Militärdienst, 1806 Generalmajor, 1809 Befehlshaber des herzogl. braunschweig. Korps (Schwarze Schar) 990 Braunschweig-Lüneburg-Oels, Marie Elisabeth Wilhelmine, Prinzessin von (1782– 1808), geb. Prinzessin von Baden, 1802 verh. mit dem Vorigen (289), 917 Braunschweig-Wolfenbüttel, Anton Ulrich Herzog von (1633–1714), 1685 Mitregent, 1705 reg. Herzog (299), 300, 927f. Breitkopf, Christoph Gottlob (1750–1800), Verleger in Leipzig (Breitkopf & Härtel) 202, 286, 816, 913 Brentano, A n t o n Maria (1763–1833), Stiefbruder von Bettina und Clemens B., lebte im Frankfurter Brentanohaus 70, 117, 261, 628, 697, 819, 881 Brentano, A u g u s t e Magdalene Margarete, geb. Bußmann (1791–1832), Tochter des Bankiers Johann Jakob Bußmann und von Marie Elisabeth, geb. Bethmann, der Schwester von Simon Moritz Bethmann, 1807 verh. mit Clemens B.,
1074
Personenregister 1812 gesch., 1817 verh. mit dem Bankier August Ehrmann (528) *Brentano, Bettina 9, 23, 26, 51, 68–71, 73f., 77, 80, 82, 86f., 91f., 98, 118f., 128f., 132f., 151, 165, 171, 174f., 191, 194, 208, 213, 216, 284f., 303, 341, 346f., 457, 462, 466, 468, 523f., 527–529, 547, 551, 568, 586, 609, 611, 624–626, 628f., 632f., 638f., 641, 653, 661, 665f., 684, 689f., 695, 697f., 703, 705, 719, 724, 726, 739, 751, 764–766, 769, 773, 776, 778–780, 783f., 796f., 801f., 806, 810–813, 816–819, 828, 837, 841, 844f., 850, 879–883, 890, 904, 912, 917, 919f., 928, 930–933, 938, 949f., 962f., 975f., 985f., 990, 993f., 1011, 1022, 1027–1029, 1033, 1042–1044, 1047f., 1052, 1059 *Brentano, Christian 9, 14, 80–82, 85–87, 91f., 119, 128f., (156), 205, 218, 220, 255, 259, 261, 283, 303, 424, 441, 528f., 542, 562, 613f., 616–618, 641–643, 645f., 648, 653, 698, 719, 761, 876f., 881, 908, 1004, 1042– 1044 *Brentano, Clemens 3–7, 43, 50, 53, 55, 60, 64, 68, 70f., 80, 114, 120, 149, 158, 169f., 172, 183, 195f., 215, 218, 259, 262, 271, 286f., 298, 307, 309, 311, 320, 325, 335f., 364, 448, 459–463, 466, 468, 523–539, 542f., 546f., 551–554, 557–563, 565, 568, 570, 572, 576, 580, 586–596, 598f., 601–604, 606–612, 616, 618, 623–640, 642–646, 648–653, 655, 657, 660–662, 666–668, 670–672, 676–678, 681, 683–689, 691, 694f., 698–708, 717– 719, 721–723, 729, 735f., 739, 741– 753, 755, 759, 763f., 766, 769–771, 773, 775f., 778–784, 786–788, 790– 792, 796, 798f., 803, 808, 810, 813, 815, 818, 820, 822–826, 828f., 833, 835–837, 840f., 846, 860, 862–880, 882, 884–886, 888–890, 894f., 897f., 900, 904, 907, 911f., 915, 917f., 921–925, 927, 930–932, 935, 937–942,
945, 952, 955, 958, 962, 964–971, 975, 980, 982, 987f., 995, 998, 1007, 1010, 1022f., 1025, 1033, 1035, 1038, 1042, 1044–1047, 1051, 1057–1060 Brentano, D o m i n i k u s Martin Franz Carl (1769–1825), Stiefbruder von Bettina und Clemens B., Jurist, 1787–1789 Studium in Mainz und Marburg, 1793 in Göttingen, 1794 zum Dr. iur. promoviert, daher Der Doktor genannt, 1795 Praktikant am Reichskammergericht in Wetzlar 70, 92, 112, 629, 653, 690 Brentano, Emilie — Genger, Emilie Brentano, F r a n z Dominicus Maria Josef (1765–1844), Stiefbruder von Bettina und Clemens B., seit 1792 Leiter des Handelshauses Zum Goldenen Kopf, führte nach dem Tod des Vaters (1797) mit seinem Halbbruder Georg die Handelsfirma, kurtrier. Geh. Rat und bei der Freien Reichsstadt Frankfurt akkreditierter Resident, 1816 im Frankfurter Senat, 1827 Schöffe (88), 95, 261f., 285, 325, 341, 629, 648, 837, 876f., 881, 904, 912, 951, 967 Brentano, Franz (1838–1917), Sohn von Christian B., Philosoph 1044 Brentano, F r a n z i s k a Elisabeth (1806– 1837), Tochter von Antonia und Franz B. 881 Brentano, G e o r g ( G e o r g e ) Michael Anton Joseph (1775–1851), Bruder von Bettina und Clemens B., 1791 an der Universität Marburg imm., seit 1797 Mitinhaber des Brentanoschen Handelshauses (88), 177, 341, 625, 648, 790, 881, 951, 967 Brentano, J o a c h i m A r i e l Tyll (11. Mai – 19./20. Juni 1804), Sohn von Clemens und Sophie B. (315), 552, 837, 1025, 1044 Brentano, J o a c h i m e Elisabetha Claudia Carolina Johanna (13. Mai – 17. Juni 1805), Tochter von Clemens und Sophie B. (8), (35–37), (51), (315), 527, 552, 588, 607, 609, 612, 708, 837, 1045
1075
Personenregister Brentano, Johanna A n t o n i a ( To n i ) Josefa, geb. Edle von Birkenstock (1780– 1869), Tochter des österr. Diplomaten und Kunstsammlers Johann Melchior Edler von B., 1798 verh. mit Franz B. 71, 261, 629, 881, 890, 951 Brentano, Kunigunde — Savigny, K u n i g u n d e ( G u n d a ) Maria Ludovica Catherina Brentano, Lujo (Ludwig Joseph; 1844– 1931), Sohn von Christian B., Nationalökonom 1044 Brentano, Lulu — Jordis, Lulu Brentano, Marie, geb. Schröder (1781– 1815), Tochter eines Amtmanns in Bergen (später Bergen-Enkheim) bei Frankfurt, 1803 verh. mit Georg Brentano 69f., 261, 324, 625, 629, 881, 890, 951, 967 Brentano, M a x i m i l i a n e Euphrosyne, geb. La Roche (1756–1793), Mutter von Bettina und Clemens B., Tochter von Georg Michael Anton und Sophie von La Roche, 1772 in Ehrenbreitstein Bekanntschaft mit Goethe, der sich in sie verliebte, 1774 verh. mit Peter Anton B., 1775 Geburt des ersten Kindes (Georg), dem elf weitere folgten 262, (867), 882, 1042 Brentano, Magdalena ( M e l i n e ) Maria Carolina Franciska (1788–1861), Schwester von Bettina und Clemens B., 1810 verh. mit dem Frankfurter Senator Georg Friedrich von Guaita 92, 98, 151, 172, 182, 533, 650, 653, 661, 689, 726, 751, 779, 796, 818, 931, 962, 967, 1042 Brentano, Paula Maria Josefa Wa l p u r g a , geb. Brentano-Gnosso (1744–1770), aus Frankfurt, 1763 verh. mit dem folgenden 629 Brentano, Peter Anton (1735–1797), Vater von Bettina und Clemens B., seit 1753 in der Frankfurter Firma seines Vater, 1771 selbständiger Großkaufmann, seit 1778 im Goldenen Kopf in der Großen Sandgasse, 1763 verh. mit Paula Maria
Walpurga Brentano-Gnosso, 1774 verh. mit Maximiliane Euphrosyne von La Roche, 1795 verh. mit Friederike Anna Ernestine von Rottenhof 629, 1042 Brentano, S o f i e Antonie Marie (1806– 1856), Tochter von Georg und Marie B., 1831 verh. mit Carl Franz von Alessina gen. von Schweitzer (324), (328), 881, 951 *Brentano, Sophie 8–10, 14f., 19, 23, 35f., 38–40, 42, 44, 49, 51, 68, 74–77, 83, 88f., (91), 101, (104), 107–109, 120f., 123, 126–128, 150, 152, 154, 156, 162f., 166, 177, 179, 194, 208, 212–214, 217, 247, 249, 255, 274, 284f., 303, 315, 343, 459, 462, 467, 523–528, 530f., 536f., 542, 551f., 558, 560, 569f., 587f., 596, 601f., 607f., 609, 612, 625–627, 629–631, 635, 637, 639, 648, 651, 671, 677, 688f., 695f., 703, 712–714, 717–719, 739, 750f., 757, 769, 771, 773, 775, 788, 792, 811f., 820, 867, 875f., 880f., 889, 894, 897f., 909, 937, 942, 950f., 962, 964, 968, 980, 988, 1022, 1025, 1038, 1041, 1044–1047, 1060 Brouwer, Adriaen (1605/06–1638), fläm. Maler 838 Brower — Brouwer Brown, John (1735–1788), schott. Arzt, Begründer der Erregungstheorie 616f. Bruns, Paul Jakob (1743–1814), Theologe und Orientalist, Prof. der Literaturgeschichte in Helmstedt, 1787 auch Bibliothekar, 1796 Prof. der morgenländ. Sprachen, 1810 der Theologie in Halle 10, 292, 533, 919 Bruyn, Bartholomäus d. Ä. (vmtl. 1493– 1555), Maler, vor allem Porträtist, aus Wesel, 1512 in Köln 207, 827 Bückler, Johann Wilhelm (1777–1803), gen. Schinderhannes, Räuberhauptmann, in Mainz hingerichtet 241 Bürger, Gottfried August (1747–1794), Schriftsteller, 1772 Amtmann in Altengleichen, 1784 Privatdozent, 1789 Prof.
1076
Personenregister der Ästhetik in Göttingen 84, 956, 1047 Bürger, Marianne Friederike (1778–1862), Tochter des Vorigen 944 Büsching, Johann Georg Gustav Gottlieb (1783–1829), Historiker und Archivar, 1806 Referendar, 1811 Gründer des schles. Provinzialarchivs, 1816 Dozent, 1817 Prof. in Breslau 706f., 759f. Burgkmair, Hans d. Ä. (1473–1531), Maler in Augsburg 555 Burgsdorf — Burgsdorff Burgsdorff, Friedrich W i l h e l m Theodor Joachim von (1772–1822), 1795/96 Kammerreferendar in Berlin, bis 1802 Besitzer von Gut Ziebingen (poln. Cybinka) in der preuß. Neumark, Schulfreund und Gönner Ludwig Tiecks 14, 120, 155, 559, 701f., 759 Buri — Bury Bury, Friedrich (1763–1823), Maler, 1783– 1799 in Italien, danach in Dresden, Berlin und Kassel 138, 144, 269 Busmecher — Bussemacher Bussemacher, Johann, 1580–1613 Kupferstecher, Drucker und Verleger in Köln 827 Buterwek — Bouterwek Buysen, Andries van, 1707–1745 Kupferstecher in Amsterdam 827 Byron (Lord Byron), George Gordon (1788– 1824), engl. Dichter 977 Caeser, Gaius Julius (100–44 v. Chr.) 553, 890 Camerer — Cammerer Cammerer, Johann Dietrich Michael, Antiquar und Universitätsbuchhändler in Erlangen 100 Campe, Charlotte — Vieweg, Charlotte Campe, Joachim Heinrich (1746–1818), Pädagoge, Schriftsteller, Lexikograph und Verleger, 1773 Prediger in Potsdam, 1776 Kurator und Direktor des Dessauer Philanthropins, 1786 Schulrat in Braunschweig, 1787 Inhaber der Braunschwei-
gischen Schulbuchhandlung 108, 292, 683, 919 Campe, Maria Dorothea, geb. Hiller (1743– 1827), 1773 verh. mit dem Vorigen 919 Canzler, Karl Christian (1735–1786), Bibliothekar, 1760 in Warschau, 1763 in Dresden 47, 605 Carl — Karl Cars, Jean Franc¸ois (1670–1763) oder dessen Sohn Laurent (1699–1771), frz. Kupferstecher 827 Cassini, Louise (1782–1815), Sängerin in Berlin, 1805 verh. mit dem Schauspieler Johann Reinhold von Lenz (gen. Kühne), danach in Berlin, Braunschweig, Lübeck, Hamburg und Breslau 28 Catel, Franz Ludwig (1778–1856), Bildhauer, Landschaftsmaler und Stecher, 1806 Mitglied der Berliner Akademie der Künste, 1807 in Paris, seit 1811 vor allem in Rom 137f., 144 , 732 Catel, Ludwig (Louis) Friedrich (1776– 1819), Bruder des Vorigen, Architekt und Maler, 1801 Gründung einer Stuckfabrik in Berlin 137f., 144, 728, 732 Cato, Marcus Porcius d. Ä. (234–149 v. Chr.), röm. Feldherr, Historiker, Schriftsteller und Staatsmann 935 Chamisso, Adelbert von (Louis Charles Ade´laı¨de de Chamissot; 1781–1838), Schriftsteller und Naturforscher, flüchtete 1790 vor der Revolution von Boncourt (Champagne) zunächst nach Lüttich, 1796 nach Berlin, 1798–1806 preuß. Offizier 277, 523, 554, 698f., 733f., 900f., 1005, 1064 Cherubini, L u i g i Carlo Zenobio Salvatore Maria (1760–1842), ital. Komponist 904, 914 Chevillet, Justus (1729–1800), Kupferstecher in Berlin und Paris 827 Che´zy, Wilhelmine ( H e l m i n a ) Christiane von, geb. von Klencke (1783–1856), Schriftstellerin, 1799 verh. mit Gustav von Hastfer, 1801 gesch., danach in Pa-
1077
Personenregister ris, 1805 verh. mit dem frz. Orientalisten Antoine-Le´onhard de Che´zy, 1810 gesch. und Rückkehr nach Deutschland 766 C(h)ristian — Brentano, Christian Cicero, Marcus Tullius (106–43 v. Chr.) 800, 991 Claude — Lorrain, Claude Claudia Felix — Österreich-Tirol, Claudia Felizitas von Claudine; Clausner — Piautaz, Claudine Claudius, Matthias (1740–1815), Schriftsteller, 1776 in Darmstadt, danach in Wandsbeck, 1771–1775 Hg. des Wandsbecker Boten 525, 603, 1056 Claus Narr (um 1586–nach 1530), Hofnarr am sächs. Hof in Torgau 982 Claus, Pensionärin aus Aachen im Heidelberger Mädchenpensionat von Caroline Rudolphi 71, 630 Clausewitz, C a r l Philipp Gottlieb von (1780–1831), preuß. General und Militärtheoretiker, 1804 Adjutant des Prinzen August von Preußen, 1806 Stabskapitän, 1806/07 in frz. Gefangenschaft, 1810 Major, 1812–1814 in russ. Diensten 1041 Clausewitz, Marie Sophie von, geb. von Brühl (1779–1836), Hofdame der Königinmutter Friederike Luise von Preußen, 1810 verh. mit dem Vorigen, danach Oberhofmeisterin von Prinzessin Maria Anna Amalie von Preußen (Prinzessin Wilhelm) 1041 Clemens — *Brentano, Clemens Clödgen — Piautaz, Claudine Cochin, Charles Nicolas (1688–1754), frz. Kupferstecher 827 Cohen, Ezechiel Benjamin (um 1768– 1844), Kaufmann aus Holland, seit etwa 1786 in Berlin, Einheirat in die Garnmanufaktur und Maschinenfabrik der Witwe Bernhard, nach Bankrott Flucht nach Holland 1064 Coll, Ludwig Hermann (1776–1811), Jurist, 1797 Studium in Jena, 1798 in Göttin-
gen, danach wieder in Jena, 1810 Privatdozent ebd., 1811 Prof. in Göttingen 120, 249f., 867 Collaert, Adrian (um 1520–um 1590) oder dessen Sohn Johann (1545–nach 1622), Zeichner und Kupferstecher in Antwerpen 827 Colloredo-Mannsfeld, Auguste von, geb. Freiin Groschlag von Dieburg, 1801 verh. mit dem Folgenden, Ehe 1809 für nichtig erklärt 164f., 772 Colloredo-Mannsfeld, Ferdinand Graf von (1777–1848), Jurastudium in Göttingen und Würzburg, 1801–1803 kurböhm. Gesandter am Reichstag zu Regensburg, danach österr. Gesandter in Neapel, 1809 Major eines Landwehrbataillons, seit 1815 Privatier in Österreich 772 Colluert — Collaert Colmar, Joseph Ludwig (1760–1818), Studium der Philosophie und Theologie in Straßburg, 1783 Priesterweihe, 1802 Bischof von Mainz 834 Comus (griech. Komos), röm. Gott der Feste und Gelage 276, 279, 435, 900 Concini, Concino Marquis d’Ancre (um 1575–1617), ital. Abenteurer, Günstling von Maria de Medici, 1601 verh. mit deren Ziehschwester und Hofdame Leonora Dori Galigaı¨, Gegenspieler Heinrichs IV. 735 Conradi, Johann Wilhelm Heinrich (1780– 1861), Arzt, Studium in Marburg, 1804 Prof. der Medizin, 1812 Direktor der Kliniken ebd., 1814 Klinikdirektor in Heidelberg, 1823 Prof. und Klinikdirektor in Göttingen 616f., 705 Cook, James (1728–1779), engl. Weltumsegler 98, 663, 729 Copernikus — Kopernikus Corneille, Pierre (1606–1684), frz. Dramatiker 139, 145, 734 Corrodi, Johann Heinrich (1752–1793), schweiz. reform. Theologe, Polyhistor und Philosoph, seit 1786 Gymnasialprof.
1078
Personenregister für Naturrecht und Moral in Zürich 18, 550 Cosmely — Kosmeli Coster, Lourens Janszoon (um 1370–um 1440), Küster und Buchdrucker in Haarlem, galt in Holland als Erfinder der Buchdruckerkunst 124, 710 Cotta, Johann Friedrich (1817 von Cottendorf, 1822 Freiherr; 1764–1832), Verlagsbuchhändler, 1787–1810 in Tübingen, danach in Stuttgart, 1799 Beauftragter der Landstände in Paris, bis 1830 Mitglied der württ. Zweiten Kammer 83, 644 Cramer, Carl Friedrich (1752–1807), Schriftsteller, 1775 Prof. der Philosophie und Homiletik in Kiel, 1794 als Sympathisant der Franz. Revolution entlassen, 1795 Buchhändler in Paris 191f., 274, 802, 807f., 897 Crampagnia, 1806 in Triest 250, 869 Cranach, Lucas d. Ä. (1472–1553) 137, 144, 731 Creuzer, Christoph Andreas L e o n h a r d (1768–1844), Vetter von Friedrich C., 1794 Privatdozent der Philosophie in Marburg, 1801 Prediger an der luth. Pfarrkirche, 1803 Prof. der Philosophie, 1836 Oberkonsistorialrat ebd. 529, 931, 1059 Creuzer, Eleonore S o p h i e Marie (1758– 1831), Tochter eines Leipziger Buchhändlers, 1780 verh. mit dem Leipziger Prof. der Kameralistik Nathanael Gottfried Leske (1751–1786), 1799 verh. mit dem Folgenden 303 Creuzer, Georg F r i e d r i c h (1771–1858), Altphilologe, Vetter von Leonhard C., 1800 Prof. der griech. Sprache in Marburg, seit Frühjahr 1804 Prof. der Philosophie und der alten Sprachen in Heidelberg, um 1809 in Leyden, dann wieder in Heidelberg 9, 81, 86, 92, 108, 121, 303, 339, 529, 533, 559f., 569, 588, 617, 628, 642, 646, 650, 652f., 666f., 685, 717, 931, 941, 1042, 1059f., 1063
Crispin de Pas; Crispianus — Passe, Crispin van de Cybele — Kybele Dalberg, C a r l T h e o d o r Anton Maria Reichsfreiherr von (1744–1817), 1772 kurmainz. Statthalter in Erfurt, 1780 Rektor der Universität Würzburg, 1802 Kurfürst von Mainz, 1803 Erzbischof von Regensburg, 1806 Fürstprimas des Rheinbundes, 1810 Großherzog von Frankfurt 1043 Daniel, Prophet 261, 881 Danquard, Albert Ludwig, 1806 Direktor der Lateinschule in Mosbach (Baden), später Pfarrer 639 Dante Alighieri (1265–1321) 399, 871 Daphnis, Hirt auf Sizilien (myth.), Sohn des Hermes und einer Nymphe 390–398, 596, 602 Daub, Karl (1765–1836), Studium der Philosophie, Philologie und Theologie in Marburg, 1790 Privatdozent ebd., 1794 Prof. der Philosophie an der Hohen Landesschule in Hanau, 1796 Prof. der Theologie in Heidelberg 9, 86, 121, 339, 652f., 931 Daum, Gottfried Adolph (1679–1743), Vater von Caroline von Labes, Bankier und Fabrikant in Potsdam, gründete 1712 mit David Splitgerber das Bank- und Handelshaus Splitgerber & Daum 1052 Davout (Davoust), Louis Nicolas (1770– 1823), Herzog von Auerstedt, Fürst von Eggmühl, frz. Marschall, 1788 Leutnant, 1793 Brigadegeneral, 1800 Divisionsgeneral, 1815 Kriegsminister, 1819 Pair von Frankreich 365, 638 Davoux — Davout, Louis Nicolas Decius, Nikolaus (um 1480–1529), Reformator und Kirchenliederdichter, 1506 Benediktinermönch, danach Prediger in Braunschweig und Salzgitter, 1523/24 in Wittenberg, später Pfarrer in Sachsen und Ostpreußen 954
1079
Personenregister Dedekind, Friedrich (1525–1598), Theologe und Schriftsteller, 1549–1552 in Wittenberg, 1576 Bischof von Lübeck 873 Delbrück, Johann F r i e d r i c h Gottfried (1768–1830), Theologe und Pädagoge, 1792 Rektor am Pädagogikum des Klosters Unserer Lieben Frauen in Magdeburg, 1800–1809 Erzieher der Söhne des preuß. Königs, 1813 Feldprediger, 1814–1817 Prediger in Berlin, danach Pastor und Superintendent in Zeitz 580, 723, 1053 Della Maria, Pierre-Antoine-Dominique (1769–1800), frz. Komponist 857 Denon, Dominique Vivant (1747–1825), frz. Maler und Kunstwissenschaftler, 1802 Generaldirektor der Museen in Paris, verantwortlich für die Auswahl der okkupierten Kunstsammlungen für Paris 244, 859 Derschau, Hans Albrecht von (1755– 1824), preuß. Hauptmann, Kunstsammler in Nürnberg 671f. Diana (griech. Artemis), röm. Göttin der Frauen und der Fruchtbarkeit 152 Dido, sagenhafte phöniz. Prinzessin, Gründerin und Königin von Karthago 32, 35, 577 Diederich — Dietrich Dienemann, Johann F e r d i n a n d (1780– vor 1838), Studium der Philosophie und Rechtswissenschaft in Leipzig (1797) und Halle (1798–1800), danach Jurist in Penig, 1802 Verleger ebd., 1805 Dr. phil. in Jena, Herbst 1805 Eröffnung einer Verlagsbuchhandlung in St. Petersburg, 1807 ausgewiesen, Rückkehr nach Penig, danach in Holland, 1815 in Amsterdam, 1823 in Wien (111), 688, 1046 Dieterich, Emma (vmtl. gest. 1806), Tochter des Folgenden 17, 347, 976 Dieterich, H e i n r i c h Friedrich Wilhelm Ludewig (1761–1837), Sohn des Göttinger Universitätsbuchhändlers und Verlegers Johann Christian D., übernahm nach dessen Tod (1800) die Firma, Verleger
früher Werke Arnims und Brentanos, 1794 verh. mit Johanna D. 16f., 277, 281, 292, 315, 325, 343, 346, 546, 945, 1047 Dieterich, Herrmann (1797–1847), Sohn des Vorigen, führte den Verlag seines Vaters weiter 17 Dieterich, Hulda, Tochter von Heinrich und Johanna D. 17 Dieterich, Ida (1799–1858), Tochter von Heinrich und Johanna D. 17 *Dieterich, J o h a n n a ( J e a n n e t t e ) Christiane 16, 315, 347, 545f., 976, 1013, 1038, 1047 Dieterich, Thekla (1800–1873), Tochter der Vorigen, 1828 verh. mit Wilhelm Theodor Kraut, Prof. für Deutsches Privatrecht in Göttingen 17 Diether von Isenburg (1412–1482), 1459 Erzbischof von Mainz (865) Dietrich von Bern, mittelalterl. Sagengestalt 686, 833 Dietrich von Merseburg — Thietmar von Merseburg Dietrichstein, Sigmund von (1484–1533), Hofliterat Kaiser Maximilians I. 555 Diogenes von Sinope (um 412–um 323 v. Chr.), kynischer Philosoph 186, 800 Discher (Tischer), Mamsell bei Caroline von Labes, vielleicht verwandt mit dem Berliner Papierhändler und Siegellack-Fabrikanten Johann Ludwig Discher (66), 95, 331, 621 Diterich, Johann Samuel (1721–1797), Berliner Prediger und Hymnologe, 1751 Archidiakonus, 1754 Pastor an der Marienkirche, 1770 Oberkonsistorialrat 604 Docen, Bernhard Joseph (1782–1828), Bibliothekar und Germanist, Studium der Literatur und Archäologie in Göttingen, Jena, Nürnberg und München, 1804 an der Hofbibliothek in München, dort 1806 Skriptor, 1811 Kustos 39, 110, 148–150, 152, 162, 173, 187, 269, 588, 594f., 686, 739, 743–749, 770, 781, 786, 802, 815, 879, 952
1080
Personenregister Döbbelin, Caroline Maximiliane (1758– 1828), Tochter des Theaterdirektors und Schauspielers Carl Theophil D., seit 1762 Schauspielerin in Berlin, 1805 Augenerkrankung, 1815 Rückzug von der Bühne 139, (145) Dohm, Christian Konrad Wilhelm von (1751–1820), preuß. Diplomat und Schriftsteller, 1779 Geh. Archivar in Berlin, seit 1783 Geh. Kriegsrat im preuß. Außenministerium, Gesandter in Köln und Aachen, 1804 Präsident der Kriegsund Domänenkammer in Heiligenstadt, 1808 Gesandter in Dresden 604f. Doktor — Brentano, Dominikus Dorigny, Nicolas (1658–1746), frz. Kupferstecher 827 Dorlandus, Petrus (Pieter van Diest; 1454– 1507), Karthäusermönch, später Prior in Zeelhem bei Diest (Brabant), Verfasser theol. Schriften 873 Dorow, Carl Friedrich Ferdinand W i l h e l m (1790–1846), Historiker aus Königsberg, 1812 preuß. Attache´ in Paris, 1813 im Lützowschen Freikorps, danach im preuß. Staatsdienst, 1819 Gründer des Altertumsmuseums in Bonn, seit 1829 in Halle 533, 994, 996 Dorpius, Henricus (Heinrich Dorp; 16. Jh.), aus Münster (Westf.), 1536 Verfasser einer Geschichte der Wiedertäufer 548, 550, 942 Doryny — Dorigny, Nicolas Dozen, Dozeen — Docen, Bernhard Joseph Dresser, Matthäus (1536–1607), 1559 Magister an der phil. Fakultät in Erfurt, 1575 an der Fürstenschule in Meißen, 1581 Prof. für Geschichte in Leipzig 556 Drusus (Nero Claudius Drusus; 38–9 v. Chr.), röm. Feldherr 833 Dürer, Albrecht (1471–1528) 99, 102, 110, 207, 290, 444, 667, 671f., 685, 919, 1041 Dulner, Paul (um 1553–1606), Liederdichter in Nürnberg 711
Dupuis, Germain Balthasar, um 1800 Küfer in Worms, Vater der Folgenden 835 Dupuis, Helene (gest. vor 1806), verh. mit dem Musiker Henry Pfisterer 835 Duval, Alexandre (1767–1842), frz. Theaterdichter und Schaupieler in Paris 856f. Eccard, Johann (1553–1611), Komponist und Kapellmeister in Mühlhausen (Thür.), Weimar, München und Augsburg, 1579 in Königsberg, 1608 in Berlin 765 Eckardstein, Gottfried Bernhard von (1769– 1816), Inhaber einer Steingut- und Fayence-Fabrik in Berlin 137, 727, 731 Eckhart, der getreue (myth.) 672 Eginhard, Eginhart — Einhard Eichel, Emanuel (1717–1782), Kupferstecher in Augsburg 827 Eichendorff, Joseph Freiherr von (1788– 1857) 622, 899, 932 Eichet — Eichel Eick — Eyck Eichstädt, Heinrich Karl Abraham (1772– 1848), Philologe, 1795–1797 Prof. in Leipzig, danach in Jena, 1803 Prof. der Beredsamkeit und Dichtkunst, 1804 Oberbibliothekar und Redakteur der Je-
naischen Allgemeinen Literaturzeitung 679 Einhard (Eginhart; um 770–840), Geschichtsschreiber, Biograph Karls des Großen 124, 711 Einsiedel, Gottfried Emmanuel von (1690– 1745), preuß. Major, erwarb 1734 das Ländchen Bärwalde 620 Elwert, A n s e l m Carl (1761–1825), Jurastudium in Gießen, danach Amtsassessor in seinem Geburtsort Dornberg (bei Darmstadt), 1798 Amtmann, 1803 Regierungsrat, 1821 Landrat des Bezirks Dornberg 24, 201, 205f., 212, 251f., 268, 274f., 565, 745, 815f., 820, 822f., 836, 870, 890, 898, 1038 Elwert, E r n s t Georg Ludwig Wilhelm (1788–1863), Sohn des Vorigen, 1806
1081
Personenregister Jura-Studium in Heidelberg, 1810 Amtsassessor, 1821 Landratsassistent in Dornberg, 1824 Regierungsrat in Darmstadt 205, 820, 822 Emmerick, Anna Katharina (1774–1824), Augustinernonne aus Coesfeld, 1802 Eintritt in das Kloster Agnetenberg in Dülmen, nach Auflösung des Klosters 1811 Haushälterin bei Abbe´ Lambert in Dülmen, danach Krankheit und Stigmatisation, 2004 selig gesprochen 1044 Endymion, Schäfer der griech. Myth., Geliebter der Mondgöttin Selene 45, 603 Engel, Johann Jakob (1741–1802), Dramatiker und Popularphilosoph, 1776 Prof. am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1787 Leiter des Berliner Nationaltheaters 153, 754 Engelhard, Helene C a r o l i n e Philippine (1781–1855), Tochter von Philippine E., 1805/06 Gehilfin Sophie Brentanos in Heidelberg, Schriftstellerin in Blankenburg 70f., 154, 216f., 248f., 324, (348), 626f., 638–640, 740, 757, 843f., 862, 866, 888, 896, 951, 977, 1047 Engelhard, Johanna Mariana (Hannchen; geb. 1783), Tochter der Folgenden 348 *Engelhard, Magdalene P h i l i p p i n e 78, 283, 348–350, 420f., 626f., 630, 972f., 977, 1042, 1047f. Engelhard, Philipp (1753–1819), Jurist, Kriegssekretär in Kassel, 1780 verh. mit der Vorigen 249, 1047 Engelhard, Wilhelm Gotthelf (1785–1848), Sohn des Vorigen, Jurist, 1804 Studium in Marburg, danach Regierungs-Prokurator in Kassel, 1808 ebd. Advokat im Staatsrat von Westphalen, 1821 Obergerichtsanwalt, 1827 Ministerialrat 216f., 843 Eos (röm. Aurora), griech. Göttin der Morgenröte 1027 Erasmus von Rotterdam (1465 o. 1469– 1536) 939 Erdbeermädchen (geb. um 1788), aus Dexbach bei Biedenkopf (nahe Marburg),
von Christian Brentano zu erziehen versucht 9, (14), 119, 128, 527–529, 542, 698, 719 Erdmann, Caroline — Fries, Caroline Erdmann, Johann Heinrich (1741–1809), Obersteuereinnehmer und Rentamtmann in Allstedt 254, 874 Erdmann, W i l h e l m Christian Friedrich (von) (1776–1854), Sohn des Vorigen, 1798 Jurastudium in Jena, im Herbst 1802 bei Savigny in Marburg, 1803 Hofmeister in Livland, 1805 in St. Petersburg, 1810 Eintritt in die russ. Armee, später General 874 Eres, Eris, griech. Göttin der Zwietracht 749f. Erich — Mecklenburg, Erich Prinz von Erichson, Johann (1777–1856), Theologe, Philosoph und Schriftsteller, Studium in Jena und Greifswald, 1805–1814 in Wien, danach Adjunkt der phil. Fakultät in Greifswald, 1822 Prof. für Ästhetik ebd. 968f. Ersch, Johann Samuel (1766–1828), 1800 Universitätsbibliothekar in Jena, 1802 Prof. ebd., 1803 Prof. der Geographie und Statistik in Halle, 1808 Oberbibliothekar ebd. 659 Eschenburg, Johann Joachim (1743–1820), Literaturhistoriker, 1773 Prof. der schönen Literatur am Collegium Carolinum in Braunschweig 119, 176, 292, 700, 786f., 920 Etzel — Attila Euripides (um 480–406 v. Chr.) 924 Eva, erste, von Gott erschaffene Frau (bibl.) 207, 211 Eyck, Jan van (um 1390–1441), fläm. Maler 320 Falk, Johannes Daniel (1768–1826), Schriftsteller und Pädagoge, Studium in Halle, seit 1797 in Weimar, 1806 Hg. der Zeitschrift Elysium und Tartarus, 1807 sachsen-weimar. Legationsrat, 1813 in Weimar Einrichtung eines Hauses für hei-
1082
Personenregister matlos gewordene Kinder (Falksches Institut) 98, 147, 162, 179, 208, 268, 663f., 741–743, 770, 792, 830, 890f. Fanteat, Fantect — Fantetti Fantetti, Cesare, ital. Kupferstecher, in der 2. H. des 17. Jhs. in Rom 827 Farri, Domenico, 1555–1602 Drucker in Venedig 399, 1024 Ferdinand I. (1503–1564), jüngerer Bruder Karls V., 1531 röm.-dt. König, 1558 Kaiser 550 Fernow, Carl Ludwig (1763–1808), Schriftsteller, 1786 Apothekerlehre in Lübeck, 1788 Studium der Philosophie in Jena, 1794–1797 in Rom, 1802 Prof. der Ästhetik in Jena, 1804 Bibliothekar in Weimar 209, 832 Feßler, Ignaz Aurelius (1756–1839), Kapuzinermönch aus Ungarn, 1784 im Kloster Mödling bei Wien, danach Prof. für orient. Sprachen in Lemberg, 1791 Konversion zum Protestantismus, 1796 in Berlin, 1809 Prof. für orient. Sprachen und Philosophie in Petersburg, 1813 in Saratow, 1820–1833 Superintendent und Konsistorialpräsident ebd., danach in Petersburg 574 Feuerlein, Jacob Wilhelm (1689–1766), Theologe und Schriftsteller, 1715 Prof. für Logik und Metaphysik in Altdorf, 1736 Prof. der Theologie und Generalsuperintendent in Göttingen 549 Fichte, Johann Gottlieb (1762–1814), Philosoph, 1794–1799 Prof. in Jena, 1805 in Erlangen, 1806 in Königsberg, 1810 Dekan der phil. Fakultät und erster Rektor der Berliner Universität 31, 139, 145, 342, 362, 574–576, 733f., 996, 1046, 1058 Fichte, Marie Johanna, geb. Rahn (1755– 1819), 1793 verh. mit dem Vorigen 533f. Fierabras, heidn. Riese aus dem Sagenkreis Karls des Großen 672 Filistri de Caramondani, Antonio de, um 1800 Opernlibrettist in Berlin 571, 580
Finck von Finckenstein, C a r o l i n e Wilhelmine Albertine, geb. Gräfin von Schönburg-Glauchau (1748–1810), 1770 verh. mit dem Folgenden 33, 41, 580 Finck von Finckenstein, Friedrich Ludwig K a r l (1745–1818), Regierungspräsident von Küstrin, 1779 abgesetzt, danach auf seinem Gut Madlitz, 1802 Besitzer des benachbarten Gutes Ziebingen 33, 35, 41, 1048 Finck von Finckenstein, H e n r i e t t e Amalie Dorothea (1774–1847), Tochter des Vorigen, seit etwa 1803 befreundet mit Ludwig Tieck 33, 41, 598, 872 *Finck von Finckenstein, K a r l Friedrich Alexander von 33, 41, 112, 155, 580, 760, 1048 Finck von Finckenstein, Louise Wilhelmine Sophie B a r n i m e (1779–1812), Tochter von Friedrich Ludwig Karl F., 1809 verh. mit Wilhelm von Schütz 33, 41, 580 Finkenstein — Finck von Finckenstein Fiorillo, Johann Dominicus (1748–1821), ital. Historienmaler und Kunsthistoriker, 1784 Aufseher des Kupferstichkabinetts in Göttingen, 1794 kunstgeschichtliche Vorlesungen, 1799 Prof. ebd. 965 Fischart, Johann Baptist (1546/47–1590), Schriftsteller, 1570 in Straßburg, 1574 in Basel, 1581–1583 Advokat am Reichskammergericht in Speyer, 1583 Amtmann in Forbach 253, 582, 684f., 792, 795, 873 Fischer, aus Karlsruhe, 1806 Flötist in Schwetzingen 214 Fischer, Ernst Gottfried (1754–1831), Privatlehrer der Brüder Humboldt, 1782 Prof. am Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin, 1805/06 Hg. der Zeitschrift Eunomia, 1810–1830 Prof. der Physik in Berlin 574 Fischer, Johann Ignaz L u d w i g (1745– 1825), Sänger, 1767 in Mannheim, 1778 in München, 1779 am Wiener Nationaltheater, 1783 in Paris, danach in Italien, 1788 bis etwa 1810 an der ital. Hofoper in Berlin 28
1083
Personenregister Fleming, Paul (1609–1640), Dichter, 1628 Medizinstudium in Leipzig, 1633 am Hof von Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp 26, 584, 1003 Flemming — Fleming Flittner, Christian Gottfried (1770–1828), Arzt, Apotheker und Buchhändler sowie Hilfslehrer an der Tierarzneischule und Obermedizinalassessor in Berlin, Verf. sexualaufklärerischer Schriften 787 Flora, röm. Göttin der Blüten und des Frühlings 277, 900 Fontane, Theodor (1819–1898) 892 Foppezoon, Pieter Jan (16. Jh.), Haarlemer Patrizier 979 Ford, Emanuel (Ende 16.–Anfang 17. Jh.), engl. Schriftsteller 558 Forioso, Pierre (1772–1846), frz. Seiltänzer 70, 628 Forkel, Johann Nikolaus (1749–1818), Musikdirektor und Musikhistoriker, 1769 Organist an der Universitätskirche in Göttingen, 1778 Universitätsmusikdirektor 294, 314, 922, 937, 941 Forster, Georg (um 1510–1568), Liederdichter und -sammler, Arzt in Amberg, Würzburg und Heidelberg, 1544 in Nürnberg 150, 624, 678, 749, 823, 920 Forster, Georg (1754–1794), Naturforscher und Schriftsteller, 1772–1775 Teilnehmer der zweiten Weltumseglung von James Cook, 1778 Prof. für Naturgeschichte in Kassel, 1784 in Wilna, 1788 Oberbibliothekar der Universität Mainz 622, 1047 Fortuna, röm. Glücks- und Schicksalsgöttin 344 Fouque´, Friedrich Heinrich Karl de la Motte (1777–1843), Schriftsteller, 1794–1802 in preuß. Militärdienst, danach auf seinem Gut Nennhausen (bei Rathenow), 1831 in Halle, 1841 in Berlin 152, 753 Frank, Cordula (um 1720–nach 1805), Nichte von Georg Michael Anton von La Roche, bei Sophie von La Roche in Offenbach (152), 752f.
Franz II. Joseph (1768–1835), 1792 röm.dt. Kaiser, seit 6. August 1806 Kaiser von Österreich (167), (206), (451), 460, 622, 697, 775, (805) Frauenholz, Johann Friedrich (1758–1822), Kunsthändler und Verleger, 1787 Gründung einer Kunsthandlung in Nürnberg, 1792 Mitbegründer des Vereins für Künstler und Kunstfreunde ebd. 100, 668f. Fredersdorff, Michael Gabriel (1708– 1758), Kammerdiener und Geh. Kämmerer Friedrichs II. von Preußen, 1740 Besitzer von Gut Zernikow (bei Gransee), 1753 verh. mit Caroline von Labes 853, 1052 Fredersen, vmtl. Bankier 331, 431 Frey, Kaufmannsdiener aus Wien 342, 971 Frick, Johann (1670–1739), Theologe und Schriftsteller, 1701 Prediger am Münster in Ulm, 1728 Senior des geistl. Ministeriums ebd. 555 Friderici, Daniel (1584–1638), Komponist, Musikschriftsteller, Magister und Kantor in Rostock 979 Friedel, Christian Emanuel Ludwig (1745– 1811), Kammergerichtsrat in Berlin, Assessor der Mittelmärkischen Ritterschafts-Registratur 388 Friederike Luise — Preußen Friedheim, Christian, Tuchfabrikant in Gotha, Vater von Johanna Dieterich 1047 Friedrich I., gen. der Siegreiche — Pfalz Friedrich II. — Württemberg Friedrich II., gen. der Große (1712–1786), 1740 König von Preußen 31, 35, 130, 137f., 144, 226, 236, 574f., 604, 619, 720, 728, 731f., 743, 806, 853f., 989, 1052, 1054 Friedrich III. von Habsburg (1415–1493), 1440 röm.-dt. König, 1445 Kaiser 555, 865 Friedrich Wilhelm I. — Brandenburg Friedrich Wilhelm II. (1744–1797), 1786 König von Preußen 571, 1056
1084
Personenregister Friedrich Wilhelm III. (1770–1840), 1797 König von Preußen 32, 47, 95, 135f., 138, 142–144, 284, 294, 316, 333f., 359, 365, 422, 579–581, 656, 729, 732f., 803, 889, 910f., 945, 959, 978, 983, 989, 996, 999 Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861), 1840 König von Preußen 32, 579f. Friedrich, Caspar David (1774–1840) 1059 Fries, Caroline, geb. Erdmann (1787– 1819), aus Allstedt, 1806 verh. mit J a k o b Friedrich F. 254, 874 Fries, Christian Adam (1766–1847), Bankier, Krappfabrikant und Kunstsammler in Heidelberg 112, 121, 174, 211, 214, 271, 690, 704, 783, 836 Fries, J a k o b Friedrich (1773–1843), 1795 Studium der Philosophie, Rechtswissenschaft und Physiologie in Leipzig, 1797 Studium in Jena, 1805 Prof. der Philosophie ebd., April 1805–1816 in Heidelberg, seit 1817 wieder in Jena 254, 631, 690, 704, 874 Fries, Luise Christine, geb. Heddaeus, Tochter des Heidelberger Kirchenadministrators Georg Wilhelm H., verh. mit Christian Adam F. 121, 214, 704, 837 Friessem, Wilhelm, 1633–1668 Buchhändler und Verleger in Köln 1022 Frigg(a), Gattin des germ. Gottes Odin 585 Frischlin, Nikodemus (1547–1590), Dichter, 1568–1582 Prof. für Poetik und Geschichte in Tübingen, danach an verschiedenen Orten, 1590 auf Hohenurach eingekerkert und beim Fluchtversuch ums Leben gekommen 26, 564 Frölich, Heinrich (gest. 1806), Buchhändler in Berlin, 1799 Inhaber der Verlagsbuchhandlung von Friedrich Vieweg d. Ä., Verleger des Athenaeums der Brüder Schlegel 831f. Frogen — Frosne, Jean Frohreich, aus Cammin in Pommern, etwa Ende 1804 – April 1809 Diener Arnims
(99), 108, 156f., 341, 448, 665, 701, 793, 968 Frommel, Karl Ludwig (1789–1863), Maler, Zeichner, Radierer und Kupferstecher, 1817 Prof. der Malerei und Kupferstechkunst in Karlsruhe, 1829 Direktor der Galerie ebd. 932 Froriep, Justus Friedrich (1745–1800), Prof. der Theologie in Leipzig, 1771 Prof. der Theologie und der oriental. Sprachen in Erfurt, 1781–1792 Konsistorialrat, Superintendent und Oberpfarrer in Bückeburg, danach Prediger in Wetzlar 905 Froriep, Ludwig Friedrich (1779–1847), Sohn des Vorigen aus erster Ehe mit Amalie Henriette Sophie Becker, Medizinstudium in Jena, 1800 Subdirektor an der Entbindungsanstalt ebd., 1801 verh. mit Charlotte Bertuch, 1804 Prof. für Geburtshilfe in Halle, 1806 in Berlin, 1808 in Tübingen, 1816 in Weimar, 1817 Leiter des Industrie-Comptoirs ebd. 83, 89, 280, 644, 648, 905 Froriep, Friederike (Fritze; 1789–1869), Tochter von Justus Friedrich F. aus zweiter Ehe mit Wilhelmine Lindemann 280, 282, 905 Frosne, Jean (um 1623–nach 1676), Kupferstecher und Zeichner in Paris 827 Fuchs, Ildephons (1765–1823), kath. Geistlicher und Geschichtsforscher, bis 1799 im Benediktinerkloster Rheinau, seit etwa 1804 Pfarrer in Engelberg (bei St. Gallen) 149, 207, 212, 746f., 783, 826, 836 Fülleborn, Georg Gustav (1769–1803), Philosoph und Philologe, 1791 Prof. am Elisabethanum in Breslau 659, 794 Fugger, Johann Jacob (1516–1575), führendes Mitglied des Augsburger Handelshauses der Fugger 21, 555 Furioso — Forioso, Pierre Fuss, Oberamtmann, bis 1804 Generalpächter des Ländchens Bärwalde 886
1085
Personenregister Gabriel, Bote Gottes, Verkündigungsengel (bibl.) 193, 804, 810 Gabriele — Gabrielli Gabrielli, Amedeo (1749–1817), ital. Kupferstecher und Radierer 827 Gachet, Louise de, frz. Emigrantin, 1799– 1800 in Berlin, 1800/01 in Erfurt, danach in Frankfurt, 1802 in Laubenheim (bei Mainz), nach 1805 vmtl. Flucht nach Rußland und Gründung eines Erziehungsinstituts 12, 534, 537 Gagnier, Jean (1670–1740), frz. Schriftsteller, Verf. einer Mohammed-Biographie 714f. Galetti — Galletti Gall, Franz Joseph (1758–1828), Anatom und Phrenologe, 1781 Arzt in Wien, 1796 Vorträge über das Gehirn, 1805/06 Vortragsreisen in Deutschland, Holland, der Schweiz und Dänemark, 1807 in Paris 33, 42, 44, 68, 210, 255, 259, 261, 265, 283, 299, 582f., 599, 601, 622f., 876f., 879–881, 908 Galle, Philipp (1537–1612) oder dessen Sohn Cornelis (1576–1650), Kupferstecher und Verleger in Antwerpen 827 Galletti, Johann Georg August (1750– 1828), 1783 Prof. am Gymnasium in Gotha, 1816 herzogl. Historiograph, Geograph und Hofrat, Verf. hist. Werke, bekannt durch seine als Gallettiana bezeichneten komischen Aussprüche 100, 627, 661 Galleus — Galle Ganymed (Ganimed), Hirtenknabe der griech. Myth. 302 Gardel, Pierre Gabriel (1758–1840), Solotänzer und Ballettmeister der Pariser Oper 571, 580 Garnerin, Jacques Andre´ (1769–1823), frz. Physiker und Aeronaut, 1790 erste Ballonfahrt, 1797 erster Fallschirmsprung 70, 76, 628, 635 Gatterer, Johann Christoph (1727–1799), Historiker und Schriftsteller, 1752 Lehrer für Geographie und Geschichte am
Gymnasium in Nürnberg, 1756 Prof. der Reichshistorie und Diplomatik ebd., 1759 Prof. in Göttingen 1047 Gatterer, Justina Amalia, geb. Klingsöhr (1767–1863), 1787 verh. mit einem Sohn des Vorigen, dem Heidelberger Prof. der Kameralistik und Forstwissenschaft Christoph Wilhelm Jakob G. 71, 630 Gebler, Tobias Philipp Freiherr von (1726– 1786), Staatsmann und Dramatiker, 1748 holl. Legationssekretär in Berlin, 1753 im österr. Staatsdienst, 1768 Mitglied des Staatsrats, 1782 Vizekanzler der Hofkanzlei in Wien 153, 754 Gedicke — Gedike Gedike, Friedrich (1754–1803), Pädagoge, 1779 Direktor der Friedrichswerderschen Gymnasiums in Berlin, 1791 Mitdirektor, 1793 Direktor des Gymnasiums Zum Grauen Kloster 594 Gedi(c)ke, Rosa (1785–1858), Tochter des Vorigen, 1806 verh. mit Franz Horn 38, 594 Geisler — Geißler Geißler, Johann Georg (1760–1830), Jurastudium in Leipzig, Halle und Göttingen, 1788 Assessor und Rat bei der gothaischen Landesregierung in Altenburg, 1793–1815 Regierungsrat des Herzogs von Sachsen-Gotha-Altenburg, Mitglied des Justizkollegiums, seit 1816 Privatier in Dresden 19, 100f., 335, 552, 561, 606, 671f. Geißler, Henriette Wilhelmine, geb. Holderrieder (1772–1822), Tochter des Naumburger Kaufmanns und Rittergutsbesitzers Lorenz H., 1793 verh. mit dem Vorigen, Freundin Sophie Mereaus 101 Genelli, Bonaventura (1798–1868), Sohn des Folgenden, Zeichner, Maler und Kupferstecher 138, 144, 733 Genelli, Janus (1761–1813), Landschaftsmaler in Berlin 138, 144, 733 Genger, E m i l i e Maria Anna (1810–1882), Erzieherin im Mädchenpensionat auf
1086
Personenregister dem Marienberg bei Boppard, 1835 verh. mit Christian Brentano 617, 1044 Georg; George — Brentano, Georg Georg, David — Joris, David Georg III. (1738–1820), 1760 König von Großbritannien und Irland, zugleich Herzog und Kurfürst von BraunschweigLüneburg, 1815 König von Hannover (167), (451), 775 Gerhardt, Paul (1607–1676), Theologe und Kirchenliederdichter, 1761 Propst in Mittenwalde (Mark), 1757 Diakon an der Nikolaikirche Berlin, 1768 Archidiakon in Lübben (Spreewald) 47, 604 Gessner, Heinrich (1768–1813), Sohn des Folgenden, Drucker und Verleger in Zürich, 1795 verh. mit Charlotte Wilhelmine Wieland, 1799 Nationalbuchdrucker der helvet. Republik 832 Gessner, Salomon (1730–1788), schweiz. Dichter und Maler, Drucker und Verleger (Orell, Gessner, Füssli & Comp.), 1765 Mitglied der Zürcher Stadtregierung 832 Geyn — Gheyn Gheyn, Jacob de (1665–1729), niederl. Maler, Radierer und Kupferstecher 827 Ghirardacci, Cherubino (1519–1598), ital. Historiker 399, 1024 Giampietrino (Gian Pietro Ricci; ca. 1500– 1540), ital. Maler, vmtl. Schüler Leonardo da Vincis (348), 978 Gibel — Gebler Gilbert, Ludwig Wilhelm (1769–1824), Physiker, 1795 Dozent für Mathematik und Physik in Halle, 1798 Prof. für Physik und Chemie ebd., 1811 Prof. für Physik in Leipzig, 1798–1824 Hg. der Annalen der Physik 535f., 710, 905, 955, 1048, 1063 Gillray, James (1757–1815), engl. Karikaturist und Radierer 838 Gilry — Gillray Gisel(l)a Brömserin, rhein. Sagengestalt 592
Gleichen, Ernst III. Graf von (13. Jh.), thüring. Graf, lebte der Sage nach mit seiner Ehefrau und einer Türkin in Doppelehe 131, 722 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig (1719– 1803), Schriftsteller, 1747–1797 Domstiftssekretär und Kanonikus in Halberstadt 119f., 175f., 209, 295f., 437, 697, 700, 784–787, 808, 833, 923–925 Gluck, Christoph Willibald (1714–1787) 576 Goerenz, Johann August (1767–1827), Altphilologe und Pädagoge, 1791 Dozent und Bibliothekar in Halle, 1795 Rektor des Lyceums in Plauen, 1800 Rektor des Lyceums in Zwickau und Direktor der Ratsschulbibliothek ebd., 1817 Gymnasialdirektor in Schwerin 874 Görres, Johann J o s e p h (von) (1776– 1848; 1839 geadelt), 1802 Prof. der Physik und Naturgeschichte an der Koblenzer E´cole secondaire, 1806–1808 Privatdozent für Philosophie, Ästhetik und altdt. Literatur in Heidelberg, 1808 Rückkehr nach Koblenz, 1814–1816 Generaldirektor des öffentl. Unterrichts am Mittelrhein, Gründer und erster Hg. des Rheinischen Merkur, 1827 Prof. für Geschichte in München 1045 Görz — Schlitz Göschen, Georg Joachim (1752–1828), Verlagsbuchhändler, 1785 Verlagsgründung in Leipzig, 1793 eigene Druckerei, seit 1797 in Grimma 284f., 912 Goethe, Christiane — Vulpius, Christiane *Goethe, Johann Wolfgang von 7, 11, 22, 25, 27–29, 31, 36, 68, 78, 83f., 89, 96, 98, 105f., 111, 116–118, 120, 147f., 150–154, 156–158, 163, 169, 172, 175, 179, 182, 187f., 192, 198, 253, 262, 268, 287, 290, 292, 296f., 311, 314, 324, 339, 341, 437f., 447, 452, 459, 462f., 467, 526, 532, 535, 537, 558f., 567, 569f., 573, 583, 589, 592, 607, 622f., 635f., 644, 647–649, 657f., 661f., 665, 670, 674f., 677–679,
1087
Personenregister 683, 693, 698, 702f., 706, 714, 723, 727–729, 731–733, 735–738, 741–744, 753, 757f., 764, 766, 768, 771, 774f., 777, 780, 784f., 795, 798, 802f., 809, 813, 825, 831f., 846f., 850f., 857f., 861, 870f., 873f., 879, 881f., 889, 892f., 896, 898f., 902, 905, 915, 918–920, 922, 924f., 930f., 934–936, 939, 947f., 950f., 966, 990, 1003, 1007f., 1033, 1035, 1038, 1042, 1048f., 1053f., 1056, 1058, 1062f. *Goethe, Julius A u g u s t Walter von 106, 141, 147, 161, 242, 274, 679, 736, 768, 819, 857, 915, 1003, 1005–1007, 1049 Goethe, Katharina Elisabeth, geb. Textor (1731–1808), Mutter Goethes, 1748 verh. mit dem Frankfurter kaiserl. Rat Johann Kaspar G. 311, 324, 336, 341, 931, 950f., 967, 1042 Götz, Georg Christian (1752–1803), Teilhaber der Mannheimer Hofbuchhandlung Schwan und Götz 340, 966f. Gole, Jacob (um 1660–um 1737), niederl. Kupferstecher 827 Goltz, Franz Carl Georg von der (1779– 1798), seit 1794 Mitschüler Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1798 Studium in Halle und Freitod (310), 935 Goltzius (Goltz, Golzius), Hendrick (1558– 1616), niederl. Maler, Radierer und Kupferstecher 827 Gotter, Friedrich Wilhelm (1746–1797), Jurist und Schriftsteller, 1766 Geh. Archivar in Gotha, später Geh. Sekretär am Hof von Sachsen-Gotha 570 Gotter, Luise, geb. Stieler (1760–1826), 1780 verh. mit dem Vorigen 867 Gottsched, Johann Christoph (1700– 1766), Schriftsteller, 1730 Prof. der Poesie in Leipzig, 1734 Prof. der Logik und Metaphysik ebd. 38, 47, 108, 592f., 605 Gouvion Saint-Cyr, Laurent Marquis de (1764–1830), 1794 General der frz. Re-
volutionsarmee, später Marschall und Pair, 1805 Kommandeur in Italien, 1808 in Spanien, 1815 und 1817–1819 frz. Kriegs- und Marineminister 136, 142 Gräter, Christiane Therese, geb. Spittler, 1799 verh. mit dem Folgenden, 1803 gesch. 99, 660, 665, 1050 *Gräter, David Friedrich 96f., 99, 131, 148, 174, 585, 640, 659–661, 664f., 722, 746f., 783, 794, 979, 1050 Gräter, Maria Elisabeth Caroline, geb. Hofmann, verw. Seiferheld und Haspel, 1805 verh. mit dem Vorigen 97, 99, 660, 665, 1050 Grassini, Giuseppina (1773–1850), ital. Sängerin, 1791 in Mailand, 1800 in Paris, Mätresse Napoleons, 1804 in London, seit Dezember 1804 wieder in Paris 20, 213, 553, 837 Graun, Carl Heinrich (1704–1759), Kapellmeister und Komponist in Berlin 772 Greflinger, Johann G e o r g (um 1620–um 1677), Schriftsteller, um 1640–1645 in Danzig, 1647 Notar in Hamburg 25, 36, 48, 567, 590, 602, 605 Greuter, Matthäus (um 1564–1638) oder dessen Sohn Johann Friedrich (um 1590– 1662), Kupferstecher 827 Gries — Kries Gries, Johann Diederich (1775–1842), Schriftsteller und Übersetzer, nach kaufm. Lehre in Hamburg 1795–1799 Jurastudium in Jena, danach Privatgelehrter in Jena und Weimar, 1806–1808 in Heidelberg, danach vor allem in Jena 627 Grimm, Albert Ludwig (1786–1872), Theologe und Schriftsteller, Studium in Tübingen, 1804–1806 in Heidelberg, Hauslehrer bei F. H. Ch. Schwarz, seit 1806 Lehrer am Pädagogium in Weinheim, zeitweise Bürgermeister 78, 84, 206, 639, 645, 681, 684 Grimm, J a c o b Ludwig Karl (1785–1863), 1802 Jurastudium in Marburg, 1805 mit Savigny in Paris, 1806 Akzessist beim
1088
Personenregister Kriegskollegium in Kassel, 1808 Bibliothekar des Königs Je´roˆme, 1814/15 in hess. Dienst beim Wiener Kongreß, 1816–1829 Bibliothekar an der Landesbibliothek in Kassel, 1829 Prof. der Altertumswissenschaft in Göttingen, 1837 entlassen, 1841 Prof. in Berlin 283, 348, 529f., 591, 617, 650, 653, 749f., 752, 794, 837, 877, 907, 977, 1058f. Grimm, Philipp Wilhelm (1751–1796), Vater von Jacob und Wilhelm G., Justizamtmann in Steinau 837 Grimm, W i l h e l m Karl (1786–1859), Bruder von Jacob G., Studium in Marburg, danach in Kassel, 1814–1829 Bibliothekssekretär ebd., 1831 Bibliothekar und a.o. Prof. in Göttingen, 1837 entlassen, 1841 in Berlin 529, 591, 617, 650, 747, 752, 794, 891, 1058f. Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von (1622–1676) 536f., 858, 935 Grothus — Grotthuß Grotthuß, S o p h i e Leopoldine Wilhelmine von, geb. Sarah Meyer (1763–1828), Schriftstellerin, 1778 verh. mit dem Kaufmann Lipman Wulff, 1797 verh. mit dem livländ. Baron Ferdinand Dietrich von Grotthuß, Berliner Freundin und Verehrerin Goethes 140, 146 Grübel, Johann Konrad (1736–1809), Mundartdichter in Nürnberg, 1774 Stadtflaschner, 1784 Geschworener, 1800 Gassenhauptmann, 1808 Aufnahme in den Pegnesischen Blumenorden 971 Gryphius (Gryph, Greif), Andreas (1616– 1664), Schriftsteller, Studium in Danzig, danach Reisen nach Den Haag, Paris, Marseille, Florenz, Rom, Venedig und Straßburg, 1650 Landsyndikus des Fürstentums Glogau 27, 34, 36, 83, 376, 569, 584, 590, 644, 1008 Gryphius, Christian (1649–1706), Sohn des Vorigen, Schriftsteller, 1674 Prof. für griech. und lat. Sprache, 1686 Rektor und 1699 zugleich Bibliothekar am Magdalenengymnasium in Breslau 27
Günderrode, C a r o l i n e Friederike Luise Maximiliane von (1780–1806), Schriftstellerin, Tochter des Regierungsrates und bad. Kammerherrn Hektor von G., seit 1797 im von Cronstetten-Hynspergischen Stift für adlige ev. Damen in Frankfurt, befreundet mit Bettina Brentano, aus unglücklicher Liebe zu Friedrich Creuzer Freitod in Winkel (Rheingau) 91, 123, 249, 284, 303, 305, 307–311, 320, (322f.), (328f.), 341, (427), (431), 529, 550, 559f., 562, 588, 650, 653, 685, 708, 717, 866, 930f., 933, 935, 948, 951, 954, 1034, 1042, 1059, 1063 Guericke, Otto von (1602–1686; 1666 geadelt), Physiker und Bürgermeister in Magdeburg 319, 948 Gürrlich, Joseph Augustin (1761–1817), Komponist, 1784–1790 Organist an der Berliner Hedwigskirche, 1790–1810 Mitglied der Hofkapelle, 1811 Musikdirektor, 1816 Kapellmeister in Berlin 580 Guise, Heinrich, Herzog von Lorraine, Prinz von Joinville (1550–1588), Führer der kath. Partei in Frankreich 947 Gustav IV. Adolf (1778–1837), 1792–1809 König von Schweden, danach des Landes verwiesen (131), (167), (198), (240), (451), 722, 775, 813, 857 Häkel, Carl Gottlob (1781–1871), 1799 Jurastudium in Halle, später Regierungsrat in Potsdam, Lützower Jäger und Adjutant Gneisenaus, 1834 nach Merseburg versetzt, 1851 im Ruhestand in Berlin, Vater Ernst Haeckels 918 Hämmerlein — Hemmerlin Händel, Georg Friedrich (1685–1759) 1057 Härtel, Gottfried Christoph (1763–1827), Musikverleger, seit 1796 Inhaber der Firma Breitkopf & Härtel 913 Häßlein (Häslein), Johann Heinrich (1737– 1796), Sprachforscher und Literaturhistoriker, 1753–1763 Kanzleischreiber in
1089
Personenregister Nürnberg, 1765 Registrator, 1783 Rugamtsschreiber, 1794 Kalkulator und Rechnungs-Syndikus 585 Häßlein (Häslein), Maria Helena, geb Zahn, Tochter eines Nürnberger Steuerkassierers, 1766 verh. mit dem Vorigen 100 Hafner, Philipp (1735–1764), Wiener Komödiendichter, Schriftführer beim Stadtgericht 832 Hagen, Aeone Freiin vom (1800–1835), verh. mit Heinrich Levin Karl Friedrich Reichsgraf von Wintzingerode (dessen zweite Ehe) 1065 Hagen, Friedrich Heinrich von der (1780– 1856), Jurist und Philologe, 1801 Referendar beim Stadt- und beim Kammergericht in Berlin, 1807 Privatgelehrter, 1810 Prof. für deutsche Sprache und Literatur ebd., 1811 in Breslau, 1818 Prof. ebd., 1824 in Berlin 155, 162, 268f., 706f., 759f., 770, 891f. Hagen, Karl Ernst von (1750–1810), gen. »der tolle Hagen«, Rittergutsbesitzer und Landrat in Nienburg (bei Halberstadt) 192, 809 Hagen, Marie Josephine von der, geb. Reynack (1776–1858), 1805 verh. mit Friedrich Heinrich von der H. 269, 891f. Hahn, Friedrich von (1742–1805), Mathematiker und Astronom, Studium der Astronomie in Kiel, seit 1769 auf seinem Gut Remplin (Mecklenburg-Strelitz), dort Errichtung einer Sternwarte 223, 227f., 240, 856 Hahn-Neuhaus, Carl Friedrich von (1782– 1857), Sohn des Vorigen, Theaterenthusiast, 1805 Gründer eines Privattheaters in Remplin, 1806–1807 Direktor des Theaters in Schwerin, später an verschiedenen Bühnen 217, 223, 227–229, 240f., 244f., 266, 269f., 432f., 844, 847f., 855f., 859, 862, 886 Hal(l)eman, Thomas (geb. 1665), Bildnisund Historienmaler in Rotterdam 827 Haller, Karl Ludwig von (1768–1854), schweiz. Staatstheoretiker und Publizist,
1799–1805 im österr. Staatsdienst in Wien, 1806 Prof. für Staatsrecht in Bern 1007 Halmann — Hal(l)eman Hamann, Johann Georg (1730–1788), Philosoph und Schriftsteller, 1759 in Königsberg, 1767 Übersetzer bei der preuß. Zollverwaltung, 1777–1787 Packhofverwalter ebd. 603 Hammer-Purgstall, Joseph Freiherr von (1774–1856), österr. Orientalist und Übersetzer, Diplomat im Orient, vor allem in Konstantinopel, seit 1807 in der Staatskanzlei Wien 956 Hans von Sagan (1435–1504), Heerführer des Deutschen Ordens 794 Harbauer, Franz Joseph (1776–1824), Arzt, 1796–1801 Studium in Jena, Assistent von Johann Christian Stark, 1802 in Paris, 1805 Direktor des Medizinalkollegiums in Fulda, dann wieder in Paris, 1810– 1812 Hausarzt eines russ. Fürsten in St. Petersburg, seit 1815 in den Niederlanden 704 Hardenberg, Karl August Reichsfreiherr von (1814 Fürst; 1750–1822), preuß. Staatsmann, 1782 Geh. Rat in Braunschweig, 1792 preuß. Minister für Ansbach-Bayreuth, 1798 Kabinettsminister, 1804– 1806 und 1807 Außenminister, 1810 Staatskanzler (293), 665, 922, 973 Harpfenberger, Adelsgeschlecht im Odenwald, im 13. Jh. erloschen 247, 865 Hartknoch, Christoph (1644–1687), Historiker und Geschichtsschreiber aus Königsberg, 1677 Gymnasialprof. in Thorn 557 Hartknoch, Johann Friedrich (1740–1789), nach Studium in Königsberg seit 1762 Verleger in Mitau, 1767 in Riga 993 Hatzfeld, Franz Ludwig Fürst von (1756– 1827), preuß. General, zunächst kurmainz. Geheimrat und Generalleutnant, seit 1795 in preuß. Diensten, Ende 1806 Leiter der öffentlichen Angelegenheiten in Berlin, später im diplomat. Dienst 1039
1090
Personenregister Haufe, Christoph Gottfried (1775–1840), Schüler und Freund J. P. Hebels am Pädagogium in Lörrach, seit 1804 Goldschmied und Fabrikant in Straßburg 714 Haufe, Sophie, geb. Bögner (1786–1864), Pfarrerstochter aus Müllheim, 1804 verh. mit dem Vorigen, befreundet mit J. P. Hebel 699f. Haugwitz, Christian August Heinrich Kurt Graf von, Freiherr zu Kappritz (1752– 1832), 1792–1804 preuß. Staats- und Kabinettsminister, 1805/06 Außenminister, 1811 Kurator der Universität Breslau, seit 1820 in Italien 267f., 334, 345, 420, 889, 959, 973 Haüy, Rene´-Just (1743–1822), frz. Mineraloge und Kristallograph 55, 59, 617f. Haxthausen, A u g u s t Franz Ludwig Maria Freiherr von (1792–1866), Agrarhistoriker, preuß. Regierungsrat, Volksliedsammler, 1808–1813 Besuch der Bergwerksschule in Clausthal, danach Kriegsfreiwilliger und Jurastudium in Göttingen 922f. Hay — Haüy, Rene´-Just Hebel, Johann Peter (1760–1826) 119, 699f., 714, 840, 971 Heemskerck, Martin van (Martin van Veen; 1598–1574), niederl. Maler 979 Heermann, Johann (1585–1647), Kirchenliederdichter, 1611–1638 Pfarrer in Köben (bei Glogau) 604, 780 Heger, Christiane (1782–1841), 1810 verh. mit Adam Oehlenschläger 723f. Heine — Heyne Heinrich IV. (1553–1610), 1589 König von Frankreich 139f., 317, 321, 427, 598, 727, 734f., 947 Heinrich von Neustadt (Ende 13. – Anfang 14. Jh.), Arzt und Dichter in Wien, Bearbeiter des Apollonius von Tyrland 672 Heinrich von Ofterdingen (um 1200), Minnesänger, vmtl. in Eisenach und bürgerl. Herkunft 110, 686, 805f.
Heinse, Johann Jakob W i l h e l m (1746– 1803), Schriftsteller, Jurastudium in Jena, danach in Erfurt, 1772 Hauslehrer in Quedlinburg, 1773 in Halberstadt, 1774 in Düsseldorf, 1786 Vorleser und 1789 Bibliothekar des Kurfürsten von Mainz, 1795 in Aschaffenburg, 1802 Hofrat und Bibliothekar ebd. 120, 175, (192), 294–296, 437, 784–786, 808, 923–925 Heinse (Heintze), Johann Nikolaus (1711– 1782), Vater des Vorigen, Organist und Stadtschreiber, später Bürgermeister in Langewiesen (bei Ilmenau) 784 Heinze, Karl Christian Traugott (seit 1805 Teuthold; 1765–1813), Altertumsforscher, 1794 Hauslehrer in Kleinmünche (bei Posen), danach in Züllichau, 1810 Privatgelehrter in Breslau, Beiträger zum Wunderhorn 660 Heise, Georg A r n o l d (1778–1851), Jurastudium in Jena und Göttingen, 1803 Privatdozent ebd., 1804 Prof. in Heidelberg, 1814 in Göttingen, 1818 Vortragender Rat im Justizdepartement in Hannover, 1820 Präsident des Oberappellationsgerichts der vier freien Städte (Hamburg, Lübeck, Bremen, Frankfurt) in Lübeck 92, 652f., 700 Held (Heldt), Andreas (1661–1745), Maler in Nürnberg 912 Helmbold, Ludwig (1532–1598), Kirchenliederdichter, Lehrer und Superintendent in Mühlhausen (Thür.) 765 Helmold von Bosau (um 1120–um 1180), Chronist, 1143 im Augustinerchorherrenstift Neumünster (Holstein), etwa 1156 Pfarrer in Bosau bei Plön (Holstein) 557 Hemkengriper, Scherzname für — Frohreich Hemmerli(n) (latinisiert: Malleolus), Felix (1389–vor 1464), Theologe, Kirchenpolitiker und Schriftsteller, 1412 Chorherr in Zürich, 1421 Propst in Solothurn, 1454 wegen Widerstand gegen den Papst verhaftet und in Klosterhaft in Luzern 40, 557, 596f.
1091
Personenregister Hendel, Johann Christian (1742–1823), Schriftsteller, Verleger und Buchhändler in Halle, 1763 Übernahme der väterlichen Druckerei 277, 903, 959 Herakles (röm. Herkules), griech. Held, Sohn des Zeus und der Alkmene 336– 339, 347, 418, 689, 799, 963, 1026 Heraklius (um 575–641), 610 byzant. Kaiser 956 Herder, Johann Gottfried (1744–1803) 24, 36, 41, 165, 167, 450, 565, 570, 590, 599, 622, 697f., 706, 741f., 748, 752, 773, 806, 815, 871, 879, 971, 1056, 1063 Herklots, Karl Alexander (1759–1830), nach Jurastudium Referendar in Königsberg, 1790 am Kammergericht in Berlin, Theaterdichter und Übersetzer für das Hoftheater ebd. 856f. Herkules — Herakles Hermann — Arminius Hermann — Heermann, Johann Hermann I. — Thüringen Hermann von Sachsenheim (1363/65– 1458), württ. Dichter, 1419–1442 Rat der Gräfin Henriette von Mömpelgard, danach Verbindung zu Mechthild von der Pfalz 672 Hermann von Zähringen — Baden, Hermann I. Hermann, Johann G o t t f r i e d Jakob (1772– 1848), klass. Philologe, 1795 in Leipzig, 1803 Prof. der Beredsamkeit, 1809 auch der Poesie ebd. 940f. Hermes, griech. Gott der Reisenden und Kaufleute 542, 749f. Herodias (8 v. Chr.–39 n. Chr.), Enkelin von Herodes dem Großen, soll die Enthauptung Johannes des Täufers veranlaßt haben 207 Hertz, Jakob Moses (1752–1833), Bankier in Hamburg 1064 Hesiod (um 700 v. Chr.), griech. Dichter 255, 786, 875 Hessen-Darmstadt, Marie Luise Albertine von (gen. Prinzessin George), geb. von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg (1729–
1818), 1748 verh. mit Georg Wilhelm Prinz von Hessen-Darmstadt (172), (224), (233), 779, (848), 852f., 1050 Hessen-Homburg, F r i e d r i c h V. Ludwig Wilhelm Christian Landgraf von (1748– 1820), reg. seit 1766 968 Hessen-Kassel, Auguste Amalie P h i l i p p i n e von, geb. Prinzessin von Brandenburg-Schwedt (1745–1800), 1773 verh. mit Landgraf Friedrich II. von H.-K. 1065 Hessen-Kassel, Friederike Christiane Auguste Kurprinzessin von (1780–1841), Tochter des preuß. Königs Friedrich Wilhelm II., 1797 verh. mit Kurprinz Wilhelm (1821 Kurfürst Wilhelm II. von Hessen-Kassel) 174, 784 Hessen-Kassel, Friedrich II. von (1720– 1785), 1760 Landgraf 881 Hessen-Kassel, Friedrich Wilhelm von (1802–1875), 1831 Prinzregent, 1847 Kurfürst 771 Hessen-Kassel, M a r i e Wilhelmine Friederike Prinzessin von (1796–1880), Tochter des Landgrafen Friedrich III., 1817 verh. mit Großherzog Georg Friedrich Karl von Mecklenburg-Strelitz 843, 1053 Hessen-Kassel, Wilhelm VIII. Landgraf von (1682–1760), reg. seit 1751 (348), 784, 977f. Hessen-Kassel, Wilhelm IX. von (1743– 1821), 1785–1803 Landgraf, 1803 als Wilhelm I. Kurfürst (348), 978, 985 Heyden, Susanne Maria von (1775–1845), geb. von Mettingh, 1798 verh. mit dem Grenadierhauptmann Johann Georg von H., Freundin von Caroline von Günderrode 931 Heyer, Christiane Dorothea Eleonore, geb. Volkmar, 1803 verh. mit dem Folgenden 289, 298, 917, 927 Heyer, Conrad Friedrich (1778–1810), Sohn eines Braunschweiger Apothekers, Medizinstudium in Jena und Göttingen, seit September 1802 Arzt in Braunschweig, 1803 Prof. für Chirurgie am Collegium
1092
Personenregister medicum ebd. 176, 289f., 298, (320), 786, 917, 927, 948 Heyne, Christian Gottlob (1729–1812), Altphilologe und Archäologe, 1763 Prof. der Beredsamkeit in Göttingen, 1764 Universitätsbibliothekar, später Hofrat und Geh. Justizrat ebd. 110, 686, 944, 1041 Heyne, Christine Dorothea Georgine, geb. Brandes (1753–1834), Tochter des hannov. Hofrats Georg Friedrich Brandes, 1777 verh. mit dem Vorigen (dessen zweite Ehe) 944 Heyne, F r i e d e r i k e (Fritze) Marie Gabriele (1783–1863), Tochter der Vorigen, 1806 verh. mit Johann Friedrich Krieger, Amtmann in Arnstadt 944, 1041 Heyne, J e a n e t t e (Nette, Jette) Louise Georgine (1780–1857), Schwester der Vorigen, 315, 938, 944, 1041 Heyne, L a u r a Emilia (1789–1852), Schwester der Vorigen 315, 938, 944, 1041 Heyne, Wilhelmine (1779–1861), Schwester der Vorigen, 1796 verh. mit dem Historiker Arnold Heeren 944 Hilario — Reuter, Christian Hildebrandt, Georg Friedrich (1764–1816), Medizinstudium in Göttingen, 1786 Prof. der Anatomie am Collegium medicum in Braunschweig, 1793 Prof. der Medizin, Chemie und Physik in Erlangen 100, 669 Hiller, Gottlieb (1778–1826), Naturdichter, Knecht und Tagelöhner in Köthen, zeitweise in Ratibor, zuletzt in Bernau bei Berlin 831 Himmel, Friedrich Heinrich (1765–1814), Komponist, seit 1795 Hofkapellmeister in Berlin 14f. Hin(t)ze, Christlieb Gotthelf (gest. 1805), Oberamtmann, Pächter des Ländchens Bärwalde 12, 23, 538, 885 Hin(t)ze, Frau des Vorigen 12, 538, 621 *Hinze, August Heimbert 179f., 187, 792, 794, 798, 802, 813, 1050
Hiob, reicher Herdenbesitzer im Lande Uz (bibl.) 811 Hippokrates (um 460–um 375 v. Chr.), griech. Arzt 43, 599 Hirt, A l o y s Ludwig (1759–1836), Archäologe und Kunsthistoriker, 1782–1796 in Italien, 1796 Lehrer des Prinzen Heinrich von Preußen, 1810 Prof. der Archäologie in Berlin 574 Hitzig, Friedrich Wilhelm (1767–1849), Vikar in Rötteln, Prorektor in Lörrach, danach Pfarrer in Rötteln, Schopfheim, Auggen und Lörrach, Freund von J. P. Hebel 840 Hochberg-Fürstenstein, Hans Heinrich VI. Graf von (1768–1833), verh. mit Anna Amalia von Anhalt-Köthen 1050 Hölderlin, Friedrich (1770–1843) 342, 815, 970, 998, 1062f. Hölty, Ludwig Christoph Heinrich (1748– 1776), Schriftsteller, Hauslehrer und Übersetzer in Göttingen, Mitbegründer des Göttinger Hainbunds 78 Hofer, Johann Baptist (1757–1838), Bürgermeister in Rottweil, 1804 Leiter des Kuratelamts der Universität Heidelberg in Karlsruhe, 1807 im bad. Staatsdepartement, 1810 Kreisdirektor in Konstanz 682 Hoffmann, Philipp Carl (1768–1842), Musiklehrer in Offenbach, Bratschist in der Hauskapelle des Kaufmanns Bernhard, als Klaviervirtuose in Amsterdam und Wien, 1810–1821 Lehrer und Pianist in St. Petersburg, danach in Frankfurt bei seinem Bruder, dem Komponisten Heinrich Anton H. 73, 633 Hof(f)mann von Hofmannswaldau, Christian (1616–1679), schles. Dichter, 1647 Ratsschöffe in Breslau, 1677 Bürgermeister 584 Hofmann, Melchior (Ende 15. Jh.–1543), Kürschner in Waldshut, dann wiedertäuferischer Prediger in Livland, Schweden, Kiel, Straßburg und Ostfriesland 18, 549
1093
Personenregister Hofstätter, Anton Felix Franz (1741–1814), Jesuit, Lehrer in Linz und Passau, 1773– 1783 an der Ritterakademie in Wien, 1786–1788 in Göttingen, 1795 Universitätsbibliothekar in Wien, 1806 Pfarrer im Znaimer Kreis 555 Hohenlohe-Ingelfingen, Friedrich Ludwig Fürst zu (1746–1818), preuß. General, 1796 reg. Fürst, 1806 Befehlshaber des preuß. Heeresteils in der Schlacht bei Jena, nach der Kapitulation von Prenzlau entlassen und auf seinem Gut Slawentitz in Schlesien 355f., 988 Holbein, Hans d. J. (1497/98–1543), Maler und Zeichner 348, 979 Hollar von Prahenberg, Wenzel (1607– 1677), Zeichner und Radierer aus Prag, 1627 in der Werkstatt Merians in Frankfurt, danach in Stuttgart, Straßburg, Köln, Antwerpen und England 819 Holofernes, assyr. Feldherr (bibl.) 927 Holzschuher, Hieronymus (1469–1529), Nürnberger Patrizier (99), 667 Holzschuher, Rudolf Sigmund Freiherr von (1777–1861), Advokat, 1802 Syndikus und 1804 Konsulent in Nürnberg, später Diplomat, Rechtstheoretiker und bayer. Landesparlamentarier 99, 102, 110, 444, 666f., 685 Homer (etwa 8. Jh. v. Chr.) 13, 89, 129, 264, 541, 649, 651, 798–800, 883, 902 Horaz, Quintus Horatius Flaccus (65–8 v. Chr.) 255, 539, 786, 797, 831, 875 Horn, F r a n z Christoph (1781–1837), Schriftsteller, Studium 1799 in Jena und 1800 Leipzig, 1803–1805 Hilfslehrer am Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin, 1805–1809 am Lyzeum in Bremen, danach in Berlin 34, 38, 119, 176, 583f., 593f., 700, 787 Horstig, Carl Gottlieb (1763–1835), Theologe, 1793 Superintendent und Oberprediger in Bückeburg, seit Mitte Juli 1805 Privatdozent in Heidelberg, seit 1808 auf Burg Miltenberg (Unterfranken) 72, 112, 149, 155, 165, 196, 690, 739, 747f., 760
Horstig, Susanna ( S u s e t t e ) Christiana, geb. d’Aubigny von Engelbronner (1768–1845), verh. mit dem Vorigen 72 Hortensius, Lambertius (ca. 1500–1574), Priester in Utrecht, Rektor der Lateinschule in Naarden (Holland), Geschichtsschreiber der Wiedertäufer von Münster 19, 550 Hose, August Friedrich (1733–1804/05), Kirchenrats-Registrator, Bücher- und Kunstsammler in Heidelberg 530, 669, 824 Hose, Johann Albert (gest. 1804/05), Sohn des Vorigen, Pfarrer in Weinheim 530 Hose, Susanna Philippina, geb. Porloch, verh. mit August Friedrich H. 206, 530, 824 Hoy, Nicolaus von (1631–1679), Maler und Radierer, Hofmaler in Wien 827 Hoyer — Heyer Huber und Comp., um 1800 Verlag in St. Gallen 149 Hugo von Trimberg (um 1230 – nach 1313), mhd. Dichter, 1260–1309 Rektor am geistl. Stift St. Gangolf in Bamberg 595f. Hulda — Mereau, Hulda Humboldt, Friedrich Wilhelm Heinrich A l e x a n d e r von (1769–1859) 139, 145, 155, 166, 447, 727, 733, 759, 774f., 1036 Humboldt, Friedrich W i l h e l m Christian Karl Ferdinand von (1767–1835) 647 Hundhausen, Margaretha (Gritha), Gastwirtstochter in Ehrenbreitstein, Freundin von Johanna Kraus, der Sommerliebe Brentanos aus den Jahr 1802, 1809 verh. mit dem Kammerrat Everhard in Fulda 780 Hypokrates — Hippokrates Idmon von Kolophon, Purpurfärber, Vater der Arachne (griech. Myth.) 1026 Iffland, August Wilhelm (1759–1814), Schauspieler, Dramatiker und Theaterdi-
1094
Personenregister rektor, 1777 am Gothaer Hoftheater, 1779 am Nationaltheater Mannheim, 1796 Direktor des königl. Nationaltheaters in Berlin 32, 39, 576f., 595, 892f. Igelshofer (Igelßhofer), Franz von (um 1505– 1576), 1541–1576 Stadtschreiber von Wien, 1561 geadelt 943 Irmin, göttl. Stammvater der Erminonen und heidn. Sachsen 150, 749f. Iselin, Johann Rudolf (1705–1779), schweiz. Jurist und Historiker, 1728 Vorsteher des Collegium alumnorum in Basel, 1757 Prof. an der Universität ebd. 556 Isidor von Pelusium (um 360 – zwischen 431 und 451), Mönch im Kloster Pelusium in Ägypten, Verf. von Briefen zur asketischen Lebensführung und Bibelauslegung 284, 909 Jacobi, Friedrich Heinrich (1743–1819), Philosoph und Schriftsteller, 1779 Geh. Rat in München, danach auf seinem Gut Pempelfort bei Düsseldorf, 1794 in Wandsbek und Eutin, 1804 Prof. der Philosophie in München, 1807–1812 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 85, 112, 150, 175, 294, 296, 437, 603, 647, 690, 749, 785, 917, 923–925 Jacobi, Johann Georg (1740–1814), Bruder des Vorigen, 1766 Prof. der Philosophie und Beredsamkeit in Halle, 1768–1774 Kanonikus in Halberstadt, 1784 Prof. der schönen Wiss. in Freiburg 785f. Jacobs, Christian F r i e d r i c h Wilhelm (1764–1847), Philologe und Schriftsteller, 1785 Prof. der griech. Sprache und Literatur am Gymnasium in Gotha, 1802 Bibliothekar ebd., 1807–1810 am Lyzeum in München, danach Oberbibliothekar und Direktor des Münzkabinetts in Gotha 101, 335, 672 Jacobs, Friedrich Wilhelm Josias (1793– 1833), Sohn des Vorigen, Arzt, Studium in Göttingen, 1816 in Würzburg, 1817
in Wien, danach in Gotha (101), 627, 672 Jacobs, Paul Emil (1802–1866), Bruder des Vorigen, Historien- und Bildnismaler, Ausbildung in München, zeitweise in Rom, Frankfurt und Petersburg, zuletzt in Gotha (101), 672 Jacobs, Monty (Montague; 1875–1945), Schriftsteller und Journalist in Berlin, seit 1938 in England 462 Jacobus de Voragine (1230–1298), Dominikaner, 1252 Prof. der Theologie, 1292 Erzbischof von Genua 558 Jagemann, F e r d i n a n d Karl Christian (1780–1820), Maler, 1805/06 in Weimar, 1806–1810 in Rom, danach wieder in Weimar 105, 216, 224, 233, 679, 843, 848 Jagemann, Henriette C a r o l i n e Friederike (seit 1809 von Heygendorff; 1777– 1848), Schwester des Vorigen, Schauspielerin und Sängerin, 1790–1796 am Mannheimer Nationaltheater, 1797 am Weimarer Hoftheater, seit 1802 Geliebte des Herzogs Carl August von SachsenWeimar-Eisenach 105, 204, 280, 286, 679, 817, 843, 899, 914 Jagemann, Johanna Sophia Augusta Wilhelmina Marianne (1784–1858), Schwester der Vorigen, Sängerin, 1806 verh. mit Adolf Albert Friedrich Wilhelm von Danckelmann 105, 679, 843 Jakob IV. (1473–1513), 1488 König von Schottland 969 Jakobi — Jacobi Jakobsohn (Jacobson), Israel (1768–1828), Kaufmann und Beförderer der Judenemanzipation, Kammeragent des Braunschweiger Herzogs und Landrabbiner für den Weserdistrikt, 1807 Hofagent des westphäl. Königs Je´roˆme, seit 1814 in Berlin 990 Jariges, K a r l Elias Jean Ferdinand von (Ps. Beauregard Pandin; 1773–1826), Schriftsteller und Übersetzer, Gerichtsreferendar in Berlin, Theaterkritiker in
1095
Personenregister Weimar, 1809 ausgewiesen und wieder in Berlin 718 *Jasmund, Frau von (267), 767, 771, 888, 1008, 1050f. Jasmund, Herr von, 1806 verh. mit der Vorigen 1051 Jasmund, Carl Friedrich Heinrich von (1775– 1841), Hof- und Jagdjunker in kurfürstl.hess. Diensten, seit 1798 am Hof von Mecklenburg-Strelitz, 1802 Forstmeister in Stargard, 1806 Kammerherr und Oberforstmeister in Neustrelitz, 1818 Oberhofmeister 163f., 772, 1051 Jasmund, Carl Wilhelm Friedrich Theodor Gustav von, Adjutant des preuß. Generals Carl von Clausewitz, später Polizeidirektor in Stuttgart, 1805 verh. mit Emma Blumenbach 17, 546, 1041 Jasmund, Karoline Ernestine, geb. von der Goltz (1782–1864), 1804 verh. mit Carl Friedrich Heinrich von J. 164, 1051 Jean Paul (Johann Paul Friedrich Richter; 1763–1825) 41, 89, 191, 599, 548, 714, 734, 779, 804, 806, 1058 Jeanne d’Arc (Jungfrau von Orle´ans; 1412– 1431) 1013 Jeez, Herr von, Bauherr in Wiepersdorf 620 Je´roˆme — Bonaparte, Je´roˆme Jesaias, alttest. Prophet 45f., 603, 864 Jesus Christus 25, 44f., 208, 302, 361, 390, 395, 544, 588, 596, 602, 772, 780, 828f., 833, 994 Joachim I. — Murat, Joachim Johannes, Evangelist 208, 829 Johannes der Täufer, Bußprediger (bibl.) 734 Johannes XXII. (Jakob von Cahors; 1245 oder 1249–1334), 1316 Papst mit Sitz in Avignon 732 Jordis, J o h a n n C a r l Daniel (1781–1839), Bankier, Teilhaber der Firma Preye & Jordis, Bankier des hess. Kurfürsten, seit 1807 des Königs Je´roˆme in Kassel, 1812– 1824 in Paris, danach in Mainz und Berlin 174, 629, 783, 1042 Jordis, L u l u ( Ludovica, Louise) Maria Catharina, geb. Brentano (1787–1854),
Schwester von Bettina und Clemens B., 1805 verh. mit dem Vorigen, 1824 geschieden, 1827 verh. mit dessen Pariser Compagnon Richard Peter Rozier des Bordes, 1831 Rückkehr nach Frankfurt, seit 1845 auf Schloß Wasserlos bei Alzenau 70f., 174, 347, 629, 783, 976, 1042 Joris (auch Joriszoon), David (Ps. Johann van Brugge; 1501/02–1556), Führer der Wiedertäufer, Stifter der Sekte der Davidisten (David-Joristen), zunächst Glasmaler, 1524 in Delft, 1539 in Antwerpen, 1544 in Basel 18, 549f. Josephine, geb. Tascher des la Pagerie (1763–1814), 1779 verh. mit Alexandre de Beauharnais (1794 guillotiniert), 1796 verh. mit Napoleon I., 1804 zur Kaiserin gekrönt, 1809 gesch. 978 Judas Ischarioth, Jünger Jesu 15, 534, 543f. Judith, jüd. Witwe in Betulia, enthauptete Holofernes (bibl.) 207, 299, 927 Jung, Johann Heinrich (gen. Jung-Stilling; 1740–1817), Schriftsteller, Augenarzt und Staatswissenschaftler, 1787 Prof. der Ökonomie, Kameral- und Finanzwissenschaften in Marburg, 1803–1805 Prof. der Staatswissenschaften in Heidelberg, danach bad. Geheimrat in Karlsruhe 206, 825 Jupiter (griech. Zeus), oberster röm. Gott 138 Justi, Karl Wilhelm (1767–1846), Studium der Theologie in Marburg und Jena, 1790 Pfarrer in Marburg, 1793 Prof. ebd., 1802 Superintendent und Konsistorialrat, 1814 Oberpfarrer, 1822 Prof. der Theologie 878 Justinian(us) I. (um 482–565), 527 byzant. Kaiser 97, 660 Kahlow, Friedrich Gregor (um 1756– 1815), Vater des Folgenden, 1784 Stadtmusiker, 1800 Musikdirektor in Stralsund 1051
1096
Personenregister *Kahlow, Heinrich F r i e d r i c h Gregor 1051 Kalidasa (etwa 1. Hälfte 5. Jh.), ind. Dichter 622 Kampe — Campe, Joachim Heinrich Kant, Immanuel (1724–1804) 362, 993, 996 Kanzler — Canzler Karl I., der Große (742–814), 800 röm. Kaiser 97, 526, 549, 557, 660, 672, 707, 711, 766f. Karl V. (1500–1558), 1516 König von Spanien (Karl I.), 1519 röm.-dt. König, 1530 Kaiser 550, 830 Karl XII. (1682–1718), 1697 König von Schweden 76, 636 Karsch (Karschin), Anna Louise (1722– 1791), Schriftstellerin, Magd aus Schlesien, 1738 verh. mit dem Weber Hirsekorn, 1748 gesch., 1749 verh. mit dem Schneider Karsch, seit 1762 in Berlin 189f., 226, 236, 805, 848, 853, 1048 Kaßel, vmtl. Möbelhändler in Berlin 94 Kassini — Cassini Kastner, Karl Wilhelm Gottlob (1783– 1857), Apothekerlehre in Swinewünde, dann Gehilfe in einer Berliner Apotheke, nebenher Vorlesungsbesuch, 1804 Promotion in Jena und Privatdozent, 1805 Prof. der Physik und Chemie in Heidelberg, 1812 in Halle, 1818 in Bonn, 1821 in Erlangen 177, 209–211, 214, 631, 787f., 820, 832f. Katharina II., die Große, geb. Prinzessin Sophia Augusta Friederike von AnhaltZerbst (1729–1796), 1745 verh. mit dem russ. Thronfolger Großfürst Peter Fjodorowitsch (1761/62 Zar Peter III.), 1762 Zarin 773 Kato — Cato Kaufmann, Ferdinand, Hofbuchhändler und Verleger in Mannheim 757 Kaven, Johann Heinrich (1761–1800), Buchhändler und Verleger, zunächst in Leipzig, 1790 im dän. verwalteten Altona 191, 807
Kayser, Karl Philipp (1773–1827), 1794 Lehrer am Gymnasium in Heidelberg, 1807 Bibliothekssekretär der Universität, 1820 Direktor des Gymnasiums ebd. 559, 627, 966, 1046 Kerner, Justinus (1786–1862), Arzt und Schriftsteller, Medizinstudium in Tübingen, 1810 Arzt in versch. württ. Orten, 1818 Oberamtsarzt in Weinsberg 998, 1063 Kerssenbroick, Hermann von (ca. 1520– 1585), Geschichtsschreiber der Wiedertäufer, 1550–1575 Leiter der Domschule in Münster 18, 547–549 Kessel, Theodor van (um 1620–nach 1660), niederl. Kupferstecher 827 Kestner, C h a r l o t t e Sophie Henriette, geb. Buff (1753–1828), Wetzlarer Jugendliebe Goethes, 1773 verh. mit dem Folgenden 1051 Kestner, Johann Georg Christian (1741– 1800), Vater des Folgenden, Jurist, 1767– 1773 hann. Legationssekretär am Reichskammergericht in Wetzlar, danach Land- und Lehnsfiskal, auch Archivsekretär in Hannover 1051 *Kestner, T h e o d o r Friedrich Arnold 112, 155, 347, 593, 760, 976, 1051f. Kilian, Bartholomäus (1630–1696), Kupferstecher in Augsburg 827 King, Diane Jane Lady, Tochter des Earl of Kingston, um 1805 verh. mit Heinrich Levin Karl Friedrich Reichsgraf von Wintzingerode (dessen erste Ehe) 1065 Kinnaird, Douglas James William (1788– 1830), Sohn von George Lord K., Freund von Lord Byron, Studium in Eton, seit September 1805 Student in Göttingen, danach in Cambrigde, später Bankier in London 348, 977 Kinnaird, Frederik S. H., Bruder des Vorigen, seit Mai 1806 Student in Göttingen 348, 977 Kipp, Johann Heinrich (1773–1834), Jurist, Studium in Jena, dort 1794/95 befreundet mit Sophie Mereau, 1799 Notar und
1097
Personenregister Gerichtsaktuar in Lübeck, 1820 Mitglied des Lübecker Rates, 1822–1832 Archivherr, 1833 Bürgermeister ebd. 1046 Kirchhof, Hans Wilhelm (um 1525–1605), Schriftsteller, 1543–1554 Landsknecht, nach Studium in Marburg im Dienst eines hess. Landgrafen, seit 1584 Burggraf zu Spangenberg 921 Klauer, Martin Gottlieb (1742–1801), Bildhauer in Rudolstadt, Gera und Potsdam, 1773 Hofbildhauer in Weimar und Lehrer an der Freien Zeichenschule 674f. Kleist, Heinrich von (1777–1811) 1058 Klingelhöfer, vmtl. Witwe eines Heidelberger Registrators (Amtsangestellten), Hauswirtin Brentanos 53, 104, 612 Klingemann, Ernst A u g u s t Friedrich (1777–1831), Schriftsteller, aus Braunschweig, Jura- und Philosophiestudium in Jena, 1801 als Rechtskandidat in Braunschweig, 1813 Mitdirektor, dann Generaldirektor der Braunschweiger Bühne 316, 945 Klingsor, mythol. Zauberer aus Ungarn 806 Klodine — Piautaz, Claudine Klopstock, Friedrich Gottlieb (1724–1803) 78, 96, 659, 663f., 710, 804, 902, 1056 Kloß, Georg Franz Burghard (1787–1854), Arzt und Büchersammler, Studium in Heidelberg und Göttingen, 1810 Arzt in Frankfurt, 1816 am Rochusspital ebd. 945 Klotilde — Piautaz, Claudine Knaust, He(i)nrich (1521–1577), Dramatiker und Liederdichter, 1540–1544 Rektor des Köllnischen Gymnasiums in Berlin, dann Syndikus und Schulinspektor in Demmin, 1557 Lehrer am Marienstift in Erfurt 565f., 590 Knebel, Carl Ludwig von (1744–1834), preuß. Offizier, 1773 entlassen und in sachs.-weimar. Diensten, Erzieher des Prinzen Constantin, 1781 im Ruhestand, 1804 in Jena, Freund Goethes 773 Knopf — Knopff
Knopf, Johann Peter, Jurist in Braunschweig 874 Knopff, Friedrich Carsten (gest. 1845), 1797–1801 Theologiestudium in Göttingen, 1805 Jurastudium in Heidelberg, später Amtmann in Bruchhausen 254, 289, 874 Knorring, Karl Georg von (1769–1841), estn. Baron, 1810 verh. mit Sophie Bernhardi, 1819 in Heidelberg, seit 1820 auf seinem Gut Erwita in Estland 13, 539f., 594, 598 Koch, Erduin Julius (1764–1834), Literaturhistoriker, Bibliograph und Prediger, Studium in Halle, 1786 Lehrer für griech. und lat. Sprache in Berlin, 1790 Prediger in Stralau, 1810 wegen Alkoholismus in den Ruhestand versetzt, danach im Landesarmenhaus in Kreuzburg und im Korrektionshaus in Schweidnitz 39, 47, 99, 110, 148, 153–155, 175, 588, 594f., 605, 686, 745, 754f., 757, 759, 786 Koch, Michael (17. Jh.), Verleger in Frankfurt/O. 755 Koelle, Christoph F r i e d r i c h Karl (von) (1827 geadelt; 1781–1848), Jurastudium in Tübingen und Göttingen, 1803– 1806 Privatdozent und Hofgerichtsadvokat in Tübingen sowie Legationssekretär im diplomat. Corps Württembergs, danach Diplomat in Paris, Den Haag, München, Karlsruhe und Dresden, 1817 württ. Geschäftsträger beim Vatikan 109, 119, 131, 148, 213, 681, 685, 699, 722f., 746, 749, 837, 952 Körner, Bernhard (gest. 1829), Verleger, Buch- und Kunsthändler in Frankfurt 36, 590 Körner, Josef (1888–1950), Literaturwissenschaftler in Prag 594 Körte, Friedrich Heinrich Wilhelm (1776– 1846), Literaturhistoriker, Studium in Halle, seit 1799 in Halberstadt, Großneffe und Nachlaßverwalter von J. W. L. Gleim 119f., 176, 700, 785, 787, 808, 833, 923–925
1098
Personenregister Kohler, J o h a n n K a s p a r Stephan Anton (1778–1844), Studium in Jena (vmtl. Jura), danach Praktikant am Oberamt Neresheim, 1804 Assessor und Justizrat in Wallerstein (Donau-Ries), 1812–1832 Kammerprokurator und Berater des Fürsten Ludwig Kraft Ernst von Öttingen-Wallerstein 250, 868f. Kolbe, Carl Wilhelm (1759–1835), Sprachwissenschaftler, Zeichner und Kupferstecher in Dessau, Französischlehrer am Philanthropin 832 Kolping, Adolph (1813–1865), Schuster, später Priester, 1849 Domvikar in Köln und Begründer des Katholischen Gesellenvereins (Vorläufer des Kolpingwerks) 824 Kopernikus, Nikolaus (1473–1543) 137, 731 Koreff, David Ferdinand (seit 1816: Johann Ferdinand; 1783–1851), Arzt, Magnetiseur und Schriftsteller, Studium in Halle und Berlin, 1804–1811 Arzt in Paris, 1815 in Berlin, Leibarzt Friedrich Wilhelms III. und Hardenbergs, 1816 Taufe und Prof. der Medizin, seit 1822 in Paris 1005 Kornmann, Heinrich (1579–1627), Jurist aus Kirchhain, Schriftsteller 942 Kosegarten, Ludwig Theobul (1758–1818), Theologe und Schriftsteller, 1785 Schulrektor in Wolgast, 1792 Pfarrer in Altenkirchen (Rügen), 1808 Prof. der griech. Literatur und Geschichte, 1817 der Theologie in Greifswald 253, 871 Kosmeli (Cosmeli), Michael (1773–1844), Gelehrter und Abenteurer, Jurastudium in Halle, Göttingen und Jena, danach in Kurland, in Deutschland und der Schweiz, 1802 in Tiflis, 1804 in Schlesien, danach weitere Reisen 154f., 759 Kotzebue, A u g u s t Friedrich Ferdinand von (1761–1819; 1785 geadelt), Schriftsteller, 1781 Sekretär in Petersburg, 1783 Assessor in Reval (Tallin), 1785– 1790 Magistratspräsident von Estland,
1799 in Weimar, 1802 in Berlin. danach in russ. Dienst, in Mannheim ermordet 32, 95, 228, 240, 244, 246, 340, 442, 578f., 657f., 777, 804, 832, 836, 856, 862, 966f. Kramer — Cramer, Carl Friedrich Kranach — Cranach Krappfries — Fries, Christian Adam Kraus, J o h a n n a (Hannchen) Christiane (1784–1860), Tochter von Jakob K., Besitzer des Hüttenwerkes Ahler Hammer, 1802 Sommerliebe Brentanos, 1806 Heirat mit dem Frankfurter Kaufmannssohn Alexander Goullet, 1834 Scheidung der kinderlosen Ehe 543, 558, 780, 1044 Krause, August Friedrich Wilhelm, Kunstgärtner und Antiquitätensammler in Berlin 11, 536 Kretschmann (Maler) — Kretschmar, Carl Kretschmann, Theodor Conrad von (1762– 1820; 1801 geadelt), Jurist, Politiker und Schriftsteller, 1792 Prof. in Erlangen, 1793 im fränk. Landesministerium, 1797 zweiter Kammerdirektor in Bayreuth, 1801–1806 dirigierender Landesminister von Sachsen-Coburg-Saalfeld, seit 1808 vor allem auf seinem Klostergut Theres in Unterfranken, 1816–1819 in Düsseldorf 669 Kretschmar, Carl (1769–1847), Porträtund Historienmaler, 1803–1805 Studienreisen durch Deutschland, Italien und Frankreich, danach in Berlin 138, 733 Kreuzer — Creuzer Kriemhild, sagenhafte burgund. Königstochter 833 Kries, Friedrich Christian (1768–1848), Mathematiker, 1789 Kollaborator (Hilfslehrer), später Prof. am Gymnasium in Gotha, 1801 auch Lehrer am Schullehrerseminar, Verf. math. Lehrbücher und populärwiss. Schriften 71, 101, 335, 348, 627, 672, 844, 888 Krohn, Berthold Nicolaus (1722–1795), Theologiestudium in Leipzig, 1745– 1760 Hauslehrer in Hamburg, 1760 Pa-
1099
Personenregister stor an der Marien-Magdalenen-Kirche ebd., Verf. einer Geschichte der Wiedertäufer 18, 549 Krösalin (Crisalin) — Sinclair Kronion — Zeus Kronos (röm. Saturn), Titan der griech. Mythologie 58 Krüdener, Ludwig von (1772–1845), Diplomat, aus dem Rigaer Stadtgeschlecht von K., Kollegienassessor, russ. Geschäftsträger in Berlin und Wien 580f. Krug, Wilhelm Traugott (1770–1842), Philosoph, Studium in Wittenberg, 1792– 1794 in Jena, 1801 Prof. in Frankfurt (Oder), 1805 Nachfolger Kants in Königsberg, seit 1809 in Leipzig 996 Krugel, vmtl. Kupferstecher 827 Kuchenreuter, Johann Christoph (1670– 1743), Begründer der Oberpfälzer Büchsenmacherdynastie in Steinweg bei Regensburg 219, 845 Kühne, Georg Christian Friedrich (1766– 1818), seit 1800 Pfarrer an der Bartholomäus-Kirche in Giebichenstein (53), (66f.), 622 Küsel, Melchior (1626–1683), Kupferstecher in Augsburg 827 Kuntz, Karl (1770–1830), Maler und Radierer, zunächst in Mannheim, 1805 bad. Hofmaler, 1808 in Karlsruhe, 1829 Direktor der Gemäldegalerie 77, 637 Kuntze, Johann Christian (1761–1832), Zeichner, Miniatur- und Bildnismaler, 1798 in Köln, 1815 Zeichenlehrer an den Gymnasien ebd. 637 Kunze — Kuntz, Karl Kusel — Küsel, Melchior Kybele, kleinasiat. Mutter- und Fruchtbarkeitsgöttin 58, 617 Laar, Peter von (gen. Bambozzo; 1613– 1673), ital. Maler 838 *Labes, Caroline von (48), 97, 112, (156), (356f.), (359), (365), 385, 387–390, (421f.), 463, 467, 606, 608, 614, 619–621, 655, 711f., 763, 805, 853,
906, 937, 987, 992, 998, 1019f., 1039, 1052, 1061 Labes, Christina Juliana, geb. Wallersteen, verh. mit Kaspar L., Mutter von Johannes L. 1053 Labes, Friedrich (1762–1809), Bruder von Johannes L., Prediger an der Jakobskirche in Danzig 1053 Labes, Hans — *Schlitz, Hans Graf von Labes, Johann (Hans) von (1731–1776), Großvater Arnims, Geh. Rat, 1755 im preuß. Auftrag in Wien, 1760 preuß. Kammerherr und Legationsrat, 1760 verh. mit Caroline von L. (189f.), (226), (236), 805, (848), (852), 1051, 1061 *Labes, Johannes 358, 992, 998, 1033, 1053 Labes, Kaspar (gest. 1765), Vater des Vorigen, Kaufmann in Danzig 1053 Labes, Susanna Jakobina, geb. Mahl, Tochter des Gold- und Silberfabrikanten Jakob Mahl, 1787 verh. mit Johannes L. 1053 Ladislaus Posthumus (1440–1457), 1453 König von Böhmen und Ungarn und Herzog von Österreich 794 Lafontaine, A u g u s t Heinrich Julius (1758– 1831), Theologe und Schriftsteller, 1789 Feldprediger des Regiments von Thadden, 1796 Prediger in Halle, 1801 Gutsbesitzer bei Halle 659, 757 La Foye, Louis de (gest. 1863), Botaniker, frz. Emigrant, preuß. Offizier, 1804 Rückkehr nach Frankreich, 1808 Prof. in Caen 901, 1005 Lambert — Hortensius, Lambertius Landschaden von Steinach, seit 1286 Rittergeschlecht der Edelfreien von Steinach, 1653 erloschen 247, 865 Lange, Gottlob August (gest. 1794), Buchhändler und Verleger in Berlin 1058 Langhans, Carl Gotthard (1732–1808), Architekt, Jurastudium in Halle, 1764 Bauinspektor des Fürsten Franz Philipp Adrian von Hatzfeld, 1775 in Breslau, 1788 Direktor des Oberhofbauamtes in Berlin 734
1100
Personenregister Lannes, Jean (1769–1809), Herzog von Siewiers und Herzog von Montebello, frz. Marschall und Freund Napoleons, seit 1792 in der Armee, 1796 Oberst und Brigadegeneral, 1798 in Ägypten, 1800 in Italien, 1801 bevollmächtigter Minister in Lissabon, 1804 Marschall, 1805 bei Austerlitz, 1806 bei Jena, 1808 in Spanien, 1809 in Österreich tödlich verwundet 365 La Roche, F r i e d e r i k e Eleonore, geb. von Stein zu Lausnitz (1772–1838), verh. mit dem Folgenden 13, 539 La Roche, Georg C a r l von (1766–1839), Sohn von Sophie von L., 1788 preuß. Bergrat und Assessor bei der Saline in Schönebeck, 1805 Geh. Oberbergrat in Berlin, 1810 Direktor der Oberbergamtes 32, 539, 580 La Roche, Georg Michael Frank von (1720– 1788), kurtrier. Geh. Rat, 1770 Konferenzminister in Koblenz-Ehrenbreitstein, 1775 Staatsrat, 1778–1780 Kanzler, danach entlassen und in Speyer, danach in Offenbach, 1753 verh. mit Sophie von L., Großvater Bettina und Clemens Brentanos 752f., 881 La Roche, Helmuth von (1798–1837), Sohn von Georg C a r l von L., Oberbergrat am Oberbergamt für die westfäl. Provinzen Preußens in Dortmund 13, 539 La Roche, Marie S o p h i e von, geb. Gutermann (1730–1807), Schriftstellerin, 1747 Verlobung mit dem Leibarzt des Fürstbischofs von Augsburg Giovanni Lodovico Bianconi (1749 gelöst), 1750 Verlobung mit Christoph Martin Wieland, 1753 gelöst und Heirat mit Georg Michael Frank von L., 1754 in Mainz, Warthausen und Bönnigheim, 1771 in Ehrenbreitstein, seit 1786 in Offenbach, Großmutter Bettina und Clemens Brentanos 70, 262, 569, 628, 752f., 881f., 1042 Larosche — La Roche Lasnes — Lannes, Jean
Lasso, Orlando di (Orlandus Lassus, Roland Lassus; 1520–1594), 1553 Kapellmeister am Lateran in Rom, 1655 in Antwerpen, 1556 Mitglied der Hofkapelle in München, 1562 Kapellmeister ebd. 68, 624f. Lauwers, Nicolaes (1600–1652) oder dessen Sohn Coenrads (1632–1685), Kupferstecher in Antwerpen 827 Laval, Jean Claude (gest. 1793), Schwiegersohn von Jean Claude Toussaint, mit dessen Sohn Frederic Teilhaber des Königsberger Handelshauses Toussaint et Comp. 993 Lavater, Johann Kaspar (1741–1801), schweiz. ref. Theologe, Schriftsteller und Physiognom, bis 1764 in Deutschland, 1769 Diakon in Zürich, 1775 Pfarrer ebd. 339, 603, 804, 965, 1056 Lechner, Johann Leonhard Sixtus (gest. 1823), Buchhändler und Auktionator in Nürnberg 100 Lechner, Leonhard (um 1553–1606), Komponist, 1575 in Nürnberg, 1589 Hofkomponist, 1594 Hofkapellmeister des Herzogs Ludwig von Württemberg 711 Leda, Geliebte des Zeus (griech. Myth.) 978 Lederer, David, Universitätsangestellter in Marburg 705 Leibniz, Gottfried Wilhelm von (1646– 1716) 21, 556 Leiden (Leyden), Johann von — Bockelson, Johann Lenz, Jakob Michael Reinhold (1751– 1792), Schriftsteller, 1771 Hofmeister in Straßburg, 1776 in Weimar, 1778 in Emmendingen, 1779 in Riga, 1781 in Petersburg, danach in Moskau 130, 153, 720, 753f., 757 Leo, Leonardo (1694–1744), ital. Komponist, Kapellmeister in Neapel 67 Leon, Gottlieb von (1757–1830), Lyriker, 1782 Skriptor, 1816 Kustos an der Wiener Hofbibliothek, Mitarbeit an dem
1101
Personenregister seit 1777 erscheinenden Wiener Musenalmanach 174, 181, 206, 783, 794, 824 Leonardo da Vinci (1452–1519) 348, 978 Leonhardi, Hermann Carl Freiherr von (1809–1875), Philosoph und Schriftsteller, 1849 Prof. in Prag 562 Leopold I. (1640–1705), 1658 röm.-dt. Kaiser 83, 643 Leopold IV. — Österreich Le Pique, Johann Philipp (1776–1815), Theologe, Senior des Sapienzkollegiums in Heidelberg (Studienzentrum für Theologiestudenten), 1803 Stadtpfarrer in Erlangen, 1806 in Mannheim 22, 559, 966f. Lerchenfeld-Köfering, M a x i m i l i a n Emanuel Graf von und zu (1772–1809), bayer. Gesandter am Reichstag, 1801 in Dresden, Ende 1806 in Paris, 1808 in Kassel 803f. Lessing, Gotthold Ephraim (1729–1781) 124, 150, 182, 298, 300, 441, 594, 603, 710, 740–742, 795, 806, 926, 935, 941 Levi — Levin; Levy Levin, Rahel (1771–1833), Schriftstellerin und Salonnie`re, Tochter des Berliner Kaufmanns Markus Levin, 1814 verh. mit Karl August Varnhagen von Ense 140, 146, 689, 735, 867, 960, 1048, 1054, 1064 Levin (später Robert-Tornow), Robert (Ernst Friedrich Ludwig; 1778–1832), Bruder der Vorigen, Schriftsteller, 1805/06 Mitarbeiter an der Berliner Zs. Der Freimüthige, 1819 Taufe 111, 689 Levy, Samuel Salomon (1760–1806), Bankier in Berlin 11, 50, 867 Levy, Sara, geb. Itzig (1761–1854), Tochter des Berliner Bankiers und Industriellen Daniel Itzig, 1783 verh. mit dem Vorigen, Berliner Salonnie`re 249, 524, 608, 655, 735, 867, 1045 Lichtenberg, Georg Christoph (1742– 1799), Naturforscher und Schriftsteller, 1767 Prof. der Mathematik in Gießen,
1770 Prof. der Mathematik, Physik und Astronomie in Göttingen 1047 Lichtenberg, L u d w i g ( L o u i s ) Christian Christoph von (1784–1845), Großneffe und Patenkind des Vorigen, Studium in Göttingen, 1805 Assessor in Darmstadt, 1810 Regierungsrat, 1816 Verwaltungschef der Provinz Rheinhessen 74f., 635 Lichtenstein, Martin Heinrich Karl (1780– 1857), Forschungsreisender und Naturforscher, Medizinstudium in Jena und Helmstädt, 1811 Prof. der Zoologie in Berlin, 1813 Direktor des Zoologischen Museums 593f. Lisebetten (Lisebetius), Peter van (1630– 1678), niederl. Maler und Kupferstecher 827 Loder, Justus Christian (von) (1753–1832; 1809 geadelt), Arzt, 1778 Prof. der Anatomie und Chirurgie in Jena, Geh. Hofrat und Prorektor der Universität, 1803 in Halle, 1810 Arzt in Moskau, Leibarzt des Zaren 150f., 750 Logau, Friedrich von (1604–1655), Jurist und Schriftsteller, 1644 Anstellung am Hof in Brieg, 1654 Regierungsrat in Liegnitz 26 Lohenstein, Daniel Casper von (1635– 1683), Jurist und Schriftsteller, 1657 Anwalt in Breslau, 1666 Regierungsrat in Oels, 1670 Syndikus in Breslau 26, 122, 584, 707 Loos, Johann Jakob (1774–1838), Studium der Medizin in Heidelberg, Jena und Würzburg, 1802 Privatdozent in Heidelberg, 1805 Prof. der Medizin ebd., seit Anfang 1810 geisteskrank 339, 653 Lorrain, Claude (um 1600–1682), frz. Maler 138, 337, 348, 350, 421, 733, 963, 978 Lot(h), Bürger von Sodom, beim Untergang der Stadt von Gott gerettet (bibl.) 207 Lucchesini, Girolamo Marchese di (1751– 1825), ital. Diplomat in preuß. Diensten, 1780 Kammerherr, 1787/88 preuß. Gesandter in Rom, 1789–1792 in Warschau, 1793–1797 in Wien, 1800–1806 in Paris 920
1102
Personenregister Ludwig IV., der Bayer (1287–1347), 1314 röm.-dt. König, 1328 Kaiser 571, 732 Ludwig XIV. (1638–1715), 1643 König von Frankreich 925 Ludwig XV. (1710–1774), 1715 König von Frankreich 537 Ludwig XVI. (1754–1793), 1774–1792 König von Frankreich, 1793 hingerichtet 911 L u i s e Auguste Wilhelmine Amalie (1776– 1810), Königin von Preußen, Tochter des Herzogs Carl von Mecklenburg-Strelitz, 1793 verh. mit Friedrich Wilhelm III. 131, (228), (239), 723, 732, 803, 855, 999, 1050f. Luther, Martin (1483–1546) 45–47, 50, 129, 137, 143f., 248, 269, 315f., 584, 598, 603f., 608, 663f., 682f., 730f., 864, 892f., 935, 945 Maaß, Johann Gebhard Ehrenreich (1766– 1823), Philosoph, 1784 Studium in Halle, 1787 Magister, 1791 Prof. für Philosophie, Ästhetik und empirische Psychologie ebd. 659 Mack von Leiberich, Karl Freiherr (1752– 1828), österr. General, 1788 Teilnahme am Türkenkrieg, 1798 in Neapel, 1800– 1805 ohne Anstellung, 1805 Generalquartiermeister, nach der Kapitulation von Ulm bis 1808 in Festungshaft, 1819 rehabilitiert 189, 804f. Mätham — Matham Mahl, Jakob, Gold- und Silberfabrikant in Danzig 1053 Mahlmann, Siegfried August (1771–1826), Schriftsteller, Redakteur und Verleger, Studium in Leipzig, 1792 Hofmeister in Livland, 1798 in Leipzig, 1802–1806 Besitzer der Junius’schen Buchhandlung, seit 1805 Hg. der Zeitung für die elegante Welt 284, 909f. Mahomed — Mohammed Maier — Meyer, Johann Friedrich von Majer, Georg Gottlob F r i e d r i c h (1772– 1818), Studium in Jena, 1796–1798 Ge-
hilfe Friedrich Ernst Carl Mereaus in der Jenaer Universitätsbibliothek, 1798– 1804 Indologe und Schriftsteller in Weimar, befreundet mit Sophie Mereau, 1804 Hofrat in Gera und Erzieher des Erbprinzen von Reuß-Schleiz 526, 554, 1063 Manesse, Rüdiger (gest. 1309), Zürcher Ratsherr, Namenspatron einer Minnelieder-Handschrift 181, 795 Marcheti — Marchetti-Fantozzi, Maria Marchetti-Fantozzi, Maria (geb. 1766/67), Sopranistin aus Neapel, 1786 verh. mit dem Sänger Angelo Fantozzi, 1792– 1805 Primadonna an der ital. Hofoper in Berlin, danach vmtl. in Petersburg, 1816 in Paris 14–16, 534 Maria, Gottesmutter (bibl.) 159, 765, 777, 804, 810 Mariette, Jean (1660–1742), frz. Maler und Stecher 827 Marrett — Mariette Mars, röm. Kriegsgott 749f. Marwitz, Alexander von der (1787–1814), preuß. Offizier, Studium in Frankfurt/O. und Halle, 1806/07 Bewirtschaftung des Gutes Friedersdorf, danach in Memel, 1809 in Berlin, 1809/10 im österr. Regiment Klenau, danach wieder in Berlin, 1813 im Korps von General Tettenborn, seit 1809 Freund und Korrespondent Rahel Levins 334, 960 Marwitz, Friedrich August Ludwig von der (1777–1837), Bruder des Vorigen, preuß. Offizier, seit 1791 in der Armee, 1802 auf Gut Friedersdorf, 1805–1807 Kriegsdienst, 1811 Festungshaft in Spandau, 1813 Organisator der märk. Landwehr, 1827 als Generalleutnant verabschiedet 334, 960 Masch, Andreas Gottlieb (1724–1807), Theologe, 1756 Stadtprediger in Neustrelitz, 1761 Hofprediger, 1765 Superintendent ebd. 228, 230, 237–239, 774, 854f. Masson, Charles Franc¸ois Philibert (1761– 1807), Schriftsteller, frz. Offizier in russ.
1103
Personenregister Diensten, 1797 aus Rußland ausgewiesen, seit 1800 in Frankreich 773 Matham, Theodor (1605/06–1676), niederl. Kupferstecher 827 Mathani — Matham Matheoli; Malleolus — Hemmerli(n), Felix Matthisson, Friedrich (von) (1761–1831; 1809 geadelt), Schriftsteller, 1781 Lehrer am Philanthropin in Dessau, 1795– 1811 Vorleser in Wörlitz und Reisebegleiter der Fürstin Luise von Anhalt-Dessau, 1812 Theaterintendant und Bibliothekar in Stuttgart, 1829 in Wörlitz 78, 525, 573 Maximilian I. (1459–1519), Erzherzog von Österreich, 1486 röm.-dt. König, 1508 Kaiser 555 Maximilian Joseph I. (1756–1825), 1799 Kurfürst, 1806 König von Bayern 872 Mazarin, Herzogin von, Geliebte des Prinzen Franc¸ois de Bourbon-Conti, Mutter von Ste´phanie Louise de Bourbon-Conti 537 Mecklenburg, Balthasar (Baltzer) Prinz von (1451–1507), 1480 Herzog, reg. seit 1503 mit seinen Neffen Albrecht VII., Erich II. und Heinrich V. 241, (243), (438), 857 Mecklenburg, Erich Prinz von (1451– 1507), Neffe des Vorigen, 1503 Herzog 241, (243), (438), 857 Mecklenburg-Schwerin, Friedrich Franz I. Herzog von (1765–1837), 1785 Herzog, 1815 Großherzog (241), (243), (438), 857, 887 Mecklenburg-Strelitz, Adolf Friedrich III. (1686–1752), 1708 reg. Herzog, Begründer von Neustrelitz (232), 852 Mecklenburg-Strelitz, C a r l Ludwig Friedrich von (1741–1816), 1794 Herzog, 1815 Großherzog, königl. großbrit. und kurfürstl. braunschweig.-lüneburg. Feldmarschall (162), (164), 166–168, 230, (233f.), (237), (451), 771f., 774, 779, 848, 852–854, 1053 Mecklenburg-Strelitz, Charlotte Wilhelmine, geb. Prinzessin von Hessen-Darm-
stadt (1755–1785), 1784 verh. mit dem Vorigen (dessen zweite Ehe) 852f. Mecklenburg-Strelitz, E r n s t Gottlob Albrecht Prinz von (1742–1814), Bruder von C a r l Ludwig Friedrich von M., königl. großbrit. und kurfürstl. braunschweig.-lüneburg. Feldmarschall (164), 168, (216), (224), (233), (451), 772, 843, 848, 852 Mecklenburg-Strelitz, Friederike Caroline Luise, geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt (1752–1782), 1768 verh. mit Herzog C a r l Ludwig Friedrich von M. (dessen erste Ehe) 852f., 1053 *Mecklenburg-Strelitz, G e o r g Friedrich Carl Joseph Erbprinz von (204), (216), (224), (233), 803, 809, 817, 842, 846, 848, 850, 852, 1050f., 1053f. Medici, Maria de (1575–1642), 1600 verh. mit Heinrich IV., 1610 zur Königin gekrönt, reg. nach der Ermordung Heinrichs IV. für ihren unmündigen Sohn Ludwig XIII. 735 Meier — Meyer Meil, Johann Wilhelm (1733–1805), Zeichner, Kupferstecher und Maler, seit 1752 in Berlin, 1791 Rektor, 1798 Vizedirektor, 1801 Direktor der Berliner Akademie der Künste 155, 759 Meißner, August Gottlieb (1753–1807), Schriftsteller, 1785 Prof. für Ästhetik und klass. Literatur in Prag, 1805 Konsistorialrat und Direktor des Gymnasiums illustre in Fulda 605 Meister, Leonhard (1741–1811), schweiz. Theologe, Schriftsteller, Kultur- und Literaturhistoriker, 1773 Prof. der Geographie und Geschichte in Zürich, 1791 Pfarrer an der Jakobskirche ebd., 1798 Sekretär des Helvetischen Direktoriums in Luzern und Bern, 1800–1806 Pfarrer in Langnau, 1807 Pfarrer in Kappel 253, 873, 878 Melanchthon, Philipp (1497–1560) 178, 939 Meline — Brentano, Meline
1104
Personenregister Mello e Carvalho, Maria Rosa Bianca de (1774–1837), aus Bologna, 1809 verh. mit Graf K a r l Friedrich Alexander Finck von Finckenstein 1048 Memnon, äthiop. König (griech. Myth.) 401, 1027 Mendelssohn, Moses (1728–1786), Philosoph, seit 1743 in Berlin 603, 1056 Merck, Johann Heinrich (1741–1791), Schriftsteller und Kunstsammler in Darmstadt, 1768 hessen-darmstädt. Kriegszahlmeister, 1772 Direktor der Frankfurter Gelehrten Anzeigen, 1774 Kriegsrat, befreundet mit Goethe 253, 255, 870f., 877 Merck, W i l h e l m Christian Jakob (1782– 1820), Sohn des Vorigen, Studium der Forst- und Kameralwissenschaft in Gießen und Heidelberg, 1804 Assessor beim Oberforstkollegium in Darmstadt 253, 255, 870f., 877 Mereau, Emina Gisela H u l d a (1797– 1832), Tochter Sophie Brentanos aus erster Ehe mit Friedrich Ernst Carl M., von Clemens Brentano adoptiert, 1824 verh. mit dem Heidelberger Theologieprof. Karl Ullmann, seit 1829 in Halle 70, 92, 176f., 255, 876, 1044f. Mereau, Friedrich Ernst Carl (1765–1825), Jurastudium in Jena, Advokat beim Gesamtgerichtshof ebd., 1793–1800 Universitätsbibliothekar, 1795 Prof. der Rechte ebd., 1793 verh. mit Sophie Schubart, 1801 gesch., 1802 verh. mit Christiane Juliane Herold, 1803 Amtmann in Themar, 1806 Oberamtmann in Saalfeld 1046 Mereau, Gustav (1794–1800), Sohn von Friedrich Ernst Carl und Sophie M. 1046 Mereau, Sophie, geb. Schubart — *Brentano, Sophie Merk — Merck Merkel , G a r l i e b Helwig (1769–1850), Schriftsteller, aus Loddiger (Livland), 1788–1794 Hofmeister bei und in Riga,
danach Literaturkritiker und Publizist in Berlin, 1804–1806 Hg. der Berliner Zs. Der Freimüthige, seit 1807 Publizist in Riga 277, 577, 658, 698, 736, 832, 901f. Merkur (griech. Hermes), röm. Götterbote 262 Merten, Joseph, Frankfurter Kaufmann, Gutsbesitzer in Winkel (Rheingau) 931 Meschersky, georg. Fürst, 1777/78 als Stipendiat von Zarin Katharina II. in Göttingen 1047 Meyer, Daniel (um 1778–nach 1859), 1795 Medizinstudent in Halle, 1803 Eröffnung einer Apotheke in St. Gallen (174), 783 Meyer, Friedrich Wilhelm d. Ä. (um 1770 – nach 1822), Kupferstecher in Berlin 732 Meyer, Johann Friedrich von (1772–1849), Frankfurter Jurist, Schriftsteller und Bibelexeget, 1803 Leiter des Theaters, 1807 Gerichtsrat, 1816 Senator und Konsistorialrat, 1821 Schöffe, später mehrmals Älterer Bürgermeister 36, 589f., 731 Meyer, Johann Heinrich (1760–1832), schweiz. Maler und Kunsthistoriker, Schüler von Johann Heinrich Füßli in Zürich, 1784–1789 in Rom, 1791 in Weimar, 1794 in Dresden, seit 1795 Lehrer und Direktor der Freien Zeichenschule in Weimar, zeitweise in Italien, Kunstfreund Goethes 702 Meyer, Johann Ulrich, Vater von Daniel M., Unterbürgermeister in St. Gallen 783 Michelangelo Buonarroti (1475–1564) 99, 666 Minerva (griech. Athene), röm. Göttin der Künste und des Handwerks 262 Mistewoi (Mistizlav) III. (10. Jh.), Obotritenfürst (239), 855 Mnioch, Johann Jakob (1765–1804), Schriftsteller, Theologiestudium in Jena, Hauslehrer in Halle, 1790 Schulrektor in Neufahrwasser bei Danzig, 1796 Asses-
1105
Personenregister sor der preuß. Lotteriedirektion in Warschau 659 Mössler, Johann Gottfried (geb. 1770), Jurist und Schriftsteller, nach Aufenthalt in Mecklenburg und in der Niederlausitz 1813 Hofgerichts- und Konsistorialadvokat in Wittenberg, Privatdozent an der Universität ebd. 219, (221), (441), 845 Mohammed (Muhammad, Mahomet; 569–632) 127, 132, 446, 714f., 956 Mohr, Jacob Christian Benjamin (1778– 1854), Buchhändlerlehre in Frankfurt, danach bei J. C. Dieterich in Göttingen, 1797 in der Hoffmannschen Buchhandlung in Hamburg, 1804 Übernahme der Buchhandlung von August Hermann in Frankfurt und Heirat mit dessen Witwe, 1805 Gründung der Buchhandlung von Mohr und Zimmer in Heidelberg und Frankfurt, 1811 in Heidelberg, seit 1822 alleinige Leitung (68), 78, 111f., 192, 214, 257, 284, 347, 625, 636, 639, 654, 741, 763, 786, 807f., 840, 966 Montag & Weiß, Buchhandlung und Verlag in Regensburg, 1737 von Johann Leopold Montag gegründet, seit 1772 Montag & Grauer, 1788 wird J. L. A. Weiß Mitinhaber 364, 997 Moritz, C. D., geb. Palitzsch, Bekannte oder Hausangestellte von Caroline von Labes 331 Mosheim, Johann Lorenz (1694–1755), Theologe, Pastor in Kiel, 1723–1747 Prof. in Helmstedt, danach Universitätskanzler in Göttingen 18, 549 Motz, Gerhard Heinrich (1776–1868), Jurist, Studium in Marburg, 1798 Assessor in Hanau, um 1806 Justizrat ebd., 1831 kurhess. Finanzminister 1043 Mozart, Wolfgang Amadeus (1756–1791) 31, 576, 640 Mozler, Joseph Matthias (1761–1817), Sohn des Freisinger Hofbuchbinders Franz Ignaz Mozler, Buchbinderlehre, danach Antiquar, Kleinverleger und Kunsthändler sowie Inhaber einer Leih-
bibliothek in Freising (111), 206, 595, 624, 672, 687, 824, 873 Mühlmann — Mülmann Mülhens, Heinrich (1758–1838), Bankier in Koblenz, seit 1794 in Frankfurt, 1802 Bürgerrecht 1008f. Mülhens, Frau des Vorigen 1009 Müller (gest. 1805), Student in Heidelberg 64 Müller, Adolph (1784–1811), Medizinstudium in Halle, danach Arzt in Bremen 1057 Müller, Anna Rosine (2. Hälfte 17. Jh.), Hauswirtin Christian Reuters in Leipzig 592 Müller, Caspar, 1806 Mitarbeiter der Firma Jost Müller und Comp. in Luzern, zuvor in Frankfurt (177), 790 Müller (Myller), Christoph Heinrich (1740– 1807), 1767–1788 Prof. der Philosophie und Geschichte am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, danach Theologe und Literaturkritiker in Zürich 148, 745, 954 Müller, Elise (1782–1849), Schwester von Adolph M., Pianistin und Komponistin in Bremen 1057 Müller, Ernest-Louis (Miller, Ernst Ludwig; Ps. Krasinski; 1740–1811), aus Warschau, Flötist und Verfasser von Balletten, um 1760 in Berlin, seit 1768 in Frankreich 571 Müller, Friedrich, gen. Maler Müller (1749– 1825), Schriftsteller, Kupferstecher und Maler, 1777 in Mannheim, 1778 in Rom, dort 1781 zum Katholizismus konvertiert 10, 263, 340f., 532, 883, 966f. Müller, Gottfried Ernst Andreas, Assessor der Mittelmärkischen Ritterschafts-Registratur und Land-Rentmeister in Berlin 390, 1022 Müller, Johann Wilhelm, aus Speyer, 1805 als Kandidat der Theologie in Heidelberg imm. (251), 870 Müller, Johannes von (1752–1809; 1791 geadelt), Historiker und Staatsmann,
1106
Personenregister 1772 Gymnasiallehrer in Schaffhausen, 1781 Prof. der Statistik in Kassel, 1786 Hofrat und Bibliothekar in Mainz, 1793 Mitglied der Geh. Hof- und Staatskanzlei in Wien, 1800–1804 Kustos der kaiserl. Bibliothek, 1804 Kriegsrat und Geschichtsschreiber des hohenzollernschen Hauses in Berlin, 1807 Staatssekretär des Königreichs Westphalen 31, 35, 120, 175, 209, 295f., 330, 429, 437, 574f., 700, 773, 784, 808, 833, 878, 923–925, 956 Müller, M., Zeichner einer Porträtkopie von Johann von Leiden 263, 883, 1027 Mülmann, Carl Friedrich von (1781–1822), Jurist, 1798 Studium in Jena, 1800 in Marburg, danach Regierungsrat in Wiesbaden, 1809 Direktor für Wege- und Uferbau, 1814 Geheimer Rat und Vizedirektor der Generaldomänendirektion, 1815 deren Präsident 704 Murat, Joachim (1767–1815), frz. General, 1800 verh. mit Napoleons Schwester Caroline, Gouverneur der Zisalpinischen Republik, 1804 Marschall, 1806 Großherzog von Cleve und Berg, 1808 als Joachim I. Napoleon König von Neapel (216), 365, 841 Murr, Christoph Gottlieb von (1733– 1811), Nürnberger Polyhistor, Jurist, Kunst- und Lokalhistoriker, Sammler und Philologe, 1751 Studium in Altdorf, danach Europareisen, 1760 Zoll- und Waagamtmann in Nürnberg 99, 109f., 255, 666, 684, 686, 875 Mursinna, Carl Friedrich (um 1780–1805), 1801 Student der Kameralistik in Göttingen, Referendar, 1804 Auskultator (Gerichtsreferendar) am Stadtgericht Berlin 33, 572f., 580–582 Mursinna, Christian Ludewig (1744–1823), Vater des Vorigen, Chirurg, Wundarzt an der Charite´ in Berlin, 1787 Generalchirurg an der Charite´ und Prof. der Medizin, 1797 Chef des preuß. Militärsanitätswesens 582
Musäus, Johann Karl August (1735–1787), Schriftsteller, 1763 Pagenhofmeister in Weimar, 1769 Gymnasialprof. für klass. Sprachen und Geschichte ebd. 162, 770 Mussin-Puschkin, Apollo Apollonowitsch (1760–1805), russ. Chemiker und Botaniker 759 Nachtigal, Johann Karl Christoph (Ps. Otmar; 1753–1819), Lehrer und Prorektor an der Domschule in Halberstadt, 1800 deren Direktor, 1812–1816 Generalsuperintendent des Fürstenhauses Halberstadt und der Grafschaften Hohnstein und Mansfeld 13, 23, 37, 48, 540f., 561, 591, 795 Napoleon I. (1769–1821) 19f., 65, 70, 112, 131, 148, 163, (195), 206, 241, 262, 290, 293, 296f., 417, 437, 460, 547, 552f., 560, 628, 656, 664, 678, 690, 707, 721f., 729, 746, 771, 804, 811, 813, 825, 841f., 859, 889, 911, 920, 922, 927, 961, 973, 978, 983, 985, 989, 995, 999, 1048, 1056, 1064 Nassau, Adolf II. Graf von (um 1423– 1475), 1461 Erzbischof von Mainz (865) Nassau-Usingen, Friedrich August Fürst von (1738–1816), seit 1744 in Biebrich, 1803 reg. Fürst 635f. Nassau-Usingen, Luise, geb. von Waldeck (1751–1816), 1775 verh. mit dem Vorigen 635 Nasse, Christian Friedrich (1778–1851), 1796 stud. med. in Halle, 1800 prom. und Arzt in seiner Geburtsstadt Bielefeld, 1815 Prof. der Medizin in Halle, 1819 an der Universität Bonn 78, 640 Nathusius, P h i l i p p Engelhard (1815– 1872), Kaufmann und Schriftsteller in Althaldensleben (bei Magdeburg), 1848 Mitarbeiter der preuß. Kreuzzeitung, Gründer einer Rettungsanstalt für Knaben in Neinstedt (Harz) 1047 Naubert, Christiane Benedikte, geb. Hebenstreit (1756–1819), Schriftstellerin, 1797
1107
Personenregister verh. mit dem Naumburger Kaufmann Lorenz Holderieder (gest. 1800), in zweiter Ehe verh. mit Johann Georg N., Kaufmann in Naumburg 770 Naumann, Johann Gottlieb (1741–1801), Komponist und Kapellmeister, 1764 Kirchenkomponist am Dresdner Hof, 1777 in Kopenhagen und Stockholm, 1788/89 in Berlin, danach wieder in Dresden 28, 571, 580 Nebukadnezar II., 604–562 v. Chr. König des neubabylon. Reiches 835 Nebusaradan, Oberst der Leibgarde Nebukadnezars II. 835 Necker, Jacques (1732–1804), frz. Bankier und Staatsmann, 1768 Gesandter von Genf in Paris, 1776 Finanzrat, 1777– 1781 und 1788/89 Generaldirektor der Finanzen von Frankreich, seit 1790 auf seinem Schloß Coppet bei Genf, Vater der Madame de Stae¨l 111, 687 Nelson, Lord Horatio (1758–1805), Admiral, 1801 Oberbefehl über die engl. Kanalflotte, 1803 Oberbefehlshaber im Mittelmeer, 1805 in der Schlacht von Trafalgar tödlich verwundet 129, 719 Neumann, Friedrich W i l h e l m (1781– 1834), Schriftsteller, zunächst Händler in Berlin, 1805 Theologiestudium in Halle, 1806 abgebrochen, danach Erzieher, Redakteur, Übersetzer und Buchhandlungsgehilfe in Berlin, 1813 Expedient im preuß. Kriegskommissariat 554, 900f. Neurath, Constantin von (1777–1817), Jurastudium in Marburg, 1804 am Wetzlarer Reichskammergericht, 1806 in württ. Dienst, später Justizminister, Jugendfreund Savignys 1059 Neurath, Johann Friedrich Albrecht C o n s t a n t i n von (1739–1816; 1791 geadelt), Vater des Vorigen, Vertreter des Herzogtums Cleve beim Reichskammergericht in Wetzlar, 1806 bad. Hofgerichtspräsident 1059 Newton, Isaac (1643–1727) 927
Niclas von Wyle (Nicolai von Weil; um 1410– 1479), Stadtschreiber in Radolfzell, Nürnberg und Eßlingen, 1469 Kanzler des Grafen Ulrich von Württemberg 557 Nicola da Casola (gest. 1383), ital. Dichter 399, 1024 Nicolai, Christoph F r i e d r i c h (1733– 1811), Verlagsbuchhändler, Kritiker und Schriftsteller in Berlin 155, 162, 165, 181, 192, 350, 533, 543, 748, 760, 770, 794f., 807, 815f., 982 Nicolai, Philipp (1556–1608), Theologe und Kirchenliederdichter, Pfarrer in Herdecke, Wildungen und Unna, 1601 Hauptpastor an der Katharinenkirche in Hamburg 750 Niemeyer, August Hermann (1754–1828), Theologe, Pädagoge und Schriftsteller, 1784 Prof. der Theologie und Inspektor des königl. Pädagogiums in Halle, 1785 ebd. Mitdirektor der Franckeschen Stiftungen, 1787 Leiter des päd. Seminars, 1808 Kanzler der Universität 959 Niemeyer, Gottlieb A n t o n Christian (1783– 1864), Schriftsteller, Neffe des Vorigen, Studium in Jena, 1805 in Mansfeld, danach Lehrer in Kassel 139, 145, 734 Nikolai — Nicolai Nikolaus Cyriakus (gest. 1323), Propst von Bernau (138), (144), 732 Nostitz, Karl von (1781–1838), Studium in Halle, 1802 im preuß. Militärdienst, 1805 Adjutant des Prinzen Louis Ferdinand, 1809 Führer der Fränkischen Legion, 1813 in russ. Diensten (Gregor Iwanowitsch Graf von Nostitz), zuletzt Generalleutnant 105, 523, 675, 678, 892 Nothnagel, Madame (18. Jh.) (236), 853 Novalis (Georg F r i e d r i c h Philipp Freiherr von Hardenberg; 1772–1801) 13, 271, 540, 576f., 665, 686, 894, 905, 1058, 1060 Odin (Wodan, Wotan), höchster germ. Gott, Kriegsgott 585
1108
Personenregister Oehlenschläger, Adam Gottlob (1779– 1850), dän. Dichter, 1805–1809 in Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Italien, 1809 Prof. für Ästhetik in Kopenhagen 189f., 723f., 805 Oertzen, August Otto Ernst von (1777– 1837), Regierungsrat, später Staatsminister von Mecklenburg-Strelitz, Vertrauter der Herzöge Carl und Georg von M. 358 Österreich, Leopold IV. Herzog von (1176– 1230), reg. seit 1198 806 Österreich-Tirol, Claudia Felizitas Erzherzogin von (1653–1676), 1673 verh. mit Kaiser Leopold I. 643 Okeanos, griech. Gott des Meeres 91, 651, 725 Oken, Lorenz (Okenfuß; 1779–1851), Medizinstudium in Freiburg i.Br., 1805 Privatdozent in Göttingen, 1807 Prof. der Medizin in Jena, 1812 der Naturwissenschaften, 1817 Herausgeber des enzyklopädischen Journals Isis, 1819 Privatdozent, seit 1827 in München 283, 294, 315, 317, 429, 582, 701, 826, 907, 922, 943 Oldenburg, Henry (um 1618–1677), aus Bremen, seit 1662 Sekretär der Londoner Royal Society 161, 768 Omphale, Königin von Lydien, Gattin des Herakles (griech. Myth.) 1026 Opitz, Martin (1597–1639), Schriftsteller, 1619 in Heidelberg, 1623 Rat und Sekretär in Liegnitz, Breslau und Brieg, 1626 im Dienst des Burggrafen von Dohna, 1636 königl. poln. Historiograph in Danzig 26, 41, 148, 536, 584, 595, 598f., 756, 795, 815 *Ordtmann, Antonie 1054 Orleans, Philipp II. Herzog von (1674– 1723), Neffe Ludwigs XIV. 925 Orlando — Lasso, Orlando di Otmar — Nachtigal Otto IV. von Braunschweig (1175/76– 1218), röm.-dt. König, 1209 Kaiser 557
Overbeck, Christian Adolf (1755–1821), Jurist, Fabeldichter und Lyriker, 1779 Obergerichtsprokurator in Lübeck, 1792 Syndikus des Lübecker Domkapitels, 1814 Bürgermeister 640, 658 Ovid, Publius Ovidius Naso (43 v. Chr.–18) 865 Paetz, Karl Wilhelm (1781–1807), Jurist, 1802 Prof. für deutsches Recht in Kiel, 1804 Prof. für Reichsstaatsrecht in Heidelberg, 1805 Prof. in Göttingen 17 Pagliarutschi (Pagliarucci?), Haarsiebmacher in Windisch-Grätz (Slovenj Gradec) 250, 869 Paisiello, Giovanni (1740–1816), ital. Komponist, 1776–1784 Kapellmeister in St. Petersburg, danach Leiter der Hofkapelle in Neapel, 1802 in Paris, danach wieder in Neapel 570 Palm, Johann Philipp (1768–1806), Buchhändler und polit. Schriftsteller in Erlangen, am 26. August 1806 auf Befehl Napoleons zum Tode verurteilt und in Braunau am Inn erschossen 334f., 961 Palma, Jacopo, gen. Palma il Giovane (1544– 1628), ital. Maler und Radierer 100, 668 Panzer, Georg Wolfgang Franz (1729– 1805), Theologe, Buchkundler und Bibliograph, 1751–1760 Pfarrer in Etzelwang bei Nürnberg, 1760–1772 Diakon, 1773 Hauptpastor an der Sebalduskirche in Nürnberg und Aufseher der Stadtbibliothek 111, 688 Paracelsus (Philippus Aureolus Paracelsus Theophrastus Bombastus von Hohenheim; 1493–1541), Arzt und Alchemist 215, 652, 840 Passe, Crispin van de d. J. (1597/98–1670), niederl. Zeichner und Kupferstecher 827 Paul I. (1754–1801), Sohn von Katharina II., 1796 Zar 773 Paula — Paulus, Elisabeth Friederike C a roline
1109
Personenregister Pauli, Johannes (um 1450–nach 1519), Schwankbuchautor, Franziskanermönch und Prediger im Elsaß 21, 556f. Paulus, Apostel 924 Paulus, Elisabeth Friederike C a r o l i n e , geb. Paulus (1767–1844), Schriftstellerin, 1789 verh. mit dem Folgenden, ihrem Cousin 249, 867 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob (1761– 1851), Theologe und Orientalist, 1789 Prof. der orient. Sprachen, 1793 der Theologie in Jena, 1803 Prof. der Theologie in Würzburg, 1807 bayer. Schulrat in Bamberg, 1808 in Nürnberg, 1811 Prof. in Heidelberg 249, 867 Pausanias (um 115 – um 180), griech.-röm. Schriftsteller und Geograph 702, 936, 943 Peiroleri, Pietro (geb. 1741), ital. Radierer und Kupferstecher 827 Pel(l)egrin — Fouque´, Friedrich Heinrich Karl de la Motte Peller, Carl Christoph Alexander (1763– 1816), um 1805 Senior des Pellerhauses in Nürnberg (99f.), 667 Peller von Schoppershof, Martin (1559– 1629; 1585 geadelt), seit 1581 im Dienst des Nürnberger Handelsherrn Bartholomeo Viatis, Begründer der Nürnberger Linie der Peller von Schoppershof 99, 667f. Pentz, K a r l Wilhelm Friedrich David von (1776–1827), Jurist, seit 1798 in meckl.strelitz’schem Staatsdienst: 1800 Legationsrat, 1802 Legations- und Regierungsrat, 1811 Staatsminister, Besitzer der Lehngüter Meltzhof, Jesow und Langenheide 138, 144 Penz — Pentz Percy, Thomas (1729–1811), engl. Theologe und Volksliedsammler, 1778 Dechant von Carlisle, 1782 Bischof von Dromore 201, 815 Pestalozzi, Johann Heinrich (1746–1822), Pädagoge, Sozialreformer und Volksschriftsteller, 1799 Leiter des Waisen-
hauses von Stans und eines Erziehungsinstituts in Burgdorf, seit 1804 in Yverdon (bei Bern) 1055 Petrarca, Francesco (1304–1374) 133 Petronius, Titus (gen. Arbiter; 11–66), röm. Politiker und Schriftsteller 785 Petrus, Apostel 197, 200, 454, 924 Petrus de Dusburg (Duisburg; 1. H. 14. Jh.), Geschichtsschreiber und Priester des Deutschen Ritterordens 21, 557 Peyrolery — Peiroleri Pfalz, Carl Philipp Theodor Kurfürst von der (1724–1799), reg. seit 1742, 1777 zugleich Herzog von Bayern (314), 838, 940 Pfalz, Friedrich I., gen. der Siegreiche, Kurfürst von der (1425–1476), reg. seit 1451 247, 865 Pfeffel, Gottfried Konrad (1736–1809), Schriftsteller und Pädagoge in Colmar, 1758 erblindet, 1773 Eröffnung einer E´cole militaire für protest. Knaben, seit 1782 Acade´mie militaire, 1806 Mitglied des Direktoriums der Kirche Augsburgischer Konfession 84, 645 Pfiffer — Pfyffer von Wyher Pfinzing, Melchior (1481—1535), Geheimschreiber und Rat Kaiser Maximilians I., 1512 Propst in Nürnberg, 1521 in Mainz 555 Pfisterer, Henry (Johann Heinrich; um 1776–1806), Musiker, aus Laufen a.M., gest. in Worms (210f.), 835 Pfyffer von Wyher, Franz Ludwig (1716– 1802), schweiz. General und Topograph 136, 143, 730, 737 Phaedrus (20 v. Chr.–50 n. Chr.), röm. Fabeldichter 935 Phidias (Pheidias; um 500–432 v. Chr.), griech. Bildhauer 238, 732 Phöbus — Apollon Piautaz,Claudine (Clödchen, Klotilde;1772– 1840), Tochter des Folgenden, nach dem Tod Maximiliane Brentanos (1793) Erzieherin der Töchter und Gesellschafterin im Frankfurter Brentano-Haus 91, 249, 259, 346, 352, 653, 867, 880, 974, 984
1110
Personenregister Piautaz, Franz, Seidenhändler aus Cluse in Savoyen, um 1770 Eröffnung eines Geschäfts für Seiden- und Modewaren in Frankfurt 867 Piautaz, Joseph Maria (1774–1825), Sohn des Vorigen, 1808 Generalsekretär des westphäl. Departements Leine, 1811 westphäl. Präfekt in Halle, Gouvernementskommandant des Maas- und Ourthe-Departements, später Geh. Oberfinanzrat in Berlin 346, 974 Piautaz, Louise, Schwester des Vorigen, Erzieherin bei der poln. Gräfin Tzalinska (Tzalirska), 1806 Dame d’honneur bei der Fürstin Talleyrand in Paris 249, 267, 867, 888, 896 Pie(h)l, Johannes Friedrich, Jurist und Übersetzer, Studium in Göttingen, 1767 Dr. iur., danach kaiserl. Rat in Frankfurt 548 Pietzker, Carl Friedrich Christian (1771– nach 1825), Jurist, Studium in Göttingen, 1795 Referendar, danach Sekretär bei der kurmärk. Kriegs- und Domänenkammer in Berlin, 1808 Expedient des Oberhofbauamtes, 1810 beim preuß. Staatsministerium 175 Pigage, Nicolaus von (1723–1796), kurpfalzbayer. Hofkammerrat, Oberbauund Gartendirektor, seit 1748 im Dienst des Kurfürsten von der Pfalz, entwarf den Lustgarten und das Theater in Schwetzingen 838 Pigna, Giambattista (Giovanni Battista Nicolucci; 1529–1575), ital. Dichter, Hofsekretär in Ferrara 399, 1024 Pindar (um 518–nach 446 v. Chr.), griech. Chorlyriker 686, 799 Pistor, Carl Philipp Heinrich (1778–1847), preuß. Postbeamter, Mechaniker und Erfinder, seit 1793 im Postdienst, seit Anfang des 19. Jhs. in Berlin, 1813 Gründung der Werkstätte Pistor & Martins 10–12, 29, 33, 36, 39–41, 67, 131, 531f., 536, 572, 580, 595, 597, 622, 985f., 1011
Pistor, Charlotte, geb. Hensler (um 1776– 1858), Tochter von Johanna Reichardt aus erster Ehe, 1803 verh. mit dem Vorigen 10, 12–14, 23, 36, 40f., 67, 156, 531f., 536, 580, 622, 760 Pistor, Friederike Dorothea, geb. Kannengießer, Mutter von Carl Philipp Heinrich P., 1789 verh. mit Johann Friedrich von Seegebarth 597 Pistor, Reinhold (Gernoth; 1804–1805), Sohn von Carl Philipp Heinrich P. 67, 622 Pistor, Richard (Januar 1806–Ende 1806/ Anf. 1807), Sohn von Carl Philipp Heinrich P. 156, 760 Pitt, William (1759–1806), 1783–1802 und 1804–1806 brit. Premierminister 1039 Pitzger — Pietzker Plato(n) (427–347 v. Chr.), griech. Philosoph 11, 536 Plautus, T. Maccius (um 250–184 v. Chr.), röm. Komödiendichter 154, 757 Plutarch (um 46–um 125), griech. Historiker 883, 889 Pococke, Richard (1704–1765), engl. Anthropologe und Orientreisender 715 Pogwisch, O t t i l i e Wilhelmine Ernestine Henriette von (1796–1872), Tochter des preuß. Majors Wilhelm Julius von P. und von H e n r i e t t e Ulrike Ottilie, geb. Gräfin von Donnersmarck, Hofdame der Herzogin Luise von Sachsen-WeimarEisenach; seit 1806 in Weimar, 1817 verh. mit August von Goethe 1049 Polygnotos (um 480–440 v. Chr.), griech. Maler 702, 936, 943 Pompadour, Jeannette Antonia Poisson Marquise de (1721–1764), 1741 verh. mit dem Unterfinanzpächter Lenormant d’Etoilles, 1745 Mätresse Ludwigs XV. von Frankreich, zur Marquise erhoben, 1756 Palastdame der Königin 771 Ponte, Leandro da, gen. Bassano (1557– 1622), ital. Maler 667 Porporati, Carlo Antonio (1741–1816), ital. Kupferstecher 827
1111
Personenregister Porsena (um 500 v. Chr.), Etruskerkönig 813 Porst, Johann (1668–1728), Theologe, 1698 Prediger in Malchow und Hohenschönhausen, 1704 an der Friedrichswerderschen und Dorotheenstädtischen Kirche in Berlin, ebd. 1709 Hofprediger, 1713 Hauptprediger an der Nikolaikirche und Propst 47, 604 Posselt, Ernst Ludwig (1763–1804), Jurist und Historiker, 1784 Prof. der Rechte und der Beredsamkeit am Gymnasium in Karlsruhe, 1791 Amtmann in Gernsbach, 1796 Historiograph des markgräfl. Hauses Baden 76, 636 Potocki, J a n Nepomucen Graf (1769– 1815), poln. Forschungsreisender, Ethnograph und Romanschriftsteller, Verf. des Romans Die Handschrift von Saragossa 228, 230, 238f., 848, 854 Potter, Paulus (1625–1654), niederl. Maler 348 Pougens, Marie Charles Joseph de (1755– 1833), frz. Philologe, seit 1793 Buchhändler in Paris, zeitweise auch Drucker 773 Poussin, Nicolas (1594–1665), frz. Maler 583 Praun, Paulus II. von (1548–1616), Nürnberger Patrizier und Kunstsammler 668 Prehn (Pren), Johann Valentin (1749– 1821), Konditor und Kunstsammler in Frankfurt (261), 285, 881, 913 Prenner, Anton Joseph (1683–1761), öst. Maler und Radierer 827 Preußen, Anna Elisabeth L u i s e , geb. von Brandenburg-Schwedt (1738–1820), 1755 verh. mit dem Folgenden 1054 Preußen, August F e r d i n a n d Prinz von (1730–1813), jüngster Sohn von Friedrich Wilhelm I., preuß. General der Infanterie 389, 1054 Preußen, Carl Prinz von (1801–1883), preuß. General, dritter Sohn von Friedrich Wilhelm III. 32, 579
Preußen, Friederike Luise (1751–1805), Tochter des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt, 1769 verh. mit Friedrich Wilhelm II. von Preußen (dessen zweite Ehe), nach dessen Tod in Freienwalde 28, 571, 576 Preußen, Friederike Luise Wilhelmine Prinzessin von (1774–1834), Tochter von Friedrich Wilhelm II., 1791 verh. mit Wilhelm I., König der Niederlande 733 Preußen, Friedrich W i l h e l m Carl Prinz von (1783–1851), Bruder von Friedrich Wilhelm III. 333, 579f., 959 *Preußen, Louis Ferdinand Prinz von 105f., (116), 177, 355, 358f., 422, 459, 463, 675, 678–680, 697, 791, 988, 990, 1049, 1054 Preußen, Maria Anna Amalie (Marianne) Prinzessin von, geb. Prinzessin von Hessen-Homburg, gen. Prinzessin Wilhelm (1785–1846), 1804 verh. mit Friedrich Wilhelm Carl Prinz von P. 970 Primavesi, Johann G e o r g (1774–1855), Landschaftsmaler in Heidelberg, 1812 Hoftheatermaler in Darmstadt, seit 1822 in Kassel 214, 839 Prittwitz, Siegmund Moritz von (1747– 1822), preuß. Generalleutnant, seit 1763 im Militärdienst, 1805 Generalmajor, 1813 Beförderung zum Generalleutnant und Verabschiedung 357 Pritwitz — Prittwitz Procopius (Procop, Prokop) von Templin (1608–1680), Liederdichter, 1627 Eintritt in den Kapuzinerorden, danach Priester in Wien und Böhmen, 1657 in Passau, seit 1666 in Salzburg 105, 678 *Püttmann, Francisca (Fränzchen) 921, 1054 Püttmann, Franz Joachim (gest. 1806), Medizinalrat in Hildesheim 920f., 1054 *Püttmann, Fridericus (Fritzchen) Mauritius 921, 1054 *Püttmann, Helena (Helene) Sophia Francisca (293), 921, 1054f. *Püttmann, Johanna ( J e a n n e t t e ) Maria Marcelline — Schultz
1112
Personenregister *Püttmann, Marcelline 921, 1054f. *Püttmann, Maria Friderika Wilhelmina 921, 1054f. Püttmann, Maria Johanna Magdalena Philippina, geb. Caire (gest. 1801), verh. mit Franz Joachim P. 920, 1054 *Püttmann, Maria Sophia (Sophie) Walburga 921, 1054f. Quadrio, Francesco Saverio (1695–1756), ital. Historiker und Schriftsteller, 1751 Bibliothekar des Gouverneurs von Mailand 399, 1024 Rackow, Pächter des Rittergutes Zernikow 332 Radegast, slawischer Gott 166 Radlof, Johann Gottlieb (1775–1846), Sprachforscher, 1803 Kandidat der Theologie in Leipzig, 1804–1809 Privatgelehrter in Braunschweig, Leipzig, Heidelberg und Erlangen, danach in München, 1816 in Frankfurt, 1818–1822 Prof. in Bonn, später in Berlin und Halle 108f., 682–684 Räumer, Raümer — *Reimer, Georg Andreas Raffael (Raffaelo Santi; 1483–1520) 290, 348, 827, 978 Ramler, Karl Wilhelm (1725–1798), Literaturkritiker, Lyriker und Übersetzer, 1748– 1790 Prof. der Logik am Kadettenkorps in Berlin, 1793 Direktor des königl. Schauspiels ebd. 118, 163, 165, 697, 741f., 772 Rammler — Ramler Raphael — Raffael *Raumer, C a r l Georg Ludwig von 120, 701, 922, 939, 959f., 1055 Raumer, F r i e d r i c h Ludwig Georg von (1781–1873), Bruder des Vorigen, Historiker, 1793–1798 Schulfreund Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, Jurastudium in Halle und Studium der Kameralwissenschaften in Göttingen, 1803 Assessor in Berlin, 1806 Ver-
waltung der königl. Kammer in Königswusterhausen, 1809 Regierungsrat in Potsdam, 1810 bei der Schuldensektion im Finanzministerium, 1811 Prof. für Staatswissenschaft in Breslau, 1819 Prof. in Berlin 294, 334, 922, 1055 Raumer, Georg Friedrich von (1755–1822), Vater der Vorigen, Kammerdirektor des Fürsten von Anhalt-Dessau 701, 1055 Raumer, Luise von, geb. von Mare´es (1761– 1811), verh. mit dem Vorigen 1055 Ravaillac, Franc¸ois (1578–1610), Mörder Heinrichs IV. 735 Rebmann, Johann Rudolf (1566–1605), schweiz. Theologe und Dichter, 1589 Pfarrer in Kirchlindach, 1592 in Thun, 1604 in Muri bei Bern 755 Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver von (1766–1849), bayer. Diplomat und Staatsmann, 1800 Gesandter in Berlin, 1801–1805 in Regensburg, 1806– 1809 und 1813–1815 in Wien, 1817– 1825 Minister, 1797 verh. mit Maria Anna Amalie Friederike von Schlitz gen. von Görtz, Schwager von Louise von Schlitz 273, 326, 952 Reck, Carl Friedrich Leopold Freiherr von der (1746–1810), Kammerherr, 1788– 1807 Directeur der ital. Hofoper in Berlin 28, 571 Redel — Redtel Redtel, Carl Friedrich von (1779–1846), 1797 Jurastudium in Halle, 1800 Studium der Kameralistik in Göttingen, danach Referendar an der kurmärk. Kriegsund Domänenkammer in Berlin, 1812 Departementsrat der Joachimsthalschen Schulämter, später Regierungsrat in Potsdam, zuletzt Geh. Oberfinanzrat in Frankfurt/O. 12, 33, 120, 292, 580, 652, 701, 799, 918, 921, 939, 985f., 1055 Rehbock, Jakob (gest. 1356), identifiziert mit dem sog. Falschen Waldemar (Woldemar), Schildknappe oder Müllerbursche, Hochstapler, 1348 von Karl IV. mit
1113
Personenregister der Mark Brandenburg belehnt 12, 16, 538, 571 *Reichardt, Caroline L o u i s e (Luise) 130, 135, 141, 158, 165, 178, 203, 213, 252, (271), 274, 280, (282), 285, (436) 586, 610, 622, 719f., 729, 764, 791, 817, 870, 882f., 890, 894, 897f., 904, 912, 929, 985f., 1004, 1010f., 1057 *Reichardt, Friederike 130, 135, 141, 606, 610, 622, 720, 729, 791, 898, 959, 1055f. Reichardt, Johann (um 1720–1780), Vater des Folgenden, Lautenist und Stadtmusikant in Königsberg 1056 *Reichardt, Johann Friedrich 10, 12f., 15, 19f., 27–29, 32–34, 42, 47, 49, 51f., 118f., 128, 134, 140, 146, 151, 153, 158, 162, 165, 168, 189f., 196, 201f., 246, 252, 268, 273–275, 278, 280, 285f., 299, 325, 353, 364, 434, 459f., 467f., 531f., 534, 537f., 543, 547, 552f., 558, 560, 570–572, 579f., 585f., 588, 599, 601, 605, 610f., 622f., 661, 691f., 697f., 723f., 726, 728, 743, 748, 760, 777, 791, 793, 811, 813, 816f., 830f., 861, 890, 896–901, 903f., 913, 918, 955, 958–960, 973, 985f., 1011, 1033, 1055–1058, 1060 Reichardt, Johanna, geb. Alberti, verw. Hensler (1754–1827), 1783 verh. mit dem Vorigen (dessen zweite Ehe) (67), 185, 531f., 720, 799, 817, 1056, 1058 Reichardt, Johanna — Steffens, Johanna Reichardt, Juliane, geb. Benda (1752– 1783), 1777 verh. mit Johann Friedrich R. (dessen erste Ehe) 1056f. *Reichardt, Sophie 610, 622, 720, 791, 1058 Reichardt, Wilhelmine Juliane — Steltzer, Wilhelmine Juliane Reichhard — Reichardt Reil, Johann Christian (1759–1813), Arzt, 1787 Prof. in Halle und Direktor des Klinikums, 1789 Stadtphysikus, 1810 Prof. der inneren Medizin in Berlin, 1813 Leiter der Kriegshospitäler auf dem linken Elbufer 898, 1063
Reimer, Carl Christoph (1734–1786), Vater von Georg Andreas R., Schiffer, Brauer und Kaufmann in Stralsund, seit 1775 in Greifswald 1058 Reimer, Eva Christine (1743–1808), geb. Wien, verh. mit dem Vorigen 1058 *Reimer, Georg Andreas 111, 127f., 156, 165, 271, 284, 628, 689, 706, 718f., 757, 761, 812, 898, 909, 913, 980, 1046, 1058f. Reimer, Wilhelmine, geb. Reinhardt (1784– 1864), Pfarrerstochter aus Magdeburg, 1800 verh. mit dem Vorigen 1058 Reiner — Reimer Reinhardt, Karl Heinrich Leopold (1771– 1824), Jurist und Schriftsteller, Beiträger der Berliner Zs. Der Freimüthige 832 Reinmar von Zweter (um 1200–nach 1252), Minnesänger, um 1227 in Österreich, um 1234 in Dienst von König Wenzel I. von Böhmen, danach an versch. Höfen 806 Reipenhausen — Riepenhausen Reitzenstein, S i g m u n d Karl Johann Freiherr von (1766–1847), Jurist, bad. Staatsund Kabinettsminister, seit 1789 im Dienst des Markgrafen Karl Friedrich von Baden, 1797–1803 Gesandter am frz. Hof, 1806/07 Kurator der Universität Heidelberg 682 Rellstab, Johann Karl Friedrich (1759– 1813), Komponist, Musikkritiker und Verleger in Berlin 230, 237, 854 Rembrandt (Rembrandt Harmenszoon van Rijn; 1606–1669) 207, 337–339, 348, 418, 826, 963, 978f. Reni, Guido (1575–1642), ital. Maler und Radierer 299, 927 Resewitz, Friedrich Gabriel (1729–1806), Pädagoge und Theologe, 1757 Prediger in Quedlinburg, 1767 in Kopenhagen, 1775 Abt von Klosterbergen (bei Magdeburg) und Generalsuperintendent von Magdeburg 192 Reuchlin, Johannes (1455–1522), Humanist, 1496–1499 in Heidelberg 939
1114
Personenregister Reuter, Christian (Ps. Hilario; 1665–um 1712), Schriftsteller, 1688 Jurastudium in Leipzig, 1700 Sekretär am Dresdner Hof, seit etwa 1703 in Berlin 529f., 541, 543, 569, 572, 592f., 618, 676, 685, 761, 799, 827, 864, 967 Reynack — Hagen, Marie Josephine Rhea, Göttermutter der griech. Mythologie 58 Ridinger, Johann Elias (1698–1767), Tiermaler und Radierer in Augsburg 208, 827 Riemer, Friedrich Wilhelm (1774–1845), Philologe, Studium in Halle, danach Hauslehrer bei Wilhelm von Humboldt, seit 1803 in Weimar, Sekretär Goethes 767, 896 Riepenhausen, Franz (Friedrich [Fritz]; 1786– 1831), Maler und Kupferstecher, 1804 Konversion zum Katholizismus und Änderung des Vornamens, seit 1807 in Italien 120, 253, 314, 316, 428, 702f., 871f., 936, 942f., 965 Riepenhausen, Johannes (Christian [Christel]; 1787–1860), Bruder des Vorigen, Maler und Kupferstecher, 1804 Konversion zum Katholizismus und Änderung des Vornamens, seit 1807 in Italien 120, 253, 314, 316, 428, 702f., 871f., 936, 942f., 965 Riese, Johann Carl Friedrich (1759–1834), Modelleur, 1789–1831 Modellmeister bei der Berliner Porzellanmanufaktur 731 Rijn, Jan van (de) (1610–1678), niederl. Maler 207, 826 Rijn, Jan Pieterszoon van (17. Jh.), niederl. Maler 207, 826 Rijn, Titus Rembrandtszoon van (1641– 1668), Sohn Rembrandts, niederl. Maler 207, 826 Ringseis, Johann Nepomuk (von) (1785– 1880; 1834 geadelt), Arzt, 1805–1812 Studium in Landshut, 1812/13 in Wien, 1814/15 in Berlin, seit 1816 in München, Leibarzt des Kronprinzen Ludwig,
1818 Medizinalrat des Isarkreises, 1826 Prof. der Medizin 1043 Ringwaldt, Bartholomäus (1532–1599), Theologe und Dichter, 1566 Pfarrer in Langenfeld bei Zielenzig (preuß. Neumark) 568 Ritter, Johann Wilhelm (1776–1810), Physiker und Schriftsteller, 1796 Studium in Jena, 1798/99 Mitarbeiter des Chemikers Alexander Nicolaus Scherer in Belvedere (bei Weimar), Ende 1804 an die Bayerische Akademie der Wissenschaften nach München berufen; um 1800 Kontrahent Arnims als Physiker 29, 42, 177, 209, 289, 572, 598, 788, 833, 917f. Ritter, Peter (1763–1846), Komponist, 1776 Cellist in Frankfurt, danach in Berlin, 1784 in der Mannheimer Hofkapelle, 1801 Konzertmeister ebd., 1803–1823 Kapellmeister am Mannheimer Nationaltheater 68, 624, 909f. Robinson, Henry Crabb (1775–1867), engl. Jurist und Publizist, 1800–1805 in Deutschland 131, 528, 722f., 1043 Roemer, Jakob Ludwig (1770–1855), Studium der Theologie und Philologie in Helmstedt, 1793 Lehrer am Katharinengymnasium in Braunschweig, 1815 ebd. Mitglied der Kirchenregierung und Referent für das höhere Schulwesen 244, 859f., 884 Röther, Johann Wilhelm (1766–1817), Volksliedersammler, Studium der Theologie in Halle, danach Hauslehrer in Genf, 1793 in Stuttgart, 1795 in Tübingen, 1796 Pfarrer in Aglasterhausen (bei Mosbach) 148f., 255, 746, 877 Roland (ital. Orlando), Held aus dem Sagenkreis Karls des Großen 6, 526, 766f. Rolfinck, Werner (1599–1673), Anatom, seit 1629 Prof. der Anatomie, Chirurgie und Botanik in Jena 582 Romberg, Gisbert Wilhelm von (1729– 1809), preuß. Generalleutnant, Gouverneur von Stettin (356), 989
1115
Personenregister Roquette, Friedrich Richard de (1745– 1808), frz. Sprachlehrer, während der Franz. Revolution nach Deutschland emigriert 226, 235, 848 Roquette, Julie de, geb. von Pentz (1763– 1817), Schriftstellerin, Tochter des schwed. Kommandanten der Insel Rügen, 1793 verh. mit dem Vorigen, nach dessen Tod in Berlin und Neubrandenburg 225f., 235f., 848 Rossi, Herr 98 Rossi, Francesco di (16. Jh.), Drucker in Ferrara 399, 1024 Roth, Gustav David von (gest. 1876), aus Livland, 1803 in Wittenberg imm., 1805 in Heidelberg, Ratssekretär und Gutsbesitzer in Pölcks, dann in Tilsit und Paulenhof (Kreis Werro), auch Kirchspielrichter 100, 668, 688 Roth, Johann Ferdinand (1748–1814), Nürnberger Regionalhistoriker, nach Theologie-Studium in Altdorf zunächst Stadtvikar in Nürnberg, 1781 Diakon an St. Jakob, 1798 an der Hauptkirche St. Sebald, 1813 Stadtpfarrer 100, 111, 668 Rothe, Johannes (um 1360–1434), thür. Chronist, Priester im Marienstift, Stadtschreiber, bischöfl. Kaplan in Eisenach, 1394–1412 Vikar im Kollegienstift der Frauenkirche, 1422 Schulmeister ebd. 805f. Rother — Röther Rottmann, Friedrich (1768–1816), Maler und Zeichner, Studium in Heidelberg, 1805 ebd. Zeichenlehrer am Gymnasium, 1806 Universitätszeichenlehrer 214, 552, 838f. Rouquette — Roquette Rousseau, Jean Jacques (1712–1778) 902 Rudolfi — Rudolphi Rudolphi, C a r o l i n e Christiane Louise (1754–1811), Erzieherin und Schriftstellerin, gründete in Trittau, dann in Billwerder bei Hamburg ein Erziehungsin-
stitut für Mädchen, 1803 Leiterin eines Mädchenpensionats in Heidelberg 71, 89, 121, 214, 630, 838 Rüchel, Ernst Philipp von (1754–1823), preuß. General, 1782 im Quartiermeisterstab in Potsdam, 1797 Inspekteur aller Militärbildungsanstalten, 1805 Chef eines Infanterieregiments, verlor 1806 das letzte Teilgefecht bei Jena, danach Flucht nach Königsberg, bis 1809 Generalgouverneur ebd., seit 1813 auf seinem Gut Haselheu in Pommern 334, 347, 959, 976 Rückert, Friedrich (1788–1866), Schriftsteller, Jura- und Philologiestudium in Würzburg und Heidelberg, danach Privatgelehrter, Redakteur in Stuttgart und Coburg, 1826 Prof. der orient. Sprachen in Erlangen, 1841–1848 in Berlin, danach auf seinem Gut Neuseß bei Coburg 804 Rumohr, Karl Friedrich von (1785–1843), Kunsthistoriker und Schriftsteller, Kunststudium in Göttingen, danach in Dresden, 1804–1806, 1816 und 1828 Italienreisen, danach meist in Dresden 339, 962, 965, 1045 Runge, Philipp Otto (1777–1810) 152, 740, 751–753 Ryn, van — Rijn Sachs, Hans (1494–1576), Schuhmacher, Meistersinger und Schriftsteller in Nürnberg 10, 148f., 533, 603, 744 Sachsen, Ernst von (1465–1513), 1476 Erzbischof von Magdeburg, 1479 Administrator von Halberstadt (299), 799, 927 Sachsen-Hildburghausen, C h a r l o t t e Georgine Luise, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (1769–1818), 1785 verh. mit dem Folgenden 803 Sachsen-Hildburghausen, Friedrich Herzog von (1763–1834), reg. seit 1787 803 Sachsen-Weimar, Bernhard von (1604– 1639), Feldherr im Dreißigjährigen Krieg 843
1116
Personenregister Sachsen-Weimar-Eisenach, Anna Amalia Herzogin von, geb. Prinzessin von Braunschweig-Wolfenbüttel (1739– 1807), 1756 verh. mit Ernst August II. Constantin von S., 1759–1775 vormundschaftliche Residenzschaft für ihren Sohn Carl August 720, 882f., 898 Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl August Herzog von (1757–1828), Sohn der Vorigen, reg. seit 1775, 1815 Großherzog 105, 623, 674, 679, 771, 1049 Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl Bernhard Prinz von (1792–1862), Sohn des Vorigen, sächs. Rheinbundoffizier, königl. niederl. Generalmajor, 1825/26 Forschungsreisen durch Nordamerika und Rußland, 1847 auf Java (105), 678 Sachsen-Weimar-Eisenach, Carl Friedrich Erbprinz von (1783–1853), Sohn von Carl August von S., 1828 Großherzog, 1804 verh. mit der russ. Großfürstin Maria Pawlowna (105), 678 Sachsen-Weimar-Eisenach, C a r o l i n e Louise Prinzessin von (1786–1816), Tochter von Carl August von S., 1810 verh. mit Erbgroßherzog Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin (105), (216), (224), (233), 678, 843, 852 Sadler — Sadeler Sadeler, Johann (um 1550–um 1600), Kupferstecher aus Brüssel, 1578–1595 in Mainz, Köln und München, zuletzt in Italien 827 Saenredam (Sänret), Jan Pieterszon (1565– 1607), niederl. Kupferstecher 827 Sailer — Seidler, Dorette Saint-Martin, Louis Claude Marquis de (1743–1803), frz. Offizier, Rosenkreuzer und Theosoph, Reisen in Deutschland, England, der Schweiz und Italien, danach in Paris (192), (194), (439f.), 809 Saiter — Seutter Salm-Kyrburg, Friedrich IV. Ernst Otto Philipp Anton Furnibert Fürst zu (1789– 1859), 1803 souveräner Fürst, reg. unter Vormundschaft seines Onkels Prinz Mo-
ritz zu Salm-Kyrburg, 1806 im Rheinbund 841 Salm-Salm, Konstantin Alexander Joseph Fürst zu (1762–1828), 1803 souveräner Fürst, 1806 im Rheinbund 841 Salmacis, griech. Quellnymphe 731 Salomo(n), Sohn Davids, 971–931 v. Chr. König von Israel (bibl.) 207, 820, 827, 835, 882 Salpius, Johann Christian Heinrich (1761– 1834), Theologe, 1788 Rektor in Lindow, 1797 Prediger in Meinsdorf, dem Pfarrdorf des Arnimschen Ländchens Bärwalde (120), 619f., 701 Sardi, Alessandro (1520–1588), ital. Gelehrter und Schriftsteller 399, 1024 Savigny, Bettina von (1805–1835), Tochter von Friedrich Carl von S., 1834 verh. mit dem griech. Historiker und Politiker Konstantin Schinas 51, 88, 91f., 98, 114, (151), 158, 171, 182, 185, 198, 287f., 436, 459, 611, 648, 650, 652, 661, 698, 751, 764, 778f., 796, 799, 813, 841, 915, 935, 984, 1042, 1045, 1059 Savigny, Christian Carl Ludwig von (1726– 1791), Vater des Folgenden, Geh. Rat und Diplomat im Dienst versch. Höfe 648, 1059 *Savigny, Friedrich Carl von 9–11, 14, 19, 21, 35–37, 51, 64, 78f., 83, 87–89, 91f., 114, 118, 120, 151, 155, 172–175, 204, 207, 219f., 255, 259, 261, 268, 283, 295, 303, 305–307, 347, 351–353, 421, 459, 467, 528f., 533, 542, 546, 551f., 557, 562, 588, 590–592, 599, 611, 642f., 645f, 648–650, 653, 656f., 661f., 664, 666f., 676, 679, 689f., 694, 697f., 700, 703, 705, 726, 739, 751, 759, 762– 764, 776, 778f., 782f., 788, 797–799, 809, 818, 826, 860, 874, 876, 880f., 883, 890f., 899, 907f., 914, 918, 925, 931, 933, 935, 941, 962, 975, 995, 1007, 1029, 1042–1044, 1059f. Savigny, K u n i g u n d e ( G u n d a ) Maria Ludovica Catherina, geb. Brentano (1780– 1863), Schwester von Bettina und Cle-
1117
Personenregister mens B., 1804 verh. mit dem Vorigen 37, 51, 83, 87, 91f., 98, 151, 255, 259, 261, 287f., 436, 462, 533, 591, 611, 642, 650, 661, 689, 726, 751, 779, 784, 818, 826, 876, 890, 1042, 1059 Savigny, Philippine Henriette, geb. Groos (1749–1792), Mutter von Friedrich Carl von S. 1059 Scaevola (Linkhand), Gaius Mucius, soll 507 v. Chr. den Etruskerkönig Porsena durch Standhaftigkeit dazu gebracht haben, die Belagerung Roms aufzuheben 198, 813 Schadow, Johann Gottfried (1764–1850), Bildhauer und Graphiker, 1788 Leiter der Hofbildhauerwerkstatt in Berlin, 1805 Rektor, 1815 Direktor der Akademie der Künste 137, 143f., 239, 730f. Schäfer, Gottfried Heinrich (1764–1840), Philologe, nach Studium der Theologie, Rechtswissenschaft und Medizin in Leipzig Übersetzer und Herausgeber, 1805 Privatlehrer in Marburg, 1806 Privatdozent in Leipzig, 1808 Prof. der klass. Philologie ebd., 1818 Universitätsbibliothekar 86, 642f., 647 Schäffer — Schäfer Schäkspeare, Schekespeare — Shakespeare Schard, Simon (1535–1573), Jurist und Schriftsteller, Rat bei Herzog Wolfgang von Zweibrücken, 1566 Mitglied des Reichskammergerichts in Speyer 18–20, 550, 555 Schardius — Schard Scheidt, Caspar (um 1520–1565), Schriftsteller und Schulmeister in Worms 873 Schelling, Dorothea C a r o l i n e Albertine, geb. Michaelis (1763–1809), Tochter des Göttinger Orientalisten Johann David Michaelis, 1784 verh. mit dem Clausthaler Bergmedikus Johann Franz Wilhelm Böhmer, 1796 verh. mit August Wilhelm Schlegel, danach in Jena, 1803 gesch. und verh. mit dem Folgenden 866, 1060 Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph (1775– 1854), Philosoph, 1798 Prof. in Jena,
1803 in Würzburg, 1806–1820 in München, bis 1826 in Erlangen, danach wieder in München, 1841 in Berlin 562, 582, 693, 1042, 1063 Schenkendorf, Gottlob Ferdinand Maximilian ( M a x ) Gottfried von (1783–1817), Schriftsteller, Studium der Kameralwissenschaften in Königsberg, 1807 Mithg. der Zeitschrift Vesta, 1813 Kriegsfreiwilliger, 1815 Regierungsrat in Koblenz 1041 Scherz, Johann Georg (1678–1754), Jurist und Historiker, 1702 Prof. der Moralphilosophie, 1711 Prof. der Rechte in Straßburg 555 Schewe, Harry (1885–1963), Volkskundler in Berlin 461f., 597f. Schickler, David sen. (1755–1818), seit 1780 Inhaber des Berliner Bankhauses Gebrüder Schickler 578 Schickler, David jun. (1777–1866), Sohn des Vorigen, 1804–1820 Mitinhaber des Berliner Bankhauses, verh. mit Juliane von Axen, 1821 aus dem Geschäft ausgeschieden 32, 578 Schickler, Isabella (1805–1837), Tochter des Vorigen, 1823 verh. mit dem preuß. Generalmajor Ferdinand von Kaphengst 66, 621 Schiller, Friedrich von (1759–1805) 78, 83f., 89, 135, 139, 142, 145, 150, 166, 377, 570, 573, 607, 639, 648, 658, 723, 734, 740, 750, 773, 998, 1009, 1046, 1048f., 1060 Schiller, Luise Antoinette C h a r l o t t e von , geb von Lengefeld (1766–1826), 1790 verh. mit dem Vorigen 534 Schilling, Diebold d. Ä. (ca. 1440–1486), seit 1468 Mitglied des Großen Rates von Bern (48), 606 Schilter, Johann (1632–1705), Jurist, Polyhistor und Sprachforscher, Hof- und Konsistorialrat in Weimar, 1686 Prof. der Rechte in Straßburg 20, 555 Schimmelmann, Heinrich Ernst von (1747– 1831), 1784–1814 dän. Finanz- und Außenminister 693
1118
Personenregister Schimmelpennink — Schimmelpfennig Schimmelpfennig, Carl Friedrich, bis 1843 Verleger in Halle 155, 760 Schinderhannes — Bückler, Johann Wilhelm Schlabrendorf, Gustav Graf von (1750– 1824), Schriftsteller, Jurastudium in Frankfurt/O. und Halle, danach Reisen in Deutschland, England und Frankreich, seit 1789 in Paris (Eremita parisiensis) 553, 1056 Schlegel, August Wilhelm (1767–1845; 1815 geadelt), Schriftsteller und Kritiker, Studium in Göttingen, 1796 in Jena, 1798–1800 Prof. der Philosophie ebd., 1801 Privatgelehrter in Berlin, 1804– 1817 bei Madame de Stae¨l auf Schloß Coppet bei Genf und gemeinsame Reisen, 1818 Prof. in Bonn 20, 110, 540, 554, 573f., 594, 686f., 706f., 717f., 723, 753, 832, 1004f., 1012, 1054, 1058, 1060 Schlegel, Caroline — Schelling, Caroline Schlegel, Dorothea (Brendel), geb. Mendelssohn (1763–1839), älteste Tochter des Philosophen Moses Mendelssohn, 1783 verh. mit dem Berliner Bankier Simon Veit, 1799 gesch., in Jena liiert mit Friedrich Schlegel, 1804 verh., 1808 Übertritt zum Katholizismus und Übersiedlung nach Wien, seit 1829 bei ihrem Sohn, dem Maler Philipp Veit, in Frankfurt 29, 120, 177, 573, 703, 706–708, 766, 869, 1044, 1046, 1060 *Schlegel, Friedrich 29, 78, 127, 155, 157f., 342, 447, 464, 467, 554, 559, 563, 572, 576f., 627, 647, 654, 664, 703, 705–708, 718, 760, 764, 766f., 860, 894, 902, 923, 970f., 998, 1044, 1058, 1060f. Schlegel, Johann Adolf (1721–1793), Vater von August Wilhelm und Friedrich S., Theologe und Schriftsteller, 1751 Lehrer in Schulpforta, 1754 Prediger in Zerbst, 1759 in Hannover, 1775 Konsistorialrat und Superintendent ebd., 1782 Gene-
ralsuperintendent von Hoya und 1787 von Calenberg 549, 1060 Schleidanus — Sleidanus, Johannes Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst (1768–1834), Theologe und Philosoph, 1796 Prediger an der Charite´ in Berlin, 1802 Hofprediger in Stolp (Hinterpommern), 1804 Prof. der Philosophie und Universitätsprediger in Halle, 1807 in Berlin, 1809 Prediger an der Trinitatiskirche, 1810 Prof. der Theologie ebd. 11, 155, 157f., 208, 447, 536, 760, 764, 819, 828, 1058, 1060, 1063 Schlesinger, Adolph (1769–1838), Buchund Musikalienverlagshändler in Berlin, 1803–1806 Mitglied des Freundeskreises um Varnhagen von Ense 902 Schleyermacher — Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst Schlichtegroll, Adolf Heinrich F r i e d r i c h von (1765–1822), 1787 Gymnasiallehrer in Gotha, 1801 Direktor des Münzkabinetts ebd., 1807–1821 Generalsekretär der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und Direktor der Hofbibliothek in München 1059f. Schlitz, A d e l e Caroline Louise Johanne von (1801–1853), Tochter von Hans und Louise von S., 1822 verh. mit Heinrich Adolf Christoph Graf von Bassewitz gen. Schlitz auf und zu Burg Schlitz (193), 198, (217), 326, (331), 810, 813, 843, 953, 1061 Schlitz, Caroline von, gen. von Görtz, geb. von Uechtritz (1749–1809), 1768 verh. mit Johann E u s t a c h von S. (331), (358), 364, 600, 810, 952, 957, 991, 1061 *Schlitz, Hans von 43f., (66), (156), (159), (162), (184), (186), (193), (195), 198, (216f.), (219), 226, (229), 236, (263), (267), (331), 364, (440), 459f., 463, 467, 600f., 621, 652, 708–711, 736, 761, 765, 771, 797, 800, 805, 809f., 813, 842–844, 846, 849, 853–855, 857, 862, 888, 953, 957, (988), 1009, 1033, 1052, 1061
1119
Personenregister Schlitz, Johann E u s t a c h von, gen. von Görtz (1737–1821), Jurist, 1756 sachs.weimar. Legationsrat, 1762 Prinzenerzieher, 1775 Oberhofmeister der Herzogin Luise, 1778 pensioniert, danach preuß. Gesandter, 1779–1785 in Petersburg, 1788–1806 beim Reichstag in Regensburg 364, 600, 844, 913, 952, 1061 *Schlitz, L o u i s e Caroline von (66), (156), (186), (192f.), (195), (213), (216f.), (229), (249), (267), (285), (325), 326, (331), 364, (440), 463, 600f., 621, 761, 765, 791, 800, 809f., 813, 836, 843, 846, 862, 867, 888, 913, 915, 952f., 957, 991, 1061 Schlosser, C h r i s t i a n Friedrich (1782– 1829), Sohn von Peter Hieronymus S., Arzt und Schriftsteller, Studium in Jena und Göttingen, später Privatgelehrter in Frankfurt und Rom, 1812 Konversion zum Katholizismus, 1817–1819 Gymnasialdirektor in Koblenz (311), 314, 316, 702, 871f., 942 Schlosser, Georg E d u a r d (1784–1807), Sohn von Johann Georg S. aus zweiter Ehe, Chirurg, Studium mit seinem Vetter Christian Friedrich S. in Jena, 1806 Dr. med. in Halle, preuß. Militärarzt, zuletzt in Königsberg 311, 324, 333, 428, 942, 950, 958 Schlosser, Johann F r i e d r i c h ( F r i t z ) Heinrich (1780–1851), Sohn von Peter Hieronymus S., Jurastudium in Halle, Jena und Göttingen, Advokat in Frankfurt, 1806 Mitglied des Bürgerausschusses und des Stadt- und Landgerichts, 1812 Direktor des Lyzeums, 1814 Konversion zum Katholizismus und Aufgabe der öffentlichen Ämter, 1825 Erwerb von Stift Neuburg (bei Heidelberg) 311, 314, 631, 882 Schlosser, Johann Georg (1739–1799), Jurist, 1762 Advokat in Frankfurt, 1773 Hof- und Regierungsrat in Karlsruhe, 1774 Oberamtmann in Emmendingen,
1787 Hofrat am Landeskollegium Karlsruhe, 1790–1794 Hofgerichtsdirektor, 1798 Syndikus in Frankfurt, 1773 verh. mit Goethes Schwester Cornelia 153, 754, 950 Schlosser, Johanna, geb. Fahlmer (1744– 1821), Tochter eines Düsseldorfer Großkaufmanns, 1778 verh. mit dem Vorigen 950 Schmeller, Joseph Andreas (1785–1852), bayer. Mundartenforscher, 1806 Lehrer in Madrid, 1808 in Basel, 1827 Prof. in München, 1840 Bibliothekar an der Staatsbibliothek ebd. 746 Schmeltzl, Wolfgang (um 1500/05–1564), Theologe, Schriftsteller und Komponist, Kantor im Benediktinerkloster Kastl und in Weiden, seit 1538 in Wien, Verfasser von Liedern und biblischen Dramen 943f. Schmid — Schmidt, Georg Friedrich Schmid, Siegfried (1774–1859), Theologe, nach Studium in Jena Hofmeister, 1804 in seinem Heimatort Friedberg, 1806 im Hospital für Geisteskranke in Haina (Nordhessen), danach in der ProeckenMühle bei Homburg v.d.H., später in Ungarn und Wien, Bekannter Hölderlins 342, 970 Schmid, Wilhelm Ludwig (1748–1811), Vater des Vorigen, Kaufmann und Ratsherr in Friedberg (Hessen) 970 Schmidt, Christian Ehrenreich (1750– 1811), Theologe, seit 1780 Prediger in Prillwitz (Mecklenburg) 237f., 854 Schmidt, Erich (1853–1913), Literaturwissenschaftler, 1880 Prof. in Wien, 1887 Prof. für deutsche Sprache und Literatur in Berlin, 1906 Präsident der GoetheGesellschaft 461 Schmidt, Friedrich Wilhelm August (gen. Schmidt von Werneuchen; 1764–1838), Theologe und Lyriker, Prediger am Invalidenhaus in Berlin, 1796 Pfarrer in Werneuchen (bei Bernau) 29f., 36, 573f. Schmidt, Georg Friedrich (1712–1775), Maler, Radierer und Kupferstecher, 1744 in
1120
Personenregister Berlin, 1757 in Petersburg, seit 1762 wieder in Berlin 827 *Schmucker, Johann Heinrich 95, 656, 1061f. Schmueker — Schmucker Schneider, Johann Gottlob (1750–1822), Altphilologe, 1772 in Göttingen, 1774 in Straßburg, 1776 Prof. in Frankfurt/O., seit 1811 in Breslau 940f. Schnyders — Snyers Schönsperger, Johann d. J. (um 1480– 1553), 1510–ca. 1530 Drucker und Verleger in Augsburg, 1523–1525 Zweitdruckerei in Zwickau 555 Schopenhauer, Luise Adelaide Lavinia ( A d e l e ; 1797–1849), Schriftstellerin in Weimar, seit 1828 in Bonn, Schwester von Arthur S. 768 Schreiber, A l o y s Wilhelm (1761–1841), Schriftsteller, 1799–1804 Lehrer am Lyceum in Baden-Baden, Oktober 1805 Prof. für Ästhetik in Heidelberg, seit Juli 1806 Hg. der Badischen Wochenschrift, 1811 Hofhistoriograph in Karlsruhe, 1826 wieder in Baden-Baden 154, 283f., 757, 840, 866, 870, 907, 909 Schreiber, Christian, Journalist in Berlin, seit 1803 Beiträger zu der Berliner Zs. Der Freimüthige 831 Schröckh, Johann Matthias (1733–1808), Kirchenhistoriker, 1762 Prof. der Philosophie in Leipzig, 1767 Prof. der Poesie in Wittenberg, 1775 Prof. der Kirchenund Profangeschichte ebd. 18, 547, 550 Schröder, Christian Friedrich (1750–1800), Amtsangestellter in Wernigerode 955 Schubart, Gotthelf Heinrich (1722–1791), Vater von Sophie Brentano, herzogl.sächs. Obersteuerbuchhalter in Altenburg 1045 Schubart, Henriette (Jette; 1769–1831), Schwester von Sophie Brentano, Schriftstellerin und Übersetzerin in Altenburg und Jena (104), 111, 120, 249, 677, 689, 704, 867, 1045f.
Schubart, Johanna Sophie Friederike, geb. Gabler, verw. Pierer (1745–1786), verh. mit Gotthelf Heinrich S., Mutter von Sophie Brentano 1045 Schubert — Schubart Schütz, Christian W i l h e l m von (gen. Schütz-Lacrimas; 1776–1847), Schriftsteller, 1798–1811 an der kurmärk. Kriegs- und Domänenkammer, Ritterschaftsdirektor in der preuß. Neumark, danach in Berlin, 1820–1828 in Dresden 33, 554, 580 *Schultz, Christoph Ludwig Friedrich 99, 115, 159, 292, (300), 356, 665f., 695, 765, 776, 920f., 928f., 1055, 1062 Schultz, Hartwig (geb. 1941), Literaturwissenschaftler in Frankfurt 461 Schultz, Johann Friedrich (gest. 1806), Vater von Christoph Ludwig Friedrich S., seit 1793 Finanzrat, Kriegs- und Domänenrat in Berlin 1062 *Schultz, J o h a n n a ( J e a n e t t e ) Maria Marcelline 292f., (295), (425), 666, 920f., 929, 1054f., 1062 Schultz, Maria Florentine, geb. Schlemmer, verh. mit Johann Friedrich S. 1062 Schultz, Wilhelm, Bruder von Christoph Ludwig Friedrich S., Bergrat in Carlshafen 1055 Schul(t)ze, Christian Ludwig von, Geh. Oberfinanz-, Kriegs- und Domänenrat, Präsident der Oberrechnungskammer in Berlin 94, 655 Schultz(e), Witwe des Vorigen 94, 332, 655 Schulz — Schultz, Christoph Ludwig Friedrich Schulz, Johann Abraham Peter (1747– 1800), Komponist und Kapellmeister, 1776 Musikdirektor des frz. Theaters in Berlin, 1779 Kapellmeister und Hofkomponist des Prinzen Heinrich von Preußen in Rheinsberg, 1787 Hofkapellmeister in Kopenhagen 640, 658, 1056 Schummel, Johann Gottlieb (1748–1813), Pädagoge und Schriftsteller, 1772 in
1121
Personenregister Magdeburg, 1779 in Liegnitz, 1788 Prorektor am Elisabeth-Gymnasium in Breslau 350, 981–983 Schuppen, Jacob van (1670–1751), Hofmaler in Wien 827 Schwaab, Franz (gest. 1804), Besitzer einer Handlung in Miltenberg am Main, Bruder des Folgenden 23, 562, 1043 Schwaab, Georg Joseph Anton (1735– 1814), Buchhalter im Frankfurter Brentano-Haus, seit 1805 in Miltenberg 23, 255, 562, 876, 1043 Schwan, Christian Friedrich (1733–1815), Verleger und Buchhändler, Inhaber der Mannheimer Hofbuchhandlung Schwan und Götz 340, 966f. Schwanenberg — Swanenburgh Schwarz, Bert(h)old (14. Jh.), Franziskanermönch und Alchemist in Freiburg, soll das Schießpulver (Schwarzpulver) erfunden haben 709f. Schwarz, Friedrich Heinrich Christian (1766– 1837), Theologe, 1798 Pfarrer in Münster (bei Butzbach), 1804 Prof. für Dogmatik und Dogmengeschichte in Heidelberg 653, 931 Schwinck, Auguste (geb. um 1790), Tochter von Georg(e) Gotthilf S., Arnims Königsberger Liebe, 1809 verh mit Friedrich Ludwig August Wißmann 992 Schwinck, Carl Ernst, Student aus Königsberg in Heidelberg 533 Schwinck, Charlotte, geb. Fischer, Tochter des Königsberger Handelsherrn Karl Konrad F., verh. mit dem Folgenden 992 Schwinck, Georg(e) Gotthilf (gest. 1819), Kommerzienrat und Großkaufmann in Königsberg, führte mit seinem Schwager, dem schwed. Konsul J. F. Koch, das Handelshaus Schwinck & Koch 992, 1062 Scott, Sir Walter (1771–1832), schott. Schriftsteller 677, 689 Scultetus, Andreas (Andreas Scholz; um 1622/23–1647), schles. Jesuit und Dichter 795
*Seckendorf, Franz Karl L e o p o l d ( L e o ) von 109, 131, 164f., 213, 284, 330, 334, 342, 347f., 467, 592, 685, 815, 837, 870, 913, 952, 957, 960, 968, 972f., 977, 997f., 1062f. Seckendorf, Franz Paul Christoph Albrecht von (1750–1823), Vater des Vorigen, Präsident des Reichskammergerichts in Wetzlar 1062 Seckendorf, Friederike Christiane Wilhelmine, geb. Freiin Stiebar von Buttenheim (1755–1808), verh. mit dem Vorigen 203, 913 Seckendorff, Karl Siegmund von (1744– 1785), Diplomat und Liederkomponist, 1775 Berater und Freund des Herzogs Carl August in Weimar, 1785 Minister und Gesandter des preuß. Hofes im fränk. Kreis 592 Seidler, August Gottfried Ludwig (1759– 1825), seit 1784 akadem. Stallmeister in Jena 249, 866 Seidler, Augusta Johanna Dorothea ( D o r e t t e ; 1771–1836), Schwester des Vorigen, Erzieherin, 1814 verh. mit Friedrich Jacobs 249, 263, 267, 866, 888 Seidler, L o u i s e Caroline Sophie (1786– 1866), Tochter von August Gottfried Ludwig S., Malerin in Weimar und Jena 866 Seidlitz — Seydlitz, Friedrich Wilhelm von Sekkendorf — Seckendorf, Franz Karl L e o p o l d ( L e o ) von Selene, Mondgöttin der griech. Mythologie 603 Seligmann, Aron Elias (seit 1814 Freiherr von Eichthal; 1747–1824), kurpfälz. Hoffaktor, 1799 bayer. Oberhoffaktor und Bankier in München, 1814 Konversion zum Katholizismus 873 Seligmann, Bernhard (seit 1814 Freiherr von Eichthal; 1784–1830), Sohn des Vorigen, Studium in Göttingen, 1806 Studium der Staatswissenschaft in Heidelberg, 1810 Beamter in Augsburg, 1815– 1825 Finanzrat bei der königl. Regierung
1122
Personenregister des Isarkreises, 1826 in England und Schottland 873 Seligmann, Hindele, geb. Levi (gest. 1831), Tochter eines Hoffaktors in Sigmaringen, 1765 verh. mit Aron Elias S. 253, 864, 873 Semiramis, babylon. Königin 777 Semler, Johann Salomo (1725–1791), Theologe, 1751 Prof. der Geschichte und Poesie in Altdorf, 1752 Prof. der Theologie in Halle 550 Servie`re, Anna C h a r l o t t e (1773–1862), Tochter des Likör- und Parfümeriefabrikanten Peter Joseph S. aus Montpellier und von Maria Johanna Josepha, geb. Togni, aus Bergamo, Frankfurter Bekannte der Brentanos, Freundin der Günderrode 303, 528, 931 Servie`re, Pauline ( P a u l a ) Marie Walpurgis (1773–1832), Zwillingsschwester der Vorigen 931 Seutter, Johann Gottfried (1717–1800), Kupferstecher in Augsburg 827 Seydlitz, Friedrich Wilhelm von (1721– 1773), preuß. Feldherr im Siebenjährigen Krieg, 1757 Generalleutnant 357, 743 Shakespeare, William (1564–1616) 32, 41, 153, 340f., 598, 700, 724, 962, 967, 981, 1014, 1042 Sichem, Christoffel (1546–1624), niederl. Formschneider und Kupferstecher 827 Siebenkäs — Wiele Silenus, Satyr (griech. Myth.) 298, 927 Sillem, Henriette L o u i s e (1786–1856), Schülerin Louise Reichardts, 1805 verh. mit Jacques des Arts 870 Simeon Stylites d. Ä. (um 390–459), syr. Asket und Einsiedler 909 Simonis (Simon, Simone), Johann Christian (um 1700), Sprachforscher und Bibliothekar in Straßburg 555 Simson (Samson), israel. Richter vor der Königszeit (bibl.) 820 Sinclair, Auguste Wilhelmine von, geb. von Ende (1742–1815), Mutter des Folgenden (970)
Sinclair, Isaak von (1775–1815), Jurist und Schriftsteller, 1796 im Dienst des Landgrafen von Hessen-Homburg, 1805 in Ludwigsburg und auf der Solitude inhaftiert, im Herbst 1805 und Frühjahr 1806 in diplomat. Mission des hessen-homburg. Landgrafen in Berlin, danach in Homburg 341f., 815, 964, 968–971, 1062f. Skamandros, griech. Flußgott 725 Skawronski, Pawel Martinowitsch Graf (1757–1793), russ. Diplomat, seit 1790 Gesandter in Neapel 139, 145, 734 Sleidanus, Johannes (1506–1556), Jurist, Diplomat und Historiker, seit 1544 in Straßburg 19, 550 Snyers, Hendrik (geb. um 1620), niederl. Kupferstecher 827 Sokrates (469–399 v. Chr.) 785 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand (1780– 1819), Jurist, Philosoph und Ästhetiker, 1803–1806 bei der Kriegs- und Domänenkammer in Berlin, 1809 Prof. der Philosophie in Frankfurt/O., 1811 Prof. der Philosophie in Berlin, 1814/15 Rektor der Berliner Universität, Freund L. Tiecks 569f. Solms-Braunfels, F r i e d e r i k e Luise Caroline Sophie Charlotte Alexandrine Prinzessin von, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (1778–1841), 1793 verh. mit Prinz Friedrich Ludwig Karl (Louis) von Preußen, 1798 mit dem Folgenden, 1815 mit Herzog Ernst August von Cumberland 224, 228, 233, 239, 803, 848, 852f. Solms-Braunfels, F r i e d r i c h Wilhelm Prinz zu (1770–1814), preuß. Generalmajor, 1805 entlassen 803 Sonnin, Auktionskommissar in Berlin 551 Sophie — Brentano, Sophie Sotzmann, Johann Daniel Ferdinand (1781– 1866), Jurist, Mitschüler Arnims am Joachimsthalschen Gymnasium in Berlin, 1804 Assessor bei der Kriegs- und Domänenkammer in Ansbach, 1810 Regie-
1123
Personenregister rungsrat in Potsdam, 1816 Regierungsdirektor in Köln, danach Geh. Oberfinanzrat in Berlin 665 Spalding, Johann Joachim (1714–1804), Theologe und Moralphilosoph, 1764 Oberkonsistorialrat und Propst an der Nikolaikirche in Berlin 19, 550f., 604 Spangenberg, August Gottlieb (1704– 1792), Theologe, seit 1730 bei der Herrnhuter Brüdergemeine, zeitweise in Amerika, 1744 Bischof 852 Spazier, Johann Gottlieb K a r l (1761– 1805), Liederkomponist und Musikschriftsteller, Studium der Theologie und Philosophie in Halle, 1791 Lehrer der deutschen Sprache und schönen Wissenschaften in Berlin, 1797 Direktor am Philanthropin in Dessau, seit 1800 in Leipzig, wo er 1801 die Zeitung für die elegante Welt gründete 177, 192, 788, 808 Spee, Friedrich (1591–1635), Jesuit und Liederdichter, 1625/26 Domprediger in Paderborn, 1627 Beichtvater für die zum Feuertod verurteilten Hexen in Würzburg, 1628 Prediger in Peine, danach am Stift Corvey, 1632 in Köln, zuletzt in Trier 36, 40, 587–589, 596, 601–603, 1022f. Spinoza, Benedictus de (Baruch de Spinoza; 1632–1677) 603 Sponholz, Gideon (gest. 1806), Goldschmied in Neubrandenburg 230, 237, 774, 854 Sponholz, Jacob (gest. 1809), Bruder des Vorigen, Goldschmied in Neubrandenburg 230, 237, 774, 854 Spontini, Gaspare Luigi Pacifico (1774– 1851), ital. Komponist 632 Sprengel, K u r t Polykarp Joachim (1766– 1833), 1789 Prof. für Medizin und Botanik in Halle, 1797 auch Direktor des Botanischen Gartens 896 Sprengel, Matthias Christian (1746–1803), Historiker und Bibliothekar, Studium der Philosophie in Göttingen, 1778 Prof.
ebd., 1779 Prof. der Geschichte und Universitätsbibliothekar in Halle 273, 896 Sprengel, Tochter des Vorigen 273, 896 Stae¨l-Holstein, Anne Louise Germaine de, geb. Necker (1766–1817), Schriftstellerin, Tochter des frz. Finanzministers Jacques Necker, 1786 verh. mit dem schwed. Diplomaten Erich Magnus de Stae¨l-Holstein 110f., 591, 687, 971, 1007 Stalburg, Frankfurter Patrizierfamilie 819 Stark, Johann Christian d. Ä. (1753–1811), Arzt, 1779 Prof. der Medizin in Jena, 1786 sachs.-weimar. Hofrat, Leibarzt des Herzogs Carl August von SachsenWeimar-Eisenach, 1804 Geh. Hofrat 570, 623 St Cir — Gouvion Saint-Cyr, Laurent Marquis de Steaire, Fräulein, vmtl. Erzieherin Helmuth von La Roches 13 Steen, Franciscus van der (um 1625–1672), Hofkupferstecher in Wien 827 *Steffens, Henrik (Henrich, Heinrich) 68, 158, 189, 290, 623, 692–694, 723, 760, 764, 805, 918, 1038, 1055, 1057, 1063f. Steffens, Johanna, geb. Reichardt (1784– 1835), Tochter J. F. Reichardts aus zweiter Ehe, 1803 verh. mit dem Vorigen 290, 720, 918, 1063 Steig, Reinhold (1857–1918), Literaturwissenschaftler, Prof. in Berlin 461f., 534, 564, 597f., 601, 623, 637, 661, 681, 699, 712, 718, 724f., 727, 758, 781, 801, 818, 847, 850, 858, 885, 894, 897, 916, 930, 934, 937, 964, 975 Stein, Heinrich Friedrich K a r l Reichsfreiherr vom und zum (1757–1831), preuß. Staatsmann 273, 888, 896, 1053 Stein, Wilhelmine Friedrike Reichsfreiin vom und zum, geb. Wallmoden-Gimborn (1772–1819), 1793 verh. mit dem Vorigen 273 Steltzer, Christian Friedrich Bernhard (von) (1778–1848; 1840 geadelt), Studium in
1124
Personenregister Halle, 1804 Kriminalrat in Hildesheim, 1808 in Halle, 1815 Oberlandesgerichtsrat in Halberstadt, 1823 beim Finanzministerium in Berlin, 1830 Präsident des Oberlandesgerichts in Hamm, seit 1831 in Halberstadt 67, 898 Steltzer, Wilhelmine Juliane, geb. Reichardt (1783–1839), Tochter J. F. Reichardts aus erster Ehe, 1805 verh. mit dem Vorigen 67, 610, 622, 898 Stelzer — Steltzer Stephanie (Stephan), Christian Gottlob (1733–1798), Schauspieler und Schriftsteller, zunächst Kaufmann, 1756 Schauspieler, u.a. in Breslau und Berlin, seit 1760 an der Wiener Hofbühne 153 , 754 Stephanie (Stephan), Gottlieb d. J. (1741– 1800), Bruder des Vorigen, Schauspieler und Schriftsteller, 1761 in österr. Militärdienst, seit 1769 an der Wiener Hofbühne 153, 754 Stien — Steen, Franciscus van der Stilling — Jung, Johann Heinrich; Schilling, Diebold Stockau, G e o r g Adolph von (1806– 1865), Sohn von Therese von Thurn und Taxis und Maximilian von Lerchenfeld (804f.) Stolberg-Stolberg, Christian Graf zu (1748– 1828), Schriftsteller, 1777–1800 dän. Amtmann in Tremsbüttel, danach auf seinem Gut Windebye bei Eckernförde 541 Stolberg-Stolberg, Friedrich (Fritz) Leopold Graf zu (1750–1819), Bruder des Vorigen, Schriftsteller, 1791 Kammerpräsident in Eutin, 1800 Konversion zum Katholizismus und Übersiedlung nach Münster 178, 781, 792 Stoll, Joseph Ludwig (1778–1815), Schriftsteller, nach Europareise und Aufenthalt in Berlin seit 1801 in Weimar, 1806 in Wien, Regisseur am Hoftheater, 1808 mit L. von Seckendorf Hg. der Zs. Prometheus 1063
Stranitzky, Joseph Anton (1676–1727), Schauspieler, 1699 in München, 1706 auch Theaterprinzipal in Wien, Darsteller des Hanswurst 568 Straub, Veronika 462 Ströhling, Peter Eduard (1768–nach 1826), Maler, 1789 in Mannheim, danach in Frankfurt und Mainz, 1796 in Rom, Neapel, Wien, 1796–1801 in Petersburg, um 1802 in Berlin, 1803–1807 und 1819–1826 in London und Wien, porträtierte 1790 Maximiliane Brentano, 1804 Arnim 690, 822, 840 Stromer von Reichenbach, Christoph Friedrich (1757–1828), Patrizier in Nürnberg, 1805–1808 letzter Nürnberger Pfleger (Amtmann) in Altdorf 99, 110, 667 Stromer von Reichenbach, Christoph Friedrich Siegmund (1786–1831), Sohn des Vorigen 99, 110, 667 Stromer von Reichenbach, Christoph Karl Friedrich (1789–1842), Sohn von Johann Sigmund Jakob Karl S., 1813 Leutnant der k. bayer. mobilen Legion des Rezatkreises 667 Stromer von Reichenbach, Johann Christoph Sigmund (1788–1809), Sohn von Christoph Friedrich S., 1805 Fähnrich im kurfürstl.-hess. Infanterie-Regiment Churprinz 667 Stromer von Reichenbach auf Grünsberg, Johann Sigmund Jakob Karl (1758– 1820), 1786 Assessor in Nürnberg, 1806 pensioniert 99, 110, 667 Stromer von Reichenbach, Johann Sigmund Ludwig Karl (geb. 1786), Sohn des Vorigen, 1805 Leutnant im k. k. 56. LinienInfanterie-Regiment Colloredo 667 Stromer von Reichenbach, Wolf Jakob (1561–1614), Patrizier und Ratsherr in Nürnberg 666f. Struensee, Karl August von (1735–1804), dän. Justizrat, 1771 Deputierter am dän. Finanzkollegium, danach in preuß. Diensten, 1777 Bankdirektor in Elbing, 1791 preuß. Staatsminister, Chef des Zoll- und Akzisedepartements 532
1125
Personenregister Stumpf, Johannes (1500–1577), schweiz. Historiker und Theologe 21, 556 Stutterheim, Familie von, Vorbesitzer des Arnimschen Gutes Wiepersdorf 620 Suhm, Peter Friedrich von (1728–1798), dän. Kammerherr, Historiograph, Philosoph und Dichter 96, 659 Susanna, Frau des Jojakim (bibl.) 207 Swanenburgh, Willem (1581/82–1612), Kupferstecher in Leiden 827 Talleyrand-Pe´rigord, Catherine, geb. Noe¨l Worlee (1762–1835), in erster Ehe verh. mit George Francis Grand, 1804 verh. mit dem Folgenden 867 Talleyrand-Pe´rigord, Charles Maurice Prinz von (1754–1838), frz. Staatsmann, 1797 Außenminister, 1804 Großkämmerer von Frankreich, 1806 Fürst von Benevent, unter Ludwig XVIII. Minister des Auswärtigen, 1830–1834 Botschafter in London 804, 867 Tannhäuser (13. Jh.), Minnesänger 672 Tantalos, Frevler gegen die Götter (griech. Mythologie) 798f. Tauler, Johannes (um 1300–1361), Dominikanermönch, Mystiker und Volksprediger in Straßburg 360f., 994 Taxis — Thurn und Taxis Tell, Wilhelm 791 Teller, Wilhelm Abraham (1734–1804), Theologe, Studium in Leipzig, seit 1767 Oberkonsistorialrat und Propst in BerlinKölln 604 Tellus, röm. Gottheit der Erde 58 Tempesta (Tempestius), Antonio (1555– 1630), ital. Maler und Kupferstecher 827 Terenz (um 195–159 v. Chr.), röm. Lustspieldichter 719 Tettenborn, Friedrich Karl Freiherr von (1778–1845), General, 1794 in österr. Dienst, 1812 Oberstleutnant in der russ. Armee, 1818 in bad. Dienst 1064 Theophrast — Paracelsus Thethys, griech. Titanin und Meeresgöttin 725
Thibaut, Anton Friedrich Justus (1772– 1840), Jurist, Studium in Göttingen, 1793 in Königsberg, 1794 in Kiel, 1798 Prof. der Rechte ebd., 1802 in Jena, seit 1805 in Heidelberg 214, 631 Thibaut, Bernhard Friedrich (1775–1832), Bruder des Vorigen, 1802 Prof. der Mathematik in Göttingen 317, 946 Thibeau — Thibaut, Bernhard Friedrich Thietmar von Merseburg (975–1018), Geschichtsschreiber, 1009 Bischof von Merseburg 230, 237, 854 Thüringen, Hermann I. Landgraf von (um 1155–1217), reg. seit 1190 805f. Thurn und Taxis, Carl Alexander Fürst von (1770–1827), 1797 kaiserl. Prinzipalkommissar, später bayer. Oberpostmeister (188f.), 224, 233, 803, 868 Thurn und Taxis, Georg — Stockau, Georg von Thurn und Taxis, T h e r e s e Mathilde Amalie Fürstin von, geb. Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz (1773–1839), 1789 verh. mit Carl Alexander von T. (188f.), 224, 233, (250), 803f., 848, 852f., 868 Thym, Georg (um 1520–1560), Schulmeister und Schriftsteller, 1544 Lehrer in Magdeburg und Zerbst, 1548 in Zwickau, danach in Goslar, Wernigerode und Wittenberg 551, 701, 826 Tieck, Amalie, geb. Alberti (1769–1837), Predigerstochter aus Hamburg, 1798 verh. mit Ludwig T. 13f., 253, 540, 598 Tieck, Dorothea (1799–1841), Tochter der Vorigen, seit 1819 Gehilfin ihres Vaters in Dresden, Shakespeare-Übersetzerin 542 Tieck, Friedrich (1776–1851), Bruder von Ludwig T., Bildhauer, 1798–1801 in Paris, 1802–1805 in Weimar, danach in Italien, 1808 in München, 1819 Prof. an der Berliner Kunstakademie, 1830 Direktor der Skulpturen-Abteilung des Berliner Museums 29, 41, 118, 531, 534, 539, 572, 598, 943, 1044
1126
Personenregister Tieck, Johann L u d w i g (1773–1853) 10f., 13f., 22, 26, 29, 39, 41, 78, 104, 120, 152, 187, 253, 314, 316, 335f., 339–343, 346f., 428, 532, 539f., 542f., 558f., 563f., 568, 572, 576f., 594, 598, 611, 649, 665, 676, 701–703, 707, 751f., 754, 761, 771, 779, 802, 871, 873, 891, 894, 942, 962, 964–967, 970, 975, 1012, 1042, 1045, 1058, 1060 Till Eulenspiegel (um 1300–um 1350) 743, 982 Tischer — Discher Tithonos, Sohn des Königs Laomedon von Troja (griech. Myth.) 1027 Töpfer, Heinrich August (1758–1833), Mathematiker, 1796–1828 Lehrer an der Fürstenschule in Grimma, nach Pensionierung in Dresden 1043 Toussaint, Frederic, Sohn des Folgenden, seit 1774 mit Jean Claude Laval Inhaber des Königsberger Handelshauses Toussaint et Comp. 360f., 365f., 993f. Toussaint, Jean Claude (1709–1774), Kommerzienrat, Gründer des Königsberger Handelshauses Toussaint et Comp. 993 Treitzsauerwein, Marx (gest. 1527), Geheimschreiber Kaiser Maximilians I. 555 Tribbechovius (Tribbechov), Adam (1641– 1687), Theologe und Kirchenliederdichter, 1664 Prof. der Moral und Geschichte in Kiel, 1672 Kirchenrat in Gotha, 1677 Generalsuperintendent ebd. 124, 711 Tribbechovius (Tribbechov), Johannes (1677–1712), Sohn des Vorigen, Theologe und Kirchenliederdichter, Studium in Halle und Jena, 1705 Prof. der Philosophie in Halle, 1707 Hofprediger des Prinzen Georg von Dänemark, 1710 wieder in Halle 124, 711 Trommsdorff, Johann Bartholomäus (1770– 1837), Chemiker und Apotheker in Erfurt, 1795 Prof. für Chemie und Physik ebd., 1796 Gründung einer pharm.-
chem. Lehranstalt, 1823 Direktor der königl. Akademie ebd. 787f. Tropf — Knopf Troyen, Jan van (geb. um 1610), niederl. Kupferstecher und Radierer 827 Trzebiatowika, zwei Fräulein, vmtl. Angehörige der preuß. Adelsfamilie Trzebiatowski 331 Tscherning, Andreas (1611–1659), schles. Dichter, 1637 Privatlehrer in Breslau, 1644 Prof. für Dichtkunst in Rostock 26 Tschudi, Aegidius (1505–1572), schweiz. Staatsmann und Historiker, 1529 Landvogt von Sagans, 1554 Statthalter, 1558 Landammann von Glarus 21, 149, 174, 207, 212, 556, 625, 746f., 783, 820, 826, 836 Turpin (Tilpin; um 748/51–794), Bischof von Reims, angebl. Verf. einer Geschichte Karls des Großen 767 Tyroff, Martin (1705–1758), Zeichner und Kupferstecher in Nürnberg 827 Tyroft — Tyroff Tzalinska (Tzalirska), poln. Gräfin 249, 867 Ugolino della Gherarde´sca (um 1220– 1289), Herrscher der Ghibellinen in Pisa 253, 871 Uhland, Johann L u d w i g (1787–1862), Schriftsteller, 1801 Jura- und Philosophiestudium in Tübingen, 1810 Dr. iur., danach in Paris, seit 1811 Anwalt in Tübingen 998, 1063 Ulrich, Friedrich Andreas (um 1750–nach 1809), Bildhauer in Dresden, seit 1809 in Rußland, in Moskau verschollen 832 Unger, Friederike Helene, geb. von Rothenburg (1751–1813), verh. mit dem Folgenden, führte den Verlag bis 1811 weiter 816 Unger, Johann Friedrich (1753–1804), Buchdrucker und Verleger in Berlin, 1800 Prof. der Holzschneidekunst an der Kunstakademie ebd. 11f., 202, 533f., 538, 816
1127
Personenregister Varada, frz. Jesuit, Beichtvater von Maria de Medici 735 Varilles — Villeroy, Nicolas de Neufville, Seigneur de Varnhagen, Anna Maria, geb. Kuntz (1755– 1826), aus Straßburg, verh. mit dem Folgenden, Mutter von Karl August V. 1064 Varnhagen, Johann Andreas Jakob (1756– 1799), Vater des Folgenden, Arzt in Düsseldorf, 1790 in Straßburg, 1794 in Hamburg 1064 *Varnhagen von Ense, Karl August 277, 279, 435, 458, 523, 546f., 554, 586, 600, 614, 695f., 698f., 709, 727, 768, 793, 811, 816, 850, 871, 899–901, 916, 925, 929, 946, 968, 975, 993, 1004f., 1010f., 1038, 1040, 1064 Varnhagen, Rahel — Levin, Rahel Varrentrapp, Johann Friedrich (1742– 1814), Verleger und Buchhändler (Varrentrapp & Wenner) in Frankfurt 871, 942 Vasari, Giorgio (1511–1574), ital. Maler und Architekt 1036 Veit, Dorothea — Schlegel, Dorothea Vergil (70–19 v. Chr.) 262, 881 Vieth, Anton (18. Jh.), Jurist und Chronist, schleswig-holst. Kammerassessor, 1733 Hg. einer Chronik von Dithmarschen 747 Vieweg, Carl, Sohn von Johann Friedrich V., Landwirt auf Schloß Wendhausen in Niedersachsen 919 Vieweg, Charlotte Auguste (1801–1808), Tochter von Johann Friedrich V. 919 Vieweg, Elise Johanne Edda (Lilla; 1802– 1805), Tochter von Johann Friedrich V. 919 Vieweg, Hans Heinrich E d u a r d (1796– 1869), Sohn des Folgenden, 1825 Teilhaber im Verlag seines Vaters und dessen Nachfolger 919 Vieweg, Johann Friedrich (1761–1835), Verlagsbuchhändler, Lehre in der halleschen Waisenhausbuchhandlung, da-
nach in Hamburg, 1784 bei Mylius in Berlin, 1786 ebd. Gründung eines eigenen Verlags, seit 1799 in Braunschweig 919 Vieweg, Maria, Tochter des Vorigen 919 Vieweg, Sophie Elisabeth C h a r l o t t e , geb. Campe (1774–1834), Tochter des Verlegers Johann Heinrich C., 1795 verh. mit Johann Friedrich V. 919 Vieweg, Sophie, Tochter der Vorigen 919 Villeroy, Nicolas de Neufville Seigneur de (1542–1617), frz. Politiker, 1589–1613 Staatssekretär des Kriegsministeriums, 1594–1616 des Außenministeriums 139f., 735 Virgil — Vergil Vischer — Visscher Vischer, Peter d. Ä. (um 1460–1529), Bildhauer und Erzgießer in Nürnberg 799, 927 Visconti, Giovanni (1290–1354), 1329 Kardinal, 1342 Erzbischof von Mailand, 1353 Doge von Genua 399, 1024 Visscher, Cornelis (um 1619–1662), niederl. Zeichner und Kupferstecher 827 Vogel (seit 1831 Vogel von Vogelstein), Carl Christian (1788–1868), Maler, 1804 Studium an der Kunstakademie Dresden, 1807 in Dorpat, 1808–1812 in Petersburg, danach in Italien, 1820 Prof. an der Kunstakademie in Dresden 1007 Voigt, Christian Gottlob d. J. (von) (1774– 1813; 1807 geadelt), Sohn des sachsenweimar. Staatsministers Christian Gottlob Voigt d. Ä., 1796 sachsen-weimar. Regierungsassessor, 1798 Regierungsrat, 1801 Geh. Archivar, später Geh. Regierungsrat 572 Voigt (Voith), Valentin (1487/88–nach 1558), Schriftsteller und Meistersinger, 1507 Student in Wittenberg, 1541 Steuerbeamter in Magdeburg 679 Volkmar, Carl Heinrich Ludwig (um 1780 – nach 1827), Jurist, 1800 Studium in Göttingen, danach Advokat in Braunschweig, 1808 Sekretär des Kaufgerichts
1128
Personenregister ebd., 1813 Kabinettsrat, 1814 Geh. Sekretär 917 Volkmar, Philipp Ludwig, Bruder des Vorigen, 1800 Medizinstudent in Göttingen 289, 917, 927 Volpato, Giovanni (1733–1803), ital. Kupferstecher und Radierer 827 Voltaire (Franc¸ois Marie Arouet; 1694– 1778) 636, 806 Vorsterman, Lucas (1595–1675), niederl. Kupferstecher 827 Voß, Johann Heinrich (1751–1826), klass. Philologe, Schriftsteller und HomerÜbersetzer, 1778 Schulrektor in Otterndorf, 1782 in Eutin, 1802 Privatgelehrter in Jena, 1805 Titularprof. in Heidelberg 89, 98, 108, 110, 176, 178f., 208f., 212f., 253, 255, 314, 525, 573, 648f., 663f., 683, 686, 710, 786, 791f., 831, 836, 875, 897, 924, 940f. Voß, Johann Heinrich d. J. (1779–1822), Sohn des Vorigen, Schriftsteller und Übersetzer, 1804 Gymnasialprof. in Weimar, 1807 Prof. der Philologie in Heidelberg 569f. Voß, Marie Christine E r n e s t i n e , geb. Boie (1756–1834), 1777 verh. mit Johann Heinrich V. (178), 213, 249, 255, 274, 791 Vulpius, Christian August (1762–1827), Schriftsteller, Jurastudium in Jena und Erlangen, 1788 Sekretär in Nürnberg, 1800 Bibliothekssekretär in Weimar, 1805 Bibliothekar und Münzinspektor ebd. 590 Vulpius, Johanna Christina ( C h r i s t i a n e ) Sophia (1765–1816), Schwester des Vorigen, seit 1788 Lebensgefährtin Goethes, 1806 verh. 635f., 771, 850, 915, 1049 Wackenroder, Wilhelm Heinrich (1773– 1798), Schriftsteller, Besuch des Friedrichwerderschen Gymnasiums in Berlin, seitdem Freundschaft mit L. Tieck, 1793 Jurastudium in Erlangen, 1793/94 in
Göttingen, danach Kammergerichtsrefendar in Berlin 382, 595, 666, 668, 1015 Wagner — Wangner, Jakob Wagner, Johann E r n s t (1769–1812), Schriftsteller, zunächst Sekretär, Aktuar und Verwalter des Freiherrn von Wechmar in Roßdorf (bei Meiningen), 1805 Kabinettssekretär des Herzogs Georg von Meiningen 284f., 912 Waldau, Georg Ernst (1745–1817), Nürnberger Regionalhistoriker und Bibliograph, 1772 Hospitalprediger, 1789 Gymnasialprof., 1791 Oberpfarrer von St. Ägidien, 1795 von St. Lorenz 100 Waldbott-Bassenheim, Friedrich Karl Rudolf Graf von (1779–1830), Gutsbesitzer am Rhein, Ritter des Deutschen Ordens 164f., 772 Waldemar (um 1280–1319), 1303 Markgraf von Brandenburg 571 Waldemar (der falsche) — Rehbock, Jakob Waldis, Burkart (um 1490–1556), Theologe, Fabeldichter und Schriftsteller, 1522 Franziskanermönch in Riga, 1524 Übertritt zum Protestantismus, 1536–1540 wegen Ketzerei in Haft, 1541 Studium in Wittenberg, 1544 Pfarrer in Abterode bei Sooden-Allendorf (Hessen) 684 Wallenstein (Waldstein), A l b r e c h t Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland und Mecklenburg, Fürst von Sagan, gen. Wallenstein (1583–1634) 255, 875 Wallmoden — Walmoden Walmoden, Thedel von, Ritter aus der Gegend von Braunschweig 120, 207, 214, 283, 292, 294, 318, 701, 826, 837, 907, 947 Walpurgis — Ackermann, Walpurgis Walter, Johann Gottlieb (1734–1818), Prof. für Naturlehre und Anatomie am Collegium medico-chirurgicum in Berlin, Begründer einer anatomischen Sammlung 136, 143, 730 Walther — Walter, Johann Gottlieb Walther von der Vogelweide (um 1170–um 1230), Minnesänger 806
1129
Personenregister Wambold — Wambolt von Umbstadt Wambolt von Umbstadt, Bernhardine, geb. Gräfin von Stadion-Tannhausen (geb. 1764), 1790 verh. mit dem bayer. Oberst Philipp Hugo Freiherr Wambolt von Umbstadt, 1805–1808 in Heidelberg 196 Wangner, Jakob (1703–1781), Kupferstecher in Augsburg 827 Weber, Bernhard Anselm (1764–1821), Komponist, 1792 Musikdirektor am königl. Nationaltheater in Berlin, 1804 Kapellmeister 945 Wedekind, Agnes, geb. Reuther (Reutter), verh. mit dem Folgenden 1065 *Wedekind, Franciscus I g n a t i u s 112, 155, 284, 530, 760, 909, 1064f. Wedekind, Georg Joseph (1739–1789), Vater des Vorigen, nach Studium in Heidelberg 1763 Prof. ebd. 1064f. Wedgwood, Josiah (1730–1795), Begründer der engl. Tonwarenindustrie und Erfinder des nach ihm benannten Steinguts 137, 731 Wedgwuth — Wedgwood, Josiah Weigel, Johann August Gottlob (1773– 1846), Buchhändler und Begründer der Buchhandlung Weigel in Leipzig, 1793 Leiter der Müllerschen Buchhandlung ebd., 1795 selbständiger antiquar. Buchhändler 21 , 557 Weil; Weyl — Niclas von Wyle Weis, Philipp Friedrich (1766–1808), Jurist, 1789 Prof. in Marburg, Lehrer, Freund und Hausherr Savignys 698, 1059 Weisbrod, Carl Wilhelm (1743–um 1806), Zeichner und Radierer 827 Weise, Christian (1642–1708), Theologe und Schriftsteller, 1670 Prof. am Gymnasium in Weißenfels, 1678 Rektor des Gymnasiums in Zittau und Leiter der Ratsbibliothek 537f., 543, 558, 852 Weiß — Weiße, Michael Weiße, Christian Felix (1726–1804), Dramatiker und Jugendschriftsteller, 1750 Hofmeister des Grafen Geyersberg,
1759 in Paris, 1761 Kreissteuereinnehmer in Leipzig 153, 754 Weiße, Michael (ca. 1488–1534), Kirchenliederdichter, Mönch in Breslau, 1531 Pfarrer der Böhmischen Brüder in Landskron 47, 604 Weitsch, Johann Anton August (1762– 1841), Braunschweiger Maler, 1803– 1807 Inspektor der Salzdahlumer Galerie (320), (424), 948 Werckmeister, Rudolph, Musikverleger in Oranienburg, seit 1806 in Berlin 286, 916 Werner, Abraham Gottlob (1750–1817), Geologe und Mineraloge, 1775 Lehrer, danach Prof. der Mineralogie und Bergbaukunde an der Bergakademie in Freiberg/Sa. 960, 1063 Werner, Friedrich Ludwig Z a c h a r i a s (1768–1823), Schriftsteller, Studium der Rechte und der Kameralwissenschaft in Königsberg, 1805 in Berlin, 1811 Konversion zum Katholizismus, 1814 Priesterweihe in Aschaffenburg, danach Prediger in Wien 269, 315f., 668, 733f., 892f., 945 Wesenberg — Wessenberg, Johann Philipp von Wessely, Karl Bernhard (1768–1826), Komponist, 1788 Musikdirektor am königl. Theater in Berlin, 1796 Kapellmeister in Rheinsberg, seit 1809 Regierungsbeamter in Potsdam 571 Wessenberg, I g n a z H e i n r i c h Karl Joseph Thaddäus Fidel Dismas Freiherr von (1774–1860), Studium der Theologie in Dillingen, Würzburg und Wien, 1802 Generalvikar des Bistums Konstanz, 1817–1827, 1831–1833 Abgeordneter der bad. Ersten Kammer 1008 Wessenberg, Johann Philipp von (1773– 1858), Bruder des Vorigen, österr. Staatsmann, 1803–1805 Ministerresident bei der Reichsstadt Frankfurt, 1805 Gesandter in Kassel, 1809 in Berlin, 1811 in München 376, 1008
1130
Personenregister Wessenberg, Maria Gertrude, geb. Mülhens (1786–1855), Tochter des Frankfurter Bankiers Heinrich Mülhens, 1804 verh. mit dem Vorigen 1008 Weygand, Christian Friedrich (1743–1806), Buchhändler und Verleger in Leipzig 130, 720 Wichmann, Carl Friedrich (1775–1836), Bildhauer, Schüler Schadows, 1829 Prof. an der Berliner Akademie der Künste 137, 143 Wick, Johann Jakob (1522–1588), ref. Prediger und Chronist in Zürich 294, 923 Wiedertäufer in Münster 403–414 Wieland, Christoph Martin (1733–1813) 99, 150, 175, 208, 295f., 437, 785, 831, 902, 917, 923f., 1009 Wiele, Johann Peter Conrad, 1806 Hofkapellmeister in Neustrelitz (172), 779 Wier(i)x, Antonie (um 1552–1624) oder dessen Brüder Hieronymus (um 1553– 1619) und Johan (um 1549–nach 1615), Kupferstecher in Antwerpen 827 Wiesner, Christoph Lorenz (gest. um 1806), Inhaber der Nürnberger Buch-, Kunst-, Landkarten und Musikalienhandlung Riegel und Wiesner, 1800 verh. mit der Witwe von Christoph Riegel 100 Wilhelm I. (1772–1843), 1814 König der Niederlande 733 Wilhelm I. (1797–1888), zweiter Sohn von Friedrich Wilhelm III. und Luise von Preußen, 1861 König von Preußen, 1871 dt. Kaiser 32, 579f. Wilhelm I. (1781–1864), 1816 König von Württemberg 1065 Willcke(n) — Wilke *Wilke, Andreas Christian Friedrich 51, 66, 386, 390, 1065 Wilken, Friedrich (1777–1840), Historiker und Orientalist, 1803 Erzieher des Fürsten Georg Wilhelm von SchaumburgLippe, 1805 Prof. der Geschichte in Heidelberg, 1807 auch Direktor der Universitätsbibliothek, 1817 Oberbibliothekar
und Prof. in Berlin, 1821/22 Rektor der Berliner Universität 120, 207, 701 Wilmans, Friedrich (1764–1830), Verleger, 1793 Gründung einer Verlagsbuchhandlung in Bremen, 1802 Übersiedlung nach Frankfurt, Ausdehnung des Unternehmens auf den Kunsthandel 13, 525, 540, 1046 Winckelmann, Johann Joachim (1717– 1768), Archäologe und Kunsthistoriker, 1748 Bibliothekar des Grafen Bünau in Nöthnitz bei Dresden, 1755 in Rom, 1758 Bibliothekar des Kardinals Albani, 1763 Präsident der Altertümer in Rom 254, 874, 1049 Winkelmann, Marianne Louise, geb. Leisewitz (1753–1818), Mutter des Folgenden, 1773 verh. mit dem Braunschweiger Viktualien- und Gewürzwaren-Großhändler Dietrich Wilhelm W. 825 Winkelmann, Stephan A u g u s t (1780– 1806), Schriftsteller und Mediziner, Jugendfreund Arnims und Brentanos, 1797 Medizinstudium in Braunschweig, 1799 in Jena, 1801 in Göttingen, 1803 Arzt in Braunschweig und Prof. der Physiologie am Collegium anatomico-chirurgicum 13, 19, 21, 38, 104, 108, 119f., 131, 185, 207, 244f., 250, 254, 259, 264, 266, 270, 289f., 295, 298, 320, 322, 342, 347, 427, 432f., 539, 546, 551, 558, 560, 583, 592–594, 676, 679, 700, 703, 722, 770, 787, 799, 825f., 858–860, 868, 874, 880, 884, 917f., 925, 975 Winterfeld, Ludwig Adolph von (1765– 1842), 1803 Landrat im Kreisdirektorium Uckermark, 1817–1837 Landrat des Kreises Prenzlau (359), 991 Winterl, Jakob Joseph (1739–1809), ungar. Chemiker, Prof. der Chemie und Botanik in Budapest 788 Wintzingerode, Georg Ernst Levin Reichsgraf von (1752–1834), Vater des Folgenden, württ. Minister und Diplomat, seit
1131
Personenregister 1768 im Dienst des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel, 1786 Oberhofmeister der verw. Landgräfin, die er 1794 heiratet, 1807–1814 auf Schloß Bodenstein (Eichsfeld), danach wieder in württ. Staatsdienst 1065 *Wintzingerode, Heinrich Karl Friedrich Levin von 112, 155, 760, 1065 Wirtemberg — Württemberg Witte, Johann Heinrich Friedrich K a r l (1800–1883), Sohn des Folgenden, Jurist und Dante-Forscher, galt als Wunderkind, 1810 Studium in Göttingen, 1816 prom., danach in Italien, 1821 in Breslau, 1823 Prof. ebd., später in Halle 749 Witte, Karl Heinrich Gottfried (1767– 1845), Theologe, Pädagoge und Schriftsteller, Lehrer und Erzieher in Halle, 1791–1795 in Graubünden, 1796– 1808 Pfarrer in Lochau (bei Halle), danach Ausbildung seines Sohnes 150, 162, 292, 749, 771, 919 Wittich, Ludwig Wilhelm (1773–1832), Mitarbeiter bei verschiedenen Buchhändlern, 1798 bei Unger in Berlin, gründete nach dessen Tod (1804) eine eigene Firma 11 Woge, Daniel (1717–1797), Hofmaler in Neustrelitz 230, 237, 774, 854f. Wolf, Christian Philipp (1772–1820), Bildhauer, Ausbildung in seinem Heimatort Helsen (bei Bad Arolsen), später Hofbaumeister in Neustrelitz 239, 855 Wolf, Friedrich August (1759–1824), Philologe und Pädagoge, 1783 Prof. der Philologie und Pädagogik in Halle, 1784– 1806 Prof. der Beredsamkeit ebd., 1807 Ministerialdirektor in Berlin, Mitbegründer der Berliner Universität 622, 899, 948, 1063 Wolff — Wolf, Christian Philipp Wolfram von Eschenbach (um 1170–nach 1220), Minnesänger 806 Wolgemut, Mich(a)el (Wohlgemuth; 1434– 1519), Maler in Nürnberg 320
Wolter, H e i n r i c h Christian (um 1771– 1812), Maler von Historien, Landschaften und Bildnissen 138, 733 Wrangel, Friedrich Heinrich Ernst von (1784– 1877), preuß. Generalfeldmarschall, 1796 Junker in einem ostpreuß. Dragonerregiment, 1798 Leutnant, 1809 Rittmeister, 1814 Oberstleutnant, 1838 Generalleutnant, 1864 in den Grafenstand erhoben 365, 999 Wrangel, Gustav L u d w i g Johann von (1770–1811), 1796 Medizinstudium in Jena, 1801 in Bamberg, 1802 Arzt in Jena, 1803 Rückkehr in seine Heimatstadt Riga, zuletzt Stadtphysikus in Reval, Studienfreund Brentanos 759 Württemberg, Eugen Friedrich Heinrich Herzog von (1758–1822), preuß. General der Kavallerie 355, 988 Württemberg, Friedrich II. Wilhelm Karl von (1754–1816), 1797 Herzog, 1803 Kurfürst, 1806 als Friedrich I. erster König von Württemberg 660, 664, 968 Wyerx — Wier(i)x Xerxes I. (519–465 v. Chr.), Pharao, reg. seit 486 v. Chr. 417 Zaupser, Andreas Dominikus (1748–1795), Schriftsteller, Hofkriegsrats- und Malteserordenssekretär in München, 1784– 1794 Prof. für Philosophie an der herzogl.-marianischen Landesakademie, danach an der Militärakademie ebd. 903 Zayas y Sotomayor, Marı´a de (1590–1661), span. Schriftstellerin 688, 716, 1046 Zeh, Johann Eberhard, um 1800 Buchhändler in Nürnberg 100 Zelter, Karl Friedrich (1758–1832), Dirigent und Komponist, zunächst Maurermeister, seit 1791 in der Berliner Singakademie, 1800 deren Leiter 768, 885, 892 Zesen, Philipp von (Caesius; Ps. Ritterhold von Blauen; 1619–1689), Schriftsteller, seit 1641 vor allem in Hamburg und Amsterdam 73, 633
1132
Personenregister Zeus (Kronion; röm. Jupiter) 144, 603, 732, 859, 1027 Ziegler, Friedrich Wilhelm (1759–1827), Schauspieler und Dramatiker, seit 1784 an der Wiener Hofbühne, 1822 pensioniert, danach in Preßburg 240, 266, 856, 886 Ziethen, von, C. R. 332 Zimmer, Johann Georg (1777–1853), Buchhändlerlehre in Frankfurt, 1797 bei J. Ch. Dieterich in Göttingen, 1800 in der Perthes’schen Buchhandlung in Hamburg, 1805 mit Jacob Christian Benjamin Mohr Gründung der neuen Akademischen Buchhandlung und des Verlages Mohr und Zimmer in Heidelberg, 1815 Austritt aus der Firma und Pfarrer in Schriesheim (bei Heidelberg), 1816 in Worms, 1823 Dechant des Marienstifts in Lich, 1827 Pfarrer der Reformierten Gemeinde in Frankfurt 109f., 120, 148f., 152, 156, 175f., 196, 214f., 250, 257, 339, 625, 628, 654, 685, 741, 751–753, 763f., 786, 840, 966, 998 Zimmermann (gest. 1807), Weinhändler in Marburg, Bruder des Folgenden 283, 908
Zimmermann, Johann Christian (1786– 1853), Studium der Geologie in Freiberg/Sa., 1805–1809 Privatdozent für Elementarmathematik, Geognosie, technolog. Enzyklopädie und prakt. Mechanik in Heidelberg, 1807 verh. mit Friedrich Creuzers Stieftochter Eleonore Leske, 1809 Bergrat in Clausthal (Harz) 908 Zöllner, Johann Friedrich (1753–1804), Theologe, 1788 Propst an der Nikolaikirche und Oberkonsistorialrat in Berlin, 1800 Leiter des preuß. Oberschulkollegiums 350, 981–983 Zollikofer, Kaspar Tobias, Arzt in St. Gallen, gründete mit Daniel Meyer eine Apotheke ebd. 783 Zschock, Albert von (1768–1837), Kriegsrat, später Oberrechnungsrat in Berlin, Freund und Schwager von Carl Philipp Heinrich Pistor (40), 597 Zschock, Friederike Philippine, geb. Pistor (gest. 1858), 1798 verh. mit dem Vorigen 597
1133