Werke und Briefwechsel: Band 6 Zeitung für Einsiedler 9783110280630, 9783110254853

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German Pages 1444 [1430] Year 2014

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Table of contents :
Teil 1: Text
Inhalt
Zeitung für Einsiedler
Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Zeitung für Einsiedler
Zeitung für Einsiedler 1, 1. April 1808
Motto
Arnim, Der freye Dichtergarten
Abbildung Altdeutsches Paar
Motti
Zeitung für Einsiedler 2, 6. April 1808
Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen
Arnim, Der freye Dichtergarten
Zeitung für Einsiedler 3, 9. April 1808
Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen
Jean Paul, Denksprüche aus einer Friedenspredigt an Deutschland
Arnim, Editorische Bemerkung
Abbildung Faust
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an
Zeitung für Einsiedler 4, 12. April 1808
Goethe, Eine Zeder
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an
Zeitung für Einsiedler 5, 15. April 1808
Brentano, Der Jäger an den Hirten
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 6, 20. April 1808
Görres, Brentano, Uhrmacher Bogs
Hölderlin, Der Rhein
Brentano, Malespini
Wilhelm Grimm, Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm
Arnim, Warnung und Ermunterung
Zeitung für Einsiedler 7, 23. April 1808
Böhme, Wahrsagung
Anonymes Motto
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Pseudo-Tauler
Anonym / Bettine Brentano, Eine Flucht nach Aegypten
Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen
Wilken, Entstehung der neupersischen Poesie
Hamann, Entstehung der heiligen Poesie
Jacob Grimm, Entstehung der Verlagspoesie (Golem)
Zeitung für Einsiedler 8, 26. April 1808
Nänny, Heimweh des Schweizers
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 9, 30. April 1808
Friedrich Schlegel, An den Ufern des Mayns
Arnim, Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland
Brentano, Gori; La Zingara
Abbildung Gemme
Zeitung für Einsiedler. April-Heft-Umschlag
Arnim, Anzeige des Rheinischen Boten
Verlagsanzeigen
Inhalt April-Heft
Zeitung für Einsiedler 10, 4. Mai 1808
Görres, Brentano, Bogs
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Hölderlin, Entstehung der deutschen Poesie (Gedicht)
Creuzer
Brentano, Froissart
Zeitung für Einsiedler 11, 7. Mai 1808
Wilhelm Grimm, Romanze
Brentano, Froissart, Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix
Jacob Grimm, Arnim, Gorgias, Frontalbo
Zeitung für Einsiedler 12, 11. Mai 1808
Hölderlin, Patmos
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Bettine Brentano, Seelied
Zeitung für Einsiedler 13, 14. Mai 1808
Christian Schlosser, Apoll
Maler Müller, Golo und Genovefa
Zeitung für Einsiedler 14, 18. Mai 1808
Kerner, Zwey Särge
Uhland, Die drey Lieder
Maler Müller, Golo und Genovefa
Villers, Ueberblick der Universitäten
Zeitung für Einsiedler 15, 21. Mai 1808
Maler Müller, Golo und Genovefa
Zeitung für Einsiedler 16, 25. Mai 1808
Sinclair, An mein Vaterland
Arnim, Der Ring
Zeitung für Einsiedler 17, 28. Mai 1808
Uhland, Des Knaben Tod; Der Traum
Arnim, Der Ring
Brentano, Sacchetti, Zur Geschichte der Poesie. Dante mit dem Schmied
Zeitung für Einsiedler 18, 31. Mai 1808
Brentano, Die Einsiedlerin
Gayler von Kaysersperg, Die geistliche Spinnerin
Brentano, Froissart
Arnim, Lehrgedicht an die Jugend
Abbildung Heilige Elisabeth
Zeitung für Einsiedler. May-Heft-Umschlag
Görres, Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten
Abbildung Heidelberg
Inhalt Mai-Heft
Zeitung für Einsiedler 19, 4. Juni 1808
Görres, Hermes Trismegistus
Werner, Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen
Schubart, Scott, Die grausame Schwester
Docen, Neidhart, Minnelied
Schiller an Sophie Mereau
Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten
Zeitung für Einsiedler 20, 7. Juni 1808
Der beschlossen Gart des Rosenkranz Mariä
Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten
Jacob Grimm, Sagen von Glocken
Arnim, Becherklang
Arnim, Der König ohne Volk
Zeitung für Einsiedler 21, 11. Juni 1808
Kerner, Abschied
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 22, 15. Juni 1808
Goethe, Faust-Zitate
Brentano, Bärnhäuter
Wilhelm Grimm, Die Meerfrau
Abbildung Bärnhäuter
Zeitung für Einsiedler 23, 18. Juni 1808
Wunderhorn, Wer bist du, armer Mann?
Brentano, Bärnhäuter
Wilhelm Grimm, Das Lied von der Frau Grimhild; Mimmering Tand
Zeitung für Einsiedler 24, 22. Juni 1808
Plinius-Zitat
Brentano, Bärnhäuter
Brentano, Auf einen grünen Zweig
Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. I
Zeitung für Einsiedler 25, 25. Juni 1808
Gesner-Zitat
Brentano, Bärnhäuter
Abbildung Thiergesellschaft
Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. II
Zeitung für Einsiedler 26, 29. Juni 1808
Richey, Hochzeitslied
Görres, Die Sonnettenschlacht bei Eichstädt
Brentano, Der Einsiedler und das Klingding
Buchhändler-Anzeige
Zeitung für Einsiedler. Juni-Heft-Umschlag
Erasmus, Ein Kurzweilig Gespräch
Inhalt Juny-Heft
Zeitung für Einsiedler 27, 2. Juli 1808
Arnim, Willst du dich ganz zurücke ziehen
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Zeitung für Einsiedler 28, 6. Juli 1808
Brentano, Froissart
Zeitung für Einsiedler 29, 9. Juli 1808
Carl v. Hardenberg, Lebensweise
Brentano, Froissart
Runge, Mahandel Bohm
Zeitung für Einsiedler 30, 12. Juli 1808
Henriette Schubart, Scott, Graf Richard
Runge, Mahandel Bohm
Wilhelm Grimm, Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf
Herder, Cid-Zitat
Arnim, Notiz
Zeitung für Einsiedler 31, 16. Juli 1808
Uhland, Fräuleinswache
Arnim, Seuse, Alte Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin, die Nonne wurde
Zeitung für Einsiedler 32, 20. Juli 1808
Brentano, Bruder Claus
Königshofen, Von Sante Otilien Leben
Zeitung für Einsiedler 33, 23. Juli 1808
Johann Nepomuk Ringseis, Gedichte
Sebastian Ringseis, Die vier Jünglinge
Löw, Gedichte
Aman, Die Physiker
Loe, Zauberformel des Arztes
Arnim, Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur
Zeitung für Einsiedler 34, 27. Juli 1808
Christian Schlosser, Gedichte
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen
Zeitung für Einsiedler 35, 30. Juli 1808
Anonym, Einige Worte der Warnung, des Trostes und der Hofnung
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen
Zeitung für Einsiedler 36, 27. August 1808
August Wilhelm Schlegel, Tells Kapelle
Blumenbach, Alte Aufschrift in Basel
Fouque´, Ausfoderung
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte
Abbildung Pitture
Zeitung für Einsiedler 37, 30. August 1808
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. Der entfesselte Prometheus
Beylage zur Zeitung für Einsiedler
Arnim, Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete
Abbildung Voß
Görres, Des Dichters Krönung
Tröst Einsamkeit
Abbildung Kopf
An das geehrte Publikum
Anhang: Anzeigen zur Zeitung für Einsiedler
Handschriftliche Texte für die Zeitung für Einsiedler
Fiktive Briefe für die Zeitung für Einsiedler
Theaternachrichten aus Trages
Eröffnung des Liebhabertheaters
Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages
Genovefa beym Lipperle
München-Brief
Aprilscherze
Königsberg
London (1)
London (2)
Kuhschnappel
Marburg
Berlin
Chamouni
Herr von Kotzebue
Apfelhüterin Friedricke Baumannin
Chronick der Universitäten
Nekrolog
Architectonische Preisaufgabe
Teil 2: Kommentar
Zu dieser Ausgabe
Die ZfE innerhalb der WAA
Textauswahl und -darbietung
Kommentar
Danksagung
Allgemeine und editorische Abkürzungen und Zeichen
Abgekürzt zitierte Literatur
Zeitung für Einsiedler
Überlieferung
Entstehung
Johann Heinrich Voß und das Morgenblatt
Einzelkommentar
Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Zeitung für Einsiedler
Zeitung für Einsiedler 1, 1. April1808 727
Motto
Arnim, Der freye Dichtergarten
Motti
Abbildung Altdeutsches Paar
Zeitung für Einsiedler 2, 6. April 1808
Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier
Arnim, Der freye Dichtergarten
Zeitung für Einsiedler 3, 9. April 1808
Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier
Jean Paul, Denksprüche aus einer Friedenspredigt für Deutschland
Arnim, Editorische Bemerkung
Abbildung Faust
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an
Zeitung für Einsiedler 4, 12. April1808
Goethe, Salomons Königs von Israel und Juda güldne Worte von der Ceder biss zum Issop
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an
Zeitung für Einsiedler 5, 15. April1 1808
Brentano, Der Jäger an den Hirten
Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau diE Schuhe an
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 6, 20. April 1808
Görres, Brentano, Uhrmacher Bogs
Hölderlin, Der Rhein
Brentano, Malespini
Wilhelm Grimm, Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm
Arnim, Warnung und Ermunterung
Zeitung für Einsiedler 7, 23. April 1808
Böhme, Wahrsagung
Anonymes Motto
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Pseudo-Tauler
Anonym / Bettine Brentano, Eine Flucht nach Aegypten
Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier
Wilken, Entstehung der neupersischen Poesie
Hamann, Aesthetica in nuce
Jacob Grimm, Golem
Zeitung für Einsiedler 8, 26. April 1808
Nänny, Heimweh des Schweizers
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 9, 30. April 1808
Friedrich Schlegel, An den Ufern des Mayns
Arnim, Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland
Brentano, Gori; La Zingara
Abbildung Gemme
Zeitung für Einsiedler. April-Heft-Umschlag
Arnim, Anzeige des Rheinischen Boten
Verlagsanzeigen
Inhalt April-Heft
Zeitung für Einsiedler 10, 4. Mai 1808
Görres, Brentano, Bogs
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Hölderlin, Gedicht
Creuzer
Brentano, Froissart
Zeitung für Einsiedler 11, 7. Mai 1808
Wilhelm Grimm, Romanze
Brentano, Froissart
Jacob Grimm, Arnim, Gorgias
Zeitung für Einsiedler 12, 11. Mai 1808
Hölderlin, Patmos
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Bettine Brentano, Seelied
Zeitung für Einsiedler 13, 14. Mai 1808
Christian Schlosser, Apoll
Maler Müller, Golo und Genovefa
Zeitung für Einsiedler 14, 18. Mai 1808
Kerner, Zwey Särge
Uhland, Die drey Lieder
Maler Müller, Golo und Genovefa
Villers, Ueberblick der Universitäten
Zeitung für Einsiedler 15, 21. Mai 1808
ler, Golo und Genovefa
Zeitung für Einsiedler 16, 25. Mai 1808
Sinclair, An mein Vaterland
Arnim, Der Ring
Zeitung für Einsiedler 17, 28. Mai 1808
Uhland, Des Knaben Tod; Der Traum
Arnim, Der Ring
Brentano, Sacchetti
Zeitung für Einsiedler 18, 31. Mai 1808
Brentano, Die Einsiedlerin
Gayler von Kaysersperg
Abbildung Heilige Elisabeth
Brentano, Froissart
Arnim, Lehrgedicht an die Jugend
Zeitung für Einsiedler. May-Heft-Umschlag
Görres, Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten
Abbildung Heidelberg
Zeitung für Einsiedler 19, 4. Juni 1808
Görres, Hermes Trismegistus
Werner, Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen
Schubart, Scott, Die grausame Schwester
Docen, Neidhart, Minnelied
Schiller an Sophie Mereau
Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten
Zeitung für Einsiedler 20, 7. Juni 1808
Der beschlossen Gart des Rosenkranz Mariä
Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten
Jacob Grimm, Sagen von Glocken
Arnim, Becherklang
Arnim, Der König ohne Volk
Zeitung für Einsiedler 21, 11. Juni 1808
Kerner, Abschied
Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen
Zeitung für Einsiedler 22, 15. Juni 1808
Goethe, Faust
Brentano, Bärnhäuter
Abbildung Thiergesellschaft 1004;
Abbildung Bärnhäuter 1005; 1037; 1045;
Wilhelm Grimm, Die Meerfrau
Zeitung für Einsiedler 23, 18. Juni 1808
Wunderhorn, Wer bist du, armer Mann?
Brentano, Bärnhäuter
Wilhelm Grimm, Das Lied von der Frau Grimhild
Mimmering Tand
Zeitung für Einsiedler 24, 22. Juni 1808
Plinius
Brentano, Bärnhäuter
Brentano, Auf einen grünen Zweig
Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. I
Zeitung für Einsiedler 25, 25. Juni 1808
Gesner
Brentano, Bärnhäuter
Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. II
Zeitung für Einsiedler 26, 29. Juni 1808
Hochzeitslied von Richey
Görres, Die Sonettenschlacht bei Eichstädt
Brentano, Der Einsiedler und das Klingding
Buchhändler-Anzeige
Zeitung für Einsiedler. Juni-Heft-Umschlag
Erasmus, Ein Kurzweilig Gespräch
Zeitung für Einsiedler 27, 2. Juli 1808
Arnim, Willst du dich ganz zurücke ziehen
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen
Zeitung für Einsiedler 28, 6. Juli 1808
entano, Froissart
Zeitung für Einsiedler 29, 9. Juli 1808
Carl v. Hardenberg, Lebensweise
Brentano, Froissart
Runge, Machandel Bohm
Zeitung für Einsiedler 30, 12. Juli 1808
Henriette Schubart, Scott, Graf Richard
Runge, Machandel Bohm
Wilhelm Grimm, Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf
Herder, Cid
Arnim, Notiz
Zeitung für Einsiedler 31, 16. Juli 1808
Uhland, Fräuleinswache
Arnim, Seuse, Alte Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin, die Nonne wurde
Zeitung für Einsiedler 32, 20. Juli 1808
Brentano, Bruder Claus
Königshofen, Von Sante Otilien Leben
Zeitung für Einsiedler 33, 23. Juli 1808
Johann Nepomuk Ringseis, Gedichte
Sebastian Ringseis, Die vier Jünglinge
Löw, Gedichte
Aman, Die Physiker
Loe, Zauberformel des Arztes
Arnim, Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur
Zeitung für Einsiedler 34, 27. Juli 1808
Christian Schlosser, Gedichte
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte
Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen
Zeitung für Einsiedler 35, 30. Juli 1808
Anonym, Einige Worte der Warnung, des Trostes und der Hofnung
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen
Zeitung für Einsiedler 36, 27. August 1808
August Wilhelm Schlegel, Tells Kapelle
Blumenbach, Alte Aufschrift in Basel
Fouque´, Ausfoderung
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte
Abbildung Pitture
Zeitung für Einsiedler 37, 30. August 1808
Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte
Der entfesselte Prometheus
Beylage zur Zeitung für Einsiedler
Arnim, Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete
Abbildung Voß
Görres, Des Dichters Krönung
Tröst Einsamkeit. An das geehrte Publikum
Abbildung Kopf
Anhang: Anzeigen zur Zeitung für Einsiedler
Handschriftliche Texte
Fiktive Briefe
(Theaternachrichten aus Trages)
Eröffnung des Liebhabertheaters
Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages
Genovefa beym Lipperle
München-Brief
Aprilscherze
Königsberg
London (1)
London (2)
Kuhschnappel
Marburg
Berlin
Chamouni
(Herr von Kotzebue)
(Apfelhüterin Friedricke Baumannin)
Chronick der Universitäten
Nekrolog
Architectonische Preisaufgabe
Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen
Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE
Übersicht der Abbildungen
Personenregister
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Werke und Briefwechsel: Band 6 Zeitung für Einsiedler
 9783110280630, 9783110254853

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Weimarer Arnim-Ausgabe Werke und Briefwechsel

Ludwig Achim von Arnim Werke und Briefwechsel Historisch-kritische Ausgabe In Zusammenarbeit mit der Klassik Stiftung Weimar herausgegeben von Roswitha Burwick, Lothar Ehrlich, Heinz Härtl, Renate Moering, Ulfert Ricklefs und Christof Wingertszahn

Band 6

DE GRUYTER

Ludwig Achim von Arnim Zeitung für Einsiedler Fiktive Briefe für die Zeitung für Einsiedler

Herausgegeben von Renate Moering Teil 1: Text

DE GRUYTER

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.

ISBN 978-3-484-15600-5 (Gesamtwerk) ISBN 978-3-11-025485-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-028063-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-037388-2 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: pagina GmbH, Tübingen Druck: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt

Zeitung für Einsiedler Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Zeitung für Einsiedler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Zeitung für Einsiedler 1, 1. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Der freye Dichtergarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Altdeutsches Paar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Motti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4 4 4 13 14

Zeitung für Einsiedler 2, 6. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen. . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Der freye Dichtergarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 15 15

Zeitung für Einsiedler 3, 9. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen . . . . . . . . . . . . . . . . . Jean Paul, Denksprüche aus einer Friedenspredigt an Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Editorische Bemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Faust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26

Zeitung für Einsiedler 4, 12. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe, Eine Zeder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

26 30 32 33 37 37 38

Inhalt

Zeitung für Einsiedler 5, 15. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Der Jäger an den Hirten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ludwig Tieck, König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. . . . . . . .

48 48

Zeitung für Einsiedler 6, 20. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Brentano, Uhrmacher Bogs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hölderlin, Der Rhein. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Malespini. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Grimm, Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Warnung und Ermunterung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61 61 61 61

Zeitung für Einsiedler 7, 23. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Böhme, Wahrsagung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anonymes Motto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pseudo-Tauler. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anonym / Bettine Brentano, Eine Flucht nach Aegypten. . . . . Friedrich Schlegel, Aus dem Indischen. . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilken, Entstehung der neupersischen Poesie. . . . . . . . . . . . . Hamann, Entstehung der heiligen Poesie. . . . . . . . . . . . . . . . Jacob Grimm, Entstehung der Verlagspoesie (Golem). . . . . . .

74 74 74

Zeitung für Einsiedler 8, 26. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nänny, Heimweh des Schweizers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. . . . . . . .

86 86 89

50 54

70 72

75 77 79 81 81 82 85

Zeitung für Einsiedler 9, 30. April 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Friedrich Schlegel, An den Ufern des Mayns. . . . . . . . . . . . . 99 Arnim, Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland. . . . . 100 Brentano, Gori; La Zingara . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Abbildung Gemme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

VI

Inhalt

Zeitung für Einsiedler. April-Heft-Umschlag . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Anzeige des Rheinischen Boten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verlagsanzeigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt April-Heft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 115 116 118

Zeitung für Einsiedler 10, 4. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Brentano, Bogs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hölderlin, Entstehung der deutschen Poesie (Gedicht). . . . . . Creuzer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Froissart. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120 120

Zeitung für Einsiedler 11, 7. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Grimm, Romanze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Froissart, Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jacob Grimm, Arnim, Gorgias, Frontalbo. . . . . . . . . . . . . . . . .

131 131

Zeitung für Einsiedler 12, 11. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hölderlin, Patmos. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. . . . . . . . Bettine Brentano, Seelied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142 142 143 151

121 121 121 122

133 136

Zeitung für Einsiedler 13, 14. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Christian Schlosser, Apoll. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 Maler Müller, Golo und Genovefa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 Zeitung für Einsiedler 14, 18. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kerner, Zwey Särge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uhland, Die drey Lieder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maler Müller, Golo und Genovefa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Villers, Ueberblick der Universitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

164 164 165 166 174

Zeitung für Einsiedler 15, 21. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 Maler Müller, Golo und Genovefa. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

VII

Inhalt

Zeitung für Einsiedler 16, 25. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Sinclair, An mein Vaterland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Arnim, Der Ring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Zeitung für Einsiedler 17, 28. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uhland, Des Knaben Tod; Der Traum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Der Ring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Sacchetti, Zur Geschichte der Poesie. Dante mit dem Schmied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

202 202 203

Zeitung für Einsiedler 18, 31. Mai 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Die Einsiedlerin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gayler von Kaysersperg, Die geistliche Spinnerin. . . . . . . . . . Brentano, Froissart. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Lehrgedicht an die Jugend. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Heilige Elisabeth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

213 213 218 219 222 225

Zeitung für Einsiedler. May-Heft-Umschlag . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Heidelberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt Mai-Heft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

227

210

228 235 236

Zeitung für Einsiedler 19, 4. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Hermes Trismegistus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werner, Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen. . . . . . . Schubart, Scott, Die grausame Schwester. . . . . . . . . . . . . . . . Docen, Neidhart, Minnelied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schiller an Sophie Mereau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

238 238 239 240 243 246

Zeitung für Einsiedler 20, 7. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der beschlossen Gart des Rosenkranz Mariä. . . . . . . . . . . . . . Jacob Grimm, Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jacob Grimm, Sagen von Glocken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Becherklang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Der König ohne Volk. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251 251

VIII

249

251 255 257 259

Inhalt

Zeitung für Einsiedler 21, 11. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Kerner, Abschied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 Görres, Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. . . . . . . . 262 Zeitung für Einsiedler 22, 15. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Goethe, Faust-Zitate. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Bärnhäuter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Grimm, Die Meerfrau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Bärnhäuter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

270 270 271 279 281

Zeitung für Einsiedler 23, 18. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wunderhorn, Wer bist du, armer Mann? . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Bärnhäuter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Grimm, Das Lied von der Frau Grimhild; Mimmering Tand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

282 282 282

Zeitung für Einsiedler 24, 22. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plinius-Zitat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Bärnhäuter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Auf einen grünen Zweig. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. I. . . . . . . . . . . . .

293 293 293 299 301

Zeitung für Einsiedler 25, 25. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesner-Zitat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Bärnhäuter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Thiergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Uhland, Der Königssohn und die Schäferin. II. . . . . . . . . . . .

306 306 306 313 314

Zeitung für Einsiedler 26, 29. Juni 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richey, Hochzeitslied. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Die Sonnettenschlacht bei Eichstädt. . . . . . . . . . . . . . Brentano, Der Einsiedler und das Klingding. . . . . . . . . . . . . . Buchhändler-Anzeige. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

318 318 318 321 326

288

Zeitung für Einsiedler. Juni-Heft-Umschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Erasmus, Ein Kurzweilig Gespräch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 Inhalt Juny-Heft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335

IX

Inhalt

Zeitung für Einsiedler 27, 2. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Arnim, Willst du dich ganz zurücke ziehen... . . . . . . . . . . . . . 337 Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 Zeitung für Einsiedler 28, 6. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Brentano, Froissart. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Zeitung für Einsiedler 29, 9. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Carl v. Hardenberg, Lebensweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Brentano, Froissart. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Runge, Mahandel Bohm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359 359 362 366

Zeitung für Einsiedler 30, 12. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Henriette Schubart, Scott, Graf Richard. . . . . . . . . . . . . . . . . Runge, Mahandel Bohm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wilhelm Grimm, Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herder, Cid-Zitat. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Notiz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

370 370 374 377 381 381

Zeitung für Einsiedler 31, 16. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Uhland, Fräuleinswache. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 Arnim, Seuse, Alte Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin, die Nonne wurde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 Zeitung für Einsiedler 32, 20. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Brentano, Bruder Claus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 Königshofen, Von Sante Otilien Leben. . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 Zeitung für Einsiedler 33, 23. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . Johann Nepomuk Ringseis, Gedichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sebastian Ringseis, Die vier Jünglinge. . . . . . . . . . . . . . . . . . Löw, Gedichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aman, Die Physiker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Loe, Zauberformel des Arztes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X

401 401 405 406 408 410 411

Inhalt

Zeitung für Einsiedler 34, 27. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Christian Schlosser, Gedichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 Zeitung für Einsiedler 35, 30. Juli 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Anonym, Einige Worte der Warnung, des Trostes und der Hofnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 Zeitung für Einsiedler 36, 27. August 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . August Wilhelm Schlegel, Tells Kapelle. . . . . . . . . . . . . . . . . Blumenbach, Alte Aufschrift in Basel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fouque´, Ausfoderung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Pitture . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

436 436 437 438 439 450

Zeitung für Einsiedler 37, 30. August 1808 . . . . . . . . . . . . . . . . 451 Arnim, Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Gedichte. Der entfesselte Prometheus. . . . . . . . . . 451 Beylage zur Zeitung für Einsiedler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arnim, Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildung Voß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Görres, Des Dichters Krönung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

463 463 521 522

Tröst Einsamkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 Abbildung Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 An das geehrte Publikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 Anhang: Anzeigen zur

Zeitung für Einsiedler . . . . . . . . . . . . . . . 542

XI

Inhalt

Handschriftliche Texte für die

Zeitung für Einsiedler

Fiktive Briefe für die Zeitung für Einsiedler . . . . . . . . . . . . . . . . . 〈Theaternachrichten aus Trages〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eröffnung des Liebhabertheaters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages . . . . . . . . . . . . . . Genovefa beym Lipperle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

549 551 551 551 561 565

München-Brief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 Aprilscherze

......................................... Königsberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . London (1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . London (2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kuhschnappel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chamouni . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

573 573 574 575 576 576 578 578

〈Herr von Kotzebue〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 〈Apfelhüterin Friedricke Baumannin〉 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 581 Chronick der Universitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 Nekrolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 Architectonische Preisaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593

XII

Ankündigung der allgemeinsten Zeitung.

Zeitung für Einsiedler herausgegeben 5

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von einer Gesellschaft.

Auf Befehl der großen Langeweile vieler sonst unnütz beschäftigter Leute, welche die Veränderungen der letzten Jahre aus ihrem Amte, Familien-Kreise, Ueberflusse herausgerissen, erscheint wöchentlich diese wunderliche Zeitung. Die Lese-Cabinette als wahre Sammelplätze dieser neuen Einsiedler, welche die strenge Buße des Müßiggangs treiben, müssen sie schon kaufen, aber auch andre Leute werden wohl daran thun, welche an den Begebenheiten der wirklichen Welt gar zu persönlichen Antheil nehmen, sie werden hier Begebenheiten finden, noch viel größer und bedeutender als die uns umgebenden, Stadtgeschichten und neue Moden die viel interessanter als die miterlebten, Theaterneuigkeiten, Akademien, Kunst und Wissenschaften, und gelehrte Familiengeschichten, wie wir das noch sobald nicht unter uns aufzuweisen haben, Erfindungen neu fabricirter Thiere, Physiologie gemachter Blumen, Entdeckungsreisen in sehr unsichere Gegenden u. s. w. Für andre Leute werden Gedichte aller Art darin stehen und auf astronomische Beobachtungen und Gelegenheits-Gedichte ist es besonders abgesehn; sollte es durchaus verlangt werden auch Kritiken, Idealismus und Epigramme, auch technologisch-ökonomische Erfindungen, um in sehr kurzer Zeit reich zu werden, sonst meinten die Herausgeber hätte die gelehrte Welt allenfalls genug daran. Kauft ihr lieben Einsiedler, ihr Gelehrten, ferner ihr Hohe und Niedre auf Pension, in so fern diese ausgezahlt wird, ihr Landprediger und För1

Zeitung für Einsiedler

II

ster, Nachtwächter und Krankenwärter, wir versprechen euch im voraus Eulenspiegels Nachtblat, euch Liebhaber rede ich aber besonders an, weil hier mehrere der ausgemachtesten Liebhaber ihr Glück und Unglück bekannt zu machen denken. Und wer ist einsamer als Liebende, ihr seyd die wahren Einsiedler, für die wir schreiben, nehmt alles ernsthafter, als wir es euch sagen und ihr werdet den wahren Sinn fassen; wendet euch nur an die nächste gute Buchhandlung, sie wird euch sagen, daß es mit dieser Zeitung wirklich Ernst sey, sie kostet jährlich 4 Rthlr. 12 gr. (8 fl. 6 kr.), sie beginnt mit dem ersten April und ist doch kein Aprilspas. Was hättet ihr davon, wenn wir sie anpriesen als ein großes Mittel zur Beförderung der Humanität, Aufklärung, Uebersetzung, Religion und Begeisterung, wollt ihr es aber, so zeigt es uns in einem gelesenen Blatte an und wir versprechen promte Bedienung, denn das Dramatische ist besonders unser Augenmerk. Diese Anzeige sollte eigentlich nur dienen, die ganz ernsthaften Leute stutzig zu machen, die Argwöhnischen wegen geheimer Verbindungen in Verlegenheit zu setzen, die Aesthetiker aber zweifelhaft zu lassen zu welcher Schule wir uns bekennen, über alle geht aber das Pflichtgebot des Absatzes, auf den wir allein mit Sicherheit treten und fortgehen können. – Pränumeriren ist besser als Subscribiren. – Sollte es verlangt werden, so lassen die edlen Herausgeber sich geneigt finden die Namen der Pränumeranten jedem Blatt vorzudrucken. Wer die Zeitung nicht in f r a n k i r t e n Briefen abbestellt, dem wird sie zugeschickt und der muß sie halten. Aufgeschnittene Exemplare werden nicht zurückgenommen, doch erscheint sie der Bequemlichkeit wegen wöchentlich zweymal in halben Bogen in Quart. Von beschmutzten Exemplaren wollen wir aus Achtung gegen das Publikum nicht reden. – Wer zehn Exemplare nimmt darf gegen Erlegung der Einrückungsgebühren Aufsätze einschicken, Gegenbemerkungen zahlen das Doppelte, aber diese zu vermeiden, machen wir im voraus bekannt, daß wir ausstreichen können, wenn wir wollen. – Um unserm Institute einiges Ansehen zu geben nennen wir als unwillkührliche Mitarbeiter an unsrer Zeitung durch Aufnahme alles Besten aus der ganzen Welt den Freymüthigen, das Morgenblatt, das Sontagsblatt, den Anzeiger der Deutschen; endlich damit auch die zarte weibliche Hand nicht vermißt werde, die musikalische Zeitung, die Zeitung für die elegante Welt und die Teutona und alle übrigen, die für Geld zu haben sind. Alles ist uns eins, und eins wird aus allem.

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Die Gesellschaft Herausgeber. 40

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Ankündigung der allgemeinsten Zeitung

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Daß es mit der Herausgabe dieser Zeitung wirklich Ernst sey bescheinigt die unterschriebene Buchhandlung. Sie erscheint mit dem 1 sten April wöchentlich zweymal und wird in dem Formate dieser Ankündigung aber in gespaltenen Kolumnen gedruckt seyn. Der jährliche Preis ist 4 Rthlr. 12 ggr. oder 8 fl. 6 kr., für die neun Monate dieses Jahres 1808 also 3 Rthlr. 9 ggr. oder 6 fl. 4 kr. Bestellungen kann man auf allen löblichen Postämtern und bey allen Buchhandlungen machen. Erstere können sich an das löbliche Postamt in Heidelberg wenden. Vielleicht wird mancher vieles von dem oben Angezeigten nicht darin finden, dagegen manches, was von den Herausgebern zu erwähnen vergessen worden. Heidelberg, im Januar 1808. Mohr und Zimmer.

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Zeitung für Einsiedler

Zeitung für Einsiedler. 1808. [1/2]

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1. April.

Alle gute Geister loben Gott den Herrn! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Der freye Dichtergarten. Kranker König laß nicht schließen Mit der Eisengitterthür Deinen Garten, wo uns grüßen Edle Hirsch und Tannenthier, Wo die goldnen Fische spielen In dem letzten Sonnenstrahl, Wo sich goldne Aepfel kühlen In des Sees Spiegelthal, Wo sich Goldfasanen brüsten Unter wildem Rosenglanz, Wo die stolzen Pfauen rüsten Hell den Tausend-Augen-Kranz, Wo die türkschen Enten rauschen, Fast gedeckt von Schaum und Fluth, Und die lichten Schwäne lauschen Auf den Kreis von rothem Blut: Laß den Mädchen manche Blume, Laß den Kindern manchen Zweig, Ihrem Schatz ist die zum Ruhme, Dieser wird zum Schwerdt sogleich! Und mit solchen muth’gen Kindern, Und mit Buhlen keck und kühn,

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1808.

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1. April.

Kann dein Glück die Welt nicht hindern, Kannst du in die Schlachten ziehn.

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Bürger kommen an dem Abend, Wie es die Gewohnheit ist, Zu der Thüre, wo so labend Frischer Duft sich still ergießt, Treten an in frohem Tanze, Von der Arbeit die beglückt; Zwitschernd aus dem Blätterkranze Der Canarienvogel blickt, Zu des Abends lust’gem Reihen Macht er die Musik so gern, Kranich selber, tanzend schreien In dem Duft der Wiese fern. Doch die Thüre ist geschlossen, Die der Freude offen schien, Alle Bürger stehn verdrossen, Und die Frauen klagen kühn: „Wird der Garten uns genommen, Dieser Fluß, der kühl uns faßt; Wo wir frischend oft geschwommen, Wer ertrug der Arbeit Last? Will der König uns versperren? Stehn wir hier vor Feindes Land? Machte Gott ihn da zum Herren, Uns vom Paradies verbannt?“ Zu des Volks empörten Sinnen Flimmernd durch das Gitterthor Schöne Flammenbäche rinnen, Dürstend steht das Volk davor! Hoch des Springbrunns Tropfen spritzen, Himmlisch wird ihr Zeugenchor, Hoch als Himmelsstern sie blitzen, Durstend steht das Volk am Thor. Nachtviole giebt ein Zeichen, Und ein Irrlicht steiget leis,

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Zeitung für Einsiedler

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Und die Leuchtgewürme streichen, Suchen in dem lichten Kreis, Leuchten, daß der Schwimmer kehre Heim ins liebe grüne Land, Daß der Hellespont nicht störe, Was die Liebe fest verband. Doch die dunklen Reben weinen, Klagend steigt die Nachtigal, Kein Begegnen in den Hainen, Nirgend ist ein Liebesmahl. Schweigt ihr Blätter, Flüsterstimmen Von versäumter Liebesstund, Wollet ihr das Volk ergrimmen, Seyd ihr im geheimen Bund? Wiehernd kommt ein Zug von Rossen, Viere, schwarz und kraus heran, An die Thüre, die geschlossen Spannt sie an ein Bürgersmann; Und die Thüre stürzet krachend Bey dem ersten Peitschenhieb, Und die Bürger ziehen lachend In den Garten doppelt lieb. Doch die Rappen von dem Knalle, Hintennach das Eisen schallt, Rissen aus und zogens alle Durch die Straßen mit Gewalt; Wie ein Geist auf ihre Füße Schlug vom Pflaster hoch das Thor, Und sie traten aus wie Flüsse, Muth und Angst in ihrem Chor. Und der König kam gegangen, Dieser Stromwuth nicht entging, Blind sie auf den Kranken drangen Wußte nicht wies ihm erging; Nieder wurde er getreten, Seine Räthe allzugleich, Keiner konnte beichten, beten; Frey ist nun das ganze Reich. 6

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Erste Stimme. Selbstbescherung.

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Alles aus einem Gemüthe, Alles aus einer Brust, Springet mein Geblüte, Singet meine Lust. Vieles ihr möget tadeln, Vieles sey ehrenwerth, Alles um’s zu adeln Wird es mir beschert.

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Hell mir die Christnacht klinget, Thür auf, Thür zu die Welt Und ein Kindlein bringet, Was mir wohlgefällt. Alles was abgeleget, Was es in Lust verbraucht, Was es sorgsam heget, Weil es mir nun taugt.

Zweite Stimme. Selbstbeschwerung.

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O süßer May, Der Strom ist frey Ich steh verschlossen, Mein Aug’ verdrossen, Ich seh nicht deine grüne Tracht, Nicht deine buntgeblümte Pracht, Nicht dein Himmelblau, Zur Erd’ ich schau; O süßer May, Mich lasse frey, Wie den Gesang An den dunkeln Hecken entlang.

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Dritte Stimme. Selbstberuhigung. Wie übers Meer die Schiffe Zu heitrer Ferne ziehn, Schlag an der Laute Griffe Dir selber zu entfliehn.

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Die Ruder schlagen helle In die krystalne Fluth, Es springet Well auf Welle, Ein junges Blut thut gut. Wie alle Segel schwellen, Wie schäumt der muntre Kiel, Mit Schäumen sich erhellen Der dunklen Wellen viel. Nun ruhet euch ihr Arme, Ihr Ruder tröpfelt ab, Ich fühle ein Erwarmen, Das ich mir selber gab. Die Winde sich versuchen, Wies in der Laute tönt, Wers Leben will versuchen, Der ist zur Stund versöhnt.

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Im Schrecken zu genießen, Schau um im raschen Blitz, Verlorne Freuden grüßen Dich neu im Menschenwitz.

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1. April.

Vierte Stimme. Das Wort.

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Mein lieber Sohn, Du starker Ton, Du trägst mich fort, Mich schwaches Wort. Die Wiege dein, Die enge Brust, Ist dir zu klein, Du springst in Lust.

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Ja wie ein Blick Hoch himmlisch trägt, Um mich Musik Die Flügel schlägt. Ein Luftschiff baut Sie mir behend Aus goldner Laut Ich streck die Händ. Glück auf mein Sohn, Heb mich zum Thron, O selge Stund, Zu ihrem Mund.

Fünfte Stimme. Lieben und geliebt zu werden.

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Lieben und geliebt zu werden Ist das Einzige auf Erden, Was ich könnte, was ich möchte, Was ich dächte, Daß es mir noch könnte werden, Lieben und geliebt zu werden. 9

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Lieben und geliebt zu werden Lehrt ihr mich ihr muntern Heerden, Wenn gehörnte Böcklein springen, Muß ich singen: Lieben und geliebt zu werden Wünsch ich mir, es wird mir werden.

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Lieblich um geliebt zu werden Treibt des Abends Gold die Heerden Mit dem frohen Sängergruße Zu dem Flusse; Könnt ich meinen Sinn erkühlen, Auszuströmen, auszufühlen. Liebend auch geliebt zu werden, Ach wer trug da nicht Beschwerden, Seht die Stiere scharf sich drängen; Leichte Gänge! Streitend möcht ich für sie sterben, Für sie leben, sie erwerben. Liebe, die ich lieben werde, Ich der glücklichste der Erde, Und sie muß mir bald begegnen, Mich zu segnen; Denn noch nie mit süßerm Schallen Schmetterten die Nachtigallen. Liebe trit mir bald entgegen, Wie dem Frühling warmer Regen, Grüne Blätter und von allen Tropfen fallen: Und kein Tropfen soll verkommen, Warum war ich doch beklommen? Liebend um geliebt zu werden, Lauscht der Wald dem Trit von Pferden! Kommt Sie da? Ich hör im Düstern

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Vögel flüstern! Nein, es jagen sich die Füllen, Kinder lieben nicht im Stillen.

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Lieb ich um geliebt zu werden, Still genügen mir Geberden, Vor mir leise reden, lachen, Sie umwachen! Mein vertrauter Lustgefährte Wär der Traum auf ihrer Fährte. Liebend um geliebt zu werden Reis’ ich um die grüne Erde; Ach wo wird der Blick mich finden, Der mich bindet? Und an welchem frommen Heerde Bleib’ ich um geliebt zu werden? Lieben und geliebt zu werden, Lieblich Daseyn, lieblich Werden, Heimlich Wesen und verstohlen, Wo sie holen? Ach in welchen öden Mauern Mag sie lauern, mag sie trauern. Liebend gleich geliebt zu werden, Letzte Abendröth bescheere, Löse auf der rothen Schleifen Himmelsstreifen: Sinkt des Auges helle Wonne, Mir im Herzen steigt die Sonne. Wie mein Auge sich verklärte, Alles flüchtet, was beschwerte, Wie auf Wiesen Lüftlein zittern Hell zu flittern: Flitterwoche wird mein Leben; Wird dann hell in Nacht verschweben.

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Liebend so geliebt zu werden, Ach zu arm ist diese Erde, In die Lüfte muß ich küssen, Sie zu grüßen: Nur der Ueberfluß der Sterne Giebt mir Zeichen aus der Ferne.

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Liebend wieder liebt zu werden Lieget ruhig liebe Heerden, Laßt euch nicht im Schlafe stören, Mich zu hören! Hört ich muß nur Luft mir machen, Singend in das Feuer sehn und wachen.

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Sechste Stimme. Bund. Wenn des Frühlings Wachen ziehen, Lerche frisch die Trommel rührt, Ach da möchte ich mitziehen, Ach da werd ich leicht verführt; Handgeld, Druck und Kuß zu nehmen, Und ich kann mich gar nicht schämen. Wie die Waffen helle blinken, Helle Knospen brechen auf, Hohe Federbüsche winken, Die Kastanie hält was drauf, Blühen, duften, wehen fallen, Und ich muß so lockend schallen. Wie gefährlich sind die Zeiten Wenn die Bäume schlagen aus, Nachtigal schlag drauf bey Zeiten; Schießt Salat und macht sich kraus, Kinder ihr müßt ihn bestehen, Die im Grünen sich ergehen.

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Schwinge nur die bunten Fahnen Apfelblüt im Morgenschein, Ja wir schwören beyd und bahnen Einen Weg, der uns verein; Was im Frühling treu verbunden Lebt zusamm für alle Stunden.

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(Die Fortsetzung im folgenden Stücke.) [7]

Consiliis hominum pax non reparatur in orbe. 10

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Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. (Hiebey eine Kupfertafel nach einem alten Holzschnitte; die Erklärung davon in einem der folgenden Stücke.) 15

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6. April.

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Von vielgestaltigem Dunkel umkleidet, ihrer Thaten Lohn Endes bewust sind diese all mit Freud- und Leid-Gefühl begabt. Diesem Ziel nach nun wandeln sie, aus Gott kommend, bis zur Pflanz herab In des Seyns schrecklicher Welt hier, die stets hin zum Verderben sinkt. Aus dem Indischen des Monu, von F r . S c h l e g e l .

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Der freye Dichtergarten. (Beschluß.)

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Kritik. Ein recht Gemüth Springt mit den Nachtigallen Auf jede Blüth, Und freuet sich an allen! Von diesem Zweig Will Jener einzeln schallen, Nicht allzugleich Wie Saat der Menschen wallen.

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Doch was vermag Ihr wallend Herz zu stören? Nicht Trommelschlag! Zum Trotz sie schlägt in Chören. Nicht Kukuksruf, Von Kindern oft befraget, Kein Schlag vom Huf, Der über Wiesen jaget. Nichts störet sie, Nur heller muß sie singen, Da höret sie Den Wiederhall erklingen; Ist voll das Herz So geht der Mund wohl über, Und Lust und Schmerz Wird da unendlich lieber.

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Und nur zu bald Vergißt sie sich im Schlagen, Sich und den Wald, Fort kann der Falk sie tragen; Doch sieh den Falk, Er hört ihr zu betroffen, Der lose Schalk, Und hält den Schnabel offen.

Krankheit. „Wehe, wehe, daß dem Schlechten Macht gegeben übers Beste!“ Mit den Göttern ist kein Rechten, Flehe nur für dich das Beste, Daß sie dir dein Hälschen kühlen, Von der Fiebergluth verenget, Welche sonst die Ohren fühlen, Wenn dein Sang sie schwellend dränget. 16

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Denkt doch Götter, wem gehöret Diese Stimme? Euer Leben Nicht mit solchem Muthwill störet, Wer kann sie euch wiedergeben? Hat doch jeder jetzt zu denken Schon genug, wer wird euch preisen, Und mit lieblichen Geschenken Euren Himmelsraum durchkreisen?

Zeit. 10

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Hiebevor als wir Kinder waren, Beyde, beyde in den Jahren, Daß wir liefen auf den Wiesen, Von jenen herwieder zu diesen, Und unsre Stunden In Veilchen wunden, Da sieht man nun so hinein. Sieht so hinein, tief wie durch Bäume Jene goldne Berge scheinen, Soll der Abend denn schon dunkeln; Da dauert noch ferne das Funkeln! Kein Eichhorn springet, Kein Vogel singet, Die Nachtluft haucht schon herein. Wohl ich gedenk noch, daß wir saßen In den Blumen bis zur Nasen, Und es lispelten die Mayen, Erschien da ein Kindlein im Freyen, Geht mit dem Kranze Im Sonnenglanze, Also geht auch die Zeit von hinnen. Meinten nicht einmal, dies sey gewesen Unser Kranz, den wir gelesen,

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Lobten ihn und Beeren suchen Bey Tannen und rauschenden Buchen, Da rief ein Weiser Uns durch die Reiser, Wohl Kinder geht nun hinein. Sahen uns nicht um nach seiner Weise, Sammelten die schwarze Speise, Und er ging mit schwarzem Munde, Wir lachten es schallte im Grunde; Er hat gegessen, Was wir gelesen, Also geht auch die Zeit von hinnen. Farbig schien da in dem Kraute Eine Schlange, die ich schaute, Und ich nahm sie auf verlegen, Hat Blumen und Frucht nicht zu geben! Die Schlang sich schwinget, Zum Ring sich schlinget; Also geht auch die Zeit von hinnen.

Freundschaft.

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Der Blinde schleicht am Wanderstabe, Weiß nicht, daß schon die Sonn’ im Meer, Er trägt an seiner Last so schwer, Die Last ist seine letzte Habe. Er trägt so treu zum sichern Grabe Den Knaben, der ihn führt bisher, Der fiel, denn Hunger drückt so schwer, Der bettelte für ihn um Gabe. Wird er den sichern Schooß nun finden, Der seinen Liebling sanft umfaßt, Doch was uns liebt und was uns haßt, Kann sich dem Blinden auch verkünden. 18

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Ich trug der Einsamkeit Vertraute, Die Laut zerschmettert noch mit mir, Mein Herz war träumend ganz in ihr, Als ich vor mir ein Mädchen schaute. 5

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Die sang vor sich und meine Laute Tönt heller wieder aus dem Mund, Er that mir alles wieder kund, Ich hörte wieder die Vertraute. Der Laute Ton ist heller funden, Ich fingre prüfend um den Hals, Ich freue mich des süßen Schalls, Und heller schlagen mir die Stunden. Den Finger legt sie auf mein Auge, Ein Wunder thut der Liebe Hand, Gar herrlich scheinet nun das Land, Durch tiefe Nächte kann ich schauen. Die Laute ist mir da entfallen, Ganz still im Gras sie liegen blieb, Wem alle Welt einmal nicht lieb, Wird tröstend in die Hand sie fallen. So ist der Freundschaft ahndend Wesen, Daß sie in sich zurücke trit, Wenn sie gehört der Liebe Trit, Sonst wär es Freundschaft nicht gewesen.

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Die Kunst. Sonnet. Das Jagdhorn schallt, es blinkt der Wald von Rossen, Und wer es hört, den zieht es mit im Zuge, Die Bienen folgen so der Königin im Fluge, So folgen auch der Kunst die Kunstgenossen.

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Wo Frühling schien im bunten Vögelzuge, Viel bunte Blumen scheinen gleich entsprossen, Wo er die Welt hat klingend angestoßen, Da beben an die Wesen zu der Fuge. O Frühlingsschein, du Kunst mir fern und nahe, Im Herzen glüht es mir, dir unterm Herzen, In dir ich mich und alle Welt umfahe. Was du geboren mir in hohen Scherzen Wird fremd, wenn ichs in deinem Arm nicht sahe, Da mag ich gern auch fremde Kinder herzen!

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Dichter Wald der Dichter. Erste Stimme. Die Verzweifelnde. Könnet ihr nur wiederhallen Dunkle Wälder meinen Ruf, Müsset ihr wie ich auch fallen, Meine Klage Sturm erschuf: Auf die umgestürzten Stämme Werf ich mich verzweifelnd hin, Und der Schmerz bricht durch die Dämme, Ueberfliest den dürren Sinn. Wie des wilden Weines Reben Klammre ich mich an euch fest, Nie werd ich mich wiederheben, Denn zerschmettert ist mein Nest; Horchend lieg ich auf dem Boden, Auf der Ameis Trümmerreich, Und es zieht ein milder Odem, Eine Stimme hold und weich!

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Ferne Stimmen.

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Wie sind wir erschlossen Im Sange so freundlich, Und alle Genossen, Und keines mehr feindlich.

Zweyte Stimme. Die Liebende.

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Ach ihr ernsten kühlen Winde, Wendend, prüfend jedes Blat, Wendet nur mein Schiff geschwinde, Denn ich fühle mich schon mat: Eine Heerde Schmetterlinge Treib ich nun durch Büsche hin, Ehe ich sie zu euch bringe Naschen sie mit klugem Sinn. Aber mir bleibt ungenossen Ohne dich der Wiesen Glanz, Mancher Bach kommt angeflossen, Durstend flecht ich dir den Kranz; Liebe führt mich wie die Fehe, Spannt zwey Schmetterlinge an, Daß ich dich du Süßer sehe, Den ich lang schon hören kann.

Ferne Stimmen.

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Wie sind wir erschlossen u. s. w. Was jeden gedrücket Macht sorgenfrey alle, Und alles beglücket Und löst sich im Schalle.

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Dritte Stimme. Die Besorgte. Hat der Liebste nicht geschrieben, Wein’ ich mit dem Abendthau, Hohe Felsen muß ich lieben, Weil ich gern zur Ferne schau. Ist er mit dem Roß gestürzet, Oder wohl aus Gram erkrankt? All mein Leben wär verkürzet, Und mein Schrit schon zitternd wankt. Wenn das meine Mutter wüste, Ach sie grämte sich zu todt, Daß so jung ich sterben müste, Heute roth und morgen todt! Ach sein Sonnenschirm mich decket, Und die Sonne scheint nicht mehr! Seine Stimme fern erschrecket, Er ist nah und lachet sehr!

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Ferne Stimmen. Wie sind wir erschlossen u. s. w. Wie eilen die Schritte, Als wär es ein Tanz, Es tanzt in der Mitte Der Abend mit Glanz.

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Vierte Stimme. Die Müßige. Ach was hat man vom Spazieren, Grün ist überall doch grün, Und wohin wollt ihr mich führen, Meine Füße, ihr seyd kühn. Nein der Tag soll nicht versinken Unachtsam und unbemerkt, Sehnsuchtsvoll die Wälder trinken Aus dem Strahlenmeer gestärkt. 22

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Doch ich wollt ich wär am Ziele, Wollte, daß ich hätt’ ein Ziel, Doch es giebt so viel Gefühle, Und es wird schon etwas kühl; Ey das paßt sich ja recht prächtig, Allerliebst ist dieser Sang, Der so heimlich, der so mächtig Aus dem dunkeln Walde drang.

Ferne Stimmen. 10

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Wie sind wir erschlossen u. s. w. Die Blumen umschlingen Die Füße mit Kränzen, Sie glänzen dem Singen, Sie duften den Tänzen.

Fünfte Stimme. Die Studierende. Wie die Bäume vor dem Fenster Funkeln, rauschen hin und her, Und die Schwalben wie Gespenster, Pfeilschnell schießen kreuz und quer; In den Büchern wirds so trübe, Aller Sinn mir fast vergeht, Zwielicht scheut der Weisheit Liebe, Lieb’ im Freyen sich ergeht. Ach was hör ich für ein Singen, Doch da fehlet meine Stimm, Kinder wie nun zu euch dringen, Daß ich mit zum Himmel klimm; Bald so nah und bald so ferne Auf des Felsens Schlangengang, Seyd ihr meinem Sinn wie Sterne, Nah dem Herzen, fern dem Drang.

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Ferne Stimmen. Wie sind wir erschlossen u. s. w. Der Waldglanz versinket Beym nächtlichen Gang, Und spiegelnd uns winket Viel heller der Sang.

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Sechste Stimme. Die Wirthliche. Alle sind mir fortgelaufen, Keine sorget für den Tisch, Denn die Erdbeer, roth im Haufen Ladet sie zum Walde frisch; Wenn sie dann nach Hause kommen Fragen sie nach Labung gleich, Eine hat sich müd geschwommen, Jene kletternd durch den Zweig. [16]

Wenn ich auch so denken wollte, Wie bestände da das Haus, Lieber wär mirs auch ich holte Statt der Kräuter einen Straus; Was sie da wohl wieder singen? Ach das klingt doch gar zu schön, Mag die Katz das Essen bringen, Ich muß hin zu dem Getön.

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Nahe Stimmen. Wie sind wir erschlossen Im Sange so freundlich, Und alle Genossen Und keines mehr feindlich; Was jeden beglücket Macht sorgenfrey alle, 24

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Uns alle beglücket Und löst sich im Schalle.

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Wie eilen die Schritte Als wär es ein Tanz, Es tanzt in der Mitte Der Abend mit Glanz, Die Blumen umschlingen Die Füße mit Kränzen, Sie glänzen dem Singen, Sie duften den Tänzen. Der Waldglanz versinket Beym nächtlichen Gang, Und spiegelnd uns winket Viel heller der Sang, Dies Bächlein noch rauschet, So träumend wir grüßen, Die Nachtigal tauschet Mit luftigen Küssen. Wie sind wir verbunden Im Sange so freundlich, Die feindlichen Stunden Sind allen vereinlich, Wie wird hier erschlossen Ein Wiederhall prächtig, Der nimmer genossen; Wir werden andächtig! Ludwig Achim von Arnim. (Die Melodieen dieser Lieder von Sr Durchlaucht dem Fürsten Radzivil, von H. Kapellmeister Reichardt und D. Louise Reichardt erscheinen in der Folge.)

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Als geschaffen dieß All hatte, der sich undenkbar entwickelt stets, Sank zurück in sich selbst wieder, Zeit mit Zeit nun vertauschend, Er. Während der Gott nun wachend ist, da regt strebend sich hier die Welt, Doch wenn ruhigen Sinns er schläft, sodann schwindend vergeht es all. So mit Wachen und Schlaf wechselnd, dies All was sich bewegt was nicht Bringt zum Leben er stets hervor, vertilgt es selbst unwandelbar. Zahllose Weltentwicklungen giebts, Schöpfungen, Zerstörungen, Spielend gleichsam wirket er dies, der höchste Schöpfer für und für.

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Aus dem Indischen des Monu, von Fr . S c h l e g e l . ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Denksprüche aus einer Friedenspredigt an Deutschland von J e a n P a u l F r . R i c h t e r . Der Krieg hat über Deutschland ausgedonnert. Die Römer feierten einen Tag des Donners heilig, und die Bezirke, in die er geschlagen, wurden von der gemeinen Erde geschieden. Wie viele Tage und Länder sind in diesem Sinne uns jezt geheiligt, eine Ungerechtigkeit, die 26

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nun an verwundeten Völkern begangen wird, schreiet mit zwei Stimmen gen Himmel. – In jeder Sünde wohnt der ganze Krieg wie in jedem Funken eine Feuersbrunst: Mancher aussen unbescholtene Mann ist vielleicht in nichts von einer Geissel Gottes verschieden, als im Mangel des Ruhms und des Geisselgriffs; der Krieg ist nur der vergrössernde Hohlspiegel der Wunden, die wir so leicht machen, nur das Sprachrohr und Sprachgewölbe der Seufzer, die wir einzeln auspressen. – Laßt uns also richtiger und ruhiger die Schwärze wie den Glanz des Krieges ins Auge fassen, und wenn wir auf der einen Seite oft den Siegeshelden nur als ein Sternbild aus den hellen Thaten einer Menge zusammengesetzt betrachten, so wollen wir auch auf der andern uns seinen Schattenriß nicht aus den Thatflecken seines Heeres zusammenmalen, oder seinen Namenszug in den Steppenfeuern seines Volks erblicken. – Gab es eine Tag- und Nachtgleiche für Fürsten, worin sie selber entscheiden, was nach ihr erfolgen soll, ob ein Frühling, oder ein Herbst, ob ein Gang in warme fruchtbringende Zeit, oder in eine kalte Blat und Frucht verlierende: so ist es diese Zeit jetzt – Napoleon rette die letzten Deutschen und forme die übrigen! – Man kann überall geboren werden, auch in Bethlehem, aber nicht überall gepflegt; die Erhaltung eines Genius ist wie in der Theologie die zweite Schöpfung und so hat die Wiedergeburtsstadt Weimar die Ehre die Geburtsstadt von vier grossen Dichtern zu seyn, so wie Jena die Ehre einer Entbindungsanstalt mehrerer Philosophen. Was ist nun politisch das, worauf die deutsche Masse, nicht der Einzelne seine Nazionalehre und Liebe gründet? R e c h t l i c h k e i t, sie verknüpft die Deutschen – eigentlich die Menschen – und Wehe dem, der das Band durchschneidet, woran die Welt hängt und er selber, und Heil dem Fürsten, dem die Geschichte den neuen Beynamen des Rechtlichen gewähren kann. – Bis hieher wurde das deutsche Volk wie eine vergoldete Silberstange durch immer engere Löcher durchgetrieben um verfeinert zu werden; aber eben wie die dicke Stange lang und dünn ausgezogen, doch noch den Goldbelag behält, so haben wir unser Gold der Weltseitigkeit und Treue fortbewahrt. Es scheint darum ordentlich, da wir geistige Gütergemeinschaft mit allen Völkern haben, und so wie die Franzosen die Herren des Landes sind, die Engländer die des grösseren Meeres, wir die der beyde und alles umfassenden Luft sind. Wenn in der ganzen Geschichte die gebildete Nazion die ungebildete Nazion auflöst, gleichgültig ob siegend oder besiegt, so ist hier zwischen zwey gebildeten Nazionen keine historische Möglichkeit ei27

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nes nazionellen Vertilgungs-Friedens. – Weniger über die politische als über die Religionsfreiheit können wir am gewissesten seyn, die Verstandeskraft der Zeit, die Gewalt und der Glanz grosser Beispiele und Gesetze, ganze mit Licht bedeckte Länder und selber der Mangel an Religionsfeuer sagen dem Religionslichte die alte Fortbreitung zu; löscht heute den Fixstern-Himmel aus, er leuchtet noch viele Jahre in unsre Nächte hinein, blos weil sein Licht schon so lange unterwegs ist. – Hingegen die politische Freyheit? Aus dem Kriege als aus einem Looseziehen der Gewalt und des Faust-Unrechts, trägt man leicht ein Stück dieser willkührlichen Gewalt in den Anfang des Friedens aus Gewohnheit hinein; zu oft ist der Friedensschluß selber nur die letzte Schlacht und die Taube mit dem Oehlblat gleicht den zwey Tauben, die man in England den Verwandten nach der Hinrichtung zufliegen läßt, zum Zeichen, daß der Ihrige keine Gnade gefunden. Der Krieg verfälscht mit seinen Gewaltsbewegungen auf einige Zeit die Gewissens-Regungen, wie das Erdbeben die Magnetnadel irrig und lügend macht. Aber wie der zufällige Wind nur den ersten Faden des Spinngewebes anklebt und bestimmt und darauf an diesen das Kunstthier die andern ganz geometrisch knüpft, so kann, was die Gewalt gründet, nur das Gesetz bewahren; ein geistig Großer und geistig Gefürsteter kehrt ewig zum Gesetz zurück. Die Kraftlosigkeit liebt Gesetzlosigkeit, denn nicht die Schwäche nur die Kraft will dasselbe, und dasselbe heißt Gesetz. – Zur politischen Freiheit gehört die Preßfreiheit. Unten an hereinhängenden Lauwinen wird jedes laute Sprechen, das sie herunter wälzen kann, verboten; aber soll man denn auf dem ganzen Wege schweigen, auf den Ebenen des Friedens? Muß ein Staat erst todt seyn, ehe man ihn zergliedern darf, und ists nicht besser durch dessen Krankheitsberichte die Sekzionsberichte abzuwenden? Oder soll den Bürgern eines Staats erst ein Feind desselben, der die Hände bindet, die Zunge lösen? Man kann jezt der Wahrheit nur den Hof verbiethen, nicht Stadt und Land, hinter den stummen Lippen werden die Zähne knirschen: Man kann Bücher und Autoren an Ketten legen, aber nicht Minen und Gedanken. Man kann, wenn man jenes thut, denselben Stoff, der sich als Licht mild und still umhergegossen hätte, zu einer Flamme verdichten, die brausend fortfrißt und niederreißt. Zum Glücke darf man sagen, daß schon in einigen neugegründeten Staaten der Friede sich immer mehr vom Kriege reinigt, und die Fürsten gleich der Gerechtigkeit nach dem Einstecken des wilden geschwungenen Schwerdtes mit stillerer Hand die Wage halten. – Wann 28

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wäre es leichter als jezt, daß ganze deutsche Gesellschaften – deutsche zu höherem als Wörterzweck – höhere Heilandsorden auferständen und zusammenträten. – Himmel, wie wohlfeil ist das Leben, wenn man nur froh seyn, es nicht scheinen will! Wie viel mehr kostet die fremde Meinung uns täglich, Geld und Sünde, als die eigne! Das reissende Unthier des Luxus kann kein Einzelner, sondern nur eine Menge bezwingen. Fürsten reichen, wenn nicht in der Verfassung selber die Münzstädte der spartischen Nothpfennige ist, mit ihren Prachtgesetzen nicht weit! Ihr könnt alle voraussehen, daß dieser Knochenfraß des Staates, da er niemals inne halten kann, noch weit mehr eure Kinder aushölen und verzehren muß, wenn ihr nichts bessres dagegen vorkehrt als ein Paar Lehren, euch nicht nachzuahmen, und wenn ihr nicht durch Entsagungsgesellschaften ihnen das entgegengesetzte Beispiel der schlechten Vielheit gebt. – Verarmung thut wie dem Gemeinwesen, so noch mehr dem Einzelwesen so viel Abbruch, als Armuth Vorschub; diese sperrt den Luxus mit seinen guten und seinen bösen Kindern zugleich aus, jene wirbt durch die Bösen um den Vater an. – Eine Zeitlang werden die Deutschen aus Unmuth und Geldmangel verschwenden; Schätze sparen heißt Gegenwart opfern und verschwenden; dazu muntert aber nicht gefürchtete Zukunft auf, sondern gehoffte. – Aber wer soll helfen? Die Männer sind den weiblichen Prachtordnungen unterthan; die Weiber sind die ewigen Thierwärterinnen des Raubthiers des Luxus, die Schutzheiligen dieses verwüstenden Sünders und am Ende die Seeleneinkäuferinnen für Amerika, wohin und worunter die Noth hinweht und treibt, welche ähnlich der Strafe des Kielholens, die den Verbrecher unten um das Schiff herum zieht, eben so andre um die Erdkugel herumschleppt. Aber an wen wend ich mich denn? An die Mütter. Aber wie kann es geschehen? Nicht durch eine Mutter, sondern durch Mütter und der Himmel und die Ehemänner mögen sie uns bescheren. – Das zweite Unglück ist, daß wie die Männer überhaupt durch Weichlichkeit weit mehr verlieren als die Weiber, jene sich durch Wollust in dem Grade abstumpfen, als diese sich dadurch verfeinern. Und dann weiß Deutschland seine Zukunft. Die letzte Stufe des Wachsthums der Pflanzen ist die letzte der Verhärtung. Bei Staaten ists die letzte der Erweichung. Was gegen dieses Entnerven der höhern Stände, welche gerade die Ruderstangen Deutschlands in Händen haben, vorzukehren ist, weiß niemand weniger als ich. Zucht und Ehrbarkeit ist Sitte oder Religion. Bessere Gesetze holen die schöne Sitte nicht zurück, doch bahnen sie ihr ein 29

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wenig den Rückweg. Irgend eine begeisternde Idee hülfe vielleicht am meisten, – und allerdings ist diese da für Menschen, welche Deutsche sind. Ein zweites Gegengift haben die Dichter in Händen, so wie das Gift auch, es ist heilige Darstellung der höhern Liebe, welche, wenn nicht den Mann, doch den Jüngling lange beschirmt. Zeit bei der Jugend gewonnen, folglich Alter, ist alles gewonnen, denn die Jugend ging nicht verloren. In dieser Hinsicht haben wir unsern empfindsamen Romanen mehr zu verdanken, als die Franzosen ihren frivolen, unsre geben vom Lebensbaum, ihre höchstens vom Erkenntnißbaume. Aber welche schreibende Hand dem Beispiel mit dem Buche, der Sündenprose mit der Sündenpoesie zu Hülfe kommt, und welche die Verwundeten der Zeit vergiftet, nie werde diese Hand von der eines Freundes gedrückt oder von der eines Weibes angenommen. – O rechnete und lebte nur jeder nach der Sternenzeit eines geheiligten Herzens, so würde er die rechte Stunde auch aussen treffen, da das gemeine Aussen mit seinen Stadt- und Länderuhren sich doch am Ende nach jener regeln muß. – Schafft und hofft; euch helfen und bleiben Gott und Tod! –

(Es schien uns wichtig und erfreulich aus dieser beruhigenden Friedenspredigt, die jedem Einzelnen seinen Antheil am Frieden in der Befriedigung seines inneren höheren Daseyn zuspricht, einiges so früh wie möglich zu zeitigen, die Auswahl ist immer schwer im Auserwählten, wenn uns auch die künftigen Leser des Ganzen zürnen, so werden doch die jezigen Leser dieser Denksprüche zufrieden seyn; des Verfassers Erlaubniß dazu war gewiß ein gutes Zeichen für unsre Zeitung, möge diese Friedenspredigt wie das Oehlblat der Taube ihr auch Frieden bringen von dem Morgenblatte und andern Blättern, von denen sie angefochten worden, noch ehe ihre Zeit kommen. Zwar haben wir rechte Lust zum Fechten, denn weil wir Frieden wollen, müssen wir den Krieg verstehen, aber zum Kriege gehört ein Feind und wir können nicht dazu kommen uns zu waffnen vor Lachen, wenn unsre Gegner mit Proklamationen ausrücken, worin immer das Beste vergessen, was gegen uns gesagt werden konnte; darum können wir auch deinen Wunsch, lieber Freund, nicht erfüllen, als du uns schriebst: „Laß der lustigen Zeitungsanzeige einen ernsten Aufsatz folgen, der dir alle trefliche Gemüther gewinnen muß, zeige klar, herzlich und warm die Mishandlung, unter welcher das Vortrefliche und Geniale 30

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unsrer Literatur und Kunst immer nur langsam hervordringen kann, und durch welche das göttliche Kind oft wie Hunde verschlagen wird, und muthlos stirbt; hiebey wäre anzuführen, wie alles Junge und Muthige auf dem Platten in seiner Zeit, worüber es hinausstrebt, leicht ausgleitet, wie viele Zeitungen danach gestrebt als versteinerte Geister tödtlich dagegen zu wirken; dann zeige die fruchtlosen Bemühungen gegen Lessing, gegen Göthe, gegen Tieck, gegen Schlegel, gegen Fichte u. s. w. von Gottschedianern, Nikolaiten, Merkelumpen, zeige wie die Zeit endlich armselig nach muß, wie die g u t m e i n e n d e n Kindermörder endlich selbst zu Kreutz kriechen und wie sie sich bezeichnen mit dem Kreutze um neue zu erschlagen. Wie traurig ist die Anzeige im Morgenblatte gegen den Einsiedler.“ – Nun, nun, lieber Freund, nicht zu hoch mit uns heraus, da stehen gewaltige Namen, was wir wollen macht aber keinen Namen, denn es macht deren zu viele; wir möchten jedes gesunde Erzeugniß in der literarischen Welt fördern und die Kritik vernichten, die gleich bemüht ist, das Kind der Liebe lebendig zu seziren, um es in Spiritus scheinbar zu erhalten, oder in Wachs für ihre aesthetischen Vorlesungen nachzumachen. Aber wir wollen euch heilige Scheu lehren vor dem Lebendigen, wir wollen euch ein Kindermährchen erzählen, daß euch davor grauen soll, ich meine das von dem Kinde, das vor das Bette des Anatomen alle Nacht trat und ihm vorklagte: Wo hast du mein Herz, wo hast du mein Auge? bis er alles zum Begräbniß herausgegeben. Bey der Leichenpredigt eines solchen literarischen Kindes würden wir die herrlichen Worte eines Freundes zum Text nehmen: „Wie ein Paternosterwerk von blinden Eseln getrieben, so steigts immer herauf und hinunter, was die Liebe in der Tiefe geschöpft, das gießt der Haß emsig obenaus in den Koth. – Schriftproben. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer. S. 10. – Nach der Predigt würde ich beyliegendes altes Bild zur Warnung an die Kinder vertheilen: Fama zieht oben im Drachenwagen zum Mephistophiles, dem Verleger aller höllischen Zeitungen, ihm verschreibt sich Faust der Verfasser, er deutet mit den Fingern: Es ist nichts mit der Literatur, nimm mich hin, wozu ich tauge, wenn mir nur wohl dabey wird! – Fauste, Fauste, rufe ich dir zu, bekehre dich da es noch Zeit ist, siehe dein Haus hinten in Flammen, so wird deine Seele einst brennen müssen! – Mephistopheles fragt ihn aber ruhig und zeigt gen Himmel: Ob er auch Gott nicht mehr fürchte? – Faust bleibt dabey: Es ist nichts mit der Literatur, also auch nichts mit Gott! – Wehe, wehe, wehe! ruf ich dir durch die verschlossene Thüre zu, wie 31

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wirds dich noch unter Gottes freyen Himmel treiben und du wirst da keine Luft kriegen. –)

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Fragment aus einer alten Handschrift, bearbeitet von L u d w i g T i e c k . König Rother sendet zwölf Grafen zum König Konstantin nach Konstantinopel, um dessen Tochter zu werben; er giebt ihnen beym Abschiede drey Weisen auf der Harfe an, woran sie ihn erkennen könnten, wenn sie in Noth kämen. König Konstantin läßt sie in einen Kerker werfen. Rother rüstet sich zu einer Fahrt um sie aufzusuchen, nimmt aber den Namen Dietherich an, ihn begleitet ausser mehreren andern auch Asprian mit seinen Riesen, deren einer wegen seines Zorns gebunden mitgeführt wird. Dieses furchtbare Gefolge setzt alles in Schrecken zu Konstantinopel, Asprian trit bey der Audienz bis ans Knie in den Boden und zerschmettert des Königs Löwen an der Wand, der ihm etwas von seinem Teller nahm; Dietherich giebt sich selbst für einen von Rother vertriebenen Ritter aus, und sein Gefolge für die Schwächsten des Landes, weil ihm alle Tapfern erschlagen. Die Königin bedauert, daß sie nicht Rother zum Eydam bekommen. Dietherich gewinnt viele Ritter durch seine Geschenke, man wird durch allerley Verhältnisse an die Kreutzzüge erinnert, deren doch das Gedicht nicht eigentlich erwähnt. Des Königs Tochter erbittet von Ihrem Vater eine dreytägige Hochzeit, um des Reiches Pracht zu zeigen, eigentlich um Dietherich ihre Liebe bekannt zu machen, mit dem Schlusse der Hochzeit fängt das Fragment an, wir hoffen recht bald die Ausgabe des Ganzen und mancher anderer Bearbeitungen ungedruckter Heldengedichte aus dem Kreise des Heldenbuches und die Ausgabe des Heldenbuches selbst von der Meisterhand unsres verehrten Freundes Tieck anzeigen zu können. In der Kammer ward es stille, Da sprach die Königinne: 33

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O weh, Fraue Herlind, Wie groß meine Sorgen sind Um den Herren Dietheriche, Den hätt’ ich sicherliche Verstohlen gern gesehn, Und möcht’ es füglich geschehn Um den tugendhaften Mann, Fünf Ringe lustsam Die möchte ein Bothe schier Um mich verdienen, Der den Held balde Brächte zu meiner Kammer. In Treuen sprach Herlind: Ich will mich heben geschwind, Ich geh zu der Herbergen sein, Es bringe Schaden groß oder klein, Doch pfleget er solcher Zucht Daß wir seyn dürfen ohne Furcht Herlind ging balde Zu einer Kammer Und nahm ein theuerlich Gewand, Wie manche Fraue hat, Darin zierte sie den Leib, Da ging das listige Weib Zu dem Herrn Dietheriche. Er empfing sie frommliche, Viel nahe sie zu ihm saß, Dem Recken sie in das Ohre sprach: Dir entbietet holde Minne Meine Frau, die Königinne, Und ist dir mit Freundschaft unterthan, Du sollt hin zu ihr gahn, Dorten will die Magd Dich selber wohl empfahn, Nur um deine Ehre, In allen Treuen Herre. Du magst das wohl gewiß sein An der Jungfrauen mein.

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Also redete da Dietherich: Fraue du versündigest dich An mir elenden Manne, Ich bin auch zu Kammern gegangen Hievor da das mochte sein, Warum spottest du mein? Leider, so that man dem Armen je, Eure Fraue gedacht der Rede nie, Hie sind so viele Herzogen Und Fürsten in dem Hofe, Daß ihr mit einem anderen Mann Euren Scherz möchtet han, Des hättet ihr minder Sünde, Ihr verdienet die Abgründe Daß ihr mich so thöricht wolltet han, Ich bin ein so armer Mann, Doch ehemals ich war Daheim ein reicher Graf. Herlinde sprach dem Herren zu, Sie konnte ihre Rede wohl thun: O nein, mein Herre Dietherich, Nicht verdenke du also mich, Ich habe dieses, weiß Gott, nicht gethan, Mich hieß meine Fraue hieher gahn, Es nimmt sie großes Wunder, Daß du so manche Stunde In diesem Hofe seiest gewest Und sie doch niemals wolltest sehn, Daß ist doch selten nur gethan Von einem so stattlichen Mann, Nun verweist mir die Rede nicht, Der Königinne wäre lieb Welche Ehre dir gescheh Wie du sie auch nie gesehn, Wolltest du aber hingehn So thätest du nichts übeles daran. Dietherich zu der Frauen sprach: (Er wuste wohl, daß es ihr Ernst war)

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Hie sind so viele der Merker, Wer behalten will seine Ehre Der soll mit Klugheit gahn, Es wähnet der elende Mann Daß er nimmer so wohl thu, Daß sie es alle für gut Halten, die in dem Hofe sein; Nun sage der Jungfrauen dein Meinen Dienst, will sie ihn nehmen Ich mag sie jetzt nicht sehen Vor der Helle des Tages, Ich fürchte, daß es erschalle Lästerlich uns Beiden, So verbietet mir das Reiche Constantin der Herre, So muß ich immermehre Flüchtig sein vor Rothere Und mag mich nirgend erretten. Herlind wollte von dannen gahn. Der Herre bat sie da bestahn Und hieß schnell seine Goldschmiede Zween silberne Schuhe giessen, Und zween von Golde. Als er sie geben wollte Da bat er Asprianen, Daß sie nur zu einem Fuße kamen, Daß er die beiden nehme Und sie der Frauen gebe, Und einen Mantel viel gut, Zwölf Ringe Gold roth: So soll man wohl belohnen Einer Königinne Bothe. (Die Fortsetzung folgt.) (Hiezu ein Kupferblat.)

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Eine Zeder wuchs auf zwischen Sträuchen, sie theilten mit ihr Regen und Sonnenschein, und sie wuchs und wuchs über ihre Häupter und schaute weit ins Thal umher. Da riefen die Sträucher: Ist das der Dank, daß du dich nun überhebest, dich, die du so klein warst, dich, die wir genährt haben? Und die Zeder sprach: Richtet mit dem, der mich wachsen hieß! – Und um die Zeder standen Sträuche. Da nun die Männer kamen vom Meer, und die Axt ihr an die Wurzel legten, da erhub sich ein Frohlocken: Also strafet der Herr die Stolzen, also demüthigt er die Gewaltigen. – Und sie stürzte und zerschmetterte die Frohlocker, die zertreten wurden unter dem Reisig. Und sie stürzte und rief: Ich habe gestanden und ich werde stehen! Und die Männer richteten sie auf zum Maste im Schiffe des Königs und die Segel wehten von ihr her und brachten die Schätze in des Königs Kammer. – Indessen war die junge Zeder, die aus ihr entsprossen, schlank aufgewachsen, und ein Held kam und hieb sie nieder sich zur Lanze wider die Riesen, da riefen die Sträucher: Schade! Schade! Einer Jugendarbeit des Meisters aus der Erinnerung nacherzählt.

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König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. Von L u d w i g T i e c k . (Fortsetzung.)

Da sprang sie fröhliche Von dem Herren Dietheriche. Herlind kam balde Zu ihrer Frauen Kammer Und sagete ihr von dem Herren, Er pflege seiner Ehren Sehre fleißigliche: Das wisset wahrliche, Ihm ist die Huld des Königes lieb, Er mag dich darum sehen nicht, Weil es sich nicht will fügen, Nun schaue an diese Schuhe, Die gab mir der Held gut Und that mir auch Liebes genug, Und einen Mantel wohlgethan, Wohl mir, daß ich je zu ihm kam, Und zwölf Ringe die ich han, Die gab mir der Held lustsam, Es mochte nie auf der Erden Ein schönerer Ritter werden Als Dietherich der Degen Gott laß es mich erleben, Ich gafft ihn an ohn’ danken, Daß ich mich des immer mag schämen. Es scheint wohl, sprach die Königinne, Daß ich nicht seliglich bin, Nun er mich nicht will sehen Magst du die Schuh mir geben, Um des Herren Hulde,

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Schnell ward der Kauf gethan, Sie zog den goldenen an, Dann nahm sie den silbernen Schuh, Der ging an denselben Fuß. O weh! Sprach die schöne Königinn Wie wir nun gehöhnet sind, Denn mit den Schuhen lustsam Ist ein Missegriff gethan, Ich bringe ihn nimmermehr an, In Treuen du mußt zurücke gahn Und bitten Dietheriche Sehre gezogenliche, Daß er dir den anderen Schuh gebe, Und mich auch sehen wolle selber Wenn er unter seinen Verwandten Je gut Geschlecht gewanne. O weh, sprach Herlind, Wie doch der Schade nun ist Fraue unser beiden, Nun wisset es in Treuen Sollt’ ich immer Schande han Ich muß wieder zurücke gahn. Da hub die Fraue wohlgethan Ihr Kleid lustsam Hoch auf an die Knie, Denn sie gedachte der Zucht nicht, Frauelichen Ganges sie vergaß, Wie schnelle sie über den Hof gelaufen was Zu dem Herren Dietheriche, Er empfing sie frommliche In allen den Geberden Als wenn er sie nie gesehen, Da wuste der Held wohlgethan Warume sie zurücke kam. Herlind sprach zu dem Herren: Ich must immermehr In Bothschäften gahn, Mit dem Schuh ist Missegriff gethan,

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Sie sind der Königinne Gegeben um deinetwillen, Noch sollten wir den einen haben, Das heißt dich meine Fraue mahnen, Daß du ihr den andern Schuh wolltest geben, Und sähest sie auch selber Wenn du unter deinen Verwandten Je gutes Geschlecht gewannst. Ich thät’ es gerne, sprach Dietherich Nur die Kammerere die melden mich. Nein, sprach Herlind, Mit Freuden sie in dem Hofe sind, Die Ritter schiessen den Schaft Da ist großen Spieles Kraft, Ich will hin vor dir gahn, Nun nimm zween deiner Mann Und hebe dich viel balde Nach mir zu der Kammer, Mit dem großen Schalle Vermissen sie dein alle. Herlind wollte von dannen gahn, Da sprach der listige Mann: Nun warte des Kammerers, Ich will nach dem Schuhe fragen. Schnelle kam Asprian, Er sprach: O weh, was habe ich dir gethan, Die Wege ich nicht erleiden mehr mag, Du bemühest mich diesen ganzen Tag Immer mit neuen Mähren, Mehr als du sonst thatest, Herre, Ihrer war hier ein großer Theil geschlagen, Die haben die Knechte zertragen, Nimm nach deinem Gefallen, Ich bringe sie dir alle. Da nahm Asprian Die anderen Schuhe lustsam, Und einen Mantel sehr gut, Und auch zwölf Armkränze roth,

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Und gab alles der alten Bothin, Da ging sie also verstohlen Viel sehre fröhliche Von dem Herren Dietheriche, Und sagete auch schnelle Ihrer Frauen liebe Mähre. Des Mägdleins Schauen war sehnlich. Sich berieth der Herre Dietherich Mit Berther, dem alten Mann, Wie es mit Fuge möchte gahn. Verständig sprach der Herzoge: An dem versammelten Hofe Will ich machen großen Schall, Der zieht die Leute überall, So bemerket dich kein Mann. Er hieß die Riesen ausgahn, Selber bedeckt er sein Roß, Sich hub der Laut da auf dem Hof, Da führte der alte Jüngeling Tausend Ritter in den Ring, Widolt mit der Stangen Fuhr her mit Klange In aller der Geberde Als ob er thöricht wäre, Da überwarf sich Asprian, Der war der Riesen Spielmann, Grimme hin zwölf Klafter sprang, So thaten die anderen alle mit sammt, Er griff einen ungefügen Stein, Daß von den Merkeren kein Mann Dietherich vernahm, Da sie begunnten umher gahn. In deme Fenstere die junge Königinne stund, Schnelle kam der Held jung Ueber Hof gegangen. Da ward er wohl empfangen Mit zween Rittern herrlich, Hin ging der Recke Dietherich,

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Da wurde die Kammer aufgethan, Darein ging der Held wohlgethan, Den hieß die junge Königinn Selber willkommen sein, Und sprach was er dort geböte Daß sie das gerne thäten Nach ihrer beider Ehren: Ich habe dich gerne, Herre, Um deine Biederkeit gesehn, Und um etwas anderes ist es nicht geschehn, Diese Schuhe lustsam Die sollt du mir ziehen an. Viel gerne, sprach Dietherich, Nun ihr es geruhet an mich. Der Herre zu ihren Füßen saß, Viel schöne seine Gebärde was, Auf sein Bein satzte sie den Fuß, Es wurde nie Fraue besser beschuht. Da sprach der listige Mann: Nun sage mir, Fraue lustsam Mähre auf die Treue dein So wie du Christin wolltest sein, Dein hat nun gebeten mancher Mann, Wenn es in deinem Willen sollte stahn Welcher unter ihnen allen Dir am besten gefalle. Das saget er, da sprach die Fraue: Viel ernstlicher in Treuen Herre, auf die Seele mein, So wahr ich getaufet bin, Der aus allen Landen Die theuren Wigande Zu einander hiesse gahn, So würde doch nie kein Mann Der dein Genosse möchte sein, Das nehm ich auf die Treue mein Daß niemals eine Mutter gewann Ein Kind also lustsam,

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Darum mit Züchten Dietherich Mag ich lieben und ehren dich, Denn du bist in Tugenden ein ausgenommner Mann, Sollte ich aber die Wahl han; So nähm’ ich einen Helden gut und stark Dessen Bothen kommen her in dies Land, Die noch hie leben In meines Vaters Kerker, Der ist geheissen Rother Und sitzet westlich über Meer, Ich will auch immer Jungfrau gahn Mir werde denn der Held lustsam. Als das Dietherich vernahm, Da sprach der listige Mann: Willt du Rother minnen, Den will ich dir balde bringen, Es lebet in der Welt kein Mann, Der mir so Liebes hätte gethan, Er minderte ofte meine Noth, Das lohne ihm noch Gott, Wir genossen fröliche das Land Und lebeten fröliche mitsamt, Er war mir immer gnädig und auch gut, Es hat mich auch nie vertrieben der Held gut. In Treuen, sprach die junge Königinn, Ich verstehe nicht die Rede dein, Dir ist Rother also lieb, Er hat dich auch vertrieben nicht, Von wannen du auch fährest Held stark, Du bist ein Bothe hergesandt, Dir ist des Königes Huld lieb, Nun verheele mir die Rede nicht, Was du mir heute wirst anzeigen, Das will ich immer verschweigen Bis an den jüngesten Tag. Der Herre zu der Frauen sprach: Nun stell ich alle meine Ding In Gottes Gnade und bei dir,

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Ja, es steht dein Fuß In Rotheres Schooß. Die Fraue sehre erschrack, Den Fuß sie aufzog Und sprach zu Dietherich Sehre freundlich: Nun war ich doch nie so ungezogen, Mich hat mein Uebermuth betrogen, Daß ich meinen Fuß Sazte in deinen Schoß, Und bist du Rother so hehr So möchte kein König nimmermehr Bessere Tugend gewinnen, Der ausgenommenen Dinge Hast du von Meisterschaft List, Welches Geschlechtes du aber auch bist, Mein Herze 〈war〉 sehnend, Und hätte dich Gott nun hergesendet Das wäre mir inniglichen lieb, Aber ich mag dir doch vertrauen nicht Du bescheinest mir denn die Wahrheit, Und wär’ es dann aller Welt leid So räumte ich sicherliche Mit dir das Reiche, So ist es aber ungethan, Doch lebet kein Mann So schöne, den ich dafür nähme, Wenn du der König Rother wärest. Also redete da Dietherich, Sein Gemüthe war sehre listig: Nun hab’ ich Freunde mehre, An denen armen Herren In dem Kerker, Wann die mich sähen, So möchtest du daran verstahn, Daß ich dir wahr gesaget han. In Treuen, sprach die Königinn, Die erwerb’ ich von dem Vater mein

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Mit adelichem Sinne, Daß ich sie aus gewinne, Er giebet sie aber keinem Mann, Er muß sie denn auf den Leib han, Daß ihrer keiner entrinne, Bis man sie wieder bringe In den Kerker, Wo sie waren in Nöthen. Des antwortete da Dietherich: Ich will sie nehmen über mich Vor Constantine dem reichen Morgen sicherliche Wann er wird zu Hofe gahn. Die Fraue also lustsam Küßte den Herren, Da schied er von dann mit Ehren Aus von der Kammern Zu der Herbergen balde, So wie Berther das ersah, Wie schnell der Ring zerlassen war. Da sagete der Herre Dietherich Die Mähre also wunniglich Dem theuerlichen Herzogen, Des begunnten sie beide Gott loben. Die Jungfraue lag über Nacht Daß sie in vielen Gedanken war, Als es zu dem Tage kam, Einen Stab sie nahm Und kleidete sich in ein schwarz Gewand, Als wollte sie pilgern über Land, Eine Palme sie auf ihre Schulter nahm Als wenn sie aus dem Lande wollte gahn, So hob sie sich viel balde Zu ihres Vaters Kammer Und klopfete an das Thürlein. Auf that da Constantin, Als er das Mägdelein ansach Wie listiglich sie zu ihm sprach:

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Nun lebet wohl, Herr Vater mein, Mutter, ihr sollt gesund sein, Mir traumte in der Nacht Es sende des hohen Gottes Gewalt Seinen Bothen mir herab, Ich muß in den Abgrund gahn Mit lebendigem Leibe, Daran ist gar kein Zweifel, Dessen mag mich Niemand erwenden, Ich will nun das Elende Bauen immermehre Zum Troste meiner Seele. Traurig sprach da Constantin: O nein, liebe Tochter mein, Sage mir, was du wöllest, Dich davon zu erlösen. Vater, es bleibt immer gethan, Mir würden denn die gefangenen Mann, Die will ich kleiden und baden, Daß sie Genade müssen haben An ihrem armen Leibe Ettelicher Weile, Ich begehre sie nur auf drei Tage, Dann sollst du sie wieder haben Zu deinem Kerker. Constantin der edle Sprach, daß er das gerne thäte, Wenn sie einen Bürgen hätten, Der die auf den Leib dürfte nehmen Und sie ihm wieder möchte geben, Daß ihrer keiner entrunne. Da sprach die Magd, die junge: Ich bitt’ es heute so manchen Mann Daß sie ettelicher muß bestahn Des Leib ist also tugendhaft Deme du sie mit Ehren geben magst. Da sprach Constantin: Das thu ich gerne, Tochter mein.

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Es war die Stunde Nunmehr gekommen Daß Constantin zu Tische ging, Dietherich nicht unterließ Er kam mit seinen Mannen Vor den König gegangen. Da man das Wasser nahm Die Jungfraue lustsam Ging um den Tisch flehend Mit heissen Thränen, Ob sie jemand so liebes hätte gethan, Der die gefangnen Mann Auf den Leib durfte nehmen; Ihr keiner durfte sie des gewähren. Die Herzogen, die reichen, Entzogen sich allgeleiche, Bis sie zu dem Recken kam, Mit dem der Rath war gethan. Da sprach die Magd herrlich: Nun gedenke, Held Diethrich, Aller deiner Güte Und hilf mir aus den Nöthen, Nimm die Bothen auf dein Leben, Die heisset dir der König geben, Verzaget sind meines Vaters Mann, Sie dürfen sich des nicht unterstahn, Doch soll die Edelkeit dein Mit samt mir getheilet sein, Daß ich der geniesse, Und wenn dus gerne liessest, So erläst es dir nicht dein tugendhafter Muth, Du sollst mir das gewähren Held gut. Gerne, sprach Dietherich, Was du geruhest an mich Das gehe mir nur an meinen Leib, Doch werde ich dein Bürge schönes Weib. (Der Beschluß folgt.)

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Der Jäger an den Hirten. Durch den Wald mit raschen Schritten Trage ich die Laute hin, Freude singt, was Leid gelitten, Schweres Herz hat leichten Sinn. Durch die Büsche muß ich dringen Nieder zu dem Felsenborn, Und es schlingen sich mit Klingen In die Saiten Ros’ und Dorn. In der Wildniß wild Gewässer Breche ich mir kühne Bahn, Klimm’ ich aufwärts in die Schlösser, Schaun sie mich befreundet an.

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Weil ich alles Leben ehre, Scheuen mich die Geister nicht, Und ich spring durch ihre Chöre Wie ein irrend Zauberlicht. Haus’ ich nächtlich in Kapellen Stört sich kein Gespenst an mir, Weil sich Wandrer gern gesellen, Denn auch ich bin nicht von hier.

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Geister reichen mir den Becher, Reichen mir die kalte Hand, Denn ich bin ein frommer Zecher, Scheue nicht den glühen Rand. 5

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Die Sirene in den Wogen, Hätt sie mich im Wasserschloß, Gäbe, den sie hingezogen, Gern den Fischer wieder los. Aber ich muß fort nach Thule, Suchen auf des Meeres Grund Einen Becher, meine Buhle Trinkt sich nur aus ihm gesund. Wo die Schätze sind begraben Weiß ich längst, Geduld, Geduld, Alle Schätze werd ich haben Zu bezahlen alle Schuld. Während ich dies Lied gesungen, Nahet sich des Waldes Rand, Aus des Laubes Dämmerungen Trete ich ins offne Land. Aus den Eichen zu den Myrthen, Aus der Laube in das Zelt, Hat der Jäger sich dem Hirten, Flöte sich dem Horn gesellt.

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Daß du leicht die Lämmer hütest Zähm ich dir des Wolfes Wuth, Weil du fromm die Hände biethest, Werd ich deines Heerdes Gluth. Und willst du die Arme schlingen Um dein Liebchen zwey und zwey, Will ich dir den Fels schon zwingen, Daß er eine Laube sey. 49

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Du kannst Kränze schlingen, singen, Schnitzen, spitzen Pfeile süß, Ich kann ringen, klingen, schwingen Schlank und blank den Jägerspieß. Gieb die Pfeile, nimm den Bogen, Mir ists Ernst und dir ists Scherz, Hab die Senne ich gezogen Du gezielt, so trifts ins Herz.

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Clemens Brentano. [33/34]

(Die Melodie wird in der Folge nachgeliefert.)

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König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. Von L u d w i g T i e c k . (Beschluß.) 15

Die Bothen gab da Constantin Dietheriche auf den Leib sein, Der Herre sie da übernahm, Da folgeten ihm des Königes Mann Zu dem Kerker, Wo sie waren mit Nöthen, Die elend Verhaften Lagen in Unkräften Und lebeten erbärmliche. Berther der reiche Stund und weinete, Da er den Schall erhörete. Den Kerker man aufbrach, Darein schien da der Tag, Schnelle kam ihnen das Licht, 50

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Des waren sie gewöhnet nicht. Erwin war der erste Mann Der aus dem Kerker kam, Als ihn der Vater ansah, Wie groß seine Herzens-Reue war, Herum er sich kehrte Und rang seine Hände, Er durfte nicht weinen Und war ihm doch nie so leide Seit ihn seine Mutter trug. Erwin der Held gut War von dem Leibe gethan, So wie mit Recht ein armer Mann. Sie nahmen die Grafen zwölfe Her aus dem Kerker, Und jegelich seine Mann, Die Ritter sonst so lustsam, Sie waren beschmuzt und schwarz, Von grossen Nöthen bleich gefarbt, Leopold der Meister Der hatte keine Kleider Als nur ein dünnes Schürzelein, Das wand er um den Leib sein, Da war der edele Mann Zum Erbarmen gethan, Zerschunden und zerschwellt. Dietherich der gute Held Stund traurig von Leide Und wollte doch nicht weinen Um die gefangnen Mann. Berther der alte Mann Ging allenthalben Die Gefangnen betrachtend, Da reuete ihn keiner hier Mehr als seine schönen Kind. Dietherich der Herre Hieß die Bothen edel Führen zu den Herbergen sein,

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Nur Leopold und Erwin Die ließ man alleine gahn, Zurücke blieb kein Mann. Da sprach Erwin der edle: Leopold, traut Herre, Sahst du einen grauen Mann Mit dem schönen Barte stahn, Der mich beschauete Und viel trauerte? Herum er sich kehrte Und rang seine Hände, Er durfte nicht weinen Und war ihm doch nie so leide; Vielleicht daß Gott der gute Durch seine Barmunge Ein groß Zeichen will begahn, Daß wir kommen von dannen. Das ist wahr, Bruder mein, Es mag wohl unser Vater sein. Da lacheten sie beide Von Freuden und von Leide. Die elenden Gäste Waren frei nicht länger Bis an den anderen Tag. Die Jungfraue ihren Vater bat Daß er sie dahin gehen liesse, Sie wollte ihnen selber dienen. Urlaub ihr der König gab, Wie schnelle sie über den Hof hintrat, Zu dem Herren Dietheriche. Da hieß man allzugleiche Die fremden Ritter ausgahn, Darinne blieb kein Mann Als der Bothen Magen, Die über Meer waren gefahren. Denen gefangnen Mann Legete man gut Gewand an Und kleidete sie fleissigliche,

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Das kam von Dietheriche, Der Tisch war bereitet, Berther der reiche War Truchsaße, Die weile seine Kind aßen Als nun die Herren saßen, Ihres Leides ein Theil vergaßen, Da nahm der Recke Dietherich Eine Harfe, die war herrlich, Und schlich hinter den Umhang, Wie schnell eine Weise daraus klang. Wellicher begunnte trinken, Dem begunnt’ es nieder sinken, Daß er’s auf den Tisch vergoß, welcher aber schnitt das Brod, Dem entfiel das Messer durch Noth, Sie wurden vor Freuden sinnelos, Wie mancher sein Trauern verlohr. Sie saßen alle und hörten Woher das Spiel zu ihnen kehrte. Laute die eine Weise klang, Leopold über den Tisch sprang Und der Grafe Erwin, Sie hiessen ihn willekommen sein Den reichen Harfner Und küßten ihn sehr. Wie rechte die Fraue da sah, Daß es der König Rother war.

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Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. Von J . G ö r r e s .

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In meiner Schrift über die teutschen Volksbücher*) hatte ich bey Gelegenheit des gehörnten Siegfrieds ausgesprochen, nach Norden 5

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*) In dieser Schrift (Heidelberg, bey Mohr und Zimmer 1807) finden wir Herausgeber eine Einsiedeley beschrieben, die wir uns sehnlich wünschen. (S. 246) „Eine stille einsame Kapelle in tiefer Waldeseinsamkeit, der Poesie, der Treue, der Ergebung gebaut, um die rund umher sich eng verschlungnes Dickicht zieht, über der alte Eichen in heissem Sommertages Brand flüsternd sich bewegen, durch deren Zweige gebrochen dann das Licht durchstreift, und ein Schattengewölbe über die Wände gießt und spielend an ihnen auf und nieder zittert, während von innen halbdunkle Kühle, erfrischende Stille herrscht, und hinten in der Nische das Bild der Heiligen dämmernd und freundlich durch das Gitter blickt, vor der Waldblumen halbwelkend niederhängen und unten auf der Steinstufe der bekannte Alte betend kniet, während Vogelsang eindringt durch die offene Thüre und Waldgerüche und kühles Luftgesäusel und grüner Schein und Baches Rauschen und alles feyerlich und betend rund umher, bis auf die Wolken, die einzeln wie Pilger, hell in innerem Verlangen erglänzend auf blauer Himmelsbahn hinwandeln zum Lande der Verheissung und die Winde, die wie Stumme der Natur nur im Hauche beten.“ – So wird keiner bey dem Werke ohne eigne Anregung bleiben, sey auch die historische Ansicht noch so verschieden, so verstehen sich Völker von den verschiedensten Sprachen in der Leidenschaft! – Um in das Historische dieses nach unsrer Ueberzeugung wichtigsten und lange vernachläßigten Durchbruchs unserer Poesie nach allen Richtungen einzudringen, den Gegenstand möglichst zu erschöpfen, damit künftige Bearbeiter dieser Gedichte sich unbesorgt ihrer Erfindung überlassen dürfen, hoffen wir in der Folge noch die Untersuchungen zweyer Gelehrten hierüber mittheilen zu können. Hätte nicht die Heimlichkeit mancher Literatoren mit ihren Entdeckungen, die recht im Gegensatze zu der Leichtfertigkeit der Physiker steht, die Furcht durch spätere Untersuchung widerlegt zu werden, der Stolz immer das Bedeutende in dicken Bänden leerer Weitläuftigkeit zu ertränken, um ein Buch zu schreiben, wäre nicht überhaupt diese Liebe zum Leeren im Gegensatze des horror vacui in der Natur, unmöglich wäre es bey so vielen deutschen Akademien, daß noch nicht alle Denkmale alter deutscher Kunst, sey es in Abschrift oder gedruckt, in einem deutschen Fürstensitze gesammelt wären. Könnten wir einen solchen Plan irgendwo durch diese Blätter fördern, so wäre es uns doch lieber als alles scherzende Gemisch, 54

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und dem eisernen Heldenlande deute diese Dichtung samt dem mit ihm verbundenen großen teutschen Epos hin. Es war Ahndung mehr als historische Ueberzeugung, die mich dabey geleitet hatte; ich vermuthete wohl, daß die erste Quelle dieses großen poetischen Stromes dort sich finden müsse, wo auch die Quelle der Völker geflossen, unter denen das Gedicht gelebt; indessen hatte ich nicht Gelegenheit, damal genauer die Denkmale alter krauser Heldenzeit zu erforschen, die das Geheimniß wohl bewahren mußten. Da mich indessen seither Untersuchungen anderer Art auf diesen Gegenstand zurück geführt, so theile ich gegenwärtig mit, was sich mir dabey zur Ergänzung meiner dortigen Untersuchungen ergeben. Da ich durch die Geschlossenheit des Gegenstandes, den jene Schrift behandelt, die Verbindlichkeit übernommen, das so Umschriebne auch nach innen soviel möglich zu erschöpfen, so habe ich geglaubt, was ich gefunden, sobald es gereift, öffentlich machen zu müssen, ohne eine absolute Vollständigkeit zu verlangen, die theils die Sache selbst dem Einzelnen nicht erlaubt, theils nur durch die Benutzung aller der Handschriften, die durch die dänischen, schwedischen und isländischen Bibliotheken zerstreut sind, annähernd erreicht werden mögte. Die Aufmerksamkeit, die eine neue Ausgabe der Nibelungen auf diesen Gegenstand gelenkt, läßt hoffen, daß diese Erörterung auch einiges Interesse bey dem großen Publikum finden werde, daher wollte ich sie in diesen Blättern niederlegen. Unter den klugen Zwergen, die endlich über die Riesen der Vorwelt durch Geistesmacht gesiegt, geht die Sage alter starker Zeit, selbst eine Hünenjungfrau, um, und erzählt Wunderdinge, und will führen zu dem Lande und dem Brunnen, wo die Adern der Erde, Metalladern und Wasseradern, zusammenfliessend die Starken hervorgebracht, die nach und nach heraufgestiegen; und wer ihr folgt, den bringt sie durch Jahrhunderte, wie durch tiefe dunkle Thäler durch, wo dem Reisenden alles fremder und immer fremder wird, grauer immer und undeutlicher und doch größer, bis zu dem großen Steinmeer hin, in dem die Wellen seit dem letzten Sturme nicht mehr schlagen, weil sie in heller rauher Winternacht auf immer gestanden sind. Bemooste Runenmale stehen die Felsen rund umher, seltsame Zeichen sind wie verloren ausgestreut, Schwerdter stehen im Steine wie in Scheiden, die warum wir von den Lesern unsrer Zeitung angesprochen werden, doch soll auch dies künftig seinen Platz finden, unsre Correspondenz füllt beynahe schon unsre Einsiedeley. 55

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keines Menschen Kraft herausziehen mag, Harnische vergraben unter den Wellen und Lanzensplitter, Roßhufe oben eingedrückt, Kampfkreise mit Granitblöcken bezeichnet, alte Heldengräber mit den Drachenknäulen, in der Mitte der Brunn, geschlossen und gesiegelt, und Geister sitzend, die ihn bewachen. Wo ist der Pilger angekommen nach langer, dunkler Fahrt, wo viele Zeiten viele Berge sich hinter ihm geschlossen haben? Er steht auf altem gothischen Boden, die Zeit hat sich ein festes Schloß gebaut nach ihrer Weise, und einen Wald herumgepflanzt, und wie sie weiter gezogen, hat sie das Haus mit allem Geräthe zurückgelassen, und die Waldgeister haben es unter ihre Hut genommen, von dem Schloß im Meer dem Brunnen und den Denkmälern geht immer noch halblaute Rede unter den Enkeln um. Auch Siegfrieds Rüstung ist in dem Schlosse aufgehängt, und die der Nibelungen, Hagenes Lanzenstoß ist tief noch in der Mauer sichtbar, und zerschrotenes Gewaffen von der Blutrache liegt umher. Einen Berg hatten die Götter in den Milchsee gestürzt, und mit der Schlange als einem Bande die Masse umschlingend sie umgetrieben in dem Meere, und nach unsäglicher Anstrengung mogt es ihnen erst gelingen, die Ambrosia der Unsterblichkeit zu gewinnen. So scheint es auch um die Poesie zu seyn, sie bricht dann nur recht lebendig und Leben gebend aus dem gemeinen Leben heraus, wenn heftige, gewaltsame Bewegungen es im Grund aufregen, und die milde Milch der Gewöhnlichkeit in geistige Gährung setzen. Die Völkerwanderung war wie Bergessturz in Völkersee, es schlugen große Wellen und die Poesie war Windsbraut, die die Elemente sich gewannen. Die Völkerwanderung trieb Helden, tüchtige Kämpfer regten tüchtige Begeisterung, wenn die Schwerdter ruhten, tönten Heldenlieder, und wenn sie schwiegen war wieder Schwerdtschlag selbst Stahlgesang. War der Arm in Metall gefaßt, auch die Brust war darin gewappnet, und der Ton mußte durch Erz hindurch, und klingt wie Trompetenruf in ferne Zukunft hin. So waren die Heldengesänge eigen dieser Zeit, wie die Pflanze dem Himmelstriche eigen ist; sie verbanden sich mit denen, die noch frühere Geschlechter diesen als Erbe zurückgelassen, und die Trümmer, die, weil sie allzuderb und fest, spätere polirende Jahrhunderte nicht zerreiben konnten, sind alle dieser Formation. Die Nibelungen sind gewachsen auf diesem Boden, der gehörnte Siegfried, ihr Achilleus, hat sich gehärtet in dem Drachenblute dieser wilden Jahrhunderte. Nicht ganz so sehr hat sich die Tradition verloren, aus der er hervorgegangen, als man glauben sollte, wenn man blos, was die neue56

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re Kunstgeschichte in kurzem Gedächtniß aufbewahrt, betrachtet. Glücklicher Weise hat in den nordischen Sagen und Dichtungen, das Andenken früherer Poesie sich aufbewahrt, die der übrige Welttheil größtentheils undankbar untergehen lassen. Später erst in die Regel neuerer Cultur geschlagen, hat dort die Erinnerung früherer Vergangenheit ungetrübter sich bewahrt, und die Schriftsprache hat durch günstige Zufälle eben in dem Momente noch dem Gedächtnisse das Niedergelegte abgenommen und aufgefaßt, wo sie gerade durch den Untergang der Tradition in Schrift mit gänzlicher Vernichtung bedroht gewesen. Die älteste bekannte historische Erwähnung des Helden dieses poetischen Kreises mögte wohl jene seyn, die sich im Flateyischen Codex aus dem vierzehnten Jahrhundert findet, worin G u n l ö g erzählt, wie am Hofe des Königs O l a f Tr y g g v i n , der in Norwegen zuerst das Christenthum einführte, um das Jahr 1000 die Gedichte der Edda, die zweyte Ode des S i g u r d , der den Schmied getödtet, dann das Gedicht H e l r e i d B r y n h i l d a r , ferner G u d r u n a r Q u i d a, alle drey in der Sämundischen Edda noch übrig, endlich G u n n a r i ( G i u c k u n g i ) M e l o s gegenwärtig verloren, zur Lyra gesungen worden seyen. Alle diese Gedichte ruhen auf dem Boden der Nibelungen, und beziehen sich wieder auf die S i g u r d F a f n i s b a n i s a g a zurück. Hier ist B r y n h i l d i s die Amazone Tochter des B u d l o , oder Budla nach Wa r n e f r i d i und der Wo l s u n g a s a g a , König in S a c h s e n und F r a n k e n l a n d ; sie wohnt nach B r y n h i l l d a r q u i d a und H e l r e i d der 73 Fabel der Snorroischen Edda im einsamen Schlosse, das rund um das Feuer Va f r l o g a umbrennt; sie ist wie der Walkyren Eine, wie Eine der Schlachtjungfrauen, die selbst gegen Odin und die Seinigen kämpft, bis der Gott durch einen tiefen Schlaf, den er über sie sendet, ihrem kriegerischen Eifer Gränzen setzt. Sigurd Fafnisbani aber, der Treue ihr gelobt, ist eben der teutsche gehörnte Siegfried, weil der sie aber dem Gunnar, Günther dem Bruder der Chrimhildis freyen mögte, darum sucht er Beyde einander zu näheren. Aber das Feuer will den Zutritt zu ihrem Schlosse nicht erlauben, und keiner als Sigurd darf es wagen, durch die Flamme durchzubrechen, und kein anderes Pferd als Sigurds G r a n a , und weil dieses niemand als seinen Herren auf dem Rücken leidet, darum tauscht er, um Beyde Brynhildis und das Pferd zu täuschen, Miene und Aussehen mit Gunnar. Wie der teutsche Siegfried aber tödtet dieser den Schmied M i m e r, und den Drachen F a f n e r , und nachdem er das Drachenherz gegessen, versteht er die Vö57

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gelsprache. Sein Geschlecht aber entwickelt Warnefridi, daß er des Königs S i g m u n d von Hunnenland und der H i o r d i s a , E l i m a Sohn gewesen sey, und daß er zur Gattinn B r y n h i l d i s und G u d r u n a G r i m h i l d , König G i u c k e s Tochter aus N i f l u n g a l a n d gehabt habe; seine Tochter A s l ö g aber, die C r a c a in R e g n e r L o d b r o g s S a g a war Gemahlin dieses Königs, wodurch denn als Sigurds Zeitalter die erste Hälfte des achten Jahrhunderts bestimmt wird, ob ihn gleich wieder das H y n d l u L i o t h , (Edda Mag. p. 331) zum Zeitgenossen des E r m a n r i c h und also des Dieterichs von Bern macht. Auch Hagene und die andern Nibelungenhelden kommen darin vor, die wie dieselbe Genealogie bezeugt, gleichfalls ein scandinavischer Stamm sind, der seinen Namen von R ä f i l l, einem der neun Söhne des alten H a l d a n , Königs von N o r w e g e n , erhalten. Als vierten Abkömmling dieses Haldans nennt sie G i u k o , und dessen Söhne sind G u n n a r , H o g n a r , G o d r u n a r , G o d n y a r , G o d b r a n d a r ; Warnefridi blos G u n n a r , H o g n e r , G u t t o n n e r und G o d r u n a G r i m i l d . An diese schließt sich eine andere gleichfalls positiv historische Erwähnung des Gedichtes, in einer Form, die näher an die Nibelungen gränzt, aus dem Ende des eilften oder vielmehr dem Anfang des zwölften Jahrhundert, etwa 1130 bey S a x o G r a m m a t i c u s, der seine dänische Geschichte um 1200 schrieb. Magnus der jüngere Sohn des dänischen Königs N i c o l a u s , bildet eine Verschwörung gegen seinen ältern Bruder C a n u t , um ihm die Thronfolge abzugewinnen, und läßt ihn durch einen der Mitverschwornen, einen s ä c h s i s c h e n S ä n g e r , an einem bestimmten Tage einladen zur geheimen Unterredung, um ihn dann im Walde zu ermorden. Der Sachse, der C a n u t als Freund seiner Nation und ihrer Sitten kannte, hatte Mitleiden mit ihm, und versuchte ihn auf eine Weise vor der Gefahr zu warnen, die den Zweck erreichte, ohne daß er darum selbst eidbrüchig werden dürfte. Er sang also in einem wohl gesetzten Gedichte die weltbekannte Verrätherey der G r i m h i l d a an ihren Brüdern, um durch das Beyspiel des berüchtigten Truges die Ahndung von Aehnlichem in ihm zu wecken. Es ergiebt sich aus der Natur der Sache, daß die Begebenheit als Volkslied oder Romanze in allgemeinem Umlauf, auch in dieser Form hier vorgebracht wurde. Wirklich existiren auch noch drey alte nordische Gedichte, die der dänische königliche Historiograph Andreas Velleius nebst mehreren andern alten nordischen Heldensagen gesammelt und in der Centur. Cant. Danic. 1695 herausgegeben hat, die Chrimhildis Rache zum Gegenstande haben. Das Folgende ist der 58

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summarische Inhalt dieser Gedichte. Im baltischen Meere zwischen Scandia und Seeland, gleich weit von Beyden entfernt, liegt die Insel H v e n a , großer Dinge und wichtiger Vorgänge wegen berühmt. Von der Riesin H v e n i l d a aber, die sie bewohnte, hat sie ihren Namen erlangt. Ehemals war sie wegen vier Schlössern berühmt, von denen nichts mehr als die Fundamente übrig sind. S y d e r b u r g wurde das südliche genannt, gegenüber N o r d b u r g , nach Winters Aufgang C a r l s h o i , nach der andern Seite H a m m e r a . Auf dieser Insel, geht die Sage, habe einst ein berühmter Held N ö g l i n g , mit dem Beynamen N i d i n g , gewohnt, der mit seiner Gattin B o t i l d a , G r i m i l d a gezeugt, eine Jungfrau edel zwar von Geburt, aber von der schlimmsten Gemüthsart, in jedem Luge und Truge geübt. Sie hatte zuerst den trefflichen S i e g f r i e d H o r n zum Gatten, dessen Andenken berühmt ist in der teutschen Heldenhistorie. Nach dem Tode desselben lud Grimilda, zur neuen Ehe schreitend, ihre Brüder H a q u i n seiner Thaten wegen der H e l d e n m ü t h i g e genannt, und F a l q u a r d wegen seiner Fertigkeit auf der Zyther unter dem Namen der F i e d l e r bekannt, auf die Insel zur Hochzeit ein. Wie sie erschienen zum Feste ließ sie die Stärksten unter den vielen Kämpfern, die sie unterhielt, treulos über sie herfallen, um sie die da keinen Betrug ahndeten, unversehens zu ermorden. Aber H a c q u i n , unbesiegbar in Muth und Kraft, tödtete bis auf den Letzten alle, die ihn anfielen, und entzog sich so dem ihm zugedachten Loose. Aber sein Bruder F a l q u a r d , gleich muthig kämpfend, erlag endlich, nachdem er alle, die ihn ermorden wollten, hingestreckt, selbst in ehrenvollem Tode, ob zwar die alten Hvenensischen Chroniken berichten, er habe, nachdem er fälschlich von Haquins Tod durch die Nordburger Kämpfer berichtet, durch das Trinken eines Hornes gefüllt mit dem Blute der Gebliebenen, sich selbst freywillig vergiftet. G r i m i l d a aber, nachdem sie erfahren, daß Haquin, nachdem er alle Gefahr abgewendet, noch am Leben sey, eilte wüthend in der Seele, aber scheinbar freundlich und vergnügt nach Nordburg, und schloß mit dem Bruder Bund und Freundschaft, unter der Bedingung jedoch, daß wenn einer ihrer Kämpfer ihn einmal zu Boden werfen würde, er dann nicht mehr auf den Füssen, sondern auf den Knien sich vertheidigen wolle. Nachdem Haquin diese Bedingung eingegangen, ließ das verschmitzte Weib die Gegend des Kampfes mit feuchten Ochsenfellen belegen, damit auf dem schlüpfrigen Boden der Verrathene nur unsichern Schrittes gehen möge. Drei der stärksten Kämpfer fielen nun auf einmal über ihn her, und warfen den Glei59

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tenden leicht auf die Erde nieder. Alle aber, obgleich er vorher selbst tödtlich verwundet, wurden sie von seinem Schwerdte hingestreckt. Kurz zuvor aber hatte er, mit Grimildas Vorwissen, eine edle Jungfrau H v e n i l d a zur Gattin genommen, und mit ihr einen Sohn R a n c k o erzeugt, der dann den Tod seines Vaters auf folgende Weise gerochen: Er beredete G r i m i l d a nämlich, im Hügel beym Schlosse H a m m e r a sey ein grosser Schatz vergraben, dessen Obhut und die Schlüssel zum Verschliessen der Vater sterbend ihm anvertraut habe. Da sie nun, um den Schatz zu heben, sich von ihm in den Berg führen ließ, schloß er die Thüren hinter ihr fest mit dem Riegel und Erde, und sie mußte bald dort im Hunger und Kummer elendiglich verderben. (Die Fortsetzung im nächsten Blatte.)

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Rezensieren, kritisieren Soll dir aus dem Kopf spazieren, Wenn ich sag es bleibt dabey, Es leb die edle Jägerey.

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Denn schwer ist, zu tragen Das Unglück, aber schwerer das Glück, Ein Weiser aber vermocht es Vom Mittag bis in die Mitternacht, Und bis der Morgen erglänzte, Beym Gastmahle helle zu bleiben.

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Malespini. Nacherzählt von C . B .

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Als die königliche und prächtige Hochzeit des Herzog Wilhelm mit Eleonora von Oestreich ausgerichtet werden sollte, gab der Gouverneur von Mailand, Marchese di Pescara, dem berühmten Ritter Lione Aretino, Bildhauer des Königs von Spanien, den Auftrag, sich nach Mantua zu begeben, und dieses Fest mit irgend einer ausserordentlichen 61

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Erfindung zu verherrlichen. Er reiste hin, schlug mancherlei vor, und endlich wählte man das Schloß der treuen Liebenden, welches im Amadis von Gallien beschrieben ist, auf einem Platze des Pallastes auszuführen, der La mostra hieß, und zu dergleichen geräumig und wohl gelegen war. Da wurden über 200 Menschen an das Werk gestellt, überdieß 20 Hauptmeister, die Aretino von Mailand kommen ließ, ausnehmend erfahrne Leute in dergleichen Sachen. Ich will hier nicht die ausserordentlichen Anstalten, noch die verschiedenen Statüen von der eignen Hand des Ritters, noch die herrlichen Gemälde, die unzähligen Kronleuchter, welche in der Luft hingen, ohne daß man sah woran, noch alle die andern wunderbaren Einrichtungen beschreiben, das hieße nie enden wollen, genug kein König der Welt konnte sich dergleichen herrlicher träumen, vielweniger ausführen lassen. Verschiedene lateinische und italienische Verse zu dichten, welche das wunderbare Gebäude zieren sollten, wurde Lukka Contile, ein geistreicher Kopf an Künsten und schönen Tugenden herrlich, erwählt, wo es noth that, half auch er dem Aretino mit seinen Erfindungen. Da sie beyde den unzähligen Dingen doch nicht gewachsen waren, schrieben sie dem Marchese nach Mailand, er möge ihnen den Ritter Malespini, einen Diener des Königs Philipp, ihren vertrauten Freund, schicken. Malespini eilte auf Begehren des Marcheses nach Mantua, und weil er nie dort gewesen, brachte man ihn dahin, wo ihn jene Herrlichen erwarteten. Sie unterrichteten ihn von allen ihren Anstalten, und baten ihn von seiner Seite das Fest auch mit irgend einer Erfindung zu verschönen, und da er ihnen seine Meynung gesagt, so pakten sie ihm nicht weniger als die Sorge und Last von der ganzen Hölle auf. Wahrhaftig einer der wichtigsten und gefährlichsten Theile des Festes, weil da eine ungeheure Menge von Feuerwerken zu veranstalten und zu leiten war, wozu noch ein ganzer Teufel voll andern Zeugs kam. Er mußte einmal den Kelch austrinken, wenn gleich wider Willen; da er aber den Ritter mit seinen Statüen und tausend andern Sachen sehr in der Klemme sah, so unterzog er sich der Sache mit Freuden. Alles arbeitete mit der größten Schnelle, denn der Herzog trieb alle Stunden. Sie hatten deswegen befohlen, keinen Menschen, er sey auch wer er wolle, hereinzulassen; nichts destoweniger fanden sich alle Augenblicke vornehme Herrn und Damen ein, die man nicht abweisen konnte. Das war diesen zwey Edelleuten nun ganz fatal, denn sie wollten nicht nur begleitet seyn, sondern man sollte ihnen auch noch alles ganz weitläuftig erklären. Aretino ward dessen endlich überdrüssig 62

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und pakte die ganze Last dem Malespini auf, der endlich auch müde ward, und sich immer versteckte, wenn vornehme Leute kamen, um die Geschichte nicht millionenmal zu wiederholen. Sie hatten in Venedig eine große Menge Gläser bestellt, das Ganze zu erleuchten, weil es aber so schnell gehen sollte, begehrten sie dort so viel Geld dafür, daß man sie beynahe dafür hätte von Silber machen können. Der Marchese kam nach Mantua, und Aretino erzählte ihm diesen unangenehmen Zufall mit den Gläsern und sagte ihm, wenn er den Malespini nach Mailand schicken wolle, der habe einen großen Vorrath in seinem Haus, die übrige könne er dort leicht machen lassen. Der Malespini eilte wie ein Blitz auf der Post nach Mailand, ließ alle seine Gläser und die des Ritters in Kisten einpacken, und war 2 Tage vor dem Fest schon wieder in Mantua mit allem was nöthig war, was dem Marchese sehr gefiel, denn diese gesegneten Gläser waren zu diesem Feste sehr nöthig, und hätten leicht unterweges zerbrechen können. Malespini ging also wieder an seine Höllenlast, und prügelte die faulen Arbeiter so viel als möglich, denn wahrhaftig da waren einige Schlingels, wenn man ihnen den Rücken drehte, legten sie die Hände in den Schooß oder spielten auf der Maultrommel. War Malespini oder Aretino aber da, auf deren Schultern das ungeheure Werk ruhte, so gaben sie den Kerls einige Hiebe und diese arbeiteten. Contile hatte alle seine Verse schon gemacht, da er aber von der andern Arbeit nichts verstand, so war er immer hinter dem Herzog her, und dieser hinter Aretino, und der wieder hinter den faulen Bengels, die auch gar nicht aus der Stelle wollten. Aretino kam in solche Wuth über einige derselben, daß er sie umzubringen und zu entfliehen beschloß, und immer lag er seinem Gehülfen in den Ohren, dieß teuflische Vorhaben zu unterstützen. Dieser aber, der wohl sah, daß er Ursache, Muth und Gelegenheit dazu habe, sagte ihm, wie er mit der Hölle zu viel zu thun, um in solche Teufelsanschläge sich noch zu mischen. Sie beschlossen also Tag und Nacht in ihrer Gegenwart arbeiten zu lassen, und brachten in kurzer Zeit die Sache der Vollendung nahe. Der Ritter hatte eine große Menge Wasser aus dem Teich in den Kanal vor der verzauberten Insel bringen lassen, über welche man nicht ohne die Brücke konnte, an welcher alle die Ritter ankommen mußten, nachdem sie mit aller Art von Waffen, mit Piken, Aexten, Kolben, Hellebarden und Degen gefochten, und die Vertheidigung des Schlosses besorgt hatten, welche der Marchese di Pescara, sein Bruder Don Giovanni D’Avalos und Don Giorgio Mariquez waren, 2 Amazonen führ63

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ten sie zu dem Kanal, aus welchem eine kleine hölzerne Brücke hervorstieg, die hinter ihnen wieder hinabsank. Wenn sie nun unter den Bogen der treuen Liebenden gekommen waren, so blies eine Statue von Bronze, welche auf dem Boden stand, zur Ehre des Siegers, und warf viele Blumen über ihn, weiter kam er in ein großes Gewölbe, wo man von beyden Seiten mit vielen Degen nach ihm stach, ohne daß er sah, wer es that, dann packte ihn eine große Hand und führte ihn in einen Saal, der Saal des Apollidons und der Krimanessa genannt, oder das bezauberte Gefängniß, verlor aber der Ritter im Streit, so führten ihn die beiden Amazonen dahin, wo die Brücke nicht in die Höh stieg und die Statue goß Feuer und Flammen aus ihrer Trompete, worauf er von den Teufeln in des Malespini Hölle geschleppt wurde. Die Brücke aber, welche aufsteigen und wieder untersinken mußte, kostete ein gut Stück Arbeit, und Aretino hatte mit vielen geschickten Leuten manche Stunde darüber zugebracht. Da das Kunstwerk zu seiner Vollkommenheit gelangt war, banden sie’s unter dem Wasser mit einigen Stricken, bis einige eiserne Schrauben fertig wurden, die es in Sicherheit halten sollten, Aretino aber war sehr ermüdet, und bat daher den Malespini damit er ein wenig ausruhen könne, die fernere Arbeit zu betreiben, vor allem aber band er ihm jene Brücke auf die Seele, daß ja niemand sie belaste, denn sie würde sonst in tausend Stücken zerspringen, alle Federn würden zerbrechen und er müsse dann morgen den letzten Tag vor dem Feste alle seine Arbeit wiederholen. Malespini, der für diesen Abend die Wache hatte, sagte ihm schlafen zu gehn und für nichts zu sorgen. Unermüdet, mit einem Stück Holz in der Hand, strich er unter den Arbeitern umher und sagte: Courage, Courage, meine Brüder, hinunter mit dem Stückchen Arbeit, was noch übrig ist, und dann beschleunigte er sie dann und wann, wie es einmal der Gebrauch geworden war, mit dem Stücke Holz. Es mochte ungefähr 2 Uhr des Nachts seyn, als plötzlich auf dem Theater eine Menge brennende Fackeln erschienen, und hinter ihnen viele Fürsten und Herrn. Der Malespini in höchster Angst, abermals erzählen zu müssen, was er schon tausendmal wiederholet, versteckte sich hinter die Hölle. Unter diesen Herrn war der Cardinal Matruggio, der Herzog von Parma, der von Mantua, der Marchese di Pescara, und viele andere. Nachdem sie alles gesehen, begaben sie sich nach dem Kampfplatz, und unterhielten sich miteinander. Nicht weit von ihnen blieb der Herzog Wilhelm mit einigen andern Herrn zurück, und ging hinter die Gittern eines Säulengangs, der gerade an dem Fluß hinlief, wo sich die kleine Brücke 64

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befand. Nun weiß ich nicht, wie es ihm in den Sinn kam, einen von jenen Stricken, mit welchen sie angebunden war, zu ziehen, und sie aus dem Wasser hervorsteigen zu lassen. Da er aber von ohngefähr einen zog, der gar nicht nöthig war, so brach und platzte alles auseinander, und die Brücke fuhr so ungestümm in die Höh, daß sie das Wasser weit um sich her schmieß. Malespini, der das Geräusch hörte, lief in einer Todesangst hin. Die Brücke war aus dem Wasser, alle die mühsamen Federn waren zerbrochen, alles was ihm der Aretino so sehr auf die Seele gebunden, war zerstört. Dieses erfüllte ihn mit solchem Zorn und mit einer solchen Wuth, und da er niemals den Herzog gesehen und ihn auch nicht gekannt hatte, und da er einen jungen bucklichten Menschen, dem das Kleid auf die halben Beine hing, blos mit 2 oder 3 Begleitern sah, so glaubte er es sey vielleicht irgend ein Diener jener Prälaten, oder jemand anders aus der Stadt, der sich mit diesen Fürsten und Herrn, wie es denn oft geschieht, in den Theatern hinein gedrängt habe, wüthend hob er das Stück Holz in die Höh, das er in der Hand hatte, und sagte, da er ihn unbärtig sah: Du ruppiger Hundejunge, ich weiß nicht, wer mich hält, daß ich dir nicht mit diesem Holz deinen spitzen Kopf einschlage, daß du und der die schwere Noth kriegten, der dich hieher gebracht! Und ist es wahrlich ein groß Wunder, daß er nicht drauf losgeschlagen, aus zwei Ursachen: erstens weil die Sache so wichtig war, zweitens weil er eine sehr flinke und leichte Hand zum prüglen an obgenannten faulen Schlingeln erhalten hatte. Der Herzog und seine Begleiter steckten diesen Gruß stillschweigend ein, und waren froh, noch so weg zu kommen; er aber ging brummend und zischend, wie eine giftige Schlange, zum Marchese, den er an der Stimme erkannt hatte, und sagte, ihm den Bucklichten zeigend: Nun seht, gnädiger Herr, was für eine Art Leute man hier her läßt, kommt mit und seht, wie sie eine Brücke, das künstlichste Werk bei der ganzen Anstalt, in tausend Stükken zerbrochen, und da will der Herzog dann immer, man soll fertig werden. Während er so sprach, kam der Bucklichte heran, und die ganze Gesellschaft beugte sich so tief vor ihm, daß er der Alleransehnlichste unter ihnen war – o armer Malespini – ihr könnt euch denken, wie ihm zu Muthe war, als er sah, wie er den Herzog einen Hundejungen, und das höchste Haupt einen Spitzkopf genannt. Ich weiß wohl, wie ihm zu Muthe war, wie er erbleichte, wie sich die ganze bezauberte Insel mit ihm herumdrehte; er stand da ganz vernichtet, und das Blut gerann ihm in den Adern. Als der Herzog unter den 65

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Fürsten und Edelleuten sich sicher glaubte, und den Malespini noch immer mit seinem Stück Holz in der Hand neben dem Marchese stehen sah, sprach er: Wahrhaftig, meine Herren, ich dürfte immer morgen ein Tedeum singen lassen, daß ich jenem dort mit heiler Haut entkommen bin; denn ich hatte große Angst, er möge mich mit seinem Stück Holz an der verfluchten Brücke heute so zudecken, daß mir alles Kämpfen auf morgen und ewig überflüssig gewesen wäre. Dann sprach er zu dem halbtodten Malespini: Verzeiht mir Bruder, ich muß gestehen, das Unrecht ist ganz auf meiner Seite. Malespini stammelte einige Worte, und der Herzog klopfte ihm freundlich auf die Schulter und sagte ihm nochmals, er verzeihe ihm, worauf die Herrn scherzend sich nach dem Schloß begaben. Malespini blieb dennoch sehr erschrocken, erzählte dem Aretino die Sache, und da dieser die Brücke leicht herzustellen fand, Malespini aber gar nicht zu trösten war, gieng der Ritter vor den Herzog und sprach: Eure Excellenz hat mehr an dem armen Malespini zerbrochen, als an der Brücke, er ist nicht zu trösten, und ist mir bange um ihn. Da ließ ihn der Herzog rufen und sagte: Aretino sagt mir, daß ihr noch immer zornig auf mich seyd, wahrlich ich hatte Unrecht, ich kenne die Last, die auf euch liegt, ihr habt es mit den Teufeln zu thun; verzeiht mir, und laßt uns Friede halten, Friede, Friede. Malespini heulte beynah, und bat nochmals sehr um Verzeihung, und sodann gingen sie beyde, das Wenige, was noch zu verrichten blieb, anzuordnen. Das Fest begann, die kühnen Ritter hatten tief in die Nacht gekämpft, und der Marchese Pescara bereits drei in den Sand gestreckt, unter diesen nun war ein Edelmann von Ferrara, der als Besiegter von den Teufeln garstig empfangen, und in die Hölle geschleppt wurde; er hatte einen solchen Schlag auf den Helm bekommen, daß sie ihm schier die Nase abrissen, um ihm den Helm abzunehmen, und da er von dem Marchese besonders empfohlen war, wurde er durch den schlimmsten Eingang in die Hölle gestossen, unsäglich waren die Qualen und Neckereyen mit Kunstfeuern und Knallen, und Schießen, die ihn fort trieben, bis er unversehens in den Rachen Plutons stürzte, wo er sicher erwartete, den Hals zu brechen, aber er kam auf dem vielen unten liegenden Stroh mit der Angst davon. Während dem Kämpfen hatte man das Rad Ixions, Sisiphus mit dem Stein, Tantalus mit den Aepfeln und alle übrigen Ficktionen der Hölle vorgestellt, zugleich fuhr Charons Nachen mit vielen hundert Seelen, die in den verschiedensten und prächtigsten Kleidern erschienen, immer hin und her, 66

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und das Alles unter unaufhörlichem tausendfachem Krachen und Blitzen der prächtigsten Feuerwerke. Nun kam auch Ludwig Gonzaga, des Herzogs natürlicher Bruder, als Sonnenritter; er war in weissem mit Goldflammen gesticktem Sammt gekleidet, mit einer karmoisinen, golddurchwürkten, seidenen Schärpe, die durch und durch mit dem treflichsten Weingeist befeuchtet war, diese steckte er in Brand, als er aus der Hölle trat, und ging ganz von Feuer umgeben nach dem Saal des Apollidons, um die dort bezauberten Gefangenen zu befreyen. Dem Malespini aber begegnete ein wunderlicher, sehr gefährlicher Umstand. Er hatte sich und seinen Leuten zur Herzstärkung eine Anzahl Flaschen mit Wein bei Seite gestellt, diese vermischten sich durch Versehen mit einer Menge mit Weingeist und Kampfer u. dgl. angefüllten Flaschen, dessen sich Teufel zum Feuerspeien bedienten. Nun lagen an der selben Stelle eine Menge der köstlichsten Kleider und Waffen, in welchen die verstorbenen Seelen, die Charon hin und her fuhr, abwechslend erschienen, und man hatte, den Diebstahl zu vermeiden, einige deutsche Soldaten hingestellt, und diese hatten fleissig bei den Flaschen zugesprochen, und alles durch einander gebracht. Der arme Malespini, der seine Wimpern, Augenbraunen und sein bischen Knebelbart gar verbrannt hatte, müd, halbtod vor Durst, da das Fest schier zu Ende war, glaubte eine der Weinflaschen zu nehmen, setzte die Flasche an den Mund, und leerte ein Guttheil des dreymal rektifizirten Weingeistes aus, eh er es bemerkte. Er konnte sich aber da nicht lange besinnen, und mußte einen Lastträger als Teufel verkleiden, der mit einer ungeheuren leinenen durch Weingeist brennenden Weltkugel auf dem Nacken auf den hohen Thurn der künstlichen Stadt, bis zu dessen Spitze eine Schneckenwinde aussen herumführte, hinauflaufen, und von da die brennende Welt in die Hölle hinabwerfen sollte, statt sich selbst aber einen Strohmann, der oben in selber Kleidung bereit lag, worauf er sich verstecken mußte. Nun war aber der Kerl auf keine Art dazu zu bringen, denn sein niedriges und böses Gewissen hatte eine unendliche Angst vor den Teufeln, die freylich hundertweise, mit dem abscheulichsten Spektakel da herumtobten. Als der Kerl weder mit Gutem noch Bösem zu bewegen war, und die Zeit heran nahte, daß die Scene vorsich gehen mußte, schlug Malespini den Lümmel hinter die Ohren, und jagte ihn fort. Aber entschlossen alles, was auf ihm ruhte, bis auf ein Jota auszuführen, steckte er sich selbst so schnell als möglich in die Teufels-Kleider, packte die brennende Kugel auf, und lief wie ein Satan um den Thurn hinauf an die Spitze, 67

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warf die Welt hinunter, und sprang in seinem wüthenden Eifer statt des Strohmanns selbst hinter drein, und zwar in Kraft der geleerten Weingeistflasche. Es war dieses ein Sprung von wenigstens vier Stockwerken, zwischen unzähligen Dekorationen und brennenden Gerüsten durch, und erregte ein solch Ueberraschen und Erstaunen, daß man nachher über keinen Vorfall des Fests sich so lang unterhielt. Besonders war Aretino ganz ausser sich, denn er meinte, es habe der Lastträger und nicht Malespini sich da den Hals brechen wollen. Malespini kam durch Gottes Gnade heil und gesund auf dem Stroh unten an, und war mit dem Sturz der Weingeist in seinem Thermometer sehr gefallen, er war ganz nüchtern geworden. – Nach dem nun Alles zu Ende war, und die folgenden Tage noch man- cherley andre Vergnügungen vorgenommen worden, rüstete sich jeder wieder zu seinem Abzug. Nun hatte Aretino auf gutem Wege erfahren, daß der Herzog eine Goldkette von dreyhundert Thalern für ihn und eine von zweyhundert für den Malespini bereit hielt, und Gott weiß aus welcher Caprise drang er in diesen, die Kette nicht anzunehmen, wie er selbst sie nicht annehmen werde. Da sie sehr vertraute Freunde waren, erhielt er endlich dies Versprechen von ihm, dem es übrigens doch sehr toll von dem Ritter vorkam, daß er ein solches wohlverdientes Andenken eines so großen Fürsten schnöde ohne Ursache ausschlagen sollte. Als sie sich den Herzogen empfahlen, und dieser sah, wie übel Malespini an Haar und Bart versengt war, sagte er nach vielen Artigkeiten: Eure Teufel hatten es so gut bey euch, und haben euch so übel gelohnt. Worauf er antwortete: Herr, wer sich unter die Kleie mischt, den fressen die Schweine, wer Ohrfeigen pflanzt, dem wachsen sie, aber ein gebranntes Kind scheut das Feuer, und es soll mich niemand mehr in die Hölle kriegen, daß Gott sich unser aller erbarme! Der Herzog lachte, und begrüßte sie, worauf sie ein Edelmann hinaus begleitete, der ihnen vor den herzoglichen Gemächern im Namen seines Herrn die beyden Goldketten reichte, aber sie schlugen sie beyde aus, und Aretino sagte, sie seyen Diener des Königs von Spanien, und die Gnade des Herzogs belohne sie genugsam, u. dgl.; denn er war wirklich ein so schildkrötener, wiederborstiger Kopf, wie häufig so ausgezeichnete große Künstler zu seyn pflegen. Kurz er zwang den Malespini, die Kette nicht anzunehmen. Der Herzog ließ diesen noch einmal rufen, um ihm 200 Thaler für die mayländischen Arbeiter zu geben, dabey fragte er ihn sehr freundlich, warum sie die Ketten nicht angenommen? Dieser sagte 68

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ihm, daß es keineswegs ein Verschmähen seiner Gabe seyn solle, sondern daß Aretino ein eigensinniger hartnäckiger Mann sey, auch habe ihn Piedemonte, des Herzogs Geschäftsträger, in der Sache dieser Erfindungen sehr aufgebracht, weil er ihn überall gestört und aufgehalten, und ihm den Neid der mantuesischen Künstler unterstützend, stets eine Menge störender Menschen in seine Arbeit hineingejagt, über dergleichen nun erzürnt, habe er sich entschlossen, die Gabe auszuschlagen, und ihn als seinen Freund zu demselben beredet. Der Herzog sagte lächlend: Ihr habt die Wahrheit gesprochen, und weil sein verkehrtes unwilliges Gemüth das Geschenk gar nicht verdient, so nehmet hier die Ketten alle beyde, und somit entließ er ihn freundlich. Malespini, überaus vergnügt, hängte sie beyde um, und ging ohne etwas davon zu sagen mit dem Gelde zu dem Aretino, worauf sie mit einander nach Mayland ritten, dort bezahlten sie den folgenden Tag alle jene Meister, und da von den 200 Thalern nach 46 übrig blieben, sagte Aretino zu dem Malespini: Dieses wenige ist für euch, nehmt damit vorliebt, bis ich euch besser belohnen kann, daß Ihr mir zu lieb die Kette des Herzogs ausgeschlagen. Nicht lange nachher ging Malespini prächtig gekleidet mit dem Ritter frühstücken; er hatte eine dieser Ketten auf der Brust und da der Ritter sie sah, zog er sie ihm mit den Worten aus dem Wammes: Ey was für eine schöne Kette habt Ihr da? Er antwortete: Ich habe sie von dem Herzoge von Mantua; es ist dieselbe, die Ihr nicht gewollt habt; worauf er ihm alles erzählte. Der Ritter lachte von Herzen, und sagte: Ihr seyd bey Gott gescheiter gewesen als ich, auch ist mir recht lieb, daß Ihr sie alle beyde habt, und somit frühstückten sie fröhlich, und da an diesem Tag ein öffentliches Fest gefeyert wurde, setzten sie sich zu Pferd und ergötzten sich an dem Anblick der schönen Damen und Ritter, die sich dort versammelt hatten.

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Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. Altes deutsches Lied aus dem Kreise des Heldenbuchs und der Nibelungen, aus dem Dänischen übersetzt von W i l h e l m G r i m m in Cassel. Der König Meister Dieterich, der wollt von Bern ausreiten, Einen Löwen und Lindwurm fande er da, die standen in furchtbarem Streiten. Sie streiten einen Tag, sie streiten zwei, am dritten Tage zur Nacht, Da hat der ungestalte Lindwurm den Löwen zur Erde gebracht. Da schrie der Löwe in der Noth, da er den König sah reiten, Hilf mir Herr König Dieterich, hilf mir in diesen Leiden. Um deiner allerhöchsten Macht, befrei mich Herr Dieterich so mild, Befrei mich um des vergoldeten Löwen, den du führst in deinem Schild. Komm mir zum Trost König Dieterich, hilf mir bei deinem Namen gut, Da ich stehe gemahlt in deinem Schild, so flammend wie Feuers-Glut. Lang stand der König Dieterich, das dünkt ihm wohl gethan: Ich will helfen dem armen Löw’ wie es auch möge ergahn. Das war der König Dieterich, auszog er das Schwert so gut, Er kämpft mit dem Lindwurm ungestalt, sein Schwert stand tief im Blut. Nicht säumen wollt sich der gute Herr, wie kämpfet er da mit Muth Tief stieß er das Eisen hinein, da zersprang sein Schwert so gut. Der Lindwurm zog ihn auf seinen Rück, das Roß unter seine Zunge, So drängt er sich in den Berg hinein, zu seinen elf kleinen Jungen. Das Roß warf er den Jungen vor, in eine Höhle den Mann, Eßt nun das kleine Stück, ich will zu schlafen gahn. Eßt nun die geringe Beut, ich will zu schlafen gahn, Wann ich wieder vom Schlaf erwach, sollt ihr den Mann greifen an. Der König Meister Dieterich, sucht in dem Berg zur Hand, Da fand er das gute Schwert, das Adelring ist genannt. Da fand er so stark ein Schwert, und vergoldete Messer zwei: Gott gnade deiner Seel, König Siegfried, hier hast du gelassen deinen Leib. 70

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Ich bin gewesen in manchem Kampf, in Herren Fahrt mit dir, Nie hab’ ich die Zeit gewußt, wo du bist blieben hier. Da wollt der König Dieterich prüfen des Schwertes Kraft gut, Er hieb in den harten Fels, daß der Berg stand all in Glut. Da der junge Lindwurm stehn den Berg in Flammen sach: Wer hat Schwert Zwietracht gethan, aus seinem eignen Gemach? Er sagts den Lindwürmern all, zur Höhle sie hingehn: Weckst du unsere Mutter auf, wie schlimm soll dirs ergehn. Da sprach der König Dieterich, sein Haupt schwer in Unruh: Ich will wecken deine Mutter aus dem Schlaf, einen Traum ihr rufen zu. Deine Mutter schlug den König Siegfried, den hochberühmten Mann, Das will ich an euch allen rächen, mit meiner rechten Hand. Auf wacht da der alte Lindwurm, ihm ward dabei so bang: „Wer macht mir solch Unruhe? was ist das für ein Klang?“ Das bin ich König Dieterich, mich lüstet zu reden mit dir, Gestern, unter deinem geringelten Schwanz, zogst du mich zum Berg hierher. „Du töd’t mich nicht König Dieterich, hier ist mein rothes Gold: Das ist viel besser gethan, wir bleiben dir treu und hold.“ Ich traue nicht deiner falschen List, du willst mich gewißlich bethören, Du hast ermordet so manchen Held, das geziemt sich nimmermehre. „Hör du König Dieterich, o schlag zu todt mich nicht, Ich zeig dir deine verlobte Braut, die versteckt im Berge liegt. Zu oben bei meinem Haupte, da liegen die Schlüssel klein, Zu nieden bei meinen Füßen, da kannst du gehen ein.“ Zu oben bei deinem Haupte, da will ich greifen an, Zu nieden bei deinen Füßen, da will ich lassen ab. Erst schlug er den Lindwurm, und dann seine elf Jungen, Doch konnt er nicht aus dem Berg, vor giftigen Würmer Zungen. Da grub er so tief eine Höhle, vor seinem linken Fuß, Daß er nicht da umkomme, in giftigem Würmer Blut. Da flucht zuerst König Dieterich, er ward dem Löwen so feind, Verwünschet sey der Löw’, ihn treffe Fluch und Pein. Da betrog mich der listige Löw’, Gott bring in Unglück ihn, Wär er nicht gemahlt in meinem Schild, mein Roß hätt’ mich getragen dahin. Da das hörte der Löwe gut, wie der König so sehr sich beklagt:

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„Steh fest du König Dieterich, ich grabe mit starker Macht.“ Der Löwe grub, König Dieterich schlug, der Berg in Feuer sprang aus, Er hätt’ sich gegrämet zu todt, hätt’ der Löw’ nicht gegraben ihn aus. So ging er aus dem Berg heraus, mit Panzer, Schild und Schwert . Und da er nun gekommen hervor, da trauert er um sein Pferd. „Hör du König Meister Dieterich, du sollt nicht seyn so in Leid, Du setz dich auf, ich trage dich sanft, auf meinem Rücken breit.“ Da reit’t er über das tiefe Thal und über die Wiese grün, So frei mit ihm der gute Löw dringt durch den Wald dahin. Der Löwe und König Dieterich, die blieben zusammen beid, Der eine hatt’ den andern befreit von Kummer und vielem Leid. So oft der König zu Land ausritt, lief neben ihm der Löwe groß, Wenn er aber stille saß, legt er das Haupt in seinen Schooß. ⎯ ⎯ ⎯ ⎯ (Der Leser wird gebeten, das unter uns noch sehr gewöhnliche Volksbuch von Heinrich dem Löwen hiemit zu vergleichen, um sich eine lebendige Anschauung zu verschaffen, wie dieselbe Erfindung, wenn sie ächt aus dem Volkssinne hervorgegangen, sich immer wieder an spätere Namen und Begebenheiten anschließt, und so sich gegen Untergang bewahrt.) Einsiedler.

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Warnung und Ermunterung. Siehst du in den hohen Spiegel Deine Locken gleich zu ringeln, Scheint ein Bübchen, das hat Flügel, Dich mit Blumen zu umzingeln: Dann erscheinen in dem Spiegel Noch der holden Mädchen drey, Binden dieses Knaben Flügel, Anmuth bindet Lieb und Treu. Wilt du freundlich gern sie sehen, Bleiben freundlich sie ergeben, Wilt du dich nur spiegelnd sehen, Mögen sie wohl frey verschweben! 72

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Klage nicht, daß Schönheit fliehet, Schneller flieht das Irrlicht dann, Bind es nicht durch Kunst, es glühet, Was uns wärmt auch brennen kann. Sonnenstrahl wie warm und helle, Kannst die Wange bald versengen! Ey wer siehts im Tanz so schnelle, Alle Farben da sich drängen: Amor schwingt die Fackel helle, Sieht so listig auf den Grund, Sieht so leicht die falsche Stelle, Schminke küsset nicht sein Mund. Wer sich Amor kann verstecken, Kann auch nimmer selig lieben, Wer ihn aus dem Schlaf kann wecken, Kann das Kindlein hart betrüben: Sey auch Lieb durch Schönheit flüchtig, Wir entfliehen ja mit ihr, Blühe Wein und trage tüchtig, Schönre Kinder bleiben hier. Statt des einen Amor viele, Viele Amors ohne Flügel Kränzen Grazien im Spiele Und du siehst dich ohne Spiegel: Siehst du deine Schönheit wieder In den Kindern, die einst dein, Schlage nicht die Augen nieder: Ach wie schön, so schön zu seyn. L. Achim v. Arnim.

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Wahrsagung. Hie kannst du nun verstehen, wie das Herze Gottes die Wurfschaufel in der Hand hat, und wird einmal seine Tenne fegen: welches ich hiemit ernstlich anmelden thue als in Erkenntniß im Lichte des Lebens, wo das Herze im Lichte des Lebens durchbricht, und verkündet den hellen Tag. Wie nun die Tiefe oder das Haus dieser Welt ist ein finster Haus, da sich die Leiblichkeit ganz dicke, finster ängstlich und halb todt gebäret, und nimmt von den Planeten und Sternen sein Wallen, welche den Leib in der äußersten Geburt anzünden, davon der Elementen Beweglichkeit entstehet, sowohl das Figürliche als Creatürliche Wesen; also ist auch das Fleischhaus des Menschen ein finster Thal, da zwar die Aengstlichkeit zur Geburt des Lebens innen ist, und sich immer hoch bemühet, in willens sich ins Licht zu erheben; weil sich aber das Herze Gottes im Kerne verbirget, so kann es nicht seyn.

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J a k . B ö h m e n s Morgenröthe im Aufgang 26. Kap.

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Wahrsagung. Und immer näher rückt die Zeit heran, wo dieser Welt Himmel und Erde sich enger mit einander verbinden werden, freundlich oder feindlich sich berühren müssen; große, wichtige Naturerscheinungen werden das künftige Zeitalter characterisiren, höchster Zwiespalt und innigste Einigung werden wechseln, und Gott wird halten das Ganze, 74

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damit seine Wesen nicht erblinden im Angesichte des Lichts, nicht verzweifeln in der Nacht Finsterniß. Von keinem Einsiedler. Eingesandt d. 16. April 1808 von unbekannter Hand. 5

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Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen.

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Als eines Tages die Kinder mit Jesus zum Thore hinaus aufs Feld gehen wollten, da kamen sie auf einen Platz, da man Leimen gegraben hatte, und Jesus setzte sich auf denselben Platz nieder und nahm mit seinen Händen von dem Leimen und machte kleine Vögel daraus, so wie sie auf dem Felde fliegen; da die andern Kinder sahen, daß Jesus solche schöne kleine Vögel gemacht hatte, so freueten sie sich darüber und wollten auch solche Vögel nachmachen. Während der Zeit kam ein alter Jude, der sahe, daß sie mit einander scherzten und spielten, und er strafte sie und sprach: Ihr haltet den Sabbath nicht heilig, ihr seyd Teufelskinder, ihr entheiligt den Sabbath, ihr erzürnet Gott. Er sagte auch zu dem Kinde Jesus: Du bist Schuld daran, die andern Kinder machten es dir nach, ihr gehet alle verloren. Jesus antwortete: „Gott weiß es am Besten, ob du oder wir den Sabbath am besten heiligen, du darfst mich nicht beurtheilen.“ Der alte Jud wurde bös und wollte sich auf der Stelle an dem Kind Jesus rächen; er ging hinzu und wollte auf die Vögel treten, die das Kind gemacht hatte. Alsbald klopfte Jesus in die Hände, als wenn er die Vögel erschrecken wollte, da wurden sie lebendig und flogen auf gen Himmel, wie andere Vögel; der alte Jud mußte sie auch lassen fliegen. Als das die anderen Kinder gewahreten, liefen sie schnelle nach Haus und riefen ihre Aeltern und Lehrer, wie sie könnten so schöne fliegende Vögel aus Leimen machen, die Aeltern strafeten die des Muthwillens, aber sie bestanden auf ihrem Glauben. Da gingen die Aeltern und Lehrer mit ihnen heraus, und die Kinder machten Vögel aus Leimen und klopfeten in ihre Hände, es flogen aber keine Vögel auf gen Himmel von den Vögeln von Leimen, sondern blieben alle an der Erde sitzen; des straften die Aeltern sie hart, und sie merkten es sich, daß es zur Ehre unsres Herrn Jesu gehöre, daß niemand ihn nachahmen wolle, da er selbst niemand nachgeahmt habe; aber des alten Juden Trotz und der jungen Kinder Einfalt hat beydes unsers Herrn Heiligkeit erwiesen, darum belehret 75

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beyde, und spottet ihrer nicht ungehört, nicht derer die des Heiligen verachten, noch derer die es kindisch nachmachen, denn höret wie es weiter ergieng: Johannes kam in jenes Dorf und machte Vögel aus Leimen, die alle flogen, es wollte aber keiner es ansehen und glauben, er zog also ein Dorf weiter und machte da alle die bunten singenden zahmen Vögel, die den Bauern ihre Häuser von Fliegen und Mücken rein halten. Ihr lieben Bauern hört darüber noch weiter ein anderes Mährchen, wenn ihr mir dies nicht verstanden, wie es mit der Nachahmung des Heiligen ergeht. Der alte Jude hätte unserm Herrn die Kunst mit den Vögeln gern nachgemacht, weil er damit viel Geld hätte verdienen können, aber es ging nicht, nun hörte er aber, daß unser Herr in der Wüste predige, da wollte er auch in die Wüste gehen, weil da alles umsonst ist und ein rechter Einsiedler werden. Da er in den Wald kam und der war dunkel, da freute er sich sehr seines Vorhabens und baute gleich eine Hütte von Bäumen, und der Wind blies durch Morgens und Abends, und wenn er seine Metten gesungen hatte und wollte einschlafen, so pfif der Wind gar saubere Melodeyen ihm in die Ohren, das mogte er nicht ertragen. Da grub er sich eine Höhle dabey, auch einen Brunnen, daß er gleich frisch Wasser haben konnte, der Brunnen war aber nur so tief, als ihn ein Mensch zu graben vermochte, sechs Fuß lang und zweye breit. Da es aber Winter ward, so war der Brunnen zugefroren, da es ihn durstete wußte er kein Wasser zu finden. Er paßte aber auf eine Hirschin, die alle Tage kam seine Metten anzuhören wobey sie abwechselnd bald das eine, bald das andre Ohr vorstreckte, dann ging er ihr nach zu sehen, wo sie saufe. Das wilde Gethier ging aber durch den Wald und er wußte nicht warum, bald leckte es seinen Hinterfuß, bald kratzte es in der Erde, fraß Moos von der Erden und nagte Knospen von den Zweigen und Rinden, aber gedachte nicht zu trinken, oder wollte es ihm nicht entdecken. Als er aber diese Bosheit der Hirschin sah, hat er sie gleich erschlagen und ihr warmes Blut trinken wollen, aber das wollte ihm nicht schmecken, denn er sahe sich darin und sein Bild spiegelte sich so roth, er vergoß es in den Schnee und alles andre Gewild war ihm entflohen, seit er das erste erschlagen. Da öffnete er aus Durst seinen Mund zum Himmel und es kam eine dichte Schneewolke und hing sich an ihn; was trocken gefallen wäre auf die Erde, das zerfloß ihm zu Thau auf seiner Zunge und machte seinen Leib rein vom Blute. Da ging er der großen Schneewolke nach und kam in eine große Stadt, die war gerade so breit als sie lang war, und die Brunnen auch sehr tief 76

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von vielen Menschen gegraben, auch oben mit Stroh beflochten, die liefen beständig aus vielen Röhren, auch stand eine große Kirche dabey und die war leer, und er stand drin und meinte sich ein rechter Einsiedel; da war ihm aber der Hirschin ihr junges Hirschkälbchen nachgelaufen, das sang ihm einfältiglich vor: Kraut und Rüben, die haben mich vertrieben; da war er wieder kein rechter Einsiedel. Hier schloß ich meine Erzählung. Es saß aber ein alter Mann mit einem langen Barte in der Ecke, der von der Luft zweyfarbig erschien, der hatte mich nicht angesehen, so lange ich erzählte, nun richtete er sich auf und nickte mit dem Kopfe und sagte: Es hat all sein Richtigkeit, es ist voll wahr, bin selber der alte Jude gewesen, jetzt lese ich nur noch und da will ich euch auch was vorlesen, wie ihr werden sollet, denn werdet ihr nicht wie diese Frau, von der mein Buch saget, so werdet ihr wie ich, davor euch Gott behüte. – Herr, ihr kommt mir bekannt vor? fragte ihn ein hausirender Krämer, der sein Pack hinten auf seinen Stock stützte. – Ich muß ihn irgendwo gesehen haben, antwortete der Alte. Ja Herr, wißt ihr noch, sagt der Krämer, ihr habt mir einmal guten Rath gegeben wegen der falschen Kreutzer, wenn ich sie in die Luft schmeisse und sie könnten nicht wieder zur Erde kommen, dann sind sie zu leicht. – Alles lachte, ich ließ mir dreyerley Wurst geben, das alte Wirthsweib mit den dicken Röcken und mit der aufgeschnürten Jacke sah mit solcher Demuth darauf, als sie das Frühstück brachte, daß ich meinte, sie reiche mir das Abendmahl. – Darauf las der Alte still fort.

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Tauler Nachfolge des armen Lebens Christi. Frankfurt 1621. S. 173.

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Ein Meister der heiligen Schrift, der kam in eine Stadt; da kam eine Frau zu ihm im zwanzigsten Jahr, und fragte nach dem Meister. Da der Meister die Frau sah, da war ihm die Frau etwas unbert, denn er war nicht gewohnt worden, daß Frauen nach ihm fragten, er war viel mehr gewohnt, daß die höchsten Studenten und Gelehrten nach ihm fragten, die in der Stadt waren. Doch so sprach der Meister: Unwerthliche Frau, was wollt ihr mein? Da sprach die Frau gar demüthiglich: O Herr ich wär gern der allerhöchsten, lautersten, vollkommensten 77

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Wahrheit näher, als es den Frauen möglich ist, die alle ihr Werk nehmen ein Gezeugniß aus dem fremden Gott! – Da sprach der Meister göttlicher Schrift: Frau was sind euer Uebung? Habt ihr ein Bürger, oder habt ihr ein Ritter? Da sprach die Frau gar demüthiglich: Herr ich hab zwei auswendig Uebung und drei inwendig Uebung. Da sprach der Meister göttlicher Schrift: Frau sagt mir durch Gott, was sind eur auswendig Uebung? Da sprach die Frau demüthiglich: Herr die erst auswendig Uebung ist, daß ich alle Tag mich einsten scheide von allen Kreaturen, daß mein Seel kein Augenblick nicht zu thun hat mit keiner Kreatur, als lang bis der Dienst Gottes über alles Erdreich vollbracht ist. So geh ich denn zu der andern Uebung, so ledige ich mein Herz von allen eingezogenen Bildern, und von allen unnützen Gedanken, daß der keiner blieb zwischen mir und Gott. Da sprach der Meister der heiligen Schrift: Frau sind das eur auswendig Uebung, so sagt mir durch Gott, was sind eur inwendig Uebung? Da sprach das Fräulein gar demüthiglich: Herr die erst inwendig Uebung ist, daß ich alle Tage sehe, wie das Gott der Vater sein ewigs Wort geliebt hat, in dem keuschen jungfräulichen Leib seiner lieben Mutter Maria meiner Frauen, da er innen ist gelegen neun Monat, er wär lieber darinnen gelegen tausend Jahr, denn er that neun Monat: noch zu hundert mal lieber wohnet er in einem reinen Herzen geistlich, denn er thät in seiner Mutter leiblichen. Die andre Uebung ist, daß ich mich im Spiegel besehe des gebenedeieten Namens meines süßen Herrn Jesus, und sehe in seine Gerechtigkeit und in seine Barmherzigkeit, und in seine Sanftmüthigkeit, also tief ich immer kommen mag. So geh ich denn zu der dritten Uebung, und bad mich, und wasch mich in den blutigen rosenfarben Wunden meines süßen Herrn Jesu Christi, und hab des ganzen Zuverlaß und Zutrauen, und einen ganzen vollkommen Glauben alles dessen, daß er noch an mir mit seinem heiligen Leiden erfüllen will. Da der Meister das gehört, da begunt er zu weinen und sprach: Habt ihr einen Mann, seid ihr in der Ehe, habt ihr auch Kind, habt ihr Gut, habt ihr Ehr von der Welt? Da sprach die Frau gar demüthiglich: Ja Herr, ich hab es alles! Da sprach der Meister: Sagt mir gute Frau, wie kunt ihr das alles gethun? Da sprach die Frau gar demüthiglich: Lieber Herr, was schadet mir das, ihr sollt wissen, ich geb den meinen ihr Nothdurft, ich ziehe sie auf ohne Uebermuth, ich thue ihn alles das ihn zugehört, Gott zu Ehre und zu einem Lob, ich thue auch weder mit Dirnen noch mit Knechten als ob ich Frau in dem Hause sey, sondern nicht anders denn ob wir alle Brüder und 78

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Schwestern sein. Wenn ich das alles gethan hab, und ich in die Kirchen komme, und ein Städtlein gehaben mag, so senk ich mich als tief in Gott, das ich nicht mein, das jemand lebe in der Zeit, denn ich allein. Da sprach der Meister: Ihr seid in einem rechten Weg, bittet Gott für mich armen Bruder, der sein Kappen hat getragen 50 Jahr und heißt ein Meister göttlicher Schrift und Kunst, und kam noch nie zu der Vollkommenheit. Ich hab auch große Sorg und Angst, daß mancher sey gangen mit dem groben Sacke funfzig Jahr nach dem Brod, der noch nimmer mehr zu der Vollkommenheit komme. Da machte der Alte sein Buch zu und rieb seine Brille am Bart ab. Amen, sagte ich, doch verdroß mich diese Geschichte sehr, weil ich bald Meister zu werden meinte, und schon vieles Geld darum ausgelegt hatte. Der alte Mann sah mich aber unverwandt an, schüttelte mit dem Kopfe und sprach vor sich dies wunderbare einfältige Lied.

Eine Flucht nach Aegypten. Als Gott der Herr gebohren war, Da war es kalt! Was sieht Maria am Wege stehn? Einen Feigenbaum. „Maria, laß du die Feigen noch stehn, Wir haben noch dreißig Meilen zu gehn, Es wird uns sehr spät.“ Und als Maria in das Städtlein kam, Wohl vor eine Thür, Da sprach sie zu dem Bäuerlein: Behalt du uns hier, Wohl um das kleine Kindlein, Es mögt dich sonst gereuen. Der Bauer sprach von Herzen: ja, Geht mit mir in die Scheuer. Als nun die halbe Mitternacht kam, Der Bauer und der stand auf, Wo seid ihr dann ihr arme Leut, Daß ihr noch nicht erfroren seid, Das giebt mich Wunder.

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Der Bauer wieder nach Hause geht, Er weckt auf sein Weib: Ach Weib mein liebes Weib steh auf, Und mach den armen Leuten Feuer, Daß sie sich wärmen. Und als Maria das Hauß hinein kam, Maria, die war recht froh, Joseph, der war ein frommer Mann, Der fand sein Ecklein besonders. Sie hingen den Kessel über den Herd, Zu einer Habe, Als Maria dem Kindlein den Brei gab, Da sah man daß es Jesus war Unter seinen Augen. Ende.

Nun fragt ich ihn: Ob er mir denn nichts unter den Augen ansehe? Er schüttelte mit dem Kopfe, ein kleiner Bube aber, der bisher in seinem Schooße den Kopf auf dem Tisch geschlafen hatte, fragt mich: Herr, ihr müßt euch mit einem Finger voll Tinte die Augen ausgewischt haben, seht euch nur im Spiegel. – Ich sah in Verlegenheit nach dem kleinen Wandspiegel, und erblickte darin zu meiner großen Freude den Herzbruder stehn, der bisher aus Achtung gegen das Messer eines Barbiers stille geschwiegen, der den weißen Grund seines Bildes gelegt hatte. Wir umarmten uns sprachlos, wir hatten uns lange nicht gesehen, ich machte ihn mit meiner Tinte schwarz, er machte mich mit Bartseife weiß, so, daß sich die beyden Farben zum natürlichen Gleichgewichte brachten. Alles lachte, wir sah’n uns im Spiegel, und ich brach in die Worte aus: Herz am Herzen anzuschwärzen, gleich das Zeichen auszustreichen, weiß zu machen, macht mich lachen! – Das waren ja Verse, riefen wir beyde bestürzt! – Freylich, sagte ich, doch giebt es schon mehrere Beyspiele solcher wunderbar erweckten Poesie und nach mancherley unnützen Begrüssungswechselreden sagte ich: Lies einmal, was ich eben darüber abgeschrieben habe.

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1. Entstehung der indischen Poesie.

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Als nun Den erschlagen sah von Nishado in Ondojons Hain Samt dem Lehrling der Einsiedler, da ergriff ein Erbarmen ihn. Sodann darstellend sein Mitleid, begann er so und sprach dies Wort: „O weh, daß von dem grausamen Nishado, der so arm an Geist Diese unrühmliche That hier, der Welt Abscheu geschehn mußte!“ Mit Seufzen klagend die Kraunchi, die dort weinende, sang er dies: „Wohl nicht lang lebst du Nishado! Noch erreichst hohe Jahre du, Weil aus dem Krauncho Paar Einen von Liebe trunken du erschlugst.“ Als er gesagt dies Wort, ward tief denkend danach er gleich. „In dem Schmerz dieses Leidgefühls, was war dies was mir da entfuhr?“ Ein Weilchen nur daran denkend, laut dann sagend den Klagespruch, Spricht zum Schüler, der bey ihm stand, Bharodvajo’n er dieses Wort: „Weil gegliedert in vier Füssen, den Spruch vollzähliger Sylbenzahl, Ich im L e i d klagend jetzt aussprach, drum wird L i e d dies von nun an seyn.“ Als dieses Wort der Lehrling hört, des Einsiedlers vollkommnen Spruch, Da stimmt er bey, es annehmend und zeigt wie er den Meister liebt. Aus dem Indischen des Valimicki von Fr. S c h l e g e l .

2. Entstehung der neupersischen Poesie.

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Nachdem berichtet worden, wie durch die Araber alle altpersische Poesie bis auf die letzte Spur vertilgt wurde, erzählt Dauletschah das Wiederaufleben persischer Poesie: „Man sagt: Jakob, der Sohn des Leis, welcher unter den Chalifen aus dem Geschlechte des Abbas zuerst in Persien Eroberungen machte, hatte einen Sohn, welchen er zärtlich liebte. Dieser spielte eines Tages mit andern Knaben das Spiel, wo sie Nüsse in eine Grube warfen. Sieben Nüsse hatte er an das Ziel gebracht; wegen Einer hatte er schon verzweifelt, als sie dennoch zurückprallend sich auch der Grube zuwandte. Im höchsten Entzücken sprach der Fürstensohn die Worte: „Fehlend, fehlend, kömmt sie an der Grube Rand.“ 81

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Jakob, welchem diese Rede wohl gefiel, berief die Edeln seines Hofes vor sich, welche nach genauer Prüfung fanden, daß die Worte einen Vers bildeten, und zwar nach dem Metrum H e z e d s c h . So begnügte man sich zuerst mit Hemistichen; in der Folge fügte man noch ein Hemistich hinzu, und zu dem also gebildeten Distichum noch ein Distichum, und diese Gedichte nannte man D u b a i t h i (aus zwey Distichen bestehende). Hierauf zeigten die Gelehrten, daß die aus vier Distichen bestehenden Gedichte den vorigen vorzuziehen seyen, und indem dieses angenommen wurde, machten sich viele treffliche Männer um die Ausbildung der Dichtkunst verdient: „Die Rose ward mit frischer Kraft geschmücket.“ Erst unter den Sammaiden erreichte die persische Poesie den höchsten Gipfel; zu ihrer Zeit lebte R ü d e g i , welcher der erste war, dessen Gedichte in eine regelmäßige Sammlung (Divan) gebracht wurden.« Aus dem Persischen des Dauletschah von Fr. W i l k e n .

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3. Entstehung der heiligen Poesie.

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Nicht Leyer! – noch Pinsel! – eine Wurfschaufel für meine Muse, die Tenne heiliger Literatur zu fegen. Heil dem Erzengel über die Reliquien der Sprache Canaans – auf schönen Eselinnen siegt er im Weltlauf; aber der weise Idiot Griechenlands borgt Eutyphrons stolze Hengste zum philosophischen Wortwechsel. Poesie ist die Muttersprache des menschlichen Geschlechts; wie der Gartenbau älter als der Ackerbau, Mahlerey – als Schrift; Gesang – als Deklamation; Gleichnisse – als Schlüsse; Tausch – als Handel. Ein tieferer Schlaf war die Ruhe unsrer Urahnen, und ihre Bewegung ein taumelnder Tanz. Sieben Tage im Stillschweigen des Nachsinnens oder Erstaunens sassen sie und thaten ihren Mund auf – zu geflügelten Worten. Sinne und Leiden- schaften reden und verstehen nichts als Bilder. In Bildern besteht der ganze Schatz menschlicher Erkenntniß und Glückseligkeit. Der erste Ausbruch der Schöpfung und der erste Eindruck ihres Geschichtschreibers; die erste Erscheinung und der erste Genuß der Natur vereinigen sich in dem Worte: Es werde Licht! Hiemit fängt die Empfindung von der Gegenwart der Dinge an. Endlich krönte Gott die sinnliche Offenbarung seiner Herrlichkeit durch das Meisterstück des Menschen. Er schuf den Menschen in göttlicher Gestalt; zum Bilde 82

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Gottes schuf er ihn. Blinde Heiden haben die Unsichtbarkeit erkannt, die der Mensch mit Gott gemein hat. Die verhüllte Figur des Leibes, das Antlitz des Hauptes und das Aeußerste der Arme sind das sichtbare Schema, in dem wir ein hergehen; doch eigentlich nichts als ein Zeigefinger des verborgenen Menschen in uns. Rede, daß ich dich sehe! Dieser Wunsch wurde durch die Schöpfung erfüllt, die eine Rede an die Kreatur durch die Kreatur ist. Reden ist übersetzen, – aus einer Engelsprache in eine Menschensprache, das heißt, Gedanken in Worte, Sachen in Namen, Bilder in Zeichen. Die Meinungen der Weltweisen sind Lesarten der Natur, und die Satzungen der Gottesgelehrten Lesarten der Schrift. Der Autor ist der beste Ausleger seiner Worte; er mag durch Geschöpfe – durch Begebenheiten – oder durch Blut und Feuer und Rauchdampf reden, worin die Sprache des Heiligthums besteht. Das Buch der Schöpfung enthält Exempel allgemeiner Begriffe, die Gott der Kreatur durch die Kreatur, die Bücher des Bundes enthalten Exempel geheimer Artikel, die Gott durch Menschen dem Menschen hat offenbaren wollen. Die Einheit des Urhebers spiegelt sich in dem Dialekte seiner Werke – in allen Ein Ton von unermeßlicher Höhe und Tiefe. Locke stellt sich die Mythologie als einen geflügelten Knaben des Aeolus vor, der die Sonne im Rücken, Wolken zum Fußschemel hat, und für die Langeweile auf einer griechischen Flöte pfeift. Wenn unsre Theologie nicht so viel werth ist als die Mythologie, so taugt unsre Dichtkunst nicht, so wird unsre Historie noch magerer als Pharaos Kühe aussehen. Gleich einem Mann, der sein leiblich Angesicht im Spiegel beschaut, nachdem aber es von stund an vergißt; so gehen wir mit den Alten um. Mythologie hin Mythologie her! sagen die Kunstrichter. Poesie ist eine Nachahmung der schönen Natur – und Nieuwentyts, Newtons und Buffons Offenbarungen werden doch wohl eine abgeschmackte Fabellehre vertreten können. – Warum geschieht es denn nicht? – Die Natur wirkt durch Sinne und Leidenschaften. Warum soll ich ihnen nach Stand, Ehr und Würden unwissende Leser, ein Wort durch unendliche umschreiben, da sie die Erscheinungen der Leidenschaften allenthalben in der menschlichen Gesellschaft selbst beobachten können. Jede individuelle Wahrheit wächst zur Grundfläche eines Plans wunderbarer als eine Kuhhaut zum Gebiet eines Staats und ein Plan geraumer als das Hemisphär erhält die Spitze eines Sehpunkts. Kurz, die Vollkommenheit des Entwurfs, die Stärke der Ausführung, die Empfängniß und Geburt neuer Ideen und Ausdrücke, die Arbeit und 83

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Ruhe des Weisen, sein Trost und Eckel daran, liegen im fruchtbaren Schooße der Leidenschaften von unsern Sinnen vergraben. Wer ihre Werkzeuge verstümmelt, wie mag der empfinden? Sind auch gelähmte Sennadern zur Bewegung aufgelegt. Eure mordlügnerische Philosophie hat die Natur aus dem Wege geräumt, und warum fordert ihr, daß wir selbige nachahmen sollen? Damit ihr das Vergnügen erneuren könnt, an den Schülern der Natur auch Mörder zu werden. Ja ihr feinen Kunstrichter fragt immer was Wahrheit ist, und greift nach der Thür, weil ihr keine Antwort auf diese Frage abwarten könnt. – Eure Hände sind immer gewaschen, es sey, daß ihr Brod essen wollt, oder auch, wenn ihr Bluturtheile gefällt habt. – Fragt ihr nicht auch, wodurch ihr die Natur aus dem Wege geräumt? – Bacon beschuldigt euch, daß ihr sie durch eure Abstractionen schindet. Zeugt Bacon die Wahrheit; wohlan, so werft mit Steinen und sprengt mit Erdenklössen oder Schneeballen nach seinem Schatten. Die Analogie des Menschen zum Schöpfer ertheilt allen Kreaturen ihr Gehalt und ihr Gepräge, von dem Treue und Glauben in der ganzen Natur abhängt. Je lebhafter diese Idee des Ebenbilds des unsichtbaren Gottes in unserm Gemüth ist, desto fähiger sind wir seine Leutseligkeit in den Geschöpfen zu sehen, zu beschauen und mit Händen zu greifen, und den natürlichen Gebrauch der Sinne von dem unnatürlichen Gebrauche der Abstractionen zu läutern. Leidenschaft allein giebt Abstractionen sowohl als Hypothesen Hände, Füße, Flügel, den Bildern und Zeichen, Geist, Leben, Zungen. Wo sind schnellere Schlüsse? Wo wird der rollende Donner der Beredsamkeit erzeugt, und sein Geselle, der einsilbige Blitz? Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre, denn die Zeit seines Gerichts ist kommen, und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserbrunnen. Hamann schrieb diese Aesthetica in nuce vor 1762. Wenn wir aus Baumgartens Aesthetica auf einen seichten Stand des menschlichen Gemüths schließen, so müssen wir nach jener eingestehen, daß die Tiefe des Gemüths zu allen Zeiten tief bleibt. Wir werden noch manche Einsicht Hamanns weit über seine Zeit hinaus bekannt machen, und hoffen auf eine neue Ausgabe seiner seltenen Schriften.

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4. Entstehung der Verlagspoesie.

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Die polnischen Juden machen nach gewissen gesprochenen Gebeten und gehaltenen Fasttägen, die Gestalt eines Menschen aus Thon oder Leimen, und wenn sie das wunderkräftige S c h e m h a m p h o r a s darüber sprechen, so muß er lebendig werden. Reden kann er zwar nicht, versteht aber ziemlich was man spricht und befiehlt. Sie heißen ihn G o l e m , und brauchen ihn zu einem Aufwärter, allerley Hausarbeit zu verrichten, allein er darf nimmer aus dem Hause gehen. An seiner Stirn steht geschrieben t m a aemaeth (Wahrheit, Gott) er nimmt aber täglich zu, und wird leicht größer und stärker denn alle Hausgenossen, so klein er anfangs gewesen ist. Daher sie aus Furcht vor ihm den ersten Buchstaben auslöschen, so daß nichts bleibt als t m maeth (er ist todt) worauf er zusammenfällt und wiederum in Ton aufgelöst wird. Einem ist sein Golem aber einmal so hoch geworden und hat ihn aus Sorglosigkeit immer wachsen lassen, daß er ihm nicht mehr an die Stirn reichen können. Da hat er aus der großen Angst dem Knecht geheißen, ihm die Stiefel auszuziehen, in der Meinung, daß er ihm beim Bücken an die Stirne reichen könne. Dies ist auch geschehen, und der erste Buchstab glücklich ausgethan worden, allein die ganze Leimlast fiel auf den Juden und erdrückte ihn. Mitgetheilt von J a k o b G r i m m in Cassel. (Die Fortsetzung künftig.)

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Heimweh des Schweizers. Ach, wär ich daheim geblieben In dem kleinen Felsenthal; Würd ich so nicht umgetrieben Von der Sehnsucht heißer Quaal. Nichts will recht mein Herz erquicken, Nicht der Wald und nicht die Flur. Sterne, Blumen seh ich blicken Doch ich werde traurig nur. Stern und Blumen sind die gleichen Wie sie blühn im Vaterland Doch mein Sehnen will nicht weichen; Dorthin ist mein Sinn gewandt.

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Nicht in Sälen kann ich bleiben, Wo die Menschen um mich sind, Außen muß umher ich treiben Wie ein mutterloses Kind. Fragen Freunde was mich quäle, Greift nur heißer mich der Schmerz Was ich schaffe, was ich wähle, Nichts heilt mir das wunde Herz.

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Hätt’ ich Schwingen, hätt’ ich Flügel Gleich dem Adler flög ich weg Ueber Strom und über Hügel Bis zum fernen Felsensteeg. 5

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Und vom Felsen stieg’ ich nieder Wo der Strom in Staub verspritzt; Und ich säh die Hütte wieder, Die mich einst als Kind beschützt.

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Warum mußt ich fort denn gehen, Ungetreu dem eignen Heerd, Hier dieß fremde Land zu sehen, Wo die Sehnsucht mich verzehrt? Wo sind denn die schroffen Zinken Schneeverhüllt und sonnumglänzt Die den blauen Aether trinken, Von Gestirnen hoch umkränzt? Wo der See, aus dessen Fluthen Wolkenhoch der Berg sich streckt; Trunken von des Himmels Gluthen In der Nacht den Schiffer neckt? Hörst du denn den Waldstrom brausen, Der von Fels zu Felsen stürzt? Weißt du, wo die Adler hausen, Donnernd die Lawine stürzt?

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Siehst du denn die Gemsen springen Hoch die Felsenwand entlang; Wenn die Thäler unten klingen Von des Alphorn hehrem Klang? Siehst du dort die Heerden weiden, Wo die Hütt’ am Abgrund hängt, Wo sich Lenz und Winter scheiden Und das Eis die Blume drängt? 87

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Hirten, die im Wechsel mitten Treu geblieben alter Zeit, Redlich üben Väter Sitten, Wie es laut ihr Herz gebeut. Wär ich nur daheim geblieben, Warum gieng ich denn hinaus? Wer hat mich denn fortgetrieben Aus des Vaters liebem Haus?

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Wohl habt ihr in diesen Zonen Vieles was uns dort gebricht; Aber die auf Bergen wohnen Tragen euer Elend nicht.

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Großer Glanz und reicher Schimmer Zeichnet diese fremde Welt! Doch erfrischt das Herz nicht immer Was den Augen wohlgefällt.

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Und so strömt, ihr dunkeln Thränen, Wie zu Nacht ein Brunnen quillt, Bis mich selbst mit meinem Sehnen Freundlich still der Tod verhüllt.

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Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen.

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Von J. G ö r r e s .

Wilkinasaga*).

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Ganz auf nordischem Boden, war in den Dichtungen, die wir bisher angeführt, der Schauplatz der Begebenheiten gegründet in jener aber, zu der wir gegenwärtig übergehen, ist die Fabel, aus jenen engen Schranken hervorgebrochen, oder vielmehr noch nicht in sie eingefangen, das ganze gotische Europa ist in den Kreis ihres Spieles aufgenommen, Teutschland der Mittelpunkt. Es ist das große Gedicht, von

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*) Wir Herausgeber ergreifen die Gelegenheit bey der Fortsetzung dieser Aufsätze unseres Freundes (vergl. 5. Stück) einem Vorwurfe zu begegnen, der uns leicht von denen gemacht werden könnte, die unsre Zeitung eigentlich nicht lesen, sondern nur beurtheilen; als zerstückten wir die Aufsätze, die nur in ihrem Zusammenhange verstanden werden könnten; einige Aufmerksamkeit wird jeden überzeugen, daß diese Abtheilungen nie willkührlich sind, sondern daß jedes für sich ein Ganzes ausmacht, das freilich auf eine weitere Verbindung hindeutet, wie alles in der Welt. Mit einem glücklichen Ausdrucke des H. v. Kleist sagen wir, daß es organische Fragmente sind, in denen die Lebensverbindungen zum Ganzen erkennbar, so sind wir mit dem König Rother verfahren, so auch mit der Reihe dieser Aufsätze. Dem mannigfaltigen Interesse der Leser sezzen wir, wie billig, unser eignes Haupt-Interesse an gewissen Untersuchungen nach, doch erkennen wir dankbar in dem mannigfaltig uns geäusserten Beyfalle über die Förderung alter deutscher Kunst, daß wenn auch in langer Erfahrung manches Hervorstechende unsrer Zeit sich vergänglich und verächtlich zeigte, doch das heimlich Grosse in ihr viel zu groß ist, um eben in Worten sagen zu können, was es wolle. Der blinde Streit zwischen sogenannten Romantikern und sogenannten Classikern endet sich; was übrig bleibt, das lebt, unsre Blätter werden sich mit beyden und für beyde beschäftigen; man lernt das Eigenthümliche beyder Stämme wie in einzelnen Individuen erkennen, achten, und sich gegenseitig erläutern, und in seiner Entwickelung erkennen; wir brauchen über diese Entwickelung unsre Leser wohl nicht erst auf Hrn. Schlegels nun erschienenes Werk über Indien (Heidelberg bei Mohr und Zimmer) aus dem unsre Blätter einige Uebersetzungen mittheilten, aufmerksam zu machen. 89

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dem wir gegenwärtig sprechen, jenes, das in Prosa aufgelöst, sich in der Wilkina saga eller Historien om Konung Thiderich af Bern och hans Kämpar samt Niflunga Sagan, edirt von J. Peringsskiold, Stockholm 1715 findet. Nach dem Zeugniß der Blomstorwalla Sagan ist diese Schrift ein ursprünglich teutsches Werk; B i ö r n in N i d a r o s , Bischoff von N o r w e g e n zur Zeit König H a c k a n H a c k a n s o n um 1250 hörte, als er die Tochter desselben C h r i s t i n e zu Kaiser F r i e d e r i c h d e m z w e y t e n , mit dessen Bruder H e i n r i c h sie verehlicht werden sollte, begleitete, am Hofe desselben die Abentüre in teutscher Sprache lesen, und brachte sie bei seiner Zurückkunft nach Norwegen mit, wo sie in die alte scanische Sprache übersetzt, in mehreren Manuscripten sich bis auf diese Zeit erhalten hat. Es ist hier nicht die Insel H v e n a , worauf Grimhildis Rache blutig spielt, sondern H e u n a l a n d bei Konig Attila, es sind die Näfelunger nicht mehr blos N ä f i l s s ö h n e , ein Königsstamm eines kleinen Bezirkes Häupter, sondern jener mächtige Volksstamm, die B u r g u n d i o n e n , die selbst die arabischen Geographen und Geschichtschreiber unter dem Namen B u r g i a n kennen; die, Schrecken ihrer Jahrhunderte, schon Plinius als teutsches Grundvolk aufzählt, die dann gegen die Donau hinabgestiegen, später die Alemannen am Rheine drängten, öftere Einfälle in Gallien machten, bis ihnen endlich die Römer einen Theil der gallischen Provinzen in G e r m a n i a p r i m a am Oberrhein hinauf längs dem Juragebirge, der Schweiz bis nach dem Süden von Frankreich hin einräumten, wo sie am Anfange des vierten Jahrhunderts christlich geworden unter ihrem König G u n d i c a r oder G u n d i b a l d , das burgundische Reich gründeten, das auch nach der Catastrophe, die es auf dem großen Zuge des A t t i l a erfuhr, wo sein König G u n t h a c e r mit allen den Seinigen den Untergang gefunden – ein Ereigniß, in dem man historisch die Rache der C h r i m h i l d i s zu sehen geglaubt hat – sich fort behauptete. Der eigentliche Held des Gedichtes aber, um den das Ganze sich herbewegt, ob es gleich außer diesem noch mehrere aber untergeordnete Mittelpuncte hat, ist D i e t e r i c h v o n B e r n jener Angelpunct der alten gothischen Poesie, den alle ihre Sternbilder immerdar umkreisen. Diesem Heros der sturm- und verhängnißvollen Jahrhunderte der Völkerwanderung, hat die Zeit wie allen andern seiner Gattung die Nebelkappe aufgesetzt, damit er in dem Maaße, wie er der Dichtkunst zureift, der Geschichte entschwinden möge. Wie die orientalischen Romanciers einen zweyfachen E s c a n d e r oder A l e x a n d e r haben, einen poetischen ältern, der mit 90

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G i a m s c h i d l e i n s ist, der die Mauer gegen die nordischen Völker G o g und M a g o g , die S c y t h e n baute, der den Zug nach I n d i e n machte, um die Quelle des Lebens aufzusuchen, und dort die Säulen wie der alte B a c h u s setzte, und einen zweyten Historischen den E s c a n d e r R o u m i , den sie aber, und mehr noch die späteren dichtenden Occidentalen, mit jenem Ersten verwechseln: so ist es auf die gleiche Weiße auch mit D i e t e r i c h von B e r n geworden. Historisch die Begebenheiten in ihrer Folge untersucht, ergiebt sich, daß der Dieterich, der diesen Dichtungen als Zeitgenosse A t t i l a ’ s , dreysig Jahre an seinem Hofe lebte, nicht jener T h e o d e r i c h , König der O s t g o t h e n seyn kann, der geboren um 442 an der Spitze seines Volkes um das Jahr 480 einbrach in Italien, die H e r u l e r und ihren Anführer O d o a c k e r schlug, und nun König von ganz A m e l u n g e n l a n d oder Italien wurde, und im Jahr 526 in Ravenna starb, obgleich wieder andere Gedichte, wie die Caßeler Handschrift, ihn ausdrücklich als diesen bezeichnen. A t t i l a war nach den Geschichtschreibern der Zeit schon um 428 König der Hunnen, um 450 unternahm er seinen großen Zug nach Gallien gegen die Westgothen und die Römer, der mit der blutigen Schlacht auf den c a t a l a u n i s c h e n Fel- dern endigte; worauf nach einigen Jahren sein Tod erfolgte. A t t i l a und T h e o d o r i c h waren daher um beynahe ein halbes Jahrhundert voneinander, und zur Zeit jenes Zuges befand sich dieser als 8jähriger Knabe am Hofe zu Constantinopel. Dagegen erzählt die ungarische Chronik von T h w o r t z aus alten Sagen und Schriften, von einem früheren D i e t e r i c h von Bern, den das Heldenbuch den Herren von Teutschland nennt, der wahrscheinlich aber eigentlich sein Wo l f d i e t e r i c h ist, von dem es sagt, daß er 80 Jahre vor Dieterich gelebt, und der mit M a c r i n u s an der Spitze eines Heeres, zusammengesetzt aus Te u t s c h e n , L o n g o b a r d e n , O s t g o t h e n und vielen andern Nationen, den H u n n e n , die eben in Europa eingebrochen waren, entgegenging, sie schlug, zuletzt aber selbst geschlagen wurde; dann die Parthey des A t t i l a nothgedrungen mit seinen Völkern selbst ergriff: und nach dem Tode desselben seine beyden Söhne C h a b a und A l a d a r , jener aus griechischem Stamm, dieser Sohn der K r e m h e i l c h aus Teutschem, miteinander entzweyte um die Herrschaft, indem er mit den teutschen Fürsten die Parthey des Letzten nahm; wo dann ein fünfzehntägiges Gemetzel unter den Hunnen erfolgte, in dem C h a b a den Kürzern zog, und nach A s i e n flüchten mußte.*) Beyde waren aus der *) Auch J o r d a n i s in seiner Hist. de getarum origine c. 34 zählt vorzüglich die 91

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A m a l u n g o s t g o t h i s c h e n Linie, die Letztere aber aus der a l a m a n n i s c h e n Nebenlinie und wie P e r i n g s k i ö l d in seinen Anmerkungen zu Cochlaei vita Theodorici vermuthet, sein Vater S a m s o n etwa der Bruder des H u n n i m u n d s Königs der Ostrogothen. Die spätern Dichter aber, die an diese genealogischen Spitzfindigkeiten sich nicht binden mogten, brauchten bald Einen für den Andern. In diesen Dieterich laufen alle Fäden der vorliegenden Sage convergirend nun zusammen. Sie beginnt mit der Geschichte seiner Stammeltern S a m s o n und der H i l d e s v i d a und seiner übrigen Vorfahren, und sammelt dann fortschreitend zunächst einen Kreis von Helden und Kämpfern um ihn her, deren Abkunft und Thaten sie drey ostgothischen Heerführer Wa l a m i r , T h e o d o m i r und W i d e m i r , die C r a n z in seiner gothischen Chronik Brüder nennt, als Theilnehmer des grossen Zugs der Hunnen nach Gallien auf. Merkwürdig sind die Fragmente der Gesandschaftsreise, die Priscus um 448 zu Attila unternahm; sie geben einen anschaulichen Begriff von dem ganzen Leben und Treiben dieses ernsten, finstern Geistes, den er 15 Tagreisen hinter Widdin: etwa bey J a s z B i r i n y in Ungarn, die Otrokocsi in origin. Ungar. II. p. 109 aus den Umständen der Reise vermuthet, in seiner Residenz gefunden, nebst ihm auch hat er seine beyden Weiber E r c a und R e c c a gesehen. Bey Gelegenheit seiner Bewirthung erzählt er unter andern: wie der Abend kam und der Tisch aufgehoben worden, traten zwey Scythen vor Attila hin, und sangen Gedichte, die sie selbst verfertigt hatten, worin sie seine Siege und seine kriegischen Tugenden anpriesen. Und viele der Anwesenden erfreuten sich an den Gedichten, andere wurden froh in der Erinnerung alter Kriege bewegt, anderen flossen Thränen, weil sie das Alter geschwächt und entkräftet hatte, wodurch ihre Kampflust und ihr Eifer wider ihren Willen gelähmt worden. Nachdem der Gesang und die Declamation vorüber, trat irgend ein Scythe, unsinnig wie es schien, hervor, der seltsames, sinnloses, wahnsinniges absingend oder abschreyend, alle zum Lachen bewegte, nur Attila verzog keine Miene. – Es ist nicht unwahrscheinlich, daß sich wohl noch Fragmente dieser alten hunnischen Gesänge in ungarischen Volksliedern und Traditionen erhalten haben mögen, wenigstens hat früherhin ein ungarischer Bischof aus diesen Quellen eine fabelhafte Geschichte des Attila geschrieben, die mir aber noch nicht zu Gesichte gekommen ist. Besonders bey den sogenannten Szeklern, die eine alte Sage im Lande für unmittelbare Abkömmlinge in Europa zurückgebliebener Hunnen erklärt, würde die Nachforschung wohl am fruchtbarsten seyn. Herr von S e c k e n d o r f in W i e n mögte wohl die beste Gelegenheit zu dieser Untersuchung haben, und er würde sich um die ältere Poesie ein bedeutendes Verdienst erwerben, wenn er die Resultate derselben etwa im P r o m e t h e u s mittheilen wollte. 92

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gleichfals episodisch immerfort erzählt. Zuerst führt sie ihm den tapfern H i l d e b r a n d , Sohn R e g i n b a l d s Herzogs von Ve n e d i g zu, und giebt Bericht von den Abentheuern, die sie miteinander bestehen, wie sie den Zwerg A l p r i s fangen, und durch seine Hülfe das Schwerd N a g e l r i n g erlangen, etwas abweichend von jenem dänischen Gedichte, das im Heldenbuch selbst wieder aber von seinem Wolfdieterich, nur weitläufiger und wortreicher erzählt, vorkömmt. Weiter kömmt H e i m e r , der H e i m e des Heldenbuchs, und der G a n e l o n von Mainz in diesem Kreise, der, ein Sohn des S r u d a s unweit S e g a r d , dem Schlosse der B r y n h i l d i s wohnt, auf dem Rosse R i s p a über die Alpen herangezogen. Dann wird die Abkunft des V i d g a ( V i t i g i s ) entwickelt, dessen Vater der Schmied Ve l e n t , der selbst vom Riesen Wa d a , dem Sohne den der alte König W i l k i n ( W i l i m e r ) von W i l k i n a l a n d ( S c h w e d e n ) mit einer Meerfrau erzeugt, entsprossen ist. Diese Erzählung vom Schmied Ve l i n t oder Va l u n d , wie er mit dem Schmiede A m i l i a s des Königs N i d u n g von W ä r i n g e n um die Wette, selbst das Schwerd M i m u n g , dieser aber einen undurchdringlichen Harnisch schmiedet; wie Ve l i n t nun, der seine Kunst zuerst in derselben Schmiede wie Siegfried, und dann bey den Zwergen gelernt, in sieben Tagen ein Schwerdt zu Stande bringt, mit dem er in Gegenwart des Königs einen Faden Wolle, der auf dem Wasser schwimmt, in der Mitte durchhaut; wie er dann, weil die Waffe noch allzu schwer und ungeschlacht, sie mit der Säge in viele Stücke zerschneidet, mit Milch und Mehl versetzt, drey Tage lang in dauerndem Feuer peinigt, und in dreyzehn Tagen in ein ander Schwerdt umschmiedet, das nun einen ganzen Wollknäuel auf dem Wasser im ersten Hau durchschneidet; wie er dann zum Drittenmal das Werk den Feuerflammen übergiebt, alle Schlacken von dem Metalle scheidet, und nun nach sieben Wochen endlich ein edel köstlich Schwerdt erlangt, das ein schwimmend Wollbündel von drey Fuß im Durchmesser kurz und klein zerstückt; wie er endlich mit diesem Werkzeug nun den Schmied A m i l i a s , der sich in seinem Helm und Harnisch hoffärtig zur Probe stellt, indem er auf dem Sessel sitzt, mitten bis zum Nabel hin durchhaut, und dieser nach dem Schlage klagt, es gehe ihm wie eiskalt Wasser durch die Eingeweide, wo Velint ihm dann zuruft, er solle sich nur etwas rühren und schütteln, und dieser dann dem Rathe folgend, in zwey Stücken vom Sitze herunterfällt: Diese ganze Erzählung, so wie das was ihr zunächst im Buche folgt, hat einen ganz eignen alterthümlichen Anstrich, der auch dadurch historisch bestätigt 93

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wird, daß S ä m u n d F r o d e sie als Scäldengedicht unter dem Namen V ö l u n d a r q u i d a , in seine Edda dem Wesentlichen nach aufgenommen hat. V i d g a nun, mit seines Vaters Schwerdt gerüstet, unternimmt gleichfalls den Zug nach B e r n ; der Kampf auf seinem Wege mit G r a m a l e i f und seinen zwölf Gesellen, fängt, gleichfalls von Wo l f d i e t e r i c h erzählt, den zweyten Theil des Heldenbuches an, er schlägt im harten Gefechte, mit Hülfe des guten Schwerdtes Mimung, D i e t e r i c h , und tritt dann in seinen Heldenkreis. D i e t e r i c h aber, um die verlorne Ehre wieder zu gewinnen, unternimmt einen Zug, der ihm zwey neue Helden zuführt, indem er den F a - s o l d entwaffnet, und den S i n t r a m aus dem Rachen eines Lindwurms rettet. Weiter schreitet die Geschichte fort, und erzählt die Thaten des Königs W i l i m e r , seine Kriege mit den Russen, die Abentheuer seiner vier Riesen A s p i l i a n , Av e n t r o d , E t g e i r und W i d o l f , wovon der letzte vor allen stark ist, und deswegen in Friedenszeiten von seinen Brüdern immer an der Kette gehalten wird, wie sie auch im König R o t h e r vorkommen, mit einem ganz leichten Anstriche von den Heymonskindern. Dann folgen die Kriege von O s a n t r i x in W i l k i n a l a n d mit A t t i l a , die Entführung der Tochter des ersten E r k a durch R o d o l p h von B e c h e l a r für A t t i l a , der sie zur Ehe nimmt. D i e t e r i c h s Geschichte schreitet nach dieser, das Folgende einleitenden Episode wieder weiter fort, indem D e t l e f s seines sechsten Kämpfers Herkommen und Abentheuer beschrieben werden; W i l d i f e r und H e r b r a n d treten zur Genossenschaft hinzu, und es folgen wieder Kriege des O s a n t r i x und A t t i l a , in denen D i e t e r i c h mit den Seinigen auf Seite der Hunnen kämpft. Die Schweden werden geschlagen, Vidga aber gefangen, und befreyt durch List seines Freundes W i l d i f e r , wobey O s a n t r i x und seine Riesen getödtet werden. Jetzt tritt S i e g f r i e d in die Fabel ein, und die Geschichte seiner Herkunft fängt mit einer der G e n o v e v a ganz ähnlichen Erzählung an. S i g m u n d , König von J a r l u n g a l a n d , wirbt um C ä c i l i a , Tochter N i d u n g s , des Königs von Spanien, und zieht, nachdem sie seine Hausfrau geworden ist, dem König D r a s o l f von P o l e n zu Hülfe. Die Grafen H a r t v i n und H e r m a n n , denen er die Sorge über C ä c i l i a anbefohlen, misbrauchen sein Vertrauen auf gleiche Weise wie G o l o ; C ä c i l i a wird von S i g m u n d zum Tode verdammt, wie aber die Treulosen sie hinausführen, kömmt sie im Schrecken am Ufer eines Flusses nieder. H a r t w i n und H e r r m a n n entzweyen sich über die Todesart, der Erste wird vom Andern erschlagen, stürzt aber im 94

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Fallen das Kind, das die Mutter in ein gläsernes Trinkgefäß gelegt, in den Fluß, und C ä c i l i a stirbt darüber vor Schmerz und Gram. Das Kind ist nun S i e g f r i e d , hier S i g u r d genannt, der Schmied M i m e r fand ihn im Flusse, und erzieht ihn in seiner Schmiede. Da der Knabe aber bald über alle Massen stark wird, und beständige Schlägereyen mit den Schmiedeknechten vorfallen, fürchtet sich Mimer vor ihm, und um ihn zu verderben, sendet er ihn in den Wald, wo der Drache wohnt, in den durch Zauber zur Strafe für seine Bosheit R e g i n , der Bruder des Schmiedes, verwandelt wurde. S i g u r d schlägt den Drachen, wobey aber die Unterredung fehlt, die er in der Edda mit ihm über mythologische Gegenstände hält. Er kocht sich alsdann ein Stück der Schlange, und steckt zum Kosten die Finger in den siedenden Topf, und wie er sie verbrannt zum Munde bringt, und einige Tropfen Schlangenbrühe ihm auf die Zunge kommen, hört er wie die Vögel auf dem benachbarten Baume sprechen, wüßte der, was wir wissen, er würde heimgehen und seinen Pflegvater Mimer erschlagen, der ihn hat tödten wollen, denn die Schlange war sein Bruder, und er wird dessen Tod an ihm rächen und ihm nach dem Leben stehen. Nachdem er mit dem Blut des Drachen sich gerieben, folgt er diesem Rathe, tödtet den Schmied, und geht zu B r y n h i l d i s auf die Burg, nachdem er alle sieben Thore an ihr eingeworfen hat. Er fängt sich dort das unbändige Pferd G r a n a ein, das auf ihren Weiden geht, und reitet damit zu I s u n g König von A n g e l l a n d , der ihn als Bannerherren in seinen Dienst aufnimmt. Es ist alles hier, wie sich aus dieser Auseinandersetzung ergiebt, in sich selbst mehr zusammenhängend und besser motivitirt als im Volksbuche, wo dieser Theil der Erzählung mehr fragmentarisch auseinandergefallen und verstümmelt ist. Da- gegen fehlt in der Sage der ganze im Volksbuche nun folgende Kampf mit dem Drachen und dem Riesen, und es lenkt dafür das Gedicht wieder in den Strom ein, auf dem es bisher fortgezogen, und spricht von den Niflungenhelden G u n n a r , G e r n o z , G i ß l e r , Söhne des Königs A l d r i a n und H o g n e ihrem Halbbruder, den einst ein geheurer Geist mit ihrer Mutter O d a erzeugt. H o g n e (der Grimme in der nordischen Sprache) wird auf eine solche Weiße hier beschrieben, daß man leicht den H a g e n e des Epos in ihm erkennt: schwarzes Haar, straff und etwas kraus, länglichtes Gesicht, starke Nase, breite Augenbraunen, schwarzer Bart, die Haut braun gefärbt und fest, das Ansehen wild, das eine Auge (an dem andern war er in einem früheren Kampf erblindet) schrecklich und furchtbar anzusehen, der Kör95

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per colossal, in seiner Rüstung Ehrfurcht gebietend, kräftig, in jeder Leibesübung gewandt, im Zweykampf und in der Schlacht gleich wakker, dabey klug, vorsichtig, verschlossen, düster, zornig, in allem was er begann, entschlossen, einfach, streng und ernst, sein Schild silbern mit rothem Adler. Alle vier Helden vom Rheine ziehen gleichfalls nach Ve r o n a zu D i e t e r i c h s Hoflager hin, und so hat sich denn nun mit ihnen der Zodiacus um den Berner her geschlossen; die zwölf Kämpen, die sich zu ihm gesammelt, bilden gleichsam so viele Sternbilder des Heroisms und der Tapferkeit, durch die H e r a c l e s wie die Sonne auf ihren Bahnen wandelt. Neben dem gleichzeitigen b r i t a n i s c h e n Kreise A r t u r s und der Tafelrunde, steht hier ein anderer rein G o t h i s c h e r , der später erst den folgenden F r ä n k i s c h e n von C a r l dem Großen und seinen Paladins trägt, während er selbst wieder dem O t h i n und den zwölf nordischen Göttern; den zwölf Athleten und Bereserkern der nordischen Könige, C h r i s t u s und seinen zwölf Aposteln; den zwölf Göttern (Consentes) der Römer und Griechen, und endlich ganz zu unterst dem uralten Naturmythus der Sonne mit ihren zwölf Häusern aufgesetzt erscheint. Und es suchen die Helden einen würdigen Gegenstand, an dem sie ihre Kraft üben mögen. Da erzählt der vielerfahrne H e r b r a n d ihnen vom König I s u n g aus B e r t a n g a l a n d * ) und seinen ihm gleichen eilf Söhnen sammt S i g u r d s w e n , wie besser noch ihre Schwerdter, stärker noch ihre Rosse als die Eigenen seyen, und sie selbst noch heldenmüthiger als D i e t e r i c h s Schaar. Dieser beschließt den Zug, um mit ihnen sich zu messen, und nachdem V i d g a den Riesen E t g e i r geschlagen, der den Wald an der Gränze hüthet, wird I s u n g von den Helden zum Kampf gefodert, und es wird gestritten Mann gegen Mann wie zu Worms im Rosengarten, nur daß die Berner meist unglücklich kämpfen, und H i l d e b r a n d , H e i m e r , H o g n e , S i n t r a m , G ü n t h e r gebunden werden, bis sie D e t l e f und V i d g a glücklicher durch ihren Sieg wieder in Freyheit setzen. Zuletzt kämpft D i e t e r i c h mit S i e g f r i e d , und nur das Schwerd Nagelring verschaft ihm nach dreymal wiederholtem Streite endlich den Sieg, und S i g u r d folgt als Waffengenoß dem Sieger. Es kehren die Helden nun jeder in sein eigen Land zurück, S i g u r d

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*) Angeln ohne Zweifel zwischen S a c h s e n und J ü t l a n d um Schleßwig her, Altengelland genannt, weil von dort aus um dieselbe Zeit (455) die Angelsachsen ihren bekannten Zug nach Britannien unternommen, der eben Stoff zu den Gedichten über die Tafelrunde hergegeben. 96

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verbindet sich mit C h r i m h i l d i s im N i f l u n g a l a n d , er freyt G ü n t h e r dann die B r y n h i l d i s , wobey der Kampf zwischen dieser Löwenjungfrau und ihm, wie sie die Nibelungen erzählen fehlt, wohl aber die Szene in der Hochzeitnacht sich findet. Weiter folgt eine Episode über die Feindschaft zweyer Grafen mit S a l o m o n König von F r a n k e n und dem Wildschaden im Wa l s l u n g a w a l d , den sie wechselseitig einander zufügen, eine Erzählung, die gleichfalls wieder einen eigenthümlichen Character ferner Zeiten trägt. Die Darstellung der Intriguen des S i f k a folgt weiterhin, und seiner Rachsucht, die den König E r m e n r e k von Rom verleitet, daß er seine eigenen Söhne hinopfert; seine Neffen, die beyden Söhne des O r l u n g a t r o s t , die unter V i d g a ’ s Hut stehen, ermorden läßt, woraus sich, verglichen das hier Beygebrachte mit dem, was die Einleitung des Heldenbuches skizirt, ergiebt, daß V i d g a der treue E c k a r d , in der Folge Hüter des Venusberges ist, S i f k a aber dort der getreue S i b i c h , und Tr e l i n b u r g am Ufer des Rheines, V i d g a s Wohnung und der H a r l i n g e im E l s a ß unweit B r e y s a c h gesucht werden muß. Endlich überzieht E r m e n r e k auch D i e t e r i c h e n mit Krieg, und vertreibt ihn aus seinem Königreiche. Dieser sucht Schutz im H u n n e n l a n d bey A t t i l a , und schlägt mit mehreren seiner Helden während dreißig Jahren seine Kriege mit gegen O s a n t r i x in W i l k i n a l a n d , gegen die Riesen und alle Feinde A t t i l a ’ s . Ein Versuch sein Königreich mit Hülfe der H u n n e n wieder zu gewinnen, mislingt, und A t t i l a ’ s beyde Söhne werden in der Schlacht mit E r m e n r e c k getödtet; E r k a , A t t i l a ’ s Gattin stirbt, und nun beginnt die N i f l u n g a s a g a fortschreitend in der Fabel, wie das teutsche Epos, und im letzten Theile wie die nordischen Lioths über diesen Gegenstand: G ü n t h e r in Ve r n i e i a statt Worms; der Streit der beyden Weiber, S i g u r d s Tod an der Quelle, A t t i l a ’ s Werbung um die Wittwe, die Einladung der burgundischen Helden nach Hunnenland, ihre Reise zunächst bis dahin, wo R h e i n und D u n a (Donau) zusammenkommen,*) die wahrsagenden *) „Die Niflungen fahren nun alle ihren Weg, bis sie dahin kommen, wo der Rheinstrom und die Donau sich verbinden, und es war sehr breit dort, aber sie fanden keine Schiffe für sich.“ Diese merkwürdige Stelle scheint darauf hinzudeuten, daß diese Gedichte ihren ersten Ursprung in jener alten Zeit gehabt haben mögen, wo man noch glaubte der I s t e r , R h e n o s , E r i d a n o s und R h o d a n o s seyen mit einander verbunden, und bildeten nur einen Strom, der ganz E u r o p a der Länge nach durchschnitt. 97

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Meerweiber, der Margraf R o d i n g e r , das Gemetzel, alles hier wie dort nur hin und wieder etwas abweichend erzählt; der Tod G ü n t h e r s im Kerker, H o g e n e durch D i e t e r i c h gefangen, aber erst nach einigen Tagen sterbend, nachdem er vorher einen Sohn A l d r i a n erzeugt, der in der Folge den Tod seines Vaters an A t t i l a dadurch rächt, daß er den Habsüchtigen in den Berg bey den Nibelungenhort einsperrt, und ihn dort umkommen läßt. Den Schluß macht endlich D i e t e r i c h s Rückkehr in sein Reich nach E r m e n r i c k s Tode, und seine Bekehrung zum Christenthum.

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An den Ufern des Mayns. Im Sommer 1806. 5

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Hier wo um weinbegränzte Hügel Der Strom sich schlingt, Sanft gleitend wie des Schwanes Flügel Erfrischend durch die Wiesen dringt, Des Schiffleins stille Bahn gezogen, Auf Schlangen gleich gewundnen Wogen Sich um die Berge schwingt. Hier wo im fruchtbegabten Thale Der Rebe Kraft, Genährt vom starken Sonnenstrahle, So goldnen Weines Trank erschafft, Der einst die Enkel noch erheitert, Zu Liedern ihre Brust erweitert, Den Muth der Sorg’ entrafft. Wo froh gesinnt die deutschen Franken, Voll Kraft und Lust, Am schwachen Trübsinn nie erkranken Fröhlich des freien Muths bewußt; Wie einzle Blumen auf den Fluren Zeigend der alten Sitte Spuren Der alten deutschen Lust.

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Hier rührten muthig linde Lieder Mir an das Herz, Die alten Ströme brachen wieder Hervor, und es verschwand der Schmerz. Was sanft im Lied ergossen weinet, Starrt schweigend innen sonst versteinet Wie kaltes grauses Erz. Doch gleitend auf des Liedes Wellen Wird alles mild, Oft spiegelt sich in diesen Quellen Die Sonne und der Sterne Bild; Fort wie des Lebens Schiff gezogen Ist auch des Unglücks Sturm entflogen Und keine Zeit mehr wild. Wohl muß ein ew’ger Frühling grünen Dem seel’gen Mann, Der seines Herzens nur erkühnen Und sich dem Freund verbünden kann. Euch Wellen grüß ich drum des Mayns, Gar oft gedenkend des Vereins, Der schöner dort begann. Friedrich Schlegel.

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Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland. (Der Verfasser bittet, diese Verse nicht für Hexameter und Pentameter zu halten.) Genua seh ich im Geist, so oft die unendlichen Wellen Halten den Himmel im Arm, halten die taumelnde Welt; Seh ich die klingenden Höhlen des nordischen Mohren-Basaltes, Seh ich die Erde gestützt auf den Armen der Höll; Dann, dann sehne ich mich in deine schimmernde Arme, Weisser Cararischer Stein, kühlend die schwühlige Luft, 100

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Denk ich der Treppen und Hallen von schreienden Menschen durchlaufen, Keiner staunet euch an, jedem seyd ihr vertraut. Fingal! Fingal! klinget so hell, mir wird doch so trübe, Frierend wähn ich mich alt, Jugend verlorene Zeit! Dreht sich die Achse der Welt? Wie führt mich Petrarca zu Fingal, War es doch gestern, ich mein, daß ich nach Genua kam. Ja dort sah ich zuerst das Meer, des nunmehr mir grauet, Weil es vom Vaterland mich, von den Freunden mich trennt. Damals von der Bochetta herab in des Frühroths Gewühle, Lag noch die Hoffnung darauf, weichlich im schwebenden Bett, Nicht am Anker gelehnt, nein sorgenlos schlummernd sie dreht sich, Daß die Schifflein so weiß, flogen wie Federn davon; Lässig band sich vor mir die Göttin das goldene Strumpfband, Zweifelnd daß frühe so hoch steige der lüsterne Mensch. Und so stehend und ziehend am Strumpfe sie bebte und schwebte Wie ein Flämmelein hin über die spiegelnde Welt. Fiametta! ich rief, mir schaudert, sie faßte mich selber, Ja ein Mädchen mich faßt, lächelnd ins Auge mir sieht. Hier! hier! sagt sie und peitschte den buntgeputschelten Esel, Daß aus dem ledernen Sack, schwitzte der röthliche Wein: Lieber, was willst du? sie fragt, du riefest mich eben bey Namen: Wenn sie nicht Blicke versteht, Worte die weiß ich noch nicht. Der Beschämung sich freuend sie strich mir die triefenden Haare, Thau und Mühe zugleich hatten die Stirne umhüllt. Wie ein Bursche der Schweiz ich schien ihr nieder zu wandeln, Um zu suchen mein Glück und sie wollte mir wohl, Als sie den Stein erblicket, den sorglich in zärtlicher Liebe Auf den Händen ich trug, daß der Anbruch nicht leid, Ey da lachte sie laut und riß mir den Stein aus den Händen, Warf ihn über den Weg, daß er zum Meer hinroll, Und dann spielte sie Ball sich freuend meiner Verwirrung Mit der Granate die schnell kehrte zu ihr aus der Luft. Nicht der schrecklichen eine, die rings viel Häuser zerschmettert, Doch die feurige Frucht, mystisch als Apfel bekannt. Sie verstand mich doch wohl? O Einverständniß der Völker, Das aus Babylons Bau blieb der zerstreuten Welt, Suchte doch jeder den Sack beym brennenden Thurme und fragte,

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Also blieb auch dies Wort, Sack den Sprachen gesammt, Also auch Zeichen der Lieb’ im Blick, in guter Geberde, Scheidend sie winkten sich noch, fernhin trieb sie die Macht. – Folgend dem trabenden Esel, sie blickte sich um so gelenkig, Die Granate entfiel und ich grif sie geschickt. Kühle vielliebliche Frucht, einst Göttern und Menschen verderblich, Wohl du fielest auch mir, zaudr’ ich, wo ich gehofft? Doch ich zögerte noch, gedenkend an Helena traurend, An Proserpina dann, beyde erschienen mir eins Mit der Eva, da wollt ich sie stille verscharren der Zukunft, Daß nur das Heute was mein, bleibe vom Frevel befreyt, Daß ich dem Zufall vermach zu treiben die Kerne in Aeste, Daß ich dem Zufall befehl, daß er die Blüthe verweht; Aber ich mocht nicht wühlen im Boden voll zierlicher Kräuter, Jegliches Moos noch zart, drängte sich üppig zum Tag. Zweiflend ging ich so hin, nicht sehend stand ich am Meere, Fern mich weckte ihr Ruf, daß ich nicht stürze hinein: Nein zu seicht ist die Küste, sie würde nicht bergen das Uebel, Nur die Tiefe des Meers birgt ein unendlich Geschick. Also kam ich zum Meer und sahe die Fischer am Fischzug Springend durch kommende Well, ziehend ein bräunliches Netz, Roth die Mützen erschienen wie Kämme von tauchenden Hähnen, Bräunliche Mäntler umher, schrieen als jagten sie die. Andere stießen halbnackt ins Meer die schwarze Feluke, Trugen die Leute hinein, die zur Fahrt schon bereit. Auch mich trugen sie hin, ich dacht nur des Apfels des Bösen Und des unendlichen Meers, das mich zum erstenmal trug, Wie sie enthoben das Schiff begann in dem Schwanken und Schweben, Daß mir das Herz in der Brust recht wie von Heimweh zerfloß, Durch die fließenden Felsen erscholl ein liebliches Singen, Und ich verstopfte das Ohr, bin vor Sirenen gewarnt. Bald belehrte ich mich, es sang ein Weib in dem Kahne, Das im Mantel gehüllt deckte vier Knaben zugleich, Wechselnd die Händ bewegt sie wie Flügel der Windmühl Und als Zigeunerin singt, wie sie Maria begrüst. Sagt die Geschicke ihr wahr des heiligen Kinds, das sie anblickt, Wie es im Krippelein lag, Oechslein und Eslein es sah’n, Sahn wie der himmlische Stern wie Hirten und heilige König,

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Alles das sah sie sogleich an den Augen des Herrn, Auch das bittere Leiden, den Tod des Weltenerlösers; Hebt er den Stein von der Gruft, von der Erde den Leib. Alles Verderben mir schwand, ich sahe das Böse versöhnet, Statt zur Tiefe des Meers, warf ich den Kindern die Frucht: Engel versöhnt ihr das Herz, daß tief arbeitende Böse, O so versöhnt auch die Frucht und vernichtet sie so! Dankend die Mutter sie nahm, hellsingend sie öffnet die Schale, Nahm mit der Nadel heraus jeglichen einzelnen Kern; Wie im Neste die Vöglein, also im Mantel die Kindlein Sperren die Schnäblein schon auf, eh ihr Futter noch da. Also sie warten der Kerne mit offenem Munde zur Mutter, Und die Mutter vertheilt gleich die kühlende Frucht. Wälze dich schäumendes Meer, ich habe die Frucht dir entzogen, Nichts vermagst du allhier, schaue die Engel bey mir, Stürze die Wellen auf Wellen, erheb dich höher und höher, Du erreichst uns nicht, höher treibst du uns nur, Schon vorbey dem brandenden Leuchtthurm schützt uns George, Der im sicheren Port zähmet den Drachen sogleich. Wie von Neugier ergriffen, so heben sich übereinander Grüßend der Strassen so viel, drüber hebt sich Gebirg, Höher noch Heldengebirg, da wachet der Festungen Reihe, Schützet uns gegen den Nord und wir schweben im Süd. Ey wie ists, ich glaubte zu schauen und werde beschauet, Amphitheater erscheint, hier die Erde gesammt: Spiel ich ein Schauspiel euch ihr bunten Türken und Mohren, Daß ihr so laufet und schreit an dem Circus umher? Kommen von Troja wir heim, am Ufer die Frauen und Kinder, Kennen den Vater nicht mehr, freuen sich seiner denn doch? Also befreundet ich wandle auf schwankendem Boden und zweifle, Aber sie kennen mich bald, bald erkenne ich sie. Fingal! Fingal! riefs schon, muß ich erwachen in Schottland, Bin ich noch immer kein Held, bin ich noch immer im Traum? Muß ich kehren zur Erdhütt, keinen der Schnarcher versteh ich, Muß mir schlachten ein Lamm, rösten das lebende Stück, Mehl von Haber so rauch mir backen zum Brodte im Pfännchen Und des wilden Getränks nehmen vieltüchtige Schluck: Wandrer Mond du schreitest die stumpfen Berge hinunter,

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Nimmer du brauchest ein Haus, dich zu stärken mit Wein, Alle die Wolken sie tränken dich froh mit schimmernden Säften, Ja dein Ueberfluß fällt, thauend zur Erde herab. Nimmer du achtest der gleichenden Berge und Gräser und Seen Denn im wechselnden Schein, du dich selber erfreust; Siehe mein Leiden o Mond durch deine gerundete Scheibe, Schmutzig ist Speise und Trank, was ich mir wünsche das fehlt.

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Ludwig Achim von Arnim. Jenes in der Reisebeschreibung erwähnte Volkslied von der Zigeunerin, schickte der Reisende seinem Freunde Clemens Brentano, der die Gefälligkeit hatte, es für uns zu übersetzen, gegen dies heilige Lied wird freylich die profane Stimmung der Elegie verschwinden; wir sind Einsiedler und keine Geistliche, und müssen beydes verstehen.

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Ich habe geglaubt, den Einsiedlern eine fromme Freude zu machen, wenn ich ihnen die Uebersetzung des schönen italienischen Volkslieds, la Zingara, mit der Abbildung einiger der ältesten und kindlichsten Kunstwerke begleite, welche die Geburt unsres Heilands fromm und ohne Fremdes darstellen. Das oberste und unterste Basrelief, die Anbetung der Weisen aus Morgenland und der Hirten vorstellend, sind später entstanden, wie aus ihrer größern Gebildetheit hervorgeht. Sie sind beyde Basreliefs altchristlicher Särge, und in der Roma Sotteranea Cap. XXII. 615 und 617 abgebildet. Die Gemme zwischen beyden aber ist ein Basrelief von der Größe des beygefügten kleineren Eirunds, von der Art, welche pasta antica genannt wird, sie war um das Jahr 1740 im Museum des Ritter Franzesko Vettori in Rom, wie wir es allein aus der Ausgabe des Sannazar del parto della Vergine von Ant. Fran. Gori, Florenz 1740 wissen, die uns diese Abbildungen an die Hand gegeben. Gori handelt dort mit einer sehr rührenden frommen und gelehrten Umständlichkeit weitläufig über solche Denkmale ab, und kehrt immer wieder mit der größten Liebe und Verehrung zu der Einfalt dieser Gemme zurück, der er vor allen damals bekannten Kunstwerken dieser Art, das höchste Alter zugesteht. Nirgends scheint ihm die große Armuth in der Herablassung unsers Heilands zu seinen Geschöpfen treuer, und von frömmerer nur an Glauben reicher Kunst gebildet. In den beyden andern Abbildungen ist sein Häuptlein bedeckt und sein 104

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Lager zubereitet, hier liegt er ohne Stroh sogar, mehr auf einer Bank als in einer Krippe, und sein Kopf ruht auf dem Kreuz seiner Glorie, als habe der Künstler die Worte des Evangelisten Matth. 8, 20 vor Augen gehabt: die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, der Sohn aber des Menschen hat nicht, wo er sein Haupt hinlege. – Nirgends auch fand er nach Vergleichung aller vorhandenen Denkmahle dieses Inhalts die Worte des heiligen Lukas von dem Künstler also treu wie hier dargestellt. Cap. 2, 6. Geschehen ist aber, als sie dort waren, daß die Tage erfüllt sind, daß sie gebähre, und sie hat gebohren den Sohn ihren Erstgebohrnen, und in Tücher ihn eingewickelt, und gelegt ihn in die Krippe, weil nicht war ihnen ein Platz in der Herberge. Das Kind blickte gen Himmel nach den Worten Joh. 6, 38. Weil ich herabgestiegen bin von dem Himmel, nicht daß ich thue meinen Willen, sondern den Willen dessen, der mich gesendet hat. Weiter sieht Gori in der Art des geringen Bettleins ohne alle Betten und ohne Lehne, welches doch übrigens (das Entbehren der Lehne ausgenommen) ganz den Lagern der von Christus geheilten Kranken in den alten Monumenten, ähnlich sey, die Absicht des Künstlers darzustellen, wie die Jungfrau durch Gottes Wunder ohne menschliche Noth und Hülfe gebohren habe, was er auch in ihrem heitern Aussehn, ihrem aufrechten Sitzen und dadurch, daß sie nur bis an die Hüfte eingewickelt ist, habe treulich abbilden wollen. Aehnliche Einwicklung der Füße und Lenden hat er doch nirgends in alten Darstellungen der Gottesgebährerin, und selbst nicht in irgend einer antiken Abbildung von Gebährenden auffinden können, und hält darum dieses Kunstwerk um so älter und wahrscheinlich ägyptischen Ursprungs, da dort besonders die Sitte dieser Einhüllungen gebräuchlich war, wie aus Mumien und manchen ihrer Kunstwerke erleuchtet. Joseph aber sitzt zur Rechten, bey den Alten, die geringere Stelle auf einem schlechten viereckichten Schemel, solcher Art von geringen Leuten gebraucht, (Valerio Chimentelli de honore bisellii cap. 24 p. 118) er ist mit dem Pallium und der tunica longa nach Art der ersten Christen bekleidet (Giovanni Lami de re vestiaria Christiani primitivi, in dem Werk De eruditione Apostolorum cap. IV, p. 57). Sein Erstaunen und Nachsinnen ist gar angenehm in seinem auf die linke Hand gestützten Kopf ausgedrückt, wie seine Demuth und Verehrung des geheiligten Ortes in seinen entblösten Füßen. Der geleitende Morgenstern der drey Weisen, steht über dem Kinde und der Mutter, über Joseph steht der Mond, die mitternächtliche Zeit bezeichnend, nicht 105

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voll, deutet er die Finsterniß jüdischer Zeit, welche der Herr erhellte. Ochs und Esel aber sind da nach den Worten Jesaias 1, 3: Es hat erkannt der Ochs seinen Besitzer, und der Esel die Krippe seines Herrn, Israel aber hat mich nicht erkannt, und mein Volk mich nicht verstanden.

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Die Zigeunerin. Liebe Frau, daß Gott dich segne, Und daß dir sein Glück begegne! Sey willkommen altes Männlein! Da mit deinem schönen Kindlein!

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Mutter. Gar willkomm auf unserm Pfade, Schwester mein, daß Gott dir gnade, Deiner Schuld Verzeihung sende, Der barmherzig ist ohn Ende.

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Zigeunerin. Pilger, ihr müßt wohl gar müd sein, Und ich glaub, ihr armen Leutlein Mögt ein Obdach gern erreichen, Die lieb Frau auch gern absteigen.

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Mutter. Ihr, wer seyd ihr, Schwester meine? Ihr seyd höflich ungemeine, Ihr seyd recht erfüllt mit Güten, Mir die Hülfe anzubieten.

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Zigeunerin. Ich bin ein Zigeunerweiblein, Und wenn gleich ein armes Schelmlein, Lad ich euch zu meiner Hütte, Nehmt’s vor Liebe an, ich bitte. 106

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Immer sey gedankt, gelobet Gott der Herr im Himmel droben, Deine freundlich lieben Reden Trösteten mein Herz in Nöthen. Zigeunerin.

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Schnell, steig ab, o meine Fraue! Eine Göttin ich dich schaue, Ich die Creatur mit Bangen Fühl dies Herz mit Lieb umfangen! Mutter.

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Wir von Nazareth herkommen, Fanden nirgends Unterkommen, Müd vom Weg und ohn Bekannte, Sind wir nun im fremden Lande. Zigeunerin.

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Ich hab einen kleinen Stall hier, Da kann stehen euer Saumthier, Heu und Stroh will ich drin streuen, Daß wir all uns drin erfreuen. Liebe Frau, ist’s nicht nach Würden, So verzeiht, wie mag bewirthen Eine Königin ich Arme, Ach daß Gott sich mein erbarme!

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Und du Alterchen sitz nieder, Kamst zu Fuß, hast müde Glieder, Schöne Tochter ohn Verweilen Machtet ihr dreyhundert Meilen.

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Eine Königin der Gnaden Bist du, wie’s mein Herz errathen, Dieser ist dein Ehherr, denk ich, Ei wie ist er gut und freundlich! Und gefällt dir’s, liebe Fraue, Daß ich in die Hand dir schaue, Wenn gleich arm und zu beklagen, Will ich dir dein Glück wahrsagen. Doch was ich werd sagen müssen, Wirst du all schon besser wissen, Denn es läßt dein schönes Wesen, Eine große Weißheit lesen. Thöricht werd ich noch vor Freude, Glücklich war mein Ausgang heute, Du bist, ich kann’s unterscheiden, Auserwählt von Ewigkeiten. Du warst stets die Gott geliebte, Reine, keusche, ungetrübte, Du bist Mutter von dem Sohne Dessen Vater himmlisch wohnet.

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Gott zum Boten dir bestellte Gabriel, den Glanz umhellte, Dir im Kämmerlein verschlossen, Hat die Botschaft sich ergossen. Wustest, daß und wie der Willen Gottes, sich ins Fleisch zu hüllen, O was Trost ist aufgegangen, Weib in deinem Gottempfangen. Gnadenvoll bist du gewesen, Himmelskönigin erlesen, Als er sprach mit Worten süße, Ave Maria, Gott dich grüße! 108

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Und als er dich so gegrüßet, Angst dein reines Herz durchfließet, Deine Frucht sey benedeiet, Die die Welt erlößt, befreyet. 5

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Und von Demuth ganz erfüllet, Mir gescheh, wie Gott gewillet Mir der Magd des Herrn, es komme, Der Erlöser, sprachst du fromme. Aber Joseph dort der gute Dachte nach in trübem Muthe, Und ob deines Leibes Segen Thät sein Herz viel Sorgen hegen. Doch vom Engel unterrichtet, Ward mit Trost er aufgerichtet, Und dich Schöne Gottbegehrte Höher er fortan verehrte. Und als nun die Zeit gekommen, Hast du Joseph mitgenommen, Um nach Bethlehem zu gehen, Mußtest viele Noth ausstehen. Konntest nirgend Obdach finden, Deiner Frucht dich zu entbinden, Ach du mußtest, Weib der Ehren, Einsam unterwegs gebähren.

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O welch arm elende Stätte, Ohne Feuer, ohne Bette, In dem Stall, du Gottbeschwerte, Unter dir die harte Erde. In der heilgen Weihnacht Thaue, Da gebahrst du o lieb Fraue, Diesen schönen Gottesknaben, Hirten ihn verehret haben. 109

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Betetest ihn Lieb erfüllet An, ins Schleyerlein gehüllet Legtest du dein schönes Knäblein, Zwischen’s Oechslein und das Es’lein. In der Krippe statt der Wiege, Schöne Frau dein Kindlein lieget, So gebahrst du Gott hienieden, Krieg nahm er und gab den Frieden. Solcher Glanz die Nacht entzückte, Daß die Welt erstaunend blickte, Alle Hirten sangen Lieder, Der Erlöser kam hernieder. Und der Engel Melodeyen, Konnten alle Welt erfreuen, O du Nacht der Seeligkeiten Ganz voll Licht und Himmelsfreuden. Hirten kamen ihn zu ehren, Gaben groß ihm zu bescheren, Ihr Geschrey drang zu den Ohren, Der Messias ist gebohren.

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Und weil ihr so mild und huldreich Zeigt mir auch, lieb Frau, ich bitt euch, Zeigt, mir armen, euer Kindlein, Den Erlöser in den Windlein. [72]

Mutter. Schwester, blick zum Heilandskinde, Zum Erlöser aller Sünde, Ach schau wohl, in seinen Blicken Paradisisches Entzücken.

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Ach du lieb Frau Kaiserinne, Bin nur eine Sünderinne, Doch wem kann geliebter seyn Dies mein liebes Jesulein. Ach mein Weg war wohl gesegnet, Daß ich euch allhier begegnet, Drum schlug mir mein Herz voll Bangen, Da ich hier herausgegangen.

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Doch weil es der Himmel wollte, Daß ich dir wahrsagen sollte, Ich dir mit betrübter Seele, Des Erlösers Leid erzähle. Schöne Mutter voller Güte, Dultsam bist du im Gemüthe, Deine Aeuglein nur bereite, Weinen soll’n wir alle beyde. Jesus beten wird im Garten, Gottes Stärkungskelch erwarten, Blut’ger Angstschweiß wird ihn decken, Ach mein Herz erbebt vor Schrecken. Dann kömmt Judas hergegangen, Küßt verrathend seine Wangen Und um dreysig Silberlinge Wird verkauft der Herr geringe. An die Säule fest gebunden Und geschlagen voller Wunden Und gekrönet, ich ihn schaue, Ach mit Dornen, liebe Fraue.

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Zeitung für Einsiedler

Von des Kreuzes Last gebeuget, Traurig er zum Berge steiget, Und erschöpfet und entkräftet Wird er an das Kreuz geheftet. Liebe Frau, nach seinem Ende Wird er in das Grab gesenket, Und nach dreyen Tagen wieder Hebt er lebend auf die Glieder.

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Und zwölf Jahr nach diesem Tage, Liebe Frau, wie ich euch sage, Kehrt er sich zum andern Leben, Wird zum Himmel dich erheben. Dann o Mutter voller Leiden, Wirst du für uns Sünder streiten, Weil du kamst zu solchen Ehren Um die Schlange zu zerstören.

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Liebe Frau, nun will ich schweigen, Euch nicht länger niederbeugen. Gebt, daß ich nach meinem Ende Wieder schau in eure Hände. Clemens Brentano. (Hiebey ein Kupfer.)

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1808.

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30. April.

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Zeitung für Einsiedler. April-Heft 1808.

Mit drey Kupfertafeln.

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Heidelberg bey Mohr und Zimmer. 114

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April-Umschlag

Ankündigung. Der Rheinische Bote, 1–4 Stück. Heidelberg in der Expedition des Rheinischen Boten.

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In unsrer Einsiedeley ist wöchentlich dieser freundliche Bote angekommen, wir danken ihm hier öffentlich für sein zeitfreyes redliches Bemühen, und für die gute Unterhaltung, wir wünschen ihm Glück auf den Weg und allgemeine Beherzigung seiner wohlwollenden Gesinnung. Sehr rührend war uns der Anfang über die Ehre, welche den Todten gebührt, ein Wort zur rechten Zeit, denn unsre Erinnerung ist voll von Greueln der Art, wie sie da erzählt werden; nur Völker, die sich selbst nicht achten, können verächtlich mit den Gebeinen ihrer Vorältern verfahren, wie herrlich vertheidigt der Rheinische Bote die Ehre seines Volkes durch die öffentliche Rüge solcher Vernachlässigungen. Ehre sey auch den literarischen Verstorbenen, der abgebrochenen Badischen Wochenschrift, als deren Fortsetzung der Rheinische Bote sich ankündigt, sie wurde aus Mangel an Absatz geschlossen. Bey Zeitschriften bestimmt diesen oft Titel, berühmte Namen, vor allem literarische Klatscherey, die Badische Wochenschrift dachte zu bieder für diese letztere, sie wollte nicht berühmte Namen, sondern gute Werke, der Titel schadete ihr, weil die Ausländer sie meist für ein Provinzialintelligenzblatt hielten, doch hatte sie zahlreiche Leser im Lande, und wer mag entscheiden, ob sie oder das Morgenblatt mehr gewirkt haben. Eine Zahl bedeutender Aufsätze verdiente aus dem Untergange errettet zu werden, in den sie leicht für die Nachwelt versinken könnte, besonders gar manches über ältere deutsche Geschichte. Wir finden auch hier in der schönen Erzählung von Kaiser Otto eine Fortsetzung dieser Denkmahle, während hier auch die bedeutendern politischen Ereignisse unsrer Zeit erzählt werden, Naturkunde, Ackerbau und Gewerbe werden gut bedacht. Wir wünschen, daß jedes gute Wort in den Lesern zur That werden möge. Herausgeber der Zeitung für Einsiedler. Diese Zeitung erhält man für den vierteljährigen geringen Preis von 40 Kreutzern.

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II

Zeitung für Einsiedler

Neue Verlagsbücher von Mohr und Zimmer in Heidelberg Jubilate-Messe. 1808.

[III]

Boeckh, A. Specimen editionis Timaei Platonis Dialogi. 4. Bote, der Rheinische. Eine Wochenschrift. 1808. 4. April bis December . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Creuzer, F. Dionysos. Pars I. Fasc. 1. 4. . . . . . . . . . . . . . . Eschenmayer, D. H. Steuer-System. 4. . . . . . . . . . . . . . . . La Fage. Acht Blätter, radirt von A. Weise. gr. Fol. . . . . . Gräter, F. D. Gedichte. 8. (erscheint auf Johannis) Pränumerations-Preis. Druckpapier . . . . . . . . . . . . . . . Schreibpapier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruner, G. A. Unterricht in der Glaubenslehre. 1te und 2te Abtheilung. 8. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hofer (Geh. Rath) Ideen zu einer leicht ausführbaren Steuer-Peräquation. 8. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jacobi, J. F. über Bildung des Religionslehrers. 8. geh. . . Jahrbücher, Heidelbergische, der gesammten Literatur. 1808. gr. 8. geh. Heft 1–6. der Jahrgang complett in 15 Heften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Jahrbücher, Heidelbergische, der Theologie, Philosophie und Pädagogik. Heft 1. d. Jahrg. in 3 Heften. . . . . . . . Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – der Jurisprudenz und Staatswissenschaften. Heft 1. d. Jahrg. in 3 Heften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – der Medicin und Naturgeschichte. Heft 1. d. Jahrg. in 3 Heften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – der Mathematik, Physik, Chemie und Kameralwissenschaften. Heft 1. der Jahrg. in 3 Heften Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . – – der Philologie, Historie, Litteratur und Kunst. Heft 1. 2. d. Jahrg. in Heften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Postvelin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kämmerer, F. Commentatio de operis novi nunciatione. 8. maj. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

– fl. 30 kr. 2 2 1 9

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April-Umschlag

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Murgthal, das, von G. Primavesi. 2tes Heft. Fol. illum. . . Richter, Jean Paul Fr., Friedenspredigt an Deutschland. 8. geheftet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Velinpapier Saalfeld, F. De quaestione illa: num principi liceat ministros publicos incognita causa dimittere, Comment. 4. . . . . . . Schlegel, F. von der Sprache und Weisheit der Indier. 8. geheftet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Velinpapier Schriftproben von Peter Hammer. 4. geheftet . . . . . . . . . Schwarz, F. W. C. Sciagraphia Dogmatices Christianae. 8. Zachariä, C. S. Handbuch des französischen Civilrechts. 2 Bde. gr. 8. (Rest 2r Band, wird vielleicht noch am Ende der Messe geliefert.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitung für Einsiedler. 1808. Nro. 1. – April bis December. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9– 2 – 30 – 4– 15 – 2 – 30 – 4– 30 – 40 –

5 – 54 – 6– 4–

Ansichten des Heidelberger Schlosses. Zwölf Blätter von G. Primavesi. Mit erklärendem Text. gr. Fol. . . . . . . . . 15 – Versuch einer französischen Sprachlehre für deutsche Kinder, die ihre Muttersprache noch nicht nach Grundsätzen gelernt haben; gr. 8 Mühlhausen. geheftet. (in Commission). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 – 15 –

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Zeitung für Einsiedler [IV]

Zeitung für Einsiedler. April-Heft 1808.

Inhalt:

1. Stück: Der freye Dichtergarten, von L. Achim von Arnim. 2. St. Kosmogonie, aus dem Indischen, von Fr. Schlegel. Der freye Dichtergarten (Beschluß.) Als Beylage zur Bewillkommung ein frommes altdeutsches Ehepaar, die Erklärung folgt künftig. 3. St. Kosmogonie, aus dem Indischen von Fr. Schlegel. Denksprüche aus einer Friedenspredigt an Deutschland, von Jean Paul Fr. Richter. Nachschrift dazu über literarischen Krieg, mit einem Kupferstiche von Faust und Mephistopheles. König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an. Von Ludwig Tieck. Einleitung. 4. St. Parabel, einer Jugendarbeit des Meisters aus der Erinnerung nacherzählt. König Rother, von Ludwig Tieck (Fortsetzung.) 5. St. Der Jäger an den Hirten, von Clemens Brentano. König Rother, von Ludwig Tieck (Beschluß.) Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen, von J. Görres. Zusatz der Herausgeber über den Plan ihrer Zeitung. 6. St. Malespini. Nacherzählt von C. B. Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. Aus dem Dänischen von Wilhelm Grimm. Warnung und Ermunterung. Von L. Achim von Arnim. 7. St. Wahrsagung von unbekannter Hand. Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Als Beylagen dazu: Entstehung der Indischen Poesie, übersetzt von Fr. Schlegel. Entstehung der neupersischen Poesie, von Fr. Wilken. Entstehung der heiligen Poesie, von Haman. Entstehung der Verlagspoesie. 8. St. Heimweh des Schweizers, von J. C. Nänny. Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen, von J. Görres. (Fortsetzung.) Zusatz der Herausgeber über den Plan der Zeitung. 118

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9. St.

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An den Ufern des Mayns, von Fr. Schlegel Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland, von L. Achim von Arnim. Beschreibung einiger christlicher Basrelieffe und einer Gemme, von Clemens Brentano. Uebersetzung des italiänischen Volksliedes la Zingara, von Clemens Brentano. Hiebey ein Kupfer.

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Zeitung für Einsiedler

Zeitung für Einsiedler. 1808. [73]

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4. Mai.

Gegrüßet seyst du Waldgebäu, Ihr hochbelaubten Eichen, O Mägdlein setz dich nebenbey, Thu mir den Becher reichen. Und den vielgoldnen Sonnenglanz Laß in den Becher schauen, Und flicht mir einen Blumenkranz Und wolle mir vertrauen.

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Und weil die Sonne heißer scheint, Komm in die tiefen Lauben, Allwo die wilde Rebe weint, Da lachen die Turteltauben. Sie bringt den Wein in Bechersglanz, Aus Veilchen und Narcissen Reicht sie ihm einen süßen Kranz In Waldes Finsternissen.

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Uhrmacher B o g s S. 31 (1807. Heidelberg bey M o h r und Z i m m e r . ) ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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1808.

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4. Mai.

Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung.)

5. Entstehung der deutschen Poesie. 5

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Zu lang, zu lang schon ist Die Ehre der Himmlischen unsichtbar, Denn fast die Finger müssen sie Uns führen und schmählig Entreißt das Herz uns eine Gewalt, Denn Opfer will der Himmlischen jedes. Wenn aber eins versäumt wird, Nie hat es Gutes gebracht. Wir haben gedient der Mutter Erde Und haben jüngst dem Sonnenlichte gedient Unwissend, der Vater aber liebt, Der über allen waltet, Am meisten, daß gepfleget werde Der feste Buchstab und Bestehendes gut Gedeutet. Dem folgt deutscher Gesang. Hölderlin.

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6. Entstehung der deutschen Wissenschaft.

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Gewiß ist der Satz, daß die heilige Sage des Alterthums ein großes ungesondertes Ganze enthielt und enthalten mußte, das in seinem Schooße unzählbare Elemente barg, deren Totalität sich nicht in den Kunstbau E i n e r g e s o n d e r t e n Wissenschaft einschließen lassen, wenn auch je zuweilen eine Form des Mythos zu diesem Versuche anlocken mag. Der alte Fabelfluß Aegyptens strömt auch lang in Einem Bette. Ist darum seine Quelle eine Einzige? Und ist seine mythische Verbindung mit dem allgemeinen dunklen Weltstrom nicht das 121

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Zeitung für Einsiedler

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natürliche Bild von dem Mythos selber? Selbst darin noch anwendbar, daß d i e s e r , wie der Nil, am Ausfluß in vielfach getheilter Richtung sich in das Meer der Wissenschaft ergießet. In der Wissenschaft stehe der Bilderkreis der Vorwelt still und groß wie in der Umschließung Eines Tempels. In dem Hintergrunde würdiger Gedanken ordne sich das Einzelne, ein jedes an seiner Stelle und über dem Ganzen schließe sich, wie die Kuppel unter dem Gewölbe des Himmels, die Vielheit der Ansichten in der Einheit einer heiligen Betrachtung. – Das sagt Creutzer in den glücklich begonnenen Heidelberger Jahrbüchern. – Und der ist wahr und sagt wahr! Sprach leise der Alte in seiner Ecke. – Frau Wirthin, einen Schoppen Wein, wir müssen seine Gesundheit trinken; auch Heidelberg soll leben, denn es muß da ein gutes Leben seyn, freye, ernst und eifrig. – Gott segne die Studien!

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(Die Fortsetzung künftig.) 15

Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix und von dem traurigen Tode seines Kindes Gaston. Geschrieben um das Jahr 1389 – 91.

I. Von einem starken Mann.

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Zur Zeit, als ich meinen Weg zu dem Grafen von Foix nahm, kam ich in die gute und schöne Stadt Paumiers, und hier verweilte ich, um Gesellschaft zu finden, die nach dem Lande Bearn gehe. Da fand ich in diesen Tagen durch Zufall einen Edelmann des Grafen von Foix, der aus Avignon zurück kam, man nannte ihn Messire Espaing du Lion, er war ein tapfrer Mann, ein kluger und schöner Ritter, und konnte er damals in dem Alter von fünfzig Jahren seyn. Ich begab mich in seine Gesellschaft, und waren wir sechs Tage unterwegs, bis wir nach Ortais zu dem Grafen kamen. Indem wir so durchs Land ritten, wenn der genannte Edelmann sein Morgengebet vollendet hatte, vergnügte er sich den größten Theil des Tages damit, sich allerley 122

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4. Mai.

Neuigkeiten aus Frankreich von mir erzählen zu lassen, und antwortete er mir auch sehr ausführlich, wenn ich ihn um dieses oder jenes fragte. Nachdem er mir alles, was merkwürdiges hie und da vorgefallen, so wie wir an den Orten vorbey ritten, erzählt hatte, und auch von dem Kampf, den Bourg d’Espagne, ein sehr starker Mann und Waffenbruder des Grafen Gaston gegen die vom Schloß Lourde gestritten, kamen wir auf die Stelle, wo in dieser Fehde zwey Anführer der Mangant de Lourde und Ernaulton Bisecte sich einander erschlagen hatten, und war allda ein Kreuz von Stein zum Gedächtniß der Schlacht errichtet. Seht, das ist das Kreuz, sprach Messire Espaing du Lion, und somit stiegen wir ab, und beteten jeder ein Paternoster und ein Ave für die Seelen der hier Erschlagenen. Bey meiner Treue, sprach ich, als wir weiter ritten, ich habe euch sehr gern reden hören, aber heilige Maria, der Bourg d’Espaigne ist er ein so starker Mann, wie ihr mir gesagt? Bey meiner Treu sprach er, ja, denn in ganz Gascognien mag man wohl seines Gleichens nicht finden an Stärke der Glieder, und darum hält ihn der Graf von Foix als seinen Gesellen. Und es sind nicht drey Jahr, daß ich ihn ein schön Stückchen habe treiben sehen, das ich euch erzählen will. Es traf sich, daß auf einen Weihnachtstag der Graf von Foix sein großes und reiches Fest mit Rittern und Herrn hielt, wie er es in der Gewohnheit hat, und an diesem Tag war es sehr kalt. Der Graf hatte in seinem Saale gegessen, und mit ihm eine große Menge von Herrn; nach der Mahlzeit verließ er den Saal, und begab sich in eine Gallerie, nach welcher man eine breite Treppe von vier und zwanzig Staffeln steigen muß. In dieser Gallerie ist ein Kamin, in welchem man gewöhnlich, wenn der Graf sich da aufhält, Feuer macht, und sonst nicht, und macht man da kleines Feuer, denn er sieht nicht gern großes Feuer. Dort ist es wohl der Ort Holz zu haben, denn ganz Bearn ist voll Wald, und hat er wohl womit heizen, wenn er will, aber kleines Feuer ist ihm gebräuchlich. Nun fror es sehr stark, und die Luft war sehr kalt; als er in die Gallerie gekommen war, sah er das Feuer, und schien es ihm sehr klein, und sagte er den Rittern, die da waren: Seht so kleines Feuer für diese Kälte. Ernaulton d’Espagne stieg sogleich die Treppe hinunter, denn durch die Fenster der Gallerie, welche auf den Hof sahen, erblickte er da eine Menge Esel mit Holz beladen, die aus dem Wald für den Hofdienst kamen. Er kam in den Hof und nahm den größten dieser Esel ganz mit Holz beladen auf seinen Nacken sehr leicht, und trug ihn die Treppe hinauf und machte sich Platz durch die Menge der Ritter und Edelleute, die vor dem 123

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Kamin standen, und warf das Holz und den Esel, die Füße in die Höh, in das Kamin auf den Brand, worüber der Graf von Foix große Freude hatte, und alle die da waren; und verwunderten sie sich über die Stärke des Ritters, wie er ganz allein sich so schwer aufgeladen, und damit so viele Staffeln gestiegen war. Viele Freude und Ergötzung machten mir die Erzählungen des Messire Espagne du Lion, und schien mir der Weg dadurch nur all zu kurz. So oft ich ihn aber fragte, woher es doch komme, daß ein so herrlicher Mann als der Graf von Foix keinen rechtmäßigen Sohn habe, und warum seine Gemahlin nicht bey ihm lebe, oder um die Art, auf welche sein einziger Sohn gestorben, suchte der Ritter auszuweichen, und verschob es stets auf den andern Tag. Als wir uns nun den letzten Abend der Stadt Morlai näherten, sprach ich zu ihm: Ihr habet mir viel erzählt, wovon ich nie etwas gehöret, und weil ich es weiß, so werde ich es zum ewigen Gedächtniß niederschreiben, so Gott will, daß ich zu meinem Lande zurückkehre. Aber noch um eines möchte ich euch gerne fragen, wenn ihr es nicht vor übel nehmt, nähmlich durch welchen Zufall der Sohn des Grafen von Foix gestorben ist. Da ward der Ritter nachdenklich und sprach: Die Art seines Todes ist zu traurig und will ich euch nicht davon reden, und wenn ihr nach Ortais kommt, so werdet ihr wohl jemand finden, der es euch erzählt. Ich tröstete mich bis dahin, und so ritten wir weiter und kamen zum Nachtlager in die Stadt Morlaix.

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II. Von dem Grafen von Foix. Den andern Tag kamen wir gen Sonnenuntergang nach Ortais, der Ritter stieg bey seiner Wohnung ab, und ich in dem Hause zu dem Mond bey einem Stallmeister des Grafen, der sich Arnauton du Pin nannte, und mich sehr freudig aufnahm darum, daß ich ein Franzose war. Messire Espaing du Lion ging auf das Schloß und sprach dem Grafen von seinen Geschäften, den er in seiner Gallerie fand, denn zu dieser Stunde ein wenig vorher hatte er zu Mittag gegessen, und die Gewohnheit des Grafen von Foix ist oder war damals so, und hatte er es immer also von Kindheit an gehalten, daß er gen Mittag aufstand und um Mitternacht zu Nacht aß. Der Ritter sagte ihm, daß ich gekommen sey. Es ward sogleich nach mir geschickt, denn es war oder ist wohl kein Herr auf der Welt, der lieber Fremde sähe oder Neuigkeiten 124

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4. Mai.

hörte als er. Als er mich sah, ließ er mir gar wohl anrichten, und behielt mich auf seinem Schloß, wo ich mehr als 12 Wochen blieb und mein Pferd wohl versorgt, ich auch mit allen andern Dingen trefflich versehen war. Die Annäherung von ihm zu mir war für diesmal, daß ich ein Buch mit mir gebracht hatte, welches ich auf Begehren zur Betrachtung Venzeslaus von Böheim Herzogen von Luxemburg und Brabant gemacht habe, und sich in diesem Buche, das der Meliader heißt, alle die Lieder, Balladen, Rondeaus und Virelais enthalten, die jener kunstreiche Herzog zu seiner Zeit gemacht, und meinen Erfindungen darüber einmischen lassen. Dieses Buch sah der Graf von Foix sehr gern, und alle Nacht nach dem Abendtisch las ich ihm daraus vor, aber während ich las, durfte keiner weder mit ihm sprechen, noch ein Wort sagen, denn er wollte, daß ich wohl verstanden würde, und hatte er auch ein großes Vergnügen, alles deutlich zu vernehmen, und wenn auch irgend eine Sache vorkam, auf welche er einging, sprach er sehr gern mit mir darüber, nicht in seinem Gaskognischen, sondern in gutem und schönem Französisch. Nun will ich einiges von seinem Wesen und seinem Schlosse erinnern, denn ich war lang genug dorten, um manches davon wissen zu können. Der Graf Gaston von Foix, von welchem ich rede, war zu dieser Zeit ohngefähr 59 Jahr alt, und ich sage euch, habe ich zu meiner Zeit gleich viele Ritter, Könige und Prinzen gesehen, so ist mir doch keiner vorgekommen, der von so schönen Gliedern, von so schöner Gestalt noch von so schönem Wuchs, fröhlichem Angesicht, blutvoll und lachend war. Er hatte grünlichte Augen, die sahen gar liebreich dahin, wo er seinen Blick hinzuwerfen beliebte. In allem war er so vollkommen, daß man ihn nicht genug loben konnte, er liebte, was er lieben, und haßte, was er hassen sollte. Ein kluger Ritter war er und von hohem Unternehmen und voll guten Raths. Nie hatte er einen Zweifelmüthigen um sich, er war ein ernster Mann in der Regierung, er betete stehend täglich eine Nocturne des Psalters, eine Hora von unsrer lieben Frau, von dem heiligen Geist, von dem Kreuz und die Vigilia mortis. Alle Tage ließ er fünf Gulden kleiner Münze zu Gottes Lohn und Allmosen an seiner Thüre jeglichen Armen vertheilen. Er war prächtig und höflich in Gaben, und wußte sehr wohl zu nehmen, wo es sich gehörte, und zu geben eben so. Er liebte die Hunde über alle Thiere, und ergötzte sich in den Feldern Sommers und Winters gerne mit der Jagd. Nie liebte er tolle Verschwendung noch tolle Pracht, und wollte alle Monat wissen, was aus dem Seinigen geworden sey. Er 125

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nahm aus seinem Land, um die Einnahme zu empfangen und seiner Leute Sold zu ordnen, ansehnliche Männer, und zwar deren zwölfe, und von zwey Monat zu zwey Monat ward er von zweyen aus ihnen in seiner Einnahme bedient, die dann mit zwey andern in dem Geschäfte wechselten. Aus seinem vertrautesten Mann machte er seinen Gegenrechner, dieser nahm von den andern alle Rechnungen auf, und legte dieselben schriftlich dem Grafen wieder ab. In seiner Stube hatte er gewisse Kasten, aus welchen er manchmal Geld nehmen ließ, um es den Edelleuten, Herrn oder Hofdienern zu geben, die zu ihm kommen, denn nie verließ ihn jemand, ohne ein Geschenk, und stets vermehrte er seinen Schatz, um die Zufälle und Schicksale ruhig erwarten zu können, deren er sich vermuthete. Er war herablassend und zugänglich jedermann, und redete freundlich und liebreich mit allen, kurz war er in seinen Entschlüssen und Antworten. Er hatte vier geistliche Geheimschreiber, Briefe zu schreiben und zu beantworten, und wenn es ihm beliebte, daß diese vier Schreiber sich fertig hielten, sobald er aus seinem Gemache heraustrat, rief er weder Jean noch Gauthier noch Guillaume, sondern wenn man ihm Briefe brachte und er sie angenommen, rief er sie nur Malmesert (Dienmirschlecht) entweder zum Schreiben oder für alles andre, was er ihnen befahl. Also wie ich euch sage lebte der Graf von Foix. Und wenn er aus seiner Stube um Mitternacht in seinen Saal zum Nachtmahl kam, so trugen zwölf Diener zwölf brennende Fackeln vor ihm her, und diese zwölf Fackeln blieben um seinen Tisch herum, welches in dem Saal eine große Helle verursachte. Dieser Saal war angefüllt mit Rittern und Hofleuten, und stets waren eine Menge Tische gedeckt, zu essen für die, die essen wollten. Keiner sprach zu ihm während der Tafel, wenn er ihn nicht darum anredete. Er aß gewöhnlich eine Menge Geflügel, und besonders die Flügel und Schenkel allein, und den übrigen Tag aß er und trank er wenig. Große Freude empfing er an den Tönen der Harfenschläger, denn er verstand sich wohl darauf. Gern ließ er seine Schreiber Lieder, Rondeaus und Virelais singen; er saß zu Tische ohnefähr zwey Stunden, auch sah er gern allerley wunderbare Zwischenspiele, und schickte sie, sobald er sie gesehen, zu den Tischen der Ritter und Hofdiener. Kurz, an so vielen Höfen von Königen, Herzogen, Prinzen, Grafen und hohen Damen ich auch war, gefiel es mir nirgend so wohl, und fand ich nirgend ritterliche Sitte so wohl bestehend. Man sah in dem Gemache, in dem Saal und Hof, Ritter und Ehrendiener auf und ab wandeln, und hörte 126

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man sie von Waffen und Liebe sprechen, und alle Ehre ward darin gefunden. Was nur irgend neues in einem Land oder Königreich vorgefallen, mogte man da wohl vernehmen, denn von überall trafen hier der Würde des Herrns wegen die Nachrichten ein. Da hörte ich den größten Theil aller Kriegshandlungen aus Spanien, Portugall, Arragon, Navarra, England, Schottland und von den Grenzen Languedocs, denn während meinem Aufenthalt sah ich da Boten und Ritter von allen Nationen anlangen, die mich gern unterrichteten, wie auch der Graf selbst, der mir oft davon sprach. Sehr gern hätte ich gefragt, da ich den Hof des Grafen so prächtig und im Ueberflusse fand, was aus Gaston seinem Sohn geworden und wie er gestorben sey; denn Messire Espaing du Lion hatte es mir 〈nicht〉 sagen wollen , und erhielt endlich, daß ein alter Hofmann ein sehr ansehnlicher Mann mir es sagte. Er begann auch seine Erzählung folgendermaßen.

III. Von dem traurigen Tode des Kindes von Foix. Es ist wahr, daß der Graf von Foix und Madame de Foix seine Gemahlin, nicht wohl einverstanden sind, noch es je lange gewesen, und rührt das Misverständniß unter ihnen von dem König von Navarra her, welcher der Bruder dieser Dame war, denn dieser wollte den Seigneur d’Albret, den der Graf von Foix gefangen hielt, um die Summe von 50,000 Franken auslösen. Der Graf, welcher den König von Navarra als falsch und hinterlistig kannte, wollte ihm diese Summe nicht borgen, worüber die Gräfin sehr unwillig gegen ihren Gemahl wurde, und sagte sie zu ihm, mein Herr und Gemahl, ihr traget wenige Achtung zu meinem Herrn Bruder, wenn ihr ihm nicht 50,000 Livres borgen wollt, auch wißt ihr, daß ihr mir mein Wittwengeld von 50,000 Franken anweisen, und sie zu den Händen meines Herrn Bruders stellen müßt, also könnet ihr nie übel bezahlt werden. Ihr sagt die Wahrheit, sprach er, aber wenn ich sorgte, der König von Navarra solle die Zahlung verschieben, nie würde mir der Sire d’Albret von Ortais wegkommen, bis ich zu dem letzten Heller bezahlt wäre. Doch weil ihr mich darum bittet, so will ich es thun, nicht aus Liebe zu euch, sondern aus Liebe zu meinem Sohn. Auf dieses sein Wort und das Handschreiben des Königs von Navarra, der sich für ihn verschuldete, ward Sire d’Albret frey, verheyrathete sich mit der Schwester des Herzogs von Bourbon, und bezahlte dem König von Navarra die 50,000 Livres, 127

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für die er sich verpflichtet hatte. Aber dieser schickte sie keineswegs dem Grafen; da sagte der Graf zu seiner Gemahlin: Bey Gott ihr müßt nach Navarra zu eurem Bruder gehn und ihm sagen, daß ich sehr unzufrieden mit ihm bin, wenn er mir nicht sendet, was er mir schuldig ist. Die Dame antwortete, daß sie sehr gern gehen würde, und reißte von dem Grafen mit dem Ihrigen ab, und kam nach Pampeluna zu ihrem Bruder, der sie fröhlich empfing. Da sie aber bey dem König nichts ausrichten konnte, wagte sie es auch nicht zurückzukehren, denn sie kannte die wilde Gesinnung ihres Gemahls, wenn er irgend einen Unmuth gefaßt. So blieb es. Gaston, der Sohn meines Herrn, wuchs heran und ward ein schönes Kind, und wurde er mit der Tochter des Grafen d’Armagnac versprochen. Der Jüngling mochte 15 bis 16 Jahre haben, aber er war ein sehr schöner Ritter und sah an allen Gliedern seinem Vater ähnlich. Ihm kam der Wunsch nach Navarra zu gehen, seine Mutter und Oheim zu besuchen, das war wohl zum Unglück seiner und dieses Landes. Man bewirthete ihn wohl in Navarra und blieb er eine Zeitlang mit seiner Mutter, dann nahm er Abschied, konnte sie aber mit keiner Rede bewegen, ihn nach Foix zu begleiten, denn als sie ihn fragte, ob sein Vater ihm aufgetragen sie zurückzubringen, mußte er ihr wohl sagen, daß davon keine Rede gewesen sey. Also blieb sie zurück, und er begab sich nach Pampeluna, sich seinem Onkel zu empfehlen. Der König hielt ihn sehr gut über zehn Tage lang, und machte ihm und seinen Leuten schöne Geschenke. Das letzte Geschenk aber, das der König von Navarra ihm machte, das war der Tod des Kindes, und nun hört wie und warum. Als die Zeit kam, daß er abreise, nahm ihn der König in seine Stube allein, und gab ihm ein Beutelchen voll Pulver, und es war keine lebendige Kreatur, die nicht von dem Anrühren oder Essen dieses Pulvers ohne alle Hülfe hätte sterben müssen. Gaston, sagte der König, schöner Neffe, ihr sollt thun, was ich euch sage. Ihr seht, wie der Graf von Foix mit Unrecht eure Mutter meine Schwester höchlich haßt, was mir sehr mißfällt, und das muß es euch auch thun. Vor allem, um die Sache gut zu machen, und daß eure Mutter sich wieder wohl mit eurem Vater befinde, so müsset ihr eine Messerspitze dieses Pulvers bey Gelegenheit auf das Fleisch, welches euer Vater ißt, streuen, aber hütet euch, daß euch niemand sehe, und sobald er davon gegessen, wird er kein anderes Verlangen haben, als eure Mutter, seine Gattin, bey sich zu sehen, und werden sie sich sodann dermaßen lieben, daß sie sich nie mehr trennen wollen. Alles das müßt ihr nun sehr wünschen, aber hütet euch nur irgend 128

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jemand etwas davon zu vertrauen, sonst kommt ihr um euren Anschlag. Das Kind, welches alles glaubte, was der König sein Onkel ihm gesagt, antwortete und sprach: Gar gern. Nun verließ er Pampeluna, und kam nach Ortais zurück. Der Graf sein Vater, empfing ihn freudig, fragte ihn um Neuigkeiten aus Navarra, und um Geschenke und Kleinodien, die man ihm gegeben. Dieser sagte, sehr viel schöne Geschenke, und zeigte sie ihm alle, außer dem Beutlein, worin das Pulver war. Nun war es aber in dem Schlosse von Foix gewöhnlich, daß Gaston und Ivain, sein natürlicher Bruder, in einer Stube schliefen, und liebten sie sich wie junge Brüder es thun, und kleideten sie sich in die nähmlichen Wämser und Kleider, denn sie waren ohngefähr von einer Größe und einem Alter, und kam es, daß sich einstens, wie bey Kindern wohl geschieht, ihre Kleider vermischten, und die Jacke des Gaston kam auf Ivains Bett, und dieser, der schlau genug war, fühlte das Pulver in dem Beutlein, und fragte Gaston: Was ist das, das du immer auf deiner Brust trägst? Gaston ward dieser Worte nicht froh und sprach: Ivain gieb mir meinen Wams wieder, du hast nichts mit ihm zu thun. Ivain warf ihm seinen Wams zu, Gaston legte ihn an und war den ganzen Tag nachdenklicher als je. Nun traf es sich drey Tage nachher, da Gott der Herr den Grafen von Foix retten und behüten wollte, daß Gaston sich über seinen Bruder im Ballspiel erzürnte, und ihm einen Backenstreich gab. Der Knabe darüber erbittert, trat ganz weinend in die Stube seines Vaters, und fand ihn zur Stunde, da er eben die Messe gehört hatte. Da der Graf ihn weinen sah sprach er: Ivain was fehlt dir? Daß sich Gott erbarm mein Herr, sagte er, Gaston hat mich geschlagen, aber es ist wohl eben so viel oder wohl mehr an ihm zu schlagen, als an mir. Warum, sprach der Graf, der sogleich in den Verdacht einging. Mein Treu sagt er, Herr seitdem er von Navarra zurück gekommen, trägt er stets auf seiner Brust ein Beutlein ganz voll Pulver, aber ich weiß nicht wozu man’s braucht, oder was er mit machen will, nur, daß er mir ein oder zweymal gesagt, seine Frau Mutter werde bald wieder in eurer Gnade stehen, und viel höher als sie jemals darin gestanden. Ha, sagte der Graf von Foix, schweig still, und hüte dich wohl irgend einem lebendigen Menschen hievon weiter ein Wort zu sagen. Mein Herr, sagte das Kind, das will ich gern thun. Nun ward der Graf von Foix ganz nachdenklich und bedeckte sein Haupt bis zur Stunde des Mittagsmahls, und wusch sich und setzte sich wie an den andern Tagen in seinen Saal zur Tafel, Gaston sein Sohn hatte das Amt ihn mit allen seinen Gerichten zu bedienen, und all 129

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seine Fleischspeisen vor ihm zu kosten; sobald er seine erste Schüssel vor den Grafen gesetzt und gethan hatte was er sollte, warf der Graf, seiner Sache ganz versichert, seine Augen auf ihn, da sah er die Quasten des Beutleins an der Jacke seines Sohns, sein Blut ward erregt und sprach er: Gaston tritt näher, ich will dir etwas ins Ohr sagen. Das Kind näherte sich zu dem Tisch, nun öffnete ihm der Graf den Busen, that seine Jacke auseinander, nahm sein Messer und schnitt ihm das Beutlein ab. Das Kind war ganz erschrocken und gab keinen Laut von sich, aber ward gar bleich unter seinen Augen vor Furcht und begann sehr stark zu zittern, denn es fühlte sich schuldig. Der Graf öffnete das Beutlein und streute ein wenig des Pulvers auf ein Stück Brod, rief einen Hund und gab es ihm zu fressen; sobald der Hund den ersten Bissen verschluckt, verdrehte er die Augen und starb. Als der Graf dies gesehen, ward er gar erzürnt und hatte wohl Ursach und stand vom Tisch auf, nahm sein Messer und wollte es nach seinem Sohne werfen, aber die Ritter und Hofdiener sprangen ihm in den Weg und sprachen: Herr um Gotteswillen übereilt euch nicht und unterrichtet euch zuvor von der Sache, ehe ihr eurem Sohne übels thut. Und das erste Wort was der Graf sagte, sprach er in seiner gascognischen Mundart: Ha Gaston Verräther, um dich und um dein Erbe zu vergrößern, habe ich Krieg gehabt und Haß gegen den König von Frankreich, von England, von Spanien, von Navarra und von Arragon, und gegen sie habe ich mich gut gehalten und tapfer, und du willst mich nun ermorden, das kommt dir aus verfluchtem Blut und aus böser Natur, wisse, darum sollst du sterben, nun, nun. Da sprang er über den Tisch mit dem Messer in der Hand und wollte ihn tödten, aber die Ritter und Hofdiener warfen sich ihm zu Füßen und weinten vor ihm und sagten: Ach unser Herr, um Gotteswillen tödtet nicht Gaston, ihr würdet kein Kind mehr haben, laßt ihn gefangen setzen und unterrichtet euch von der Sache, denn vielleicht wußte er nicht was er trug und hat keine Schuld an dieser Schandthat. (Die Fortsetzung im nächsten Blatt.)

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Romanze. 5

Klein Christel und ihre Mutter. Wer bricht das Laub von den Bäumen? Sie nähen die seidene Mütze. So tritt sie den Thau von der Erde! Die Mutter nähete den Saum so klein, So heftig weinte das Töchterlein.

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„Hör du klein Christel lieb Tochter mein, Wie verbleicht das Haar wie verblüht die Wang dein!“ Das ist kein Wunder, muß bleich aussehn, Ich hab so vieles zu schneiden und nähn.

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„Doch sind noch mehr Jungfrauen im Land, Mit Schneiden und Nähen viel besser bekannt,“ Das darf ich länger nicht bergen vor dir: Unser junger König hat gelocket mir. „Hat unser jung König gelocket dir, Was hat er gegeben zur Ehre dir?“

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Er hat mir gegeben ein seiden Hemdlein, Das hab ich getragen mit mancher Pein,

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Er gab mir silbergespangte Schuh; Ich trug sie mit so großer Unruh, [82]

Er gab mir eine Harfe von Gold, Zu brauchen wenn ich sey sorgenvoll. Sie schlug an den ersten Strang, Da hört der jung König im Bett den Klang.

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Sie schlug an den andern Strang, Der jung König ei! der schläft lang! Da rief der jung König zwey Diener sein: Klein Christel bittet zu mir herein.

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Her kam klein Christel vor der Burg sie stund: Was will der jung König, sein Wort macht mir kund. Da streicht der jung König am Kissen blau, Setz dich klein Christel und ruhe darauf. „Ich bin nicht müd, und kann wohl stehn, Sag was ich soll, und laß mich gehn.“

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Er zog klein Christel zu sich her Gab ihr die Goldkron und der Königin Ehr. Nun ist verschwunden klein Christel ihr Leid: Wer bricht das Laub von den Bäumen. Sie schläft alle Nacht an des Königes Seit. So tritt sie den Thau von der Erde. Aus dem Dänischen von W i l h e l m G r i m m . ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix und von dem traurigen Tode seines Kindes Gaston.

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Geschrieben um das Jahr 1389 – 91.

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(Beschluß.)

Nun dann, sagte der Graf, setzt mir ihn in den Thurm und bewacht ihn so, daß ihr mir für ihn gut steht. Da ward das Kind von Stund an in den Thurm gesetzt. Der Graf ließ nun eine Menge von jenen, die seinen Sohn bedienten, gefangen nehmen, aber er fing sie nicht alle, denn viele entflohen, so auch ist der Bischof de Lescalle noch außer Lands, der mit im Verdacht stand, wie andre mehr. Aber er ließ ihrer wohl an fünfzehn sehr schrecklich ermorden, die Ursache davon war, daß sie seines Kindes Heimlichkeit hätten wissen und ihm hätten sagen sollen: Unser Herr Gaston trägt ein Beutlein auf seiner Brust, der und der Art, aber davon thaten sie nichts, und darum starben sie schrecklich, und es war wohl ein Jammer um mehrere dieser Hofleute, denn in ganz Gascognien waren keine so wohl versehen als diese es gewesen, denn immer war der Graf von Foix von guter Dienerschaft umgeben. Gar sehr nahm sich der Graf diese Sache zu Herzen, und zeigte es wohl, denn er ließ eines Tages alle Edelleute und alle Prälaten von Foix und Bearn, und alle ansehnliche Leute dieses Landes zusammen rufen gen Ortais, und als sie gekommen waren, erklärte er ihnen, warum er sie gerufen und wie er seinen Sohn in solcher Schuld und so großem Verbrechen befunden habe, daß es sein Entschluß sey, daß er sterbe und daß er den Tod verdienet. Alles Volk antwortete auf diese Rede einstimmig: Herr, haltet uns zu Gnaden, wir wollen nicht, daß Gaston sterbe, er ist euer Erbe, und ihr habt keinen mehr. Als der Graf sein Volk für seinen Sohn bitten hörte, bezähmte er sich ein wenig und entschloß sich, ihn mit Gefängniß zu strafen, er wollte ihn 2 oder 3 Monate inne halten und ihn dann auf 2 oder 3 Jahre irgend auf Reisen schicken, bis daß er seine That vergessen und das Kind zu besserem Verstand und heller Einsicht gekommen sey. So gab er seinem Volk den Abschied, aber die aus der Grafschaft von Foix wollten nicht eher aus Ortais ziehen, bis der Graf ihnen verspreche, daß Gaston 133

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nicht sterben würde, also liebten sie das Kind. Da er ihnen dieses zugesagt, verließen diese Leute aller Art die Stadt und blieb Gaston zu Ortais gefangen. Diese Sache verbreitete sich an mehreren Orten und auch nach Avignon, wo damals sich Papst Gregor XI. aufhielt. Er schickte sogleich den Cardinal von Amiens als Legat nach Bearn, aber dieser war kaum nach Bessieres gekommen, als er die Nachricht erhielt, daß es ihm nicht Noth thue, nach Bearn zu gehen, denn Gaston, der Sohn des Grafen von Foix, sey todt. Nun will ich euch sagen, wie er gestorben ist, weil ich nun einmal schon so viel davon geredet. Der Graf hielt ihn in einem Gemach des Thurms von Ortais gefangen, wo wenig Licht hinein fiel, und war er da zehn Tage. Wenig trank er und aß er, denn er wollte nicht, so viel Speise und Trank man ihm auch täglich brachte, und wenn das Fleisch kam, so schob er es bey Seite und wollte es nicht essen, und einige wollen sagen, daß man alle die Speißen, die man ihm gebracht, unversehrt gefunden, und es sey ein Wunder, wie er so lang habe leben können aus vielerley Ursachen. Der Graf ließ ihn dort ohne irgend eine Wache, die bey ihm in der Stube gewesen wäre, und ihm gerathen und getröstet hätte, und blieb das Kind stets in denselben Kleidern wie er hineingekommen, und so ward er gar traurig und tiefsinnig, denn er war das nicht gewohnt. Auch verfluchte er die Stunde in der er empfangen und geboren worden, um zu solchem Ende zu kommen. Den Tag seines Todes brachten die, welche ihn bedienten, ihm das Fleisch und sagten: Gaston sehet hier ist Fleisch für euch. Gaston achtete nicht darauf und sprach: Stellet es hin. Da sah der Diener in dem Gefängniß alle das Fleisch, welches er ihm in den vorigen Tagen gebracht, hie und da verstecket, darum schloß er die Stube und kam vor den Grafen von Foix und sprach: Herr, um Gotteswillen gebt acht auf euren Sohn, denn er verhungert sich in dem Gefängniß wo er liegt, und glaube ich, daß er noch nicht gegessen seit er darinnen, denn ich habe alles, was ich ihm noch gebracht, bey Seite geworfen gefunden. Ueber diese Rede erzürnte der Graf, und gieng ohne ein Wort zu sagen aus der Stube und kam zu dem Gefängniß wo sein Sohn lag, und hatte zum Unglück ein kleines Messerlein in der Hand, womit er sich seine Nägel schnitt und reinigte, er ließ die Thüre des Gefängnisses öffnen und kam zu seinem Sohn und hielt die Klinge des Messers so nahe an der Spitze, daß er nicht mehr als die Dicke eines Silbergroschen davon außer den Fingern hervorstehen hatte. Zum Unglück, als er diese kleine Spitze in den Hals seines Sohnes stieß, verletzte er ihm ich weiß nicht was für 134

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eine Ader, und sagte ihm: Ha Verräther, warum ißt du nicht? Und hierauf begab sich der Graf sogleich hinweg, ohne weiter etwas zu sagen und zu thun, und kehrte in seine Stube zurück. Das Kind war erschrocken und erschüttert durch die Ankunft seines Vaters, auch war er gar schwach durch Fasten, und da er die Spitze des Messers sah oder fühlte, die ihn so klein sie auch war, in den Hals verwundete, aber es war in eine Ader, so wendete er sich zur Seite und starb, da der Graf war kaum zu seiner Stube zurückgekehrt, als ihm der Diener seines Sohns die Nachricht brachte, und ihm sagte: Mein Herr, Gaston ist tod, – Todt, sagte der Graf? – So wahr als Gott lebt Herr! Der Graf wollte es nicht glauben, und sendete einen seiner Edelleute hin, der an seiner Seite war; der Ritter kam zurück, und sagte, daß er wirklich tod sey. Da ward nun der Graf von Foix höchlich erschüttert, und bejammerte seinen Sohn gar sehr und sagte: Ha Gaston, welch elend Geschick ist hier dir und mir, zu böser Stunde giengst du nach Navarra, deine Mutter zu sehn. Nie mehr werde ich solche Fröhlichkeit empfinden, als ich sonst wohl empfangen. Dann ließ er seinen Bader kommen, und ließ sich sein Haar abscheeren, und kleidete sich in schwarz, und alle die seines Hauses, und ward der Leichnam des Kindes unter Thränen und Geschrey zu den Minoritenbrüdern zu Ortais getragen und dort begraben. Und so wie ich euch von dem Tod erzählt habe, so hat Gaston de Foix durch seinen Vater den Tod erlitten, aber der König von Navarra hat ihn ermordet. Die traurige Geschichte von dem Tode dieses Sohnes des Grafen zu hören, zog ich mir sehr zu Herzen, und beklagte ich ihn gar sehr aus Liebe zu dem trefflichen Grafen seinem Vater, den ich von so hoher Gesinnung so edel, freygebig und höflich erfunden hatte, und auch aus Liebe zu dem Land, das durch den Mangel eines Erben sehr betrübet war, und nahm ich nun Abschied von diesem Edelmann, und dankte ihm, daß er mir also gefällig die Sache erzählet habe. (Die folgenden Abschnitte künftig.)

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Frontalbo und die beyden Orbellen. Organisches Fragment eines Romans vom Ende des 17ten Jahrhunderts.

Es war eine kurze Zeit noch übrig von den zweyen Jahren, welche Orbella leben sollte, als ich einmal ausspazierete, mich zu ergötzen. Um meine Wohnung war ein schöner jung gepflanzter Wald, gleich einem anmuthigen Garten, in den ging ich hin, meine Zeit zu vertreiben, und erinnerte mich meines Wohllebens. Ich gedachte, ich wollte mit dem Kaiser nicht tauschen, und wenn der Wald, darin ich ginge, mein wäre, mich nach Recht und Billigkeit einen König nennen können. Indem ich in solchen Gedanken wandele und hinter einer dicken Eiche ein wenig bestehen bleibe, deren Höhe zu betrachten, fällt die Orbella von der andern Seite hervor und wollte mich erschrecken. Ich nahm sie aber zur Vergeltung freundlichst in die Arme und sagte: Wo sie mich mehr würde erschrecken, so wollte ich sie strafen, nicht aber in Zorn, sondern in Güte. Sie war emsig zu wissen, wie ich sie doch strafen wollte. Hierauf küßete ich sie etlichemal, allein sie legte sich ins hohe Gras nieder und sprach sie wäre müde. Ich that dasselbige, und wir hätten schlafen können, denn wir hatten uns keiner wilden Thiere zu besorgen. Wir spielten so lang im Gras, bis sich der Himmel zum Regen anstellte; der Wind erhub sich sehr ungestüm, und zwang uns nach Hause zu gehen. Ich hatte ein kleines doch wohlgebautes Häuschen, von außen wenig angesehen, von innen aber desto gezierter. Als ich in die Thüre komme, finde ich sie unverschlossen und noch eine Orbella im Hause. Ich redete mich selber an: Frontalbo, schläfst du oder wachst du? Oder siehst du zweifach? Nein, nein, du wachest all zu wahrhaftig und gehest jetzt in dein Haus. Was wollen aber die zwey Orbellen? D i c h z u f ä l l e n . So ging es mir durch den Sinn, als die andere Orbella kam, mich zu empfangen. Die aber, welche ich mit mir gebracht, wollte das nicht zugeben, daß ich der, die im Hause war, sollte die Hand reichen. Da geschah ein Gezänk, daß sich der Himmel darüber hätte verbittern mögen. Da ging es: Du Hure, du Erzhure, was hast du in meinem Hause zu suchen? Was willst du bey meinem Mann 136

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suchen? Beyde sagten: Ich wäre ihr Mann, und beyde sagten auch, sie wären meine Weiber. Ich aber als einfältiger Mensch, konnte mich in die Sache nicht schicken, denn sie sahen sich dermaßen gleich in allem, daß auch Eier nicht können gleicher seyn. Ich war verwirrt, und nahm bald die eine bald die andere, allein beyde waren an Freundlichkeit wie an Liebe zu mir nicht zu unterscheiden. Ich vermeinte zwar, daß eine nur die rechte und die andere der Schatten, von jener seyn mußte, weil sie sich mit Reden, Gebärden, Lachen und Weinen gleichstelleten, daß sie im geringsten nicht konnten unterschieden werden. Zwey Weiber zu haben stund mir nicht frey, sie konnten sich auch nicht vertragen, denn sie schlugen sich, daß es abscheulich anzusehen war. Mein Herz war hier in Wahrheit ganz verwirret; zürnte ich, so gaben sie mir so gute Worte, und eine allzeit besser denn die andere. Redete ich heimlich mit einer, so schwur sie des Theuersten, sie wäre die, welche ihren Liebhaber aus herzlicher Liebe zu mir hätte sterben lassen. Gedachte ich gegen diese, die andere zu verjagen, so gab sie allerhand Einschläge, wie ichs machen könnte. Sagte ich wieder der andern etwas, so that sie desgleichen. Und wenn ich mit einer geredt hatte, so sie zur andern ging, konnt ich schon nicht unterscheiden, zu welcher ich geredet hatte. Manchmal gab ich einer ein heimliches Zeichen, woran ich sie erkennen mögte. Wenn nun die kommen sollte, welche das Zeichen hatte, so kamen sie beyde und zeigten mir die Zeichen, da ich doch nur eines ausgegeben hatte. Also mußte ich ewiglich zweifeln, welche die rechte wäre. Keine wollte die Unrechte seyn. Einesmals besann ich mich eines Zeichens, welches die Orbella am linken Fuß trug, als ich nun eine unvermerkt mir den Fuß zeigen hieß, so befand ich doch das Zeichen an beyden. Wie ich mir rathen sollte, wußte ich nicht, denn alles was eine wußte, wußte auch die andere, und alles was eine war, war auch die andere. Sie beteten gleich fleißig, sie sangen gleich emsig und andächtig, ihre Kleidung war gleich und was ich sonst nicht sagen mag. Ich entschloß mich endlich eine wegzujagen, es wäre gleich die Rechte oder die Unrechte, denn in diesem Zweifel fortzuleben, war mir unmöglich, ich quälte mich Tag und Nacht ab, und fand keinen anderen Rath. Als ich vom wegjagen redete, war der Rechten vielleicht darum nicht bange, weil sie vermeinte, ich wüßte sowohl daß sie die Rechte wäre, als sie selbst, bekümmerte sich darum ganz und gar nicht, sondern ging und bestellte ihr Hauswesen. Die andere aber kam 137

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mir um den Hals fallen, bitterliche Thränen weinete, und versuchte mich zu überreden, die andere doch von mir zu lassen, denn sie wäre ein Teufelsgespenst, welches ihre Gestalt angenommen, damit wir in unserer herzlichen Liebe möchten verhindert werden. Was zu glauben war, wußte ich nicht. In also ganz verwirreten Sinnen dachte ich vergeblich nach mir zu helfen. Die Rechte wollte ich nicht gerne verstoßen, weil ich sie all zu herzlich liebte, und gleichwohl wußte ich nicht, welche die Rechte war. Eine jedwede sagte, sie wäre die Rechte, allein zwey Rechte können nicht seyn. Sie untereinander wußtens wohl, allein ich konnte in diesem Irrgang nicht klug werden, wie am sichersten zu gehen wäre. Ich wurde aber letztlich so ungeduldig, daß ich sie alle beyde wegjagte, da hielt mir jede mit kläglicher Rede die Treue vor, so ich ihr schuldig wäre. Sie sagten, wie getreu sie mir in Astarinnens Schloß gewesen wären, und machten mir das Herz so schwer, daß ich hätte sterben mögen. Endlich kam die eine, welche sich die Rechte zu seyn, mit viel tausend Eidschwüren bezeugte, und sagte: Ich sollte die andere nur nackend ausziehen, und bis über die Grenze der Eichen, alwo ich sie angetroffen hätte, peitschen, bis das Blut danach ginge, so würde sie nicht mehr wiederkommen. Herr! wenn ich gedenke, wie verstockt ich diesem Rathe gefolget bin, so gedenke ich alsobald zu verzweifeln, denn mir war nicht anders zu Muthe, als wenn mich tausend Teufel besessen hätten. Ich nahm eine vielfache Peitsche, welche von Flachs gemacht war, und desgleichen gab ich eine der Orbella, welche bey mir blieb. Die aber, welche weg sollte getrieben werden, zog ich aus und peitschete sie in kurzer Zeit, daß das Blut mildiglich den Silberleib herunter lief. Diese that so jämmerlich, daß ichs nicht sagen kann. Sie bejammerte ihre Eltern, daß sie eine so unglückselige Tochter erzeuget hätten, sie beweinete, daß sie ihren Leib an einen untreuen Menschen hätte vertraut. Sie fiel auf ihre Knie und bat mich, sie doch mit den harten Schlägen zu verschonen und ihre geringste Kleidung zu geben, so wollte sie gern mich und mein Haus ewiglich meiden. Es wollte aber bey meinem unbarmherzigen Herzen nichts haften, sie mußte denn erst halb tod gepeitschet seyn. Die Orbella, welche an meiner Seite stund, schlug ihr die zerhauene Haut vom Leibe, daß es ein Elend anzusehen war. Sobald sie über die Grenze der Eichen kommen war und mit Schlägen verschonet wurde, kniete sie nieder auf ihre Knie und rief die Götter zum Zeugen an, alle Elemente und alles was in denselben Wald war, 138

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daß sie unschuldig leide. Endlich beschauete sie ihren Leib, der gleich als mit Messern zerschnitten war. Solchen Anblick konnte sie schwer vertragen, und fiel ganz ohne Bewegung nieder. Ich sah von weitem zu, wie sie sich quälete, wiewohl ohne Erbarmen, denn ich war verstockt, und ließ mich von ihrem Jammer im geringsten nicht bewegen. Sie wollte nicht am Wege sterben, damit ihr unglückseliger Leib nicht dazu möchte verspottet werden. Als sie sich darum entfernte, sagte sie bey sich selbst:

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Wie mußt du doch mit Liebesschlägen, In deinem Fleisch Frontalbo wüthen, Du solltest dich vor Liebe hüten, Mich sollst du nun zu Grabe legen. Kennst du mich nun an meinem Blute, Das sich so oft zu dir gedränget, Das Schloß hast du nun aufgesprenget Und mir wird nun schon leicht zu Muthe. Thät mich die Liebe so verwunden, So sind die Furien mir willkommen, Jetzt bin ich erst zu Wort gekommen, Was gut an mir war dir verbunden. In Fleisches Lust warst du befangen, Und jetzo bist du ihr ganz eigen, Ein böses Alter wird dir zeigen, Wie dir die Jugend schlecht vergangen.

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Dem Schatten bist du nun ganz eigen, Das Böse faßt dich an den Haaren, Bezwingt dich nun in spätern Jahren, Und strafend wird sich alles zeigen. Der Jugend Traum hast du vernichtet, Und alte Wahrheit wird dich fassen, Nun must du lieben, was zu hassen, Die Seele mein mitleidig flüchtet.

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So weit gieng sie, bis sie diese Worte ausgesaget, hernach schickte sie sich zum Tode. Noch eines sprach sie: O Himmel behalt dem Frontalbo nicht diesen Fehler, denn er sündiget unwissentlich an mir. Laß ihn aber seinen Irrthum erkennen, eh der dritte Tag vergeht. Ich wollte nicht zusehen, wie sie stürbe, ging darum nach Hause, aber mein Gewissen ließ mich wenig ruhen. Die Orbella, welche ich zu Hause hatte, gab mir zwar die köstlichste Worte und suchete mir meinen Willen, wie ichs begehrte, allein es kam mir doch vor, als wenn diese eine Fremde wäre. Denn sie fragte nach Sachen, die sie doch selbst in Bewahrung hatte. Gegen Abend, als die Nacht fast hereinbrechen wollte, ging ich noch einmal zu sehen, was die halbtodte Orbella machen würde. Als ich hinkam war sie schon todt, ich trat hinzu sie zu ermuntern, aber sie war den Weg alles Fleisches gegangen. Ihr Gesicht, welches sie mit den Händen vor den Streichen geschützet hatte, war ganz blos, obwohl auch ein wenig verstellet, denn sie war fast noch nie krank gewesen, und hat also bey gesundem Leibe sterben müssen. Wie bitter ihr der Tod angekommen, ist einem jedweden leicht zu erachten. Weil ich sah, daß die Orbella todt war, so konnte ich doch nicht zugeben, daß die Vögel sie verzehreten, denn ich war ganz geändert und hätte tausendmahl gewünscht, daß sie noch leben möchte, allein weil mein Wunsch nicht thätig seyn konnte, so ging ich fort eine Hacke zu holen, damit ich sie vergrube. Als ich in mein Haus will gehen, kommt ein altes Weib daraus getreten. Die fragte ich: Ei Mutter, was wollt ihr denn? Sie sprach: Ei nun, so kennt ihr mich noch nicht? Ich sagte: Ich kenne euch nicht. Sie sagte: Es ist schon gut, so werdet ihr mich kennen lernen, wenn ihr mich nun nicht kennet. Ich ging im Hause herum und suchte meine Orbella, aber da war niemand denn das alte Weib vorhanden. Ich wollte mich stracks erstechen auf diese Begebenheit, die als ein Berg auf mich fiel, allein Orbellens Geist kam mir vor, als wenn er spreche: O Frontalbo, thue dir kein Leid, sondern geh und bestatte den Leib, den du unwissend ertödtet. Und forthin heiße nicht mehr Frontalbo, sondern Dolobert, weil deine Orbella todt ist. Wir müssen die Liebe büßen; weil wir uns so hoch geliebet. Denn sie war nicht rechtmäßig, indem wir uns vor allen Leuten haben in einem fremden Lande verbergen müssen. Eltern und Freunde haben wir mit unserer Liebe betrübet, darum werden wir auch gar recht, ich mit dem Tod und du mit der Quaal, welche unaussprechlich seyn wird, bezahlet. Geh nun eilends und beerdige mich, auch rufe mich nimmermehr hinführo mit Namen! 140

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Als der Geist dies gesagt hatte, wich er von mir. Ich aber erwachte gleichsam aus einem Traum und machte mich auf, der Orbellen Leib zu begraben. Herr! ich habe den Leib, welcher ganz mit Blut überlaufen war, mit meinen Thränen so rein abgewaschen, daß ich nimmermehr geglaubt hätte, daß ein Mensch so viel weinen könnte als ich weinete. Ich hatte mit dem Leichnam bis in die Nacht zu thun, und der Mond war mir noch so günstig, daß er mir Licht verlieh, bis ich einen Sarg von vier Brettern machte, den Leib darein zu legen. Die Grube war schon fertig, und der Sarg imgleichen. Ich hatte aber nicht so viel Kräfte, daß ich diesen unglückseligen Leichnam allein hätte verwältigen können, denn mein weinendes Gemüth und die halbsterbende Seele waren unkräftig, diese unseligen Glieder zu heben. Endlich, als ich mich fast todt geweinet, nahm ich doch mit Gewalt meine erstarrten Hände zu ihrem Amt an, damit meine Liebste nur unter die Erde käme, denn nach meinem Tod wäre es nimmermehr geschehen, daß sie wäre begraben worden. Und weil mir der Tod auf der Zunge saß, eilete ich, mit der Beerdigung fertig zu werden. Ich sollte ihr ein Leichenlied singen, aber die Worte zerbrachen in meinem Munde, daß nichts als ein trauriges Ach davon erhöret wurde. Ich saß auch noch auf dem Grabe und bat den Himmel, er möchte mich doch auch zu sich nehmen und derselben zu gefallen. Es war alles vergeblich, meine Unwissenheit zu beweinen und die Mordthat zu beklagen. Nachdem ich also mit meinen Jammerworten den Himmel angefüllet, kam die Alte und wollte mich mit zu Bette haben. Ich fragte sie, was ich mit ihr zu schaffen hätte? Sie sagte, ich hätte mit ihr zu schaffen, und ich sollte fortgehen, sonst wollte sie mich mit einem Prügel nach Hause weisen. Ich gedachte an die Worte des Geistes, allein die Thränen hatten mich so sehr ausgemattet, daß ich keinen Fuß vor den andern setzen konnte. Als ich nun auf das andere Wort der Teufelin nicht gehorsamete, faßte sie mich bey den Haaren, und schleppte mich auf der Erde so jämmerlich über Stein und alles, daß ich einem Uebelthäter gleich sah. G – A.

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Nah’ ist Und schwer zu fassen der Gott. Und wenn die Himmlischen jetzt, So wie ich glaube, mich lieben, Wie vielmehr Dich, Denn Eines weiß ich, Daß nehmlich der Wille Des ewigen Vaters viel Dir gilt. Still ist sein Zeichen Am donnernden Himmel. Und einer steht darunter Sein Leben lang. Denn noch lebt Christus. So sind aber die Helden, seine Söhne, Gekommen all und heilige Schriften Von ihm und den Blitz erklären Die Thaten der Erde bis jetzt, Ein Wettlauf unaufhaltsam. Er ist aber dabey, Denn seine Werke sind Ihm alle bewußt von jeher. Hölderlin.

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Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen.

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Fassen wir genauer das Bild ins Auge, das wir in jener Sage eben an uns vorübergehen sehen, dann dringt sich ein merkwürdiges Resultat uns auf. Zunächst ergiebt sich, daß das Ganze auf eigentlichen teutschen Gedichten ruht, die hier nur in Prosa aufgelöst, und in Form eine Romans gebracht erscheinen. Ausdrückliche Zeugnisse dessen, der die Paraphrase unternommen, hier und da durch das Buch zerstreut, bestättigen diese Annahme. So sagt er p. 445 bey Gelegenheit des Zuges von König I s u n g nach Wilkinaland, wo die Königin O s t a c i a ein Heer von wilden Bestien durch ihren Zauber ihm entgegensandte: „ Te u t s c h e L i e d e r beschreiben, wie sie ein Heer von Wehrwölfen gehabt, und selbst als Drache dabey gewesen sey“: dann heißt es auch wieder p. 494 gegen das Ende der Nibelungen: „Denkwürdig sind die teutschen Berichte der Einwohner von S u s a (so heißt hier A t t i l a ’ s Hauptstadt), die erzählen, was Alles damal sich zugetragen. Sie bezeugen den Tod H a g e n e ’ s und I s u n g s ; weisen den Kerker noch, worin König G ü n t h e r starb; den Garten, der von der Niederlage noch jetzt der Nibelungen Garten heißt. Auch andere glaubwürdige Männer von M ü n s t e r und B r e m e n haben, ohne von jenen etwas zu wissen, mit der treffendsten Uebereinstimmung alles beynahe mit denselben Umständen beschrieben. Daraus ergiebt sich die unbezweifelte Wahrheit der Volkstraditionen, die man in G e d i c h t e n t e u t s c h e r Sprache zur Verherrlichung der Thaten großer Männer zu singen der Sitte hatte.“ Wieder an einem andern Orte: „die t e u t s c h e n Gedichte reden von dem blutigen Streite D i e t e r i c h s und der N i f l u n g e r , und wie das Schwert Eckisax auf den Helmen geklungen; endlich im Zorne sprühte D i e t e r i c h Feuerfunken, daher der Ursprung der Sage, H a g e n e s Panzer sey glühend davon geworden.“ 143

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Unter diesen Gedichten waren nun auch, wie sich aus der Vergleichung ergiebt, die Nibelungen; und andere, die sich mit etwas veränderten Formen im H e l d e n b u c h e , in den Dänischen W i s k e r s und der E d d a erhalten haben. Betrachten wir unter dieser Voraussetzung die innere Construction der Sage, und sehen wir auf den genauen und innigen Zusammenhang, in dem alle Theile derselben ineinander greifen; wie sie keineswegs blos durch einen zufälligen äußern Faden verbunden sind, neben einander gestellt etwa durch die Willkühr des Sammlers, sondern wie ein inneres Band sie in sich selbst zu einem O r g a n i s m verknüpft, in dem Jedes mit dem Andern und dem Ganzen auf eine solche Weise verkettet ist, daß immer das Erste sich auf das Letzte und hinwiederum zurück bezieht: dann steigt die Wahrscheinlichkeit uns auf, daß die Sage keineswegs auf eine Reihe nur lose untereinander verbundener Romanzen sich gründe, sondern daß ein großes colossales Gedicht ihr unterliege, in dem die Nibelungen nur ein Gesang gewesen sind, während Trümmer der Andern im Heldenbuche und sonstwo sich erhalten haben. Wir würden dann, ausgehend von dieser Annahme, und verfolgend die Spuren der Gliederung, die unverkennbar durch das Werk durchgehen, das Ganze etwa so eintheilen, daß im ersten Gesange die Erzählung von D i e t e r i c h und H i l d e b r a n d das Gedicht begonnen habe, dann IIter Gesang Ve l e n t und V i d g a diesem sich angeschlossen, III O s a n t r i x und A t t i l a , IV D e t l e f und S i g u r d von Griechenland, V D i e t e r i c h s Hülfszug nach Hunnenland, VI S i g m u n d und S i g u r d s w e n , VII Der Zug der dreyzehn Helden nach Bertangelland, VIII I r o n J a r l und S a l o m o n , IX S i f k a und E r m e n r e k und D i e t e r i c h s Vertreibung, X Zug nach Italien mit den Hunnen, XI die Nibelungen, XII D i e t e r i c h s Rückkehr. So würde das Ganze also in zwölf Gesängen sich gerundet und geschlossen haben zur Himmelsbrücke, aus eben so viel weit gespannten Bogen gewölbt, auf der die Poesie herübergestiegen im Feyerzuge aus einem andern Welttheil in den Unsern. Und hat wirklich je ein solches Werk bestanden, dann hat die Nation in dem ein Denkmal besessen, wie kaum irgend eine Andere, und wir müßten seinen Untergang als ein öffentliches Unglück bedauern. Aber es entsteht, wenn wir erwägen, was aus so frühen Zeiten in der Edda und der Skaldenpoesie sich gerettet hat, und dort als nordisches Erzeugniß sich ankündigt, die Frage, ob denn überhaupt dieser ganze poetische Kreis teutschem Boden eigenthümlich angehöre, oder später erst ihm zugeführt worden und in ihm angepflanzt? Es kann nicht von 144

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besondern Formen die Rede seyn, sie wandeln, wenn die Poesie noch lebt, und nicht in Büchern einbalsamirt liegt, in Tücher eingewickelt, mit Hieroglyphen beschrieben, wie die Geschlechter vorüberwandeln: aber mit dem, was unwandelbar in den Generationen durch die Formen läuft, ist auch das Urerste ihrer Poesie gegeben; von dieser Kernmasse, die das Erste und das Letzte zugleich befaßt, kann nur gesprochen werden. Da ist es denn klar, daß der Ursprung der nationellen Poesie zusammenfällt mit dem Ursprunge der Nation; wo ihre Geschichte aus der Naturgeschichte hervorgebrochen, da ist der Faden angeknüpft, und sie nehmen ihn durch alle Gänge ihrer Entwicklung mit: der Faden aber ist nicht gesponnen aus todter Faser, eine grünende Schlingpflanze umrankt er die Schreitenden, und umwindet sie schön und freudig anzusehen, wie mit grünen bunten Schlangen mit Laub und Blüten, und wächst immerfort wie das Leben weiter eilt, und welkt mit ihm und stirbt mit ihm. Wir schiffen an dem Strom hinauf, in den die Völker sich ergießen; der ein Arm, der über den Norden zieht, führt nach A s i e n zum C a u c a s u s hinüber, aber wir finden die Quelle nicht, denn die Wunde ist vernarbt, die Erde ist von ihr genesen. Weint der Stein in J e r u s a l e m auf diese Stunde noch, der den Herren leiden sah, die Berge dort in A r m e n i e n Zeugen der Wundergeburt, sprechen in ihrer Sprache noch von den Ereignissen, und die Sage, die auf den Bergen geht, singt noch immer ferne und leise durch die dicht zu Jahrtausenden gedrängten Jahrhunderte hervor, rührend tönen die Heldenchöre durch die milde Dämpfung. In der That geht ein Geschlecht von Sagen im Orient um, das in gerader Linie von denselben Vorvätern abgestammt, den gleichen Familiencharakter mit den nordischen Traditionen trägt. Die P e r s e r , obgleich ein östliches Volk, doch dem Caucasus eng verwandt, und aus einer Wurzel mit Jenen hervorgegangen, haben in ihrer Poesie auch am meisten nordische Physionomie angenommen. Das königliche Buch, S c h a c h N a m e h , in 60000 Beits oder Distichen von F e r d o u s s i im zehnten Jahrhundert nach alten Traditionen und persischen Chroniken zusammen gedichtet, erzählend die Thaten der alten persischen R o k h ’ s , (Recken) Heroen aus den ersten Dynastien, feyert besonders dort die beyden gespriesensten Helden des Orients R o s t a m und A s f e n d i a r . R o s t a m , Sohn von Z a l - z e r Goldhaar, dem schönen Jüngling, in den sich R o u d a b a h aus K a b l e s t a n verliebt; unter allen persischen Kriegern der tapferste, Tc h o u m t e n der Bronzerne genannt; in vielen Schlachten und Zweykämpfen immer siegreich; be145

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sonders durch jenen großen Streit berühmt, den das Gedicht G e n k d u a z d e h R o k h , Kampf der zwölf Helden, gleich den douze preux de la France, genannt, besingt, wo beym Einbruch der Tu r a n i e r aus Tu r k e s t a n über den G i h o n in Persien unter C a i k h o s r u , zwölf Helden von beyden Seiten in einem Gottesurtheil den Krieg entscheiden sollen, und R o s t a m nun durch seine Thaten den Persern den Sieg zuwendet. A s f e n d i a r aber G i s c h t a s b s Sohn, von ihm auf Z e r k u n b u d a n im goldnen Schloß gefangen; beym Einbruch A r g i a s b s aber in Freyheit gesetzt, seine Eisen mit den Händen brechend, greift er die Feinde an, und wirft sie schnell über den O x u s zurück, und tödtet den König der Tu r a n i e r im eigenen Schloße R o u i i n d i z , Erzhaus. Wie sein Vater ihn aber gegen R o s t a m sendet, der in der Provinz unabhängig sich gemacht, da dauert der Zweykampf unentschieden einen ganzen Tag hindurch; erst am zweyten gelingt es R o s t a m , wie er gewahr worden, daß A s f e n d i a r durch Zauber unverwundbar für Pfeil und Schwerdter ist, ihn mit der Keule zu erschlagen, nachdem Wunder des Muths und des Waffengeschicks von den Kämpfenden verrichtet worden. Ausserdem hat die persische Literatur eine Reihe Romane über die erste fabelhafte Heldendynastie der P i s c h d a d i e r , die mit C a i o u m a r r a t h , dem K a i o m o r t s des Z e n d a v e s t a, 4000 Jahre vor der christlichen Zeitrechnung beginnend, viele Jahrhunderte befassend, durch Ta h m u r a s b , G i a m s c h i d , den Erbauer von P e r s e p o l i s , den alten E s k a n d e r D h o u l c a r n e i n , den zweygehörnten, der die Mauer baute, von der wir oben geredet, Z h o h a k , F e r i d u n und mehrere andere Könige in die zweyte Dynastie der C a i a n i d e n übergeht. Unter diesen Romanen, N a m e h s genannt, sind besonders C a i o u m a r r a t h , T h a m u r a t h , H o u s c h e n k , C a h e r m a n N a m e h im Orient berühmt. Dort sehen wir alle die Hauptmomente der occidentalischen Poesie gleichsam vorbildlich angelegt. Die Riesen auf dem Gebürge C a f , denen besonders der Dritte in der Linie T h a h a m u r a t h furchtbar ist, deswegen auch D e v b e n d , Riesenbändiger, auch P e h c l e v a n Z a m a n , der Held seines Jahrhunderts genannt, weil er sie geschlagen, und in unterirdische Höhlen eingesperrt. Unter ihnen besonders gräulich S a f a g a n S e m e n d o u n mit tausend Armen, A r g e n k , D e m r u s c h der schrecklichste, der in einer Höhle wohnt, umgeben von unermeßlichen Schätzen, wohin er die schöne M e r g i a n e entführt, die S i a m a k befreyt. Das Schild des G i a n b e n g i a n , berühmt im Orient, wie jenes des A c h i l l e s, das drey S o l i m a n s nacheinander schon ge146

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braucht, das dann auf K a i u m a r a t übergieng, aus sieben Häuten verfertigt, mit sieben Kreisen umgeben, als Talisman gebildet, so daß es allen Zauber der Riesen und Dämonen zerstörte; T i g a t e s c h das Blitzflammenschwerd, und S a m s a m das sehr gute Schwerd, das bis zum Khalifen H a r u n a l R a s c h i d kam; der Panzer G e b e h , der in jeder Schlacht Sieg verschafft; das Schlachtpferd S o h a m des S a m N e r m a n s , das alle Ungeheuer schlug; die spätern Greife im Vogel S i m o r g a n k a, der sieben Weltalter gesehen, und alle Sprachen spricht; die Feen im Lande G i n i s t a n : das alles sind gleichsam stehende Typen der Poesie, die dort noch vom ersten Guße sich erhalten haben. Man könnte glauben, daß diese Gedichte, Werke späterer Zeit, etwa aus dem Occident herübergekommen seyen, allein leichter gehen die Dinge mit dem Strome, als daß sie gegen ihn ankämpfend sich bewegten; schon im zehnten Jahrhundert lebte F e r d o u s s i , und später hin bey weit genauerer Berührung hat der Orient mehr gegeben, als empfangen. Aber weit hinter F e r d o u s s i und die übrigen neupersischen Dichter fällt auch die Entstehung dieser Sagen zurück. In M a h o m e t s Geschichte wird erzählt, wie zu seiner Zeit im sechsten Jahrhundert, N a s s e r ein arabischer Kaufmann, der lange nach Persien gehandelt, bey seiner Zurückkunft von dort die persischen Romane von A f r a s i a b und R o s t a m mitgebracht, und ihre Thaten und Abentheuer seinen Landsleuten erzählt; und wie diese ihnen so wohl gefallen, daß, als sie Mahomet mit seinen Geschichten aus dem alten Testamente unterhielt, sie seine Erzählungen verachteten, und jene für weit schöner erklärten, weswegen der Prophet im Grimme daher den Märchenerzähler feyerlich verwünschte. Auch der Z e n d a v e s t a , noch zwölf Jahrhunderte weiter zurück entstanden, nennt die Namen der meisten jener alten Helden, und erwähnt ihrer Kriege mit den D e w s und den Tu r a n i e r n . Das war die Mitgabe, die bey ihrem Zug nach dem Westen die Völker aus dem Stammland mitgenommen, wie sie sich schaarten je nach Stämmen und Geschlechtern und Zungen, da verarbeitete jedes die Masse auf eigne besondere Weise; es siedelte die alte Fabel sich mitten unter ihnen an, und wurde immer wieder jung, und hatte Landesart und Volkessitte, und gieng mit auf allen ihren Wegen, wie ein groß mächtig Wesen, das vor ihnen her immer über die Berggipfel schritt, und Thaten auswarf wie Saamenkorn im Bogen links und rechts, das aufgieng in Gesängen, die durch die Thäler klangen. Scharf geschieden ist in frühen Zeiten jeglichen Volkes Besonderheit: ist jeg147

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lich Land mit eigenen Gebirgzügen wie mit großen Runen beschrieben, und ist das Wassernetz darüber hingeworfen, gesponnen aus Flüßen, Strömen, Bächen, Quellen, alle aber aus dem einen und selben Element herausgebildet, dann ists nichts anderst im Leben unter diesen Völkern. Jede Brust ist auch ein Crystallgewölbe, und die Propheten schlagen mit dem Stabe an, und es quillt frisch und kühl das innere Wallen als ein feuriger Wein hervor; denn es ist Weihnacht für die Nation, und es dauert Jahrhunderte, ehe die zwölfte Geburtsstunde an der Weltuhr ausgeschlagen. Jedes Volk giebt eigene Weinesart, seine Geschichte ist die Gährung, in der sich der brausende Geist befreyt, blutroht schafft ihn der wilde Krieg, golden der Frieden und die Liebe; wäre die Zunge und das Auge fein und scharf, sie mögte die ganze Chronik der Vergangenheit in der lichten Klarheit kostend lesen, um sie in dem Rausche immer wieder zu vergessen. Sicher! hat bey irgend einem Volke ein poetisches Denkmal sich erhalten, das ganz auf seiner Geschichte ruht, das gleichsam das Herz dieser Geschichte selbst ist, das in seinem Wesen mit dem Wesen der Nation aufs innigste verflochten, ihre ganze Charakteristik trägt, wir können glauben, daß es auch auf ihrem Boden, in ihrem Gemüthe, geworden sey. A t t i l a ’ s Einbruch war ein schweres Verhängniß eingetreten in jene Zeit; wie ein feurig, wirbelnd, sausend Meteor zog es dahin, und warf nieder alles vor sich her; die germanischen und die gallischen Völkerschaften, unter ihnen besonders die Gothen, waren mitten hineingezogen in den Sturm, die Römer aber standen wie eine versinkende Erscheinung am fernen Horizont. Mit ihnen war die griechisch lateinische Poesie auch alt geworden, aber die Naturpoesie nimmer alternd, war unter den Barbaren selbst eine Barbarin geboren, und S c a l d e n , B a r d e n , S e a n a g h i e s waren ihre Blutpriester und ihre Verkündiger. Germanen und Hunnen, Stahl und Kiesel: in dunkeln, glühenden Funken sprühte das schlafende Feuer auf, und schlug frey geworden seine tönenden Kreise durch die Lüfte durch. So wurde gewaltsam der innere Geist entkettet, und in den leichten, schwebenden Gesang gefaßt. In diesen Bardenliedern müssen wir die zweyte Quelle der Nibelungen anerkennen, wie wir die innerste Ader tief im Osten aufgesucht. Te u t s c h l a n d , wie es damal tief hinunter nach S p a n i e n , G a l l i e n und I t a l i e n selbst A f r i c a gereicht, und hinauf nach B r i t a n i e n und S c a n d i n a v i e n ; all das weite Gebiet durch das Band einer Muttersprache verknüpft, war das Feld, auf dem die Stürme um den Anfang des neuen Erdenjahrs gegeneinander sich versuchten. Wie Pilger zo148

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gen in ihm nach allen Richtungen die Nationen auf Kampf und Schlachten aus; unter ihrem Tritt bersteten die Adern der Erde, sie blutete in tausend kleinen Springquellen auf, und daraus sammelte sich später erst der schöne große Strom das Epos; der Mittelpunkt seines Lebens kann nur in der Mitte seiner Geschichte liegen. Nachdem große Staaten aus dem Muttervolke, große geschlossene Sprachen aus der Muttersprache sich geschieden hatten, und die Cultur einen allgemeinen Verkehr zwischen den Organen, gleichsam wie durch ein höheres Nervensystem vermittelt hatte, begann der Tausch und Wandel. Im Urbeginn war e i n e Poesie und e i n e Fabel, die bildete im Fortschritte jedes Volk auf eigene Weise sich und seinen Thaten an; im Verfolge strebte dann das individuell gebildete wieder zur Vereinigung anderer Art, wie die Flüße eins sich im Erdenschooß, und eins wieder werden wollen im Meeresschooß. Von Lande zu Lande wurde die Sage hinübergerufen, die vorher innerhalb des Baus beschränkt geblieben; es begann ein Aneignen, ein Sammeln, ein Acclimatisiren, wie in den Kunstgärten nach und nach sich die Pflanzen aller Himmelsstriche sammelten, und von dort aus die Geographie der Vegetabilien sich immer mehr verwirrte. So reißten die I s l ä n d e r z . B . im zehnten und eilften Jahrhundert viel nach Teutschland; E r l a n g e n und C ö l n waren die Orte, die sie besonders häufig besuchten. S ä m u n d F r o d e , der Sammler der E d d a hielt sich um 1070 an dem letztern Orte auf; sie machten sich mit der teutschen Poesie bekannt, und brachten sie nach dem Vaterlande mit, und es verband dort sich mit dem, was Einheimisches erblühte, und wuchs und gedieh recht fröhlich neben dem, was des Landes war, und bald hatten die folgenden Geschlechter schon das Andenken daran verloren, wie all das sich zusammengefunden hatte. Dadurch wird indessen keineswegs die Wahrscheinlichkeit auch des ganz entgegengesetzten Ganges ausgeschlossen. Glänzend wie irgendwo war im Norden die Poesie erblüht, Dichter machten Kriegszüge der Fürsten, und ihre Pilgerfahrten nach dem heiligen Lande mit, und bildeten die Fahrten selbst in Gedichte um; von einer eigenen poetischen Wuth gleich der Bereserkerwuth, die diese Scalden ergriff, und jedesmal mit den Aspecten des Mondes zusammenhieng, die ihre Poesie eben als reine Naturpoesie bezeichnet, was man auch immer gegen diese einwenden mag, sprechen die Chroniken und Sagen aus jenem Lande: unmöglich kann es ihm daher an eigenthümlichen Dichtungen gemangelt haben, was denn auch ihre großartige schöne Mythe bis zur Anschaulichkeit beweißt. Allerdings kam wohl der 149

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Hauptstoß von Osten her, der den Stromgang der Völkerwanderung zuerst in Bewegung setzte, aber es kam unläugbar auch ein bedeutender von Norden herab, und mit den Volkssäumen schwärmte auch die Poesie von jenen Gegenden aus. Die Flora des Nordens und des Südens wurde wechselseitig gegeneinander umgetauscht, und wir dürfen uns deswegen nicht irre machen lassen, wenn wir große Gedichte, die ursprünglich auf teutschem Boden ruhen, umgebildet auf nordischem erblicken.*) Die Geschichte hat nicht Buch gehalten über das, was in jedem Lande eignes gewachsen ist, oder wißt ihr etwa auch um das Vaterland des Brodes nur, daß ihr täglich esset? Behalte daher unbestritten der Norden seine Mythe, Te u t s c h l a n d sein Epos; jene ruht eben so unbezweifelbar auf nordischer N a t u r , wie dies auf gothischteutscher H i s t o r i e . Sage gegen Sage gesetzt, finden wir im Codex der Annalen des S n o r r o , da wo er p. 75 – 76 die Geschichte des W i d - f o r oder des M a g u s J a r l beschreibt, wie C a r l d e r g r o ß e , nachdem er so vieles von den alten Helden D i e t e r i c h v o n B e r n , V i d g o Ve l i n t s Sohne, den N i f l u n g e n G u n n a r , I s u n g und dem nordischen H a l d a n gehört, begierig geworden sey, sie selbst einmal zu sehen, und wie der Magier nun durch Zauberey es dahin gebracht, daß alle bewaffnet, auf ihren Pferden sitzend, geschaart in drey Reihen dem Kayser entgegengetreten seyen. D i e t e r i c h in der Reihe der Dritte unter den zwölfen, vor allen ausgezeichnet durch Kraft und riesenmäßiges Ansehen, sey dann vom Pferde gestiegen, und alle hätten auf Sitzen um den Kayser her Platz genommen. Daraus ergiebt sich, wie weit die Tradition den Ursprung jener Dichtungen zurück versetzt, und wie sie keineswegs als eine nordische örtliche Heldensage betrachtet wurde, sondern als eine dem ganzen teutschen Europa Gemeinsame. Ein vierter Aufsatz, der was unmittelbar auf *) Das Gedicht über die Rache der Chrimhildis auf der Insel Hvena, von dem oben die Rede war, wird gleich brav wie das vorige des Dieterich von Bern von Herrn Grimm übersetzt, in einem der nächsten Blätter folgen. Der Uebersetzer hält den Schluß des Gedichtes von Hagenes Sohn, und dem Tod der Chrimhildis für unterschoben. Es mögte dieser Schluß, der sich auch in der Wilkinasage findet, wohl gleich ächt seyn, wie das Uebrige, beydes nur accomodirt dänischen Verhältnissen. Die Vermuthung würde vieles für sich haben, daß diese Accomodation von dem Scalden Thiodolf, Dichter am Hofe Harald des schönhaarigen, Verf. der Ynglingatal, der auch am Anfange der Snorroschen Edda angeführt ist, und selbst von der Insel Hvin (Hwen, worauf Tycho Brahes Uranienburg) gebürtig war, herrühre. 150

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Seelied. Es schien der Mond gar helle, Die Sterne blinkten klar, Es schliefen tief die Wellen, Das Meer ganz stille war.

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Ein Schifflein lag vor Anker, Ein Schiffer trat herfür: Ach wenn doch all mein Leiden Hier tief versunken wär. Mein Schifflein liegt vor Anker, Hab keine Ladung drinn, Ich lad ihm auf mein Leiden, Und laß es fahren hin. Und als er sich entrissen Die Schmerzen mit Gewalt, Da war sein Herz zerrissen, Sein Leben war erkalt. Die Leiden all schon schwimmen Auf hohem Meere frey, Da heben sie an zu singen Eine finst’re Melodey. Wir haben fest gesessen In eines Mannes Brust, Wo tapfer wir gestritten Mit seines Lebens Lust.

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Nun müssen wir hier irren Im Schifflein hin und her; Ein Sturm wird uns verschlingen, Ein Ungeheuer im Meer. Da mußten die Wellen erwachen Bey diesem trüben Sang; Verschlangen still den Nachen Mit allen Leiden bang.

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Wenn aus Aurorens Purpurgewölken, Die Düfte theilend Mit der Strahlen Gewalt, Phöbos, der Herrliche, tritt, Daß die goldnen Locken Im Sturme flattern, Daß unter dem leuchtenden Fuße Wonnig die Erde bebt, Und mit der Blumen thauigem Blick, Mit den befiederten Kehlen, Und der Sterblichen neuerwachtem, regem Gewühl, Schmachtend, seiner Fülle sich entgegendrängt; Sieh! Er wandelt, Von ihr unbewegt, Den ewigen Gang; Sendet die glühenden Pfeile Aus belebendem Köcher Segnend zur Tiefe herab; Oder verbirgt sie, Nach seinem Gefallen,

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*) Dieses Gedicht ist ursprünglich bestimmt, in einen Cyklus griechisch-mythologischer Darstellungen einzutreten. 153

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Schlaff das Feuergeschoß, In der Wolken dunkler Umhüllung.

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Denn um der Erde Dürftige Kinder Lebt unbekümmert Der Himmlischen Chor; Ob in dem engen Busen, Taumelnd vor Seligkeit, Das Herz in flüchtiger Wonne rast: Oder zum Abgrund geneigt, In den finstern Gewalten, Blutig die Thräne dem Aug’ entstürzt: Sie spotten seiner. Sitzend da droben Am schwellenden Mahl, Wo ewige Freude den Saal durchrauscht, Wo, von Schmerz unbedrängt, Nicht kennend die Sehnsucht, Hebe den Nektar vollschäumender Jugend schenkt! Oder er tritt herab Der Strahlen entkleidet In der Seuche tödtender Finsterniß, Und mit gelassener Hand Schnellt er nächtliche Pfeile Von wild-dröhnender Senne ab; Daß in der Rosenröthe Die Jugend bleich wird, Und Greise gramvoll, Und Mütter verlassen, Auf die theueren Leichen gesenkt, Zagend in Todesnoth, Vergeblich wehklagend, die Arme wenden zum Himmel empor. Dann über Quellen geneigt Und anmuthige Teiche Von Erlen umkränzt,

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Bewegt er das lichtlockichte Haupt In dem silbernen Spiegel sich schauend. Die Bläue beschaut sich mit ihm: Ihm duften die Fluren: Ihm schweigen die Lüfte; Und er verweilt lange, ruhig, In göttlicher Seligkeit, Staunend, verwundernd, Seiner eigenen Schöne sich freuend. Müde des Lenkens Läßt er drauf die ermatteten Rosse, Wo sie die Nacht in plätschernden Wellen tränkt; Und am Abhang gelagert, Stimmt er die tönende Leyer Zu des Herzens nie schweigendem Jubelgesang: Dann klingen die Felder Weithin von dem wunderbaren Lied; Staunend aus den Wäldern Horcht das Gewild auf: Die Felsen versuchen den Nachhall; Der Vögel geselliger Schwarm Ruht lauschend in der Nähe, Die Töne saugend in die melodische Brust; Und abseits in den Thälern Stehn die Hirten, auf die Stäbe gelehnet, Blicken sinnend in den Abendglanz, Und der Friede, die Stille, Die Ruhe, die Liebe, Kehrt unbegriffen in ihr mühegelöstes Herz! Wie du erscheinest Phöbos-Apollon Vor des Sterblichen trunknem Blick; Wildstürmend, verzehrend, Von Nacht umdunkelt, Umflügelt von Graun: In warmem Leuchten erquicklich:

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Immer senk’ ich mein Antlitz, In Demuth gebeuget, Vor deiner Herrlichkeit! Aber willkommen bist du, Wenn du der reinen Brust Heilige Lieder vertrauest. So beglücke mein Leben Treu dir, von Gesängen umklungen! Dann winke nur leise Dem muthwilligen Gott, Daß er um die gaukelnden Fersen gefittigt, Den grauen, müden, Gern folgenden Greisen Mild leite zu des Orkus dunkelem Thor! Christian Schlosser.

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Golo und Genovefa, ein Schauspiel in fünf Aufzügen vom M a l e r M ü l l e r .*)

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Der Anfang des Stückes erweckt die Burgen, wo in der Ruhe allerley Liebe sich verbunden hatte, mit den Anstalten zum Mohrenkriege. Es kommt die Nachricht, daß Golo zurückbleiben soll, daß Siegfried alles *) Wir liefern hier einen Ueberblick des einzigen geendigten ungedruckten dramatischen Werks von dem allgemein geehrten Friedrich Müller (bekannter unter dem Namen Maler Müller) die allgemeine Neugierde ist darauf gerichtet, aber nicht diese, sondern dramatischen Sinn wünschten wir zu befriedigen. Deutschland dankt die Erhaltung dieser Arbeit, so wie die nahe Herausgabe der Schriften Müllers, (der noch seiner Kunst in Rom lebt) dem schönen Eifer Ludwig Tiecks, dessen Ruhm und Einwirkung erst die Nachwelt im ganzen Umfange ermessen kann. Müller, als Maler und Dichter zugleich eigenthümlich, ist besonders seinen Landsleuten ein herrliches Zeichen jener saturnischen Zeiten, ehe der Krieg die Länder zerrissen, die der Rhein mit steten Lustreisen verband. Das Wohlleben jener Zeit, ihre Laune, ihr Aufstreben, ihr Uebermuth und ihre Rundung zeigt sich vielleicht in keinem, außer Göthe, so bestimmt wie in ihm, die Geschichte der Pfalz hat noch ihre näheren Ansprüche, denn kein Geschichtschreiber hat diese Empfänglichkeit zum Wohlleben wie er in 156

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seinen Idyllen gefühlt und dargestellt. Wer so wie Müller, und ich berufe mich auf das Zeugniß zahlreicher Freunde, alle die ihn irgend berührten mit Achtung und Begeisterung für Kunst erfüllte, daß nach Jahren noch sein Bild wie von einem alten Meister in frischen Farben glänzt, während die neueren ergrauten, der bezeichnet auch ohne Erwähnung in Literargeschichten eine Periode, es ist ein fremdes Auge im Stamme, aus dem wunderbare Früchte wachsen müssen. So hat auch seine Genovefa durch Ludwig Tieck schon ihre Frucht in dessen Genovefa getragen, so wie diese in den Zeichnungen der beyden Riepenhausen auch die bildende Kunst angeregt hat. Tieck wollte Müllers ganzes Werk in der Fortsetzung seines herrlichen poetischen Journals bekannt machen, als die unruhige Zeit alle Aufmerksamkeit zu dem täglich wachsenden Lebensdrange hinzog. Die Verschiedenheiten der Zeiten, die Berührungen und Entwickelungen des Geistes, der in der Welt durchdringt, und alles Entgegenstehende niederwirft, zeigen sich, wenn wir beyde Kunstwerke auch nur einen Augenblick einander gegenüber stellen: die neueren Anforderungen an Sprachherrlichkeit und strenges Zeitmaaß und Zeitkostum in Ausdruck und Gesinnung, finden wir bey Tieck erfüllt, bey Müller finden wir durchweg glückliche, behagliche Zeit, die sich selbst in der entferntesten Zeit wieder erkennen, uns ihre Verhältnisse und Lebensarten dahin übertragen mag, und wie die Zeit ernster geworden ist, so finden wir bey Tieck geistliche Erbauung vorwaltend, bey Müller geistige Belustigung in Abwechselung des Tons. Beyde haben Schakespeare gekannt und beyde anders verstanden, so daß man wohl endlich lernen mag, daß die allgemein Bewunderten nicht eben die Verständlichsten sind. Deutschland ging in der Zwischenzeit durch eine philosophische Ausgleichung und durch eine fortschreitende gelehrte Uebung; das deutsche Alterthum, dessen Kenntniß sich zu Müllers Zeit auf einige Ritterausdrücke beschränkte, ist seitdem mit einer Energie durchsucht und ergriffen worden, die nothwendig auch in der äußern Bildung des Volks künftig Zeugniß ihrer Einwirkung ablegen wird. Hochherzig in der Uebersicht unsrer Literatur, wie sie so reichhaltig denselben Stoff zweyfach ganz verschieden darstellen konnte, während die andern Völker sich mit der Erzählung begnügen müssen, die auch in unserm Volksbuche viel schöner erscheint, wenden wir uns mit einigem Eckel zu der wüthigen Heerde im Morgenblatt, in die der Teufel gefahren, und fürchten uns besudelt zu werden von denen, die von Tieckscher Be-, Ver- und Zerarbeitung alter Gedichte reden, indem sie in frecher Unwissenheit den König Rother in das Heldenbuch setzen, ihn zerarbeitet meinen, während Tieck fast nichts verändert hat, wie ihnen die Sprache sagen könnte, dem aber wohl das hohe Verdienst bleibt, dieses merkwürdige handschriftliche Gedicht, beym Lautlesen durchaus allen verständlich, seinem Volke bekannt gemacht zu haben. Doch wissen wir schon aus dem Buche vom ausgelassenen, wütigen Teufelsheer 157

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Zutrauen in ihn setzt sein Eigenthum zu beschützen, es ist vielen nicht recht, doch vergißt sich das über dem Abschied. Carl, ein junger Ritter, scheidet schmerzlich von Julie, die bey der Genovefa als Gesellschafterin bleibt. Genovefa wünscht mitzuziehen, aber Siegfried erlaubt es nicht. Siegfried überträgt dem Golo Ring und Siegel und alle Gewalt. Heinrich, ein schwatzhafter Arzt, erheitert die Scheidescenen. Als alle fort sind, prüft Golo sein inneres Wesen im Vorzimmer der Genovefa, er liebt sie, aber er meint nicht, daß er etwas Böses wolle; ein Kammermädchen bringt ihn auf einige andere Gedanken von Genovefa, sie kommt, und in ihrer Güte und traurigen Hingebung wird er fast wider seinen Willen vorlaut mit seiner Leidenschaft. Mathilde, die heimliche Mutter Golos, öffentlich seine Erzieherin, entwickelt ihre Plane, Herzogin von Schwaben zu werden, sie ist unzufrieden, daß Golo zurückgeblieben, sie scheint eine Hausfreundin der Genovefa, und reist zu ihr. Ein Einsiedler, eigentlich ihr versteckter Liebhaber, Wallrod, der ihretwegen seiner Familie entlaufen, wird fortgewiesen und beschließt sich zu rächen. Den zweyten Aufzug beschließt Golo mit dem Liede, dessen herrliche Entwickelung in Tiecks Genovefa uns entzückt, es macht den Eindruck, wie die Mutter eines großen Menschen. Wir theilen diese Scene (No. I.) mit. Golo ist jetzt schon nachsichtiger gegen sich, und fügt sich nur unwillig dem Wunsche der Mutter, fortzuziehen, die endlich sogar nachgiebt, und aus Liebe zu ihm seine Sünde fördern will. Golo läßt vor dem Altane der Genovefa ein Chor singen, auch diese Scene theilen wir mit (No. II.) Unterdessen will Wallrod aus Eifersucht Mathilden verderben, er ist zu schwach, und wird von ihr mit Geistesüberlegenheit bezwungen. Golo sucht in allerley nachdenklichen Büchern Rettung aus der Leidenschaft, Mathilde stört ihn darin, sie will alles zu einem bestimmten Ausgang bringen, diese menschliche Lust erscheint in ihr schrecklich. Unterdessen ist Genovefa durch Dragones gewarnt worden, der ein Vertrauter des Wallrod war, es werden Wachen ausgestellt, Golo erhält den Schlüssel zu Genovefas Zimmer durch die Mutter. Zum Garten geht Genovefa, Golo erklärt seine Liebe, Dragones kommt dazu und wird von ihm Straßburg 1586, S. 328, daß viel Teufel den Einsiedlern erscheinen, sind auch darauf gefaßt, und wenn wir nicht fürchteten, daß mancher wegen solcher elenden Streitigkeiten unser Blatt kaufen möchte, für den es nicht geschrieben, so würden wir wie Thedel von Wallmoden mit dem gehangenen Pferdediebe uns einen absonderlichen Spas mit ihnen machen. 158

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verwundet, Golo entflieht, und Mathilde, die auch herzueilte, giebt den Dragones, der da wachte, den herbeyeilenden Wachen als Verführer an, und Genovefa als schuldig. Sie werden bewacht. Genovefa verachtet die Freundin in ihrer Klugheit, allerley Liebe begegnet ihr von unbedeutenden Leuten, sie gebiert den Schmerzenreich. Mathilde läßt den Dragones durch seinen Freund Wallrod vergiften, um ihn in alle Schande zu verflechten. Im vierten Aufzug bringt Steffen, ein Diener Golos, dem Siegfried die Nachricht von der Gräfin Untreue ins Lager, vorher hat dieser Carln ins Schloß gesandt. – Mathilde hat einen Rath der Ritter versammelt, um über Genovefa zu richten. Vorher geht Golo zu Genovefa, er droht ihr Kind zu ermorden, sie schmeichelt es ihm ab, er geht ohne Hoffnung fort. Zum Rittergerichte erscheint Carl, er erklärt Golos Anklage für Lüge, nach welcher die Ritter sie zum Tode verurtheilt. Golo tödtet ihn im Zweykampfe. Genovefa wird von zwey Mördern in den Wald begleitet, Adam und Margaretha befreyen sie mit Gewalt und Geld, und verbergen sie im Wald, Golo verwirrt sich mit der Ueberlegung seiner Schuld, nach der Ankunft Siegfrieds; in einer wahnsinnigen Nacht verwundet er Mathilde, die ihm dann erzählt, daß sie seine Mutter, er flieht in die Wildnisse seines Schlosses. Julie stirbt, in ihren Händen findet man einen Brief Genofevas, worin sie ihre Unschuld erklärt, Siegfried wird durch diesen und die Nachricht von Mathilden, daß bey ihrer Hochzeit mit dem Herzog von Schwaben, Wallrod das Schloß angezündet und sie vergiftet habe, bestimmt, Golo bey einer Jagd auf die Probe zu stellen, Bernhart treibt ihn dazu; hier folgt No. III. der Schluß des ganzen Stücks, ausgezeichnet in dramatischer innerer Bewegung.

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No. I. Zweyter Aufzug.

Erste Scene. (Schloßgarten zu P f e l z e l. Ein Springbrunn im Hintergrunde.)

Golo

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mit der Laute, spielt und singt: Mein Grab sey unter Weiden Am stillen dunkeln Bach, Wenn Leib und Seele scheiden Läßt Herz und Kummer nach. Vollend’ bald meine Leiden, Mein Grab sey unter Weiden Am stillen dunkeln Bach. (wirft die Laute weg) Wer sie nur einmal recht anfassen, nur ein einzigsmal recht satt an’s Herz drücken dürfte, der wär’s! – Ha! für dich ist’s leicht sagen Mathilde: Ritter, entweich von hier, aber so wie ich, – der Hirsch lechzt nach frischem Trank, muß sterben, – zieh mich weg und ich bin tod. Kann nicht, mag nicht gedenken. Nein! nein! Mein Grab sey unter Weiden Am stillen dunkeln Bach!

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B r a n d f u c h s der Gärtnerjunge. B r a n d f . Husch! husch! wieder einen Schmetterling, dazu einen recht schönen. Glückt heut allwegs. (steckt ihn mit einer Nadel auf den Huth) Wird wieder eine Freude für Meister Adam sein, brav hinter’m Glas in seiner Sammlung floriren. G o l o . Der lustige freundliche Junge! Hat ihn gekriegt, seinen Schmetterling, hat ihn, ist zufrieden. B r a n d f . Ha! auch da! freundlichen Gruß, Herr Ritter. (giebt ihm die

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G o l o . Wie geht’s, Brandfuchs? Wie steht’s um die Arie, die ich dir jüngst gab? Hast sie bald auswendig? B r a n d f . Kann nur so an Feyerabend-Stunden dran lernen, Tags über treibt mich der Meister zur Arbeit. 160

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G o l o . Meister Adam ist sonst ein Freund vom Singen. B r a n d f . Das wohl, aber Arbeit, sagt er, geht doch vor. G o l o . Schon recht. – Mach, daß du die Arie bald lernst, kriegst was von mir. – Hast lange nicht vor Genovefa gesungen? B r a n d f . Gestern Abend, grade als ihr der Bothe von der Armee die Briefe gebracht. G o l o . Ist ein Bothe von Siegfried ankommen? B r a n d f . Wißt ihr denn das nicht? Der schwarze Jacob – gnädiger Herr, kennt doch den schwarzen Jacob? – Ja, das war auch eine Nachricht, die er mitbrachte: jetzt geht alles gut, die Mohren sind jetzt schon so gut wie niedergehauen, all, all miteinander. G o l o . Das wäre! B r a n d f . Glaubt’s, – mein Bruder ist glücklich bey der Armee ankommen, mein Bruder und Graf Siegfried mit all seinen Leuten frisch und eichelganz. Mein Bruder hat mich grüßen lassen und Ritter Carl hat dem alten Adolf einen Türken-Säbel zugeschickt, den er am ersten Tage gleich einem schwarzen Mohrenprinzen abgenommen. Der alte Herr drinnen hat eine absonderliche Freude drüber, will den Säbel gar nicht mehr aus Händen legen. G o l o . Hm! B r a n d f . Daß ihr nur dabey gewesen anzuhören, was er all erzählt, – mein lieber Bruder Christoph – schütz ihn Gott – der gute schwarze Jacob, der mir seinen Gruß überbracht, ich sah ihn zuerst die Brücke rein trotten, hab’ seinen Schimmel vor Freuden geküßt. G o l o . Für wen brichst du die Sträuße? B r a n d f . Einen für unsre liebe Gräfin, den andern für die schöne Fremde, die jetzt hier ist, – Gräfin, – wie heißt sie doch? Ueber sie selbst vergeß’ ich’s immer. G o l o . Mathilde. B r a n d f . Recht, eine wunderschöne Dame, so prachtvoll und erstaunlich. G o l o . Gefällt sie dir? B r a n d f . Für mein Leben. Verkriech’ mich in die Hecke und schau’ ihr zu halben Stunden nach, wenn sie so stolz im Garten Morgens auf und ab spatzieren geht. – Der Meister hat mich jüngst mal drum gewammßt. G o l o . Weil du gucktest. B r a n d f . Nein, weil ich zu lang blieb.

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G o l o . Wirst es jetzt satt haben. B r a n d f . Ein wenig Schläge, – was thut’s? Guck wieder, wenn’s sein kann und bin wohl. G o l o . Wähl hübsch, schöne große Nelken voll Thau, Genovefa liebt’s so. Würdest es schöner machen, Junge, wenn du zur Arbeit eins sängst. B r a n d f . Wenn ihr meint, meinetwegen, Gräfin Genovefens Leibstück. (singt und pflückt hie und da Blumen.) An Berg und Hügel hin Klimm’ ich, mein müder Sinn Schickt seufzend einen Blick In jenes Thal zurück; Ach jenes süße frohe Thal, Die Lüfte ziehen Alle Bäume blühen Erquickend im Thal. G o l o . Arzney für ein liebekrankes Herz. Wohin, Junge? B r a n d f . Hui! bleib da nicht, die hübsche Dame, dort kommt sie, – seht!

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(kriecht in die Hecke davon.)

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No. II. 2. A. 4. S. Genovefa, Mathilde,

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oben auf dem Altan.

M a t h . Hurra wie frisch lieblich. G e n o v . Schade, daß es Nacht ist, die schöne freundliche Aussicht ist ganz dadurch gehemmt, der grüne Hang schließt sich so traulich an jenes Tannenwäldchen. – Siegfried’s Großvater legte es an. M a t h . Die Luft buhlt recht mit einem. G e n o v . Ihr solltet diese Gegend mal so um die Heuerndte sehn, wie schön es dann ist, da waden die Mähmänner mit ihren Sensen durchs hohe Gras umher, dort zetteln es Mädchen zum Dörren auseinander und singen dabey Erndtelieder, andre häuffen’s auf, dann wimmelts recht mit Menschen, alles ist fröhlich, dort im Schatten halten dann die Wagen mit starken vorangespannten Ochsen, das trockne Heu von aufgethürmten Haufen nach Hause zu führen; ein Anblick, der recht das Herz anlacht und erheitert. 162

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M a t h . Ihr mahlt nach der Natur, schade, daß unser armer kranker Ritter nicht ein bischen von eurem Gefühl an dergleichen ländlichen Scenen hat, das müßte ihn bald kuriren. G e n o v . Was ihm nur anliegt! Er bleibt doch ganz gewiß wieder? M a t h . Wenn’s seine Laune zuläßt, die ihn ganz zusammen drückt. Der Mensch ist wie umgekehrt, ich kenne ihn nicht mehr. G e n o v . Woher’s nur kömmt. M a t h . Aus dem Herzen, dort, wett ich, steckt ihm der Pfeil. Wie’s nun in seinen jungen Jahren zu gehn pflegt. G e n o v . Glaubt ihr, er hab’ einer Dame ein Gelübde gethan? M a t h . Ganz gewiß. Der arme Narr, wie sehr er mich jammert. – Schade, daß er sich so verzehren soll. G e n o v . Die Dame muß sehr grausam seyn. M a t h . Was sind wir nicht, wo uns die Laune ankömmt, Harpyen, Drachen, Vipern dem einen, und schwache girrende Täubchen dem andern. Einen Trojanischen Brand könnte oft ein kluges Weib durch eine nachsichtsvolle Minute löschen. Und was ist’s denn auch im Grunde, warum wir die guten Männer oft an langsamen Feuer braten? Seifenblase, die sich von unserm Hirne aufdunset, und wenn sie nur Leidenschaft ein bischen anrührt, gleich in ein Nichts zerplatzt. G e n o v . Wie meint ihr? M a t h . Liebe, Liebe ist doch alles, was unter Sonn’ und Mond sich regt, Was hüpft und geht Trägt Amor’s Liverey, Was athmet und weht Singt Amor’s Melodey. Warum nicht auch wir? – Hört einmal die Nachtigallen aus den zwey hohen schwarzen Linden drunten, wie lieblich! Hab’ eine Dame gekannt, die der zärtlichste Ritter bedienet, sie war immer spröde, er immer unglücklich, der stolze schöne Ritter, manches Fräulein beneidete die Dame um ihn, – einmal so der süße Schlag einer Nachtigall durch die Dämmerung her, traf ihr Herz, der Ritter ward gesund von selbem Augenblick. – Gräfin, warum so nachdenkend? (Die Fortsetzung künftig.)

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Zwey Särge. Zwey Särge einsam stehen Tief im zerfallnen Dom, König Ottmar liegt in dem einen, Im andern der Sänger fromm.

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Der König saß einst mächtig Hoch auf der Väter Thron; Ihm liegt das Schwerd in der Rechten Und auf dem Haupte die Kron.

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Und neben dem stolzen König, Da liegt der Sänger traut, Man noch in seinen Händen Die fromme Harfe schaut.

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Die Burgen rings zerfallen, Schlachtruf tönt durch das Land – Das Schwerd, das regt sich nimmer Da in des Königs Hand. Blüthen und milde Lüfte Wehen das Thal entlang – Des Sängers Harfe tönet In ewigem Gesang.

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Justinus Kerner.

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Die drey Lieder.

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In der hohen Hall’ saß König Sifrid: „Ihr Harfner! wer weiß mir das schönste Lied?“ Und ein Jüngling trat aus der Schaar behende, Die Harf’ in der Hand, das Schwerd an der Lende. „Drey Lieder weiß ich; den ersten Sang, Den hast du ja wol vergessen schon lang: Meinen Bruder hast du meuchlings erstochen! Und aber: hast ihn meuchlings erstochen!

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Das andre Lied, das hab’ ich erdacht In einer finstern, stürmischen Nacht: Mußt mit mir fechten auf Leben und Sterben! Und aber: mußt fechten auf Leben und Sterben!“ Da lehnt’ er die Harfe wol an den Tisch, Und sie zogen beide die Schwerder frisch, Und fochten lange mit wildem Schalle, Bis der König sank in der hohen Halle. „Nun sag’ ich das dritte, das schönste Lied, Das werd’ ich nimmer zu singen müd: König Sifrid liegt in seim rothen Blute! Und aber: liegt in seim rothen Blute!“ Ludwig Uhland. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Golo und Genovefa, ein Schauspiel in fünf Aufzügen, vom M a l e r M ü l l e r . (Fortsetzung.) 5

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G e n o v e f a . Dachte an ihn, meinen Gemahl, wo unter’m weiten Sternenhimmel der jetzt ruht. (Küßt ihre Hand, winkt vorwärts.) Flieg hin zu ihm, Borg’ Flügel vom Wind, Den schön Lieben bald find’! M a t h . Ha ha ha! G e n o v . Warum – M a t h . Das arme Küßchen dauert mich, solltet ihm ein Mäntelchen mitgeben, damit’s nicht so weiten Weg’s durch die Nacht hin friert und am Catharr oder Schnupfen wie halb flücke Vögelchen zu Grunde geht. G e n o v . Wäre mir doch leid drum. M a t h . Mir auch. So einem verschmähten Küßchen thut’s wehe, wenn’s vielleicht wärmern dort weichen muß. G e n o v . Wie versteht ihr das? M a t h . Wäre denn das so was Ungeheures, Unerhörtes? Wer kennt der Männer Puppenspiel ganz mit uns armen Weibern? Auf Sand gebaut, wer Männern traut, ist kluger Weiber Denkspruch, darin sie den Trauring binden, und unter’m Gürtel fest am Fischbein tragen, bis ein oder der andere pfiffige Ritter das Räthsel versteht, ihn da weg zu praktiziren, dann ist es aus, und das Sprüchwort trillt um. G e n o v . Was regt sich durch’s Gebüsch drunten? M a t h . Der Wind. G e n o v . Die Sterne wie klar. M a t h . Stimmen nun all auf einen Lobgesang für ihre schöne Genovefa.

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G o l o , A d a m , B r a n d f u c h s , D r a g o n e s und Andre, unten.

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G o l o . Greift euch jetzt an! daß keiner fehlt! C h o r . Klarer Liebes-Stern, Du leuchtest fern und fern Am blauen Himmelsbogen: Dich rufen wir heut alle an, Wir sind der Liebe zugethan, Die hat uns ganz und gar zu sich gezogen. 2 S t i m m e n . Still und hehr die Nacht, Des Himmels Augen-Pracht Hat nun den Reihn begangen. Schweb hoch hinauf wie Klockenklang Der Liebe sanfter Nachtgesang, Klopf’ an des Himmels Pfort voll brünstigem Verlangen. 1 . S t i m m e . Die ihr dort oben brennt Und keusche Flammen kennt, Ihr Heiligen mit reinen Zungen, Ach benedeyet unser Herz, Wir dulden dulden bittern Schmerz, Wir haben schwer gerungen. 2 S t i m m e n . Klopft sanft mit beiden Flügeln an, Klopft sanft und ihm wird aufgethan. 1 . S t i m m e . Die ihr die lange Nacht Dort unten schwer durchwacht Ihr Seelen treuer Liebe, Behaltet eure Flammen rein, Der Liebesgott wird euch gnädig seyn, Er wägt schon eure Triebe. C h o r . Wie Auferstehen klang das Wort, Klang hoch herab von Himmels Pfort’, Drang tief hinein durch Mark und Bein. Ach hoffet all, ach hoffet all, Hienieden tief im Thränenthal Behaltet Herz und Flammen rein, Der Liebesgott will euch gnädig seyn, Er wägt nun eure Triebe. 3 S t i m m e n . Wie Strahlen durch die Lüfte gehn,

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Wie Wetter hoch in Wolken stehn, Wie Summen von der Kirch-Uhr schwer, (Herz, schauerst still und hehr) Die Liebes-Waag am Himmel sinkt, Die Hofnung sich zum Erdball schwingt. 1 . S t i m m e . Die ihr die lange Nacht Dort unten schwer durchwacht Ihr Seelen treuer Liebe, Behaltet Herz und Flammen rein, Der Liebesgott will euch gnädig seyn, Gewägt sind eure Triebe. 2 S t i m m e n . Was ward uns für ein Trost zu Theil? Wo liegt der Hofnungs-Hafen? 2 S t i m m e n . Euch ward sehr hoher Trost zu Theil, Fragt die da drunten schlafen. 3 S t i m m e n . Da regt sich’s um die Gräber laut, Wie Wogen-Schall im Windes-Wehn, Wie’s Morgens über Wiesen graut, Wenn Nacht und Tag am Scheiden stehn. – Es heben sich tausend Zungen: Wir haben geduldet die lange Nacht, Haben sie mit Schmerzen durchwacht, Haben’s schwer errungen. C h o r . Nun fühlen wir auch der Liebe Genuß, Jauchzen und freun uns am Ueberfluß, Nun zählen wir all die Thränen, Eine jede verweint im Perlen-Schatz klar, Der uns in Ruh bescheeret war, Ein Kuß ein jedes Stöhnen. Im Regenbogen unser Gewand Geschmückt von treuer Liebe Hand. 2 S t i m m e n . Die ihr auf dieser Welt das Leid Getrennter Lieb’ und Zärtlichkeit Auch duldet treu und rein, Brecht süsse Blüth’ und Blumen ab Und streut’s herum an unser Grab Und auf den Leichenstein, Denn seelig ruhet hier ein Paar,

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Das auf der Erde auch geschieden, Ach ohne Ruhe ohne Frieden In stiller Liebe Schmerzen immerdar Ihr jung frisch Leben hingeweint, Bis sie ein süsser Tod allhier vereint, Laßt sachte rinnen eure Zähren, Gedenkt an uns bei eurer Qual, Auch eure Ruhestunde kommt einmal, Nicht ewig können Menschenleiden währen. C h o r . Wir hoffen, ach wir hoffen all Zur letzten Nacht im Todten-Thal! 2 S t i m . Am Firmament Hat’s nun vollendt, Dahin ist bald der Sternlein süsses Prangen, Die Nacht beschließt nun ihren Lauf, Die Morgenröth’ zieht schon die Flügel auf Und streicht sich froh die Thränen von den Wangen. C h o r . Ach Hofnung, ach verlaß’ uns nicht, Wenn sterbend unser Aug’ nun bricht, Halt’ du uns fest umfangen. Wir hoffen, ach wir hoffen all In’s Morgenroth im Todten-Thal, Schon trocknen unsre Wangen. – G e n o v . Dank, tausend Dank allen, herzlichen Dank. Gute Nacht! (geht hinein.)

G o l o . Da Capo. M a t h . Golo. A d a m . Die Gräfin ist schon auf und hinein. B r a n d f . Droben ruft’s eure Gnaden. G o l o . Schade, Genovefa schon fort. B r a n d f . Habt ihr’s gehört, – dort oben. – G o l o . Bis morgen mehreres, werd’ euch meine Erkenntlichkeit beweisen. – Brandfuchs, hast es brav gemacht. B r a n d f . So gut ich’s gekonnt. – Gute Nacht, Herr Ritter. G o l o . Gute Nacht, Freunde. – Es ging excellent. A d a m . Man muß zu geschehenen Dingen immer das beste reden. G o l o . Meister, es ist unvergleichlich gegangen. Gewiß. A d a m . Gute Nacht, Herr Ritter. (alle ab)

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M a t h . Bist du allein Golo? – Es ist dunkel. G o l o . Und trüb’ und traurig dazu, der schönste Stern verschwunden, der diese Nacht erhellt, jetzt spürt man nichts Erfreulichs mehr. M a t h . Sauber Compliment für mich. G o l o . Wie ist’s? bringt ihr dem Gefangnen Futter? M a t h . Kuchen und Bisquit. Sei morgen in aller Frühe bei mir. G o l o . Will bis dahin nicht schlafen. M a t h . Wäre ungesund. G o l o . Alles eins, gesund oder nicht, so an der Mauer klebend, an der Seite hier, wo der Engel saß. M a t h . Nichts weiter, ich sorge, man belauscht uns. G o l o . Das einzige nur: wie hat sie die Musik aufgenommen? hat’s ihr gefallen? M a t h . Ich höre jemand drinne. Adjes Ritter. – Hoffe das beste! G o l o . Hoffen! o hoffen! darf ich? M a t h . Hoffen ist wenig. Gute Nacht. (ab) G o l o . Hoffen – Alles! der Vorhof des Himmels; was hielte länger Welt und Himmel aneinander, wenn Hofnung und Liebe nicht wär? Es zerstiebte ja alles; müßtet dann auch scheiden, holdseelige Lichter da oben am blauen Firmament: brennt fort, küßt noch ein Weilchen euch mit euren lieblichen Stralen! Die ihr dort oben brennt Und keusche Flammen kennt Keusch – reiner Genuß ist auch keusch. – O Wesen aller Wesen, o Geist der alles umfaßt, beseelt und trägt, zuck’ auf und schwing mich dahin! – Sie – ich soll hoffen. – Ha, es könnte doch wohl noch möglich werden. – Möglich? daran wagt’ ich alles, alles, alles was hier unter Sonne und Mond, alles was der zärtlichste Anbether vermag, alles – ob sie auch je an mich gedacht? – Vielleicht weiß Mathilde mehr noch – ah – hier will ich auf und ab die süße Luft einschlürfen, die ihre schöne Wange gekühlt, darein sie ihren balsamischen Athem ergoß; begrabt mich hier, wenn ich einst sterbe, mein Leib wird nicht in Staub zerfallen, alle meine erstorbenen Adern werden in ein neues Leben zurück dringen und wie Blumen durch die Erde zu dieser Luft empor schiessen. – Du Engel, holder süsser Engel. Wo sie jetzt ruht, daß Küßen das ihre Wange drückt, die Kammer die sie verschließt, – ob sie jetzt schon die Augen geschlossen? die Augen, die eine Welt von Seeligkeit umfangen. – Wer doch der Schlummer seyn könnte, auf solch einem Paar Wimpern zu ruhn, – ewiger reicher Himmel! ist es 170

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bald, eh ich verschmachte? – Dein Auge wird mich noch leiten in’s Grab, in’s finstre Grab, Feins-Liebchen thu nicht scheiden. – Kalter Tod, warmes Leben, alles um sie, die Welt, das Universum, um einen einzigen Druck. – Schlaf wohl und süß, Liebchen zart, Auf deinem Mund meine Himmelfahrt. (ab) No. III. Sechste Scene. (Platz vor dem Schloß zu R a u t e n b u r g .)

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Ein Röhrbrunnen hinten, worauf B r a n d f u c h s als Schäfer sitzt und singt.

Mein Grab sei unter Weiden Am stillen dunkeln Bach, Wenn Leib und Seele scheiden, Läßt Herz und Kummer nach, Vollend’ bald meine Leiden, Mein Grab sei unter Weiden Am stillen dunkeln Bach – Die schöne Gräfin stirbt nun auch, bald ist’s vorbei. Mein Grab sei unter Weiden Am stillen dunkeln Bach – – Werde sie von nun an nicht mehr Morgens und Abends am Söller hervortreten sehn, wenn ich zur Tränke trieb und dazu ein traurig Stückchen sang. – Da war mir Winter und Sommer eins und auch der Lohn nicht gering. – Wie wenig Wochen dauert der Frühling, wie wenig alles. Ich will fort, die Gegend stirbt auch hierum, irgend in der weiten Welt den Zaun suchen, woran mein Glück ein bischen blüht. Vollend’ bald meine Leiden, Mein Grab sei unter Weiden Am stillen dunkeln Bach – Golo,

den Jagdspieß in der Hand.

G o l o . Ein thöricht Ding, wie einem Gesang an’s Herz greift, in verflossene Zeiten wieder zurück rückt, es wehet einem durch die 171

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Seele so nahe, als könnte man’s nochmals zu sich ziehn, und noch ist es vorbei, auch für immer, – Wolken, Rauch und nächtlicher Nebel, – uh! was kümmert mich das all? Ist’s vorbei so ist’s vorbei – Guten Tag, Brandfuchs, bist du als Schäfer immer noch so lustig, als du als Gärtner warst? B r a n d f u c h s . Treib’ es eben so durch, wie man kann, ein Himmel ober uns, aber drunter her vielerlei Arten sich die Zeit zu vertreiben, sagt das Sprichwort. G o l o . Wer’s kann. – Achte, daß dir der Wolf dort nicht ein paar Schafe zerreißt, es ist mir einer im Busch begegnet. (pfeift) He drinn! heraus! B e d i e n t e r kommt, mit einem grünen Huth, G o l o schlägt ihn. B e d . Hülfe! o! he! der Ritter schlägt mich todt! A n d r e B e d i e n t e mit grünen Hüthen. G o l o . Ist die Hölle los, daß mir heut alle grünen Hüthe begegnen? Hunde! Schurken! (schlägt unter sie) B e d . Herr, thun’s des Hubertus wegen, der heut und morgen gefeiert wird; können wir wegen der Gräfin Zustand morgen nicht mit jagen, wollen wir doch gerne grüne Hüthe tragen. G o l o . In die Hölle mit ihnen! schmeißt sie alle davon, verbrennt sie! daß mir ja keiner mehr so begegnet, wo er nicht unglücklich seyn will! Meine Augen hassen dergleichen, mein Groll empört sich tödtlich dem nach, der so mir schmäht. ( B e d i e n t e schmeissen die Hüte weg) Genug. Wie ist’s? Habt ihr der Zeit nichts weiteres vom Waldbruder vernommen? Meine Knechte stöbern überall, wo sie ihn fangen, an den ersten besten Baum an die Füße aufgehenkt soll er schwitzen. – Was macht die droben? B e d . Steht äusserst schlecht mit der Gräfin, die Doctores geben ihr keine Hoffnung weiter, so lange sie bei Sinnen ist fragt sie beständig nach eurer Ankunft. G o l o . Hm! A n d r e r B e d . Gewiß, gnädiger Herr, wenn ihr nicht bald hinaufgeht, trefft ihr sie nicht mehr lebendig an. G o l o . Geht auf die Seite. – Brandfuchs, hast du seit dem nichts weiteres vernommen, daß Bernhart mir auflauern läßt. B r a n d f . Seit der Zeit nichts mehr.

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G o l o . Will aller Orten ausreiten, wohin er Mannschaft gestellt, will ihn selbst aufsuchen und überstellen, wo du etwa seiner Leute welche siehst sag’s ihnen, sie sollen sich vor mir wahrnehmen. B r a n d f . Will’s, mit so was verdien’ ich immer grossen Dank oder gar einen Krug Wein. G o l o . Sag’s allen genau an, daß ich’s heut um diese Stunde zu dir gesprochen, um diese Zeit, ich will nicht wie ein Schelm im Dunklen mich verstecken und im Rücken anfallen, mein Gang ist immer im Freien. S t e f f e n . Geschwind, Ritter, hinauf! Eure Mutter stirbt schwer, wenn sie euch vor ihrem Ende nicht noch einmal sieht, sie wartet ordentlich mit dem Wegscheiden auf euch, mein Seel. G o l o . Hat andre mit geringern Umständen fahren lassen. – Adjes Brandfuchs. (ab) B r a n d f . Wunderbar! kann grüne Hüthe an andern nicht vertragen und hat doch selbst einen. S t e f f . Hm, hat so seine Ursach, – weiß, warum. (ab) B e d . O du weißt auch vielleicht zu viel. B r a n d f . Aprilwetter. – Ist er zur Gräfin hinauf? B e d . Nein, seht doch, geht erst hinunter in den Stall und sie verlangt droben doch so sehnlich nach ihm. A n d . B e d . Wenig Respekt, der Sohn zur Mutter. (Die Fortsetzung künftig.)

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Ueberblick der Universitäten und des öffentlichen Unterrichts im protestantischen Deutschlande, insbesondere im Königreiche Westphalen von M. C. Villers. Nach dem Französischen zusammengezogen.*) Das Werk erscheint in der königlichen Druckerei. [112]

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I. K a p i t e l . 1. Verschiedenheit der Nationen, begründet in den Sitten, in der Religion, im Temperamente jeder; in ihrer Geschichte, die Begebenheiten die ihre Lebensweise bestimmt haben und ihre Einrichtungen; alles was endlich ihren Character und ihren moralischen Gesichtspunkt festsetzt. 2. Daher die Schwierigkeit für die Einzelnen aus einer Nazion eine andre zu beurtheilen, so lange sie nicht ihren Character und ihren moralischen Gesichtspunkt gründlich beobachten, so lange sie nicht mit Sorgfalt die Geschichte und die allmäligen Entwicklungen studieren. 3. Der Character und der moralische Gesichtspunkt der nördlichen oder protestantischen Deutschen unterscheidet sie ausserordentlich von den Franzosen, was leicht zu übereilten Urtheilen führen kann. Deutschland ist schwer kennen zu lernen, es ist eine Art von Orient für die Franzosen, sein einfaches Ansehen verbirgt grosse moralische und geistige Schätze. Es kann für meine Mitbürger nicht gleichgültig seyn, Deutschland aus der Vorzeit genauer zu beobachten und kennen zu lernen, jetzt wo der Vorsteher unsrer Nazion grossentheils an die Stelle der ehemaligen Vorsteher des deutschen Bundes getreten und französische Prinzen grosse Theile der deutschen Nazion beherrschen. 4. Der ganze Character einer Nazion, welchen so viele Jahrhunderte von Begebenheiten Einrichtungen und tiefeingreifende Gedanken eingesetzt haben, bestätigt durch Temperament und Natur dieser Nazion ändert sich nicht leicht, besonders wenn diese Nazion zu einem hohen Grade von Kenntnissen und zu einem klaren Bewußtseyn dessen gekommen ist, was in ihrem Nazionalcharacter gut ist. Es geziemt nicht *) Von dem verehrten Wiederhersteller deutscher Geschichtschreibung Johann von Müller gütig mitgetheilt. Wir geben dies als Einleitung der ganzen Untersuchungsreihe über deutsche Universitäten. 174

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einmal ihn ändern zu wollen, und daher stimmen alle Einrichtungen nicht wohl mit ihm überein. Napoleon, als er den Thron Frankreichs bestieg, welches aus einer chaotischen Verwirrung von zehn Jahren hervorgieng, mußte alles neu schaffen. Der König Hieronimus Napoleon im Gegentheil erhielt die Herrschaft über friedliche Gegenden, er muß vieles erhalten und alles vervollkommnen. 5. Das nördliche Deutschland war gelehrt seit die Wissenschaften in Europa wiedererschienen. Die betrachtende Ruhe, oder wenn man es so nennen will, das Flegma seiner Bewohner, sein kälteres Clima, die Abwesenheit der Vergnügungen haben das Studieren erhalten, und dieses die Liebe zu der Wissenschaft und Wahrheit. 6. Seit der Reformazion hat sich diese Neigung zum Studieren noch mehr ausgesprochen, und nazionalisirt. Die Reformation, welche durch Wissenschaft gegründet worden, konnte sich nur durch dieselbe erhalten. Die Wissenschaft gewann seitdem die Wichtigkeit eines öffentlichen Bedürfnisses einer erhaltenden Kraft und eines politischen Hebels in den protestantischen Staaten, die Schulen wurden vermehrt, reich dotirt, mit Privilegien und Auszeichnungen ausgestattet, erhielten eine neue Organisazion, stärker, vollkommener, mehr geeignet die Kenntnisse zu verbreiten. Die Theologie besonders erhielt ein Daseyn, das bis dahin neu und unbekannt. Diese Einrichtungen wurden der Stolz und die Liebe der Nazion, ein Gegenstand der Sorgfalt und Vorliebe der Fürsten. II. K a p i t e l . 1. Volksschulen. (Catechisation und Unterricht auf dem Lande, von den Fiebeln. Industrieschulen, Einfluß der Pfarrer und der Religion auf diesen ersten Grad des Unterrichts.) 2. Zweyte Art des Volksunterrichts; Schulen für Künstler, Bürgersöhne und Bestimmungen die keine höhere Bildung fordern. 3. Für den höheren Theil des Volks; für die, welche Vermögen und Beruf zur Erlangung höherer Geistesbildung bestimmt, giebt es auch zwey Grade des Unterrichts. 4. Erster Grad. Die Gymnasien für Kinder und Jünglinge übereinstimmend mit den alten Colleges und den neuen Lyceen in Frankreich; die aber einen grösseren Unterrichtskreis haben und die angesehensten Gelehrten unter ihren Lehrern aufzeigen. 5. 6. Zweyter Grad. Die Universitäten der hohen Schulen. Was diesen in Frankreich entsprechen soll, sind die Spezialschulen. Der Verfasser wird die Nachtheile dieser zeigen, die Wissenschaften von einander trennen, welche nicht vereinzelt werden können. Ausserdem 175

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muß jeder junge Franzose, der weder Arzt, noch Advocat, nicht Artrillerist oder Ingenieur werden will, bey der Unterschule stehen bleiben. 7. Historische Uebersicht der Universitäten. Während die Mönche die in dem übrigen Europa zerstören, erhält die Reformazion die andern. 8. Hauptpunkte der Einrichtung einer protestantischen Universität. Diese Institute sind ausgezeichnet und privilegirt. Der Fürst ist der erste Magistrat, unter ihm und seinem Minister, regiert ein akademischer Senat nach den dieser kleinen Republik eigenthümlichen Gesetzen. Hiebey die Gründe dieser besondern Gesetze und warum die allgemeinen Landesgesetze nicht in allem anwendbar sind. Wer sind die Bürger dieser gelehrten Freystaaten? Junge Leute in der ersten Hitze des frischen Lebens mit Sorgfalt erzogen aus allen Landen, selbst Prinze. Wichtigkeit der theologischen und juristischen Fakultät für die ganze Staatsverwaltung. III. K a p i t e l . Uebersicht der Universitäten im Königreiche Westphalen, ihre Wichtigkeit für den Ruhm des Landes und seines Herrschers. E s s i n d d i e s c h ö n s t e n F r ü c h t e a u s d e m M i t t e l a l t e r und die einzigen, die sich bewahren lassen.

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Golo und Genovefa, 5

ein Schaupiel in fünf Aufzügen von M a l e r M ü l l e r . (Beschluß.)

Siebente Scene. 10

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( M a t h i l d e n s Zimmer. – Bett, worin M a t h i l d e liegt, zwey Kerzen brennend, F r a n z i s k a n e r knieend, D o c t o r .)

D o c t . Leise – hm – noch. F r a n c . (steht auf) Vielleicht schläft sie. ( D o c t o r rückt den Vorhang) M a t h . (stöhnt) Golo! Sohn Golo! F r a n c . Unruhe nach ihm, – beständig, – wie dumpf hohl, – arbeitet mit der Hand in der Decke. D o c t . Gift-Krampf. F r a n c . Erstickt – schäumt – bäumt. D o c t . Der Tod liegt nun gewaltig ihr über den Nerven und spannt. F r a n c . Hier geistlicher und leiblicher Rath umsonst, – seht, wie gräßlich sie jetzt knirscht. D o c t . Murmelt. M a t h . Iß dein Gift allein, hab schon mein Theil verschluckt. – Oh! Oh! Helft!

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F r a n c . Arme Seele, dir steh die Gnade bey. M a t h . Ha! Dragones! Genovefa! laßt mich – helft! D o c t . Schwere Nahmen, Zentnerschwer. M a t h . Helft! Helft! O laßt mich doch nur einmal! Doch nur ein einzigmal! Oh! F r a n c . Zerschlagnes Herz, Gott heile dich. M a t h . Bist der Waldbruder? Kriech her unter die Decke, – wart noch! – Still drunten! – Tief drunten, bereiten sie unser Hochzeitbett, – stille, daß keine Maus hört, wenn wie beysammen sind. F r a n c . Sie will auf. D o c t . Die Gicht krümmt sie. M a t h . Sie haben’s Kist und Kasten voll, – sie tischen’s uns voll, – wenn nur deren ihr Gesicht nicht dabey wäre – deren dort – mir schmeckt nichts – fort, gebt ihr ein Stück – haltet ihr die Hände vor, mag ihre leeren Auglöcher nicht sehn, – fort, – begrabt sie, bevor es Tag wird, – stille, daß es Niemand weiß – Siegfried nichts erfährt. – Ach! Oh! Oh! (stirbt). D o c t . Zerschnitten der Faden, ausgelöscht die Lampe, todt. F r a n c . Gott, welch ein Ende! D o c t . Schrecklich, wie ich kein’s sah. F r a n c . Der Spiegel ihres vergangenen Lebens. – Gott, du Gnadenquell, richte nach deiner großen Barmherzigkeit, fasse auf ihre sinkende Seele. D o c t . Sie hat wichtige Worte fahren lassen, sehr wichtige. F r a n c . Wir stehen am Rande, sie mißt den Weg hin durch das Land der Ewigkeit, wo Gott als Richter steht, müssen Menschen schweigen. Rückt den Vorhang und zugleich auch einen Vorhang über diese traurige Scene. D o c t . Hier kommt der Ritter. G o l o . Wie steht’s mit ihr dort? (zieht den Vorhang wider weg) F r a n c . Verschied so eben, sie starb eines schweren Todes, hat oft vor ihrem Ende nach euch verlangt. G o l o . Besorgt ihr Leichenbegängniß. Ich kann nicht selbst dabey seyn, habe mein Wort gegeben, drüben in Pfelzel zu erscheinen, muß jetzt dorthin. Ordinirt ihr alles, wie ihr’s für gut und nöthig findet. F r a n c . Ich unterziehe mich gern dieser Mühe, aber eure Gegenwart dünkt mich dabey höchst nothwendig und auch anständig. G o l o . Ein andermal, im Fall wo ihr wollt – nur diesmal unmöglich, es thut sich nicht, – auf Pfelzel hinüber muß ich, wir haben nach 178

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der Jagd noch nothwendige Dinge miteinander abzumachen, Siegfried und ich – es geschieht eine Gränzabtheilung unsers Forstes. F r a n c . Aber auf einen Tag, was kommt drauf an? Siegfried wird euch gewißlich entschuldigen. G o l o . Auf eine Stunde, Herr! – ich sollte schon nicht so lange hier schwätzen. – Morgen ist Hubertus, den kein braver Jäger ungejagt vorbey läßt, meine Pferdewechsel sind schon auf diese Nacht bestellt, morgen bey guter Zeit drüben zu seyn. – Uebernehmt die Mühe auch ihr, Doctor, und macht mir nachher Rechnung, es soll euch nichts schaden. F r a n c . Bleibt diesmal von der Jagd, ich bitte euch sehr. G o l o . Unmöglich – Jagen ist für mich noch das Einzige, man vergißt so vieles darüber. D o c t . Jagen ist schon gesund, wie alle Bewegung überhaupt, die den Körper nicht zu heftig anstrengt und mit Vergnügen verbunden ist, aber auch alles mit rechtem Maaß und zur rechten Zeit. G o l o . Da werde der Henker fertig. Adjes. (ab) D o c t . Im Ernst fort. F r a n c . O mein Gott! Noch raucht der Leichnam, der eben verschiednen Mutter, und ihr Sohn hat sie schon vergessen! Was soll’s noch in dieser Zeit? Elternliebe, Liebe zu Gott, wo find’ ich die? D o c t . Wenn ihr wüstet, was sich die Bedienten des Schlosses einander hier in die Ohren raunen, mit dem Waldbruder soll’s eine besondre Bewandniß haben, er hat sich gewiß zu Trier dem Herzog offenbahrt, der ihn alsbald gegen Golo’s Nachstellungen in Schutz genommen, er soll der verlohrne Sohn einer großen Familie seyn, den dieser Strudel Mathilde, die alles was ihr nahe kommt in sich zieht, verschlungen. Man spricht Dinge davon, die eines Ehrenmann’s Zunge nachzusprechen sich schämt, unter dem Vorwande geistlicher Uebung, trieben sie sichrer ihr unzüchtig Spiel. F r a n c . O Schande! Erröthe die Erde, die solche Ungeheuer trägt! Das Gewand, das frommer Andacht gewöhnt ist, so zu entehren, so den Bußrock zur geilen unzüchtigen Buhldecke besudlen! – Ach! Ach! D o c t . Die Zeit bringt doch alles endlich ans Licht. – Laßt uns, es ist spät, die Nachtglocke wurde lange schon geläutet. F r a n c . Was für ein Lärm unten? – draußen, – wer schreit? ( B e d i e n t e r stürzt herein.)

B e d t . Feuer! Feuer! das ganze Schloß in Flammen!

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D o c t . Wo rett’ ich mich? Hülfe! (läuft ab) F r a n c . Gott, woher? Wo ist Golo? B e d t . Vor einigen Minuten fort Pfelzel zu. – Flieht! Rettet euch! F r a n c . Wer kommt da? B e d t . Oh! er ist’s! der verstellte Waldbruder mit der Mordfackel, – flieht, rettet euch – bald, bald. (ab) F r a n c . O Wallrod von Sponheim was macht ihr hier? Im Nahmen Gottes, steht, sagt! (hält das Crucifix vor) ( Wa l l r o d mit Fackel und Dolch in Ritterkleidung.) – Hinweg wer Tod und Verderben nicht sucht! fort! reizt mich nicht zu neuen, habe schon zu viel Sünden auf mir. F r a n c . Kehre wieder, verlohrnes Schaaf, komm! Er, der am Kreutz den bittern Tod erlitt, hat Gnade für all unsre Sünde. Wa l l r . (reißt sich los) Laß mich! geh deines Pfades! hier ist der meine. (die Flammen schlagen herein, auswendig kracht es und stürzt, der F r a n z i s k a n e r zieht

Wie steht’s? Liegst da jetzt so ruhig? Hab’ ich dich endlich einmal unterbracht, du? – Jetzt hat dein Verrath ein Ende, – du wirst mir jetzt treu bleiben; nicht wahr? – Wie’s hinauf, hinunter knattert! – Juh die Hitze umringt und verzehrt mich schon. (sitzt auf dem Bett) Her deine Hand, feins Liebchen, brennen jetzt gewiß einmal in einer Flamme. (wirft sich über sie)

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sich zurück)

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Achte Scene. (Wald vor P f e l z e l, Morgengrau.)

G o l o . Wenn alle abschnappen die von der Sache wissen, bleib auf die letzt keiner der mich verräth, dann komme ich vielleicht wieder einmal zur Ruhe. – Es sollte mir jetzt der Waldbruder in die Hände springen. – Wo nur die Burschen bleiben, die ich hinein auf Pfelzel gejagt! Steffen – uh! wie mir’s durch alle Rippen kracht, schwer in den Knochen als ein Gewitter. – Todt meine Mutter, von der nähmlichen Hand vergiftet, die sie selbst zu ihren Mordthaten gebraucht: es ist doch Gerechtigkeit in allen Dingen, die Geschichte predigt’s vom Anbeginn der Welt. Gift mit Gift, Blut um Blut, mit richtiger Waage so viel Strafe zugewogen, als das Verbrechen galt. Wenn’s denn so ist – Narr der ich bin! – hinzureiten, mich selbst meinen Beschuldigern in die Hände zu liefern. – Sie müssen mich doch erst fangen, wenn sie’s vermögen, ihr Recht an meine Gewalt probiren. – Will nicht mein eigener Scherge seyn. – Höllisch! 180

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Steffen. G o l o . Nun, was bringst du zurück? S t e f f e n . Sie lassen euch wieder grüßen, sagen, sie freuen sich eurer Gesellschaft auf heutiger Jagd. G o l o . Wird bald aufgesessen? – Bernhart ist da? S t e f f . Freylich. G o l o . Reite nur heim zurück, bestelle meinen Pferdewechsel richtig, auf heut Nacht kehr’ ich wieder nach Sandthal. S t e f f . Wollt ihr meinem Rath folgen, Herr, vermeidet diesmal die Jagd, ich prophezeie euch nichts Gut’s. G o l o . Warum? S t e f f . Bernharts Knecht hat’s verschwätzt, wir tranken ein’s an der Kellerthür mitsammen, da hört’ ich den Vogel von weitem; bald darauf legte er’s näher los, als er’s gehört, daß ihr heut gewiß herüber kämt, er trank seines Herren Gesundheit im Leben immer hoch zu Pferde, Euch aber todt und hinunter tief unter die Erde. Es ist gegen euch angelegt, ich weiß es gewiß. G o l o . Was acht’ ich heimliche Anschläge, Meuchelmord und Gewalt? Ich scheue dergleichen nichts. – Ich wollte vorhin von selbst wieder zurück heim, – ist mir jetzt anders; dergleichen Fällen trotzt mein Muth. – Ich höre schon nahe Hörner, – dort unten im Thal, – ich muß dabey seyn. Geschwind meinen Fuchs hervor, mir nach, ich muß hin. (ab) S t e f f . Rennt in’s Teufels Nahmen hinein in euer Verderben, wenn ihr nicht hören wollt! Ich bleibe hübsch zurück, so weit professionir ich Ehrlichkeit nicht, mich selbst in die Schanze zu schlagen. (ab) Neunte Scene. (Im Wald.)

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Bernhart, Heinrich, Förster. B e r n h . Ihr habt auch Genovefens Brief gelesen, den Siegfried von Julien bekommen, daraus sieht man’s nun sonnenklar, wie unschuldig diese gute Frau gestorben. F ö r s t . Habe so was nie gehört noch, habe schon seit zehn Jahren, seit meines lieben Söhnleins Tod, kein naß Auge mehr gekriegt, – es müßte denn manchmal vom scharfen Märzwind geschehen, der einem so herb in die Nase sticht, daß es darnach wäßert, – hab’ flennen müssen dabey wie ein junger Bub. 181

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H e i n r . Ein Brief von Genovefa? Was ist denn das für ein Brief? Hab auch schon so etwas murmeln gehört, – nu? Was hat’s denn damit? Wie ist das Ding? Bedeutung? B e r n h . Schon gut, dachte, ihr hättet ihn auch gelesen. H e i n r . Nein, gelesen hab’ ich nichts, – aber was ist’s denn nun? Wie? Ist’s denn ein Brief von Interesse, oder etwa wie? Wo hat ihn denn Julie her? Erzählt mir’s doch auch, möcht’ es gar zu gerne wissen. B e r n h . Ein andermal. Kommen schon dort in hellen Haufen. F ö r s t . Golo nahe um Siegfried. B e r n h . Da ist er! Ich zweifelte bisher immer noch, ob er auch gewiß käme, da ist er nun, gewiß. Ein Wort auf Seite, Förster. (sprechen

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zusammen)

H e i n r . Hm, hm, ein Brief – von Genovefen, – was es damit hat, – Blitzding; – kann jetzt nicht ruhn bis 〈ich〉 es weiß. Muß mal hinter Siegfrieden her, ob ich’s da heraus kriege. S i e g f r i e d , G o l o , U l r i c h , andre R i t t e r und J ä g e r . S i e g f . Hier der Sammelplatz, wo unsre Pferde halten? J ä g e r . Ein wenig weiter oben, gleich dort. S i e g f . Wollen sehn, wer heut am glücklichsten jagt, wer einen Bruch erbeutet. – Voran, ihr Herrn. ( G o l o mit R i t t e r n und J ä g e r n ab) – Vettern, ein Wort. Haltet euch auf der Jagd immer dicht zu Golo hin, packt ihn so, daß ihr ihn nie verliert, ich will ihn nachher auf die Probe stellen, will’s wagen. B e r n h . Eher meine Nase, mein Paar Augen, – wollen ihn schon halten. S i e g f . Nur keine Gewalt an sein Leben – bis – B e r n h . Nicht gleich, aber nachher, wenn ihr alles gefragt, – ich muß ihn umbringen, zittere darnach! S i e g f . Er soll euch Preiß seyn, sobald wir’s genauer finden. B e r n h . Gut, gut, es wird sich gewiß. S i e g f . Auf, jetzt, frisch zur Jagd! (ab)

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Zehnte Scene. (Innerer Theil des Waldes. – Waldhörner von innen. O b e r j ä g e r , F ö r s t e r .) F ö r s t . Wo zieht sich’s hin? Dem Gebirge oder dem innern Wald zu? O b e r j . Die meisten Treiber sind um’s Gebirge hin vertheilt, es muß sich gewiß dem innern Theile zu ziehn. Muthig! Muthig! (stößt ins Horn)

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F ö r s t . Gefällt’s nur Siegfried heut, dann ist alles gut, er kriegt dann wieder Muth zur Jagd, ist Himmelsünde, so schönes Gehege und so wenig Pflegung. Hast den Grafen geseh’n? O b e r j . Den Wolf gerufen, so ist er vor der Hecke. Siehst du ihn dort? Sporenstreichs einem flüchtigen Schmalthier nach, fleckicht vorn auf dem Blatt. F ö r s t . Däucht mich eine Rehkuh. O b e r j . Muthig jetzt, daß alles extra geht! Wollen nachher auch eins zum Hubertus stoßen, bey einer Flasche Johanskircher. – Juh! wieder einmal in’s Leben! F ö r s t . Die Hitze sticht arg, bekommen spät im Jahr noch ein Gewitter heut. Komm, hab dir noch was zu sagen. O b e r j ä g e r . (singt) So laßt uns all jagen, uns jagen und jagen, So lang uns das Blut noch am Herzen frisch quillt, So laßt uns all jagen, in muthigen Tagen So lang uns den Kragen so lang uns den Magen Vertumnus mit brausendem Most noch erfüllt, Was giebt es dann Süßers zu thun und zu wagen Als jagen und jagen und liebliches jagen, So laßt uns all jagen, in muthigen Tagen So lang uns das Blut noch am Herzen frisch quillt.

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G o l o zu Fuß. Verdammt! bin in des Teufels Klauen! – Wo nun durch? Wo? – Ueberall wie zwey loßgelaßne schwarze Geister sind die zwey zottigen Schelme mir beständig am Nacken, treiben mich herum zu Pferd und zu Fuß. – Nur einmal wieder im Freien draußen, daheim! – Da hat sie der Teufel von neuem! (ab) B e r n h a r t , U l r i c h zu Fuß. B e r n h . Bricht dort durch die Hecken, nach ihm, grad zu, Bruder, will umbeugen, ihm vor, und wenn er etwa durch will, oben an der Spitze ihn auffangen und stellen. U l r . Erinnre dich nur, was du Siegfrieden versprochen. Keine Gewalt. (ab) B e r n h . Nachdem er sich giebt. (ab)

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Oberjäger, Förster. F ö r s t . Sie treiben ihn, er kommt nirgend durch. Zu Pferde jetzt und Siegfried angesagt. (ab) O b e r j . (ins Horn stoßend) Hurra! Ins freye Grüne! Die Jagd geht frisch! Lieblich! (ab) G o l o läuft und schnauft. Verdammt! Verdammt! Wo hinaus? B e r n h a r d (ihm entgegen). Willst stehn! U l r i c h (hinten) Halt! G o l o . Was wollt ihr, Teufel? Ha, was jagt ihr mich? B e r n h . Steh! G o l o . Hunde! Ich scheu euch nicht. (hält den Speer vor) U l r . Du sollst bey uns bleiben, wollen nichts, als dich immer begleiten. G o l o . Verflucht! Schert euch davon, – weg! will euer Gefangner nicht seyn. Ha! zurück! B e r n h . Bist unser Bär, wollen dich kitzeln, wenn du nicht tanzen willst. G o l o (wirft wild den Kopf rechts und links, mit vorgehaltenem Speer ab.) U l r i c h . Immer ihm nach, bis Siegfried uns das Zeichen giebt. B e r n h . Kaum konnt’ ich mich halten. – Voran! er setzt von neuem durch! Husch! U l r . Siegfried dort, – ihm nach! auch nach! – (ab) B e r n h . Gehetzt jetzt! Frisch! bis er fällt! (ab)

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Eilfte Scene. (Innrer Wald. Auf einer Seite eine Felshöhe, ein hölzern Kreuz vor der Höhle, wovor

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kniet.)

G e n o v . Du allein prüfst die Herzen, siehst ins Verborgene, du allein wirst es lenken nach deinem Rath. ( S c h m e r z e n r e i c h bringt Holz, wirft es nieder.)

S c h m e r z . Bin müde, Mutter. (ißt Wurzeln) Hört mal, Mutter, trinkt das Täubchen denn immer aus Trübem, wenn ihm der Gatte stirbt? G e n o . Ja, Kind. S c h m e r z . Mutter, was ist denn ein Gatte? G e n o . Hab dir es ja schon gesagt. S c h m e r z . Weiß es nicht. 184

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G e n o . Jemand, den man sehr liebt. S c h m e r z . Bin ich dein Gatte, Mutter? G e n o . Närrchen. – Wie perfekt er ihm gleicht. S c h m e r z . Mutter was Geschrey drinn? – Hört mal – donnert. G e n o . Im Wald drinn, Jagdgeschrey. S c h m e r z . Was ists, Mutter? G e n o . Männer, die böse Kinder schlagen, wenn sie nicht schön fromm sind. S c h m e r z . Mutter, bin fromm. – Mutter, es donnert sehr. G e n o . Fürchte dich nicht. S c h m e r z . Mutter, fürchte mich. – Sieh dort, schwarz. – Ists Gott? G e n o . Ja, sey fromm, im Gewitter wie im milden Sonnenschein ist er immer dein freundlicher Vater und Versorger. S c h m e r z . Wollen hinauf zum Himmelvater beten, daß der Weltvater bald zu uns komme. G e n o . Kniee denn zu mir, die Händchen hübsch zusammen, – mir nach: – Allmächtiger, wir knieen vor dir, groß du bist und wohlthätig, laß mich vor dir bethen, Gewaltiger, Starker, Heiliger! – Lobsingt mit mir Wälder umher! Tannen auf Felsen neigt euch herab! Starker Gott! Schöpfer! Nährer! Erhalter! wohltuend liebend, die dir vertrauen. S c h m e r z . Horcht, wie’s draus regnet! G e n o . Tränkst den Erdball jetzt, daß Menschen und Thiere leben, den Hirsch auf öden Heiden verlässest du nicht, du höhlest den Felsgipfel, füllst ihn mit Nachtthau, daß dem Adler auf Klippen der Quell springt, und er von dir auch Nahrung findet. S c h m e r z . Mutter, es hört auf – es ist vorbey. G e n o . Siehst du, wenn man hübsch fromm ist – die Sonne scheint auch schon wieder hinter den Bergen hervor, – Sturm schweigt, – das Wetter zieht hin. S c h m e r z . Gott Lob, Vater im Himmel, laß ziehen die bösen Wetter, wollen fromm seyn, Mutter und ich. – O die liebe Sonne, wie wohl einem das nach Regen – wie Lerch und Amsel hüpfen und sich wieder freuen mit ihren Schnäbeln. – Schön Regenbogen auch noch lieb Mutterchen da oben. G e n o . Still’ mal, – was rauscht in den Hecken drüben? hörst! (Jagdgeschrey, Hörner nahe.)

S c h m e r z . Mutter, was ists? G e n o . Dein Reh dort gesprungen, zur Höhle hinein, – hinten.

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S c h m e r z . O blutig Mutter, wer hat’s geschlagen? G e n o . Hinein, hinein! (laufen in die Höhle). G o l o stürzt hervor. Nur Flügel, mich wegzuheben! – Ein Sprung über die ganze Welt! – Soll ich dort – will da hinein, mich verbergen. (geht in die Höhle)

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B e r n h a r t hervor. Hier haben wir ihn! dort in der Höhle! U l r i c h hervor. Ha! umringt, umstellt, gefangen! S i e g f r i e d hervor. Wo ist er? – Herbey! Alle!

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J ä g e r , F ö r s t e r , R i t t e r , H e i n r i c h , G o l o aus der Höhle hervor. G o l o . Bin gefangen, sie haben mich. – Ha, was wollt ihr? Wen sucht ihr? Siegfried, was begehrst du von mir? S i e g f . Antwort über vieles. Kennst du diese Handschrift, diesen Nahmen? G o l o . Was soll’s? S i e g f . Les’t es ihm vor, Heinrich. – Genovefas Schreiben kurz vor ihrer Hinrichtung an mich. H e i n r . Recht sehr gern, – sehr deutlich geschrieben hm! – An meinen theuren, auch im bittern Tod geliebten Gemahl. – Rührend, wahrhaftig. – „Du hast mein Todtesurtheil unterschrieben, was ich verbrochen, ist mir unbekannt, ich sterbe unschuldig, doch zufrieden, weil du es befiehlst, es werden Zeiten kommen, wo du dich mein wieder erinnerst, traure nicht zu tief, in Gottes Hand empfehl’ ich dich und mein verwaistes Kind, in jener Welt erwart’ ich dich ohne Vorwurf. Lebe wohl.“ S i e g f . Die Nachschrift. H e i n r . Gleich. „Auch denen verziehen, die dich fälschlich hintergangen, die mich unbeleidigt verfolgt, Mathilde, Golo, Gott gebe ihnen Gnade.“ G o l o . Was quält ihr mich lange? Verlangt ihr mein Blut? Setzt alle eure Schwerdt’ und Gewehre auf meine Brust, mordet euch satt, ich weiß, daß ihr es wollt! G e n o v e f a (am Eingang der Höhle.) Gott! er selbst hier! verleihe mir Kraft, steh mir bey. (kommt hervor, kniet vor S i e g f r i e d ) Herr, schaft Recht einer unschuldigen Mutter, einer verstoßnen Waisen. S i e g f . Weib, wie kommst du hierher, in diese Wildniß, unter diese Felsen? Wer bist du? Was willst du, begehrst du von mir? G e n o . O Siegfried, Siegfried, Gott sey mein Richter hier unter dem Himmel, hier vor diesen Menschen. (steht auf) Golo, wenn du noch einst 186

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Erbarmen und Seligkeit hofst, so zeuge jetzt die Wahrheit! Ich bin Genovefa, die unglückliche Frau, hier steht mein Gemahl, den ihr fälschlich betrogen! Zeuge die Wahrheit, wir drey stehn hier vor Gottes Augen. A l l e . Oh, Was ist das? Genovefa! Genovefa! G o l o . Todte stehen auf mich zu richten! Weh! Sie ist es! selbst! S i e g f . Wer bist du? Was sagst du? Weib! Gott! o Gott! du. G e n o . Ach Siegfried! Siegfried! – Ach Vettern, liebe Vettern, schaut mich an, – erbarmt euch mein, – niemals hab’ ich eure Flüche verdient. Falsche Zungen haben mich zu Grunde gerichtet! Ich war niemals das, was sie mich beschuldigt! S i e g f . Du solltest Genovefa – du lebendig – du – ach, bist du’s? G e n o . Siegfried, ich bin’s, wahrhaftig und lebend, dir treu und rein immer, so wahr meine Hand die deine faßt, drinn in dieser Höhle ist dein Sohn. S i e g f . O hervor! ( U l r i c h hinein) Genofeva, bist du’s? O wenn’s nur kein Traum ist! – Soll ich dich gewißlich wieder besitzen? – Bist du von den Todten erstanden? Bist du vom Himmel gestiegen hieher zu mir? G e n o . Ich war nicht gestorben, der Allmächtige hat mich gnädig aus der Hand derer gerettet, die grausam mein Blut vergießen sollten. Golo, ich klage dich nicht an, aber die Untreue gegen deinen Freund verdammt dich. – Er war es selbst, Siegfried, der meine Treue zu dir zu fälschen gesucht, ich hörte ihn nicht, das war meine Schuld. G o l o . Begrabt mich doch lebendig! O schlagt mich todt! – Ja Siegfried, ich war’s, der alles that, dich so verrieth, gieb mir deine Rache jetzt gleich, und laß mich in Ruhe. U l r i c h führt S c h m e r z e n r e i c h hervor, S c h m e r z e n r e i c h starrt alle an. G e n o . Zu mir Lieber, zu deinem Vater! Hier ist er, sieh. S c h m e r z . Ach, Mutter, haben mein Reh geschlagen, drinn, drinn – ach! weh! (wieder in die Höle) S i e g f . Ach Herz! Herz! es weint, zerspringt, daß ich nicht mehr kann. – Unglückliche! – Ha Schlange, die ich in meinem Busen ernährt – räuberischer Uhu, der mit stinkenden Flügeln Blüthen zerschlägt, die ihm nicht duften! – Ach Gott! Gott! – Ha du sollst sterben, nieder hier! (Zieht das Weidmesser) G o l o . Hier – öffne diesen Busen, – mein Blut laß abwaschen die schweren Schulden an dir und an deiner Gemahlin, Siegfried. Gern und leicht sterb’ ich, weil die noch lebt. 187

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G e n o . Gieb Gnade, Siegfried, verzeih ihm’s, wie ich ihm verzeihe. S i e g f . Nein. – Zwar will ich am Tage, wo ich dich wieder fand, meine Hand nicht mit verrätherischem Blut besudeln: führt ihn weg von hier, fern dieser unschuldigen Ruhstätte, – am Bach dort lohnt ihm nach seinen Thaten. G o l o . Siegfried, lebe lange und doppelt vergnügt, des Friedens willen, den ich geraubt. – Dürft’ ich dir noch zum letztenmal die Hand drücken. Lebe wohl. – Auf deinem Todesbette, in der letzten Stunde, wo man alles verzeiht, erinnre dich meiner und verzeih auch mir. B e r n h . Fort jetzt! Mein Inwendiges hüpft, daß ich dich bald abthu! – Das Gewehr her! U l r i c h . Voran! (entwaffnen und stoßen ihn ab) S i e g f . (bey Seit) Gott! wohin kommt’s mit dem Menschen! Er war mir einst so lieb! Ach, ach! und nun – daß ich ihn richten mußte! – Soll ich ihn zurück rufen? – Verzeih ihm du im Himmel, wie ich ihm jetzt verzeihe. – Komm, Liebe, laß uns fort, einen Ort verlassen, wo alles meinen Schmerz vermehrt. G e n o . Ein Gelübbe thu’ ich hier. S i e g f . Und meines dazu. (umarmt sie) Hier wollen wir einst sterben, hier der Auferstehung entgegen ruhn unter diesem Felsen. Nur so lange, Traute, laß uns zur Welt zurück kehren, bis wir unsern Sohn zu seinen Würden eingesetzt, bis er mannhaft, stark, selbst gelernt, Hirt seiner Heerde zu seyn, dann wieder hieher, und wir wollen, so wie wir gelobet, Hand in Hand wallfahrten hinauf. Dann sey mir deine freundliche Dunklung willkommen, wohlthätige Höhle, gesegnet bis dahin. – Wo ist dann mein Sohn? – Lieber, wo bist du? Komm, dein Vater ruft. Komm doch, komm. (hinein in die Höhle) G e n o . (kniet) Segen ruhe über dir, freundliche Höhle, die mich aufgenommen und bewahrt, steh immer grün zu meinem Andenken, sey ferner noch gedrückter Unschuld Freystadt, nimm vom Unglück Verfolgte in sichern Schirm auf, – meine Verbannung hat nun ein Ende.

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Zwölfte Scene. (Weidengebüsch. Von fern die Melodie vom Liede: Mein Grab sey unter Weiden – mit Waldhörnern.) 5

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Golo, Bernhart, Ulrich. G o l o . Ha! mein Sterbegesang. U l r i c h . Drunten rauscht der Bach, sag an seinen Tod, wie er sterben soll. B e r n h . Niedergestochen wie ein Thier, sein Blut im Bach rinnend, zerhauen die Glieder und aufgehengt in die Aeste, daß einmal des Himmels Geyer in seinen Knochen horsten. G o l o (faßt wüthig B e r n h a r d t , wirft ihn nieder, reißt das Schwerdt ihm aus der Faust und verwundet ihn) Noch brennt Mannheit in mir. – Verflucht neunmal die Zunge, die solch Urtheil mir sprach! U l r i c h . Ha! noch meinen Bruder erschlagen! – Blutdürstiger! Höllischer! G o l o . Bin ich nicht Ritter so edel gebohren wie ihr? – Schlachtet ihr mich wie ein Thier? U l r i c h . Hund! wüthiger! will dirs geben! B e r n h . Halt ein Bruder Ulrich! U l r i c h . Nein, soll mir darnieder B e r n h . Sonst bathest du mich, bitte jetzt dich. (Ulrich ficht) G o l o (schlägt ihm das Schwerdt aus der Hand) Ihr wäret mir nichts, – ich wollte euch eh beyde Wolf und Geyern vorschmeißen, daß sie eure Glieder zerhackten, eh ihr mich zu Boden brächtet! – Ihr Niederträchtigen! Die ihr schnöde verdammt, ihr Elenden, die nicht fühlen, wie jammervoll dem Unglücklichen ist. – Ihr schmähet mich, schaut auf mein Verbrechen aber nicht auf das Schicksal, das mich bis dahin trieb. – Oh! ich wollte mich jetzt stellen gleich vor euch allen an die Spitze, – hundert Bewaffneter hinter mir, – wer wagt es, mich dann noch zu richten, wo tausend und tausend! – Aber hier, in meinem Busen, – da – ich habe Unglückliche gemacht, habe meinen edelsten Freund hintergangen, ach! (wirft das Schwerdt weg) Stehe hier unbewaffnet wieder. – Ritter-Tod und Begräbniß ehrlich, – mehr begehr’ ich nicht. B e r n h . Habe mich zu sehr auf deinen Tod gefreut, habe zu sehr nach deinem Blut gelechzt, – geh deines Weges, Gott wird dich finden. G o l o . Ich bin müde, wer mir den Tod giebt mir Ruhe. U l r i c h . (faßt das Schwerdt) Unglücklicher! Sollst haben Rittertod und

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Begräbniß, ehrlich beydes von meiner Hand. – Steh her, ich will dein Richter seyn. (reckt das Schwerdt) G o l o . (fällt hinein) Verzeiht mir, eh ich sterbe. B e y d e . Wir verzeihen dir! 5

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Wohl hab’ ich solche gekannt, Die man nennen möchte Eigner Kühnheit gebildet: Doch sind diese nur, wie die Perle, Die vom Thaue blinckt, Geheimnisschön. Was aber dauernd ist und allen gemein, Das Tugendreiche, die Wohlfahrt, Das lobe ich mir. Crisalin. Im Sekendorfischen Musenalmanche für 1808, den wir allen Lesern empfehlen.

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Der Ring.

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Ein Gedankenspiel.

Spielende: Va t e r . Mutter. Kind.

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(Gartenplatz vor einem Hause. Morgen.)

1. M u t t e r . Vom guten Morgen kommt mir dieser Grus, Der einz’ge jetzt, ich kann ihn ganz verstehen! Ja wohl du stiller Grus aus klarem Auge, Der Schlaf sogar versteht dein süß Erhellen, Ob schnell, ob langsam er die dunklen Hände Hinwegzieht, die er über die Geschenke Der neuen Welt, der hochgeschmückten hat gelegt, Das weiß er dir am Auge abzusehen: Zum heitern Morgen dringt ein schnell Erwachen. Wo endet Schlaf? Wann gehet auf das Sehen? Wie wird es Tag? Wann löschen aus die Sterne? Wo endet Ferne, und was ist zu nah? Was grünt zuerst, wo steigt der erste Klang? Unendlich tief ist Schlaf, unendlich weit der Morgen! – So ist das Gestern nun zum Heut geworden, Dem Auge fern, dem Geiste gegenwärtig. Hier saß ich gestern Abend, schrieb im Sande Und fuhr erschrocken auf, was ich geschrieben, Der Morgenwind hat’s sorglich ausgewischet, Was unvereinbar ist mit meiner Ruhe, Der Sonne Mahlerblick weiß alles zu verschmelzen, 192

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Aus Meer und Wolken zieht sie helle Strahlen In träger Nacht die Geisterwelt zu mahlen. So unbemerkt entfaltet sich das Schöne; Unendlich wird ein Frühling allen Sinnen. Die Tage sind nun liebliche Geschwister, Die jüngern stets dem Mutterherzen lieber, Sie sprechen nach, was jene ältern fragen, Sie haben noch was Süsseres zu sagen: O Sonne, Mutter zahllos lieber Kinder, Warum bin Mutter ich und ohne Kind? O Sonne, einen Augenblick zum Beten! – Du willst es nicht, die Augen gehn mir über. (Sie hat in Gedanken einige Blumen gebrochen, die sie ins Gesicht drückt.)

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Wie verlieren sich die Blätter Wunderbar im Flammenlicht, Drinnen haucht ein kühlend Wetter, Drück ich sie ins Angesicht, Alle die Blumen sind ohne Harm, Nur die rothe Rose nicht, Sie sticht! Sticht wie die liebe Sonne so warm; May ist ohne die Rose nur Qual, Ihr stillen Gründe, du einsam Thal. (Sie vertieft sich abgehend in dem Garten.)

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2. (Vater und Kind, beyde in Kriegskleidern, das Kind sieht sich um und läßt den Vater oft allein.)

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Va t e r . So ist des Unglücks Fluch, Daß es uns unterwirft der leeren Furcht, Wie schaudernd hält der Boden heiße Eile: Ein Schritt, ein Druck der Hand, ein Wort wie leicht, Wie schwer, wenn unser Schicksal daran hänget. Tod, Leben giebt der Ueberraschung Wunder. K i n d . Es wird so schwühl, wir gehen doch nicht weiter? Va t e r . Nein, lieber Sohn! – Wir sind schon allzuweit! – Zum Ufer wallt, vom Ufer sinkt die Woge,

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Was zog mich her, was weist mich nun zurück? Mich stößt zurück, was lange mich gezogen. O Sie war schön, ich find für sie kein Bild, Nach ihr möcht ich die ganze Welt mir bilden, Die ohne Sie mir farbenlos und leer. Wie räthselhaft, was unsre Jugend füllt, Und wie so deutlich, was das Alter schwächt, Es will vergüten, was die Jugend fehlte, Ach Jugend macht die Jugend einzig gut. Es ist zu viel! Die tiefe Noth ich trug, Und schwindle, da mich trägt ein nahes Glück. Ich steh im Vaterland, vor meiner Schwelle, Hier eingewiegt, als Knabe eingespielet, Mit Todesmuth als Jüngling eingeschworen, Wo Liebe fest mich eingewurzelt hält, Der ersten Liebe gleich durchwachsne Rosen: Dies ewge Band aus Lust und Furcht gewoben; Wie wird mir hier so wohl und auch so weh! Was meine Jugend füllt ist unerschöpflich, Das Alter kann noch klar daran sich sehen: Ha, wo das Herz der Liebe Hauß erbaut, Da haust es ewig, läst sich nimmer bannen. Hier lebte ich und war ich fern und ferner, Hier wachte ich, an dieser heilgen Schwelle, Wie Traum bewacht der heilgen Unschuld Schlaf, Und träumend kehr ich heim zu Jugendfreuden. Was hilft dem Storch, wenn er sein Nest auch findet, Und findet es erwärmt von andrer Lust, Und fänd er’s kalt; und könnt es nicht erwärmen. Und ja, ich fühl mich kalt, indem ich glühe, Denn zu viel Möglichkeiten sind in mir. K i n d . Du sprichst vor dir. Und mir gefällts hier wohl. Hier eß ich Milch und Frucht für uns bereit, Und wer’s uns wehrt, mit dem will ich schon fechten. Va t e r . Genieß mit Freuden, Milch und Frucht sind dein, Und wunderlich erschöpft ein nächtlich Wandern. – Wo hat mich Frucht von müheschweren Jahren, Wo hat die Milch der Hoffnung mich erquickt?

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Wo hat die Freude mich zum Tanz beflügelt, Was ist Gesundheit, wo ein öder Sinn? Nur in dem Kind allein, wie es sich nährt, Bewußtlos in die Welt so herzhaft fühlt, Da hol ich nach, was ich versäumte trotzend. Ich seh ihm gerne zu, wie sich’s so macht, Und wie es reift, sich selber zu erkennen; Ich habe viel in diesem edlen Kinde, Ein lebend Bild von der verlaßnen Frau. Ich bin ihr nah, es will mir ganz genügen, Mich fühlen ganz und froh, ich kanns nicht fassen. Was hilft ein volles Mahl dem Hungertode, Der Aeltern Seegen Liebesterbenden! K i n d . Du klagst ja Vater, kann ich dir nicht helfen? Va t e r . Ich klage nicht, ich freue mich nur anders, Verschlossen sammle ich den Schatz der Noth, Doch helfen kannst du mir. Bist du noch müde? K i n d . Ich bin bereit, ich springe ja schon weiter. Va t e r . Wo willst du hin, hast du es schon vernommen. K i n d . Ich dacht, wir müßten eilend weiter ziehen. Va t e r . Noch nicht, du sollst mir etwas hier erst holen. Du siehst den Duft belegten Wiesenplan, Die Sonne athmet in die Welt so warm, Das helle Meer läuft zitternd himmelan Und scheinet mit dem Himmel schon zu leben, Und ferne heben sich die Wolkenfelsen Und wollen drauf gewittern heute Abend. Gehst du zum vögelklingenden Gehölze, Du findest dich gar bald am weißen Felsen, Der jähe wie vom Meer zurückgeschreckt, Halb zweifelnd ob er sich hinein soll stürzen, Das Ende einer Welt bezeichnen mag, Zerstörung nagt darin in Wind und Wetter. K i n d . Du warst wohl lange hier, daß du den Ort, Der ich ihn nie gesehen, mir deutlich zeigst. Va t e r . Ich war schon hier! Jetzt höre mit Bedacht: Auf diesem Abhang steht ein Myrtenstrauch; Erst war er klein, nun ist er sicher groß,

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Den reiße aus mit allen seinen Wurzeln, Denn unten liegt ein Schatz, den bringe mir. K i n d . Kaum halt ich mich; so ist mein Wunsch erfüllt, Der dunklen Erde Schätze aufzudecken, Wonach ich oft in unserm Garten grub. Va t e r . Und alte Scherben heilig dann bewahrtest. K i n d . Du weist es nicht, wie ich sie angesehen. Va t e r . So halte heilig, was du dort gefunden, Du kannst nicht fehlen, ferne wirst du hören Ein schwärmerisch entsetzlich Klagen von den Vögeln, Die Schwarzen baden sich im Meer, um weiß zu werden, Die Weißen baden sich darin, um sich 〈zu〉 schwärzen, Vergebens, schwarz wird schwärzer, weiß wird weißer, Die höre ja nicht an, verricht dein Wesen, Denn mit geheimer Sehnsucht füllen sie das Herz Der Jugend nach des Meeres fernen blauen Hügeln, Und jede Welle glänzt im Waffenschmuck besonnet, Den jungen Führer huld’gend zu begrüßen. K i n d . O Vater, wo du bist, da ist mein Hoffen. Va t e r . Recht gut mein Kind, doch hör mich jetzt auch aus. K i n d . Ich weiß schon alles, alles bring ich dir. (ab) Va t e r . Fort ist er, wie er leicht den Boden rührt, Es ist, als wär er nicht von dieser Welt. Und doch so kindisch ist sein ganzes Wesen, Doch immer wie in einem andern Sinn. Der Blumenstrauß von seiner Hand gebrochen, Er ordnet sich geheimnißvoll in Farben, Recht wie ein Regenbogen andrer Art, Darob die Leute staunen ohne massen, Und wissen nicht, was sie so tief entzückt, Ich will es nicht und muß ihn oftmals kränken, Er sagt es nicht, und darum muß er leiden. Mich treibt’s so oft das Schmerzliche zu fühlen, Das Bittere zu fühlen, weil das Stumme, Das Stumpfe mich viel bittrer quälen kann, So fühl ich mich ganz hingerissen jetzt, Ganz lebhaft jener Vögel Ton zu denken, Viel widriger als irgend Scharren, Ritzen;

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Es ist der Mißlaut, der zum Leben worden, Verruchte Wollust, Lachen nicht, kein Klagen. Als ich mein Schwerdt am Hochzeittag begraben, Da freute mich dies S c h r e c k l i c h e in Jugend, Denn d a s vollendete zum Mann mein Wesen. Was mich zur sicheren Gestalt umflossen, Das hat wie Sinter eines Quells umsteinert, Was lebender als je das Herz erregt, Und wenig kann ich nur von allem sagen, Das Wen’ge müssen andre wohl beachten. Sie wirds! Sie wird entschuld’gen mich und deuten, In ihrer Sehnsucht werd ich schuldlos seyn; O wie sie mich geliebt, so liebt doch keine. Wer kommt da? Pochst du nicht mein ahnend Herz, Du fühlst wohl nicht genug, bist du so todt! Was hast du dich denn taglang so gestellet, Als wenn nichts Schönres dir begegnen könne. Sind’s dreyzehn Jahre, daß ich sie nicht sah? Mir ist wie gestern! Langsam gehn die Stunden, Wenn unser Leben fiebernd stille steht, Und doch vergeßlich wie der Glocke Töne, Wenn Lust sie nicht zu Melodieen band: Ein Augenblick umschloß die Ewigkeit Und dreyzehn Jahre werden Augenblick! Wer sieht der Flur wohl an vergangne Jahre, Wenn sie den Frühling noch am Busen trägt; Entgegen, entgegen, entgegen so! (Hält inne.)

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Nein, so bezwingen soll mich selbst nicht Freude, Nur wer der Liebe Kuß beherrschen kann, Steht frey allein, der ist ein Mann. 3. M u t t e r . Woher der wunderbare Knabe war? Ach Mutterherz, ach wär’ doch so dein Sohn, Und du warst so betäubt von Angedenken, Daß du mit keinem Wort ihn hergeladen. Was trieb dich heute auch zum Myrtenstrauche,

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Da war es geistig und erinnernd voll, Von schmerzlich wandernden Gedankenreihen, Da war es, wo ich mit dem Manne wanderte, Wo er in thörigt lerer Eifersucht, Daß ich vor ihm, eh ich ihn jemals kannte, Schon einen Jüngling herzlich angeblicket, Sein Schwerdt ergrif, und mir den Arm verletzte, Den ich zum Schutze ängstlich vorgehalten. Und als mein Blut so röthlich blieb im Schnee, Da griff ich einen Myrtenstrauch zur Stütze, Und flehete vom Himmel halb vergessen: Ein Kind so roth wie Blut, so weiß wie Schnee, Auf daß die blinde Eifersucht vergeh. Mir ward Gewährung, doch die Eifersucht Des harten Mannes raubte es sogleich, Es soll gestorben seyn und dort begraben, Auch mit dem Kind wollt er die Lieb nicht theilen. Ach auch die Liebe wird im Schlechten schlecht Und mit Entsetzen schied ich mich vom Manne, Verzweifelnd gieng er in die Welt hinein.

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(Sie geht zu ihrem Tische.)

Ein Wandrer hat das Frühstück mir verzehret, Er ahndete, daß mir zu weh ums Herz. Da steht ein Fremdling, ist der’s wohl gewesen, Es ist nicht recht, doch litt er sicher Noth. Hör Wanderer, du scheinest zu erwarten, Daß ohne Bitten ich dir geben soll, Weil du schon nahmst, auch ohne nachzufragen. Va t e r (vor sich) Sie kennt mich nicht ihr himmlischen Naturen, So hat auch Gott die eigne Welt vergessen Und diese Anred war mir nicht die rechte: Dem Elend steht des Elends Haus nicht offen, Ha ich will zeigen, daß ich Herr im Hause. (laut) Ja wohl, wir sind nur Wanderer auf Erden. M u t t e r . Wie, sprachest du im Augenblick mit mir? Wie muß ich doch dabey so weithin denken. Du kommst zur guten Stunde, willst du bitten, So bitte was dir gründlich könnte helfen.

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Va t e r . Ich bitte viel, ich bitte dich zurück, Die Stimme kanntest du, verkenn mich nicht. M u t t e r . Wie ist mir, nehmt ihr Büsche hier Gestalt, Ist dies ein Seegesicht aus leerem Dunst? O Gott! kann ich die Stunde überleben, O nein, du bist es nicht, dein Zorn schlägt Falten In deiner Stirn, du dürftest ja nicht zürnen. Va t e r . Die Runzeln pflügte mir des Irrthums Fluch, Doch Weisheit liegt darin mit reichem Saamen. M u t t e r . O Weisheit sprich, wer soll dich denn nun erndten, Da du so viele Jahr zum Säen brauchst. Va t e r . So nimm mich hin du reiche Erndtegöttin, Und heb die Garbe auf zur vollen Brust. M u t t e r . Du rührest mich, wie bist du alt geworden, Und suchest nun, was du vor Zeit verschmähet. Va t e r . Nun bring ich dir die Liebe ungetheilt, Die einst so reich auch mehreren genügte, O fände ich auch deine ungetheilt. M u t t e r . Du sprachst von Weisheit erst und nun von Liebe? Va t e r . Ich sprach davon, nun werd ich’s wohl vergessen. M u t t e r . Nicht unsrer frohen Tage kann ich denken. Va t e r . Ach ohne sie wär mein Gedächtniß Nacht. M u t t e r . Warum bist du im Ueberdruß geschieden? Kein lebend Band ist zwischen uns geblieben. Va t e r . Vielleicht, es war des Himmels klügster Segen, Der unser Kind entnahm im ersten Strahl, Denn unsre Launen sind nicht zu vereinen, Und Feuer würd’ in ihm mit Wasser zischen, Und was das Schlimmre sey, das würd sich zeigen. M u t t e r . Laß uns geschieden seyn, wie du’s gewollt. Va t e r . Ich kann nicht, was ich will, ich will nur was ich kann. M u t t e r . Bereitet bin ich nicht so ernst zu reden. Ich lebt in weicher Lässigkeit die Zeit. Mein Anwald wird dir leichtre Auskunft geben. Va t e r . Sey unbesorgt, ich lernte mich nun beugen, Und beugen oder brechen muß das Herz. M u t t e r . Doch ist der Trotz dir ins Gesicht geschrieben, Und was du sagst verwehet leicht der Wind;

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Wer Schiffbruch litt, der trauet nicht dem Meer. Va t e r . Der Kluge fährt am liebsten mit dem Strome. M u t t e r . Wie lebtest du, sey dies für mich ein Zeichen. Va t e r . Ein traurig Zeichen, denn ich lebte traurig. M u t t e r . Dich zu verstehn, von dir verstanden werden Es wär mir werth, du würdest dann mich ehren. Va t e r . Du hättest sonst den Stolz wohl nicht gehabt, Ich hätt den Stolz dir sonst wohl nicht verziehen, Und du erhöhst den Preis des Buchs Sybilla, Nachdem du immer mehr davon verbrannt. M u t t e r . Nach alter Art wirst du unheimlich Freund. Va t e r . Erst mache heimisch mich in diesen Wänden; Kein Stein ist von dem hohen Dach gefallen, Als wenn kein Hausherr diesem Hause fehle. M u t t e r . Wie schweifet deine Rede also fern. Va t e r . Weil mich die Nähe läßt so unbequem. Ist hier ein Hausherr, dem ich Gruß muß bringen. M u t t e r . Ich wünsche jede Sorg wär so zu lösen, Mein ist dies angeerbte Haus allein. Va t e r . Vertraue mir, laß uns das Glück versuchen, Ob es in diesem Haus sich zu uns finde. M u t t e r . Vertrauen läßt sich tauschen, nicht versuchen. Va t e r . So laß uns hier wie Fremde wieder hausen, Die nur Geselligkeit zusammenknüpft. M u t t e r . Die je sich nah, die werden sich nicht fremd. Va t e r . O erstes Wort, das schön wie deine Lippen; Bald wird ein Heiter um dich seyn, Wo deine Augen hellend hingewendet! Dem Schönen sammelt sich das Schöne gern In deinem Tempel sinkt der Unruh Fluch Und diese Bäume scheinen mir die Schlangen, Die sich hier schlummernd an die Schwell gelegt Und heil’ger Dienst kommt noch aus allen Landen. Die Tauben schweben girrend noch zum Giebel, Dann auf die Linde, die uns auch gewiegt; Das Meer wirft seine Schätze noch ans Land, Doch eine nur ist aus dem Schaum gestiegen, Ihr in der Luft hab ich ein Schloß gebaut.

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Du lächelst meiner künstlich feinen Rede. Ach wie so modisch neu ist mir die Freude. (Die Fortsetzung künftig.)

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Des Knaben Tod. Zeuch nicht den dunkeln Wald hinab! Es gilt dein Leben, du junger Knab’! „Mein Gott im Himmel, der ist mein Licht, Der läßt mich im dunkeln Walde nicht.“ Da zeucht er hinunter, der junge Knab’, Es braust ihm zu Füssen der Strom hinab, Es saust ihm zu Haupte der schwarze Wald, Und die Sonn versinket in Wolken bald.

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Und er kommt ans finstere Räuberhaus, Eine holde Jungfrau schauet heraus: „O wehe! du bist so ein junger Knab’, Was kommst du in’s Thal des Todes herab?“

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Aus dem Thor die mördrische Rotte bricht, Die Jungfrau decket ihr Angesicht, Sie stossen ihn nieder, sie rauben sein Gut, Sie lassen ihn liegen im rothen Blut. „O weh! wie dunkel! keine Sonne, kein Stern! Wen ruf’ ich an? ist mein Gott so fern? Ha! Jungfrau dort, im himmlischen Schein, Nimm auf meine Seel’ in die Hände dein!“

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28. Mai.

Der Traum.

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Im schönsten Garten wallten Zwei Buhlen Hand in Hand, Zwo bleiche, kranke Gestalten, Sie sassen in’s Blumenland. Sie küßten sich auf die Wangen, Sie küßten sich auf den Mund, Sie hielten sich fest umfangen, Sie wurden jung und gesund.

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Zwei Glöcklein klangen helle, Der Traum entschwand zur Stund’; Sie lag in der Klosterzelle, Er fern in Thurmes Grund. Ludwig Uhland.

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Der Ring. Ein Gedankenspiel. (Beschluß.)

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M u t t e r . Du hast kein freundliches Geschick erfahren, Doch ist dein Ruhm so groß, dein Wirken würdig; Man neidet mir, den Namen dein zu tragen. Va t e r . Ich wirkte auswärts um mir zu entfliehen; Befriedgung, eigne selbst erfreute nicht, Ach, wem das Beste fehlt, dem fehlt’s an allem.

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M u t t e r . Du sprichst wohl herzlich, doch du bist ein Staatsmann. Va t e r . Der Staatsmann sey das ganze Herz vom Staate, Doch ich war nirgends, nirgends mehr zu Hause. Das Neue konnte mir nur herrlich scheinen, Die goldene Alltäglichkeit war nichts, An mir wollt’ sich Gewohnheit nicht gewöhnen, Was mir gewöhnlich ward, schien mir zuwider. M u t t e r . Bald würde dich bey mir dasselbe quälen, Dasselbe, wo du sonst dich nicht verstanden. Va t e r . Warum ist mir denn jenes Zimmer lieb, Das wir mit manchem Spielzeug angeordnet, Mit mancher Inschrift, manchem kleinen Bild, Das räthselhaft den Fremden, uns verständlich, So daß wir stets geheime Sprache führten, Und wunderbar mir in Gedanken lag, Daß ich des meinen oft darum vergessen. M u t t e r . O sieh an dieser Gluth in meinen Wangen, Ob ich die holde Zeit nicht ganz gefühlt. Va t e r . Was ich bisher bewohnt, sind wilde Höhlen, So ganz verhaßt durch einsam wache Nächte, Ich mochte sie nicht schmücken und nicht ordnen, Daß ich nicht aussen fänd’, was Innen mißte. Erinnerung lag fern und unerreichlich, Und Reue folgte mir, daß ich’s verscherzt’, Was meines wahren Lebens Ernst und Sinn. Für wen ich sorgte, wußt’ ich nicht zu sagen, Und was ich that, das war voraus mir Sorge. Ich hatte Furcht, und sollte Zutrau’n wecken, Verantwortung ruht schwer auf dem Gesandten, Vertrauen darf ihn nimmer unterstützen, Er muß es brauchen, aber nimmer theilen. M u t t e r . Er muß es brauchen, aber nimmer theilen! Und die Gewohnheit sollte dir nicht bleiben? Va t e r . O lehr’ mich nicht, noch an mir selber zweifeln; Ich mußte viel schon thun, was ich nicht mochte. Als Schlange mußt Geliebte ich belauschen, Der Liebe Schein auch zwischendrängend nehmen. Der Freundschaft hingegebne Worte nutzen,

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Was ich für mich wohl nie gethan, nein nimmer. Gesellschaft, die ich haßte, mußt ich suchen, Und die gemüthlich mir kaum heimlich sehen, Ein Kartenspiel aus blosser Ehre suchen, Die Nacht vergähnen, Morgen zu verfehlen, Und reden, wo ich lieber schweigen mogte. So wurden bess’re Menschen mir zu Schatten, Die der Erscheinung regelrechte Stunde halten, Sonst mocht’ ich nichts von ihnen weiter fordern; Der Staat allein schloß da der Herzen Band, Für ihn mußt ich Beleidigung erdulden, Damit nicht Streit zur Unzeit ihn verflechte, Und dieser Staat, er liegt unendlich fern, Und was das Nächste mußt mir fremde seyn. M u t t e r . O Gott! wie elend müssen seyn die Völker, Daß solche Schande nur ihr Leben fristet. Va t e r . Stoß nichts von dir, was du so wenig kennst, Du trifst auch mich, noch wirk’ ich drin mit Eifer, Wenn gleich mit traurig plagenden Gedanken; Aufopfrung ist was werth! Würd’ mir wie Menschen, Wie andern Menschen wohl, nur einmal wohl, Ich hätte nicht die Kraft mich zu erheben, Ich bliebe ruhig, ließ der Welt den Lauf. M u t t e r . Hat sie nicht ihren Lauf nach Gottes Willen. Ich kann’s nicht sagen, was ich innen fühle, Und weiß doch auch gewiß, ich habe recht, Nicht Menschenklugheit giebt der Welt den Frieden, Ihr müßt begeistert seyn, es kommt von oben, Von aussen kommt doch nur Vergänglichkeit. Va t e r . Ist Menschenklugheit denn nicht Gottes Gabe, Wie sind sie doch so altklug hier geworden, Wo sie allein, wo blieb bescheidnes Schweigen, Das liebe Wörtchen, ich versteh’ es nicht. M u t t e r . Und wie so kalt, wie steinern werden sie, Wie hatt’ ich sonst von ihrem Geiste Meinung, Und sprach schon nach, was ich noch kaum vernommen, Und jetzt verstehen sie mir gar kein Wort. Va t e r . Ach, die sich lieben, müssen sich verstehen,

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Ist dieses nicht mein Arm, die Stimme mein, Ich bin derselbe, aber sie sind anders! Kann Mund zum Mund sich finden, wo die Worte Wie Pfeile sich zur dunkle Nacht durchkreuzen, Nicht lieben, streiten läßt sich nur darin, Käm’s endlich auch heraus, wir wären Freunde, Ich such’ den offnen Arm, nicht Vorsichtswaffen. M u t t e r . Was suchen sie, was sie verschmähet haben? Va t e r . Ha deine Liebe trieb mich aus zur That, Wie köstliche Musik in ferne Weite, Sie ist gescheh’n, Sie sind zu lang allein, Sie haben sich in der Musik vertiefet; Vernehmen auch kein Wort, was ich hier sage, Sie sind in eines schweren Zaubers Bann, Der Eigensinn hat sie so fest umschlungen, Sie sind die meine nicht, sie sind nun seine Frau. M u t t e r . Es ist vorbey, ja ganz vorbey auf immer, Es war doch alles nichts, ich merkt’ es gleich, Ich bin aus ihrer Sklaverey, ich lieb sie nicht, Aus meinen Augen fort, sie thun mir weh, Es ist der letzte Kummer, den ich leide. Va t e r . Ja wohl vorbey, ja ganz vorbey auf immer, Nicht mehr getäuscht von dieser lieben Hülle, Der goldne Ueberzug zerreibt sich vom Gefäß, Ich sehe klar, daß ich damit betrogen, Soll ich’s vernichten drum, weil’s mich getäuschet, Werf’ ich’s in’s Meer, ich könnte später zweifeln, Es steht vor mir, daß ich mich überzeuge. M u t t e r . Das wollte ich; so überwiesen ganz So ganz beschämt du alter Staatsmann, So solltest du vor einem Weibe stehen, Getäuscht zu seyn, ist deine höchste Strafe, Ihr holden Blumen, ach verzeiht den Zorn, Ich fühl’ mich schlecht in diesem Augenblick, Doch ist’s der letzte, den ich so verbringe, Und wie der Schall im Walde still verrauschet, Verzeih es Luft! Genug ist zum Gewitter In dieser Luft, daß ich kaum athmen kann,

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Und bin ich schuldig, treffe mich der Blitz. Was ihre Absicht war an diesem Tage, Die sie so weit zu mir hieher geführt, Es ist vergebens jegliches Bemühen, Und mit dem Ring, den ich vom Finger nehme, Und werf’ ihn in die freye weite Welt, Ist jedes Band gelöst, was noch Erinnrung hielt, Wir sind geschieden und es sey für immer. Va t e r . Vertrauend baut sich an der Mensch in Jahren, Der Erde Beben zerstört’s im Augenblick. Ich fühl’ mich ruhig, ich verliere nichts, Nur der ist frey, der nichts auf Erden hat.

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(kommt mit einem Schwerdt und einem Mirtenzweige, und findet den weggeworfenen Ring.)

O Vater! sieh den schönen Ring nur an, Auf einer Lilie gelben Faden schweben, Es ist ein Schlänglein, das im Schwanz sich beißt, Ein rother Stein blitzt herrlich aus den Augen. Ach, daß am Ring kein Anfang oder Ende, Sonst würd’ das schöne Thier auch wohl noch gehen, So kunstreich ist es durch und durch getrieben. Du siehst so heftig Vater, und du sprichst kein Wort, Du schiltst doch nicht, daß ich so lang geblieben, Es war kein Schatz am Mirtenstrauch zu finden, Nur dieses Schwerdt, darf ich das Schwerdt auch tragen, Ich will das Feindliche der Welt bestreiten. Ach Vater sag’, wer ist denn diese Frau, Die schöne Frau, wenn sie nur liebreich wäre. M u t t e r . Ist dies ihr Kind, so sind sie zu beneiden. Es ist zu liebreich, nein sie sind nur Pfleger. Va t e r . (leise zur Mutter) Gedenken sie der Schicklichkeit vor Kindern, Wär’ dies nun unser Kind das früh verloren. M u t t e r . Ha, wer denkt an Schicklichkeit der Welt, Wenn hier ein Abgrund, dort ein offner Arm,

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Ich ruf’ in die Natur nach Helferarmen, Ist dies mein Kind, was ich gestorben glaubte, Das sie aus Eifersucht von mir verbannt? K i n d . Ach ja ich bin’s, ich bin gewiß dein Kind, Ach Gott, wüßt’ ich nur eine Mutter zu lieben. M u t t e r . Gewißheit und ich bin dir unterthänig. Va t e r . Wo soll das hin, ich kann die Folg nicht denken, Und handelte doch nie ohn’ Ueberzeugung. M u t t e r . Gewißheit und dann morde mich sogleich Mit diesem Schwerdt, das mich schon früh verwundet. K i n d . Ach, Mutter, wie wird dich der Vater lieben. Va t e r . So muß mir denn das Schmerzlichste geschehen, Und ohne Liebe sehn die Vielgeliebte, Und wie Gewissensbisse immer sehen. M u t t e r . O laß mir nur mein Kind, nur wenig Stunden, Ich lieb dich ja in ihm, ich kann nicht mehr. K i n d . Ich lieb euch beyd’, du willst schon gehen Vater, Hast du nicht oft die Arme ausgebreitet, Lang über mir nach meiner Mutter seufzend. Va t e r . Das ist vorbey, das ist nun ganz vorbey. M u t t e r . Ist denn kein Ausweg, so verläßt mich Gott, Ich steh hier trostlos, wo ich sein bedarf, Und wie ein Unrecht scheinet mir mein Unglück. K i n d . Ach Mutter, ist denn Gott nicht unter uns. Wir sind ja drey, so sind wir die Gemeine, Wie sprichst du so, nein er verläßt uns nie. Va t e r . Es ist dein Sohn, es ist bedacht, es sey, Es muß das Schmerzlichste von mir geschehen, Ich opfere mein eignes Leben auf, Wir leben nun für dieses Kind zusammen, Nimm du die linke Hand, ich nehm die rechte, Auf daß er lerne lieben und auch fechten. K i n d . O Vater, wenn ich nur genug dich liebe, O Mutter, wenn ich nur für dich kann fechten. M u t t e r . Es trägt mich des Entschlusses eigne Kraft, Mit Uebermacht hast du den Geist bezwungen, Mein Herz schweigt still, es kommen andre Zeiten, Im Herzen dieses Kindes schlägt das meine,

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Und meine Klugheit wachet über’s Kind. Va t e r . Vermagst du wohl so viel noch über dich, So laß versuchen uns beym Mondenschein Zu lesen, wo wir sonst nur weinen konnten: Gefühl und Klugheit muß sich immer beugen, Vor einer Zukunft, die sie selbst erst zeugen. K i n d . Da hast du Mutter diese Mirtenkrone, Da hast du Vater das verlorne Schwerdt, O laß mir nur den Ring den vielgeliebten. Va t e r u n d M u t t e r . Du bist der Ring von zweyen Vielbetrübten, Die nun verbunden, die sich einstmals liebten. Va t e r . Wir sind verbunden? M u t t e r . Ich gehorche Ihnen. Va t e r . Wohl dem, der einmal nur geliebt im Leben, Das Schicksal will ihm goldne Hochzeit geben, Es drückt das Gold, es zittern seine Hände, Doch fühlet er, daß nie das Leben ende. K i n d . So küsse doch den lieben Vater, Mutter. M u t t e r . Und was der Ernst und die Vernunft geschieden, Ein Kinderspiel auf dieser Welt hienieden. K i n d . Hörst du fern im Dorfe singen, Luft und Düfte zu uns dringen Aus der tiefen Himmelsstimme. M u t t e r . Ach zu uns in ernstem Grimme. Va t e r . Wie so oft war uns zum Spotte, Unsrer Diener Sonntags Schmücken. K i n d . Ach so hört doch zu dem Gotte, Der in seligem Entzücken. Va t e r . Wehe nun ist eine Stille! M u t t e r . Aber wie versöhnte Freunde Tönt nun höher Gottes Wille Aus der himmlischen Gemeinde. K i n d . Führt mich, wo die Glocken schlagen. Va t e r . Das Gewissen anzusagen. K i n d . Wo die Freuden alle klingen, Mußt du mich auch heute bringen. Va t e r . Ach wie kühlend in der Hitze!

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Haben wir denn da auch Sitze? M u t t e r . Gittersitze wir da haben, Wo die Aeltern sind begraben. Va t e r . Und die also Gott gefunden, Zeigen sich da Gott verbunden; Und kein Mensch darf sie nicht scheiden, Die geprüfet in den Leiden!

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Ludwig Achim v. Arnim.

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Zur Geschichte der Poesie.

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Dante mit dem Schmied, der die divina Comedia sang, und wie er den sperrbeinigen Reuter dem Richter empfahl.

Der gefeyerte Dichter, dessen Ruhm keine Zukunft verringern wird, Dante Alighieri der Göttliche genannt, war in Florenz der Nachbar der Familie Adimari, und da ein junger Edelmann dieser Familie wegen irgend eines Verbrechens eingezogen worden, der Richter dieser Sache aber mit dem Dante bekannt war, so bat die Familie den Dichter, er möge den jungen Mann dem Richter empfehlen. Dante sagte, er wolle es gern thun. Als er nun gefrühstückt hatte, verließ er das Haus, und machte sich auf den Weg zu dem Richter. Bey der Porta San Pietro sah er einen Schmied auf dem Amboß schmieden, der sang den Dante ab, wie man einen Gassenhauer singt, und da er seine Verse verhunzt, und allerley gemeines Zeug darunter matschte, schien es dem Dante, als wenn ihn der Kerl höchlich beleidigte. Er sprach kein Wort, nahte sich der Werkstädte des Schmieds, wo eine Menge Werkzeuge lagen, die er zu seiner Kunst gebrauchte, nahm den Hammer, und schmiß ihn auf die Gasse, dann nahm er die Zange, und warf sie auf die Straße, dann nahm er die Wage, und warf sie auch auf die Straße, und so warf er alles Geräthe, was ihm vorkam, hinaus. Der Schmied drehte sich mit 210

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einem bestialischen Gesichte zu ihm: Was Teufels habt Ihr vor? Seyd Ihr verrückt? Dante sagte: Und was Teufels hast du vor? Ich habe meine Arbeit vor, sagte der Schmied, und Ihr verderbt mir mein Werkzeug. Dante sagte: Was du nicht willst, daß dir gescheh’, das thu auch keinem andern. Verdirbst du mir das meine, so verderb’ ich dir das deine. Und was verderb’ ich dir? sprach der Schmied. Da sagte Dante: Du singest das Buch, und singst es nicht, wie ich es gemacht habe, ich habe keine andere Kunst, und du verdirbst sie mir.*) Der Schmied ganz verwundert, wußte nicht, was er sagen sollte, raffte sein Geschirr zusammen, und kehrte an die Arbeit zurück, und wenn er singen wollte, so sang er von Tristan, und von Lancelot, und ließ den Dante Dante seyn. Dieser setzte seinen Weg zu dem Richter, den er vorhatte, fort. Da er aber bey diesem erfuhr, daß jener junge Edelmann, von welchem die Rede, ein hoffärtiger und unartiger Bursche war, der immer sehr brutal durch die Stadt zog, und besonders zu Pferd die Beine so weit auseinander streckte, daß er in engen Straßen den Leuten den Weg versperrte, oder ihnen mit seinen spitzen Schuhen Löcher in die Mäntel riß, welche Manieren ihm, der alles sah, immer mißfallen hatten, sagte Dante zu dem Richter: Ihr habt vor euerm Richterstuhl jenen Edelmann wegen der und der Sache, ich empfehle ihn euch, wenn er gleich der Art ist, daß er noch größere Strafe verdiente, denn ich glaube, das allgemeine Gut anzugreifen, ist ein tüchtig Verbrechen. Dante sagte das keinen tauben Ohren; denn der Richter fragte: Was ist das für ein gemeines Gut, das er angreift? Dante antwortete, wenn er durch die Stadt reitet, so sperrt dieser die Beine dermaßen auseinander, daß alle Menschen auf seinem Weg zurück müssen; der Richter sprach, scheint dir dieses eine Kleinigkeit, das ist noch ein größer Verbrechen als das andere. Da sprach Dante: Aber sehet, ich bin sein Nachbar, ich empfehle ihn euch, dann ging er nach Haus, wo ihn der Edelmann fragte, wie die Sache stünde. Dante sprach, er hat uns gesagt, recht gut. Nun war der Edelmann vorgeladen, sich zu verantworten, er erschien, und da man ihm die erste Beschuldigung vorgelesen, ward ihm auch die zweyte von seinem sperrbeinigen Reiten vorgelesen. Der Ritter, als *) Vielleicht hat sich Dante seit der Zeit im Himmel anders bedacht und möchte viel darum geben, lieber von einem ehrlichen Schmied nach seiner Art begriffen, als von tausend Gelehrten wegen der Geschichte der Poesie durchgeblättert zu werden. Einsiedler. 211

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er seine Schuld verdoppelt sah, sagte zu sich selbst, der Dante hat mich schlecht bedient, nun werde ich gar doppelt verdammt. Nachdem er sich gerechtfertigt, ging er nach Haus, und sprach zu Dante: wahrlich du hast mich gut bedient, ehe du zum Richter gingst, ward ich nur einer Sache beschuldigt, nachdem du mich empfohlen, nahm er mich doppelt in die Kur. Dann fuhr er sehr zornig gegen Dante fort: Werd’ ich verdammt, ich vermag zu bezahlen, aber wer es sey, der mir dazu verholfen, dem will ichs lohnen. Da sagte Dante: Ich habe euch so sehr empfohlen, als wenn Ihr mein eigner Sohn wärt, mehr konnt ich nicht, hat der Richter es anders genommen, ich kann nichts dazu. Der Ritter schüttelte den Kopf, und gieng nach Haus. Wenige Tage hernach ward er in 1000 Lire für das erste Verbrechen und in andere 1000 wegen des weitläuftigen Reitens verdammt, was die Familie Adimari dem Dichter nie verzieh, und trug diese Geschichte nicht wenig dazu bei, daß er in kurzer Zeit als ein Guelphe aus Florenz verbannt wurde, und zu nicht geringer Schande seines Vaterlands zu Ravenna in der Verbannung starb.

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– 18 – Die Einsiedlerin.

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O lasse Geliebter mich einsam leben! Dem Tode bin ich früh geweiht, Ich kann dir nicht Friede nicht Freude geben, Doch beten für dich in Einsamkeit. Ich will dir Geliebte dein Zellchen bauen, Mein Herz ist einsam und dir geweiht. Und durch meine Augen kannst du wohl schauen Den Himmel so nah, die Welt so weit. Die Arme, ich will sie dicht um dich schlingen, Wie Liebeszweige, an Früchten schwer, Die Lippe, sie soll dir wie Echo klingen, Wie Vöglein springen mein Lied umher. Dein Händchen, o legs an mein Herz, es schläget Im Busen mir ein lebend’ger Quell Und wie sich in Liebe Liebe beweget, Springt er dir entgegen so freudig hell.

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Du kannst nicht lieben, nicht glauben, so ziehe So ziehe nur hin in deinen Tod, Die Sonne schien in dein Bettchen zu frühe, Verschlafe nur nicht dein Abendroth.

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Noch alle Tag ist’s nicht Abend geworden, Mir bringet die Zeit noch Rosen einst, Ich ziehe nach Süden, leb’ wohl in Norden, Du lachst mir noch, wie du nun weinst. Und hinter dem Berge der Freund verschwindet, Die Sonne geht durchs Himmelsthor, Sein Bündelchen traurig das Mädchen bindet, Steigt mit dem Mond am Berg empor. Es stehen die Wälder so stille, stille, Des Berges Ströme sausen wild, O Stärke den Muth mir, stark ist der Wille, So betet sie am Heilgenbild. Da läutet im Winde ein Silberglöckchen, Sie tritt in die Zelle von Rosenholz, Und nimmt das braunseidene Klausnerröckchen, Legt an die Demuth, legt ab den Stolz. [137b]

Und wie sie die bunten Kleider hinleget, Schlägt ihr das Herz im Busen laut, Die Flöte der Wanduhr so sanft sich reget, Und singt das Nachtlied der Himmelsbraut.

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„Gut Nacht, o mein Liebchen, auf seidnem Mooße, Ach wie so sehnend die Nachtigall singt, Am Fensterchen glühet die treue Rose, Die Rose, die einst die Zeit mir bringt. Ich mußte die Hütte, den Garten geben, Zu bauen dein Zellchen so schön und fein, Und muß nun wie du in der Wildniß leben, Mit meiner Sehnsucht so einsam seyn. O Liebchen schlaf wohl, von deinem Schooße, Fällt klingend der perlene Rosenkranz, Es schläft nicht der Treue auf seidnem Mooße, Ihm flicht wohl die Liebe den Dornenkranz.“ 214

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So singt ihr die Flöte, doch verstehen Kann Liebchen nicht des Liedes Leid, Der Liebe Bitten, der Liebe Flehen, Scheint ihr das Lied der Einsamkeit. 5

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So lebt sie lange, ungeschmücket Die Tage hin, die Nächte hin, Und schon die Rose sich niederbücket Sieht nicht mehr nach der Klausnerin, Die Stürme sausen in wilden Nächten, Wohl lauter als die Flöte sang, Im Walde die Hirsche brünstig fechten Die Welt wie wild, die Zeit wie lang. Und sitzet sie traurig an der Thüre, So eilen auf verschlungner Bahn Die Rehe paarweiß, die scheuen Thiere Und stehen still und sehn sie an. „O Zeit o wolle die Rosen brechen, Wie einsam ist Liebchen, wie allein, In Sehnsucht will ihr das Herz zerbrechen,“ So schreibt sie oft auf Täfelein. Und heftet sie dann an die Geweihe Der Hirsche, die sie zahm gemacht, Und mustert sie ängstlich nach der Reihe, Ob keiner Antwort ihr gebracht.

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Weint Liebesthränen, schlingt durch die Locken So weltlich den perlenen Rosenkranz, Und schürzt das Röckchen, schmückt ihre Socken Mit Waldes Blumen, mögt gern zum Tanz. Und regen die Büsche im Mond sich helle, Und flötet die Nachtigall süß und mild, So kann sie nicht schlafen, steht an der Zelle, Und glaubet, sie sähe des Lieben Bild. 215

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Umarmt die Bäume mit Liebesgeberde, Und reicht den blühenden Zweigen die Hand, Und kühlt sich den Busen an kühler Erde, Und zeichnet sein Bildniß in reinen Sand. Oft hebt sie die Füßchen, sie tanzt so gerne Und beißt sich die Lippen, sie küßt so gern, Am Himmel da stehen so ruhig die Sterne, O weh mir wie einsam, die Liebe ist fern. So eilet der Frühling, der Sommer gehet, Es senken die Büsche das grüne Dach, Und sie wird nicht ärndten, die nicht gesäet, Nicht ruhig schlafen, die Reue ist wach. „Du hast nicht geglaubt, nicht geliebt, so blühe, Verblühe nur hin in deinen Tod Die Sonne schien in dein Bettchen zu frühe, Verschlafe nur nicht dein Abendroth.“ So wiederholt sie im Traum seine Worte Es pochet im Herzen, ja poche nur, Sie gehet im Traume wohl an die Pforte, O Wehe es pochte im Herzen nur!

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Sie weinet getäuschet, und bleibet stehen, Da tönen Worte zu ihr hin, O laßt ohn’ Obdach mich nicht gehen Gott lohnt euch, fromme Klausnerin. Sie öfnet die Thüre, in lauter Freude Kann sie nicht reden, ihr Auge bricht, In Liebesthränen, und Freud und Leide, Denn ach es ist der Geliebte nicht. Und wie sie so weinet, steht still der Alte Das Haupt gesenket, blickt sie nicht an, O Jungfrau verzeih’, daß ich krank dich halte, Du bist wohl der Welt noch zugethan. 216

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So redet er zürnend, und vor ihm nieder, Kniet weinend die arme Klausnerin, Und fleht, gieb mir den Geliebten wieder, O führ’ mich wieder ins Leben hin. 5

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Der Alte spricht ruhig in jener Klause, Die gestern mein Dach gewesen ist, Ist Andacht und Friede wohl mehr zu Hause Da wohnet wohl ein beßrer Christ. Da wohnet ein Jüngling, fromm und stille, Und thuet Gutes, ist ohne Tand, Er wählte durch der Geliebten Wille Sich also schwer betrübten Stand. Die Klausnerin jammert und ringet die Hände, Und will nicht bleiben, will zu ihm hin, O sage mir Greis, wohin ich mich wende, In welchem Thale finde ich ihn.

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Es weinet der Alte, so tief gerühret Hat ihn der ird’schen Liebe Streit, Es schmückt sich die Holde, als Braut gezieret Steht sie im braunen seidnen Kleid. Und hastig zieht sie ihn von der Schwelle, Will mit ihm nach dem Thale gehn, Die Nacht ist so ruhig, der Mond so helle, Der Greis bleibt bey den Rosen stehn.

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Und bricht die Rosen, und knieet nieder Ein Jüngling vor der geliebten Braut, Sie kann ihn umarmen, und wieder, wieder, Sie weint so stille und lacht so laut. Schlaf’ wohl, o mein Liebchen auf seidnem Mooße, Die Zeit bringt Rosen, o süße Zeit! Das Einsiedlerröckchen ist leicht und ist lose, Der Himmel so nahe die Welt so weit. 217

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Auf, auf o mein Liebchen, ich will uns bringen, Zur Freude hin, geschwind wie der Wind, Und auf die gesattelten Hirsche sich schwingen Der Jüngling und sein getreues Kind. Es fliehen die Berge, es fliehen die Haine, Die Städte stehen, und sehen nach, Dann setzt er sie nieder und küßt sie am Rheine, O Liebchen, wer flöhe den Beyden nicht nach.

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Clemens Brentano. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Die geistliche Spinnerin.*) (Hierzu die Kupfertafel.) Groß Gnad und Barmherzigkeit sey mit der hochgelobten und weitberühmten Wittwen Elisabeth, die da gewesen ist ein Herzogin und Landgräfin von Hessen. Wiewohl sie eine Künigin war der Geburt, denn ihr Vater war ein Künig zu Hungarn, und kam sie doch von Gottes Gnade zu solcher Armuth, daß sie sich mit ihren eigen Händen mußt ernähren. Was sie leiblich gespunnen hat, drückt die Historie aus, was sie aber geistlich gespunnen hat inwendig in ihrer Seel, und wie ein andächtige Seel spinnen soll, darauf will ich mein Red kehren. Und zu Beßerung, wenn ich anseh das Spinnen Elisabeth, so begegnet mir ein ander Spinnen das sie gethan hat, und ein jeglich Seel thun soll. Was ist dasselb Spinnen? Nichts anders dann ein ernstliche Betrachtung göttlicher und geistlicher Ding, wie ein Mensch die Spindel erwischet oder begreift, und sie schlägt an das Werk der Kunkel, und heftet mit seinen Fingern an. Also ein betrachtende Seel schlägt ihre Finger an zu ersuchen um zu vernehmen was Gott anbetrifft. Nun wohlan: was hat gespunnen die andächtig Wittib Elisabeth? Sie hat sich selb gespunnen einen Mantel inwendig an ihrer Seel mit den Fingern ihrer Betrachtung; mit welchem Mantel sie hat bedeckt all *) Labores suos dispersit et dedit pauperibus, ideo justitia ejus exemplaris manet in seculum seculi etc. 218

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ihre Sünd, in welchem Mantel sie ist erschienen vor dem Angesicht des allmächtigen Gottes und vor allem himmlischen Heer. Was ist dieser Mantel? Es ist nichts anders dann christ- liche Lieb, damit bedeckt muß werden alle Sünd; wer dies Kleid an hat, der wird fröhlich eingelassen in die ewige Seeligkeit.

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Aus dem Buch Granatapfel, von Joh. Gayler von Kaysersperg.

Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix, und von dem traurigen Tode des Kindes Gaston. 10

(Fortsetzung. Vergl. 11. Stück.)

IV. Von einem Nachtkämpfer und einem bezauberten Bären.

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Noch oft sah ich den Edelmann, der mir solches erzählt auf dem Schlosse von Foix, und einstens fragte ich ihn, warum doch Messire Pierre de Bearn, der mir ein gar tapferer und reicher Herr schien, nicht verheyrathet sey. Verheyrathet ist er wohl sprach er, aber seine Frau und seine Kinder wohnen nicht bey ihm. Und warum das? sprach ich da. Das will ich euch wohl erzählen sagte der Edelmann. Messire Pierre de Bearn hat die Gewohnheit, daß er Nachts aus dem Schlaf erwacht, aufsteht, sich bewaffnet, seinen Degen zieht, um sich her kämpft, und man weiß nicht gegen wen, was denn sehr sorglich ist. Aber seine Diener, die in seiner Stube schlafen und ihn bewachen, springen dann auf, wenn sie ihn so fechten sehen und sagen ihm, was er treibt? Er sagt dann aber zu ihnen, er wisse nichts davon und sie seyen Lügner. Manchmal ließ man ihm auch keine Waffen und Degen in seiner Stube, aber wenn er dann erwachte und sie nicht fand, führte er ein solches Getöse und Unwesen, daß man glauben sollte, alle höllischen Teufel wären bey ihm in der Stube. Drum läßt man sie ihm lieber und achtet auf ihn; wenn er dann sich bewaffnet und wieder entwaffnet hat, legt er sich wieder zu Bett. Heilige Maria, sagte ich, woher mag wohl solche Phantasie dem Messire Pierre kommen? daß 219

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er Nachts aufsteht und solch Gefechte hält? Das sind sehr wunderbare Sachen. Meiner Treu, sagte der Hofmann, man hat ihn oft darum befragt, aber er weiß nicht zu sagen, woher ihm das kommt. Die erste Nacht, als man es ihm bemerkte, folgte auf einen Tag, an welchem er in einem Wald in Biscayen einen wunderbar großen Bär gejagt hatte. Dieser Bär hatte vier seiner Hunde getödtet und noch mehrere verwundet, so, daß die übrigen nicht an ihn wollten. Da nahm Messire einen Degen von Bourdeaux, den er trug, und machte sich sehr erzürnt seiner getödteten Hunde wegen an den Bären, stritt da in grosser Leibesgefahr lange mit ihm und hatte große Noth, bis er ihn erlegte. Endlich tödtete er ihn und kehrte dann nach seinem Schloß Langue Deuton zurück, wohin er sich den erschlagenen Bären bringen ließ. Alle erstaunten über die Größe des Thiers, und die Kühnheit des Ritters, mit der er ihn angefallen und erschlagen hatte. Als die Gräfin von Biscayen seine Gemahlin den Bären sah, fiel sie in eine Ohnmacht und bezeigte großen Schmerz darüber. Sie wurde von ihren Leuten aufgehoben und nach ihrer Stube gebracht, und war diesen Tag und die folgende Nacht und dann den ganzen folgenden Tag gar trostlos und wollte nicht sagen, was ihr fehlte. Den dritten Tag sprach sie zu ihrem Gemahl: Mein Herr, ich werde niemals wieder gesund werden, ehe ich nicht nach St. Jacob gewallfahrtet bin, gebet mir Urlaub dahin zu gehen, und daß ich Pierre meinen Sohn und Andrienne meine Tochter, mit mir nehme, ich begehre es von euch. Messire Pierre erlaubte es ihr sehr gern, und ließ sie ihren ganzen Schatz, ihr Gold, ihr Silber und ihre Juwelen mitnehmen, denn er wußte wohl, daß sie nicht wiederkehren würde, dessen man sich doch sonst nicht versah. Die Dame vollbrachte ihre Reise und Wallfahrt, und nahm sodann Gelegenheit, ihren Vetter den König von Castilien und die Königin zu besuchen, da empfing man sie sehr wohl, und ist sie noch dort, will auch nicht zurückkehren noch ihre Kinder zurückschicken, und ich muß euch sagen, daß in derselben Nacht, vor welcher er den Bären gejagt und getödtet, er sich erhoben und ihm zum erstenmal diese wunderbare Phantasie angestoßen ist, und will man wissen, daß die Dame das wohl voraus gewußt habe, sobald als sie den Bären gesehen, welchen ihr Herr Vater schon einmal gejagt hatte, dem damals auf der Jagd eine Stimme zugerufen: du jagst mich und ich will dir doch kein Uebels, aber du sollst darum sterben eines bösen Tods. Da hatte dann die Dame sich daran erinnert, als sie den Bären sah und auch der Rede ihres Vaters, und gedachte sie wohl daran, wie der König Dom Pedro 220

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ihn unschuldig hatte enthaupten lassen, und darum sank sie in Ohnmacht vor ihrem Gemahl und behauptet noch immer, daß es ihm noch wunderbar ergehen werde, ehe er sterbe, und daß das alles nichts sey, was ihm auch jetzt geschehe, gegen das was noch kommen werde. Und so habe ich euch denn von dem Messire Pierre de Bearn erzählt, sagte der Hofmann, wie ihr begehrt habt, und ist die Sache wahrhaft, denn so ist sie geschehen und was haltet ihr davon? Ich, der ich ganz nachdenklich über die wunderbare Geschichte geworden war, sprach: Ich glaube das gar wohl, denn wir finden in der Schrift, daß die Götter und Göttinnen vor alten Zeiten nach ihrem Vergnügen die Männer in Thiere und Vögel verwandelten, und so machten sie’s auch mit den Weibern. Es kann gar wohl seyn, daß dieser Bär ein Ritter gewesen, der einstens in den Biscayischen Wäldern gejagt, er beleidigte vielleicht einen Gott oder eine Göttin zu seiner Zeit, warum er in einen Bären verwandelt wurde, und nun da seine Buße that, so wie Actäon in einen Hirsch verwandelt wurde. Actäon? antwortete der Hofmann, lieber Meister, erzählt mir davon, und ich will euch gern zuhören; da erzählte ich ihm die Geschichte von Actäon und sagte hierauf, so kann es auch mit jenem Bären gewesen seyn, und hat die Dame vielleicht noch was ganz anders erwartet und wußte, was sie damals nicht sagte, darum muß man sie für entschuldigt halten. Da sprach der Hofmann, das kann alles wohl seyn, und somit beschlossen wir unsre Erzählung.

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Lehrgedicht an die Jugend.

Ganz in allem gegenwärtig Sey es Ernst und sey es Spiel, Ist N a t u r des Winks gewärtig, Der ihr zeigt des Strebens Ziel: Gestern noch in Mädchenspielen Gleitet Sie auf Eis mit Lust; Frühling kommt, Sie lernet fühlen, Fromme Milch schwellt Ihre Brust. [143]

Sohn, Sie folget deinen Winken, Du der Geister Auge bist, Lasse nicht dein Auge sinken, Irrend Sie dich bald vermißt; Sprachrohr aller guten Geister Sey bereit und nicht zerstreut, Wenn der ew’ge Himmelsmeister Dich mit mächt’gem Wort erfreut. Willst du was, ergieb dein Leben, Es mit ganzer Seele treib, Vieles wird sich dir ergeben, Vieles wird ein Zeitvertreib. Doch das meiste wird dich fliehen, Wo der Schein dich schnell besiegt, Vor des Geistes Vollerglühen Falsches Gold wie Rauch verfliegt. Eh du kannst die Welt bezwingen, Bilde dich mit Fleiß an ihr, Und gar stille Freuden dringen, Aus dem frommen Dienst zu dir, Wer zu dienen erst verstanden

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Wird zum Herrschen dann geschickt, Nur aus vieler Formen Banden Steigt des Gottes Bild geglückt.

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Weil er alle Welt muß fühlen Reift der höhre Mensch auch spät, Stürme grimmig in ihm wühlen, Ihn begeistert, was da weht. Bis er nach dem langen Stimmen Das Bestimmte trifft und kennt, In der Welt verschiednen Stimmen Dann vereinet, was getrennt. Deine Stimme in den Chören Klingt, obgleich es keiner weiß, Nur dich opfern, ihn zu ehren, Kannst du diesem höhern Kreis, Und sein Geist wird ohn dein Wissen Dann zu lenken dich verstehn, Denn er ist wie das Gewissen, Läßt sich auch nur strafend sehn. Das Bestimmte muß er ehren, Umriß bleibt des Schicksals Sinn, Muß das Unbestimmte stören, Denn der Aerger bildet drin; Schonen darf er nicht die Kranken, Doch Erinnrung macht ihn zart, Wenn die Kräfte sich auszanken, Art läßt endlich nicht von Art. Liebe dich nicht im Verziehen, Liebe dich in harter Streng, Harter Stoff kann dauernd glühen, Weicher Sinn beschließ uns eng: Weicher Stoff kann sich verwandeln, Harter Stoff giebt die Gestalt, Und so herrscht im Denken, Handeln Fest besonnene Gewalt. 223

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Denke aus, was dich erschrecket, Also unterwirfst du’s dir, Und der böse Geist der necket Wird zum lust’gen Diener schier. Sey im Geiste dir getreuer Und der Geist läßt dich allein, Ja er ist vor dir noch scheuer, Als du magst gewesen seyn. Suche nie dich zu betäuben, Horche jedem Herzensschlag, Denn die Mühle mag wohl stäuben, Doch zu treiben sie vermag; Und die Räder gehn zu hörbar, Ehe noch der jüngste Tag Kommt Gedächtniß unzerstörbar Aus dem Rausche dumpf und wach. In dem Lernen sey ein Schaffen, In der That für andre Lehr, Stets dein Urtheil unter Waffen, Und Gefühl zur Gegenwehr. Muß die Sonn sich ewig drehen, Glück ist nicht in träger Ruh, Denn die Füße sind zum Gehen, Geh auf eignen Füßen zu. Scheint es auch, das Hohe falle, Scheint es doch von Sternen auch, Doch die Sterne wieder wallen Ruhig nach dem alten Brauch, Schau ihr Fehlen nicht mit Aerger Nein versteh ein göttlich Herz, Unter Wolken sie verbergen Ihren Freunden nur den Schmerz Fühle Trost in jungen Jahren An dem Gott im Menschenkleid,

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Manche sich durch Schrift bewahren, Einer lebt in unsrer Zeit: Will er mild den Arm dir reichen Drück ihn nicht wie andre Freund, Glück, das paart sich nur in Gleichen, Gott ist mehr als Menschenfreund. Und erscheint als Gott dir Auf der Menschheit höherm Thron, O so glaub der Abendröthe, Werd nicht roth vor ihm mein Sohn; Rüstig dann mit tücht’gen Händen, Wirst du frisch zum eignen Werk, Wa s v o l l e n d e t k a n n n i c h t e n d e n , Z u m Vo l l e n d e n f ü h l d i e S t ä r k . Ueberlaß dich deinem Gotte, Fühle was du selber bist, Was noch taugt, das trotzt dem Spotte Roheit schlecht bestanden ist: Laß dich gern empfindsam schelten, Sey es wie die Weltgeschicht, Tief empfindsam sind die Helden, Nur der Sklav empfindet’s nicht. Ludwig Achim von Arnim.

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(Hierbey die Kupfertafel von der heiligen Elisabeth.) 25

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Zeitung für Einsiedler. May – Heft 1808.

Mit zwey Kupfertafeln.

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Heidelberg bey Mohr und Zimmer. 227

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Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten.

Eine Zeit her hat sichs zugetragen, daß die unschuldige Neugierde vieler braven Leute in Bezug auf diese gute Stadt, allzu schlecht befriedigt worden, was mit nichten gut geheißen werden kann. Dunkele Gerüchte sind wohl umgelaufen; von mancherley, was dort getrieben und unternommen würde, aber an den Thoren waren die bekannten eisernen Riesen postirt, und walkten mit den Dreschflegeln unbarmherzig auf alle Zuträger los, und es kam alles zerquetscht und zerprügelt heraus, daß nichts Rechts daraus abzunehmen war. Es hat sich aber ein Einsiedler gefunden, der mitten auf dem großen lärmenden Markte seine Siedeley sich gebaut, und dort seinen Betrachtungen obliegt; der will dem brünstigen Verlangen eines verehrungswürdigen Publicums entsprechen, und von Zeit zu Zeit einige authentische Nachrichten der Welt mittheilen, was er so bisweilen aus seiner Klause erblickt, und was sich wissenswürdiges in dieser guten Stadt zuträgt. Es ist übrigens eine harmlose fromme Natur, was die Redaction verbürgen wird, die niemand bösen Leumund machen will und üble Nachrede, nichts als Gutes und Liebes: denn über alles geht der Hausfrieden und die Sittsamkeit, und die Stille. Er giebt nie zu, daß Tobak geraucht werde in seiner Klause oder geflucht und sacramentirt; wenn die Fratschelweiber keifen und schreyen und raufen, geht er mit der größten Gelassenheit umher, und macht seine Observationen an den Thierchen, wie sie so boshaft sind und so nichtswürdig, und sich einander die Augen im Kopfe nicht gönnen, und wenn sie giftig über seine übermäßige Gelassenheit ihn auch anfallen, dann hilft er sich wohl einmal wie der Fuchs, wenn ihm die Hunde all zu sehr zusetzen, was in der Naturgeschichte nachzulesen ist. Nachdem er seine Reverenz gemacht, muß Concipient des Gegenwärtigen sogleich bemerken, daß seine Vorgänger im Amte, sogar Hauptcorrespondenten übel unterrichtet sind. Einer, ein Schneider von Profession, hat jüngst einen kleinen Verdruß mit der literarischen Polizey gehabt, die ihn ausgestäupt, und einige Fractur in Unzialbuchstaben ihn an die Stirne geschrieben; darauf ist das Schelmchen so scheu und blöde geworden, daß es nur auf den Bergen herumschleicht, 228

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und von weitem aufschnappt, was seine Freunde inwendig ihm zugeigen oder krähen. Neulich haben sie ihm ein confuses Gerede von Hundsschnautzen, Kindermährchen, gefrorner Musik, Indien, Mystik, u. s. w. zugekrischen, das hat er ins Maul gefaßt und hat’s gleich der Expedition apportirt. Matin! das war ein Fressen für die Meute der Brüder; die längste Zeit hatten sie mit hungrigem Magen und gespitzten Ohren gelaustert, der Himmel wollte keine Asung schicken, da kam das wohlriechende Futter. Alle haben sie auf einmal angeschlagen, die allerliebsten Fialettchen, die zärtlichen Fraubasenhündchen, die den eleganten Damen mit Lecken die Handschuhe glasiren; die unverschämten, zudringlichen krummbeinigten Dachse, die den Leuten hundertmal gejagt, immer in den Häusern liegen, und den Kindern die Schlutzer mit Milch und Biscuit auf Vorrath gefüllt wegstehlen, und den buttergerösteten Weck aus der Erbsenbrühe; die boshaften neidischen Mopse, die den übermäßigen Verdruß haben, daß der liebe Herrgott kein Mops ist, und sie nicht Herrgott sind; die plumpen Metzgerhunde, die mit zugebundenem Maule als Recensenten die Literatur abhetzen; die blonden giftigen Spitze, die unaufhörlich in den Journalen heulen, und wenn man ihnen nicht auf die Mäuler schlägt, in die Waden sich verbeißen; all das Volk, das ein tüchtiger Peitschenknall in die Löcher jagt, ist hervorgestürzt, und eine Heerde Schnattergänse aus Dummheit mit, sie meynten mit den Hundsschnautzen sey auf sie gestichelt, und waren darüber so böse wie Ottern geworden. Doch muß das Publicum nicht glauben, es seyen der eidenbissigen Bullenbeißer wirklich so viele, es ist nur eine einzige Kuppel, die ein berühmter Hundeliebhaber mit den Brosamen seines Tisches füttert, der sich einbildet, alle Leute wollten ihm die Schuhe austreten, die Vögel wollten ihn durch ihr Singen foppen, die Katze mit ihrem Spinnen seine Profession nachmachen, der Wind läge übrigens heulend nach Brod vor seiner Thüre, der Donner wäre ihm in der Unachtsamkeit entfahren, und das Erdbeben entstünde durch sein zorniges Stampfen. Besagte Compagnie in dem Halsbande mit großen Messingbuchstaben bezeichnet, läuft nun immerfort auf und nieder, bellt bald zu jenem Loche heraus, bald wieder zum andern, vom kranken Könige, von der todschlagenden Philosophie, von Nonpareille u. s. w. daß man glauben sollte, es wären ihrer viel hundert, und das ganze Publicum heulte zur Gesellschaft mit. Aber wie gesagt, mit einer Butterbemme könnte man sie zahm machen und wedelnd, oder wenn man herausgienge mit einer Zaze, man könnte sie einfangen und ihnen bunte 229

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Röckchen anziehen und sie abrichten zu Tanz und Kunststücken jeder Art, daß sie sich unter einander todtschießen, auf dem Kopf stehen und dergleichen. Besonders an der steinernen Musik haben sie sich unaussprechlich gelabt, sie haben schon lange gewünscht, daß ihr Geheule zu Steinen werden mögte, um damit die verhaßten Gegner zu steinigen; die Kochkunst in der Aesthetik haben sie ohngeachtet einiger Ziererey recht wohl goutirt, und die Geruchkunst war ihnen auch rechte Satisfaction, weil sie dieselbe so schön immer ausüben, wenn sie sich einander begegnen, und immer beym gleichen Gestanke sich erkennen und mit einander befreunden. In Indien aber hatten sie vernommen, verlöre das ganze Geschlecht die Stimme, darum mogten sie nichts hören davon. Hier soll guter Bescheid und Aufklärung folgen über die ganze Verwirrung. Zuerst ist es allerdings an dem, daß man hiesigen Ortes von gefrorner Musik einige Nachricht hat. Der gemeine unwissende Pöbel hier herum meynt, die Berge weit und breit seyen wirklich solche gefrorne himmlische Gesänge; wo guter Wein wächst und alles schön fruchtbar ist, da haben die Engel gesungen, wo aber rauhe wilde Klippen sind, da hat der Teufel hineingebrüllt. Sie beweisen es ihrer Meynung nach damit, die Berge steigen allmählig auf, das ist crescendo, sie fallen ab, decrescendo, sind sie kuppig das ist gestoßen, oder ineinandergezogen, geschleift; der Melibocus und Königsstuhl fortissimo, dann fort herunter bis zum piano und pianissimo unten in der Ebene; die Thäler aber sind Pausen, die Cultur ad Libitum und die Cadenz. Daraus folgt: die Erde ist mit lauter großen steinernen Noten bedeckt, die Flüsse sind die Rastrirung, in der Schweiz aber hat der Kapellmeister gestanden und den Tact dirigirt und geschlagen. Es ist aber keineswegs ihre bloße dumme Meynung, die sie das weis macht, sie haben ein recht greifbares Argument; in der Nähe nämlich ist noch die ganze ehemalige pfälzische Kammermusik, in einen Spiegelpallast gestanden, als unverwüstliches Denkmal übrig. Wahrlich ein ganz herrlicher Anblick, den alle reisenden Fremden, die in hiesige Gegend kommen, durchaus nicht versäumen dürfen, am Abend mit Fackeln in das Eisschloß zu gehen; es brennt alles in den allerschönsten glühenden Farben, die Arien sind zu Regenbogen geworden, die Symphonien stehen in langen Säulengängen umher, und die gefangenen Töne seufzen in Flämmchen auf, die Tremulanten sind in Schweifungen verzittert, und die Mordanten haben die scharfen Winkel gegeben, oben hängen die Clarinettsolos wie Eiszapfen herunter, unten hat die Contrebasse 230

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brummend mit viereckten Crystalltafeln den Pallast geplättet, die Violinen haben eine Spitzenlamberie um die Säle gebildet, die Flöten zierliche hängende Eislustern zusammengezaubert, die Waldhörner haben schöne kühle Springbrunnen von steigenden weiß flammenden Schneesternen hervorgelockt, die Trompete fährt mit einem langen schießenden Strahle hindurch, wie lockerer Reif hängen die schmelzenden Adagios an den Wänden, in Nischen stehen Theon und Theone und halten Zwiesprache, und liebäugeln die Duette sich zu, und die vier Heymonskinder lärmen ein Quartett, und an den spiegelnden Wänden verhundertfacht sich alles, denn das Echo ist zum Glanz geworden. Und wenn die Bedienten die Fackeln an den Wänden ausklopfen, dann ist rechter Jubel und Herrlichkeit; wie verwünschte Prinzessinnen werden dann einige Töne erlöst, weil sie schmelzen in der fliegenden Hitze, und sie quicken auf, oder schreyen, kreischen, schmachten, wüthen, je nachdem die befreyte Schöne von diesem oder jenem Temperamente gewesen. Neben dem Schlosse, aus allen erdenklichen Opern und Operetten gebaut, steht eine große Kirche aus nichts als geistlichen Motetten und Liedern zusammenmusizirt; der Kirchthurm eine einzige, schöne, große, himmelansteigende Hymne, und was mit Glocken drinn geläutet wird, muß wieder zu lauter Hagel werden, und der fällt den horchenden Leuten auf die Köpfe, und weckt sie mit Gewalt zur Andacht. Die bürgerliche Baukunst ist auch viel exercirt worden, mit Sicilianos und Pastourellen und schottischen Dudelsacksballaden hat man schöne, kleine, ländliche anspruchlose Hütten gebaut, in denen die Unschuld sicher und bequem wohnen kann, und am Ende, der gegenwärtigen kriegerischen Zeitläufte wegen, das Ganze mit einer Mauer von Janitscharenmusik umzäunt. Man ist jetzt nur noch im Begriffe, eine schöne große Brücke über den benachbarten Strom hinüber zu schlagen; eine Preisaufgabe wird gesetzt werden, zehn zusammenhängende bogenförmige Bravourarien zu componiren, und ein Geländer mit der Maultrommel dazu. Aber Eines ist die Schwierigkeit bey der ganzen Geschichte, wie’s nämlich anzufangen ist, daß während die Brücke wie Stein und Bein zusammengefriert, nicht auch der unten laufende Strom mit gerinne, wodurch das Bauwerk unnütz werden würde. Dann ist noch ein schöner gemeinnütziger Vorschlag im Werke, man will nämlich, da noch immerfort bey jedem Conzerte die Masse des Eises sich häuft, und am Ende ein Glettscher im Lande sich zu bilden droht, der Schnupfen und Catarrhen und Erkältungen hervorbringen würde, einigermaßen für 231

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die Consumtion der Masse sorgen, und bey bevorstehender Sommerhitze einen kleinen Handel mit Gefrornem anlegen. Aber Eines mögte bedenklich seyn, wovor wir alle guten, wohldenkenden Einsiedler gewarnt haben wollen. Es sind nämlich unter den Musikalien, die in dem Berge stehen, auch Schlachten von Fleurus und Posaunenstöße, und Belagerungen von Jericho, und das jüngste Gericht gewesen; nun mögte es leicht seyn, wie denn der Teufel oft sein böses Spiel treibt, daß dergleichen Eisstücke käuflich an gute Leute kämen, die sie nun auf guten Glauben hinunterschluckten, wenn es aber unten in der menschlichen Wärme geschmolzen wäre, dann würde die Bescherung losgehen, als ob tausend Teufel im Leibe rumorten und viele Donnerwetter und andere Ungebührlichkeiten; und die Eingeweide würden auseinander knallen, denn nicht immer hätten die Armen gerade ein Stück Requiem zur Besänftigung bey der Hand, und sie würden elendiglichen Todes an der innern allzu pikanten und stürmischen Musik verbleichen. Aber den obgedachten Hunden sey das nicht gesagt, die Bestien können krepiren an der musikalischen Colik, und die Carthaunenschüsse in verkehrten Seufzern streichen lassen. Zu mehrerer Verständlichkeit dessen hat Correspondent, wie hiebey zu sehen, die ganze Sache in einen schönen Abriß gebracht; auf der Rastrirung ist eine gar anmuthige musikalische Landschaft zu schauen, die wie der Augenschein ergiebt, ein ganz vortrefflicher Canon ist, den die lieben Englein aus den Wolken heraus posaunen und der Teufel mit einem falschen Strohbaß accompagnirt, wodurch alle Uebel und alles Böse, unter andern auch die schlechten Journale in das himmlische Jerusalem eingeschwärzt werden. Die solidesten viereckigten Noten sind herunter gesunken, und die Töne sind so gründlich fest und gedrungen und widerhaltig, daß sie in ihren Haufen wie Berge da stehen, und die Leute ordentlich darauf herumgehen und drin graben und pflanzen können. Dabey hat sich alles in schöner geologischer Folge und Ordnung zusammengefügt; schichtenweise liegen die Accorde, die gröblichten, körnigten Baßnoten sind, wie bey b zu sehen, zuerst niedergesunken, und haben einen groben festen Granit gebildet; ferner folgt das Uebergangsgebürge bey c, dann gehts mit Discant und Alt bis nach und nach ins zwey und dreygestrichene a hinüber, und die Kuppen werden so spitz wie Nadeln, während anderwärts ein Pizzicato eine merkwürdige Nagelfluhe gebildet hat. Und wie nun alles so fertig gewesen, da sind die Menschen gekommen, und haben fortgefahren, wo die Engelein nachgelassen, und auch musizirt und psallirt, und da 232

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ist in der Mitte bey f die Stadt entstanden, von der oben die Rede gewesen ist, gleichwie es dann von jeher hergebracht ist, daß die Baßgeigen sich durch ihr Schnurren und Brummen ihren eigenen bauchigten Kasten zusammenbauen, wenn sie nur einmal erst zu Wort gekommen sind. Die Stadt hat sich aber bald mit der schönen Natur entzweyt, und der benachbarte Berg streckt durch ein angenehmes Naturspiel dem Neste die Zunge bellend entgegen. In der Ferne g steht das Schloß, von dem schon gesprochen, mit einem runden Thurme aus b molle etwas schadhaft, weil der Sturm von Jericho gleich nach der Verfertigung in ihm aufgeführt worden, und einigen Viereckten aus Dur. Nachdem aber die vernünftigen Creaturen so ihr Werk vollbracht, sind, was bey i zu sehen, nun die Unvernünftigen gleichfals eingerückt, und moquiren sich über alles, und wollen etwas Besseres machen, es giebt aber wie vorauszusehen nichts als Ställe und Koven u. dgl. Es erklärt aber das recht schön den andern Theil von dem wir Auskunft geben wollten, die Hundeschnautzen nämlich: Simia, der Affe hockt in der Expedition und zeigt aufs Blatt; da stehen die Geschnautzten umher und heulen nach wie’s geschrieben steht fiat Lux, aber Mohrenköpfe! es giebt nur schlechte Brühe, und alle M o r g e n werden mit neuem Gespühlig die Tröge gefüllt, und da treibt die Bande nun Völlerey mit, und schlappert sie aus bis auf den Boden. Will du die Gans nit lassen räuberischer Fuchs! – Schriftproben – schwirrt der Zug im Hintergrunde dahin, umsonst läuft der Listige mit dem Braten davon, das Publicum nach: heysa, so lauft denn immer nur zu. Nur eines noch ad vocem Schnautze. Man hat damit einige wenige interessante Versuche angestellt, schon vorlängst, und einer gewissen Classe von Creaturen, die alles beschniffeln, einige Gassenhauer in gutem alten Versmaaße auf die Nasen geschmiert, wie der Engländer seiner Katze mit der Butter that; darauf ist die Salbe am kalten Orte ganz steif geworden, und wie Reif im Winter, der vom Hauch am Barte beschlägt, und sie lecken seither nun immerwährend an dem nahrhaften Breychen, und füttern sich davon und werden wohl beleibt und rund wie Maden, und aller Auswurf wird immer wieder auf die Nase geschmiert, und so zirkulirt die Substanz wie das Cohobirte im chemischen Pelican. Wollen sie sich ein Fest machen, dann fressen sie die Druckfehler aus guten Büchern, oder die schiefen Füße und falschen Reime aus guten Gedichten heraus, denn überall suchen sie wie die Wiedehöpfe den Unrath, und bauen sich ihre Nester davon. Sonst würden diese Geschnautzten im Staate, wie er seyn soll, zum Trüffel233

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suchen applicirt werden können, oder nach einem alten Vorschlage Lichtenbergs als Gehülfen bey den Aerzten stehen, um allerley Preßhaftigkeiten herauszuwittern und anzuschlagen aus Jubel und Freude, wo sie den wohlbekannten Wildpretgeruch bemerken. J. Görres. (Die Fortsetzung folgt.) [c-d]

(Hierzu die Kupfertafel.)

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Zeitung für Einsiedler. May-Heft.

Inhalt. 10. Stück. May-Lied des Uhrmacher Bogs. Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung.) Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix und von dem traurigen Tode seines Kindes Gaston. 11. – – Romanzen aus dem Dänischen von W. Grimm. Von dem Leben und Sterben des Grafen Phöbus von Foix. (Fortsetzung.) Frontalbo und die beyden Orbellen. 12. – – Die zwölf Säulen am Riesenwege von J. Görres. Seelied von B. 13. – – Apoll von Christian Schlosser. Golo und Genovefa von Maler Müller. Anmerkung der Herausgeber über deutsche Literatur. 14. – – Zwey Särge von Justinus Kerner. Die drey Lieder von Ludwig Uhland. Golo und Genovefa von Maler Müller. (Fortsetzung). Uebersicht der Universitäten und des öffentlichen Unterrichts im protestantischen Deutschland von Villers. 15. – – Golo und Genovefa von Maler Müller. (Beschluß.) 16. – – Der Ring, ein Gedankenspiel von Ludwig Achim von Arnim. 17. – – Des Knaben Tod und der Traum von L. Uhland. Der Ring. (Beschluß.) Dante mit dem Schmied.

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Die Einsiedlerin von Clemens Brentano. Die geistliche Spinnerin. Leben und Tod des Grafen Gaston Phöbus von Foix. Lehrgedicht an die Jugend von L. Achim von Arnim.

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Der Preiß dieser Zeitung ist für das Vierteljahr 2 fl. 2 kr., alle solide Buchhandlungen und die löblichen Postämter nehmen darauf Bestellungen an, man erhält sie nach Verlangen in einzelnen Stücken oder heftweise. 10

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Zeitung für Einsiedler. 1808. [145]

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Die smaragdene Tafel des Hermes Trismegistus. 1. Wahr ist es ohne Lügen, gewiß und aufs allerwahrhaftigste. 2. Dasjenige, welches unten ist, ist gleich demjenigen, welches oben ist: und dasjenige, welches oben ist, ist gleich demjenigen, welches unten ist, um zu vollbringen die Wunderwerke eines einigen Dinges. 3. Und gleichwie von dem einigen Gott erschaffen sind alle Dinge, in der Ausdeutung eines einigen Dinges: also sind von diesem einigen Dinge gebohren alle Dinge in der Nachahmung. 4. Desselben Dinges Vater ist die Sonne, desselben Mutter ist der Mond. 5. Der Wind hat es in seinem Bauch getragen. 6. Desselben Dinges Amme ist die Erde. 7. Bey diesem einigen Dinge ist der Vater aller Vollkommenheit in der ganzen Welt. 8. Desselben Dinges Kraft ist ganz beysammen, wenn es in Erde verwandelt worden. 9. Die Erde mußt du scheiden vom Feuer, das Subtile vom Groben, lieblicher Weise mit großem Verstande. 10. Es steigt von der Erde gen Himmel und wieder herunter zur Erde, und empfängt die Kraft der obern und untern Dinge. 11. Also wirst du haben die Herrlichkeit der ganzen Welt. Derohalben wird von dir weichen aller Unverstand. Dieses einige Ding ist von aller Stärke die stärkeste Stärke, weil es alle Subtilitäten überwinden, und alle Festigkeiten durchdringen wird. 12. Auf diese Weise ist die Welt erschaffen. 13. Daher werden wunderliche Nachahmungen seyn, deren Weise hier beschrieben ist. 238

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14. Und also bin ich genannt Hermes Trismegistus, der ich besitze die drey Theile der Weisheit der ganzen Welt. 15. Was ich gesagt habe von dem Werke der Sonnen, ist ganz vollkommen, daran fehlet nichts. Mitgetheilt von J. Görres.

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Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen.*) Sonnet.

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Die Epheustaude. Ich muß den Todten an mein Leben binden, Umschlingen ihn, wie wir uns einst umschlangen, Und lebensaugend wieder an ihm hangen, Und wieder er in mir sein Leben finden!

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D e r Wa r t t h u r m . Nicht kann er meiner Fesseln sich entwinden, Und nicht dem Schooß, aus dem er aufgegangen; Den Steingebohrnen muß der Stein umfangen, Und Leben muß im starren Tode schwinden.

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*) Am Wartthurm des Heidelberger Schlosses steht in einer Nische die Statüe eines Pfalzgrafen fast ganz von einer Epheustaude überwachsen, die sich an ihn schmiegt wie an den Liebenden die Geliebte. Und warum sollte auch nicht, was vereint dem Licht entfloß, und dann sich trennte, um unter tausendfacher Form immer herrlicher wieder ineinander zu fliessen; warum sollte es sich nicht auch finden und erkennen können, als Stein und Pflanze? – So entstand dieses Sonnet, in dem der Thurm das Fatum und der diesem obsiegende Engel der Liebe den Epilogus spielt. Nehmt es, ihr Lieben, zum Gedächtniß der schönen Momente unsers Erkennens gütig auf! – W. 239

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Der Pfalzgraf. Fest angeschmiedet hier im engen Raume Erblick ich nichts, doch fühl ich Morgenwehen, Und wie es mich umschlingt mit Liebesbeben! [146]

Der Engel.

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Gelobt sey Gott im Thal und auf den Höhen, Der der Gestalt sich offenbahrt im Traume, Und eint, was ihm entquoll, das Doppelleben! – We r n e r . 10

Die grausame Schwester. Alt von der Schottischen Gränze. Uebersetzt von Henriette Schubert.*) Es wohnten zwey Schwestern in einem Schloß, Binnorie, o Binnorie; Um die bewarb sich ein Ritter groß, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Er warb um die ältste mit Handschuh und Ring, Binnorie, o Binnorie; Doch die jüngste liebt er über jegliches Ding, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Er warb um die ältste mit Spieß und Schwerdt, Binnorie, o Binnorie; Doch die jüngste war ihm sein Leben werth, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. *) Ueber das merkwürdige in Deutschland noch unbekannte Werk Minstrelsy of the Scottish Borders III Vol., woraus dies eine Probe: künftig einiges Historische. Einsiedler. 240

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Die älteste fühlte Verdruß und Pein, Binnorie, o Binnorie; Und neidete sehr ihre Schwester fein, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Die älteste sprach zur jüngsten: „Willst gehn, Binnorie, o Binnorie; Des Vaters Schiffe sich nahen zu sehn?“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Sie nahm sie bei der Lilien Hand, Binnorie, o Binnorie; Und führt sie zu des Flußes Rand, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Die jüngste stand auf einem Stein, Binnorie, o Binnorie; Die ältste kam, und stieß sie hinein, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. O Schwester, Schwester, reich mir deine Hand, Binnorie, o Binnorie; Und erben sollst du mein halbes Land! Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. „O Schwester, ich will dir nicht reichen die Hand, Binnorie, o Binnorie; Und erben werd ich dein ganzes Land!“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. „O Schwester, reich nur den Handschuh dein, Binnorie, o Binnorie; Und der süße Willhelm soll dein Liebster seyn!“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. „Sink nur, und harr nicht des Handschuhs mein, Binnorie, o Binnorie; Und der süße Willhelm wird mein Liebster, Bester seyn! Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Deine Kirschenwangen, dein gelbes Haar, Binnorie, o Binnorie; Stand mir im Wege immerdar!“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Zuweilen sie sank, zuweilen sie schwamm, Binnorie, o Binnorie;

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Bis daß sie kam zu des Müllers Damm, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. O Vater, Vater, zieht auf den Damm! Binnorie, o Binnorie; Hier ist eine Syrene oder milchweißer Schwan, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Der Müller eilt, und zog auf den Damm, Binnorie, o Binnorie; Und fand ein todtes Mädchen das schwamm, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Man konnt nicht sehen ihr gelbes Haar, Binnorie, o Binnorie; Vor Gold und Perlen die waren so rar, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Man konnt nicht sehen ihres Leibes Seit, Binnorie, o Binnorie; Ihr goldner Gürtel, der war so breit, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Ein treflicher Harfner zog eben fürbaß, Binnorie, o Binnorie; Der sah das Gesicht so schön und blaß, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie, Und als er auf die Dirne schaut, Binnorie, o Binnorie; Erseufzt er tief, und stöhnet laut, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Er macht eine Harf aus ihrem Brustbein, Binnorie, o Binnorie; Deren Ton konnt schmelzen ein Herz von Stein, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Die Saiten aus ihrem gelben Haar erkohr, Binnorie, o Binnorie; Deren Klang macht traurig das lauschende Ohr, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Er bracht sie in ihres Vaters Hall, Binnorie, o Binnorie; Und da war der Hof versammelt all, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie.

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Er legte die Harfe auf einen Stein, Binnorie, o Binnorie; Und gleich fing sie an zu spielen allein. Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. „O dort sitzt mein Vater der König voll Macht, Binnorie, o Binnorie; Und dort sitzt meine Mutter die Königin der Pracht, Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Und dort steht Hugo, mein Bruder frei, Binnorie, o Binnorie; Und bei ihm mein Willhelm, so süß und treu,“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie. Doch der letzte Klang von der Harfe Getön, Binnorie, o Binnorie; War: „Weh meiner Schwester der falschen Helen!“ Bei dem muntern Mühldamm von Binnorie.

Minnelied, mitgetheilt von D o c e n . 20

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(Man hat den Minnesängern unter uns häufig den Vorwurf ermüdender Einförmigkeit, im Inhalt und der Behandlung, ihrer Lieder gemacht. Dieser Tadel, in sofern er gerecht ist, kann nur von dem bei einer so großen Anzahl von Dichtern beständig wiederholten gleichförmigen Thema verstanden werden, so daß unter ihnen nur den N a c h a h m e r n ihre Armuth Schuld gegeben wird, und das Verdienst der originalen und vorzüglichsten Sänger ungekränkt bleibt. – Das folgende Lied, wiewohl aus einer Handschrift des 15. Jahrhunderts, erinnert an die Weise der Minnesänger, indessen scheint es wenigstens nicht unmittelbar nach einem andern Vorbilde copiert. Es steht auf der mittlern Linie zwischen Minnegesang und Volkslied, und schon als Beispiel dieses Ueberganges scheint es der Mittheilung nicht unwerth zu seyn.)

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Der arge Winter will von hin, Die Blümlin auf der Heide Die sind gel, braun und rot, Mein’ höchste Augenweide, Sie sind befallen mit des Maien Thaue, Der brech 1) wir zwei ein Kränzelein, Sprach sich ein’ schöne Jungfraue. Der süsse Sommer will uns komen, Der Wald hat sich belaubet, Vil laut so ruft ein geile Magd, 2) Meiner Sinn’ bin ich beraubet, Ich bin beladen gar mit sender Swere, 3) Der ich diesen Sommer lang Mit Fügen wol enbäre. [149]

„Saga 4) du mir, gut Töchterlin, Was sind die fremden 5) Swere? Mich dunkt wol, wie du leidest Noth, An deiner Farbe schöne!“ Mich hat ein stolzer Reuter umfangen; – „Sage du mir, gut Töchterlin Ist dir’s nicht anders ergangen?“ Neina 6) liebes Mütterlin, Als ich’s gemerken kunde; – Jo 7) küßt er mich, deß trage ich (?) Ein Wort von seinem Munde; Er tät mir, als man tut den werden Weiben, Er fürt’ mich in sein Kämmerlein, Da begund’ er 8) bei mir beleiben, Die weil auch, die er bei mir was, Er schwur bei seinen Eiden: Weger 9) wär mir ein schneller Tod, Denn unser Beider Scheiden. Er besitzt mein Herz, und beraubt mich aller Sinne. „Töchterlin, das sey Gott geklagt, Dich berüret Mannes Minne!“ 244

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Ach, du liebes Mütterlin, Nun hast du’s wol beschönet. Was sollte mir ein Fremdes 10) tun, So du mich selber hönest? Er ist mir lieb, und erfreut mir all mein Gemüte, Die Liebe die wir zusamen ha’n, Die muß uns Gott behüte. Ich will tun, was er mich heist, Will folgen seiner Lehre, Rosenthal ist er genannt, Er ist ein fein Geselle, Er kann wol dienen den vil werden Weiben; – „Ach du liebes Töchterlin, So sollt du bei im beleiben.“ 1) brech wir, laß uns brechen. 2) Munteres Mädchen. 3) Mit sehnendem Schmerz, Verlangen. 4) Der Ausgang auf a bezeichnete vormals den Imperativ und mehrere Interjectionen. 5) ungewohnt, sonderbar. 6) Auch bei diesem Wörtchen findet sich oft das a angehängt, besonders wo es auf ein Bitten oder Abwähren gerichtet ist. 7) Freilich doch. 8) begann er. Diese Periphrase ist sehr allgemein bei den älteren Dichtern. 9) Lieber, Willkommener. 10) Statt ein Fremder; ebenfalls alte Sprachform.

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Auszüge aus Briefen Schiller’s an eine junge Dichterin.*)

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1. – – Mit vielem Vergnügen les’ ich Ihre Gedichte. Ich entdeckte darin denselben Geist der Contemplation, der allem aufgedrückt ist, was Sie dichten. Ihre Phantasie liebt zu symbolisiren, und alles, was sich ihr darstellt, als einen Ausdruck von Ideen zu behandeln. Es ist dies überhaupt der herrschende Charakterzug des deutschen poetischen Geistes, wovon uns Klopstock das erste und auffallendste Muster gegeben, und den wir alle, der eine mehr, der andre weniger, nicht sowohl nachahmen, als durch unsre nordisch-philosophirende Natur gedrungen folgen. Weil leider unser Himmel und unsre Erde, der eine so trüb, die andre so mager ist, so müssen wir sie mit unsern Ideen bevölkern und aufschmücken, und uns an den Geist halten, weil uns der Körper so wenig fesselt. Deswegen philosophiren alle deutschen Dichter, einige ausgenommen, welche Sie so gut kennen, als ich. – Ich habe mir die Freyheit genommen, und in Ihren Gedichten einiges angestrichen, wogegen ein strenger Aristarch etwas einwenden möchte. Sie finden vielleicht Zeit und Lust, diese Kleinigkeit zu ändern. Das beschreibende Gedicht hat besonders meinen Beyfall, nur find ich es um ein merkliches zu lang. Auch dieses ist ein Fehler, den wir alle mit Ihnen theilen, und den ich um so weniger Bedenken trage zu rügen, da ich ihn mir selbst vorzuwerfen habe. Allen den jetzt überschickten Gedichten haben Sie einen Geist der Melancholie aufgedrückt. Nun wünschte ich auch einige zu lesen, die eine fröhlige Stimmung und einen Geist der Lustigkeit athmen. Leben Sie recht wohl und nehmen meine Bemerkungen so freundschaftlich auf, als ich sie niedergeschrieben habe. Jena den 18 Jun. 1795.

*) Wir geben diese Auszüge nicht um mit einem berühmten Namen zu prangen, sondern um ein belehrendes Beyspiel zu geben, was Critik seyn kann, wenn sie ein frommes Geheimniß zwischen zween, keine feile Oeffentlichkeit ist. Einsiedler. 246

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Die Mühe, welche Sie auf Verbesserung Ihrer Gedichte verwendet haben, ist durch einen sehr glücklichen Erfolg belohnt. Klarheit, Leichtigkeit und (was bey Produkten der weiblichen Muse ein so seltnes Verdienst ist) Correctheit zeichnen solche sehr vorzüglich aus. Ihre Vorliebe für jenes beschreibende Gedicht ist sehr gerecht, denn was in den übrigen Gedichten einzeln zerstreut ist, Geist, Empfindung, poetische Mahlerey und fliessende Sprache ist in diesem vereinigt. Was die Abkürzung dieses Gedichts betrifft, so war meine Meinung nicht, eine Auswahl unter den einzelnen Stanzen zu treffen, sondern aus einem Gedicht deren zwey zu machen, weil ich zwey verschiedne Töne der Empfindung darin zu bemerken glaubte, und mir gegen die Einheit des Geistes gefehlt schien. Nach einem zweyten Lesen fällt mir aber dieser Umstand weit weniger auf, und so wie es ist, bin ich jetzt auch vollkommen damit zufrieden. 3.

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Ihre Briefe sind recht interessant zu lesen und mit vielem poetischen Feuer beschrieben, sie machen mich auf das Ganze sehr begierig, und ich zweifle gar nicht, daß sie das Interesse des Publikums erregen werden. Einzelne kurze Stellen würd ich zu mildern rathen. 4.

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In Ihren Gedichten finde ich sehr viel Schönes in Absicht auf den Inhalt sowohl, als auf den Ausdruck. Gegen die Erzählung in Prosa habe ich erhebliche Einwendungen, und ich wollte Ihnen nicht dazu rathen, vor der Hand einen Gebrauch davon zu machen. Lassen Sie das Manuscript noch einige Monate liegen, es wird Ihnen fremde werden, und Sie werden sich dann gewiß selber sagen, was ich oder ein andrer Ihnen jetzt darüber sagen würde. Die Charactere sind zu wenig bestimmt, die Maximen, nach denen gehandelt wird, wollen sich nicht ganz billigen lassen, die Erzählung geht einen zu schleppenden Gang, an einzelnen Schönheiten fehlt es nicht, und kann bey einer Arbeit Ihres Geistes auch niemals fehlen.

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5. Sie haben mich mit den ersten Briefen Ihres Romans gestern und heute recht angenehm überrascht, ich finde darin einen so schnellen und grossen Fortschritt, den Ihr Darstellungstalent zu einer höhern Vollkommenheit gethan hat, daß ich Ihnen recht von Herzen dazu Glück wünsche. Diese Briefe sind mit einer sehr angenehmen Leichtigkeit und schönen Simplicität geschrieben, es ist sichtbar, wie sehr Sie Ihres Stoffes sind mächtig geworden, und wie Sie sich durch eine glückliche Cultur vor manchen Fehlern, mit denen das noch nicht ausgebildete Talent gewöhnlich anfängt, und oft lang genug zu kämpfen hat, zu befreyen gewußt haben. Ich kann Ihnen nichts wünschen, meine vortrefliche Freundin, als auf diesem Wege fortzufahren, in den Sie jetzt so glücklich eingetreten sind.

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Der Fall, von dem Sie schreiben, ist das Schicksal so vieler, die Ihr Talent zu einer höhern Thätigkeit bestimmte, und manche vorzügliche Fähigkeit geht dadurch für das Beste der Kunst und Wissenschaft verloren. Aber glauben Sie mir, daß wenn es möglich ist, sich aus einer solchen Lage zu reissen, dieses nur durch strenge Beharrlichkeit auf dem guten Wege und durch keine Abweichung von demselben, durch keine Nachgiebigkeit gegen den fehlerhaften Geschmack geschehen kann. Man glaubt oft mit der Quantität weiter zu kommen, als mit der Qualität, aber ausserdem, daß man nur durch letztere sich selbst genug zu thun im Stande ist, so ist auch nur von dem Guten und nicht von dem Vielen ein wahrer äusserer Vortheil zu erwarten. Ich gestehe, daß ich für Sie fürchtete, sobald ich von dem vorhabenden Journale erfuhr. Eine solche Unternehmung schien mir nachtheilig für Sie, und ich konnte auch keinen äussern Vortheil davon für Sie erwarten, der Ihnen eine andre Art schriftstellerischer Beschäftigung, wobey Sie mit Musse und Liebe beharrten, nicht in einem viel höhern und für Sie selbst unendlich befriedigenderm Grade gewährte: Sie haben keine Ursache zu zweifeln, Arbeiten, die auf diese Art entstanden, und ausgeführet worden, auch in demjenigen Sinne zu nutzen, wie jeder Schriftsteller jetzt die seinigen nutzt. Auch Ihre Wahl ist gar nicht begrenzt, da Sie ausser Uebersetzungen, welche die leeren Stunden füllen können, Ihre fröhligen Momente poetischen Arbeiten in Versen, und Prose, beson248

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ders Erzählungen widmen können. Zu diesen Arbeiten stehen Ihnen mehrere Journale offen. Wieland wird Beyträge von Ihnen mit Vergnügen in den Merkur aufnehmen. Die Flora, eine Zeitschrift für das Frauenzimmer, wird Sie gern zur Mitarbeiterin haben, und was Sie mir für die Horen anbiethen, werde ich eben so bereitwillig aufnehmen. Der Vortheil von diesen verschiednen Journalen ist zwar nicht gleich, aber es ist auch nicht nöthig, daß die Arbeiten gleich sind. Den 23. Dec. 1795.

Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten, von J a k o b G r i m m . In unserer Zeit ist eine große Liebe für Volkslieder ausgebrochen, und wird auch die Aufmerksamkeit auf die Sagen bringen, welche sowohl unter demselben Volk herumgehen, als auch an einigen vergessenen Plätzen aufbewahrt worden sind. Oder vielmehr, (da die Sagen auch die Lieder erweckt haben würden,) die immer mehr Lebhaftigkeit gewinnende Erkenntniß des wahren Wesens der Geschichte und der Poesie hat dasjenige, was bisher verächtlich geschienen, nicht wollen vergehen lassen, welches aber die höchste Zeit geworden ist, beieinander zu versammeln. Man streite und bestimme, wie man wolle, ewig gegründet, unter allen Völker- und Länderschaften ist ein Unterschied zwischen Natur und Kunstpoesie (epischer und dramatischer, Poesie der Ungebildeten und Gebildeten) und hat die Bedeutung, daß in der epischen die Thaten und Geschichten gleichsam einen Laut von sich geben, welcher forthallen muß, und das ganze Volk durchzieht, unwillkührlich und ohne Anstrengung, so treu, so rein, so unschuldig werden sie behalten, allein um ihrer selbst willen, ein gemeinsames, theures Gut gebend, dessen ein jedweder Theil habe. Dahingegen die Kunstpoesie gerade das sagen will, daß ein menschliches Gemüth sein Inneres blos gebe, seine Meinung und Erfahrung von dem Treiben des Lebens in die Welt gieße, welche es nicht überall begreifen wird, oder auch, ohne daß es von ihr begriffen seyn wollte. So innerlich verschieden also die beiden erscheinen, so nothwendig sind sie auch in der Zeit abgeson249

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dert, und können nicht gleichzeitig sein*), nichts ist verkehrter geblieben, als die Anmaßung epische Gedichte dichten oder gar erdichten zu wollen, als welche sich nur selbst zu dichten vermögen. (Die Fortsetzung künftig.)

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*) Wir wünschen den historischen Beweis davon, da nach unsrer Ansicht in den ältesten wie in den neuesten Poesieen beyde Richtungen erscheinen. Einsiedler. 250

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Die fünft Lieb ist die Lieb des Vaterlands von der geschrieben steht: dulcis amor patriae. Diese Lieb, wenn sie durch den Geist nicht geregiret wird, so gibt sie Ursach zu vollbringen groß Uebel; denn sie hält keinen Glauben, sie verordnet und stift viel Krieg und Uneinigkeit, sie bestellt Verrätherei und übertritt das Gesetz Gottes und auch der Menschen; sie veracht und hält wenig von der christglaubigen Kirche; sie gebiert Neid und Haß, Zwieträch- tigkeit und Hoffart; Schmeichler, Zuduttler und Verräther, zeucht sie in ihre Dienstbarkeit, mit der Verkehrung aller Gerechtigkeit, und ist gewöhnlich zu wüthen und strafen ohn alle Barmherzigkeit. Denn sie niemands schonet noch und das alles zu behalten ihren zeitlichen Stand der alten Herkommen und Gewohnheit, sie seyend bös oder gut, darum denn oft zu End zerstöhrt wird das Vaterland. Der beschlossen Gart des Rosenkranz Mariä Bl. 275.

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(Beschluß.)

Ferner ergiebt sich, wie Poesie und Geschichte in der ersten Zeit der Völker in einem und demselben Fluß strömen, und wenn Homer von den Griechen mit Recht ein Vater der Geschichte gepriesen wird, so dürfen wir nicht länger Zweifel tragen, daß in den alten Nibelungen die erste Herrlichkeit deutscher Geschichte nur zu lange verborgen gelegen habe. 251

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Nachdem aber die Bildung dazwischen trat, und ihre Herrschaft ohne Unterlaß erweiterte, so mußte, Poesie und Geschichte sich auseinander scheidend, die alte Poesie aus dem Kreis ihrer Nationalität unter das gemeine Volk, das der Bildung unbekümmerte, flüchten, in dessen Mitte sie niemals untergegangen ist, sondern sich fortgesetzt und vermehrt hat, jedoch in zunehmender Beengung und ohne Abwehrung unvermeidlicher Einflüsse der Gebildeten. Dieß ist der einfache Gang, den es mit allen Sagen des Volks, so wie mit seinen Liedern zu haben scheint, seitdem ihr Begriff eine etwas veränderte Richtung genommen, und sie aus Volkssagen, d. h. Nationalsagen, Volkssagen, d. h. des gemeinen Volks geworden sind. Ich wenigstens meinerseits habe es nie glauben können, daß die Erfindungen der Gebildeten dauerhaft in das Volk eingegangen, und dessen Sagen und Bücher aus dieser Quelle entsprungen wären. Treue ist in den Sagen zu finden, fast unbezweifelbare, weil die Sage sich selber ausspricht und verbreitet, und die Einfachheit der Zeiten und Menschen, unter denen sie erhallt, wie aller Erfindung an sich fremd, auch keiner bedarf. Daher alles, was wir in ihnen für unwahr erkennen, ist es nicht, insofern es nach der alten Ansicht des Volkes von der Wunderbarkeit der Natur gerade nur so erscheinen, und mit dieser Zunge ausgesprochen werden kann. Und in allen den Sagen von Geistern, Zwergen, Zauberern und ungeheuern Wundern ist ein stiller aber wahrhaftiger Grund vergraben, vor dem wir eine innerliche Scheu tragen, welche in reinen Gemüthern die Gebildetheit nimmer verwischt hat und aus jener geheimen Wahrheit zur Befriedigung aufgelöset wird. Jemehr ich diese Volkssagen kennen lerne, desto weniger ist mir an den vielen Beyspielen auffallend, die weite Ausbreitung derselben, so daß an ganz verschiedenen Oertern, mit andern Namen und für verschiedene Zeiten dieselbe Geschichte erzählen gehört wird. Aber an jedem Orte vernimmt man sie so neu, Land und Boden angemessen, und den Sitten einverleibt, daß man schon darum die Vermuthung aufgeben muß, als sey die Sage durch eine anderartige Betriebsamkeit der letzten Jahrhunderte unter die entlegnen Geschlechter getragen worden. Es ist das Volk dergestalt von ihr erfüllt gewesen, daß es Benennung, Zeit, und was äußerlich ist, alles vernachläßigt, nach Unschuld in irgend eine Zeit versetzt, und wie sie ihm am nächsten liegen, Namen und Oerter unterschiebt, den unverderblichen Inhalt aber niemals hat fahren lassen, also daß er die Läuterung der Jahrhun252

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derte ohne Schaden ertragen hat, angesehen die geerbte Anhänglichkeit, welche ihn nicht wollen ausheimisch werden lassen. Daher es im einzelnen eben so unmöglich ist, den eigentlichen Ursprung jeder Sage auszuforschen, als es erfreulich bleibt, dabey auf immer ältere Spuren zu gerathen, wovon ich anderwärts einige Beyspiele bekannt gemacht habe. Auch ist ihre öftere Abgebrochenheit und Unvollständigkeit nicht zu verwundern, indem sie sich der Ursachen Folgen und des Zusammenhangs der Begebenheiten gänzlich nicht bekümmern, und wie Fremdlinge dastehen, die man auch nicht kennet, aber nichts desto weniger versteht. In ihnen hat das Volk seinen Glauben niedergelegt, den es von der Natur aller Dinge hegend ist, und wie es ihn mit seiner Religion verflicht, die ihm ein unbegreifliches Heiligthum erscheint voll Seligmachung. Wiederum erklärt sein Gebrauch und seine Sitte, welche hiernach genau eingerichtet worden sind, die Beschaffenheit seiner Sage und umgekehrt, nirgends bleiben unselige Lücken. Wenn nun Poesie nichts anders ist und sagen kann, als lebendige Erfassung und Durchgreifung des Lebens, so darf man nicht erst fragen: ob durch die Sammlung dieser Sagen ein Dienst für die Poesie geschehe. Denn sie sind so gewiß und eigentlich selber Poesie, als der helle Himmel blau ist; und hoffentlich wird die Geschichte der Poesie noch ausführlich zu zeigen haben, daß die sämmtlichen Ueberreste unserer altdeutschen Poesie bloß auf einen lebendigen Grund von Sagen gebaut sind und der Maaßstab der Beurtheilung ihres eigenen Werths darauf gerichtet werden muß, ob sie diesem Grund mehr oder weniger treulos geworden sind. Auf der andern Seite, da die Geschichte das zu thun hat, daß sie das Leben der Völker und ihre lebendigen Thaten erzähle, so leuchtet es ein, wie sehr die Traditionen auch ihr angehören. Diese Sagen sind grünes Holz, frisches Gewässer und reiner Laut entgegen der Dürre, Lauheit und Verwirrung unserer Geschichte, in welcher ohnedem zu viel politische Kunstgriffe spielen, statt der freyen Kämpfe alter Nationen, und welche man nicht auch durch Verkennung ihrer eigentlichen Bestimmung verderben sollte. Das kritische Princip, welches in Wahrheit seit es in unsere Geschichte eingeführt worden, gewissermaßen den reinen Gegensatz zu diesen Sagen gemacht, und sie mit Verachtung verstoßen hat, bleibt an sich, obschon aus einer unrechten 253

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Veranlassung schädlich ausgegangen, unbezweifelt; allein, nicht zu sehen, daß es noch eine Wahrheit giebt, außer den Urkunden, Diplomen und Chroniken, das ist höchst unkritisch,*) und wenn die Geschichte ohne die Menge der Zahlen und Namen leicht zu bewahren und erhalten wäre, so könnten wir deren i n s o w e i t fast entübrigt seyn. So lässig immer, wie bereits erwähnt worden ist, die Sagen in allem Aeußeren erfunden werden, so ist doch im Ganzen das innerste Leben, dessen es bedarf; wenn die Wörter noch die rechten wären, so mögte ich sagen: es ist Wahrheit in ihnen, ob auch die Sicherheit abgeht. Sie mit dem gesammelten Geschichtsvorrath in Vereinigung zu setzen, wird blos bey wenigen gelingen, also, wie einerseits dieses Unternehmen unnöthige Mühe und vergeblichen Eifer nach sich ziehen müßte, würde es auf der andern Seite thörigt seyn, die so mühsam und nicht ohne große Opfer errungene Sicherheit unserer Geschichte durch die Einmischung der Unbestimmtheit der Sagen in Gefahr zu bringen. Aber darum ist im Grund auch denjenigen nichts an den Sagen verloren, welche lebhaft und aufrichtig gefaßt haben, daß die Geschichte nichts anderes seyn solle, als die Bewahrerin alles Herrlichen und Großen, was unter dem menschlichen Geschlecht vergeht und seines Siegs über das Schlechte und Unrechte, damit jeder einzelne und ganze Völker sich an dem unentwendbaren Schatz erfreuen, berathen, trösten, ermuthigen, und ein Beyspiel holen. Wenn also, mit einem Wort, die Geschichte weder andern Zweck noch Absicht haben soll, als welche das Epos hat, so muß sie aus dieser Betrachtung aufhören, eine Dienerin zu seyn der Politik oder der Jurisprudenz oder jeder andern Wissenschaft. Und daß wir endlich diesen Vortheil erlangen, kann durch die Kenntniß der Volkssagen erleichtert und mit der Zeit gewonnen werden.

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*) Ich führe mit Freuden an, was Joh. Müller in eben dem Sinn gesagt hat: Buch 1, Cap. 16, Not. 230. Buch 1, Cap. 10, Not. 115. Buch 4, Cap. 4, Not. 28. 254

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Es ist bekannt, in welcher heiligen Verehrung die Glocken im ganzen Mittelalter standen, und welche Feyerlichkeiten mit ihnen begangen wurden. So stellte man, wenn die Glocke getauft wurde, Gevattern, welche das Seil halten und auf alles, was der Priester die Glocke fragt, Amen sagen mußten. Alsdann bekleidete man sie mit einem neuen Rock, und beschwur sie zur Vertreibung des Teufels und Wohlfahrt der abgeschiednen Seelen. Auch sind die Glocken so heilig, daß man sie in einer gebannten Kirche und einem gebannten Volk nicht läuten darf.

Die große Glocke zu St. Maria Magdalena in Breslau, gehet fünfzig Schläg von selbst wenn man vorher fünfzig Schläg gezogen hat, und allen armen Sündern, wenn sie vom Rathhaus herunter kommen, wird damit geläutet. Davon ist folgende Sage: Als der Gießer die Glocke gießen sollen, geschah es, daß er zuvor zum Essen gehen wollte, befahl aber dem Lehrjungen bey Leib und Leben, den Hahn am Schmelzkessel nicht anzurühren. Allein dieser konnte seinen Vorwitz nicht länger bezähmen und wollte versuchen, wie es aussähe, darüber fiel ihm der Hahn wider Willen ganz heraus, so daß das Metall in die zubereitete Form gelaufen kam. Da nun der Jung in der größten Angst sich gar nicht zu helfen wußte, so wagte er es endlich doch und ging in die Stube, wo der Meister war, bekannte alles und bat um Gotteswillen um Verzeihung. Der Meister aber war voller Zorn und erstach den Jungen auf der Stelle, kam voll Jammers heraus, und als er nach der Verkühlung abgeraumet, siehe, so war die Glocke ganz vortrefflich ausgegossen, kehrte darum mit Freuden in die Stube und fand erst, was er für Uebels gethan, und daß der Lehrjung verstorben war. Hierüber ist derselbe Meister eingezogen und zum Schwerdt verurtheilt worden. Da hat er, weil man die Glocke inmittelst aufgezogen, gar flehentlich gebeten, er möge ihren Resonans auch wohl hören, wenn er vor seinem letzten End die Ehr von den Herren haben könnte, 255

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welches ihm auch willfahret worden ist, und dem zufolge wird allen Malefizpersonen diese Glocke gezogen.

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Zu Attendorn wohnte einmal eine Wittwe, die schickte ihren Sohn nach Holland, die Handlung zu lernen. Dieser Sohn stellete sich aber so wohl an, daß er alle Jahr seiner Mutter von dem Erwerb schicken konnte. Einsmals sendete er eine Platte von klarem Gold, aber schwarz angestrichen neben andern Waaren, so daß die Mutter von dem Werth dieses Geschenks unberichtet, dieselbe unter eine Bank in ihrem Laden stellte, allwo sie stehen blieb, bis ein Glockengießer ins Land kam, bey welchem die Attendorner eine Glocke zu gießen und das Metall von der Bürgerschaft erbetteln zu lassen, beschlossen. Die, welche das Erz sammelten, bekamen verschiedentlich allerhand zerbrochene Häfen dazu geschenkt, und als sie vor der Wittwe Thür kamen, so gab sie ihnen ihres Sohnes Gold, weil sie es nicht kannte und sonst kein zerbrochen Geschirr hatte. Der Glockengießer, der nach Arensberg verreist war, auch dort einige Glocken zu gießen, hatte einen Gesellen zu Attendorn hinterlassen mit Befehl, die Form zu fertigen und alle sonstige Anstalten zu treffen, mit dem Guß aber einzuhalten bis zu seiner Ankunft. Als aber der Meister lang ausblieb und der Gesell gern selbst eine Prob thun wollte, so fuhr er mit dem Guß fort, und verfertigte den Attendornern eine von Gestalt und Klang so angenehme Glocke, daß sie ihm solche bey seinem Abschied (denn er gedachte zu seinem Meister nach Arensberg, ihm die Zeitung von der glücklichen Verrichtung zu bringen) so lang nach läuten wollten, als er die Glocken hören könnte. Ueber das folgten ihm etliche nach mit Kanten in den Händen und sprachen ihm mit dem Trunk zu. Als er nun in solcher Ehr und Fröhlichkeit bis auf die steinerne Brücke gelanget, welches halbweges ist, so begegnet ihm auf einmal sein Meister, welcher alsobald mit den Worten: Was hast du gethan du Bestia! ihm eine Kugel durch den Kopf jagte. Zu den Geleitsmännern aber sprach der Meister: Der Kerl hat die Glocke gegossen wie ein Schelm, er wäre erbietig solche umzugießen und der Stadt ein ganz ander Werk zu liefern. Ritt darauf hinein und wiederholte seine Reden, als ob er den Handel gar wohl ausgerichtet. Aber er wurde wegen der Mordthat ergriffen, und gefragt: was ihn doch dazu bewogen, da sie mit der Arbeit des Gesellen vollkommen zufrieden gewesen? Endlich bekannte er: wie er an dem Klang abgenommen, 256

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daß ein gute Quantität Gold bey der Glocke wäre, so er nicht dazu kommen lassen, sondern weggezwackt haben wollte, dafern sein Gesell befohlenermaßen mit dem Guß seine Ankunft abgewartet hätte, weswegen er ihm den Rest gegeben. Hierauf wurde ihm der Kopf abgeschlagen, dem Gesell aber auf der Brücke, wo er sein End genommen, ein eisern Kreuz zum ewigen Gedächtniß aufgerichtet. Unterdessen konnte niemand ersinnen, woher das Gold zu der Glocke gekommen, bis der Wittwe Sohn mit Freuden und Reichthum beladen nach Haus kehrte und vergeblich betrauerte, daß sein Gold zwey ums Leben gebracht, einen schuldig und den andern unschuldig, gleichwohl hat er dieses Gold nicht wieder verlangt, weil ihn Gott anderwärts reich gesegnet. Längst hernach trug es sich zu, daß das Wetter in den Kirchthurm geschlagen, und wie sonst alles verzehrt außer dem Gemäuer, auch die Glocken geschmelzt. Worauf in der Asche Metall gefunden worden ist, welches an Gestalt den Goldgülden gleich gewesen, woraus man auch den Thurm wieder hergestellt und mit Bley hat decken lassen.

Becherklang. 20

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Seit nun Gott die Welt durchschnitten Mit der Allmacht sausend Schwerdt, Liegt in Tag und Nacht inmitten Wer des Weines Becher leert: Tief und dunkel zieht der Becher, Licht und strahlend singt der Zecher, Schwingt den Huth und jubelnd singt, Daß der Becher schwirrend springt. So soll Wein die Welt verbinden, Die getrennt in Licht und Nacht, Wie die Lichter mir verschwinden Scheinet licht, was ich gedacht, Daß nun alle mit mir singen Muß mir Herz und Mund aufspringen, 257

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Ja des Paradieses Baum Hat in diesem Keller Raum. Seht, es steigt aus mir hernieder Lucifer, der lang verbannt, Er und Bachus sind zwey Brüder, Es erscheint ein neues Land, Weingelaubt der Jünger Schaaren, Flammen in des Waldes Haaren Leuchten durch die Dämmerung Alle in erhabnen Schwung. Panter, Löw und blaue Schlangen Liegen auf dem Rücken schon; Faunenweibchen ohne Bangen Säugst du Tieger ohne Lohn? Können sie dich nicht mehr missen, Einen hab ich abgerissen, Der hing fest an deiner Brust, Nimm mein Söhnlein dran zur Lust. Was erblick ich, die Gesellen Halten Kronen rings für mich, Wollt ihr euch wie Menschen stellen, Oder bin ein Gott auch ich? Nun so kann ich euch beglücken, Kann erschaffen mit Entzücken, Heute schaff ich euch die Welt, Wie ein jeder sie bestellt. Tanzet munter, tretet Leimen, Tretet Rosenblätter drein, Und ich will schon tüchtig reimen Feuchtet an den Stoff mit Wein, Laßt den Honig aus den Zellen, Seht wie schlägt der Wein nun Wellen, Macht den Kopf zur Töpferscheib, Menschen formt zum Zeitvertreib.

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Lebe jeder, ders verlanget, Sterbe, wer nicht leben mag, Was der Brüder Herz erlanget Und verlanget, jeder sag, Was der Wein jetzt offenbaret Sinkt in Nacht, wenn Tag uns klaret, Nur der Augenblick sey ganz Offner Herzen Flammenkranz. Ich, der Becher geh im Kreise, Tausend Geister send ich euch, Jeder bleib bey seiner Weise, Bin ich doch für alle reich. Wie ein Meer ich kann euch fassen Und die Welt sie liegt im Nassen, Jedem wird ein Schatz gezeigt, Der sein Haupt recht tief mir neigt. Kommt ihr meine lustgen Böcke Auf die höchste Felsenspitz, Pflanzt mir da die schönsten Stöcke, Daß der Wein hochtronend sitz, Unter lichten Rebenlauben Stoßen Ziegen sich um Trauben, Mir zum Munde spritzt der Saft, Alle Welt ist voller Kraft. Ludwig Achim von Arnim.

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(Die Melodie von J. F. Reichardt künftig.)

Der König ohne Volk.

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Ein König auf dem Throne Mit seinem Scepter von Gold, Den Rath oft schlug zum Hohne, War keinem Menschen hold. 259

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Den Hunden an dem Tische Der Rath die Teller hält, Er füttert gut die Fische, Sein Volk in Hunger fällt. Sein Völkchen war beritten, Er ärgert sie so bas, Daß alle sind fortgeritten, Da ward der König blaß. Er konnte sie nicht halten, Sein ganzes Volk ritt fort, Er konnt allein nun walten An seinem Hundeort. „Wenn mir die Hunde bleiben So bin ich dennoch reich, Die Zeit mir zu vertreiben, Das andre gilt mir gleich.“ Die Hunde schlecht bedienet, Die wurden falsch und wild, Und als er sich erkühnet, Zerrissen sie sein Schild.

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Zerrissen seinen Mantel, Da stand er nackt und bloß, Da sah man bey dem Handel, Er hätt einen Buckel groß. Du mußt die Lehre fassen Mein edler Fürstensohn, Wen schon die Besten verlassen, Der sitzt nicht fest auf dem Thron.

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Ludwig Achim von Arnim. 30

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Geh’ ich einsam durch die schwarzen Gassen, Schweigt die Stadt als wär sie unbewohnt; Aus der Ferne rauschen nur die Wasser, Und am Himmel geht der bleiche Mond. Bleib’ ich lang vor jenem Hause stehen, Drin das liebe liebe Liebchen wohnt; Weiß nicht, daß sein Treuer ferne ziehet, Stumm und harmvoll wie der bleiche Mond. Breit’ ich sehnend noch einmal die Arme, Nach dem lieben lieben Liebchen aus, Und nun sag ich: Lebet wohl, ihr Gassen! Lebe wohl! du stilles, stilles Haus! Und du Kämmerlein im Haus dort oben, Nach dem oft das warme Herz mir schwoll; Und du Fensterlein, draus Liebchen schaute, Und du Thüre, draus sie gieng, lebt wohl.

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Geh’ ich bang nun nach den alten Mauern, Schauend rückwärts oft mit nassem Blick; Schließt der Wächter hinter mir die Thore, Weiß nicht, daß mein Herze noch zurück. Justinus Kerner.

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Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen. Vo n J . G ö r r e s .

IV. Die Helden vom Rheine. 5

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Auf demselben Schauplatz, über dem die Nibelungen sich bewegen, spielen einige ihrer Helden ein anderes Gedicht, das uns mehrere Manuscripte aufbewahrt, und das von F i s c h e r unter dem Titel: De prima expeditione Attilae Regis Hunnorum in Gallias de rebus gestis Waltharii aquitanorum principis Carmen epicum saeculi VI. Lips. 1780 und 1792, so wie auch von M o l t e r in seinen Beyträgen zur Geschichte und Literatur, Frankfurt 1798 herausgegeben worden. Mit A t t i l a s Lobe und seinem Heereszuge aus Panonien gegen die gallischen Könige beginnt die Dichtung. G i b i c h o , König der Franken, sendet ihm H a g a n o aus t r o j a n i s c h e m Stamme, Sohn des H a g a t h i e s , Jüngling noch, mit Schätzen entgegen, und verspricht ihm Tribut und Unterwerfung; ingleichen auch H e r r i k , König der B u r g u n d e n , dessen Sitz in C a u i l l o n , jenseits der A a r und R h o n e ist, und der seine Tochter H i l t e g u n d ihm als Geißel übergiebt; im Westen endlich schickt auch A l p h e r e , König von A q u i t a n i e n seinen Sohn Wa l t h e r , früher verlobt mit H i l t e g u n d , gleichfals zu dem gefürchteten Hunnen als Bürgen seiner Treue und Zinspflichtigkeit. H i l t e g u n d , H a g e n e und Wa l t h e r werden an A t t i l a s Hofe erzogen, jener wird die Aufsicht über die Kleino- dien der Königin anvertraut, die Jünglinge aber zeichnen sich in den Kriegen der Hunnen aus. Wie aber nach G i b i c h o ’ s Tode sein Sohn G u n t h a r sich lossagt von der Dienstbarkeit, entflieht H a g a n o , und Wa l t h e r beredet bald auch seine Verlobte zu demselben Schritte. H i l t e g u n d füllt auf seinen Rath zwey Schreine mit goldnen Ringen aus dem Schatze, und beyde entweichen bey Gelegenheit eines Gastmahls, das er den Hunnen und ihrem Könige giebt. Er selbst gewaffnet wie ein Riese nach der Pan262

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nonier Weiße, links mit einem zweyschneidigen Schwerdte, rechts mit einem andern aber nur einschneidigen, reitend auf seinem Pferde L e o , H i l t e g u n d mit dem Schatze auf einem andern guten Pferde. Am Tage in den Wäldern versteckt, reisen sie nur bey Nacht, und gewinnen mit Fischen und Vogelfangen sich ihren Unterhalt, bis sie endlich am vierzehnten Tage am Rheine ankommen, da wo der Königssitz Vu o r m a t i a (Worms) liegt. Wa l t h e r giebt dem Fergen einige der früher gefangenen Fische, zum Lohne dafür, daß er ihn über den Rhein setzt, und wie diese am Mittage auf Günthers Tafel gebracht werden, erkennt sie der König als solche, die der Rhein und die benachbarten Flüsse nicht führen, und wie er sich deswegen näher erkundigt, wird ihm der ganze Aufzug des Helden und der Dame mit den schweren Schreinen, die einen Schall von sich gäben, als ob sie Edelsteine enthielten, erzählt, und H a g a n e erkennt sogleich erfreut in der Beschreibung seinen Gesellen Wa l t h e r . G ü n t h e r aber, von Habsucht eingenommen, freut sich, daß dieser die Schätze wiederbringe, die G i b i c h o nach Hunnenland gesendet, und bietet seine Kämpfer auf, daß sie mit ihm hinausziehen, um dem Fremdling die Beute zu entreißen. Dieser aber hat schon den Wald Vosagus, (das alte Jagdrevier der fränkischen Könige Wa s a g u s , im Wa s g a u , von Trier, Metz bis Straßburg hin, wie der Ardennenwald an der Mosel und am Niederrhein, von Achen durch die Eyfel bis zum Mayfeld und gegen Coblenz), und in ihm eine Stelle, wo zwischen zweyen nahe stehenden Bergen, von dem Gipfel der Klippen selbst gebildet, eine enge Höhle sich befindet. Dort ereilt ihn Günther mit den Seinen, und weil er mit Trotz die Zumuthung verwirft, die Schätze der Jungfrau herzugeben, beginnt nun der Streit, so sehr auch H a g a n e sich bemüht, das Verderben von dem König abzuwenden, von dem ihn ein Traum belehrt, und die Wissenschaft, die er von der Macht und Stärke des Helden hat. Wie aber G ü n t h e r ihn deswegen der Feigheit bezüchtigen will, sagt er sich erbittert von der Fehde los, und sieht von einem benachbarten Hügel dem Kampfe zu. Der Streit erhebt sich nun zwischen dem A q u i t a n i e r und den Uebrigen von den Z w ö l f e n , die G ü n t h e r mitgebracht; Mann vor Mann tritt zum Kampf hervor, K a m e l o n von M e t z (Mentensis) S c a r a m u n d , Wu r h a r d , E c k e f r i d der Sachse , H a d a w a r t , P a t a f r i d H a g e n e s Neffe, G e r w i t , R a n d o l f , alle werden sie der Reihe nach von Wa l t h e r niedergelegt. Die übrigen, E l e u t e r genannt H e l m n o d , Tr o g u n t von S t r a ß b u r g , T h a n e s t von S p e y e r greifen nun zu der Waffe, die Chronikschreiber der 263

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Zeit als den Franken eigenthümlich beschreiben; sie werfen einen Dreyzack mit Widerhacken und Stricken nach dem Aquitanier, und wie er gefaßt, ziehen sie alle gemeinsam an den Stricken, um ihn niederzuwerfen und dann zu tödten. Dieser aber steht wie ein Baum den vieren, und tödtet sie der Reihe nach, bis auf G ü n t h e r n , der die Flucht ergreift. Der König versöhnt sich nun mit H a g a n e , der ohnehin über den Tod seines Neffen erbittert ist, und dieser giebt den Rath List zu brauchen, und durch verstellten Abzug Wa l t h e r n aus seinem Rückhalt hervorzulocken, und ihn im freyen Felde von neuem dann anzugreifen. G ü n t h e r billigt den Rath, Wa l t h e r übernachtet in der Höhle, und wie er am Morgen weiter zieht, wird er von den Beyden überfallen. Es erhebt sich neuer Streit, der damit endet, daß der Aquitanier G ü n t h e r n in einem Schlage das Schienbein nebst der Kniescheibe bis an die Hüfte spaltet; H a g a n e dann Wa l t h e r n die rechte Faust abhaut, und dieser nun dem Franken mit dem Dolche das rechte Auge ausstößt, und das Schlafbein bis zur Lippe aufschlitzt und sechs Zähne einstößt, alles wie es H a g a n e s früherer Traum ausgesagt. Nachdem sie das nun aneinander ausgeübt, versöhnen sie sich wieder miteinander, trinken auf der Wahlstätte scherzend über ihre Unfälle mitten unter den umherliegenden verlornen Gliedern, und die Franken reiten nach Worms zurück, der Aquitanier aber nach seinem Vaterlande, und regiert noch dreyzig Jahre sein Volk. Fragen wir zunächst nach dem Zusammenhange dieser Dichtung mit den Nibelungen, dann finden wir auch ihn in der merkwürdigen W i l k i n a s a g a dargestellt. In jenem Theile der Sage, den wir als die Paraphrase des dritten Gesanges in jenem großen poetischen Kreise angegeben haben, kömmt auch S. 157 eine gleiche prosaische Auflösung und Accomodation dieses Gedichtes episodisch vor. Wa l t h e r von Wa s k a s t e i n , (Vasconia hieß auch Aquitanien) D i e t e r i c h s Neffe, ist hier gleichfals als Geisel von E r m e n r e k an A t t i l a s Hofe nebst H i l d e g u n d , Tochter des I l i a s J a r l , König von G r i e c h e n l a n d , nicht des Südlichen sondern jenes andern, das die nordischen Sagen bald nach R u ß l a n d , P o l e n , bald nach O s t t e u t s c h l a n d hin versetzen, die Jungfrau daher aus dem Geschlechte des O s a n t r i x von W i l k i n a l a n d . Beyde entfliehen auch hier mit A t t i l a s Schätzen beladen, der ihnen H a g a n e mit eilf Andern nachsendet, daß sie ihm Wa l t h e r s Kopf zurückbringen. Alle außer H a g a n e , der sich flüchtet, werden im Gefecht erlegt; Wa l t h e r errichtet dann eine Hütte im Walde, um darin zu übernachten, und zündet dabey ein groß Feuer an. Wie H a 264

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g a n e von ferne das erblickt, schleicht er herbey und zuckt eben sein Schwerdt gegen den Waskasteiner, wie ihn H i l d e g u n d entdeckt und aufschreyt. Wa l t h e r wirft darauf einen Feuerbrand nach ihm, daß er niederstürzt und das eine Auge in der Folge verliert; E r m e n r e k versöhnt später die Liebenden wieder mit A t t i l a , Wa l t h e r aber wird weiterhin im Verlaufe des Gedichtes von W i l d i f e r getödtet. Abermal also haben wir in diesem Gedichte eine Gliedmaße jenes großen verschütteten poetischen Organismus aufgefunden, der nachdem das Leben aus ihm gewichen, nur in einzelnen Fragmenten sich erhalten hat. Sehen wir uns aber nach dem Alter des lateinischen Epos um, dann tritt es uns in ferne Jahrhunderte zurück. Die Membrane, die von ihm in der großherzoglichen Bibliothek in C a r l s r u h e aufbewahrt wird, hat dieselben Schriftzüge, wie das Fragment des Rabanus corbeiensis bey M a b i l l o n, gehört also dem neunten Jahrhundert an. Ausserdem erwähnt ihrer die Chronik des Klosters N o v a l e s e , gestiftet am Anfange des achten Jahrhunderts am Fuße des Montcenis bey Muratori scriptor. rer. Italic. Tom. II, p. 2 C. 704 und Antiquitates Italicae Tom. III Diss. 44 col. 964. Diese Chronik, die nach Muratoris Meynung um 1060 geschrieben wurde, erzählt von dem Mönche Wa l t h e r , der sich vor Alters in ihrem Kloster aufgehalten; dessen Vater, der König A l f e r von A q u i t a n i e n mit dem König C r i r i k von Burgund den Vertrag um H i l t e g u n d errichtet; wie beyde Königreiche dann aber A t t i l a zinsbar geworden, und Wa l t h e r und H i l t e g u n d nun am Hofe desselben leben müssen; sie bringt dann eine Stelle wörtlich aus dem Gedichte gezogen, über ihre Erziehung bey, und weiterhin, wie Wa l t h e r endlich in seinem Alter Mönch geworden, und was Thaten er in ihrem Kloster noch verrichtet, wie der die Räuber geschlagen u. s. w. Erzählungen, die an den Mönch I l s a m des Heldenbuchs erinnern. Auch Av e n t i n in seinen Annalen, führt Stellen aus einem Manuscripte desselben in R h e i n s b e r g an. Hinter das neunte Jahrhundert fällt also die Abfassung des Gedichtes zuverlässig zurück; eine andere Frage aber ist, ob sie F i s c h e r darum mit Recht in das Sechste versetzt. Manches Einzelne erwogen, besonders aber jene Stelle, wo H a g e n e als aus trojanischem Blute entsprossen angegeben wird, mögten wir uns am ersten für die Zeit Pipins bestimmen, wo es nach E c k h a r t s Angaben in commentarii de reb. Franciae orient. zuerst beliebt wurde bey den Franken, ihre Abkunft vom trojanischen Geschlechte herzuleiten, weil ihre Sagen und Chroniken von einem ihrer früheren 265

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Könige P r i a m u s berichteten. Die äußere lateinische Form schließt sich unmittelbar an die römischen Dichtungen der ersten Jahrhunderte an, das innere Wesen aber zeigt ganz den Geist einer in diese Form verarbeiteten nordischen Romanze. Betrachten wir aber nun, wie die ganze Masse des Lichtes in dem Bilde auf dem a q u i t a n i s c h e n Helden liegt; erinnern wir uns, daß A q u i t a n i e n jenen Strich von Westfrankreich begreift, der sich am Fuße der P y r e n a e n hinzog, und den die V i s i g o t h e n besassen, dann müssen wir die Fabel für eine der Ramificationen des großen gothischen Stammgedichtes erklären, das im D i e t e r i c h und dem zunächst mit ihm Verbundenen, ostgothischen Character trägt, hier aber in einer westgothischen Romanze ausgeschlagen ist. Eines aber noch ist merkwürdig an diesem Werke, daß G ü n t h e r und H a g e n e , offenbar die Helden der Nibelungen, keineswegs B u r g u n d i o n e n , sondern F r a n k e n sind, und es ist schwer auszumitteln, welches Gedicht hier das historisch treuere ist. Während nämlich die A l l e m a n n e n am Oberrheine über Bayern Rhätien und die östliche Schweiz sich verbreiteten; während gleicherweise die Burgundionen ausgegangen von der polnischen Gränze, im dritten Jahrhundert gegen die Donau andrängend, später in der Gegend von S t r a ß b u r g über den Rhein vorbrachen, und das ganze östliche N a r b o n e n s i s c h e G a l l i e n besetzten; waren auf die gleiche Weiße auch die F r a n k e n vom Ufer der baldischen See, dort noch Wa r i n g e r genannt – daher das Waringen in der Geschichte des Schmieds Velint – herabgekommen; unter ihrem König P h a r a m u n d hatten sie die Harzgegenden an der Bode, der Werra, und Thüringen an der Saale, so wie Oberfranken am Mayn besetzt, und drangen später dann um die Zeit des Zuges von Attila, und seines Todes, nachdem sie früher schon häufige Einfälle in Gallien gemacht, unter ihrem König H y l d e r i c h und zwölf Anführern in Masse bey M a y n z über den Strom hinüber vor; schlugen die Römer, nahmen M a y n z , Wo r m s , S p e y e r weg, und gründeten dort fünf kleine Königreiche, denen sie A r b o g a s t , D r o g o , G e b e r i c h mit seinem Sohne G u n t h a r , G a r o v i k und H a g a n o vorsetzten;*) rückten dann weiter den Rhein abwärts gegen C ö l n hin, wo S i g b e r t das Königreich der R i p u a r i e r errichtete; *) Das letztere nach Aventinus Annal. Baior. der es wahrscheinlich aus verwandten verloren gegangenen Dichtungen, und nicht aus eigentlich sogenannten historischen Quellen schöpfte. 266

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eroberten Belgien, brachen dann über Tr i e r nach M e t z bis To u l hin vor, wo H a g a n o s Neffe P a t a f r i e d , derselbe der im Gedichte vorkömmt, als König geordnet wurde; und zwangen endlich Paris zur Uebergabe, wo sich ihnen dann das ganze römische Gallien unterwarf. Später am Anfange des sechsten Jahrhunderts gelang es dem berühmten C l o d o v a e u s oder Clovis dann, nachdem er erst die Allemannen in Teutschland, dann die Westgothen in Aquitanien, endlich die Burgundionen geschlagen und sich unterworfen, alle die einzelnen Staaten in ein großes Gemeinwesen zu verbinden, und so, nachdem er das Christenthum zuerst unter seinem Volke eingeführt, das fränkische Weltreich zu begründen. So viel ergiebt sich aus dieser Auseinandersetzung, daß die Gränzen des fränkischen und burgundischen Reiches um die Zeit, in der das Gedicht gespielt, eben etwa in die Gegend der alten Vangionen fielen, und daß sie vielleicht in unbestimmtem Wechsel häufig fluctuirten. Eben diese Unbestimmtheit rechtfertigte daher auch die Dichtung, daß sie gleichfals zwischen Franken und Burgundionen hin und herüber schwebte: denn das ist die Weiße der Poesie, daß sie, besonders wo sie eigentlich Nationelle ist, wohl liebt historische Wahrheit zum Grund zu legen, daß sie aber im Fortgange der Entwicklung den gefaßten Gegenstand aufnehmend ins Reich der Phantasie, sich nur durch das Gesetz des Schönen, nicht aber durch das der Wahrheit binden will. So ruht die alte griechische Mythe offenbar auf Naturanschauung, je weiter aber sie von ihrem Ursprunge sich entfernt, um so mehr treten jene großen einfachen Naturformen in ihr zurück, und das ganze bunte Gewimmel freyer absichtloser Schöpfungen in der Götterwelt nimmt ihre Stelle ein. Das also hat diese Untersuchung uns gewonnen, daß sie über Ort, Zeit und die wirkenden Kräfte in dieser großen poetischen Begebenheit, so viel es bey einem solchen Gegenstande möglich ist, uns verständigt hat. Der Rhein, der Nil des alten Deutschlands, der sein Delta in Holland hat, nachdem er die Schweizergebürge verlassen, durch seine Seen hindurchgeflossen, und über seine Cataracte sich gestürzt, tritt in jene schönen reichen Ebenen zwischen den Vogesen und dem Taunusgebürge und dem Hunsrück*) ein, und dort hat das Gedicht

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*) F r e h e r in orig. palat. p. 89 führt eine Stelle aus dem Marner einem altdeutschen Dichter aus der Zeit Friedrichs II. an, wo es heißt: „Der Imelungenhort lit in dem Lurlenburg in bey.“ Der Imelungen hort, wie es scheint, der Nibelungen Hort, und die Stelle wo er verborgen, der Lurleyfelsen oder die L o r e r l e y bey Wesel im obern Rheingau. 267

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sich ersten Sitz und Stammland selbst gewählt, und fließt nun groß und herrlich durch seine Geschichte, wie der edle Strom durch seine Natur. Worms insbesondere, das alte B o r b e t o m a g u s , schon dem P t o l e m a e u s bekannt, von den Römern besetzt, Sitz des Erzbischoffthums, das bis zum Anfange des achten Jahrhunderts selbst Maynz als Filial unter sich begriff; unter den fränkischen Fürsten P a r i s gleich geachtet, indem die Könige sich dort ihren östlichen, wie hier ihren westlichen Sitz gegründet, und D a g o b e r t an einem wie am andern Orte ein Dyonisiusmünster gestiftet, und einen Pallast baute, den 791 eine Feuersbrunst in der rheinischen Stadt verzehrte: dieser Ort ist vor allem das Haus der Helden in diesem Kreise. Keineswegs war auch die Erinnerung alter Herrlichkeit in dieser Stadt bis auf die nächstverflossenen Zeiten hin ganz untergegangen. Man zeigte noch gegen das Ende des sechszehnten Jahrhunderts das sogenannte Riesenhaus und des gehörnten Siegfrieds Lanze, einen ungeheuren Wellenbaum. Eine alte Sage, erzählte die Chronik der Stadt, hatte das Andenken an seine Begräbnißstätte in der Kirche der heiligen Cäcilia aufbewahrt. Als daher der Kayser Friedrich der dritte um die Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts, nachdem er in Belgien Krieg geführt, in Worms verweilte, war er neugierig, die Wahrheit der durch ganz Deutschland verbreiteten Dichtungen von seiner Riesengröße, durch eigene Untersuchung zu prüfen. Er ließ daher das Grab öffnen, wie der König Franz Rolands Grab, allein, ob man gleich so tief vordrang, daß man auf die Wasserquellen traf, so fand man doch keine Spur von Gebeinen. Die Vermuthung Frehers, als ob zwischen ihm und dem berühmten Sigbert, der um 539 unter dem König Theoderich major Domus gewesen, und in Worms mit seiner Gattin C r i m h i l d e gewohnt, und viele Thaten dort verrichtet, eine Verwechselung vorgegangen, mögte wohl nicht ganz grundlos sich bewähren. Kaum wird es gegenwärtig möglich seyn, noch irgend etwas historisch Gewisses über diesen Gegenstand auszumitteln. Wie dem Untergang von Altdeutschland jene Gedächtnißschwäche vorangeeilt, in der die letzte Zeit rein vergessen, was wahrhaft Merkwürdiges in ihrer Vergangenheit geworden, ist die Sage ganz verstummt, und was die Armuth schriftlicher Denkmäler, wenn nicht unverhofft sich neue unbekannte Quellen öffnen, geben kann, mögte nicht leicht viel weiter führen, als wir bisher erreicht. Nachdem das Andenken an die Begebenheiten bis auf wenige Ortsnamen vielleicht, etwa G u n t e r s b l u m , G u n t r a m s h e i m , G o d r a m s t e i n , H a g e n h e i m , F o l k e s h e i m und die Benennung des 268

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R o s e n g a r t e n s b e y Wo r m s , ausgestorben ist, hat man zuletzt auch noch das letzte Denkmal zerstört, das wohl noch Zeugniß geben konnte von jenen Jahrhunderten. Die schöne alte Capelle in Worms nahe bey dem Dome, die in einem reinen, großen Style gestaltet, mit dem Tempel, den T h e o d e r i c h in R a v e n n a gebaut, und dessen Kuppel lange die Urne mit seiner Asche trug, in ihren Formen die auffallendste Aehnlichkeit gezeigt, und wahrscheinlich also nicht in einer viel späteren Zeit gegründet wurde, hat der eigene freywillige Entschluß des dortigen Kirchenrathes der Zerstörung hingegeben, und das Land verliert an ihm vielleicht das älteste und merkwürdigste Denkmal seiner Vergangenheit. So ist alle Geschichte doch immer nur Nomadenzug, und haben auch Jahrtausende die Erdhütten und die Steingezelte sich erhalten, endlich bricht sie doch die Zeit. Wie Sturmvögel jetzt hoch über dem Meere schweben, und dann sich niedersenken und mit den Flügelspitzen den Rand der Wellen streifen, und die weise Brust im kühlen Erdblut baden, und wieder untertauchen und unter dem Wasser durchbrechend weiter eilen: so schießt das Leben gleichfals bald eine Feuerkugel durch die Lüfte durch; fährt dann nieder an die Erde, und furcht sich dorthin schlagend und wieder an den andern Ort, und wühlt sich dann weiter unter dem Boden durch, und wirft in hohen Hügeln die Erde auf, und hat niemal bleibende Stätte an einem Puncte. Und wenn die wilde Kraft irgendwo ausgetobt, dann tritt die alte Mutter sorgsam her, und bringt die dienstbaren Naturgeister mit hinzu, daß sie langsam wieder glätten, was der Frevel zerrissen hat; und die arbeiten leise leise nagend wie das Knistern in Ruinen; jeder Augenblick hat ein Staubkörnchen abgerieben; lange Zeit besänftigt großen Aufruhr, heilt tiefe Wunden, ebnet alle Hügel. Und es ist nicht an der Natur zu tadeln, daß sie ihr Reich gegen Beschädigung wahrt, und es ist auch am Leben nicht zu schelten, wenn es zerstört, was es gebaut; denn es soll sich nicht in seiner eigenen Werke Fessel geben: wenn aber ein einzelner Privatwillen von gestern und von heute zerstört, was der Jahrhunderte ist, das muß man für frech und gottlos halten.

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Der Brocktophantasmist. Ihr seyd noch immer da! Nein das ist unerhört. Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklärt. Das Teufelspack, es fragt nach keiner Regel, Wir sind so klug und dennoch spuckt (der Schlegel) Wie lange hab ich nicht am Wahn hinausgekehrt Und nie wirds rein, das ist doch unerhört. Die Schöne. So hört doch auf, uns hier zu ennuyiren.

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Aus G ö t h e s vermehrten Faust S. 206. Um nicht die Leser mit Bemerkungen über einige nicht nach dem Consistorialmaas gemessenen Hexameter zu ennuyiren, während alle noch in der ersten Freude des Lesens und Wiederlesens sind, zeigen wir blos diese herrliche Erscheinung seiner sämmtlichen Werke an. Dem Correktor hätten wir mehr Genauigkeit gewünscht, denn wir wissen aus eigner Erfahrung, wie schwer diese zu erreichen. Einsiedler. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Geschichte und Ursprung des ersten Bärnhäuters.

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Worin die Volkssage vom papiernen Calender-Himmel und vom süßen breiten Gänsefuß, nach Erzählungen einer alten Kinderfrau aufgeschrieben*) vom Herzbruder. 5

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(Mit der Abbildung des Bärnhäuters.)

*) Wenn unser Freund Grimm in dem Aufsatze über die Sagen (19 u. 20 St.) das ernste Verhältniß der Volkssagen zur Volksgeschichte (die genau genommen nichts anders ist als diese Sagen selbst, bald wunderbar bald listig politisch nach der Entwickelung des Volks ist, wobey das Leben der Einzelnen nur in der Beziehung auf das Ganze angesehen wird) entwickelt hat, von denen er manche der Unbekannteren aus seiner reichen wohlgeordneten Sammlung uns mitzutheilen geneigt ist, so glauben wir mit dieser heitern Anreihung alter Sagen, die dem leichtberedten Witze eines andern lieben Freundes so wohl gelungen, den scherzenden Sinn der anderen Volkssagen am besten eröffnen und darstellen zu können, von denen wir durch Bekanntschaft und Reisen eine hübsche Menge verschiedener Gegenden zusammengebracht haben. Dieser scherzende Sinn der Volkssagen, dieser Spott ohne Ort und Datum, der alle trift und darum keinen, diese Satyre, womit keiner gemeint ist, die in einem erträumten Lande mit allerley wunderlichen Lebensverhältnissen spielt, fordert entweder große Unbefangenheit oder große Bildung um erfunden und verstanden zu werden, daher die nahe Berührung des alle Wissenschaften, Künste, Geschichten und Sprachen berührenden Jean Paul Fr. Richters mit manchen der frühesten deutschen Erzähler, so, daß jetzt fast niemand von dieser Laune ergriffen werden kann, ohne von dem classificirenden Publikum, das immer nach dem ihm Bekanntesten die ganze Welt anordnet, als ein Nachahmer Jean Pauls angezettelt zu werden. Diese Gattung freyen Scherzes, die den Deutschen so ganz nationell ist, daß sich später und früher immerdar Aeußerungen der Art finden werden, hat in ihm bis jetzt ihr reichstes Denkmahl aufgestellt, es wäre aber wunderlich, wenn einer darum seine Einfälle verschlucken wollte, weil ein andrer auch Einfälle gehabt hat, die Menschen kämen sonst endlich auf den Einfall rückwärts zu gehen, weil man bis dahin vorwärts gegangen. Die eigentliche Originalität im Menschen ist unverwüstlich, das Gemeinsame ist aber das Organ, worin sich das Einzelne verständlich ausspricht, das Gemeinsame ist immerdar mehr werth als jedes Einzelne, die Originalitätswuth, die nichts lesen, nichts lernen will, um sich vor Nachahmung in Acht zu nehmen, giebt also das Höhere auf, und was es also abgeschieden der gemeinsamen Betrachtung giebt, wird daher mit Recht wiederum von der Gemeine aufgegeben, wir sind es 271

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I. Die Landsknechte vor der Hölle, im Himmel, und endlich zu Warteinweil. Im Jahr dreyzehnhundert sechs und neunzig, als Kaiser Siegismundus von dem türkischen Kaiser Celapino geschlagen worden war, wollten die erschlagenen Lands- knechte auf der Wahlstatt bey den Türken nicht liegen bleiben, giengen drum miteinander zu Rath, und richteten ein Fähnlein auf, das war weiß mit einem rothen Kreuz, und zogen miteinander der Hölle zu, in der Meynung dort, wo es, wie man sagt, fein warm seyn sollte, ein gut Winterlager zu halten. Als die Teufel sie aber mit ihrem Kreuzfähnlein ansichtig wurden, wollten sie solchem Feldzeichen nicht trauen, als unter welchem die Hölle immer bestritten worden. Sie verrammelten daher alle Pforten, besetzten die Mauern, und rüsteten allerseits gute Gegenwehr an. Die frommen Landsknechte zogen solches nicht erwartend ruhig heran, aber die Teufel schossen nach ihnen, und da hierauf die Landsknechte potz Marter Gottes Wunden und dergleichen ehrbahrliche Flüche zu reden anfiengen, riefen ihnen die Teufel zu, o ihr lieben frommen Leute, ihr seyd irr, ihr redet dermaßen heilig, wir lassen euch nicht ein, haltet euch rechts auf der Himmelsstraße, und wiesen das ehrbare Völklein also nach dem Himmel. Als St. Peter sie anklopfen hörte, fragte er sie, wer sie wären, sie sagten, er sollte aufthun, sie seyen fromme Landsknechte in Kaiser Siegmunds Feldschlacht erschlagen, und hieher gewiesen. St. Petrus zeigte es dem Herrn an, der aber sprach: laß sie nicht herein, Es sind gar unnütze Gesellen, Die nichts als böse Händel anstellen. Da nun die Landsknechte mußten harren, Fingen sie an zu fluchen und scharren, Marter, Leiden und Sakrament, St. Peter der die Flüche nicht kennt, Meint, sie reden von geistlichen Dingen, Gedacht in Himmel sie zu bringen, gewiß, daß es diesen Sagen nicht also ergehen wird, die bekannt und unbekannt zugleich scheinen, wie jene scherzende Mahlereyen, wo mit neuen aufgelegten Scheiben von Marienglas, ein alter Landsknecht bald in einen Einsiedler, bald in einen Bärenhäuter, dann einen zierlichen Stutzer und Eydam verwandelt wird, nothwendig gehört dazu diese Abwechselung der Sprache und Umgebung, die freylich beym ersten Anblick durchaus nicht objectiv scheinen mag. 272

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Er bat daher für sie, und erhielt die Erlaubniß sie herein zu lassen; als sie aber bey ihm vorbey musterten, ihre Fähnlein schwenkten und ihn auf gute Kriegsmanier mit ihren Waffen begrüßten, hatte er eine große Freude daran, und grüßt sie wieder; zuletzt aber kam einer, der hatte nach Art dieser Hünerdiebe und Bauernfeinde, einen Hahn, den er unterwegs gestohlen, an seiner Wehr hängen, und schwenkte, St. Petrum zu grüßen, diesen ihm vor der Nase herum. St. Petrus ward gar entrüstet darüber und sprach: Du Spottvogel, jetzt merke ich, Willst mit dem Hahn vexiren mich, Weil er nicht eher hat gekräht, Bis ich den Herrn verläugnen thät. und schlug somit die Thür zu, ließ den mit dem Hahnen nicht ein. Der blieb stehn und brummlet und flucht, und zog um den Himmel herum, wie ein Vogel, ders Thürlein zum Keficht nicht finden kann, wir wollen ihn gehn lassen, vielleicht kommen wir, wenn gleich so jung nicht, wieder mit ihm zusammen. Kaum, daß die übrigen Landsknechte im Himmel waren, so bettelten sie bey allen Heiligen herum, und als sie etliches Geld zusammen gebracht, breiteten sie ihre Mäntel aus, setzten sich darauf, und würfelten und knochelten so lang, bis sie in Streit geriethen, da sprangen sie auf, zuckten von Leder, und hieben mit solchem Fluchen und Lärmen auf einander los, daß St. Peter die Haar zu Berg standen, er sprach: Wollt ihr im Himmel balgen, Hebt euch hinaus an lichten Galgen. Da schlugen sie gar auf St. Petrus los, daß er mußt davon laufen, und seinem Herrn und Meister die Noth klagen, der ließ einen Engel mit einer Trommel vor den Himmel hinaustreten, und einen Allarm schlagen. Die Landsknechte hatten sich eben etwas verschnauft und sprachen untereinander: Wir wollen’s nun gut lassen sein, Gute Brüder sind wir insgemein, Aber den alten grauen Falken, Wollen wir noch besser abwalken. Da hörten sie den Lärmen schlagen, und konnte keiner seine alte Gewohnheit lassen, rannten da mit einander dem Thor hinaus. St. Peter aber stand hinter der Thür, und schlug sie ihnen hinterm Rücken zu mit großen Freuden. Da die Landsknechte sahen, daß man sie zum 273

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Besten gehabt, hoben sie erst einen gewaltigen Lärmen an. St. Peter trat hinters Schlüsselloch und sprach: wer hat euch hier her kommen heißen, zieht fort, nur fort ihr Blutzapfen, ihr habt euer Leben den Frieden gehaßt, und sollt darum der ewigen Ruhe nicht genießen. Hierauf schrie ihr Hauptmann: »Wo bleiben wir aber heut Nacht? in die Hölle will man uns nicht einlassen, aus dem Himmel wirft man uns hinaus, wohin nun? wir müssen doch auch ein Ort haben, wo wir bleiben sollen.« St. Peter aber sprach: trollt euch, oder man wird euch was anders weißen; ihr seyd nichts als Bluthunde, Gotteslästerer, arme Leutmacher, verfluchte, verzweifelte, gottlose Leute. Da ward der Hauptmann gar erzürnt, und sprach: Hu Hu, fahr sacht du alter Greis! Fein säuberlich mit der Braut auf dem Eis. Hui bist du nicht der kühne Degen, Der sich seines Lebens darf erwegen, Darf Ohr abhauen und seinem Herrn Beistehn, mit Ernst, doch weit von fern, Und ferner nicht, als bis zum Herde, Und daß ihn auch keine Magd gefehrde; Wie darf der Fuchs den Wolf wohl schmähen, Der Hahn thut ihnen beiden krähen. Wir sind gefallen in gutem Streit Gegen den Türken auf grüner Heid, Und wenn ichs recht berichtet bin, Es dünkt mir stets in meinem Sinn, Du seist der Schelm, der unsern Herrn Vor allen Jüngern weit und fern Recht greulich, als ein Mamelucks, Ja dreimal nach einander flucks, Verläugnet und verschwur behend, Bei Stein und Bein, ob er ihn kennt; Und liefst davon, fehlt auch nicht weit, Du fielst gar auf der Juden Seit, Gelt unser armer Kriegskumpan, Gefiel dir nicht mit seinem Hahn, Häst Angst, er mögt dir wieder krähn. Und nun, du Meineyd, du willst uns nicht einlassen, nun müssen wir doch wissen, wo wir hin sollen. Petrus war über das laute Schreyen des Hauptmanns schamroth geworden, und da er fürchtete, die andern 274

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mögten den Specktakel im Himmel hören, so sprach er zu den frommen Landsknechten: »Liebe Freunde! seyd still und schweigt, ich will euch ein eigen Dorf eingeben, das liegt zwischen Höll und Himmel und ist ganz neutral, es heist Warteinweil, da werden mit der Zeit noch mehr Landsknecht hinkommen, da habt ihr euer Wesen allein, könnt spielen, saufen, würfeln und singen, da wird kein Hahn darnach krähen. Auch soll euch ein appart Schicksal hinein gemacht werden. Da nahm Petrus seinen Stecken und Hut, und führte sie gen Warteinweil, da halten sie noch ihr Regiment, solcher Ort aber hat nachmals den Nahmen der große Bär erhalten, und ist der recht Bernhäuter-Himmel geworden. Wir wünschen nun St. Peter eine glückliche Reise, und wollen sehen, wo der arme Schelm mit seinem Hahn hinkommen, der das Thürlein zum Himmel suchte.

II. Der papierne Gänsehimmel. Erfindung des Biers. Spruch vom Schlaraffenland. Der gute arme Landsknecht mit seinem Hahn irrte so lange herum, bis er an den Gänsehimmel kam, allwo eine schöne papierne Wiese, worauf die edlen Gänseseelen, die theils um St. Martins, theils um aller Schreiber willen getödtet werden, zu tausenden die Märtirkrone tragend spazieren weiden, besonders aber waren allda diejenigen ausgezeichnet und saßen jegliche auf einem Bogen Stempelpapier, welche von speißhaftigen leckermäuligen Juden mit aufgeschliztem Bauch schwebend aufgehängt, und so lang mit salzichtem Getränk in beständig saufendem Durste erhalten werden, bis ihnen die Leber so groß aus dem Leibe herauswächst, daß oft die Gans selbst in großer Melancholei nicht weiß, ob sie die Leber oder die Gans ist. Ueber solche eliseische Gänsefelder trabte der fromme Landsknecht hin, und gedacht, dieß sollt vielleicht auch sein Himmel seyn, weil er eines theils an trockner Leber viel gelitten. Zu Ende der Wieße aber lag ein schönes Wirthshaus, Kapitolium genannt, da kehrt er ein, gar müd und schier erfroren, hängte auch seinen Hahn hinter den Ofen, daß er etwas aufthauen mögte, der Wirth bracht ihm da eine Sorte Gänsewein nach der andern, konnte aber des guten Bruders Geschmack nicht treffen, der saß traurig da und harrte bis sein Hahn aufgethauet; und so lang wollen wir ihn sitzen lassen und sehen, was vor gute Gesellschaft weiter hier ankömmt. 275

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Als die Teufel den Anschlag der frommen Landsknechte auf die Hölle so leicht abgewiesen hatten, schickte Luzifer ein Paar Gesellen aus, um zu sehen, ob sie nicht irgend einen einzelnen erwischen könnten, der sich etwa dem Zug nachschleppte, solchen sollten sie als einen Geißel in die Hölle führen, für die schweren Unkosten, die ihnen der Vertheidigungsstand daselbst gemacht. Als nun die beyden den Landsknecht mit dem Hahn vor dem Himmel herumschlampen sahen, zogen sie ihm so lang nach, bis er im papiernen Himmel ins Wirthshaus trat, da blieben sie stehen und wurden folgenden Anschlags einig, der eine sollt sich in die Hölle hintern Ofen setzen, der andre aber wollt sich zu dem guten Gesellen machen, ihm zutrinken, und allerley Fatzwerk mit ihm treiben; wann dann der fromme Landsknecht das Maul recht aufreiße, sollt der hinterm Ofen ihm dadurch in den Leib fahren, und ihn somit von dannen führen. Also traten sie ein, und nahm der eine die Gestalt eines andern Landknechts an, der andre aber schlich sich unsichtig hintern Ofen. Nun war der betrübte Hühnerdieb gar froh, einen Gesellen gefunden zu haben, dem erzählte er, wie es ihm ergangen; da giengs an ein Fluchen und Schelten auf St. Peter, da ihnen aber beyden der Gänsewein nicht schmecken wollte, und dem Teufel der Landsknecht das Maul nicht allerdings weit genug aufriß, so sagt er zu ihm: Halt mein guter Gesell, ich will dem Ding besser thun, potz Cana in Gallileia, ich soll uns einen Wein machen, da sagt er zum Wirth, er sollte ihm der Gänse Speiß ein Theil geben; der Wirth der bracht ihm Gersten, die schmiß er ins Wasser hinein und rührts, da ward das Bier erschaffen, und hat sich auch bis heut zu Tag erhalten, und trinkens die Gänse nicht ungerne. Während nun der Teufel braute, sprach er den Spruch vom Schlaraffenland: Hui Bruder ich bin ein gereister Mann, Hab neulich erst ein Zug gethan, Da lernt ichs brauen in einem Land, Sein Nahm der ist mir unbekannt, Da wachsen die Plateiß auf den Baumen, Wie anderwärts die Kirschen und Pflaumen, Die Gäns, die haben Tanzschuh an, Die Weiber küssen gern die Mann, Die Störch, die stechen eim den Staaren, Die Wölf der großen Schul gewahren, Die Füchs, die kommen angefahren,

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Die Schnecken machen glänzende Karrieren, Die Enten Minnelieder blären, Die Küh unter andern vielen Mit Ochsen in dem Dambrett spielen, Die Esel auf der Laute schlagen, Die Fisch sich lassen in Sänften tragen, Die Böck, die gehen botanisiren, Die Frösch, die Physikam doziren, Ein Krebs Finanz- und Kriegskunst lehrt, Zwick, retirir, bleib unversehrt, Die Esel werden Jaherrn genannt, Die Spatzen liebreich und galant, Der Krug, der lehrt Philosophei, Sallat steht auch schon lang dabei, Kienöl, Pfannkuchen und Butterweck Haben da all einen hohen Zweck, Dreschflegel muntern sich mit Gedichten, Das Stroh zu dreschen, die Spreu zu sichten, Kunst, Wissenschaft, auf grünem Ast, Ob du ihn lange nicht gesehen hast, Den Objectiv, den Subjectiv, Der hundert Jahr ganz ruhig schlief, Aufwacht, Lärm macht, Wird ausgelacht, Hanswurst ist an der Natur gestorben, Natur ist an der Kunst verdorben, Und Kunst hat die Religion gefressen, Und Religion hat den Glauben vergessen, Und Glauben hat alles wissen wollen, Und Wissen sitzt auf dem Eisschollen, Und fährt hinab ins weite Meer, Und wird zu Wasser wie vorher, Aber die Gans ist ein Predikant, Auch hats viel Hasen in dem Land, Welche auf Gartenschnecken reiten, Die für das Vaterland da streiten, Küniglein*) die Trommel schlagen, *) Kaninchen. 277

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Eichhörnlein die Fahnen tragen, Der Hunger ist ihr bester Koch, Karfunkel wächst im Ofenloch Die Mäuß, die bauen dort das Feld, Die Katz ist als Organist bestellt, Der wilde Eber ist ihr Badknecht, Ein Hering ist ihr Wildschütz recht, Der Bär ist ein Informator gut, Ungelecktes er lecken thut, Und Reinecke Fuchs das Schemelbein, Möcht gar zu gern der Pabst auch seyn, Ein Schemelbein in seinem Bau Ein Schelmenbein, liest man’s genau.**) Nun mags gut seyn, da trank er dem Landsknecht einen Trunk des neuen Biers zu, der sprach aber, gesegn es dir Gott Bruder, nach Landsknechts Brauch, das war dem hinterm Ofen gar zu wieder, konnte drum nicht in ihn fahren, der Landsknecht aber konnte nicht trinken ohne den Spruch. Der Brauer Teufel sagt, laß mir deinen Segen weg, du machst mir das Bier sauer, da antwortete der Landsknecht: laß es eine Weil geruhen, ich will uns einen Braten anrichten lassen, du hast mir so gute Schwänke erzählt, daß ich gern mit dir essen mag; da rief er dem Wirth: He lieber Wirth mein gut Gesell, Geht hintern Ofen in die Höll, Den armen Teufel nehmt darin, Rupfet und dann bratet ihn, Den wollen wir fressen und zerreißen, Thät damit hintern Ofen weißen Auf den hängenden todten Hahn, Als der Wirth ging zu der Höll hinan, Wollt den Hahn von dem Nagel schnappen, Meint der Teufel, er wollt nach ihm tappen,

**) Die Einsiedler bekennen frey, Sie wären auch gern all dabey; Nun sitzen sie mitten in der Natur, Bey ihrer Correctur.

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Ihn rupfen und dem Landsknecht braten, Und thät sich da nicht lang berathen Und stieß ein Ofenkachel aus, Und fuhr zum Ofenloch hinaus. Das ward ein großer Lärm im Gänsehimmel, denn die wachsamen Gänse erhoben ein gewaltig Geschrey, und da sah der andere Teufel auch, wie er davon kam, und riß ein groß Loch in den papiernen Himmel, der gut Landsknecht aber ließ seinen Hahn an Zahlungsstatt im Stich, nahm auch im Zorn das Bierglaß, und schmieß es gegen die Wand, der Teufel hole deinen neuen Trank, sprach er, was hängen bleibt an der Wand, mag dein Bier seyn, was abläuft ist der alt Gänsewein, dies sey die ewige Bierprobe, und so machte er sich durch das Loch aus dem papiernen Himmel hinaus. (Die Fortsetzung im nächsten Blatt.)

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Der König eine Meerfrau greifen läßt, Und setzet in den Thurm sie fest. Die Königin ruft zwey Gesellen zu sich: Bittet die Meerfrau zu gehen vor mich. Die Meerfrau kam und stand vor ihr, Was wollt Ihr Königin, was rufet ihr mir? Die Königin streicht übers Kissen blau, Setz dich Meerfrau, und ruhe darauf. „So wollt ihr verrathen den jungen Leib mein, Hier unten liegt scharf ein Messerlein.“ Und weißt du das, auch mehr du weißt, Sag mir von meinem Schicksal das meist. „Weiß ich dein Schicksal und sag es dir, Du läßt mich im Feuer verbrennen hier. Du bringst zur Welt drey Söhne kühn, Dein junger Leib der ist dahin.“ Soll mir’s ergehen nicht besser hie, Sag mir, welch Schicksal empfangen sie? 279

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„Der eine wird König von Dänemark seyn, Der andere tragen die Goldkrone fein. Der dritte wird werden so weis ein Mann, Für ihn mußt du dein Leben lan.“ Die Königin zog über ihr Haupt das Kleid, Sie ging vor den König in die Stube ein. Hört ihr allerliebster Herr mein, Gebt mir doch diese Meerfrau fein. Der Meerfrau Leib nicht geb ich dir, Sie verräth meine sieben Schifflein mir. Wie Erde schwarz wird die Königin, Wie todt fällt sie vor den König hin. Meine Liebste, nehmt das euch nicht so an, Folgt ihr mit allen Jungfrauen zum Strand. Sie kleidet die Meerfrau in Scharlachroth, Weil sie weisagt ihren eignen Tod. Ihren Jungfraun sagt die Königin: Zur See folg ich der Meerfrau hin. Auf Wellen blau wird die Meerfrau gebracht: Die Königin weint gar niemand lacht. Ihr dürft nicht weinen, weint nicht vor mir, Des Himmels Thor steht offen vor dir. Im Himmelreich sollst du bauen und leben, Da wird dir erst Stille und Ruhe gegeben. Aus dem Dänischen von W i l h e l m G r i m m .

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Wer bist du, armer Mann? Der Himmel ist mein Hut, Die Erde ist mein Schuh, Das heil’ge Kreuz ist mein Schwerd, Wer mich sieht, hat mich lieb und werth.

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(Aus den Kinderliedern. Anhang zu des Knaben Wunderhorn.)

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Geschichte des ersten Bärnhäuters.

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(Fortsetzung.)

III. St. Peter mit dem Landsknecht, und die Vertreibung der Thiere aus dem papiernen Kalender-Himmel. Ursprung der Tapferkeit. Nun wußte der gute Landsknecht noch immer nicht wohin, und bettelte von Dorf zu Dorf, bis er auf seinem Zug St. Peter antraf, der war zurück von Warteinweil gekommen, und hatte einen gar bößen Streit im Himmel gefunden, denn es hatte sich eine Gesellschaft gegen die lieben Thiere, die im Himmel mit den Heiligen sind, erhoben, und wurde da ein allgemeiner Gerichtstag gehalten, zuerst hat man St. Peters Geiß fortgejagt, weil sie das Gestirn des Steinbocks irre gemacht, 282

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daß er übern Zaun gesprungen, dann haben sie die zwey Mäuslein St. Gertrudis vertrieben, weil sie Marthen das Garn von der Spindel gefressen, auch die Meßbücher schier zernagten, und gab man ihnen auch Schuld, sie hätten das Loch in den papiernen Himmel gefressen, das der Teufel gerissen, und ward dies Loch zur Strafe das Thor, durch das sie alle hinaus musten, da sie aber den Palmesel nicht wohl hinaus jagen konnten, so machten sie ihm eine freundliche Vorstellung, wie im Himmel der Haber so theuer, Disteln aber gar nicht vorhanden wären, erzählten ihm auch, wie auf Erden daran ein Ueberfluß, und wie er dort ein Jaherr werden könnte, und da er gar hörte, daß des Kaminfegers aus Witzenburg Esel Feigen dort gefressen, und sie ihm nicht geschadet, so schrie er Ja, Ja, rannt davon, und riß das Loch um ein gut Theil weiter, ihm folgte St. Markus geflügelter Löwe mit großem Zorn, weil St. Marx sich seiner nicht annahm, und er als ein König der Thiere nicht allein im Himmel sitzen wollte, er lief gen Venedig, wo man ihm viel Ehr anthut, St. Johannes wollte auch nicht vor sein Lämmchen sprechen, und sagte gar, wie er von einem Lamm nur geistlicher Weise gesprochen, und so trabte es stille zum Thor hinaus, der Hund groß und faul, mußte da auch Urlaub nehmen, denn man brauchte ihn nur in Hundstagen, und überdieß solle die Polizey in den Hundstagen keine mehr dulden, auch hätte er viel Flöh gezogen, und müßte man ihm, da er keine Fastenspeisen esse, immer appart kochen, St. Margreth aber mußte ihren Drachen auch jagen, weil man glaubt, er könnte schier des Teufels Spion seyn; St. Oswalds Rabe zog gern von dannen, denn er im Himmel als ein Galgenvogel wenig Freude hatte, und seiner Nahrung auf Erden groß Ueberfluß ist; nun kam St. Gilg mit seinem Hirsch, und bat gar sehr für ihn, aber da sich vor kurzem durch den Hirsch mancherley Jagdgedanken unter den Aebten und Prälaten, und sonderlich bey St. Huberto erhoben, ward er ausgemustert, und gieng der Jagdgedanken wegen selbst gern, nun hätte man zwar St. Genovefens Hirschkuh gern gelitten, aber sie wollte ohne den Hirsch nicht bleiben, und gieng als ein Beyspiel ehlicher Zärtlichkeit ihrem Gatten nach. St. Lukas Mastochs hatte besonders St. Georg gegen sich, der sich einen Gaul hielt, dem der Ochs das Futter theuer machte, und da das Roß nicht entbehrlich war, so mußte der Stier weichen. Nun trat St. Gallus mit seinem Bären heran, dem ward auch von der Jagd erzählt, auch müßte er im Himmel stets an den Tappen saugen, auf Erden wären Aepfel und Birnen gut gerathen, die Bienenzucht auch in gutem Flor, er könnt in Nürnberg ein 283

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Lebküchler werden, oder sich gar für Geld sehen lassen, er brummelte, kugelte sich zusammen, und purzelte hinaus. Hinter dem Bären machte man nun das Loch zu, St. Lorenz legte seinen Rost drüber, da man nun von Hauß zu Hauß nachsuchte, ob im papiernen Kalender-Himmel noch irgend ein Thier vorhanden sey, fand man in den vier Häußern der Frau Frohnfast, an jeglichem einen Häring hangen, die wurden nach vielem Rathschlagen, weil sie viel Marter erlitten, und mit Salz gar gebeitzet worden, geduldet, so auch St. Martins Gans, wie die lieben Gänse all, wegen mannichfaltigen Verdiensten, und besonders der Schreibfedern wegen, welche den ganzen papiernen Himmel entworfen, auch wurden sie getröstet, und auf doppelte Gage gesetzt, weil ihnen ein Loch in ihrem Himmel war gerissen worden, und ihnen die in Zorn und Unmuth abziehende Thiere ganze Flederwische ihrer Federn ausgerissen und mitgenommen hatten. Also fand St. Petrus bey seiner Rückkunft von Warteinweil durch seiner Geiß unordentliche Gesinnung den ganzen Thiergarten verabschiedet, und machten ihm die Heiligen noch Vorwürfe oben drein, und zog er darum auf eine Zeitlang von dannen, bis die Sache zur Ruhe gekommen. Auf solcher Reise traf er den guten Landsknecht, und da sie beyde von milden Gaben lebten, so machten sie den Vertrag, was sie erbettelt mit einander zu theilen; da sie nun an einem Abend im Wirthshauß sich ihre Beute vorzeigten, hatte der Landsknecht einen Hasen, Peter aber drey Goldgulden gewonnen; der Hase ward an den Spieß gesteckt, und der Landsknecht verrichtete was des Kochs Sache ist, St. Peter aber suchte seine drey Goldgulden, die in kleiner Scheidemünze waren, auseinander, der Landsknecht aber konnt es nicht erwarten, und fraß derweil des Hasen Herz und Leber zum voraus auf, da nun der Hase gebraten war und aufgetragen, zerlegte ihn St. Peter in zwey gleiche Theil, aber das Herz war nicht da, auch fehlt die Leber, da schwur der Landknecht hoch und theuer, daß er sie nicht gegessen habe; St. Peter glaubts, und machte nun aus seinen drey Goldgulden drey Haufen; für wen soll der dritte Haufen, fragte der Landsknecht, für den, der das Hasenherz gestohlen, sagt St. Petrus, da strich der Landsknecht die zwey Gulden ein, und sprach: ich hab das Herz gefressen, und damit lief er davon; St. Petrus sprach: so mag das Hasenherz deiner Natur werden, und kehrt in Himmel zurück, glaubt auch seit dem keinem Landsknecht mehr.

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IV. Der erste Bärnhäuter, gelehrte Thiergesellschaft, böhmische Sprache.

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Der Landsknecht ward der Goldgulden gar bald los, aber das Hasenherz war nicht zu verderben, und brachte es ihm große Angst, auch war die Gegend nicht allzu geheuer, und streifte der aufgelößte himmlische Thiergarten allenthalben herum, so daß der gute Gesell mit seinem Hasenherz genugsam zu zittern hatte. Als er nun einstens gar traurig in einem wilden Wald stand und schier verzweifelte, erinnerte er sich des guten Gesellen, der ihm von dem lustigen und wunderbaren Land im Wirthshaus im Gänsehimmel erzählt hatte, und rief aus ganzem Herzen: ach wenn ich nur in das gute Schlaraffenland kommen könnte, ich wollte weder des Himmels noch der Hölle begehren. Da trat derselbige Teufel, der hier auf Werbung lag, zu ihm, und sprach: Nun gut Gesell, wie gehts, gelt du giebst’s wohlfeil? der Landsknecht sagt: Ja Bruder, wollst du mir wohl die Straße nach dem ehrbaren Land zeigen, wo du das brauen gelernt, ich wollt mich dort für einen Lehnerich verdingen; was ist das, fragt der Teufel? Das ist eine Art guter fauler Leutlein, die sich im Sonnenschein so an die Kirche oder das Rathhaus anlehnen, und ein fest Vertrauen auf die Mauer haben – da lacht der Teufel und sagt: Nein Bruder, trau nicht darauf, du mögst auf den Hintern fallen, so du mir aber sieben Jahr dienen willst und guten Muth hast, sollst du zu hohen Ehren kommen. Der Landsknecht sprach: gern, aber ich hab ein Hasenherz gefressen, da erwiederte der Teufel: Aufs Herz kommts nicht an, wenn die Haut nur gut ist; indem brummte ein Bär in dem Wald, der Landsknecht erschrack sehr und zittert am ganzen Leibe; da sieh, sprach er, das ist meine Haut, eine Gänsehaut hab ich übern ganzen Leib, ich muß mirs in dem verdammten Gänsewein angesoffen haben, da kam der Bär hervor, schieß ihn vor den Kopf, schrie der Teufel, dem Landsknecht gieng sein Hacken loß, und der gut Meister Bär burzelte um und um; ist er todt, fragt der Landsknecht, zieh ihm die Haut ab, sagt der Teufel, du hast einer guten Haut nöthig, das soll deine Livrei sein; wie ist dein Nahm, Bernhard, sprach der Landsknecht, so tauf ich dich Bernhäuter, so sollst du mit allen deinen Nachkommen heißen; nun zogen sie dem Bären die Haut ab und machten dem Landsknecht einen Mantel draus, und so wäre der erste Bernhäuter zur Welt. Dann sagt ihm sein Lehnsherr folgende Punkte: Deine Haare und Bart darfst du weder kämpeln noch selbige wie auch die Nägel nie schneiden, die 285

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Nase nicht schneutzen, weder Hand noch Fuß noch Antlitz waschen, überhaupt was der Mensch nur säubern und putzen nennen mag, das sey fern von dir, diese Haut sey dein Bett und Kleid, und darfst du mir auch kein Vaterunser beten; hingegen will ich dich mit Commis, Bier, Tobak und Brantewein also versehen, daß du noch Kostgänger halten kannst, nach den sieben Jahren aber, in deren jedem du eine von den sieben freyen Künsten dir und andern durchs Maul ziehen magst, will ich einen solchen Kerl aus dir machen, daß du dich über dich selbst verwundern sollst. Der Landsknecht war gar zufrieden, denn er hatte sich ohnedem nie gewaschen noch jemals gebetet. Somit nahm ihn der Teufel und führt ihn von dannen in eine alte wüste Kirche auf dem Hundsrück, da setzte er ihn nieder und sprach: Nächstens sollst du gute Gesellschaft haben, ich will ausschreiben in alle Land, daß du eine Gesellschaft angelegt, und daß bey dir sieben freye Künste da sitzen und ein Hütchen auf haben, auch zeigte er ihm einen Keller, darinn lag Commißbrod, Bier, Brantwein, Tabak und Pfeifen, der gut Bernhäuter war froh, und thät sich ein Gutes in solcher Buchkammer. Es währte nicht lang, so erhielt er auch einen guten Zulauf, denn die aus dem Himmel vertriebenen Thiere konnten des irdischen Lebens nicht mehr gewohnen, und da damals die Welt voll Philister war, welchen die Bestien die Nase zu hoch trugen, so kamen sie nach und nach alle zu dem Bernhäuter, und hatten sie da eine Gesellschaft zusammen, deren Spuren noch ewigen Tagen anhängen werden; auch sind in jener Zeit mancherley Ausdrücke und Mores aufgekommen, z. B. auf dem Hund seyn, ein ochsicher Kerl, Kraß (von St. Oswald Raben) einem einen Esel bohren, auch die Eselsohren in den Büchern, die ledernen Hosen u. s. w. die Mäuse aber hüteten der Buchkammer. Alle diese Thierlein hatten, wie oben gemeldet, den Gänsen bey ihrem Auszug einige Federn ausgerupft, und brachten sie dadurch das Recensiren auf, weil sie mündlich nicht genug mit der Sprache fort konnten. Da sich die Anstalt sehr erweiterte, wurden auch manche ordinaire Weltthiere zum Unterricht gelassen, und ist sehr merkwürdig, daß dorten nicht allein die so verschiedenen Lesearten, sondern sogar sehr viele Sprachen entstanden. Ich erwähne hier nur der Böhmischen, wie ich es in einer alten Fuhrmannstasche mit goldnen Buchstaben beschrieben gelesen habe. Eine Gans, eine Ente, und eine Taube hatten bey dem Bernhäuter absolvirt, und reisten, ihre Testimonia in der Tasche, nach Böhmen, allwo den Menschen dazumal die Sprache noch ein böhmisches Dorf war, und winkten sie sich verständlich zu machen, einander 286

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mit dem Scheuerthor. Als die drey nach Hauß kamen, ließen sie ihr Lichtlein leuchten, und fingen mit dem Bierbrauen an. Sie schleppten an Gersten und Waitzen zusammen, was sie bekommen konnten, und sotten es, da man aber kein Vertrauen zu ihnen hatte, fingen sie an, ihren neuen Trank selbst auszurufen, die Gans, wegen ihrem langen Kragen und ihrer hellen Stimme, übernahm dieses. Sie lief durch alle Oerter und schrie laut, biba, biba, d. h. Bier, die Ente wackelte eilends mit ihren kurzen Beinen nach und sprach dacke dobersse, dackdack, dackdack, dacke dobersse d. h. das ist gut, das ist gut. Mit der Taube aber, als der schwächsten, die unterdessen zu Hauß geblieben war, spielten sie der Untreue, und gaben ihr ihren Theil in einem enghalsigen Glase, da sie aber nichts herauskriegen konnte, ward sie zornig und lief um die Flasche fluchend herum, Gepsphi corua matir, Gepsphi corua matir, d. h. deine Mutter war eine Dirne. Und also ist aus diesem und andern Gespräch in Handel und Wandel dieser drey die böhmische Sprache entstanden. Auch ist noch zu bemerken, daß der Ausruf der Schulmeister, wenn die Kinder im Geschmack der ältesten Urkunden schreiben, sie machten allerley Hünerfüße, von jenem Institute herrührt, denn die Hüner lehrten dort die Kalligraphie. Da aber bey Mangel des Papiers blos auf den schönen weißen Schnee, und in die weiche Erde geschrieben wurde, sind jene herrlichen Dokumente für die Diplomatik verlohren gegangen, im Jahr als man sang: Drey Wochen nach Ostern, da geht der Schnee weg, da heurat ich mein Schätzel, und du hast den –. (Die Fortsetzung künftig.)

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Das Lied von der Frau Grimhild. Aus dem Dänischen von W i l h e l m G r i m m .

Das war die stolze Frau Griemhild, die ließ mischen Meth und Wein, Sie lud die raschen Helden all, aus fremdem Lande ein.

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Sie bat sie zu kommen ohn Weilen zum Kampf wohl und zum Streit, Das war der Held Hagen, der verlor seinen jungen Leib. Das war der Held Hagen, der ging aus zum Strand, Fand da den Fährmann, wohl an dem weißen Sand.

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Hör du guter Fährmann, o fahr mich über den Sund, Ich geb dir meinen guten Goldring, der wieget fünfzehn Pfund. „Ich fahre dich nicht übern Sund, all für dein Gold so roth Kommst du in Hunnilds Land, da bleibst du, geschlagen zu todt.“

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Das war der Held Hagen, der sein Schwerdt auszog, Das war der unseelige Fährmann, dem er das Haupt abschlug. Er zog den Goldring von seinem Arm, er gab ihn Fährmanns Weib: Das sollst du haben zur Liebesgabe, für Fährmann’s jungen Leib. Da wandelt der Held Hagen auf und ab an dem Strand; Fand da eine Meerfrau, die ruht auf dem weißen Sand.

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Heil dir! Heil dir! liebe Meerfrau, du bist ein künstlich Weib: Komm ich in Hunnilds Land, kann ich behalten meinen Leib? „Burgen hast du mächtig, auch vieles Gold so roth, Kommst du in Hunno’s Land, dort wirst du geschlagen zu todt.“

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Das war der Held Hagen, der schnell sein Schwerdt auszog Das war die unseelige Meerfrau, der er das Haupt abschlug. So nahm er das blutige Haupt, warf es hinaus in den Sund, Schleudert den Leib darnach, beydes einigt Meeres Grund. 5

Herr Grimmer und Herr Gernot, die zogen das Schifflein vom Land, Zornig war ihnen das Wetter, und mächtig des Meeres Fluth Zornig war ihnen das Wetter und mächtig des Meeres Fluth Entzwey ging in des Held Hagen Hand, das eiserne Ruder gut.

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Entzwey ging das eiserne Ruder stark in des Held Hagen Hand: Mit zwey vergoldeten Schilden steuerten sich die Herrn zu Land. Da sie nun kommen zu Lande, da zogen sie ihr Schwert, Da stand so stolz eine Jungfrau, die sah sie auf ihrer Fahrt.

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Sie war schmal in der Mitte, von Art war sie lang, Kurz war sie am Leibe, sie übt einen jungfräulichen Gang. Sie gehen zu der Nordburg hin, und kommen vor die Thür: Wo ist nun der Pörtner, der warten sollte hier? „Hier da ist der Pörtner, er liegt zum Vogt und Schirm, Wüßt ich woher ihr kommen wär’t, eur Bottschaft trag ich gern.“

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Hierher sind wir kommen wohl zu dem runden Land, Frau Griemhild ist unsere Schwester, das sey in Wahrheit dir bekannt. Hinein kam der Pörtner, stellt vor die Tafel sich hin Er war klug im Sprechen, konnt fügen seiner Worte Sinn.

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Er war klug im Sprechen, konnt fügen viel gut seine Wort: Da halten zwey so edle Mann außen vor der Port. Da halten zwey so edle Mann außen vor der Port, Der eine führt eine Fiedel, der ander einen vergoldeten Helm. 289

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Er führet nicht die Fiedel irgend für leeren Lohn, Von wannen die sind kommen, die sind zwey Herzogen Sohn. Das war die stolze Frau Griemhild in Tuch wickelt ihr Haupt sie ein, So geht sie nach dem Burghof, sie läd’t ihre Brüder ein.

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Wollt ihr gehen in die Stube, und trinken Meth und Wein, Ein Seidenbett, wenn ihr wollt schlafen und zwey Jungfrauen mein. Das war die stolze Frau Griemhild, wickelt in Tuch ihr Haupt ein, So geht sie in die Steinstube vor all ihren Mannen ein. Hier sitzet ihr all’ meine Mann, trinkt beydes Meth und Wein, Wer will bestehn Held Hagen, allerliebsten Bruder mein?

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Wer diesen Preis will erwerben, schlag Held Hagen zu todt: Er soll herrschen in meinen Burgen, und gewinnen mein Gold roth. Drauf antwortet ein Kämpfer ein Vogt wohl über das Land: Den Preis will ich vereinen gewißlich mit deiner freyen Hand.

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Den Preiß will ich erwerben, ich schlag Held Hagen zu todt, So will ich herrschen über deine Burgen und über dein Gold so roth. Da antwortete Volker Spielemann mit der starken Eisenstange: Ich werde dich schon finden, eh du kannst zu mir gelangen. [184]

Er schlug wohl auf den ersten Schlag, fünfzehn Kämpfer die da lagen, Hei! Hei! Volker Spielemann, wie rührst du den Fiedelbogen!

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Also schlug er die Kämpfer, eine Brücke davon er macht, Und die war beydes breit und lang, gar groß Unruhe sie bracht. Zu oben waren die Häute, zu nieden die Erbsen klein, Da mußt allererst zur Erden Held Hagen fallen hin.

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Und da der Held Hagen wollt wiederum aufstehn: Halt nun dein Wort lieber Bruder, du weißt wie die Sachen gehn. Halt nun allerliebster Bruder mein, du hältst deine Treue so sehr, Das erste du mögest zur Erde fallen, da wollst aufstehn nimmermehr. 5

So getröstet ward Held Hagen, er wollt nicht brechen sein Wort, Er stand auf beyden Knieen, da er empfing die Todeswund.

Mimmering Tand.*)

Aus dem Dänischen von W i l h e l m G r i m m . 10

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Mimmering war der kleinste Mann, Der gebohren ward in Königsland. Und eh’ er ward zur Welt gebracht, Da waren die Kleider ihm schon gemacht. Und eh’ er fing zu gehen an, Da zog er schon den Panzer an. Und eh’ er anfing zu reiten, Band er das Schwerdt an die Seiten. Zum ersten, da er konnt tragen sein Schwerdt, Da war er auch ein Kämpfer werth. So ging er aus zum Strande; Ein Kaufmann lag am Lande. Er sah vom Berg in die Weite, Wo ein Ritter mochte reiten.

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*) Mimmering ist eine Allegorie auf einen jungen Kräftling, welcher seinen Gegner hier an einem der M ä n n e r W i e **) findet, die Gott für Zeitungsschreiber und biedere Hexenmeister zum Zitirtwerden erschaffen hat. **) M ä n n e r W i e sind Männer wie Cajus Sempronius u. s. w. 291

Zeitung für Einsiedler

Da kam er geritten so schnell daher, Wie ein Löwe sein Roß so muthig war. „Hör du Ritter zart und fein, Brauchst wohl ein Knabenschild so klein? Und da du bist so jung und zart, Trägst nicht meinen Panzer schwerer Art?“ Mimmering erzürnt bey dieser Red, Er wirft den Ritter herab vom Pferd. Und dringet weiter auf ihn ein, Er schlug sein Haupt gegen einen Stein. So setzt er sich auf zu reiten; Mit andern Kämpfern will er streiten. Da kam er in einen viel grünen Wald, Wittich Wielands Sohn begegnet ihm alsobald. O halt hier an du Ritter gut: Hast du zu kämpfen für ’ne Jungfrau Muth? Dazu sprach Wittich Wielands Sohn: Ich werf dich nieder, bin ich ein Mann. Sie kämpften einen Tag, sie kämpften zwey, Keiner von ihnen mocht Sieger seyn. Da wollten sie Brüder seyn und sich hold, Bis zum jüngsten Tag das währen sollt. Wie immer war diese Zeit so lang, Konnt nicht dauern bis der Abend kam.***)

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***) Mimmering Tand fand endlich seinen Tod in der neuesten Jenaischen Schlacht gegen die Klingdinger. 292

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Sed (quod constat) Messalinus Cotta, Messalae Oratoris filius, palmas pedum ex his torrere, atque patinis cum gallinaecorum cristis condire reperit. Plinii hist. nat. L. X. cap. 27. ed. Bip.

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Geschichte des ersten Bärnhäuters. (Fortsetzung.) 10

V. Auflösung der gelehrten Thiergesellschaft, Bernhäuter privatisirt, Messalinus Cotta der breite Gänsefüßler, Heurathsvorschläge.

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Als die sieben Jahre beynahe um waren, kam der Teufel, seine Reitschule einmal zu visitiren, und fand allerdings alles zu seinem Vergnügen. Des Bernhäuters Haare waren lauter Höllenzöpfe geworden, sein Bart schien an Unlust ein dichter Filz (daher die Erfindung des Hutfilzes) seine Nägel glichen Adlersklauen, und war er sonstig also beschaffen, daß man ihn nur zu ackern brauchte, um auf ihn zu säen, ja das Ebenbild Gottes war genugsam verloschen, um in ihm ein geschmackvolles Kunstwerk zu bewundern. Der Teufel fand es nun für gut, den Bernhäuter, dessen er sich genugsam versichert glaubte, nebst der ganzen gelehrten Gesellschaft auseinander gehen zu lassen, damit die brodlosen Künste und Wissenschaften mehr um sich greifen möchten, und das machte er sehr einfach, indem er die Einfuhr des Tabacks 293

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verbot, und das Bierbrauen als seine Erfindung sich allein vindizirte, das Brandweinbrennen aber untersagte, und das viele zurückbleibende Commisbrod an den Meistbietenden verkaufen ließ, da verlohren sich sehr bald die gelehrten Thiere und gieng die Kunst damals zuerst nach Brod, was nachmals ein betretener Viehweg geworden. Dem Bernhäuter steckte er beyde Hosensäcke voll Dukaten und Pistolen, und befahl ihm, alles zu treiben, was ihm wohl und dem Geld weh thäte, da aber die sieben Jahre des Contrakts noch nicht um waren, durfte er in seinem Lebenswandel noch nichts verändern, und wurde darum seiner großen Abscheulichkeit wegen, von niemand aufgenommen, was ihn gar traurig machte. Da kam er endlich zu dem berühmten Wirthshaus, wo der Wolf den Gänsen predigt, und ward von dem Wirthe, als er ihm eine Handvoll Duplonen zeigte, unter dem Namen eines Homme de lettres aufgenommen und gut bewirthet, doch mußte er in einem besondern Zimmer essen und wohnen, um die Gänse nicht aus der Predigt zu verscheuchen. Als nun der Teufel wußte, daß nächstens ein sehr edler Herr in dem Gasthaus einkehren würde, eilte er in der Nacht zu dem Bärnhäuter, und machte an die Wände seines Zimmers die Kontrafaits von allen berühmten Leuten, die gestorben, die noch lebten, und die noch gebohren werden sollten, recht vortrefflich nach der Natur. Als zum Beyspiel das Bild des Kains, Lamechs, Nimrods, Nini, Zoroastris, der Helena, der trojanischen und griechischen Helden, nicht weniger Sesostris, Nabuchodonosoris, Cyri, Alexanders, Cäsars, Neronis, Caligulä, Mahomets, Schelmufskis, des Bruder Grafen, Gottscheds, u. s. w. vor allem aber das Bild des edlen Mannes, der dahin kommen sollte selbst, worüber der Wirth sich sehr verwunderte, besonders als der Bernhäuter alles dieses für seine Arbeit ausgab. Gegen Abend kam angeregter edler Herr in dem Wirthshauße an, wo er sehr oft mit dem Wolf Geschäfte hatte, denn er war niemand anders als jener berühmte Römer Messalinus Cotta, Meßalä des Wohlredners Sohn, von welchem Plinius schreibt: Hist. nat. liber X. cap. 27. daß er die breiten Gänsefüße so wohlschmeckend und süß zu bereiten wußte, welche er im Land herum, und vorzüglich hier aufkaufte. Als er den Wirth um Neuigkeiten fragte, erzählte ihm dieser von seinem seltsamen Gast, dessen Aufzug, Mahlerkunst, und großem Reichthum. Messalinus Cotta konnte nur durch den Augenschein überzeugt werden, und da er besonders sein eignes Portrait in einer delikaten Kreidezeichnung, wie er eben einige breite Gänsefüße in der Pfanne schmort, andere an der Sonne trocknet, erblickte, wurde er mit einem panischen 294

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Selbstgefühl erfüllt, und sprach, nachdem er von seinen eignen uneigennützigen Bemühungen für die Republik gesprochen, auch mit Achtung von dem Künstler, der sich besonders in dem leichten Hauch, der über den Gänsefüßen schwebte, gezeigt hatte, denn das Ganze war eine Winterlandschaft, und sah man in dem Schnee, der Ellendicke drauf lag, die Fußstapfen aller Thiere, wie sie der Hirt zum Thor hinaus treibt. Er sprach zum Bernhäuter, du mußt eine wunderbare Kunst besitzen, daß du mich selbst aus der Einbildung so gezeichnet; freylich, antwortete der Bernhäuter, weiß ich mehr als mancher andre. – Wer bist du? – Ich bin der Obrist von Berenhäuter, ein Soldat von Fortun, und habe mich neulich wieder den Türken gebrauchen lassen, sodann aber eine gelehrte Thiergesellschaft sieben Jahre lang dirigirt, jetzt lebe ich als privatisirender Gelehrter. – Messalinus fand an der Kunst und dem Geld des Herrn Obrist viel Behagen, und sprach zu ihm: Ich habe drey Töchter von gleich schöner Gestalt, welche sich so ähnlich sind, daß selbst ihre Mutter sie oft nicht von einander unterscheiden kann, du sollst sie sehen, wirst du nun errathen, welches die Aelteste, Mittelste und Jüngste von ihnen ist, so magst du eine von ihnen zur Gattin erwählen, räthst du es aber nicht, so sollst du, mit deiner Kunst und deinem Vermögen, mir zum Eigenthum verfallen seyn. Da der Berenhäuter dieß zufrieden war, so nahm ihn Messalinus Cotta, nachdem er mehreren Gänsen gegen billige Bezahlung und viel Ehre die Füße abgeschnitten (sie wachsen wieder nach) mit sich auf sein Schloß, um ihm die drey Töchter sehn zu lassen. Der Teufel erschien aber dem guten Bernhäuter vorher und sagte ihm, wie die Aelteste Kuzbutzia, die Mittelste Dykia Merkelia, die jüngste aber Eudoxia Rinbeckia heiße, er sollte daher nur den Nahmen einer jeden plötzlich ausrufen, so würden sie sich bald verrathen, und so geschah. Bernhäuter erwählte die jüngste geistvolle, zartsinnige, feinschnitzige Eudoxia, und Messalinus Cotta erstaunte ob seiner Allwissenheit, versprach ihm auch als ein ehrlicher Cavalier sein Wort zu halten, Gott gebe, was Mutter und Tochter dazu sage, auch war er bereit, gleich die Hochzeit auszurichten, damit nichts dazwischen käme, aber der Bernhäuter wendete Geschäfte vor, und versprach bald wieder zu kommen, und da er einen zweytheiligen mit einer demantnen Bärentatze gezierten Goldring auseinander geschraubt, und mit Eudoxia getheilt, diese ihm aber einen ähnlichen mit einem versteinerten Gänsedreck in Gestalt eines Gänsefüßleins gegeben hatte, gieng er seines Wegs. Die Jungfrau aber kleidete sich in Schwarz, und hatte einen unerklärbaren 295

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Wiederwillen, den Unlust den Bernhäuter zu heurathen, aber dafür war kein Kraut gewachsen, denn Messalinus Cotta hatte große Spekulationen mit dieser Ehestiftung verknüpft.

VI. Der Bernhäuter wird adonisirt, Ursprung der Krämer-Messe, Ueberraschungen, die dreyerley Steinfresser, die falsche b e l l e I l l i m a z, Abzug.

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Der Geist führte nun seinen Pflegesohn ans Bingerloch, und nahm eine sonderliche Wäsche mit ihm vor, dann zog er ihn durch alle die Bäder und Gesundbrunnen, ließ ihn schröpfen und zwagen so lange, bis er gar war, hieb ihm das Grobe mit der Axt herunter, und schnitt ihm nach vielen auflösenden, reinigenden, und ausleerenden Mitteln, Haare und Bart und Nägel nach der neuesten Mode, ja machte ihn zu einem gebildeten, feinen, nicht überspannten, ästhetischen Mann, und zwar äußerlich, denn nur damit war ihm gedient, aus der Bärenhaut machte er ihm eine Wildschur, und von dieser Begebenheit her stammt das ganze lustige Zeremoniel der leider ganz vernachläßigten Depositionsfeierlichkeit. Zuletzt gab er ihm noch einen so vortrefflichen Weingeistfirniß auf Kreidegrund, daß er dem artigsten Kavalier zu vergleichen war. Dann gab er ihm Geld und Edelstein, mehr als zu viel, und sprach zu ihm: jetzt ziehe hin und schreibe in alle Land, wer etwas köstliches hätte zu verkaufen, der sollte kommen, da montire dich als ein rechter Obrister, und ziehe sodann zur Hochzeit. Bernhäuter ließ sich das nicht zweymal sagen, er schrieb einen Landtag aus, allen Krämern und Juden der Welt, und ist hierdurch die Messe entstanden. Zu seiner großen Verwunderung und Freude fand er auf dieser Messe seine aufgelöste Thiergesellschaft wieder, sie hatten sich durch Mangel gezwungen gesehen, was doch gewiß sehr unrühmlich für litteratos, sich dorten für Geld bewundern zu lassen, wer kann die tiefe Rührung unsers nun durch den Zauberstab ästhetischer Bildung so sehr gefühlichen Herrn Obrist von Berenhäuter beschreiben, als er mit seinem gewissermaßen sanftgeschundenen Gemüth unerkannt sein liebes Vieh in Kasten mit eisernen Gittern eingeschlossen, und der Natürlichkeit wegen sich wilder anstellen sah, als er sie aus der segnenden Hand der Kulturgeschichte gekommen wußte, er zerschmolz in Thränen, und eine leichte Gänsehaut überzog seinen Apollowuchs. Er entschloß sich sogleich, die ganze Menagerie an sich zu kaufen, und 296

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dadurch sein neues Etablissement zu verherrlichen. Aber wie sehr war ein neuer Eindruck, den er erhielt, von dem vorigen verschieden, und erfüllte ihn mit Indignation. Er fand nähmlich in einer Bude sich selbst als Bernhäuter in Wachs pousirt für Geld zu sehen, und in einer zweiten einen lebendigen Mann in einer Bärenhaut, welcher für den Bernhäuter ausgegeben wurde, und obendrein Steine fressen mußte, in einer dritten aber, hier bebt meine Feder, fand er eine junge Weibsperson als Bernhäuterin gekleidet, auch Steinfressend, und als des Bernhäuters Schwester angegeben, an der Thüre aber saß Messalinus Cotta, und gab für das Eintrittsgeld einen süßen breiten Gänsefuß gratis, alle drei Buden gehörten sein, doch lag es in seiner Spekulation, dies zu verbergen, und jede Bude warf der andern vor, sie zeige den rechten Bernhäuter nicht, wodurch sie dreifaches Geld ver- dienten. Unser Obrist faßte sich so gut er konnte, denn er wollte unerkannt bleiben, aber wie war es ihm zu Muth, als er an der Hand der steinfressenden Bernhäuterin, welche sich den Namen la bella Illimaz gegeben hatte, seinen halben Treuring sah, er suchte sie durch vieles Geld, das er dem Messalinus bot, allein zu sprechen, ihm gelangs, er erklärte ihr seine Liebe, er versprach ihr die Ehe, ach! die Arme liebte ihn, den schönen, holden, trefflichen nur zu leicht, sie erzählte ihm ihre unglückliche Verbindung mit dem Bernhäuter, er müsse ihren Vater zu bestechen suchen, sie sey bereit, und so schwäzte er ihr seinen halben Treuring ab, und steckte ihr statt dessen eine Schlange, die ein Vergißmeinnicht fraß, an den Finger. Nun suchte er den Messalinus Cotta zu bereden, aber der edle, unerschütterliche, uneigennützige Karacter des Biedermannes hielt Stich, und er sang dem Bernhäuter folgendes Liedlein vor: Die Welt verfolgt mich nimmerhin, Ich bin ihr eben recht, Das macht, weil ich so edel bin Drum schein ich ihr nicht schlecht. Ich bleibe bei der Redlichkeit, Und halt es mit dem Geld, Dies ist mein Wesen allezeit So lang es Gott gefällt. So bleib ich immer wer ich bin, Hier auf der Krämer Meß, 297

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Denk jeder, wie ers Brod gewinn, Und sorg nicht wie ers ess’.

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dann sagte er ihm, meine Tochter ist schon versprochen, und dafür kein Kraut gewachsen; doch nach vielem Zureden lud er ihn zu sich ein, um ihm zu beweisen, daß er sein möglichstes thun wolle, er hoffte ihm nähmlich bei der großen Aehnlichkeit seiner Töchter, eine andre statt dieser aufzuhängen. So schieden sie auseinander, und der Herr Obrist wäre schier vor Rührung das Zeitliche segnend, mit Tode abgegangen, wenn er nicht durch den Umgang Till Eulenspiegels etwas ermuntert worden wäre, der dazumal, wie in seinen trefflichen Memoires zu lesen ist, die Messe mit Prophetenbeeren bezogen hatte, gern hätte er sich diesen lieblichen Karacter angeschlossen, aber Herr Eulenspiegel konnte, großer kosmopolitischer Ansichten halben, und aus innerm Drang, ein nützlicher Staatsbürger zu werden, seine Unabhängigkeit nicht aufgeben. Sehr betrübt, ein so nützliches Subject nicht gewinnen zu können, rüstete er sich zu seiner Abreise, er kaufte an Equipagen, Pferden, Kleidern, Dienern, Kleinodien, Sammt und Seide, Spezereyen etc. was nur vorhanden war, ließ seine angekaufte Thiergesellschaft reinigen, kleiden und frisiren, und nahm sie als gelehrte Gesellschaft an, nur war im Kontract, daß sie sich gegen ein billiges Dongratuit auch auf Befehl als Menagerie sollten gebrauchen lassen, dagegen versprach er, sie nur mit todten oder zahnlosen alten Hunden oder freundschaftlich unter einander sich hetzen zu lassen; Lukas Stier kostete ihn besonders viel, weil man ihn gern zum Krönungsochsen geschlachtet hätte, so wurde er auch bey dem Ankauf des Palm-Esels sehr hoch getrieben, weil er bey dort häufig gesuchter Eselsmilch, gegen die Abzehrung, ein sehr ziehender Artikel war, woraus nebenbei erleuchtet, daß es wahrscheinlich eine Eselin muß gewesen seyn. Einen vortrefflichen dicken Trompeter debauchirte er durch Geld, und diesen blasend an der Spitze, zog er über eine tuchene Brücke, die hinter ihm preiß gegeben wurde, unter dem Seegen aller, denen er Geld zu verdienen gegeben, ab. Große Feuerwerke wurden abgebrannt, und selbst jedes Thier seiner Menagerie, hatte eine Rakete hinten angebunden, die zu guterletzt am Thore losgebrannt wurde. Vivat, Creskat. (Die Fortsetzung künftig.)

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Auf einen grünen Zweig.

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Zur Fremde zog ein frommer Knabe An Gold so arm, wie Gold so treu, Er sang ein Lied um milde Gabe, Sein Lied war alt, die Welt war neu. Wie Freiheit singt in Liebesbanden, So stieg das Lied aus seiner Brust; Die Welt hat nicht sein Lied verstanden, Er sang mit Schmerzen von der Lust. Das Leben leichter zu erringen, Thut er der eignen Lust Gewalt; Will nimmer spielen, nimmer singen, Geht Kräuter suchen in den Wald.

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Die Füße muß er wund sich laufen Zum heißen Fels, zum kühlen Bach, Und muß um wenig Brod verkaufen, Die Blume, deren Dorn ihn stach. Und wie er durch die Wälder irret, Ein seltsam Tönen zu ihm drang; Durch wildes Singen rasselnd schwirret, Ein schmerzlicher metallner Klang. Der Knabe theilt die wilden Hecken, Und vor ihm steht ein gift’ger Baum; Die Zweige dürr hinaus sich strecken, Mit Blech geziert und goldnem Schaum. Und viel gemeine Vögel kreißen, Rings um des Baumes schneidend Laub; Und die von seinen Früchten speisen, Sie sind des goldnen Giftes Raub. 299

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Da rührt der Knabe seine Laute, Er singt ein schmerzlich wildes Lied; Und in dem Baum, zu dem er schaute, Er einen bunten Vogel sieht. Er sitzt betrübt, die bunten Schwingen Senkt an der Silberbrust er hin, Und kann nicht fliegen, kann nicht singen Des Baumes Gifte fesseln ihn. Dem Knaben regt sich’s tief im Herzen, Das Vöglein zieht ihn mächtig an, Und seines Liedes kind’sche Schmerzen Hört gern das kranke Vöglein an. Und weil im Wind die Blätter klingen, So kann es nicht das Lied verstehn; Doch er hört nimmer auf zu singen, Bleibt treu vor seiner Liebe stehn. Und singt ihm vor zu tausendmahlen Von Liebeslust und Frühlingslust, Von grünen Bergen, milden Thalen Und Ruhe an geliebter Brust. [192]

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Schon regt das Vöglein seine Schwingen, Schaut freundlich zu dem Knaben hin; Des Arme um den Baum sich schlingen, Die Liebe machet muthig ihn. Er klimmet in den gift’gen Zweigen Zerreißt mit Lust die Hände sich, Das kranke Vöglein zu ersteigen, Es spricht: Ach nimmer heilst du mich. Und sinket stille zu ihm nieder, An seinem Herzen hält er’s warm; Und ordnet sorglich sein Gefieder, Und trägt’s zur Sonne auf dem Arm. 300

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Steigt auf die Berge, läßt es trinken Des blauen Himmels freye Luft, Und weiß zu blicken, weiß zu winken, Bis er die Freude wieder ruft. 5

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Die Freude kömmt, die bunten Schwingen, Sie funkeln Liebesstrahlen gleich; Das Vöglein weiß so süß zu singen, Es singt den armen Knaben reich. Wie auch zum Flug die Flüglein streben, So bleibt es doch dem Treuen treu; In Liebesfesseln will es schweben, In Liebesfesseln ist es frei. Und ich der ich dies Lied dir singe Bin wohl dem treuen Knaben gleich, Vertrau mir Vöglein, denn ich bringe Dich noch auf einen grünen Zweig. Clemens Brentano.

Der Königssohn und die Schäferin.

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Erster Reihen.

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In dieser Maienwonne, Hier auf dem grünen Plan, Hier unter der goldnen Sonne, Was heb’ ich zu singen an? Wohl blaue Wellen gleiten, Wohl goldne Wolken ziehn, 301

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Wohl schmucke Ritter reiten Durchs Wiesenthal dahin. Wohl lichte Bäume wehen, Wohl klare Blumen blühn, Wohl Schäferinnen stehen, Umher in Thales Grün. Herr Goldmar ritt mit Freuden, Vor seinem stolzen Zug, Einen rothen Mantel seiden, Eine goldne Kron er trug.

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Da sprang vom Roß geschwinde Der schöne Königssohn, Er band’s an ein Linde, Ließ ziehen die Schaar davon. Er ging zu einem Bronnen Dort in den Büschen kühl; Die Vögel sangen mit Wonne, Der Blümlein glänzten viel. Ich weiß, warum sie sangen Und glänzten also baß: Weil auf des Bronnens Rande Die schönste Schäferin saß. Herr Goldmar geht durch Hecken, Er rauschet durch das Grün; Die Lämmer drob erschrecken, Zur Schäferin sie fliehn

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„Willkommen, Gott willkommen! Du wunderschöne Maid, Wärst du ob mir erschrocken, Mir wär’ es wahrlich leid.“

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„Bin wahrlich nicht erschrocken, Als ich dir schwören mag, Ich meint’, ein loser Vogel Sei geflogen durch den Hag.“ 5

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„Ach! wolltest du mich erquicken Aus deiner Flasche hier, Ich würd’ es ins Herz mir drücken Als die größte Huld von dir.“ „Meine Flasche magst du haben, Ich bot sie Manchem schon, Will jeden daraus laben, Und wär’s ein Königssohn.“ Zu schöpfen sie sich bücket, Aus der Flasch’ ihn trinken läßt, Gar zärtlich er sie anblicket, Doch hält sie die Flasche fest. Er spricht, von Lieb’ bezwungen: „Wie bist du so holder Art! Als wärest du erst entsprungen Mit den andern Blumen zart. Und bist doch mit Würd umpfangen, Und stralest doch Adel aus, Als wärest hervorgegangen Aus eines Königs Haus.“

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„Frag’ meinen Vater, den Schäfer: Ob er ein König was? Frag’ meine Mutter, die Schäferin: Ob sie auf dem Throne saß?“ Seinen Mantel legt er der Holden Um ihren Nacken klar, Er setzet die Krone golden In ihr nußbraunes Haar. 303

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Gar stolz die Schäferin blicket, Sie ruft mit hohem Schall: „Ihr Blumen und Bäume, bücket, Ihr Lämer, neigt euch all!“ Und als den Schmuck sie wieder Ihm beut mit lachendem Mund, Da wirft er die Krone nieder In des Bronnens klaren Grund. „Die Kron’ ich dir vertraue, Ein herzlich Liebespfand, Bis ich dich wieder schaue Nach manchem blut’gen Stand. Ein König liegt gebunden Schon sechszehn lange Jahr’, Sein Land ist überwunden Von böser Feinde Schaar. Ich will sein Land erretten Mit meinen Rittern traut, Ich will ihm brechen die Ketten, Daß er den Frühling schaut.

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Ich ziehe zum ersten Kriege, Mir werden die Tage schwül, Sprich! labst du mich nach dem Siege Hier aus dem Bronnen kühl?“ „Ich will dir schöpfen und langen So viel der Bronn vermag, Auch sollst du die Kron’ empfangen, So blank, wie an diesem Tag.“

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Der erste Reihe ist gesungen, So folget gleich der letzt’; Ein Vogel hat sich geschwungen, Laß sehen, wo er sich setzt! Ludwig Uhland.

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(Der zweyte Reihen im nächsten Blatt.)

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Zeitung für Einsiedler

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Von einigen Uebersetzern. Gesnerus schreibet: Wenn man einem Kapaun Brod in starken Wein geweicht zu fressen giebt, daß er darinnen voll wird, und ihn alsdann an einen finstern Ort über Eyer setzet, das Nest mit einem Siebe bedecket, damit er nicht davon kommen kann, wenn er nun wieder zu sich selbsten kömmt, und den Trunk verdauet hat, so denkt der Narr nicht anders, als er habe die Eyer selbst gelegt und brütet sie vollends aus. Magia naturalis II B. S. 247.

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Geschichte des ersten Bernhäuters. (Beschluß.) 15

VII. Messalinus Cotta wird beschämt, Trauung, gelehrte Thierhetze, hohe Todesfälle, der dunkle Riese, Geschichte von der Ratte, (indischen Ursprungs.) Messalinus Cotta war bereits zurückgekehrt, und der Bernhäuter langte auf einem Umwege auch vor dem Schlosse an, und schickte seinen debauchirten Trompeter hinauf, den Herrn Messalinus Cotta um die Erlaubniß zu bitten, ihm und der Familie seine Aufwartung zu machen. Messalinus Cotta empfieng ihn mit offnen Armen, und setzte ihn zwischen seine beiden ältesten Töchter, die jüngste hatte er ver306

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steckt, die beyden Töchter wechselten in der Bemühung ab, ihm zu gefallen, und er küste ihnen Hände und Füße, um zu sehen, ob er seinen Vergißmeinichtsring nicht finde. Messalinus Cotta sprach davon, die Parthie könne zu Stande kommen, Herr von Bernhäuter, werde eine andre heurathen, dieser aber wußte wohl, daß seine Eudoxia Rinbeckia nicht zugegen war, er begehrte daher, Messalinus Cotta sollte ihm die dritte Tochter auch vorstellen, daß er sich an der Aehnlichkeit der drei ergötzen könne, Messalinus Cotta mußte sie wohl rufen, und Eudoxia Rinbeckia nahm unten am Tische Platz wie ein Turteltäublein, das seinen Gemahl verlohren, denn sie mußte sich stellen, als habe sie als eine Verlobte keine Ansprüche auf diesen ansehnlichen Herrn, die Schwestern aber triumphirten, und warfen ihr einen stechenden Blick nach dem andern zu. Bernhäuter aber gieng aus der Stube, warf seine Bärnhaut um, und trat so wieder auf, Messalinus Cotta und Eudoxia Rinbeckia, geriethen in große Angst; ich komme, eure Tochter zu holen, sprach er, Eudoxia Rinbeckia, zeige mir den halben Trauring; Eudoxia Rinbeckia erblaßte; ich habe gehört, treuloser Messalinus Cotta, daß du deine Tochter einem andern versprochen, – da war guter Rath theuer – Messali- nus Cotta kniete nieder, und schwur auf seinen gebognen Knieen nebst Eudoxia Rinbeckia, daß dergleichen Exzesse nie wieder vorfallen sollten. Des trefflichen gefühlvollen Herrn Obrist von Bernhäuters Herz konnte nicht länger wiederstehen, er verzieh, er warf den Wildschur ab, und gab sich zu erkennen, ach der Geliebte und Gefürchtete waren einer nur, und sie hatte Arme, ihn zu umarmen, nahmenloses Entzücken. St. Lukas Ochs trat herein, und gab sie zusammen, die ganze Gesellschaft der Thiere waren Zeugen, der Trompeter bließ, daß das Haus zitterte, Messalinus Cotta stellte alle Gänsefüße bei, die er vorräthig hatte, nach Tisch war Thierhetze, die gelehrte Gesellschaft biß sich untereinander selbst, und da sie sich über die maßen angriffen, verbiß sich der Hund in den Palm-Esel, daß er trotz aller Mittel nicht von ihm zu trennen war, man lief daher zum Brunnen, einen Eimer Wasser zu holen, und auf ihn zu gießen, der Eimer war ungewöhnlich schwer, und als man ihn endlich herauf brachte, sieh da, o Jammer, der Leichnam der ältesten Tochter Kuzbutzia hing daran, sie hatte sich aus Verzweiflung über Eudoxias Rinbekias Glück ersäuft, dem Hund gingen unter Jammergeschrei die Zähne auseinander, alles war sehr betrübt, man sagte Trauer an, und jeder verfügte sich in seine Garderobe, die Trauerkleider anzulegen, als Eudoxia Rinbeckia das ihrige vom Zapfenbrette loshängen wollte, griff 307

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sie an einen menschlichen Leib, Licht! Licht! Messalinus Cotta kommt mit einem Brand aus der Küche, und siehe da, es war die zweite Tochter Dykia Merkelia, die sich aufgeknüpft hatte, neues Geschrei, doppelte Trauer. Man sammelte sich so gut man konnte. St. Markus Löwe laß eine Abhandlung über den Selbstmord vor, und die Stunde nahte heran, in welcher nach so vielen Stürmen der treffliche Bernhäuter sich mit seiner werthen Braut in sein Kämmerlein begeben sollte. Als er von dem Schwiegervater und der Dienerschaft an seiner Thüre verlassen war, überfiel ihn ein wunderbarer Schauer, die Braut begab sich zur Ruhe. Der Obrist stand am Fenster, es pochte am Fenster, Eudoxia Rinbeckia kroch bang unter die Decke, es pochte wieder, der Obrist machte auf, da stand ein dunkler Riese, an seinem Knebelbart hingen die beiden ältesten Töchter des Hauses geknüpft, mein Knecht, sprach der Riese, jetzt sind die sieben Jahre um – da spürte der Herr Obrist das einst gefressene Hasenherz sehr lebendig – und was nun, sagte er, der Teufel wird mich doch jetzt nicht holen – ei bewahre, sagte der Geist, das hieße dich auf der besten Carriere stören, ich habe mein Theil, da strich er sich den Bart, ich darf auch keinen Landsknecht in die Hölle bringen, ich will nur Abschied von dir nehmen, und befehl dir zur ewigen Gedächtniß, auf der Bärenhaut zu schlafen, kultivire die Welt, ermuntre deine Thiergesellschaft zum Schreiben. – Indem ging der rothe Mond hinter dem Riesen auf, und schien ihm durch die leeren Augen, seine Stirne war transparent und darauf zu lesen: eritis sicuti Deus u. s. w. e. g. S. V. Esel, schrie der Riese plötzlich, was stehst du da und gaffst, und läßt deine Braut allein, und schlug ihm das Fenster vor der Nase zu, und sank an der Mauer hinunter. Der gute Obrist von Bernhäuter faßte Muth, machte das Fenster wieder auf, und schrie ihm nach: leben sie wohl mein Bester, empfehlen sie mich ihrer Frau Liebsten, aber er hörte nichts, als ein leises brotzeln der Gänsefüße in der Pfanne, er sah wieder an den Himmel, und erblickte das Gestirn des nachmaligen großen Bärs besonders hell, er zog ein treffliches Perspectiv hervor, welches er auf der Messe gekauft, und schaute hinauf, da sah er seine ehemaligen Brüder, die Landsknechte, ganz besonders lustig, trinken und singen, bald hörte er sie seinen Nahmen nennen, sich seiner erinnern, seine Gesundheit trinken, da schrie er hinauf: Gesegne es euch Gott, und der Stern drehte sich herum wie ein Drehtopf, und alle schrieen großen Dank, und dabei flogen ihm so viele Gläser an den Kopf, daß er das Fenster schloß, zugleich fingen vor der Thüre seine gelehrten Freunde und 308

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Messalinus Cotta an, alte Töpfe zu zerschmeißen, wie das bei alten Altvorderischen Hochzeiten Gebrauch war. Solches doppelte Bombardement brachte ihn wieder zu Sinnen, er hob seine ohnmächtige Geliebte von dem Lager, legte sie einstweilen auf den Schrank, und breitete, wie er seinem Geiste versprochen hatte, die Bärenhaut über das Bett aus, worauf er sie wieder zur Ruhe brachte, und im Glauben, sie schlummre sanft, legte er sich ruhig an ihre Seite, und entschlief, plötzlich aber erweckte ihn ein entsetzliches Auweh! welches seine Gattin zu schreien anhob, Auweh! eine Ratte, eine Ratte,*) er sprang flugs mit gleichen Beinen zum Bette heraus, und suchte nach der vermaledeiten Ratte, das ganze Haus erwachte, alles suchte nach der Ratte, sie hatte in das neu seidne Kleid der Braut ein großes Loch gefressen, aber man konnte sie nicht finden, Eudoxia Rinbeckia schimpfte auch über die Bärenhaut und behauptete, darin müßte sie noch stecken. Der Bernhäuter wollte die Bärenhaut platterdings nicht wegthun, und die Braut verließ das Gemach und verfügte sich auf dem Grabe ihrer verstorbenen Schwestern bei dem schönen Mondschein zu trauern; lebe wohl schönes Gemüth!

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VIII. Der nackte Schicksalsbär, Bernhäuters Retirade in die Einsamkeit, Stiftung des Bernhäuterordens, Messalinus Cotta errichtet das Institut des süßen breiten Gänsefußes, Wallfahrt der Eudoxia zum Bernhäuter, Bernhäuters Selbstmord, Ursprung des großen Bärs. [Hierzu ein Kupfer.]

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Als der gute Obrist von Bernhäuter abermals auf einsamer Bärenhaut entschlummert war, wurde er von einer Bewegung seines rauhen Bettuchs erweckt, er tappte um sich, und hoffte etwa die sappermentsche Ratte zu erwischen, aber er erhielt einen derben Schlag auf die *) Die Geschichte von der Ratte ist der mythische Mittelpunct der herrlichen Biographie des komischen deutschen Halbgottes Schelmufski, welche leider zu lange unter der Bank gelegen, ihr Ursprung ist natürlich indischen Ursprungs, wie wir auf einen blauen Montag Morgens um halb drey Uhr zu beweisen gedenken. 309

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Hand, und sah bei dem hellen Mondschein einen nackigten Bären vor sich stehen, der ihm mit Gewalt seine Bärenhaut unter dem Leibe wegzerren wollte. Endlich, hob der Bär an, habe ich dich und die Haut gefunden, die du mir um diese Zeit vor sieben Jahren nach einer grausamen Ermordung vom Leibe gezogen; wisse, daß ich jener Bär bin, den du mehr aus Zufall als Muth erschossen hast, da du mit dem Bösen einen schändlichen Bund geschlossen, ich bin der aus dem papiernen Himmel verwiesene Bär des St. Gallus, und irre nun schon sieben Jahre herum, dich mit meinem Felle zu suchen, als du vorhin den trinkenden Landsknechten zu Warteinweil in dem Gestirne, das gesegne dirs Gott zuriefst, habe ich deine Stimme gehört, und endlich deinen Aufenthalt erfahren, nun gieb mir mein Fell wieder, ich will dir auch etwas neues sagen, deine Braut ist deine Schwester, danke dem Himmel, daß ich sie mit der Geschichte von der Ratte von deiner Seite vertrieben, in solche Commissionen hat dich der Teufel hineinreiten wollen, gehe in dich, ziehe dich zurück, thue Buße, und somit riß er ihm die Bärenhaut unter dem Leibe hinweg und verschwand. Unser Obrist krümmte sich wie ein Wurm vor Schrecken, und fing an in sich zu gehen, so weit als er hinein konnte; dann stand er auf und entschloß sich, diese Nacht noch das ärgerliche Leben im väterlichen Hauße zu verlassen, und sich in die Einöde zurück zu ziehen. Er setzte den Messalinus Cotta und die Eudoxia Rinbeckia zu Erben ein unter der Bedingung, daß sie den gelehrten Thierkreiß zu Tode füttern oder hungern sollten, dies Testament endigte er mit dem Bekenntniß, daß er für gewiß erfahren habe, wie er der Sohn des Messalinus Cotta sei, und sich jetzt wegen ärgerlichem Lebenswandel zurückziehe. Vor Tages Anbruch brach der gute Obrist von Bernhäuter auf, und zog sich unter beständigem tapfern Gefecht mit den heftigsten ihn bestürmenden Leidenschaften tief in die unzugänglichste Waldeinsamkeit zurück. Kaum hatte er dort ein wenig verschnauft, als er erkannte, daß dieß die Gegend sei, wo er einst den edlen Bären St. Galli erschossen und den bösen Bund geschlossen, er faßte den Entschluß hier zu bleiben, und als er bereits anfing, sich eine Hütte zu bauen, siehe da, da kam der Bär St. Galli mit seiner Haut daher marschirt, sie umarmten sich herzlich. Ich will hier ein Einsiedler werden, sprach der Bernhäuter, und ich will hier, wo du mich erschossen, begraben werden, sprach der Bär, sieh, wir wollen uns einander helfen, grabe mir ein Loch, so will ich dir Holz zu deiner Hütte zusammentragen, Holz tragen kann ich ganz prächtig, das habe ich einst St. Gallo auch gethan. Nun grub der 310

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gute Bernhäuter sehr ämsig, und der Bär schleppte das Holz herbei. Als es Abend war, sprach der Bär: Nun mein Freund will ich mich hinein legen, ich verzeihe dir deinen Mord an mir von Herzen, denn dadurch bin ich nicht unter die gelehrte Thiergesellschaft gekommen, sondern werde jetzt als ein Stern an den Himmel versetzt, zum Beweiße unsrer innigen Versöhnung, laß uns Kleider wechseln, ich gebe dir die Bärnhaut zurück, gieb mir deine Husaren-Uniform mit ins Grab, auch sage ich dir, daß du in Jahr und Tag, so dir geschehen ist, wie mir geschah, zu deinen Brüdern nach Warteinweil kommen wirst. Nun wechselten sie Kleider, und der treffliche Obrist bestattete seinen Freund in der schönen Husarenuniform zur Erde, da er ihn eingescharrt hatte und mit Thränen benetzt, fuhr ein Glanz nieder und wieder auf, es war die erste Sternschnuppe und sieh da, das Gestirn des kleinen Bärs schimmerte über dem Hügel. Der gute Obrist warf die Bärenhaut um, eine wunderbare Fröhlichkeit entzückte ihn, und er tanzte auf dem Hügel seines Freundes, wozu die Nachtigall sang nach der Melodie: Da droben auf dem Hügel Wo die Nachtigall singt, Da tanzt der Einsiedel, Daß die Kutt in die Höh’ springt. Messalinus Cotta und Eudoxia Rinbeckia fanden das Testament, und er erinnerte sich jetzt seines Sohnes, der in Kaiser Siegmunds Feldschlacht geblieben war, er schickte ihm überall Steckbriefe nach, aber umsonst. Leider verschwanden die Schätze, sobald der Teufel erfahren hatte, daß der Bernhäuter seinen Bund gebrochen. Den Thierkreiß hatte Messalinus auf dem Hals, er begann nun, um ihn zu benutzen, eine Zeitschrift, welches die erste war, unter dem Nahmen der süße breite Gänsefuß (wird im 24 Guldenfuß bezahlt) sie erhielt allen gemeinen Beifall, und obschon Messalinus Cotta um die Schätze des Bernhäuters gekommen war, so hielt er als ein trefflicher edler Uneigennutz, die Verpflichtung, die Animalia scribacia tod zu füttern oder zu hungern, treulich. Sie schrieben und hungerten sich an dem Gänsefuß nach und nach zu tode, aber Messalinus Cotta zog sich immer neue unter dem Präsidium der Füchse nach, und so hatte der Gänsefuß Bestand. Einstens machte Eudoxia Rinbeckia mit dem Thierkreiß eine Wallfarth nach einem Einsiedler, von dem sie gehört, und den sie in 311

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Verdacht hatte, es könne der verlohrne Bruder sein, und sie fanden ihn, und lasen ihm den süßen breiten Gänsefuß vor, aber er wiederstand ihren Lockungen, in das väterliche Haus zurückzukehren, trat doch als beständiger Mitarbeiter dem süßen breiten Gänsefuß bei. Sie verließ ihn, um ihn nie wieder zu sehen, denn nachdem sein Ruf sich weit und breit ausgedehnt, als er großen Anhang erhalten und die Bernhäuter die Welt anfüllten, aber gänzlich ohne Bärenhaut herumzogen, und seine Statuten profanirten, schoß er sich mit einer großen Hollunderbüchse, welche in seinem Garten gewachsen, tod. Ruhig zog er nun vor den papiernen Kalender-Himmel, St. Peter wollte ihm aber nicht glauben wegen der Lüge mit dem Hasenherz, und so brachte ihn dann der kleine Bär nach Warteinweil in der Landsknechte Himmel, den er zu aller Bärnhäuter Himmel erhob, und ihm den Nahmen des großen Bären gab.*)

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*) Kutzbutzia soll Merkeliam und Rinbeckiam mit der Moskowitischen Lazareth-Krankheit angesteckt haben, deren Hauptsymptom ein Bart mit einer eisernen Stirn ist. 312

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Der Königssohn und die Schäferin.

Zweiter Reihen. (Beschluß.) 5

Nun soll ich sagen und singen Von Trommeten und Schwerderklang, Und hör’ doch Schallmeien klingen, Und höre der Lerchen Gesang. Nun soll ich singen und sagen Von Leichen und von Tod, Und seh’ doch die Bäum’ ausschlagen Und spriessen die Blümlein roth. Nur von Goldmar will ich melden, Ihr hättet es nicht gedacht: Er war der erste der Helden, Wie bei Frauen so in der Schlacht. Er gewann die Burg im Sturme, Steckt’ auf sein Siegspanier; Da stieg aus tiefem Thurme Der alte König herfür. „O Sonn’! o ihr Berge drüben! O Feld und o grüner Wald! Wie seid ihr so jung geblieben, Und ich bin worden so alt!“ Mit reichem Glanz und Schalle Das Siegesfest begann; Doch wer nicht saß in der Halle, Das nicht beschreiben kann. 314

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Und wär’ ich auch gesessen Dort in der Gäste Reihn, Doch hätt’ ich das Andre vergessen Ob all dem edeln Wein. 5

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Da thät zu Goldmar sprechen, Der königliche Greis: „Ich geb’ ein Lanzenbrechen, Was setz’ ich euch zum Preis?“ „Herr König, hochgeboren, So setzet uns zum Preis, Statt goldner Helm und Sporen, Einen Stab und ein Lämmlein weiß!“ Um was sonst Schäfer laufen In die Wett’ im Blumengefild’, Drum sah man die Ritterhaufen Sich tummeln mit Lanz und Schild. Da warf die Ritter alle Herr Goldmar in den Kreis, Er empfing bei Trommetenschalle Einen Stab und ein Lämmlein weiß. Und wieder begann zu sprechen Der königliche Greis: „Ich geb’ ein neues Stechen, Und setz’ einen schönen Preis.

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Wohl setz’ ich euch zum Lohne Nicht eitel Spiel und Tand, Ich setz’ euch meine Krone Aus der schönsten Königin Hand. Wie glühten da die Gäste Beim hohen Trommetenschall! Wollt’ jeder thun das Beste, Herr Goldmar warf sie all. 315

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Der König stand im Gaden Mit Frauen und mit Herrn, Er ließ Herrn Goldmar laden, Der Ritter Zier und Stern. Da kam der Held im Streite, Den Schäferstab in der Hand, Das Lämmlein weiß zur Seite An rosenfarbem Band. Der König sprach: „Ich lohne Dir nicht mit Spiel und Tand, Ich gebe dir meine Krone, Aus der schönsten Königin Hand.“ Er sprach’s, und schlug zurücke Den Schleier der Königin, Herr Goldmar mit keinem Blicke Wollt’ sehen nach ihr hin. „Keine Königin soll mich gewinnen, Das Lämmlein und den Stab. So mög’ euch Gott behüten! Ich zieh’ ins Thal hinab.“

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Da rief eine Stimm’ so helle, Und ihm ward mit einem Mal, Als sängen die Vögel am Quelle, Als glänzten die Blumen im Thal. Die Augen thät er heben, Die Schäferin vor ihm stand, Mit reichem Geschmeid’ umgeben, Die blanke Kron’ in der Hand. „Willkommen, du viel Schlimmer, In meines Vaters Haus! Sprich! willst du ziehen noch immer Ins grüne Thal hinaus? 316

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So nimm doch zuvor die Krone, Die du mir ließest zum Pfand! Mit Wucher ich dir lohne, Sie herrscht nun über zwei Land.“ 5

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Nicht länger blieben sie stehen Das Eine vom Andern fern. Was weiter nun geschehen, Das wüßtet ihr wohl gern. Und wollt’ es ein Mädchen wissen, Der thät’ ichs plözlich kund, Dürft’ ich sie umfahn und küssen Ihren rosenrothen Mund. Ludwig Uhland. (Bei diesem Blatt ein Kupfer.)

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29. Juni.

De neegen oolen wisen Süstern (Musen) De seeten vor un achter em, (Apoll) Un schrauen dör de grooten Nüstern Mit aapnen Hals un luder Stemm. (Hochzeitslied von Richey.)

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Die Sonnettenschlacht bei Eichstädt. Jenaische Literaturzeitung. Junius 1808 Nr. 128 – 31.

Entsetzlichkeiten sind vorgefallen, haaransträubende, himmelanschreiende, höllenabfahrende, gebeinzermalmende, herzzerreißende, bluterstarrende, cannibalenwürdige, menschenwürgende thränenvorlockende, abscheuliche Begebenheiten haben sich ereignet. Das hat Mars uns bedeutet, der so blutroth und zornig eine Weile her am Himmel gestanden, das hat der Comet uns gebracht, der auf einmal so stille wie ein Dieb fortgeschlichen, und doch haben unsere Astronomen mit ihren theuern Instrumenten nichts herauspractizirt. Ohne eine Warnung ist das ganze Geschlecht der Sonette überfallen und schmälig in die Pfanne gehauen, und mit Stumpf und Stiel in einer Action ausgerottet worden. Die Geschichte ist ausser Athem zur Expedition gelaufen gekommen, und hat die Sache folgendermaßen erzählt. Mit dem Anbruch der Morgendämmerung des Juny ist ein erschrecklich großes Heer von Hexametern und Pentametern, von Jamben, Trochäen und Anapästen, saphischen und alkäischen Oden, anakreontischen abgedankten Liedern und großen jonisch epischen 318

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Schweinkopfphalanxen ausgerückt, angeführt vom großen Mohrenkönig Tamerlano, und haben alle mit großem Geschrey das Blut der Zwerge von ihrem König verlangt, sagende es sey ein unnütz Volk, und der Vogel Phönix sey nicht unter ihnen, und sie seyen zu lang für die gehörige Kürze und zu kurz für die ordentliche Länge, und drum taugten sie nichts, und es sey schändlich von der Natur, daß sie solch unnütz Geheimniß gemacht habe. Der schwarze König hörte das recht gern, denn er hatte längst schon einen Haß auf die kleinen Tönnchen geworfen, und meinte, sie seyen alle tieckisch, und da konnte er sie in der Seele nicht leiden, weil er selbst bekanntlich antikisch ist. Sind dann auf das Geschrey der Riesen die armen Zwerge zusammengegangen, und haben Rath geschlagen, und Gesandte geschickt, und um Pardon gebeten für sich und ihre schwangeren Weiber, beym Herrn Urian, beweglich vorstellend, sie seyn zwar nicht von großer Statur und Leibesgröße, aber sonst doch von geraden und gesunden Gliedern, was ihre Gestalt beträfe, so gäben sie zu bedenken, daß sie so kunstreich ciselirt und gearbeitet wären, wie einer unter den ehrenwerthen Herrn, die nach ihrem Blute dürsteten, bäten daher schönstens, sie mit derley ungebührlichen Grobheiten zu verschonen. Die antikischen Versler aber wurden fuchswild, und haben die kleinen Abgesandten entsetzlich angefahren, und ihnen gesagt, sie wollten sie dreymal in Schubsack stecken und wieder heraus, dazu seyen sie capabel, und es habe sie der Heidengott geschickt, sie sollten Session halten und Landgedinge, und das kleine Geschmeiß ausrotten. Es sey demnach keine Barmherzigkeit, und sie sollten über ihr Zeitliches und Ewiges Vorsehens haben, waren also die Zwerge in großer Angst und Noth, und schickten um Succurs ins romantische Land, dort waren sie aber alle in der Traubenlese begriffen, und mußten die Weinberge hüthen gegen Hasen und Füchse, kamen also die Deputirten unverrichter Sache zurück. Beschlossen also sich zu wapnen, und ritterlich sich zu wehren für ihr theures Leben, ehe sie sichs aber versahen, war der Wüterich schon mit seiner Schaar von Fliegdrachen eingetroffen, und hat nun ein dermaßen Blutbad unter den unbewehrten Kleinen angerichtet, daß vom Widerschein der rieselnden Ströme am Himmel Seebrand entstanden, den man sogar hiesigen Orts auf der Sternwarte gar deutlich vernommen, sammt dem Geröchel der Sterbenden. Vier Tage dauerte das Gemetzel, wie Schneeflocken hat man die Leichen nicht zählen können, und es ist ein Berg geworden, aus dem von nun an das rothe Meer seinen Ursprung nehmen wird. Augenzeugen versichern, 319

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daß die Begebenheit mit nichts als dem bethlemitischen Kindermorde verglichen werden könne, so groß sey das Gewimmer gewesen, und das Zetergeschrey, und wie Herodes habe der Entsetzliche verhärteten Herzens gewüthet und geschlachtet als ein Türke. Aber nicht ungerochen sind die armen Unschuldigen gefallen, gleich anfangs ist dem Feldmarschall sein bester Läufer, eine Moloßus unterm Leibe erschossen worden, darauf wie des Blutes immer mehr geworden, das um Rache schrie, hat der Himmel sich erbarmt, und es ist groß Wunder zu sehen gewesen. Alle die zu Stücke gehauenen Sonette, sind wieder lebendig worden, als Epigramme, ein einzig Klingding hat oft tausend Stechdinger gegeben, und die erboßt und erbittert im Herzen, sind nun alle auf den grausamen Fetzer losgefahren, und haben ihn dermaßen mit ihren Stacheln accomodirt, daß er seinem Moloßus nachgefahren ist. Haben sich dann auf die saphischen Oden geworfen, und sind lästerlich mit ihnen umgegangen, und nehmen die Bestien nun gar keine Raison an, und wüthen fort unter den Feinden, und ist zu besorgen, daß nun der all zu vielen Leichen von beyden Seiten wegen, eine Pestilenz entstehen möge. Aber die Nation der Sonette ist ein für allemal ausgerottet. Nur ein Einziges ist davon gekommen, ein armes Waysenkind, dessen Vater ein Grieche vor zweytausend Jahren gestorben ist, während die Mutter glorreich in der Schlacht sich verblutet hat. Das arme Kind, eine wundersame Creatur, ist ganz nackt und erfroren, und zitternd vom Schlachtfeld weggelaufen, und ist in einer Guitarre oder Korset glücklich durch die Vorposten gekommen.

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Der Einsiedler und das Klingding, nach der Schlacht bei Eichstädt.

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Ein Clairobskür für die Lesewelt, Seitenstück zu Fritzchens Reise durchs A B C. Der Schauplatz ist bey Eichstädt in Thüringen.

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(Inneres einer Einsiedlerzelle, deren Architektur nach der Ballenschnur aus Makulatur, seine Kutte besteht aus Korrectur, sein Betstuhl aus Litteratur, und er selbst aus Natur, man hat die Aussicht durch sein Fenster auf ein entferntes Schlachtfeld, und hört das Getöse einer Schlacht, welches jedoch ganz wie das regelmäßige Geräusch einer mähenden Sense (alt Zense censeo recensiren) klingt, dann und wann wird die Sense gedengelt, während dem hört man unsäglich viel zerbröckelte Jammerstimmen von lauter sterbenden Vierlingen und Drillingen, meistens Mädchen, sie reimen sich alle unter einander, und klingt das ganze wie ein kunterbunder Wunder-Zunder, der in einer Dunstkunst Brunst zerzischet, dann erhebt sich wieder der Sensenstrich mit Juchhei und Heiderlei, Schwärme von Klingding Singer Seelchen ziehen durch die Luft, die Sonne neigt sich zum Untergang, das Ganze ist alles von Stuckatur, und wer am letzten lacht, der lacht am besten.) [Der Einsiedler tritt von seinem Fenster.]

Sonnet.

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Klingdinger Seelchen seh ich gleich ägyptschen Plagen In Mückenwolken, die er scheut, die Sonn umspielen, Als wollten sie schon todt, den Punschwunsch doch erzielen, Die Morgenröthlichkeit der Zukunft anzusagen.

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Zu viele fraß der Feind für seinen schwachen Magen Die Seelen zwicken ihn von tausend Gänsekielen, Die am Heuschreckenstag durch seine Sense fielen, Sich steifling geistlos mat der Heiden Schach wird schlagen. Laßt das Gypskrokodill still am Idyllennile Herodisch schlummer steif im Mückenmord erstarren, Beim Heumondneumond schleicht Ichneumon ihm in Rachen. Zu den perplexsten Aexten finden sich auch Stiele, Wir stilisiren sie aus Knarrer Pfarrer Sparren Und wachen, lachen ob dem schwachen zachen Drachen.

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Sonnet. Aber ich will noch nicht ganz verzagen Es werden die kleinen Reimdinger, Die süßzuckerichten Gedankenzwinger, Diese Karfunkel mit Honigseim Schlinger, Wohl nicht all von einem Krankenfinger, In einem Tage seyn erschlagen. Ich will ein Siegesliedlein ins Hackbrett schlagen Damit die winzigen Martyrkronenringer, Die Reimgeleimten drei Königsbohnensinger Die Glaubtraubschraubenden Kreuzthyrsusschwinger, Wie ächte Kreuzluftsvögeleinsluftspringer, Sich die Klingdinger in dem Tod betragen. Kein klein Gebein soll unbegraben ragen, Daß wenn ein Fabelknochen pochen wollt und fragen: Welch Sönnlein hat dich Froschleichleichenbein gebleichet? Solch Klingding nie schamröthlich Antwort reichet: „Ich war Sonnet, und sonnte mich so nette Weil ich ein Sonnensohn und so ohn Bette.“

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[Er spielt das Hackbrett und singt:]

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Auf Triumph es kömmt die Stunde Da sich Zion die Geliebte, Die Betrübte hoch erfreut, Babel aber geht zu Grunde Daß sie kläglich über Jammer, Ueber Angst und Kummer schreit. Diese Dirne hat beflecket Ihr geschenktes, schön geschmücktes, Jungfräuliches Ehrenkleid, Und mit Schmach und Hohn bedecket, Die dem Lamme auf die Hochzeit Ist zum Weibe zubereit.

Einsiedler.

Es pocht, ich fasse Muth, wer da? mir will schier grausen Μω ν οι σθα κει νον ι μερον κρα τιστον

(Aristokratensohn, sagt er) aus welchem Lande? Του παιδιω δους ϕιλτα του τ’ α γω νος,

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Griechisches Sonnet.

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Stolze Dirne nicht verweile Die da auf den vielen, vielen, Vielen großen Wassern sitzt. [Es pocht an der Thüre.]

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(Er sagt, bei dich, o thus, viel da) – gewiß die Heidenbande ’ÂΕρωτος ου περ πλειστο ς ’εστιν ωνος (Herodes nennt er sich) mein Herr o bleib er draußen. Καρπουμε νοισι χαρμα των με γιστον. (Er klagt er sei gar matt) Hier giebt’s kein Kind zu schmaußen Φιλημα των γαρ ει δι δωσι μισθο ν, Ja Mißton viele matt Ton zierknarrt er im Sande Ου ’γω ϕθονη σω τω κλε ει Πλα τωνος,

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Oft äß’ er und sein Kleeblatt Kleie ich verstande Ου ’γω ϕθονη σω τοις θεοις αιωνος˙ Ich mische mich nicht drein, drum weicht von diesen Klausen. Παις γαρ ϕι λη πα ντων καλων α ριστον.

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Ja ja, gar viele Band ohn, kahl ohn, er ist ohne,

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Ja prost! ich kenn dein bieder Prost, dein kindlich Eiei, Των ηδονων ε τ’ ουδε ν εστι καλο ν˙ Im Weihnachtskuchen schnappst du nach der Königsbohne. ’ÂΑλλως δε πυρ την καρδι αν με κα ει.

In derlei Heuderlei leg Osterhaas dein Maiey, ’Εν ου λυτοις δεσμοισι κα ρθ’ εα λων˙ Des Moisis Garten selbst trägt keine Wünschelruth dir ’ÂΩ ’νερ, τι καυχα ταις ϕρεσιν μαται αις, O närrscher Matheis, Glatteis ist, sei auf der Huth hier. Ειλημμε νος ταις ϕροντι σιν κραταιαις;

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Eisbrei sei Reisbrei! ei, Breieis reiß schnell von hinnen, Greep Mücken Hempken greeper mit den andern Spinnen. (Das Griechische Sonnet lacht hier über laut auf deutsch, der Einsiedler erstaunt, und bittet es herein zu kommen, er öffnet die Thüre, das Griechische Sonnet hat einen Wolfspelz um, hält sich die Augen mit den Händen zu, und geht rückwärts herein, während es sich übersetzet.)

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Einsiedler. Sonnet.

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ΦευÇ προ σθ’ ο πους α γει με, προ σθεν αει ˙

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Ei seht mir doch den tollen Schelm von hinten O kennst du jenes mächt’ge Sehnsuchtsleiden In Wolfshaut will das Böcklein sich verhüllen, Nach tändelhaftem allerliebsten Streiten, Und weiche Reime ihm die Zipfel füllen Worin des Eros Sold und Minnebeuten, Ei! Ei! der erste Vierling will sich finden Des Freudepflückers aller Seligkeiten. 324

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Komm her, du Maskenäffchen, laß dich schinden, Und will der Küsse Lohn er mir bereiten, Ja, schlage nur nicht aus du griechisch Füllen, Mag Platons hohen Ruhm ich nicht beneiden, Sprich nicht so golden, Fließ, du bist ja wüllen, Und nicht der Götter seelge Ewigkeiten, Den zweyten Vierling seh ich her sich winden, All Gut schwindt an geliebter Mägdlein Seiten. Ach liebes Kind wie schön steht Eigenlob dir! Ach vorwärts treibt der Fuß mich immer vorwärts! Doch dreh dich erst herum, sonst gehst du Thorwärts, Den Freuden alle Schönheit ist vergangen. Glaubs gern, wenn erst ein Drilling sich entschob dir, Umsonst in Feuer loderst du empor Herz! Der artge Drilling trillert süßen Ohrscherz, Unlößlich harte Banden mich umfangen O trillre dich herum, trill mich nicht weiter, O Mann, was rühmst du dich mit eitlen Sinnen, Der zweyte Drilling, ach du bist’s mein Christian Schneider. Da mächt’ge Sorgen fesselnd dich umspinnen. Und der Schelm drehte sich herum und umarmte den Einsiedler. Es war seine Geliebte, sie hatte sich von Christian Schneider in Berlin ein griechisches Sonnet (eine Art Corsett) und zwei Vierlinge und zwei Drillinge machen lassen, um in diesem Costüme sicher über das Schlachtfeld von Eichstädt zu kommen, wo die Klingdinger am – – – in die Pfanne gehauen wurden, und so hat das kühne Mädchen ihren frommen Geliebten überrascht, sie sind jetzt verheurathet, und alle ihre Kinder sollen wieder Vierlinge und Drillinge werden, und jedes ein Klingding seyn, da nun jed Klingding zwei Vierlinge hat und zwei Drillinge, so wird in dem ersten Wochenbette der Staat einen Gewinn von acht Vierlingen und sechs Drillingen und etzetera haben.

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Buchhändler-Anzeige. In wenigen Tagen erscheint die Geschichte des Herrn Sonnet und des Fräuleins Sonnete, eine Romanze von L. A. von A r n i m , sie ist ein Anhang zu den Sonneten in der letzten Ausgabe von Bürgers Werken, und erzählt in neunzig Sonneten, wie Herr Sonnet die Sonnete kennen lernte, wie er zu dem Vater in die Lehre ging, und um sie warb, wie ihm Herr Ottav in die Quer kam, und auch um sie warb, wie dieser abgewiesen ward, wie Herr Sonnet sein Freulein Sonnete aus dem Feuer rettete, und sie darauf heurathete, wie Herr Ottav sich mit der Schwester der Sonnete, Fräulein Terzine begnügte, und sie förmlich heurathete, wie diese unglücklich und jene glücklich, nachdem Herr Sonnet sich das viele Trinken abgewöhnt, lebten, und endlich allesamt starben, worauf sie begraben wurden.

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Zeitung für Einsiedler. Juny – Heft 1808.

Mit zwey Kupfertafeln.

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Ein Kurzweilig Gespräch, zweier jungen Kauffherren, so in frömbde Landt gereiset, wie man sie an den Herbergen empfangen vnd gehalten habe, mit Anzeigung der Teutsch vnnd Welschen Wirdten gebreuch vnnd manier. Zur Vergleichung der deutsch- und italiänischen Sonnette.

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Die Personen diß Gesprächs: Berthulphus vnnd Wilhelmus. B e r t h u l p h u s . Wie kompt es doch, das sich der mehrer theil zwen oder drey tag zu Lyon versaumen vnd aldo verharren? Ich wann ich einmal auff den weg komme, so ruhe ich nicht mehr, biß ich an das ohrt komme, dahin ich mir fürgenommen zu reisen. W i l h e l m u s . Ich aber verwunder mich vil mehr, wie einer dadannen gebracht werden möge. B e r . Lieber aber warum. W i l . Darumb das diß ein ohrt ist, daruon auch deß Ulysses gesellen nicht gebracht werden mochten, es wonen daselbst die Syrenen. Es wirdt niemandt daheim in seinem hauß so wol gehalten, als da in einer offen Herberg. B e r . Was beschicht dann einem aldo? W i l . Es stünde allzeit bey dem Tisch etwann ein weib, welche das malzeit mit schimpff vnnd zierlichen reden frölich machte, Es ist daselbst ein sonder glück, von schönen gestalten der weiber, Erstlich kam zu vns die haußmutter, welche vns grüssete, vnd sprach, wir solten frölich sein, vnd mit dem jenigen, so vns fürgesetzt, für gut haben, deren folgt nach die Tochter, ein schön weib, mit solchen zierlichen sitten, vnnd freundtlicher rede, das auch den Catonem selber het mögen erfrewen, Sie reden auch nicht als mit vnbekanten Gesten, sonder als mit denen die sie vor langest erkennt vnd als mit jren guten freunden. B e r . Ich lob des Welschen volcks freundtligkeit. W i l . Dieweil aber dise nicht allzeit zugegen kondten bleiben, derhalb das sie andere geschefft im hauß zu verrichten hetten, vnd die andern Gest auch grüssen müsten, stunde stäts zugegen ein junges Meidlin, zu allem schimpff vnderwiesen, das kondte einem jeden auff sein rede gnugsamen bescheid vnd antwort geben, erhielte also das gespräch, biß die Tochter wider kam, dann die mutter was 328

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eines gestandenen alters. B e r . Was war aber doch zugerüst vnnd gekochet, dann mit Fablen oder geschwätz wirt einem der bauch nicht voll. W i l . Fürwar gantz köstlich, also das mich verwundert, wie sie die Geste umb ein so gering gelt halten könden, Weiter nach der malzeit, belustigen sie den menschen mit zierlichen schönen Fablen, damit kein verdruß einfalle, vnd sie desto frölicher seyen, Es dauchte mich ich wäre daheimen vnd nicht vber feldt. B e r. Wie aber in den schlaffkamern. W i l . Da waren allenthalben etlich schöne Jungfrawen, die lachten, mutwilleten, spilten, vnd für sich selbs bathen sie vns, so wir etwan vnsaubere kleider hetten, die wäscheten sie vns, vnd gewäschen gaben sie vns die wider, Wz soll ich vil sagen? Wir haben aldo nichts gesehen dann schöne Jungfrawen und frawen, dann allein im stal, wiewohl dahin auch zum offtermal schöne Jungfrawen kommen, die hinreisenden vmbfahen sie, vnd mit solcher freundtligkeit schicken sie die von jnen, als ob sie alle ihre brüder wären, oder sonst jre nahe verwandten. B e r . Villeicht ziemen sich solche sitten den Welschen, mir aber gefallen mehr des Teutschen Landts sitten als die Mannlicher seind. W i l . Ich hab noch die gelegenheit nie gehabt das ich hett mögen das Teutsche Landt besehen, darumb bitt ich dich, du wöllest vnbeschwerdt sein, mir zuerzelen mit was weiß sie jre Gest empfahen. B e r . Ob es allenthalben einerley weiß sey, mit haltung der Gesten, das weiß ich nicht, Aber was ich gesehen, das will ich dir erzelen, den kommenden grüßt niemandt, damit man nicht gedencke sie begeren des Gasts, dann sie achten diß vnflätig vnd verwürflich sein, vnd das sichs der Teutschen ernsthafftigkeit nicht gebüre, Wann du nun lang vmb dich schreyest, so stoßt etwann zu letst einer den kopff zum stuben fenster auß, (dann darinnen ligen sie gewonlich biß in Früling,) nicht anderst dann wie ein schneck auß seinem heußlein gucket, dene muß man aller erst fragen, ob er da dörffe einkeeren, wann er dirs nicht abschlecht, so merckest du alsdann dz du platz da hast, Fragt einer wo der stall sey, so zeigt er dir den mit der hand, daselbst magst du dein pferdt nach deinem willen halten, dann es legt kein diener die hand da an. Ist es aber etwann ein herrlichere Herberg, da zeigt dir ein diener den stall, vnd ein ort aber deinem pferdt ganz vnbequem, dann je den geschicktesten platz behalt man für die so hernach kommen, fürnemlich für die Edlen, Beredest du es oder straffest etwas, so hörstu von stund an, gefalt es dir nicht, so such ein andere Herberg, inn Stetten gibt man das Höw gar kümerlich, vnd dessen zumal gar wenig, Verkauffens auch nicht geringer dann den Habern selbs. Wann du 329

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dann also dein pferdt versehen hast, so zeuhest du mit aller deiner rüstung inn die stuben, mit stiffeln, bulgen, koth, vnnd dieselbig stub ist allen gemein. W i l . Bey den Welschen zeigt man ein kamer, da man sich außzeuhet, seubert, wermet, oder auch, so es jemanden gefallet, ruhet. B e r . Da ist nichts deßgleichen, In der stuben zeuhest du die stiffel auß, legst deine schuh an, verenderst, so du wilt, das hembdt, die nassen kleider henckst du in der stuben auff, vnd sitzest zum ofen, biß du ertrucknest, es ist auch ein wasser bereit, wo es dir gefalt die hende zu wäschen, aber den mehrern theil so sauber vnd rein, das du hernacher ein ander wasser suchen must, damit du diß wider abwäschest. W i l . Ich lob soliche Menner, die nicht mit solchen weibischen dingen vmbgangen. B e r . Kompst du dann in die Herberg nach mittag vmb vier vhren, so wirst du dannocht vor den neun oder auch etwann vor zehen vhren nicht zu nacht essen. W i l . Warumb? B e r . Man rüstet nichts zu, man sehe dann die Gest alle, damit in einer arbeit allen gedienet werde. W i l . Sie machens kurtz. B e r . Du sagst recht daruon, derhalben so kommen offt in ein stub zusammen, etwann achtzig oder neünzig zu fuß, zu Rossz, Kauffleut, Schiff vnn Fuhrleut, Bawrsleut, knaben, frawen, gesunde vnd krancke. W i l . Da ist wol ein Spital. B e r . Einer strält das haupt, der ander wüscht den schweiß ab, ein anderer seubert die Bawren schuch oder stiffel, ein anderer lasset ein reubtzen von knoblauch, Was darffs vil wort, da ist nicht minder der sprachen vnd personen zerströwung, als etwann bey dem Thurn zu Babel. Sihet man dann einen von frömbder Nation, der mit der zierd etwas fürtreffelichers sey, so schawen sie alle ganz ernstlich auf denselben, als ob etwann ein frömbder auß Affrica her gebracht sey, Auch so man zu Tisch gesessen, keeren sie das angesicht an rucken, vnnd sehen den stäts an, wenden auch die augen nicht von jm ab, also das sie auch der speiß vergessen. W i l . Zu Rom, Pariß vnd Venedig verwundert man sich keins dings. B e r . Es will dir auch nicht gebüren etwas zu forderen, wann es dann sehr spat ist, vnd man vermeint es werden nicht mehr kommen, so kreucht herfür ein alter knecht, mit einem grawen bart, beschornen kopff, krummen gesicht, wüsten schmutzigen kleidern. W i l . Solche solten den Cardinälen zu Rom zu Tisch dienen. B e r . Der keeret die augen hin und wider, zelet also still, wie vil in der stuben seyen, vnd je mehr er sihet darin- nen sein, so vil desto mehr wermet er den ofen, ob gleich wol sonst die Sonn mit hitz vberlestiget ist, Das ist bey jnen fast der beste theil jres wohlhaltens, wenn jedermann von schweiß zerfliessen möchte, welcher dann der 330

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hitz nicht gewonet, vnnd etwann das fenster ein wenig auffthut, das er nicht ersticke, von stund an höret er, thu zu, Sagest du dann, ich kans nicht leiden, so hörest du widerumb, Ey so such dir ein andere Herberg. W i l . Es dunckt mich aber nichts gefahrlichers sein, dann das jren so vil einen dampff in sich fassen, sonderlich so der ganz leib geöffnet, (das ist, das die schweißlöchlein von wegen der embsigen bewegung geöffnet,) vnd an solchem ort die speiß nehmen, vnd etlich vil stunden da verbleiben. Ich vnderlaß jetzund das auffstossen von knoblauch, die fürtz, faule dempff, Vil seind die verborgene kranckheiten an jhnen haben, vnnd ist kein kranckheit die nicht etwas erblichs habe: Es seind auch vil mit den Hispanischen Blatern, die man die Frantzosen nennet, behafft, wiewol dise allen Nationen gemein seind, Vor disen, glaub ich seye sich nicht minder zu hüten, dann vor den Außsetzigen, jetzund raht du, was für grosse gefahr sey zur zeit der Pestilentz. B e r . Es seind starcke Männer, so dise ding verlachen vnd verachten W i l . Sie seind aber hie zwischen starck, mit ander leut gefahr vnd schaden. B e r . Was woltest du thun, sie habens also gewohnet, so steht es auch einem standhafftigen gemüt zu, von seinem fürsatz vnd angenommnen gewohnheit nit zu weichen. W i l . Es ware auch vor fünff vnd zwentzig jaren bey den Brabändern nichts angenemers, dann die warmen Bäder, die sind vnd ligen jetzund alle erkaltet, Dann die newe raude hat vns gelehrnet daruon abzustehen. B e r . Lieber horch doch weiter. Darnach so kompt der gebartet Ganymedes, legt die Tischtücher dar, so uil er gedenckt der zal genug sein, Aber o Gott wie rein, du sagtest es weren tücher von einem Segelbaum gerissen, er ordnet auch einem jeden Tisch zum wenigsten acht Gest, als dann welche den Landtsbrauch wissen, die setzen sich wo es einem jeden gefellig, dann es ist da kein vnderscheid zwischen den Armen vnd Reichen, dem Herren und knecht. W i l . Diß ist die alte gleichheit, welche allein die Tyranney aus disem zeyt hinweg gethan, Ich achte Christus habe also mit seinen Jüngern gelebt. B e r . Nachdem sie sich alle zu Tisch gesetzt, so kompt der schel Ganymedes wider herfür, und zelet abermal seine gesellschafft, bald kompt er herwider legt einem jeden ein schindelteller für, vnd ein löffel gleich auß dem selbigen silber gemachet, dar nach ein gläsin trinckgschirr, vber ein klein weil hernaher das brodt, dasselbig seubert jme ein jeder selbs für die lange weil, biß man die suppen kochet: Also sitzet man zun zeiten garnach ein gantze stund. W i l . Begert vnd fordert hiezwischen kein Gast der speiß? B e r . Keiner der des Landes 331

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brauch vnd gewohnheit in wissen hat, Zu letst setzt man auch den Wein dar, Ach güttiger Gott, wie ist der so gar nicht geschweblet, Es solten etwann vor zeiten die gelehrten kein andern Wein getruncken haben, so zart vnnd scharpff ist er: Wo dann etwann ein Gast, auch vmb sondere bezalung begert, das man jhme anderstwo her eines anderen weins bringe, so thun sie erstlichs gleichsam, als ob sie es thun wolten, aber mit einem solchen krummen vnnd scheutzlichen gesicht, gleich als ob sie einen vmbbringen wolten, Beharrest auff deinem fürnemmen, so geben sie dir zu antwort, Es haben hie souil Fürsten vnnd Herren einkeert, vnnd deren keiner hat ab meinem wein klaget, gefalt er dir nicht, so such dir ein ander Herberg, Dann sie halten allein die Edlen ihres Landes für Menschen, vnd deren Schilt vnd Wappen zeigen sie allenthalben. Nun zum ersten tregt man für ein Suppen, welche man dem hungerigen Magen fürschüttet, gleich darnach kommen mit grossem hoffieren die teller, gemeinlich setzt man zum ersten ein fleischsuppen dar, oder so es an einem Visch tag ist, ein brühe von gemüß, darauff ein andere brühe, darnach etwz von wider gekochtem fleisch, oder gewermbtem pfeffer, auff diß wider etwas in einer brühe, bald darnach etwas vesterer oder harter speiß, biß das man, wann der bauch gnug gesettiget, auch das gebrattis auffstellet, oder gebraten Fisch, welche du gar nicht verachten kannst, aber an dem ort seind sie theuer, vnd hebt man sie auch geschwind auff. Auff dise weiß halten sie verenderung der speiß in den Zechen, gleich wie die Comedyspiler, etwann zwischen den Sprüchen ein danz einmischlen, also verendern dise die suppen vnn gemüß oder brühen: Da sehen sie aber das die letst tracht die beste sey. W i l . Vnd diß gehöret auch einem guten Dichter zu. B e r . Das were aber gar ein grosse sünde, wann etwann einer sagte, thu dise blatten oder teller hinweg, es isset doch niemandts, Da muß man sitzen bis zu gelegner vnd bestimpter zeit, welche, als ich gedenck, sie mit einem stundtglaß außmessen, Zu letst kompt der Barthanß oder der Wirdt selbs, welcher in der kleidung wenig vnderscheiden von seinen knechten, der fragt wie wir leben, bald bringt man ein anderley weins der vmb etwz bessers sol: Die haben sie aber sonderlich lieb, so wol trincken mögen, dieweil der jenig so vil Wein getruncken, nicht mehr zalet, als der so gar wenig getruncken. W i l . Was wunderbarlichen volcks? B e r . Es sind auch die zu zeiten zweimal sovil in wein verthun als sie sonst für die Zech bezalen: Aber ehe dann ich diß Malzeit ende, ist ein wunder zusagen, was da für ein gethümmel vnd geschrey, wann jedermann anfahet des 332

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weins entpfinden vnd erwarmen, was soll ich sagen? da hört niemandt nichts. Offt mischen sich da ein schalcksnarren, wiewol nun solche leut nit genug zuuermeiden, kannst du doch nicht glauben, wie die Teutschen solche so gar gern vmb vnd bey sich haben. Dise machen mit jrem singen, schwetzen, geschrey, springen, klopffen, das man meinet die stub wölle einfallen vnnd keiner den andern kan hören reden. Vnd damit meinen sie inn gutem leben sein, da muß man auch sitzen, es wölle einer oder nit, biß in die lange nacht. W i l . Lieber mach doch der Malzeit ein end, dann es verdreußt mich auch eins so langen jmbiß. B e r . Wolan ich wils thun, Zuletst wann man den Käß vffgehebt, welcher jnen nit gefellet, er sey dann faul vnd voller würm, kompt herwider der Barthanß, bringt ein schindeldeller, auf welches er mit kreiden etliche ringlin vnd halbe ringlin gemahlet, das legt er auff den tisch, stillschweigend und traurig, du meintest es were etwann ein anderer Charon, welche die kreiden verstehn, die legen das gelt dar, vnn also je einer nach dem andern, biß das theller voll wirt. Darnach zeichnet er an welche geben haben, vnn zelets schweigendt, vnd wann nichts brist, so deuttet er mit dem kopff. W i l . Wie wann aber etwz für ist. B e r . Villeicht geb ers wider, vnnd sie thuns auch zun zeiten. W i l . Redet niemand wider vnbilliche rechnung. B e r . Niemandt der witzig ist. Dann er wurde geschwind hören. Wz bist du für ein mensch? Du must nichtst destminder zalen wie ein anderer. W i l . Wie ein freye arht der menschen zeigst du mir an. B e r . Wo etwann einer von wegen weiter reiß müd were, vnd begehrte bald nach dem nachtimbiß an dz beht, so heißt man jhn warten, bis andere auch schlaffen gehn. W i l . Es dunckt mich ich sehe die Stadt Platonis, in welcher jedermann inn glecheit lebte. B e r . Dann so wirt einem jeden sein nest gezeiget. Vnd warlich nichts anders dann ein schlaffkammer, dann da sind allein die beth, vnd sonst nichts das du bruchen, oder stälen kündest. W i l . Da ist alle reinigkeit. B e r . Eben wie in dem Maal die tischtücher etwann vor sechs Monaten gewäschen. W i l . was beschicht aber hiezwischen den pferden? B e r . Sie werden eben gehalten wie die men- schen. W i l . Ists aber allenthalben gleich? 〈 B e r . 〉 An etlichen ohrten ists besser, an andern orten ists rüher dann ich erzellet, aber in gemein ists wie ich dir anzeigt hab. W i l . Wie wer im aber wann ich dir jetz sagte, wie die Gest gehalten werden in dem theil des Italien, welches man Lombardey nennet, herwiderumb in Hispanien, so dann in Engelland und Walliß. Dann die Engellender haben an jn diß orts zum theil Welsche zum theil der Teutschen sitten, also vß disen beiden 333

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Völckeren vermi- schet. So rhümen sich die Wallisser einlendische Engellender. B e r . Lieber ich bitt dich zeig mirs an. Dann ich hab nie gelegenheit haben mögen, die zu besuchen. W i l . Ich hab jetzt nicht souil weil. Dann der Schiffmann hat mir beuohlen ich solte umb die zwey am gestaden oder port sein, ich wolte dann dahinden gelassen werden, so hat er mein plünderlin. Es wirt sich etwann gelegener zeit fügen, von disen dingen ein genügen zuschwetzen.

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19. Stück. Die smaragdene Tafel des Hermes Trismegistus. Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen, von Werner. Die grausame Schwester, von Henriette Schubert. Minnelied, mitgetheilt von Docen. Auszüge aus Briefe Schillers an eine junge Dichterin. Gedanken, wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten, von Jakob Grimm. 20. – – Von der Liebe zum Vaterlande. Gedanken über Sagen, von Jakob Grimm. (Beschluß.) Sagen von Glocken. Becherklang, von L. A. v. Arnim. Der König ohne Volk, von L. A. v. Arnim. 21. – – Abschied von Justinus Kerner. Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen, von J. Görres. (Beschluß.) 22. – – Ueber Recensionen Göthischer Werke. Geschichte und Ursprung des ersten Bernhäuters, worin die Volkssagen vom papiernen Calender-Himmel und vom süßen breiten Gänsefuß, nach Erzählungen einer alten Kinderfrau aufgeschrieben vom Herzbruder. Anmerkung über das Verhältniß der scherzenden Volkssagen zur Volksbildung. (Hiebey ein Kupfer.) 23. – – Wer bist du armer Mann? Kinderlied. Geschichte des ersten Bernhäuters. (Fortsetzung.) Das Lied von der Frau Grimhild. Aus dem Dänischen von Wilhelm Grimm. Mimmering Tand. Aus dem Dänischen von Wilhelm Grimm. 335

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Geschichte des ersten Bernhäuters. (Fortsetzung.) Auf einen grünen Zweig, von Clemens Brentano. Der Königssohn und die Schäferin, von L. Uhland. Erster Reihen. Von einigen Uebersetzern. Geschichte des ersten Bernhäuters. (Beschluß.) Der Königssohn und die Schäferin, von L. Uhland. Zweyter Reihen. (Hierbey ein Kupfer.) Die Sonnettenschlacht. Der Einsiedler und das Klingding. Buchhändler-Anzeige.

Der Preiß dieser Zeitung ist für das Vierteljahr 2 fl. 2 kr., alle solide Buchhandlungen und die löblichen Postämter nehmen darauf Bestellungen an, man erhält sie nach Verlangen in einzelnen Stücken oder Heftweise.

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Willst du dich ganz zurücke ziehen, Du kannst dir selber nicht entfliehen; Willst du selbst eigen andre führen, Du mußt mit Schöpfungskraft regieren

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Ganz unbemerkt und ohne Plan, Ein jeder Augenblick macht Bahn: In schlechter Zeit thu nur was recht, Dir ist dann diese Zeit nicht schlecht.

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Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung. Vergl. 10. Stück.) 15

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Die Welt ist voll Geist, Herzbruder, sie braucht uns nicht, das ist die wahre Freiheit! – Der Wein ist gut, trink aus. – Es ist alles recht gut, sagte der Herzbruder, es giebt noch gute Leute in der Welt, und gute Wissenschaft und gute Kunst, ich habe nichts dagegen, das Wetter und der Weg wird doch davon nicht besser, gerührt mag ich nicht werden von den Trefflichkeiten der Welt, denn an der Grenze ist mir alles durchgerührt und durchgesucht, daß ich hätte weinen mögen. – Wenn du nicht gelacht hättest. – Muß ich mich denn für einen Spitzbuben halten lassen, weil die Leute nicht an meiner Ehrlichkeit glauben wollen, es ist entsetzlich, wie ich bin mishandelt, in jeder Tasche haben sie gesucht. – Kritik, nichts weiter, muß es sich doch die Religion 337

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gefallen lassen, daß sie alle Tage visitirt wird, und Christus und die Unsterblichkeit der Seele und das Absolute, ob es nicht Conterbande führt. Unser Zeitalter ist ein armer Teufel, der alle Augenblicke in die Tasche faßt, ob er seine Paar Batzen noch hat, und vermißt er sie endlich, so wagt er nicht in die letzte Tasche zu fassen, um seines Verlustes nicht gewiß zu werden. – Mir haben sie in alle Taschen gefaßt, komm mir nicht mit Trost, den hab ich lange durcherlebt, so viel du davon erfinden magst; ich habe dich vorher kaum sehen können, und soll mich nun im Zeitalter umsehen, das fehlte mir noch, dazu hat mein Barbier Zeit, der mir einen geheimen Plan zur Verbindung aller Religionen und Völker mitgetheilt hat, in dem keiner etwas merkt, bis er in der Haut des andern steckt und sie gern behält, weil ihm seine abgezogen. – Der treibts doch nicht mit schwarzer Kunst, sondern mit weisser, ich treibs mit schwarzer, und habe mein Studium aus der Verzweiflung gemacht, so wie ich ein Unglück in der Welt sehe, denk ich mir ein ärgeres, und es gefällt mir dann in der Welt viel besser als in meinem Kopfe; sieh das Pa- ket, lauter Verzweifelte, ich steh dafür, du lachst, ehe du zur Hälfte gekommen: Sag kein Wort und hör zu; sieh der Alte ist wie ein Hund, wo zwei Menschen essen, schleicht er heran und fängt Fliegen. – Der Alte brummte aber verdrießlich: Wir sagen nicht umsonst, der hat Einfälle wie ein altes Haus, wenn nichts mehr hält, da bleibt noch Witz, wir finden nicht umsonst einen Gallapfel, wo ein grünes Blat zerstochen, und es giebt keinen Knoten, der nicht ein witziges Leben führt. – Das ist zu allen Zeiten gewesen, wo ein Knopfloch nicht mehr hält, da lacht das Fleisch hinaus, und wir sind aus den alten Kleidern heraus gewachsen. Macht Kinderzeug aus dem abgelegten Zeuge, es muß doch jeder die ganze Weltgeschichte durchmachen. – Der Alte brummte wieder: Wenn die spanischen Fliegen nicht mehr ziehen, dann ists aus mit den Kranken, die Jugend ist immer eine gute Krankheit, denn sie vergeht gewiß. – Ich hab nichts gegen, wären wir nur jung. Lies zu.

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„Weisse Metis, saugend Süsse, Ach vor Lieb möcht ich dich essen, Und was deuten anders Küsse?“ Also fraß in Lieb vergessen Jupiter sein Weib, die Gute Mit dem Wurf, der nicht geboren. Aber von dem milden Blute Hats in seinem Kopf gegoren, Daß den Kopf ein schwängernd Fieber, Jenes Kindlein ungeboren Eingenommen, alles trüber Ihm da brauste vor den Ohren. Und die Götter musten lachen, Was er da zusamm geschaffen, Die Centauren thät er machen, Und statt Helden macht er Affen. Faustendick ists ihm geschwollen, Vor der Stirne, und vor Schmerzen Thät er scherzen, thät er grollen, Daß es ging Vulkan zu Herzen, Der am Aetna mit dem Beile Honigwaben schnit vom Stocke, Es nicht abgewischt in Eile, Sondern in dem Schmiederocke Eilt er zu dem alten Götzen, Hieb ihm ein die hohe Stirne. Gleich gepanzert zum Ergötzen Sprang da eine hohe Dirne Die Minerva weise leuchtend, Aus dem Hirn, ganz unverdrossen, Von des Vaters Stirn verscheuchend, Runzeln die von Schmerz geflossen. Honig hat den Kopf geschlossen, Doch ein Bienchen ist geblieben, Klebend an dem Beil, verstossen

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Blieb es in dem Kopf dem trüben. Legt da seine tausend Eyer Und die kommen aus zum Schwärmen, Und dann treibt ein neues Feuer, Mancher Einfall tausend Lärmen. Neues kann daraus nicht steigen, Eingeschlossen sind sie immer, Aber anders alles zeigen, Alle Dinge umziehn mit Schimmer, Wenn sie zu dem Auge fliegen, Aehnlich scheinen sie den Dingen, Wenn am Ohre sie in Zügen, Scherzend wird ein Klingding singen. Doch von Jeder kommen tausend, Sich zu todt die Götter lachen, Wie beim Bettlermantel lausend Mehren suchend sich die Wachen, Die in seinem Kopfe schwärmen. Ueber die zu todt gelachten Möcht er sich recht bitter härmen, Aber seine Seufzer krachten, Was noch lebt muß todt sich lachen. Er beschließt, nun einzurennen Seinen Kopf, ein End zu machen, Da kein Feuer ihn mag brennen. Steine fallen von dem Himmel, Schädelstücke, große kleine, Von den Wolken wie mit Schimmel Ueberzogen; a l s o k e i n e Götter mehr, kein Witz auf Erden A l s s o a l t e s a u f g e s a m m e l t We s e n Vo n d e s s e e l g e n M a n n s B e s c h w e r d e n ? Kann kein Antiquar uns sagen Wo der Bienenstock geblieben? Mit dem Schädel um sich schlagen, Heist den Witz noch gar nicht üben! Schweigt drum still, ihr Antiquare, Sind die Bienen weggezogen?

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Nun so achtet eure Jahre, Stellet euch nicht ungezogen, Achtet Jugend, auch ihr Irren Ist noch wahrer als Verachten, Laßt manch Klingding um euch schwirren, Bienlein, die nach Arbeit trachten.

Ixion, der an seinen Studien verzweifelte Dichter.

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Sausend gerissen am Rade der Zeiten Aufwärts zur Höhe, Wohl mir und Wehe! Sinkend noch rascher Tiefer und tiefer, Schäumende Wasser Sticken den Muth; Schwindelnd die Augen Löschen im Funken, Thränen versunken. – Ach ich gemeiner Kerrel versuchte Ewiger Schönheit Göttliche Hoheit Niederzubeugen Mir zum Genuß, Mir zum Besitz: Weil ich geduldet War bei dem seligen Mahle der Götter, Possen zu reißen, Glaubt ich mich Gott! Als mir der Necktar Kitzelt die Nase, Enget den Hals und Flügelt das Blut, Göttliche Lüge! –

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Glaubt ich mich Gott! Nimmer ich konnte Lange ertragen sein Mächtiges Streben, Mußt es verschlafen Und dann erwachend Mußt ich mich speien, Daß mir das Herz Saß an der Zungenspitz, Trocken die Gaumen, Daß ich verfluchte Göttliches Leben Und mir gelobte Nimmer zu trinken, Wenn mir auch Hebe Reichte den Becher, Wüsche die Füße, Salbte die Haare. Also geschah’s oft! Als mir der Necktar Kitzelt die Nase Wieder einmal, Mehr als Kronion Selber zu trinken Ich mich vermaß; Aber die Augen Sanken bald zu, Und aus dem Munde Floß mir der Necktar, Kühlend zum Nabel. Stille einander Winkten die Götter (Wie ich erfahren Als es zu spät.) Spottend im Kreise, Löschten die brennenden Haare des Morgens, Daß sie die Träume

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Sähen, die heimliches Lusten entlockte Trügender Pforte! Ward mir so wohlig, Ward mir alleinig, Fühlt mich bald zweyig, Juno sie strich die Locken im Nacken, Küßte die Augen, Küßte die Brust mir. Ja ich umfaßte heiß Hungernd die Göttin – Ach nur die Wolke! – Schon mich erweckte Schluchsend Begehrenden Donnergerassel, Lachen und Grinsen Aller der andern Lieblinge Jupiters. Bebend ich schaute sein Antlitz, ein Augenblick; Schrecklich die Braunen Drängt er zusammen Und in der Augen Blitz Mußt ich erblinden. Alle die Götter Hielten die Nase, die Augen sich zu! Da war kein Halten. – Alle die Stufen der Himmlischen Feste, Die ich erstiegen Ohne zu grüßen, Schritte der Götter, der Hohen nachahmend, Fast zum Verkommen; Alle die Stufen, wie Fallende Kiesel vom

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Felsen hinunter, Schneller und schneller Wurd ich geworfen, aus Händen in Hände, Nieder zur Tiefe, denn Gut ist Bedienung, Waltender Götter! Wo ach wohin! Wie Bin ich verworfen! Oftmals ich höre den Anstoß der Becher Seliger Götter, Wenn ich am Rade Schaudre zur Höhe; Läuft mir das Wasser im Munde zusammen, Träum ich sie reichen mir Neigen vom Nektar, – (Sonst ich sie ausgoß Ueber die Erde, Machend ein Glücksspiel Sterblichen Menschen Wo sie erzögen Irdische Lieder, Meinten dann stolz, sie Hättens errungen. Nun Lechs’ ich nach Neigen!) Nichts mir! Und gar nichts! Uebergangsschauer! – Schon in das Wasser Sink ich verhöhnet, Weil ich gemeiner Kerrel versuchte Ewige Schönheit zu Fassen besitzend, zu Ziehen herab. Habe nach Ewgem Nimmer Gelusten

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Kannst du nicht greifen ins Rad der Zeiten, es Halten im Sinken, Tragen das Endende Gleichen Gemüths und Freundlicher Seele! – Meine Gespielen auf Erden, die jubeln noch, Trinken sich Brüderschaft, Kennen den Nektar Nur aus Gedichten Knap zugemessen Recht wie die Sylben, Nimmer zum Mahle der Götter sie kamen, Immer sie warten der Blicke Kronions, die Nimmer sie sehen, Wartend sie freun sich des Mahles der Arbeit, der Mäßigen Höhe, sich Freuend des Wartens. Sinckend erinnernd Sehn sie die Höhen sich Spiegeln im Mühlbach, wie Sträuche die Blumen, Bäume die Sträuche, Sommer die Bäume, Alle einander sich Drängen und treiben bis Eine der Sonnen Alles vertreibet: Tr e i b t s i e d i e Z e i t Nennen sie’s Zeitvertreib.

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Der an seinen Schülern verzweifelte Philosoph auf verschiednen Standpuncten. 1. L e h r e r . Weiter hinauf ins spitze Haus Treiben mich Schüler-Schlüsse Ueber das Gewisse. S c h ü l e r . Schließet fest zusammen Folgt auf Feuerleitern, Hört wie er entflammet Spricht von Sternenzeit. [216]

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L e h r e r . Wie sie in mich dringen! Herr bin ich im Hause, Lasse mich nicht zwingen, Halt’s der Kukuk aus. 2. L e h r e r . Schüler-Klatschen, einzge Lust! Muß wohl höher singen, Muß ich auch zerspringen. S c h ü l e r . Seht wie schön er steiget, Wie ein Luftball schnelle, Widerspenstig zeiget, Blendet erst, was hell. L e h r e r . Bin ich in der Hölle? Steig ich mein vergessen? Teufel mir am Felle Hängen sich noch fest. 3. L e h r e r . Neidend seh’ ich euer Glück Kleine Schwalben-Nester, Ihr hängt doch viel fester.

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S c h ü l e r . Er will sich besinnen, Stoßet ihn doch weiter, Jugend könnt verrinnen Eh wir noch gescheidt. 5

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L e h r e r . Ach hier bey der Spitze Kann ich kaum noch stehen, Ach vom Göttersitze Schwindet Hören, Sehn. 4. L e h r e r . Unter mir die Nebel, der Blitz, Seht ich trag die Welten, Das muß Höchstes gelten? S c h ü l e r . Springen sie ein wenig, Daß wir sicher werden, Ob sie auch der König Von der tiefen Erd. L e h r e r . Ey sie sind zu gütig, Springe, wer da wolle, Ich bin sehr vollblütig, Nein, das wär zu toll. 5. L e h r e r . Unten bald in meinem Stuhl Pflegen mich liebe Kinder, Das ist viel gesünder.

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S c h ü l e r . Schaut er kommt zurücke, Schaut nun stehn wir höher, Leer war all sein Glücke, Er sey nun versöhnt. L e h r e r . Spottet mein dadrüben Wo ihr hin entzücket, Wo ihr hin mich trieben, Ihr könnt nicht zurück. 347

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6. L e h r e r . Wer sitzt da im Vaterstuhl, Wer sind diese Kinder, Sind vielmehr als minder? K i n d e r . Kennet ihr den Alten, Der so zornig scheinet, Fest den Stuhl möcht halten, Und sein Auge weint? L e h r e r . Vater bin ich von Weisen! Sagt wo blieb die Mutter? Ach der Stein der Weisen Ist der Grabstein nur.

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Von dem Leben und Sterben des Grafen Phöbus von Foix. 5

(Fortsetzung. Vergl. 10. Stück.)

V. Von dem Geist Orthon, einem schnellen Zeitungsbothen.

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Sehr wunderbar und nachdenklich ist eine Sache, und ich werde, so lange ich lebe, sie nicht vergessen, welche mir ein Hofmann erzählte, der mir auch die unglückliche Schlacht bey Juberoth erzählt hatte; es ist ganz wahr, wie er mir sagte, daß den Tag nach dieser Schlacht der Graf von Foix schon darum wußte, und war ich höchlich erstaunt, wie das möglich sey, und den ganzen Sonntag und den Montag und den folgenden Dienstag war er auf seinem Schloß zu Ortais so still und betrübt, daß man kein Wort aus ihm bringen konnte, auch wollte er in diesen drey Tagen seine Stube nicht verlassen, noch mit einem Ritter oder Hofdiener sprechen, so vertraut er ihm auch gewesen sey, und ließ er deren welche zu sich kommen, aber redete nicht mit ihnen. Den Dienstag Abend ließ er seinen Bruder Arnauld Guillaume rufen, und sagte ihm ganz leise: Unsre Leute haben zu schaffen gehabt, worüber ich gar traurig bin, denn dieser Heerzug ist ihnen so bekommen, wie ich es ihnen bey der Abreise wohl vorher gesagt habe. Arnauld Guillaume, der ein sehr kluger Mann ist, und die Art und Beschaffenheit seines Bruders wohl kannte, schwieg ein wenig, und der Graf, der seinen Muth aufheitern wollte, denn nur gar zu lang hatte er 349

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seinen Verdruß mit sich herum getragen, nahm das Wort von neuem und sprach lauter als vorher: bey Gott, Messire Arnauld, so ist es, wie ich euch gesagt, und werden wir bald Nachricht davon hören. Aber niemals noch hat das Land Bearn seit hundert Jahren an einem Tag so viel verloren, als diesmal in Portugall. Mehrere Ritter und Hofdiener die zugegen waren, und diese Rede des Grafen hörten, getrauten sich nicht zu sprechen, und machten ihre Anmerkungen im Stillen darüber. Zehn Tage nachher hörte man die Wahrheit wohl von denen, die dabei gewesen waren, und die gern jedem erzählten, der es hören wollte, wie es zu Juberoth hergegangen war. Da erneute sich die Trauer des Grafen und aller derer, welche dabei ihre Brüder, Anverwandte, Kinder oder Freunde verloren hatten. Heilige Maria, sagte ich zu dem Hofmann, der mir die Geschichte erzählte, aber wie ist es nur möglich, daß der Graf von Foix eine solche Nachricht so schnell wissen oder errathen kann, als von heut auf Morgen? Meiner Treu, sagte er, er wußte es wohl, wie es sich zeigt. So muß er denn ein Wahrsager seyn, sagte ich, oder er hat Boten, die auf dem Wind reiten, oder er hat irgend eine Kunst. Der Hofmann lachte und sagte: Wahrscheinlich muß er es durch irgend Zauberey erfahren, aber wir wissen eigentlich hier zu Land nicht, wie er es macht, und haben darüber nur eine Vermuthung. Da sagt ich zu dem Hofmann: Und diese Vermuthung, wollt ihr mir sie wohl sagen, und wenn es eine Sache ist zum Verschweigen, so will ich sie wohl verschweigen, und niemals, so lang ich auf der Welt oder in diesem Land bin, den Mund darüber aufthun. Ich bitte euch drum, sagte der Hofmann, denn ich wollte nicht gern, daß man es wüßte, wie ihr es von mir erfahren, doch spricht man wohl unter seinen Freunden davon. Nun zog er mich in einen Winkel der Kapelle im Schloß Ortais, und begann seine Erzählung folgendermaßen: Es sind wohl ohngefähr zwanzig Jahre, daß in diesem Lande ein Baron lebte, der sich Raymond Seigneur de Corasse nannte, Corasse, damit ihr mich recht versteht, ist eine Stadt sieben Stunden von dieser Stadt Ortais, der Seigneur de Corasse hatte damals einen Prozeß zu Avignon vor dem Papst, wegen der Zehnden der Kirche in seiner Stadt, gegen einen Pfaffen von Castellogne, der sehr reich fundirt war. Dieser klagte, daß er ein groß Recht auf die Zehnden von Corasse habe, die wohl eine Einnahme von 100 Gulden betrugen, und das Recht, das er darauf hatte, zeigte und bewieß er. Denn durch ein letztes Urtheil vor dem ganzen Konsistorium verdammte der Papst Urban der V. den 350

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Baron, und entschied für den Pfaffen. Dieser nahm eine Abschrift des Urtheils, und ritt so schnell als möglich nach Bearn, zeigte seine Bullen und Briefe, und ließ sich kraft derselben in Besitz des Zehenden setzen. Der Baron, der sich wohl der Geschäfte des Pfaffen vermuthete, ging ihm entgegen und sagte zu ihm: Meister Peter oder Meister Martin, wie er dann hieß, denkt ihr dann, daß ich durch eure Briefe mein Erbe verlie- ren soll, so viel Muth traue ich euch wohl nicht zu, daß ihr irgend eine Sache nehmet oder aufhebt, die mein ist, und thut ihr es, so komm ich euch ans Leben, drum geht und suchet anderswo Gefälle, ich sage euch einmal für allemal, von meinem Erbe werdet ihr nichts kriegen. Der Pfaffe hütete sich vor dem Ritter, denn er war grausam, und bestund nicht weiter darauf. Doch entschloß er sich, nach Avignon zurückzukehren, und kam vor seiner Abreise zu dem Seigneur de Corasse und sprach: Mit eurer Gewalt und nicht mit Recht, nehmet ihr mir die Gerechtigkeiten meiner Kirche, wodurch ihr euch in eurem Gewissen schwer versündiget, ich bin in diesem Lande nicht so stark als ihr, aber wißt, daß ich euch, so bald als möglich, einen solchen Gesellen schicken will, den ihr mehr fürchten sollet als mich. Der Sire de Corasse gab nichts auf seine Drohungen und sprach: Geh mit Gott, geh, mache was du kannst, ich fürchte dich mehr tod als lebendig, und um deine Reden werde ich mein Erbe nicht verlieren. So reißte der Pfaffe ab und vergaß nicht, was er versprochen hatte. Denn als der Ritter am wenigsten dran dachte, ohngefähr 3 Monate nachher, in seinem Schloß zu Corasse, wo er in seinem Bett neben seiner Gemahlin schlief, ließen sich unsichtbare Gäste spüren, welche alles, was sich in dem Schlosse befand, umzuwenden anfingen, und schien es, als wollten sie alles zusammen schlagen, und gaben sie solche Schläge an die Kammerthüre des Herrn, daß die Dame, die darin schlief, höchlich erschrocken war. Der Ritter hörte das alles recht gut, aber er wollte kein Wort davon sagen, um nicht den Muth eines furchtsamen Menschen zu zeigen. Auch war er muthig genug, jegliches Abentheuer abzuwarten. Dieser Lärm und Unruh dauerte in verschiedenen Theilen des Schlosses eine ziemliche Zeit, und hörten denn auf. Den folgenden Morgen kamen alle Diener des Schlosses zusammen, und begaben sich zu dem Herrn, als er aufgestanden war und fragten ihn: Herr habet ihr nicht gehöret, was wir heut Nacht gehört haben. Er verstellte sich und sagte nein, was habt ihr dann gehört? Da erzählten sie ihm, wie es die ganze Nacht im Schlosse gelermt, alles umgekehrt, und in der Küche alles Geschirr zerbrochen habe. Er lachte und sagte: 351

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Es sey ein Traum und nichts als der Wind gewesen. Um Gotteswillen, sprach die Dame, ich hab es wohl gehört. In der folgenden Nacht machten es die Ruhestörer noch ärger als vorher, und schlugen dermaßen an die Thüre und Fenster vor des Herrn Stube, daß der Ritter aus dem Bett sprang, und sich nicht enthalten konnte, zu fragen: Wer ist es, der also zu dieser Stunde an meine Stube anpocht. Da antwortete es ihm sogleich, ich bins, und wer schickt dich, sagte der Ritter, hierher zu mir; mich schickt der Pfaffe von Castellogne, dem du groß Unrecht gethan und ihm das Seinige entzogen, auch werde ich dich nicht eher in Ruh lassen, bis du ihm alles wieder ersetzet. Wie heißt du denn, daß du ein so guter Bote bist? Man heißt mich Orthon. Orthon sagte der Ritter, der Dienst eines Pfaffen taugt dir nicht, wenn du mir glauben willst, er wird dich gewaltig plagen, ich bitte dich, lasse ihn laufen und diene mir, ich werde dir es gar wohl gedenken. Orthon hatte sich bald entschlossen, denn er hatte sich in den Ritter verliebet und sagte: Wollt ihr das? Ja, sagte der Ritter, aber du darfst niemand von nun an Leides zufügen. Ey bewahre, sagte Orthon, auch vermag ich niemand übels zu thun als nur, daß ich die Leute aufwecke und im Schlaf turbire. Thue nur was ich dir sage, sprach der Edelmann, wir wollen uns gut zusammen stehen, und laß den bösen Pfaffen laufen, bey dem du nichts holen kannst als Müh und Arbeit. Weil du es dann willst, sagte Orthon, ich bin es zufrieden. Da verliebte sich dieser Orthon dermaßen in den Seigneur de Corasse, daß er ihn sehr oft Nachts besuchte, und wenn er ihn schlafend fand, so zupfte er ihn am Kopfkissen, oder schlug an das Fenster und die Thür mit großen Schlägen. Der Ritter, welcher erwachte, sprach zu ihm: Orthon, laß mich schlafen; nein, sagte Orthon, ich muß dir erst was neues erzählen. Da hatte die Gemahlin des Ritters solche Furcht, daß ihr alle Haare zu Berge standen, und wickelte sie sich in ihre Decke. Da fragte ihn der Ritter, was hast du dann gutes neues Orthon? Orthon sagte: Ich komme von England, oder von Ungarn, oder irgend einem andern Ort, gestern bin ich da weggereißt und dieses und jenes ist allda geschehen. So wußte der Sire de Corasse durch Orthon alles, was auf der Welt geschah. Und blieb er wohl fünf Jahre in diesem sträflichen Umgang, konnte es auch nicht verschweigen, und entdeckte sich dem Grafen de Foix folgendermaßen: Das erste Jahr traf er den Grafen zu Ortais oder anderswo und sagte ihm da, dieses oder jenes sey in England oder Schottland oder sonst wo geschehen. Der Graf, der nachher erfuhr, daß es wahr gewesen, drang ihm einstens sein Geheimniß ab. Da war der 352

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Graf sehr froh und sagte zu ihm: Sire de Corasse, haltet ihn ja lieb, ich wollte gar gern einen solchen Boten haben. Er kostet euch nichts, und ihr erfahret alles wahrhaftig, was geschieht. Der Ritter sprach: Herr so will ich thun. Ich weiß nicht, ob Orthon mehr als einen Meister hatte, aber er erschien dem Ritter nur alle Woche zwey oder dreimal, und dieser schrieb die Neuigkeiten dem Grafen. Einstens sprach dieser zu dem Seigneur de Corasse: Ha- bet ihr noch niemals euren Diener gesehen? Meiner Treu, niemals, habe es auch nicht begehrt. Das wundert mich, sagt der Graf, und stünde er so gut mit mir als euch, so hätte ich ihn längst gebeten, sich mir zu zeigen, auch bitte ich euch, bemüht euch drum, ihn zu sehen und erzählt mir, wie er gestaltet ist. Ihr habt mir auch gesagt, daß er so gut Gosconisch spricht, als ich und ihr. Das ist die Wahrheit, sagte der Ritter, und weil ihr es wünscht, will ich mich bemühen, ihn zu sehen. Nun befand er sich die Nacht wie sonst in dem Bette neben seiner Gattin, die schon gewohnt, den Orthon zu hören, sich nicht mehr fürchtete. Dann kam Orthon und zupfte am Kopfkissen des Ritters, der fest schlief. Wer ist da, fragte er, erwachend. Ich bins, sagte Orthon, und wo kommst du her, von Prag in Böhmen. Wie weit ist das wohl, sechszig Tagreisen, sagte Orthon, und du bist so geschwind gekommen? Ey ja doch, ich gehe so schnell als der Wind und wohl noch schneller. Bist du geflügelt? Nicht doch, sagte er. Wie kannst du denn so schnelle fliegen? Orthon antwortete: Was kümmert euch das zu wissen. Das kümmert mich wohl, sagte der Ritter, denn ich möchte gar zu gern sehen wie du gestaltet bist, und wie du aussiehst. Orthon antwortete: Was kümmert euch das, es zu wissen, seyd zufrieden wenn ihr mich hört, und ich euch allerley Neuigkeiten bringe. Bei Gott, ich würde dich vielmehr lieben, wenn ich dich gesehen hätte, sagte Corasse. Orthon antwortete, wenn ihr es denn wollt, die erste Sache, die ihr Morgen sehen werdet wenn ihr aufsteht, das bin ich. Das ist gut, sagte Corasse, nun gehe, es ist genug für heute Nacht. Als der Morgen kam, stand er auf, seine Gemahlin aber hatte solche Furcht, daß sie die Kranke machte und sagte, sie werde heut nicht aus dem Bette aufstehn. Der Ritter wollte aber, sie sollte aufstehn. Sire, sagte sie, ich werde Orthon sehen, ich will ihn nicht sehen, so Gott will, auch niemals antreffen. Das sagte der Sire de Corasse: Ich will ihn gar gern sehen. Da sprang er ganz lustig aus dem Bette und setzte sich auf den Rand, und dachte, wie er nun Orthon in seiner eigentlichen Gestalt sehen werde. Aber er sah gar nichts, wobey er hätte sagen können: Sieh da Orthon. Der Tag ging herum und die 353

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Nacht kam, als der Ritter in seinem Bett lag, kam Orthon und sprach wie gewöhnlich: Geh, sagte der Ritter, du bist ein Lügner, du solltest dich mir zeigen, und du hast es nicht gethan. Nein, sagte er, ich habe es gethan. Du hast es nicht gethan; und saht ihr nicht, sagte Orthon, als ihr aufstandet, Etwas, und der Ritter dachte ein wenig nach und sagte dann: Ja, als ich auf meinem Bett saß, und an dich gedachte, sah ich zwei Ratzen auf dem Boden, die sich miteinander drehten und spielten. Das war ich, sagte Orthon, diese Gestalt hatte ich angenommen. Das ist mir aber nicht genug, sagte der Ritter, und ich bitte dich, nimm eine solche Gestalt an, in der ich dich sehen und kennen kann. Orthon sagte, gebet acht, ihr werdet mich verliehren, denn ihr treibt es zu weit mit mir. Du wirst nicht von mir gehen, sagte Corasse, wenn ich dich einmal gesehen, würde ich dich nicht wieder sehen wollen. Orthon sagte ihm da: Gieb Morgen acht, was du zuerst siehst, wenn du die Stube verläßt, das bin ich. Gut, erwiederte der Ritter, ich gebe dir Urlaub, ich will jetzt schlafen; Orthon verließ ihn. Den andern Morgen stand der Ritter auf, kleidete sich an, verließ die Stube, und gieng auf einen Platz, der in den Hof sah, da warf er seine Augen hinab, und das erste was er erblickte, war die größte Sau, die er jemals gesehen, aber sie war dabei so mager, daß man nichts als Haut und Knochen an ihr sah, und hatte sie lange, hängende und gefleckte Ohren, ihr Rüssel war lang und spitzig und gar ausgehungert. Der Sire de Corasse verwunderte sich sehr über diese Sau, aber er sah sie nicht gern, und befahl seinen Leuten: Nun lasset die Hunde los, ich will, daß diese Sau getödet und gefressen werde. Da eilten die Diener und öffneten die Hundeställe, und hetzten sie auf die Sau, welche einen lauten Schrei that, und zu dem Sire de Corasse in die Höhe sah, der oben an einem Fenster stand, und nie sah man sie wieder, denn sie verschwand und weiß niemand, was aus ihr geworden. Der Ritter begab sich wieder in seine Stube ganz nachdenklich, denn er gedachte an Orthon. Ich glaube, Orthon meinen Diener gesehen zu haben, es reut mich, daß ich meine Hunde auf ihn gehetzt. Es sollte mich sehr wundern, wenn ich ihn je wieder sähe, denn er hat mir oft gesagt, ich würde ihn verlieren, wenn ich ihn erzürnte. Er sagte die Wahrheit. Nie kehrte er mehr in dem Schloß Corasse ein, und der Ritter starb ein Jahr darauf. Nun habe ich euch von Orthon erzählt, der dem Sire de Corasse die Neuigkeiten brachte, sagte der Hofmann. Ja, sprach ich, aber ist der Graf von Foix auch von einem solchen Boten bedient. Meiner Treu, sagte er, das glauben viele Leute, in dem Lande Bearn, denn er erfährt und 354

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weiß alles was vorgeht, wenn man es sich am wenigsten versieht. So ist es auch mit den Nachrichten, die er von den zu Juberoth erschlagenen Rittern dieses Landes hatte. Diese Gabe und der Ruf derselben bringt ihm manchen Nutzen, denn man verlöre hier nicht den Werth von einem goldenen oder silbernen Löffel, daß er es nicht gleich wüste. Nun nahm ich Abschied von dem Hofmann und dankte ihm für seine Erzählung und gieng in andre Gesellschaft, mit der ich mich vergnügte, doch aber prägte ich mir diese Geschichte, so wie ich sie hier erzählt, fest in das Gedächtniß ein.

VI. Von dem wunderbaren Tod des herrlichen Grafen Gaston Phöbus von Foix 1391. In dieser Zeit starb auch der edle und treffliche Graf von Foix, auf eine gar wundersame Weise; ich will euch sagen wie: Es ist die Wahrheit, daß er vor allen Leibesübungen die Jagd und seine Hunde liebte, und mit diesen war er sehr wohl versehen, denn er hatte ihrer zu seinem Vergnügen mehr als sechs hundert. Der Graf befand sich in Bearn, in der Mark von Ortais, und trieb und jagte in den Wäldern von Sauveterre auf dem Weg von Pampeluna, und hatte er den Tag, an dem er starb, den ganzen Morgen einen Bären gejagt, welcher endlich gefangen wurde. Da er den Fang angesehen und das Waidrecht vollzogen worden war, näherte sich der Mittag. Da fragte er die, welche um ihn waren, wo man ihm die Tafel bereitet habe? Man antwortete im Hospital Rion, zwei kleine Stunden von Ortais, und so war es auch. Sie ritten alle nach diesem Dorf. Der Graf und seine Leute stiegen an dem Schloß ab, dann begab er sich nach seiner Stube, welche er ganz mit frischem jungem Laubwerk ausgeschmückt fand, und die umliegenden Säle waren alle mit grünen Zweigen umstellt, um Kühle und Wohlgeruch darin zu verbreiten, denn die Luft war draus sehr drükkend und schwül, wie sie es in dem May ist. Als er sich in dieser frischen Stube befand, sprach er: Die kühlen grünen Mayen thun mir gar wohl, denn der Tag ist sehr heiß, und da setzte er sich auf seinen Sitz, und plauderte ein wenig mit dem Messire Espaing de Lion, und sprachen sie davon, welcher Hund am besten gejagt habe. Während dieser Unterredung traten Messire Ivain, sein natürlicher Sohn, und 355

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Messiere Pierre de Cabestan in die Stube, in welcher selbst die Tafeln schon gedeckt waren. Jetzt begehrte er das Wasser, um sich die Hände zu waschen, zwei Hofleute eilten darnach, Raymonnet Lane und Raymonnet de Compone und Cayenton d’Espaigne nahm das silberne Waschbecken, und ein andrer Ritter, der sich Messire Thiebault nannte, nahm das Handtuch, er erhob sich von seinem Sessel, und streckte die Hände aus zum Waschen, sobald das kalte Wasser auf seine Finger herabfiel, welche gar schön und gerade waren, erblaßte sein Gesicht, erbebte ihm das Herz, wankten seine Füße unter ihm, und sank er hin auf seinen Sessel sagend: Ich bin des Tods, Gott der Herr sey gelobt! Er redete kein Wort mehr, aber er starb noch nicht gleich, sondern litt noch Noth und letzte Kämpfe. Die Ritter, die um ihn standen, tief erschrocken und sein Sohn nahmen ihn in ihre Arme gar freundlich, und trugen ihn auf ein Bett und legten ihn nieder und deckten ihn zu, und glaubten, es habe ihn nur eine Schwäche angewandelt. Die zwei Ritter aber, welche das Wasser gebracht hatten, damit man nicht sage, sie hätten ihn vergiftet, gingen zu dem Waschbecken und der Gießkanne, und sprachen also: Sehet hier das Wasser, in eurer Gegenwart haben wir es gekostet, und wollen es von neuem vor euch kosten, und da thaten sie es so oft, daß alle mit ihnen zufrieden waren. Man gab ihm Brod und Wasser, Spezereien und alle stärkende Sachen in den Mund, und alles dieses half ihm nichts, denn in weniger als einer halben Stunde war er todt und gab seinen Geist auf gar sanft. Der gnädige Gott sey ihm barmherzig! Ihr müßt wissen, daß alle gegenwärtige sehr betrübt und erschrokken waren, und schlossen sie die Stube recht fest, damit die Leute im Schloß nicht sobald den Tod des edlen Grafen erfuhren. Die Ritter sahen den Messire Ivain seinen Sohn an, welcher weinte, jammerte und die Hände rang und sagten zu ihm: Ivain, es ist geschehen, ihr habet euren Vater und Herrn verloren, wir wissen wohl, daß er euch über alles liebte, macht euch fort, sitzt auf, reitet nach Ortais und setzt euch in Besitz des Schlosses und Schatzes, der darin, ehe ein andrer euch zuvorkömmt und die Sache bekannt wird. Messire Ivain verbeugte sich auf diese Rede und sagte, meine Herrn, große Liebe und Freundschaft erzeigt ihr mir, die ich euch noch zu belohnen hoffe, aber gebt mir die wahren Merkzeichen meines Herrn Vaters, denn ohne diese werde ich nicht in das Schloß eingelassen werden. Ihr habt recht, antworteten sie, nehmt dieselben, da nahm er die Merkzeichen und waren sie ein Siegelring, den der Graf an seinem Finger trug, und ein 356

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Messer, dessen er sich öfters bei Tisch bediente, dieses waren die wahren Merkzeichen, und ohne sie zu sehen, hätte ihm der Vogt des Schlosses zu Ortais, der sie wohl kannte, nie die Pforten geöffnet. Messire Ivain verließ das Hospital von Rion nur mit zwei Reutern, und ritt so schnell, daß er nach Ortais kam, ehe man noch etwas von dem Tod des Grafen wußte. Er sprengte durch die Stadt, sagte niemand nichts, auch hatte niemand einen Verdacht auf ihn, so kam er auf das Schloß und rief den Burgvogt hervor. Dieser antwortete ihm: Was beliebt euch Monsigneur Ivain, wo ist mein Herr Graf? Er ist in dem Hospital, sagte der Ritter, und schickt mich einige Sachen zu holen, die in seiner Stube sind, dann werde ich wieder zu ihm zurückkehren, und damit du mir glaubst, siehe hier die Zeichen, seinen Siegelring und sein Handmesser. Der Vogt öffnete ein Fenster, und sah die Zeichen, denn er hatte sie schon öfters gesehen; dann öffnete er das kleine Pförtchen des Thores, und sie ritten ein, und die Knechte versorgten die Pferde und führten sie in den Stall. Als Messire Ivain darinnen war, sagte er zum Vogt, schließe die Thore. Als er sie geschlossen hatte, nahm Ivain ihm die Schlüssel ab und sprach: Du bist des Tods. Der Vogt ganz erschrocken, fragt ihn warum. Dann sagte er, weil mein Vater verschieden ist, und ich über den Schatz will, ehe ein andrer über denselben kömmt. Der Vogt gehorchte, wie es ihm zukam, auch war es ihm lieber, dem Messire Ivain als einem andern zu gehorchen. Messire Ivain wußte wohl, wo der Schatz war, und begab sich dahin, er war in einem dicken Thurm, in welchen man durch drei starke eiserne Thüren mußte, welche man aber jede mit einem besondern Schlüssel zu öffnen hatte, ehe man hinein konnte. Diese Schlüssel aber waren nicht so leicht zu finden, denn sie lagen in einem kleinen ganz stählernen Coffer verschlossen, und dieser war wieder mit einem kleinen Stahlschlüssel geschlossen, welchen der Graf von Foix, wenn er verreißte, mit sich trug, und fand man ihn auf einem seidnen Wamms hängen, den er über seinem Hemd trug, und wurde er erst gefunden, als Ivain bereits hinweg war. Die Ritter, welche den Leichnam des Grafen bewachten, wunderten sich sehr über diesen kleinen Schlüssel, und konnten sich gar nicht denken, wozu er diente, da war aber der Capellan des Grafen, Messire Nicole de L’Escalle, der nun alle seine Geheimnisse wußte, und den er oft mitgenommen hatte, wenn er an seinen Schatz ging, der sprach, als er den Schlüssel sah: Messire Ivain wird seine Mühe verlieren, denn ohne diesen Schlüssel kann er nicht an den Schatz, weil er einen kleinen Stahlkoffer mit allen andern 357

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Schlüsseln verschließt. Da waren die Ritter gar betrübt und baten den Capellan, den Schlüssel dem Messire Ivain zu bringen, und er setzte sich zu Pferd und ritt nach Ortais. Messire Ivain war ganz betrübt in dem Schloß, und suchte die Schlüssel überall und konnte sie nicht finden, auch wußte er nicht wie er die eisernen Thüren aufbrechen sollte, da gar keine Instrumente dazu da waren. (Die Fortsetzung künftig.)

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– 29 – Lebensweise.

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An den Federn kennt man Vögel, An der Arbeit auch die Hand; Wie du hast gespannt die Segel Führst du über Meer und Land. Unsre Alten auf den Bergen Bauten sich ein sichres Haus; Nicht sich vor der Welt zu bergen, Nur die Frechheit blieb heraus. Sie allein den Geist verstanden Der sich in dem Fels versteckt, Zwangen ihn in enge Banden, Daß er seine Schätz entdeckt. Aus den Steinen eine Blume Wuchs hervor in üpger Pracht, Zu der Meister ew’gen Ruhme Die so tiefen Sinn erdacht.

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Kraut und Stamm, und hohe Zweige Steigen aus dem Felsen auf; Bleiben nun ein ew’ges Zeichen Von des Geistes kühnem Lauf.

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Hoch auf eines Berges Spitze Thürmten sie den Wohnpallast, Drangen zu dem Wolkensitze Ohne Ruhe, sonder Rast. Näher an den blauen Himmel Schlug empor das kühne Herz, Fern vom irdischen Getümmel Sah das Auge himmelwärts. Ihr Gebet zu Gott gewendet; Demuth, Liebe, tiefe Reu Gottes Kirche gern gespendet, Ihr, und ihrem Kayser treu. Schwebten mit so edlen Schwingen Adlern gleich, in Lüften rein, Und wenn Erd und Welt vergiengen Schlummerten sie ruhig ein. [225b]

Nieder zu dem tiefen Grunde Stiegen sie in Kriegsgewand, Wachten mit dem Schwerdt die Stunde, Daß die Freiheit noch bestand.

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Keine Fluten mochten brechen Dieser mächt’gen Felsen Damm; Jeden Feindes Hohn zu rächen War bereit der edle Stamm. Unter seinen goldnen Zweigen Blühten Freiheit, Ehr und Recht; O! wer mag sich doch vergleichen Diesem edelen Geschlecht. An den Federn kennt man Vögel, An der Arbeit auch die Hand; Wie du hast gespannt die Segel Fährst du über Meer und Land. 360

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Jetzund am bequemen Orte, Still im Thale, eng und klein, Ohne hoch und breite Pforte Nützlich muß die Wohnung seyn. 5

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Wenig Holz, und keine Steine, Nur ein niedlich Kartenhaus, Kleine Fenster, nur zum Scheine Füllen alle Wünsche aus. Ob es heute schon und morgen Wiederum zusammenstürzt, Dieser halb sey ohne Sorgen, Wenn man nur die Zeit verkürzt. Spielend leben, spielend sterben, Ist gescheuten Bürgern gleich; Weiß man doch nicht, ob erwerben Man dort wird ein Himmelreich. Leben, nur so wie zum Spaße Nicht gehärmt, und nicht gegrämt, Denn wie bald liegt unterm Grase Jede Lebenslust gelähmt. Was von Glaub und Gott zu halten Muß ein jeder klärlich sehn, Nur Vernunft muß stets obwalten Dann ist alles leicht geschehn.

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Was Vernunft nicht will, zu hassen, Ist ja Pflicht dem Menschenfreund; Leben, und auch leben lassen Es mit allen gut gemeint. Nur noch Stunden abgemessen Dieses edlen Lebens Ziel, Schnell versprochen, schnell vergessen Alles ist doch nur ein Spiel. 361

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Also auch mit Wehr und Waffen Nur im Scherze angethan, Mit dem Schwerdt im Ernst zu schaffen Hat kein kluger Biedermann. Feinde schlägt man nicht mit Thaten, Denn da flösse Menschenblut; Fürst und Vaterland verrathen, Ist die Kunst, und die ist gut!

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Diese Fahrt die Anker lichtet Ehmals in ein enges Land, Wo drei Säulen sind errichtet, Doch die hat man nun verbannt.

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Nein, so edle Thaten helfen Jetzund zu der Menschheit Glück! Heulen muß man mit den Wölfen, Keiner bleibe da zurück!

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An den Federn kennt man Vögel, An der Arbeit auch die Hand; Wie du hast gespannt die Segel, Fährst du über Meer und Land.

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Rostorf. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Von dem Leben und Sterben des Grafen Phöbus von Foix. (Beschluß.) 25

VII. Die guten Männer von Ortais. Während dem wurde in Ortais, Gott weiß wodurch, ob durch Weiber oder durch Diener, die vom Hospital gekommen waren, bekannt, daß der Graf gestorben sey. Das war wohl eine harte Nachricht, denn 362

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sie liebten ihn alle sehr. Die ganze Stadt kam in Bewegung, die Bürger versammelten sich auf dem größten Platze der Stadt und unterredeten sich, da sprachen einige: Wir haben Messire Ivain ganz allein nach dem Schlosse reiten sehn, und sah er wohl sehr erschrocken aus. Da antworteten die andern, gewiß muß etwas vorgefallen seyn, denn nie ritt er allein vor seinem Herrn Vater her. Als die Männer von Ortais sich so versammelt hatten, und auf dem Markt miteinander redeten, seht, da ritt ihnen der Capellan grad in die Hände. Die umringten ihn und sagten: Messire Nicole, wie gehts mit unserm Herrn? Man hat uns gesagt, er sey gestorben, ist es wahr? Behüte Gott, sagte der Capellan, aber er ist gar sehr krank, und ich komme nur, um ihm etwas zurecht machen zu lassen, was ihm sehr gesund seyn wird, und dann will ich wieder zu ihm. Mit diesen Worten machte er, daß er davon kam, ritt auf das Schloß und ruhte nicht, bis er drinnen war. Da war Ivain gar froh, daß er die Schlüssel hatte. Nun will ich euch aber sagen, was die Männer von Ortais thaten. Sie machten sich allerley Gedanken über den Grafen, und sprachen untereinander: Nun ists bereits Nacht, und wir haben noch gar keine sichere Nachricht von unserm Herrn, und ist Ivain mit dem Kapellan, der um alle Geheimnisse des Herrn weiß in dem Schloß, laßt uns diese Nacht das Schloß bewahren, morgen werden wir mehr hören, wir wollen heimlich nach dem Hospital schicken, um zu hören wies steht, denn wir wissen wohl, daß der größte Theil des Schatzes auf dem Schloß ist, und würde er gestohlen, so machte uns das große Schande, und brächte uns gar in Schaden, drum dürfen wir diese Sache nicht übersehen. Das ist die Wahrheit, sprachen die andern, da hielten sie Rath, und seht, sogleich werden alle Männer von Ortais geweckt, und gehn sie alle nach dem Schloß, und schicken sie die ersten der Stadt an alle Pforten zur Wache, und waren sie da die ganze Nacht bis zum Morgen. Ach da hörte man die Wahrheit von seinem Tod, da konnte man wohl großes Wehklagen, Schreyen und Trauern von allen Leuten, Frauen und Kindern in der guten Stadt Ortais hören, denn sie hatten ihn alle sehr lieb. Da verstärkte man die Wache und alle Männer der Stadt waren auf dem Platz vor dem Schloß unter den Waffen. Als Messire Ivain dieses in dem Schloß sah, sprach er zu dem Capellan: Messire Nicole, mein Anschlag geht verloren, ich werde hier nicht heraus können, denn die Männer von Ortais wissen um die Sache und bewachen das ganze Schloß. Ich werde wohl gute Worte geben müssen. Da sprach der Capellan: Redet mit ihnen, denn nur mit guten Worten könnt ihr hier 363

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noch etwas ausrichten. Messire Ivain begab sich also in einen Thurm, aus dessen Fenster er mit den Leuten gut reden konnte. Da öffnete er ein Fenster und redete mit den ansehnlichsten Leuten der Stadt ganz laut: Ihr guten Männer von Ortais, ich weiß wohl, warum ihr versammelt seyd, nun aber bitte ich euch, haltet mir es nicht vor übel, um der Liebe willen, die mein seliger Herr Vater für mich trug, daß ich mich vor jedem andern in den Besitz des Schlosses und Schatzes zu setzen gesucht. Ich will damit nichts als alles Gutes. Nun aber ist er nach Gottes Willen gestorben, ohne irgend eine Einrichtung zu treffen, mich wie er doch gewollt in sein Erbe einzusetzen, und hat er mich unter euch, unter denen ich herangewachsen, als einen armen Ritter den natürlichen Sohn des Grafen von Foix zurückgelassen, wenn ihr mir nicht helft und rathet. Achtet darauf um Gotteswillen und aus Mitleid, ihr thut damit ein Allmosen, und will ich euch das Schloß öffnen und mögt ihr hereinkommen, denn gegen euch will ich es nicht halten noch verschließen. Da antworten die besten Männer von der Stadt also: Messire Ivain, eure Rede gefällt uns wohl, wir wollen mit euch halten und wollen das Schloß und die Güter, die darinnen sind, auch bewachen helfen; und sollte der Vicomte de Castillon euer Vetter, welcher der Erbe des Landes zu Bearn ist, herankommen, und sich in Besitz des Schatzes setzen wollen, so wollen wir wohl wissen, mit welchem Recht, und wollen euer und Messire Gracien euers Bruders Recht wohl beachten, und alles dieses betheuren wir und wollen es euch aufrichtig halten. Mit dieser Antwort war Messire Ivain sehr wohl zufrieden, und that er die Thore des Schlosses auf, und gingen die Männer von Ortais hinein, so viel ihr wollten. Man stellte da genug und gute Wachen hin. An diesem Tag ward der Leichnam des Grafen von Foix nach Ortais gebracht und in einen Sarg gelegt. Alle Männer, Frauen und Kinder von Ortais gingen ihm unter bittern Thränen entgegen, gedenkend seiner Stärke, seines edeln Lebens, seiner mächtigen Regierung, seines Verstands, seiner Tapferkeit und großen Freygebigkeit. Vor allem aber des Friedens, dessen sie unter diesen trefflichen Herrn genossen hatten. Denn weder Franzosen noch Engländer hatten es gewagt, ihn zu erzürnen. Da sprachen sie also: Ach Gaston, schöner Sohn, warum hast du je deinen Vater erzürnt, wärst du uns geblieben, der so schön und in so großem Beginnen war, du wärst uns ein großer Trost geblieben, aber wir haben dich allzujung verloren, und dein Vater hat uns zu früh verlassen. Er war ein Mann erst von 63 Jahren, das ist kein groß Alter für einen solchen Fürsten, der einen so 364

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starken Willen hatte, und alles was er begehrte. Land von Bearn trostlos und verwaißt, ohne einen edlen Erben, was wird immer aus dir werden, so trefflichen und edlen Herrn wirst du nie wieder gewinnen! Unter solchen Klagen und Thränen ward der Leichnam von sieben Edelleuten durch die Stadt getragen, ihm folgten sechszig Ritter, welche sich aus dem Lande versammelt hatten, und trug man ihn wie ich euch sage mit entblöstem Angesicht nach der Barfüßerkirche. Da ward er einbalsamirt, und in einem bleyernen Sarge bis zu seiner feyerlichen Bestattung bewahrt, und brannten Tag und Nacht vier und zwanzig große Wachsfackeln um den Leichnam, die wurden abwechselnd von acht und vierzig Dienern getragen. An dem Tag der Bestattung des herrlichen Grafen Gaston de Foix, des letzten dieses Nahmens, welche in der Stadt Ortais in der Barfüßerkirche in dem Jahr unsers Herrn 1391 den 12ten October an einem Montag gehalten wurde, war viel Volk aus dem Lande Bearn und sonst woher, Baronen, Ritter, Prälaten und drey Bischöffe in Ortais. Der Bischof de Palmes las das Todtenamt, da brannten eine Menge Lichter und alles war sehr prächtig angeordnet, und hielten während der Messe vor dem Altar vier Ritter vier Fahnen, mit den Wappen von Foix und Bearn. Die erste hielt Messire Raymond du Chatelneuf. Die zweyte Messire Espaing du Lion. Die dritte Messire Pierre Degmer. Die vierte Messire Menauld de Novalles. Den Degen hielt Messire Roger d’Espagne. Den Schild trug der Vicomte de Bruniquel. Den Helm trug der Sire de Valentin, das Pferd führte der Sire de Corasse. Die ganze Bestattung wurde prächtig nach Landesgebrauch vollzogen und wurde nach der Messe der Leichnam aus dem Sarge genommen, in gutes neues Wachstuch eingewickelt, und vor den großen Altar des Chores bey den Barfüßern beerdigt. Des Seinen ist nichts mehr, Gott verzeihe ihm!

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Von den Mahandel Bohm. Ein Kindermährchen in der Hamburger Volkssprache, nacherzählt von Ph. O. Runge.*)

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Dat is nu all lang her, woll twee Dusent Johr, do was dar een rick mann, de hadde eene schoine frame Frou, un se hadden sik beede seer leef, hadden averst kene Kinner, se wünschten sik averst seer welke, un de frou bedt so veel dorum Dag un Nacht, man se kregen keen un kregen keen, – vor eerem huse was een hoff, darup stund een Machandelboom, ünner den stün de Frou enns in’n Winter, un schalt sik eenen appel – un as se sik den appel so schalt, so snet se sik in’n finger, un dat blot feel in den snee – ach! sed de frou, un süft so recht hoch up, un sach dat bloot för sik an, un was so recht wehmödig, had ih doch een Kind so roth as Bloot un so witt as Snee – un as se dat sed so wurd eer so recht frölich to mode, eer was recht as sull dat war warden, dar ging se to den huse un ging een Maand hen, de Snee vörging, un twee Maand dar was dat groin, un Dree Maand da kemen de Bloimer ut de Erde, un Veer Maand dar drungen sik alle Boimer in dat Holt un de groinen twige weeren all in een anner wussen dar sungen de Vägelkens dat dat ganze holt schallt, und de Blöten felen von de Boimes dar was de fyfte Maand weg, un se stand ünner den Mahandelboom de rook so schoin do sprang eer dat hart vör freuden un se feel up eere Knee un kande sik nich laten, un as de seste Maand vörby was dar warden de früchte dik un stark da ward se gans still, un de söbende Maand da greep se na de Machandelbeeren un att se so nidsch, da ward se trurig un krank, dar ging de Achte Maand hen, un se reep eeren Mann un weende un sed, wen ik starve so begrave my ünner den Machandelboom, da wurde se gans getrost un freute sik bett de neegte maand vorby was dar kreeg se een Kind so witt as Snee un so root as bloot un as se dat sah so freute se sik so dat se sturv. *) Wir machen mit dieser Erzählung am liebsten den Anfang der aus verschiedenen Gegenden erhaltenen, theils ihrer eigenthümlichen Wunderbarkeit und Häuslichkeit wegen, theils auch um in Göthes neuem Faust (letzte Scene) einige in Clärchen wiedererweckten alte Verse zu kommentieren. Einsiedler. 366

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Dar begrob eer Man se unner den Machandelboom, un he fung an to weenen so seer, eene Tyd lang, da ward dat wat sachter, un dor he noch wat weend had, da heel he up, un noch eene Tyd, do nam he sik wedder eene frou. Myt de tweete frou kreeg he ene dochter, dat Kind äverst von de eerste frou was een lüttje söhn un was so root as Bloot un so witt as snee, wenn de frou eere dochter so an sach so had se se so leef, averst den sach se den lüttjen jung an und dat ging eer so dorcht hart, un eer ducht as stund he eer allen wegen in’n weeg, un dacht den man jümmer wo se eer dochter all dat vörmögent towenden woll, un de Böse gav eer dat in dat se den lüttjen jung gans gram wurd un stöd em herüm von een Ek in de anner, un buft em hier un knufft em dar, so dat dat arme Kind jümmer in Angst war, wenn he den ut de schol kam so had he keene ruhige stede. Eens war de frou up de kamer gan, da kam de lüttje Dochter ok herup und sed, Mutter giv my eenen appel! ja myn Kind sed de frou un gav eer eenen schoinen appel ut de kist, de kist averst had eenen groten swaren Deckel mit een groot schaarp ysern slott, mutter! seed de lüttje Dochter schall Broder nich ok eenen hebben, dat vördrot de frou, doch sed se ja wen he ut de school kummt, un as se ut dat finster gewaar wurde dat he kam so was dat recht as wen de Böse äver eer kam, un se grapst to un nam eerer Dochter den appel wedder weg un sed du sast nich eer eenen hebben as Broder dar smeet se den appel in de kist und makt de kist to, dar kam de lüttje jung in der dör dar gav eer de Böse dat in, dat se früntlich to em sed, myn Söhn wist du eenen appel heben, und sach em so hastig an, Mutter! sed de lüttje jung, watt sühst du gresig ut, ja giv my eenen appel, dar was eer as sull se em to riten, kum mit my, sed se un makt den Deckel up haal dy eenen appel herut, un so as sik de lüttjung henin bükt so reet eer de Böse. Bratsch – sloog se den Deckel to dat de kop af floog un unner de roden appel feel dar äver leep eer dat in de angst un dacht kund ik dat von my bringen, dar ging se baben na eere stuve na eeren Dragkasten, un halt ut de bävelste schuuflade eenen witten Dook, un sett den kopp wedder up den hals un band den halsdook so um dat man niks seen kund, un sett em vör de Dör op eenen stool und gav em den appel in de hand. Dar kam dar na Marleenken to eere Mutter in de köke de stand by den führ un had eenen Putt mit heet Water för sik, den rührt se jümmer um, Mutter segd Marleenken Broder sitt vor de Dör un säht gans witt ut, un het eenen appel in de hand, ik hev em beden he soll 367

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my den appel geven averst he antword my nich da ward my gans graurig, ga noch mahl hen segd de Mutter un wen he dy nich antworden will so giv em eens an de Ohren, da ging Marleenken hen un sed, Broder giv my den appel averst he sweeg still, dar gav se em eens up de Ooren, da feel de kopp herün, daräver verschrack se sik un füng an to weenen un to rauren, un leep to eere Mutter un sed: ach! Mutter ik heb minen Broder den kopp af slagen! un weend un wul sik nich to freden geben, Marleenken! sed de Mutter wat hest du dahn – äverst swig man still dat keen minsch markt dat is na doch nich to ännern, wy willen em in suhr koken, dar nam de Mutter den lüttjen jungen un hakt em in stücken, ded em da in den Putt un kockt em in suhr, Marleenken averst stun darby un weend un weend un de tranen feelen all in den Putt, un se brukten gar keen solt. Dar kam de Vader to huus un sett sik to disch un sed wo is den min söhn? dar drog de Mutter eene grote grote schöttel up mit swart suhr, un Marleenken weend un kund sik nich hollen da sed de Vader wedder, wo is den myn söhn, ach segt de Mutter he is avert Land gahn, na Mütten eer groos Oem, he wull dar wat bliven, wat deit he den dar? un het my nich mahl adjüs segd, o! he wuld geer hen un bed my ob he dar woll sechs Weken bliben kun, he is jo woll dar up haben, ach sed de man my is so recht trurig, dat is doch nich recht he had my doch adjüs seggen schullt, mit des fung he an to eeten un sed Marleenken watt weenst du? Broder wart woll wedder kam ach frou sed he don wat smekt my dat Eten schoin giv my meer, un je meer he ath je meer wuld he hebben, un sed gevt my meer gy sölt nix darof hebben dat is as wen dat all myn weer, un he ath un ath, un de knoken smeet he ull ünner den Disch, bet he alles up had, Marleenken averst ging hen na eere Commode un nam ut de unnerste schuuf eeren besten syden Dook, un haalt all de beenken un knoken ünner den Disch herut, un bund se in den syden Dook, un droog se vör de dör un weente eere blödigen tranen, dar led se se unner den Machandelboom in dat groine graß, un as se se dar hen legd had so was eer mit een mahl so recht licht un weente nich meer, do füng de Machandelbom an sich to bewegen, un de Twyge deden sich jümmer so reecht von een anner un wedder to hope so recht as wen sik eene so recht freut un mit de handen so deit, myt des so ging dar so’n Nebel von den Bohm un recht in den Nebel da brennt dat as führ, un ut dat führ dar floog so’n schoinen Vagel herut de sung so herlich un floog hoch in de Luft, un as he weg war dor war de Machandelboom as he vorheer west war, un de 368

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Dook mit de knoken war weg – Marleenken averst war so recht licht un vergnoigt, recht as wen de Broder noch leeft, dar ging se wedder gans lustig in dat hus by Disch un ath. De Vagel averst floog weg un sett sik up eenen Goldsmit syn huus un füng an to singen Mein Mutter der mich schlact’t Mein Vater der mich aß Mein Schwester der Marleenichen Sucht alle meine Beenichen Und bind’t si in ein seiden tuch Legts unter den Machandelboom. Kywitt! kywitt! ach watt een schoin fagel bin ik. De Goldsmidt satt in syne Warkstede un maakt eene goldne kede, dar hörd he den Vagel de up syn dak sat un sung un dat dünkt em so schoin dar stun he up un as he aver den süll ging, so vörloor he eenen tüffel he ging äver so recht midden op de strate eenen tüffel un een sok an, syn schottfell had he vör un in de een hand had he de golden kede un in de anner de tang un de sünn scheint so hell up de strate dar ging he recht so stahn un sach den vagel an „vagel! segd he do, wo schoin kanst du singen sing my dat stück noch mahl“ – Nee segd de vagel twee mahl sing ik nich umsünst, giv my de golden kede so will ik dit noch mahl singen, da segd de goldsmidt hest du de golden kede nu sing my dat noch mahl, dor kam de vagel un nam de golden ked so in de rechte krall, un ging vör den goldsmitt un sung: Mein Mutter der mich schlact’t Mein vatter der mich aß etc. Dar flog de vagel weg na eenen schoster un sett sik up den syn Dak un sang: Mein Mutter der mich schlact’t etc. (Die Fortsetzung künftig.)

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Graf Richard. Schottische Gränze, alt. 5

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„O wiege länger dein Söhnlein jung, Nicht länger nun für mich; Ich hab’ ein Liebchen anderswo Das lieb’ ich mehr als dich. Die Sohle selbst von ihrem Fuß Ist weißer als dein Gesicht.“ – „Graf Richard! ihr verschmäht zur Nacht Mein Gast zu sein doch nicht?“ Und da sie sich zum Mahl gesetzt, Schenkt sie ihm wacker ein; Als Lebender ging er zu Bett, Bald wird er’s nicht mehr seyn. Dann auf und sprach der Papagei, Ihr Haupt umfliegend fein: „Wohl haltet euer grünes Kleid, Von Richards Blute rein!“

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„O! besser halt ich mein grünes Kleid Von Richards Blute rein, Als du kannst halten dein scheltend Wort, Und nicht geschwätzig sein.“ 5

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Sie rief die Dirnen all’ herbei, Die Dirnen in ihrem Schloß: „Hier liegt ein todter Mann,“ sprach sie „Ich wünscht’, ich wär’ ihn loß!“ Sie stiefelten und spornten ihn Wie er gewohnt zu reiten: Ein Jagdhorn hing um seinen Hals, Ein Schwert an seiner Seiten; Sie warfen ihn in den bleichen See, Wohl unter des Ufers Weiden. Dann auf, und sprach der Papagei Der saß auf einem Baum – „Was hast du mit Graf Richard gemacht, Warst noch sein Liebchen kaum?“ „Herab, herab auf meine Hand, Herab mein Vogel fein; Ein goldner Käfig soll für dich Da jetzt ein Zweig nur dein.“ „Hinweg, hinweg du böses Weib, Kein goldner Käfig mir; Wie du es mit Graf Richard gemacht Würd’st du es machen mit mir!“ Kaum war sie über einen Rein, Nur über einen Rein, Als sie traf seinen Vater alt, Der kam geritten allein.

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„Wo warest du noch, Fräulein schön, So spät nach Tageslicht?“ – „Graf Richard haben wir gesucht, Doch finden wir ihn nicht.“ „Er kennt die Wege durch den See Wenn es auch tob’ und schäum! Und ob die Nacht so dunkel ist Wird er doch kommen heim.“ Und eines Tages auf die Jagd, Der König wollte reiten; Und er vermißt Graf Richard gleich Ihm sonst zur rechten Seiten. Das Fräulein kehrt sich rund umher, Und sprach mit Trauer-Klang: „Ich fürchte sehr, Graf Richard fand Im See den Untergang.“ „Wer taucht! wer taucht!“ Der König rief „Wer taucht für Geld und Gut? Wer taucht für Richard in den See, Wer hat für mich den Muth?“

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Sie tauchten ein, sie tauchten aus Wo tief das Wasser sehr; Sie tauchten für ihn in den See Als wenn’s ihr Bruder wär! Es traf sich in des Fräuleins Schloß, Im Bett der König liegt, Und auf und sprach der Papagei, Der um das Haupt ihm fliegt. „Stell ein das Tauchen bei der Nacht, Stell es bei Tage ein, Und wo der Ritter erschlagen liegt Wird glühn der Kerzen Schein.“ 372

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„O! ’s ist ein Vogel in diesem Schloß, Der süß und traurig singt; O! ’s 〈ist〉 ein Vogel in euerm Schloß Der um den Schlaf mich bringt.“ 5

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Das Tauchen stellten sie bei Nacht Und auch bei Tage ein; Und wo der Ritter erschlagen lag Da glüht der Kerzen Schein. Wo tief in Fels der See gewühlt, Zog man den Grafen hervor; Ein Rasenstück auf seiner Brust, Daß er nicht käm empor. Dann auf, und sprach der König selbst, Als er erschaut die Wund – „Wer schlug ihn der zur Rechten mir Hielt treulich Falk und Hund?“ Dann auf und sprach der Papagei „Was braucht es ach und Weh? Den Tod gab seine Buhle ihm, Und barg ihn in dem See.“ Sie schwor, daß sie seit Montag früh, Hab’ nicht gesehen ihn; Sie schwur es, bei dem reifen Korn, Und bei dem Gras so grün.

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„Was Kätchen, meine Dirne that, Legt mir nicht bei,“ sprach sie – Und aufgehäuft ward Dorn und Strauch, Daß Käth’ in Flammen glüh’. Es wollt nicht ihrer Haut sich nahn, Nicht ihrer Wange schön, Und auch nicht ihrem gelben Haar, Daß es die Sünd’ versöhn. 373

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Die Dirn berührt die Leiche kalt, Kein Blut entquillt der Wund; Das Fräulein legt die Hand darauf; Und bald wird roth der Grund. Man nahm die Dienerin heraus Gab die Gebieterin Preis: Die Gluth naht sich der Wange schnell, Naht sich der Haut so weiß, Naht schnell sich ihrem schönen Leib – Sie flammt wie dürres Reis.

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Henriette Schubart. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Von den Machandel Bohm.*) (Beschluß.) 15

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De Schoster hörd dat un leep vor syn dör, in hemdsarmel un sach na syn dak un must de hand vör de oogen holln, dat de sünn em nich blend’t, vagel segd he wat kanst du schoin singen – da reep he in sin dör herin, frou kum mahl herut dar is een vagel, sü mahl der vagel de kan mahl schoin singen, da reep he sin dochter un kinner un gesellen, jung un magd, un keemen all up de straat, un segen den vagel an wo he schoin weer, un he had so recht rode un groine feddern, un um den Hals was dat as luter Gold, un de ogen blickten em in kopp as steern, vagel sed de Schoster, nu sing my dat stuck noch mahl, nee segd de vagel twee mahl sing ik nich umsünst, du must my wat schenken, frou sed de Mann ga na den Böhn up den bövelsten Boord, da stan een paar rode Schö, de bring herün, dar ging de frou hen un halt de Schö, da vagel sed de Mann, nu sing my dat stück noch mahl, dar kam de vagel un nam de Schö in de linke klau un flog wedder up dat dak un sung:

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*) Durch einen Schreibfehler steht Hamburgisch statt Pommerisch im vorigen Blatte. 374

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Meine Mutter der mich schlact’t etc. un as he ut sungen had so floog he weg, de kede had he in de rechte und de Schö in de linke klau un he floog wiit weg na eene mähl, un de mähl ging klippe klappe – klippe klappe – klippe klappe, un in de mähl dar seten zwintig mählenbursen de hauten eenen steen un hakten, hik hak – hik hak – hik hak, un de mähl ging dar to klippe klappe – klippe klappe etc. Dar ging de vagel ap eenen Lindenboom sitten de vor de mähl stän un sung: „Meine Mutter der mich schlact’t da hörte een up „Mein Vater der mich aß da hörten noch tween up un hörten dat „Mein schwester der Marlenichen dar hörten wedder veer up „Sucht alle meine benichen Un bindt si in ein seiden tuch nu hakten noch man acht „Legt’s unter nu noch man fyve „den Machandelboom nu noch man een „Kywitt, kywitt ach watt een schoin vagel bin ik.“ dar heel de letzte ok up un had dat letzte noch hörd – vagel segt he wat singst du schoin, laat my dat ok hören sing my dat noch mahl, nee segt de vagel twee mahl sing ik nich umsünst, giv my den mählensteen so will dat noch mahl singen, ja segt he wenn he my alleen hörd so sust du em hebben, ja seden de annern wenn he noch mahl singt so sall he em hebben, dar kam de vagel herün un de Möllers fat’ten all twintig mit böm an un börten den steen up hu uh up! hu uh uhp – hu uuh uhp, dar stak de vagel den Hals dör dat lok un nam em üm as eenen kragen un floog wedder up den boom, un sang: Mein Mutter der mich schlact’t etc. un as he dat ut sungen had da ded he de flünk von een anner und had in de rechte klau de kede un in de linke de Schö un üm den hals den mählensteen un floog wüt weg na sines Vaders huse. – In de stuve satt de Vader, de Moder un Marleenken by Disch, un de Vader sed ach wat wart my licht, my is recht so goot to mode – nee! sed de Moder my is so angst so recht as wen een swar gewitter kümmt, Marleenken awerst satt un weend un weend dar kam de vagel anfle375

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gen, un so as he sik up dat dack sett – ach! segd de Vader mi is so recht freüdig un de sünn schiint buten so schoin, my is recht as süll ik eenen ollen bekanten wedder seen, – Nee! sed de frou my is so angst, de teene klappern my un dat is my as führ in de adern un se reet sik eer lifken up un so meer, averst Marleenken satt in een ek un weende un had eeren platen vor de oogen un weende den platen gans meß natt, dar sett sik de vagel up den Machandelboom un sung: Mein Mutter der mich schlact’t dar heel de Mutter de ooren to un kneep den ogen to un wald nich seen un hören aver dat bruste eer in de ooren as de aller starkst storm un de ogen brennten eer un zacken as blitz Mein Vatter der mich aß Ach Moder sed de Mann dar is een schoin vagel, de singt so herlich, de Sünn schiint so warm un dat räkt as luter zinnemamen Mein schwester der Marlenchen dar led Marleenken den kopp up de knee un weende in eens weeg, de Mann äverst sed ik ga herut, ik mut den vagel dicht by sehn, ach ga nich sed de frou my is as bevt dat ganze huus un stün in flammen, äver de Mann ging herut un sach den vagel an Sucht alle meine Benichen Und bindt si in ein seiden tuch Legts unter den Machandelboom Kywitt, kywitt ach watt een schoin vagel bin ik. Mit des leet de vagel de golden kede fallen, un se feel den Man jüst um den Hals, so recht hier herüm dat se recht so schoin past, dar ging he herin un sed sü wad is das vor een schoin vagel, hat my so ne schoine goldne kede schenkt, un süht so schöne ut, de frou aver was so angst un feel langst in de stuve hen un de Müz feel eer von den Kopp – dar sung de vagel widder: Mein Mutter der mich schlact’t ach dat ik dusent fuder unner de Eerde weer, dat ik dat nich hören sull Mein Vatter der mich aß dar feel de frou vor doot nedder Mein schwester der Marlenichen ach sed Marleenken ik will ook herut gan un sehn op de vagel my wat schenkt, dar ging se herut, Sucht alle meine benichen Und bind si in ein seiden tuch

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dar smeet he eer de Schö herun Legts unter den Machandelboom Kywitt, kywitt ach watt een schoin vagel bin ik. Dar was eer so licht un frohlich, dar truk se de nei- en roden Schö an un danst un sprüng herin ach segd se ik was so trurig as ik herut ging un nu is my so licht, dat is mahl een herlichen vagel, het my een paar rode Schö schenkt, nee sed de frou un sprang up un de har stunden eer to barge as führs flammen, my is as sull de welt unner gan, ik will ok herut op my lichter warden sull, un as se ut de dör kam – bratsch! – smeet eer de vagel de mählensten up den kop dat se gans to matscht, de Vader un Marlenken hörden dat un gingen herut, dar ging een damp un flam un führ up von de sted, un as dat vorby was, da stand de lüttje Broder un he nam sinen Vader un Marleenken by de hand un weeren all dree so recht vergnoigt, un gingen in dat huus bi disch un eeten.

Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf. Aus dem Dänischen von W i l h e l m G r i m m .

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König Dieterich sitzet dort in Bern, seine Macht rühmt alle Welt So manchen hat er bezwungen, beides Kämpfer und raschen Held. Dort steht eine Burg, die heißet Bern, drin wohnet König Dieterich. König Dieterich stehet bei Bern, schaut weit hin in die Ferne, Gott gebe, ich wüste den Helden stark, ich zöge zum Kampf so gerne. Da sprach zu ihm Meister Hildebrand: Ich weiß wohl Krieg und Streit Dort liegt ein Kämpfer beim Birtingsberg, bist du ihn zu wecken bereit. Hör du Meister Hildebrand, du bist ein Kämpfer so gut, Du sollst ausziehen zur Stund in den Wald, führ unser Schildzeichen mit Muth. Dazu sprach Meister Hildebrand, er war ein Held so weiß: Herr heut führ ich euer Schildzeichen nicht, denn mir geziemt nicht der Preis. 377

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Da rufet Wittich Wielands Sohn mit guten Sinnen gar bald Ich will der erste im Haufen seyn, noch heut gegen Birtings Wald. Das verkündiget Wittich Wielands Sohn, zornig sprach er zur Hand: Mein viel gutes Schwert, das schneidet so scharf, zerfrißt wohl Stahl und Gewand. Es waren an dreihundert Kämpfer, die drangen in Birtings Land Sie suchten nach Langbein dem Riesen, bei dem Walde man ihn fand. Da sprach Wittich Wielands Sohn, wir wolln spielen das wunderlich Spiel, Ihr laßt mich reiten zuerst in den Wald, wenn ihr mir traut so viel. Bleibt allzumal ihr Königes Mann beim grünen Berg hier stehn Die weil ich reit’ in den Wald hinaus, nach dem Wege mich umzusehn. Nun reitet Wittich Wielands Sohn wohl zu dem Walde hinweg Herunter hingen die Reiser tief, da fand er so enge den Steg. Da sprach also König Dieterich: Ich sage dir das von mir, Findest du Langbein den Riesen, verbirg das nicht vor mir. Da kam Wittich Wielands Sohn in den Birtings Wald, Dort fand er Langbein den Riesen, er lag da schwarz und ungestalt. Das war Wittich Wielands Sohn er stieß den Ries’ mit dem Schaft: Wach auf Langbein Riese, mir dünket du schläffst gar hart. „Hier hab’ ich gelegen manches Jahr, und geruht in der wilden Heide Hier kam nimmer ein Kämpfer herein, der mich wecken durfte zum Streite.“ Hier halte ich Wittich Wielands Sohn, mein gutes Schwerdt an der Seite, Ich will aus dem Schlaf dich wecken auf, das soll dir werden leide. Das war Langbein der Riese, die Augen zur Höhe er richt’t. Woher kommt dieser junge Gesell der solche Worte ausspricht. Wieland hieß der Vater mein, ein Schmid war er so schön Bodild hieß meine Mutter, ihr Vater trug Königes Kron Strenving heißt mein viel gutes Schild das mancher Pfeilschuß traf Blans wird genennet mein stolzer Helm so manches Schwert er brach. Skimming heißt mein edles Roß, erzeugt aus wilder Brut, Memmering nennt man mein Schwert, taucht sich’s in Helden Blut. Selbst heiß ich Wittich Wielands Sohn von Eisen ist mein Kleid. Stehst du nicht auf! bei deinen Beinen lang, ich bring dich gewißlich in Leid.

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Hörst du Langbein Riese, ich will dich nicht belügen, Der König hält außen vor dem Wald, du sollst ihm Schatzung geben. „All mein viel rothes Gold, das bewahr ich mit großer Ehre Das gewinnt mir kein Stallbub ab und kein Mann nimmrmehre.“ So jung und klein als ich auch bin sollst du mich finden hier Dein Haupt schlag ich wohl ab und gewinne das Gold von dir. Zu schlafen Langbein dem Riesen nicht länger da mehr gefällt: „Gelüstet dich förder zu leben, reit von mir du junger Held.“ Skimming sprang auf in Muth mitten in des Riesen Seite: Entzwei ging ihm das Riesenbein, und so begann er zu streiten. Da nahm Langbein der Riese seine Stahlstang recht in die Händ, Er schlug einen Schlag nach Wittich, daß die Stang im Berge sich wend’t. Das sieht Langbein der Riese, er wendet sich ab zu klagen: Nun liegt meine Stang im Berge fest wie vom Hammer geschlagen. Wittich wollt sich nicht versäumen, da war so muthig sein Sinn Wohl auf! Skimming, wend dich um, taugst du noch Mimmering? Er faßt Mimmering in beide Hände, zum Riesen er hin rannt, Er schlug so tief in die Brust, daß die Schärf sich im Eingeweid wend’t Da empfing Langbein der Riese vom ersten Schlage die Wund, So gern hätt ers vergolten, die Kraft er nicht gewinnen kunnt. „Verfluchet seyst du Wittich, darzu das Schwert an deiner Seite Du hast geschlagen die Wund in meine Brust, darum so bin ich in Leide.“ Ich will dich hauen du Riese so klein, wie die Luft den Staub aufweht, Oder du zeigst mir wo dein gesammeltes Gold im Walde verborgen steht. „O lasse das Wittich Wielands Sohn, o schlag mich nicht zu todt, Ich will dich führen zu dem Haus, gedeckt mit Gold so roth.“ Wittich reitet mit dem Riesen fort, so weit in den Wald hinein, Sie fanden das Haus mit Gold gedeckt, das glänzt in hellem Schein. „Darinnen ist viel mehr rothes Gold, als in diesem Land mag seyn, Du hebe hinweg den großen Stein, die Thür in den Hacken häng ein.“ Da sprach zu ihm Wittich Wielands Sohn, er fürchtet die Listen sein: Es übt kein weiser Held seine Kraft, begraben zu werden vom Stein. „Das ist wohl deine kleinste Kunst, du kannst dein Roß wohl wenden, 379

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Ich wills thun mit zwei Fingern, und du mit beid’ deinen Händen.“ So hob er auf den großen Stein, und schob seinen Herd daran, Wohl sah da Wittich Wielands Sohn wie bößlich er dies gethan. „Mehr als bei fünfzehn Königen, mag hier des Goldes stehn, Hör nun du Wittich Wielands Sohn du sollst zuerst eingehn.“ Da sprach Wittich Wielands Sohn er kannte wohl seinen Sinn. Du sollst selbst zuerst eingehn, denn solches ist Kämpfer Sitt’. Das war Langbein der Riese, der blickt nach der Thür hin ab, Wittich hieb mit beiden Händen, das Haupt hieb er ihm ab. Da nahm er von des Mannes Blut, sich und sein Roß er bestrich, So reit’t er zum Konig Dieterich spricht: Schand ist dieß für mich. Dann fasset er den todten Leib, stellt ihn an die Eiche kühl, So reitet er wieder zurück, und treibt ein wunderliches Spiel. Hier haltet alle am grünen Berg ihr guten Stallbrüder mein Langbein Riese hat mich geschlagen heut; das ist meine erste Pein. Erlittst du beides Hieb und Schlag, das ist so bös gethan, Wir wollen reiten nach Bern zurück verlieren keinen Mann. Du wend dich König Dieterich, du wend dich schnell mit mir, All das Gold das der Riese hat, das will ich zeigen dir. Hast du geschlagen den Riesen am Tag, das verkünd über Land so weit, Der Held wird nicht geboren auf Erden, der gegen dich vermag mit Streit. Das waren König Dieterichs Mann, die begehrten den Riesen zu sehn: Mit ihnen zu lachen ermüdet man, laßt sie an dem Walde stehn. Sie meinten der Riese werde gewiß nach ihnen die Beine lang strekken Und keiner getraut bei ihm zu seyn, und keiner auch wollte ihn wekken. Das war Wittich Wielands Sohn, der ihnen da Schimpf erbot: Wie mögtet ihr bei dem Lebendigen sein, dürft ihr ihn nicht sehen im Tod. Wittich berührt den Leib mit dem Schaft, zu der Erde das Haupt hinfällt Das sage ich euch in Wahrheit hier, der Ries’ war ein starker Held. Sie zogen heraus viel rothes Gold, erbeuteten was da stand Dem Wittich gehörte der beste Theil, erworben mit seiner Hand.

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Die Beute, die war ihm nicht so viel den Sieg hat er im Sinn Wie Langbein Ries’ überwunden sey, erschalle in die Lande dahin. Sie reiten so freudig nach Bern zurück, König Dieterich erfreut am meist Führt mit sich Wittich, Wielands Sohn, muß ihm folgen zu allernächst. Dort steht die Burg vor Bern drinn wohnt König Dieterich.

Dieses Aufrichten eines todten Leichnams erinnert auch an die Erzählung vom Cid (S. 225) Mitternacht wars und man setzte Auf sein gutes Pferd Babieka. Grad und vest den todten Herrn. Dies gesehn erschracken alle Sechs und dreißig Mohrenkönge. Und wie sich die Fantasie überall wunderbar gleich und ungleich zugleich gestaltet, so fanden wir schon eine Berührung dieser Art wieder in dem vorhergehenden Kindermährchen. Manche Vermuthungen werden dadurch zweifelhaft wie einzelne Lehren, besonders religiöse gewandert seyn sollen durch M i t t h e i l u n g , während einzelne Zaubermittel der Fantasie und wissenschaftliche Entdeckungen in bestimmten Zeitaltern meist von vielen annähernd zugleich gemacht wurden, wahrscheinlich weil der Himmel dem gebrechlichen Einzelnen nicht seine Offenbarung anvertrauen wollte. Im thätigen Leben der Geschichte ist es offenbar, daß nie etwas Grosses durch einen einzelnen Menschen geschah, sondern immer durch die Entwickelung vieler, an deren Spitze freilich immer der Thätigste stand, zuweilen auch der Göttlichste. Einsiedler.

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Zeitung für Einsiedler. 1808. [241]

– 31 – Fräuleinswache.

Ich geh’ all Nacht die Runde Um Vaters Hof und Hall, Es schlafen zu dieser Stunde, Die trägen Wächter all. Ich Fräulein zart muß streifen, Ohn’ Wehr und Waffen schweifen, Den Feind der Nacht zu greifen. O weh des schlimmen Gesellen! Nach Argem steht sein Sinn; Würd’ ich nicht kühn mich stellen, Wohl stieg er über die Zinn. Wann ich denselben finde, Wie er lauert bei der Linde, Ich widersag’ ihm geschwinde. [242]

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Da muß ich mit ihm ringen, Allein die Nacht entlang; Er will mich stets umschlingen, Wie eine wilde Schlang. Er kommt vom Höllengrunde, Wie aus ein’s Drachen Schlunde, Gehn Flammen aus seinem Munde.

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Und hab’ ich ihn überwunden, Halt ihn im Arme dicht: Doch eh’ die Sterne geschwunden, Entschlüpft mir stets der Wicht. Ich kann ihn Niemand zeigen, Muß meinen Sieg verschweigen, Und mich in Trauer neigen. Ludwig Uhland. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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Alte Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin, die Nonne wurde.

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Das edle Saitenspiel des heiligen Geistes, der Prophet David, ward einsmals ertrunken in der Stille des göttlichen Schauens, und sprach das edle Wörtlein: Mir ist gut, daß ich Gott anhange. O wohl mir, zarte Kinder, was mein Mund euch oft begreiflich gesagt hat, da ich bei euch war, das rufet zu euch mein Herz. Das ist gut, und ist besser und ist das allerbeste! Der Gott anhänget wird ein Geist mit Gott, und verschwimmet in das Einige ein. Das begehrte der Widerglanz des ewigen Lichtes an dem letzten Nachtmahle, das er hätte mit seinen Jüngern: Heiliger Vater ich begehr, daß sie Eins mit uns seyn, als ich und du Eins und Eine sind. Und welche also mit der Allheit in Einigkeit worden sind, alle ihre Sinne kommen in solche Eingezogenheit und ihr Verständniß ist ein Schauen der bloßen Wahrheit. Ach hebet auf euere Augen, sehet was freuen sich jetzund Berg und Thal, Laub und Gras, wie lachet jetzt die schöne Heyde? Nicht anders denn von der klaren Sonne. Ach darum mein Kind, erschwinge dich in die wilde stille Wüste der Gottheit, leide und wisse, daß ein schwacher Leib und ein starkes Gemüth mit Gott alle Ding überwinden möge. Nehmet wahr, wer der schönen Rosen Augen wieder tugentlich haben will, und wonnigliche Früchte der Balsamen genießen, der muß ihre natürliche 383

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Art erwarten in Gemach und in Ungemach, bis daß der fröhliche Tag kommet, daß er sie in spielender Wonne fröhlich genießen wird nach aller seiner Herzenslust. Der Einsiedler. 2.

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Ich danke euch für euer Schreiben, so weit ich es verstehe, und auch was ich nicht verstehe tröstet mich göttlich. Heiliger Vater! Ich bin erst einige Tag von euch entfernt und meine, es wäre eine Ewigkeit, ich werde euch wohl nicht wieder sehen! Wie war ich so traurig, als ihr mit einem Segen von mir geschieden, die Schwestern sahen mich alle so neugierig an und befühlten meine Hand, ob die schwarze Farbe darauf säße oder darunter; meine Seele umzog bald ein so trübes Dunkel, daß ich nicht schlafen konnte, sondern an das Fenster ging, und mich über den Mond verwunderte, wie er so helle durch die Linden schimmerte, die Linden rauschten ihm entgegen, und ich fühlte mich umfaßt, von der kranken Schwester Therese, die auch nicht schlafen konnte. Sie ist auch so gut, beinahe so gut wie ihr, und klagt nur immer, daß sie mich nicht genug lieben könne. Die andern Novizen denken alle noch weit hinaus in die Welt, und wissen alles was da geschieht, wir beyde denken nur an euch, und wie wir gerne mit euch lernen und lehren möchten, so weit ihr uns Kraft gebet, und könnten wir nicht lehren die Heyden, so könnten wir doch eure Füße salben, für euch sorgen, aber wofür braucht ihr zu sorgen, da Gott mit euch, ihr sorgt für uns und für die Welt. Alle Heiligen denken wir uns wie euch, und die Jugend gefällt mir nicht, da ihr alt seyd, euer weißer Bart ist das Ruhekissen aller Andacht, wie war die Sandwüste, wo ich darauf ruhen durfte, als ihr sorglich waret für mein Leben; kein Obdach wäre mir da willkommen gewesen, so stark auch das Unwetter; ich hörte euer Herz schlagen, ich fühlte euern Athem wie Thau an meiner Brust, ich war euch so nahe und nun bin ich euch so fern, ich liebe euch wie meinen Himmel, und liebe den Himmel, wenn er so wie ihr fortwandelt in aller Güte. O möge euch für die Treue Maria die Mutter Gottes ihr Kindlein eine Stunde in die Arme geben, daß es euch anlächle in der Wüste. Die Mohrin.

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Da der König David seine Jugend im Gottesdienste hatte vertrieben, da er begann zu alten, da begann er zu kalten, und das sahen seine getreuen Diener und die zogen durch alles Land, und suchten ihm eine züchtige Jungfrau und fanden ein ausnehmend schönes Mädchen, und führten sie ihm zu, daß sie ihn wärmete und ihm dienete. Wer nun Wunder will schauen, der sehe nicht an, daß das geschah in den alten Tagen. Er soll sehen das klägliche Ding, daß neues geschehen ist, da der volle Mond gebrochen ist, daß die spielende Sonn erloschen ist, der liebe Ostertag zu dem stillen Freitag worden ist, ach und die heiße Sommerwärme zu dem kalten Reife gerathen ist. Das seyd traurig ihr wohlsingenden kleinen Vögelein, die den Sommer in lachender Freude empfinget und euch gegen den schönen Sonnenglanz erschwingetet. Ach zartes Kind, nun kehre dein Angesicht herzu und höre, was ich meine. Es sind jetzund viele Menschen, die tragen einen geistlichen Schein und haben Gott nie scheinbar erzürnet, aber sie sind laulich, lieblos und gnadeleer geworden, schließe dich an sie zu erwärmen die Kalten, und Reif wird herabfließen in Thränen, und die Flur wird heller und grüner seyn denn jemals. Also geschiehet auch nur durch deine heilige Wärme. Ein liebendes Herz spricht zu tausend andern. So thut als wilde Falken einen freien Schwung, daß die natürlich edlen Herzen inne werden der göttlichen Heimlichkeit. Wahrlich es ist ein freies Leben, Gott dienen, wie ich es meyne. Manche Rose, die sich dem Himmelsthaue lange verschlossen, gehet im kalten Reife auf, denn es spricht die liebhabende Seele von ihrem Geliebten, laß mich hören deine Stimme, denn deine Stimme ist süß, und dein Angesicht lieblich. Mein Kind! ich bitte die ewige Wahrheit, daß sie in deinem Herzen zu hauße komme, und alles das kräftiglich daraus stosse, das je darinnen sich gesetzte. Wie wäre es möglich, daß alles Gerümpele das zwanzig Jahre an einem Orte sammlen, sich alles bald lasse ausstossen. Niemand ist Gott zu jung oder zu alt, er giebt und thut, was er will. Es muß noch manches wandelbar Wetter in uns aufstehen, ehe daß die bleibende Heiter in uns bestattet wird. Des lieblichen Liebhabers Zürnen ist doch besser denn aller Liebhaber Kosen. Darum läßet Christus sein Antlitz leuchten über dir, daß du sehen mögest, wo es noch dunkel und unrein in deinem Herzen. Der Einsiedler.

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4. Heiliger Vater! Ich habe mein Gelübde gethan, mein Haar ist nicht aufgegangen vor der heißen Sonne, ich konnte kein Haar verlieren und abschneiden lassen wie die andern, ich habe nicht getanzt wie die andern den Tag vorher, ich habe nicht geweint wie die andern den Tag nachher, als die Thür zuschlug und ich in die dunkle Zelle eingeführt wurde, ich fühlte mich nicht verändert, und schreibe es der Trockenheit meines fremden Himmels zu. Ihr seyd mein Himmel, ihr hörtet mich, als ich im Schandhause ein frommes Lied sang, ihr tratet herein und fürchtetet nicht das Gespötte der wilden Seeräuber und sagtet: Hier ist noch eine arme Seele, die gerettet werden kann, denn sie wendet sich zu Gott, und Gott gab euren Worten Gewalt, und erschreckte die Männer, und ich folgte wie ein junges Kindlein der Mutter. Ich war einer großen Sünde recht nahe und wußte es nicht, nun ich es weiß, habe ich mich gebessert durch euch, ihr habt mich an den Himmel abgegeben, ich wage aber nicht hinauf zu sehen. Sehet hinauf und betet für mich. Die Mohrin.

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Die Weinstöcke haben Augen genommen, und geben ihren Geruch, die Turteltaub läßt sich hören in unserm Land. Mit welchen Freuden meinet ihr, daß sich der Herr in den schönen Weingärten ergienge, ach ihr jungen schönen Weinstöcke des himmlischen Vaters, ihr schönen, holdseligen Turteltäubelein des göttlichen Gemahls, gedenket wie lange Zeit ihr wüste seyd gelegen, wie manchen schönen Tag ihr müßig und unfruchtbar seyd gelegen. O wehe ihr kalten Winde unnützer Worte. Mein zartes Kind! Was soll ich mehr schreiben? Denn daß meine Augen manchen fröhlichen Augenblick gethan, so ich ginge über die schöne Haide, floriren all durch die Blumen hin, und ich hörte die himmlischen Harfen der lieben Vögelein ihren zarten lieblichen Schöpfer loben, daß es durch die Luft aufdrang, ich sah sie nicht, und hörte sie doch, ich hörte euch im Chore, und sah dich nicht und hörte nicht dich, sondern dich in allen, so verfließt ein seliges Leben über alle die es vereinet. Es freuet sich mein Herz über euer angefangenes heiliges Leben, ehe ihr aber erstarket seyd, so solltet ihr euch umzeunen als ein junges Bäumlein gegen das grasende Vieh. 386

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Eines Dinges sollest du auch gewarnet seyn, so die schönen Weingärten aufblühen, daß auch dann die Bremen und die leidigen Käfer beginnen stürmen, und da der böse Geist mit sich selber nicht kann zukommen gegen einen wohlgesitteten Menschen, da reitzet er sein Gesinde mit bittern Worten, mit falschen Weissagungen in Lieb oder im Leide. Und darum mein junges Kind, mein zartes auserwähltes Kind stehe fest in Gott, denn er läßt dich nicht. Der Einsiedler. 6.

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Heiliger Vater! Ich bin demüthig, und meine Freude ist allen zu dienen, und doch werde ich verschmähet. Wer wagt doch mich zu verachten, da ihr mich gewürdiget habt der Lehre. Bei der Pfingstprozession traf mich die Reihe eine Fahne zu tragen; aber die weißen Schwestern rissen mir die Fahne aus der Hand, und ich wie eine Aussätzige mußte nebenher gehen, und ich konnte vor Scham nicht roth werden, ich bin schwarz und von Gott zur Nacht verstoßen. Heiliger Vater! ich kann nicht schreiben, ich bedarf euren frommen Trost, daß ich auch hier nicht tauge, wo ich meinte selig zu werden, ich muß weinen um andrer Leute Stolz, und weine aus Hochmuth, und habe euch und den himmlischen Bräutigam zu denken, und denke immer meiner Mitschwestern und zwinge mich wohl, zu beten für sie, aber mein Herz wird vom Zorn überwältigt, umsonst geißle ich mein Fleisch, es ist gewohnt der Schläge und fühlt nicht, wir hatten einen schlimmen Herrn auf der Insel. Hörte ich nur ein Wort von euch heiliger Vater. Die Mohrin. 7.

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Ich bin schwarz, aber gar schön ihr Töchter Jerusalems wie die Teppiche Salomos. Also stehet geschrieben in dem lieben Buch von der liebenden Seele. Die Töchter Jerusalems hatten ein Angaffen, daß König Salomos auserwählte Frau schwarz war, und ihm doch wohl unter vierzig und hundert Frauen die liebste war. Das antwortete sie ihnen tugendlich und sprach also: Ich bin schwarz, und bin doch holdselig. Mir ist lieber eine gnadenreiche holdselige Schwärze, denn der Schein einer gnadenlosen Weiße. Ach nun höre, du liebe schwarze 387

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Tochter, was meinet der heilige Geist hier inne? Wer ist die schwarze holdselige Mohrin, die dem himmlischen Salomo so gar lieblich ist? Siehe, das ist eine gottleidende Seele, welche die ewige Sonne mit grossem bitterlichen Leiden entfarbet, aber den inneren Menschen mit gnadenreicher, lieblicher Holdseligkeit kleidet. Wer sich auf der himmlischen Heyde ermayet hat, der achtet nicht viel auf das zeitliche Mayengewand, was sollen ihm rothe Rosen, Violen, Lilien, so sein Herz davon in keiner Weise kann ruhig seyn. Mein Kind, mein Kind! warum schreibe ich dir schöne Worte, da mein Auge voll Wassers, mein Herz voll Feuers ist. Lieber Gott, es ist gar leicht zu sprechen und zu hören, es thut aber gar wehe, ein Gegenwärtiges empfinden. O wehe, schöne Zarte, wie bist du verhöhnet worden wegen deiner Schwärze von den scheinheiligen Weißen. Siehe in die schöne Allheit der Welt, siehe an die schönen Gemäuer des himmlischen Jerusalem, wie die Steine glänzend gefärbet sind mit den schwarzen Leiden der Erde. Welch ein schöner Wind daher strömt! Ach alle liebende reuige Herzen empfinden diesen Wind. Also geschah auch der lieblichen Reuerin, da sie zu den milden zarten Füßen der geliebten Weisheit knieete, und mit diesem göttlichen Winde durchwehet war, ach und ihm seine göttlichen Füße mit ihren herzlichen Thränen durchgoß. Die goß aus eine edle Salbe, die alles Haus erfüllete mit ihrem Geruche, Reue, welch ein edel Ding bist du, wie selig ist der, dem der wahre Grund einer rechten Reue wird. Denn ihm werden seine Sünden lauterlich vergeben, und wären ihrer so viel als Sand am Meere, und aus einer aufgenommenen Sünderin wird eine auserwählte Liebhaberin. Mein Kind! wir sind nicht allein die Verschmähten, die Verstoßenen in der Welt, die Mehrzahl des himmlischen Hofes sind unsre Gesellen. Sind wir den Leuten unnütz? Das Weidenholz ist unnütz, man schnitzet aber gar holdselige Bildnisse daraus, die man werther hält als Zedernholz. Wenn arme Dürftige, die in Hungersnoth sind, zusammen kommen, so erlangen sie ein Kurzweil, daß sie ihres Kummers vergessen. Ach mein Kind, ich muß dir eins sagen, daß du deines Leides vergessest. Siehe, es geschahe einmals, da war ich in großem verschmähetem Leiden, da saß ich in meiner Zelle und sahe einen Hund, der lief mitten in dem Kreutzgang, und schleifte da ein Gebetbuch und warf es nieder und biß darein und spielte damit. Also Herr bin ich in der Brüder Mund. Das Gebetbuch läßt sich behandeln wie der Hund will, ich legte es in mein Käppelein neben meinen Stuhl, und schicke es dir nun zum Troste, höre an diese edle Trutznachtigall (von Spee) meines 388

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Bruders, die irdische Nachtigal muß dieser himmlischen schweigen, die dich immerdar mahnt: Hast du ein Herz wie das meine, so schwinge dich auf durch die Nebel und Schlossen. Der Himmel leite dich. Der Einsiedler. 8. Heiliger Vater! Ihr wandelt wie die seligen Engel herum, und beglücket wunderbar alle Menschenkinder und taufet sie im Geiste, sehet aber nicht zurück auf die, welche beglückt sind durch euch, sondern strebet immer weiter wie die Gnadensonne. Lasset mich aus der Ferne euer Gewand anrühren, wendet euch um, es ist auch christliche Milde den frommen Dank anzuhören. Mir ist der Frieden geworden, ja es scheinet Gottes Auge über mir zu weilen, und mich mit einem Meere lichter Wolken zu erfüllen. Kein Unfall störet mich mehr, und die Schwelle über die ich falle wird mir zum Altar, dem ich den Anstoß danke, mich wieder von ihm höher erheben zu lassen. Ich bin ungeschickt es euch zu sagen, mag auch meine Seligkeit nicht sträflich unterbrechen durch Nachsinnen, mir ist oft, als wenn ich flöge wie eine Biene, und sammelte den seligen Honig ein, ja der Himmel erscheint mir mit seinen Heiligen, wie ich an ihn denke. Die ungläubigen Schwestern spotten über meine Gesichte, weil mein Angesicht schwarz ist, aber mich schmerzt das nicht, ich weiß was ich gesehen habe, sie haben mich dem Bräutigam vermählt, ich fühle noch an meinem kleinen Finger den Druck des Ringes. Ich war oft so entzückt in seliger Anschauung, daß ich das Geläute der Metten nicht hörte, sie schickten mir den frommen Abt, um mich ermahnen zu lassen, und ich sagete ihm, was ich sehe, und ihm war wie einer schwebenden Taube, er kniete vor mir; heiliger Vater kommt zu mir, es wandelt mich oft eine Furcht an vor meiner Seligkeit und Vollkommenheit, als wenn ich damit nicht leben könnte, als wäre ich schon im Himmel wie eine rothe Abendwolke, die alle Gesichter der Menschen röthet. Heiliger Vater! wäre ich noch eine Magd, so stände ich in schwerer Arbeit, die mir die selige Zeit nehme, wäre ich eine Frau, so hätte ich eine Sehnsucht nach meinem Manne, ihr habt mich geführt zur heiligen Freiheit, laßt euch führen von mir zu der Seligkeit, die ich allein angeschaut, die ihr verstehen könnt und verdienet, und nicht verschmähen werdet wie meine Schwestern. Schon kommen Bedrängte aus ferner Gegend, die von mir gehört haben und wollen, daß ich die Hand auf sie lege, und ich lebe so selig in meiner Klause, daß mir die 389

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Welt rings dunkel und öde erscheint, und um euch trauert, daß ihr noch darin wallet. Ich werde von einer innern Kraft getrieben, wie ein Samenkorn, und wage nicht umzuschauen, ob ich Raum habe, meine Blätter zum Himmel zu treiben, ich sehe die Säulen an unsrer heiligen Kirche und trauere, daß ihre Knospen nicht blühen, wenn sich mein Samenkorn entwickelt, da wird es einen Säulenwald geben, und auf jeder ruhen eine Wolke eigen und ein Stern, und ich habe die heilige Kirche wie einen Stein an den Baum gehangen, ihn nieder zu drücken, aber er hebt mit Frühlingskräften die Steine, und sie belasten ihn nicht mehr. Kommt zu mir heiliger Vater und vereinigt euch mit mir, wie soll ich mich halten gegen die Wunder. Die Mohrin. 9. Liebe Tochter! Sage meinen Geliebten, daß ich vor Liebe krank liege. Es scheinet wohl, daß die Liebe trunken machet, daß ein Mensch nicht weiß, was er thut. Säße ein Mensch vor einem Keller in einem sommerlichen Tage, schön bedeckt mit des gelaubten Waldes grüner Staat, mit der Blumen mannigfaltigen Schönheit, und man ihm da heraus einen Ziperwein in dem durchleuchtenden Gläslein vortrüge, und ihn nach seines Herzens Begierde tränkete und ein andrer Mensch auf der dürren Haide unter einer rauhen Wachholderstaude säße und Beeren ablese, daß er kranke Menschen gesund machte. Entbeute jener diesem, wie er zum süßen Saitenspiele sollte tanzen, er spräche, der mag wohl trunken seyn, er meynet, daß jedermann sey wie ihm, mir ist ganz anders zu muth, wir sind ungleich geführet. Mein Kind! das mag ich eigentlich zu dir sprechen von der Botschaft, die du mir hast gethan, wie eine inbrünstige Fackel entbrennet sey in deinem Herzen von rechter inherziger Liebe zur ewigen Weisheit, und von dem neuen Lichte und unbekannten Wundern, die sie in dir wirket, und wie dein Herz hat darin empfunden ein süßes Weh und ein liebliches Zerfließen und ein überschwengliches Empfinden, davon du mich gefraget hast, und begehrest wie du dich ihm allerlieblichst hierin sollst erzeigen, und gegen die Wunder halten. Mein Kind! es steht eine unmäßige Freude auf in meinem Herzen, daß sich der Liebliche so lieblich erzeiget, und daß er giebt zu empfinden, was ich dir mit Worten sagte. Ich wollte gern dürsten, wenn alle, mein Kind, so getrunken. Mein Kind! es ist ein groß Wunder, daß du in so kurzen Jahren hinzu bist kommen, das macht dein grundloser Ernst, dein Kehr zu Gott, deine 390

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Abkehr von der Welt. Mein Kind! ein Mensch, der nie zu dem Wein kam, dem ist der Wein empfindlicher als der schon oft getrunken, und gedenke, daß dir also geschehen sey von der klaren süßen Liebe der ewigen Weisheit, die dich urkräftlich hat überwunden. Oder es meynet aber, daß Gott dich reitze, und dich bald von hinnen will nehmen in den grundlosen Brunnen, woraus du ein Tröpflein versuchet. Oder es meynet aber, daß er seine Wunder hier an dir will erzeigen, und den Ueberfluß seiner Güte, und sollt dich also halten, daß du dich neigest unter seine Füße mit der Selbstverworfenheit in einem Schauen seines Willens ohne Lust suchen dich selbst, du darfst dabei nicht Furcht haben, du sollest deiner leiblichen Kraft wahrnehmen, daß du nicht zu viel darinnen verzehrt werdest. Es mag sich im Lauf fügen, daß drinn diese Lockung dir zu dermaßen benommen wird, und daß du auf ein Geringes gesetzt wirst, denn nach der langen Hitze und Dürre leuchten die Wetter prächtig und tränken die Gefilde mit Himmelsduft, aber dann ist es oft lange kalt. Fülle in Demuth deine Zisterne, daß es dir an Wasser nicht mangle und theile es allen mit, die da dürsten, ich lebe hier an einer sanften Quelle, die immerdar in Tropfen fließet und habe ich ein Stündlein mit ausgestreckter Hand gebetet, hat sich gesammelt so viel des Trankes, als mir gut thut im Alter. Liebe Tochter! versäume nicht andre über mich in deiner Frommheit. Der Einsiedler.

Ludwig Achim von Arnim.

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Bruder Claus. O Herr nimm von mir, Was mich wendt von dir. O Herr gieb mir, Was mich kehrt zu dir, O Herr nimm mich mir, Und gieb mich ganz zu eigen dir. So betet ein und zwanzig Jahr, Der Bruder Claus, alltäglich zwar Bei Melchthal in der Cellen, Die er sich thät erwählen, Als er war sechzig Jahre alt, Da ging er in den wilden Wald, Sein Weib und seine Kinder verließ, Sie oft und freundlich wieder grüßt, Doch lebet er für sich allein, Von Wurzeln und von Kräuterlein. Sein Leib war grad und wohlgestalt, Doch dürr und mager, weil er alt, Fast nichts als Adern, Haut und Bein, Ganz schwarz und klar die Augen sein, Sein Bart nicht lang von wenig Haar, In zween Spitzen getheilet war, Sein Farb war braun, das Haar vermischt Mit schwarz, auch graues drunter ist,

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Sein Adern, so er redt, waren gleich Als ob die Luft sie füllte reich, Und nicht ein Blut nach Menschenart, Ein Kleid von ihm gebraucht nur ward, Ein langer Rock bis auf die Füß, Und Haupt und Fuß er bloß stets lies. Mit männlich Stimm, in langsam Red Viel künft’ge Ding weissagen thät, Verkündigt Buß und Besserung, Und manchem es zu Herzen ging. In seiner Lehr Gottes Wort er traf, Ob er gleich nie Geschriebnes las, Bescheidentlich er disputirt, Und nie in seiner Rede irrt.

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Den Eidgenossen gab er Rath, Zum Frieden sie ermahnet hat; Der ist der Eidgenossenschaft Ringmauer wider Feindeskraft. Der Schweizer Stier mit seinem Horn An einem Ort würd seyn verlor’n, Doch bleibt ihm noch sein Rosenkranz Dreizehen Rosen drin voll Glanz, Die werden blühen Tag und Nacht, Wenn sie mit allem Ernst bedacht Und folgen Bruder Clausens Lehr. Zur Handarbeit mahnt er sie sehr, Ausländ’schen Dienst sie meiden sollen, Gerechtigkeit und Freiheit wollen, Die Freiheit, die mit fester Hand Vorzeit erhielt bei hartem Stand.

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Der Weihbischof von Konstanz fragte, Einst was die größte Tugend sey, Der Bruder Claus zur Antwort sagte: »Auf recht Gebot Gehorsam frey.« Der Bischof gab ihm drei Biß Brod,

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Und sprach: Gehorche dem Gebot, Und esse dieses Brod vor mir, Das ich gesegnet reiche dir. Der Bruder nahm und brach das ein Noch in drei Bis und Stücklein klein, Fing an zu essen so beschwerlich, Daß jedermann vergnüget sich Der Tugend, des Gehorsams seyn. Der Bischof reißt in Sorgen heim, Doch in der Nacht es sich begeben, Daß Claus im Bette thät erbeben, Die Sternen leuchten schön und klar, Ein Bildniß an dem Himmel war, Des Papstes Haupt mit seiner Kron Sah Bruder Claus am Himmelsthron, Doch das viel Schwerdt mit ihren Spitzen, Ihm um die hohe Krone blitzen; Tausend fünfhundert und zwei Jahr Zählt man, da er gestorben war. [251]

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Sein Weib und Kind sah oft der Greis Besucht sie oft mit ganzem Fleis, Und zehen Kind hat er verlassen, Die alle Leibesmängel hatten, Damit sie ja stolzierten nicht, Wie sonst wohl ist der Menschen Sitt, Ob ihres Vaters Heiligkeit, Der demüthlich zu seiner Freud, Im Schnee zum Bruder Ulrich kam Und seiner Kirchen sich annahm, Hochzeitlich Tagen nicht veracht, Da er das Sakrament empfaht. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

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In den Zeiten des Königs von Frankreich, genannt Hilderich, war ein Herzog, genannt Adelreich, der war so edel von Geschlechte, daß sein Vater der Würdigste war an des Königs Hofe. Wiewohl daß dieser Adelreich äußerlich wohl seiner Ritterschaft wartete, doch war er in allen seinen Werken gerecht gegen Gott, davon so gab ihm unser Herr einen guten Sinn, daß er mit Fleiße begehrte ein Kloster zu bauen, da Gottesdienst innen würde vollbracht. Darum empfahl er allen seinen Freunden, daß sie wahrnehmen, wo er diesen Bau möchte anlegen, daß sein Kloster von den Leuten unbekümmert bliebe. Also kam sein Jäger und sagte ihm von einer wilden Wohnung, die so hoch wäre über den Leuten, daß es Hohenburg wäre genannt. Dieser Mähre war er froh, und fuhr dahin und beschauete die Stätte, die gefiele ihm so wohl, daß er Gottes Gnade dankete, und bauete da zur Stund eine große Kirche mit allem dem Gemach, was zu einem Kloster nothdürftig war. Dieser Herzog hatte eine Frau, Perswinda genannt, die dienete unserm Herren allerzeit mit großer Andacht. Diese Frau ward eines Kindes schwanger, und genas zur rechten Zeit einer blinden Tochter. Da dies der Vater erhort, da ward er so sehr betrübt, daß er das Kind begehrte zu tödten und sprach zur Mutter: Nun erkenne ich, daß ich sonderlich wider Gott muß gesündigt haben, daß mir an meiner Frucht ist mislungen, das keinem von meinem Geschlechte nie geschah. Da sprach die Mutter: Herr du sollst dich um diese Sache nicht also sehr betrüben, wenn du wohl weißt, daß Christus von einem gebornen Blinden sprach: dieser ist geboren blind, nicht durch seiner Vorderen Missethat willen, er ist blind geboren, daß Gottes Gewalt an ihm erscheinen sollte. Dieses verfing alles nicht in dieses Herzoges Herzen, alle seine Begierde war, daß das Kind getödtet wurde. Davon sprach er zu seiner Frauen: Schaff, daß dies Kind von unsrer Freunde einem heimlich getödtet werde, oder also ferne werde von uns gethan, daß wir sein vergessen, anders ich werde nimmer froh. Des Gebotes betrübete sich die Mutter gar sehr, und bat unsern Herren mit Andacht um Rath und um Hülfe in dieser Sache. Also gab ihr Gott an ihren Sinn, daß sie gedachte an eine Fraue, die war ihre Dienerin, nach der sandte sie und 395

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sagte der des Herren Sinn wider das Kind. Da tröstete die Dienerin die Fraue und sprach: Liebe Fraue, ihr soltet euch nicht also sehr betrüben, denn Gott, der das Kind blind gemacht, der mag es wohl wieder sehend machen. In diesen Zeiten war ein heiliger Bischof in Bayerland, Sankt Erhard genannt, dem kam ein Gebot vom Himmel, daß er über Rhein sollte fahren in das Kloster Palma, da wäre ein Mägdlein blind von Geburt, die sollte er taufen und nennen Otilia, so würde sie in der Taufe gesehend. – Dieser Meinung war der Bischof gehorsam, und da er dies Kindlein taufte, da schlosse es seine Augen auf, und sah den Bischof an. Da sprach er: Nun begehr ich liebe Tochter, daß wir einander in dem ewigen Leben müssen ansehn! – Also offenbarte der Bischof den Klosterfrauen, wie ihm das von dem Himmel wäre verkündiget, darum so empfahl er ihnen das Kind und fuhr wiederum heim in sein Land. Danach zogen die Klosterfrauen das Kind viel zärtlicher, und lehrten es die heilige Schrift. Also bot sich dies Mägdlein mit großem Ernste zu allen Tugenden und verschmähete alle Hochfahrt, und begehrte allein dem zu dienen, der sie erlichtet hatte. Da nun Sankt Erhard wieder in sein Land war kommen, da entbot er dem Herzoge alle Geschicht und entbot ihm, daß er dies Kind wieder in seine Gnade empfinge, das ohne seine Schuld in seine Ungunst wäre kommen. Dazu antwortete der Herzog nicht. Also geschah, daß Sankt Otilie erfuhr, daß sie einen Bruder hätte, der in ihres Vaters Hause in Hulden war, dem schrieb sie einen Brief und bat ihn, daß er ihr Gnade erwürbe an ihrem Vater, daß sie ihn einmal mit Freuden möchte ansehen. Da der Bruder diesen Brief empfing, da ging er vor den Vater und sprach: Gnädiger Vater, ich begehre, daß du die Bitte deines Sohnes wollest erhören. Da antwortete der Vater und sprach: Bittest du unziemliche Ding, so ist es unbillig, daß ich dich erhöre. Da sprach der Sohn: Es ist eine ziemliche Bitte; ist es anders gefällig deinen Gnaden, denn ich begehr nichts anders dann, daß deine Tochter meine Schwester, die in dem Elende lange ohne Trost ist gewesen, nun wieder zu deinen Hulden werde empfangen, und deine gnädige Gegenwärtigkeit genieße. Da hieß ihn der Vater der Rede schweigen. Da hätte der Jüngling so großes Mitleiden mit seiner Schwester, und hieß heimlich einen Wagen bereiten mit aller Nothdurft, und sandte nach seiner Schwester. Also geschah, daß der Herzog mit seinem Sohne und mit seiner Ritterschaft saß auf Hohenburg, und sah einen gezierten Wagen kommen; da sprach er: Wer da komme. Da sprach sein Sohn, seine Tochter Otilie komme da. Da sprach der Herzog: Wer ist so frevel 396

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oder so thöricht, der sie ohne mein Heißen hätte herberufen. Da merkte der Sohn, daß dieß nicht möchte verholen bleiben und sprach: Herr, ich dein Diener betrachtete, daß es Schande war, daß sie in so großer Armuth wohnete, und habe sie hergesandt aus großem Mitleiden, dessen begehre ich deine Gnade. Vor Zorne hob der Vater seinen Stab auf und schlug den Jüngling so sehr, daß er siech ward und starb. Des betrübete sich der Vater so sehr, daß er sich bis an seinen Tod in ein Kloster zur Busse legt, gedachte auch seiner Missethat und sandte nach Sankt Otilien und empfahl sie einer andern Klosterfrauen und hies ihr nicht mehr geben als einer Magd, damit ließ sie sich wohl begnügen. In diesen Zeiten geschah es, daß ihre Amme starb, da gedachte sie an den Ernst, den sie zu ihr hätte gehabet in ihrer Jugend, und begrub sie selber mit ihren Händen. Darnach über dreißig Jahr sollte man einen andern Menschen an derselben Stelle begraben, da fand man, daß dieser Amme Leichnam gar verfaulet war, ohne allein die rechte Brust, damit sie Sankt Ottilien hätte gesäuget. Es geschah einmal, daß dem Herzoge Sankt Otilia begegnete im Kloster, da überwand er sich und sprach: Tochter, war gehst du? Da sprach sie: Herr ich gehe und trage ein wenig Habermeles, davon will ich den armen Menschen ein Müslein machen. Da sprach er: Vielliebte Tochter! dich soll nicht beschweren, daß du bisher ein arm Leben hast geführet, es soll nun alles besser werden. Also gab er ihr das Kloster mit allem seinem Gute und begehrte, daß sie mit Fleiße mit ihren Klosterfrauen ewiglichen Gott für seine Sünde betete. Danach kürzlich starb er, da ist ihr erschienen in dem Geiste, daß ihr Vater in großen Peinen wäre um seine Sünde, die er noch nicht auf Erden gebüsset hätte, darum büßte sie mit Fasten und mit Wachen so lange für ihren Vater, daß zu jüngste eine Stimme mit einem Lichtscheine kam und sprach: Otilie du Auswählte Dienerin Gottes, nicht peinige dich mehr um deinen Vater, denn der allmächtige Gott hat dich erhöret, und führen die Engel deines Vaters Seele gen Himmel. Diese heilige Jungfrau hätte unter sich hundert und dreißig Jungfrauen in ihrem Kloster, die versorgte sie leiblich und geistlich mit guter Lehre und gutem Bilde, das sie ihnen vortrug. Und war ihre Speiße Gerstenbrod, ihr Bette eine Bärenhaut und ihr Kissen ein harter Stein. Die heilge Otilie merkte, daß wenig armer Menschen zu dem Kloster kamen, an denen sie Werke der Barmherzigkeit möchte üben, weil der Berg zu hoch war, darum thät sie bauen unter dem Berge eine Kirche zu Sankt Martins Ehre, und dabei eine Herberg. Da Sankt 397

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Ottilie in diesem Baue gar bekümmert war, da kam zu ihr ein Mann, der brachte drei Zweig von einer Linden und gab ihr die, daß sie die sollte pflanzen ihm zu einem Gedächtnisse. Also hieß sie drei Gruben machen und setzte den ersten Zweig im Namen des Vaters, und den andern im Namen des Sohnes, und den dritten im Namen des heiligen Geistes. Die drei Zweige wurden große Bäume, und stehen noch heutiges Tages da. Danach sammelte sie alle ihre Frauen, und hieß sie erwählen, was Regeln sie wollten empfahen, ob sie wollten ein offen Kloster haben. Da sprachen sie alle: Dies sollte in ihrer Ordnung liegen. Da sprach sie: Ich erkenne euch alle in Christo, daß ihr wohl ein beschlossen strenges Leben führet, doch weiß ich, daß unsere Nachkommen die Härtigkeit nicht mögen erleiden, und daß ihnen das ein Fluch würde, was uns ein Heil sollte seyn. Darum ist meine Begierde, daß wir unter der offenen Regel bleiben. Diese Sankte Otilie hatte besondere Andacht zu Sankte Johann dem Täufer, eine Nacht lag sie in ihrer Andacht, da erschien ihr Sankt Johann und zeigte ihr eine große leere Stelle, wo sie eine Kirche sollte bauen. Des Morgens ordnete sie den Bau an. Einmals fielen vier Ochsen mit einem beladenen Wagen, die Steine zu der Kirche führten, den Felsen herab über siebenzig Schuh Höhe; die wurden doch von Sankt Otilien aufgehalten, daß sie unversehret blieben, und denselben Wagen mit Steinen zu derselben Stunde zur Kirche brachten. Neben der Kirche hieß sie eine Kirche bauen, da wohnete sie mit wenig Frauen in Andacht. Sie hatte einen Bruder Adelbert genannt, der hatte drei Töchter: Eugenia, Attala und Gundelinde, die hörten so groß Lobsagen von ihrer Base, daß sie begehrten ein geistlich Leben. Da das Sankt Otilie empfand, nahm sie diese Jungfrauen mit großen Freu- den. Einesmales stand sie im Gebete, da kam die Kellerin und klagete, daß sie nicht Weines genug hätte den Frauen zu geben. Da sprach sie: Der Gott der mit fünf Broden und fünf Fischen fünf tausend Menschen speisete, der mag auch uns von dem wenigen Weine tränken. Darum so geh hin und vollbringe deine Andacht in der Kirche, wenn Christus hat gesprochen: Ihr sollet fürs erste suchen das Reich Christi, so fallen euch zu alle zeitliche Ding nach eurer Nothdurft. Da nun die Zeit kam, daß sie essen sollten, da fand die Kellerin das Faß voll Weines, das sie vor hatte leer gelassen. Also nahm die Sankt Otilie in allen Tugenden zu, und übete sich in großen Gotteswerken, darum wollte sie unser Herr aus diesen Arbeiten erledigen. Da sie empfand, daß die Zeit ihrer Hinfahrt nahete, da ging sie in Sankt Johannes Kirche und hieß alle 398

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ihre Frauen vor sich kommen, und ermahnete sie, daß sie allezeit Gott vor Augen hätten, und seine Gebote nimmer übergingen und für sie und ihren Vater und alle ihre Vordern mit Fleiße beteten. Also hieß sie die Frauen alle gehn in unsre Frauen Kirche, und da eine Weile den Psalter lesen. Dazwischen fuhr ihre selige Seele von ihrem Leibe in die ewige Freuden. Da ward ein so süßer Geruch, daß ihn wahrnahmen die Frauen in der anderen Kirche. Darum gingen sie hin und fanden ihre selige Mutter todt, und knieend in der Kirche; des betrübeten sich die Frauen gar sehr, daß ihre selige Mutter ohne das heilige Sakrament war verschieden, und riefen alle die Gnade unsres Herrn an, daß er seinen Engeln geböte, da sie die heilige Seele wieder in den Leichnam führten. Zur Stund ward Sankte Otilie wieder lebendig und sprach: O ihr lieben Schwestern, warum habt ihr mir solche Unruhe gemacht, daß ich aus der seligen Gesellschaft Sankt Lucien wieder mußte in diesen arbeitseliger Leib kommen: Also hieß sie, ihr biethen einen Kelch mit dem heiligen Sakramente, das nahm sie selber, darnach schied die heilige Seele wieder von ihrem Leibe. Durch dies Wunder ist derselbe Kelch behalten in der Kirche: Also nahmen die heiligen Frauen den Leichnam, und begruben ihn vor Sankt Johannes Altar, da blieb der süße Geruch acht Tage in der Kirche, da wirkete der Herr seiner Dienerin zu Lobe, viel große Zeichen und Wunder ob ihrem Grabe. Bei dem Begräbniß waren Sankt Attala mit ihren Schwestern, denen schrieb Sankt Attala mit der Hand: Gottes Friede, guter Friede, Zeitenlehre tödtet. (Nach Lombardica Historia Msc. S. 101. Königshoven Straßburgische Chronik her. von Schilter. Straßburg 1698 S. 515.)

Diese Worte stehen als Umschrift der Kapsel über der heiligen Reliquien Hand der heiligen Attala, denn warum sollte uns das nicht heilig seyn, was an ein heiliges Leben erinnert, wie uns die Trümmern Roms groß sind, weil sie an ein großes Leben erinnern. Zur Vergleichung fällt uns hier eine sehr schöne Erzählung Ottilie in den neuen Volksmährchen (Leipzig Weygand 1789–92 4 Bände) in ganz anderm Sinne, minder ehrwürdig aber zierlich und tiefsinnig in Ergreifen des flachsten modernen Treibens, sie will fast nie eigentlich alterthümlich seyn. Diesen neuen Volksmährchen, die vielleicht durchaus keinen Fehler als eine allzu geregelte breite Sprache haben, ist das gewöhnliche Schicksal trefflicher Bücher begegnet aus Nachsprecherey irgend 399

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eines tonangebenden Kritikers immerdar verachtet worden zu seyn. Noch neulich giebt ihnen ein guter Schriftsteller schuld, daß sie dem Musäus nicht glücklich nachgeahmt sind; unbegreiflich ist dies Verkennen einer reichen Eigenthümlichkeit, an die Musäus, ungeachtet seines Talents nie anreichen konnte, nicht zu gedenken, daß sie rein sind von den widrigen literarischen Anspielungen der Zeit, die zu den Zeiten des Musäus für Witz gelten mußten sie sind ein unbenutzter Stoff für Singspieldichter und Romanzensänger. Nie ist Kindergefühl so dargestellt worden wie in der Otilie, im Hiolm, in Walther und Maria, im St. Georg, nie der Ernst des schrecklichen Lebens wie im Ottbert, kein Heiligenkampf, wie im Julian, kein Familienwesen wie im stillen Volke – ich bin unerschöpflich in dem Lobe dieses Buchs, das mir sehr traurige Nächte erhellte. Aus Dankbarkeit hoffe ich noch oft die Rechte des Sinnes gegen die Anmaßungen der Kritik zu verfechten, deren Nichtigkeit ich endlich ganz zum eignen Bekenntniß bringe, die Kritik wird eingestehen, daß sie ihrer Natur nach Mysterie gewesen, daß es ohne diese Mysterie (wir brauchen das Wort um den Bock im Morgenblatt ein wenig zu stutzen) bloße Täuschung sey, wo wir stille stehen, wohin wir fortschreiten mit einem universalhistorischen Gefühle für alle anzunehmen und der Welt also ganze Klassen Eindrücke aufzubürden – oder in ihrem Namen aufzugeben, was doch alles nur für den einen mückentanzenden Sonnenradius ohne Breite und Tiefe gilt, den der Kritiker in sich darstellt. Es wird sich zeigen, daß alle Kritik über das Mitlebende Scherz ist, es giebt darin nur ein Anerkennen, ein Hinführen zum Anerkennen, und doch ist dies selbst meist überflüssig, die Würdigung ist nicht die Wirkung der Schrift, die immer ein Wunder bleibt, man mag sie nach Pestalozzi oder nach Olivier lernen, ein Wunder wie alle Ansicht der Natur in ihrer Neuheit bei jeder Entdeckung, beim ersten absichtlosen Verse, den wir machen, wir erstaunen über uns, Indier und Perser erkannten das auch, wie wir gesehen haben, uns sucht die Erziehung das Wunderbarste gewöhnlich zu machen, weil sie keine Wunder thun kann. Um die Leerheit der Kritik darzuthun, die mit einem Paar Einfällen ausstaffirt, alles Wunderbare übersehen, und die Bemühungen ganzer Völker berichtigen will, haben wir auf dem Umschlage des vorigen Hefts ein altes Gespräch über deutsche und welsche Wirthshäuser zur Vergleichung deutscher und italiänischer Sonette abgedruckt, nicht als wenn das wirklich paßte, nur um zu zeigen, wie alles in der Welt durch Kritik und zur Kritik abgenutzt werden kann. Einsiedler.

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1. Warum muß ich den ungeheuern Drang Der flammenheißen Brust verschließen? Kann nicht den Sturm des tobenden Gefühls In ungeheurer That ergießen! Gebürge, Erden, Himmel will ich tragen, Das Firmament, ich reiß es ein! Heraus, heraus, wer sich mit mir will schlagen, Und will die ganze Welt es seyn!

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Ihr alle Ungeheuer, alle Drachen, Ihr alle Satanshöllenbrut! Mit euch mich fürchterlich herumzuschlagen, Im Herzen siedet mir das Blut! Und bäumt euch, bäumt euch nur; sperrt eure Rachen Vom Orkus bis zum Himmel auf! Und wenn ich einen Kopf euch abgeschlagen, Setzt hundert fürchterlicher auf!

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Bei meinem hohen Zorn! Bei Gottes Haupte? Todt schlag ich euch, dennoch todt! Denn ich bin eisern, ich unüberwindlich, Mit mir sind Engel, Himmel, Gott! Die Welt erlösen von den Riesensünden, Womit sie schrecklich sich befleckt; Ein neu Geschlecht und Reich wollt’ ich dann gründen, Weil dieß so unermeßlich schlecht! Und kann ich neues Leben nicht entflammen, Ha dann, so stürz ich sterbend hin; Und reiß im Sturz das Schlechte mit zusammen, Noch furchtbar groß in dem Ruin! 2. Ich hasse euch, ich kanns und will’s nicht bergen, Ich haß euch ewig unermeßlich, Ihr Sclaven ihr, ihr Zwergen! Denn eure Sünd ist unerläßlich!

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Gebürge wollt’ ich stürzten ein und Länder, Und schlügen Millionen todt: Ein Neues werd! Verlassen und vergessen Ist dieß Geschlecht von Gott! Entzünden möcht ich mich zu Weltenbrande, Möcht eine ärgre Sündfluth seyn! Zu strafen diese tiefe Höllenschande, Das Weltgericht, könnt ich es seyn! Wer ihn nicht auch im Donner und im Blitze Erkannt, ihn nicht in Grimm und Tod, In Nacht und Sturm der fürchterlichsten Schlachten Hat ihn noch nicht erkannt, den Gott!

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Schmach.

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Schon wiederum hast du mich furchtbar gereitzet, Den Stolz mir wild kochend empört! Ha wenn ich es litte, ha wenn ich nun schwiege, Wie wäre ich Bayerns noch werth! Du hast mich beschimpfet, den Handschuh den warfest Voll Uebermuth mir zu; Daß ich nicht so eiskalt erstarret im Wissen, Im todten Buchstaben wie Du!

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Ha wo ist denn adliches Thun oder Wissen? Das schlecht Gemeinste weißt Du! Was groß ist und herrlich und himmlisch und göttlich, Mit flammendem Muthe ich thu. Doch dieses veracht’ ich, so schändlich zu prahlen, Wenn Großes, selbst Wunder ich thu; Doch ihr, wenn ihr auch nur ein Körnlein gefunden, Der ganzen Welt kräht ihr es zu! Was ihr nur mit sauerem Schweiße erjaget, Dem niedern Geschlechte so gleich; Das haben schon längst mir die Geister verkündet, Viel göttlicher, tiefer als euch! Und habet Verstand! Es versagte die Gottheit Euch hoher Begeisterung Drang! Mir aber verlieh sie, euch nieder zu schlagen Mit glühendem kühnen Gesang!

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Wenn von Versorgung und Brod, von der dicken Materie die Rede; Von Kartoffeln und Mehl; und von dem fettesten Mist, Räumen wir Euch das Gebiet; – doch wo die Geister regieren Still ihr Bestien da! Da lasset uns das Geschäft!

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Herausforderung. Ha warum, warum verachtest du mich Du kalte Brut, du der anderen Zone; Heraus du kalte, heraus will ich dich Auf den Sand hier des bayerschen Bodens. Ich schlage dich nieder bei allen Göttern! Dich nieder in röthlichen Sand! Da liegst du schon da! von meinen Wettern Gestürzet, da liegst du im Sand!

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Wer will die Fehde noch mit mir wagen? Heraus nur! Tausend an Wissenschaft Schlag ich; werd alle alle euch schlagen Mit des Willens allmächtiger Kraft!

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Nun krönet mich Freunde mit grünendem Laub, So wie es dem Sieger gehört; Und also schlage ich jeden in Staub, Der Bayerns Söhne nicht ehrt! Nepom. Ringseis.

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Die vier Jünglinge.

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Die Sonne gehet auf mit Pracht In königlicher Majestät, Es steiget thürmend aus der Nacht, Das stolze Schloß am Berg erhöht. Und klirrend sprang auf das eherne Thor, Die schimmernden Flügel beide zugleich; Vier hohe Jünglinge halten davor Auf schwarzen Rossen, geschmücket reich.

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Wie glänzet ihr silbernes Panzergeschmeide, Wie prangen hoch oben die Helme von Gold! Die Jünglinge glühen von muthiger Freude, Die Locke schwarz zu dem Harnisch rollt. Und von des Thurms metallnem Gitter, Das Schwerdt zur tiefen Erd’ herab, Der altergraue ernste Ritter, Den Jünglingen das Zeichen gab. Da sprengten sie auf geflügeltem Rosse Mit Kampfes Begierde hinaus zum Thor, Sie flogen hinfort wie schnelle Geschosse; Doch keiner es that den andern zuvor. Wie der blendende Schwan durch Fluten gezogen, Die Furche im Lichtschein lasset zurück: So zeichnete im hellleuchtenden Bogen Ihre Bahn ein strahlender Sonnenblick. Und wie verlischen glimmende Funken, Und Sternlein verschwindend untergehn, Die Jünglinge so hinunter sunken, Das trunkene Aug’ möcht’ lange sie sehn. Sebastian Ringseis.

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Der Fluß.

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In der Felsen Tiefen bin ich erzogen, An dem Gewalt’gen hab ich lang gesogen: Sah, wie dem Himmel göttliche Mächte entsteigen, In der heiligen Nacht, In den tiefesten Schacht Und der Erd in Liebe sich neigen. Drum aus der Felsen kräftigen Schoos, Riß ich mich jugendlich los, Die Wunder der Welt zu verkünden, Die ich sah in der Erden untersten Gründen. Auf den crystallen leuchtenden Wellen Schon die Lichtgeister spielen, Scherzend die Fluthen durchwühlen, In heißer Liebe sich kühlen; Sich gatten und mischen, Und wie glimmende Funken erlöschen. Aber aus blauer, tief sich wölbender Ferne Schauen herauf, wie Geister, die ewigen Sterne: Und es ziehet den Geist ein inniges Sehnen hinab, Wie zur Geliebten ins heilige Grab: Doch aus dunkelem Grunde Vernimmt er die göttliche Kunde; Im Wasser, im Wasser wohnet die Liebe, Gesättigt sind hier alle irdischen Triebe, Was entbrannt im verzehrenden Hassen, Muß glühend und heiß sich umfassen, Und der Liebenden brennende Wuth Schmilzt in der heiligen Fluth – Da erhebt sich der Schwan mit hellem Gefieder, Läßt ertönen süß die unsterblichen Lieder; Und der Geist sich lösend sinkt unter Zur himmlischen Braut in die Tiefe hinunter.

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Auf Wellen spielt Der Mondschein mild, Wie Blüthenkeime Entblühen Wunderträume Von Liebe angezogen Den dunklen Meereswogen: Im Mondschein prangen, Zum Monde nur verlangen. Das Meer vor Sehnsucht schwillt, Das Meer in Liebesfarben spielt. Und sieh! mit Einemmal Dehnt sich ein blauer Strahl Bis tief zum Grund hinein: Im bunten milden Schein Schwimmt ein crystallnes Hauß, Da gehen Geister ein und aus; Sehnsüchtig in die Himmelsauen Zum Monde auf die Geister schauen. Die goldne Harfe klingt, Die Wasserfee verborgen singt: „O süßer, süßer Bräutigam! Wo weilest du so lang? Der Braut ist weh und bang, O süßer, süßer Bräutigam! In Lust und Schmerz Verzehret sich das Herz: Ach, sieh in goldner Hall Auf Perlen und Cristall Das Brautbett duftend steht Von süßer Lieb umweht; Die Wasserlilie blüht Die Braut voll Liebe glüht. O süßer, süßer Bräutigam! Wo weilest du so lang?“ Wie so die Stimme singt, Der Klang das tiefe Meer durchklingt; 407

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Da schwellen hoch die Wogen, Von Liebe angezogen; Dem Wunderharfen Spiel Die Sterne horchen still, Die Geister heimlich lauschen, Voll Wollust Küsse tauschen, In Wellen brünstig fließen, In Wasserblumen sprießen. O Mondschein mild Gieb hin der Braut dein Bild! – Doch ferne zieht der Mond erbleicht, Das Meer in Trauer rückwärts weicht. Das Harfenspiel nicht mehr erklingt, Die Welle tief und tiefer sinkt: In Wolken sich der Mond verhüllt, Die Sehnsucht bleibet ungestillt. – So wieget ewiglich das Leben, Der Lust und Sehnsucht hingegeben: Nie währt im Liebeskuß Der süße Brautgenuß.

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Die Physiker. Wie der Hebel sich beuget, Artig Hanswurst sich da neiget, Schwerpuncte gar zierlich sich drehen, Wie das Feste nur immer will stehen, Und nur durch Stöße kann weichen, Zeigt ihr mit Worten und Zeichen. Jaget das Flüssige durch Pumpen, Lasset es laufen durch Röhre und Humpen, Soll euch schwimmen und fallen: Müssen die Lüfte erschallen, Lasset alles in Wärme und Dünste sich lösen

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Wie in Büchern ihr es gelesen. Wie es oft kracht, und knallt und leuchtet, Daß vor Angst euch die Stirne sich feuchtet, Die Studenten Specktakel es nennen, Vor Neugierde einander sich rennen; Wenn die Körper anfangen zu brennen Will schon alles das Feuer erkennen, Da wird’s dann in Büchern erjaget, Wer und wie lange davon man gesaget. Wenn es so rappelt und klappert und klettert, Durch Maschinen und Gläser es wettert, Preiset die Kräfte der Welten ihr trefflich, Die durch euch sich verkünden so greiflich, Wenn ihr recht drehet und reibet und schreyet, Alles des Lebens und Treibens sich freuet. Hölzern wie die Werkzeuge da stehen Sollten die Geister den Maschinengang gehen. Man soll die Naturen in Schränken erschauen, Schreiner und Schlosser noch immer dran bauen, Zierlich Maschinchen und Dingchen da schimmern, Göttliches Streben hört man da wimmern, Weil nur in Nutzen, Sorge und Brod Und in Worten bestehet ihr Gott. Glauben selbst die Natur zu erschaffen, Meynen, man müßte die Dinge nur gaffen, Frühers Denken man gar nicht verstehet, Drum das Alte so schlecht auch da stehet. Neue Beschauung die Zeitungen melden, Stoffe erstreiten die Helden, Pappen aus ihnen die Welt, Fabriziren mit diesen ums Geld. Dieß sind die Physiker heutiger Tage, Daß bald der Teufel den Plunder erschlage! Karl Aman.

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Zauberformel des Arztes. Misce. Detur, Signetur. Ihr Geister, die in Grüften Im Wasser und in Lüften, Und in des Feuers Tiefen, In allen Hyrogliphen Unendlicher Gestalten Euch regt im tiefen Walten! Kommt, ich beschwöre euch Zurück ins Formenreich: Denn eure ew’ge Kraft Ist’s, die das Leben schafft. Mischet euch Formen reich, Daß ichs reiche, Und die bleiche Krankheit fort Aus des Lebens Ort Jage und bezeichne Eure eigne Geister Kraft, Die Gesundheit wieder schaft. Denn wo der Geist den Stoff durchdringet, Und ihn beseelt, nur da gelinget Des Arztes heißes Thun und Müh’n, Und solche Arzeney gereicht Mit Glauben und mit frommen Sinn, Ist’s, die das Leben neu erzeugt.

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Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur.

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Auf ihr meine deutschen Brüder Feiern wollen wir die Nacht, Schallen soll der Trost der Lieder Eh der Morgenstern erwacht, Laßt die Stunden uns beflügeln, Daß wir aus der dunkeln Zeit, Wie die Lerchen von den Hügeln Flüchten in die Göttlichkeit. Alter Glanz ist nun verflogen, Gestern ist ein leeres Wort, Scham hat unsre Wang umzogen, Doch der neue Tag scheint dort. Unerschöpflich ist die Jugend, Jeder Tag ein Schöpfungstag, Wer mit froher reiner Tugend Fördert was sein Volk vermag. Eine Erndte ist getreten Von dem Feinde in den Koth, Eh ihn unsre Schwerdter mähten, Doch wir wuchsen auch in Noth, Eine Saat ist aufgestiegen, Drachenzähne setzt die Brut, Mag es brechen, wills nicht biegen, Jugend hat ein heißes Blut. Bei gestürzten Edeltannen Steigt die Saat viel freier auf, Als wenn seltne Strahlen rannen Durch der Wipfel Säulenknauf; Ruhmessäulen setzen Gränzen, Unsrer Jugend frischem Glück, Frischer Lorbeer soll dich kränzen, Deckt kein alter Kranz den Blick. 411

[264]

Zeitung für Einsiedler

Hebt die Hüthe auf zur Sonne, Lüftet euch im frischen Wind; Athmet ein die Segenswonne, Erster Athem sey dirs, Kind; Bade rein vom alten Staube, Heb dein Aug in Morgenglück, Und es kommt der alte Glaube Mit dem neuen Muth zurück.

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Ludwig Achim von Arnim. 10

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1808.

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27. July.

Zeitung für Einsiedler. 1808.

– 34 – Sehnsucht.

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Senken die Sterne Die Kinderblicke Zum stillen Mond: Hüllt er sich enger In den Flammenschleier, Möchte gern Kühlung athmen, Wollust saugen, In die schmachtende Brust. Treibt ihn die Liebe Doch tagtäglich, Auf der blinkenden Bahn. Wo er dem Geliebten Mit Innbrunst nachsieht, An seinen Blicken hängt, Von seinem goldenen Lächeln, Von dem Hauche des Mundes, Heiliger Sehnsucht Leben trinkt. Sonne, Fühllose, Was fliehst du? Könntest hier weilen An seinem Busen, Könntest die knospende Blüthe lösen Mit glühendem Kuß,

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27. July. [265/266]

[265a]

[265b]

Zeitung für Einsiedler [266]

Deine Männerkraft tauchen In jungfräulicher Unschuld Schooß! Doch nirgend rastet sie! Und jener wandelt Unstät, stets bleicher vor Gram: Nur die Sterne In helljauchzender Anmuth Spielen ihm leise Lust in die Seele, Lindern ein Weilchen In seinem Herzen Mit fremdem Ergötzen Die Wehmuth.

[265/266]

[265a]

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Licht der Welt. Aus goldnem Bronn Helllichte Sonn, Führst mich zurück Zu ihrem Blick. Dein stäter Gang Des Herzens Drang, Deine Gluth und Kraft Liebesleidenschaft.

[265b]

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Dein Morgengrus Bräutlicher Kuß, Dein heiter Licht Ihr Angesicht.

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Deiner Strahlen Gewalt Ihre junge Gestalt, Dein lauterer Schein Ihre Seele rein.

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1808.

– 34 –

27. July.

Dein nimmer Ruhn Ihr segnend Thun, Dein seliger Trieb Ihre Huld und Lieb. 5

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Dein Fliehen der Nacht Ihrer Liebe Macht, Dein Frühlingsdrang Liebes-Ueberschwang. –

[266]

Dein ewiger Lauf Thut die Himmel auf, Segnet, erhält: Sie, mir die Welt.

Fassung. 15

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[265/266]

Einst war ich ein Fremdling! – Und an der Schwelle Empfing mich der Genius, Lächelte heiter, Trug mich auf wechselnden Liebesarmen, Den überseligen Knaben, Durch das spielende Leben hin!

[265a]

[265b]

Jetzt sieht es finster, Und er verstummt: In den Busen greif’ ich Trotziger Mannheit voll, Dulde das Duldbare, Unverrückt mit dem Blicke Innbrünstiger Andacht, Nach deiner Schönheit, Natur, unentweihbare Göttin!

[266]

Christian Schlosser. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 415

Zeitung für Einsiedler

[265]

Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung. Vergl. 27. Stück.)

Der arme Philosoph thut mir leid, rief der Herzbruder, darin bist du viel unmenschlicher als ich, ihn so zwischen Thür und Angel stecken zu lassen. – Gut, daß du mich daran erinnerst, da greif ich in die Tasche B, die enthält alle Recepte zur Heilung der Verzweifelten, sieh hier das philosophische:

[266]

Mittel gegen das Kreutzweh. Viel Knaben und Mädchen im Laufe hinauf Am Berge wie Lerchen, Sie singen: Nun ringelt den Rosenkranz Auf Mayen, im Reihen, im Morgenglanz. Die Mädchen bringen viel Rosen im Schoos Zum Binden und Winden, Sie binden und winden den Rosenglanz, Zusammen sie stecken mit Dornen den Kranz.

[267]

5

Die Knaben bezwingen die Mayen mit Schreyn, Sie brechen und flechten, Die Aeste zum K r e u t z e im Sonnenglanz, Sie hängen darauf auch den Rosenkranz. Von Knaben und Mädchen der Wald erschallt, Sie reihen mit Schreyen, Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz, Sie singen und tanzen im Morgenglanz. Da sehet die Kreutze auf Höhen hell stehn Zu freuen am Mayen: Die Knaben und Mädchen auf Rasen grün, Sie ringeln und reihen, sich niederziehn. 416

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1808.

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27. July.

Ein R i t t e r sie schauet, die Brust voll Lust, Sie lobt und gelobet, Zu bauen ein Kloster dem Rosenkranz, Da sollten sie beten bei Ampelnglanz. 5

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„Ein Kreutz in die Welt zu hauen, ja schauet, Mein Schwerdt es euch lehrt In östlichem, westlichen sonnigen Glanz, Darum ich es hier in die Erde euch pflanz. Das wurzelt und treibet wie balde zum Wald, Es glühet und blühet, Die Rosen umsprossen die Klinge mit Glanz, Sie knüpfen am Hefte den ewigen Kranz.“ Die Knaben darauf es so schöne ansehn, Sie sagen und klagen: „Das blühet ja nimmer in Rosenglanz, Wir sehn nur vier Spitzen und blutigen Glanz.“ Der Ritter will tanzen, der Stahl zur Quaal Drückt nieder die Glieder; Die Kinder die singen zum Rosenkranz: „Du steifer Geselle bleib weg von dem Tanz.“ Ein We i s e r das Kreutz von ferne sieht gern, Er lehret: „Ja höret! Vier Temperamente und Element, Die zeigen sich klar in vier Kreutzesend.“

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Die Kinder sich halten, sie lachen der Sachen, Sie springen und singen: „Der Mantel der hat doch vier Zipfel ich mein, Gieb uns nur den Mantel, die Zipfel sind dein.“ Der Ritter nun geht an die Quelle gar schnell, Und schüttelt und rüttelt: Da fallen die eisernen Schienen hinein, Gesund wird der Brunnen den Kranken allein. 417

Zeitung für Einsiedler

[268]

Der Weise den Mantel aufschürzet und kürzet, Die Falten zu halten, Er trinket erst frisch aus dem Brunnenglanz, Wird frisch und gesund zu dem Rosentanz. Der Ritter, der Weise, sie springen und singen Mit Kindern geschwinde: Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz, Sie tanzen nun mit in dem Morgenglanz. Da legte der Alte seine Arme kreutzweis über die Brust und rief laut: Wenn ihr es nicht falsch meinet, so kann es doch leicht falsch verstanden werden, denn wie der Himmel nicht überall heiter ist, so kann es auch nicht die Religion seyn, erstreiten und erarbeiten sollen wir uns den Himmel. – Bewahre sie Apollon, redete uns ein ärmlicher eleganter Mensch an, der eben zu uns getreten war, welche trübe mönchische Religion beschränkt noch ihre Sinne, sie scheinen mir das Heydenthum noch gar nicht recht zu kennen, ich bin eigentlich ein Heyde und führe ein ganz göttlich Leben. – Sind sie etwa von der Lüneburger Heyde. – Ho, ho! sagte ein vazierender Puppenspieler, der Kerl ist ja eben erst mit mir aus dem Lazaret gekommen. – Nein, nein! sagte der Elegant, ich bin so ein Heyde von der alten griechischen Rasse, ich muß alles plastisch haben – lassen sie uns einmal die Mutter Maria untersuchen. – Ey Saperment, warum tragen sie denn einen Rock wie andre Leute, sie könnten sich ja als ein Heyde für Geld sehen lassen, mit Hefen beschmirt auf einem Kärchen möchten sie tragisch genug aussehen. – Ja meine Herren, das wäre nicht übel, ich sammle wirklich hier eine Kolleckte zu einem heydnischen Centraltempel für ganz Deutschland, aus christlicher Liebe pränumeriren sie doch mit etwas, haben wir nur erst die obern Götter in guten Gypsabgüssen beisammen, die untern wollen wir dann schon kriegen, ich will mich selbst der Reise nach Italien unterziehen, nach den Korkmodellen läßt sich doch schwer bauen, ich muß den klassischen Boden betreten, ich habe mich ganz dem Heydenthum gewidmet. – Guter Freund! da haben sie etwas auf den Weg, aber glauben sie mir das, können sie ihre Götter noch nicht selbst fühlen, in sich und außer sich bilden, müssen sie noch immer an den alten Bruchstücken zusammenflicken, so mag sie das immerhin amusiren, aber ein Heyde sind sie darum noch nicht, überhaupt wird darum noch keiner ein Heyde, weil 418

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1808.

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27. July.

er aufhört ein Christ zu seyn. – Aber wie soll ich ohne Heydenthum zur Kunst gelangen? – Die Kunst ist ein Basilisk, der sich selbst vernichtet, wenn er sich im Spiegel sieht, schweigen wir von der Kunst, wenn uns die Kunst lieb ist. – Das war ein harmloser Kerl, sagte der Herzbruder, er gehörte recht zu dem Prediger, der sich neulich bei der Taufe entschuldigte, daß er noch so alte Gebräuche mitmachen müsse. – Nun, meynte der Alte, ihr gefallt mir jetzt schon besser, wir blieben bei dem frommen Dienen, Arbeiten, Streiten, lest davon.

Die an der Arbeit Verzweifelten. 10

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Ich ruhte vom Streite im Tannenhayn, Viel Ameisen bald mich bedecken; Mit Kneifen mich boshaft erwecken, Und laufen dann irrend feldein. Ihr Haufen an einer der Tannen lag, Den Weihrauch verlassen ich sehe; Da klagete Nachtigall wehe, Und klagt, was der Unglaub vermag. „Im Haufen da sah’s sonst wie Ordnung aus, Da bauten sie dunkele Gänge; Sie schwitzten im ew’gen Gedränge, Nur davon noch duftet das Haus. Sie schmetterten manchen mit Lasten todt, Und keiner von allen durft muchsen; Verstohlen nur mochten sie schluchsen, Das Dunkel ließ munkeln von Noth. Die Königin müßig erdacht den Bau, Sie wust nur allein um die Gänge; Wozu ist die Länge der Gänge, Wozu der gewaltige Bau?

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Zeitung für Einsiedler

So fragen die Männer, die denkend sind, Die anderen alle nachsinnen; Sie glauben es schon zu ersinnen, Einhaltend mit Arbeit geschwind. Ach wohl wer die Zukunft ersinnen will, Der siehet die Gegenwart schwinden; Ey wisset sie sollten sich winden, Die Gänge zum Brautgemach still. Die Königin selbst war die künft’ge Braut, Von einem Schicksal gebunden; Zur Liebe erst schlagen die Stunden, Wenn herrlich die Kammer erbaut. Die Königin ärgert zu tode sich, Die Ameisen frierend verschmachten, Ja weil sie zu viel sich bedachten, Ja weil sie nur dachten an sich.“ Da legt ich mein Fähnlein im Haufen ein, Im Streit soll es duftend mich stärken: Zu allen gewaltigen Werken Stärkt himmlischer Glaube allein. [270]

Brav, brav! winkte der Alte. – Wo sind denn die großen Werke die noch zu thun, lachte der Herzbruder, ich will was Bittres; hui was mir über den Kopf schaudert, das Reich der Liebe soll aus seyn, lies einmal von einem, dessen Liebe aus ist, aber wild muß es seyn und flüchtig, ich versteh mich drauf, ich könnt auch davon schreiben, aber ich mein immer, du hättest in deinen dicken Taschen schon die ganze Welt registrirt. – Das Register fehlt noch, mach das dazu, gieb einmal die Tasche A her, da muß es drein stecken: sieh da fällt mir eben ein verzweifelter Naturalist in die Hände, der paßt besser zu dem eleganten Heyden.

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1808.

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27. July.

Der an der ganzen Natur verzweifelte Naturalist.

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Rauchen und rieseln die Winter vom Scheitel, Fühl mich getauchet im spiegelnden Teiche; Knaben, Gespielen den Zitternden necken, Rauschend und stäubend hindurch die Fluth. Größer im Wasser Scheinen die Schenkel, Also erscheinen die Winter auch länger Nun sie versunken! Wer hat die Sohlen vom Ufer gestohlen? Möchte mich wieder Sonnen am Ufer, Kühlend am Herzen Wellet das Wasser, Ach und die springenden Steine der Knaben Können mich treffen! Weichlich so nennen sie mich, Schütteln die goldenen Aepfel auf mich! Tapfer, so war ich einmal, Hätte die glänzenden Thore des Waldes betreten, Aber nun schäme ich mich, Möchte im Schilf mich verstecken. Hör ich die schwebenden Welten, Cimbeln wie Sterne, Seh ich den langsamen Wagen der Göttin, Seh ich die ziehenden Löwen, Beissend die Zügel, Beiß ich die Zähne zusammen, Daß mir in Flammen sich alles verwirret, Daß ich nur selber nicht brenne, das schmerzet! – Unter mir freveln die Kräfte der Erde, Ueber mir heil’gen die Kräfte des Himmels, Alle die Kräfte, Männliche Stärke, Regten sich gährend Sonst in dem Busen, Wenn ich nur hörte das Brüllen der Löwen, 421

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Zeitung für Einsiedler

Aber ich habe sie alle zerrissen, Daß ich die Göttin Einzig erblickte, Ach nun fehlt mir auch Kraft sie zu schauen, Schnell wie die Spuren der Schiffe im Wasser, Schwindet auch mir des Göttlichen Eindruck. Heilig und rein Find ich doch nimmer die Opfer die lieben. Heilige Eichen Ueber dem Meere Feiern die Ruhe, Aber ich fürchte die Ruhe, Muß zu den sausenden Wipfeln der Erde Zu den beschneiten Scheiteln der Riesen Flüchten wie der Nachtigal hebende sinkende Schall-Fluthen verflattern verflimmern, In den Höhen, Wo die rosigen Finger Aurorens Mich nicht halten, Stehe ich drinnen im Glutberg, Seh ich, es ist all Wäßriger Hauch, Athem des Nichts! * * * Fort mit dem, erzähl von der Liebe! –

Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen.

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I. Ueber Stock, über Stein Drein, drein Ohne Bewußtseyn, Knackt’s, bricht’s, wirft’s um, 422

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Ich sitze stumm. Der Schweisfuchs trabt, Der Braune hinkt, Das Sattelpferd springt; Ein Heimchen noch singt: Halt still wie mirs das Herz erlabt! Der Schwager sagt: »Wir sind gleich da, Wir sind gleich da!“ Das Posthorn klagt: „Die Hände Riß ich auseinander, Die Herzen zerreiß ich elende, Und wandre Hin und zurück; Dies ist Geschick. Berge ihr hemmenden Neblig beklemmenden, Berge, ihr trennenden, Abendlich brennenden Seyd mir nun nah, Und wir sind da! Und wir sind da!“ II.

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Die müden Pferde Ausgespannt werden, Sie gehen matt und dürr zum Einbrechen, Bleiben stehen, Lassen die Fliegen stechen, In den Brunnen sie sehen. Verlassen stehet Der Wagen, es wehet! Und wenig Bewegliches, Mitleidig Klägliches, Bleibt nach dem Reisenden, Sorgenvoll Greisenden.

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Zeitung für Einsiedler

Hier ein Paar Blasen im Teich, Luftbälle der Unterwelt An der Sonne zerschellt, Dort trockner Blätter Geflügel, Sonst ist alles gleich, Der Schnee schmilzt noch vom Hügel, Und rieselt zu nähren Die Zähren Und ich trink ihn aus meiner Hand! Brand, Brand! Er fließet zum Munde, Da schreiet die Wunde Vom Herzen zum Himmel, Sie schließet sich nimmer. Das Herz, das bewegliche Urleidend, klägliche, Läßt sich der heiligen Stille Enthüllen.

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III. Wie bin ich zur Küste des Meeres gekommen hier? Oder kam das Meer zu mir? Ich seh mich im Spiegel des Meeres an, Ein jeder über sich selbst wohl lachen kann, Ich meinte das Glück, Mir lächle zurück. Wie Stoßvögel drüber, Die Sorgen viel trüber Sie dringen hernieder Und weichen nicht wieder. Die Narben und Falten Sich zeigen und halten, Selbst von den Todten nicht scheiden; Doch spurlos sind Freuden, Ein gleitender Strahl Hin übers zerrissene Felsenthal. [Die Fortsetzung künftig.]

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1808.

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30. July.

Zeitung für Einsiedler. 1808.

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30. July.

Einige Worte der Warnung, des Trostes und der Hofnung. 5

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Betrachtet man diese Gegenwart mit reinem Auge, so scheint in ihr schlechthin eben so viel Drang nach Wirksamkeit und Thätigkeit als Drang nach Ruhe zu herrschen, und weil beide Pole ziemlich gleich stehen, und jeder in den Widerstand des andern seinen Untergang fürchtet, so thut sich eine furchtbare schwangere Stille dar, die wie ein herannahendes Gewitter alles, hinsichtlich der Dinge, die da kommen sollen, in ängstliche harrende Stimmung versetzt, ein Schritt vorwärts oder rückwärts wird schon in der Idee zum Widerspruch, und kaum mag es jetzt einen denkenden Menschen geben, der da bestimmt zu bürgen vermöchte für das Ereigniß des nächsten Augenblicks. Wehe also denen, die vorlaut und gegen ihre innere Ueberzeugung des Vermögens das Maas der Kraft, die ihnen ist, zu steigern sich bestreben. Schon scheint die Zeit da zu seyn, welche schaudern läßt den Gerechten, weil sie verkündiget, daß auch ungestraft Verträge gebrochen, Meineyde geschworen werden können, daß, was Unrecht ist, Recht erkannt, Aeußeres das Innere genannt, Gott in der Sünde verehrt, und das Erhabenste zum Niedrigsten herabgezogen werden dürfe. Doch – gehet noch nicht zur Ruhe ihr Wenigen, die ihr lieber dahin sterben, als solch einen Gräuel ertragen wollet, das Maas des Gegensatzes aller Wahrheit scheint bald vollendet zu seyn, Lichtstrahlen brachen schon mit Macht durch das schauervolle Dunkel, das Ungeziefer verkriecht sich und – nur wenig Augenblicke werden noch dazu erforderlich seyn, um unbesiegbar zu begründen, was da seyn solle und könne, oder nicht. Eingesandt von unbekannter Hand. Von keinem Einsiedler.

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Zeitung für Einsiedler

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Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung.)

Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen. IV.

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Du heller Orient, Den keiner so kennt Wie ich, Hast du schon vergessen mich? Wer sitzt an meiner Stelle Auf der Schwelle, Umflattert von Fledermäusen, Umkrochen von Ameisen, Und doch schien’s so schön Wie das Land von den Höhn, Wer darinnen haust, Der weiß, wo es graust! Warum muß ich fliehen, Woher sie all ziehen Die Strahlenden, Die Mahlenden, Die lustig Zerstreuten Im Leuchten Erfreueten? Des Unbedeutenden Macht Hat keiner gedacht, Und des Bedeutenden Blick Ist voller Tück. Was riß mich fort? Was hielt mich dort? Mich hielt ein Blick Es hat sich weggewendet mein Glück!

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30. July.

Es rissen vier Stricke Mich weg von dem Glücke, Den Wagen sie ziehen, Die Steine erglühen: Wär einer gerissen, Wir hätten bleiben müssen! Wer sind wir? – Ich und die Luft hier! V.

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Der Lüfte lieb Wort Der Vogel zieht fort, Wer war der erste im Flug, Ihn treff mein Fluch. Sie liebte ihn nie! Flieh, wie ich, flieh! Sie liebt keinen andern, Ich muß doch wandern! – Herr, da liegt eine Leiche im Weg! – Schwager! fahr stille weg, Er mußte auch wandern Mit den andern. VI.

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Der hat das End der Welt erreicht, Der von der Liebsten weicht! O Erde, nenne sie mir, Du schweigest vor dir, Bist frostig verschlossen Und ich bin verdrossen. Ach meine Lieb war mehr als ich, Denn sie bezwang mich. Ach meine Lieb ist nun für immer aus, Sie fand kein Haus! Wie ein verspätet Kind Ausgeschlossen in Regen und Wind,

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Zeitung für Einsiedler

Der Regen läuft ihm übers Angesicht, Es stehet vor dem Hause dicht, Es möcht noch klopfen an, Und es nicht wagen kann. Wenn vieles ich nicht sagen will, So sag ich nichts und schweige still. Ich bin kein Kind, Mir ums Gesicht wehte scharf der Wind, Daß mir der Bart aufging; Die Jugend verging, Ich hab sie nicht genossen, Die süßen Gedanken sind alle zu Nichts verflossen.

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VII. Ich wandle weiter voraus Vor des Wagens dunkles Haus, Ich seh ihn nicht, ich hör ihn klirren, Mit den Geschirren Und wie das Schicksal folgt er mir nach. Hier steh ich am Bach, Im kleinen Haus Gehet die Mühle mit Braus. Der Bach verrinnt, Der Stein zerreibt, Und nichts gewinnt Und keiner bleibt. Ich schwanke zwischen Bäumen Und möchte träumen, Im schwarzen Meer die Masten Sie ziehn ohn Rasten, Kein Schiffer will mehr grüßen. Die tiefe Still wird büßen. Die Segel herunter, Es geht bald bunter! Ich bin auch einer der Euern, Ihr müßt nicht feiern! Die Segel hernieder

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30. July.

Ihr Brüder! Die bestimmten Die erklimmten Wolken am Waldhang sich senken, Wer kann noch denken! Wir machen im Dunkel große Augen Und keiner kann sie brauchen. Ihr Wirbel des Meeres Ihr füllet das Leere, Ihr Augen, Leuchtthürme, Eingänge der Unterwelt, Neulebend möchte hinaus der Held, Ihr seligen Erinnerungen, Ich leb in euch und bin von euch durchdrungen. VIII.

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Müde sink ich in die Kniee, Soll ich beten, weil ich glühe, Viele Tropfen fallen kühl, Keine Thränen, kein Gefühl! Dieser Schritt ist nun der letzte Und ich sink der Selbstgehetzte! Der sich selber hat gejaget, Selbst zerrissen, nicht geklaget, Und die keusche Jagdgöttin Sinkt in Strahlen auf mich hin. IX. Meine Mütze voll von Trauben, Nüsse die am Boden rollen, Pfirschen röthlich weich in Wolle, Frischen meinen schwachen Glauben Und ich denk an andre Zonen, Wo die dunklen Menschen wohnen, Wo ein Goldlack Mädchenblicke, Schwarze Locken ohne Tücke. Stille wirds in meinem Herzen

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Zeitung für Einsiedler

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Und im Hirne wird es wach, Liebe, süße Liebesschmerzen Lasset ihr doch endlich nach. Und die Fluthen, die zerstörten Lassen mich den Tiefbethörten Hier im Grünen einsam stehn. Ach wo war ich doch so lange, Kühlend wehet ein Vergessen Und mir wird nun endlich bange, Daß ich gar nichts hab besessen, Hab ich niemals doch gesessen Meinem Glücke in dem Schooß, Und hier sitz ich nackt und blos. Neun Monat lag ich im Mutterschooß Und hab ihn mit Weinen verlassen; So ließ mich die Liebe nackt und blos, Am Berge in Nebelmassen, Die Schwalben streifen nur daran Wie um das Grab des Geliebten, Sie hören mich singen und wissen nicht wo, Und verlieren sich im Klaren.

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X. Mögen alle Gläser springen, Alle Lippen davor erblassen, Ja ich will die Wahrheit singen, Muß ich auch die Wahrheit hassen. Warum die Schönheit so flüchtig ist, Das will ich euch verkünden, Sie ist ein Gift das um sich frist Die Augen davon erblinden, Warum die Liebe so thöricht ist, Das will ich euch verkünden, Weil sie mit aller ihrer List Sich selbst nicht kann ergründen; O wohl uns, daß so viel Schönheit todt, Daß wir sie nicht brauchen zu lieben,

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30. July.

O weh uns, daß in der Thränennoth Mehr Glück als in der Ueberlegung: Könnt ich von meinen Augen Noch eine Thräne erpressen, Könnt ich von ihrem Hauche, Die Seligkeit vergessen! Unerwartet fiel hier der Alte mit entsetzlichem Weinen ein, seine Züge zogen sich traurig zusammen, wie von einem Krampfe, der unter der Oberfläche der Haut wie ein unterirdischer Strudel die Oberfläche des ruhigen breiten Stromes plötzlich zusammenzuziehen und auseinander zu reißen strebt, aber mit den beyden Strömen aus seinen Augen spielte er und sprützte er damit dem schlafenden Knaben ins Angesicht, dazwischen rief er: Schnell was Lustiges! Da las ich weiter.

Die an ihrem Glücke verzweifelte Mutter. 15

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M u t t e r . Wer klopft so spät? Kein Schwefelfaden, Kein Kiehn ist mehr in meinem Laden! S o h n 1. Nein Mutter, hört es an dem Ton, Vor eurer Thür ist euer Sohn. M u t t e r . Nachts kommst du Tagdieb, im Gewitter! S o h n 1. Ihr irrt, ich bin nun reich und Ritter Und bring euch mit die Fraue mein, Des Fürsten schönes Töchterlein, Steht immer auf, macht auf den Laden, Das Ungewitter war mein Wagen. S c h w i e g e r t o c h t e r . Frau Schwiegermutter, ihr verzeiht, Ich komm zu euch bestäubt und weit. M u t t e r . Frau gnäd’ge Tochter, muß mich schämen, Sie müssen hier vorlieb schon nehmen, Ich hab erst heute ausgekehrt, Doch hat sich keiner dran gekehrt. Mein lieber Sohn, dich zu empfangen, Ich bin zu arm und voller Bangen, Das gehet nimmermehr hier an, Hier war noch nie ein Rittersmann.

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S o h n 1. Macht liebe Mutter auf das Zimmer, Von meiner Jugendzeit voll Trümmer, Da ist der Helm, den ich gemalt, Mit Schlägen ward er mir bezahlt. S c h w i e g e r t o c h t e r . Frau Schwiegermutter seyd geküsset, Der edle Zweig, der aus euch spriesset, Ich häng an ihm wie eine Frucht Und freu mich eurer guten Zucht. M u t t e r . Ach gnäd’ge Fürstin zu viel Ehre, Da klopfts, daß uns nur keiner störe, Wer ist schon wieder vor der Thür? Jetzt ist die hohe Fürstin hier! S o h n 2. Dem jüngsten Sohn macht auf die Thüre, Lieb Mutter, daß er zu euch führe Die Beute aus dem Mohrenland, Viel Demant und viel goldnen Sand. M u t t e r . Mein Gott, was soll ich nun beginnen, Ich kann mich gar nicht mehr besinnen Wenn das ein Traum! Ich wäre froh, Ich brenn vor Freude lichterloh. Wie soll ich für so hohe Leute, Wie soll ich zu so großer Freude Die Schüssel kriegen, die versetzt, Die Speise, welche müde letzt. S o h n 2. Lieb Mutter seyd doch unbekümmert, Seht doch wie hell das Silber flimmert, Die Speisen, wie sie riechen schön, Ihr Sklaven macht ein schön Getön’. M u t t e r . Wie soll ich hier so ruhig sitzen, Kann ich nichts putzen? Wie sie blitzen Die Teller, seyd ihr sicher auch, Denn Stehlen ist hier gar sehr Brauch. S o h n 2. Seyd unbesorgt! Wollt ihr von diesem? M u t t e r . Es ist zu fein, hab’s abgewiesen. S o h n 2. Frau Schwägerin, habt ihr gehört, Was Mahomed im Koran lehrt? S c h w i e g e r t o c h t e r . Ja daß wir Christen wollt ihr zeigen, Ihr laßt im Glase keine Neigen. 432

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S o h n 2. Ich danke für den frischen Trank; Dies zu der Mutter hoch erklang. M u t t e r . Was soll ich sprechen, das sich schicket, Wenn ich die Kostbarkeit erblicket, So hilft nun all mein Sparen nicht, An beiden Enden brennt das Licht: Zwey Ritter sind die Lümmelsöhne, Mein Töchterlein die Fürstin schöne, Und so viel Köstlichkeit ist mein, Als nimmer kam zur Stadt hinein. E i n B e d i e n t e r . Da ward sie’s Teufels vor Vergnügen, Ein Sohn sie sah im Rauchfang fliegen, Sie sahen sich bestürzet an, Wie sich’s so traurig enden kann. S o h n 1. Wo ist die Mutter hingeflogen? Auf ihrem Besen weggezogen? S o h n 2. Und durch den Rauchfang, daß es kracht, Des Teufels Herr darüber lacht. S o h n 1. Hohläugig sahn mich an die Fenster, In jeder Scheibe viel Gespenster. S o h n 2. Die Tage sinds, die wir versäumt, Hier eingesperrt, da alles keimt. S o h n 1. Wohl wie ein unbewohntes Zimmer Sehr schleunig fällt in Staub und Trümmer, Wenn drin erscheint ein Menschentrit, So rissen wir die Mutter mit. Und alt in einem leeren Leben Und jung in frischer Freude Schweben, Sie hielt nicht aus den Mißverstand, Den Besen nahm sie gleich zur Hand. S c h w i e g e r t o c h t e r . Ach sieh doch wie die Katzen jammern, Am Feuerhacken aufwärts klammern, Ach lieber Mann, mir wird so bang, Du machst doch nicht denselben Gang? S o h n 1. Du mußt doch folgen, wo ich gehe, Gedenke an die heilge Ehe, Trau meinem Glück, es löst mich aus An deinem Arm von Stamm und Haus. 433

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Zeitung für Einsiedler

Der an seiner Heiligkeit verzweifelte Einsiedler.

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Dreißig Jahr im hohlen Stamm Saß der alte Einsiedler, Bis die reine Andachtsflamm Durch und durch gedrungen wär, Und nun fühlt er sich so rein, Keine Luft mehr athmen konnt, Er vergeht in heil’gem Schein Und kein Mensch sich drinnen sonnt. Und vor dieser Heiligkeit Kriegte er nun eine Scheu, Meinte sich von Demuth weit Und begann sein Werk aufs neu. Sonntags ging er in die Stadt, In der Kirch zur Kanzel klomm, Dort mit faulen Aepfeln hat Er beworfen, die nicht fromm. Welche ein Lermen, mancher Schlag Doch das trug der Einsiedler, Andre Thorheit er vermag, Um zu büßen hart und schwer. Bei dem Juden sich verdingt, Der am Markte Fleisch verkauft, Ihm dann alles Fleisch verschlingt, Daß der Jud sein Haar ausrauft, Wird dann stumm und bleibet stumm Bis er sich erst taufen läßt, So geht er mit Juden um, Um zu sorgen für ihr Best. – Sieben Räuber, die er fand Speist er köstlich auf der Heyd, Daß sie Christum zugewandt Alle ziehn in Einsamkeit. – Einen Teufel trieb er aus Der ein Weib besessen hielt, Als er einsmals kam ins Haus, Und mit ihren Kohlen spielt, 434

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Und die Finger nicht verbrannt, Und das Kleid auch nicht versengt, Alles hat sie ihm bekannt, Buße hat er ihr verhängt. – Hofnarr wurd er alsobald Und bekehrt den Komödiant, Denn er zeigt in der Gestalt, Daß er mehr im Spaß verstand; Seinen Fürsten er blamirt, Wenn der will recht vornehm thun, Bis er recht mit Fleiß regiert Läßt er ihn auch gar nicht ruhn; Alles das ganz heimlich hielt, Bis er endlich heimlich starb, Jeder bei dem Narren fühlt, Daß er höhre Gnad erwarb, Als so manche ernste Seel, Die mit Anstand und Moral Nie verschuldet einen Fehl, Auch nichts Gutes that zumal, Und da gieng es zum Bericht, Jeder rühmt sich einer Gnad, Schlug er einem ins Gesicht, War es immer Gottes Rath, Wer ihn sonst belächelt hat, Ihn mit Kerzen nun verehrt, Doch ein Windzug kommen that, Löschet aus, die ihm nichts werth. Der Alte ward heiter, seine Wangen hatten sich gefärbt, sein Auge leuchtete, er ging mit klingenden Schritten umher und schien zu befehlen: Ihr seyd gute Kinder, lest was zum Schluß, woran ich denken mag, wenn ich von euch bin. Gut dann, fast bin ich des Tages müde. Ludwig Achim von Arnim. [Die Fortsetzung künftig.]

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Zeitung für Einsiedler. 1808. [281/282]

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– 36 – Tells Kapelle bey Küßnacht.

Sieh diese heil’ge Waldkapell! Sie ist geweiht an selber Stell, Wo Geßlers Hochmuth Tell erschoß, Und edle Schweizer Freyheit sproß. Hubertus habe Dank und Lohn, Des wackern Waidwerks Schutzpatron! Tell klomm, ein rascher Jägersmann, Die Schlüft’ hinab und Alpen an. Den Steinbock hat er oft gefällt, Der Gems’ in Wolken nachgestellt; Er scheute nicht den Wolf und Bär, Mit seiner guten Armbrust Wehr. Da rief ihn Gott zu höherm Werk Und gab ihm Muth und Heldenstärk. Vollbringen sollt’ er das Gericht, Das Geßlern Todes schuldig spricht.

[281b]

27. August.

Hier in dem Hohlweg kam zu Roß Der Landvogt mit der Knechte Troß; Tell lauschet still, und zielt so wohl, Daß ihn sein Volk noch preisen soll.

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27. August.

Die Senne schnellt, es saust der Pfeil, Des Himmels Blitzen gleich an Eil: Es spaltet recht der scharfe Bolz Des Geßlers Herz, so frech und stolz. 5

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Gepriesen sey der gute Schütz, Er ist für manches Raubthier nütz. Sein Aug’ ist hell, sein Sinn ist frey, Feind aller Schmach und Drängerey. Sein bestes Ziel ist ein Tyrann, In aller Menschen Acht und Bann. Kein Forstrecht, kein Gehege gilt Zu Gunsten solchem argen Wild. Drum ehrt die heil’ge Waldkapell, Allhier geweiht an selber Stell’, Wo Geßlers Hochmuth Tell erschoß, Und edle Schweizer Freyheit sproß.

[282]

A. W. Schlegel.

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Alte Aufschrift in Basel. Demuth hat mich lieb gemacht, Lieb hat mich zu Ehr gebracht, Ehre hat mir Reichthum geben, Reichtum that nach Hochmuth streben, Hochmuth stürzt in Elend nieder. Elend gab mir Demuth wieder. Mitgetheilt vom Hrn. Hofr. B l u m e n b a c h .

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Zeitung für Einsiedler

[281/282]

Ausfoderung. Spanisch.

[281a]

[281b]

„Wenn so wacker ist dein Herz, Zaide, als dein Hochmuth prahlend, Und nach Maassen deiner Hände Du den Worten gönnst zu flattern; Wenn du in der Vega kämpfest, Wie du redest bey den Damen, Und auf deinem Rosse wendest So den Leib, als in der Zambra; Wenn den Anstand aus Turnieren Du bewahrst im Spiel der Lanze, Und, wie tanzend schön die Toca, Schön auch mit dem Säbel tanzest; Wenn gewandt du bist im Kriege, Wie zu sprengen durch die Strassen, Und wie du auf Feste sinnest, Gleichen Eifer’s sinnst auf Schlachten; Wenn du so wie höf’schen Zierrath Tragen magst den lichten Panzer, Und auf’s Schallen der Trompete Hörst wie auf der Flöte Schallen; Wenn, gleichwie bei lust’gen Spielen Rüstig du die Röhre warfest, Auch im Felde du den Gegner Niederstürzest und mishandelst; Wenn in’s Antlitz du erwiederst, Wie du hinterm Rücken sprachest, Komm heraus, ob du dich schirmest, Wie du schmähest im Alhambra. Und wofern du’s nicht allein wagst, Wie es der thut, der Dein wartet, Komm mit Einem deiner Freunde, Daß er helfend dich bewahre.

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Nicht ist’s guter Ritter Weise, So im Pallast, als bey Damen Sich der Zunge zu bedienen, Denn es schweigen dort die Arme. Aber hier, wo Arme sprechen, Komm’ und sieh nun dessen Sprache, Der in König’s Gegenwart Schwieg, von Ehrfurcht still gehalten.“ Dies des Mohren Tarfe Schreiben, Welchen Zorn und Wuth so fassen, Daß, wo er die Feder hinsetzt, Er das zarte Blatt zerspaltet. Einen seiner Pagen rufend, Sagt er ihm: Geh’ zum Alhambra, Gieb geheim dem Mohren Zaide Dieses Blatt von meinen Handen. Sag’ ihm auch, ich warte seiner Dorten, wo die schnellen Wasser Des cristallenen Xenil Den Generalife baden.

[282]

Pellegrin. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen.

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(Fortsetzung.) 25

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Wer nie mit wilder Faust An die eherne Glocke geschlagen, Worin der Geist gefangen haust, Dem wird nimmermehr Ruhe zusagen, Der hört noch nicht, Der sieht kein Licht, Er wähnt sich Gott, Weis viel von sich zu sagen. 439

[282]

Zeitung für Einsiedler [283]

Wem nie das Herz zu schnell In den forschenden Geist eingeschlagen, Der sieht am lichten Tag nicht hell, Der wird über die Zeiten hinjagen, Der hört noch nichts, Der sieht noch nichts, Er wähnt sich Gott, Bis er sich überschlagen. Wem nie mit Liebesmacht Beyde glühende Arme gezogen, Bis Sie entwichen, er verlacht Von stockfinsteren Nächten umzogen, Der hört mich nicht Aus Zuversicht, Der meint sich Gott Und hat sich Lieb gelogen. Die blinde Leidenschaft Ehre klagender Mensch in dem Staube, Sie führt dich an mit deiner Kraft Auf Klippen den Vögeln zum Raube! Du hörst dich nicht Du siehst dich nicht, Du fühlest Gott Und betest nun mit Glauben. Ich hatte dies kaum ausgelesen, so fiel der Alte mit schrecklicher Stimme in einen Gesang, den ich nimmermehr vergessen werde: Wem nie ging aus die Luft, Wo er stürmend vieltausend mitrissen, Wo Leichtsinn zu den Waffen ruft, Der bleibt immerdar ohne Gewissen, Der hört nur sich, Der sieht nur sich, Der wähnt sich Gott, Bis er die Welt zerrissen.

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Der sonst der Welten Lauf Auf der eigenen Fährte sich dachte, Steht nun verwundert auf Wieviel größer sich alles rings machte, Der hörte nicht, Der sahe nicht, Der meinte Gott, Daß er das Glück verachte. Wer lernen kann, der lebt, Der nur immerdar leben wird bleiben, Und der in allem wieder lebt, Du Herr wirst ihn nun höher noch treiben, Er hört in sich Nun dich, nur dich! Er schauet Gott, Und wird in Gott verbleiben. – Ihr schreit zu einander wie ein Paar Controversprediger auf den entgegengesetzten Enden der Kirche, meinte der Herzbruder, ich aber will meiner Ohren wegen den Religionsfrieden und allgemeine Ausgleichung! – Das sey aber auch die letzte Vorlesung.

Ausgleichung.

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Der Pfalzgraf von dem Rheine Saß in dem Abendscheine Der Berg und Thal umfloß Am Heidelberger Schloß, Auf einer hohen Platte Von Gallerien umringt. Da sah der Lebenssatte, So weit sein Auge dringt, Des Glückes Purpurthau, Der Rhein erblinket blau, Der Neckar kommt gewunden, Rechts, links von Lust gebunden.

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Tief unter Wallnußbäumen Des Alten Blicke säumen Bey einem weissen Haus, Wo Klara schaut heraus, Die seinen Leib erfrischet, Daß er den Geist erträgt, Und sein Getränk ihm mischet Das ihm den Frohsinn regt, Wenn er nach Herrscherlast Sucht Abends frohe Rast, Jezt sieht er sie da spinnen Auf neu Liebkosen sinnen. Dann sieht er unten sitzen, Bey Wein und guten Witzen Und bey dem lieben Weib, Die frommen Arbeitsleut, Doch wenn sie wollen singen Da kommt ein groß Geschrey Daß alle Ohren klingen Dort von der Sakristey, Der Theologen Schaar Drein sitzet schon ein Jahr, Die preßen ihren Glauben Aus den unreifen Trauben. Der Pfalzgraf die Doktoren Läst kommen, die wie Thoren Voll Bosheit sind für Gott, Sich hassen auf den Tod: „Heut müst ihr euch vereinen Weil still die Welt heut ruht, Wie Gold die Berge scheinen, Ihr Schatten frischen thut, Der Strom rauscht hier noch toll, Wo er recht tragen soll, Muß er still eben fließen, Da werden Schiffer grüßen.“

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Die Calvinisten rufen: „Die Berge sind nur Stufen Zum reinen Himmelssaal, Sein Bild ist da zumal, Kein i r d i s c h e s G e p r ä n g e W i e i n d e m L u t h e r t h u m, Das hält Vernunft gar enge; Vernunft sey unser Ruhm, Bestimmung unser Gott, Kein Blut hat er zum Spott, Trinkt ihrs im Abendmahle, So klebt ihr an der Schale.“ Die Lutheraner schreien: „Ihr wollt uns hier entweihen Die große Gottes Welt Mit eurer Herzenskält, Wozu hat Gott geschaffen Der grünen Wälder Pracht, Der Wolken helle Waffen, Und ihrer Blitze Macht, Wollt ihr nicht sehn um euch, Doch wir verstehen euch gleich; Denn wir verstehn die Welten, Ihr könnet sie nur schelten. Das Wort ist Fleisch geworden, Wer will das Wort ermorden? Der Geist ist in dem Blut, Es treibt in Gottes Fluth!“ Da schrein die Calvinisten: „Ihr seyd ein Pantheist, Wir sind allein nur Christen, Wir kennen eure List!“ – Der Lutheraner tobt Und Gott im Himmel lobt, Daß er nicht blos im Geiste, Daß Wahrheit hier das Meiste.

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Den Graf bewacht ein Leue Der meint bey dem Geschreie Den Herren in Gefahr, Sprengt seine Kett fürwahr Und springt zu seinem Herren, Sich auf die Schulter legt, Den Rachen thut aufsperren, Die Tatze drohend trägt, Die Doktors werden still: „Der euch vereinen will, Das ist des Papstes Schrecken, Der möcht euch beyde strecken.“ Der Pfalzgraf sagt mit Lachen: „So stehn nun eure Sachen, Wer hält nun Stich im Tod, Doch streitet ihr ohn’ Noth, Nun mag der Streit nur währen, Der Leue sieht euch zu, Wollt ihr ganz ruhig lehren So läst er euch in Ruh, Ich bind ihn wieder an, Was ich sonst nicht mehr kann; Der weltlich Arm soll streiten, Der Geist in Lieb fortschreiten.

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Wenn einst dies Schloß verfallen, Aus Ritzen Bäumlein wallen Statt Fähnlein auf dem Thurm, Als einzge Wach im Sturm, Manch steinern Bild der Ahnen Nur schwacher Epheu hält; Den Weg sich Wandrer bahnen Zu schaun die öde Welt, Mit Graun durch Säle ziehn Wo wilde Blumen blühn; Seht wie die Berge grauen, Ich mein das all zu schauen.

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Seh mein Geschlecht verdränget, Die Löwen all versprenget Die in dem Graben brülln, Das Faß will sich nicht fülln, Die heilge Lind gehauen Am Wolfsbrunn und kein Tanz Find ich mehr anzuschauen Bey der Forellen Glanz, Der Glaub wird überall Ein später Wiederhall Vom Spruch der lang vergessen: So wird er neu besessen. So wird in allem Trauern Was Liebe schuf doch dauern, Und aller euer Haß Ist dann der Leute Spas, Drum wollt ihr ewig leben Ihr Herren nun wohlan, So müsset ihr aufgeben Des blutgen Hasses Bann, Drauf gebt euch Hand und Mund In dieser ernsten Stund, Auf, sondert fromm die Lehren, Ihr sollt euch lieben, ehren.“ Die Doktors gar in Nöthen Sich gern die Hände böthen, Da legt der Graf aufs neu An seine Kett den Leu: Doch wer kann Teufel ketten, Kaum waren sie bergab, Sich von dem Schwerdt zu retten, Da schrie – Dickkopf – ein Rab, Den Luthrischen zum Trutz Aus war der ganze Nutz, Auf zweye thäts nur würken, Die wurden gar zu Türken.

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Nur Klara weiß zu lohnen Des Grafen liebreich Schonen, Sie schmückt der Jungfraun Schaar Mit Blumen in dem Haar, Mit Blumen um die Leiber, Mit Blumen um den Hals, Und drey der schönsten Weiber Hochfroh des Stimmenschalls Zum Schlosse gehn empor Mit diesem frohen Chor, Beym letzten Sonnenscheine Sie singen ihm so feine: Die Neigung nur kann freye Mädchen binden Zu einem Kranz sich tanzend zu umwinden, Daß Arm und Fuß zugleich gezogen In ihrem sanften Bogen Den lieben Fürsten leicht umringen, Ein Loblied ihm zu singen. Ehrwürdger Greis, du suchtest auf die Gassen, Daß unsre Noth dich bittend konnt erfassen, Die Noth hast du geendet weise, Nun hör auf frohe Weise, Tritt mit in unsern frohen Reihen, Beglückend ihn zu weihen.

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Wir preisen hoch dein Silberhaar in Locken, Dein helles Aug macht unsre Augen trocken, Dein Lächeln ist der schönste Segen, Die Furcht vor dir zu legen, So mögen wir in liebendem Vertrauen Dich alle gern anschauen. Heil dir, du hast des Tages Müh getragen Mit Geist und Muth den Feind geschlagen, Mit Kunst geschmückt der Kirche Hallen, Du bist des Volkes Wohlgefallen,

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Du bist zu unserm Glück geboren, Dein Glück hat uns erkoren.

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Heil uns! Laß dir von dreien edlen Schönen Die lichte Stirne rosig krönen, Und lüfte dich im Abendtanze Im letzten Sonnenglanze, Du bist nicht alt, du wirst verjünget Wenn dich der Kranz umschlinget. Gleich schön sind wir, die schönsten drey von allen, Gleich Seiten von Kristallen, So sind wir gleich und fest verbunden Zu deinen frohen Stunden, So gleich sind wir, dir eifrig zu gefallen, Des Volkes Wohlgefallen. Der Alte tanzte am Schlusse vor Vergnügen, ein kleines Mädchen reichte ihm einen Kranz von Kornblumen, er setzte ihn auf sein Haupt und sprang mit der Kleinen herum. Als er müde war sagte er im Verschnaufen: So gut ist mirs nie geworden, ich will meinen Ton hören, etwas Mildes, daß ich ins Gleiche komme. Ich hatte meine besondere Freude an ihm, eine solche Wirkung von Versen war mir nie vorgekommen; doch erschöpfte es ihn sehr, er weckte seinen Jungen, der in der Ecke schlief, ließ ihn einen Diener vor uns machen, darauf drückte er mir die Hand mit seiner breiten Faust und sagte: Ihr seyd sonderbare Leute, erst habe ich euch für thöricht gehalten, weil ich den geheimen Gang eures Spiels nicht einsahe, da liegt nun für andre Leute, die da meinen alles Verständniß sey ihnen angeboren, alles so unter einander, daß sie euch selten trauen werden. – Das mag jeder mit Gott verantworten, wenn ich aber etwas scheinen möchte, so ist mir ein Frevler lieber als ein Scheinheiliger. – Für euch mögt ihr recht haben, antwortete der Alte, nicht für andre, die euer Beyspiel statt zu stören erwecken könnte, es wird eine Zeit kommen, wo sich alles Gute zeigen muß, und laut auf seine Brust schlagen, daß wir es an dem Ton im Innern ermessen. – Aber sagt mir lieber Alter, jetzt sprecht ihr ja wie alle andre Menschen, sonst redet ihr so eigen? – Mein Sohn, als Siegfried den Drachen erlegt und sich im Blute gebadet, da verstand er aller Vögel Stimmen, wer aber den rechten Drachen erlegt, der kann 447

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sie auch reden, ohne sie nachahmen zu wollen, er lebt in allen und mit allen, er gedenkt der großen Einwirkung eines äußerlich durchdringenden ernsten Lebens und wollt ihr es kennen lernen, so kommt einmal zu mir ins Gebürge, wo ich mit meinen beyden Brüdern wohne und wo wir schreiben mit Adlers Federn, damit du sie kennst, nimm unser Bild, wie es dies gute Jünglein aufzeichnete. – Hiebey schlug er seine Kappe über und stieß sich beym Herausgehen nachdenklich fortschreitend heftig den Arm, wir sahen auf das Bild. (Siehe die Kupfer-Platte.) Also war das Severinus Boezius! rief der Herzbruder, ähnlich, sehr ähnlich! – Gott weis es, wer der gute Kerl ist, er wird sehr geschoren, er hat mit zwey andern durchaus Einsiedler werden wollen und kann nicht dazu kommen, bald laufen alle Leute zu ihm, weil sie ihn für heilig halten wenn er irgend ein Stück Vieh kurirt hat, dann halten sie ihn wieder für einen Hexenmeister, weil er viel rechnet und werfen mit Steinen nach ihm und jagen die Kinder hinter ihm drein, die müssen ihm nachsingen: So treiben wir den Winter aus durch unser Dorf zum Thor hinaus. Der Alte ließ sich das alles gefallen, das ärmste von den Kindern nahm er zu sich, du sahst es in seinem Schooße schlafen er bettelt nie, er verdiente sich auf allerley Art was er braucht, den alten Baum, worin er seine Einsiedeley im Gebürg erbaute; die beyden Körbe, worin seine beyden Brüder wohnen, hat er geflochten und also verdarb er der Policey den Spas ihn ins Zuchthaus zu sperren. Die Prediger sind aber des Teufels gegen ihn, sie meinen, daß er groß thun wolle mit seiner Tugend, wenn er ihnen vom Glauben spricht, so wissen sie nicht recht, was sie für ein Gesicht dazu machen sollen, sie mögen doch nicht geradezu sagen, daß sie keinen haben und mögen auch nicht gern ihren Ruf als aufgeklärte Leute einbüßen, da sehen sie aus als wenn ihnen im Spiele mit einem Strohhalm in der Nase gekizelt wird und sie sich das Lachen verbeissen müssen; sie begreifen nicht, warum er nicht leben könne wie andre Menschen im Dorfe, er brauche ja niemand zu besuchen, dann brachten sie aus, wenn die Leute meinten er bete, da sey er knüppeldick besoffen! – Das gefällt mir sehr gut, ein besoffener Kerl in einer unendlichen Einöde; der mag da wie ein wildes Thier brummen und die alten Weiber erschrecken, die trockne Reiser lesen! – Aber es ist nicht wahr. Neulich haben sie ein Paar Liebesleute beredet, die auf die Alpe zogen, daß sie Nachts in seine Einsiedeley eingebrochen, haben ihm ein Stück Bart abgeschnitten um die Milch durchzuseigern, dann haben sie sich in sein Stroh gelegt. Wie sie aber auf der Alpe waren, da 448

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fanden sie einen sonderbaren Milchsegen und machten viel Käse, dann aber ist ein Berg auf sie gestürzt und hat sie verschüttet und da liegen große gelbe Steine umher wie die Käse, weil sie die Milch durch seinen Bart geseigert. So wirds erzählt. 5

(Die Fortsetzung folgt.)

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Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. 5

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(Schluß.)

Noch heute war hier ein wunderlicher Streit zwischen dem alten Einsiedler und einigen Bauern, den ich durch allerley Gleichnisse zu schlichten suchte, als der Herzbruder von mir entdeckt wurde. (Wir lassen diese Geschichte aus, so wie einen Streit der sich am Schlusse mit einem Reisenden erhob, der sie durchaus publiciren wollte um das Land aufzuklären, der aber endlich, da es sich fand, daß er alle falsche Ansichten hatte, die ein flüchtiger Anblick giebt, seine Papiere zu zerreissen und die Urfehde zu schwören gezwungen wurde.) Der Herzbruder hatte während der Zeit das Zimmer verlassen, ein junger Mensch, den ich bis dahin nicht bemerkt hatte, sprang auf ihn zu und erzählte unsern Streit mit tausend belustigenden Uebertreibungen. Das war mir doch zu arg, über etwas, das ich selbst gethan fast im selben Augenblicke so verdrehten Bericht zu hören, was soll da aus der Welthistorie werden. – Um der Wahrheit willen, fragte ich ihn, glauben sie denn an allem dem, was sie eben erzählen oder halten sie es etwa für eine Kunst so zu lügen, fühlen sie denn nicht daß diese gewöhnliche Wirklichkeit der Geschichte in ihrer mannigfaltigen Verbindung reicher ist, als alle fremdartige Erfindung; doch nein, Sie sind sicher kein Poet. – Kein Poet, sagte der Herzbruder, er ist der eins und alles unter den Poeten, denn er macht alles, was irgend einer gemacht hat. – Aber wenn es nicht so war, so wäre es doch leicht so geworden, 451

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sagte der junge Mann! – Nun das ist einmal wieder ein Gedanke deiner Art, so etwas sagt kein andrer, meinte der Herzbruder; ich stelle dir hier meinen Reisegefährten, einen jungen Mystiker vor, der nächstens wird katholisch werden, doch unter Bedingungen. – Wenn wir geschichtlich den jetzigen Zustand von Europa untersuchen, so . . . der junge Mann wollte fortfahren, aber der Herzbruder unterbrach ihn: Um Gottes Willen, deine Geschichte ist mir viel lieber, als deine ganze Weltansicht aller fünftausend Jahre, du hast mir unterwegs die Geschichte deines ersten Gedichts erzählt, wie du eingeschneit gewesen, das Gedicht schien mir dein Bestes, sag es noch einmal, es wird dir gewiß gefallen Herr Bru- der! Der junge Dichter setzte sich nahe an des Herzbruders rechtes Ohr und sagte ihm laut her: Blind blinket heller Schnee Mit weissem Sternenscheine, Es thut mir alles weh, Aus Langeweil ich weine. Mich trübet trübe Luft, Ich mag nicht um mich sehen, Da sinkt in mir der Duft, Viel Lämmer seh ich gehen, Es scheint ein Purpurlicht, Lau Leben Luft umfließet, Doch liegt der Schnee noch dicht Und keine Blume sprießet. Weiß hebt aus dürr Gebüsch Ein Glöcklein sich ohn Klingen, Jezt Sonn nicht mehr erlisch, Dir will sie sich ja bringen. Die Sonn’ verwundert stille steht Und weilt und kanns nicht lassen: „Daß ich so hübsche Kinder sä’t Das kann ich selbst kaum fassen. Doch weil dies also freundlich ist Will ich mir viele treiben, Will treiben sie mit Lust und List Und will hier länger bleiben.“ Der Schnee verschmilzt, das Glöcklein trinkt, Ertrinkt in seinen Fluthen,

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Die Sonne da schon traurig sinkt Und schämt sich ihrer Gluthen. Des Flusses Arm den Schnee führt ab, Grün unser Gärtchen scheinet, Die Rose schießet übers Grab, Wo’s Glöckchen sich verweinet. Die Sonne freut sich still und stumm; Auf Strahlen bin ich flogen Ums Antlitz unbemerkt herum, Wo nie die Vögel zogen. Der Anfang wohl beklommen ist, Der Uebergang beklommen, Doch wer geduldig wie ein Christ, Der ist zu Gott gekommen. In der Zeit hatten sich einige zu uns gesetzt. O Sapperment, rief mein Herzbruder, es ist mir ordentlich, als hätte ich in den Schnee gesehn, da hat mein Freund Schelmufsky einen ehrenvolleren Anfang in der Poesie gemacht – Wer weiß noch, wer das beste Ende nimmt? fragte der junge Dichter. – Wärst du nur nicht so unverständlich, die Unterschriften und die Beziehungen sind wie ein ungeheurer Wechselzopf auf einem schönen Kopfe. – Der darf aber nicht abgeschnitten werden, sonst stirbt der poetische Kopf daran und er will doch auch leben? – Ich weiß nicht warum und kann es dir versichern, es sagen sehr viele gute Leute, Menschen von Sinn, sie erkennen deine Gedichte gedruckt gar nicht wieder, du müßtest dich mitverkaufen. – Wie viel giebst du? – Gerade so viel weniger für dich, jemehr du Gedichte hast, ich sage dir, die meisten verstehen sie gar nicht. – Versteh ich doch auch die meisten Leute nicht. – Warum schreibst du sie denn, du bist wohl wie der Mensch, der jährlich seine Haut abstreifen muß, um jung zu bleiben? – Ich will dir noch ein Paar verlegene Vergleichungen sagen, damit dich meine Poesie nicht weiter zu bemühen braucht, die Perlen sind ja auch eine Art von Krankheit der Austern und Perlen vor die Säue geworfen, ist doch durchaus nicht viel anders, als Gedichte abdrucken lassen. – Kein Mensch kann eigentlich deine Gedichte so lieben wie ich, sie gehen dir wie Spuhlwürmer ab. – Ober wie ein Fischrogen, Welt an Welt und das Ganze doch wie ein Chaos. – Oder wie ein Trödelmarkt von lauter Familienbildern, da kommen lauter Hacknasen; besonders mit Spinnen und Nachtigallen, hast du viel zu thun, aber sieh, das must du nicht so ernsthaft nehmen, um deiner 453

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Freundschaft ist mir auch deine Poesie lieb. – Jeder muß was er kann und will; meine Freundschaft ist unabhängig von meiner Poesie. – Mir ist deine Freundschaft lieber als meine Poesie, entgegnete der Herzbruder fast ernst. – Es sind beydes gute Kammeraden, sagte der junge Mann, laß sie zusammen liegen in einer Kammer, was willst du den einen wegdrängen um den andern aufzunehmen, sie vertreiben sich einander die Zeit und so lang denn immer meinen glücklicheren Nebenbuhler her, von deinem Beurtheilen hab ich so nichts: Es ist wunderlich in mir, jede Art Tadel verletzt mich und doch macht mir das Lob wenig Freude! Wenn ich verstanden werde ists mir lieb, aber daß ich verstanden werde, darum mag ich auch nicht das Kleinste ändern, lieber möchte ich meine Zuhörer bekämpfen und bezwingen. – Sacht an, rief der Herzbruder, daß es dir nicht geht wie dem Prediger jener Gemeine, die ihn absetzte, weil er sie alle Sontag so entsetzlich schelten thäte, da sie ihn doch bezahlten und ihren rauhen Zehnten richtig abtrügen. – Das ist alles recht gut, meinte ich, aber wisse, es ist besser an der ganzen Welt zu verzweifeln, als an sich selber und dazu könntest du manchen gutmüthigen Anfänger bringen, du weist wo es dir selber weh gethan hat und da berührst du andre. – Ey zum Teufel, rief der Herzbruder, wenn zwey mit einander spassen und der dritte hält es für Ernst, so werden sie am Ende selbst ernsthaft, laß uns drum lieber nach unserm Schelmufsky umsehen, wie er seinen Anfang in der Poesie gemacht hat mit dem berühmten Gedichte vom Klapperstorche, welches er aus dem Hosenfutter herausgezogen. O Sapperment, was war da für Aufsehen unter den Leuten. (Hier folgt diese berühmte Stelle aus Schelmufs- kys Reisebeschreibung zu Wasser und Lande nach der Ausgabe von 1750 S. 60 – 70, bey der nahen Erscheinung dieses deutschen Donquichote lassen wir sie aus.) Der junge Dichter war beruhigt, als er nach der lustigen Geschichte den Tadel wie einen Scherz ansehen lernte, aber in allem Scherze liegt doch immer ein kleiner aber sehr harter ernsthafter Kern, wer mag gern zufällig darauf beißen, besonders wer einen holen Zahn hat, wenn das oft kommt, so meinen auch wohl die Leute, daß der andre das Fleisch von den Kirschen alle für sich nimmt und dem andren die Kerne ins Gesicht wirft. – Alle andern husteten fast vor Lachen, wischten sich die Augen oder hielten sich die Seiten, was noch vermehrt wurde, als die Wirthin die Hände in beyde Seiten gestemmt ihrem Mann erzählte, das Gänsemädchen, die am Ofen ihre Schürze getrocknet hätte, als der kleine Herr seine Versche vorgelesen, sey ganz 454

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toll; sie gehe mit einem langen Stabe in der Küche umher und sage alles in Verschen, ihre Augen die blitzten wie nichts guts, sie thät aber niemand etwas zu leide, wüste auch noch von allem und sie sagte, es hätte sich erst heute von der Brust gelöst. Der Schulmeister meinte, der hätte er so eine Vorwitzigkeit wohl voraus gesagt, sie hätte zwar schnell gelernt, wär aber immer so dummlich gewesen, manchmal auch superklug. Der Herzbruder und ich beobachteten sie erst neugierig durch die aufgeschlagene Thüre. (Hier folgt ihre Beschreibung, ihre Unterredung die wir an einem andern Orte nachzuholen denken, da wir genöthigt sind zu dem scherzenden Gemische in der Bauernschenke zurück zu kehren.) Der haben sie es wohl recht gegeben, sagte der Schulmeister zum Herzbruder, es hat mich vorher recht gefreut, wie sie den kleinen Dichterling abgefertigt haben, ich habe ihn sonst wohl gekannt, als er noch Candidat war, es war ein sehr artiger Herr, aber seit er das Versemachen in den Kopf gekriegt, bekümmert er sich nicht um einen und das werden sie besser wissen als ich, er sollte lieber Schule machen, ich mag nichts von seinen Versen behalten, ich mag auch nichts von ihm hören, mir liest er auch nichts vor. – Hör zu, sagte mir der Herzbruder, hier ist die ganze Journalistik schon in die Bauernschenke gedrungen. Nun Herr Schulmeister, wo haben sie denn soviel Freyheit in ihrem Urtheil her, machen sie auch Gedichte. – Ich habe auch welche gemacht, Schnurren auf andre Gedichte, Uebersetzungen. – Solche Leute müste es eigentlich viel geben, wo Kritik recht zum Leben geworden, so würde kein Mensch die Kritik mehr mögen, und wie weit würde die Welt kommen. Sie müssen eine erstaunliche Uebersicht haben, weil sie eigentlich alles übersehen, viel Verstand, weil sie sich in ihrem Stalle verstehen, viel Urtheile, weil ihnen das Ganze fehlt, wenn sie keine Kinder haben, so ist es unmöglich für etwas so Ungereimtes wie sie eine Aehnlichkeit zu finden. Was ist ein schiefer Spiegel gegen sie, der alles Gerade krumm, alle Krumme gerade sieht. Sie sind gar nichts und gelten doch für den Besten jetzt in der Welt, kommen sie mit mir, werden sie Mitarbeiter in Journalen, machen sie dem Unwesen in der Literatur ein Ende, daß sie immer anders wird! – Werden sie nur nicht böse! – Was ich sollte böse werden um solchen Parnassuskläffer, führe ich nicht den Schäferstab, ich spreche ja nur mit ihnen weil sie der lächerlichste Repräsentant für das Caput mortuum des gesammten Publikums sind, nicht wegen ihrer manchesternen Hosen. – Das müssen sie mir doch auch nicht sagen, ich bin Schulmeister und könnte sie wohl noch in die Lehre nehmen. – 455

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Ja lehrt nur immerzu, so lang ihr Kinder oder Narren findet, die es euch nicht auf der Stirne lesen, wie ihr zum bösen Feinde überfahrt gleich jenem Schulmeister Roms, doch wartet nur, der wird euch eben so die Hände binden und den Kindern die Ruthe in die Hände geben. – Der Streit schien sich zu erhitzen und ich konnte nicht begreifen was die beyden mit einander zu reden hätten, ich setzte mich zwischen und sprach: Der Herzbruder erhitzen sich zu sehr mit sich selbst, da dero Gegner eigentlich wenig Feuermaterial in sich führt, so wird das nicht viel helfen, seine eiserne Stirn ist außerdem ein guter Blitzableiter. Auch sagt schon Tieck, so wenig es sagen will ein Gedicht hervorzubringen, so viel hat es zu bedeuten, wenn man eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen im Stande ist und dazu haben wir auch die alten Classiker. – Euren Spott weiß ich auswendig, schrie der Schulmeister dazwischen, macht mir einen König von Thule, und ich will schweigen. – Die Anforderung ist von ihrer Seite bescheiden, denn sie haben nichts dabey zu thun, auch bin ich gewiß wenn der König von Thule nicht gemacht wäre, sie würden ihn gewiß machen, aber wie machen wir es nun, da er einmal gemacht ist. – Ich halte meine Schule und bilde Menschen, habe auch keine Zeit Gedichte zu lesen, wenn ich aber welche machen wollte, die stehen vor mir wie eine Mauer. – Armer Gefangner. – Aus der Idee hat sich jedes Gedicht entbunden, aber wer Menschen bildet, der bildet tausend Ideen auf einmal und was ich jetzt mühsam zusammenbrächte, das ist künftig ein Spiel für meine Jungens. Menschbildung ihr Herrn! – Hier erfolgte eine lange sehr verwickelte Unterhaltung über die Gefahr der Menschenbildung, über Erziehung, von Dichtern die geboren und ungezogen wären; der junge Dichter versicherte seit drey junge Mädchen bey offnen Fenstern seine Lieder sich abgeschrieben, sey er von Gott geweiht. Der Schulmeister kam immer noch mit dem Zaunpfahl seiner Menschenbildung dazwischen und hielt ihn für einen Zahnstocher, wir erinnerten ihn an Prometheus und da es sich fand, daß ich noch ganz andre Dinge von Prometheus wüste, als in den alten Schriftstellern stehn, so ließ ich mich nicht lange bitten, ihm ein Stück aus der Tasche A. vorzulesen.

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P r o m e t h e u s . Augenblicks Kraft sprengt mir die Kette der Jahre! O Herkules, götternde Kraft wandelst du von mir, ohne ein Umschaun? – Felsen erschallen unter den Tritten, Aeste sie streifen kühl um dein Antlitz, soll ich ersticken hier in dem Danke, Wohlthat vernichter warum die Geyer hast du erschossen, zehret der Gram tief in der Leber. H e r k u l e s . Was ich gethan ist mir vorbey und viel noch zu thun! Viel ist des Dampfs, steigend aus Klüften, mehr noch des Jammers unter den Menschen, wohnend da drunten; hörst du den Jammer, ende ihn schnell. P r o m e t h e u s . Laß sie doch jammern, die ich geschaffen, Schönre zu schaffen schick ich mich an. H e r z b r u d e r . Will der Kerl gleich wieder loslegen und ist kaum frey von der Strafe. H e r k u l e s . Diese vernicht erst! – Frierend und schwitzend in dem gestohlnen heiligen Feuer, haben sie nimmer reines Mitleben in der Natur; diese vernicht erst. P r o m e t h e u s . Meine Gebilde soll ich vernichten, fehlt dir nicht alles während du herrschest, da dir im Innern fehlet der Sinn: warte ich schaff jetzt dir nach dem Sinne. H e r k u l e s . Schaff nicht mit Worten, schaffe ich diene. P r o m e t h e u s . Tritt mir den Leimen! H e r k u l e s . Nimphen holt Wasser. P r o m e t h e u s . Ey wie geschwinde, Nimphen dir tragen eilend das Wasser werfen die Augen hin auf die wogenden, tretenden Muskeln. H e r k u l e s . Wie mir so wohl wird hier in der Arbeit, wie in die Leiber gräßlicher Riesen tret ich vergnüglich hier in den Leimen; zieht’s mich doch hin, wie allem vergessen wüth ich im Leimen, bis ich nun alles ähnlich durchdrungen. Wollüstig ritzte mir noch dies Steinchen blutig den Fuß, weil es das letzte. Nun ists vollendet, ganz nun vorbey. Fort mit dem Drecke, klebts nicht wie Pech! Schaff nun, ich diente. Nimphen ihr wascht mich, die das am zierlichsten machet, umfang ich. P r o m e t h e u s . Nimmer so schönen, gleichen und glatten, ruhenden, bildsamen Thon ich besaß, ja und das Herrlichste muß nun entstehen, weil ich nicht frevelte; mich nun die Götter achten gesamt. Möchte was finden, das wie der Morgen alle die Sterne also die an457

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deren Bildungen löschte, was nimmer so da war! Einzelnes gar nicht, will alles vergessen, will nun die Welt mir bilden, die Ganze, mein Universum, wie ich sie schaute, tief in den Schrecken, alles selbst Jupiter. Sage mir Hand, du machst es wie ehmals, künstlerisch bildend soll es ja werden. D i e H a n d . Bin nur dein Sklave, muß dir mit gleicher Treue den Mund abwischen und Nimphen streicheln, die glatten. P r o m e t h e u s . Ey du gemeine Hand, die mir Worte im Munde verdrehet, geh nur zur Arbeit. Aber ich irre zwischen Gestalten, keine will bleiben, all im Verwandeln, weil sie mir immer zeigen des Besseren endlose Folgen. Aber das Auge kann es nicht halten. D a s A u g e . Immer den Klumpen graulichen Thones vor mir zu schauen, ist mir verdrüßlich, was du zu sehn glaubst sind doch nur Worte, Schatten aus Lappen um Funken gewickelt, elende Puppen. P r o m e t h e u s . Ey du gemeines Auge, was hält mich, das ich dich nicht vom himmlischen Busen der Stirne losreisse, wo du dich angesogen, du Wechselbalg. Sieh nur das Ohr fängt grimmig zu klingen an über dein Reden. D a s O h r . Wisse ich rühre die Trommel um nimmer zu hören den Mißlaut deines Geredes. P r o m e t h e u s . Ey du gemeines Ohr, wie das Pack nun alles zusammen hängt, bindend das Köstlige, was ich erfinde. Nun ists verschwunden wirds noch erscheinen was ich vermag jetzt. – Ach doch wie leer. Wiederhall. Er! P r o m e t h e u s. Wird auch das Endlose allen gefallen? Wiederhall. Fallen! P r o m e t h e u s . Wie an dem Ende der Welt mit dem Fusse tret ich auf Nichts, fühle nur mich. – Z u f ä l l i g e r To n , (der sich aus dem getretenen Thone drängt.) Nichts! P r o m e t h e u s . Wahr und zu wahr nur! Ach in den Schmerzen war mir doch selger, Wohlseyn verschwommen war ich als erste Menschen mit Mühe endlich gefertigt. Sieh wie so freundlich kommt da ein Mensch her, auch ein Gebilde schmerzlicher Zeiten. D e r M e n s c h . Must nicht verzweifeln, hab dich belauschet, wisse nicht allen Stunden gehorchet der helfende Genius. P r o m e t h e u s . Was sind das Stunden, was ist das Genius? Das sind Geschenke von Göttern, die schwächligen. Hab ich wohl je der Stun458

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den geachtet, Götter verachtend. Was ich vollbringe, thu ich alleine, geb mich auch selber in den Gebilden, darum so schmerzlich, darum so schmerzlich, darum zerstörts mich, darum so steh ich immer alleine. D e r M e n s c h . Bilde mich täuschend nach in dem Thone, dir zur Gesellschaft, dir auch zum Ruhme. P r o m e t h e u s . Bist du nicht lebend mir schon zuviel. D e r M e n s c h . Wisse ich sterbe, wenn nicht der Genius, ewigt mein Bildniß. P r o m e t h e u s . Auf denn so stirb nur. D e r M e n s c h . Darfst du mich tödten, hier ist der Landfried. P r o m e t h e u s . Ach um die Jammersaat straf mich Kronion, nichte mein Schaffen. Auch das Vergängliche Schmerzen und Lüsten hab ich mit himmlischen Feuer durchgossen, leben und sterben kann es zugleich. D e r M e n s c h . Ewige Liebe und kräftige Menschheit kann nicht vergehen. P r o m e t h e u s . Fieber ist diese, jene ist Geilheit. Auch und das mehrt sich ewig und immer. Ach nur das wenige Feuer von oben theilt sich in vielen, dünner und dünner. Träumte ich oftmals ängstlich wie etwas besserlos Schlimmers, daß mir ein Knäul rolle vom Schoße, ach und ich konnte ihm doch nicht folgen, schien mir gebunden, zog an dem Faden, – ängstlich und schneller rollte der Knäuel, kleiner und dünner! Ach und der köstliche Faden der hing an Sträuchen des Waldes. Ach nun versteh ichs, Menschlein ich bitte, hier auf den Knieen, mach dir nicht Kinder, stirb mit dir aus. D e r M e n s c h . Sey nur beruhigt, lange vermählt der reichen betagten Wittwe des Vorgängers drunten im Pfarrhaus hab ich kein Kind. P r o m e t h e u s . Hat denn die Eine alle dein Hoffen also erkaufet? Eckelt dich nimmer, täglich zu säen niemals zu erndten? D e r M e n s c h . Schlecht wär die Untreu, dumm wär die Folge, vieles würds kosten das Scheiden, und vieles kosten der Kinder ständisch Erziehen. P r o m e t h e u s . Menschlein nun geh nur, oder ich pfropf dich hier auf den Zwergbaum. D e r M e n s c h . Nein erst belehren wollt ich dich alten grimmigen Sünder. P r o m e t h e u s . Schweig oder stirb!

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D e r M e n s c h . Tödte was dein ist, irdischer Vater, nimmer den Funken himmlischen Lichts den du gestohlen, nicht dir erworben. Kannst du vergessen selige Stunden die uns empfangen; nimmer es steigen wieder die Strahlen geistig auf dich wie damals, die nimmer, nimmer verloren. P r o m e t h e u s . Weh mir es lebet was ich gebildet, ich nur vergehe, der ich mich bildete. D e r M e n s c h . Eingebildeter. Als du noch kranktest, ewige Nächte wachend und lechsend, gab dir einst Jupiter bildende Stäblein dir nur zum Spiele daß dir die Zeiten lieblicher schwänden, spielend im Schaffen. Ach und du meintest ihn zu bestehlen, heimlich zu rauben sein himmlisches Feuer. Wisse er sah dich, wollte dich prüfen, ließ dir gewähren, dir zu beweisen, daß dein Gebilde doch nicht getaugt. Siehe du hast mich also gemachet mir nur zur Qual, daß sehnlich ich hoffe auf anderes Leben. Nur für den Glauben, daß du gestohlen, bist du gestrafet, niemals aus Neide. P r o m e t h e u s . Weh mir auch das noch, nun bin ich gar nichts. D e r M e n s c h . Immer derselbe! – Trag dich wie andre, schau nicht mit Tücke, stolz und verlegen, hast du zu vielem auch das Geschick nicht, thue das Wenige ganzen Gemüths und tadle nicht Fremdes. Menschen sey Wohlthun, Göttern sey dienend. Merk dirs, ich geh jetzt. P r o m e t h e u s . Ach ich versteine, Schwächen und Stärke stürzen zusammen. H e r k u l e s . Ach Dejanira, letzter der Küsse, ach wie so schmerzlich! schmerzlich ich wandle, ist es der Abschied, ist es der Mantel? Sieh mich Prometheus. P r o m e t h e u s . Fest in dem Leimen steck ich o Herkules, kann ihn nicht zwingen, muß hier versteinen. Siehe den Weidenkranz der mir das Haupt drückt. Sanftlich der wolkige Himmel sich leget an die felsigten Glieder, Ströme zu senden. H e r k u l e s . Brechend durch Wüsten, schiffen die Menschen bildend hinein; bauen die Wüsten. P r o m e t h e u s . Also sie bessern während sie schlecht nur künftigen Gebilden den irdischen Boden. Herkules hilf mich los aus dem Thone. H e r k u l e s . Kann dir nicht helfen, fühl mich jetzt müde. Wohl dir Gebesserten, weh mir der Schmerzen. Giftig ich nenne den Mantel der Nimphe, brennend im Blute ach und die geistigen Flammen der Menschen spielen mir unbekannt schmerzlich im Hirne. Weh mir, der Menschen Liebe vernichtet, ach und ich steige Freund nun zu dir. 460

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Vater komm sende die Stürme, daß mir die Wälder stürzen zusammen, sende die Blitze daß sich der Holzstoß zünde geschäftig: was mich vernichtet warnt dich Prometheus. P r o m e t h e u s . Ja ich zerfliesse nieder in Gluthen brennend in Bächen glühender Lava; neuer Gestalten Bildung entquellet mir aus dem Tode der götternden Kraft! Wohl dir mein Herkules schlägst schon die Wogen glühnder Lüfte hoch an den Himmel. H e r k u l e s . Wie freundlich schon die Flammen mich umwinden aus hoher Cedern leichten Wonnedüften, zu mir die Gluth, zu mir der Drang in Lüften, du willst noch weit der Erde mich verkünden. Die Räuber blicken schon hervor aus Klüften, denn meine Hand nur konnte sie da binden, die Menschen werden schlechte Wege finden, nun Blut und Kraft entschwindet meinen Hüften. – Ich schau Kronion dich! Mit Vaterhänden bewegst du rasch des Blitzes schnelle Flammen, mit leisen Druck die harte Qual zu enden. Und Dejanirens Mantel fällt zusammen, zurück zur Erde alles Gift zu senden, nur da kann Gift aus Himmelslüsten stammen. Also wieder nichts, rief der Schulmeister verzweiflungsvoll, weder Prometheus noch Herkules ist der wahre poetische Messias, der eine verfliest zu Lava, der andre verfliegt in Rauch, warum habe ich mir nur die Mühe gegeben zuzuhören. – Seyd ihr denn ein Jude? – Warum toben doch die Heyden? – Ja warum sind sie solche Narren! – Ich will ganz erlöst seyn, rief der Schulmeister, mir soll auf einmal ganz wohl werden, dann will ich an euch glauben. – Der heftige Hauch dieser Worte blies alle Schmerzenssegel des jungen Dichters auf; er deklamirte mit gebrochener Stimme: Ach wie sitz ich auf dem Grabe ganz in mir versunken, keiner hebt mein Haupt. Warum bin ich gegeisselt worden? Für wen ist mir der Dornenkranz tief eingedrückt in meine Stirn, die Nägel mir durch Hand und Fuß geschlagen; die Seite mir vom Speere aufgerissen, da keiner will mein Innres sehn. Ach Gott, warum ist mir solch Weh geschehn, denn keiner glaubt, daß er wird auferstehn. – Die jammervolle Ueberzeugung dieser Rede zog alle Hände der Bauern gefaltet unter dem Tisch zusammen, ich hatte genug Besonnenheit um zu denken, was daraus werden sollte, in dem Augenblicke kam ein Wagen blasend angerollt, es stieg ein Courier aus in kurzer grauer Plüschjacke, nahm sich nicht Zeit seine Pelzmütze abzunehmen, überreichte ein Paket gedruckter Blätter und eilte fort. Wir lasen alle darin. – Es muß wohl alles Gute gestört werden, klagte 461

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der junge Dichter, die Weltgeschichte wäre sonst zu schnell vorbey. – Das Blatt enthielt eine Einladung zur großen Weinleseversammlung für alle Einsiedler, deren Gelübde angenommen, daß sich keiner aus der falschen Gesellschaft einschleiche, sollte jeder eine Probe seines Barts mitschicken, eine warnende Hyeroglyphe aus dem Tempel zu Sais stand dabey, die erklärte der Schulmeister: Sieben Vögel sind durch einen Faden so aneinander gekettet, daß er in den Schnabel des ersten hinein, aus ihm von Sterz zu Schnabel, durch alle sieben hindurch läuft. Die Vögel scheinen Enten; auch wissen lose Gesellen, die sich darauf verstehen die Naturtriebe ihrer weniger schlauen Mitgeschöpfe zu ihrem Zwecke zu benutzen, daß wenn man ein Stückchen Speck an einen Bindfaden gebunden, unter einen Haufen Enten wirft, es sogleich von einer gierig verschluckt wird. In kurzer Zeit giebt sie es nach Entenart unverdaut auf natürlichen Wege wieder von sich. Eine zweyte wiederholt den Proceß, und so geht es fort so lange noch eine Ente da ist, die noch nicht von dem Leckerbissen gekostet hat. Der Speck, welcher von der nunmehr geschlossenen Gesellschaft unter immerwährendem Schnattern und Watscheln durch alle Pfützen geschleppt wird, geht natürlich verloren, aber der mit Hülfe seiner vermittelte Verein besteht durch reinen Bindfaden zu großer Belustigung des Stifters und der Zuschauer. – So erklärte der Schulmeister dieses Bild. Ludwig Achim v. Arnim.

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Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete, des Herrn Ottav und des Fräuleins Terzine. Eine Romanze in 90 + 3 Soneten. Vo n L u d w i g A c h i m v o n A r n i m .

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Anhang zu Bürgers Soneten in der letzten Ausgabe seiner Schriften. (Mit einer Kupfertafel.)

1. Der Sänger an die Gitarre. 15

Der Reime schwer zu reimend Bienensummen, Der Jamben schwerer dumpfer Wellenschlag, Was der Trident des Dactylus vermag, Das brachte mich im Dichten zum Verstummen.

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Da wars als fühlt ich eines Gottes Schlag Mir in die Ohren neubelehrend brummen: „Für immer sollt der hohe Baum verkrummen, Daß leicht du pflückst die Frucht an einem Tag? Fühl erst unbänd’ge Freud und bänd’ge Klagen, Wie gern wirst du sie messen nach den Saiten, Wie leicht wirds nun sie drauf hochtanzend schreiten. Laß Reime ihnen goldne Schwingen breiten, Im Gleichgewicht die Schwebenden zu tragen, Weil schön sie sind und wie die Schönen zagen.“

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Schlag zu Herr Gott! Sieh doch drey Ien bey einander in jedem Drilling, das lob ich mir, daß nicht zu viele Een mit diesem Klingding sind gemacht. 15

2. Der Sänger an seinen Freund Sonet.

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Weil schön sie sind und noch viel Schönres sagen, So trit denn auf Sonet mein lauter Freund, Wie dir so hell die ganze Welt erscheint, Wie es schon früh dir in den Schlaf mocht tagen. Dein stolzes Roß dich heut zu warnen scheint, Wird stätisch als es dich zur Stadt soll tragen, Laß ab mit deinem herrisch trotz’gem Schlagen, Es war von deinem Rosse wohl gemeint. Nun geht es folgsam, doch es senkt sein Haupt Und donnert aus dem Stein beim Tagslicht Funken, Und graue Wolken in dem Sande staubt. Sieh doch darauf, du bist so ganz versunken Dem Erdgeist offen, der an Liebe glaubt, Und hast vom Altan einen Blick getrunken.

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Welch albern Wortspiel mit der Stadt und stätisch, so war’s gerade beim Verfall der Wissenschaften in Griechenland und Rom, ein schiefer Einfall galt da für Gesinnung. Was ist das 464

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für Gesindel, was zu Pferde reist, wohl gar ein Musterreiter aus Loretto?

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3. Der Sänger schreibt der Sonete an die Wand ihres neuen Zimmer. Ein Zimmermeister will so eben richten Sein liebstes Werk, er fügt es hoch und fein Ohn Winkelmaaß im Ebenmaße rein, Ob’s streng nach dem Modell, das soll ich schlichten. Des Meisters Kunst mag dieses Zimmer seyn, Im engsten Raum die zierlichsten Geschichten, Die Gallerie davor vier Fuß im Lichten, Es wirft sich Licht in Spieles Lust hinein. Wirft sich auf Blumen und auf Angedenken, Die jeden Winkel weihen zur Kapelle, Vergeßne Heil’ge sehn sich da voll Schimmer. Recht schön! Doch Meister, ehe wir einschenken, Gesteht, daß schöner drinnen im Modelle, Die Frauenzimmer, als der Frauen Zimmer.

Rec.

Eine Semmel freuet sich über die andre. Da liegt der Haas im Pfeffer, wieder ein Wortspielchen: Ja Spieler spiel nur dein Spiel, bis spielend der Spülig sich abspült.

4. Sonete verwundert sich über die gefundene Inschrift. 25

Wer schlich sich ein, wer schrieb die art’gen Zeilen, Was drängt mich doch, ich möcht ihm gerne danken, Was ärgert mich, ich möcht ihn gern auszanken, Ich seh nicht ein, warum er nicht mag weilen.

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Erwachsen bin ich nun, hab Nachgedanken, Und möchte gern auch andern mich mittheilen, Der Vater will mit meiner Hochzeit eilen, Ich kenn ihn nicht und möcht vor Furcht erkranken. Ich habe solche Angst davor bekommen, Seit Sapho ist so krank und häßlich worden, Auch macht mich das Geheimniß sehr beklommen. Ich möcht die Welt auch sehn, eh ich zum Orden Der strengen Eheweiber bin gekommen; Wär ich nicht lustig könnt ich mich ermorden.

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scheut das muckende E, doch ermorden die Ehe fürchtend, das ist zu viel? Das gab der Reim auch ein, entfliehen würde besser stehen. Doch kommt man übern Hund, so kommt man übern Schwanz.

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5. Sonet giebt sich in die Lehre bei dem Vater der Sonete. Ich hab’s, ich hab’s, ich hab es nun vernommen, Sonette heißt sie und ist mutterlos, Der Vater malt und ist die Freude groß, So wird sie mir doch wieder gleich benommen. Der Vater hat geworfen schon das Loos, Ein junger Maler soll sie bald bekommen, Sie liebt ihn nicht sie ist uneingenommen, Sie ist ein Kind auf ihres Vaters Schoos. Gedacht, gethan, ich geb mich in die Lehre, Ich hab gemalt, die Liebe giebt Geschick, Ich werd wohl lernen, denn ich such nicht Ehre. O wunderbares neues Lebensglück, Am Nagel hängt nun meine gute Wehre, Und mich verwunden täglich tausend Blick.

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Ich möcht wohl wissen, wie der Vater hieß und wie die Mutter von solchem Töchterlein? Gewiß war er ein Trouvadour, 466

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und sie kam von des Papstes Pantoffeln pilgernd, Corallen brümmelnd vor dem feisten Glatzkopf.

6. Der Sänger erzählt die Genealogie der Sonete. 5

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Wohl dem der frommen Stamm entsprossen ist, Wer sich bekehrt der ist auch lieb und werth, Hexameter als Vater wird geehrt, Er war ein Heyde, wurde dann ein Christ. Die Frau, die ihm darauf von Gott bescheert, Die hieß Pentameter, er hat sie lang vermißt, Denn seine Elegie kein alter Mann vergißt, An dieser Eh hat sich die Zeit bewährt. Die beiden einz’gen Kinder, die zu hause, Sonete und Terzine, beide jung, Verachten schon des Vaters toll Gebrause, Der schweren Steine Poltern auf der Zung, Sie weilen gern bei einem Ohrenschmause, Statt Sylbenstecherey sie lieben Schwung.

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überläßt dem Verfasser sich eine Mücke zu fangen, die ihm eine Trall prall schall sum brum Sonate vorsingen mag; er wird sich keine Mühe geben, ihm die Kunst beizubringen, gute Verse zu drehen.

7. Sonet findet die Sonete und ihre Schwester Terzine, wie sie singen. Als kleiner Knabe ist mir heiß geworden, Wenn man vom Fräuleinneste scherzend sprach, Auch klang es mir noch lang im Ohre nach, Es träumte mir gar oft von jenen Worten.

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Kein Baum war mir zu hoch, zu tief kein Schacht, Zu strenge war mir auch kein Nonnenorden, Ich zog auf dem Kammeel mit wilden Horden, Und war bedächtig immer auf der Wacht. Ich fand es nicht, wo ich konnt Futter bringen, Ins rothe Mäulchen gierig ausgestreckt, Bis ich vernahm auf einer Kammer singen. Zwey Mädchen sassen da ganz aufgeweckt, Wie Kinder aus dem Chor die Stimm verschlingen, Und haben mich mit manchem Lied geneckt.

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Nie müßig kann sie in die Hände gaffen, Zu einem schönen Kranz sind sie verbunden, In ew’ger That kann Schönheit nur gesunden, Wie leicht den Busen hebt ein stilles Schaffen. Sie leuchtet hell in aller Spiele Waffen, Ihr ist Musik und Zeichnung gleich verbunden, Nichts kann darin die Bildende verwunden, Der Zeichnung Zeichen muß Musik ihr schaffen. Die Kleine ahmet nach der Schlanken Leben, Gestüzt auf ihrem Arm sie denkt vereinet, Und tausend Verse ihr zu helfen streben. Wie erstes Licht dem Blinden wieder scheinet, Wie Frühlingsluft den Krankenden gegeben, So wird dir wohl wenn dir dies Paar erscheinet.

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Ja wohl geneckt. Das mag ein schönes Pinkepank gewesen sein, was so ein Liebhaber für Sphärenmusik hält.

8. Sonet beschreibt den Fleiß der beiden Schwestern Sonete und Terzine.

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Gestrebt habe ich, wie irgend ein andrer nach dem Innern der Verskunst, aber ich habe nie das bekannte Räthsel lösen können: Eine Jungfer, die mir bekannt, hat zehen Finger an 468

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jeder Hand, fünf und zwanzig an Händen und Füßen, wenn du es räthst, sollst du die Schönste küssen.

9. Sonet dienet fröhlich seinem Meister. 5

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Das geht schon gut, der Meister ist zufrieden, Ich helf ihm schon an seinen eignen Bildern, Wer kann dies Glück und diese Angst mir schildern: Will sie mir wohl, ist sie mir nicht beschieden? Der stumme Dienst will mich allmählig mildern, Mein Rappe ist verkauft, ich bin geschieden Vom Ritterthum, was ist hienieden Wohl schöner als der Wünsche schönsten schildern. Sie sitzet mir Modell, was soll es werden, Sie ist doch mehr als die Göttinnen all, Sie schwebt mir vor zu allen in Geberden. Der Meister lacht, wenn er es sieht einmal: „Es fehlt noch Phantasie, es wird schon werden, Und alles machst du mir noch zu egal.“

Rec.

Man entkleide den Gedanken seines krausfaltigen Talars mit dem Glöcklein am Saum, und betrachte, was hervorschlüpft – ein Modellchen.

10. Sonet will Fräulein Sonete beschreiben. 25

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Ha wo beginnt die Welt, wo kann sie enden, Nicht Tag, nicht Nacht kann ihren Reitz beschränken, Wenn Tage leuchtend, Nächte thauend tränken, Des Weltgeists Ström wie Fäden kann sie wenden. Zu ihr, aus ihr sich alle Freuden senden, Die durch das Thal den Frühlingswagen lenken, Aus ihr die süssen Träume stammend denken, Sie webt den Lebensschleyer mit den Händen. 469

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Wo find ich sie, umfaßt ich euch Naturen Der bunten Welt, dich weite Muttererde, Ich fühl in Luft und Wasser ihre Spuren. Wo find ich sie, daß ich ihr Priester werde, Verkünde was Propheten nur erfuhren, Und mich verbrenne auf dem heil’gen Heerde.

Rec.

Leicht kann, wer vom Handwerk ist, ihm nachweisen. Hier hast du, wo der Gedanke überschwoll, ihn gestutzt, und hier, wo er nicht ausreichte, ausgeflickt.

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11. Sonet verzweifelt das Bild der Sonete malen zu können.

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Ihr reinen Bildner stiller Luft in Tönen, Fern hallende Musik, wo Jungfrau’n spielen, Nur ihr könnt klar dies holde Werk erzielen, Wozu kein Wort, das reine Bild der Schönen. Nicht farbenlos im Stein darf ich mich kühlen, Nicht flachen Schein der Farben ihm gewöhnen, Auch nicht den Spiegel mit dem Antlitz krönen, Nur in Musik da weiß ich es zu fühlen. Fänd ich Musik, ich wollte dich vergöttern, Daß alle Völker deine Gottheit schauen, Der Ton verklingt und sie versinkt in Wettern. Ist aller Liebe Sinnbild nicht zu trauen, Den Tönen nicht, den leichten Flügelgöttern, Doch mag ich nur für dich ein Luftschloß bauen.

Rec.

Aus so mancherley wesentlichen Abweichungen des Sonets, die keiner gemeinsamen Melodie fähig sind, erhellt wohl genugsam, daß schon zu Petrarkas Zeit das alte truvadurische Lieblingstönchen verschollen war.

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12. Der Sänger an die Leser.

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Verkündet ist das Spiel, die Hörer warten, Die Sehnsucht spielet zuckend durch die Glieder, Sie träumen schon die nahen neuen Lieder, Vergebens sie die lange Stunde harrten. Der Andacht Flamme brennet endlich nieder, Die Füße fest aus Ungedult schon scharrten, Die Augen unverwandt zum Vorhang starrten, Er regte sich, nun hängt er stille wieder. Die Füße pochen und die Lippen pfeifen, Es reißt Gedult, mag auch der Vorhang reißen, Wie in dem Tempel nach des Gottsohns Sterben. Mein Leser willst du schon das Fest verderben, Ich muß ein böses Wort mir hier verbeißen, Du bist zu leicht, schwer läßt sich Lieb erwerben.

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Ey sag Kamerad: wozu denn Sonete, da sie nicht mehr nach altem Tone zur Viole getönt werden sollen?

13. Sonet beneidet eine Freundin der Sonete. Wie freust du dich, wie lachst du im voraus Mit deiner blonden Freundin heut zu schlafen, Ihr Götter wollt ihr nicht den Frevel strafen, Wie sie ihn mir erweckt mit Saus und Braus. Wie füllt mit Rosenduft sich schon das Haus, Ich saß ihr nah und hört den Athem schaffen, Ich lieg hier einsam, soll hier einsam schlafen, Wie streck ums Kissen ich die Arme aus. Ich Armer, ach, was hält mich denn so strenge, Wie oft wollt sie mein Arm von selbst umschlingen, Dann hört ich über mir gar heil’ge Klänge.

471

[7]

Zeitung für Einsiedler

Sie sehn den Mond und aus dem Bette springen, Sie sehn ihn singend, drücken sich so enge, Ich seh ihn auch und kann zu euch nur singen.

Rec.

Ich kann auch singen. Mein Haupt des Siegers krönt mit Ros’ und Lilie des Rhythmos und des Wohlklangs holde Charis, achtlos, o Kindlein eures Larifaris. Euch kühl ein Kranz hellgrüner Petersilie! Von schwülem Anhauch wird euch das Gemüth heiß, und fiebert ach! in unheilbarem Südschweis.

5

10

14. Sonet ist auf eine Freundin der Sonete eifersüchtig. O dieses süße lispelnde Vertrauen, Mit ihrer Freundin dies zweistimmig Lachen, Und dies Umschlingen, dies Bedeutsammachen, Ach muß ich alles das ich Aermster schauen. Und diese Blumen, die sich dir nur brachen Muß ich an deiner Freundin wieder schauen, Und wie sie jetzt in Lauben sich verbauen, Und jetzt allein sich rudern in dem Nachen. Du möchtest wissen, was du selbst gedacht, Indem du falsch des Strumpfes Rand gestrickt, Ich möchte wissen, was du hast gelacht, O wäre es einmal rathend mir geglückt, Daß ich entdeckend dich hätt roth gemacht; Erhaben hast du mich nun angeblickt.

Rec.

Wie muthiger Entschluß am kräftigsten in lauter männlichen Reimen trotzt, also scheint die schmelzende Empfindung oder die spöttelnde Ironie, manchmal den sanftschwebenden Gang durchaus weiblicher Reime zu verlangen.

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

15. Sonet findet die Sonete in seinem Gärtchen.

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Was war mir das, ich fand sie in der Laube Aus bunter Wicke und aus Feuerbohnen, Die ich erzogen mir, um drin zu wohnen In Sommersgluth mit meinen Turteltauben. Ganz heimlich mochte sie den Blumen lohnen, Den stillen, heil’gen, innern, ew’gen Glauben, Wie sie sich selbst in Duft das Leben rauben, Und wollte unter ihnen einmal thronen. Ein Gießkännlein hatt sie auch mitgenommen, Die Nelken stolz der schönen Perlen Feyer, Und neue Veilchen waren aufgekommen. Ich zog mein Netz hellrauschend durch den Weiher, Sie hat die Silberfischlein angenommen, Dann ward sie roth und hüllte sich im Schleier. 〈 〉 Rec.

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Bel, unser Gott, ist groß und mächtig, sein Antlitz leuchtet hell und prächtig, doch gleicht ihm unser Belsazar.

16. Sonet findet die Sonete viel zu reizend um an ihren Besitz denken zu dürfen. Viel Schönere hab ich gesehn mit Ruhe, Doch diesen Reitz! O lösche diese Gluthen, Ich lauf umher und meine Füße bluten, Ich ging im heißen Sande ohne Schuhe. Recht wie ein Büßender ich treib und thue, Daß ich solch Glück mir wagte zuzumuthen, Es war nicht bös gemeint, es war im Guten, Doch weg ist nun Vertrauen, Muth und Ruhe. Mit Blumen dien ich, kann kein Wort erpressen, Und meine Kirschen magst du niemals essen, Ach was ist mein, der ich dich nie besessen.

473

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Zeitung für Einsiedler

Für andre fliest der Honig aus den Zellen, Und schlaflos muß ich meine Zeit vergällen, Die Hähne krähen schon, die Hunde bellen.

Rec.

Für Geistesnahrung beut dies Buch ein dreimahl Mit flauem Spülicht aufgewärmtes Breymahl.

5

17. Leidenschaft hält in Sonets Munde den Ausdruck zurück. Leutselig leis hinaus aus dunkler Freye, Ich tret ans Licht, wie dräuen mir die Wände, Ein banger Chor wohin den Schrit ich wende, Daß ich der Angst die schnellen Schritte leihe. Ich war ihr nah, sie konnte alles enden, Nun ist sie fern und hört nicht, wenn ich schreie, Wie ist Vertrauen denn so fern von Treue, Wie kann der Liebe Macht so Ohnmacht senden. Wie wenn sie mich geliebt, nun heimlich schmälet, O Isis ach wozu der sanfte Schleyer, Ich sterbe doch, so fühl ich mich zerquälet. Sie schläft wohl auch und denkt der künft’gen Freyer, Ihr Vogel sagt was das Geschick verhehlet, Und auf dem Busen singt die alte Leyer. Rec.

Aus Moor Gewimmel und Schimmel hervor Dringt Chor dein Bimmel Getümmel hervor.

10

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18. Sonet steht auf dem Gipfel der Leidenschaft, da faßt ihn die heilige Anziehung. Wenn in der heißen Zeit von Regen satt, Die Erde zu der hellen Sonne schwitzt, Und neuer Regen von dem Himmel spritzt, Und alles fühlt sich schwühl und dumpf und matt. 474

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

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Mein Kopf sich so von wüster Lieb verhitzt, Und stets das langbedachte noch zu denken hat, Ein fruchtbar Wetter für die junge Saat, Doch was in Blute steht wie Wein verhitzt. Beym heilgen Bild glaubt ich in dunkler Nacht, Ein klein Laternlein dunkelroth zu sehn, Mir ward dabei so wohl, daß ich wohl dacht. Wär stets dir so zu Muth, mag Lieb vergehn, Kein Heilgenbild war da, es ward gemacht, Ein Brunnen, warnend mußte sie da stehn.

Rec.

Abab, baba, abab, baab (schnarcht.)

19. Meister Hexameter erklärt dem Sonet das Wesen der Kunst. 15

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Wer wagt zu schaun, was einer Welt verborgen, Der Künstler ists, daher wohl manches Leiden Bis ihm geglückt der ewgen Bildung Freuden, Denn von der Zeit muß er das Ew’ge borgen. Er zündet Licht der Liebe dunklen Freuden, Er wachet in des Lebens frischem Morgen, Indessen flieht ihn Liebe oft in Sorgen, Bis sein der Himmel ganz, muß er ihn meiden. Ja wer am Ziel der Lust nicht kann verweilen, Verliere willig sich in That und Leben, Der Künstler weiß sich fassend mitzutheilen. Und was vorüberblitzt ganz hingegeben, Das weiß er allen Zeiten zu vertheilen, Der Liebe Kuß und inniges Verschweben.

Rec.

Unsers verehrten Mannes Adjudant, wird hier die Recension fortsetzen, weil unser verehrter Mann eingeschlafen.

475

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Zeitung für Einsiedler

20. Sonet beschreibt das Bildniß von Meister Hexameter in seiner Jugend. Im Mantel halb mit schnellem festen Schritte, Ich streiche vorwärts durch den Wald zur Höhe, Nur einmal ich noch rückwärts um mich sehe, Es schleichen da so leise Mädchentritte. Sie ist’s und wär sie’s nicht ich nicht vergehe, Auch andre würde rühren rasche Bitte, Schon haucht mirs fern begeisternd in die Mitte Der Stirne Locken, daß ich trotzend stehe. Sieh wo ich traf die Spur zu schönen Zügen, Gestaltete Begeisterung rein und klar, Doch bleibt noch mancher Weg da vor mir liegen. Du Mädchen halte mich, so wird es wahr Aus Adams Pinsel Eva ist gestiegen, So reich mir Schöpfungslohn die Aepfel dar.

Rec.

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5

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wird gewiß bald anfangen.

21. Sonet beschreibt das Bildniß der verstorbenen Mutter der Sonete. Wär ich nicht schon verliebt, die möcht ich lieben, Wie liegt so offen da ihr ganz Gemüthe, Viel Kinder deutet an die ernste Güte, Wie würd ich mich in treuer Pflege üben. Ich denke mir, daß sie mein Weibchen hüte, Und freue sich belauschend uns von drüben, Wie wir uns doch so herzensfreundlich lieben, Und daß auf dieser Welt ein Menschenpaar geriethe. Doch sie ist todt, und ob die Tochter danket, Daß ich Gebet und Leben zu ihr wende, Recht wie die Zitternadel auf ihr schwanket. 476

20

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

Hell glänzen oben die Rubinenbrände, Versteckt die Spitze in dem Haare ranket, Und was mir wird entscheidet erst das Ende.

5

Rec.

erinnert sich, daß der Schlafende einmal gesagt hat, er wisse einige viel künstlichere Reime, als lieben und üben, hat sie aber leider vergessen.

22. Sonet beschreibt die Hebe vom Meister. 10

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Ist in der nackten Nacht nicht Sinnenkühlung, Sinkt nicht ein Thau des Busens Labung mir, Im Spiegelmeer ich mondlig mich verlier, In leisen Wellen kühlt der Lustumspielung. Zum blauen Himmel ich die Blicke führ, Hüllt Wolken bald Kronions Bettumwühlung, Dann rauscht sein Adler fort zu meiner Kühlung, Es blitzt! Er naht, er naht und ich bin hier. Mein Adler sieh dein harrt die Nektarschale, Verstohlen nahm ich sie vom Göttermahle, Dein Liebesmahl mit Liebesgluth bezahle. In deinen Flügeln mir nur Kühlung rauschet, Du beißest mich, so Küsse sind vertauschet, Zu unserm Spiele Amor drohend lauschet.

Rec.

weiß gar nicht, wie alle die Bilder hier herein kommen, doch will er den Schlafenden nicht wecken.

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Zeitung für Einsiedler

23. Sonet beschreibt Neptun und die Ueberschwemmung vom Meister.

[11]

Als goldne Zeit von dieser Welt vertrieben, Da theilten sich die Söhne in dem Reich, Nach ihrer Macht nicht recht und auch nicht gleich. Dem Feuer ist die höchste Macht geblieben. Neptun erwütet über den Vergleich, Kronion läßt sich nicht dadurch betrüben, Sein Tagewerk ist ein gewaltig Lieben, Die Sterblichen nur trift der Streiter Streich. In Blitz und Wasserfluthen zu verderben, Ist ihres Lebens schwer erkämpfter Preis, Des dritten Bruders Reich sie also erben. Das ist nicht kalt, das ist nicht eben heis, Da lebt man nicht, man kann da auch nicht sterben, Und daß es gar nichts sey, das sagt man leis.

Die Redaktion bittet recht sehr, wenn Recensent sich nicht selbst mit dem Recensieren abgeben kann, einen unterrichteten Adjudanten zu schicken.

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24. Sonet’s Entschuldigung. Mein Meister seht in solchen schönen Bildern, Hat dargestellt die mannigfache Welt, Ich Wandrer hatte mich zu ihm gesellt, Und wollte gern was der gethan hier schildern. Doch wie er Bild und Lied zusammenstellt, Da will es mich im Augenblick verwildern, Wie farbelos die armen Worte bildern, Für einen Fuscher er mich nun wohl hält. Das ist des Lebens wie der Künste Preis, Für die wir spenden unsern sauren Schweiß, Daß uns die Scham am Ende machet heiß. 478

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

Nein nimmer laß uns rückwärts wieder schauen, Nur diesem einen Glauben laßt uns trauen, Daß besser heute wir als gestern bauen.

5

Der zweyte Adjudant bittet die geehrte Redaktion um Entschuldigung, er ist aber in dieser Zeit mit vielen eignen Werken beschäftigt.

25. Sonet hat die Sonete im Kahne gefahren. 10

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Der Kahn hat sie umschlossen, heilig Holz, Von deinen Splittern kann die Welt genesen, Nein nimmer dienst du wieder niedern Wesen, Nur ihr, du bist in deinem Glücke stolz. Sie drückte dich wenn hoch der Schwung gewesen, Mein Blut bei jedem Druck nachgebend schmolz, Es drängte sich zu fließen in dem Holz, Zu seyn der Tropfen von dem Wind erlesen. Er trieb zu ihr von einer Ruderwelle, Ach alles feiert, sehnet sich zu ihr, So trieb die Welle uns zur Blütenstelle. Der Flieder blauer wölbte über ihr, Im Dunkel spielte spiegelnd Wellenhelle, Und sie war hier und sie ist nicht mehr hier.

Die Redaction will die Fortsetzung der Recension dem mindest fordernden überlassen.

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Zeitung für Einsiedler [12]

26. Sonet findet am heißen Abend die Sonete mit einer Triangel in der Hand eingeschlafen. Wie alles still, nur Fliegen muthig schwärmen, Im Schlaf sie störend, die zu träg zum Fangen, Die Winde um sie wilde Reben schlangen, Zum Blühen sie an ihrer Stirn zu wärmen. Wie kann dein Sinn o Sonne uns so härmen, Als wenn zwei Feinde in dem Kampfe rangen, Bis Schwerdter Herzen, Herzen Schwerdter zwangen, So sinkest du, wir sinken in der Wärme. Sie sang im Traum, Triangel ruht in Händen, Er schwebt und kann im Traum nicht Ruhe finden, So malt den Schatten ich an Felsenwänden. Als schwebt ich über ihr im Traum auf Winden, Und klimperte durch des Triangels Enden: Da schwand der Traum, doch ich will nicht verschwinden.

Rec.

findet diese Dichtung so hold und lieblich, daß er ordentlich gewaltsam in die Mayblumentage seines Lebens zurückgerissen wird. O Natur! Liebe! Gottheit ich drücke euch alle zugleich an mein Herz wie einen Freund, aber wo ihr mir nun selten genug begegnet, immer gehet ihr einzeln und ich vermisse die andern.

27. Sonet’s Nachgedanken über einen Ball, den der Zufall wohlgelenket hat. Wenn Feuerkugeln droben tobend springen, Eh sie den Arm dem hohen Sterne reichen, Wenn vor die Sonne schwarze Wolken streichen, Mit Widerwille all erlöschend ringen! Wenn falsche Töne sich der Luft vergleichen, Die Blüthen still im Grünen untergingen, Die Nächte zierlich lange Schatten bringen, Muß starkes Denken schwachem Schlafe weichen. 480

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

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Wie fühl’ ich selig mich herunterstimmen Zum Kinderspiel, wenn Sonne schnell versunken, In hoher Oede Schwindel nüchtern trunken. Ich sah den Ball so rastlos aufwärts klimmen, Bis er im Busen ihr verirrt gesunken, Da fühlt er Gleichheit, fühlt der Freiheit Funken.

Rec.

Wie artig, wie mahlerisch, wie fällt mir dabei ein hundert Romanzen in den Sinn.

10

28. Sonet beschreibt einen glücklichen Abend.

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Es kreist das ganze Jahr für einen Abend, Und wer ihn nicht genießt, der hats verloren, Ich hab ihn ganz, er hat mich ganz erkoren, Und für ein Jahr voll Schlossen wär er labend. O dieser Duft vom sanften Wind geboren, Nach schönem Weihrauch wie die Ameis grabend, Orangenbaum wie bist du doch wohlhabend An Blüthen, da so viel dir schon verloren. Und diese Bank entgegen steht dem Leuchten, Das an des Himmelsrand neugierig strahlt, Dem jungen Tag die Schwingen zu befeuchten. Und dieser Sang, den er so hoch bezahlt, Ich weiß nur einen Tag den holdbezweigten, Wo mir ihr Kranz dies kurze Glück einst malt.

Die Redaktion findet, daß diese bewundernde Art gar nicht der Geschmack des Publikums ist, sie hat schon für einen strengern Recensenten gesorgt, für eine frische Ruthe. 30

481

[13]

Zeitung für Einsiedler

29. Sonet argwöhnt, daß die Sonete ihn nicht liebe. Ich seh’s ihr ab, ich hab es wohl gemerket, Sie will mich schonen, will es mir nicht sagen, Doch zieht sie sich zurück, ich darf nichts wagen, Allmählig bricht sie, eh ich mich verstärket. Ich seh dich durch und durch und dein Betragen, Denn was ich liebe sich umsonst verberget, Ich komme dir zu Hülf’, ich bin gestärket, Und will die Last zur Hälfte selber tragen. Ich sitz nicht mehr bei dir und will doch scherzen, Will mich verkleiden, spotten deiner, Doch du wirst bös das gehet mir zu Herzen. Wie, wenn du heimlich doch gedachtest meiner, Wenn du verstecktest mir die innern Schmerzen, Dann wär ich glücklich wie auf Erden keiner.

Rec.

Des Menschen Geist und Leben treibt ihn unaufhaltsam vorwärts in objectiver und subjectiver Hinsicht, und auf dieser voraus bestehenden Kraft ruht das Gedeihen aller Wissenschaft und Kunst, ja des Lebens selbst in höherer Potenz.

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30. Sonet findet im Bräutigam seinen Freund Ottav, er wendet sich zur Kunst. Er ist gekommen, weh mir, wehe, wehe, Der Bräutigam, mein ärgster, schlimmster Feind, Es ist Ottav mein alter guter Freund, Und wo ich nun vor mir und rückwärts sehe Die Erde wie herabgestürzet scheinet, Ich stehe einsam auf der öden Höhe, Ein grüner Strauch steht nur in meiner Nähe, Die Kunst ist mit dem grünen Strauch gemeint.

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

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So muß ich dich, die mir nur Mittel war, Herzinnig aus der ganzen Seele ehren, Hängt über mir das Schwerdt an einem Haar. Ich will’s vergessen, lasse mich nicht stören, Nur schenke mir der Hochgedanken Schaar, Daß ich mich selbst in meinem Werk kann ehren.

Rec.

Ehret die Frauen, sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben.

10

31. Sonet giebt aus Liebe zur Kunst die Kunst auf.

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Wie gräßlich sehn mich an die Schreckensbilder, Vom Blocksberg und vom Räuber Pape Döne, Der seinen Schädeln sang: Tanzt liebt Söhne! Die er zum Rosenkranz gezogen milder, Die er erschlagen, daß die Schreckenstöne Ihm an das Herz noch schlagen um so wilder, Das sind mir jetzt die einzig lieben Schilder, Doch mahnt mich Gott, daß ich mich des entwöhne. Die fromme Kunst soll ich nicht frech mißbrauchen, Die mir der Herr hat in die Hand gegeben, Und lieber mich in meinen Lethe tauchen, Nicht sie erniedern zu dem schnöden Leben, Das meine Stimm erstickt mit bösem Rauche, Der wie ein Nebel rings mich hat umgeben.

Rec.

meint, daß hier eigentlich der Indifferenzpunkt des ganzen Kunstwerks liege, der heiligen Drey von beiden durchdrungenes Wesen.

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[14]

Zeitung für Einsiedler

32. Sonet sucht in seinem Garten Trost. Ich flücht in meinen Garten wie in Wüsten, Und büße da im bunten Blumenflore, Sie steigen aus dem schwarzen Höllenthore, Und locken mich und strafen mich in Lüsten. Es flüstert klagend in dem grünen Rohre, Und Grabeshügel schien ich auszurüsten In dieser Erde ausgegrabnen Brüsten, Unkraut erwächst wo Blumen einst zuvore. So bleib ich dumpf in heller Sonne liegen, Bis mich die Fledermäus unsichern Fluges, Wie die Erinnerung den fernen Freund umfliegen. So haltet doch, ich kenn die Macht des Zuges, Mich werden noch die tausend Frösch besiegen, Die mich umhüpfen voll Aegypt’schen Truges.

Rec.

findet hier den wahren Uebergang des Idealen in das Reale, hier müssen alle Hypothesen untergehen. Er würde das Wort zuvore nicht billigen, warum nicht lieber wo Blumen ich verlor eh; Eh für Ehmahls.

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33. Sonet will sich zerstreuen und fühlt, daß er an Sonete gebunden.

[15]

Wo ist ein Meer, die Hände mir zu reinen, Und meine Lippen von dem falschen Kusse, Den ich dir gab, ich komme aus dem Flusse, Und schäm’ mich noch, daß ich schier möchte weinen. Ich meinte zu zerstreun in dem Genusse, Der Sehnsucht Pein, die meine Lippen meinen, Mit einem guten Kind mich wollt vereinen, Das oft im Pfänderspiel mich bracht zur Buße. Wir sassen ganz allein, sie ward verlanget, Das gute Kind war träg, ich mußte gehen, Als ich zurück die Hand sie dankbar langet. 484

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

Daß ich sie küste war wie nichts geschehen, Da fühlt ich erst wonach mein Herz verlanget, Gefühl gab wen’ger hier, als dort das Sehen.

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Rec.

beweist hieraus, wie die Natur immer das Individuelste zu erreichen bemüht ist.

34. Sonet erzählt von einem Lustritt, der traurig war.

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Es war ein schwüler Tag und lang der Ritt, Und die Ermüdung macht den Kopf so leicht, Ein frischer Wind den goldnen Abend zeigt, Mein Pferdchen machte manchen falschen Tritt. Ich irrte bald, ein Weg dem andern gleicht, Mir in die Seele jeder Vogel schnit, Der mich mit jubelndem Gesang bestrit, Da hört ich Glocken eine Heerde streicht. Doch hirtenlos sie schien im Paradiese, Ich war da fremd und konnte niemand fragen, Ach blieb ich doch auf dieser grünen Wiese. Nie sah ich solches Grün und nimmer schlagen, Die Nachtigallen so wie diese, wie diese; Ach wär sie todt, da lebt ich ohne Klagen.

Rec. 25

findet diesen Fortgang der Entwickelung seiner dritten Periode ganz unangemessen, und doch so natürlich, daß er eine ganze Nacht mit sich selbst gerungen, ob er sich oder dieses Sonet aufgeben soll. – Er giebt sich selbst auf! –

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Zeitung für Einsiedler

35. Sonets Liebe zu der Sonete wird durch Haare von ihr sonderbar bewegt.

[16]

Wie schlecht hab ich gedämpft das alte Feuer, Es schmolz in mir, was fest noch stand zusammen, Es kommt der Sturm, ich stehe ganz in Flammen, O stieg ich auf zu ihrer Schönheit Feyer. Nichts gab sie mir, woraus die Gluth kann stammen, Doch nahm ich etwas und das kommt mir theuer, Ich holt ihr Haar aus einem Kohlenfeuer, Wozu sie es mit Leichtsinn wollt verdammen. Gelöscht an meinem Munde, was am Kopfe Dir hat gehorcht wohl jegliche Gedanken, Es muß mich noch wie Epheu ganz umranken. Ich pflanzt es gern, mein Herz nicht klopfe, Es war so sicher in den schönen Schranken, Hier wächst es nicht bei dieses Meeres Schwanken.

Die Redaction beklagt sich und entschuldigt sich, der vorige Recensent hat auf einmal solche Achtung gegen seinen Autor bekommen, daß er davon gelaufen ist, vergebens ist bis jetzt alles nachsetzen gewesen, sobald er eingeliefert wird, soll er gleich fortarbeiten.

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36. Sonet sieht eine Ruhestätte seiner Leiden. Ich kenne wohl ein Sommerschloß für immer, Da stäubt kein Schnee durch die gebrochnen Scheiben, Auch will kein Ungewitter uns vertreiben, Dem Reisenden versagt es sich auch nimmer. In weiten Säulen, schwerlich zu beschreiben, Lebend’ge Pflanzen treiben weißen Schimmer, Hoch um den Säulenschaft sie ringeln Flimmer, Worin die Arabesken sich beweiben.

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Und liegst du einmal auf dem harten Kissen, So magst du nimmer wieder auferstehen, Und magst du nicht, du wirst es doch schon müssen. Kein Wunsch ist da, da ist auch kein Vergehen, Und kein Vergessen, wie so gar kein Wissen, Und wie die Luft, man fühlt dich ungesehen.

Die Redaktion hatte wieder einen andern alten Menschen angenommen, der sehr gute Zeugnisse mitbrachte, er ist ihr aber von der Nachbarredaktion abspenstig gemacht worden. Nun ist guter Rath theuer. Ach die glücklichen Zeiten, wo der Krüppel immer vortanzte, jetzt gehört zum Tanze mehr als ein Paar rothe Schuh.

37. Sonet in Verzweiflung, daß er nicht geliebt wird. O Herzensangst, du Gram, daß ich verloren, Aus feuchter Höhle starren auf die Augen, Was soll ich noch auf dieser Erde taugen, Es hat die Welt sich gegen mich verschworen. O Seele weg mit meinem nächsten Hauche, Die ich geliebt, die hat den Freund erkoren, Und die mich liebt, die geht durch mich verloren, Was soll ich thun, der ich zu nichts mehr tauge. Ich kann nicht fort aus diesem Lebensnetze, Und mein ichs gut, das Gute bleibt nicht meine, Und es erliegt in dieser wilden Hetze. Es trägt mich Stolz, daß ich gern kalt erscheine, Warum muß euch der beste Freund verletzen, Und die ich liebe ist doch ganz die Seine.

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Ein reisender vornehmer Herr hat bei der Redaktion einen ansehnlichen Preis auf die beste Beantwortung der Frage niedergelegt: Wie ist dem jetzigen Verderben der Recensenten und des Gesindes zu steuern? 35

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Zeitung für Einsiedler

38. Sonet scheint zu verzweifeln. Hast du Verzweifelung schon scherzen hören, Wenn tagelang sie über sich gesessen, Wie ätzend innen alle Sorgen fressen, Du mußt das Schreckenbild im Werk nicht stören. Was soll ich denn noch schlafen oder essen, Geht nicht der Gram mit ein aus allen Lehren, Und Hofnung blieb nur außer meinen Thören, Ich hab ja alles schon beynah besessen. Ein Stückchen fehlt nur an der Quadratur, Auch das Perpetuum mobile zu finden, Fehlt es doch einzig an Bewegung nur. Wie will ich nicht die heilge Kunst ergründen, Der Meister meint mich schon auf rechter Spur, Hält mich nur für verrückt aus vielen Gründen.

Die Redaktion macht mit großer Freude bekannt, daß sie ein Paar Adjudanten des alten Recensenten und den frisch gemietheten alten Menschen in ihrem Jagdrevier glücklich in Sprengseln gefunden, es war ein Sonntag Morgen, die Sprengseln waren mit etwas Butterbrod aufgestellt, die Delinquenten etwas an den Füßen beschädigt, doch nehmen sie bei Brod und Wasser allmählig genug ab, um bald rezensiren zu können.

39. Sonet gedenkt aus Verzweiflung an seine Abreise. Und wenns ein Schicksal giebt ists Leidenschaft, Der Kinderglaube lügt sich Gegenliebe Nothwendig, daß das Schicksal übe Die ewige vernichtend heil’ge Kraft. Wozu ists, daß ich mich nur stets betrübe, Ich muß doch fort aus dieser süßen Haft; Nichts ist verloren, was das Herz sich schafft, Und ewig bleibt mir Trauer dieser Liebe. 488

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

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Gedächtniß hat die Liebe wie die Wunden, Und wie die Säge schneidet ahndend Wetter, Ein neuer Zahn reißt ein mit jeder Stunde. Und wie der Selbstmord ist des Lebens Retter, Stech aus die Augen, die der Schmerz verbunden, Ich reise fort und bin des Schicksals Spötter.

Rec. 10

40. Sonets Abschiedstage bei der Sonete.

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kann diesmal mit keiner Parodie zu stande kommen, er läßt also das Original unverändert abdrucken, das giebt eine göttliche Komödie, kostet keine Nachgedanken, kein Kratzen hinter den Ohren, kein Stampfen mit den Füßen, bringt sein Honorar ein, und die übrigen Leser, die nicht lachen können, die lernen manches Gute kennen.

Der Abschied ist genommen, doch ich bleibe Von dem geheimen Gotte festgehalten, Der gerne heilet, was er hat zerspalten, Ich bleibe noch und nicht zum Zeitvertreibe. Nun laß ich ihn in meinem Innern walten, Wohin mich Lust und Leichtsinn wieder treibe, Und nahe dir, er dreht vielleicht die Scheibe, Vorher mein Herz in Gluthen zu erkalten. O diese Gluth, o diese Abschiedstage Sind wie des Arztes zürnendes Nachgeben, Sprach er dem Kranken doch schon ab das Leben. „Kein Mittel hilft, so lasset nun das Plagen, Ihr könnt ihm alle Lieblingsspeisen geben!“ Du stößt mich fort und giebst mir neues Leben.

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Rec.

läßt auch dieses abdrucken.

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Zeitung für Einsiedler

41. Sonet holt die Sonete von einem Balle ab. Wie heiß erwacht an einem glühen Tage, Aus unruhvollem Mittagsschlummer blickend, Da liegt ein trüber Flor auf allem drückend, Und Mondschein wird des hellen Glanzes Plage. Ists Mondschein jetzt, es ist doch nicht entzückend, Ists Mittag ach wohin mein Aug ich wage, Klar, trüb, kein Schatten mehr und ich verzage; Nun weiß ich, wo ich bin, es war beglückend. Ich holt sie ab von einem heitern Tanze, Wir gingen ganz allein in leeren Straßen, Der Mond stand hinter uns in hellem Glanze. Es feierten der Säulen helle Massen, Doch wars ein Schatten, der verklärt das Ganze, Die Schlanke ach, die ich am Arm thät fassen.

Rec.

kann es nicht billigen, der alte Recensent will sich gar selber darüber machen, eine Comödie gegen das neue Unwesen zu schreiben, wenn ich es ihm nur könnte zu verstehen geben, der Alte hat kein Geschick dazu, es wird zu steif, und geistlos, auch kennt er vom Neuen eigentlich nichts, als was wir ihm so zugetragen haben, ich muß es ihm in einer guten Stunde beibringen, sonst könnte es mir bei ihm schaden.

42. Sonet macht mit der Sonete Spaziergänge, als er ihre Liebe für verloren hält. Ich wandle um mit dir in deiner Jugend, In deiner wilden Kindheit frohen Tagen, Hier wo die wilden Reben uns umhagen, Da sassest du nach schwarzen Beeren suchend. In dieses Baches einsam stiller Tugend, Da liessest du mit frischendem Behagen, Die leichten Wellen um den Busen jagen, Nach jedem Fußtritt fernhin furchtsam lugend. 490

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Auf diesen Wiesen ohne Zaum und Zügel, Bestiegest du die Pferde die da weiden, Und wustest nichts und niemand noch zu meiden. O warum muß ich denn alleine leiden, Zutraulich jeder Lust mit buntem Flügel, Legst du nur meinen Wünschen an die Zügel.

Rec. 10

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hat eben einen Schwarm Mücken zum Alten durchs Schlüsselloch geblasen, das wird ihn vielleicht abhalten, ach Gott, könnte ich nur wenigstens Jamben schreiben, so hätte doch der Alte vor mir Respekt, so geht er aber nicht anders mit mir um als mit einem Hund.

43. Sonet sieht sich vor seiner Abreise in dem Zauberpallaste seiner Liebe um wie in Trümmern. Wie muß ich doch in dem zerstörten Hause, Voll goldner Träume Hoffnungsmalerey, Noch bleiben, fort ist Liebe-Zauberey, Wo ist der Becher, alles fehlt zum Schmause. Hier sollt sie sitzen Frühlingmorgens frey, Wo tausend Blumen drängen glat und krause, Und wo ich in den Kelchen summend hause, Das blieb mir noch, das löschet mein Geschrey. O diese Steine, die da oben hängen, Sie fallen einzeln mir schon auf das Haupt, Wie alle diese, die den Boden engen. Der Epheu hält sie nicht, der sie belaubt, Der Hofnungsbogen sprang, ich sprenge, Was nun noch bleibt, weil es mir Aussicht raubt.

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Rec.

hat eben ein Paar Schriften gebracht, worin sein Feind gelobt wird, der Alte ist aber wie besessen, er hats beiseit geschoben, es zieht all nicht, da schmiert er an seiner Komödie.

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Zeitung für Einsiedler

44. Sonet betet zu Gott. Auf meinen Knieen lag ich, bat um Zeichen Zu Gott, was ich nun sollt beginnen weiter, Da ward mein Zimmer hell, der Himmel heiter Und über mir die wilden Kranich streichen. Könnt ich zu euch, o hätt ich eine Leiter, Hoch oben Augenblicke euch zu gleichen, Ihr habt kein Vaterland in allen Reichen, Euch zieht es sicher fest und weiter weiter. Wo ihr den Winter bleibt kann niemand sagen, Ihr frieret nicht, euch höret niemand klagen, Zu eurer Höh kein Büchsenschuß kann tragen. Als gestern ich von ihrem Hause kehrte, Hat Gott geschützt, den nahen Schuß ich hörte, Die Kugel pfiff ihn aus den schnell Bethörten.

Rec.

Ach Gott, ach Gott! das hat er uns gestern vorgelesen, und nun müssen wir lachen, wenn er lacht, ich habe ihm umsonst noch einige gute Einfälle gesagt, die dem schwerfälligen Ganzen hätten Leben gegeben (das war ein Reim) er hört nicht darauf.

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45. Sonet muß für Ottav um die Sonete feierlich werben. Er hat es mir gestanden der Bethörte, Es war Ottav, er wollte mich ermorden, So bin ich denn auch freundelos geworden, Wie alles doch die einz’ge Liebe störte. Wie bin ich doch in einem strengen Orden, Er warf sich auf die Knie, den ich sonst ehrte, Ich war so kalt, daß ich es nicht verwehrte, Aus Stolz bin ich sein Brautbewerber worden.

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Gar menschlich ist doch sein Versehn gewesen, Nur das Gebet hat mich hier rein erhalten, Nur im Gebet werd ich von Schmerz genesen. Es muß geschehn für ihn nun anzuhalten, Um diese Hand, in der mein Glück zu lesen, O Tugend, du willst mir das Herz zerspalten. Redaction. Herr, was soll daraus werden, statt diese Sonettengeschichte zu rezensiren, spricht er immer von unserm werthen Freunde, was nennt er ihn schwerfällig, frachte er erst so viel Lorbeeren, dann wird er aufhören, leicht und geschickt zu seyn.

46. Sonet erfährt, daß Sonete den Ottav nicht liebe. 15

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Sie liebt ihn nicht, heut hat sie’s mir gesaget, Was hilft es mir, daß ihm die Sonn gesunken, Seh ich darum in Amors Fackel Funken, Ich leb in Nacht und nimmermehr es taget. Zwar ist sie jung und was sie heute klaget, Hat Morgen sie vergessen und versungen, Des Geistes Wachstum ist dann eingedrungen, Das alte Kleid sich nicht mehr schicklich traget. Doch ich bin fest in ihrer Lieb versteinert, Ein Lavastrom hat mich so hart umschlossen, Ein Harnisch ist mir also selbst vereinet. Ich bin so hart und schmeichelnd die Genossen, Die Lieb macht fest, mich so im Wuchs verkleinert, Und herrlich größer ist sie fortgeflossen. Rec.

versichert seinen größten Respekt gegen den hochverdienten Veteran, er meint nur, daß der ruhig sitzen bleiben könnte, aus seinem Wörterbuche allerley kräftige Ausdrücke zusammen zu leimen, da würde in einem Jahre schon etwas Tüchtiges zusammen kommen, wir Adjudanten wolten indessen schon Ordnung halten.

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Zeitung für Einsiedler

47. Sonet trägt dem Ottav die abschlägige Antwort der Sonete vor. Wie glücklich ist Ottav in seinem Leichtsinn, Mit Sorge sammelte ich tausend Trost, Ihn zu erquicken auf dem Marterrost, Eh ich die Nachricht ihm noch gebe hin. Sie liebt mich nicht! So rief er dann erbost, Sie liebt mich nicht! weil ich zu gut ihr bin, Spinn Mädchen spinn, so wachsen dir die Sinn, So bin ich frei und schwärm wie junger Most. Ich mag sie nicht und wenn sie jetzt noch wollte, So fuhr er fort, sie ist wie alle andern, Und will nur nicht, was sie so eben sollte. Nimm du sie Bruder, ich will lustig wandern, Wenn dich indeß der Arbeitsteufel holte, So leb ich lustig noch mit tausend andern.

Rec.

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scheint wieder das Beste zu seyn, dies zur allgemeinen Warnung abzuschreiben.

48. Sonet erzählt die thörigte Verblendung plötzlicher Eifersucht. Vergebung heil’ger Geist, ich konnt sie lästern, Ich meinte heimlich ihn noch hier verstecket, Sie schien so ängstlich, als ich sie genecket, Ich dachte sie wie ihre andern Schwestern. Und da ergrifs mich in der Nacht von gestern, Ich hatt nicht Ruhe bis die Sonn erwecket, Da hab ich mich in Waffen schnell gestecket, Ich wußt nicht wie mir war, da ist kein Bessern. Und durch die heiße Sonn’ bin ich gelaufen, Bis zu der Quelle unter frischen Erlen, Sie liebt den Ort, wo gern die Rehe saufen.

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Da glaubt ich beide (Schweiß stand mir in Perlen), Da wollt ich mich mit ihm ganz eilends raufen, Der Sitz war leer, mich zischten aus die Erlen.

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Rec.

49. Der Sänger erzählt wie Meister Hexameter, der Vater der Sonete umkommt, als er sein bestes Bild Pausias aus dem Feuer retten will. Wie flammend eilt die Zeit in Lieb- und Freundschaftarmen, Bei deutscher Künstler denkendem Vereinen, Der Meister läßt Italien erscheinen, In Mitternacht erinnernd zu erwarmen. Sein Töchterlein Sonete will vereinen, Der Blumen Kunst zu Pausias Umarmen, Das jetzt vollendet, jetzt verbrennt dem Armen, Er ahndet nichts bis hell die Funken scheinen Durch seinen Himmel, durch die Mahlerstube, Sieht er in Flammen rothe Knoten schürzen, Die seinen Liebling schleifen in die Grube. Ganz unaufhaltsam fühlt er hin sich stürzen, In seines Lebens glühe Arbeitsstube, Wie Indiens Wittwen ihre Trauer kürzen.

Rec.

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will wieder gar nichts einfallen, Ursach warum, er ist jetzt mit der Erfindung von Flöhfallen beschäftigt.

Ach weh, ach weh! unser alter Veteran fällt immer mehr aus dem Ton, das Schauspiel wird ganz unverständlich, und leer bleibt’s, und wenn er auch noch so viel Spässe von andern hinein stiehlt. Er kann den Styl nicht finden. Ach weh, und die Parodieen enthalten auch nichts, als was man Retourchaisen nennt. Das wird uns allen schaden.

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Zeitung für Einsiedler

50. Sänger erzählt wie Sonet die Sonete aus dem Feuer rettet. Die Lieb ist glücklicher als jede Kunst, Die Kunst verbrennt, doch aus der Asche hebet Der Genius die Liebe und entschwebet, Ein Phönix sucht er in den Gluthen Gunst. Sonet mit thränennassen Kleidern strebet, Die Hochgefeyerte zu tragen aus der Brunst, Wer kennet nicht die alte schwarze Kunst, In jedem reinen Herzen sie noch lebet. Das Feuer wagt nicht Jungfraun zu berühren, Sonete hält die Feuerprobe aus, Der Feuerkranz muß herrlich sie verzieren. Der Junggesell trägt sie aus diesem Haus, Dann stürzt es ein, er muß die Liebe führen Ins eigne Haus, läßt sie nicht mehr heraus.

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Redaktion gebietet dem Recensenten ein für allemal zu schweigen, wenn er sich so wenig mäßigen kann.

51. Sonet erfährt, nachdem die Sonete aus der Ohnmacht erwacht ist, die ihr der Brand zuzog, daß sie ihn stets geliebt. Wo seh ich was, vor mir mag nichts bestehen, Unbänd’ger Freuden voll will alles springen, Und ich muß schrein und möchte lieber singen, Und die Gestirne selbst sich flimmernd drehen. Als meine Werke all in Rauch aufgingen, Muß ich mein höchstes Hochzeitfest begehen, Am Sarg des Meisters muß ich jubelnd stehen, Die Trauerglocken mir so lieblich klingen. Mein Wanderstab ergrünt von schönem Laube, Mein Liebchen zieht es dichter um mich nieder, O sag’s noch einmal, daß ich endlich glaube.

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Du liebtest stets nur mich so tönt es wieder, Daß mirs kein Sturm von deinen Lippen raube, Und du bist mein, wir Götter sind all Brüder.

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Rec.

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bittet doch um der guten Sache willen nur zu überlegen, ob nicht durch Verdrehung solcher Schriften in den beliebten Zeitungen mehr gewirkt werden kann, wir setzen uns da Abends zusammen freundschaftlich hin, schneiden die Sätze in Stücken, da sehn sie ganz anders aus, darum machen wir dann die Regierungen aufmerksam, wie gefährlich sie aussehen; durch eigne Schriften wird unsre Armuth all zu sichtbar.

52. Sonet erfreut sich seines Glückes im Vergessen des Vergangenen. So sey mir denn aus meinen innern Sinnen, Erinnerung des Lebens Band verloren, So sey mein Herz denn frei und neu geboren, Im Morgenstrahl ein spiegelnd Meer darinnen. Da ging das Schiff mit tausend tausend Thoren, Da soll der schwache Schaum der Spur verrinnen, Und tiefe Klarheit soll das Meer gewinnen, Dann seh ich auch den leichten Schritt der Horen. Ich schaue dann in den verwischten Zeilen, Mein eignes Leben wie ein fremdes Wähnen, Und kann beim Schmerz mit Wohlgefallen weilen. So sah einst Herkules mit Freudenthränen, Der Vorzeit folgereiche Thaten eilen, Dann schaut er vorwärts, fühlt zurück kein Sehnen.

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Rec.

frägt an, ob es nicht gut thäte, einmal wieder ganz kurz zu sagen, es wäre unsinnig und gar nicht zu verstehen?

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Zeitung für Einsiedler

53. Sonet bemerkt die Liebe des Ottav zur Terzine. Wie wird mir alles lieb, was dir verbunden, Wie küß ich gern dein Schwesterchen Terzine, Sie macht so eine stolze kalte Miene, Und doch mag ihr so mancher Kuß schon munden. Weist du wie jüngst mir der Ottav erschienen, Er hatte ihr ein Kettchen umgebunden, Und macht so lang und hat das Schloß nicht funden, Da schnitt er ihr ein Löckchen ab so kühne. Und jüngst als ich bin eilend zu ihm kommen, Da macht er sich aus diesen lichten Haaren Ein schön Geweb, recht wie ein Stern vollkommen. An einer Tuberros’ die Enden waren, Wie Spinngeweb so hat sichs ausgenommen, Ein Herz gebrochen hing darin im Klaren.

Die Redaktion verbittet sich das, der Kunstgriff ist seit einiger Zeit zu sehr abgenutzt worden, in einem Vierteljahre kann er wieder gebraucht werden, jetzt halten schon die Leute ihre Tasche zu, wenn sie gefragt werden, was die Glocke ist.

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54. Ottav erzählt seinen Vorsatz, Terzine zu heirathen. Ich hab gefunden, was ich niemals glaubte, Ein Mädchen das ganz ohne Wissen liebte, Die sich um mich so heimlich oft betrübte, Gleich heirath ich, daß nichts sie wieder raubte. Die suchte ich in jeglicher Geliebte, Und höher sich mein Sinn für Schönheit schraubte, Hier schling ich an, wo ich so dicht belaubte, Die Ranken mein der Lieb und Lustgeübte. Auf manche Probe werde ich sie stellen, Und selber sie zu lieben muß ich lernen, Ich werde oft so grimmig sie anbellen. 498

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

Und dann gleichgültig mich von ihr entfernen, Ich habe Uebersicht von tausend Fällen, Und will sie mir auf tausend Arten körnen.

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Rec.

frägt an, ob mans nicht ganz ignoriren könnte?

55. Ottav besingt sich selbst zu seiner Hochzeit als einen heimkehrenden Apollo.

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Als der Olymp und Delphos ward zerstöret, Da zog Apoll und mit ihm alles Schöne Zur Sonne sich, da klangen alle Töne, Von wo sie Morgens Memnon nur gehöret. Doch Herkules, daß er sein Leben kröne, Ein neues Reich den bangen Musen schwöret, Und führet sie, daß nicht Gewalt sie störet, Selbst mit Gewalt durch wilde Musensöhne. Und keiner kennt sie von den fremden Horden, Zu Amazonen scheinen sie geworden, Sie lenken heimlich den geheimen Orden. Und als die Welt befreyt von Haß und Tücke, Da dringen durch die Maske Götterblicke, Apollo kehrt zu seinem Reich zurücke.

Die Redaktion findet nur die Schwierigkeit wegen der Anzeigen. 25

56. Der Sänger beschreibt die Doppelhochzeit des Sonet mit der Sonete und Ottavs mit der Terzine.

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Was Liebe heißt ist gar verwickelt Wesen, In zweien scheint es nicht allein zu wohnen, Nur viere kann es ganz und voll belohnen, Doch sind zur Liebe jede zwei erlesen. 499

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Zeitung für Einsiedler

In zweien Jungfern mag Vertrauen wohnen, Zwei Junggesellen Freunde sind gewesen, Wenn jeder eine jener hat erlesen, So wirkt im Kreis das Licht aus allen Zonen Die Jünglinge sind zweierley Metalle, Die Jungfern ganz vertraut im Wasser blieben, Bis jener Ring hinein sinkt hell im Schalle. Nun fängt sich gleich das Wasser an zu trüben, So scheiden sich in Sauer-Wasser-Stoff dann alle Zum Manne hin: Nur Männer Freunde blieben.

Rec.

erinnert daran, daß die Zeitung für Einsiedler auch nirgend angezeigt worden, nachdem sie erschienen, auch kann man in den befreundeten Zeitungen darauf halten, daß es möglich spät und in ganz abgelegenen Winkeln der Intelligenzblätter abgedruckt wird.

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57. Sonet begrüßt die Sonete den Morgen nach der Hochzeit. Und es ward Licht, aus ihrer Augen Bläue Erheben sich der Zeiten leere Wogen, Die Züge frei einander und verflogen, Sie ziehn die Blicke auf zu ew’ger Treue. Du klare Jungfrau, die mich hat gezogen, Mich hinzuknien, du zeigst mir freiste Freie, Ich ahnd’ in dir der Menschheit neue Reihe, In dir du hast den reinen Keim erzogen. Denn jedes Weib das unbewußt empfangen, Das schmückt ihr heil’ger Geist mit Unschuldwangen, Und allen Wohl zu thun sie fühlt Verlangen. Sie weiß es nicht wie ihr so ist geschehen, Hat Lust zu Früchten, die sie nie gesehen, Und ich ertrüge gern für sie die Wehen.

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Die Redaktion ist damit zufrieden.

58. Sonet am ersten Abende nach der Hochzeit mit der Sonete.

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Mein bestäubtes Trauerzimmer leuchtet, Wie das Meer zur Nacht von tausend Fischen, Kühle Abendlüfte es erfrischen, Trocknen meine Augen die befeuchtet. Köstlich ist ein Mahl an goldnen Tischen, Aus Rubin ein Becher wird gereichet, Voller Duft der Hiazinthen streichet, Und Musik will jeden Sinn erfrischen. Kleine Zwerge laufen wie die Mäuse, Und bereiten mir ein breites Bette, Alles machen sie nach stiller Weise. Doch es klingt wie goldne Ehrenkette, Ihre Stimme mir so klar und leise, Himmelan dem der uns segnen thäte.

Rec. 20

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ist plötzlich Nachts um zwölf Uhr bei sternklarem Himmel eine witzige Recension eingefallen, ach Gott was nun für Noth: Dieses Buch Geht zu Wasser also lang, Wie der Krug, Bis jed Klingding bricht mit Klang; Und von allen neunzig Bleibet auch kein einzig.

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59. Sonet gedenket als er seine Frau Sonete schlafen findet, der vergangnen Zeit. Sie lag gewickelt in dem blauen Schleyer, Und schlief so ängstlich wie die schwüle Welt, Ein Alp hätt sich auf ihre Brust gestellt, Träumt sie von mir? Das litt nicht dieser Freyer. Wenn sie erwacht sieht m i c h des Traumes Held, Ich jag den Alp und werd ihr dadurch theuer, Vertrauen ist zu ihr mein stilles Feuer, Das in die Tiefen wie ein Leitstern fällt. Ich trat zurück und dachte jener Stunden, Die mich gequält, dem Auge fern entschwunden, Wie gut sie sich auch ohne mich befunden. Was wär ich ohne sie, ich hab gewonnen, Und meiner Liebe tausend strahlender Bronnen, Erquicket mich im Mondschein, in der Sonne.

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Faust’s Geist. Such er den redlichen Gewinn, Sei er kein schellenlauter Thor, Es trägt Verstand und rechter Sinn Mit wenig Kunst sich selber vor; Und wenns euch Ernst ist was zu sagen, Ists nöthig Worten nachzujagen? Ja eure Reden, die so blendend sind, In denen ihr der Menschheit Schnitzel kräuselt, Sind unerquicklich wie der Nebelwind, Der herbstlich durch die dürren Blätter säuselt. Blitz, Donner! der Vorhang fällt, Ende der göttlichen Komödie.

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60. Sonet erzählt, wie seine Gewohnheit zu trinken entstanden.

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Was mir aus jener Zeit, wo meine Aeste Fast brachen von der Frucht und von dem Schnee, Von hoher Wonn und immer frischem Wehe, Geblieben ist, erscheint wie heil’ge Reste. Das Böse selbst, was ich so an mir sehe, Aus jener Zeit, es hängt mir an so feste, Und wie ich damals trunken ging zum Neste, Damit ich nicht erschreckt mich einsam drehe. So trink ich gern noch jetzt, lösch aus die Lichter, Mein Weib ist dann schon lang zu Bett gegangen, Dann kommen mir die alten Schreckgesichter. Ich geh zum Bett halb wankend ohn Verlangen, Da werd ich hell, da werd ich plötzlich nüchtern, Ich fühle sie, mein Schrecken ist vergangen.

61. Sonet beschreibt die Helena, die er zur Preisbewerbung mahlt.

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Was flüstert Amor leise mir ins Ohr, Wer zieht mich an der Hand zum offnen Bette, Wie Neigung schlingst du also starke Kette, Die unverbrüchlich selbst dem feigen Thor. O wär ich halb so stark wie du ich hätte, Die Feinde all erlegt vor unserm Thor, Wer war es denn, der mir erdrückend schwor, Im Bette schwor: Das Vaterland ich rette! Ja wär’ Achill ein weiches schwaches Weib, Dir wäre wohl die kühne That gelungen, Die Lanze hätte ihm durchbohrt den Leib. Du hältst den Mund, hast siegend mich umrungen, O wage nicht Gefahr zum Zeitvertreib, Ich bin gar böse fühl’ ich mich bezwungen.

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62. Sonet vertieft sich bei einigen bachantischen Bildern. 1) Göttlicher Rausch.

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Du rother Schein, ihr helllebend’gen Reben, Ihr zittert wohl in blanker Cimbeln Klang, Mir wird der Athem taumelnd wild und bang, Zu Locken meine Haare schaudernd schweben. Wie ist im Hirn, im Schooße mir ein Drang! Ist meine Braut mir weich im Schooß gegeben? Gefleckte Panter lieb zu kosen streben, Mir tanzt die Welt in Melodieenzwang. Mit heil’gem Ernst dich Becher zu erheben, In deiner Gluth sich löset Zwang und Kraft, Ich fühle mich unendlich aus dir leben. Befreyt mich Blitz aus Mutterleibes Haft, Sprengt auf den Himmel einer Flamme Beben! So Lieb’ im Schooß zerstörend Schön’res schaft.

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2) Gräßlicher Rausch. Der Gott löst die bestaubten Sohlenschuhe, Ariadne liegt auf einem frischen Rasen, Die Leoparden rings zur Wache grasen, Den Gott umfängt die Nacht mit wacher Ruhe. Das thierisch Volk der Menschen muß noch rasen, In ihnen hat der Gott noch keine Ruhe, Wie er sie auch mit Götterglück umthue, Sie treiben’s doch zu nichtig leeren Phrasen. Sie schlagen sich mit ihren Thyrsusstäben, Im Tanzen die Centauren sind verlachet, Des Tages Pferde vorzudringen streben. Mit Fackeln schlägt die Nacht, der Wagen krachet, Und trübe wird der Tag hernieder schweben, Und wüst und leer und überall verwachet.

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3) Läppischer Rausch.

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Wie läppisch der den Leopard läßt springen, Hoch übern Stock als wär er nur ein Hund; Wie fällt der andre übern Weinschlauch, und Er möcht mit allen Vieren aufwärts ringen. Der alte Sünder wird geschleppt im Rund, Mit Lust sie seine Laster alle singen, Und kitzeln ihn und lassen ihn hoch springen, Das ist dem alten Dicken recht gesund. Ganz länglich schmachtend steht ein Jüngling da, Und weiß mit seinem Mädchen nichts zu sprechen, Ein dummres Bild ich nimmer mehr noch sah. Die Faunchen eifersüchtig stoßen, stechen, Dem karessirenden Centauren nah, Sieht einer durch die Bein und will sich rächen. 4) Selbsteigner Rausch.

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Es ist so eigen mir, ich kanns nicht sagen, Nur wer es fühlt, dem Mittler ist es eigen, Des Geistes Fürst muß sich nur selten zeigen, Ihr könnt den Anblick nimmermehr ertragen. Im Innern wird dies Wühlen schon ein Reigen, Gestalt und Ton, ich lüfte meinen Kragen, Dem frischen Morgenroth drängt michs zu sagen, Doch von dem dunklen Herzen wills nicht steigen. Was will ich in gemeinem Lebenskreise, Ihr duldet nicht des Götter Wagens Gleise, Die ich an unsichtbarem Faden ziehe. Wie schwer! daß ich von Schöpfer Mühe, Daß ich an meiner Nasen glühe, Ich trank zu viel und dehne mich nun leise.

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66. Sonet beschreibt seine Bachantin.

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Die Wolken ziehn, der Bachusstab entsinket, Das Tambourin ruht unterm Arme stille, Vom Nacken sinkt herab die Panterhülle, Ihr Auge scheu vor fernem Schimmer blincket. O hebt dich nicht ein eigner innrer Wille, Wenn nicht in dir ein klarer Himmel winket, Aus dir Natur den ewgen Rausch sich trinket, Gar bald wird dann die Welt um dir so stille. Der Kindheit Spiel, wie bald ist es verklungen, Verdrängt sich selbst, als dient es nicht zum Heile, Hat Liebe Jugend sättigend verschlungen Den Fels voll Lust erklettert sie in Eile, Der Rausch verfliegt, von Schnee und Eis durchdrungen Sie schwindelt, Lust und Schmerz wird Langeweile.

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67. Sonet entwöhnt sich des Trinkens und Händelmachens. Der Faden ruht vom schönen gelben Linnen, Was deutet uns dies frohe Horchen an, Sie hört den Tritt von ihrem lieben Mann, Und kann aus Ungeduld nun nicht mehr spinnen. Was nicht die Liebe Wunder wirken kann, Stockt auch die Sanduhr lang im fleißgen Rinnen, Sie will noch an dem Schlaf die Zeit gewinnen, Die vor dem Tag schon wirthlich früh begann. Der Mann fühlt sich von Ordnungsgeist besieget, Und ahmet ihre stille Sitte nach, Und trinkt nicht mehr, daß er nicht Händel krieget. Er ist auch früh bei seinen Farben wach, Und der Erfindung Quell ihm nie versieget; Halb offen steht das Bett mit heilgem Dach.

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68. Sonet und Sonetens Stillleben.

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Die Flammen scheinen dir wie Kinder munter, Die höher springen, wenn sie fallend sinken, Begierig kühler Lüfte Düfte trinken, Dann auf dem eignen Fuß sich schwenken bunter. Ja wohl du Kind, wie deine Augen blinken, Wie deine Haare wallen hell hinunter, Der Füße Sprung im Schattenspiel noch munter, Im Schatten noch die Hände fliehend winken. Wie leicht du möchtest goldne Flüglein schlagen, Von dir zum einsam hohen Blau getragen, Ich fühle wonnig mich auf Winden jagen. Und einsam doch wir haben nichts zu sagen, Wie kann doch leicht so Welt als Wort entsagen, Die in einander fanden ein Behagen.

69. Sonet saß einmal mit der Sonete am Kaminfeuer.

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Wie wacht mein Herz, wenn du den Flammen schauest Begierig nach, die sich im Rauch verlieren, Den Fuß nicht schonst behend sie anzuschüren, Und der Erneuung in dem Wechsel trauest. Wie die Gedanken dann sich so verlieren, O sag noch einmal wie du drin vertrauest, Wie du die Welt aus starren Flammen bauest, Die frei in Nacht sich aufwärts zukend spüren. O wohl uns Flammen, die bald frei entkommen, Aus dunkler Haft von dem Tirann dem Herzen, Zum Himmel spielen in den ew’gen Scherzen. Doch löst die Flamme sich mit Blendung Schmerzen, Der Freiheit Sieg ist blutlos nie gekommen, Sey denn ihr Lohn mit Treu in acht genommen.

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70. Sonete weckt den Sonet auf daß er fleißig mahle. Du stiller Raum, ihr hellenden Gedanken, Du kalte Luft, worin die Lust erkranket, Du Blitz des Stahls, worin mein Liebchen schwanket, O zündet nicht, ich muß sonst mit euch zanken. Wie kann die Liebe solchen Streit entzünden, Die aller Herzen Eintracht lind verkündet, Der Widerspruch ist mit dem Weib verbündet, So mußte Psyche Tod der Lieb erfinden. O Schwefelblau wie enge wird der Athem, Versinke Auge, Ohr, du Athem stille, Die Welt vergeht, wenn nur ein fester Wille. Doch Liebe bläst mit ihrem ew’gen Athem, Des Dochtes Funken hell vom frischen Lichte, »Ob ich nicht todt?« mir stechend ins Gesichte.

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71. Ottav beschreibt ohne es zu wissen das Erkalten seiner Liebe.

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Ich kann zu dir, ich kann auch an dich schreiben, Dir pflücken schicken, Kirschrubinen süße, Verflechten sie, dann fehlten nicht die Küsse, Doch bleibe ich und kritzle in die Scheiben. Was hält mich denn, was ich nicht gern verließe, Vergebens zünd ich Licht, ich kann nicht schreiben, Und Ungeduld will schlecht die Zeit vertreiben, O gieb Natur mir Zeichen, das ich schließe. Kein Klingen in dem rechten, linken Ohre, Sie denkt nicht mein, sie kann nun ruhig sticken, Und düster wart ich starr vorm Glückes Thore. Wie wirds so hell, der Glanz fast zum Ersticken, Sie denket mein, sie ist mir nie verloren! Was ist’s? Ein Dieb will hell am Lichte blicken.

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72. Ottav schwärmt im Zwielichte.

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O starrend harrend, ärmlich härmend Leben, Ihr Blätter rauscht in meines Jammers Regen, Zum Wipfel lauschend mit des Herzens Schlägen, Doch könnt’ ihr Aeste nicht zum Himmel heben! Will Zwielicht nie ans Grün den Schimmer legen, Ihr Arm ein Abendwind den Zweig nie heben? Nie saust ins Ohr sein glühend trunknes Beben, Die Vögel nur des Baumes Dämmer regen. Rothkehlgen bleib! Weißkehlchen dir die Fallen, Die mein Gefallen, mir umfangen fangen, Mit Armes Schlinge um den Hals ihr fallen: Daß sie gezähmt bequemet mein Verlangen, Wenn Sehnen Schämen, Kusses Schall Mißfallen, Der Augen Zwielicht Zweyer Licht verschlangen. Rec. (Erwachend) Gräuliches Zwiebel – Sonet – noch ärger – Klangvoll entsteigt mir ächtem Sohn von Mana, Geläut der pomphaft hallenden Campana – (Er fängt an zu schnarchen.)

73. Ottav treibt in sich ein Prunkwesen mit seiner Liebe zu Terzinen.

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Wer schleichet dort so langsam still hinunter, Die Sonne ist’s, sie zieht die blauen Kleider Der Schönen mit, die nackt nun ruhet leider, Doch friert sie nicht, ihr Herz schlägt wärmend munter. Ein Knabe fühlt darauf, er zeigt die Kleider, Als Fahne hoch, als Regenbogen bunter, Es lispeln in ihr Ohr die Winde munter, Wie Ohren klingen, sie sind keine Neider. Die Fahne winkt, der Knabe winkt dem Krieger, Der kehrend heim schon Siegesfahnen bringet, Durch Nacht sein Auge glühet wie vom Tieger. 509

Zeitung für Einsiedler

Denn neu der Stern der Schlachten ihn durchdringet, „Zwei Fahnen, ruft er warten stets der Sieger;“ Der Knabe händeklatschend hoch sie schwinget.

74. Ottav rühmt sich seines Vertrauens. Ist dies des Fußsteigs nächtehelles Gleiten, Der Hecke Dunkel durch die dunklen Schatten, Der Ulmen viele die in Nacht sich gatten, Vereinet schwarz durchs Nebelthal zu leiten? Hier Felsenabgrund, schwindelndes Ermatten, Wo ich begeistert athemlos im Schreiten, Nur auf zu Sternen sah mein Glück zu deuten, Nun trau ich ewig die geführt mich hatten. Ich traue euch ihr trotzend starren Pfäle, Die mich wie Geister oft vom Traume weckten, Ich traue Dornen, weil ich Rosen wähle, Den wirren Glocken, die voreilend neckten, Dem Irlicht, daß ich nicht ihr Licht verfehle: Leicht können trauen, die Vertrauen weckten.

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75. Ottav denkt sich, wie ihn die Terzine erwartet.

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Ihr rechter Arm in kühlen Rosen fingert, Als spielte sie darin des Lichtes Töne, Ihr nackter Leib verklärt so jedes Schöne, Des Blickes Klarheit nicht den Glanz verringert. Ein kahles Haupt von ihrem Glanz verjüngert, Wähnt, daß es braune Locken wärmend kröne, Dem Kinde selbst giebt plötzlich Herz die Schöne, Vor seinem Ohr die Christnacht täuschend klingert. Er fühlte mündig sich an ihrem Munde, Sie aber hält die Rosen viel geringer, Seit sie die Dornen fühlt an ihrem Munde. Entzündung zeigt ihr angeglühter Finger, Mit jedem Athem steigend fühlt die Wunde, Natur zeigt ihr 〈die〉 Heilung heilger Finger. 510

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76. Ottav erzählt von drei schönen Tagen bei der Terzine.

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Drei Tage waren mir gegönnt zur Freude, Im Lerchenklang Vermessenheit sie weckte, Die Fledermaus mit süßem Traum sie deckte, Leb wohl du Lerche, Fledermaus ich scheide. Nicht Sturm, nicht Wolke Himmelsklarheit schreckte, Mond, Sonne sah ich wechseltanzend beide, Wie leiser Wind so sanken sie zur Heyde, Der wendend sich mit meinem Segel neckte. Noch einmal rauschet mir der Buche Schatten, Gleich Wolkenschatten, die wie Riesen schreiten, Wo soll mich hin der Brücke Bogen leiten. Hier Luft und Erde sich dem Herzen gatten, Des Wassers Arme sich wie Aeste breiten. Und ferne Hofnung muß davor ermatten.

77. Ottav beschreibt das Erwachen seiner Terzine, als er früh auf die Jagd gegangen.

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Sie staunt erwachend mit den Funkelaugen, Wie dunkler Glanz die Palmen rings umflimmert, Die Aloe ergießend sich zertrümmert, Der Kelch verglühend glaubt dem Aug zu taugen. Auf ihrer Hand still trunken unbekümmert, Sie sieht geröthet Mückenschaaren saugen, Die haben heut für Morgenglanz nicht Augen, Von Unruh sonst zu Tanz und Sang umschimmert. Als halb sie schlief, die Sänger sie beschlichen, Die Vögel bauten da in ihren Haaren, Vom Busen ist das Eichhorn nicht entwichen. Aus einem Baum so Morgens Vögelschaaren, Der Jäger auch zum Tagesanstand strichen, Sein Horn weckt fern, ihr Blick will ihn bewahren.

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78. Ottav zieht die Terzine ein wenig auf. Geruht auf weichem Lager, halb erhoben, Sie sieht dem bunten Schmetterlinge nach, Der aus dem Schooß ihr flog als sie noch lag, Ey die Geburt den Blumenkelch wird loben. Wer ist der Vater dieses Kindes sag, Wer hat dies Seelchen dir so eingewoben, Das ewig spielend flattert hell noch oben, Sie sieht mich an und zählt am Finger nach. Das Rechnen macht dich finster, Kenner können Den Meister schon in seinem Bilde kennen, Doch diese Farben wunderbarlich brennen. „Ey lächelt sie, er malte nicht alleine!“ So wird das Kunstwerk reine dieses Lebens, Verwandlung nur in zweyer Kunstvereine.

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79. Ottav erzählt das Ende seiner Leidenschaft zu Terzinen.

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Hier ist des Fußsteigs nächtehelles Streifen, Der Hecken Dunkel, dunkeles Ermatten, Der Ulmen viele, die einander gatten, Ans Haar nicht mehr begeisternd schnell sie streifen. Sind das die Nachtigallen die gesungen hatten Ihr Lied ist aus, vergebens sie noch pfeifen, Auf meine Brust sie schweres Gähnen häufen, Und Husten bringt der feuchten Nächte Schatten. Nichts winket mehr im Taumel durch den Himmel, Die Fluth zog fort, das Schiff liegt fest am Strande, Und ferne nur entrauscht der Fluth Gewimmel Sie kommt wohl wieder schreibe ich im Sande, Das Herz ist still, jagt dir mit fremder Stimme Die Worte zu mit Staub aus fernem Lande.

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

80. Ottav befindet seine Terzine als Frau ganz anders denn vorher als Geliebte.

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Die Brunst ist schon gelöscht, die kaum entglommen, Was lief ich denn, wie war mir denn so gach, Was träumt ich denn von Lust, ich denke nach, Mich riß ein Strom zu dir, ich bin nicht schwommen. Doch dieses Feuer löschte auch der Bach, Es ist all gut, doch was ist hier vollkommen, Was hätt ich auf der Welt nicht mitgenommen, Nun bindet mich die Eh so tausendfach. Nun fühl ich wohl, daß es der Teufel war, Der mir dies Bild so in die Seele fügte, Er fürchtet mich und ahndete Gefahr. Ein Weibsbild mich den Simson auch besiegte, Ich bin ihr gut, sie gleicht der auf eine Haar, Die ich geliebt und weh ihr, daß sie trügte.

81. Sonet beschreibt die Wirthschaft des Ottav.

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Behexet ist das Haus, ich schwör’s Sonete, Und nichts bleibt stehn an seiner rechten Stelle, Und weint Terzine, ist Ottav recht helle, Und will sie scherzen, gehet er zu Bette. Von Wirthschaft weiß sie nicht, er geht auf Bälle, Und gern in seinem Hause Freunde hätte, Sie säh ihn lieber liegen an der Kette, Und ahndet Böses gleich in den Gesellen. Und die Gesellen alle von ihm weichen, Denn ein Gedächtniß hat er, kanns nicht lassen, Die Ehstandsnoth lebendig anzustreichen. Der eine hat schon seine Braut verlassen, Weil er ihm gab der Weiber böse Zeichen, Und alle andern ihn darum schon hassen.

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82. Ottav beschreibt die Wirthschaft des Sonet. Ich fühl es wohl, ich hab mich ganz vergriffen, Nur aus der Aehnlichkeit liebt ich Terzine, Ob ich Sonete nicht so gut verdiene, Wie der Sonet, der nimmer sie begriffen. Wie sitzt sie da mit einer stillen Miene, Wie hätt ich sie mit Scherzes Spiel ergriffen, Jetzt legt sie Weißzeug, mir hätt sie gepfiffen, Die brummt zu allem wie die fleiß’ge Biene. Im Grunde will sie es nicht anerkennen, Wie glücklich sie mit mir gewesen wäre, Darum möcht absichtlich sie mich verkennen. Und der Sonet sitzt da bei meiner Ehre, Und möcht vor purer Arbeitslust verbrennen, Das ist nicht Kunst die solcher schweren Lehre.

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83. Sonet kündigt dem Ottav die Freundschaft auf.

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Lang sind wir Freunde, noch seit jenen Jahren, Wo alles sich gleich Freund und Feind genennet, Die Zeit ist aus, ich habe dich erkennet, Vor aller Lüge mag die Freundschaft wahren. Du hast mein Weib von deinem Weib getrennet, Das stört mich nicht, doch ist es nicht im Klaren, Du plagst dein Weib mit leerer Träume Schaaren, Und hast dann gegen mich dich weiß gebrennet. Ich sag’s heraus, ich find dein Leben gräulich, Es hindert dich an allem, führt zu nichts, Daß du noch lachst, das find ich unverzeihlich. Und was uns band zerreißt’s zerbrichts? Lern Demuth, wandle als ein Pilger treulich, Werd etwas, daß du fühlst, wie du noch nichts.

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84. Ottavs Gedanken über die Sonne.

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Wenn Morgen weht, das Meer vom Abend blinket Vorahndend hell ein rother Stern erscheinet, Und zwischen Tag und Nacht die Schlange einet, Sie nun zum ew’gen Kreis vereinet winket. O schaut den ew’gen Freistaat der erscheinet, Die Gleichheit zeigt der Stern wo Dämmrung winket, Wo Tag und Nacht zur leichten Hülle sinket, Und Freiheit, wo hindurch da beides scheinet. So aus dem Nebelbett die Wolkenzüge Durchdringet Sonne, Lächeln spielt im Heine, Ein lauer Wind der Träume Morgenflüge. So steigt die eine Sonne, sie alleine, Und wer sie schaut, dem bleiben lang die Züge, Wär sie nicht allgemein, o wär sie meine.

85. Ottav neiget sich zu der Ichliebe.

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Gestreckt vom Pfeil der Unlust auf den Rücken, Begann ein Traum mich leise zu umspinnen, Aus beiden Pforten schien er zu beginnen, Aus Wahrheit wollte Lüge mich berücken. Sie sagte einst (es blieb mir in den Sinnen, Ich sah im Spiegel ihres Schmucks Entzücken, Noch jetzt füllt dieses Bild der Tage Lücken) „Die Locken dein den meinen ähnlich rinnen.“ Nun schien es mir im Traum als saugt in Funken, Mein Haar der Lieben Lichtgestalt in sich, Ich ward ihr gleich, sie war in mich versunken, Jetzt liebte ich mit ganzer Seele mich, Und schmückte mich mit Kränzen wonnetrunken, Erwachte, sprang zum Bach, verfluchte mich.

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86. Ottav erinnert sich des Werthes der Dichtung. Still müde von des Wissens wildem Streite, Ging wandernd ich zu einer ew’gen Quelle, Der Qualen Ende sucht ich an der Schwelle, Die ihr aus Fels ein heil’ger Sänger weihte. Der Brombeerstrauch zieht noch zu dieser Stelle, Die Quelle rieselt noch, die ihn erfreute, Und treibet noch das kleine Mühlrad heute, Und keiner ahndet noch, woher sie quelle. In ew’gem Strome tränket sie die Blumen, Und Geister steigen perlend auf in Blasen, Zu Eichenwipfeln frei im Heiligthume. Es grünet noch der Erde Haar, der Rasen, Und wilder Lorbeer wächset ihm zum Ruhme, Wo schöne Mädchen oft mit Thränen sassen.

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87. Ottav findet sich durch sein früheres Leben zur Poesie verdorben.

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Der Weihe Schlummer floß um meine Augen, Ich mußte von dem heil’gen Weiher träumen; Aus frischem Rogen neue Welten scheinen, Die all aus ihm die erste Nahrung saugen. Die Fische nur als stumme Zeugen taugen, Mit Moos am Haupt wie an den alten Bäumen, Das Moos entflammt zu hellen Nordlichtsräumen, Das alles sah ich mit des Traumes Augen. Nur ich blieb still in weichem Grase liegen, Und keiner wollt mit mir zum Himmel ziehen, Erschracken all vor meinen wilden Zügen. Was hab ich all erlebt in schweren Mühen, Ich kann euch nicht der Jugend Unschuld lügen, Fern ab von mir der Dichtung Freuden blühen.

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88. Terzine muß Ottavs Briefe verbrennen.

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Verbrennen soll ich deine Feuerzeilen, Nein Feuer kann das Feuer nicht zerstören, Die Probe wird den reinen Sinn beschwören: Gefährlich doch bei mir die Blätter weilen. Soll ich Kleopatra bethöret hören, In Thränen aufgeweicht die Blätter theilen, Die Perlen also auszutrinken eilen? – Dann so wie ich sie Wohlgestalt verlören! Die Thräne schließt mein Auge! wie noch immer Ihr Hyrogliphen all’ im Herzen bleibet, So löse dich denn todter Stoff in Schimmer! Ihr bleibt mir einverleibt bis ich entleibet, In Asche schon verläuft der letzte Schimmer; Er denkt jetzt mein? – Ein neuer Funken treibet!

89. Ottav bei seiner Abreise wird vom Argwohn gehalten.

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Es ist nun aufgepackt, trüg mich ein Stern, Ich möcht in einer Nacht zur neuen Welt, Doch ziehts mich nach als wär ein Garn gestellt, Was wird sie thun, betrauert sie mich gern. Ich möchte mich im Hause noch einsperrn, Doch etwas fällt mir ein, was mir gefällt, Alltäglich schifft sie übern Fluß, bestellt Ist da vielleicht der Schönste aller Herrn. Ich mag sie nicht, doch das darf ich nicht leiden, Ist gegen Ehr, sie trägt noch meinen Namen, Sie sollt erwarten bis uns Richter scheiden. So hab ich doch noch etwas hier zu kramen, Und die Gedanken gehn auf frische Weiden, Ists giftig Kraut? Wer kennet alle Namen.

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90. Der Sänger erzählt: Ottav ermordet die Terzine, die er nicht mehr liebte aus Eifersucht, und wie er aus Ueberdruß starb. Sie suchet ihn, den wilde Nacht verborgen, Und über Fluthen schwankt ihr Schicksalsnachen, Wie Drachen öffnen schäumend sie den Rachen, Doch kämpft sie muthig bis zum neuen Morgen. Terzine willst du denn für ihn nur wachen, Der von der Ehre will die Liebe borgen, Die reiche Liebe lacht so armer Sorgen, Die Myrthe lehrt dem Lorbeer Kränze machen. Ottav steht an dem Ufer, sieht sie winken, Sie zeigt dem Kahn die Bahn mit Liebesgluthen, Und küßt sein Bild im Wiederschein der Fluthen. Er meint sie kenn ihn nicht, sie wolle sinken, In fremden Arm, und Wuth hat ihn befangen, Er tödtet sie und stirbt von ihr umfangen.

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Schluß. 91. Der Sänger füllt eine Lücke in der Geschichte aus.

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Ich trat einmal zu jenen Felsenklüften, Wo sich der Rhonestrom so wunderbar verliert, Recht an die Schärfe, wo man Schwindel spürt, Und sah zwei Leichen in den tiefen Grüften. Der Frommste selbst sie nicht zu Grabe führt, Es herrscht der Strom in diesen engen Klüften, Sie sind sein Eigenthum aus frohen Triften, Ein Angedenken ihm doch wohl gebührt. So tritt das Glück! Doch sieh nun auf Sonet, Er ist der Strom wohl selbst, der sich getrieben, Der mit Soneten fließt in einem Bett. Doch die Geschicht ist aus, daß beide lieben, Ist Alles, jeder Tag sich gleichen thät, O höchstes Glück, fürs Meer sie vorzuüben.

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92. Sonete stirbt im Wochenbett.

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Der Schwan in seines Todes tiefem Ringen, Erhebt die Stimme, daß die Sterne dröhnen, Die Liebe fühlt sich nun mit ihm versöhnen, Der stumm in Lust er nimmer wollte singen. Da schickt sie ihm den Tod noch zu versöhnen, Ein einsam Mädchen dem die Knospen springen, Es hörte Klang und will ihn ganz durchdringen, O arme Braut der Liebe Tod erkoren! Sein Augenlied versinkt im Schwanenliede, Aus heißer Lust zum kühlen Strome sinket, Die tief bewegte Brust, die über müde. Ach wie sie Lethe’s Becher gierig trinket, Sie zieht ihn an sich, saugt mit jedem Gliede: Wird still ein Lied, euch sie zu sehen dünket.

93. Sonet übersieht sein Leben.

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Der Liebe Lust und Tod, des Lebens Wähnen, Des Weines engbegrenzte Ewigkeit, Manch Funkenspiel in dem es drückend schneit, Vorüber zog das alles Lust und Thränen. Zu einer Harmonie zieht Freud und Leid, Der Panter Schmeicheln und die Wuth von Schwänen, Gewitterdruck ist hier in Blitzes Sehnen, Daß in uns außer uns wir sehn gleichweit. Ein göttlich Auge ewig offen bleibet, Wir schließen auf und zu des Lebens Scenen, So scheint zerstückt was dem das Ganze treibet. Begeisterung nur sieht in Götterthränen, Den Strom der Welt zur höchsten Schönheit stäuben, Den Regenbogen strahlt hindurch das Sehnen.

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Zur Kupfererklärung ein Sonet obenein. Sag du Kleiner in dem Stülchen, Sag was klinget da dein klein Ding. Ist das etwa auch ein Klingding, Ich verbitte mir dies Spielchen. Spielst du an auf mich du Leichtschwing, Ey so mach ich dich zum Zielchen, Mache dir ein schlecht Gefühlchen, Schieß dich todt mit deinem Spitzding. Schieß nur Alter, sieh den Bogen, Warf ich weg, weil er gebrochen,*) Und du stahlst ihn ungezogen. Amor wird an dir gerochen, Mit der Klapper ungelogen, Schleudr’ ich nieder all dein Pochen.

*) Die Art, wie dieser berühmte Bogen gebrochen, ist von einem Augenzeugen in Keilschrift erzählt; ich erhielt den Stein vor ein Paar Tagen, und übersetzte die Inschrift in einer müßigen Viertelstunde, einige Sprachfehler des Verfassers habe ich verbessert: Homer war gestorben, er hatte drey Söhne, die beiden ältesten gaben sich mit Kritik der Schriften ihres Vaters ab, der jüngste las sie zu seiner Freude. Der Vater vermachte dem die Leyer, welcher in seinen todten Körper dem Herzen am nächsten mit seinem Pfeilgeschoß treffen würde, denn er meinte, es wäre nur einer von den dreien sein rechter Sohn. Die beiden Aeltesten ergriffen ihr kritisches Pfeilgeschoß und schossen in die Brust. Der Jüngste hatte noch kein Geschoß, da gab ihm Amor das Seine, als er aber losdrücken wollte, übernahm ihn die Wehmuth, er zerbrach den Bogen auf seinem Knie und entsagte lieber allem Antheil an der köstlichen Leyer. Da gab Apollo sein Urtheil: Daß dieser jüngste Sohn die Leyer allein besitzen sollte, denn er hätte seines Vaters Herz getroffen mit seiner Liebe, die anderen aber wären unechte Söhne und sollten auf die Erde gejagt werden, wo mehr ihrer Art wären, die ihr lebelang kritisirten. – Der Bogen war aber ganz inzwei.

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Des Dichters Krönung. Eine dramatische Idylle von J. Görres.

Ein Duckmäuser, Lebküchler von Profession, zugleich Wirth aus Nro 2. in Pompeyi mit dem bekannten Schilde, zwey Pflastertreter, eine Lumpenpuppe und ein aus dem Griechischen übersetzter Bauernbube, hatten sich vereinigt, dem Publicum auf ihre Unkosten ein Schauspiel zu geben; sie kündigten es unter dem Namen divina comoedia an, und nahmen zum Thema das Kupfer mit den Hunden, die heulend Mystik mauzen, im Einsiedler. Es schien das Bild der edlen Gesellschaft in den Magen gefahren zu seyn. In der That wars, wie in jenem Versuche, den man mit Truthühnern angestellt, der silbernen Kugel zu vergleichen, mit zwölf hinausstehenden eingelöteten Federmesserklingen bewaffnet, die man den guten Thieren eingegeben, um zu versuchen, wie weit ihre Verdauungskraft wohl reiche. Sie schluckten die Kugel, obgedachte Comödianten, und Wunder! in jener Comödia gaben sie dieselbe wieder von sich, und alle Spitzen waren abgebrochen, und ihre Därmchen waren unverletzt geblieben, es hatte nicht einmal wie Speck auf eine Ente gewürkt, denn der Versuch dauerte zwey Monathe. Unterdessen war der Geburtstag des Directors eingefallen, die Gesellschaft vereinigte sich, ihr würdiges Haupt mit einer Feyer zu überraschen, die ihre Zärtlichkeit an Tag legen, und ihr ein gutes Douceur abwerfen sollte, ohne sie in all zu große Unkosten zu versetzen. Sie nahmen also die Knackwurst aus seinem eigenen Rauchfange, und verfuhren damit wie folgt, und daraus entstand jene empfindsame Scene, die ein unpartheyischer Zuschauer in gegenwärtiger Idylle schildern wollte. S c h a u p l a t z , die bekannte Aussicht. Fern im Hintergrunde der Carfunkelberg angenehm leuchtend, ein Regenbogen wie eine Halskrause lose darum geknüpft, oben Calderons Kreutz aufgepflanzt, an den vier Weltgegenden vier goldne Waldhörner, die sich selbst blasen, der Ton schießt unten in einem feurigen Strome, in dem Gold und 522

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Silberfischgen schwimmen, und Wasserlilien duften, und auf dem in crystallnen Schiffchen liebreizende Feen schaukeln hervor, fährt dreimal schlängelnd um den Berg herum, und fährt dann wieder brausend zum Mundstücke herein. Am Ufer sitzen Siegfried, Genoveva, Hagene und die andern, und werfen Vergißmeinnicht in die Wellen oder angeln; die seligen Sonette in ganzen Haufen wie goldne Wölkchen, ziehen am Berge auf und nieder, und fallen zuweilen in einem erfrischenden Regen herab; viele romantische Dichter herumirrend, tanzend, auf der Laute spielend, schöne Jungfrauen führend, Minnelieder zur Laute singend, alles ganz fern aber deutlich, niedlich, wie in einem Strahle spielend und funkelnd. Im Vordergrunde große Haide, einige Wachholderbeerbüsche, an denen die Beeren reizend schmoren, mit Sprenkeln belegt für Droßeln; Flachsmädchen am Pfuhle, brechen Flachs und legen ihn in zierliche Knocken und singen dabei: Plauderinnen regt euch straks, brecht den Flachs, daß die Leinwand scharf gebeucht, und gebleicht, Hemd und Lacken gebe. Daneben eine Tenne, Drescher flegeln, singen wieder nach der Melodie des Krautschnitters: Klip und klap, dröschet auf und ab, lustig huckeback, eilet Sack auf Sack. Weiter hinten Heuernte, die Heuschrecken schrillen, dazu die Bursche: am Giebel, Dalderaldei, stehen wir und raßeln im Heu, Juchei, wir Burschen schlafen im Heu. Schönmädchen und Blüming brummen am Troge, und lassen sich krauen; der Metzger Gumprecht zieht mit seinem Hunde vorüber auf den nächsten Viehmarkt, und brummt in Bart: mit Schrot gemästet wird das Schwein, und als der Winter dränget, geschlachtet, abgebrüht und rein, an eine Wand gehänget. Am Wege ein Bauer in der Cartoffelerndte schmunzelt: O die schön gekerbten Knollen, weiß und roth und dick geschwollen, immer mehr je mehr man gräbt. Weiterhin Pux der Teufel, den Schwanz in den Palmbaum gekeilt, heult erbärmlich Aabaku. Lurian steht an seiner Seite und streichelt ihn gegen den Strich und exorcisirt den Teufel, daß er ausfahre, Tuki maladescho, Zalka Kerutschi misrai; man hört fern das Meer knacken, dazwischen der Frösche anmuthiges Geröchel, der Küster beiert mit allen Glocken zum Geburtstage. Ganz im Vordergrunde eine hohe Warte, oben auf dem Firste sitzt der hyperborische Horribiliscribifax in einem Nest von fönum graecum auf 24 Eyern, und um ihn sind zwölf Feldschlangen aufgepflanzt, die zwölf Pairs von Frankreich; darunter ein sehr großer Carolus, oder der Vogel Greif genannt, seit sieben Jahren geladen, Messalinus Cotta sitzt als Adebar am Zündloch mit einer Lunte, und einem Teleskop, und klappert viel, 523

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darneben ein Teller mit Milch und Pfeffer, um die Mücken zu vergiften, die Mücken aber sitzen alle in der Ecke und bereden sich, sie wollten nichts anrühren von der Jauche und lachen. Der Hyperb. Weiblein leg unter dem Neste einige Klötze noch nach, daß es Hitze giebt, ich brüte zehn Jahre schon an dem Rabenaas, und es will nicht ausgehen, Notabene nur die Unhexameter machen mich verdrießlich, lokres Brod ein kühler Trunk, zwischen durch ein Ehrensprung, hält mich frohes Muthes. Adebar! was machen die Mucker, den Muckern ruf doch zu, was Mucker muckest du? A d e b a r r i c h t e t d a s Te l e s k o p a u f d e n C a r f u n k e l b e r g . Die Mucker mucken fort, ich sehe schlängelndes Pfaffengezücht, braunroth, gemäntelt, goldgekappt, Halbmönch und Barbar dort angesiedelt, all überdeckt von Pfaffennacht, fleuch o fleuch Jüngling, wie des Turbanträgers und des knoblauchduftigen Rabbis Messer, fleuch Gebetabkugelnder Glatzenpfäfflein Tand und Bethörung. Der H y p . Wohl gesprochen lieber Adebar, aber die Mucker mucken fort, sie sitzen im Barbarthum der Neuern, aber laß dich nicht niederschlagen, als rechtschaffner Kerl geh dreist nach Schwerin, und verklage sie, daß uns Gerechtigkeit wird von unserm gnädigsten Landsherrn, sprich nestorgleich Kraftred in Honig wackerer Klapperer, dudel, dudel, dudel dum, dudel dudel dum dum dum! – M a n h ö r t v o n f e r n e H u n d e c h ö r e h e u l e n d s i n g e n : Schöne grüne gelbe Farb und veiliblau, schwarz, schwefelgelb und eisengrau, wau, wau, wau. Der H y p . Was Lermes was Geschwirres, von Aufruhrschniffeley, was will der Schniffler Wirres, und heiseres Geschrey, wollen mich die Hunde mit der Serenade äffen? – E i n e S t i m m e u n t e n . Doch rühmt ein Schalk uns Kloster, Tonsur und Paternoster! C h o r : Frisch, trommelt auf den Tisch! wau, wau, wau. D e r H y p . Juchheysa Dalderal, es sind die Freunde, die zum Geburtstag kommen, Frau du bist so gut, gib mir meinen Huth, heute nur zum Feste, daß die lieben Gäste, uns nicht misverstehen, barhaupt mich zu sehen. A d e b a r . Zeuch aus den Flausrock deiner Drangsal, und putze dich und eile flugs, dorthin wo bald den hellen Klangsal, durchströmt Erz und Darm und Bux. D e r H y p . Ach hör, wie im Heerd das Heimchen zirpt, wie das Spinnrad rummelt, soll ich den Flaußrock lassen, ha im alten Nest entgürtet, dehnt man sich mit Trank bewirthet. 524

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D a s H e i m c h e n i m H e e r d e. Geh doch lieber Mann, geh hin, eh Bläschen uns erkranket, und halt den alten Flausrock an. D e r H y p . Nein den Flausrock zieh ich aus, und wer von Liebe girrt und gurrt, wird abgeschnurrt. Die Hundechöre sind indessen herbeigekommen, und haben sich in einen Kreiskreis um die Warte geordnet nach den Weltgegenden, im Osten die Pudel, im Westen die Mopse, nach Norden die Metzgerhunde, nach Süden die Spitze, die Damenhündchen, die Doggen, die Windhunde und die Dachse in die zwischenliegenden Puncte alle singen: Da droben auch bei Engelmanna, grübeln wir gesanglos nie, Halleluja und Hosanna, tönt in Sphärenharmonie, wau, wau, wau! D i e D o g g e n . Will jemand einen Sparren, zu viel ins Dach uns narren. C h o r : Frisch, trommelt auf den Tisch! D i e F r a u b a s e n h ü n d c h e n t a n z e n d . Tanzen wir den Weiberschritt, nach der Weise, tanzet leise, auch das fromme Männchen mit. E i n M e t z g e r h u n d z u s e i n e r L i e b s t e n . Tanz einmal mit deinem Bengel! wart ich werd dich mal koranzen, heisa lustig nun komm her, unten oben, kreutz und queer. Du Liebste, heda lustig, Stich um Stich, willst du besser seyn als ich? D i e S p i t z e . Doch raunt man von St. Petern, und unbekannten Vätern. C h o r : Frisch, trommelt auf den Tisch! Ein erzgebirgisch Birkhuhn kömmt stolz einher, als Führer des Ortolanengeschwaders, sein rothkämmiges Haupt mit feuriger Wimper am Rande, zeigend auch im Tod ehrwürdig den Sultan edles Geflügels; daran schließt sich ein andrer Zug, wo des Putervolks Gekoller, rothe Kämme schwellt, sie gehen siebenmal um die Warte, den Schweif ausbreitend, mit den Flügeln die Erde streifend, sprechend gullerullerull, gullerullerull und neigen sich schweigend, denn wenn sie reden, breit ausziehend zerkauderwelschen sie Alles. A d e b a r o b e n . Die haben Kämme und Halskrausen, die kann ich delicat bereiten. C h o r d e r G ä n s e waschelt heran, geführt von der Martensgans, aber es flattert die schreiende Gans mit erhobenem Fittig, weit vor den Andern voraus, die schwer arbeitend und langsam wanken, die Arme gestreckt, und scheu in die Winkel entfliehen sie. D i e M a r t e n s g a n s . Meister stopf uns mit Ca- rotten und Mais und Opuntien,*) wir fressen dann uns dick uns satt, und werden dran *) Eine Art Feigen, wahrscheinlich Ohr-Feigen. 525

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fett, dann kannst du zu Martini mit Castanien uns füllen, und süßen Rosinen, und ein niedlich Bißchen uns schluken, verzeih unserm schlechten Verstande die ungebundne Rede, versuchs nur, ob wir nicht treuer sind, als die treuesten Pudel. Also spricht die herrliche Gans, mit alles Hennenvolks Gegacker, ja selber mit der Gänselein, des Entrichs und der Entelein, herzhaftem Billigungsgepaker. D e r H y p e r b . und A d e l b a r lächeln beifällig, die Gänse schreyen, ahi, ahi nun lächeln sie. D i e U n k e n i m Te i c h e . Kunter, bunter, Wunder, Lunten, Zunder, hundert Hunde sungeln, lungern flunkern, junkern, stunkern, schlumpern, munkeln, humpeln und rumpumpeln um und um. A l l e C h ö r e z u s a m m e n . Großmächtigster und gnädigster, Patronus der Gelehrten, neig miltiglich dein hohes Ohr aus deiner Felsenburg hervor, und horche dem Geklimper, von manchem armen Stümper, wir alle gratuliren schön, dem werthesten Herrn Oehm. D e r H y p . lächelt gnädig, Adebar klappert, der A f f e R i n d b o c k mit seinem Stäbchen tritt herein in den Kreiskreis und meldet einen Fremden an. H y p . Frag ihn ob er teutsch mit hartem oder weichem T schreibe? R i n d b o c k geht heraus und kömmt wieder, mit Hartem, hat er gesagt. H y p e r b . Dann soll er sich zum Teufel packen, der Schimmeletymolog wills von Teut herleiten, geht absolut nicht an. D e r A f f e g e h t , und kömmt zurück: er hat sich besonnen, er meynet mit weichem. D e r H y p e r b . Nun dann mag er kommen. R i n d b o c k bringt einen Romantiker, dieser macht seine Reverenz gegen die Warte und spricht: Herr ich bin der Uhrmacher der Bogs, deputirt zum Heerlager Schach Roks, vom Carfunkelberg thät man mich schicken, ich trete in die noble Gesellschaft mit Bücken. Euch lassen die Sonette freundlich entbieten, ihr solltet nicht länger mehr gegen ihren Samen so wüthen, sie wollten ja gern Schatzung euch geben, und fortan euern Ruhm helfen erheben, wärt ihr nur nicht gar so curios, und ... Adebar klappert heftig, die welschen Hahnen setzen rothe Kämme auf und kollern, die Frösche röcheln anmuthiger, es wetterleuchtet vom Thurme herab, der Hyperb. erhebt sich und spricht: Was du Hurensohn von Teut und Mana, wills du welschen mit tückischer To526

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fana, du Witzkumpan, der nur gekt und neckt und sprudelt mit gefletschtem Zahn, nicht zum Menschen, nein zum Affen, hat dich Gott der Herr erschaffen, Pavian, Pavian! E i n m e l a n c h o l i s c h e r H u n d ächzt, noch seufzet trautes Liesel, unten am Quellgeriesel. R i n d b o c k schleicht sich fort, weil er glaubt, er sey mit dem Pavian gemeynt, Bogs ist höchlich verwundert. Bello steht auf, ich bin der Vetter Michel ich, und du Herr Uhrmacher Bogs, sollst dem werthen Herrn nicht so unangenehme Sachen sagen, das verschnupft ihn ja, thust du’s fort, ich beiße dich. B o g s . Bello was heulst du? Kusch kann die Pez e dur nicht vertragen? Bestie schweig, dir schieß ich den jauelnden Rachen voll Kugeln, b i s sag ich noch einmal und heulst du Mordio und Z e t t e r. Bello kuscht sich und bewegt so wie ein Möpschen den Schweif, dem Manteltorte gezeigt wird. D e r H y p e r b . in höchster Entrüstung. Stehst du noch zweyzüngiger Judas, abschwörst du Licht und Wahrheit, Dünkling, Finsterling, Weltling, Schimpfling, Witzling, Pfäffling, Söffling, gottlos Gezücht heb dich von hinnen, auf ihn dar meine Freunde, reißt ihm den Wanst auf, spießet das Herz an den Pfriem, und dreht im Brodel es linksum! Die Hunde heulend auf den Uhrmacher los, dieser zieht eine Karbatsche hervor, fährt unter sie, die Hunde gehen ehrerbietig ad Loca. Bogs an die Warte hinauf: Ey du Ausbund drolliger Purzel, Wenzel von Schmurlach, Herr auf Schmurlachbüttel und Hundsau, was willst du von mir? D e r H y p e r b . Ja Schinken von rasendem Hunde, mit spanischer Fliege gepfeffert, schäumende Priestergall und geläuterter Katzengeifer, Otterneier in Hexenbutter geschmort, das ist Leckerbissen für dich! Gebt mir meine Feder von Erz, den will ich horribel zu Schanden hauen. D e r U h r m a c h e r . Was schierts mich, er ist von Sinnen gekommen, ich geh in meine Werkstatt und richte die Uhren, im Abgehen: Kunz dem Kerl komm ich nicht mehr, der brummte wie ein Zeiselbär, die Augen glühten ihm so gierig, und seine Klauen waren schmierig, und scharf und krumm wie Katzenklaun, Beisriemen hangen da von Leder, auch kaut er eine Gänsefeder, der Racker ist ein Wehrwolf. D e r H y p e r b . Das ist ein Cujon, den haben wir abgefangen, wer mich schmarrt und streifet, und an die Nase greifet, den putz ich wieder Ich. 527

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C h o r d e r H u n d e . Den putz du wieder, du! E i n e S t i m m e . Du ein Edler durch dich selber, brauchst nicht Ahnenstolz, nicht die Ueppigkeit der Kälber, und des Schlagebolds. A d e b a r . Sieh da schummelt er vorbei wieder nach dem verfluchten Berg hin, hör Meister laß mich losschießen, ich will den Greifen einmal auf sie hetzen, die Ladung verdirbt mir ohnehin in den langen Jahren. D e r H y p e r b . Hagel! das ist wahr wir wollen sie uhlen, richte das Stück, indessen halt ich den Sermon an die Freunde, daß sie sich wahren. A d e b a r zielt scharf, der H y p e r b . spricht herunter viermal nach den vier Weltgegenden mit vernehmlicher Stimme: Hört ihr Herrn was will ich euch sagen, die Glock hat alleweil geschlagen, daß man läßt den Vogel Greifen los, drum gebt euch nicht übelm Schaden blos, geht ins Haus, hebt die Fenster aus, tausend Meilen in die Runde, gehen alle Scheiben sonst zu Grunde! Die Gutgesinnten in 900 Städten laufen zusammen, sehen sich einander bestürzt an, fragen was die Stimme doch zu bedeuten habe, einige meynen, es sey der Posaunenengel gewesen, andere, der Carfunkelberg solle in die Luft gesprengt werden, wieder ein anderer, es solle ein künstlich Erdbeben gemacht werden, um die Festigkeit der Häuser zu versuchen, alle geben sich wechselsweise recht, man müsse sich verwahren auf jeden Fall, und die Fenster ausheben und ins Heu legen, man geht frisch an die Arbeit, und alles ist voll Zagen. Unterdessen hat Adebar gerichtet und schießt loß, er und der Hyp. rufen, das für die Romantiker! man hört dumpfen Knall, oben in den Lüften schallts, o Tag des Zoren! die Kugel fährt aus, gerade auf den Carfunkelberg zu, es erschallt ein großes Gelächter von da, dadurch wird die Kugel stuzig, kehrt auf halbem Wege um, und verkriecht sich wieder in die Kanone, Adebar geräth in hohen Zorn, du Racker willt du heraus, ruft er der Kugel zu, ich will dir neu Feuer unter den Hintern machen, die Kugel brummt: Na, – geh nit – bin schamroth – mich ausgelacht. Wart Bestie, sagt Adebar, ich will dich kützeln, reißt eine Pistole vom Gürtel, schießt herein zur Canone, die große Kugel wirft die kleine zurück, diese fährt Ad. an den Kopf, und nimmt ihm den untern Schnabel weg, er jammert: O weh! nun kann ich nicht mehr Kinder bringen. In den Städten entsteht indessen großes Gemurre, die Philister meynen, das sey den Lärm wohl werth, es sey nicht anderst wie eine 528

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Schweinsblase gewesen, auf die Mine hätte man mit bloßem Hintern sich setzen können, kein Spinnweb sey gerissen davon, alle heben mit Verdruß die Fenster wieder ein. Auf der Warte sind indessen vom nahen Knalle die Schalen der Eyer gesprungen, vier und zwanzig Käuzchen treten heraus, mit Kurierstiefeln und Sporen, Bäffger am Halse, die Adelung mit Unrecht Läppcher nennt. Sie verneigen sich artlich und fein, wie sie’s die Mutter geheißen, und sagen alle gesammt: Eya Papachen, was hast du schöne Verse gemacht, wir haben Wunder gehört, unten im dunkeln Verschluß, ey Altpapa lern uns auch so pfeifen, so wählig und kührig. Sie geben ihm einen kußlichen Kuß. D e r H y p e r b . Schweigt doch Naseweise, thut das Ey doch klüger als die Henne, schlaft Kindlein, schlaft artig ein, lu, lu, lu, Aeuglein zu, oho reckt und streckt euch rund, eya wi – wi, wachs und blüh. Die Kindlein schlafen ein, d. H. zu Adebar: Kindlich rede mit Kindlein, durch einfältiges Wort, nur wie belustigend. Unten im Kreiskreis kommen Isac und Töffel tragend eine große Schüssel mit einer Knackwurst, und einer Lorbeerkrone herum, sie gehen auf die Warte und treten vor das Nest und sprechen: I s a c. Sieh Töffel sieh, da sitzt der Adebar, kannst du den Adebar wohl leiden? T ö f f e l . Was ist das Adebar? I s a c . Das ist der Storch, der bringt den Leuten, das ist dir keine Fabel, Burr! Kind auf Kind im Schnabel. T ö f f e l . Und legt er in die Wiege dann, uns eine große Tutte, voll Mandeln und Rosinen dran, auch eine blanke Ruthe. I s a c . Ey sieh, der hat wohl auch die allerliebsten Käuzlein, hierhin gelegt ins Nestlein. T ö f f e l . O fi mit solchem Schnacke, wird ja unnütz die Zeit verschwendet, zum Glückwunsch hat Mama uns Beide hergesendet. Gott mög euch Beiden im ganzen Leben, immer Wein und Knackwurst geben, im Glück und Unglück frohen Muth, und immer volle Fässer, denn volle Fässer sind sehr gut, Zufriedenheit ist besser, nehmt so vorlieb, wir hätten gern, ein bischen mehr gesungen, allein ihr Damen und ihr Herren, wir sind nur dumme Jungen. C h o r u n t e n . Sie sind nur dumme Jungen. Sie setzen dem Hyperb. die Krone auf, die Käuzchen erwachen und fallen über die Knackwurst her, und schnabuliren sie, Adebar, dem sie gehört, wird darüber zornig, und beißt sich mit ihnen herum, der Hyperb. besieht sich im Mückengift und schmunzelt: o da lächelte die 529

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Gestalt mir mit dem Kränzlein im Crystallborn, und ich schaudere mit Entzückung in dem Tonfall des Gesangs. C h o r u n t e n . Er hängt, er hängt der blanke Kranz, beginnt ihr Hunde Reihentanz. D e r H y p e r b . Töffel ich kriege dich, piek rothbackiger Bube versteckst dich? Komm ich gebe dir auch was Prächtiges, höre wie schön doch klimpert das Leyerchen, und es drehen sich oben die Lämmelein. C h o r . O wie hold, seht den Schlagebold, seht ihm zu, er ist noch Ba und Bu. D e r H y p e r b . z u m C h o r . Ich danke euch Freunde für den süßen Gesang und das liebe Herz. Zerpflückt die Krone und wirft die Blätter hinunter: werthen Genossen, das verehr ich euch als treffliche Gabe, jedem ein Blatt, hebt es auf, es ist köstlich zum Ferkel im halbdurchsicht’gen Gallert. Traulich auf ein schmal Gericht, seyd ihr eingeladen, auf ein freundlich Angesicht, und auf süßen Fladen, hält man nur den Fladen feucht, dann verdaut und schläft man leicht. Auch guten Wein zum guten Schmauße von Winterkohl, dann köstlicher Blumenkohl mit Artischocken und Krebsen, frische Heringe, reizend den Gaum, Meerhummer und Elblachs, Schunken aus Paderborn und treffliche Göttinger Mettwurst, Hahnenkamm (Adebar schmunzelt) und Zunge von Lämmern, knorpelicher Ochsengaum, und zu niedlichem Kälbergerissel Schnautz und Ohren vom Schwein mit Pfefferkörnern und Kappern. Freylich erhitzt das Gemisch der Weibelein muntere Jugend, doch der Gemahl dämpf ihnen die Gluth mit Salpeter und Weinstein. Nur auf ein Gerichtlein gern gesehen, ich bin so ein Freund von ländlicher Mahlzeit. Die Hunde unten geifern vor Lust, alle Bäuch um die Warte erschüttern, alles Gefieder bebend vor Lust, und es straft ernst der Nachbarin Fächer den Kernwitz. A l l e C h ö r e h e u l e n d v o r F r e u d e . Das ist prächtig, wir kommen allesammt. C h o r d e r M o p s e . Uns den Marzipan. C h o r d e r M e t z g e r h u n d e . Wir nehmen den Schinken aus Paderborn, und die Mettwurst. C h o r d e r D a c h s e . Uns Kälbergerüßel und Schweinsohren. W i n d h u n d e . Das Ferkelchen wir, Aal und Kapaun und geräucherte Zungen. B o l o g n e s e r c h e n . Hör Lieber, bereit uns ein südlich Rebhuhn.

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Beylage zur Zeitung für Einsiedler

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A l l e . Das ist prächtig, ziehen singend ab, schöne grüne gelbe Farb und veiliblau, wau, wau, wau. P e t e r H a m m e r als Epilog. Das waren Püffe lieben Freunde, wenn ich recht versteh, lang geborgt ist nicht geschenkt, es war ein kleines Pröbchen nur, steht glaub ich noch mehr zu Diensten. Ja so ist Dieser von Natur beschaffen, ruhig, bescheiden, freundlich, keinem Kinde übel thuend, läßt man ihn ungeirrt auf seinen Wegen gehen! nimmer seit ich ihn kenne, hat er Streit gesucht. Wollen sie aber mit Gewalt den Krieg, wohl, er kann ihn geben, sie mögen sich versichert halten, daß er gute scharfe Schneide führt, zu Wehr und Ausfall gleich geschickt; er ist zerreißend und erbarmungslos, wenn ihn frecher Angriff reitzt. Will das Alter, daß mans ehre, so seys auch wie sichs dem Alter ziemt, ernst und würdig und vor allem liebreich, mild; wills aber die schlaffen Sehnen unbesonnen noch zum Kampfe gürten, hohneckts raschere Jugend unverständig, dann nehm’s auch was abfällt ruhig hin. Drum werdet künftig klug, ihr pflegtet sonst doch billig, und besonnen noch zu seyn, und jetzo tappt ihr willig, in Albernheit hinein, man wird achten wieder dann an euch, was achtbar ist, jetzt belacht man was belachbar.

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Tröst Einsamkeit, alte und neue Sagen und Wahrsagungen, Geschichten und Gedichte.

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Herausgegeben von

Ludwig Achim von Arnim.

Mit zehn Kupfertafeln. 10

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Heidelberg, bei Mohr und Zimmer 1808. 533

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Tröst Einsamkeit

An das geehrte Publikum.

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Ich ziehe meine Einsiedlermaske ab, und möchte dir geehrtes Publikum die Geschichte dieser Maskerade, dieses Buchs und aller darin erlebten und gemachten Spässe erzählen, zugleich möchte ich das lästige den Herausgebern zukömmliche Wir mit dem bequemeren Ich vertauschen. Ja wir waren wirklich eins, und Einer wird aus allen, wie meine Ankündigung versicherte; aber wie soll dieser Eine nun sein geehrtes Publikum sich denken, um den rechten anständigen Ton zu treffen, denn die Maskenfreiheit hört jetzt auf. Siehe mein Leiden, geehrtes Publikum, da blätterte ich schon drei Tage in allerley alten und neuen Bildnissen herum, und konnte das Deine nicht finden, bis endlich ein sehr wunderbarer Zufall mir diesen beiliegenden Kopf in der dicken Nachtmütze zuführte*). Es würde dir äußerst unterhaltend

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*) Hierzu die Kupferplatte. Der Auctor von den miscellaneis observationibus M. Korte, hat eine weitläuftige Recension gemacht von Gelehrten, die sich gerne haben wollen mahlen oder in Kupfer stechen lassen, desgleichen auch Hr. Theo. Knank. Es fragt sich demnach: Ob sie Raison dazu gehabt, und die, so sie haben mahlen lassen, oder noch thun, solches haben erlauben können? – Nun bemerke ich freilich, daß man selbst nach dieser Ehre nicht allzu eifrig trachte, und sich nicht gleich in Kupfer stechen lassen müsse, wenn man kaum einen Tractat von zwei Alphabeten, oder einen Jahrgang über die Sonn- und Festtagsevangelien in die Welt fliegen lassen. Wann man aber von den Seinigen, von guten Freunden, von Beichtkindern, von den Verlegern einiger Schriften ersuchet und öfters angetrieben, sein Bildniß ihnen zu gönnen und seinen Schriften vorsetzen zu lassen, so kann ich doch nicht sehen, wie ich solches abschlagen, oder mir von andern für einen Hochmuth ausgeleget werden könne. Denn warum soll ich Bedenken tragen, meine Visage, die mir Gott gegeben, nicht jedermann vorzuweisen? – Ein Wort zur rechten Zeit, welches Apin in seiner Anleitung, wie man die Bildnisse berühmter und gelehrter Männer mit Nutzen sammeln und dagegen gemachte Einwendungen gründlich begegnen soll, gesagt hat. Nürnberg 1728 S. 95. 535

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seyn, die Geschichte dieses Funds zu erfahren, und wie dich ein eigensinniger Grabstichel nicht des Todtengräbers, sondern des Kupferstechers mehrmals zu untergraben drohte, doch das alles sey Dir künftig erzählt in einer Geschichte der Entstehung und des Verfalls des Publikums, mit der ich an allen Festtagen beschäftigt bin. Treffend ist die Aehnlichkeit deines Bildes, geehrtes Publikum, dieses listige Lauern; dieser schiefe Mund, der auf eine Autorität oder Kritik wartet, um sein Urtheil zu bestimmen; die steifen Locken, die sich aus der Nachtmütze drängen, wie alte verrostete Gedanken, die du immer wieder hören möchtest; nach einer Seite ist sie aufgeschoben, denn auch Du hast einmal gedacht, und Dir die Stirne gerieben, und weist es noch recht gut und meinst, daß die Verfasser von Dir erst denken und fühlen lernen sollten. Hat Dir meine Zeitung Sorge gemacht, ich sehe es an Deinen bedenklichen Augen? Du willst es nicht sagen, wenn Dir einer in die Augen sieht, lächelst Du immer und magst deine Meynung nicht sagen. Eine Hand wäscht die andre, so will ich es auch keinem sagen, daß Deine Nachtmütze darüber an Deinem Sparlichte beim Lesen anbrennte; ich weis es recht gut, worauf Du die Funken fallen sahest vor Deinen Augen, und in Gedanken Feuer riefest in die ruhige Welt. Aber mit einem Schlage auf Deinen Kopf, war das Feuer gelöscht, und meine Zeitung war aus, denn Du fürchtetest sie und wolltest in der Angst sie zerreißen. Verehrtes Publikum! wäre der Kaffe nicht so theuer geworden, Du könntest sehr glücklich wieder leben in Deinem Kaffeehause, oder wo es vornehm hergeht, in Deinem Kasino; denke Dir, wir treffen jetzt zum erstenmal zusammen, hätten wir uns eher gekannt, Du läst mit Dir sprechen, und bist sehr verständig, sobald Du jemand persönlich kennst, nun machst Du gleich dein Bedauern kund, daß Dein Einsiedler mit Todte abgegangen, oder vielmehr ein wahrer Einsiedler geworden sey. Darauf antworte ich: Mein Unternehmen lebt noch, wenn es in dir einen so neuen sinnreichen Ausdruck erzeugen kann; deinen eingeschlummerten Witz anzuregen war mein Zweck. Dein Beifall, geehrtes Publikum! ist mein Glück, und so sehe ich mit dankbarer Zufriedenheit auf diesen Versuch, ich machte ihn mit dem Vorgefühle unter dem Versuche allein gelingen. – Das Publikum nickt mit dem Kopfe und sagt zerstreut: Freilich, sie haben sich einen angenehmen Spaß gemacht! – Ich machte meinen Versuch so lehrreich wie möglich für mich und andre. Dem verständigen Leser wird sich vielleicht durch den Inhalt sowohl wie durch die Aufnahme dieser Blätter ein großer Theil von Deutschland näher ent536

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wickeln; ja ich meine so, daß sie sich noch lange Zeit durch den sichern Ton als Stimmflöte gebrauchen ließen, um zu beurtheilen, wie sich die allgemeine Stimmung verhalte. Das Gewohnte hat uns nicht bezwungen, und das Auffallende nicht verführt; frei von den Tagsneuigkeiten, unter denen auch das Beste wie die geraubte Princeß des Rübezahl, unter dem welkenden Sommerhoflager, das er ihr aus Rüben geschnitten, verschmachtet. Auch das Leichteste in dieser Sammlung war kein leichtsinniger Lückenbüsser, mein Einsiedler-Archiv möchte vielleicht noch für mehrere Jahre Stoff geben: aber ich fühle jetzt erst, nun ich die Maske abgenommen, wie unangenehm warm mir darunter geworden, durch dieses Anheften an einen Fleck, und den Druck des ewigen Drucks. Während ich gegen die Kritik schrieb, zog ich mir ein kaltes Fieber zu, von der Art, wie es einem geehrten Publikum oft zustößt, und wie es eben davon befallen zu seyn scheint; ich zog in das Bad, die Correcturbogen mir nach, so wurde die Ausgabe der Zeitung unterbrochen. – Bedaure recht sehr, antwortet das Publikum, habe so vieles schon müssen verlieren; aber sehn sie, ich habe auch jetzt wenig Geld, ich weis nicht wo es steckt, die Neuigkeiten hätten sie nicht vergessen sollen, ach Gott, ich hoffe alle Tage auf gute Nachrichten, zum Fühlen und Lernen habe ich eben nicht mehr Zeit, ich habe Einquartierung. – Deutschland, mein armes, armes Vaterland, und da liefen uns beiden, mir und dem Publikum, die Thränen von den Augen, und ich konnte nicht mehr scherzen. Also, gutes Publikum, Du siehst wohl, ich wollte keines der gelesenen Blätter nachahmen, da ich den wesentlichsten Bestandtheil, die Tagsneuigkeiten ausschloß; wer thut gern etwas Ueberflüssiges, und von jener Art haben wir schon so viel, daß sie wie Spinnen statt des Spinnens lieber einander auffressen, was aller Spinngewebfabrikation im Großen sehr hinderlich ist. Hätte ich es wohl vor mir (vor Dir geehrtes Publikum recht gut, denn Du hast ein kurzes Gedächtniß) rechtfertigen können, der ich diese Anstalten telegraphische Bureaus aller literarischen Misere (des Knaben Wunderhorn I. 460) nannte, wenn ich selbst etwas der Art unternommen. Freilich hat sich vieles seit der Zeit verändert, und im Spätherbst siehst du geehrtes Publikum meine rothe Hanbutte so gern wie eine rothe Rose im Frühling, nur wir beide bleiben uns treu, ich habe Deinen Untergang Dir wohl gesagt, aber des Rechts war überall zu viel, der Thaten zu wenig, wohl uns beiden, wenn wir die Ueberzeugung im sichern Herzen tragen, daß wir nicht helfen konnten. Der Nachrath ist eine Art Nachrichten, den wollen wir beide versparen, bis 537

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einmal Geschichte möglich seyn wird, da mag er seine Gerechtigkeit üben, und wir unsre Darstellung. – Während ich also das Reingeschichtliche so wie die Tagsneuigkeit aus meinem Kreise verbannte, wünschte ich gern das Künftige der Geschichte in den Strebungen der verschiedensten Art kennen zu lernen und vorzulegen; ich wollte einmal öffentlich zeigen, wie viel oder wie wenig sich in diesen Jahren äußerlicher Veränderung innerlich zugetragen habe; keinen Fleiß hab ich in mannigfaltigen Briefen gespart, auch ist mancherley eingegangen, theils was ich mittheilte, theils was zur Fortsetzung bestimmt bleibt. Das Empfehlen ist gegen meine Art, wer nicht ein Bedürfniß hat zu lesen, und eigne Empfänglichkeit auf diesem Wege auch ergriffen zu werden, dem mag freilich alles eben so gleichgültig erscheinen, als manchen Theologen die prophetischen Bücher der Bibel, die damit Riemchenstechens spielen, und freilich selten genug in den Kreis treffen. Leute, die mit sich und mit der Welt fertig worden sind, die es sehr bedauern, daß die Gewitter nicht klar sind, und andrer Leute dunkle Augen brauchen, um sich im Spiegel darin zu sehen, taugten nicht zu Mitarbeitern, sie sind vermieden worden; viele, die ich unter uns gewünscht hätte, waren lässig, wie das in Deutschland bei allen Unternehmungen der Fall ist, da mancher meint, er hätte noch nicht sein hochzeitlich Kleid an. Auf diese Art Lässigkeit der Bessern mache ich jeden meiner Nachfolger in solchem Unternehmen aufmerksam, während Furcht und Gewohnheit die Schlechten immerfort bethätiget. Die einzelnen Absichten, die ich nicht als Herausgeber, sondern als Mitarbeiter hatte, habe ich in dem freien Dichtergarten deutlich bezeichnet, welcher diese Schrift eröffnete: über die Mißdeutungen, und wie die Bestien da umhergetanzt und getaumelt sind, bis sie vor Mattigkeit niedersanken, und mein Spas daran, wird weiterhin gesprochen werden. Was ich darin wünschte, fröhliche Erzeugnisse des jugendlichen Lebens, befreyt von dem Schulbanne einiger veralteten Männer, die ihre Jugend vergessen haben, das ist mir geworden, und so ließ ich schon zutraulich, nachdem das eiserne Thor harter Seelen gesprengt war, allerley Lieder eingehen, allerley Stimmungen und Vorstimmungen vom Guten und Schlimmen der Zeit, Sehnsucht nach dem Alten, und ihr endliches Hinführen zu einer gemeinschaftlichen Jugend und Wahrheit, die wir Andacht und Religion nennen. Es mußte sich diese Darstellung, wie die Ankündigung, zu einem Scherze mit der Wahrheit hinneigen, denn ernsthaft konnte ich doch nicht meinen, den Inhalt einer Zeit und einer Zeitschrift auf 538

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ein Paar Blättern zu erschöpfen. Beiden aber wurde im Morgenblatt lügenhafte Deutung gegeben, vor allem empörte mich die schändliche Auslegung des Dichtergartens, und ich lese noch mit Wohlgefallen das folgende Blatt, welches ich damals zu meiner Vertheidigung in den ersten Frühlingstagen schrieb: ,,Gott weiß es am besten, der diesem wunderbaren Frühlinge in wenigen Tagen so viele Blätter schenkte, zum Duften und Leuchten, daß ich weder Zeit noch Lust habe, dieses trockne altkluge Morgenblättlein, das unter meinen Füssen anrauscht, niederzutreten; was geht mich das vorige Jahr an, es war ein unseliges Jahr, und es mag damals recht grün gewesen seyn, und mancher Ausgezeichnete mochte sich damit schmücken, wir haben nicht miteinander zu thun. Welche Thorheit, ich wollte mehrere der größten Dichter und einige Gelehrte niedertreten; ist denn wohl einer von ihnen so thöricht gewesen, den Dichtergarten schließen zu wollen, sie wissen wohl selbst, daß Dichter nicht darum geboren werden, damit wir sie in Compendien abzählen und gegen Ausländer damit pralen, sondern daß sie wie Strahlen höheren Lebens die Tiefen erwecken, daß jedes Glück seine Haltung finde, sie zeigen die Wege und die Abgründe zugleich. Der Himmel verzeih dir diese Lüge gegen mich wie gegen das Andenken dieser großen Männer, aber das schändliche Wort kann ich dir nicht verzeihen, als wenn es mit dem ewig jugendlichen Geiste Göthes zur Neige ginge, wie Du in Deiner Sprache Dich gemein ausdrückst. Will er etwa den Hofmeistereyen der unberufenen Leute nicht gehorchen, macht er gegen euren Be- fehl Sonette? Findet sich wohl gar etwas Christliches in seinem Faust? Habt ihr denn jemals geglaubt, daß der, welcher seine Zeit so ganz ergriffen, die Vorzeit und ihre Geschichte mißverstehen konnte? Lernt ihr erst fühlen in diesem Frühling, und statt ihm Regeln und Gesetze vorzuschreiben, statt ihm zu rathen, werft euch vor ihm nieder und reinigt euch in seinem Anschaun. Ich wende mich gezwungen von seinem Bilde zu meinem unbedeutenden Gedichte zurück. Es ist längre Zeit, daß ich es schrieb, während des Abdrucks bemerkte ich die Deutung, die es gegen Voß erhalten könnte, aus der erscheinenden Rechtfertigung Körtes gegen Voß (Halberstadt Grosse 1807) die mich sehr lebendig überzeugte von der tükischen Verdreherey seines Gegners, der mit hämischer Besonnenheit auf alles Werdende und Wachsende den plumpen starren Fels seines literarischen Rufes stürzt, um es durch den Staub den Augen der Welt zu entziehen, während die Bedroheten wahrnehmen, daß er auf eine ganz falsche Seite gefallen; am Ende läuft ein Füchslein aus dem 539

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Felsen heraus, sucht in manchen furchtsamen Sprüngen eine schwache Seite abzulauern, und zeigt ihnen hundert schwache Seiten, macht aber dabei wiederum viel Staub. Schreib- und Druckfehler waren genug da zu eurer Nahrung, warum packt ihr nur ein Paar, alles Uebrige ist nicht für euch, laßt es liegen, ihr fördert gegen euern Willen den Absatz, an dem es allem Wohlmeinenden in der Welt, also auch der Zeitung für Einsiedler leicht fehlen kann, schaden könnt ihr mir nicht, denn jedermann erkennt, auch wenn ich kein Wort zur Antwort sagte, eure Bosheit und meine Güte. Uebrigens habe ich größeres Verderben gesehen, als dieses literarische unsrer Zeit, diese Unfähigkeit zu genießen, dieser Drang zum Beurtheilen, und dieses ganze Unwesen ist immer noch sehr unschuldig gegen Schinderhannes, gegen den schwarzen Peter, Hampelholimp und besonders gegen Pape Döne, von dem Hilscher folgendes erzählt: Zwischen Hamburg und Lübeck soll in einem Gehölze eine Grube seyn, daselbst vordem einer mit Namen Pape Döne sich bettlersweise aufgehalten und viel Leute, so vorübergegangen, mit List um ihr Leben bracht, derer Hirnschädel er an einer Schnur reihenweise zusammengehenkt, und wenn er einmal sich eine Freude machen wollte, hat er die Schnur gezogen, daß sich die Hirnschädel daran beweget und an einander geschlagen haben, dabei er gesungen: »Tanzet meine lieben Söhne, das heißt euch der Pape Döne! Eine recht traurige Musik, doch geht es auch beim Todtentanz nicht lustiger zu, und wird dabei kein andrer Klang als von Knochen und Hirnschädeln gehört.« – Darum klappert nicht voraus und schlagt nicht aneinander die Hirnschädel verstorbener großer Menschen wie Kleist und Haller, wenn ihr nicht berufen seyd, den großen Todtentanz aufzuführen; die leeren Blätter euch zu füllen, lassen sich die heiligen Reliquien nicht lange gefallen. – Nicht wahr, geehrtes Publikum! das war billig und ernst, aber ich unterließ damals den Abdruck, weil bald noch ärgere Lügen in die Welt kamen. H. Reinbeck behauptet in seiner Reise, daß Hr. Zimmer die Unterschrift hiesiger Professoren gegen ihn befördert habe, um seiner Zeitung für Einsiedler zum Nachtheil des Morgenblatts Absatz zu schaffen. War ich doch damals viele Meilen weit von Heidelberg, und meine Zeitungsidee noch viel weiter von mir. Und endlich was haben beide Zeitungen mit einander Gemeinschaftliches? Kann sich H. Reinbeck gar nicht denken, daß es noch Städte giebt, die eine gemeinschaftliche Ehre mit allen ihren Mitbürgern theilen. Doch genug und schon mehr als zu viel von dieser wunderlichen Geschichte, die wie ein Prüfstein zeigte, was wahr oder 540

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falsch gewesen in dieser Stadt. Spätere Lügen gegen diese Zeitung, als ob sie eingegangen wäre u. a. m. will ich nicht erwähnen. Du siehst mich mit einer Art Verlegenheit an, geehrtes Publikum! nicht wahr, Du hast das alles ganz anders gedacht und ganz anders ist es erzählt worden. Vom Inhalte dieses Buchs weißt Du auch wohl wenig? Lies einmal, gieb dir die Mühe, nur noch ein Wort über das Ganze: Es sucht die hohe Würde alles Gemeinsamen, Volksmäßigen darzustellen. Von den ältesten Heldensagen geht es aus, von den Nibelungen, König Rother u. s. w. wandelt durch die geschichtlichen vom Her- zog von Foix, durch die scherzenden im Bärnhäuter zu den geheimnißvollen Kindersagen im Mahandelbaum. Begleitend geht damit ein Aufsatz über die Nachahmung des Heiligen, der die sichere Verzweiflung in allem, was den Einzelnen losreißt von dem Allgemeinen in unsrer Zeit ausspricht, eben dahin deuten die dramatischen Gedichte und viele einzelne Lieder, die unendliche Größe jedes Volkscharacters, und die Leerheit jeder in sich selbst pralenden Vaterlandsliebe darzustellen. Im Dom zu Cölln wurde in der blühendsten Zeit von Deutschland das köstliche steinerne Tabernackel weggeschlagen, um einen glatten glänzenden Altar zu setzen, der nicht zum Bau des Ganzen gehört, unsre Zeit sieht die einzelnen zerstörten Stücken jenes Tabernackels mit Bewunderung, und erärgert sich über die neue Arbeit; dies betrachte wohl du Eitelkeit der Einzelnen, wie des wohlhabenden, lesenden Publikums, das ich in meiner Anrede und in meinem Bilde vor Augen hatte und nicht mein Volk, das ich ehre und vor dem ich mich demüthig als der geringste Diener niederwerfe, mit dem ich nimmer zu scherzen wage. Ludwig Achim von Arnim.

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Anzeigen Anzeige in

Heidelbergische Jahrbücher der Literatur für Philologie, Historie, Literatur und Kunst. 1. Jg. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer, 1808. ro

Intelligenzblatt. N . IV., S. 33–35: Ankündigung der allgemeinsten Zeitung.

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Zeitung für Einsiedler, herausgegeben von einer Gesellschaft. 〈. . .〉

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Anzeige im

Intelligenzblatt der Zeitung für die elegante Welt 25. März 1808, Nr. 15, Sp. 4:

Widerlegung und Anzeige.

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Unterschriebene unglückliche, vereinsamte Familie rettet sich aus den neidischen Miscellenverfolgungen eines geehrten Morgenblattes (1808 Seite 228) und tritt vor den Richterstuhl eines geehrten Publikums. Ein trauriger Vater mit sieben harmlosen Jungen, die einzigen Herausgeber der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r (Heidelberg bei Mohr und Zimmer) erklärt ihre Mutter, die berüchtigte verlaufene Fama, welche sie groß zu säugen vergessen und dem Morgenblatte die eingeklammerte Nachricht zugeraunt hat, als wäre die Gesellschaft Herausgeber wie ein Januskopf aus zwei Personen zusammen geleimt, hierdurch öffentlich für eine Lügnerin. Richtiger scheint es, was dort angefragt wird, daß Liskow, Gernwitz und Lichtenberg sich in ihrem Grabe umwälzen (sehr ominös) und zu keinem Mirakel, sondern zu einem Pröbchen, welches sie dem Morgenblatte nächstens ausstellen wollen. Zu unserer Satisfaction können wir bei dieser Gelegenheit anzeigen, daß außerdem zwei noch lebende berühmte Männer aus dem goldenen Zeitalter, die beiden Gebrüder Vatermörder sich als Mitarbeiter und zwei gewöhnliche Menschen als Subscribenten gemeldet haben. Die Gesellschaft Herausgeber. Der Preis der Zeitung für Einsiedler für die neun Monate des Jahrs 1808 ist 3 Thlr. 9 gr. oder 6 fl. 4 kr. Bestellungen kann man auf allen löblichen Postämtern und in allen Buchhandlungen machen. Heidelberg den 8. März 1808.

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Zeitung für Einsiedler

Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt für gebildete Stände 1808, Nr. 8, Sp. 1, 15. April 1808:

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Ankündigung der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r , herausgegeben von einer Gesellschaft. Wir rathen jedermann, seine Bestellungen auf diese bald allgemein gelesene Zeitschrift zu machen, weil es sich mit dem Abdruck der zweyten Auflage vielleicht verzögern könnte; aus einer größern allgemein bekannten Ankündigung für Geschäftsmänner wird jedermann den Reichthum ihres Inhalts ermessen, sie umfaßt alles, was ist, was war, was seyn wird, mischt sich auch in keine Politik. Sie ist vorzüglich lehrreich für Leute, die viel Zeit übrig haben, wird besonders mancherlei praktische Exercitia enthalten, wozu sie einen eigenen NaturDichter angestellt hat. Sie erscheint wöchentlich zweymal in dem Verlage von M o h r und Z i m m e r in Heidelberg. Der Preis ist jährlich 4 Rthlr. 12 Gr. oder 8 fl. 6 kr. Pränumeriren ist besser als Subskribiren. Die Gesellschaft Herausgeber. Obige Zeitung wird in gr. 4. in gespaltenen Kolumnen auf weiß Papier gedruckt, und erscheint vom 1sten April an wöchentlich zweymal. Man kann auf allen löblichen Post-Aemtern und in allen soliden Buchhandlungen Bestellungen machen; diese wenden sich an M o h r und Z i m m e r in Heidelberg.

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Heidelbergische Jahrbücher der Literatur für Philologie, Historie, Literatur und Kunst. 1. Jg. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer, 1808. Intelligenzblatt. Nro. VIII., S. 75–77:

Zeitung für Einsiedler. April-Heft, mit drey Kupfertafeln. Inhalt.

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1. Stück. Der freye Dichtergarten von L. Achim v. Arnim. 2. St. Kosmogenie aus dem Indischen von Fr. Schlegel. Der freye Dichtergarten. Beschluß. Als Beylage zur Bewillkommung ein frommes altdeutsches Ehepaar. 3. St. Kosmogenie von Fr. Schlegel. Denksprüche aus einer Friedenspredigt an Deutschland von Jean Paul Fr. Richter. Nachschrift dazu über literarischen Krieg, mit einem Kupferstiche von Faust und Mephistopheles. König Rother zieht einer Jungfrau die Schuhe an, von L. Tiek. 4. St Parabel, einer Jugendarbeit des Meisters aus der Erinnerung nacherzählt. König Rother von Ludwig Tiek. (Fortsetzung.) 5. St. Der Jäger an den Hirten, von Clemens Brentano. König Rother von L. Tiek. (Beschluß.) Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen von J. Görres. Zusatz der Herausgeber über den Plan ihrer Zeitung. 6. St. Malespini. Nacherzählt von C. B. Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. aus dem Dänischen von A. Grimm. Warnung und Ermunterung von L. A. v. Arnim. 7. St. Wahrsagung von unbekannter Hand. Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. Als Beylagen dazu: Entstehung der indischen Poesie, übersetzt von Fr. Schlegel. Entstehung der neupersischen Poesie von Fr. Wilken. Entstehung der heiligen Poesie von Haman. Entstehung der Verlagspoesie. 8. St. Heimweh des Schweizers von Nänny. Der gehörnte Siegfried und die Nibelungen von J. Görres. (Fortsetzung) Zusatz der Herausgeber über den Plan der Zeitung.

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9. St. An den Ufern des Mayns von Fr. Schlegel. Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland, von L. A. v. Arnim. Beschreibung einiger christlicher Basreliefe und einer Gemme von C. Brentano. Uebersetzung des italiänischen Volksliedes la Zingara, von C. Brentano. Hiebey ein Kupfer.

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May-Heft. Mit zwey Kupfertafeln. 10. St. Maylied des Uhrmacher Bogs. Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. (Fortsetzung.) Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix und von dem traurigen Tode seines Kindes Gaston. 11. St. Romanze aus dem Dänischen von W. Grimm. Von dem Leben und Sterben des Grafen Phöbus von Foix. (Fortsetzung.) Frontalbo und die beyden Orbellen. 12. St. Die zwölf Säulen am Riesenwege von J. Görres. Seelied von B. 13. St. Apoll von Christian Schlosser. Golo und Genovefa vom Maler Müller. Anmerkung der Herausgeber über deutsche Literatur. 14. St. Zwey Särge von Justinus Kerner. Die drey Lieder von Ludwig Uhland. Golo und Genovefa vom Maler Müller. (Forts.) Uebersicht der Universitäten im protestant. Deutschlande, von Villers. 15. St. Golo und Genovefa vom Maler Müller. (Beschluß.) 16. St. Der Ring, ein Gedankenspiel von L. A. v. Arnim. 17. St. Des Knaben Tod und der Traum von L. Uhland. Der Ring. (Beschluß.) Dante mit dem Schmied. 18. St. Romanze von Clemens Brentano. Die fromme Spinnerin. Leben und Tod des Grafen Phöbus von Foix. Hiebey eine Kupfertafel. Auf dem Umschlage zwey Vertheidigungen gegen Angriffe im Morgenblatt mit einer Kupfertafel. So haben wir diesen Versuch einer neuen Zeitung durch zwey Hefte durchgeführt, einen Versuch, den keine Nachahmungssucht der gelesenen Blätter dieser Art veranlaßt hat, sondern die Mißbilligung dieser Gemische aus Trefflichem, Fortlebendem, mit einem Uebermaaße von Neuigkeiten des Tages, die mit diesem untergehen, und jenes mit sich 546

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in den Untergang ziehen. Die Erfahrung wird uns sagen, ob die Zahl derer, die mit uns darin einerley Ueberzeugung haben, groß genug ist, um den Absatz davon zu sichern, oder ob diese Leser, um deren Beyfall wir uns eigentlich bewerben, zu denen gehören, die in dem Wechsel dieser Zeiten keine Muse und kein Geld übrig behalten haben; gern gäben wir diese Zeitung umsonst, wenn es unsre Umstände verstatteten, der Preis ist wenigstens, verglichen mit Papier, Druck und Zahl der Kupfer, ausgezeichnet gering. Unser Versuch mag ausfallen, wie er wolle, belehrend wird er auf jeden Fall seyn, ein glücklicher Erfolg wird uns nicht übermüthig machen, und ein unglücklicher nicht verwundern; wir haben größere Ereignisse erlebt. Unter den Schriftstellern haben wir manche aufmunternde Erfahrung gemacht, wir könnten uns manches geachteten Namens als Mitarbeiter rühmen, wir könnten den Beyfall anführen, der mancher nähern Absicht, die wir in Kunst und Wissenschaft ergriffen haben, bezeugt worden, insbesondere dem Zurückführen auf ältere vergessene redende und bildende Kunst, um dem Schwankenden ihres gegenwärtigen Zustandes ein würdiges Ziel zu setzen, ferner dem Aufsuchen des Nationalen und Vergessenen in jeder Art der Volkslust, in Sagen u. s. w. alles dessen, was unser Deutschland so innig berührt hat, daß es als ein Vorzeichen seiner künftigen Geschichte dienen kann, aber vor allem die Erwekkung und Erfrischung des unschuldigen poetischen und religiösen Sinnes, dessen unsre Zeit noch fähig ist. Wenn auch nicht alle diese Absichten sich schon völlig dargestellt haben in dem Mitgetheilten, so verbot es der Raum, nicht der Mangel an Materialien; wenn auch nicht alles Mitgetheilte langer Dauer gewiß ist, so ist doch nichts darin absichtlich vorübergehend leichtsinnig, es ist alles von einer gewissen Nothwendigkeit ausgegangen, und wird nothwendig wirken auf viele oder wenige, wie es der Zufall will, aber auf die gewiß, die uns lieb sind. Von der elenden literarischen Partheyung unsrer Zeit wird niemand etwas wahrnehmen, sie hat sich in den größern Begebenheiten vernichtet; einige Abfertigungen von Angriffen schienen wir der öffentlichen Meynung schuldig zu seyn, sie nehmen wenig Raum ein, auch haben wir durch engen Druck dies gut zu machen gesucht. Wo Kritik bey uns erscheint, ist sie Anerkennen, Scherz, Erläuterung des von uns durch Sprache und Zeit getrennten; was mit uns gleichzeitig sein Glück versucht, mag den Zeitgenossen zur eignen Beurtheilung überlassen bleiben. Wer sich unter diesen Bedingungen zum Mitar-

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Zeitung für Einsiedler

beiter berufen fühlt, wird uns willkommen seyn. Ihr Leser lebet wohl und wollet uns wohl. Der Preis von April bis December 1808 ist 6 fl. 4 kr. Herausgeber M o h r und Z i m m e r .

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Handschriftliche Texte für die

Zeitung für Einsiedler

Eröffnung des Liebhabertheaters

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〈Theaternachrichten aus Trages〉 Eröffnung des Liebhabertheaters

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Als wir durch den Boden des gläsernen Kahnes sahen, der uns nach der Glashütte abgeholt hatte bemerkten wir einige lustige Forellen mit ihren glänzenden Flecken, einige Neunaugen und einen blauen Hecht die vor einem ernsthaften Wallfische alle unsre Bewegungen und Mienen nachmachten. Liane muste sehr darüber lachen, sie schnipte einen goldnen Kirschkern aus der glühenden Frucht ins Wasser, der Wallfisch machte einen Springbrunn auf dem sich der Kirschkern wie ein Korkstöpfel am Heransbrunnen wieder erhob und sich ihr darreichte. Es kam aber ein grosser grünweisser Polyp und nahm ihn weg, als sie ihn eben erfassen wollte, sie weinte drey Thränen, die ihre Schwester Birylle so gleich auf einen Faden als Perlen zog und mit dem Polypen handelte wie mit einem Menschen, dessen Sprache man nicht recht versteht, sie winkten, sie nickten, er war aber mit dem Tausche nicht zu frieden, er wollte mehr Perlen haben und Liane konnte nicht mehr weinen. Liane war sehr traurig und drückte eine Kirsche nach der andern auf, konnte aber keinen goldnen Kern mehr finden, da tappte ihr der kleine Junge auf die Hand, weil sie ihm alle die Kirschen verdorben, wonach er verstohlen geblickt, da erschrack Liane. ..... Ey beym heiligen Kukuk unterbrach den Erzähler der Pockennarbige, der Kukuk könnte immerdar Kukuk rufen und das mag ihm den ganzen Tag gefallen, aber daß sie uns mit ihrer einen Stimmung alle ergreifen sollten, das müste mit dem Kukuk zugehen, das könnte ja so in alle Ewigkeit fortgehen, ich wollte daß es uns so leicht würde zuzuhören als ihnen zu erzählen, ich komme aber auf lauter sündige Gedanken dabey wie bey den langsamen Predigern. Frisch Kinder rief der Dicke, lasst uns Komödie spielen und da wir gerade so viel Männer als Mädchen sind, so lasst uns ein Liebhabertheater stiften, da können wir alle zu etwas kommen. – Der Mährchenerzähler hatte aus Wachs allerley Figuren gedreht, es war eine Fabel eigner Art, kleine Männer, die sich in allerley Thierköpfen endigten und an die Kerze hinanstiegen, die 551

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alle erleuchtete, so wie die Kerze abbrannte sanken die Muthigen in die Flammen, die andern fielen an die Erde, das machte allen viel Vergnügen und das Liebhabertheater war vergessen. – Blind sieht man sich, schrie der Runde, das sind die verfluchten kleinen Wachsfiguren nicht werth, lasst uns lustig seyn, lasst uns etwas zusammenmachen, das Liebhabertheater gefällt mir sehr gut, ich habe bis jezt dem Dinge nachgedacht. – Da zog der Mährchenerzähler eine lange Tüte heraus that etwas gelbweisses Pulver hinein und blies es durch das Licht, ein helles Licht machte alle blas es war Colofon, nun fiel jedem etwas ein aus seiner Jugend, wie er da Opern aufgeführt, die Mägde erschreckt, jeder wollte blasen, das Zimmer war bald voll Dampf zum Ersticken. – Sie machen auch nichts als Gestank, sagte der Krumme, wir wollten recht lustig seyn, da kommen sie mit ihrer schwarzen Kunst, der ganze Tisch ist verdorben, voller glänzender Sterne. – In der Luft geschmolzen, an der Erde verhärtet, geben sie uns ein gutes Bild heutiger Geologie sagte der Magre. – Possen rief der Pockennarbige, hätten wir nur ein Liebhabertheater, nun sie Mährchenmann, die Damen sagen kein Wort sie lachen nur und sehen sie an, was werden sie nun machen! Der Mährchenerzähler legte seinen rechten Rockschoß auf die rechte Hand nahete sich einem Frauenzimmer, das kalt und listig das angehört. – Er sprach zu ihr indem er um ihre Hand bat, sie auf das kleine erhöhte Theater zu führen: Soviel Sprachen, Soviel Herzen, Viele scherzen Viele lachen Und die alten Und die neuen, Uns erfreuen, Sich erhalten. x Lernet spielend Sich die eine Lernt die meine Sich nur fühlend, Nur mit Schlägen In dem Herzen,

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Herz im Herzen Heimlich regen. x Nach zu reden, Nach zu singen, Kann gelingen Dir, nicht jedem Deine Rollen Ernst und heiter Deuten weiter Als sie wollen. x Ist ein Drama Weltgeschichte, Welt beym Lichte Panorama? Die Gesichter Masken geben Und das Leben Ist der Dichter. x Wo nun fliehen? Auf die Bühnen Dich die kühnen Musen ziehen; Nicht vor vielen Willst du glänzen, Freunde kränzen Dich im Spielen. x Ehr’ uns immer Daß im Kranze Von dem Glanze Kronenschimmer; Kronen immer Scherz verdienen, Welt und Bühne Wird das Zimmer.

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Er setzte bey diesen Worten einen Mohnkranz auf das Haupt der Dame, sie fing davon sogleich an zu schlafen. Der Pockennarbige aber schrie: Der Kobold ist unter uns, was der Mährchenmann angreift verdirbt er uns und doch läst er niemand dazu, mir ist das ganze Liebhabertheater verleidet, warum nehmen wir kein ordentlich Stück und führen es auf mit Proben, mahlen Dekorationen. Sehen sie, sagte der Krumme, dahin wollte ich es nur kommen lassen; aber was nehmen wir für ein Stück, als ich noch jung war, da machte ich einmal den Unbekannten. Und ich den Peter! Sagte der Pockennarbige, aber das geht nicht mehr, das Dummzeug steht mir nicht mehr an. – Ich will sie wieder jung machen, fing der Mährchenerzähler an: Haben sie von der Mühle gehört um alte Leute jung zu machen? – O ja! O ja! Müssen wir da alle hinein? – Freilich, aber ganz ohne Schaden, sehn sie diese geheimnißvolle Pyramide von Mehl, worauf ich ein Goldstück stecke, jeder schneidet davon ab bis es umstürzt, bey dem es fällt, der muß es mit dem Munde herausholen, so werden wir am Ende alle weiß und die rein übrig bleiben die werden von den andern weiß gemacht! – Sie machen mir nichts weiß, sagte der Pockennarbige, das ist schon wieder eine ihrer verfluchten Allegorieen. – Der Edle hat Freude am Eigentlichen, sagte der Mährchenerzähler, sie schneiden doch mit, sie mögen wollen oder nicht. Einige Mädchen zierten sich, andre warfen es muthwilig um, es dauerte nicht lange so war der Pockennarbige mit Mehl geebnet, prophezeiht man es doch auch der Schweiz, wenn es mit dem Verwittern so fortgeht; dabey wurden allerley Verse abgesungen, wobey der Pockennarbige die Jungen all mit Mehl bewirft Die Mühle klapt Zu tausend Liedern, Wie es mich packt Mit meinen Brüdern: Sprecht nur nicht mehr, Daß Müller Diebe, Das Mehl stäubt sehr Es fliegt vom Siebe. x Ganz anders treibt Das Korn vom Steine, Die Hülse bleibt

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Es ist nun reine, So wollen wir Uns auch verjüngen Und muthig hier Zur Mühle springen. x Der Meister sieht Die neuen Gäste, Vom Berg es zieht Wie bey dem Feste Gar höflich sind Sie all gewöhnet, Gar alte Kind Und oft verhöhnet. x »Uns sehr beengt All die Erfahrung, Im Busen drängt Uns Offenbarung, Ein junges Blut Bewegt die Mühlen, O seyd so gut Lasst es uns fühlen.« x Zur Mühle wir Gar grämlich fahren Gelehrte Thier In jungen Jahren, Versitzen sich, Auf weichem Lager Erhitzen sich Von Kaffe mager.

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Ein Mädchen schwach In allen Nerven u. s. w. x Auch dieser Mann Der im Geschäfte

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Thut Brillen an Verliert die Kräfte, Sein schwaches Haar u. s. w. x Die kleine Frau Mit dicken Buben Kommt eben schau Aus Wochenstuben, Ihr Kraft und Lust Ist in den Jungen, Die von der Brust Wie Kegel sprungen. x Der Predger auch Gotts Wort vom Lande u. s. w. x Die Fraue bringt Er mit zu Gaste u. s. w. x Ein Dichter auch u. s. w. x Und seine Magd u. s. w. v

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Seht den Offizier In engen Kleidern u. s. w. x Die Witwe bringt Er mit aus Westen u. s. w. x Der Handelsmann Der sich geborgen Dem sein Kumpan Nun trägt die Sorgen; Er weiß nun nicht Wie ihm geschehen, Traut nicht dem Licht, Weil ers kann sehen. x

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Die Mutter die Nun los die Töchter u. s. w. Und so weiter und so weiter rief der Pockennarbige, das geht sonst wie ein Todtentanz durch alle Stände durch bis wir selbst dran kommen, 5

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Der Müller macht Sehr faltge Stirne, Und in sich lacht In seinem Hirne Viel Tölpel sind Des Müllers Knappen Und jedem Kind Sie schneiden Kappen. x Wie alles lacht Sie sich verjüngen Mit grosser Pracht Zur Jugend ringen Der Müller gut Der uns verjünget Ist Uebermuth Der Farbe bringet. x Die Mühle klapt In allen Adern, Die Freude packt Uns ohne Hadern Der Waldstrom greift Durch alle Gänge, Und lustig schweift Er aus der Enge. Nun das wäre wieder aus, klagte der Pockennarbige, es ging aber schon besser als das Vorige, unser Liebhabertheater wäre aber doch noch besser! – Ach ja, ach ja! Was spielen wir aber? – Spielen wir die langweilige Gesellschaft, sagte der Mährchenerzähler, wir können hier der Herrschaft gerade in den Saal sehen, wir wollen hier nach machen, was sie da unten thun, sie können uns heute nichts sagen, es ist Fa557

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stelabend, lasst sie auch dazu kommen, ich unterstehe mich es ihnen abzusingen, wenn ich ihnen nur verschweige was sie nicht wissen wollen. Damit waren alle Hausmägde und Hausknechte zufrieden und das Liebhabertheater wurde eröffnet mit

Langeweile aller Langeweile. Die Männer summen wie Fliegen, Je weicht doch, ich bin ja kein Pferd. Je stecht doch, versteht ihr zu siegen, Wenn einer nur etwas sich wehrt? x Die Frauen wispern und lachen, Doch lustig scheinen sie nicht, Ich weiß es nicht, was sie recht machen, Sie zeigen wohl nur ihr Gesicht. Die Jungfern thun euch so schuldlos, Wenn einer mit Zoten sie neckt, Doch sind sie mir alle so huldlos, Ich bin vor Maschinen erschreckt, x Den Müttern wackeln die Köpfe, Doch sind sie gefärbet so roth, Die Väter sie scheinen mir Tröpfe Versessen, vielleicht auch schon todt. x Ihr Mumien was soll ich euch sagen, Ihr seht mich verwundert schon an, Die Bienen den Honig mir tragen, Euch Hummeln bringt keiner an Mann. v

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Eine thut, Ob sie schwärme Als ob Blut Sie erwärme;

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Denket still Wie sie will Neu in alten Worten walten. x Eine thut Ob sie witzig, Das wär gut, Wärs nur spitzig; Aber grob Ist ihr Lob, Und ihr Tadel Ohne Adel. x Viel zu spät Kömt nun jene, Und erräth, Daß ich höhne; Drücket los, Fehl sie schoß, Denn ein Einfall Ist kein Rheinfall. Die da gähnt Unverholen, Wohlbegähnt, Hat gestohlen Meinen Sinn, Und ich bin Ihr zu Füssen Sie zu grüssen. x Die da schwätzt Mich bekümmert Nichts ergötzt, Sich zertrümmert, Fieberwuth Ist im Blut,

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Schickt zum Bader Lasst zur Ader. x Masken seyd, Ihr Vertrauten, Und ich neid Euch Beschauten, Eitelkeit Aus mir schreit, Gebt indessen Mir zu essen. v

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Diese beyden edlen Frauen, Zwischen denen ich gepflanzt, Zu dem andern Nachbar schauen, Wie sie auch zusamm getanzt: Ach wie lieblich muß es seyn In dem Land wo Pfeffer wächst! x O so geht es wohl noch jedem, Der ein Fremder ist allhier, Denn ich sitze klar zu reden Zwischen zweyen Stühlen schier: Ach wie lieblich muß es seyn, In dem Land wo Pfeffer wächst! x Ach vor Angst um diese Stille, Brech ich endlich einmal los, Mit Verwundrung ich sie fülle, Und sie sehen in den Schoos: Ach wie lieblich muß es seyn, In dem Land wo Pfeffer wächst. x Wenn das Derbe nicht will helfen Kriech ich auch noch untern Tisch Denn ich heul nicht mit den Wölfen, Singt nur ich bin stumm wien Fisch Ach wie lieblich muß es seyn, In dem Land, wo Pfeffer wächst. 560

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Die vieljährigen Aufopferungen des ganzen Volk, um zu einer allgemeinen Bildung zu gelangen, sind endlich belohnt und alle, die nach dem gefährlichen Baue des Wallfahrttheaters noch am Leben sind geniessen zugleich für alle die mit, welche das Schicksal hinraffte. Gestern waren alle rings umher in dem Cedernheine versammelt, der das Wallfahrttheater umgiebt; nachdem sie jahrelang gefastet, wurde ihnen Fleisch und Wein ausgetheilt. Nach Mittag erschien der Chan als erster Mauermeister gekleidet mit Schurzfell und Kelle, der Himmel ward im Augenblicke hell, die Sonne leuchtete von seinen Augen wieder, die Nachtigallen sangen und auf seinen Wink stürzte das Gerüste, welches künstlich das Theater deckte. Der Anblick machte eine Stille nach dem schrecklichen Prasseln, daß man nichts als den gesammten Pulsschlag des Volkes hören konnte, der aber gesammelt und durch die gleiche Einwirkung der Erscheinung zur Einheit gebracht, wie ferne schnell folgende Kanonenschüsse klang. Das Theater war gleichsam die niedergelegte Volksbewaffnung, es ist sehr einfach, ein grosses Schild hellglänzend verguldet mit getriebner Arbeit ruht auf Helleparten aus Gußeisen Diese Helleparten bilden einen bedeckten Gang rings um das eigentliche Theater, das aus zwey Riesengestalten in höchster Schönheit, Mars und Venus im Netz gebildet ist; Venus versteckt in ihrem Körper die Scene und Mars die Zuschauer. Bey der ungeheuren Menge des Volks sind die freyen Oeffnungen nothwendig, welche beyde Körper trennen; sie sitzen mit untergeschlagenen Beinen einander über, die Arme fassen sich, sie blicken auf einander, jede Unschicklichkeit ist vermieden. Das Theater ist innen wie ein Palmenwald geziert, das Schild schützt das Volk gegen Regen, der aber bey uns bekanntlich sehr selten, es ist innen himmelblau gemalt, künftig muß jeden Monat im Jahre eine andre Provinz aus heiliger Pflicht herwandern, um ihre Bildung zu empfangen; jezt wird erst versucht, wie viel geleistet werden kann, es sind die Mysterien, welchen nur die Priesterschaft beywohnt. Ich gehöre seit gestern zu dieser Kaste, wo mein Kopf vom Reichsbefühler erwählt und geweiht wurde und ich fühle, daß mein bisheriges Bemühen mir nicht eigen war, daß dies mein Beruf ist und bleibt. Es ist kein Verbot nach ihrem Lande auch 561

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das Geheime zu schreiben, denn wir wissen, daß die Mysterien da gemein uns allen geworden sind, wir wissen, daß es in ihrem Lande nichts als Kritiker giebt und gar kein Publikum. Den Eingeweihten wurde gestern das erste Stück gespielt: Die Kleiderkammer oder die Weltgeschichte; es war dazu bestimmt die Kostume zu zeigen, die Verbindung war nur locker, mehr Scherz als Ernst, Hanswurst hatte Adam und Eva zum Besten mit ihren knappen anliegenden gestrickten Kleidern, er brachte ihnen heutige in tausend Lappen verhüllte Asiaten, sie tanzten zusammen diese ihre Nationaltänze, jene den ideellen Tanz der Liebe, wurden aber von Hanswurst unterbrochen, der mit einigen ägyptischen Priestern und indischen Braminen Streit angefangen, er stellte sich wie ein Bock und lief gegen sie an, die Aegypter schickten ihre Pyramiden gegen ihn, die Indier ihre Höhlentempel, es war ein himmlischer Zauber in diesem Wechsel von wunderbaren Dekorationen, nie ist in Landschaftmahlerey und Architecktur so erfunden worden mit so gründlicher Kenntniß der Möglichkeiten in jener Natur, bey einem wunderbaren Experimentirgeiste der Phantasie. Eine Dekoration hätte einen Abend ganz erfüllen können, wie froh waren wir als Hanswurst das Trojanische Pferd auf die Bühne ritt, wie da alles in Flammen auf ging, die griechischen Götter in der Höhe, die Griechen auf der Erde erschienen, Iris zwischen beyden. Auf einmal schnit Hanswurst ein Strick ab, die Götter fielen auf die Erde, Hanswurst als Alexander ritt auf dem Bucephalus alles nieder bis er endlich stürzte. Hanswurst packte die Leichen zusammen und machte daraus sieben Hügel, Rom in seiner alten Pracht erschien; Hanswurst als Lukrezius führte die Legionen, es wurde ein Stehlen und Gesetzgeben in aller Welt, da trat Keiserpracht auf. Da kamen die Habenichtsmänner, wie Hanswurst die Wandervölker nannte, die Kronen von Goldpapier flogen herum, es war ein gräßliches Gewühl, alles dunkel, hell erleuchtet erschien für einen Moment Christus am Kreutz, so daß es viele für eine blosse Erscheinung hielten, die man sich eingebildet, aber alles ordnete sich; es erschienen die Ritter, die Heiligen, die Sänger Schlachten gegen Ungläubige, eine wunderbare Kirche, in vereinter Kraft die gothische Architecktur gegenüber Moscheen, zwischen beyden das Magazin eines Kaufmann, der sie beyde verbindet und bey dem hält sich Hanswurst auf. Das ganze Theater verwandelt sich in ein Kaufmannszimmer, das aber in der Mitte getheilt ist, auf der einen Seite ganz eingerichtet nach Art des reichen Kaufmanns im funfzehnten Jahrhunderte, auf der andern im neunzehnten Jahrhunderte. Hier wird ein 562

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ganzer Tag dargestellt, aus Tanz und Gesang entsteht Prose, Harlekin ist verkleidet in alle fremde Personen. Ich lege ihnen die Abbildung bey des Kaufmanns und seiner Frau, wie sie früh Morgens im funfzehnten Jahrhunderte zur Messe gehn; wie sie heut zu tage im Bette liegen brauch ich Ihnen nicht abzeichnen zu lassen. Der alte Kaufmann kommt nach Hause, seine Frau besorgt die Küche, er handelt auf Wort und Handschlag, alles zum Besten seines Landes, schickt er auf Entdeckungsreisen seinen erwachsenen Sohn. Der neue steht auf, ein mager Männlein mit kahler Platte, ängstlich läuft er an die Rechen Bücher; die Frau hat Langeweile, es kommen Gelehrte und Offiziere zu ihr, der Mann ärgert sich, vergist aber darüber etwas zu sagen. Es kommen arme Leute zu ihm, er lässt sie zur Thür hinaus werfen, weil sie ihn stören. Es kommt der Arzt der verschreibt ihm etwas und bringt eine Subscription zu einer Suppenanstalt, der Kaufmann unterschreibt flüchtig, er ist im ewigen Drang von ankommenden Briefen. Es kommt ein junger Mann, macht den Vorschlag zu einer Reise um die Welt; der Arzt muß ihn gleich untersuchen ob er toll ist. Beschränkung und Scheinpracht wechseln im Hause, die Kinder sind gegen die Aeltern naseweis. Zum alten Kaufmann bringen die Kinder die aus der Schule kommen einen armen fahrenden Schüler, er nimmt ihn mit derber Ermahnung auf, prüft seine Kinder, die Frau schlägt sie, weil sie nicht ordentlich bestanden. Es kommen Mahler und Architekten, die ihm ihre Arbeit zeigen zu seinem neuen grossen Hause, er vergnügt sich mit ihnen, während er das Mittagsmahl an alle Stadtarme austheilen läst. Inzwischen versammelt sich der Rath bey ihm, der Stadt ist unerwartet abgesagt worden, der Kaufmann läst gleich seine Rüstung bringen und zieht mit den Bürgern aus. Die Frau verschliest das Haus und betet für ihn. Zum neuen Kaufmann bringt ein spionierender Jude die Kriegsnachricht, er bezahlt einen Beutel Gold, daß er das Geheimniß niemand sagt, kauft alle Lebensmittel auf, es kommt die Nachricht daß die Feinde nahe, er läst sein Pulver ins Wasser werfen, die Gewehre verstecken, es wird gekocht für die ankommenden Feinde, der Stadtkommandant wird bestochen, daß er die Stadt nicht vertheidigt, Frau und Kinder schimpfen auf den Vater, daß er keine Reise gemacht um der Gefahr zu entgehen. Der alte Kaufmann wirft ein feindliches Panner und sein Ohr ins Zimmer: Sagt ich doch gleich, daß der Helm nicht recht schloß. Gott gelobt; der Feind ist geschlagen! Allgemeine Freude, grosses Mahl, wo dem Kaufmann eine Ehrenkette von der Bürgerschaft umgehängt wird; Abend563

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tanz mit Blumenkränzen in seinem Hause. Beym neuen Kaufmann ist indessen der Feind, er ist sehr artig und furchtsam, wird aber doch geprügelt; Frau und Töchter thun schön mit dem Feind, schimpfen auf ihr Land, alles endet sich mit einer Tasse Thee und Parthie Whist. Hanswurst stört diese Ruhe indem er als wandernder Schneidermeister mit allen Gesellen alle Kleider vorüberführt, von Böcken getragen, er will nach Indien wallfahrten um den Schimpf abzubüssen, der auf seinem Gewerke ruht, weil es die Trachten aus dem Schönen ins Häßliche hat sinken lassen, eine lächerliche Beschreibung unsrer heutigen Trachten macht den Schluß. – Der Chan läst eben nach dem Rathe der Gesetzgeber auf allen Plätzen absingen, daß alle Bürger und ihre Frauen die in dem beygefügten Holzschnitte aus dem funfzehnten oder dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderte abgebildete Nationaltracht so lange tragen müssen, bis der grosse Kunstmeisterverein zu einer neuen schöneren begeistert worden: Ehrlose müssen sich ausländisch kleiden und in ausländischen Stoffen. – Wer beschreibt die Freude des Volks über den Untergang der Mode; eben verbrennt es die Mode, aus Stroh zusammengebunden mit alten Kleidern behangen auf dem heiligen Berge, ein schönes Schauspiel, es sind jezt vielleicht doppelt soviel Ehen möglich. Das Volk hat eben die Magazine von ausländischem Kaffe und Zucker erbrochen und alles ins Wasser geworfen. Nun sind wir in eigner Kraft frey.

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Es scheint das Eigenthümliche des grossen tragischen Stoffes zu seyn, daß er eine wirklige Berührung mit der Menschheit habe. Ueber alle Erfindung der einzelnen menschligen Dichtung erhebt sich mit kühnem unbegreifligen Fluge das allgemeine Gedicht der Menschheit, das wir mit dem Namen Schicksal zu bezeichnen pflegen. Sieht man diese Wirklichkeit aus der Ferne in der ungewissen Erzählung so hat sie nur eine Wahrheit, nämlich die innere oder sogenannte poetische Wahrheit, wer diese trift ist Meister. Die schönste heilige Dichtung neuerer Zeit Tieck’s Genoveva, die glänzende Labung im Aufgange der neuen Morgenröthe mit herrligen Farben geschmückt, hat eben so wie die Dichtungen des Schakespeare’s, des Aeschylus uns ihren Grund in der Geschichte, sie ist sogar wie viele Schakespeareschen Dichtungen schon früher auf dem Theater erschienen, sie wird sogar noch in manchen Gegenden Deutschlands nach ihrer alten Art aufgeführt – sie können daher denken mit welchem Eifer ich hineilte zu der Bühne des Bayerischen Lipperle als ich den heiligen Namen angekündigt las. Der Eingang war nicht prachtvoll, zwey enge unreinlige Stiegen führten nach engen Sitzen, aus den abgenutzten Saiten einiger Violinen ertönten alte Walzer, ein schwebender Genius mit gesenkter Fakkel schien uns an den üblen Geruch zu erinnern dabey knackte die freye Jugend auf den Bänken Nüsse. Die drey Lichter bey dem Vorhange wurden geputzt, der Vorhang verkürzte sich langsam und die Musick schwieg. Da stand Golo mit schwarzem Haar und trotzigem Ansehn auf der einen Seite, der Pfalzgraf traurig mit gebeugtem Haupte in der Mitte, Christiänchen und sein treuer Monfort auf der andern Seite. Der Pfalzgraf erklärt ihnen die Nothwendigkeit seiner Abreise, seine Pflicht gegen den Heidenkönig Atramant zu kämpfen, er muß es jezt auch seiner Frau anzeigen und fürchtet sich vor ihren Bitten und Thränen. Da erscheint seine Hausfrau Genovefa und macht ihm Vorwürfe daß er sich so früh aus dem Ehebett erhoben und ihr die Ursach aller Unruhe im Hause verborgen. Er erklärt ihr jezt rundheraus seinen Kriegszug und sie will schier in Thränen zergehen. Der Burgherr bestellt hierauf sein Hauß, macht den Golo zum Obersten darin, dem alle unbedingt gehorchen, Golo dankt für die Gnade und 565

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verspricht Sorgsamkeit und Sparsamkeit. Noch bittet Frau Genovefa die Stelle des selig verstorbenen Kämmerlings durch den Koch Trojus zu ersetzen, der durch Heiligkeit und Züchtigkeit gar wohl bey ihr gelitten. Der Koch mit weisser Schürze und mit dem Schlachtmesser erscheint wird von dem Grafen zum Cämmerling erhoben wobey Christiänchen fürchterlige Gesichter schneidet, also daß ihn die Haußfrau frägt, ob er Bauchschneiden habe. Ich glaube, sagt er, es kommt von den Thränen über die Abreise des gnadenvollen Grafen. Genovefa und die übrigen begleiten den Herrn nach seinen Rossen, Golo allein bleibt zurück und erklärt bündig seine heisse Liebe zur Gräfin und seinen Vorsatz alles zu wagen um ihren Genuß. Christianchen der Lipperle kommt zurück und weiß sich nicht recht zu finden ob er weinen soll oder auch nicht. Golo aber als ein verschlagener Hofmann weiß ihn recht ärgerlich zu machen indem er ihn an den Vorzug erinnert, den Trojus über ihn durch die Gunst der Gräfin davongetragen. Er verspricht alle Briefe des Grafen an die Gräfin aufzufangen wofür ihm ein verdoppelter Dukaten gereicht werden soll. Golo wird zur Gräfin gerufen. Genovefa sagt die Thränen fliessen ihr so, dick über die Augen, daß sie nicht schreiben könnte, Lipperle meint es möchte wohl mit ihrem Schreiben überhaupt nicht weither seyn Golo schreibt statt des Briefes an den Ehemann einen Liebesbrief an die Gräfin, recht derb in vier Zeilen, er meint vier Zeilen wäre genug wenn man sich nur wollte verständlich machen. Genovefa liest ihn, erschrickt und ermahnt ihn zum Guten Er aber fället auf ein Knie nieder und sagt, daß er ganz in Flammen, daß sie einander gewähren müsten. Sie schlägt ihm das Handtuch um die Backen und geht drohend aus der Stube. Golo wüthet und klagt diese schnöde Behandlung mit dem Schnupftuch dem Christiänchen, der dazu gekommen und den Liebeshandel errathen. Christiänchen meint, es wäre doch besser als ein Watschen (Ohrfeige), worauf aber der wüthende Golo nicht achtet. Trojus erscheint mit wichtiger Geberde und fordert im Namen der Gräfin Golos Schwerdt, Golo lacht teuflich thut als wenn er es ihm reichen wollte und sticht ihn nieder. Christiänchen meint, er hätte bey den Suppen bleiben sollen, so hätte er frisch einschlachten können ohne geschlachtet zu werden. Golo befiehlt ihm, den todten Körper zur schlafenden Genovefa zu bringen. Nun versucht Christiänchen ob er wirklich todt ist (hier wird echt komisch was auf dem ernsten Theater Abscheu erregen würde), er zwickt ihn und Christiänchen zieht schrecklige Gesichter, 566

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bis der Kitzel zu stark wird und er plötzlich zuckt. Nun behandelt ihn Christiänchen wie einen Lebenden setzt ihn auf einen Stuhl, macht ihm die Haare zurecht und giebt ihm eine Prise Taback. Als er sich doch endlich zu albern für einen Lebenden aufführt trägt er ihn zur schlafenden Königin. Golo ist gegenwärtig, er sticht noch einmal in den todten Körper, sie erwacht kann das Geschehene nicht begreifen, aber viele Zeugen sind gegenwärtig, daß Trojus bey ihr schlafend liegt. Sie wird in das Burgverließ gebracht, wo sie von einem gesunden Buben sich entbindet mit Namen Schmerzenreich. Golo kommt in das Gefängniß mit dem Luge, als sey ihr Gemahl gestorben und keine Rettung für sie und ihr Kind, schon will sie sich aus Liebe gegen ihr Kind dem Golo opfern, da erscheint Christiänchen und erzählet dem Golo in seiner Einfalt daß Briefe vom Herrn angekommen daß er sie aber sicher untergeschlagen habe, welches Genovefa hört und den Golo recht nichts würdig macht und wegschickt. Dafür schwört Golo sie bey ihrem Herrn so schwarz wie eine Höllenmaske darzustellen. Gleichnachher sagt er Christiänchen, der Befehl des Grafen sey angekommen Genovefen und den kleinen Schmerzenreich zu ermorden, er solle das ausrichten um seinen Fehler gut zu machen und ihm Augen Herz und Zunge zum Wahrzeichen der guten Bedienung bringen. Christiänchen weint und versichert er könne nicht einmal wie Trojus einen Capaunen schlachten. Doch zwingt ihn Golo mit der Androhung des Todes. Also führt Christiänchen mit einem breiten Schwerdte in der Hand Frau Genovefen mit dem Kinde, das gar freundlich die grünen Bäume anblickt, in den dicksten Wald und will sie schlachten. Da weint sie und das Kind auch und Christiänchen auch er sagt ihr, er wolle nicht ihr Leben nur ihre Augen, ihre Zunge und ihr Herz, was brauche sie Augen in dem allgrünen Walde, wozu eine Zunge in der Einsamkeit und ohne Herz müsten ja viele leben. Sie macht ihm endlich begreiflich das alles ihr nöthig sey um nicht ganz elend zu werden, sie räth einen Bock zu schlachten und seine Wahrzeichen dem Golo zu geben. Christiänchen wird immer weicher giebt dem Kinde, wie er es nennt, einen Schmatz auf den Fratzen und läuft dahin. Nun ist Genovefa zwar nicht gemordet aber doch verlassen, das Kind schreit nach Nahrung, sie bethet andächtig und eine Stimme von Oben verkündigt ihr im tiefen Basse, daß eine Hirschin sie ernähren, eine Höhle sie schützen werde.

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Golo ist indessen nach Straßburg dem zurückeilenden siegreichen Grafen entgegengeritten, er hat ihm die Untreue der Gemahlin aber nicht ihren Tod vorgetragen. Der Pfalzgraf ist ausser Besinnung, sein treuer Monfort warnet ihn, er zweifelt, er will eine Drude befragen. Diese hat Golo schon beschwatzt mit Liebeskunstgriff und Gelddruck. Die Violinen spielen den Großvatertanz, die Drude gebärdet sich fürchterlich, da erblickt man Genovefen und Trojus in einem Spiegel wie sie begriffen in trauligem Zwiesprach. Der Pfalzgraf meint da hätte er aber nichts gegen, wenn sie es nur nicht weiter trieben. Jezt zeigt der Spiegel den Trojus wie er Genovefen die Hand und das Gesicht küsst und die Violinen spielten das Volkslied: Bist du mein Ludewig, so komm und küsse mich. Der Pfalzgraf meint: Den Kuß in Ehren kann niemand wehren, und dem Golo wird bange im Herzen. Jezt fallen die Violinen in das Lied: Ach du lieber Augustin das Geld ist weg das Mädl ist weg und die Zuhörer stampfen den Tackt, der Spiegel zeigt den Trojus, wie er in seiner schmutzigen Küchenjacke an der weissen Brust der Genovefa schläft. Da legt sich der Pfalzgraf in die Verzweiflung, will alles niederschlagen bleibt aber doch endlich bey dem Entschlusse stehen, daß Golo noch vor seiner Ankunft Genovefen und das Kind hinrichten soll. Der letzte Aufzug beginnt in dem Schlosse des Grafen mit seiner Trauer über dessen Einsamkeit, Monfort hetzt ihn dabey immer noch mit dem Gedanken, daß Golo ihn betrogen. Er läst ihn noch einmal zu sich kommen, Golo fängt frisch an zu erzählen, da erscheint ihm der Kochgeist und er entfernt sich unter dem Vorwande eines plötzligen Bauchgrimmens. Der Graf will sich auf der Jacht zerstreuen, Christiänchen warnt den Golo sich aus dem Staube zu machen. Der antwortet aber trotzig, er wolle ganz das wilde Spiel beenden, so wie er angefangen. Wir sehen jezt wie der Pfalzgraf in hitziger Verfolgung einer Hirschin in eine wilde Waldgegend gekommen und in eine Höhle geführt wird. Hier findet er Weib und Kind, ohne Kleider, denn die wunderbare Hirschin hat ihn zu ihnen geführt, er erkennt ihre Unschuld, Christiänchen wird für seine Schonung zum Kämmerling gemacht, Golo, der noch wilde Reden führt, an einem hohen Baum aufgehangen, Christiänchen will noch einen frohen Reihen mit der Gräfin heruntertanzen, da sind aber die Talglichter waren heruntergebrannt und rochen übel, es war sicher auch viel Lachen Greifen und Fassen auf dem Theater und unter den Zuschauern als ich schon von zehn Fak568

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kelträgern erleuchtet über die Schneefläche durch den dampfenden Winternebel nach Hause eilte. Was ist da rief ich? bey dem Geschrey eines versammelten Haufens. Ein Knabe trit auf seine Fackel und sang lustig das traurige Schicksal des armen Lipperle mir vor, an dem Golo eben eine sehr blutige Rache Ach den armen Lipperle Seht ihn dort Spas ist fort Blutig der Ort Chor # Ach du armer Lipperle Alles ist fort

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Genoveva suchtest du Kamst zum Ort War nicht dort. Kalt war der Ort. Chor #

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Golo er schlich ihm nach Liebet dort Denkt auf Mord, Thut dir doch Tort Chor #

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Sinkt der arme Lipperle Blutig am Ort Ist das Mord Oder etwa nur ein Spas? Chor # Ach um die liebe Spassigkeit Spricht kein Wort Spasseswort Klappert im Nord Chor Ach du armer Lipperle Spas ist nun fort.

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München den 12 Feb. Der Frühling naht schon dem gesegneten südlichen Deutschlande, alles ist mit weissen Blüthen bedeckt und die Pommeranzenerndte läst sich für dieses Jahr gut an; die Bäume stehn wie Löffel im Reis, so quillt das ganze Land von Frucht. Meine Fenster sind geöffnet während ich schreibe und ich freue mich dieser Kühlung meines freundschaflichen Gefühls gegen dich; wie bin ich zufrieden die protestantische Religion und das nördliche Deutschland und das Bier verlassen zu haben, da sässe ich jezt am Ofen und hier schweife ich unter den Palmen umher. Denke dir hier ist die Gewohnheit Florpelze zu tragen und Spitzenmützen als Winterkleidung, die Landleute kommen in Schlafröcken von Brokat zu Markte, die Mädchen in dem bekannten Kattun von Feigenblättern, den sie selbst verfertigen. Den Aermern wird jezt Eis ausgetheilt, weil die Keller der Reichen für den Winter schon wohlversehen. Es macht mir sehr viel Mühe mit dir in Prose zu reden, wahrscheinlich werde ich gleich wieder singen müssen, der Wein ist meiner nordischen Natur zu stark, ich taumle wie eine Mänade, mir wird heilig

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Nocheinmal willst du mich mit deinen Strahlen grüssen, Du goldnes Kind, der Auferstehung Bothe, Der aus dem langen Schlaf erweckt das Todte, Es rauscht die milde Luft, die Bäche wollen fliessen Von euch kommt alles her ihr blauen Frühlingslüfte, Unsichtbar Wesen, wie der Geister Weben, Läst du die Kräfte wieder sich erheben, Es springt die Knospe auf, die Farb, der Sang und Düfte. x Ach so erschöpfend bist du daß ich ganz versinke, Und bin ein Kind und werd mit dir zum Kinde, Ich spiel mit jedem Blat, gleichwie die Winde, Und in der Blumen stillem Meer ganz mat ertrinke.

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Ich kann dir für heute nicht mehr singen, eine Erkältung liegt mir in dem Kopf, du kennst deine sorglose Freundin, die manche Nacht in der Betrachtung der Sterne im Graben liegen blieb, wo sie sich wie im Grabe dachte, wie liebreich hast du mir dann am Morgen die Schuhe ausgegossen. Komm süsse Freundin, du bist die beste Frühlingsgabe, ich habe eine unendliche Sehnsucht. – Anmerkung der Herausgeber. Wir können nicht umhin das Uebertriebene in dieser Ansicht des südlichen Deutschlandes zu tadeln, wenn wir gleich das Talent der geehrten Verfasserin anerkennen und ihre ferneren Beyträge erbitten so viel wir wissen hat in der Mitte Februars viel Schnee noch in München gelegen wie hier, dies scheint die Ursach der Täuschung gewesen zu seyn, als wären in der Gegend blühende Orangenbäume, welche sich dort nur in Treibhäusern finden Es ist uns bey dem gegenwärtigen leeren Streite zwischen dem nördlichen und südlichen Deutschlande eine genaue Thermometer und Barometerbeobachtung, zugleich ein Register über die Pulsschläge der angesehensten Bewohner eingeschickt worden, die wir allmählig unsern Lesern mittheilen werden, ingleichen ein Wettstreit vom Wasser und vom Weine, der sich mit folgender Strophe endet: Das Wasser sprach noch: Hättest du mich nicht erkannt, Du wärst sogleich an der Sonn verbrannt! Sie wollten noch länger da streiten, Da mischte der Gastwirth die beyden. Das wird wohl das beste seyn, denn im Grunde weiß kein Mensch recht, wo das südliche Deutschland anfängt und wo das nördliche aufhört.

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Königsberg den 1. April Merkwürdig ist es wie sich Kotzebues längere Stücke in den meisten Städten überlebt haben, während man viele der kürzeren besonders im Karikatur fache noch mit Vergnügen sieht. So ging wieder die Sucht zu glänzen allen Bemühungen der Schauspieler zum Trotz ohne Wirkung vorüber. Dies brachte mich auf den Einfall sein ganzes Theater zu ein Paar Bänden abzukürzen und es gelingt mir sehr wohl. Die Scene für welche das Stück geschrieben trit meist so deutlich hervor nach dem Ausdrucke unsres Freundes wie das Wurststück worüber Eyer geschlagen. Mit einigem Geschick läst es sich in ein kleines Stück um wandeln, und so hoffe ich unsrer Nation einen Dichter vom Untergange zu retten, der durch seine Leerheit ihr freilich viel geschadet, aber es durch seine Regsamkeit im Mannigfaltigen vielleicht gut machen kann. Merkwürdig ist es mir bey dieser Untersuchung, daß ein dramatischer Schriftsteller der so viel geschrieben es doch nur so selten zur Unterredung bringen kann und fast nie zur characteristischen Sprache, auch dadurch wird die Karikatur sein Fach, weil die solch ein Talent, wie man es Iffland gern eingesteht, nicht bedarf, sie will nur den momentanen Effekt und verbittet sich sehr ihren John Bull nicht allzugenau zu untersuchen, ob er bey seinem Fette ohne Stickfluß leben kann. Den Schauspielern werden durch diesen Fehler in ernsten Stücken Kotzebues Stücke so leicht zum Lernen, daß sie eigentlich dramatische Werke nachher kaum mehr darstellen können, sie können so willkührlich in der Darstellung verfahren, es so abwechselnd sprechen, wie sie wollen, den Zusammenhang der überhaupt nur geschichtlich drin ist, stört es doch nicht. Merkwürdig ist noch wie nahe Kotzebue oft an höhere Kunst streift, es ist fast nur ein Strich, aber darüber kann er nicht, es ist als wenn ihm da der Teufel das Wort im Munde um dreht und er muß verdammt seyn. Ich glaube einige mal ihn glücklich über diese Grenze gehoben zu haben, entscheiden sie, ich schicke ihnen Proben –

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Antwort der Herausgeber. Wir verbitten die Proben und können uns auf die Entscheidung nicht einlassen. Sind sie in der Nähe eines Theaters so versuchen sie ihre Bearbeitungen, das viele schwatzen, kritisiren voraus, ohne gehörige Kenntniß der Bedingungen verhetzt nur die Theaterdirectionen, daß sie auf gar nichts Rücksicht nehmen und in ihrer liederlichen Nachlässigkeit bey einem vergnügenssüchtigen Volke und ausschließlichen Privilegien noch eigensinnig werden. Die Kritick hat in Frankreich, in England wie in Deutschland die Theater verdorben, was sie Lebendiges enthält verfliegt immer zu erst, und es bleibt nichts als der glühende Rost, worauf nachher ein Heiliger wie ein Missethäter gleich leicht gebraten werden kann. Wollen sie sich ein Verdienst erwerben, so nennen sie uns Stücke, die auf den meisten Theatern nicht aufgeführt werden, aber dazu geschickt sind oder bereitet werden können, von Kotzebue ist noch auf allen Theatern viel zu viel, sie brauchen nicht um seinen Untergang sich zu kümmern, es ist nicht immer Mangel an Unternehmungsgeist, sondern oft Unwissenheit der Directionen, welche die Vorstellungen von ganzen Jahren leer und langweilig macht; während trefliche Stücke nie versucht werden um das Publikum nicht in Verlegenheit zu setzen, ob es wie Gold oder wie Kupfer in der Probe besteht. London den 1 April Wer erinnert sich nicht des verunglückten Angrifs der Engländer auf Constantinopel und der grossen Marmorstücke, die auf unsre Schiffe von den türkischen Batterieen geschossen wurden. Der zufällige Besuch eines jungen reisenden Deutschen auf dem Admiralschiffe entdeckte eine der schönsten griechischen Statuen über 30,000 [Pfund] Sterling an Werth, welche auf diesem Wege den Engländern zum Geschenk gemacht war, es ist das Original der mediceischen Venus, Antiquare haben es längst gesucht, sie lag dort an einer Strandbatterie, wo niemand zugelassen wurde. Einige englische Politiker berechneten den Schaden am Balken des Schiffs zu 1 [Pfund] Sterling, es ist mithin grösserer Gewinn bey diesem Unfalle, als in der grossen englischen Lotterie. Was die Statue gelitten hat man noch nicht berechnet, das weiß man nur, nachdem ein junger Matrose vergebens verwehrt hatte sie aus dem Schiff zu bringen, ist er ins Meer gesprungen, er soll sie vom ersten Augenblick an geliebt haben, ungeachtet sie ihm beym Herunterfallen sehr hart auf den Fuß getreten und ihm den grossen 574

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Zeh am rechten Fusse zerschmettert habe. Die Statue ist ins brittische Museum gebracht werden. – Anmerkung des Herausgebers – Oder vielleicht in den Hof gestellt, wo wir mit vielen andern ägyptischen Kunstdenkmahlen auch eine weibliche Marmorstatue sahen, bey der zwey lustige Buben eifrig beschäftigt waren, ihr mit Ruthenstreichen die Nacktheit abzustrafen, welche ihnen unanständig schien. Von der Art Naturalien aufzuheben, die wir da gefunden, werde ich ein andermal reden, es ist ungefähr, als wenn man meint Wermuth und Beygang aufzuheben, wenn man in einem staubigen Zimmer Fliegen darin fängt. Ja Porterchen brauen, Seeschlachtchen liefern, um die Welt segeln, das könnt ihr wohl – aber den Schmetterlingen sind wahrhaftig alle Flügel ausgefallen im Museo. London den 1 April Die Engländer haben eine reine Begeisterung zum Gesetzgeben, man sollte von ihnen Gesetze wie in Nürnberg Spielsachen kaufen. Jeder Nationalvorzug hat einen entgegenstehenden Nationalnachtheil, das Vergnügen am Gesetzegeben hat selbst das Freyeste und Fröhligste den menschligen Umgang in ein regelmässiges Fieber gesetzt. Kaum wird einem Fremden Freydenkerey darüber erlaubt. Langeweile kann man indessen am leichtesten verschweigen, am schwersten verbergen. Diese Gesetze des gesellschaftligen Umgangs werden sich so schnell nicht verbreiten über Europa, wie ihre Jury, die nun auch im Königreiche Westphalen eingeführt wird. Viele fragen, warum eine solche zusammengelaufene Zahl Menschen gründlicher über die Straffälligkeit entscheiden soll als eine gleiche Zahl geübter Richter; als wenn diese dabey vergessen wären, da sie doch vielmehr als Organe zwischen dem Schuldigen und dem beleidigten Volke stehen. Alles kommt auf Ueberzeugung des Volks von der Gerechtigkeit seiner Gerichtsverwaltung an, die Ueberzeugung des Volks gnügt zur Verdammung des Unschuldigsten, es ist dann ein Naturereigniß, ein Unglück das ihn trifft, wie nach den jüdischen Gesetzen sicher mancher Scheintodte begraben worden ist. Von der öffentlichen Ueberzeugung hängt es ja ab, daß wir uns einander für lebendig halten. Mit der Verfassungslosigkeit in Deutschland hing auch die grosse Ungeschicktheit zusammen sich Gesetze zu geben, diese bleiben mit ihrer lächerlichen Sprache, Weitschweifigkeit und furchtsamen Ankleben an Gewohnheit gegen die Ueberzeugung das fatalste Denkmal der letzten Jahrhunderte. Statt die Gesetzgebung als wahre Blüthe aller Rechtsgelahrtheit und 575

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einziges Lebenszeichen derselben anzusehen, blieben die meisten Rechtsgelehrten immer nur bey dem Erlernen des Gegebnen, höchstens kamen sie dazu, dies etwas richtiger zu ordnen. Es war ein ewiges Umschippen des Korns, es verdarb nicht, aber es trocknete doch ein und taugt nun vielleicht nicht mehr zur Saat. Es war ein Gedanke in Preussen, sich eine Nationalgesetzgebung zu schaffen, es lag nicht in dem Regenten sondern in der Menge eingebildeter Juristen, daß er nicht besser ausgeführt wurde. Freilich wurden mancherley Leute befragt, selbst Kant, auch späterhin ist ihr Urtheil gefordert, aber nachher machten zwey übrigens recht brave Leute die ganze Sache auf ihrem Studierzimmer neben ihren Akten ab, daher bey den Lücken die Weitschweifigkeit, was nur grosse allgemeine, öffentliche Verhandlung hindert. Die Gesetzkommission

Kuhschnappel den 1 April Wir haben den Uhrmacher Bogs und die Schriftproben von Peter Hammer richtig erhalten wissen auch recht gut worauf das geht, der Uhrmacher Sgob will aber nichts davon merken. Sie wissen aber vielleicht nicht den Schaden, den diese Bücher angerichtet haben? Zwey verarmte Uhrmacher, die sich beyde darunter verstanden glaubten haben sich die Hälse abgeschnitten und wegen der Schriftproben sind sie nachdem ihnen diese Einschnitte wieder zugeheilt endlich toll geworden, so daß man sie für den Doktor Gall in der hiesigen Menagerie aufbewahrt.

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Marburg den 1 April Die Gelehrten haben sich noch nicht ausverwundert über das sinnreiche Räderthier, welches bekanntlich statt der Beine auf Rädern sich bewegt und des elastischen Fisches, von dem alle Schüsse abprallen, mit dem auch chirurgische Instrumente überzogen werden können; schon wieder etwas neues! Das Mantelsackthier von den Gebürgen im Innern von Afrika, eins der gefährlichsten Raubthiere, weil es eine monatliche Provision bey sich einpackt in die Wildniß zieht, bis es der Hunger zu den Menschen zurückbringt. Es wirft alle Tage einen kleinen Mantelsack, ein Glück ist es, daß unter hunderten kaum einer leben bleibt, Afrika sähe sonst aus wie ein grosses Posthaus. Der sonderbare Name des Thiers ist von der Einrichtung des Thiers ent576

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standen, ähnlich den Schildkröten sich zu verschliessen nur mit einer Art Knöpfen, die auch Zitzen seyn mögen. Seine Augen verdienten nähere Untersuchung, es scheint aber eine den Spiegelteleskopen ähnliche Einrichtung, das ist zweifelhaft, gewiß aber, daß sich keiner auf eine Meile ihm nähern kann ohne bemerkt zu werden, da zieht es sich zusammen und eröffnet sich nur, wenn es seiner Beute gewiß ist, so daß es bisher niemand eröffnet gesehen hat, es scheint aber geschlossen einem Felsen ähnlich, ja viele behaupten bis jezt, es seyen Felsstücke die man dafür aus gebe. Warum sollte es aber nicht möglich seyn, daß ein Thier seine Füsse Kopf, Schwanz u.s.w einpackte, wenn es nicht Lust hätte sie zu brauchen, oder sie zu zeigen. Die Jacht darauf wird künftig sehr unterhaltend seyn, das gewöhnliche Treiben, Klappern, geht nicht, denn das Thier scheint keine Furcht zu kennen, mit Netz und Angel, selbst mit Kanonen kann man nicht unbemerkt nahe genug, man muß ihm also Fallen stellen. Die Frage ist nun ob es dumm genug dazu. Ob dieses Thier etwa allegorisch zu nehmen für Grabstein? Sehr thörigt, warum hieß es denn, daß es in Afrika wäre, daß Mungo Park eins mitgebracht, aber es auf der Reise wegen grosser Schwere über Bord habe werfen müssen. Unser Landsmann Schikaneder wird uns darüber die beste Auskunft geben, der dieses Mantelsackthier für die neue Ausgabe der Zauberflöte umarbeiten will. Kaltblütige Prüfung thut sehr viel, vielleicht ist es mit diesem Thiere, wie einem Freunde über das Sattelpferd in der Nacht vom Postillione erzählt wurde. Ja, sagte der, kein Mensch glaubt, was das Pferd frist, das wird niemals satt, wenn man ihm ein Futter hingeworfen hat muß man das andre schon holen, keinen Augenblick hat man Ruhe; das weiß kein Mensch, das glaubt keiner, das geht in keine Kirche hinein, was das Thier schon gefressen hat, aber wenn es einmal anfängt zu laufen, so hält es kein Mensch, da ist es ihm einerley, ob Berg oder Graben, ob eine Mauer oder ein Hauß im Wege. Der Reisende kriegte Angst im Wagen vor dem Ungeheuer, das wenigstens vom Trojanischen Pferde abstammen muste, er sah es recht gern, daß der Knecht langsam fuhr, er wollte in die Polizeyfama einrücken, daß man alle Länder gegen diese entsetzliche Rasse warnen müsse, da wurd es hell, es ging einen Hügel heran und der Postillon lockte einen heissen müden mageren Gaul mit Brodbrocken, und doch blieb er alle Augenblick stehen.

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Berlin den 1 April Die Erfindung des Perpetuum Mobile, woran tausende gearbeitet und die von allen gelehrten Societäten in ihrer Unmöglichkeit bewiesen worden, ist endlich durch einen jungen Deutschen von Adel glücklich zustande gebracht. Er ist durch Betrachtung der Gestirne darauf gekommen, während er vor dem Hause seiner Geliebten lustwandelte. Die Einrichtung ist simpel, wenn die erste Bewegung da ist, so geht sie so lange in sich fort bis sie kurz und klein ist. Eine Dampfmaschine bringt ein Rad in Bewegung, das durch Bewegung mehrerer eiserner Walzen und dadurch hervorgebrachte Reibung und Wärme das Wasser zum Kochen und so zum Treiben der Dampfmaschine bringt – Ueber die Quadratur des Cirkels werden jezt mit Dukaten Versuche angestellt – Ein deutscher Chemiker hat entdeckt aus gewöhnlichem guten Canarien-Zucker die gewöhnliche Runkelrübe (beta cycla Lin) nach zu machen, die Bereitungsart ist bis jezt noch etwas kostbar, er glaubt sie aber abkürzen zu können, wenn man ihm ein Zuckermagazin zu den Versuchen schenkt. – Man hat bemerkt, wie die Natur sich selbst immer wiederergänzt, so haben die Bienen an Zahl und Fleiß sehr zugenommen seit der allgemeinen Häfensperre. – Neue Versuche mit Seifwässer beweisen es, daß der Flugsand in den besten Waizenacker umgewandelt werden könnte, wenn jeder patriotische Staatsbürger alle Morgen eine Handvoll in sein Waschwasser thäte, ihn dann auf dem gewöhnlichen Stubenofen trocknen liesse, bis endlich die ganze obere Kruste davon imprägnirt wäre –

Chamouni den 1 April Jedermann weiß die Zunahme der Gletscher in der Schweiz, es scheint eine der abnehmenden Feuer-Vulkanität entgegenstehende Erscheinung. Ein reisender Theaterdichter räth die Gegend perspectivisch für die Sonne schwarz anzustreichen und schwarze Kulissen anzubringen, die Scene würde sich dann von selbst aus Traurigkeit erhitzen, der Gletscher würde in Thränen zerschmelzen. O du armes zerknicktes und erdrücktes Erdherz! Ganz finster bist du doch nicht, von wegen des rechten Winkels; aber die Tangentialkraft macht ein exorbitantes dreymal gestrichenes Wehe, wenn ein und ein halber Centner Schmalz aus dem Sonnenprincipe darin gesättigt wird, denn Schmalz aus dem Sonnenprincipe nenne ich den Schnee, der die Erde schlüpfrig macht und mit Sauerstoff verbunden ist, nach Versuchen mit Schmierstiefeln, 578

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〈Herr von Kotzebue〉 Herr von Kotzebue hat behauptet daß Herr von Falstaff ein sehr braver Ritter gewesen, ich bescheinige dagegen; daß er sich auf dem alten Döbbelinschen Theater gegen die Männer in Steifleinen sehr schlecht gehalten hat, von denen ich selbst einer zu seyn die Ehre hatte. Garlieb Merkel gewesener Schauspieler, jezt Fechtmeister.

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〈Apfelhüterin Friedricke Baumannin〉 〈Clemens Brentano〉

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An die Herausgeber. Liebe Herrn! Ich bin ein gar armes Mensch, sie sagen mir auf der Glashütte ich sei toll und übergeschnappt, wenn ich mir die Schlacken auflese, in deren Glanz so wunderliche Farben sind, ach es ist doch alles des Meisters, der es gemacht, im Sommer hüte ich die Aepfel für einen Bierbrauer, da singe ich, so oft ein Apfel fällt, ein Lied, und vorgen Sommer hat mich ein Student besucht im Aepfelgarten, er gehört seinem Vater, der hat mir allerlei unterschiedliche Sachen gesagt, von der Poesie, und da habe ich nichts von begriffen, er hat mir auch gesagt, ich sei ein schöner Gegenstand für einen Roman, aber die Lyra hätte sich überschlagen in mir, darüber habe ich armes Mensch viel geheult, die Bäume wissens wohl und die Luft weiß es am allerbesten, denn ich athme sie ein. Er hat mir auch gesagt, ich sei eine Poetin, und bin ich doch eine Baumäninn, und heiße Friedericke Baumaninn, aber einmahl hat er mir Lieder vorgelesen, die waren so schön, da ward mein Herz wie ein Frucht mit Kernen. Den Tag drauf, als ich glaubte er sollt wiederkommen, war ich nach dem Krämer gelaufen, und hatte ein rothseiden Band gekauft für all mein Geld, das spannt ich um vier Apfelbaume, ich dachte er sollte wiederkommen, ja, er ist noch nicht da, er sollte mir unter den Bäumen, um die das Band gieng, vorlesen, ich habe viel Angst gehabt, und habe mir um viel Geld ein Buch von der Sache, von unserm Judenboth in der Stadt kaufen lassen, das Buch heist, Erdmann Uhsens wohlinformirter Poet worinnen die Poetischen Kunstgriffe, vom kleinsten biß zum Grösten durch Frag u Antwort vorgestellt. Leipzig 1715. Das habe ich nun auswendig gelernt diesen Winter, und dachte, wenn den Sommer die Aepfelhut wieder angeht, da kömmt der Student wieder, und der kann mich überhören, aber ich bin durch ihn in große Zweifel gekommen, als er kam sagte ich also aus dem Erdmann Uhsen Waß ist die Poesie? Die Poesie ist eine Geschicklichkeit, seine Gedancken über eine gewisse Sache zierlich, doch dabei klug und deutlich, in abgemeßenen Worten und Reimen vorzubringen 581

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Muß denn einer nothwendig Verse machen können? Mancher kann diese Kunst ziemlich entbehren, der eben nicht grose Ursache hat, sich durch ein Carmen bei andern beliebt zu machen, oder, so ihm ja eines sollte abgefordert werden, schon seinen Mann weiß, der an seiner statt solche poetische Arbeit auf sich nimmt: Wer aber seine Rekomandation durch einen geschickten Vers erhalten soll, und keinen substituten hat, der hierinnen seine Stelle verträte, der wird der Poesie gar schwehrlich entbehren können. Mancher muß andere in der Poesie unterweisen, und also nothwendig dieselbe wohl verstehen. Waß nutzet aber eigentlich die Poesie. Mehr als vielleicht mancher denken sollte: denn es bringet uns dieselbe auf allerlei artige Inventionen, manierliche Expressionen, verschafft uns ein gute Copiam Verborum, belustiget unser Gemüthe, und machet uns bei andern Leuten oftmals sehr beliebt.

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nun hatte ich das mit groser Mühe auswendig gelernt um es dem Studenten zu sagen, und ihn um die Explication da von zu bitten, worum ich stets in Aengsten bin, da hat er mir aber gesagt, daß dies Alles nicht wahr sei, die erste Frage könne er mir gleich anders beantworten, das lautete anders und hat er mir aufgeschrieben, wie da folgt.

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〈Jacob Grimm〉 Waß ist Poesie? Poesie ist die Kunst, selige Inseln voll Schönheit Harmonie u. Zweckmäßigkeit voll schöner großer und begeisternder Ideen u. zarter tiefer u. heiliger Gefühle aus dem Ocean der Menschenbrust durch den Zauberstab des metrisch gebundenen u. dennoch freyen Wortes mit Schöpferkraft ans Sonnenlicht emporzuheben u. bei ihrem Anblick eine ganze Welt in süßes ungewohntes Staunen zu versetzen. Recensent in der Leipz. Lit. Zeit. 1808. n. 36. col. 565.

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〈Clemens Brentano〉 Ach Gott liebe Herrn, woran soll ich mich nun halten, haben sie ein Erbarmen mit mir armen Mensche ihre Friedricke Baumannin Apfelhüterin zu Merseburg im freyen Dichtergarten Ich bitte sie recht sehr ihre Meinung bald bekannt zu machen, grüßen sie mir doch den Sohn eines Holzhändlers, der sich bei Ihnen aufhält, der weiß gewiß drum, wer Recht hat, der Erdmann oder der Student? Er wird mir auch gern antworten, aber ja recht deutlich, ich habe einmahl das Vergnügen gehabt, auf einem Holländerflotz mit ihm zu fahren, grüßen sie den lieben Herrn. – Herzbruder 〈Arnim〉 Nun was willst du antworten? fragte der Herzbruder. – Ungeachtet wir Einsiedler nicht aus der Welt davongelaufen waren, wenn wir noch Lust hätten uns mit gemeinen Leuten abzugeben so benutzen wir doch die Gelegenheit hier noch ein Gedicht an den Mann oder vielmehr an eine Frau zu bringen, das hier viel besser passt als eine Faust aufs Auge.

Antwort an die Friedricke Baumannin. Karikaturen über die poetische Poesie.

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Tieck in seinen Volksmährchen (III B. S 235) bemerkt sehr richtig: »So wenig es sagen will ein Gedicht hervorzubringen, soviel hat es zu bedeuten wenn man eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen im Stande ist und dazu haben wir auch die alten Classiker.« Da ich ihn lieb habe und immer wieder denken muß, wie ich ihm so viele gute Lehren danke und wie mir das Grün der Erde an seiner Seite wieder so lieb geworden, so gehe ich selbst an die Arbeit, mein folgendes Hochzeitgedicht zu erklären woraus ich Ihnen, geehrte Jungfer den Begrif der Poesie entwickeln möchte, wenn ich nur wüste ob es poetisch wäre? Dies zu erfahren machte ich mehrere vergebliche Reisen. Da 583

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begegneten mir mehrere beflügelten Journalisten, die allesamt an den grösten Ereignissen in der deutschen Literatur auch mit den grösten Antheil gehabt hatten und wollte sie um die Beurtheilung 〈m〉eines Gedichts bitten, ich lief ihnen nach, aber ein alter grüner Mantel gab mir in ihren Augen das Ansehen eines Chasseur ohne Pferd. Die ganze Ebene war ein Geschrei, an den einzelnen Wachholdersträuchen hingen abgerissene Stücke ihrer Fahnen, die sie jezt wie Flügel schwangen. Sie warfen da ihren Ballast aus, bey einem Roßkäfer lag da der Beweis, daß Göthe nicht deutsch schreiben könne, ferner ein Beweis, daß die deutsche Literatur eigentlich nichts andres als ein Streit zwischen Schlegel und Kotzebue ferner ein Beweis, daß das Sonet kein Gedicht sey und die Landschaftmahlerey nicht zur Mahlerey gehöre. Diese Ephemeren flogen so schnell, daß ich selbst nicht wuste, warum ich ihnen so nachlief, als wäre ich auf eine Kanonenkugel geladen, da bemerkte ich erst, daß mir ein ganz dürrer Schatten wie ein getrockneter Fisch seinen Spazierstock in den Rückgrad gesetzt. Da ihm das Laufen keine Mühe machte, denn er hatte nichts zu tragen als etwas fliegenden Sommer, der sich an ihn angelegt hatte und ihn puppenartig umsponnen, so sprach er immerfort in den Wind. Fliege bald aus du gute Raupe, ich erkenne dich wohl du warst ein guter Mann und zu ehrlich, du hast dich an der Literaturgeschichte todt gehärmt, sonst wärst du zur Literatur gekommen! Er machte ein Paar Augen wie Zitternadeln und sah immer auf einen kleinen Kerl, der wegen seiner Kurzbeinigkeit und Kurzhalsigkeit auf jeden Fall nicht weit kommen konnte; auf einmal warf er ihm seinen Spazierstock zwischen die Beine. Der kleine Kerl fiel und kroch auf allen vieren, nahm auch seinen Rock über, daß ich ihn für einen simplen Maulwurf wie andre Menschen halten konnte, ließ es aber auch danach nicht auf poetische Poesie zu fluchen, die ihm nach seiner Meinung zwischen die Beine gekommen; darüber ärgerte sich die abgehärmte Literaturgeschichtsseele wiederum, daß ich nichts mehr als Gräten sehen konnte, es war ein sichtbares Nichts. Nun hatte ich Ruhe und legte dem kleinen Kerl demüthig mein Werk vor, bat ihn, die glückliche Anlage nicht zu verkennen, aber ein Glockenziehen in der Nähe meines Schreibzimmers habe mich in die vielfachen Reime gezwungen, es war das Hochzeit-Locken für meinen Freund und ich dachte wie ernstes Nachsinnen und allvergessendes Minnen bey dem alten Minnesänger in diesen Augenblicken mit einander kämpfen mögen, ich bat ihn daß er wegen meines guten Herzens meinen Kopf entschuldigen müsse, wie er so oft 584

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in seinem hochverdienten Blatte gethan. Der kleine Posaunen-Engel mit den glänzenden Augen, die wie Glätsteine deutscher Bildung heraus blickten, hatte mir den Schreck längst vergeben, es rührte ihn, daß man ihm so gut begegnete, doch wollte er sich noch ernsthaft zeigen und grif nach seiner Zeitung, die er aber mit aller übrigen Makulatur längst aus geworfen hatte. Das traf. »Ach, wann wird sich wieder eine freye Stimme dürfen hören lassen – ich weiß nicht, ob meine Zeitung vor der nächsten Jubilatemesse wieder erscheinen darf. Ach deutsche Freyheit wie bist du gesunken!« Dicht bey uns vorbey wurde da ein heftiger Mann geführt, der mit seiner Wache zankte: »Das sag ich ihm verfluchter Unteroffizierer weiter geh ich ihm nicht; hab ich auch ein dummes Buch geschrieben, so will ich darum mir nicht die Füsse ablaufen, warum seyd ihr so dumm, daß alles wahr wird. Macht ihr mich zum Propheten, so müsst ihr mich auch so behandeln.« Die Wache erwiderte aber mit Recht: »Wir wollen seinet wegen nicht gefangen seyn!« und nahmen den verlornen Spazierstock und schlugen damit so lange auf seine Basis, bis er der Grätenseele nach gen Himmel fuhr Der starb auch an der poetischen Poesie sagte der kleine Kerl. In dem Gerede kam der Tod als General gekleidet auf einem fahlen Pferde dahergejagt, daß des Pferde Bauch sich an den Distelköpfen kitzelte und schrie mit rechtem Zorn zu der Wache und zu uns: Ihr Hunde, wisst ihr denn gar nicht, daß ihr gefangen seyd. – Kein Wort Ihre Excellenz. – Ja, ja Kinderchen, gebt euch nur, ich habe mich auch in die Kapitulation mit einschliessen lassen, die Wege sind jezt zu unsicher um den Krieg sicher zu führen. – Ja, sagte einer von der Wache, es wird bald dunkel, da könnten wir uns vertheilen und bey dem Nachtschiessen kommt nichts heraus, man kann da keinen Schrit hinter sich sehen. – Der kleine Kerl nahm Se Excellenz beyseite, machte sich ihm namenkundig, stellte ihm seine besondre Kriegsgeschichte vor; Se Excellenz fluchten: Mag ihn nur der Teufel holen, er ist doch nur allein an dem Kriege schuld, hätt er nicht so oft von meiner Bravour geschrieben, ich hätte niemals daran geglaubt (ich verstehe meinen Dienst, aber für so ausserordentliche Fälle bin ich nicht gemacht). – In diesem Augenblick ging der Propfen einer Bierbutelje in meinem Schnapsacke los, der kleine Kerl vor Schrecken sprang in einen Dachsbau und wie er drin war, kam der Grätengeist mit einem grossen aber eleganten Propfen und stopfte das Luftloch zu. Das kam auch von der poetischen Poesie Da steh ich mit meinem Hochzeitgedichte und weiß nicht ob es 585

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gut oder schlecht ist. In dem Augenblicke kamen zwey Gymnasiasten an, welche die verlornen Papiere aufsammelten, die Fahnen, Schilde, ich legte ihnen meine Arbeit vor, der eine sagte mir von ausserordentlicher Gewandtheit, dann wendete sich das Urtheil und der andre sagte, es wäre nicht recht just mit mir. Da habt ihr mein Gedicht rief ich, der Wahnsinn ist mir ganz besonders ekelhaft, was ich davon in meiner Zeit gesehen habe ist mir sehr niederträchtig vorgekommen, aus nichts kann doch nichts werden; auch habe ich noch keine Furcht vor meiner Vollkommenheit, weil ich noch immer in meinen Manuscripten corrigiere, allzu jung bin ich auch nicht um schon so klug zu seyn. – Schaufeln sie auch nicht mit den Beinen oder schlagen sie sich mit der Hand an den Kopf? – Ich schaufle in Pantoffeln und schlage an den Kopf, wenn ich einen dummen Streich mache. – Das ist ein schlimmes Zeichen, sagte er, lieber mit einem dummen Streiche den andern gutmachen. – Lesen sie bat ich flehend: Und er las 4

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Der Strahlenkranz im Fakeltanz von Sinnen und Minnen. Sinnen spinnet Nebel innen Minnen innen einzuspinnen. Um das Minnen Nebel rinnen. x Minnen Sinnen will gewinnen Springend bringend hoch zum Ringen Kranzes Schlingen, Fackel-Schwingen. x Quellen schnelle sich erhellen Freyn zweye sie in Treue, Lichten Wellen Zu gesellen. x Strahlen mahlen sich im Thale Düfte lüften dumfe Klüfte Goldne Schalen Wolken strahlen. x 586

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Dunkel munkelt im Gefunkel Nebel streben bunt zum Leben, Wolken schweben Grün an Reben. 5

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Tauben lauben sich in Trauben Kekes Necken zu verstecken, Dichte Hecken Zu erwecken. x Lieder niederziehn die Glieder Blütenbrut zerdrückt ihr Wüthen Ihr Gefieder, Rächt sie wieder x Rosen koosten da im Moose Und ihr Dorn spornt sie im Zorne Doch die Rose Liegt im Schooße x Pfeile heilen, wenn sie weilen, Schmerz im Herz zu Herzensschmerzen; Freude theilen Heisst sie weilen. x Winde schwinden im Umwinden Thränen rinnen im Beginnen: So im Minnen Schwindet Sinnen! x Kranz mit Glanz im Fackeltanze Winket blinket und versinket: Sinket Sinnen Blinket Minnen! – Recht viel poetischer Sinn darin, einige Verse ändern sie wohl mir zu liebe, aber welche, das weiß ich nicht; der Ruhm eines Dichters beruht oft auf ein einziges Wort. – Lieber Gott, rief ich, hab ich denn noch nicht allen Ruhm, haben denn nicht drey schöne Mädchen an einem 587

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Sommertage an meinen Liedern geschrieben und war ich nicht in eine verliebt, die so geheim that mit ihrer Handschrift, mit Recht, mir warens Arabesken von Liebesgöttern in verschlungenen Blumen. Ihr Liebesgötter seyd mit den Journalisten davon geflogen. – Ich sah nicht was das wirkte, ein erwachsenes starkes Mädchen schlich langsam vorüber, sie hielt sich an Stühlen, ihr war drehend im Kopf, sie setzte sich draussen nieder und stand nicht eher auf bis sie ihr erstes Gedicht vollendet, das zweyte kam zum ersten, das dritte und so weiter, jezt ist sie eine der berühmteste Dichterinnen auch mit und Sie, die das so gleichgültig hören Herr Schulmeister, ich hab Sie schon in meinem Zauberkreis ich arbeite in Ihnen aus, was ich selbst zu schreiben allzuträge Finger habe und gefällt es Ihnen dereinst nicht mehr bey den Aepfeln im Garten zu Merseburg so will ich Sie anstellen im freyen Dichtergarten um die Schreib und Druckfehler zu corrigieren. Lebe Sie recht wohl, Unkraut vergeht nicht wie auch meine Hochachtung Einsiedler. Das finde ich nun unrecht, sagte der Herzbruder, die Leute nennen mich boshaft und du lachst eigentlich die meisten in der Stille aus . – Das sind Repressalien, auch haben alle die Leute sicher etwas Herrliches, die etwas Lächerliches haben, das ist der nährende Boden, das ganz Vortreffliche ist ein Becher ohne Fußgestell, so auch in Gedichten. – Aber der König in Thule der hat doch Hand und Fuß und ist vollendet. – Es ist sehr lächerlich, wenn die Leute während sie täglich doch tausend andres lesen wollen, immer mit dem Vollendeteren, was sie kennen, wie mit einer Deichsel in den Leib fahren, der König wirft seinen Becher gleich ins Meer, damit wir nicht sehen, wie er gemacht ist. Ich gestehe Dir im Tiefernsten ist Vollendung möglich.

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Antwort der Friedericke Baumannin Hochedel zu verehrender H. Einsiedler wir danken für die gebürliche Antwort auf unser erstes Schreiben, befinde mich auch gegenwärtig recht gesund seit ich mit Dero Herzbruder in gesegneten Eheumständen mich befinde, hab auch mit der Poesie gar und ganz nichts mehr zu thun noch behaftet bin, desgleichen hoffen wir bey Ihne auch, mit 588

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dem gegenwärtigen Augenblick schütten wir unsre Liebe mit der Feder gegen Ihne aus, nehmen sie verliebt! Wir können sie nicht hoch und theuer genug beschreiben, denn es ist gewiß nichts rührender, als ein Herz das mit Flammen der Liebe brennet wie die Sonnenstrahlen und ist gewiß nichts trostreicheres als ein Herze, das vor lauter Liebe blühet wie das Pfeilgen am Wege. Grad so wie die Schatten der Nacht bey Anbruch der Morgenröthe, so verlieren sich alle wilden und fremden Gedanken, wenn das Band der Liebe von unsrer Freundschaft an unsern Herzen anklopft; recht herzlich waren wir gesonnen H. E. ein angenehmes Bresend zu machen, weilen wir sehen, daß der Herr unser Gott uns segnen nit was Quetzen will und darvon Hönig Coozezieren wollen, so wollen wir Ihne an unser Herz geschlossenen H. E. fragen, ob wir bey solcher Handlung etwas Gewürz brauchen oder nach dero Belieben zu vermeiden pflegen.+ Weiter L. E. die Torodea lasst Ihne doch gütigst bitten, möchtest ihr doch so ein Lehrgedicht kaufen, wie Sie uns geschickt haben, seyn Sie so gut und langen das Geld aus, sollens gleich nächstens wieder bekommen, seyn so gut und schicken es uns dar, wir wollns gleich anlieffern. Bis gegenwärtig befinden wir dennoch nach dem grösten Wohlergehn, weil wir jederzeit unsre Einrichtung nach der grösten Comoditet veranstalten. Insonderheit wissen wir Ihne mit sonst keiner Neuigkeit aufzuwarten, als mit aller herzlichen Begrüssung von allen Anverwandten beladen. Mit ganz umarmter Liebe actministriecieren und empfehlen wir uns: Friedericke Baumannin verehligte Herzbruder Apfelhüterin im freyen Dichtergarten!

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Herausgeber erbitten sich das Gewürz abgesondert dabey zu legen, um es nach Gefallen zu brauchen. 589

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Chronick der Universitäten.

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Es ist in mehreren Zeitungen nach gefragt, ob es etwa ein Druckfehler im Lekzionskatalog sey, daß der Professor der Anatomie Rolfink nach eignen Präparaten lese, ob es etwa Dictaten heissen müste. Die Sache hängt aber so zusammen, daß der Professor zugleich sein eignes anatomisches Kabinet ist und in dieser Hinsicht von den Bürgern theurer bezahlt würd, er hat mit edler Aufopferung seine meisten Glieder durch Hunger so geschickt präparirt, daß die ganze Anatomie daran sich entwickeln läst, um Herz und Eingeweide zu demonstriren erbittet er sich nur einen Zuhörer, dem er dafür das Collegium frey giebt. Das merkwürdigste Denkmahl seiner Geschicklichkeit wird im Kirchenknopfe aufbewahrt, es ist ein unsichtbares Nervenpräparat, das er selbst aus seinen unsichtbaren Waden präparirt hat. So trauerlich dies klingen mag, es ist eine gute Erinnerung an das Leben, welches manchem wie ein allmäliges Auspräpariren der Seele erscheint aus der sich ablebenden körperlichen Haut. Ich erinnere hiebey an eine Vorstellung auf dem Todtentanze, wo sich der Anatom über das reine schöne Skelet des Todes freut. Aus diesem Gefühle schreibt Hilscher in seiner Beschreibung des Todtentanzes: Weil endlich bey dem Tanze auch Musick seyn muß, so hat man die Todtengerippe spielend vorgestellt auf einer Strohfiedel von Menschenknochen, auf welchen dasselbige ein Lustiges macht. Zwischen Hamburg und Lübeck soll in einem Gehölze eine Grube seyn, daselbst vor dem einer mit Namen Pape Döne sich bettlersweise aufgehalten und viel Leute, so vorüber gangen, mit List um ihr Leben bracht, derer Hirnschedel er an einer Schnur reihenweise zusammengehenkt und wenn er einmal sich eine Freude machen wollen, hat er die Schnur gezogen, daß sich die Hirnschedel davon beweget und an einander geschlagen haben, dabey er gesungen: Tanzet mein lieben Söhne, das heist euch Pape Döne. Eine recht traurige Musick, doch geht es auch beym Todtentanz nicht lustiger zu und wird dabey kein andrer Klang als von Knochen und Hirnschedeln gehört. Die Anatomen werden wohl am besten nach der Musick tanzen können.

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Burg. den 20 Februar Gestern starb hier an der Tabeldohte der bekannte gelehrte Dichter Herr Kommerzienrath Brennpunkt, er gehörte auch zu den reichen Dichtern, weil er auch mit einer aus dem goldnen Zeitalter war. Er platzte nicht vom Essen, sondern an der Meinung, daß man über ihn stichele und ihm bald nicht mehr die nöthige Ehre erweisen möchte. Wir sprachen von den Schabbesbrillen der Juden, die diese für den Tag zum Spazierengehen aufthun. Das bezog er auf seinen Namen, wie er vor seinem Tode aussagte und auf die Art Anstand die er sich einstudiert, um fremde Reisende zu empfangen. Einer fragte: Ob sie die Brillen auch nun in den Krieg nehmen, ob man da nicht auf die Flinten Verkleinerungsgläser schrauben müste durch die sie die Feinde ansähen. Das bezog er auf einen Schreck, den er während des Krieges gehabt, wo er Stiefeln wichsen muste und ein Gewehr in der Nähe so natürlich anfing zu wackeln, daß er es für lebendig hielt und hinaus lief. Da rief einer, daß wenn diese Nazion und die gelehrten Klatschereien aufhörten, die Jämmerlichen gar keinen Brennpunkt mehr hättn, daß es am Komischen fehlen müsse. Da platzte der Mann, nachdem er lange mit dem ängstligen Hinunterschlingen nachgelassen hatte. Von der Gewalt der eingepressten Luft war sein Herz sehr tief hinunter getrieben. Der Herr Professor der Literatur Geschichte sagte darüber am andern Morgen nach einer kurzen Einleitung von einer halben Stunde: Er in dessen Herzen eine ganze Welt ihren Brennpunkt fand, ein edler und mit dem schönen ihm allein eignen Ausdrucke gesagt ein gottähnlicher, ein gottähnlicher Mann, wie ein Regenbogen stand er da, wer kennt nicht seine Schattenrisse im menschlichen Herzen Cölln bey Peter Hammer 1765 die erste Auflage, erste Auflage, schreiben sie meine Herren, 1777 die zweyte mit einem Register vermehrt und einer Strophe, 1779 die dritte, worin er einiges mit Unrecht geändert hat, was eigentlich das Beste im Buche war, die Ausgabe ist gar nichts werth. Grosse Männer werden auch in ihrem Alter schwach, ein Glück ist es daß sich keine Subscribenten zu der von ihm angekündigten neuen Ausgabe fanden, wir hätten nichts als Makulatur bekommen. Ein unvollendetes Werk mit der Feile höchster Vollendung dreissig Jahre behandelt »Der kälteste Tag meines Lebens« findet sich noch unter des Verfassers Papieren. Ueber einen Kasten, den er bey sich führte, worin man köstliche Papiere vermuthete hat sich der jun591

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ge Gelehrte Karfunkel, welcher ihn aus Herzenstriebe als Bedienter unentgeltlich begleitete mit unsern beyden alten Stadtgelehrten gestritten, sie haben ihn nach Pflicht davon wegdrängen wollen, er ist aber lieber darauf gestorben. Das nenne ich Eigensinn. Als die Gerichte ihn nun eröffnen liessen, fand sich darin ein Affe in Spiritus, mit dem der alte Kommerzienrath bey Lebzeiten zu spielen die Gewohnheit hatte. Wer Gefühl für das Edle hat, wer nur mit einem einigermassen gutfühlenden Herzen versehen, – die Rührung unterbricht meine Rede. Es schlägt, ich schliesse meine Herren. Ich bemerke nur, daß unser würdiger Anatom aus der Zerlegung bewiesen, daß der Edle doch auf jeden Fall hätte sterben müssen, wenn er nicht durch diesen Zufall getödtet worden wäre er hätte im Eingeweide etwas anders aus gesehen als die Eingeweide auf seinen anatomischen Tafeln. Auf sein Grab soll ein Laokoon gesetzt werden.

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Architectonische Preisaufgabe

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Ein grosses Herrenhauß für zehntausend Einsiedler und Einsiedlerinnen, die sich nach Gefallen sehen und auch nicht sehen können, also mit mobilen Wänden; mit allen Arten von Vergnügungsspielen die jezt noch irgendwo in Deutschland im Gebrauche, Kartenspiel ausgenommen; eine Küche mit allen mögligen Speisen Keller gleichfalls, angenehme Gegend, gutes Wetter und heitre Laune: Das alles so durch und durch als Buchhändler Speculation entworfen, daß nur frisch beschriebnes Papier als Geld darin gilt, so wie auch der Preis für den Architecten in einem dichterisch beschriebnem Blatte besteht.

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KOMMENTAR

Zu dieser Ausgabe Die

Zeitung für Einsiedler innerhalb der Weimarer Arnim-Ausgabe

Die Zeitung für Einsiedler stellt eines der originellsten Publikationsorgane der literarischen Romantik dar, das insbesondere aus der Heidelberger Romantik mit ihren Fehden nicht wegzudenken ist. Verantwortlicher Herausgeber war ausschließlich Achim von Arnim, der sich allerdings durch seine Freunde – insbesondere Clemens Brentano und Joseph Görres – inspirieren ließ und für einige Nummern auch die Redaktion der – wohl schon eingeplanten – Texte Brentano überließ. In seinem Vorwort zur Tröst Einsamkeit – das sind die als Buch gebundenen unverkauften Zeitungsnummern – gab er die Maskenfreiheit auf und sich als nur Einer zu erkennen. Als Herausgeber warb Arnim Beiträge ein, entschied über die Aufnahme und die Verteilung auf die Nummern, griff kürzend in Texte ein und versah sie mit Fußnoten. Aktuelle Bezüge zu Zeitereignissen oder lokalen Geschehnissen wollte er vermeiden, obwohl genau das eine der Aufgaben einer Zeitung gewesen wäre; doch es war eben eine Zeitung für Einsiedler. Ein eigentliches Programm teilte er zum Erscheinungsbeginn nicht mit; Arnims Ankündigung war ein Scherztext, der das erst seit Anfang 1807 existierende Morgenblatt für gebildete Stände von Cotta in Tübingen durch schwungvollen Leichtsinn erschreckte und zu sofortigem Angriff veranlaßte, ehe überhaupt eine Nummer gedruckt war. Erst in zwei Fußnoten in der dritten und achten Nummer gibt Arnim etwas über sein Konzept preis. In der ersten geht er auf einen brieflichen Wunsch Brentanos ein, welcher sich Polemik gegen die feindlichen Blätter gewünscht hatte: 〈. . .〉 wir möchten jedes gesunde Er-

zeugniß in der literarischen Welt fördern und die Kritik vernichten, die gleich bemüht ist, das Kind der Liebe lebendig zu seziren, um es in Spiritus scheinbar zu erhalten, oder in Wachs für ihre aesthetischen Vorlesungen nachzumachen. Aber wir wollen euch heilige Scheu lehren vor dem Lebendigen 〈. . .〉. In der achten Nummer meint er sogar: Der blinde Streit zwischen sogenannten Romantikern und sogenannten Classikern endet sich; was übrig bleibt, das lebt, unsre Blätter werden sich mit beyden und für beyde beschäftigen; man lernt das Eigen597

Kommentar

thümliche beyder Stämme wie in einzelnen Individuen erkennen, achten, und sich gegenseitig erläutern, und in seiner Entwickelung erkennen 〈. . .〉. Tatsächlich versuchte Arnim, Beiträger zu gewinnen, die kleinere Textproben aus dem klassischen Altertum beisteuerten, doch bekam er diese nicht. Der erstaunliche Mangel an grundsätzlicher Planung war wohl keine Nachlässigkeit Arnims, sondern entsprach seiner Vorstellung, wie durch kulturelle Bereicherung die Zeit der napoleonischen Unterdrückung am besten überstanden werden könnte. Ein Jahr später setzte er mit seiner Erzählungssammlung Der Wintergarten diesen Weg fort. Als Arnim dem Verleger Johann Heinrich Zimmer aus Kassel am 28. November 1807 ein Treffen in Frankfurt vorschlug, meinte er zur Fortsetzung des Wunderhorns: 〈. . .〉 lieber ein Paar Lieder mehr und etwas Gesichtspunkt weniger 〈. . .〉. Die Polemik der Gegner rief allerdings bei den Romantikern – denn dazu gehörte Arnim schließlich, wenn er sich auch ungern auf eine Richtung festlegen ließ – ein Feuerwerk von Satiren hervor, so daß die ZfE von ihrem anfänglichen Stil immer stärker in die Fehde gedrängt wurde. Der Monate vor Erscheinungsbeginn der ZfE am 1. April geplante Sonettenzyklus mutierte in der abschließenden Beylage endlich durch seine Zwischenbemerkungen zu einem satirischen Text gegen Voß und wurde fast 200 Jahre lang nur so rezipiert, bis Ulfert Ricklefs ihm auch eine poetologische Dimension zuerkannte. Wenn auch in der Rezeption der Zeitgenossen und der Germanistik die Literatursatire – schon wegen ihres Unterhaltungswerts – das größte Interesse beanspruchte, so ist doch überraschend, wie breitgefächert das von Arnim dargebotene Literaturangebot war. Das ist schon an den Sprachen ablesbar, aus denen Texte übersetzt oder über sie referiert wurde: Das Deutsche mit dem Mittelhochdeutschen, Frühneuhochdeutschen und Plattdeutschen, das Altdänische, Isländische und Schottische, das Lateinische, Altfranzösische, Spanische und Italienische, das Hebräische, Neupersische und Indische. Ganz Europa mit seinen orientalischen Wurzeln (dies ein Lieblingsgedanke der romantischen Philologie) trat in der ZfE auf. Die zugrundeliegenden Quellen werden im Kommentar nach Möglichkeit abgedruckt, sofern sie sich eindeutig identifizieren lassen und nicht etwa ganze Bücher zu kurzen Texten zusammengezogen wurden (das Internet macht inzwischen derartige ausufernde Abdrucke überflüssig). Als wenige Beispiele seien hier nur genannt: Goethe, Zeder (ZfE4, nach Goethes Handschrift, von Bettine Brentano abgeschrieben); Jacob Böhme (ZfE7, nach der Ausgabe in Arnims Besitz); der angebliche Tauler-Text (ZfE7, anonym aus dem Anhang einer Tauler-Ausgabe); Gori (ZfE9, damals in Brentanos Besitz); Machandelbohm-Märchen (ZfE29/30 nach der Abschrift von Arnims Diener Frohreich). Auch die von

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Zu dieser Ausgabe

früheren Editoren, vor allem Fridrich Pfaff, ermittelten Quellentexte erscheinen hier ebenfalls erstmals im Kommentar. Die Beschäftigung Arnims und seiner Mitarbeiter mit fremder Literatur wird so deutlich erkennbar, auch in Vorlieben, Mißverständnissen und Schnitzern. So läßt sich etwa Wilhelm Grimms wachsendes Verständnis des Altdänischen in den verschiedenen Übersetzungsversuchen der Jahre 1808/09 nachvollziehen. Auch wenn Gedichthandschriften noch vorhanden sind (so von Arnim, Clemens und Bettine Brentano) werden sie wiedergegeben. Der Kommentar stellt zahlreiche Datierungen richtig: Hingewiesen sei hier nur darauf, daß das erste Gedicht: Kranker König laß nicht schließen 〈. . .〉 in einer früheren Fassung schon vor März 1806 entstand, sich also nicht – wie die Germanisten mit Johann Heinrich Voß glaubten – auf diesen bezog. Bezüge zu anderen Werken Arnims und seiner Mitarbeiter werden im Kommentar nachgewiesen, so daß hierin eine Brücke zu den Bänden des Briefwechsels geschlagen wird. Auch die nonverbalen Aspekte der ZfE werden untersucht: So sind die angekündigten Vertonungen, die aus technischen Gründen in Heidelberg nicht gestochen werden konnten, ermittelt worden. Die Abbildungen werden z.T. neu zugeschrieben; es werden Bezugstexte mitgeteilt und Bildquellen nachgewiesen (z.B. für ZfE36 Santa Maria Novella in Florenz). Somit wird auch dem Geflecht kontextualer Bezüge der ZfE in dieser Edition so differenziert wie großräumig nachgegangen.

Textauswahl und -darbietung WAA 6/1 vereinigt sämtliche Nummern der Zeitung für Einsiedler mitsamt dazugehörigen Texten: Dazu gehören die Ankündigungen und Arnims Vorwort zur Tröst Einsamkeit. Im Anhang kommen dazu handschriftlich überlieferte Texte Arnims: fiktive Theaterberichte und Briefe, die für die ZfE geschrieben wurden, aber nicht zum Abdruck gelangten. Nur wenige sind bisher bekannt. Die ZfE-Nummern werden streng chronologisch dargeboten, d. h. erstmals werden die Umschlagstexte für April, Mai und Juni nach den jeweiligen Monaten (nicht davor) eingeordnet, so wie sie erschienen. Am Ende der jeweiligen Nummern geriet der Setzer teilweise in Platznot, so daß eine kleinere Drucktype oder ein geringerer Durchschuß gewählt wurde; Verse wurden dann gelegentlich nicht mit neuen Zeilen, sondern mit einem Gedankenstrich – dargeboten. In diesen Fällen wird der Text in der dieser Passage vorausgehenden Form abgedruckt.

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Kommentar

Der Erstdruck der ZfE enthielt tausende von sinnentstellenden Druckfehlern, die die Rezeption sehr erschwerten. Sie werden, wenn sie eindeutig als solche zu erkennen sind, korrigiert und im Kommentar nachgewiesen. Möglich ist das insbesondere durch den Vergleich mit gedruckten Werken älterer Autoren, bei Texten Arnims und anderer zeitgenössischer Autoren auch durch Heranziehung weiterer Handschriften oder Drucke derselben Werke. Dabei muß auszuschließen sein, daß es sich um Varianten handelt. Ist ein Druckfehler wahrscheinlich, aber nicht eindeutig, so bleibt die Stelle unkorrigiert, es wird jedoch im Kommentar darauf hingewiesen. Stillschweigend korrigiert werden auf dem Kopf stehende Buchstaben, sogen. »Fliegenköpfe«, wie sie beim Bleisatz vorkamen. Die fiktiven Briefe enthalten nur wenige Sofortkorrekturen; es wird durchweg die letzte Stufe der Handschrift als Textgrundlage ediert; die Varianten erscheinen im Kommentar. Der Spaltenwechsel der ZfE wird in eckigen Klammern wiedergegeben. Bei den unpaginierten Motto-Texten wird die Spalte entsprechend ergänzt, bei Dreispaltigkeit werden die ersten beiden mit »a« und »b« bezeichnet. Der Seitenwechsel der Handschriften wird durch angezeigt.

Kommentar WAA 6/2 enthält den Kommentar. Es werden nicht nur Arnims Beiträge zur ZfE, sondern nach Möglichkeit sämtliche Texte historisch-kritisch ediert, soweit das umfangsmäßig zu leisten ist. Zu allen Beiträgen erscheint ein spezieller Kommentar mit den Gruppierungen: Entstehung, evtl. Quellen, Überlieferung, Varianten und Erläuterungen. Die Entstehung zieht relevante Briefe heran, die nach den Handschriften mit Angabe des Archivs und des Incipits (der ersten fünf Wörter) zitiert werden, da der WAA-Briefband mit den Briefen von 1808 noch nicht erschienen ist. Die Überlieferung nennt und zitiert auch variante Handschriften und Drucke. Bei den Gedichten Arnims werden Vorstufen als Varianten abgedruckt, jedoch ohne Binnenvarianz, was den Lyrik-Bänden vorbehalten bleibt; ediert wird bei ihnen die jeweils letzte Stufe ohne die – bei Arnim häufigen – Spätadditionen, die zu einer nächsten Stufe des Werks führen. Für größere Werke, deren Abdruck sich auf mehrere Nummern verteilt, steht der Kommentar insgesamt bei der ersten Nummer; bei den folgenden wird darauf verwiesen.

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Zu dieser Ausgabe

Danksagung Für die Zitiererlaubnis aus Handschriften des Frankfurter Goethe-Hauses – Freien Deutschen Hochstifts danke ich Frau Professor Dr. Anne Bohnenkamp vielmals. Die Handschrift zum Bärnhäuter aus dem Görres-Nachlaß wurde freundlicherweise von Herrn Matthias Jochner zur Verfügung gestellt. Ferner danke ich den Kolleginnen und Kollegen der UB Heidelberg, besonders für Einsicht in Handschriften und Zitiererlaubnis. Die Sing-Akademie zu Berlin stellte eine Gedicht-Handschrift zur Verfügung. Im Goethe- und SchillerArchiv in Weimar fühlte ich mich wieder nicht nur bestens betreut, sondern auch freundschaftlich aufgehoben. Für die inhaltliche Durchsicht des Kommentars danke ich Privatdozent Dr. Johannes Barth (Wuppertal) und Professor Dr. Christof Wingertszahn (Berlin/ Düsseldorf), dem ich, wie auch Professor Dr. Roswitha Burwick (Los Angeles) ebenfalls für Hilfe bei der elektronischen Einrichtung des Manuskripts verpflichtet bin. Der Arnim-Arbeitsstelle des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar unter Dr. Heinz Härtl und seinen Mitarbeitern, besonders Bettina Zschiedrich und Christian Deuling, danke ich für Bereitstellung von Handschriftenkopien. Heinz Härtl gab mir freundlicherweise zahlreiche Hinweise und kollationierte Briefzitate des GSA. Dr. Gert Theile richtete die Dateien zum Druck ein und gab in kritischer Lektüre wertvolle Hinweise. Für freundliche Unterstützung danke ich neben meinen Kolleginnen und Kollegen der Bibliothek des Freien Deutschen Hochstifts den Mitarbeitern der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M., und der Hessischen Landesbibliothek, Wiesbaden. Hilfe und Hinweise für den Kommentar erhielt ich freundlicherweise von: Dr. Claudia Bamberg (Marburg), Professor Dr. Johannes Beutler SJ (Rom/ Frankfurt/M.), Professor Dr. Gabriele Busch-Salmen (Freiburg i. Br.), Professor Dr. Sheila Dickson (Glasgow), Dr. Frauke Druckrey M.A. (Kelkheim), Dr. Eckhard Faul (Universität Saarbrücken), Dr. Berthold Friemel (Humboldt-Universität, Berlin), Hans Grüters (FDH, Frankfurt/M.), Dr. Konrad Heumann (FDH, Frankfurt/M.), Dr. Helmut Hinkel (Martinus-Bibliothek, Mainz), Prof. Dr. Steffen Höhne (Hochschule für Musik »Franz Liszt«, Weimar), Dr. Gerhard Kölsch (FDH, Frankfurt/M.; Mainz), Dr. Waltraud Linder-Beroud (Deutsches Volksliedarchiv, Freiburg i. Br.), Prof. Dr. Uwe Meves (Universität Oldenburg), Privatdozent Dr. Dietmar Pravida (FDH, Frankfurt/M.), Dr. habil. Gabriele Rommel (Forschungsstätte für Frühromantik und Novalis-Museum, Schloss Oberwiederstedt), Prof. Dr. Walter Salmen (Freiburg i. Br.), Dr. Norbert Schloßmacher (Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek, Bonn), Dr. Holger Schwinn (FDH,

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Kommentar

Frankfurt/M.), Dr. Marion Stein (Deutsches Adelsarchiv, Marburg), Dr. Sibylle v. Steinsdorff (München), Prof. Dr. Friedrich Strack (Heidelberg), Philipp Werner M.A. (FDH, Frankfurt/M.); Prof. Dr. Julia Zernack (Universität Frankfurt/M.). Für unzählige Hinweise und stete Ermutigung während der jahrelangen Arbeit an dieser Edition gilt mein Dank Professor Dr. Heinz Rölleke.

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Allgemeine und editorische Abkürzungen und Zeichen A.a.O. Abb. Abtlg. aoR aoRl aoRm aoRr alR arR Aufl. auR auRl auRm auRr Ausg. Bd. Bde. bearb. Bl. D1 D2, D3(usw.) Dbl. ders. Diss. dt. DV ebd. egh. eigtl. engl. frz.

Am angegebenen Ort Abbildung(en) Abteilung am oberen Rand am oberen Rand links am oberen Rand mittig am oberen Rand rechts am linken Rand links am rechten Rand Auflage am unteren Rand am unteren Rand links am unteren Rand mittig am unteren Rand rechts Ausgabe Band Bände bearbeitet von Blatt Erstdruck Weitere Drucke Doppelblatt derselbe Dissertation deutsch Druckvorlage ebenda eigenhändig eigentlich englisch französisch

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Kommentar

FS gestr. H, Hs. Hg., hg. hist.-krit. hl. idZ ital. JALZ Jhd. Kat. KHM korr. lat. Ms. o.J. o.O. p, pag. Q r

Sp. St. Str. TD üdZ V. v

vmtl. WAA Wh Wz Z. z.B.

ZfE /

Festschrift gestrichen Handschrift(en) Herausgeber, herausgegeben von historisch-kritisch heilige(r) in der Zeile italienisch Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung Jahrhundert Katalog Kinder- und Hausmärchen Korrigiert lateinisch Manuskript(e) ohne Jahr ohne Ort Pagina Quelle recto Spalte Stück Strophe(n) Teildruck über der Zeile Vers(e) verso vermutlich Weimarer Arnim-Ausgabe Des Knaben Wunderhorn Wasserzeichen Zeile(n) zum Beispiel Zeitung für Einsiedler Zeilenwechsel Seitenwechsel; Trennzeichen bei Mitteilungen von Varianten

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Archive und Bibliotheken BLHA

Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam

BJ BJ/VS

Biblioteka Jagiellon´ska Krako´w Biblioteka Jagiellon´ska Krako´w, Varnhagen-Sammlung

DLA

Deutsches Literatur-Archiv Marbach

FDH

Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum Frankfurt/M.

GMD GNM GNM Weimar

Goethe-Museum Düsseldorf Germanisches Nationalmuseum Nürnberg Goethe Nationalmuseum Weimar der Klassik Stiftung Weimar

GSA

Goethe- und Schiller-Archiv der Klassik Stiftung Weimar

SPK

Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Berlin

SPK/NS

Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin, Nachlaß Savigny Universitätsbibliothek

UB

605

Abgekürzt zitierte Literatur ABD Adelung

Arnim-Kat. 1981

Bettine-Kat. 1985

Brentano-Kat. 1978 Brentano Versteigerungskat.

Brentano, Werke

Breuer, Beernhäuter

Allgemeine Deutsche Biographie. 56 Bde. Leipzig 1875– 1912. Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart 〈. . .〉. 5 Bde. Leipzig 1774–86. Achim von Arnim. 1781–1831. Ausstellung. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. Katalog hg. v. Detlev Lüders, bearb. v. Renate Moering und Hartwig Schultz. Frankfurt/M. 1981. »Herzhaft in die Dornen der Zeit greifen. . .«. Bettine von Arnim. 1785–1859. Ausstellung. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. Katalog hg. v. Christoph Perels. Frankfurt/M. 1985. Clemens Brentano 1778–1842. Ausstellung. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. Katalog hg. v. Detlev Lüders. Frankfurt/M. 1978. Christian und Clemens Brentanos Bibliotheken. Die Versteigerungskataloge von 1819 und 1853. Mit einem unveröffentlichten Brief Clemens Brentanos, hg. v. Bernhard Gajek. Heidelberg 1974. (Beihefte zum Euphorion, 6. Heft). Clemens Brentano, Werke. Bd. 1: Gedichte. Romanzen vom Rosenkranz, hg. v. Wolfgang Frühwald, Bernhard Gajek, Friedhelm Kemp. München 1968; Bd. 2: Godwi; Erzählungen; Abhandlungen, hg. v. Friedhelm Kemp. München 1963; Bd. 3: Märchen, hg. v. Friedhelm Kemp. München 1965; Bd. 4: Dramen, hg. v. Friedhelm Kemp. München 1966. Hans Christoffel von Grimmelshausen, Werke II, hg. v. Dieter Breuer. Frankfurt/M. 1997 (Bibliothek der frühen Neuzeit 5), Text: S. 321–331; Kommentar: S. 936–944.

607

Kommentar

Burwick 1978 Dorow 1842

DS

DWb Ein Knab auf schnellem Roß

EdM

Erk/Böhme 1893 FBA

FBA 3/1 FBA 5/1 FBA 5/2

FBA 6–9/3 FBA 10

FBA 11/1

Roswitha Burwick, Exzerpte Achim von Arnims zu unveröffentlichten Briefen. In: JbFDH 1978, S. 298–395. Wilhelm Dorow, Reminiscencen. Goethe’s Mutter nebst Briefen und Aufzeichnungen zur Charakteristik anderer merkwürdiger Männer und Frauen. Leipzig 1842. Deutsche Sagen der Brüder Grimm. Ausgabe auf der Grundlage der ersten Auflage, hg. von Heinz Rölleke. Frankfurt/M. 1994. Deutsches Wörterbuch, hg. v. Jacob u. Wilhelm Grimm u. a. 33 Bde. Leipzig 1854–1960. Universitätsbibliothek Heidelberg, Ein Knab auf schnellem Roß. Die Romantik in Heidelberg. Ausstellungskatalog, bearbeitet v. Armin Schlechter unter Mitwirkung v. Martina Rebmann. Heidelberg 2006. Enzyklopädie des Märchens. Handwörterbuch zur historischen und vergleichenden Erzählforschung. Begründet v. Kurt Ranke, hg. v. Rolf Wilhelm Brednich, Hermann Bausinger. 11 Bde. Berlin-New York 1975–2003. Deutscher Liederhort von Ludwig Erk, fortgesetzt von Franz M. Böhme, Leipzig 1893. Clemens Brentano, Sämtliche Werke und Briefe, hg. v. Jürgen Behrens u. a. (Frankfurter Brentano-Ausgabe). Stuttgart u. a. 1975ff. Bd. 3/1: Gedichte 1816–1817, hg. v. Michael Grus und Kristina Hasenpflug, 1999. Bd. 5/1: Gedichtbearbeitungen I. Hg. unter Mitarbeit von Silke Franziska Weber von Sabine Gruber. 2011. Bd. 5/2: Gedichtbearbeitungen II. Trutz Nachtigal, hg. unter Mitarbeit von Holger Schwinn v. Sabine Gruber, 2009. Bd. 6–9/3: Des Knaben Wunderhorn, hg. v. Heinz Rölleke, 1975–78. Bd. 10: Romanzen vom Rosenkranz. Text, unter Mitwirkung von Michael Grus und Hartwig Schultz hg. v. Clemens Rauschenberg, 1994. Bd. 11/1: Romanzen vom Rosenkranz. Frühe Fassungen, Entstehung und Überlieferung. Hg. v. Dietmar Pravida, 2006.

608

Abgkürzt zitierte Literatur

FBA 11/2 FBA 13/3

FBA 13/4 FBA 14

FBA 16 FBA 17 FBA 19 FBA 21/1

FBA 22/1 FBA 22/2

FBA 29

FBA 31 FBA 32 Fischer 2000

Fischer 2003

Bd. 11/2: Romanzen vom Rosenkranz. Erläuterungen, hg. v. Dietmar Pravida, 2008. Bd. 13/3: Wiener Festspiele. Prosa zu den Dramen. Text, unter Mitarbeit v. Dietmar Pravida u. Christina Sauer hg. v. Caroline Pross, 2007. Bd. 13/4: Erläuterungen. Bd. 14: Die Gründung Prags. Ein historisch-romantisches Drama. Prosa zur Gründung Prags, hg. v. Georg Mayer, Walter Schmitz, 1980. Bd. 16: Godwi, hg. v. Werner Bellmann, 1978. Bd. 17: Die Mährchen vom Rhein, hg. v. Brigitte Schillbach, 1983. Bd. 19: Erzählungen, hg. v. Gerhard Kluge, 1987. Bd. 21/1: Satiren und Kleine Prosa. Hg. v. Maximilian Bergengruen, Wolfgang Bunzel, Renate Moering, Stefan Nienhaus, Christina Sauer und Hartwig Schultz. 2013 (erschienen 2014). Bd. 22/1: Die Barmherzigen Schwestern. Kleine religiöse Prosa. Text, hg. v. Renate Moering, 1985. Bd. 22/2: Die Barmherzigen Schwestern. Kleine religiöse Prosa. Lesarten und Erläuterungen, hg. v.Renate Moering, 1990. Bd. 29: Briefe I: 1792–1802, hg. nach Vorarbeiten von Jürgen Behrens u. Walter Schmitz v. Lieselotte Kinskofer, 1988. Bd. 31: Briefe III: 1803–1807, hg. v. Lieselotte Kinskofer, 1991. Bd. 32: Briefe IV: 1808–1812, hg. v. Sabine Oehring, 1996. Morgenblatt für gebildete Stände/gebildete Leser 1807– 1865. Nach dem Redaktionsexemplar im Cotta-Archiv. Register der Honorarempfänger/Autoren und Kollationsprotokolle. Im Auftrag des Deutschen Literaturarchivs bearbeitet v. Bernhard Fischer. München 2000. Bernhard Fischer, Der Verleger Johann Friedrich Cotta. Chronologische Verlagsbibliographie 1787–1832. 3 Bde. Aus den Quellen bearbeitet. Marbach am Neckar-München 2003.

609

Kommentar

Görres, Schriften 3 Görres, Ergänzungsband 1 Görres, Ergänzungsband 2

Görres-Briefe

Goethe und die literarische Romantik Gräter 1813

Häntzschel 1989

Härtl 1982 Härtl 2002

Hammerstein 1996a

Joseph von Görres, Gesammelte Schriften. Bd. 3: Geistesgeschichtliche und literarische Schriften (1803–1808), hg. v. Günther Müller. Köln 1926. Joseph Görres, Gesammelte Schriften. Ergänzungsband 1: Leben und Werk im Urtheil seiner Zeit [1776–1876], hg. v. Heribert Raab. Paderborn u. a. 1985. Joseph Görres, Gesammelte Schriften. Ergänzungsband 2: Görres-Bibliographie. Verzeichnis der Schriften von und über Johann Joseph Görres (1776–1848) u. GörresIkonographie. Bearbeitet v. Albert Portmann-Tinguely. Paderborn u. a. 1993. Joseph von Görres, Gesammelte Schriften, hg. v. Marie Görres. 7. 2. Abt.: Gesammelte Briefe, Bd. 1: Familienbriefe, hg. v. Marie Görres. München 1858. 8. u. 9. Abt.: Gesammelte Briefe, Bd. 2 u. 3: Freundesbriefe, hg. v. Franz Binder. München 1874. »Ein Dichter hatte uns alle geweckt«. Goethe und die literarische Romantik. Ausstellung, Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum, hg. v. Christoph Perels. Frankfurt/M.1999. Friedrich D. Gräter, Rezension von: Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen übersetzt von Wilhelm Carl Grimm. In: Heidelbergische Jahrbücher der Litteratur, Nr. 11–13, 1813, S. 161–198. Günter Häntzschel, Die Heidelberger Romantik und die Französische Revolution. In : Gonthier-Louis Fink (Hg.), Les Romantiques allemands et la Re´volution franc¸aise. Die deutsche Romantik und die französische Revolution. Straßburg 1989, S. 195–207. Heinz Härtl (Hg.), Arnims Briefe an Savigny 1803–1831. Mit weiteren Quellen als Anhang. Weimar 1982. Heinz Härtl, Zu Arnims Brief an Brentano vom September 1802. Ein editionsphilologisches Intermezzo. In: Internationales Jahrbuch der Bettina-von-Arnim-Gesellschaft Bd. 13/14, 2002, S. 195–204. Sophie Mereau-Brentano, Das Blütenalter der Empfindung. Amanda und Eduard. Romane, hg. u. kommentiert v. Katharina von Hammerstein. München 1996.

610

Abgkürzt zitierte Literatur

Hammerstein 1996b Hammerstein 1996c

Heidelberg im säkularen Umbruch Hilgard 1860 Höfle 1937

Houben 1904 Jean Paul, Sämtliche Werke JbFDH JALZ Jenisch 1921

Jessen Just 1955 Kaminski 2009

KHM

Sophie Mereau-Brentano, Ein Glück, das keine Wirklichkeit umspannt. Gedichte und Erzählungen, hg. u. kommentiert v. Katharina von Hammerstein. München 1996. Sophie Mereau-Brentano, Wie sehn’ ich mich hinaus in die freie Welt. Tagebuch, Betrachtungen und Vermischte Prosa, hg. u. kommentiert v. Katharina von Hammerstein. München 1996. Heidelberg im säkularen Umbruch. Traditionsbewußtsein und Kulturpolitik um 1800, hg. v. Friedrich Strack. Stuttgart 1987. Theodor Hilgard d. Ält., Meine Erinnerungen. o.O.o.J. 〈1860〉. Frieda Höfle, Cottas Morgenblatt für gebildete Stände und seine Stellung zur Literatur und zur literarischen Kritik. Diss. München 1933. München 1937. Heinrich Hubert Houben, Oskar Walzel, Zeitschriften der Romantik. Berlin 1904, Sp. 96–128. Jean Paul, Sämtliche Werke. Hist.-krit. Ausg., hg. v. Eduard Berend. Weimar, (später) Berlin 1926–1964. Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts, Frankfurt/M. Jenaische Allgemeine Literatur-Zeitung. Jena 1804–1841. Briefe von Friedrich Schlegel an Johann Georg Zimmer. Mitgeteilt von Erich Jenisch in Königsberg i. Pr. In: Findlinge. Briefe zur deutschen Literaturgeschichte des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Leipzig-Wien 1921 (Euph. 13. Ergänzungsheft), S. 35–51. Hans Jessen, Nachwort zu: Zeitung für Einsiedler. Reprint. Darmstadt 1962. (=D 6) Leo Just, Görres in Heidelberg. In: Historisches Jahrbuch, Bd. 74, 1955, S. 416–431. Nicola Kaminski, Autorschaft aus der Beernhaut – Brentano, Grimmelshausen, Herzbruder und Schelmuffskys große Ratte. In: Ulrike Landfester, Ralf Simon (Hg.), Gabe, Tausch, Verwandlung. Übertragungsökonomien im Werk Clemens Brentanos. Würzburg 2009, S. 87–107. Brüder Grimm, Kinder- und Hausmärchen. Ausgabe letzter Hand, hg. von Heinz Rölleke. 3 Bde. Stuttgart 1980.

611

Kommentar

KHM Handexemplar

Kiermeier-Debre 1986

Knaack 1972 Körner 1930 Körner 1936–1958 Koeman 1993

Levin 1922 Maisak 2007

Mallon 1925 Mayer 1867 Meves 1979

Mittler 1996

Kinder- und Hausmärchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm. Berlin 1812. Handexemplar der Brüder Grimm, hg. in Verbindung mit Ulrike Marquardt v. Heinz Rölleke. Göttingen 1986. Josef Kiermeier-Debre, »Gespräche in Liedern«. Eine Anregung und ihre Folgen am Beispiel von Arnims Liederspiel »Markgraf Otto von Brandenburg«. Mit einem Anhang: Ludwig Achim von Arnim: »Markgraf Otto von Brandenburg«. Text nach der Handschrift; Lesarten, Anmerkungen und Beilagen. In: Aurora 46, 1986, S. 174– 261. Jürgen Knaack, Ein unbekannter Briefentwurf Achim von Arnims. In: JbFDH 1972, S. 203–222. Josef Körner (Hg.), Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. 2 Bde., Zürich 1930. Josef Körner, Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Bd. 2: Brünn-Wien-Leipzig 1936, Bd. 3: Bern 1958. Jakob Koeman, Die Grimmelshausen-Rezeption in der fiktionalen Literatur der deutschen Romantik. Amsterdam-Atlanta 1993. Herbert Levin, Die Heidelberger Romantik. München 1922. Petra Maisak, Goethes ›Faust‹. Verwandlungen eines »Hexenmeisters«. Mit einer Einführung von Anne Bohnenkamp. Ausstellungskatalog, Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. Frankfurt/M. 2007. Arnim-Bibliographie, hg. v. Otto Mallon. Berlin 1925. Karl Mayer, Ludwig Uhland, seine Freunde und Zeitgenossen. Erinnerungen. 2 Bde. Stuttgart 1867. Uwe Meves (Hg.), Alt-Deutsche Epische Gedichte. Großentheils zum erstenmahl aus Handschriften bekannt gemacht und bearbeitet von Ludwig Tieck. I: König Rother. Göppingen 1979. Göppinger Arbeiten zur Germanistik 168. Elmar Mittler (Hg.), Heidelberg. Geschichte und Gestalt. Heidelberg 1996.

612

Abgkürzt zitierte Literatur

Moering 1978

Moering 1990

Moering 1994

Moering 1997

Moering 1999

Moering 2002

Moering 2003a

Moering 2003b

Renate Moering, Die offene Romanform von Arnims »Gräfin Dolores«. Mit einem Kapitel über Vertonungen Reichardts u. a. Heidelberg 1978 (Frankfurter Beiträge zur Germanistik 16). Renate Moering, Arnims künstlerische Zusammenarbeit mit Johann Frierich Reichardt und Louise Reichardt. Mit unbekannten Vertonungen und Briefen. In: Neue Tendenzen der Arnim-Forschung. Edition, Biographie, Interpretation von unbekannten Dokumenten, hg. v. Roswitha Burwick u. Bernd Fischer. Bern u. a. 1990, S. 198–208. Renate Moering, Johann Beer und die Männer im Zobtenberg. Erzählung bei Achim von Arnim und Sage bei den Brüdern Grimm. In: Wirkendes Wort 2, 1994, S. 189–207. Renate Moering, Arabeske vom Einsiedler. Eine Mischhandschrift von Bettine Brentano und Achim von Arnim. In: Schnittpunkt Romantik. Text- und Quellenstudien zur Literatur des 19. Jahrhunderts. FS Sibylle von Steinsdorff, hg. v. Wolfgang Bunzel, Konrad Feilchenfeldt u. Walter Schmitz. Tübingen 1997, S. 51–57. Renate Moering, Die »Zeitung für Einsiedler«. Programm und Realisierung einer romantischen Zeitschrift. In: Romantik und Volksliteratur. Beiträge des Wuppertaler Kolloquiums zu Ehren von Heinz Rölleke. Heidelberg 1999, S. 31–48. Renate Moering, Fritz Schlosser und die Brentanos. Mit unbekannten Handschriften. In: Goethekult und katholische Romantik. Fritz Schlosser (1780–1851), hg. v. Helmut Hinkel. Mainz 2002, S. 45–104. Renate Moering, Amas Sehnsucht wird zum Segel. . . Clemens Brentano und Auguste Bußmann. In: Auf Dornen oder Rosen hingesunken? Eros und Poesie bei Clemens Brentano, Berlin 2003, S. 94–132. Renate Moering, »Castor und Pollux«. Arnim und Brentano in ihren Projekten mit Reichardt. In: Walter Salmen (Hg.), Johann Friedrich Reichardt und die Literatur. Hildesheim u. a. 2003, S. 431–452.

613

Kommentar

Moering 2006

Moering 2008

Moering 2009a

Moering 2009b

NA

NDB Der kleine Pauly Pfaff

Polenz 1956

Preitz 1914

Reichel 1913

Ricklefs Lyr.Reg.

Louise Reichardt. 1779–1826, Lieder romantischer Dichter für Singstimme und Klavier, hg. v. Renate Moering. Bd. 1: Lieder für hohe Stimme; Bd. 2: Lieder für tiefe Stimme. Kassel 2006. Renate Moering, »Begeisterung des Schreibens«. Unveröffentlichte Texte Achim von Arnims zur »Zeitung für Einsiedler«. In: Strack 2008, S. 183–206. Renate Moering, »Der grosse Einsiedler Pallast, worin viele tausend Gelehrte, Liebhaber, Sechswöchnerinnen, ungestört neben einander wohnen können«. Gedankenräume. In: Walter Pape (Hg.), Raumfigurationen in der Romantik. Eisenacher Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Tübingen 2009, S. 203–222. Renate Moering, Philipp Otto Runges »Machandelboom«-Märchen in unbekannter Handschrift. In: Wirkendes Wort, 59. Jg. H. 2, August 2009, S. 237–251. Schillers Werke. Nationalausgabe. Begründet v. Julius Petersen. Fortgeführt v. Liselotte Blumenthal, Benno von Wiese, Siegfried Seidel. Hg. (seit 1991) v. Norbert Oellers. 42 Bde. Weimar 1943–2003. Neue Deutsche Biographie. Berlin 1952ff. Der kleine Pauly. Lexikon der Antike. 5 Bde. München 1979. Friedrich Pfaff (Hg.), Tröst Einsamkeit. Freiburg i. Br. – Tübingen 1883; 2. Aufl.: Trösteinsamkeit. Freiburg i. Br. 1890. (= D4) Christian Reuter, Schelmuffsky. Abdruck der Erstausgaben 1696 [A/B]. 1697. 2. Aufl. hg. v. Peter von Polenz. Tübingen 1956. Brentanos Werke, Kritisch durchgesehene und erläuterte Ausgabe, hg. v. Max Preitz. 3. Band: Märchen. LeipzigWien 1914. Otto Reichel, Der Verlag von Mohr und Zimmer in Heidelberg und die Heidelberger Romantik. Diss. München. Augsburg 1913. Ulfert Ricklefs, Arnims lyrisches Werk. Register der Handschriften und Drucke. Tübingen 1980 (Freies Deutsches Hochstift, Reihe der Schriften 23).

614

Abgkürzt zitierte Literatur

Ricklefs 2008

Riley 1978

Rölleke 1968

Rölleke 1975

Rölleke 1985

Rölleke 2001 Rölleke 2008

Rölleke 2014

Runge 1840–1841 Schellberg/Fuchs 1939 Schlechter 2008

Schoof 1953

Ulfert Ricklefs, Polemische Textproduktion. Bemerkungen zum Literaturstreit der Gruppe um Voss mit den Romantikern. In: Strack 2008, S. 343–367. Helene M. Kastinger Riley, Ludwig Achim von Arnims Jugend- und Reisejahre. Ein Beitrag zur Biographie mit unbekannten Briefzeugnissen. Bonn 1978. Heinz Rölleke, Die Auseinandersetzung Clemens Brentanos mit Johann Heinrich Voß über »Des Knaben Wunderhorn«. In: JbFDH 1968, S. 283–328. Heinz Rölleke (Hg.), Johann Gottried Herder, Volkslieder. »Stimmen der Völker in Liedern«. 2 Teile. 1778/79. Stuttgart 1975. Heinz Rölleke, »Wo das Wünschen noch geholfen hat«. Gesammelte Aufsätze zu den »Kinder- und Hausmärchen« der Brüder Grimm. Bonn 1985. Heinz Rölleke (Hg.), Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm. Teil 1: Text. Stuttgart 2001. Philipp Otto Runge, Jacob und Wilhelm Grimm: Von dem Machandelboom, Von dem Fischer un syner Frau. Zwei Märchen textkritisch hg. u. kommentiert v. Heinz Rölleke. Trier 2008. Heinz Rölleke, Weiß – Rot – Schwarz: »Die drei Farben der Poesie«. Zu Farbspielen in Grimms »Sneewittchen«Märchen und anderwärts. In: Fabula, Bd. 54 H. 3/4, 2013, S. 214–233. Hinterlassene Schriften von Philipp Otto Runge, von dessen Bruder Johann Daniel Runge hg. 2 Bde. Hamburg 1840–1841. Das unsterbliche Leben. Unbekannte Briefe von Clemens Brentano, hg. v. Wilhelm Schellberg, Friedrich Fuchs. Jena 1939. Friedens-Predigt an Deutschland 1808, gehalten von Jean Paul. (Nachdruck der Ausgabe) Heidelberg: Mohr und Zimmer 1808. Mit einem Nachwort von Armin Schlechter. Heidelberg 2008. Briefe der Brüder Grimm an Savigny. Aus dem Savignyschen Nachlaß hg. in Verbindung mit Ingeborg Schnack v. Wilhelm Schoof. Berlin-Bielefeld 1953.

615

Kommentar

Schoof 1960

Schmidt 1885

Schmitz/ Steinsdorff

Schüddekopf 1899 Schultz 1998

Franz Schultz 1902 Steig 1892

Steig 1894a

Steig 1894b

Steig 1901 Steig 1904

Unbekannte Briefe der Brüder Grimm. Unter Benutzung des Grimmschen Nachlasses und anderer Quellen in Verbindung mit Jörn Göres hg. v. Wilhelm Schoof. Bonn 1960. Briefwechsel der Brüder Grimm mit nordischen Gelehrten, hg. v. Ernst Schmidt. Mit einem Vorwort u. zahlreichen Ergänzungen von Ludwig Denecke. (Neudruck der Ausgabe 1885) Walluf 1974. Bettine von Arnim, Werke und Briefe, Bd. 1: Clemens Brentano’s Frühlingskranz; Die Günderode, hg. v. Walter Schmitz. Frankfurt/M. 1986. Bd. 2: Goethe’s Briefwechsel mit einem Kinde, hg. v. Walter Schmitz u. Sibylle v. Steinsdorff. Frankfurt/M. 1992. Goethe und die Romantik. Briefe mit Erläuterungen. T. 2, hg. v. Carl Schüddekopf und Oskar Walzel. Weimar 1899. Achim von Arnim und Clemens Brentano, Freundschaftsbriefe, vollst. krit. Edition von Hartwig Schultz. 2 Bände. Frankfurt/M. 1998. Franz Schultz, Joseph Görres als Herausgeber, Litterarhistoriker, Kritiker im Zusammenhange mit der jüngeren Romantik. Berlin 1902. Reinhold Steig, Goethe und die Brüder Grimm. Berlin 1892, ergänzt u. mit einem Vorwort v. Ludwig Denecke, Kassel 1972. Achim von Arnim und die ihm nahe standen, hg. v. Reinhold Steig u. Herman Grimm. Bd. 1: Achim von Arnim und Clemens Brentano, bearb. v. Reinhold Steig. Stuttgart 1894. Reinhold Steig, Ein ungedruckter Beitrag Clemens Brentanos zu Arnims »Trösteinsamkeit«. In: Euphorion 1 1894, S. 124–128. Reinhold Steig, Heinrich von Kleist’s Berliner Kämpfe. Berlin-Stuttgart 1901. Achim von Arnim und die ihm nahe standen, hg. v. Reinhold Steig u. Herman Grimm. Bd. 3: Achim von Arnim und die Brüder Grimm, bearb. v. Reinhold Steig. Stuttgart-Berlin 1904.

616

Abgkürzt zitierte Literatur

Steig 1912 Steig 1913

Steig 1914 Steinsdorff 1972 Stengel 1910

Sternberg 1983 StHA

Stoll 1927–1929

Strack 2008 Strack 2009

SW

Thieme/Becker

Reinhold Steig, Zur Einsiedlerzeitung. In: Euphorion Jg. 19, 1912, S. 229–241. Achim von Arnim und die ihm nahe standen, hg. v. Reinhold Steig u. Herman Grimm. Bd. 2: Achim von Arnim und Bettina Brentano, bearb. v. Reinhold Steig. Stuttgart-Berlin 1913. Clemens Brentano und die Brüder Grimm, hg. v. Reinhold Steig. Stuttgart-Berlin 1914. Sibylle von Steinsdorff (Hg.), Der Briefwechsel zwischen Bettine Brentano und Max Prokop von Freyberg. BerlinNew York 1972. Edmund Stengel (Hg.), Briefe der Brüder Grimm an Paul Wigand. Bd. 3: Private und amtliche Beziehungen der Brüder Grimm zu Hessen. Marburg 1910. Thomas Sternberg, Die Lyrik Achim von Arnims. Bilder der Wirklichkeit – Wirklichkeit der Bilder. Bonn 1983. Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, hg. v. Friedrich Beißner. (Stuttgarter Ausgabe.) 8 Bde. Stuttgart 1946– 1985. Adolf Stoll (Hg.), Friedrich Karl v. Savigny. Ein Bild seines Lebens, mit einer Sammlung seiner Briefe. 3 Bde. Berlin 1927–1929. Friedrich Strack (Hg.), 200 Jahre Heidelberger Romantik. Berlin-Heidelberg 2008. Friedrich Strack, Clemens Brentano und das »Klingding«. Bemerkungen zur »Sonnettenschlacht bei Eichstädt«. In: JbFDH 2009, S. 254–287. Ludwig Achim’s von Arnim Sämmtliche Werke, hg. v. Wilhelm Grimm (und Bettine v. Arnim). 22 Bde. BerlinWeimar, Bd. 18: Schaubühne, 3. T.: Der echte und der falsche Waldemar u. a. Neue Ausgabe. Berlin 1853. Bd. 19: Die Päpstin Johanna, 1846. Bd. 22: Gedichte, 1. T. Weimar 1856. Bd. 23: Gedichte, 2. T., hg. v. Herbert R. Liedke u. Alfred Anger. Tübingen 1976. Allgemeines Lexikon der bildenen Künstler von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. v. Ulrich Thieme u. Felix Becker. 37 Bde. Leipzig 1907–50.

617

Kommentar

Troubadour Uhlands Briefwechsel WA

WAA

Wander Weiss 1980

Weiss 1981

Weiss 1986

Werke

Johann Friedrich Reichardt, Le troubadour italien, franc¸ais et allemand. 12 Lieferungen. Berlin 1805–06. Uhlands Briefwechsel. Im Auftrag des Schwäbischen Schillervereins hg. v. Julius Hartmann. 3 Teile. StuttgartBerlin 1911. Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. (Weimarer Ausgabe.) 4 Abteilungen, 133 Bde. Weimar 1887–1919. Weimarer Arnim-Ausgabe Bd. I: Schriften der Schüler- und Studentenzeit, hg. v. Sheila Dickson. Tübingen 2004. Bd. X: Die Päpstin Johanna, hg. v. Johannes Barth. Tübingen 2006. Bd. XI: Texte der deutschen Tischgesellschaft, hg. v. Stefan Nienhaus. Tübingen 2008. Bd. XXXI: Briefwechsel 1802–1804, hg. v. Heinz Härtl. Tübingen 2004. Bd. XXXII: Briefwechsel 1805–1806, hg. v. Heinz Härtl unter Mitarbeit von Ursula Härtl. Berlin/ Boston 2011. Karl Friedrich Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon. 5 Bde. Leipzig 1867–89. Hermann F. Weiss (Hg.), Unveröffentlichte Briefe Achim von Arnims nebst anderen Lebenszeugnissen I, 1793– 1810. In: Literaturwiss. Jahrbuch N.F. 21, 1980, S. 89– 169. Hermann F. Weiss (Hg.), Unveröffentlichte Briefe Achim von Arnims nebst anderen Lebenszeugnissen II, 1811– 1830. In: Literaturwiss. Jahrbuch N.F. 22, 1981, S. 71– 154. Hermann F. Weiss (Hg.), Unbekannte Briefe von und an Achim von Arnim aus der Sammlung Varnhagen und anderen Beständen. Berlin 1986. Achim von Arnim, Werke in 6 Bdn. Bd. I: Hollin’s Liebeleben; Gräfin Dolores, hg. v. Paul Michael Lützeler. Frankfurt/M. 1989 Bd. III: Erzählungen 1802–1817, hg. v. Renate Moering. Frankfurt/M. 1990. Bd. IV: Erzählungen 1818–1830, hg. v. Renate Moering. Frankfurt/M. 1992.

618

Abgkürzt zitierte Literatur

Wingertszahn 1990

Wingertszahn, Chronik Wittkop 1993

Zimmer 1888

Ziolkowski 2009

Bd. V: Gedichte, hg. v. Ulfert Ricklefs. Frankfurt/M. 1994. Bd. VI: Schriften, hg. v. Roswitha Burwick, Jürgen Knaack u. Hermann F. Weiss. Frankfurt/M. 1992. Christof Wingertszahn, Ambiguität und Ambivalenz im erzählerischen Werk Achims von Arnim. Mit einem Anhang unbekannter Texte aus Arnims Nachlaß. St. Ingbert 1990. Christof Wingertszahn, Arnim-Chronik 1781–1809. (EDV-Datei der Arnim-Arbeitsstelle der Stiftung Weimarer Klassik.) Hölderlin, der Pflegesohn. Texte und Dokumente 1806– 1843 mit den neu entdeckten Nürtinger Pflegschaftsakten, hg. v. Gregor Wittkop. Stuttgart-Weimar 1993. Heinrich W. B. Zimmer (Hrsg.), Johann Georg Zimmer und die Romantiker. Ein Beitrag zur Geschichte der Romantik nebst bisher ungedruckten Briefen von Arnim, Böckh, Brentano, Görres, Marheineke, Fr. Perthes, F. C. Savigny, Brüder Schlegel, L. Tieck, de Wette u. a. Frankfurt/M. 1888. Theodore Ziolkowski: Heidelberger Romantik. Mythos und Symbol. Heidelberg 2009.

619

Kommentar

Überlieferung der

Zeitung für Einsiedler

Textgrundlage ist der Erstdruck von 1808, hier abgekürzt ZfE. Drei Exemplare wurden herangezogen. Unterschiede gibt es nur in der Vollständigkeit der Nummern und der Anordnung der Abbildungen und Umschlagsblätter. Das erklärt sich daraus, daß die Hefte zunächst einzeln ausgeliefert wurden. Nach der Einstellung des Erscheinens wurden sie mit dem Titel Tröst Einsamkeit und mit einem Vorwort Arnims versehen und nun auch gebunden verkauft. Es erschienen keine weiteren Auflagen zu Lebzeiten Arnims. Die drei Monatsumschläge haben kräftigeres Papier. D 1: FDH, Sign. IX A 39 / G1/1. Vollständiges Exemplar. Anordnung: Tröst Einsamkeit. Titelblatt.

An das geehrte Publikum. April-Umschlag, vollständig. Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Quartformat. ZfE1 – ZfE9 May-Umschlag, vollständig. ZfE10 – ZfE18 Juny-Umschlag, vollständig. ZfE19 – ZfE37 Beylage zur Zeitung für Einsiedler. Abbildungen angehängt: Zu Tröst Einsamkeit: Kopf des Publikums. Zu ZfE1: altdeutsches Ehepaar. Zu ZfE36: Gaddi. Zu ZfE9: Gemme. Zu ZfE18: S Elsbeth. Zu ZfE22: der erste Bärnhäuter.

620

Überlieferung

Zu

ZfE25: Die Thier Geselschaft führt den Bärnhäuter in Versuchung. Zu May-Umschlag: Heidelberg. Zu ZfE3: Faust und Mephistophiles. Zur Beylage: Voß. Die Universitätsbibliothek Heidelberg besitzt zwei Exemplare, beide unvollständig: D 2: UB Heidelberg, Sign. Waldberg 825 RES. Ex Libris: »Albrecht Dieterich«. Aus der Sammlung des Germanisten Max Freiherr von Waldberg (1858–1938); vgl. Armin Schlechter, Gelehrten- und Klosterbibliotheken in der Universitätsbibliothek Heidelberg. Ein Überblick. Heidelberg 1990 (=Heidelberger Bibliotheksschriften 43), S. 59–61. Anordnung:

Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Quartformat. Tröst Einsamkeit. Titelblatt. An das geehrte Publikum. April-Umschlag, vollständig. ZfE1 – ZfE9. May-Umschlag, vollständig. ZfE10 – ZfE33. ZfE36 – ZfE37. Beylage zur Zeitung für Einsiedler. Abbildungen angehängt: Zu ZfE22: der erste Bärnhäuter. Zu ZfE25: Die Thier Geselschaft führt den chung. Zu ZfE9: Gemme. Zu ZfE18: S Elsbeth. Zu May-Umschlag: Heidelberg. Zu ZfE3: Faust und Mephistophiles. Zu ZfE1: altdeutsches Ehepaar. Zu Tröst Einsamkeit: Kopf des Publikums. Zur Beylage: Voß. Zu ZfE36: Gaddi.

621

Bärnhäuter in Versu-

Kommentar

In diesem Exemplar fehlen die Nummern ny-Umschlag.

ZfE34 und ZfE35 sowie der Ju-

D 3: UB Heidelberg, Sign. G 6367,1 Reservata. Vgl. Ein Knab auf schnellem Roß, Nr. 72, S. 81f. Anordnung:

Tröst Einsamkeit. Titelblatt. An das geehrte Publikum. April-Umschlag, Anfang. Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Quartformat. Zu ZfE1: altdeutsches Ehepaar. ZfE1 – ZfE3. Zu ZfE3: Faust und Mephistophiles. ZfE4 – ZfE9. Zu ZfE9: Gemme. April-Umschlag, Schluß. May-Umschlag, Anfang. ZfE10. ZfE12. ZfE11. ZfE13 – ZfE18. Zu May-Umschlag: Heidelberg. Zu ZfE18: S Elsbeth. May-Umschlag, Schluß. Juny-Umschlag, Anfang. ZfE19 – ZfE22. Zu ZfE22: der erste Bärnhäuter. ZfE23 – ZfE25. Zu ZfE25: Die Thier Geselschaft führt den Bärnhäuter in Versuchung. ZfE26. Juny-Umschlag, Schluß. ZfE27 – ZfE37. Beylage zur Zeitung für Einsiedler.

622

Überlieferung

Abbildungen angehängt: Zu ZfE36: Gaddi. Zu Tröst Einsamkeit: Kopf des

Publikums.

In diesem Exemplar fehlt der Kupferstich mit der Voß-Karikatur zur

Beylage

zur Zeitung für Einsiedler. Weitere Exemplare wurden bibliographisch in folgenden Bibliotheken ermittelt: SB Bamberg SBB-SPK Berlin ULB Darmstadt SLUB Dresden UuLB Düsseldorf UB Erlangen-Nürnberg UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M. UB Frankfurt/O. UB Freiburg i. Br. SuUB Göttingen LB Karlsruhe UB Klagenfurt USB Köln UB Leipzig UB Mainz DLA Marbach a. N. UB Marburg SUB München LBMV Schwerin WLB Stuttgart UB Trier Vgl. Otto Mallon (Hg.), Arnim-Bibliographie, Berlin 1925, Nr. 39, S. 26–33. Mallon berichtet: »Noch 1882 bot der Verlag Exemplare mit geringen Mängeln auf Umschlägen seiner Verlagswerke für 10 Mk. an.« (S. 27) d 4: Fridrich Pfaff (Hg.), Arnims Tröst Einsamkeit, Freiburg i. Br., Tübingen 1883; 2. Aufl. Freiburg i. B. 1890.

623

Kommentar

d 5: Faksimile

Tröst Einsamkeit Alte und neue Sagen und Wahrsagungen, Geschichten und Gedichte; mit zehn Kupfertafeln, hg. v. Ludwig Achim von Arnim. Kolophon: »Als dritter Druck der Reihe Neudrucke Romantischer Seltenheiten erscheint im Verlag Meyer & Jessen, München, im Sommer 1924 die von Ludwig Achim von Arnim im Jahre 1808 herausgegebene ›Zeitung für Einsiedler‹, später gesammelt, ›Troest Einsamkeit‹ betitelt in einer originalgetreuen Wiedergabe. Die Herstellung in 400 Exemplaren besorgte die Mandruck A.-G. München«. Exemplar FDH IX A 39 / G 1/2 Anordnung:

Tröst Einsamkeit. Titelblatt. Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Quartformat. An das geehrte Publikum. April-Umschlag, vollständig. ZfE1 Zu Tröst Einsamkeit: Kopf des Publikums. Zu May-Umschlag: Heidelberg. Zu ZfE3: Faust und Mephistophiles. ZfE2 – ZfE9 Zu ZfE9: Gemme. May-Umschlag, vollständig. ZfE10 – ZfE18 Zu ZfE18: S Elsbeth. Juny-Umschlag, vollständig. ZfE19 – ZfE25 Zu ZfE22: der erste Bärnhäuter. ZfE26 Zu ZfE25: Die Thier Geselschaft führt den Bärnhäuter in Versuchung. ZfE27 – ZfE36 Zu ZfE36: Gaddi. ZfE37 Beylage zur Zeitung für Einsiedler.

624

Überlieferung

d 6: Jessen

Zeitung für Einsiedler. In Gemeinschaft mit Clemens Brentano herausgegeben von Ludwig Achim von Arnim bei Mohr und Zimmer Heidelberg 1808. Mit einem Nachwort von Hans Jessen, Reprint, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1962. »Diesem fotomechanischen Nachdruck liegt die Originalausgabe zugrunde, die uns die Universitätsbibliothek Heidelberg zur Verfügung stellte. Die Umschlagseiten des April-, Mai- und Juni-Heftes sind in diesem Nachdruck als ungezählte Seiten jeweils der Nummer 1 vom 1. April, der Nummer 10 vom 4. Mai und der Nummer 19 vom 4. Juni vorangestellt und zählen in der laufenden Spaltenzählung der einzelnen Nummern der Zeitung nicht mit.« Diese Mitteilung des Impressums läßt erkennen, daß es für die Einordnung der Monatsumschläge keine maßgebliche Anordnung in der Vorlage gab. Was genau die Vorlage war, wird nicht angegeben. Da beide Exemplare der UB Heidelberg unvollständig sind, wurden sie wohl beide herangezogen. Da die Ausgabe von Jessen die heute allgemein benutzte ist, sind in den Kommentaren auch Druckfehler bei Jessen genannt, die sich offenbar durch Buchstabendefekte beim Reprintverfahren erklären lassen. Zitiert: Jessen.

625

Entstehung der

Zeitung für Einsiedler Der Plan

Schon am 2. April 1805 teilte Brentano Arnim einen der ZfE ähnlichen Plan mit (Heidelberg: Heute habe ich einen zweiten 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4, Bl. 79r–81v): Einer meiner lebendigsten und liebsten litteräri-

schen Pläne ist mir durch Otmars Volkssagen (Nachtigalls) erst wieder recht lebendig und deutlich geworden, welcher bei deiner Ankunft berathschlagt, und seiner großen Einfachheit, Leichtigkeit, und Vortreflichkeit wegen ohnfehlbar in Ausübung gebracht werden soll ist eine fortlaufende Zeitschrift für deutsche Vo l k s s a g e , in einem Zirkular, werden Prediger und andere taugliche Männer bestimmter Districkte zur Einsendung der Sagen an ein Hauptbüro aufgefordert. 〈. . .〉 alles Eingesandte, wird geordnet, der Stiel und der Styl werden weggeworfen und die Sache so kurz gesagt, als der Artikel eines Wörterbuchs 〈. . .〉. Als Arnim im folgenden Jahr an die Gründung einer Zeitung dachte, die Der Preusse heißen sollte, wollte er politisch wirken (vgl. Arnim an Brentano, Göttingen, 8. September 1806: Symb: Wer des Vaterlandes Noth 〈. . .〉; Schultz 1998, S. 424; Reinhold Steig, Aus der preußischen Unglückszeit. Patriotische Versuche und Vorschläge von Achim v. Arnim. In: Deutsche Revue, 38. Jg., 3. Bd., 1913, S. 61–77, mit Abdruck der Ankündigung im Allgemeinen Anzeiger der Deutschen vom 5. Oktober 1806, Nr. 267; Werke VI, S. 186–189). Arnim meinte aber schon damals in seiner Ankündigung: 〈. . .〉 die Dichtung alter und neuer Zeit, soll uns erzählend

in den Strom der Begebenheiten hineinreissen, damit wir nicht leichtsinnig uns fremde Gedanken machen, sondern nach Gewissen rastlos, und ruhig aufmercksam steuern allen bösen Werken. Nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt war sein Plan zu nationaler Erneuerung zunächst hinfällig. In modifizierter Form handelte er jedoch in diesem Sinne 1813 bei der Übernahme des Preußischen Correspondenten. Die Ankündigung des Preussen unterscheidet sich im Ton jedoch grundsätzlich von der der ZfE. Ob Arnim eigene Dichtungen, die nun in der ZfE erschienen, schon damals hätte drucken wollen, ist nicht rekonstruierbar. Von den

627

Kommentar

politischen Aufsätzen, die er 1806 schrieb, ging jedenfalls nichts in die ZfE ein. Dementsprechend äußerte er: Meine Zeitung will ihre Zeit Parteyen vergessen 〈. . .〉 (Anfang April 1808; FDH 17562,12. Vgl. Roswitha Burwick, Exzerpte Achim von Arnims zu unveröffentlichten Briefen. In: JbFDH 1978, S. 358. Nach Burwick an Johann Friedrich Reichardt gerichtet, nach Christof Wingertszahn (Wingertszahn, elektronische Chronik) an Christian Ernst Graf von Benzel-Sternau.) Die Idee zu einer Zeitung ohne Tagesnachrichten kam 1807 wieder von Clemens Brentano, der aus Kassel, wo er mit Jacob und Wilhelm Grimm und Arnim die Fortsetzungsbände des Wh vorbereitete, am 29. November 1807 an Johann Georg Zimmer, den Teilhaber der Verlagsbuchhandlung Mohr und Zimmer, schrieb (FBA 31, S. 624; Es ist bereits so lange 〈. . .〉): Ein 〈. . .〉 Vorschlag, den ich mir in seiner Ausführung be-

sonders reizend dencken kann, wäre eine Zeitung in der Art des Morgenblatts, aber ganz als sei sie aus d e r Z e i t d e s M i t t e l a l t e r s , oder vielmehr einer i m a g i n a i r e n litterärischen Zeit, Sie würde lauter reizende und Kuriöse Bruchstücke, und ganze kleine Geschichten Sagen, Begebenheiten, Sprüche, Lieder, seltsame Reisegeschichten, Züge aus alten Biografien und lauter sich homogene Dinge enthalten, die man in Büchern nicht bringen kann, und welche doch am Ende durch ein Gutes Register die Zeitung zu einem einzigen herrlichen Buch, voller Kleinodien unsrer alten Poetischen, und historischen Kunst machten, dann und wann einen treflichen Holzschnitt oder ein Altes Gebäude im Umriß, u. d. g. Nichts modernes, nichts Gelehrtes, nichts Getändeltes, nichts Bekanntes, nichts Langweiliges, eine schöne reizende Kunstkammer, welche sich selbst erklärte, und in welcher so wohl Alt als Jung sich gerne begeistern. Göthen gefiel auch dieser Plan sehr wohl. sagen Sie ihre Meinung bald. Brentano hatte also seinen Plan schon Goethe vorgetragen, als er mit den romantischen Freunden – vom 8. bis 10. November – bei ihm zu Besuch war. Zimmer antwortete Brentano am 2. Dezember 1807 (Reichel 1913, S. 63f.): Der eine 〈Plan,〉 die Zeitung aus

dem Mittelalter betreffend, scheint mir fast unausführbar, sowohl von Seiten der Herausgeber als des Publikums. Ich kann mir wenigstens durchaus nicht denken, dass sich auch nur hundert Teilnehmer für ein solches Unternehmen finden würden und auch dass die Mitarbeiter nicht bald ermüden sollten. Ja, einzelnes Köstliches der Art in ein allgemeines Blatt würde wohl tun; oder vielleicht vereinigten Sie sich kräftig mit mehreren zu einem Journal, das sich hauptsächlich auf Poesie und Historie des Mittelalters einliesse und nicht gerade periodisch erschiene. Das wäre sehr schön und würde, glaube ich, reüssieren. 628

Entstehung

Arnim schlug damals Zimmer vor (Kassel, 28. November 1807: Ich grüsse Sie herzlich, werther 〈. . .〉; UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M.: Ms Ff. J.G. Zimmer A1 fol. 1r–2v): Zu Weihnachten denk ich in Frankfurt zu seyn 〈. . .〉, vielleicht können wir dann auch reden über die Herausgabe vieler eignen Arbeiten, die ich als Reisebeschreibung bekannt zu machen denke. 〈. . .〉 meine eigne Reisebeschreibung durch das deutsche Volk mag künftig einmal erscheinen, wenn die Parteien der Zeit sich anlachen. Einige Dichtungen von seinen Reisen nahm Arnim dann in die ZfE auf (vgl. ZfE9, ZfE16, ZfE17, ZfE34, ZfE35). Zu diesem Zeitpunkt wollte er jedoch noch ganz als Autor zurücktreten und dem geplanten

Wh-Folgeband auch kein Nachwort mehr anfügen wie noch 1805, denn: 〈. . .〉 lieber ein Paar Lieder mehr und etwas Gesichtspunkt weniger 〈. . .〉. (ebd.) Dieser konzeptionelle Grundsatz prägte auch die ZfE in einem Maße, wie das bei diesem Titel nicht zu erwarten war und das Publikum zunächst verwirren mußte. Es erwartete von einer Zeitung vor allem Tagesneuigkeiten, doch die enthielt das Blatt überhaupt nicht.

Arnims Notizblatt Arnim verbrachte Weihnachten und Neujahr noch in Kassel und brach nach dem 3. Januar nach Frankfurt auf (vgl. FBA 32, S. 437; Steig 1904, S. 4f.: Abdruck der Stammbuchblätter Arnims an Jacob und Wilhelm Grimm und umgekehrt vom 3. Januar 1808). Ein Notizblatt – wohl die Keimzelle seiner Ideen zu dieser Zeitung – zeigt das Überwiegen eigener Publikationspläne, wenn auch Äußerungen der Freunde für dieses Stammbuch offenbar nicht vergessen sind. Aufgrund der Notiz Es ist wieder Weihnachten (korrigiert aus Neujahr) noch ruft mich mein Geist nicht in die Welt zurück – eine Anspielung auf das Jahr der unglücklichen Liebe zu Auguste Schwinck –, ist das Bl. wohl auf die Jahreswende 1807/08 zu datieren. H: FDH 13428, 1 Bl., 2 S., Größe 19,9 x 16,3 cm. Wz. Baselstab (beschnitten); vgl. Arnim-Kat. 1981, Nr. 50. (S. 1:)

5

Von der Unsichtbarkeit der Freude, der Sichtbarkeit alles Uebels, wie ein schwarzer Strich für den Censor Gottes. As Gesellenbuch, Junggesellenbuch, Stammbuch. Alte Zeitung. Gelegenheiten. A’s Stammbuch. Der Reisende Auswanderung. Loth und seine Töchter. Wanderung. 629

Kommentar

Abb. 11: Entstehung: Arnim, Titelliste. FDH Hs 13428, 1. Seite

630

Entstehung

10

15

20

25

Pläne. Die innere Flamme. Der Einsiedler. Des Einsiedlers Stammbuch. Herausgegeben von L.A. Einsiedlerstammbuch. Der Einsiedler und sein Gesellenbuch. Zeitung des Einsiedlers. Zeitung der Einsiedler. Des Einsiedlers Zeitung. Einsiedlerzeitung. Des Einsiedlers Weltkunde. Alle guten Geister loben Gott den Herrn. Es ist wieder Weihnachten noch ruft mich mein Geist nicht in die Welt zurück. Des Einsiedlers Tagebuch. Nachricht für den Finder dieses Buches. Dieses Tagebuch meiner Erinnerungen, und Träume in der Welt Einsamkeit sey dem Finder zugeeignet, auf daß er damit thue nach seinem Gefallen. Welteinsamkeit. Der Einsiedler in Gesellschaft . Ein Tagebuch herausgegeben. Der Einsiedler auf Reisen. Welteinsamkeit Gedichte mit Anmerkungen von A. Sonnet und Sonnette. Liebesgeschichte (S. 2:)

30

35

40

Einleitung in Katts Tod von den Memoiren der Markgräfin Welteinsamkeit. Eine Zeitung für Einsiedler. Tyll Eulenspiegels Wochenblat. Zeitung für Einsiedler von A. Brief eines jungen Mahlers aus Paris an seinen Wohlthäter. Erklärung von Runges Blättern als Leben des Elements ohne Sünde, ohne Tugend, in sich selbst ferner Anfang unbekannt was sie durch die vier Zustände treibt, nur in sich wieder kehrend und unbew〈ußt〉 bildend das Kreutz. Zu Steffens Baader, Schelling zu Bewahrung Reise eines schlichten Kerls Die Erzählung der Quedlinburger Aebtissin mit dem Mohrenkinde. 631

Kommentar

Varianten 14 16 17 18 18 20 22

Weihnachten ] aus Neujahr und Finder] davor gestr. ehrlichen Dieses Tagebuch] darüber Erstes Blat und Träume] aus Träume, Beschäf Welt] üdZ eingefügt thue] aus schalte Gesellschaft] davor gestr. grosser

Am Anfang des Blattes (1–3) steht eine Reflexion zur bedrückenden Gegenwart. – Die Titelentwürfe (4–23) beginnen, mit neuem Schreibansatz, im zweiten Abschnitt; der erste, As Gesellenbuch, spielt an auf Arnims Stammbuch, für das er ein altes gedrucktes Gesellenbuch, ein durchschossenes Exemplar, benutzte (heute im DLA; vgl. die Anhänge in den Briefbänden der WAA). Die Formel: Alle guten Geister loben Gott den Herrn (13) setzte Arnim dann der ersten Nummer voraus (ZfE1, Motto). Die Notiz Gedichte

mit Anmerkungen von A. Sonnet und Sonnette. Liebesgeschichte (24f.) macht deutlich, daß Arnims Sonettenkranz in der Beylage schon damals in irgend einer Form existiert haben muß, wenn er auch sicher später erweitert und mit auf Johann Heinrich Voß bezüglichen Anmerkungen versehen wurde (vgl. Beylage). – Die Notiz am Kopf der zweiten Seite Einleitung in Katts Tod von den Memoiren der Markgräfin (26f.) bezieht sich auf den Prosatext, den Arnim zum Verständnis seines 1804 entworfenen fragmentarischen Dramas Friedrichs Jugend schrieb (vgl. Werke III, S. 62– 67; Kommentar S. 1046–1051). Er hatte diese Memoiren im Ms. Ende 1805 kennengelernt; der Prosatext dürfte von 1807 sein; Arnim erwog später, ihn in den Wintergarten aufzunehmen. – Der Brief eines jungen Mahlers aus Paris an seinen Wohlthäter (31f.) meint einen ebenfalls fragmentarischen Text: Dresden’s Tod (H: GSA 03/85), er erzählt vom Untergang eines jungen Malers in Paris. – Der nächste Abschnitt (33–38) nimmt Bezug auf Runges vier Kupferstiche der Zeiten (1807 bei Perthes in Hamburg gedruckt), mit denen sich auch Görres damals befaßte, was Arnim vielleicht noch nicht wußte. Görres publizierte seine Gedanken in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur für Philologie, Historie, Literatur und Kunst (1. Jg., Abt. 1. Heidelberg: Mohr und Zimmer 1808, S. 261–277). Bettine besaß einen Abzug der Folge (heute im FDH). Im Zusammenhang damit notierte Arnim die Namen der Naturphilosophen Steffens, Baader und Schelling. – Die beiden letzten Anspielungen sind nicht ermittelt. – Viermal notiert Arnim sich

632

Entstehung

das Wort

Welteinsamkeit, das zwischen Tiecks Waldeinsamkeit (aus Der blonde Eckbert) und dem späteren Tröst Einsamkeit steht. Mit dem Bild

des Einsiedlers knüpft Arnim an Brentanos Idee einer gleichsam mittelalterlichen Zeitung an, doch kam diese Rolle auch eigenem Empfinden entgegen: Als Einsiedler zog er sich von der Welt seiner Geliebten Auguste Schwinck zurück – in der Zeitung wird auch seine Abschiedsdichtung Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen erscheinen –, doch war für ihn eine einsiedlerhafte Zurückgezogenheit auch immer die Voraussetzung guter Kunst. Die Kämpfe des Morgenblatts (s. u.) gegen diese Verkleidung scheinen nahezulegen, daß es sich um ein romantisch-katholisierendes Kostüm handelt, doch entstammt es ebenso der Empfindsamkeit. In englischen Gärten gab es gelegentlich neben gotischen Kirchen und Ruinen auch eine Eremitage, in der man sich einen Einsiedler hielt oder in die sich der Besitzer zurückziehen konnte. Der Einsiedler wurde Mode; in Wien gab es eine Zeitung: Der Einsiedler. Eine Wochenschrift. Hg. v. Fr〈riedrich〉 J〈ustus〉 Riedel. Ghelen 1774; im Ersten Stück heißt es: Meine Eremi-

tage – ist mitten in der Hauptstadt, und nicht aus Tannzapfen, sondern aus Büchern gebauet 〈. . .〉. Arnim faßte die Einsiedler-Figur protestantisch auf.

Arnims Reise nach Frankfurt und Heidelberg Nach Arnims Abreise änderte Brentano plötzlich seine Pläne, da er durch die Anstellung des Kapellmeisters und Komponisten Johann Friedrich Reichardt am Kasseler Hof König Je´rome Bonapartes die Möglichkeit, auf das Theater einzuwirken, erhoffte. Er wünschte Arnim jetzt zurück und schrieb ihm um den 12. Januar 1808 (UB Heidelberg 2110,6, Bl. 206r–209v; FBA 32, S. 11; Ich war noch ungefähr drei 〈. . .〉): 〈. . .〉 meine Bibliotheck vermehrt

würde die Zentral bibliotheck deutscher Poesie, wir könnten mit dem Theater verbunden, ein gutes Blatt heraus geben 〈. . .〉. Arnim ging darauf nicht ein. Noch aus Frankfurt meinte er gegenüber Brentano am 12. Januar 1808 (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 269r–270v; Ich bin in dem Kreise 〈. . .〉): 〈. . .〉 ich denke jezt in zwey Tagen fort, vielleicht begleitet mich

Mohr. Vielleicht gebe ich meine opera omnia in Heidelberg als eine Zeitung heraus, und was im vorigen Jahre von mir unter dem Titel des Preussen angekündigt war, das kommt jezt unter meinem eignen Namen; da jener aufgehört hat, fängt meiner an, es ist fast wie mit Friesens Philosophie. Kommts dazu, so must du auch Beyträge senden. 633

Kommentar

In Frankfurt bekam Arnim Anregungen zu der Zeitung im Brentano-Haus Zum goldnen Kopf, besonders, als er die Papiere Goethes durchsah, die Bettine bei ihrer Großmutter Sophie von La Roche abgeschrieben hatte (vgl. ZfE4). Auch Savigny auf Gut Trages hinter Hanau war dort schnell zu erreichen; er hätte diesen gern nach Heidelberg gelockt. Er schrieb ihm, ebenfalls am 12. Januar 1808 (Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Autographen K18; Mit vielen Grüssen an Bang 〈. . .〉): Ich geh in diesen

Tagen nach Heidelberg, der Wunsch meine hiesigen freundschaftlichen Ideen im goldnen Kopfe bald aufzusuchen läst mich nicht viel zum Schreiben kommen, alle wünschen Dich hieher, sonst möchte ich Dich zu mir nach Heidelberg wünschen 〈. . .〉. In Heidelberg wandte sich Arnim offenbar gleich an Zimmer, dessen Buchhandlung im Haus König von Portugal, jetzt Hauptstraße 146, lag, denn er quartierte sich ihm gegenüber ein. Brentano berichtete er am 25. Januar (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 271r– 275r; Zwey Packete fand ich von 〈. . .〉): 〈. . .〉 jezt esse ich an Zimmers Tische und leihe Geld und wohne drey Treppen hoch in einem kleinen Stübchen 〈. . .〉. Und Bettine schrieb er am 28. Januar (FDH 7240; Da liegen schon wieder ein 〈. . .〉): Ich hab mich in möglichste Enge gebracht, ich wohne hoch am Himmel, Zimmers Buchhandlung gegenüber, ich esse bey Zimmer in recht bunter Gesellschaft von jungen Docenten, Studenten, Buchdruckern, Ladendienern. Arnim wohnte dort beim Bäcker 〈Johann Heinrich〉 Müller (sen., in der Hauptstraße 151), wie er Bettine am 7. März mitteilte (FDH 7249; Dich begrüsse ich vor allen 〈. . .〉; vgl. Levin 1922, S. 75): Eng ist mein Gemach, kein weiblicher Fuß hat es betreten und was das Leben zerstört liegt bey dem Lebenden auch heilige Bilder zwischen uns – es ist aber eigentlich um nicht in meinen Papieren beunruhigt zu werden, daß ich der Magd nicht erlaube auszufegen nicht als ob ich meine Wohnung beym Bäcker Müller für eine Klause hielte 〈. . .〉. Brentano schrieb er am 18. Februar (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 286r–291r; In manchen wunderlichen Bestellungen wende 〈. . .〉): Mein Mittagstisch bey Zimmer ist sehr lustig, lauter unbefangene Leute, die keinen Deut um alles Leiden der Welt geben, wenn sie es nicht ändern können, uns macht alles Spas, was nur erzählt wird, es ist uns zu muthe, als machten wir die erste Gesellschaft in der ganzen Welt aus. Er teilte ihm am 20. April mit (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 309r– 310v; Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉): Ich glaube, du wirst bey mir wohnen können, zwar wohne ich nur immer nur monatweis, aber ich glaube nicht, daß mir so bald gekündigt wird. Bei Zimmer aßen auch Professoren zu Mittag: u. a. August Böckh, Creuzer und Görres, so daß wohl

634

Entstehung

auch Beiträge für die ZfE dort besprochen werden konnten. Hierüber gibt es einen – allerdings gegnerischen – Zeitzeugen, Theodor Hilgard (1790–1873), der als Jurastudent in Heidelberg von April 1807 bis Ostern 1808 lebte. Später ging er, nachdem er wegen seiner Sympathie für das Hambacher Fest 1832 in Schwierigkeiten gekommen war, 1835 nach Amerika, wo er als Obstzüchter, Journalist und Politiker zu Ansehen kam. Nach Deutschland zurückgerufen, wurde er 1855 Professor in Heidelberg und verfaßte 1856 Meine Erinnerungen. (Nicht zur Veröffentlichung bestimmt.) (Selbstverlag 1860). Darin wettert er über die Romantiker; über seine Tischgenossen (S. 144) teilt er mit (S. 154–157):

Ich hatte, während meines Aufenthaltes in Heidelberg, eine besonders interessante Tischgesellschaft, die ich nicht unerwähnt lassen will. In der Buchhandlung von »Mohr und Zimmer« wurde ein geschlossener Mittagstisch gegeben, an welchem mehre bedeutende Personen Theil nahmen, die ich – da mein Onkel Joseph 〈Engelmann, Buchdrukker〉 und ich gleichfalls Mitglieder dieser Gesellschaft waren – auf diese Weise täglich sah und hörte. Den Vorsitz bei Tisch führte Ludwig Achim v. A r n i m , der Erz-Romantiker, ein hochgewachsener, schöner Mann im polnischen Rock, der nach Berliner Weise sehr viel sprach und viele Witze machte, die bei weitem nicht immer geriethen. Neben ihm saß der Theologe d e We t t e , damals noch ziemlich jung, aber schon berühmt und von ernstem, geistreichem, solidem Wesen, das gegen die seichten und faden Reden Arnims sehr abstach. 〈. . .〉 Ferner gehörte zu dieser Tischgesellschaft D r . B ö k h , damals noch Privatdocent, später einer der berühmtesten Philologen Deutschlands; er war eben so ausgezeichnet durch sein angenehmes humanes Wesen, als durch seine umfassende Gelehrsamkeit. Auch G ö r r e s , obgleich nicht unser regelmäßiger Tischgenosse, kam öfters dahin und gab in seinem näselnden, gedehnten Tone die seltsamsten Reden zum Besten. Einmal las er uns ein Machwerk vor, das er auf die Bitte meines Onkels zum Behuf des Druckes von Schriftproben gefertigt, und dem er, ganz passend, den Titel: »der tollgewordene Epilog« gegeben hatte, – ein Stück Unsinn, wie wohl noch wenige gedruckt worden sind. Auch den großen Philologen C r e u z e r sahen wir bisweilen, der durch seine zugleich lebhafte und gediegene Unterhaltung stets erfreute, aber auch manches geheime Lächeln durch seine harte Marburger Aussprache erregte, vermöge welcher er z. B. parsch prima (statt pars pr.) und arsch poetica (statt ars poet.) sagte. 〈. . .〉 Selbst der Hausherr, Buchhändler Z i m m e r , war ein interessanter Mann. Er hatte in seinem Wesen 635

Kommentar

etwas Schwärmerisches, das ihn auch (nicht zum Vortheil seines Geschäfts) mit den Romantikern in enge Verbindung gebracht hatte. 〈. . .〉 Da einige unserer Tischgenossen die Stunde der Mahlzeit nicht pünktlich einhielten, so wurde das Gesetz gegeben, daß Jeder, der um mehr als zehn Minuten zu spät komme, eine Strafe von sechs Kreuzern entrichten müsse. Dieses Geld wurde in eine irdene Büchse gelegt, die auf dem Tische stand und die nur oben eine schmale Oeffnung hatte, so daß man wohl eine Münze hineinthun, aber nicht herausnehmen konnte. Später, wenn die Büchse eine namhafte Summe enthalten würde, sollte ein Topfschlagen gehalten und das Geld zu einem Punsche verwendet werden. Um aber den Topf schneller zu füllen, wurden nach und nach noch mehr Tischgesetze gegeben, die zugleich zur Unterhaltung beitrugen und die meist von A r n i m herrührten. So wurde jede Woche ein Tischgenosse zum Vorsteher erwählt unter dem Titel »Pontius Pilatus«. Er hatte gewisse Vorrechte in Bezug auf die besten Bissen, durfte aber bei’m Sprechen nie das Wort »Ich« gebrauchen, sondern mußte sich in der dritten Person Pontius Pilatus nennen; – jeder Verstoß gegen diese Regel kostete ihn sechs Kreuzer. Ferner wurde ein »Polyhistor« erwählt, dessen Pflicht war, auf jede beliebige Frage der Andern genügende Antwort (in gutem Ernst oder in gutem Scherz) zu geben, geichfalls bei Strafe von 6 Kr. Dieses Amt, vor dem man sich sehr scheute, bekleidete gewöhnlich Dr. B ö k h mit großer Auszeichnung. Weiter war ein Gesetz, daß jeden Tag ein Tischgenosse, der Reihe nach, etwas Komisches zu erzählen hatte, das so beschaffen seyn mußte, daß es die ganze Gesellschaft lachen machte. Schlug dies fehl, so kostete es den Erzähler 6 Kr. Wer sich von dieser kitzlichen Aufgabe loskaufen wollte – was Manche thaten – hatte das Doppelte zu erlegen. Das allgemeine Gelächter fehlte selten; denn war auch das Erzählte nicht sonderlich, so belachte die Gesellschaft die Anstrengung oder Verlegenheit des Erzählers. Einer der Tischgenossen war »Rüger« und hatte die Aufgabe, jeden Verstoß gegen diese Gesetze anzuzeigen, stand aber selbst wieder unter der Aufsicht eines »Nachrügers«, der ihn anklagte und zur Geldstrafe brachte, wenn er einen Fall übersah u. s. w. – Durch solche possierliche Einrichtungen 〈. . .〉 füllte sich unsere Strafkasse ziemlich rasch, und das Topfschlagen, – zu welchem noch viele andere Personen eingeladen wurden, – fand Statt. Es bot eine äußerst komische Scene dar. Denn zu sehen wie gelehrte und berühmte Männer, wie Creuzer, de Wette, Bökh, Arnim, Prof. Schreiber, Görres u. s. w. sich nach der Reihe die Augen verbinden ließen, 636

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und mit erhobenem Packstock nach dem andern Ende des Saales gingen, wo die irdene Büchse, die zerschlagen werden sollte, auf dem Boden stand, – wie sie die Richtung verloren und gewöhnlich um einige Schritte oder Fuß neben das Ziel schlugen – (kein übeles Symbol der Bücherweisheit!) – das war höchst drollig anzusehen und ich kann mich nicht erinnern, bei irgend einer andern Gelegenheit herzlicher gelacht zu haben. Endlich traf Einer das unglückliche Töpfchen zum großen Jubel der Gesellschaft, und nun wurde der Punsch veranstaltet. Auch hier kam viel Ergötzliches vor; denn so wie der köstliche Trank den gelehrten Herren mehr und mehr die Zunge lös’te und das Innerste aufschloß, wurden die Gespräche freier, lebendiger, interessanter, verwirrter. Es ist eine wunderliche und merkwürdige Erscheinung, wenn so ein gelehrter Kasten sich rückhaltlos aufthut und ausschüttet. Die, welche sich innerlich einander nicht leiden konnten (wie Görres und Schreiber) schossen Witzpfeile gegeneinander, die immer schärfer und schärfer wurden; die Andern wurden immer gutmüthiger und lauter und blieben so lange geistreich, als die Nebel des Getränkes es gestatteten. Die Erzählung Hilgards gibt nicht nur Auskunft über die Teilnehmer von Mittagstisch und zugehöriger Geselligkeit, sondern zeigt Arnim auch als Gesetzgeber einer Tischgesellschaft, wie er sie umfassender drei Jahre später in Berlin organisierte (Vgl. WAA XI). Das Topfschlagen ist ein damals übliches Gesellschaftsspiel, wie andere in dem unpublizierten Text Eröffnung des Liebhabertheaters (vgl. Anhang) gespielt werden. Außerdem konnte Arnim sich in der Lesegesellschaft Zimmers über Neuerscheinungen informieren. Das Morgenblatt berichtete am 26. Februar 1807 (Nr. 49, S. 195f.) unter dem Titel: D e r W i n t e r 1807 i n H e i d e l b e r g . Oeffentliche Lustbarkei-

ten, gesellschaftlicher Ton, Ton unter den Studirenden. (Aus einem Schreiben.): 〈. . .〉 Der Buchhändler Z i m m e r , ein junger, gescheidter und sehr tüchtiger Mann, hat eine Lesegesellschaft errichtet, in welcher n i c h t gespielt, und nicht geraucht, sondern würklich gelesen, und in einem daran stoßenden Zimmer über das Gelesene gesprochen wird. Hier findet man am Abend die besten Heidelberger Köpfe, – Professoren und Akademiker. Ich kann Sie versichern, daß hier oft Ideen gewechselt werden, bedeutender als die in manchen Büchern, die auf Velinpapier gedruckt sind. Selbst in Heidelberg war sich Arnim seines Plans nicht ganz sicher, denn er schrieb Brentano am 25. Januar, mit Bezug auf die Schriftproben von Joseph Görres, die Johann Heinrich Voß auf sich bezogen habe (UB Heidelberg 2110,7 Bl. 271r–275r; Zwey Packete

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fand ich von 〈. . .〉): 〈. . .〉 kommt meine Zeitung: Lügen heraus, so wird es ganz auf ihn 〈Voß〉 gedeutet; ich habe es schon Görres vordemonstriert. Er zögerte noch, wie er Bettine am 28. Januar schrieb (FDH 7240; Da liegen schon wieder ein 〈. . .〉): Hast Du von meinem Journale nichts gehört, ich weiß nichts davon, es sind so viele entstanden, daß ich erst einige muß abstehen lassen, ehe mein Klapperstorch ziehen kann. Mit Klapperstorch bezeichnet Arnim hier seine projektierte Zeitung, vermutlich angeregt durch eine Passage in Reuters Schelmuffsky, welche er für die Zeitung exzerpierte, die aber nicht mehr darin gedruckt wurde. (Vgl. Abdruck in: Werke III, S. 1161.) Auch seinem Schwager Friedrich Carl von Savigny gegenüber machte Arnim am 2. Februar 1808 nur vage Andeutungen (Heidelberg, SPK/NS 2/2; Heute Nachmittag ist Thibaut von 〈. . .〉): Was mich

nun betrifft den Zeitungsschreiber, so lebe ich recht wohlfeil 〈. . .〉 und recht wohl, ich wohne im dritten Stockwerk und esse bey Zimmer, meine Zeitung wird aber in Bänden nicht stückweis ausgegeben, weil sich das einzeln so sehr verliert, ich bin viel zu hause und rangiere meine Gedanken, viel bin ich auch bey Görres, der sehr fleissig und talentreich studiert. Der Neckar ist hoch angeschwollen wie mein Tintfaß, jener wirft Steine ans Land, mein Tintfaß Verse 〈. . .〉. Verlag und Ankündigung Als Verlag stand für Arnim und Brentano von Anfang an der fest, bei dem im Herbst 1805 der 1. Bd. von Des Knaben Wunderhorn erschienen war und 1808 – nach der kriegsbedingten Pause – die Fortsetzung erscheinen sollte (vgl. FBA 9,1, »Zur Entstehungsgeschichte des Wunderhorn«): Mohr und Zimmer in Heidelberg (vgl. Zimmer 1888; Otto Reichel, Der Verlag von Mohr und Zimmer in Heidelberg und die Heidelberger Romantik. Diss. München, Augsburg 1913; Klaus Manger, Bibliothek – Verlag – Buchhandel. Zentren geistigen Aufbruchs. In: Heidelberg im säkularen Umbruch, S. 126–153). Jakob Christian Benjamin Mohr (Frankfurt 1778–1854) und Johann Georg Zimmer (Untermühle bei Homburg v. d.H. 1777–1853) kannten sich aus ihrer Jugend in Frankfurt, wo Zimmer als Buchhändlerlehrling bei E. L. Zeßler arbeitete und Mohr bei Varrentrapp und Wenner, danach bei Dieterich in Göttingen. Als Mohr 1797 nach Hamburg an die Hoffmannsche Buchhandlung ging, wurde Zimmer sein Nachfolger in Göttingen. 1800 wurde Zimmer in Hamburg bei Perthes angestellt, von dort datiert auch seine Freundschaft zu der Erzieherin und Dichterin Caroline Rudolphi, die 1803 mit ihrem Institut

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nach Heidelberg übersiedelte (Brentano gab 1806 nach dem Tod seiner Frau Sophie deren Tochter Hulda Mereau dorthin). Mohr kehrte 1804 nach Frankfurt zurück, wo er die Buchhandlung August Hermann übernahm, dessen Witwe er heiratete. In Heidelberg rief Kurfürst Karl Friedrich von Baden 1803 erneut eine Universität ins Leben. Das zog das Bedürfnis nach einer modernen Buchhandlung nach sich. Bei der Bewerbung unterlag Cotta Mohr – was u.U. mit ein Grund für spätere Anfeindungen des Cottaschen Morgenblatts sein könnte. Da Mohr sein Geschäft in Frankfurt nicht aufgeben wollte, gewann er Zimmer als Teilhaber, der gern von Hamburg nach Heidelberg wechselte. Anfang Juli 1805 errichtete Zimmer die Akademische Buchhandlung von Mohr und Zimmer. Seit 1807 besaß Zimmer auch eine Druckerei, die im Juni 1808 von dem vorherigen Geschäftsführer Joseph Engelmann (1783–1845) wieder übernommen wurde. In dieser Druckerei arbeitete man recht schludrig, so daß die ZfE von Druckfehlern wimmelt. Das Morgenblatt kostete die mangelnde Qualität aus. Arnim hatte Anfang Januar in Frankfurt schon Mohr getroffen. Von diesem haben sich Briefe an Johann Georg Zimmer in Heidelberg erhalten (Hs. im FDH). Der Verlag war – zumindest in diesen Jahren – verschuldet, so daß die Geldnot das Hauptthema der Briefe bildet. Auch Autoren werden fast nur unter diesem Gesichtspunkt erwähnt. Von einer Zeitung konnten sich Mohr und Zimmer also eine gute Einnahme durch einen weitgestreuten Leserkreis erhoffen. Mohr schrieb Zimmer am 14. Januar 1808 (FDH 20966): H von Arnim ist hier u. wird dir nächstens den 2. Th. des Wunderhorns bringen. Dann (Frankfurt, 30. Januar 1808, FDH 20968), in Bezug auf eine verlorne Kupferkiste (vgl. Brentano an Arnim, Kassel, um den 12. Januar 1808; FBA 32, S. 12; UB Heidelberg 2110,6, Bl. 206r–209v; Ich war noch ungefähr drei 〈. . .〉) schrieb Mohr an Zimmer: Ich vergaß H von Arnim zu sagen daß ich eine Kiste

an ihn noch hier habe, es ist das wonach du nun fragst. An das Päkchen für Brentano erinere ich mich nicht, wenn ich es erhalten habe, ists ohnfehlbar hier ins Haus gebracht den Direct lies ich bis jezt nichts an ihn abgehen, da ich nicht einmal seine Addr. Weiß. Ehe noch die Zeitung Gestalt annahm, schrieb Arnim eine Ankündigung der allgemeinsten Zeitung (s. Text 1,1–3,15), in der er die führenden Zeitungen durch die Formulierung herausforderte, sie seien unwillkührliche Mitarbeiter an unsrer Zeitung (2,32f.), worauf im Morgenblatt schon Repliken erschienen (s. u.), bevor überhaupt ein einziges Blatt der ZfE gedruckt war. Der besorgte Verleger setzte unter die Ankündigung die – im Januar 1808 datierte – Bemerkung (3,1f.): Daß es mit der Herausgabe

dieser Zeitung wirklich Ernst sey bescheinigt die unterschriebene 639

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Buchhandlung. Schon diese Ankündigung hatte keinen leichten Weg in die Welt, da der Zensor, Franziskus Ignatius 〈Ignaz〉 Wedekind (1769–1837), Professor für Natur- und Völkerrecht, Einspruch erhob (vgl. Schlechter 2008, S. 100; Dagmar Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon 1803–1932. Berlin u. a. 1986, S. 289; WAA XXXII, S. 1064f.). Arnim hatte geschrieben (vgl. 2,27–31): Wer zehn Exemplare nimmt darf gegen Erlegung der Einrückungsgebühren Aufsätze einschicken, Gegenbemerkungen zahlen das Doppelte, aber diese zu vermeiden, machen wir im voraus bekannt, daß wir sehr grob sein können, wenn wir wollen. Wedekind wandte dagegen ein (Heidelberg, 18. Februar 1808; GSA 03/259; 1 Bl., ca. 34 x 20,7 cm; Wz: Anker mit Buchstaben; vgl. Wallfahrttheater): Ein neues Vaterländisches Institut welches in Vorhinaus sich ankündiget daß es sehr grob seyn könne wenn es wolle, scheint mir etwas Anstößig zu seyn, und dürfte wohl gleich dadurch die Loßung zu manchem unanständigen Kampfe geben, auser dem daß es sich durch eine solche Ankündigung auch nicht sehr empfehlen würde. Grob sollte nach meiner Ueberzeugung kein Schriftsteller seyn, sondern seine Pflicht ist es immer die Irrende mit Bescheidenheit zu belehren und mit Humanität in die Schranken der Ordnung zu weißen. Ich wünsche daher daß diese Stelle in der Ankündigung hinwegbliebe. IWedekind Der humorlose Aufklärer verstand Arnims derb-humoristischen Schelmuffsky-Ton nicht. Dieser antwortete auf demselben Blatt: Die Bedenklichkeit von Ew Wohlgeboren schien uns allerdings so gegründet, daß wir sogleich das Wort grob in höflich umgeändert haben. Das wurde auch nicht zugelassen, merkwürdigerweise aber die Formulierung, mit der Arnim sich über den Eingriff des Zensors lustig machte: daß wir ausstreichen können, wenn wir wollen. Die Änderung ist noch am Druckbild zu erkennen. Arnim berichtete Bettine von dieser grotesken Auseinandersetzung (Brief nach dem 18. 〈19.〉 Februar 1808; FDH 7244: 〈. . .〉 ich wollte Dir soviel über 〈. . .〉): 〈. . .〉 ich 〈. . .〉 sprang zur Arbeit, die Du in der einliegenden

Ankündigung lustig verzeichnet findest. Gleich darauf kam schon ein Censurstreit über die Ankündigung, ich hatte gesagt, ich könne auch grob seyn, wenn ich wollte in der Ankündigung, ironisch auf andre natürlich. Mein frommer Censor Wedekind hatte das in seliger Unschuld für Ernst genommen, schrieb mir, ein neues vaterländisches Institut dürfe sich nicht als grob verkündigen, man müsse mit Humanität den Irrenden belehren. Ich setzte nun statt grob höflich, das 640

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wollte er noch nicht zugeben. Da setzte ich ausstreichen können, für grob seyn können, so mag er das grob seyn für das Ausstreichen für sich hinnehmen. Auch an Brentano schrieb Arnim am 18. Februar (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 286r–291r; In manchen wunderlichen Bestellungen wende 〈. . .〉): Ich habe einen lächerliche Censurschwierigkeit über die Anzeige gehabt, davon ein andermal. Das Morgenblatt für gebildete Stände zitierte am 7. März 1808 in einer satirischen Ankündigung der ZfE aus der unzensierten Anzeige (2. Jg., Nr. 57, S. 228): 〈. . .〉 machen wir im voraus bekannt, daß wir sehr grob seyn können, wenn wir wollen 〈. . .〉. Am 30. April 1808 (Nr. 104, Autor ist Michaelis) wird die Anzeige Arnims noch ausführlicher zitiert; die Passage dort (S. 414) lautet so, wie Arnim sie gegenüber Bettine formulierte: 〈. . .〉 daß wir auch grob seyn können, wenn wir wollen. Es muß also durch eine Indiskretion neben der korrigierten Fassung auch ein unzensiertes Anzeigenblatt in Umlauf gewesen sein. Dieses könnte durch Theodor Hilgard an Voß gelangt sein, der als Student in Heidelberg bis April 1808 bei seinem Onkel, dem Buchdrucker Engelmann, Korrektur las und die Texte Arnims für poetischen Wahnsinn hielt (Hilgard 1860, S. 141 und 147): Mein jüngster Onkel, Joseph En-

gelmann, war Buchdrucker in Heidelberg, und die meisten Produkte der Romantiker (namentlich »des Knaben Wunderhorn« und die »Einsiedlerzeitung«) wurden bei ihm gedruckt. Da ich nun bei ihm wohnte und da er, als Anfänger, keinen besondern Correktor hatte, so ersuchte er mich oft, ja fast regelmäßig, ihm bei diesem Geschäfte zu helfen, und ich konnte das nicht wohl ablehnen. So geschah es, daß ich nolens volens das tolle Zeug lesen mußte, und zwar vollständig und aufmerksam, wie es einem ehrlichen Correktor geziemt. Die Polizei nahm die scherzhafte Drohung ernst; Arnim berichtete Brentano am 22. März (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 302r–305v; Wie gehts Dir Clemens? So 〈. . .〉): Unsre

Censurstreitigkeiten werden immer lächerlicher, weil im Morgenblatte grob gestanden ist Zimmer heute verhört und zu Protokoll genommen worden, und das alles um 20 Kreutzer Strafe einzunehmen. Dazu ist ein Bericht vom 24. März 1808 über die Heidelberger Zensurkommission überliefert, der den von der Mohr & Zimmerischen Buchhandlung daselbst

ohne Censur unternommenen Abdruck der Ankündigung der Zeitung für Einsiedler und die nachherige Ausbreitung derselben mit einer die Censur nicht passirten Stelle betrifft (Hs. im Bestand Heidelberg Stadt [204/184] des Generallandesarchivs Karlsruhe, zit. nach: Weiss 1986, S. 168, Anmerkung 2). Die Zeitung ist eine Fundgrube von Lustigkeit, meinte Arnim gegenüber Bettine im Brief vermutlich am 18. Februar 1808 (Datierung

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Kommentar

nach dem Briefexzerpt; vgl. Burwick 1978, S. 335). Das konnte man nach der Ankündigung wohl annehmen. Die Inhaltsangabe stellt eher eine Parodie aller möglichen beliebten Blätter dar. Die Brentano-Familie goutierte diese Späße – mit Ausnahme der Kaufmänner Franz und George –, wie Bettines Antwort an Arnim es bezeugt (Frankfurt, um den 20. Februar; FDH 7403: So hast Du denn nebst 〈. . .〉): Die Ankündigung deiner Zeitung wurde am

Teetisch vorgelesen Savigny freute es sehr und meinte daß es ganz was neues für ihn wär daß du so lustig seyn könntest. Friz Schlosser war darüber entzückt und wird sie dem Casino vorschlagen. George sagte nichts, Franz glaubt ganz gewiß daß kein honeter Mensch auf diese Anzeige Lust haben wird die Zeitung zu halten. Tonie nent es eine rhapsodie auf meine Frage was dieß Wort heise, sagte Sie, ein großes Gemenge von allerlei, Marie ergözte es ganz kindisch und will die Zeitung ganz in cognito für sich halten, du mußt es daher nicht wissen; Crist. Schlosser, bleibt dabei daß ich es geschrieben habe. pp., mich verwunderte es daß du dich auf Jahre verbunden hättest guter Humor zu seyn, dieß fanden nun Alle wirklich merckwürdig es wurde beinah den ganzen Abend, viel über dich hin und her gesprochen, ich saß dabei und durfte nichts sagen, mogte auch nichts sagen, denn ich bin neidisch auf den, der wissen kann wie gut du bist. Arnim dankte Bettine am 24. Februar für die Mitteilung (PS, FDH 7245: Dein Brief, liebes Herz, kam 〈. . .〉): Dank Marie für ihr Interesse an meinem Einsiedler, von den andern weiß ich wohl, das jeder zufrieden ist, wenn er selbst seine Art Einsiedeley bauen darf. Friedrich Carl von Savigny empfahl die Ankündigung seinem Freund, dem Pfarrer Johann Christian Bang (Frankfurt, 20. Februar 1808; Stoll 1927–1929, Bd. I, S. 309): A r n i m ist jezt in Heidelberg, er schreibt eine Zeitung für Einsiedler. Die sehr hübsche Ankündigung müßt Ihr lesen, sie ist gewiß in Marburg zu haben. Was Arnim in seiner Ankündigung übermütig geschrieben hatte, traf wohl ein: Diese Anzeige sollte eigentlich nur dienen, die ganz ernsthaften Leute stutzig zu machen, die Argwöhnischen wegen geheimer Verbindungen in Verlegenheit zu setzen, die Aesthetiker aber zweifelhaft zu lassen zu welcher Schule wir uns bekennen 〈. . .〉. Für die Partei der Klassizisten um Voß war es klar, daß Arnim der romantischen Schule angehörte, wie er ja auch bald Beiträge oder Zitate von Görres, den Brüdern Schlegel, Tieck, Brentano und den Brüdern Grimm brachte. Doch für Arnim war diese Frage dennoch ernst gemeint. 1812 wird er in der Formulierung daran anknüpfen und eine Antwort geben in dem Widmungsgedicht seiner Novellensammlung an die Brüder Grimm: Ihr Freunde wißt, daß ich von k e i n e r Schule 〈. . .〉.

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(Berlin 1812, S. XI; vgl. Werke III, S. 616. Das Gedicht enthielt jedoch zunächst heftige Kritik an Voß, die der Selbstzensur zum Opfer fiel.) Am 13. März 1808 berichtete Friedrich Creuzer an Christian Gottfried Schütz (Christian Gottfried Schütz, Darstellung seines Lebens, Charakters und Ver-

dienstes nebst einer Auswahl aus seinem litterarischen Briefwechsel mit den berühmtesten Gelehrten und Dichtern seiner Zeit, hg. v. Friedrich Karl Julius Schütz. Bd. 1. Halle 1834, S. 56): Ein scherzhaftes Blatt das kürzlich von hieraus angekündigt ist, redigirt und verfaßt vermuthlich auch größentheils der hier sich aufhaltende Herr von Arnim aus dem Preußischen. Mit dem Frühjahr soll es anfangen. Ich höre, daß darin das Morgenblatt bekämpft werden soll, wozu jeder Ehrenmann Beifall geben muß. Von Arnim wurde weiterhin eine kürzere Anzeige formuliert, die am 15. April 1808 im Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt für gebildete Stände 1808 erschien (vgl. Kap. Anzeigen; 544,1–15). Zu den Druckfehlern gibt es von Arnim – nach Notaten zu ZfE7 – ein witziges, in Prosaform notiertes Gedicht (GSA 03/174, Bl. 17; Wz beschnitten: Wappen mit Baselstab darin; Ricklefs Lyr.-Reg. 1286; vgl. Werke III, S. 1014): Schlecht war meine

Correctur, lieber Leser folg mir nur, halt dich fester am Gedanken wo die Worte irrend schwanken; bessre lieber 〈aus Leser〉 statt zu strafen, müde war ich durft nicht schlafen, welch ein Druck war in den Augen, feiner Druck kann da 〈aus konnt〉 nicht taugen. Weder die Druckfehlerkorrekturen noch das Gedicht erschienen in der ZfE, vielleicht wegen der schnellen Einstellung des Blatts. Arnim klagte immer wieder über die schwierige und mühsame Korrektur, so am 10. Mai 1808 im Brief an Bettine (FDH 7263; Ich habe einige Tage gezögert 〈. . .〉): Von dem Reize dieser Ge-

gend giebt es wenig zu sagen, mehr zu sehen, wie die Gewitter mit den Blüthen spielen, die Reben haben ausgeweint und grünen herrlich, nur meine Correcturen sehen mich schwarz an, ich werde zuweilen ungeduldig und hätte ich nicht so mancherley in der Welt ertragen ich hielt es nicht aus in dem gemauerten Haus, wie die Zigeuner sagen. Auch Brentano klagte am 19. Juni 1808 gegenüber Savigny (FBA 32, S. 72f.): Ich würde Ihnen augenblicklich auf ihren ersten liebevollen Brief geantwortet haben, wenn Arnims Abwesenheit (etwas unerlaubt lange) mich nicht in ewiges Korrigiren der vergänglichsten Schriften setzte. Im Vorwort zur Tröst Einsamkeit meinte Arnim allerdings dazu: 〈. . .〉 ich zog in das Bad, die Correkturbogen mir nach, so wurde die Ausgabe der Zeitung unterbrochen 〈. . .〉. Noch (vermutlich) am 18. April 1809 erinnerte er sich, beim Druck des Wintergartens (an Brentano: Du erhältst, lieber Clemens, meinen 〈. . .〉; FDH 20129): Die Correktur haben zwey 643

Kommentar

Schwägerinnen von Reimer nachbesorgt, was darin gefehlt ist nicht meine Schuld, wohl aber ist es ihr Verdienst, daß es richtiger als mein Einsiedler ausgefallen. Konzept und Beiträger Die folgende Darstellung konzentriert sich auf die Planung der ZfE allgemein, die Entstehung der einzelnen Texte wird im jeweiligen Kommentar dargestellt. Biographische Angaben zu den Beiträgern finden sich in der alphabetischen Liste der zeitgenössischen Beiträger. Mit der Ankündigung war ein komisch-satirischer Ton angeschlagen, aber noch kein Konzept mitgeteilt. Einstweilen verstand nicht einmal Brentano so recht, welche Ziele Arnim mit dem Projekt konkret verfolgte. Das Konzept wurde wahrscheinlich auch mit Zimmer und Joseph Görres in Heidelberg besprochen, doch gibt es dazu keine Briefzeugnisse. So muß der Briefpartner Brentano deshalb auch als Arnims wichtigster Gesprächspartner in diesem Punkt gelten. Arnim schrieb an ihn am 18. Februar und sandte die Anzeige mit. Nach dem Datum muß es sich um einen Abzug der ersten Fassung gehandelt haben (In manchen wunderlichen Bestellungen wende 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 286r–291r): Nun zur Hauptsache – Aus der Einlage wirst du schon

ersehen haben, denn man liest immer so etwas voraus, daß ich nun wirklich Zeitungsschreiber bin. Ich habe dabey gar sehr auf Dich gerechnet, Du siehst, daß Dein Plan einer Zeitung alter Art dadurch auch ausgeführt werden kann, denn so wie im Allgemeinen alles in unsrer Zeit nur in Anspielung erdichtet erscheint, lauter Begebenheiten die nie geschehen, Gelegenheitsgedichte ohne Gelegenheiten, so würde dieser Beytrag aus alten deutschen Büchern in Herrlichkeit und innerm Leben wirklicher Geschichte gar herrlich zwischen Prangen. Gieb mir eins oder das andre deiner Lieder. Sey fleissig, lieber Bruder, ich dachte daß die Zeit der Ruhe wieder in Deutschland verrinnen könnte, und daß man nachher vergebens die Poesie ausspielte ohne einen Stich zu machen; schick mir, wenn es Dir gemüthlich, eine kritische Anzeige von Schelmufskys Reise um die Welt mit interessanten Bruchstücken, Du kannst zulügen daß die Balken brechen, die Zoten must Du wie in der Erzählung durch einen Flor sehen lassen, das Auge der Menschen ist zu schwach für diese strahlende Wahrheit, willst Du selbst nicht, so schick mir das Buch. Du kannst nach Gefallen deinen Namen unterzeichnen oder deinen alten poetischen Maria. 644

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Ferner verlange ich ein Paar schöne kurze altdeutsche Einsiedlerhistorien, dazu ein Paar lustige aus den Niederöstereichischen von Adel, das Buch möchte ich auch haben. Mach eine Ankündigung vom Goldfaden. Schreib insbesondre recht wunderliche Anekdoten, die aber der mimischen Begleitung entbehren können, die Reise des Sporers, du kannst ihn mit Schelmufsky sich begegnen lassen. Ich hoffe du bist in diesem Augenblick schon Feuer und Flamme und auf dem Wege mit allen Deinen Büchern schnurstracks hieher zu laufen. Such nach recht schönen alten Prosastücken, aber nicht zu lange, s c h i c k b a l d . An Grimm schreibe ich gleichzeitig. – Du erhältst dagegen H o n o r a r und den ganzen Rest von Originalhandschriften auch alle meine fliegenden Blätter. Brentanos erste Publikationen waren unter dem Pseudonym Maria erschienen (vgl. FBA 16, S. 627). Den Goldfaden von Georg Wickram gab Brentano 1809 neu heraus. Im vorherigen Brief hatte er erwähnt: Friedrich Franz Joseph Graf von Spaur (1756–1821), Reise durch Oberdeutschland, in Briefen an einen vertrauten Freund, Marburg 1800 (vgl. Schultz 1998, S. 886). Sehr viel poetischer drückte sich Arnim gegenüber Bettine aus, der er schrieb (wohl am 18. Februar 1808: 〈. . .〉 ich wollte Dir soviel über 〈. . .〉; FDH 7244): Und so von abwechselnden Gedanken bewegt steige ich

gern Berge hinan, die Gegend liegt klar unter mir; die ich in Krümmungen durchschritten, da oben wünschte ich wie ein fallender Stern so unter mir dir ins Auge küssen zu können, aber nur einen Augenblick, denn auch solche Sternen-Einsamkeit ist in ihrer Art selig. Auf solchen Wegen ist auch meine Zeitung entstanden, die ausser der komischen Larve noch ein ernsthaftes Gesicht hat, das sie damit nicht verbergen will, nur die Leute anzureitzen. Bettine solle Arnim eine Liedkomposition schicken (wozu es jedoch nicht kam). Ferner fragte Arnim nach Savignys: 〈. . .〉 ich hatte da so manche angenehme Berührung, grüsse sie

alle und erzähle ihnen von meiner Zeitung: Zimmer würde bald zu Savigny kommen, sag ihm das, nothwendiges Geschäft hält ihn noch auf. Hier ist wohl das folgende Blatt einzufügen, über das Steig schreibt (Steig 1914, S. 11): »Aus dieser Zeit des eigentlich doch nicht getrübten Zusammenarbeitens hat sich ein Blatt Papier erhalten, auf dem für die Zwecke der Freunde brauchbare Titel und Stoffe vermerkt sind, nämlich: Schneider

Wappen, beim alten Voß in einem rothen 4o Band in Pappe mit der Ueberschrift Satiren; Selbstbiographien von Einsiedlern; Die Beichten; 645

Kommentar

Fausts Portrait; Jacopone de Tuterdo; Bernhäuter; Ueber zweierlei Wirthe; Schelmufsky; Gaston; Cöllnische Chronik; Schlußsymphonie; Erznarren; Närrische Briefe. Die sechs ersten Titel sind von Brentano, die drei folgenden von Wilhelm Grimm aufgeschrieben, die drei letzten wieder mit Röthel von Brentano. Ein Theil dieser Stoffe ist wirklich für die Einsiedlerzeitung und später in Brentanos Schriften verwendet worden.« Fausts Portrait wurde von Ludwig Emil Grimm für ZfE3 gestochen. Der Bärnhäuter erschien in Brentanos Bearbeitung in ZfE22–25. Ueber zweierlei Wirthe ist der Dialog nach Erasmus von Rotterdam auf dem Juni-Umschlag. Schelmuffsky wurde erwogen, dann aber nur in ZfE37 erwähnt. Gaston de Foix in Brentanos Nacherzählung erschien ab ZfE10. Auf das Schneider Wappen (die Schere) bezieht sich das letzte Lied im ersten Band des Wh (Des Schneiders Feyerabend und Meistergesang. Altes Lied in meinem Besitz. C.B.: FBA 6, S. 402–404; vgl. FBA 9/1, S. 704), das weitgehend eine Dichtung Brentanos ist; auch der Ausdruck Bärenhäuter wird darin erwähnt (FBA 6, S. 404). Clemens Brentano wollte sich für die ZfE gern bemühen, wie er Arnim im Februar schrieb nach Erhalt der Ankündigung (Gestern erhielt ich deinen lieben 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 241r–244r): Waß mich mein be-

ständiges zerrißenes Wesen, dieses ewig quälende ekelnde Leben thun läßt, ach waß ich vermag will ich für d i e E i n s i e d l e r thun, ich wollte ich wäre das Papier und die Lettern und die Schwärze dazu, da wäre mir geholfen. Hiebei lege ich einen Abdruck von Fausts Portrait, das Louis Grimm nach Sichem so radirt hat, willst du es als Beilage zu den Einsiedler, so kannst du ferner den Eulenspiegel, den Wagner, und noch irgend einen Etwa den Knipperdolling erhalten, es soll nichts kosten, als die Platte. Zu dem Knipperdolling könntest du einige historische Aneckdoten, oder ein Fragment deines Dramas geben, zum Faust kann man auch eine kurze Biografie mit Spas auf den Bickeburger D. Faust Schwerenoth ja wohl geben, u. s. w. Zu befürchten wäre, daß die Platte nicht genug Abdrücke aushielt, aber vielleicht kriegt deine Zeitung auch nicht genug Abnehmer, und dann giengs doch. Willst du aber lieber, daß Zimmer die vier kuriösen Kerls in einem Umschlag übernähme, so schreibe mirs, die Faust Platte kann er gleich haben, will er dem Armen Jungen etwas dafür geben, wenn er gleich nichts begehrt, so ist es gut, ich dencke er kann die wohlfeil verkaufen, und dann nehmen sie viele Studenten und der Gleichen schreibe deine Meinung. Ich fürchte, daß die zu witzige Ankündigung der Abnahme schaden kann, sei ja auf der Hut in den ersten Stücken 646

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nichts zu witziges, oder überblühendes, Görresisches aufzunehmen, um die Leute nicht zu irren, du must den Angelhacken Einschwätzen und ist er im Leibe krummachen, bedencke das weise – Schlurbs war er drinne – zeigst du aber gleich dem Philister die ganze Bescheerunge, die blanke Schote, so flieht er vor dem Mutsch beiß mirn. – Das Blat könnte herrlich werden, dazu aber gehörte, daß ich und meine Bücher und alle unsre Kupfer, und B e t i n e dabei wären, die must du bitten sie schreibt dir Briefe einer Einsiedlerin hinein, nein bitte sie nicht, ich will sie bitten, dann thut sie es anonym vielleicht lieber, laße dir nichts merken – und du kannst antworten in dem Blatt. Der Alte Voß hat einen in roth Pappe gebundenen Miszellan Band in 4o mit der Ueberschrift Satiren, darin ist eine Abhandlung von den Schneidern, und ein sehr Witziges Wappen der Schneider, wenn du das durchzeichnen und nachstechen ließt, es ist sehr leicht, so wäre es eine sehr schöne Zierrath zu den Schneider Liedern, zu denen ich das aller beste noch besitze, wolltet ihr es nicht ins Wunderhorn, wäre es herrlich in die Einsiedler, ich hätte den Titel gemacht, v o n u n d f ü r E i n s i e d l e r . Grimm will dir besonders helfen, sie wollen unter der Firma Die Gebrüder Vatermörder von Gellnhausen arbeiten. Morgen ist wieder Posttag, dann fahre ich fort 〈. . .〉. Knipperdolling war der Anführer der Wiedertäufer in Münster, über den Arnim ein Drama verfaßt hatte (vgl. WAA XIV). Das Schneiderwappen erscheint in Brentanos Märchen vom Schneider Siebentot (vgl. FBA 17). Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm publizierten unter ihren eigenen Namen in der ZfE. Wie Brentano auf den kuriosen Namen Gebrüder Vatermörder kam, beschreibt er in der Einleitung zum Gockel-Märchen (Brentano, Werke 3, S. 619): Gelnhausen prägte sich mir

in der Jugend durch den Zettel an einer Bude mit Wachsfiguren ein, welcher lautete: »Wahrhafte Abbildung der beiden Gebrüder Vatermörder von Gelnhausen« – als sei dies eine Handlungsfirma. Am 24. Februar hatte Arnim noch keine Post von Brentano. Er mahnte ihn (Gottlob vier Bogen abgedruckt, also 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 293r/v): Auch auf meine Zeitungsnachrichten sagst du kein Wort. Gieb mir doch die Nachricht von dem Räuber, der die Todtenköpfe immer als Rosenkranz schüttelte und dabey sang. Diese Sage erwähnte Arnim erst im Sonett Nr. 31 der Beylage sowie im Vorwort zur Buchausgabe der ZfE Tröst Einsamkeit (483,13; 540,13–24). Am 27. Februar jubelte er dann (Dank, Dank für die Platte! 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 294r–295v) über die Faust-Radierung von Ludwig Emil Grimm (vgl. ZfE3). Auch die Vorlage für die Illustration zum Bärnhäuter schickte Brentano mit (vgl. ZfE25). Am 1. 647

Kommentar

März (Gestern erhielt ich deine Einlage 〈. . .〉; FBA 32, S. 35; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 245r–246v) gab dieser Auskunft über die Sage von Pape Döne und fuhr fort: Könntest du nichts in der Zeitung über Winkel-

mann sagen, Savigny würde gern auch Etwas sagen und Hoier, mit der Platte sende ich alle Volkslieder, und dann wende ich mich zu den Einsiedlern 〈. . .〉. Brentano dachte an einen Nachruf auf den Studienfreund Stephan August Winkelmann (1780–1806). Erst 1811 wird Arnim diesen Namen in seiner Erzählung Angelika die Genueserin und Cosmos der Seilspringer verwenden (vgl. den Kommentar in: Werke III, S. 1264). Obwohl Brentano im nächsten Brief schon eine Karikatur zur ZfE zeichnete (vgl. Kommentar zu ZfE25), verstand er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, welches Arnims Konzept der Zeitung sein sollte. So fragte er eindringlich (Kassel, kurz nach dem 1. März 1808: Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; FBA 32, S. 37–40; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 247r–248v): Waß soll aber eigentlich

dein Blatt werden, soll es ein ganzes sein, oder ein durcheinander wie andre Blätter, ich weiß noch gar nichts davon, und soll mitarbeiten. Eine Idee aber, die mir ganz himmlisch erscheint, theile ich dir hiebei mit, oben als Vignette der Zeitung einen tanzenden Einsiedel auf dem Weltball mit dem Jupiters kopf und das Motto, da droben auf dem Hügel ect. hiebei eine leichte Skizze es müßte etwas kleiner in Holz oder Stein geschnitten werden, es drückte nach meiner Idee die ganze Idee dieser Zeitung aus, und ist groß ohne ordinair zu sein, es wär so ein herrlich Lied dazu zu dichten wie Göthens Prometheus, ich bitte dich um alles laße das machen, alle herrlichen Leute allein werden es kopiren, und mitarbeiten, ein kurze Ode über den grosen Einsiedler wäre eine herrliche Eröfnung des ganzen. Soll ich dir dann einige Einsiedlerlegenden ausarbeiten und auch schöne Umrisse von Einsiedlern machen laßen, ich habe eine schöne Darstellung von Bruder Claus und von St Meinrad wie willst du die Legenden? überhaupt will ich genau wissen, waß dein Blat will, aber mein tanzender muß davor, mir hat lange so nichts gefallen, schreibe doch an Göthe, versprich i〈h〉m Geheimniß, bitte ihn sich mit dem ganzen Rest jugendliches Muthwills auszugießen in der Gesellschaft nicht affecktirender ihn liebender Jungen. Wenn Bettine ihn bäte schrieb er gewiß anonym mit, auch Tieck den Einsiedler lade ein, Grimm wird sehr schöne dänische Romanzen schicken, nebst vielem aus seinen und meinen Schätzen, ich werde dir aus dem Simplizissimus Stellen, und besonders die Geschichte des ersten Bernhäuters nebst seiner Abbildung senden, schreibe mir einmal sehr bestimmt über dein Blatt, wäre ich bei dir, 648

Entstehung

gewiß dürftest du mirs nicht anders machen als daß es groses Publikum kriegte, hast du im Morgenblatt gelesen das Epigramm auf uns als zwei Butzemänner di dum, wie dumm, in jedem Fall hakt dich das Morgenblatt drum nur munter die Carricatur zum Vorgruß. Alberti in Berlin bestellt hiermit durch mich ein Exemplar, auch Geisler in Gotha, den lade gleich zum Mitarbeiter ein, das wird ihn glücklich machen, Judenanecktoden mußt du eine Menge hinein machen, auch dem Herzog von Gotha muß man ein Exemplar schicken. Den Vierzeiler vom Einsiedel zitiert Brentano am Schluß des Bärnhäuters (311,18–21). Alberti war ein Schwager Reichardts, daher wußte Brentano von seinem Interesse. Brentano hatte Johann Georg Geißler Ende Dezember 1804 in Gotha aufgesucht, und Arnim kehrte Anfang Dezember 1805 bei ihm ein. Beiträge lassen sich nicht zuordnen. Der gebildete Herzog von Gotha vertonte u. a. Wh-Lieder. Hier deutet sich schon ein künftiges finanzielles Problem an: Arnim verschenkte viele Exemplare, während der Verkauf gering blieb. Arnim antwortete Brentano etwa um den 15. März (Heute bekam ich die Nachricht 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 296r–297v). Er wartete noch auf die Platten und ging auf Brentanos Bemerkungen zur Einsiedlerkarikatur ein: Mein Einsiedlerbild hast Du sehr richtig ausgelegt, doch gehts

nicht allein auf die Zeitungsschreiber, sondern auch auf die Leser, aber ich wünschte darum keine Aenderung im Blat, eine solche bestimmte direkte Satyre liegt für jezt ganz ausser den Grenzen meines Blats, wo alles Wirkliche, Historische muß Platz machen, bis darüber zu reden Freyheit und Lust vorhanden ist, dies ist mein Gesichtspunkt, nach dem du fragst, ich möchte allem was daran nicht unmittelbar festsitzt einen Freyhaven errichten. Kannst Du eine Karikatur auf Journale erfinden, die niemals vorhanden gewesen und sich im kleinen doch gewissermassen unter uns historisch parodiren, so ist sie mir willkommen. Zerstreu Dich am Schelmufsky, schick was ich erbeten, Einsiedlererzählungen. 〈. . .〉 Deine kleine gut gedachte Zeichnung von dem springenden Einsiedler kann gelegentlich mit andern radirt werden, es fehlt hier an geschickten Form oder Holzschneidern, auch ist mir die ewige Wiederkehr derselben Figur in allen Zeitungen fatal, kein Mensch sieht mehr danach. Von dem versprochenen Pakete ist noch nichts angekommen. Gleichzeitig schrieb Brentano Arnim (18. 〈FBA:〉 spätestens 15. März: Ist es weil du lange 〈. . .〉; FBA 32, S. 51; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 251r–253v): Meine Lust Kassel zu verlaßen wächst wieder täglich, und wenn ich es nur irgend möglich machen kann, so komme ich auf einige Tage zu dir, es ist mir immer, als könnte aus deiner 649

Kommentar

Zeitung wenn es recht ernstlich angegriffen würde, und mehr auf das allgemeine, als auf das blos unsere bezogen würde, etwas trefliches werden, vielleicht aber willst du selbst das Wesen nur ein paar Monate dauren laßen, dann wäre es etwas anders. Brentano spricht im folgenden über seine Übersetzungen aus dem Italienischen (vgl. ZfE9) und kommt noch einmal auf sein Lieblingsmotiv zurück: Vor allem bitte ich dich nochmals meine vorgeschlagene Titelvignette des auf der Welt tanzenden Olympischen Einsiedels, welcher die Poesie selbst ist, nicht bei Seite zu legen, die Idee scheint mir jung und würdig, ja klaßisch, und mit einer klaren großartigen Ode, über dieses Thema eröffne. Göthen vertraue dich an, bitte ihn um Muthwill, bitte ihn den Einsiedel um seine Tänze, dann sollst du am besten in den ersten Blättern eine klaren und ernsten Aufsatz folgen laßen, recht herzlich und warm, über die Mishandlung, unter welcher das Vortrefliche und Geniale unsrer Litteratur und Kunst immer nur langsam hervordringen kann, und durch welche das Göttliche Kind in seiner Unschuld oft wie Hunde verschlagen wird und muthlos stirbt, hiebei wäre anzuführen, wie alles junge und muthige von dem Blatte in seiner platten Zeit, über die es hinaus strebt stets mishandelt wird, wie alle die Zeitungen biß jezt darnach gestrebt, wie selbst versteinerte Geister (Voß) tödlich wirken möchten, die fruchtlosen Bemühungen Gegen Lessing, gegen Göthe, gegen Tieck, gegen Schlegel, die Gottschedianer Nikolianer, etz. recht ruhig und würdig gegen die Unterdrücker, wie die Zeit endlich armseelig nach muß, wie die gutmeinenden Kindermörder endlich selbst zu Kreuz kriegen, und wie sie sich bezeichnen mit dem Kreuze um neue zu erschlagen. Brentano kommt dann auf den Angriff im Morgenblatt vom 7. März zu sprechen (s. u.). Ich wünschte eben deswegen diese ernste Anzeige, welche alle treflichen für unsre Zeitung gewinnen müste. Meine Vorgeschlagne Einsiedler Karikatur könnte recht schön daneben stehn, Muthwill und Ernst. 〈. . .〉 Bitte ja Göthen um Beiträge, er schlägt dir sie nicht ab, etwa um eine Stelle des ungedruckten Faust – die Bettine um einige Compositionen ihres Fausts. 〈. . .〉 Sollte es mir möglich werden bald auf einige Tage nach Heidelberg zu kommen, waß ich freilich mehr wünsche als hoffe, 〈. . .〉 so will ich einen Sack voll Pläne mittheilen, die mir schwer auf dem Herzen liegen. Wenn ihr es klug und ernsthaft mit den Einsiedlern treibt können sie von der grösten Wirkung für unsre deutsche Kunst werden. Auch Tieck must du ernstlich dazu einladen, und die jungen Riepenhausen in Rom, sie würden gewiß wie auch Friedrich Tieck, wenn ihr sie recht verstän650

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diget euch Zeichnungen schicken von manchem, wie wärs, wenn du von den Durchzeichnungen, die Bettine dir gab, eins oder das Andre zum Nachstiche sendetest. Ich bin versichert, daß Göthe dich unterstüzzt, wenn du ihn bittest, das ist ja eben sein Unglück, daß er keine ordentlichen Leute hatte mit denen er Jugendlich bleiben konnte, drum ist er ja etwas steifstellig worden, und wie geschlagen wären als dann die läufigen Wiederbeller. Hätten wir eine Steinstecherei, wir wollten ein Bilderbuch aus deinen Sammlungen und aus andern heraus geben 〈. . .〉. Brentano wollte neben Goethe, nämlich dem jugendlichen Goethe der Volksliedsammlung, eine Richtung vertreten sehen, die katholische Legenden aufgreift: Er dachte an die Brüder Franz und Johannes Riepenhausen (1786–1831; 1788–1860), welche 1806 eine Serie von Kupferstichen zu Ludwig Tiecks Drama Genoveva (vgl. ZfE13) publizierten. Arnim reiste damals nach Frankfurt, um sich mit Savigny über Brentanos Wunsch nach einer Scheidung zu beraten. Er schrieb von dort Brentano am 18. März (Ich war auf dem Wege 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 298r–301v): Die

Pakete sind nun angekommen, schreib was wir dem Grimm für seine Kupferstiche zu entrichten haben, dem andern für die Uebersetzung, aus der ich eine Probe in den Einsiedler rücke, mit dem Du Dich wohl etwas beschäftigen kannst, besonders aus dem Schelmufsky eine Recension, oder schicke Legenden. Arnim bezieht sich hier auch auf Wilhelm Grimms Übersetzung aus dem Altdänischen. Er traf damals in Frankfurt Mohr und besprach vermutlich auch das Projekt der ZfE. Dieser schrieb an Zimmer (Frankfurt, 18. März 1808; FDH 20971): Ich wünschte ich könnte in die-

sen Tagen abkommen, ich würde dann auf ein paar Tage zu Dir kommen 〈. . .〉; vielleicht komme ich wenn Arnim wieder zurückgeht 〈. . .〉. Brentano sandte kurz vor dem 22. März (Ich dancke dir für deine 〈. . .〉; FBA 32, S. 55; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 256r) verschiedene Beiträge. Am 22. März lehnte Arnim, wieder zurück in Heidelberg (Wie gehts Dir Clemens? 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 302r–305v) noch einmal die Idee der Vignette ab: Die Vignettenidee zum Einsiedler ist recht schön, aber einmal fehlt

es am Formschneider, Zimmer hat eine Vignette zum Rheinischen Boten schneiden lassen, die ganz mislungen. Mir ist die Wiederkehr desselben Bildchens auch fatal, es ist wie der katolische Prediger vom Rosenkranz seiner Gemeine sagte: Meint ihr denn daß die himmlische Jungfrau an dem ewigen Ave Maria Freude hat, würde es denn eurer Frau gefallen, wenn ihr immer sagtet, ergebner Diener, ergebner Diener. Aber wenn Du mehreres ätzen läst, so laß es mit beyfügen und sage etwas darüber. Ueber den Anfang meines Einsiedlers sage ich Dir 651

Kommentar

nichts, dich soll aber allerley überraschen. Schick mir doch alles, was du mir angeboten und worum ich gebeten, wenn Du es nicht selbst arbeiten magst, schicke die Bücher, stoß auch Grimm an, ich fürchte mich jezt schon vor dem grossen Vorrath an Materialien. 〈. . .〉 Schick mir die Uebersetzung der Zingara, und schreib dabey, ob ich Deinen Namen nennen soll oder darf als Uebersetzer 〈. . .〉. Du weist immer noch nicht recht, was ich mit meiner Zeitung will, ist es Dir denn nicht klar, wenn ich Dich um Lieder um etwas aus dem armen Heinrich 〈d. i. Brentanos Chronica eines fahrenden Schülers〉, um das Beste aus Deinen Büchersammlungen bat, ich wollte das Beste was ich ablangen kann statt des Schlechten der andern Blätter in Umlauf bringen, das Unbedeutende was etwa eingemischt werden sollte nur um mancherley Leser zu befriedigen, besonders die Käufer. An Göthe an Herzog von Gotha soll geschrieben werden sobald die ersten Stücke heraus sind, an denen jezt gesetzt wird, ein Kupfer begleitet das erste Stück, das dir gefallen muß. – Je so habe ich doch fast über das Schreiben Dein ganzes Unglück vergessen, mache mir das nach, so wird Dir wohl und sende es, so wie es fertig wird, aber sag dabey wo ich dich nennen darf und wo nicht. Am 1. April erschien die erste Nummer, keineswegs – wie Brentano gewünscht hatte – mit einer Ankündigung des Programms, sondern nur mit Gedichten Arnims und programmatischen Sätzen: einer Exorzismusformel, Goethes Rat in Arnims Stammbuch – anonym zitiert – und einem Bibelzitat. Dazu ein Kupferstich, dessen Erklärung nie erschien, weil Arnim seinen Scherztext (Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages, s. Anhang, 563,2–4) nicht mehr publizierte. Arnim wollte sich mit der Gedichtgruppe Der freye Dichtergarten, die auch noch die zweite Nummer füllte, bewußt aus allen Heidelberger Streitigkeiten heraushalten. Doch war das nach der Häme des Morgenblatts gar nicht mehr möglich, zumal Voß das Einleitungsgedicht auf seine Person bezog (s. ZfE1). Arnim kam also überhaupt nicht umhin, nun Position zu beziehen. Er tat das am 9. April in ZfE3 in der Anmerkung zu Jean Pauls Friedenspredigt. Darin zitiert er sogar Brentanos Brief vom 18. 〈spätestens 15.〉 März, in dem dieser fordert, in einem ernsthaft gehaltenen Aufsatz eine Lanze für das Vortrefliche und Geniale in Literatur und Kunst zu brechen. (30,38) Arnim fügt gleichsam programmatisch an, die ZfE wolle jedes gesunde Erzeugniß in der literarischen Welt fördern und

die Kritik vernichten, die gleich bemüht ist, das Kind der Liebe lebendig zu seziren 〈. . .〉. (31,15–17) Arnim sandte aus gutem Grund die drei ersten Nummern gemeinsam an Brentano, der sich über das Zitat aus seinem

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Entstehung

Brief erfreut zeigte. Er schrieb aus Kassel am 8. April mit einer umfangreichen Textsendung (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 57; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 254r–255v): Gestern erhielt ich die drei ersten Blät-

ter, Danck für die herzliche Erwähnung meines Briefs an dich, deine edle Liebe zu mir, die Freundlichen Blicke, die du aus allem Getümmel in alles Getümmel zu mir wirfst, sie sind mir das Meiste, Beste, die Sonnenblicke in eine Melancholische Landschaft. Er kündigte an: 〈. . .〉 ich bin zu Ende dieses Monats bei dir in Heidelberg und bringe eine Auswahl meiner kurieusten Bücher mit für den Einsiedler, ich bitte dich von meiner Ankunft in Heidelberg niemand etwas zu sagen, es soll mir Freude machen, vom Himmel zu fallen. Am 11. April teilt Arnim Brentano mit, er freue sich auf dessen Ankunft. Jacob Grimm schrieb Friedrich Carl von Savigny aus Kassel am 10. April 1808: 〈. . .〉 Den Oster-

mittwoch reist der Clemens 〈. . .〉 ab 〈. . .〉, alsdann will er gleich weiter nach Heidelberg 〈. . .〉. (Schoof 1953, S. 41) Wilhelm Grimm äußerte am 18. April gegenüber Arnim (BJ: Ich habe recht viel Freude 〈. . .〉): Ich habe recht viel Freude schon an dem Einsiedler gehabt, und ich denke es muß jedem wohlthun, einmal ein geistreiches Blatt zu finden, das von den gewöhnlichen auch in der Form gänzlich abweicht. Und weil wir, wie schlimm auch die Zeiten seyn mögen, immer hoffen dürfen, daß ein gutes Wort eine gute Stätte findet, so wird es auch nicht an einem Publikum fehlen das Interesse und Freude daran nimmt. Ich hoffe Sie sind überzeugt, daß ich, was ich vermag, gern beitrage. Brentano schrieb damals (18. oder 19. April) in Kassel mitten unter Kisten und Kasten und wollte in zwei Tagen abreisen: 〈. . .〉 zwei Kisten mit Büchern sind als eine Schatzkammer der Einsiedler mühsam ausgewählt und gepackt. Er kritisierte: Ich finde den Einsiedler noch immer für den Beginn der Wallfarth etwas zu schwer und ungefüge, nicht als wünschte ich ihn leichter an sich, sondern ich wünschte ihm seine Last besser und gleichgewichtiger aufgepackt. (FBA 32, S. 58, 60; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 257r–258v). Als Brentano in Heidelberg war – er traf am 29. April ein – und zeitweise auch die Redaktion allein übernahm (29. Mai bis 21. Juni), änderte er am Stil der ZfE jedoch nichts. Noch einmal, am 26. April, versuchte Arnim in einer Rechtfertigung seines Konzepts der ZfE eine Versöhnung der Parteien (Fußnote zum Aufsatz von Görres; ZfE8, Sp. 57f., hier 89,11–31): Wir Herausgeber ergreifen die Gelegenheit 〈. . .〉 einem Vor-

wurfe zu begegnen, der uns leicht von denen gemacht werden könnte, die unsre Zeitung eigentlich nicht lesen, sondern nur beurtheilen; als zerstückten wir die Aufsätze 〈. . .〉. Mit einem glücklichen Ausdrucke 653

Kommentar

des H v. Kleist sagen wir, daß es organische Fragmente sind 〈. . .〉: Der blinde Streit zwischen sogenannten Romantikern und sogenannten Classikern endet sich; was übrig bleibt, das lebt, unsre Blätter werden sich mit beyden und für beyde beschäftigen; man lernt das Eigenthümliche beyder Stämme wie in einzelnen Individuen erkennen, achten, und sich gegenseitig erläutern, und in seiner Entwickelung erkennen. Daß Arnim sich tatsächlich um Beiträge der Klassiker-Fraktion bemühen wollte, ist im Rückblick überraschend. Doch ist seine Suche nach solchen Texten zumindest durch drei Briefe belegt: an den Humanisten und Schriftsteller Christian Friedrich Wilhelm Jacobs, an Daniel Falk und an Friedrich Heinrich von der Hagen zur Weiterleitung an Wilhelm Ferdinand Solger (s. u.). Er war mit diesen Anfragen erfolglos. Gerade durch das Fehlen eines dezidierten Programms mußten sich die interessierten Leser einfach an den ersten Blättern orientieren, um den Stil dieser Zeitung zu erfassen. Die Gelehrten und Wissenschaftler, die sich mit der Antike befaßten, hätten ihre Beiträge in der ZfE wohl nicht gut plaziert gefunden, zumal der Homer-Übersetzer Voß gegen die Zeitung zu Felde zog. Die Festlegung auf alte und Volksliteratur geschah z. T. von außen her. Eine weitere Orientierungshilfe für Einsender waren wahrscheinlich auch die Aufrufe für die Fortsetzung des Wh. Insbesondere Arnim suchte nicht nur alte deutsche Lieder. Bereits im Dezember 1805 war in seiner Aufforderung zu lesen (FBA 8, S. 348; vgl. 9/3, S. 651f.):

〈. . .〉 ich werde habsüchtiger, wie mein Vorrath mit jedem Tage anwächst, auch Melodien, Zeichnungen, besonders Nachstiche alter Holzschnitte und Landschaften, alte mündlich überlieferte Sagen und Mährchen werden mit der Fortsetzung dieser Sammlungen sich verbinden 〈. . .〉. Bei der ersten Planung der ZfE in Kassel und Frankfurt suchte man gemeinsam potentielle Mitarbeiter aus den Freundeskreis und darüber hinaus. Nicht immer waren Anfrage oder Empfehlung erfolgreich. So gab Savigny einem Theologen, Alvaro Augustin de Lianno, gebürtig aus Grenada, vor-

mals Mitglied der Propaganda in Rom, jezt Priester der Jansenistischen Kirche zu Utrecht, ein Empfehlungsschreiben für Arnim mit (Frankfurt, 28. Januar 1808: Ich überschicke dem Herrn Bruder 〈. . .〉; BJ/VS 36) und meinte, daß dieser Mann wegen seines alterthümlichen Wesens eigentlich selbst in das Wunderhorn eingerückt werden müste, in welchem Fall ich an ihm nicht viel zu ändern bitte. 〈. . .〉 Vielleicht wird er auch Beyträge zur alten Zeitung liefern. Da kaum spanische Literatur übersetzt wurde, war das aber wohl nicht der Fall.

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Entstehung

Von einer mündlichen Zusage der Brüder Grimm in Kassel kann man ausgehen. Schriftlich wandte sich Arnim zuerst an Des H Kriegssekretär Grimm, Wohlgeboren, d. i. Jacob Grimm, am 18. Februar mit Übersendung der Ankündigung (SPK/Nachlaß Grimm 647/1, 1–2): Herzligen Gruß zu-

vor. Einliegend der Anlaß meines Schreibens, Sie um Beyträge zu bitten aus ihren Sammlungen für meine Zeitung; ich wünschte besonders die Judengeschichte mit dem Knechte, den sie sich gebacken 〈vgl. ZfE7: Golem; 85,2–21〉. Alles gedrängtest Herrliche alter Zeit und Lustiges jeder Art ist mir willkommen, sehr lange Aufsätze erlaubt die Art der Erscheinung nicht, kurze literarische Notiz dabey, selbst literarische Hypothesen sollen mir lieb seyn. – In der Eile weiß ich nicht, ob ich mit Ihnen oder Ihrem Herren Bruder spreche, ich grüsse Sie beyde. Jacob Grimm mußte noch mehrmals gebeten werden, ehe er etwas beisteuerte. Von den ebenfalls in Kassel anwesenden Johann Friedrich Reichardt und seiner Tochter Louise hatte sich Arnim die Erlaubnis geholt, Vertonungen seiner Gedichte einzufügen, die er in den ersten beiden Nummern abdruckte. Doch fand sich in Heidelberg niemand, der Noten stechen oder lithographieren konnte. Derartige Notenbeilagen waren in Zeitschriften durchaus üblich; sie ließen sich leicht herausschneiden und zum praktischen Musizieren benutzen. Einen originellen Vorschlag, der nicht zur Ausführung kam, machte Arnim am 24. Februar gegenüber Bettine (Dein Brief, liebes Herz, kam 〈. . .〉; FDH 7245): Sie solle ihren Verehrer, den Kasseler Architekten Daniel Engelhard um einen Beitrag für die ZfE bitten: Bringe doch diesen Liebesbrieffabrikan-

ten zu einem Plane des grossen Einsiedler Pallastes, worin viele tausend Gelehrte, Liebhaber, Sechswöchnerinnen, ungestört neben einander wohnen können, ein Pallast der immer noch als Babylonischer Thurm anwendbar wäre, das soll er aber bey tage zeichnen und nicht Nachts. Eine solche Zeichnung hätte das Publikum sicher eher fesseln können als Brentanos tanzender Einsiedel. Vgl. Moering 2009. Vgl. hier: Architectonische Preisaufgabe (593,1–10). Im Brief vom 27. Februar teilte Arnim Bettine mit, daß er alte Druckgraphik erworben habe, die sich als Vorlage für Abbildungen der ZfE eignet (FDH 7247: Ich habe zwey Briefe von 〈. . .〉): Ein trauerndes Weib nach Dürer

von Stadeler, nie ist Traurigkeit so gemalt worden, die müste am Himmel wie Abends der Mond dastehen, daß sich die Menschen daran gewöhnten sie zu sehen. Einen heiligen Franziskus der eben die Wunden von Christus als Gnade bekommen und ein frommer Bruder der sie ihm auswaschen will, ein wunderbares Bild, denn wie die Vorstel655

Kommentar

lung des Heiligen groß im Gemüth und doch äusserlich unnütz nicht wie die Mertyrer zur Bestätigung einer Wahrheit nothgedrungne Qualen, so ist die ganze Felsengegend, lauter Felsen, wie sie wohl seyn könnten, die man aber nicht findet, eben so Einsiedler Hütten glat in schönem Verhältniß aber ohne Fenster, das Gesicht ein Wunder von Schwärmerey, die sich selbst doch zwischendurch belächeln muß und doch ihr Wesen und Werth fühlt. Das Bild hatte Clemens besonders gefallen, wenn ich mich einmal davon trennen kann will ichs ihm schicken. Noch ernster ergreift eine Einsiedlerlandschaft von Wilson, es scheint ein Prachtgarten gewesen, ein mächtiger Löwe liegt zerbrochen im breitblättrigen Kraute am Wasser, ein Einsiedler liest vor sich, ein andrer hört ihm zu, ferner durch Stämme über Felsen hinaus steht ein einsames Kreutz hellerleuchtet von vielen Pilgern knieend umlagert, der helle Schein durch die feuchte kalte Waldung ist wunderschön. (Von dem walisischen Landschaftsmaler Richard Wilson (1713/14– 1782), welcher auch Vorlagen für Stiche lieferte: »The White Monk«.) Außerdem bat er Bettine – vergebens – um einen Beitrag, zu dem Clemens (Gestern erhielt ich deinen lieben 〈. . .〉) angeregt hatte (Ich habe zwey Briefe von 〈. . .〉): Er will, daß Du mir Briefe einer Einsiedlerin für

meine Zeitung schreiben sollst, hast Du Lust? Du must wissen, was er meint, vielleicht hat er Dir darüber gesprochen oder geschrieben, vielleicht meint er damit manches, was sich Dir so in einsamer Betrachtung vorgebildet hat; macht es Dir selbst Vergnügen so etwas aufzuschreiben und hindert es Dich nicht in Deiner ernsteren Beschäftigung mit Musick, so wird es mir sehr willkommen seyn! Bettine sagte zunächst gern zu (Frankfurt, um 28. Februar 1808, FDH 7406: Um nur deine Antwort nicht 〈. . .〉): Clemens hat mir nichts über diese Einsiedler Briefe geschrieben, ich werde ihn darum fragen, aber du brauchst mich nie zu fragen, ob ich Zeit habe, dir etwas zur Freude zu thun, denn ich hab kein ernsteres Geschäft, als solches 〈. . .〉. 〈. . .〉 Morgen erhaltest du einen ausführlichen Bericht, wie ich es verstehe mit den Briefen, und dann sollst du mir deine Ansicht melden, nach welcher ich dann mein bestes thun werde, du aber must die Orthografie besorgen, du glaubst nicht wie groß oft die Sehnsucht in mir ist, zu thun ja wenn ich es recht bedenke, so war manche Ausgelassenheit, Muthwille, Unwille, Schmerz, pp. nichts anders als Mangel, an Thun, in welches ich mein Leben hätte ergießen sollen, das wird hoffentlich alles noch werden, und zum Theil durch dich werden. Arnim ermutigte Bettine am 2. März zum Schreiben (Heidelberg, FDH 7248: Ich wünschte, 656

Entstehung

daß Du die 〈. . .〉): Nun meine liebe Einsiedlerin noch ein Wort über Deine Schriftstellerei? Was Clemens darunter versteht hat er mir nicht geschrieben, wie ich es meine will ich dir ganz kurz sagen, denn bedürfte es mehr, so hätte es das Ansehn als wollt ich Dir wie einem Gesellen oder Handlanger eine Arbeit auf drängen, die Dir fremd ist. Ich verstehe unter Briefen einer Einsiedlerin alles das etwas geordnet und gekürzt, was Du gern von Deinen Anschauungen, wenn Du in bewegter Stimmung hie und da, in Marburg auf deinem Thurme, in Cassel bey Deiner Gräfin Bohlen, im goldnen Kopfe bey Tische gewesen, anderen erzählst, was Dir merkwürdig ist, daß Du es gefühlt hast und wie Du es gefühlt, dahin gehören auch Deine Fabeln; das schreib auf, wie es dir einfällt, Du brauchst kein besondres begeisterndes Feuer zu erwarten, denn das ist es, daß es einfällt und daß Du es erlebt hast, hast Du selbst nicht Lust es anzuordnen, so thu ich es recht gern, schreib es in diesem Fall nur auf einzelne kleine Blättchen, fändest Du ein fremdes geschichtliches Band woran sich dies wie bunte Winde umringelte so wäre es recht schön, aber nothwendig keines wegs, im Gegentheil würde Dir vielleicht manches Reizende verloren gehen auch ist meine Zeitung für keine Leser, die eine geistige Berührung nicht ertragen können, wenn sie ihnen nicht geschichtlich genau deducirt worden. Die Umgebung müstest Du etwas unkenntlich machen, gieb Dir auch einen falschen Namen, etwa Morella weil Du das liebe Bild gewürdigt hast Dir ins Bett zu sehen. Wenn Du erlaubst gebe ich gelegentlich unter diesem Namen auch einiges von Deinen Versen, die ich aus früherer Zeit besitzen, einige würden auch andre erfreuen, wir sprechen dahinter wie durch Masken ungestört mit einander, blinkten einander zu und nickten, von mir sollte gewiß niemand erfahren, wer sie gemacht, oder ich bildete den Leuten ein, es wäre von einer Dame in Weimar. Lebst Du doch so halb und halb dort. Hat Göthe nicht wiedergeschrieben. (Arnim hatte Bettine am 22. Februar 1808 einen Stich der spanischen Gelehrten Juliana Morella (1594/5–1653) geschenkt.) Am 3. März kam Bettine noch einmal darauf zurück (Frankfurt; FDH 7407: Nun sind mir wieder beinah 〈. . .〉): 〈. . .〉 an

meine Einsiedelei hab ich auch noch nicht gedacht, ich muß dir sagen daß ich auser mir selber nicht für einen Heller Vermögen hab, was ich also denck und thue ist manigmal ganz, manigmal zum Theil dein, was du also damit treibst geht mich nichts mehr an, wenn ich dirs gegeben habe, deswegen thut es mir auch nicht leid daß du es willst drucken lassen. so eben hab ich deinen Lieben Brief, so ist es grad 657

Kommentar

recht wie du meinst, in Marburg hab ich oft Fablen erdacht, die mir jezt noch so fest im Gedächtniß sind, als wie die Kindermärgen, das will ich all aufschreiben. Bettine sandte Arnim dann das fragmentarische Märchen vom Einsiedel zu (vgl. ZfE7 sowie Moering 1997; ferner zu Bettines anderen Märchen: Heinz Rölleke, Bettines Märchen. In: Bettine-Kat. 1985, S. 225–231). Am 22. März (Heidelberg; FDH 7252; Dieses Papier ist etwas zerdrückt 〈. . .〉) bat Arnim Bettine um eine Komposition, die sich leider nicht erhalten hat; ihre Vertonung von Goethes Gedicht Gesang der 〈aus zur〉 Mignon. Ueber Thal und Fluß getragen, d. i. Goethes Gedicht An Mignon. Bettine sandte die Komposition vermutlich Arnim zu (Brief nach 26. März; FDH 7414): hier hast du einstweilen das Lied, welches durchaus so

fertig ist bis auf die f. und p. und cres. und dimi., die du nach Belieben und Gutdünken anschreiben magst. Mit der ersten Nummer warb Arnim um weitere Beiträger. In diesen Tagen verschickte Arnim einige Anfragen in die Welt. Vergebens bat er Savigny, der einen Beitrag wohl nicht mit der Würde seiner Professur vereinbaren konnte. Arnim meinte deshalb (27. Februar: Juch hey, der geschlagene Voß 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Hast Du in Deiner Bibliothek gar keine Curiosa, die Du

mir senden könntest, es soll bey Ehre und Gewissen nie mals heraus kommen, daß sie von Dir gekommen, die Grimms arbeiten mit unter dem Titel Gebrüder Vatermörder aus Gelnhausen. Meine Theaternachrichten schreib ich alle aus Trages, das soll ein Suchen werden auf der Karte. Die Brüder Grimm waren Savignys Schüler gewesen, insofern werden sie hier erwähnt. Savignys Gut Trages ist der Schauplatz von fiktiven Korrespondenznachrichten, die Arnim dann doch nicht druckte (s. Anhang). Am 4. März wandte sich Arnim an Friedrich Schlegel, von dem er die Erlaubnis zu Zitaten aus seinem bei Zimmer im Druck befindlichen Werk über Indien erbitten mußte. Im Briefexzerpt (Ists mir verwunderlich, daß ich 〈. . .〉; GSA 161,62–64) ist zunächst von der politischen Niederlage Preußens und Arnims Königsberger Unglück die Rede: 〈. . .〉 da wanderte ich aus wie

aus einem Lande des Fluchs, mein Schutz ist die Religion, die Ueberzeugung daß ich nicht mehr thun konnte, die Kunde ist das Einzige was mir bleibt. Dem Zeitgeiste will ich leichten Mohn opfern. Arnims Enttäuschungen in Politik und Liebe gehen indirekt in sein Zeitungsprojekt ein, denn der Mohn läßt die Sorgen nicht wirklich vergessen. Friedrich Schlegel schrieb darauf direkt an Zimmer (Köln, 29. März 1808; Jenisch 1921, S. 43): Ist H v o n A r n i m noch in Heidelb so empfehlen Sie mich ihm

bestens. Er hat mich auch für seine Zeitung eingeladen; für jetzt bin ich aber noch zunächst für die Jahrbücher beschäftigt. Es hat sich 658

Entstehung

unter dessen bei mir ein E i n s i e d l e r gemeldet, nehmlich ein Bekannter von mir der zu abonniren wünscht auf die April Zeitung und mir deß falls Auftrag gegeben hat. – Senden Sie also gefälligst 1 Ex der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r an Herrn M i n i s t e r von Reinhard, abzugeben bei H B o i s s e r e` zu K ö l l n . Die Art wie pränumerirt oder sonst bezahlt wird, bemerken Sie gefälligst bei Uebersendung des Exempl. Es gab deswegen allerdings in der Folge Probleme wegen des teuern Briefportos, so daß Schlegel Zimmer am 20. April aus Köln bat, weiterhin für Reinhard M o n a t h s w e i s e die Uebersendung durch eine Buchhandl. zu machen. (ebd., S. 45). Schlegel schickte damals ein Gedicht (ebd.; vgl. ZfE9; 99,3–100,22). An Tieck hatte er bereits am Vortag des Erscheinens (31. März) geschrieben (BJ/Autographa): Ich überschicke Ihnen, geehrter Freund, die ersten

Bogen meiner Zeitung; auf Zimmers Verantwortung habe ich ein Stück aus dem König Rother genommen 〈. . .〉. Arnim bat ferner um einen Ueberblick Ihrer Untersuchungen über die Nibelungen als Ergänzung zu Görres’ Aufsatz: Meinen Wunsch aus der Fortsetzung des Sternbald, aus dem Faust eine recht sonnen beleuchtete Stelle zu besitzen, habe ich, denk ich, in meinem letzten Briefe ernstlich vorgetragen ich bitte nicht für mich allein, ich bitte mit für viele Freunde ihrer Werke und sie haben hier sehr viele. Es wird manche fromme Erzählung aus alten Chronicken folgen, ich würde Ihre ernsten musikalischen Gedichte wohl anbringen, daß der Nachbaren Handwerk Sie nicht störte. So leicht meine Zeitung aussieht und beginnt, ich wünsche viel Ernsthaftes damit und fühle mich rein von leerer Sonderbarkeit und parteyischer Begrenztheit, auch Arbeiten Ihrer Freunde von Mad. Bernhardi von Schütz, Schierstädt u. a. werden mir willkommen seyn, was Sie billigen ist mir gerecht: Kritick allein gestatte ich nur als Scherz oder über Zeiten, die vor unseren Augen durch veränderte Sprache und Seltenheit der Ueberbleibsel fast verschlossen. Neuigkeiten erscheinen eben so nur als Scherz und sind mit sympathetischer Tinte geschrieben, die nicht jedem erscheint. Am 1. April sandte Arnim die erste Nummer an Goethe und bat ihn um Beiträge (Nicht ohne Aengstlichkeit schreibe ich 〈. . .〉; BJ/VS 8): Nicht

ohne Aengstlichkeit schreibe ich Ihnen heute, Verehrter, ungeachtet Ihre Güte mich durch Bettine Brentano aufgefordert hat, etwas von mir hören zu lassen. 〈. . .〉 Sehe ich die Zeitung, die ich Ihnen als Herausgeber überschicke, so fühle ich, daß sie nicht gut genug ist Ihnen vorgelegt zu werden, wenn sie auch die grössere Menge befrie659

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digen möchte. Aber eben hier in diesem gemeinschaftlichen Interesse an der Menge finde ich meine Entschuldigung, sogar meine Rechtfertigung wenn ich den dreisten Schrit wage, Sie um Beyträge dafür zu bitten. Ich fühle es, daß es vielleicht zu viel gewagt wäre, Theile grösserer Arbeiten zu wünschen, aber einzelne Sprüche tiefsinnig oder heiter, wie ich dem Anfange der Blätter beyzufügen mir vorgenommen und angefangen habe, könnten dem Gemische woraus so eine Zeitung auf Befehl der Buchhändler bestehen muß, leicht einen bestimmten Geschmack geben. Da endlich unsre Zeit am Lustigen täglich ärmer wird, so komme ich besonders mit meiner Kappe etwas Fröhliges aus Ihrer reicheren Jugend zu erbetteln und schwöre heilige Verschwiegenheit, wenn Ihnen die Anzeige Ihres Namens aus irgend einer Rücksicht lieber wäre. Noch eine heilige Versicherung kann ich geben, daß von dem kritischen Unwesen, das unsre Literatur verödet, auch keine Spur sich finden soll, die Kritick soll allein dienen das Entfernte und Vergessene uns zuzuführen, was in den Händen der Menschen ist mag da jeder seinen Kopf selbst dran setzen. Von der Würdigung hängt doch nicht die Wirkung der Schrift ab, 〈. . .〉. So bleibt mir für die Zeitung von der mitlebenden Welt nur die anerkennende und die scherzende Beurtheilung. An literarischem Scherze ist Heidelberg reich, ich esse bey meinem Freunde und Verleger Zimmer Mittags mit mehreren und selten vergeht ein Tag ohne Begebenheit für die beyden Parteyen Voß und Antivoß, diese letztere begreift aber beynahe die ganze Welt, weil er alles was nicht in den Hexametertackt mitschlagen will und kann, für Störer des Vergnügens hält und alles was die nun thun oder treiben, bezieht er auf sich und gegen sich. Weil er dadurch allmählig ganz vereinsamt ist, so hielt er auch meine Zeitung für einen Spott des Prof. Görres, da erschienen hämische wohlmeinende Lügen gegen ihn und die Zeitung im Morgenblatte, wer kann schwören von wem, aber es klang wie aus dem goldnen Zeitalter vom Zeithalter. Arnim ging nun noch näher auf das Wesen von Voß ein (s. u.). Er fuhr fort: Die Controverse hat das Gute gehabt den Nachstich des alten Sichemschen Blattes von einem jungen Grimm in Cassel gearbeitet zu verbreiten, ich weiß überhaupt mein Unglück meist besser zu nutzen als mein Glück. Arnim sandte Goethe also schon den Kupferstich Faust und Mephistophiles, der erst am 9. April der ZfE3 beigefügt wurde. Ferner lieferte er eine Erläuterung zum ersten Kupferstich von W. v. Franken in ZfE1 (S. 13): Der Nachstich von einem alten Holzschnitte ist

der erste Versuch eines jungen Menschen, der bis dahin nichts als 660

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mathematische Figuren in Kupfer gestochen hatte, ich denke noch manches von ihm kopiren zu lassen, besonders an alten Vignetten, von denen ich viele zierliche besitze, so wie ich auch meiner jezigen Armuth zum Trotz viel hübsche Kupferstiche gesammelt habe. Goethe notierte erst am 21. April in sein Tagebuch (WA III,3, S. 329): Br. von Arnim. Zeitung für Einsiedler. Möglicherweise hatte Arnim den Brief am 1. April begonnen und mehrere Tage daran geschrieben. Wie dieser es aufnahm, daß Arnim seinen Stammbuchspruch in der ersten Nummer zitierte, ist nicht überliefert. Jedenfalls war es von Arnim ungeschickt, Goethes Freund Voß mit kritischen Worten zu bedenken, denn Goethe wollte auf keinen Fall in eine öffentliche Kontroverse hineingezogen werden. So lieferte er keine Beiträge. In Ermangelung dessen paraphrasierte Arnim am 12. April (ZfE4; 37,3–19) eine Jugendarbeit des Meisters und zitierte in ZfE22 am 15. Juni (270,3–12) aus dem gerade erschienenen Faust I. Ebenfalls am 1. April schrieb Arnim an seinen Bruder Carl Otto: Lieber

Bruder! Du erhältst den Anfang einer Zeitung, die ich hier unternommen, kannst du den Absatz fördern, so thus, es ist mein Pflug jezt, die Fortsetzung kannst du von jeder Buchhandlung, am leichtesten von der Realschulbuchhandlung erhalten, vom Politischen wird sie nichts enthalten. (BLHA Rep. 37, Nr. 1884.) Die Realschulbuchhandlung gehörte dem Berliner Verlag von Georg Andreas Reimer, bei dem Arnim 1809 den Wintergarten erscheinen ließ. Der Bruder, zu dem Achim von Arnim ein gespanntes Verhältnis hatte, muß sich negativ über Arnims Gedichte geäußert haben, wie man aus dessen Antwort vom 23. Juni (BLHA Rep. 37, Nr. 1884) erschließen kann. So ist auch kaum anzunehmen, daß er für Verbreitung des Blatts unter seinen Bekannten sorgte. Arnim meinte enttäuscht (Ich habe Dir einige Zeit 〈. . .〉): Daß Dir einiges in meinen Gedichten

nicht recht ist, verwundert mich nicht, des Menschen Eigenthümlichkeit spricht sich darin recht eigentlich aus, – das Metrische indessen würde ich sehr leicht recht fertigen, du scheinst mit einem Kreise, besonders älterer Poesieen nicht bekannt zu seyn, es würde dich sonst diese Einwirkung des Accents nicht befremdet haben. Zu dem Neuigkeitswesen kann ich mich nicht entschliessen 〈. . .〉. Ein Brief Arnims von Anfang April 1808 an den Herausgeber der pronapoleonischen Zeitschrift Jason, Christian Ernst Graf von Benzel-Sternau (1767–1849), ist nur im Exzerpt überliefert (früher irrtümlich als an Reichardt gerichtet bezeichnet; Burwick 1978, S. 358; Meine Seele ist demüthig wie ein Correkturbogen 〈. . .〉; FDH 17562,12): Die schlimmsten Sünden in

unsrer Zeit sind die Unterlassungssünden. Meine Zeitung will ihre 661

Kommentar

Zeit Partyen vergessen, die ihre will sie belehrn, ich wünsche ihnen Glück wenn es Ihnen gelingt, wünschen sie mir Glück wenn ich sie vergessen kann. Benzel-Sternau antwortete am 13. April aus Karlsruhe (BJ/VS 28): Euer Hochwolgebohrn erstatte ich den verbindlichsten Dank für die mir mitgetheilten ersten Blätter einer Zeitung, welche nicht für die Einsiedler der s t r e n g e n Observanz (die ganz von der Zeit und ihrer Anwendung scheiden) sondern für die der b e s s e r n Observanz (welche die Zeit vor den Zeitverderbern zu retten und dem stillen Genuß anzueignen streben) bestimmt scheint. Sie haben mir durch diese Mittheilung und das mit ihr verbundne Zutrauen gleich groses Vergnügen gemacht. Mit demselben werde ich Ihrer gütigen Einladung zu entsprechen suchen, wann und soviel es die Möglichkeit gestattet. Der Beruf übt eine ziemlich strenge Feme auf meine Zeit aus, und die Einsiedlerstunden gehören schon grosentheils einer eignen Zeitschrift, die ich herausgebe, die aber auf keinen Fall den warmen Wünschen Abbruch thut, mit welchen ich jede Unternehmung für Geist und Geistesgenuss herzlich begleite. Der satirisch-humoristische Dichter war damals in Baden Direktor der Generalstudienkommission (vgl. Schultz 1998, S. 872). Wahrscheinlich lieferte er keinen Beitrag, jedenfalls ist nichts von ihm in der ZfE gedruckt. Am 1. April sandte Arnim Bettine den Beginn der ZfE (FDH 7254; durch Fehllesung bisher auf den 2. April datiert; nicht nur Parallelbriefe mit der Beilage von ZfE1 stammen vom 1. April, sondern auch das Briefexzerpt: FDH 17562): Wie es wieder schneit! Du lieber Himmel und – meine Zei-

tung kommt bey Dir an, liebe Bettine, nun will ich sehen, was da siegen wird, Himmel oder Erde. 〈. . .〉 Ich habe heute an Göthe geschrieben und ihn um allerley gebeten, gilt die Wette, er schickt was. – Dein Lied, wofür ich noch nicht gedankt, habe ich mir noch nicht vorspielen lassen, weil ich es noch ganz kann ob ich unterdessen wieder bey Dir bis ich es wieder verlernt habe, das wissen die Buchdrukkergesellen 〈. . .〉. Wünscht Marie ein eignes Exemplar so kann ich es schicken, sonst ist es kleine Mühe, es von Mohr abholen zu lassen. Bettine antwortete (Frankfurt, 2. April; FDH 7417: Um Dir noch mit umgehender 〈. . .〉): Um Dir noch mit umgehender Post zu antworten muß ich’s um ein paar Stunden verspahren Deinen Einsiedler der dem Ansehen nach so liebenswürdig scheint zu lesen, ich freue mich darüber, wie über ein neugebohrnes Kind, werde gewiß nicht mit so vielem leichtsinn, wie Savigny seins, behandlen, sondern mit wahrer Ehrfurcht. Der Leichtsinn bezieht sich auf einen Tadel Arnims, wie sie mit dem 662

Entstehung

Sohn Savignys gespielt habe. Im nächsten Brief meinte Bettine (Frankfurt, 6. April; FDH 7418: Es wäre unrecht, wenn ich 〈. . .〉): Dieser 〈Savigny〉 hat

mit mir gestern Abend den Einsiedler durch gelesen es hat ihm alles Freude gemacht, nur das von J. P. 〈Jean Paul〉 weniger eins muß ich dir aber Tadlen, nehmlich das schlechte Papier; in den 3 Blättern, die Du mir geschickt hast waren allemal die Zeilen wo es umgebogen war zerrissen und aus Furcht sie mögten ganz zu Grunde gehen, hab ich es verschiednen abgeschlagen, sie zu lesen. Arnim ging auf Bettines Tadel des Papiers ein (Heidelberg, 7. April; FDH 7255: Du arme Krankenwärterin! Das glaube 〈. . .〉): Ich schicke Dir ein andres Exemplar von der Zeitung mit dem vierten Stücke, sag mir doch, wie Dir die Kupfer gefallen, die Frau auf dem ersten Bilde mit ihrer Sanftmuth habe ich gar sehr lieb. Die Einlage gieb doch gefälligst an Schlosser. Ich danke für die überschickten Bücher. Arnim fügt eine poetisch-ironische Betrachtung über Landprediger und Einsiedler an, die Zeit haben, um den Frühling und den Wein zu genießen. Die Passage deutet auf seine Fortsetzung von Bettines Einsiedel-Märchen voraus (vgl. ZfE7): 〈. . .〉 hier aber ist der Wein

zu schwach und zu sauer, und die Leute zu hart und die Einsiedler zu viel unter den Leuten und die Landprediger zu viel in der Stadt, wo die Theologischen Professoren, nicht einmal an Gebet glauben. Am 4. April suchte Arnim August Wilhelm Schlegel für die ZfE zu gewinnen. Offenbar legte er auch ihm einen Vorabdruck von ZfE3 (9. April) bei (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 530): Ich übersende Ihnen, hochverdienter Mann, den Anfang einer Zeitschrift, die es sehr ehrlich meint und darum sucht sie ihre Zeit scheinbar zu vergessen während ihr alles Gute, was näher liegt zu Herzen geht ja wie GötterKinder gepflegt wird. Ich lobe, weil ich Herausgeber bin, aber glauben sie mir, ich habe zuviel Entsetzliches ansehen müssen in dieser Zeit, als daß mir das Eigene noch so besonders lieb wäre. Meinen Plan habe ich im Anhange zum Aufsatze von Jean Paul mit wenigen Worten entwickelt, mir ist alles herrlich Lebendige selbst Critick wenn sie blos scherzen oder anerkennen will und auslegen: Finden Sie Sich gesinnt darin mit zu wirken, so habe ich Gelegenheit vonneuem anzuerkennen, wieviel ich Ihnen schuldig. Die Geldschuld berichtigt mein Verleger Herr Zimmer in Heidelberg nach den gewöhnlichen Bedingungen. – Noch mit einer Bitte wage ich Sie zu belästigen, der Frau von Stael das beygefügte zweyte Exemplar zu übergeben 〈. . .〉. Von August Wilhelm Schlegel wurde in ZfE36 das Gedicht Tells Kapelle gedruckt, das dieser ihm am 12. August geschickt hatte.

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Am 9. April wandte Arnim sich an Friedrich Wilhelm Schelling, dem er als Naturwissenschaftler ein Begriff war (Akademie der Wissenschaften, Archiv, Sign. Nachl. Schelling Nr. 171): Ich wage es Ihnen, Geehrter, ungeachtet

meiner flüchtigen vorübergehenden Bekantschaft den Anfang einer Zeitung zu übersenden und Sie zur Mitarbeit daran aufzufordern; durchaus gut gemeint scheut sie sich vor niemand, sie hat nur einen Feind die kalte öde Kritick und denkt ihn mit Gottes Hülfe bald zu über wältigen, sie benutzt dazu die glückliche Zeit scheinbaren äusseren Friedens. Die Methode der Alten ein Symbol ihrer Weisheit in Sprüchen darzustellen und im allgemeinen Gedächtnisse zu bewahren, wenn auch die Zerstörung ihre Untersuchungen im Ganzen die Bücher ergriffen, veranlasst mich Sie um einige solche Sprüche zu bitten, sie wären sicher Ihren zahlreichen Freunden sehr willkommen und mir ein Heiligthum. Im Exzerpt setzt er hinzu: Ich danke für den Beyfall, es ist so selten sich zu berühren. (Burwick 1978, S. 358) Beiträge von Schelling sind nicht bekannt. Am 9. April erhielt Arnim einen – verschollenen – Brief seines Bruders, der von einem Schlaganfall seiner Großmutter, Caroline von Labes, berichtete. Achim von Arnim zeigte sich in seiner Antwort sehr beunruhigt, stellte aber seine Lage dar (Heidelberg, 10. April 1808: Dein Brief (er war ohne 〈. . .〉; BLHA Rep. 37/1884): 〈. . .〉 ich kann nichts thun, ich bin hier gebunden;

ich käme gern, aber ich bin ohne Geld, die Reise so unsäglich lang und mein Unternehmen einer Zeitung im Beginnen, es bedarf meine ganze Gegenwart, ich würde damit nicht nur meinen eignen Lebensunterhalt aufgeben, sondern auch einen Freund den Buchhändler, dem ich viel Dank schuldig bin in Verlegenheit stürzen, meine ganze Lebensbeschäftigung würde dadurch zerrüttet. Weder der Bruder noch die Großmutter hatten Verständnis für Arnims literarische Tätigkeit. Die Sorge um die Großmutter war schließlich dann doch einer der Gründe für den Abbruch der ZfE und Arnims Rückkehr nach Berlin. Am 10./11. April (Dein Malespini ist prächtig, nur 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 306r–307v) schickte Arnim Brentano schon Abzüge der Nummern 4 und 5, die erst am 12. und 15. April erschienen. Der Bürstenabklatsch von ZfE5 mit dem Görres-Aufsatz war für die Brüder Grimm beigelegt. In dieser trüben Stimmung schrieb Arnim das Gedicht So ist er unbewust entschwunden (H: FDH 7256; Ricklefs Lyr.-Reg. 1361), das er Bettine am 12. April zusandte. Er spricht darin seine Angst aus, die Großmutter zu verlieren, hofft aber, eine Freundin zu gewinnen – Bettine. Das Gedicht enthält die Z.: Ich träumt als Einsiedler zu liegen.

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Fritz Schlosser – für ihn, und nicht für Christian Schlosser hatte Arnim am 7. April die ersten ZfE-Exemplare dem Brief an Bettine beigelegt – sandte Arnim vermutlich Mitte April einen Beitrag (vgl. ZfE7; Moering 2002): Als

Entschuldigung meines langen Stillschweigens auf Ihr freundliches Geschenk, sende ich die Beilage mit. Ich nehme die Einladung unordentliches Mitglied des weitangesiedelten Einsiedlers zu werden mit Neigungen an, und wünsche daß Sie einen recht lebendigen Theil der Welt durch ihn hervorrufen möchten, auf die am Ende unser aller, jedes nach seiner besonderen Weise, Sehnsucht gerichtet ist. Ich sage unordentliches Mitglied. Denn die meisten meiner Arbeiten sind entweder von so festem Zusammenhange daß nicht einmal eine solche Ablösung in Ihnen möglich ist, wie ich Ihnen hier eine schikke; od. endlich gar mit dem besten Bewußtsein, so möglichst isolirt wissenschaftlich, daß sie ein gleich isolirtes Publikum verlangen. Was sich mir aber in mehr zerrissenen Stunden die mich diesen Sommer erwarten, Einzelnes mittheilbares darbieten wird, wünsche ich in dem Grade Ihnen gefällig, daß Sie ihm die Aufnahme nicht versagen mögen. Am 16. April (Ich komme eben von Zimmer 〈. . .〉; FDH 7257) sandte Arnim Bettine ein Exemplar von ZfE5. Nach dem 19. April bat Arnim, der Taufpate bei Savignys Kind werde sollte, diesen noch einmal vergebens um Beiträge (Ich höre nichts von der 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Heute bitte ich Dich zu Gevatter bey meinem Ein-

siedlerkinde ungeachtet ich weiß, daß Du Dich nicht gern durch kleinere Nebenarbeiten von Deinen grösseren literarischen Plänen zerstreuen läst. – Aber sieh, ich möchte mich an den hiesigen Juristen rächen, die in meiner unschuldigen Zeitung den Sturz der hiesigen Universität voraussehen 〈. . .〉. Schon hab ich von Graf Benzel Sternau, vor dem sie alle im Staube kriechen, die Versicherung der Mitarbeit, er hat nur jezt viel zu thun; schick mir doch bald so etwas Lustiges aus der juristischen Gelehrtengeschichte, aus dem Leben der Mamsell Cichace z. B. oder was Du dem Uneingeweihten erfreulich denkst, oder auch ein ernstes Wort über Gesetzgebung. Arnim meint die Tochter des Juristen Jacques de Cujacius (eigentl. Cujas), über den Savigny 1805 einen

Beitrag zur Lebensgeschichte des Cujas publiziert hatte (Civilistisches Magazin, Bd. 3, H. 3, Nr. 17, S. 317–320; vgl. Härtl 1982). Am 20. April (FDH 7258; Ich danke Dir herzlich, daß 〈. . .〉) sandte Arnim Bettine ZfE6, die an diesem Tag erschien. Er fragte sie nach den Kosten für Notendruck bei Johann Anton Andre´: Du kannst mir ohne Mühe einen Gefallen thun, wenn Du Dich gelegentlich bey Hofmann 665

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erkundigen wolltest, was der Bogen vier Blätter Noten in 4o bey Andre im Steindruck kosten, wahrscheinlich weiß er es und kann es Dir wohl auf ein Blätchen schreiben. Bettine antwortete Arnim am 25. April 1808 (FDH 7423): in liegender Brief wird dich über das belehren was Du vom Notendruck wissen willst. Zu einem Notendruck bei Andre´ kam es jedoch nicht. Arnim bat den Professor der Medizin und Sammler Johann Friedrich Blumenbach am 20. April 1808 um Beiträge für die ZfE (UB Leipzig): Vielleicht

wundern Sie Sich, geehrter Herr Hofrath, wie ich darauf komme Ihnen so leichte Waare wie eine Zeitung zu übersenden, aber ich wage noch mehr; Sie sogar zur Mitarbeit daran aufzufordern. Eine der verschiednen Ansichten, nach denen ich dies Unternehmen treibe, ist auf die mannigfaltigen sogenannten Curiositäten gerichtet, die besonders in älteren Werken zerstreut sind, es sind dies meist so merkwürdige kühne Abschweifungen eigenthümlicher Fantasie und Geschichte, daß ich oft dankbar mich erinnere, wie Sie in Ihren Vorlesungen die Aufmerksamkeit auf manchen Fund der Art gerichten haben, besonders in Reisebeschreibungen alter Zeit. Ich kenne den Reichthum Ihrer Sammlungen auch in dieser Hinsicht und würde dankbar mich jedes Beytrags der Art erfreuen. Kurz darauf (nach dem 23. April) schrieb Arnim an den Verleger Jakob Christian Benjamin Mohr (H: Stadtbibliothek Trier, Autographensammlung): Herr Buchhändler Zimmer in Heidelberg wird

ersucht H. Hofrath Blumenbach in Göttingen die Fortsetzung der Einsiedlerzeitung zu senden vom 7 Stück incl: an bis Ende durch Besorgung der Dietrischen Buchhandlung. Blumenbach teilte Arnim eine Alte Aufschrift in Basel mit (vgl. ZfE36; 437,19–27). In einem Brief vom 21.–23. April (Ich lebe, und bin den 〈. . .〉; GSA 03/205) kritisiert Arnims Großmutter seine Herausgebertätigkeit: 〈. . .〉 es mögte wohl nützlich sein daß Du Dich mit um die Güter Einnahme bekümertest, vielleicht brächte es dir noch mehr Vortheil, als Deine dortige beschäfftigung 〈. . .〉. Gegenüber dem Historiker Johannes von Müller (1752–1809), den Arnim aus Kassel kannte, stellte er am 23. April seine Zeitung so vor (H: Stadtbibliothek Schaffhausen, Nachlaß J. v. Müller, GS IV, 27): Ew. Hochwohl-

geboren konnte ich mich bey meiner Abreise von Kassel nicht empfehlen, ich hatte nicht das Glück, Sie zu Hause zu treffen, ich hätte Ihnen sonst ein Unternehmen zugleich empfohlen, das mich hier festhält und damals schon mit besonderer Liebhaberey eines unausgeführten Plans in mir lebte. Ich wollte die heutige Gewohnheit des Publi666

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kums seine ganze Weisheit aus Zeitungen zu schöpfen, dazu nutzen, manche bedeutende Untersuchung bey ihm einzukonterbandieren unter andern auch über das Historische älterer Poesie und die Bekanntschaft mit dieser überhaupt. Sie werden auch von Jean Paul einige ernste Worte an seine Zeit finden; wie hocherfreulich würde es mir und meinen Lesern seyn von Ihrem Geiste in die Zeit und in die Vergangenheit tiefer eingeführt zu werden, Ihre Beyträge würden meinem Unternehmen Zierde und dauernden Werth geben. Sie stehen zum Glück für deutsche Wissenschaft und Kunst an der Spitze berühmter Universitäten, Deutschland muß endlich einsehen gegen alles Lermen der leeren politischen Schreyer, daß diese Universitäten seine einzige gute Seite unter allen öffentlichen Einrichtungen waren, wieviel könnte zur Erhaltung und Förderung der Universitäten ein Wort von ihnen wircken. Müller vermittelte den Beitrag über Villers (vgl. ZfE14; 174,1–176,20). Am nächsten Tag (24. April; FDH 7259; Wie kannst Du in einem 〈. . .〉) warnte Arnim allerdings Bettine vor Müllers Freundschaftsgeschichten, da ihm dessen Homoerotik unangenehm war. Sie erhielt von Arnim am 24. April ein Exemplar von ZfE7, in der ihr Einsiedelmärchen verarbeitet war, und bedankte sich (FDH 7423): Die Zeitung, hab ich wegen Mangel an Zeit

noch nicht ganz gelesen, ist aber das wo der Einsiedel vorkömt recht schön. Am 29. April (FDH 7261: Herzlichen Dank, liebe Bettine, für 〈. . .〉) berichtete Arnim Bettine: Clemens wohnt bey mir und so bevölkert sich die Einsiedeley mit allerley Nebengästen, er ist noch in frischer Sontagsstimmung, hat mir versichert, daß kein Mensch die Zeitung lese, weder Du noch Savigny, daß die alte Göthe dafür einen Titel alle Tage producirte, aber die Stücke nicht ausgebe, mir macht das viel Freude, denn wäre der erste Monat gar zu gut gewesen, so meinten die Leute ich wolle sie damit anführen. Er sagt mir viel von 〈Niklas〉 Voigts Arbeiten, von 〈Joseph Franz〉 Molitors, weist Du etwas von ihnen? Auf 〈Georg Daniel〉 Arnolds Mährchen bin ich begierig, wir haben nun mancherley beysammen, auch von Runge. Stoß doch Savigny an, ich weiß so bestimmt, daß er mir von sehr lustigen Briefen der Mamselle Cujare 〈Susanne Cujas〉 erzählt hat, die er in Paris abgeschrieben. Vom alten Göthe höre ich nichts, ich habe so mancherley von Herzen gesprochen weggesprochen an ihn, daß er die Lust verloren zu haben scheint drauf zu antworten; ich will ihm doch nächstens wieder schreiben 〈. . .〉. Arnims nächste Anfrage stammt vom 1. Mai 1808 und ist an den Humanisten und Schriftsteller Christian Friedrich Wilhelm Jacobs (1764–1847)

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gerichtet (Kopie der von Koetsch beglaubigten Abschrift, Veste Coburg 1898): Ich weiß nicht, geehrter Herr Professor, ob Sie von meinem

großen Einsiedler Unternehmen schon etwas gehört haben, ich lege Ihnen das letzte Blat zur Probe bey. Ihre Stärke ist nun meine Schwäche, zur Römischen und Griechischen Literatur habe ich nur einen Mitarbeiter P. Kreutzer, der freilich sehr herrlich aber auch deswegen anderweitig sehr mannigfaltig beschäftigt ist, kommen Sie mir zu Hülfe mit einigen Uebersetzungen griechischer Tragiker, es giebt so in jedem Stücke einzelne Fragmente, die in sich selbst gut geschlossen in gewissem Sinne ein Ganzes ausmachen, sie kommen dadurch in die Hände eines Publikums zu dem die ausschließlichen gelehrten Sammlungen wie das Attische Museum selten vordringen, und diese Rücksicht hat mich besonders zu diesem mühsamen Zeitungsunternehmen bestimmt. Ihre genaue Kenntniß tragischer 〈über gestr. französischer〉 Literatur verschafft mir vielleicht auch einige merkwürdige ältere Novellen – was mir von Ihnen kommt ist mir willkommen – Mein Hr Verleger honorirt nach Schuldigkeit. Von Jacobs erhielt Arnim keine Beiträge; zu dem erwähnten Georg Friedrich Creuzer vgl. ZfE10. Ebenfalls am 1. Mai schickte Arnim das erste Heft an Daniel Falk mit den Worten (GSA 15/II,1 A,1): Brentano, der seit ein Paar Tagen bey mir

wohnt, versichert mir, daß Sie wohl geneigt wären, Geehrter, zu meiner frischweg unternommenen Zeitung für Einsiedler Beyträge zu senden. Das erste Monatsheft ist erschienen, entscheiden Sie erst, ob Ihnen die Gesellschaft gefällt, Sie werden bald sehen, daß das sogenannte classische Alterthum, wovon die andern Journale strotzen eigentlich noch meine schwache Seite ist, könnten Sie mir vielleicht Fragmente dramatischer Bearbeitung nach den Alten oder eigne kleinere Schauspiele in der Gattung, die ihr Vorspiel vor dem Weimarer Schauspielhause mit den Masken so reizend angiebt, senden? Ehrensold entrichtet mein H. Verleger nach Pflicht und Schuldigkeit wie die andern Zeitungen. – Aus eigner Erfahrung wie mancherley bey dem Anfange eines Zeitungsunternehmens zu besorgen, werden Sie meine Eile entschuldigen. Die Anfrage war vergeblich. Am 2. Mai schrieb der sächsisch-gothaische Regierungsrat Johann Georg Geißler an Arnim, der Beiträge des sich schriftstellerisch betätigenden Herzogs August Emil Leopold von Sachsen-Gotha-Altenburg für möglich hielt (So hat mich meine Ahndung 〈. . .〉; (BJ/VS 65)): So hat mich meine Ahn-

dung daß die Ankündigung der Zeitung für Einsiedler aus Ihrer oder Brentano’s Feder geflossen seyn müsse, doch nicht betrogen. Ich wün668

Entstehung

sche Ihnen viel Glück zu Ihrem Unternehmen das unter so günstigen Auspicien beginnt. Zur Überreichung der für den Herzog bestimmten Blätter habe ich mir gestern eine besondre Audienz ausgebeten. Sie kamen nehmlich erst vor drey Tagen durch die Ettingersche Buchhandlung in meine Hände. Er sagte mir, was ich auch schon wußte, daß er Ihre Zeitung bereits mithielte, und Ihren Dichtergarten mit vielem Vergnügen gelesen habe, machte mir auch Hoffnung zu Beyträgen. Ist Ihnen an letztern etwas gelegen, so muß ich Ihnen rathen die Fortsetzung Ihrer Blätter an seinen Geheimen=Cabinetssecretair Madelung zu addressieren, den Sie ja auch kennen, u. der täglich um ihn ist, also Ihr Interesse am leichtesten wahrnehmen kann. Ich sehe ihn in der Regel gar nicht, denn ich regiere nicht wie Sie glauben, mit ihm sondern helfe nur selbsieben f ü r ihn regieren. Was ich von meinem Bischen Armuth geben kann, erhalten Sie in den Beylagen. Es ist das Scherflein der Wittwe, oder vielmehr der Nachlaß des erfrornen Bettlers. Ich gebe Ihnen volle Macht und Gewalt damit zu schalten und zu walten, zu beschneiden, zu sengen zu brennen und zu verbrennen, soviel Sie nur wollen. Da ich nichts als Lappalien zu geben habe u. haben werde, so kann ich auch unmöglich meinen Nahmen darzusetzen lassen, der ohnehin, unbekannt wie er ist, zu gar nichts dienen kann, die gutmüthigen Leser müßten ihn denn als angenommen für witzig halten, was unstreitig sehr einfältig seyn würde. Finden Sie eine Chiffre zur Bezeichnung nöthig, so bitte ich Sie den dritten Buchstaben des hebräischen Alphabets, das man ja in allen Druckereyen hat, dazu zu wählen. Dieß würde mit der von mir projectirten Herausgabe der Schiltbürgergeschichten in Beziehung stehen, an die ich mich gerne machte, wenn mir nur Clemens seine Ausgaben schicken wollte, um die ich ihn schon zu Anfang dieses Jahres gebeten habe. Beiträge von ihm in der ZfE sind nicht bekannt. Bettine schickte Arnim Anfang Mai (FDH 7426: Ich schreibe dir in einem 〈. . .〉) Gedichte von Christian Schlosser (vgl. ZfE13 und ZfE34; 153,3–156,15, 413,3–415,31). Sie schrieb Arnim – auf die Sendung der ZfE10 vom 4. Mai – in dessen Brief vom 3. Mai (FDH 7427: So eben hab ich mir 〈. . .〉): Dieß lezte Blatt des Einsiedlers ist recht sehr lieb 〈.. . .〉. Sie erhielt wenig später einen Brief von Goethe (Weimar, 4. Mai 1808; vgl. Schmitz/Steinsdorff, S. 606), in dem er schrieb: Und nun, da Sie einmal wohl meine Dank-

trägerinn seyn wollen, so sagen Sie Herrn von Arnim auch recht viel Schönes. Er hat mir seine wunderliche Zeitung geschickt, worin mich manches gar freundlich anspricht. Ich wünsche, daß er wohl damit 669

Kommentar

fahren möge. Wenn ich in Carlsbad zu Ruhe bin, so soll er von mir hören. Clemens Brentano bat nun seinerseits Savigny um einen Beitrag (Heidelberg, vor dem 9. Mai 1808; FBA 32, S. 66: Ich habe von einem meiner 〈. . .〉): Es thut mir leid, daß Sie dem Arnim nicht einige Zeilen für die

Einsiedler geben, etwa einen Brief von Cujaz Tochter, nur um die leeren Dause, die seines Blattes spotten zu trumpfen, ihm würde es viele Freude machen, das Blatt liegt ihm sehr am Herzen. Am 7. Mai schrieb Clemens Brentano an die Brüder Grimm in Kassel (Ihr lieben Grimmigen! Schon oft 〈. . .〉; ebd., S. 63): Hier fand ich 〈. . .〉 an Arnim den unendlich produzierenden Herausgeber der Zeitung, der des Morgenblatts lacht, wenn nur die Zeitung gienge – selbst Savigny will Sie nicht schmecken; die Druckerei ist hier sehr unordentlich, 〈.. . .〉 der Einsiedler wird alle Monat geheftet auch ausgegeben; thun Sie doch alles mögliche für Abnahme, er wird einst ein treffliches Buch – wie ich gesagt, der Bärnhäuter ist ihnen nicht recht, und sie scheuen sich, – mag sein. Brentano lud außerdem Ludwig Emil Grimm nach Heidelberg ein. Er teilte mit, daß Zimmer zur Buchmesse nach Leipzig aufbreche. Arnim und Brentano speisten in dieser Zeit im »Hecht« an der Neckarbrücke. Dieses Gasthaus wird 1811 in Arnims Erzählung Angelika die Genueserin und Cosmos, der Seilspringer eingehen. Vgl. auch Erläuterung zum Juni-Umschlag. Am 9. Mai schrieb Arnim an den Historiker Wilhelm Körte (1776–1846), den er spätestens im Herbst 1807 kennengelernt haben mußte. Körte verwaltete den Nachlaß Johann Wilhelm Ludwig Gleims und hatte 1806 die

Briefe zwischen Gleim, Wilhelm Heinse und Johannes von Müller herausgegeben, wogegen Voß 1807 mit seiner Schrift Über Gleims Briefsammlung und letzten Willen polemisierte. Körte entgegnete 1808 mit: Johann Heinrich Voß. Ein pragmatisches Gegenwort. Arnim schrieb (9. Mai 1808; UB Heidelberg): Ew Wohlgeboren übersende ich das erste Monatsheft einer Zeitung, die ich mit gutem Willen unternommen habe um einen Versuch zu machen, ob in Deutschland wohl ein öffentliches Blat ohne Klatscherey bestehen könnte, noch bin ich zweifelhaft über den Erfolg, können Sie zur Verbreitung etwas beytragen, so wäre es mir erfreulich, noch erfreulicher wenn Sie aus Ihren Briefsammlungen einiges Merkwürdige mitzutheilen geneigt wären. Ich habe hier mit demselben literarischen Ansehen zu kämpfen, das sich auch gegen Sie erhob; ich habe erst durch Ihre Schrift den alten Voß kennen gelernt und verabscheue ihn seitdem und habe für immer sein Hauß gemieden. 670

Entstehung

Der Adressat des folgenden Billetts aus Heidelberg vom 9. Mai 1808 ist leider unbekannt (Koller Auktionen AG, Zürich, Versteigerungskatalog Bibliothek Emanuel Stickelberger, 25./26. Juni 2010, Los 442, mit Abb.):

Ew Wohlgeboren übersende ich den Anfang einer sehr gutwilligen Zeitung, können Sie etwas zur Verbreitung bey tragen so verpflichten Sie Ihren ganz ergebnen Ludwig Achim v Arnim Da in der Auktion ein vollständiges Exemplar der ZfE verkauft wurde, hatte Arnims Anfrage vermutlich Erfolg. Auch an Philipp Otto Runge hatte Arnim das April-Heft gesandt, zugleich mit der Anfrage, ob er dessen Märchen publizieren dürfe (vgl. ZfE29; 9. Mai: Ich übersende Ew. das erste 〈. . .〉; Runge 1840–1841, Bd. II, S. 361f.):

Eine der Absichten ist, das schöne Einzelne, was in Deutschland zerstreut würkt, aber immerdar von der Masse der, aller Volksträgheit schmeichelnden Blätter zurückgedrängt wird, zu einer allgemeineren Mittheilung zu bringen. Zu diesem Schönen in unsrer Zeit gehört auch die Liebe zur alten Zeit, das Bemühen, alles Lebendige daher noch zu sammeln und aufzubewahren. Zimmer gab mir einige sehr sinnreiche Volkssagen, die Sie im Hamburger Dialekte aufgeschrieben; er glaubte, daß Sie nichts dagegen hätten, wenn ich sie künftig mit mehreren aus andern Gegenden abdrucken ließe? – Näher am Herzen liegt mir die Bitte, ob Sie nicht diese Zeitung gelegentlich durch eigne Erfindungen in Zeichnungen bereichern möchten. Wenn Sie selbst die Mühe des Radirens nicht übernehmen wollten, so sind hier zwey junge Leute, die wenigstens Eifer und Fleiß haben im treuen Nachbilden und die allmählich recht ordentlich zulernen. Eine Ihrer reichen Nebenstunden könnte Vielen angenehme Tage machen, sey es scherzende oder ernste Erfindung. – Leben in Ihrem Kreise erfindsame Köpfe, denen diese Zeitung nicht mißfällt, so wird mir jedes selbstthätige Erzeugniß willkommen seyn. – Sie verzeihen meine Zudringlichkeit und entschuldigen sie mit der Hochachtung, die ich für Ihre Arbeiten hege. Im Brief vom 29. Mai an Friedrich Heinrich von der Hagen, in dem sich Arnim für eine Aufzeichnung des Märchens Von dem Fischer un syner Fru bedankt – das er allerdings schon durch Runge besaß –, fügt er die Frage an (Weiss 1980, S. 138): Viel Grüsse an Solger, kann er mir nichts von seinem Sophokles geben 〈. . .〉. Arnim kannte sowohl Friedrich Heinrich von der Hagen als auch den Philosophen Karl Wilhelm Ferdinand Solger (1780–1819), dessen Sophokles-Übersetzung 1808 erschien, aus seiner Studienzeit in Halle (vgl. Weiss; ebd.). Keinen der gewünschten Beiträge erhielt er. Aufschlußreich

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Kommentar

ist der Brief von der Hagens, auf den Arnim antwortet. Er schrieb am 10. Mai aus Berlin (GSA 03/200; vgl. auch Heinz Rölleke, »Von dem Fischer un syner Frau«. Die älteste schriftliche Überlieferung. In: Rölleke 1985, S. 167): Ich

überschicke Ihnen hier einen Beitrag zu Ihrer Zeitung für Einsiedler, deren erste Stücke ich eben gelesen habe; ich hoffe er wird Ihnen nicht unwillkommen sein, wenigstens scheint mir dies alte zum Theil barokke doch bedeutende Volksmährchen da recht an seiner Stelle. In einem Brief von Ende Mai/Anfang Juni klagte Arnim damals gegenüber den Brüdern Grimm (BJ: So vielerley schöne Beyträge, lieber 〈. . .〉): Wir erwarten Ihren Bruder 〈Ludwig Emil Grimm〉 täglich und wünschen ihn

lange beschäftigen zu können, indessen ist Zimmer noch nicht zurück von der Messe und es läst sich nicht beurtheilen, ob er die Zeitung ohne Schaden fortsetzen kann, er hat großer Nachlässigkeiten in Hinsicht der Verbreitung sich schuldig gemacht, ich habe das Meine gethan und unzählige Briefe darüber geschmiert. Doch ist dies alles noch unbestimmt und lassen Sie Sich dadurch nicht abhalten von allerley Guten, was Sie vielleicht noch für mich beabsichtigen. Brentanos Redaktion und das Ende der Zeitung Am Abend des 29. Mai reiste Arnim nach Winkel im Rheingau ab, vor allem um Bettine zu treffen. Ab diesem Zeitpunkt übernahm Brentano die Redaktion, ohne den Charakter der ZfE zu verändern. Am 9. Juni berichtete er den Brüdern Grimm über den schlechten Absatz der ZfE (FBA 32, S. 71): Zim-

mer ist gestern von Leipzig gekommen, die Messe war unendlich schlecht, den Einsiedler ließt kein Mensch, Reumer (Realschulbuchhandlung) hatt 11 Exemplare remittirt, und das 12te a condition behalten, die Leute sagen, sie verstünden das kunterbunte Zeug nicht, wahrscheinlich wird er bald ein End nehmen müßen, der Bärnhäuter wird jezt abgedruckt. Voss ist beinah ganz toll vor Hoffart, kein Mensch geht zu ihm, als eine bestimmte Hetze von vier biß fünf miserablen Schuften von getauften jüdischen Sprachmeistern und hipochondrischen Dozenten. Ein gewißer Zinserling, eine Art thüringer Geoffroy (soll jezt in Kassel sein) führte diese Klique an, Herr Reinbeck gehört auch dazu, es ist hier unter den Professoren eine solche Spannung, keiner kömmt zum Andern. Am 19. Juni klagte Brentano gegenüber Savigny (FBA 32, S. 72–75): Ich würde Ihnen augenblicklich auf ihren ersten liebevollen Brief geantwortet haben, wenn Arnims 672

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Abwesenheit (etwas unerlaubt lange) mich nicht in ewiges Korrigieren der vergänglichsten Schriften setzte. 〈. . .〉 Waß Sie mir gegen Landshut sagen ist mir recht dafür, die Rührigkeit und Umgänglichkeit von Heidelberg existirt gar nicht, an keinem gelehrten Orte vielleicht in Deutschland herrscht ein elendigerer Brodneid, und eine so innerliche Erbitterung aller Lehrer untereinander als hier, nirgends ein so ganz unwißenschaftlicher gemeiner Geist unter den Studenten. Auf der einen Seite sizt Voß mit ein paar elenden Zuträgern, worunter sogar Halluncken ganz einsam und klatscht ins Morgenblatt, und ärgert und keift wie ein Narr mit allen, auf der andern Seite sitzen die drei Juristen eben so einsam, dicktatorisch, und dumm stolz, auf der dritten sizt Kreuzer mit ein paar jungen guten Freunden sehr schuldlos, gut und genial und gelehrt und freundlich, aber gehaßt und schikanirt, und mit dem grösten Lusten a u c h z u w a n d e r n , auf der Vierten sizzt Daub sich ganz verphilisternd mit allerlei höchstordinairen Schoppentrinckern f r e i m a u r e n d a l s B r u d e r R e d n e r , überhaubt ist eine solche Leerheit und Lümmellei außer wenigen Zuhörern Kreuzers und des Görres unter den Studenten, wie nie in Marburg oder Gießen war, Geselligkeit ist keine. Zimmer selbst ist durch die schlechte Messe und das schlechte hiesige Treiben muthloser, doch immer einer der liebenswürdigsten und recht innerlich edelsten Menschen, die ich kenne, aber seine Geschäfte und seine nöthigen Verbindungen feßlen ihn so, daß seine ehliche Zärtlichkeit bei einer junghündigen lieben kindlichen Frau ihm jezt alle übrige Zeit wegnimmt, die seinen Umgang sonst durch Mittheilung reitzend machte. 〈. . .〉 Wenn Arnim hier ist, gehe ich nach Allendorf und Kassel auf ein paar Wochen. Arnim kehrte am 21. Juni nach Heidelberg zurück. Görres schrieb seiner Schwiegermutter Christine von Lassaulx am 22. Juni (Görres-Briefe 1, S. 506): Arnim ist gestern zurückgekommen, er war am Rheine 〈. . .〉.

Brentano hat die ganze Zeit her hier an großer Langeweile gelitten 〈. . .〉. Gegenüber dem Bruder Carl Otto, den Arnim um Geld bat, äußerte er am 23. Juni (Ich habe Dir einige Zeit 〈. . .〉; BLHA Rep. 37, Nr. 1884): Wieviel die Zeitung mir einbringen kann, das hängt davon ab, in wie weit ich mich selbst erniedrigen kann, das was ich verachte zu thun; ich habe dabey gefunden, daß ich es nicht kann, ja meine Zeitung war eigentlich ein gutmüthiger Versuch, ob die Zahl der Menschen von allgemeinem Interesse für Kunst und freye Lustigkeit hinlänglich wäre ein Blat der Art zu halten, ich hätte mich mit geringer Einnahme begnügt, diese Hoffnung war vielleicht in der traurigen Zeit, in der die 673

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Bessern mit drückender Noth zu kämpfen haben; war vielleicht zu kühn, die Nachlässigkeit der Buchhandlung in der Versendung hat den Absatz ebenfalls gehindert, es ist zweifelhaft, ob der Absatz bey aller Wuth von Gegnern und Freunden, die sie in diesen Gegenden gehabt hat, hinlänglich ist. Sie hat indessen gewirckt, ich habe meine Kenntniß von Deutschland erweitert und trete dann ohne Vorwurf ab. 〈. . .〉 Zu dem Neuigkeitswesen kann ich mich nicht entschliessen, bey diesem Unternehmen hatte ich zuviel gute Absicht und Scherz, wenn ich künftig ein solches Nothwerk 〈a〉ls Handwerk unternehme soll es wenigstens durch Titel und Umgebung sich leicht absondern lassen. Wenig später erkrankte Arnim schwer. Görres berichtete (Görres-Briefe 1, S. 507), daß Arnim ein Fieber habe, das in ein Wechselfieber überzugehen droht. 〈. . .〉 Brentano ist seit acht Tagen von hier weg. Dieser war vorübergehend zu seiner Frau zurückgekehrt. Offensichtlich waren immer Zeitungshefte im voraus vorbereitet, so daß sich Arnims Krankheit erst Ende Juli bemerkbar machte, als das Erscheinen der ZfE für einen Monat unterbrochen wurde. Görres machte wohl die Wohnung im Garten verantwortlich für Arnims Krankheit, denn dieser schrieb ihm am 22. Oktober nach Koblenz (Görres-Briefe 2, S. 34f.): Vielen Dank, lieber Görres, für Ihren Brief und

für die Warnung gegen mein Nebelschloß. 〈. . .〉 Ich gewöhne mich allmälich und bin wohl; mein Husten, den ich schon für die Schwindsucht hielt, ist verschwunden. 〈. . .〉 Ich lege ein Exemplar der Trösteinsamkeit bei, da Sie meines Wissens kein vollständiges besitzen. Als Arnim um den 26./27. Juni den Brüdern Grimm – über Brentano – nach Kassel die neuen Bogen schickte, fragte er noch einmal nach Sagen (SPK/Nachlaß Grimm 647/I,7). Im Juli war Arnim zu Bettine – diesmal nach Schlangenbad – geeilt, wo es ihm bald besser ging; von dort schrieb er Brentano am 15. August (Kaum bin ich mitten in 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 311r–312v): Ob die Zeitung fortgeht erfahre ich bei meiner

Rückkehr. – Ich bin mit Kreuzer hergekommen, der aber wieder fort ist. Brentano klagte aus Heidelberg wieder gegenüber Savigny (FBA 32, S. 78f.): Seit Vier Tagen bin ich wieder hier, 〈. . .〉 eilte ich hierher, um Arnim die Korrekturen abzunehmen, leider ist dieser aber auch schon ausgeflogen gewesen. 〈. . .〉 Ich habe den Einsiedler hier in den lezten Zügen gefunden, ich wäre früher noch gestorben, wenn mir Arnim solche Rezepte verschrieben hätte, die kein Apotheker lesen kann und mag, man kann das Beste so weit treiben, daß es durch den Schornstein fliegt, und die neuen Dichter sind schreckliche Alchimisten, wenn sie mit Jugend und grosem Genie unordentlich durcheinander laboriren. 674

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Wahrscheinlich bezieht sich Brentano mit diesem Tadel auf die Landshuter Studenten (vgl. ZfE33). Am 10. November, als Arnim endlich Geld für die Abreise erhalten hatte, äußerte er Görres gegenüber (Görres-Briefe 2, S. 38f.): Es kann ja nicht immer so bleiben hier unter dem silbernen

Mond; die Leute werden sich doch endlich müde geschrieben haben an Parodien und Todtenfeiern. Es ist schlimm leben jetzt. Arnim sah das Ende schon am 26. Juni kommen, als er Johannes von Müller schrieb (Eine Wanderung in den Rheingau 〈. . .〉; H: Stadtbibliothek Schaffhausen, Nachlaß J.v.Müller, GS IV, 279–280): Die Schwierigkeiten in der Versendung, einige Nachlässigkeiten in der Versendung und mein Grundsatz durchaus nichts was leere Tagesneuigkeit, aufzunehmen, haben bisher den Absatz so gehindert, daß ich auf eine lange Dauer meiner Zeitung noch nicht rechnen kann, das hindert nicht meinen Fleiß daran, solange ich einen Leser habe, den ich ehre, so gilt er mir fürs ganze Publikum. Ähnlich muß er an Ludwig Uhland geschrieben haben, der das gegenüber seinem Freund Mayer referiert (Mayer 1867, S. 89): Es freut mich, was mir Arnim schrieb: so lange die Laune des Publikums meiner Zeitung den Absatz sichert, eine Laune, der ich nicht nachgeben kann, da ich ihr nicht diene, sondern ihr gerade das mannigfaltige vergessene Talent unsrer und vergangener Zeit von seinem jetzigen Elend strafend vorhalten möchte. Immerhin gewann Arnim am 28. Juni noch August Wilhelm Schlegel als Beiträger, als dieser mit Mme de Stae¨l durch Heidelberg reiste. Am 8. Juli erhielt er noch Beiträge von Johann Friedrich Blumenbach (vgl. ZfE36). Am 27. Juli schrieb er Bettine, er wolle die ZfE bald aufgeben und meinte in Bezug auf die Satire Comoedia divina (FDH 7274: Ich habe wieder einen Brief 〈. . .〉): 〈. . .〉 man kennt mich hier nicht viel, ausser in der Druk-

kerey und am Wirthstische, dies geht so weit, daß in einem dicken Buche was unter andern auch gegen die Einsiedler Zeitung gerichtet ist, alles, was ich gemacht habe, der arme Görres entgelten muß, so daß ich endlich genöthigt werde, mich öffentlich zu nennen, nun ich sie bald aufzugeben denke. Das tat er dann im Vorwort zur Tröst Einsamkeit. Arnim kümmerte sich im September 1808 um den Versand der letzten Nummern, nachdem er von einer kurzen Reise nach Aschaffenburg zurückgekehrt war, wohin er Bettine auf ihrer Umsiedlung nach Landshut begleitet hatte. An Wilhelm Grimm schrieb er am 26. September – unter der Adresse seines Bruders Jacob (SPK/Nachlaß Grimm 647/I,8–9): Ein Paar Worte in

Eile, lieber Freund; durch Zimmer erhalten Sie die beyden neuen Bände des Wunderhorns u. das Heft Uebersetzungen aus dem Däni675

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schen, ich hoffe sie werden diese einmal zusammen als ein eignes Werk erscheinen lassen; von Zimmer können Sie auch jeden Augenblick den Rest der Einsiedler zeitung erhalten, wenn Sie ihm nur anzeigen wollen, wieviel Sie davon erhalten haben, ich wuste es nicht mehr und das hinderte mich fortzuschicken, da ich selbst nicht weiß, wie lange ich hier bleibe, so habe ich ihm den Auftrag gegeben. Jacob Grimm bat am 10. Oktober 1808 (Kassel: Herzlich gegrüßt und im voraus 〈. . .〉; BJ/Autographa 68): Anliegendes Blättchen, wegen der uns fehlenden Einsiedler seyn Sie doch so gut an Zimmer abzugeben. Am 10. Juli 1809 schrieb Jacob Grimm an seinen Bruder Wilhelm aus Kassel: Ich habe in zwei Göttinger Auctionen viel Bücher gekauft, darunter 〈. . .〉: Wunderhorn 1. für 1 rthl. 6 gr. u. die ganze arme Einsiedlerz. für 7 gr. Die letztern zu Präsenten 〈. . .〉 (Rölleke 2001, S. 142f.). Goethe hatte von Arnim schon einzelne Nummern geschickt bekommen. Dieser schrieb ihm ausführlich am 29. Sept 1808 und nahm Bezug auf dessen Äußerung gegenüber Bettine Brentano; er sandte ihm möglicherweise die Tröst Einsamkeit mit (vgl. Schüddekopf 1899, S. 130–136): Der gute

Wunsch, den Sie verehrter Beschützer jeder treuen Bemühung, meiner angefangenen Zeitung durch B. Brentano sagen liessen, hat ihr noch einige Zeit das Leben gefristet, welches ihr das Publikum wohl gönnte aber nicht unterhielt. Die guten Leser in der Welt sind immer die, welche nichts kaufen. Die Polemick, die ich in den Beylagen, Anmerkungen, Vorrede gegen die allerverschiedensten Widersacher ausüben muste, machte mir das Unternehmen widrig, die Correcktur nahm meine Zeit und spickte mich in einer schönen Gegend fest, in der ich doch nach der Abreise meiner Freunde Görres uud Brentano wie in einem aussterbenden Kloster hause. So laufe ich denn lieber wieder in die Welt und sehe was da Gutes passirt und lasse das Vossische Haus mit seiner ganzen schreibseligen Anhängerschaft noch zehn divina Comoedia schreiben, wie sie gegen mich und meine Freunde ein dickes Buch geschrieben, das wie ein Frachtwagen mit Baumwollensäcken von einem Pferde zum allgemeinen Gelächter bequem fortgezogen wird. Ich habe es beygelegt, damit wenn Sie einmal einen Blick in diese Sachen thäten unser Spott Ihnen nicht ungerecht erschiene. Ich selbst bin unter dem Namen Horn wunder, aus Wunderhorn umgedreht, dargestellt, ich werde mit meiner Zeitung der Betteley beschuldigt; die Oberrechen kammer des Himmels mag bescheinigen, daß ich nie etwas dafür genommen, sondern manche Auslage dafür gehabt habe. Aber nicht meine Kränkung habe ich verfochten, mein 676

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Haß hat viel schönere Gründe und es scheint mir nach ruhiger Ueberlegung nur darin gefehlt, daß ich aus Rücksicht manches zu sagen unterlassen habe. Voß ging hier bey den Professoren herum, um den braven Görres von hier zu verbannen, warnte die angekommenen Studenten gegen ihn, als gegen einen Mystiker, da es doch keinen ärgern Feind von diesem willkührlichen Tiefthun unsrer Zeit giebt, als eben ihn, nur daß er freilich das Schwere muß schwer seyn lassen, was dann in einer Zeit, die Mühe und Arbeit nur auf Brodstudien verwenden mag, als Mystik ausgerufen wird. Ich lege sein klares und gelehrtes Werk über die Volksbücher bey, so wie sein sogenanntes Mystisches, die Schriftproben, aber so mystisch wie die sind doch wohl alle Scherze der Welt und wenn sie nicht so scherzten, wie hier geschehen, so dürfte wohl manches nicht öffentlich gesagt werden. Die Gewohnheit seinen Ausdruck einzig als Mittel, nie als einen Gegenstand eigner Aufmerksamkeit zu behandeln möchte ihm vielleicht Erinnerungen von Stylisten zuziehen, er gehört aber zu denen, welche die Natur bestimmt hat zu schreiben, wie sie wollen. Kein Philosoph seiner Art ist mir vorgekommen, der so recht eigentlich zu einer allgemeinen Gelehrsamkeit bestimmt wäre, ein Werk über die alten Mythen, worin er ihre Stammtafel aufzeichnet, wird dies zum Erstaunen seiner Gegner beweisen, die ihn von hier durch Mangel an Subsistenz und gänzliche Unwahrscheinlichkeit der Anstellung zu seinen Schulbuben nach Coblenz zurückgetrieben haben. Aus dem Brief vom 30. Oktober 1808 an Friedrich Zelter sind die kritischen Worte bekannt, mit denen Goethe grundsätzlich die Position des Klassikers gegenüber den Romantikern klarstellt (WA IV 20, Nr. 5622, S. 192): Deshalb bringen mich auch ein halb Dutzend

jüngere poetische Talente zur Verzweiflung, die bey außerordentlichen Naturanlagen schwerlich viel machen werden was mich erfreuen kann. Werner, Öhlenschläger, Arnim, Brentano und andere arbeiten und treibens immerfort; aber alles geht durchaus ins form- und charakterlose. Kein Mensch will begreifen, daß die höchste und einzige Operation der Natur und Kunst die Gestaltung sey, und in der Gestalt die Specification, damit jedes ein besonderes bedeutendes werde, sey und bleibe. Es ist keine Kunst sein Talent nach individueller Bequemlichkeit humoristisch walten zu lassen; etwas muß immer daraus entstehen 〈. . .〉. Als Arnim Ende Dezember 1808 seine Heimreise nach Berlin in Weimar unterbrach, erfuhr er von Goethe jedoch viel Lob für die ZfE. Darüber berichtete er Savigny aus Berlin (15. Januar 1809: Ich weiß nicht bestimmt, ob 〈. . .〉 SPK, Haus I): Von Goethe war es mir ein voller Ersatz für alle

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Kränkung die ich in Heidelberg über meine Zeitung erlitten, das oft wiederholte Interesse zu hören, wie er von allem Einzelnen darin sprach, er versicherte mir, es wäre längst darüber ein öffentliches Wort gesagt, wenn nicht ganze Institute, wie Jenaer Zeitung, Cotta als Buchhändler angegriffen wären, ich versicherte der Scherz wäre ganz unschuldig gewesen, er meinte aber mit Recht, wer mit den Gästen Händel anfinge, müste sich den Wirth zum Freunde halten. Schillers Frau sagte mir wiederholt soviel Schönes von meinem kleinen Drama den Ring, ich sollte durchaus mehrere schreiben. Göthe zeigte mir noch den lezten Abend sein Exemplar der Trösteinsamkeit, das ich ihm broschirt geschickt hatte, wie es gebunden, weil es ihm die Leute zerlesen. Die Herzogin hätte bedauert, daß es aufgehört u. s. w. Ich kann Dir versichern, daß ich es zuweilen beynahe für Ironie gehalten, wenn nur irgend Veranlassung gewesen, so gewöhnt war ich, daß die Leute, wenn sie nicht geradezu tadelten, gutmüthig entschuldigten daß es unter solchen Umständen nicht besser gerathen. In Weimar wird jetzt durchaus die Kritik für schlechter Ton, Niederträchtigkeit und aller wahren Kunst entgegen gehalten. Ich schreib Dir das alles, weil ich weiß Du wirst das alles gern hören und mich nicht damit zur unrechten Zeit aufziehen, was zur Elendigkeit unsrer Zeit gehört daß immer einer dem andern zu verleiden sucht, was ihm Freude gemacht. Noch ein Wort muß ich Dir von Göthe wiederholen er versicherte einmal, er glaube nicht, daß es leicht sey eine Schrift von so wenigen Bogen, wie die Zeitung zu finden, in der so viel stände, er entdecke noch immer etwas, so oft er sie wieder in die Hände nehme. Jean Paul schrieb am 19. Januar 1809 an Zimmer über das Ende der ZfE (vgl. Schlechter 2008, S. 140f.): Sein Selbstmord – welcher mit einer

kleinen, Göthen nachgeahmten, Nachsicht für den Haufen, wäre abzuwenden gewesen – thut mir sehr leid. Z.B. die Geschichte des Bernhäuters ist für mich ein Meisterstück und Meisteressen und Leckerbissen; – denn dem Scherze vergeb’ ich alle Anspielungen. Joseph von Eichendorff schrieb rückblickend über die Trösteinsamkeit (Joseph von Eichendorff, Halle und Heidelberg. In: Joseph von Eichendorff, Werke. Bd. 5, hg. von Hartwig Schultz. Frankfurt/M. 1993, S. 433): Das selten gewordene Blatt war eigentlich ein Programm der Romantik; einerseits eine Kriegserklärung an das philisterhafte Publikum, dem es feierlich gewidmet und mit dessen wohlgetroffenen Porträt es verziert war; andrerseits eine Probe- und Musterkarte der neuen Bestrebungen: Beleuchtung des vergessenen Mittelalters und seiner poetischen Mei678

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sterwerke, sowie die ersten Lieder von Uhland, Justinus Kerner u. a. Gerard Koziełek zitiert diese Sätze Eichendorffs in seinem Aufsatz »Das kulturpolitische Programm der Zeitung für Einsiedler« und stimmt ihnen zu. Er kommt zu dem Schluß (In: Zeitschriftenliteratur der Romantik. Internationales Kolloquium, Karpacz 7.–10. Oktober 1985. Wrocław 1988, S. 79 : »Mit der Herausgabe der Zeitung für Einsiedler realisierten Achim von Arnim und seine Mitarbeiter ein Literaturprogramm, das mit den politischen Bestrebungen einiger patriotisch gesinnter Männer genauestens übereinstimmte.« Er zitiert Adam Müllers Bemühen um die Anregung des Natio-

nalgefühls und die Anfrischung vom Bewustseyn der Nationalgröße und Johann Gottlieb Fichtes Forderung nach einer eigentümlich deutschen Nationalerziehung (ebd., Zitate aus Müller, Vorlesungen über die deutsche Wissenschaft und Literatur. 2. Aufl. Dresden 1807, S. 4, und Fichte, Reden an die deutsche Nation (1807/08), hg. v. R. Lauth. Hamburg 1978, S. 24. Nun gab es freilich Berührungen Arnims mit Müller und Fichte, die auch später Mitglieder seiner christlich-deutschen Tischgesellschaft waren (vgl. WAA XI). Ob Arnims politisches Engagement für Preußen und eine nationale Gesinnung tatsächlich als wichtigste Triebkraft hinter diesem Zeitschriftenprojekt stecken, erscheint jedoch fraglich. Arnim selbst jedenfalls meint im Rückblick, nämlich in seinem Vorwort der Trösteinsamkeit, er habe sich bemüht, die unendliche Größe jedes Volkscharacters, und die Leer-

heit jeder in sich selbst pralenden Vaterlandsliebe darzustellen (541,15f.). Wie Arnims Erzählungssammlung Wintergarten (1809), die mit ihren Einlagen die ZfE in gewisser Weise fortsetzte, da er noch von seinen Sammlungen profitieren konnte, enthält diese durchaus nicht nur deutsche Literatur und beschäftigt sich noch weniger als die spätere Erzählungssammlung mit »nationalen Belangen«. Daß die deutschen Quellen gegenüber Bearbeitungen fremdsprachiger Texte überwiegen, ist in einer deutschsprachigen Zeitung wohl eher eine Normalität. Erstaunlich ist vielmehr, wieviel Fremdes aufgenommen wurde: Schon der zweiten und dritten Nummer setzte Arnim als Motto Zitate aus Friedrich Schlegels Übersetzungen aus dem Indischen voran. Brentano übersetzte Dichtungen aus dem Italienischen und aus der französischen Chronik von Froissart. Friedrich Wilken lieferte eine Übersetzung aus dem Persischen. Von Brentanos Schwägerin Henriette Schubart erhielt Arnim zwei Gedichtübersetzungen aus dem Schottischen. Wilhelm Grimm stellte eine erste Fassung von sechs altdänischen Heldenliedern zur Verfügung. Arnims Planung der Zeitung war nicht konstruktiv gewesen, sondern eher spontanen Einfällen entsprungen. Sein Wunsch zum Druck eigener kleiner Texte und Brentanos Idee einer gleichsam mittelalterlichen

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Zeitung konnten zwar im wesentlichen verwirklicht werden, ebenso hielt man Tagesneuigkeiten aus dem Blatt heraus, nicht aber Kritik und Satire. Dichtungen aus Gegenwart und Vergangenheit kamen Arnim ebenfalls von Einsendern zu, jedoch fehlte gänzlich die klassische Literatur. Dafür wurde mit Sage, Volksmärchen und Volksdichtung des nördlichen Europa ein deutlicher Schwerpunkt gesetzt, der sich erst während des Erscheinens so pointiert entwickelte. Mit einem Begriff Heinrich von Kleists, welchen Arnim in der ZfE zweimal zitiert, könnte man diese als organisches Fragment bezeichnen (89,19; 136,2).

Nicht eingetroffene oder aufgenommene Beiträge In der Korrespondenz werden eine ganze Reihe von Texten angekündigt, die entweder nie oder zu spät eintrafen oder von Arnim und Brentano nicht aufgenommen wurden. Am 13. Mai schrieb Nicolaus Vogt aus Frankfurt (BJ/VS 271): 〈. . .〉 danke ich recht sehr für den zugeschickten Einsiedler.

Ich werde das eine Exemplar sogleich an den Fürst Primas besorgen. Meine frühen Jugendarbeiten sind gröstenteils Schauspiele und größere Gedichte, welche sich nicht wohl in eine Zeitung schicken werden. Wenn sie aber Auszüge oder einige Scenen draus brauchen können, stehen sie Ihnen zu Diensten. Ich war die Zeit, alß ich sie das leztemal sah, sehr krank; und bin noch nicht ganz hergestellt, so, daß ich mich aller Arbeit enthalten muß. Meine andern Sammlungen sind alle in Kisten eingesteckt, und jezt darf ich sie nicht aussuchen, denn sie liegen in einem Wuste von Schreiberey. So bald ich wieder hergestelt bin, will ich alles, was sie vielleicht brauchen könnten, aussuchen. Meine Schauspiele und Gedichte sind gröstenteils aus den alten Sagen im Rhein gezogen. Z. B. F r a u e n l o b . E m m a , H i l d e g a r d , R o l a n d s E c k , D i e B r ü d e r . Wenn sie hieher kommen, will ich sie Ihnen zeigen. Neben dem Machandelboom-Märchen erhielt Arnim weitere Beiträge von Philipp Otto Runge, die nicht zum Abdruck kamen. Er schrieb ihm am 31. Mai 1808 (Ich habe ihre angenehme Zeitschrift 〈. . .〉; Runge 1840–1841, Bd. II, S. 185–187). Nach der Druckgenehmigung für die beiden Märchen, wobei der Fischer und sine Fru nicht in die ZfE aufgenommen wurde, fährt Runge fort: Sehr angenehm würde es mir seyn, wenn ich Ihnen

noch die Geschichte v o m s t a r k e n H a n s (welches eigentlich der plattdeutsche Hercules ist) liefern könnte. Solche Sachen sind eine 680

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außerordentliche Delicatesse für mich und ich glaube nicht, daß Sie viele so sublime antreffen werden, als diese drey Geschichten seyn würden. Von dem starken Hans habe ich nur erst eine allgemeine Anschauung, hoffe aber, daß ich ihn noch näher von Angesicht werde kennen lernen. Um Sie nun nicht umsonst bemüht zu haben, an mich zu schreiben, lege ich Ihnen noch einige plattdeutsche Lieder bey, da ich Ihr zweytes Anliegen*) so wenig befriedigen, als noch weniger etwas dafür versprechen kann. 〈. . .〉 Sie werden mich schon verstehen; ich kann es nämlich nicht ertragen, daß ich einzelne Einfälle aufzeichne, ohne daß sich unwillkührlich ein Ganzes bilde; und da ich besonders jetzt daran arbeite, die Ahnung vollständig zu Tage zu legen, welche in meinen Tageszeiten liegt, so lasse ich mich nicht gern von der Arbeit abwendig machen. 〈. . .〉 W. Tischbein geht jetzt von hier, dessen herrliche Thierfabeln oder Ansichten Sie vielleicht angenehm überraschen würden. Ich werde dieser Tage noch mit ihm sprechen und es sollte mir sehr angenehm seyn, wenn ich Ihnen diese interessante Bekanntschaft verschaffen könnte. Karl August Varnhagen von Ense antwortete Arnim ausführlich auf eine Anfrage (Berlin, 24. Juni 1808; BJ/VJ 8): Ich habe durch Reimer Ihre

gütige Aufforderung an mich, beizutragen für die Zeitung für Einsiedler, mit vielem Vergnügen empfangen. Mit dem Wunsche, besser in Ihre Absichten einzugehen, als es mir möglich sein dürfte, schicke ich Ihnen als Beweis meines guten Willens die beifolgenden Blätter. Der Dithyrambus an Wolf ist von mir, und vorigen Sommer in einem kleinen festlichen Kreise, dessen Mittelpunkt Wolf war, vertheilt worden. Schon lange habe ich gewünscht, ihn wieder abgedruckt zu sehen, und zwar mit meinem Namen. Sie verzeihen wohl, wenn ich Ihnen die Geschichte dieser Dichtart mittheile, die, Ihnen unbekannt, nicht Interesse sein kann, Ihnen aber bekannt, leicht überschlagen wird. Joh. Heinr. Voß rühmte sich gegen Wolf, die deutsche Sprache (oder er) könnte jezt fast alle griechischen Metre nachbilden, und nahm von dem zweifelnden Wolf die gebotene Ausforderung auf Galliamben an, eine Versart, von der uns außer Katulls Atys und wenigen griechischen Zeilen nichts übrig ist. Inzwischen versuchte Wolf selbst, in häufigen Nebenstunden solche Verse zu machen, deren er aber nach vieler Mühe kaum fünf hervorbrachte, mit denen er noch überdies unzufrieden war. Bald aber schickte Voß den herrlichen Dithyrambus, der im ersten *) um einige Zeichnungen, eigner Erfindung, für die gedachte Zeitung. 681

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Bande seiner Gedichte steht, und wohl billig hat er die neugewonnenen Verse an den Mann reden lassen, der ihre Möglichkeit bezweifelt hatte. Ich fand also diese Versart dem Manne schon geweihet, und konnte mich nicht beruhigen, bis ich das zweite Gedicht dieser Art geliefert; ein in der That glücklicher Zeitpunkt, da sowohl das erste zu geben schwerer war, als auch jezt das dritte hervorzubringen schwerer sein möchte. Nach dem Ausspruche der damals versammelten Filologen, ist mir die Arbeit gut gelungen, die auch Wolf selbst und Joh. v. Müller durch spätere Vertheilung billigten. – Das andre Gedicht ist eine alte Romanze, die mein Freund, der Baron Fouque´ mir zu liebe übersezt hat, und über die ich daher schalten darf. (Vgl. ZfE36; 438,1–439,21) – Ob beide Ihrem der Zeitung eingepflanzten Sinne entsprechen, kann ich von hier aus nicht entscheiden. Sollten Sie aber andere Beiträge von mir nicht unwünschenswerth finden, so muß ich vor allen Dingen wissen, welche Sprünge wohl Ihr Sinn erlaubt, und ob Sie für die Art der Darstellung die gehörige Breite verstatten, welches ich besonders in Rücksicht der Polemik frage, von der ich wenigstens wissen muß, daß sie frei ist, und auch zwischen den Mitarbeitern, die ja keinesweges alle Freunde sein können. Dieses lasse Sie aber ja nicht glauben, als wolle ich die Einsiedler mit Streit behelligen, vielmehr bin ich überaus friedlich und sanftmütig, und nur ängstigend und beklemmend wäre es mir, wo schon ganz im voraus bestimmt wäre, du darfst z. B. Reichardt und seine Komposizionen nicht angreifen, oder Brentano’n sarkastiziren, oder Görres formalisiren, oder Wilhelm Schlegel in den Brunnen plumpen lassen, weil es ihm besser ist, als durch Stae¨l und Eisen umzukommen. Können Sie mir dies zusichern, wie ich denn hoffe, so denk’ ich Ihnen manchen hübschen Aufsaz zuzusenden, von mir, und meinen Freunden. In diesem Falle bitte ich Sie mir auch ein Exemplar der Zeitung f. Eins. bei Reimer anzuweisen. Johann Friedrich Blumenbach kündigte – neben dem Miscellenexcerpt (vgl. ZfE36) größere Beiträge an (Göttingen, 2. Juli 1808; BJ/VS 31): Herzlichen Dank mein verehrter Freund für die angenehme Ueberraschung die Sie mir mit Ihrem lieben Brief und der gar wackern Beylage gemacht haben. Daß sich dieser Dank verspätet hat daran ist unter manchem andern auch ein tüchtiges Wechselfieber schuld wovon ich erst vor kurzen genesen bin. Wohl sollte sich unter meinen Siebensachen allerhand finden das ganz gut für Ihre Zeitung (nach den Blättern zu urtheilen die ich davon gelesen) paßte. So zB Auszüge 682

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aus Schildtberger. Ein wunderbarliche und kurtzweilige History, wie Schildtberger, einer aus der Stadt München in Bayern, von den Türcken gefangen, in die Heydenschafft gefüret, und wider heimkommen ist sehr lustig zu lesen. NB es ist eine wahre und claßische Reisebeschreibung a. 1393 – 1427 Der ehrliche Bayer war unter andern 12 J. lang Bajazets Gefangner und nachher 6 J. Tamerlans u. s. w. Ein andres gar wackres werk ist Ein lustig und Ernsthafft poetisch Gastmal und Gespräch zweyer Bergen im Berner Gebiet gelegen, nemlich des Niesens und Stockhorns, als zweyer alter Nachbawren & Sonneten weiß gestellt durch den Ehrenwürdigen Herrn Hans Rudolph Rebman, Dieners des Worts Gottes zu Muri bey Bern. l606. 8. Beide Bücher habe ich selbst und könnte Sie Ihnen, falls sie nicht dort zu finden, zum Niesbrauch über schicken um Eclogen draus zu ziehn. Vermtl. Ende November 1808 veranlaßte Arnim Zimmer, Blumenbach die Fortsetzung der Einsiedlerzeitung zu senden vom 7 Stück incl: an bis Ende durch Besorgung der Dietrischen Buchhandlung. (UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M.) Friedrich Schlegel kündigte beim Dank für den Abdruck seines Gedichts in ZfE9 ein weiteres Werk an (Dresden, 8. Juni 1808; BJ/Autographa 155): Es

freut mich daß Ihnen das kleine Lied für die EinsiedlerZ. willkommen war. Gern werde ich zu dieser beitragen, was Zeit und Laune irgend vergönnt. Ich schicke Ihnen für heute wenigstens ein kleineres Stück meines Freundes R o s t o r f . Was ich Ihnen von mir längeres – auch wollte ich noch etwas hinzusetzen, was bis jetzt in der Zerstreuung der Reise noch nicht geschehen konnte aus dem prosaischen Rittermährchen P r i m a l e o n e – zugedacht hatte, schicke ich heute nur desfalls nicht mit, weil der Verkehr durch die Briefpost von hier bis Heidelberg schon ziemlich weit u kostbar ist. Treiben Sie den Freund Zimmer nur, daß er mich b a l d wissen läßt, auf welchem Wege diese Beiträge so wie die für die Heidelb Jahrb. am besten von Wien aus gesandt werden können. Schon am 24. Mai 1808 hatte Friedrich Schlegel Zimmer gegenüber geschrieben (Jenisch 1921, S. 46): Die Beiträge zur Einsiedlerzeitung lege ich an Mohr ein. Carl Hohnbaum, Hofmedikus bey dem Prinzen v. S. Hildburghausen und Wh-Beiträger, bot am 18. Juli zwei Texte an, die nicht mehr aufgenommen wurden (BJ/VS 88): Ich bin einer von den Lesern Ihrer Einsiedlerzeitung, dem es wohl thut, was er dort findet und dem die Brust bey solchen Klängen wiederklingt. Da glaube ich oft, ich gehöre auch zu den Einsiedlern, nicht allein meinen Bedürfnissen sondern auch mei683

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ner Art zu denken und zu dichten nach. Oft glaube ichs dann wieder nicht, wenn mir das, was ich s c h r e i b e in Vergleich mit dem, was dort geschrieben steht, zu alltäglich vorkommt. Aber nachahmen will ich nicht, so wenig als glänzen, und so schreibe ich denn, wie ich schreibe. Aber auf ein entscheidendes Wort über mich von jenen Männern, denen ich gerne gedankenvoll nachlese, möchte ich’s ankommen laßen, und ich frage Sie daher, ob das was ich hier beylege, werth sey, in Ihrer Zeitung mit beßeren Dingen zu sammen zu stehn? Das eine, überschrieben: die Zeugung, hatte ich in früherer Zeit einmal dem Morgenblatte geboten, aber es konnte es vor Keuschheit nicht auf nehmen. Aber ich denke doch, so unkeusch sey es eben nicht, daß die ehrlichen Leute darüber erröthen müßten, wenn sie’s lesen. Hat beydes für Sie keinen Werth, so schicken Sie es mir zurück, womöglich mit einigen kritischen Winken, und ich will mich beruhigen. Arnim antwortete ihm (Heidelberg, 26. September 1808; SPK): Ihre Beyträge zur Einsiedlerzeitung sind leider zu spät eingetroffen, sie ist mit dem August geschlossen und muste sich in den letzten Stücken mit einer Schaar Kläffer herum beissen, das füllte sie und so muste ich das Gute das Zeitfreye ausschliessen. Sie erhalten beyde Mythen zurück, die von der Zeugung ist sehr tief und wahr, ich weiß nicht in wie fern sie sich an der Quelle gehalten, kann also ihr eigenthümliches Verdienst daran nicht absondern, so aber, wie sie da ist, wär es mir ein vollkommner Beytrag gewesen. Da Sie aber auch mein Urtheil wünschen, also eine verschiedenartige Möglichkeit der Bildung voraussetzen, so würde ich eine kürzere metrische Behandlung vorgezogen haben, das Mythische und das Metrische der Rede hängen so zusammen, daß Erzählung die tausendfach durch prosaische Erzählung durchgegangen wie Göthes Prometheus im Augenblick, wieder ein ursprüngliches Korn und Keckheit bekommen. – Die Zeitung erscheint als ein besonders Werk: Tr ö s t - E i n s a m k e i t . Steig ermittelte den 1816 erschienenen Druck dieser Mythen in der Zeitschrift Für müßige Stunden (1. Bd., 3. Stück; vgl. Steig 1912, S. 240f.). Der Journalist und Schriftsteller Christian Friedrich Raßmann (1772–1831, Redakteur des ehemaligen Münsterschen Merkurs) meldete sich aus Münster am 26. Juli 1808 bei den unbekannten Herausgebern der ZfE (BJ/VS 210): Wohlgeborne, Hochzuverehrende Herren! Als Mitarbeiter

und Korrespondent bei mehrern gelesenen Zeitschriften, wünschte ich auch, an der Zeitung für Einsiedler einigen Antheil zu nehmen. Ich würde Ihnen hier vorzüglich Produkte im Geist der Natur- und alt684

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deutschen Volkspoesie zu liefern im Stande seyn. Sollten Sie sich geneigt fühlen, meinem Anerbiethen zu entsprechen: so ersuche ich Sie gehorsamst, mir mit der nächsten r e i t e n d e n Post darüber Ihren Entschluß zu eröffnen, und auch zugleich gefälligst das Honorar zu bestimmen, welches Sie für den gedruckten Bogen zahlen. Uebrigens bemerke ich Ihnen nur noch, daß ich alles Mögliche thun werde, Ihrer in hiesiger Gegend noch wenig bekannten Zeitung Eingang und Ausbreitung zu verschaffen. August Wilhelm Schlegel schickte Arnim neben seinem Gedicht Tells Kapelle Weiteres (Coppet, 12. August 1808; BJ/VS 227): Um Ihnen doch einigermaßen mein Versprechen zu halten (mancherley Geschäfte haben mich abgehalten es früher zu thun) sende ich Ihnen hier ein kleines Gedicht zu beliebigem Gebrauch. Zugleich lege ich eine Probe von einem schon vollendeten Werk meiner Freundin Madame Bernhardi bey, worin Sie die Verwandtschaft mit der Poesie ihres Bruders nicht verkennen werden. Die zarte liebliche Dichtung von Flore und Blanscheflur verdiente vor andern angefrischt und erneuert zu werden, mir däucht es ist ihr ausnehmend gelungen. Sie ist dabey ganz dem deutschen Minnesinger gefolgt, welcher die Geschichte behandelt hat. Es wäre mir lieb, durch diese Probe auf die Erscheinung des Ganzen aufmerksam zu machen, die sich vielleicht noch um etwas verzögern möchte. Wenn Ihnen damit gedient ist, könnte ich Ihnen bald auch etwas prosaisches geben, zB. Umrisse von meinen Reisen, dergleichen ein Paar im Prometheus gestanden. Ihre Zeitung habe ich wie ein wahrer Einsiedler gelesen, und vieles darin gefunden was mir werth war. 〈…〉 Ich fürchte nur, daß das Exemplar, welches Sie die Güte hatten, uns mitzugeben, nicht ganz vollständig ist. Es enthält 28 Bogen aber ohne Titel und Inhaltsverzeichniß. Vielleicht findet sich einmal Gelegenheit uns das fehlende mit der Fortsetzung der Zeitung zukommen zu lassen. Herrn Görres empfehlen Sie mich unbekannter Weise aufs beste. Seine Aufsätze in der Einsiedler-Zeitung haben mich auf die Schrift über die Deutschen Volksbücher sehr begierig gemacht, die ich mir sogleich bestellt habe. Sie und Ihre Freunde haben in der That sehr schöne Kenntnisse von altdeutschen Sachen, worum ich Sie zum Theil beneide, da mein Aufenthalt außer Deutschland mich oft außer Stand setzt, die meinigen zu erweitern. Sie sollten sich entschließen, etwas förmliches und ausgeführtes über die kernhafte Litteratur des sechzehnten und der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts zu geben. Frau von Stael ist eben auf einer kleinen Reise abwesend, sonst 685

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würde sie mir viel verbindliches an Sie auftragen. Ich bin so frey einen kleinen Brief an Ihren Verleger einzuschließen, da ich nicht recht weiß ob der, welchen wir einen Augenblick in seinem Laden sahen Mohr oder Zimmer heißt, doch glaube ich das letzte. Arnim dankte ihm (Heidelberg, 26. September 1808; Körner 1936–1958, Bd. I, S. 619–621): Der Wunsch Ihnen, Verehrtester, einiges mitzutheilen, das in der trägen Hand des Setzers hinter der flüchtigen Schreibfeder zurückblieb, hat meine Antwort und meinen Dank für das Mitgetheilte verzögert. Sie erhalten den Schluß der Einsiedlerzeitung, über die Ursach des Aufhörens habe ich mich in der Vorrede erklärt, es freute mich Ihr ermunterndes Gedicht auf Tell und wenigstens eine Stelle aus dem Stück von Flos und Blancheflur der Mad. Bernhardi noch einrücken zu können*. Zur Erklärung einiger Stellen der Beylage gegen Voß müssen Sie wissen, daß hier unter seiner Mitwirkung von seinem Sohn und einigen kleinen Scrieblern ein keckes Büchlein divina comoedia erschien, worin eine Masse Plumpheiten gegen Görres und Ihren Bruder direkt, indirekt gegen mich unter dem Namen Hornwunder welcher Name von Wunderhorn abzuleiten dessen dritten Theil und den Titel des zweyten ich beyzulegen das Vergnügen habe. Ausser den genannten wurde noch Mad. Bernhardi, Schütz, Novalis, L[o]eben u. a. m. ohne allen Witz angegriffen. Da aber das Ding durch die Posaune des Morgenblats als eins der genialsten Produkte ausgerühmt wurde, so muste es seinen Deckel haben, wir hätten hier sonst ewig daran riechen müssen. Friedrich Schlegel bat Zimmer anstelle seines Bruders am 21. Dezember 1808 aus Wien (Jenisch 1921, S. 49): Mein Bruder übersandte Ihnen (oder war es an H Mohr?) ein Stück aus einem Gedicht in Stanzen F l o r i s u B l a n c h e f l o r e für die Einsiedler Zeitung. Darf ich Sie bitten, dieses Manuscript an H Buchhändler Willmanns zu anderweitigem Gebrauch gelegentlich zu übermachen? Johann Gustav Büsching (1783–1829) schickte Arnim zu spät ein Ms. (Berlin, 22. August 1808; BJ/VS 40): Die Anlage, erst für ein Schweizer

Blatt bestimmt, hoffe ich, wird für Ihren Einsiedler passen u ich bin daher so frei, ohne Sie darum befragt zu haben, Ihnen dieselbe zuzusenden. Im Falle der Nichtaufnahme bitte ich mir das Ms. durch eine Buchhandlung zurück. In der Mitte des kommenden Monats wird der erste Band der von mir u von der Hagen besorgten Sammlung Altdeutscher Gedichte fertig. – Eine Anzeige davon in Ihrem Einsiedler * das letzte wurde mir aus Mangel an Raum unmöglich. 686

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dürfen wir wohl hoffen? Arnim antwortete Büsching erst am 26. September 1808 (J. A. Stargardt, Autographen-Auktion 21./22.3.1996, Kat. 663, Nr. 13a, S. 16, Abb. S. 17): Herr Zschoke hat mir die beyden Erzählungen aus dem Barlaam, die Sie mir gütig bestimmt hatten, erst nach dem Schlusse meiner Zeitung überschickt, ich bedaure daß ich davon keinen Gebrauch machen konnte und wenn ich je ein ähnliches Unternehmen bereiten sollte hoffe ich auf Ihre Unterstützung. Die Ursachen des Untergangs habe ich in einer Vorrede entwickelt, da die ganze Zeitung mit einigen Beylagen vermehrt unter dem Titel: Tröst Einsamkeit als ein besondres Werk erschienen ist. Nach dem Ende der ZfE schrieb der Jurastudent Karl Schmidthammer (Leipzig, 14. Oktober 1808; BJ/VS 229): Verehrteste Herren! Wenn ich Ihnen bei Uebersendung beiliegende Gedichte den Wunsch äußre, daß Sie sie einer gütigen Durchsicht würdigen, und denselben nach Gutbefinden eine Stelle in Ihrer Zeitung für Einsiedler gönnen mögen, so muß ich zugleich um Verzeihung bitten, daß ein 18jähriger, unbekannter Jüngling sich das erdreistet. Denn außer drei Aufsätzen im Modejournal, und einem in den Justiz- u Polizey-Rügen, 8ten August 1808: Einige Vorschläge zu Bildungsvorteilen für die Jüdische Nation, habe ich noch nichts bekannt gemacht. Das Gedicht G o t t wird aus 12 Gesängen bestehn. Ich habe 1½ Gesang geendigt, u wie Ihnen nun die kleine Probe, die den Anfang macht, vorkommen wird, fürchte ich zu wissen. Es soll die Verbindung d. abgefallnen Engel, der Teufel u des Fatums zum Sturze Gottes und den Sieg Gottes enthalten. J e s u s C h r i s t u s wird ein dramatisches Gedicht, od. wenn ich es lieber so nennen dürfte, ein Drama, in 4 Theilen: Ein Theil ist fertig. Ob ich nicht ganz schlecht unter meinen Manuscripten gewählt habe, kann ich nicht beurtheilen. Es würde mich höchst erfreuen, verehrte Männer, wenn Sie beiliegende Proben eines kleinen schriftlichen Urtheils nicht unwerth hielten, und mir so sagten, ob ich weiter fortschreiten darf oder nicht. Arnim antwortete immerhin am 8. November 1808 (Exzerpt, Burwick 1978, S. 361; FDH 13463,16–17): Grössere Arbeiten lassen sich aus Bruchstücken schwer empfinden. Wortpracht darf nur beym Redner den Gedanken beherrschen nicht bem Dichter Ueber die Wahl Gott u Christus verwundre ich mich nicht, in ihrem Alter beschäftigten mich ähnliche Arbeiten, ich lernte erst später fuhlen wie Milton und Klopstock nichts gegen die vollendete epische Erzählung der Bibel und Legenden. 687

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Vermutlich hatte Arnim auch den Lübecker Gymnasialprofessor Friedrich Wilhelm Herrmann um einen Beitrag gebeten, der sich für ein Freiexemplar bedankt (Lübeck, 25. Februar 1809; BJ/VS): Ihre litterarischen Bestrebun-

gen haben mich an Sie gezogen; die Belehrungen, welche Ihr Brief in so reichem Maaße enthält, und die Erfahrung diktirte, sind auf einen guten Boden gefallen, und ich habe benuzt und werde benuzzen, soviel nur immer Zeit und Verhältnisse gestatten. Das Geschenk Ihrer Zeitung für Einsiedler war mir sehr erfreulich, und ich werde mich bestreben, es mit der Zeit auf eine nicht ganz unwürdige Weise zu erwiedern. Mit Wilhelm Dorow (1790–1846), seinem Königsberger Freund, dem Neffen Johann Friedrich Reichardts, korrespondierte Arnim über Tauler und Suso, erhielt aber die Quellen nicht von ihm. Dorow war ab 1811 als Gesandter, Archäologe und Schriftsteller tätig; seine Korrespondenzen publizierte er in: Dorow 1842 und Erlebtes (4 Bde., Leipzig 1843–45) Vgl. FBA 9/3, S. 804. Andere Beiträge Dorows kamen zu spät und hatten – in anderen Überlieferungen – teils schon Eingang in die ZfE und das Wh gefunden. Anfang 1809 (〈. . .〉 Lieder heraus, und fügte sie 〈. . .〉; BJ/VS) schickte Dorow neben Liedern eine religiöse Quelle: Sie finden auch beykommend den Anfang &

das Ende einer Gesichte einer frommen Jungfrau; sollte sie ihnen nicht bekannt seyn, so verlohnte es sich sehr der Mühe Ihnen eine Abschrift davon einzusenden, denn es würde schön in der Reihe der verschiedenen heilgen Gesichten in Ihrer Zeitung für Einsiedler, passen. Arnim dankte am 6. März 1809 für die Lieder (Dorow 1842, S. 96): Unter dem Mitgetheilten ist mir des Trompeters Jungferschaft sehr lieb, man sieht den Kerl gar prächtig darin mit aufgeblasenen Backen und dünnen Beinen; die beiden folgenden, die sehr schön sind, finden Sie das erste im II. Wunderhorn, das andere in der Trösteinsamkeit abgedruckt. Es ist nicht zu erschließen, auf welches Lied Arnim hier anspielt. Johann Heinrich Voß und das

Morgenblatt

Als Autor des Göttinger Hains hatte Voß zunächst an der Erneuerung des Volkslieds mitgewirkt; Gedichte in den von J. A. P. Schulz vertonten Liedern im Volkston z.B. stammen von ihm. Insofern wundert es nicht, daß Arnim noch Anfang 1808 in seinem Haus verkehrte und Beiträge zum Wh erhielt (vgl. FBA 9/3, S. 765f.) und sozusagen indirekt auch Beiträge zur ZfE, vgl. ZfE6, ZfE10, ZfE12: Hölderlin, und ZfE16: Sinclair, wie aus seinem Brief

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mich mit deinem 〈. . .〉; UB Eben erhalte ich von Voß den Seckendorfschen Almanach, wo ein vier schöne Stücke drin sind 〈. . .〉. Ich finde den alten Voß ganz verträglich, ich sage ihm rund meine Meinung, er nimmts gar nicht übel! Arnim, der sich nicht selbst vom 12. Februar an Brentano (Du machtest Heidelberg 2110,7 Bl. 282r–285v) hervorgeht:

als Romantiker bezeichnete und einen Gegner der Romantiker wie BentzelSternau zur Mitarbeit einlud, wurde wohl damals von Voß nicht direkt diesem Lager zugerechnet. Doch konnte das schon wegen Arnims Freundschaft mit Görres und Brentano, dem Voß bereits seit 1806 gram war, weil dieser ihm beim Hauskauf der alten Anatomie zuvorkommen wollte, nicht lange auf sich warten lassen. Voß bekämpfte allerdings schon seit Ende des 18. Jhd.s die Brüder Schlegel, insbesondere da sie die romanisch-mittelalterlichen Strophen- und Gedichtformen als der Hexameterdichtung gleichwertig erachteten. August Wilhelm Schlegel hatte zwar seine 1796 geäußerte Kritik an Vossens Homer-Übersetzung später gemildert, doch entsprachen schon Vossens damalige Reaktionen denen eines Meinungsführers, indem er z. B. seinem früheren Schüler Friedrich August Eschen den Umgang mit den Schlegels verbieten wollte. In diesen Zwist, insbesondere gegen die Bewertung der Sonettform, die nach der Ansicht von Voß aus katholischem Geist hervorgegangen war, verstrickte er sich immer mehr. Er sah die Aufklärung besonders durch die katholische Kirche bedroht. Als ein gefährliches Vorkommnis bewertete er die Konversion seines Jugendfreundes Friedrich Leopold Graf zu Stolberg im Jahr 1800, die zum Bruch führte. Über der Arbeit an einer Entgegnung auf Vossens 1819 erschienenen Streitschrift Wie ward Friz Stolberg ein Unfreier? (erschienen in der von Paulus hg. Zeitschrift Sophronizon) verstarb Stolberg. Voß ließ noch eine zweite Schrift über den mittlerweile verstorbenen ehemaligen Dichterfreund folgen. In dieser zweiten Streitschrift, Bestätigung der Stolbergischen Umtriebe, nebst einem Anhang über persönliche Verhältnisse (Stuttgart 1820, S. 116), wird auch Arnim den katholisierenden Autoren zugerechnet (vgl. Moering, in: Werke IV, S. 1213, Kommentar zu Holländische Liebhabereien): Nach Rom! nach

Rom! tönte die Losung in der verschollenen Tr ö s t - E i n s a m k e i t , die um das Jahr 1808 für Heidelberg Spaß machte, 〈. . .〉 im Wu n d e r h o r n , in H a l l e u n d J e r u s a l e m , und in ähnlichen Einöden der Käuzlein und der Feldteufelchen. Ein weiteres Kampffeld war für Voß die Frage nach der richtigen Übersetzung und Deutung der griechischen Dichter, insbesondere Homers, weswegen er schon seit 1780 mit seinem früheren Göttinger Lehrer Christian Gottlieb Heyne im Streit lag (Mythologische Briefe, 1794). Über eine Frage der

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Aussprache griff Georg Christoph Lichtenberg satirisch in diesen Streit ein (Ueber die Pronunciation der Schöpse des alten Griechenlands, ver-

glichen mit der Pronunciation ihrer neueren Brüder an der Elbe, über beh beh oder bäh bäh. In: Göttingisches Magazin der Wissenschaften und Litteratur 2, 1781, 3, S. 454–479). In Heidelberg setzte Voß diesen Kampf gegen Creuzer und Görres wegen deren mythologischen Forschungen fort. Sein letztes Werk gegen Creuzer (Anti-Symbolik, T. 2) erschien erst postum. Arnim karikierte den Gelehrtenstreit in seinen Holländischen Liebhabereien im Landhausleben (1826). 1808 fand Voß ein Forum für seine Invektiven in der ebenfalls aufklärerisch-antiromantisch eingestellten Tageszeitung Morgenblatt für gebildete Stände. Im Verlag der J. G. Cotta’schen Buchhandlung in Tübingen, die im Januar 1807 von Johann Friedrich Cotta (1764–1832) begründet worden war. Für die folgende Auseinandersetzung der ZfE mit dem Morgenblatt ist von Bedeutung, wer die jeweiligen Redakteure waren, da sie in den ersten Jahren öfters wechselten: »So verließ Karl Christian Grüneisen, der mit Friedrich Haug 〈1761–1829〉 und – als literarischem Mitarbeiter – Friedrich Weisser das erste Redakteursteam gebildet hatte, schon Anfang 1808 das Blatt; Haug übernahm die Leitung und Cotta besetzte die vakante Stelle im Mai/Juni 1808 mit Georg Reinbeck 〈1766–1849〉. Reinbeck, der, ebenso versiert wie von sich selbst eingenommen, dem Morgenblatt durch einen delikaten Bericht über Heidelberg eine Fehde mit den dortigen Romantikern eingetragen hatte, schied nach Streitigkeiten mit Cotta im Mai 1811 wieder aus der Redaktion aus, im selben Jahr trat Salomo Michaelis 〈1769–1844〉 in die Redaktion des Morgenblatt ein 〈. . .〉.« (Fischer 2000, S. 19). Zunächst war die Linie des Blattes nicht so einseitig. So druckte Haug einen kritischen Beitrag über das Sonett ab, jedoch wurde auch ein diese Gedichtform verteidigender Aufsatz von Collin aufgenommen. Haug schreibt (Montag, 5. Jänner 1807, 1. Jg., Nr. 4, S. 15f.):

Das deutsche Sonett. Schon uns’re älteren Dichter wählten die Form des italischen S o n e t t s . F l e m m i n g schrieb mehrere Bücher in dieser für uns allzukünstlichen Dichtart. Besserer Geschmack verdrängte sie. Kaum versuchte B ü r g e r in neuern Zeiten einige K l i n g - G e d i c h t e , die gelungene Studien in dieser Gattung sind, und empfahl A. W. S c h l e g e l ’n, als einen Meister in Befolgung der Regeln, welche der Musengott, wie Boileau in seiner Poetik sagt, aus Bizarrerie für das Sonett ausdachte; so wuchs das »imitatorum pecus« zu manoeuvrirenden Ba690

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taillons an. Uns’re Sprache wußte sich zu rächen. Der größte Theil dieser gereimten Empfindeleien ist plump, hart, und übelklingend, oder harmonisch ans Ohr schlagend, aber – leer. Liessen sich wohl unter hundert Sonetten drey bis vier auffinden, bey welchen, (was Bürger von einem vollkomm’nen Sonnette fordert), nach Auflösung der Reimzeilen in Prose doch keine Sylbe, kein Wort, kein Satz anders gestellt werden könnte, als dieß alles im Verse stand, und wo sogar die Reimwörter an ihrem Platz’ unentbehrlich scheinen? Ich zweifle. – Mit der i t a l i s c h e n Sprache, die ganz Melodie ist, in der es dem Prosaisten ordentlich schwer fallen muß, nicht zu reimen, mit dieser für Stegreif-Dichter geschaffenen Sprache darf sich die deutsche nicht messen. Ueberzeugt von dieser Wahrheit wollten daher einige den verschollenen Ton der M i n n e s i n g e r neu herstellen, und z. B. sehr e, Königin ne, samt dergl. veralteten Flicksylben, wieder in Umlauf bringen. Vergebens! – G ö t h e sagt:*) Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben, Ist heil’ge Pflicht, die wir dir auferlegen. Du kannst dich auch, wie wir, bestimmt bewegen, Nach Tritt und Schritt, wie es dir vorgeschrieben. Denn eben die Beschränkung läßt sich lieben, Wenn sich die Geister gar gewaltig regen; Und wie sie sich denn auch geberden mögen, Das Werk zuletzt ist doch vollendet blieben. So möcht’ ich selbst in künstlichen Sonetten In sprachgewandter Massen kühnem Stolze, Das Beste, was Gefühl mir gäbe, reimen; Doch weiß ich hier mich nicht bequem zu betten. Ich schneide sonst so gern aus ganzem Holze, Und müßte nun doch auch mitunter leimen. D a s i s t ’ s was ich meyne. Das Sonett lähmt die Begeisterung, und die vierzehen vorgeschriebenen Reime sind heimliche B o u t s r i m e´ s , welche der Poet sich eigensinnig vorschreibt. Das Sonett ist das Rad, worauf die Empfindung mit vierzehen Stößen abgethan, und nur z u *) Im ersten Bande seiner Werke (S. 95.), wovon die e r s t e L i e f e r u n g noch in diesem Monat bey Cotta in Tübingen erscheinen wird. 691

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o f t der Herzstoß schon im dritten Reime gegeben wird. Mühsam überwundene Schwierigkeit rechtfertigt, und adelt solche Spielereien nicht; sonst müßten wir auch die vergessenen Gedichte in Becher- und Pyramidenform preisen. Wenn ein Göthe m i t u n t e r l e i m e n m ü ß t e , wer von den Nicht-Göthen wagt noch Kling-Gedichte? Goethes erstes Sonett war 1806 gedruckt worden, jedoch schon früher verfaßt als Antwort auf August Wilhelm Schlegels programmatisches Sonett (Gedichte. Tübingen, in der J.G. Cotta’schen Buchhandlung 1800. Jena, gedruckt bei Frommann und Wesselhöft, S. 198). Schlegel hatte im März 1800 Goethe seinen Gedichtband zugesandt. Dieser referiert Schlegels Aufforderung in den Quartetten und gibt in den Terzetten seine eigene Ansicht wieder. (Vgl. Goethe und die literarische Romantik, S. 115–117, 126). Ein Jahr später bezieht sich Voß in einer Satire auf Goethes Sonett (Morgenblatt, 8. März 1808, s. u.). Heinrich Josef v. Collin (1771–1811) entgegnet Haug (Nro. 110. Freitag, 8. Mai, 1807, S. 437):

Ueber das Sonett. Während in den letztverflossenen Jahren eine Anzahl Dichter das Sonett bis zu den Sternen erhob, sahen andere mit Verachtung auf diese Dichtungsform herab, ohne jedoch, meines Wissens, ihr Verdammungsurtheil zu begründen. Denn die leeren Klingelepen, die faden Süßigkeiten, die widerlichen Sprachverrenkungen, welche an manchen der neuesten, wahrscheinlich zu schnell aufgeschossenen Sonette getadelt wurden, fielen ja der Form keineswegs zur Last, da diese Mängel nicht aus ihrem innern Wesen entsprangen. Die nicht glückliche Benennung S o n e t t (Klinggedicht) konnte manchen zu der Meynung verleiten, als ob diese Dichtungsart keine eigenthümliche Wesenheit hätte, sondern in einem bloßen Reimspiele bestünde; allein das Gegentheil wird jedem bey genauerer Erwägung deutlich werden. Alle Kunst ringt nach vollständiger Darstellung der Natur. Diese, unermeßlich im Großen, und unerschöpflich im Kleinen, in ihrer Unermeßlichkeit und Unerschöpflichkeit zur Anschauung, vollständig, d. h. unter ihrer Einheit, zu bringen, ist das Bestreben der Poesie. Mit den Telescopen der Epopeen und Dramen gelangen wir durch den Ausblick in das Unermeßliche zur Ahnung, zu dem Glauben an ein Universum. Das Sonett hingegen scheint uns in seinem, auch für das ungeübte Ohr engbeschränkten scharfbegränzten Raum einzuladen, mittelst Versen692

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kung in die unendliche Fülle, die Einheit des Universums zu suchen und zu finden. Sein ernster, sanfter, gleicher Gang, seine Sparsamkeit des Reimwechsels stimmt das Gemüth zur Erwartung und Feyerlichkeit; seine scharfe Begränzung bewahrt es vor Zerstreuung, und die Harmonie des Ganzen hält es in dem vorgezeichneten Zauberkreise fest. Der Sonettendichter versenkt sich in sein eigenes Gemüth, weil es keine tiefere Fülle gibt. Nur bedarf er, um nicht eintönig zu werden, eines Reichthums an äußern Anläßen, welcher die Fülle des Gemüthes aufregt, und immer neu erscheinen läßt. Der volle Zauber der Natur wirkte auf Laurens Sänger, aber er wirkte wieder auf sie zurück, und verbreitete über alles den Goldglanz der Liebe. Wenn in den kleinen Sonetten ein Unendliches, Unerschöpfliches dargestellt wird, wollen wir sie als ein großes Kunstwerk betrachten. Jenen aber, die gewohnt sind, Gedrucktes nach Klaftern zu messen, diene zum Troste, daß der Sonettendichter, wenn er will, Sonett nach Sonett in Ewigkeit abrollen kann, weil der Faden seiner Empfindung nie reißt. Auch das soll uns nicht aneckeln, wenn der Sonetten-Dichter immer von sich spricht. Ist nur seine Individualität reinmenschlich, so spricht er zu der Menschheit von der Menschheit. Mag unsere Sprache doch an weiblichen Reimen arm und eintönig seyn. Vielleicht wird sie hieran durch die Sonette reicher; unsere Sprache ist bildsam. Das Schwere gelingt nur nach manchem vergeblichen Versuche. Dankbar soll und wird das folgende Zeitalter dem gegenwärtigen für das Bestreben seyn, an Melodien eines sanftern südlichen Himmels unsere Sprache zu gewöhnen, aus der bisher die rauhe Alpenluft zu anhaltend wehte. H. J. v. Collin. Collin, ein beliebter Wiener Lyriker und Dramatiker, hatte gerade einen Erfolg erlebt, da Beethoven zu seinem Drama Coriolan (1802) eine Ouvertüre geschrieben hatte, die am 1. März 1807 uraufgeführt wurde. Er konnte sich daher wohl leisten, eine Ansicht zu vertreten, die von der Linie des Morgenblatts abwich. Inzwischen war schon über Voß berichtet worden. (Nro. 19. Donnerstag, 22. Jänner, 1807, S. 75 unter N o t i t z e n ): Vo ß ,

der edle Dichter, beschäftigt sich in Nebenstunden mit Sammlungen zu seinem deutschen Wörterbuche. In Nro. 29. Dienstag, 3. Februar, 1807 (S. 115f.) schreibt er selbst: Vo ß a n d e n Ve r l e g e r d e s M o r g e n b l a t t s : Voß bringt eine Sprachanmerkung zur vollendeteren Ausgabe der L u i s e . Daß Voß ein eigenes Werk als vollendet 〈. . .〉 bezeichnete, griff später Brentano in einer Entgegnung auf (Anfang Dezember 1808; vgl. FBA 9/3, S. 687): 〈. . .〉 daß ich für Herrn Hofrath je etwas anders gehabt

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habe als die gröste Hochachtung, und daß mir auch nie einer kommen und mehr verehrt werden soll, der mir nicht erst den Homer sprachhafter übersetzt oder die Luise luislicher vollende. Am 19. November 1807 begann ein mehrteiliger Aufsatz, der Unfrieden zwischen das Morgenblatt und einen Teil Heidelbergs brachte: Georg Reinbecks Bruchstücke einer Reise durch Deutschland, die nächstens im Drucke erscheinen wird. In Briefen aus Heidelberg. (Nr. 277) In Nr. 279 (21. November) wurde Voß gelobt; in Nr. 293 (8. Dezember) die Erziehungsinstitute von Caroline Rudolphi für Mädchen (in dem Brentanos Stieftochter Hulda Mereau lebte) und von Kirchenrat Schwarz für Jungen getadelt, außerdem fand sich Literatenklatsch über den Tod Karoline von Günderrodes und über die verstorbene Sophie Brentano. Nach den Fortsetzungen vom 10., 11. und 22. Dezember (Nr. 295, 296, 305) mußte sich das Morgenblatt gegen Kritik wehren: Eine von Görres organisierte Entgegnung im Rheinischen Bundesblatt (Nr. 98: Gegen die Briefe über Heidelberg. alberne, abgeschmackte Klatschereien, Heidelberg, 13. 12. 1807) wurde unterzeichnet von: C. Daum, De Wette, F. Wilken, J. Fries, Fr. Creuzer, A.

Boeckh, Wolf, Marheinecke, Ackermann, Kastner, A. Schreiber, C. Zimmermann, Schelver, J.J. Loos, Arndt, Görres, Baehr, Kayser. Diese Entgegenung fiel allerdings so scharf aus, daß später die meisten Unterzeichner wieder Abstand davon nahmen (vgl. Levin, S. 67). Dennoch erschienen weitere Fortsetzungen von Reinbecks Briefen (vgl. Kommertar zum May-Heft-Umschlag). Am 10. Juni wurde überdies eine lobende Besprechung der nun als Buch publizierten Schreiben abgedruckt. Vgl. Ziolkowski 2009, S. 24–31, 49, 102, 149f., 218f. Im neuen Jahr wurden Arnim und Brentano erstmals im Morgenblatt angegriffen, und zwar – anonym – von Friedrich Schlegel mit einer Wh-Parodie (12. Januar, 1808, Nr. 10, S. 37f.):

Proben der neuesten Poesie. 〈. . .〉

II. Altdeutsch. Es gehen zwey Butzemänner im Reich herum, Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum. Der eine klimpert um den Brey herum, Bidibum auf der Trumm, bidibum, bidibum. Der andre schaut sich nach dem Fräulein um, Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum. Sie drehn sich beide recht artig herum, 694

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Bidibum, bidibum. Gute Nacht, Butzemänner, dreht euch weiter um, Mit der kleinen Kilikeia, mit der großen Kumkum. Wer hat dieß feine Liedlein gemacht? Es kamen entlang drey Enten den Bach, Die haben dieß feine Liedlein, u. s. w. 〈. . .〉 Nach Cottas Honorarbuch galt früher August Wilhelm Schlegel als Verfasser, die Parodie stammt aber von Friedrich Schlegel, der seit Jena mit Brentano zerstritten war. Jedenfalls erschien das Gedicht in: Friedrich Schlegel, Sämmtliche Werke. Zweite Original-Ausgabe, Wien 1846, Bd. 10, S. 48f. (vgl. Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 5: Dichtungen, hg. v. Hans Eichner. München 1962, S. 321; Heinz Rölleke, in: FBA 9/1, S. 220; Fischer 2000, S. 419). Schlegel kontaminierte drei Wh-Lieder für seine Parodie: Kriegslied gegen Karl V.: Es geht ein Butzemann, Wer hat dies Liedlein erdacht und Hier liegt ein Spielmann begraben (vgl. FBA 9/1, S. 219f., 382, 561). Brentano äußerte sich über die Parodie gegenüber Arnim (Kassel, kurz nach dem 1. März: Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; FBA 32, S. 40, UB Heidelberg 2110,7, Bl. 247r–248v): 〈. . .〉 hast du im Morgen-

blatt gelesen das Epigram auf uns als zwei Butzemänner di dum, wie dumm, in jedem Fall hakt dich das Morgenblatt drum 〈. . .〉. Brentano verfaßte damals den Bärnhäuter. Er arbeitete seinen Ärger gleich in seine Erzählung satirisch ein (vgl. Kommentar zu ZfE22). Voß konnte sich durch Friedrich Schlegel ermuntert fühlen, nun selbst mit einer Gedichtparodie hervorzutreten (14. Januar 1808, Nr. 12, S. 45–47):

Für die Romantiker Die folgende Parodie eines verdeutschten Mönchsliedes, welches nicht durch Poesie, sondern, wie die meisten der Art, durch frommen Inhalt, berühmte Musik und feyerliche Aufführung, Ansehen gewann, ist die Frucht einer heitern Stunde, worin der Verfasser vor sieben Jahren die neu erschienene Verdeutschung mit unwillkührlichen Veränderungen vorlaß. Es war die Zeit, da ein Schwarm junger Kräftlinge, wozu ein paar Männer sich herabließen, nicht nur unsere edelsten Dichter, jene tapfern Anbauer und Verherrlicher des deutschen Geistes, sondern sogar die großen, seit Jahrtausenden bewunderten Klassiker, mit Verkleinerung und Hohn zu behandeln sich unterfing, und jeden, wer 695

Kommentar

Gnade wünschte, öffentlich zur Theilnahme des Bundes einlud. Den reinen Naturformen, in welchen des Alterthums freyer Genius sich verklärt darstellt, wurden die unförmigen Vermummungen des dumpfen, von Hierarchen und Damen abhängigen Rittergeistes, – der beseelten Gestalt des Urschönen, des zur Göttlichkeit gesteigerten Menschlichen ward Ihres Ideals düsteres Fantom, dem Klassischen das wilde Romantische, dem Antiken das Moderne, ja wenn sie noch schamloser sich aussprachen, dem Irdischen Ihr Geistiges, dem Heidnischen Ihr Christkatholisches vorgezogen 〈. . .〉, und in den klingenden Tonweisen der Fidelare und Meistersinger erhöht. Mitleidig sahn die Verständigen zu, wie mancher Kaltherzige aus Jakob B ö h m und ähnlichen sich selbst eine mystische Erhitzung zusammenpüsterte 〈. . .〉. Weil man dem nachgegaukelten Veitstanze ein baldiges Ende zutrauete, so blieb diese Parodie, die zum Besprechen des Unwesens dienen sollte, in der Schreibtafel zurück. Jetzt, da das seltsame Bundesfieber noch ansteckender um sich greift, und mitunter einen feinsinnigen Jüngling in den Tanz fortraft, haben es bedachtsame Freunde für zuträglich erklärt, daß man den Befallenen dieß wenigstens unschädliche Heilmittel nicht vorenthalte. Ihnen, die mit inniger Religion und Andacht ihre Sprünge zu machen vorgeben, empfehle sich diese Gabe des Morgenblattes zur nüchternen Morgenandacht. Für den geistreichen Verdeutscher des Münchsliedes kann der wohlmeinende Scherz keiner Mißdeutung fähig seyn. Er selbst, wissen wir, hat Eckel an den erkünstelten Verzuckungen jener abenteuerlichen Romantiker. Es folgt nun zunächst der Abdruck von August Wilhelm Schlegels Übersetzung des Dies irae: Vom jüngsten Gericht: Jenen Tag, den Tag des Zoren 〈. . .〉, unterzeichnet: W. Schlegel. Rechts daneben die Parodie von Voß, bezogen auf die Dichtung der Romantiker: Bußlied eines Romantikers: Alles, was mit Qual und Zoren 〈. . .〉. Insbesondere Görres kommt in der ZfE (verschiedentlich in den Correspondenznachrichten im Mai-Heft-Umschlag) auf diese Parodie zu sprechen. Ein Beitrag (Nro. 13., 15. Januar 1808, S. 50f.): Gespräch zwischen dem G e i s t und g e s u n d e n M e n s c h e n v e r s t a n d spricht satirisch über einen Sonettdichter oder volksliederreichen Bänkelsänger. Mit der Anzeige der Zeitung für Einsiedler im Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt (Nr.8) begann eine Serie von Angriffen, schon vor dem Erscheinen. Durch eine Indiskretion besaß das Morgenblatt die unzensurierte Anzeige der ZfE, in welcher das – später ersetzte – grob sein stand (7. März 1808, Nr. 57, S. 228, unter Notizen von Friedrich Haug):

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Eine G e s e l l s c h a f t (von z w e y Personen, wie Fama raunt) ist Willens, eine wunderliche Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r herauszugeben. Sie beginnt (sehr ominös!) mit dem 1. April. Von dem (nicht K e r n - sondern) G e r n witze, der in der Ankündigung übersprudelt, nur ein Pröbchen: »Wer die Zeitung nicht in f r a n k i r t e n Briefen abbestellt, dem wird sie zugeschickt, und der muß sie halten. Aufgeschnittene Exemplare werden nicht zurückgenommen; doch erscheint sie der Bequemlichkeit wegen wöchentlich zweymal in halben Bogen in Quart. – – Wer zehen Exemplare nimmt, darf gegen Erlegung der Einrückungsgebühren Aufsätze einschicken; Gegenbemerkungen zahlen das Doppelte; aber diese zu vermeiden, machen wir im voraus bekannt, daß wir sehr grob seyn können, wenn wir wollen etc.« Sind L i s k o v und L i c h t e n b e r g wieder auferstanden? Kein Mirakel, wenn beyde sich wenigstens in ihrem Grab umwälzen. – Damit aber ja niemand den abenteuerlichen Prolog als ein bloßes K i n d e r m ä h r c h e n betrachte, mußte die Buchhandlung M o h r und Z i m m e r in Heidelberg feyerlich bescheinigen, daß es mit Herausgabe dieser Zeitung wirklich Ernst sey. – Ernst? – Wirklich? – Gegen diesen Angriff schrieb Arnim am 8. März eine satirische Entgegnung und Anzeige, die am 25. März 1808 im Intelligenzblatt der Zeitung für die elegante Welt (Nr. 15, Sp. 4) erschien. Vgl. die Anzeigen (543,1–20). Der Name Liscow erscheint später auch auf der Karikatur zum Morgenblatt, die dem Bärnhäuter beiliegt. Gebrüder Vatermörder sollte das Pseudonym für die – damals noch keineswegs berühmten – Brüder Jacob und Wilhelm Grimm werden (vgl. Einleitung). Der Januskopf spielt wahrscheinlich auf das Umschlagporträt zum Uhrmacher BOGS von Görres und Brentano an. Voß meinte nun auch Goethe vor dem romantischen Ungeist retten zu müssen und publizierte ein parodistisches Sonett an ihn (8. März, 1808, Nr. 58, S. 229):

Sonett. Als ich folgendes von G o e t h e gelesen hatte: Sich in erneutem Kunstgebrauch zu üben 〈. . .〉 An Goethe. Auch du, der, sinnreich durch Athene’s Schenkung, Sein Flügelroß, wanns unfügsam sich bäumet, Und Funken schnaubt, mit Kunst und Milde zäumet, Zum Hemmen niemals, nur zu freyer Lenkung: 697

Kommentar

Du hast, nicht abhold künstelnder Beschränkung, Zwey Vierling’ und zwey Dreyling’ uns gereimet? Wiewohl man hier Kernholz verhaut, hier leimet, Den Geist mit Stümmlung lähmend, und Verrenkung? Laß, Freund, die Unform alter Truvaduren, Die einst vor Barbarn, halb galant, halb mystisch, Ableierten ihr klingelndes Sonetto; Und lächle mit, wo äffische Naturen Mit rohem Sang’ und Klingklang’ afterchristisch, Als Lumpenpilgrim, wallen nach Loretto. Vo ß . Voß bezeichnete das Mittelalter als barbarisch und die nach seinem Dafürhalten katholisierenden Dichter als Barbaren im Vergleich zu ihm, der in Klopstocks Nachfolge sich an antiken Formen gebildet hatte und reimlos dichtete. Mit seiner Mahnung wollte er Goethe vom Irrweg der Dichtung in romanischen Formen zur Klassik zurückführen. Goethe war verärgert über diese Bevormundung, äußerte sich aber nur in einem Brief an Zelter darüber, da er eine öffentliche literarische Fehde vermeiden wollte. Er schrieb aus Karlsbad am 22. Juni 1808 (Goethe und die literarische Romantik, S. 126f.):

Wenn Ihnen das Voßische Sonett zuwider ist, so stimmen wir auch in diesem Puncte völlig überein. Wir haben schon in Deutschland mehrmals den Fall gehabt, daß sehr schöne Talente sich zuletzt in den Pedantismus verloren. Und diesem geht’s nun auch so. Für lauter Prosodie ist ihm die Poesie ganz entschwunden. Und was soll es nun gar heißen eine einzelne rhythmische Form, das Sonett z. B., mit Haß und Wuth zu verfolgen, da sie ja nur ein Gefäß ist, in das jeder von Gehalt hineinlegen kann was er vermag. Wie lächerlich ist’s, mein Sonett, in dem ich einigermaßen zu Ungunsten der Sonette gesprochen, immer wiederkäuen, aus einer ästhetischen Sache eine Parteysache zu machen und mich auch als Parteygesellen heranzuziehen, ohne zu bedenken, daß man recht gut über eine Sache spaßen und spotten kann, ohne sie deswegen zu verachten und zu verwerfen. Den beykommenden Gedichten dieser Art wünsche ich bey Ihnen eine desto bessre Aufnahme. Nur bitte ich inständig sie nicht aus Händen zu geben. Goethe sandte sechs seiner Sonette mit. Seit Ende 1807 entstanden diese Gedichte, die er als Zyklus zuerst 1815, zwei Schlußgedichte jedoch erst 1827 publizierte (vgl. ebd., S. 115f.). Da Bettine zwei dieser Sonette handschriftlich erhalten hatte,

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Entstehung

wußte Arnim daraus, daß Goethe diese Form nicht verachtete, wenn er auch seine Äußerung gegenüber Zelter nicht kennen konnte. Voß kannte sie allerdings ebensowenig, und so kämpfte er weiter. Auch gegenüber dem Verleger Cotta klagte Voß direkt sein Leid. Der erwähnte Rotkopf ist Görres (Heidelberg, 16. März 1808; Görres, Briefwechsel, Ergänzungsband 1, S. 32):

Was urteilen Sie von Herrn Zimmers Unternehmungen? Mir scheinen sie unsinnig, oder wohl gar – romantisch. Der junge Mann, der so besonnen anfing, ist von Görres, Brentano und ähnlichen Gesellen betäubt und scheint seinem Verderben entgegen zu schwindeln. Seine Zeitung allein könnte wohl einen stärkeren Verleger überwältigen: so gehaltreich ist sie an Sinkkraft. Mich haben die Romantiker, unter welchen ein verruchter Rotkopf steckt, mit Künsten zurückgedrängt; als ich durch Umstände mich bewogen fand, sogar den Zudringlichen zu machen. Am 30. April, 1808 (Nr. 104, S. 413–415) äußerte sich Heinrich Salomo Michaelis unter der Chiffre F . . . . . . . A. . . . . : Heidelberger Zeitschriften. D e r r h e i n i s c h e B o t e . – Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r , oder die allgemeinste Zeitung. Beyde haben mit dem Aprilmonat ihr Werk begonnen. Der Frühling treibt neue Blätter hervor: ob der Herbst Frucht bringen wird? – ich halte nichts von der Wahrsagerkunst, aber ich bin ein großer Freund vom Hahnenkampf und Wetten. Deshalb freue ich mich des kecken Hervortretens der spornbewaffneten Kämpfer, welche, wie sie in ihrer Ankündigung sagen: »auf Befehl der großen Langeweile« die Müssiggänger durch ihre Sprünge belustigen wollen; – ich wette aber, der bescheidne gutmüthige Bote, der, wie er ebenfalls in seiner Ankündigung sich vernehmen läßt, »nur jeglichen Sonnabend, wenn der Pflug feyert, und der Hammer, und jegliches Geschäft, anklopfen und bringen wird, was er während der Woche gesammelt,« werde in seinem Laufe nicht so bald müde werden. 〈. . .〉 Die Herausgeber der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r sind nicht ihrer zwey, wie das M o r g e n b l a t t Nro. 57 insinuiren will, sondern diese zwey sollen, wie verlautet, versichern, 8 Mann hoch zu stehen. »Ein Vater sey es,« sollen sie sagen, »mit sieben Söhnen, unter denen sich zwey Vatermörder befinden.« Der Vater aber war wohl schon seit einiger Zeit verblichen; er ist aller Wahrscheinlichkeit derjenige, der den Tod repräsentirend von der a l l e r n e u e s t e n Philosophie – Preis sey ihr und Ehre! – todtgeschlagen worden ist, und in jedem Semester eines philosophischen Kursus aufs neue todtgeschlagen werden wird – so wie es dem ehrlichen Harlekin, 699

Kommentar

dem Zeitrepräsentanten auf der Breterbühne zu Frankfurt, in jeder Messe obliegt, d e n To d t o d t z u s c h l a g e n .*) 〈. . .〉 »Die Lese-Kabinette,« kündigen die Einsiedler-Versorger an, »als wahre Sammelplätze dieser neuen Einsiedler, welche die strenge Buße des Müssiggangs treiben, müssen sie (die allgemeine Zeitung) schon kaufen, aber auch andere Leute werden wohl daran thun u. s. w., wendet euch nur an die nächste Buchhandlung, sie wird euch sagen, daß es mit dieser Zeitung wirklich ernst ist, sie kostet jährlich 8 fl. 6 kr., sie beginnt mit dem ersten April, und ist doch kein Aprilspaß.« – 〈. . .〉 Hören wir die Ankündiger der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r . »Was hättet ihr davon,« sagen sie mit einer liebenswürdigen Offenherzigkeit, »wenn wir sie anpriesen als ein großes Mittel zur Beförderung der Humanität, Aufklärung, Uebersetzung, Religion und Begeisterung, wollt ihr es aber, so zeigt es uns in einem gelesenen Blatte an, und wir versprechen promte Bedienung, denn das Dramatische ist besonders unser Augenmerk. Diese Anzeige soll eigentlich nur dienen, die ganz ernsthaften Leute stutzig zu machen, die Argwöhnischen wegen geheimer Verbindung in Verlegenheit zu setzen, die Aesthetiker aber zweifelhaft zu lassen, zu welcher Schule wir uns bekennen, über alle geht aber das Pflichtgebot des Absatzes, auf den wir allein mit Sicherheit treten und fortgehen können. – Pränumeriren ist besser als Subscribiren. – Sollte es verlangt werden, so lassen die edlen Herausgeber sich geneigt finden, die Namen der Pränumeranten jedem Blatt vorzudrucken. Wer die Zeitung nicht in f r a n k i r t e n Briefen abbestellt, d e m w i r d s i e z u g e s c h i c k t , u n d d e r m u ß s i e h a l t e n . Wer zehn Exemplare nimmt, darf gegen Erlegung der Einrückungsgebühren Aufsätze einschicken, Gegen-Bemerkungen zahlen das Doppelte, aber diese zu vermindern, machen wir im voraus bekannt, daß wir auch grob seyn können, wenn wir wollen.« »Um unserm I n s t i t u t e einiges Ansehen zu geben, nennen wir als unwillkührliche Mitarbeiter an unserer Zeitung durch Aufnahme alles Besten aus der ganzen Welt d e n F r e y m ü t h i g e n , das Morgenblatt, das Sonntagsblatt, den Anzeiger der D e u t s c h e n ; endlich damit die zarte weibliche Hand nicht vermißt werde, d i e m u s i k a l i s c h e Z e i t u n g , d i e Z e i t u n g f ü r d i e e l e g a n t e We l t und d i e Te u t o n a , und alle übrigen, die für Geld zu haben sind. Alles ist uns eins, und eins wird aus allem.« 〈. . .〉 H e i d e l b e r g beginnt die Aufmerksamkeit des gebildeten Theils der Be*) Siehe Morgenblatt Nro. 269 v.J. 700

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wohner Europas auf sich zu ziehen. Ein weiser Regent hat diesen Musensitz, einen der ältesten Deutschlands, aus seiner Verfallenheit in ein neues kräftiges Leben zurückgerufen. Hochherzige und patriotischgesinnte Staatsdiener, von dem Geiste des Landesvaters beseelt, unterstützen mit redlichem Eifer die Absichten ihres Fürsten. Die literarischen Erzeugnisse Heidelbergs verdienen also schon in dieser Beziehung in die Annalen der Zeit eingetragen, und mit kritischer Strenge gewürdigt zu werden. Daher haben wir uns verpflichtet gehalten, sogar die Ankündigungen zweyer zu gleicher Zeit beginnenden Heidelberger Zeitschriften umständlich, und zwar, um der Beurtheilung überhoben zu seyn, als Satz und Gegensatz mitzutheilen. Ueber den Inhalt der bisher erschienenen Blätter werden wir uns in unserm nächsten Blatte vernehmen lassen. F....... A..... Am

3. Mai, 1808 (Nr. 106, S. 421 f., mit dem Motto): Sucht nur die Menschen zu verwirren!/ Sie zu befriedigen, ist schwer. – –/ Direktor im Vo r s p i e l e z u G o e t h e ’ s F a u s t erschien eine Rezension der ersten fünf Nummern der ZfE: Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r . Heidelberg, bey Mohr und Zimmer. Mit dem Motto: »Alle gute Geister loben Gott den Herrn.« Alle gute Werke loben ihren Meister, und so mag denn diese Zeitung, die, laut der Ankündigung, »auf Befehl der großen Langenweile« unternommen wurde, ihren Ruhm selbst aussprechen. Daß nichts Neues unter der Sonne erscheint, hat schon der weise Salomo gesagt. In den 50ger Jahren, wenn wir nicht irren, des vorigen Jahrhunderts gab der durch seine Zeitung damals berühmte Advocat B a n d e l eine Zeitung in Versen heraus. So füllt auch das erste und zweyte Blatt dieser neuen Zeitung ein Gedicht, d e r f r e y e D i c h t e r g a r t e n überschrieben. – »Ein kranker König hält seinen Garten verschlossen; das Volk nimmt das sehr übel, sprengt die Thore des Gartens, dringt hinein, und im Getümmel wird der kranke König mit seinen Räthen zertreten, und das Volk ist – f r e y .« Die Anspielung ist klar genug. Die moderne Poesie hat der ältern den Hals gebrochen, und wer möchte darüber klagen? – Man höre nur einige von den jubelnden Stimmen, die sich hier erheben, und denke dabey noch, wenn man kann, an die verschollenen Namen von H a l l e r , K l e i s t , K l o p s t o c k , R a m l e r , H ö l t y , B ü r g e r , S c h i l l e r , W i e l a n d , Vo ß und – G o e t h e , mit dem es doch nun auch auf die Neige geht. 701

Kommentar

S. 5 und 6. Lieben und geliebt zu werden Lehrt ihr mich, ihr muntern Heerden, Wenn gehörnte Böcklein springen, Muß ich singen u. s. w. Liebend auch geliebt zu werden, Ach, wer trug da nicht Beschwerden, Seht die S t i e r e scharf sich drängen; Leichte Gänge! Streitend möchte ich für sie sterben, Für sie leben, sie erwerben. S. 8. Wenn des Frühlings Wachen ziehen, Lerche frisch die Trommel rührt, Ach, da möchte ich mitziehen, Ach, da werde ich leicht verführt! Handgeld, Druck und Kuß zu nehmen, Und ich kann mich gar nicht schämen. Wie die Waffen helle blinken, Helle Knospen brechen auf, Hohe Federbüsche winken, Die Kastanie hält was drauf, Blühen, duften, wehen, fallen, Und ich muß so lockend schallen. Wie gefährlich sind die Zeiten, Wenn die Bäume schlagen aus, Nachtigall schlag drauf bey Zeiten; Schießt Salat, und macht sich krauß, Kinder, ihr müßt ihn bestehen, Die im Grünen sich ergehen. S. 9.

Kritik. Ein recht Gemüth Springt mit den Nachtigallen Auf jede Blüth, 702

Entstehung

Und freuet sich an allen! Von diesem Zweig Will Jener einzeln schallen, Nicht allzugleich Wie Saat der Menschen wallen u. s. w. Es lebe das Reich der neuen Dichterfreyheit! In der dritten und vierten Nummer stehen Auszüge aus J e a n P a u l s F r i e d e n s p r e d i g t , welche nächstens im Druck erscheint, und von T i e c k s Be- Ver- oder Zerarbeitung des Heldenbuchs, die auch nach Erlösung vom Preßbengel seufzt, obgleich mit Unrecht, da wir von Berlin her eine korrekte Ausgabe des unvertieckten Originals zu erwarten haben. Zwischen die Friedenspredigt und das Heldenbuch hat sich näckischer Ausfall auf das Morgenblatt schamhaft versteckt. Wir wollen ihn da ruhen lassen in seinem Winkelchen. In Nro. 5 kommt abermals ein Stück vom neuen Heldenbuch, und der Anfang eines, so Gott will, durch das ganze Leben des Einsiedlers fortlaufenden Aufsatzes über den hörnerbegabten S i e g f r i e d und die N i e b e l u n g , vom Herrn Professor G ö r r e s . Man kennt die Manier dieses Kunstrichters bereits aus einer Rezension in den Heidelberger Jahrbüchern – welche wir bey dieser Gelegenheit zum abermaligen Nachlesen empfohlen haben wollen. In einer Note benachrichtigen die Herausgeber ihr Publikum, daß die ersten Nummern dieser Zeitung nächstens in Musik gesetzt erscheinen werden. Wir möchten rathen, damit fortzufahren, denn erst im Ton wird das Wort wieder lebendig, nachdem er vorher im Körper ans Papier gekreuzigt worden. Ein 15 Strophen langes Gedicht von Klemens B r e n t a n o dient zum Motto der fünften Nummer. Wir rühmen dieses Gedicht als ein treffliches Produkt der E n g e l m a n n s c h e n O f f i z i n , welche dasselbe, wie den langen Beginn des Aufsatzes des Hrn. Prof. G ö r r e s , durch eine neue Nompareil-Schrift trefflich ausgestattet hat. Weshalb diese augermüdende kleine Schrift gewählt worden, läßt sich nur aus einer Stelle in den nächstens erscheinenden, und in der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r bereits citirten S c h r i f t - P r o b e n (Heidelberg, bey Mohr und Zimmer) erklären. Die Stelle lautet, wie folgt: »Dich zartes, niedliches Nompareille, hab’ ich vor allen gewählt, in dir sollen sie wiedergeboren im Fleische werden: fügt euch zusammen, ihr leicht geschwänzten Gestalten, eine Seele will einkehren in euer Reich!« 703

Kommentar

In den Zitaten von Arnims Gedichten sind metrische Fehler. Dem Rezensenten entgeht der leichte Humor. Übrigens waren die Gedichte damals schon von Louise Reichardt vertont, d. h. durch die junge Generation bereits positiv rezipiert. Clemens Brentano charakterisiert Voß nach seiner Ankunft in Heidelberg in einem Brief an die Brüder Grimm (7. Mai; FBA 32, S. 63: Schon oft, ist es mir 〈. . .〉): Voß ist hier ein Gegenstand allgemeinen Haßes und Gelächters. Vor dem 9. Juni meinte er (FBA 32, S. 71: Vorgestern ist der Louis in 〈. . .〉): Voss ist beinah ganz toll vor Hoffart, kein Mensch

geht zu ihm, als eine bestimmte Hetze von vier biß fünf miserablen Schuften von getauften jüdischen Sprachmeistern und hipochondrischen Dozenten. Ein gewißer Zinserling, eine Art thüringer Geoffroy (soll jezt in Kassel sein) führte diese Klique an, Herr Reinbeck gehört auch dazu, es ist hier unter den Professoren eine solche Spannung, keiner kömmt zum Andern. Am 25. Mai, 1808 (Nr. 125, S. 500) wurde eine boshaft-verständnislose Besprechung von ZfE13 mit Mahler Müllers Golo und Genovefa in das Morgenblatt gesetzt: Notiz für Einsiedler. Der gute fromme Einsiedler scheint sich aus dem Jammerthal dieser bösen verderbten Welt je mehr und mehr zurückziehen zu wollen. Er ließ sein Evangelium erschallen, eine Stimme in der Wüste, und berief die Völker der Erde, sogar auch die Taugenichte und Tagediebe, die Blinden, Lahmen und Krüppel aller Art (siehe die Ankündigung der Einsiedler-Zeitung) zum Genuß seines köstlichen Seelenmanna; aber die entartete Menschheit wollte nicht an ihn glauben; sondern ärgerte sich an ihm: sie hat es also nun auch sich selbst zu danken, daß er neulich (Nr. 13 d. Z.f.E.) sein: Ade, du böse Welt! angestimmt, und mit heiliger Verachtung dem sündigen Publikum der weltlichen Journale den Rücken gekehrt hat, um wenigen Auserwählten zu predigen; denn Viele sind berufen, aber Wenige sind auserwählt. So scheidet eine gottesfürchtige Jungfrau, nachdem sie die Arglist und Tücke dieser Welt hat kennen gelernt, in andächtige Einsamkeit, um ihre letzten Lebenstage der Ehre Gottes zu widmen, und über die fleischlichen Lüste ihrer thierischen Nebenmenschen, mit denen sie sich nie befassen mochte, zu seufzen und zu schimpfen: Odi profanum vulgus et arceo! * Obige eingesandte Notiz fordert unsre Unpartheilichkeit zur Mittheilung des Folgenden auf, zum Beweise, wie weit die Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r um sich greift: 704

Entstehung

»Kauft und les’t!« gebieten Männer von Talenten. Ha, sie mögen wüten, Unsre Recensenten! – – So viel Eremiten, So viel Abonnenten! Am 8. Junius, 1808 (Nro. 137, S. 548) werden die Romantiker in folgendem Gedicht kritisiert:

Neueste Poesie. Man weiß, auf unsrer Erde kehrt, Was da gewesen, immer wieder; Auch auf dem Musenberge hört Man oft erneut die alten Lieder; Bald ist es hoher Barden-Schwung, Bald sind es kleine Tändeleyen; Man will des Lebens sich erfreuen, Und dann nur Gräber seh’n mit Young. Jetzt wimmert gar auf allen Wegen Ein frommes Völkchen uns entgegen; Es stellen sich von neuem ein Die alten K r e u z l u f t v ö g e l e i n .*) J.G.J. Brentano wird in ZfE26 am 29. Juni mit dem Ausdruck Kreuzluftsvögeleinsluftspringer (322,22) die groteske Formulierung noch überbieten. Am 14. Juni 1808 (Nr. 142, S. 567f.) steht eine weitere: N o t i z ü b e r d e n E i n s i e d l e r , die sich vermutlich auf eine Passage im Scherzenden Gemisch (ZfE7, 23.4., Sp. 51; 77,7–23) bezieht: Dem Einsiedler ist in seiner Zelle die Zeit lang geworden; (wer, zum Henker! conversirt auch gern mit seinen vier Wänden?) er hat also einen verzweifelten Entschluß gefaßt, um der Einsamkeit zu entgehen, einen Entschluß, den gewiß Niemand von ihm erwartet hätte. Was meinen wohl unsre Leser? was thut wohl ein Einsiedler, wenn er einen Haufen Menschen um sich versammeln will? Sie rathen umsonst! es ist ganz unmöglich, daß sie es errathen sollten. Er hat eine bunte Jacke angezogen, hat Kappe und Schelle angelegt, und ist in die erste beste Kneipe gegangen, wo er gar launige Streiche machen soll. Daß ein Einsiedler auf so etwas wohl verfallen könne, muß schon S c h a k e *) Ein Ausdruck aus einem vormals sehr bekannten mystischen Gesangbuche. 705

Kommentar

s p e a r e gewußt haben, der seinem Einsiedler J a q u e s , mit welchem der unsrige wirklich manche auffallende Aehnlichkeit hat, folgende Aeusserung in den Mund legt: »Scheckicht ist doch die beste Tracht! Ehrsüchtig bin ich nach einem bunten Rocke; es ist die einzige Kleidung, die mir anstehen wird. Daneben muß ich Freiheit haben, so viel Freiheit, wie der Wind, anzublasen, wen ich will u. s. w.« (S. Sch. Wie es Euch gefällt. E s c h e n b u r g ’ s Uebersetzung. Akt 2. Sc. 7.) Uebrigens will man wissen, unser Freund habe sein neugetragenes Kleid noch von alten Zeiten her liegen gehabt. Passen soll es ihm wie angegossen, und wenn auch seine Scherzreden viel Mysthisches und Unverständliches haben, welches ihm von dem Einsiedlerleben anklebt, so sollen doch allerley Kernspäße und Unfläthereyen, die von ihm ausgehen, und die man nicht gern genauer beschreibt, vorzüglich ihm selbst ein unstillbares Lachen erregen. – – – Unserer Sitte ist es gänzlich zuwider, lustigen Unterhaltungen dieser Art beyzuwohnen. Unsere Leser werden also auf fernere Nachrichten von dem Einsiedler wahrscheinlich Verzicht leisten müssen, denn wir sehen nicht ab, wo wir wieder mit ihm zusammentreffen sollten: Er ist entweder in der Zelle oder in der Kneipe, und an beyderley Orten pflegen wir uns nicht treffen zu lassen. – B – o. Am 30. Juni 1808 (Nr. 156, S. 623) prophezeite das

Morgenblatt: Rabiosi votum scriptum. (Wörtlich abgedruckt.) Konsorten! Hört, was mich erschreckt: Ach, unsre mystischklare Zeitung, Voll Minnesang und Fabeldeutung, Dem Mittelalter nachgeheckt, Sie ging, statt ander’n vorzuschreiten, Den Krebsgang, den vermaledeiten. Dahin ist Lucrum und Respekt. Mein Schoßkind seh’n wir ohne Zweifel Bald sterben, und uns arme Teufel Zum Deficit noch schwer geneckt. – – Auf! – Pasquillirt und sprudelt Zoten! Dann wird das kühne Blatt v e r b o t e n , Und unsre Ehre bleibt gedeckt. 706

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Am 4. Juli 1808 (Nr. 159, S. 633f., Fortsetzung Nr. 160, S. 639f.) erschien eine Rezension von Görres’ S c h r i f t p r o b e n von P e t e r H a m m e r . 1808. Der Rezensent (nach Fischer 2000, S. 364, war es Michaelis) bezeichnet das Buch als wahnsinnig. Im Intelligenz-Blatt zum Morgenblatte für gebildete Stände 1808. Nro. 12. (5. Juli 1808, S. 45) findet sich die Anzeige unter Neue deutsche Bücher: Zeitung für Einsiedler, 1808. April bis Dec. 4. Heidelberg, Mohr und Zimmer. 3 Rhthr. 9 Gr. Zimmer hoffte also noch auf eine längere Fortsetzung. Ab dem 11. August 1808 (weiter 12. August, 1808; 13. August, 1808, Nr. 192, S. 765f.; Nr. 193, S. 770f.; Nr. 194, S. 774–776) wurde das satirische antiromantische Büchlein rezensiert, das vermutlich von Aloys Schreiber mit Heinrich Voß zusammengeschrieben wurde: C o m o e d i a d i v i n a mit d r e y Vorreden von P e t e r H a m m e r 〈Görres〉, J e a n P a u l und dem

Herausgeber. 〈. . .〉 Vorreden. Die e r s t e von P e t e r H a m m e r alias G ö r r e s enthält einige Stellen aus den berühmten S c h r i f t p r o b e n , welche die Leser des Morgenblattes aus der Anzeige derselben Nr. 159 bereits kennen. – Die z w e y t e , eine fragmentarische Vorrede, ist aus J e a n P a u l ’ s d r e y Vo r l e s u n g e n i n L e i p z i g entlehnt. (S. 765) Diese ungemein geist- und inhaltreichen d r i t t e Vo r r e d e ist unterzeichnet W. G. H. Gotthardt. (S. 766) 〈. . .〉 Jupiter und Merkur begeben sich aber einstweilen in die Wohnung des Hrn. H o r n w u n d e r , angelockt von seinem ausgehängtem Schilde, auf welchem er seine Dienste in allen Arten von Schriftstellerey feilbietet. Wirklich hat Hr. H o r n w u n d e r Vorrath aller Art. Er hält die Fremden für Gevatterleute, d. h. für Buchhändler, die Büchertitel in Petto haben, und für die Namen Kinder suchen, denen sie solche geben könnten. Das ächt L u c i a n ische Gespräch zwischen den Göttern und dem Dachstube-Bewohner erleidet keinen Auszug – so wie die hochkomische Scene, welche das Erscheinen eines wirklichen Buchhändlers veranlaßt, im Buche selbst nachgelesen werden muß, – dem hier im Einzelnen, wie überall in seinem ganzen Inhalte, der Stempel der Genialität aufgedrückt ist (S. 770f.) Es folgen Zitate aus Görres’ Aphorismen über die Kunst (S. 771) sowie ein satirisches religiöses Spiel über Adam und Eva. Im N a c h s p i e l e zu dem Sündenfalle hat der Verf. ein Kunststück geliefert, deßgleichen bis jetzt sogar noch kein Romanritter gewagt. Es ist nämlich dieses Nachspiel ein dramatisches Gedicht in Sonetten. H a n s w u r s t , E g i d i o und L a u r a , d e r Te u f e l a l s E i n s i e d l e r , d e r g e h e i m e R a t h , d e r N a c h t w ä c h t e r und ein u n s i c h t b a r e s C h o r sind die handelnden Personen, die sich in klingender Form 707

Kommentar

vernehmen lassen. Unter diesen Personen zeichnet sich der Teufel sehr vorteilhaft aus; er ist in der That eine sehr aufrichtiggesinnte Person. E g i d i o fragt: »Wie kommst du, Teufel, in die Kutte ’nein?« D e r Te u f e l . »Der Mensch wird Koth, und Streusand wird der Stein; Wer jung getollt, der lernt im Alter beten.« Quand le diable devient vieux, il se fait hermite,« sagt längst ein französisches Sprüchwort, das in Frankreich gäng und gäbe ist, und die Einsiedler daselbst in schlimmen Ruf gebracht haben soll. Das scheinen sich unsre deutschen Einsiedler gemerkt, und, um ihre gefährdete Reputation zu sichern, zu der frommen List ihre Zuflucht genommen zu haben, auf den Teufel recht tapfer zu schimpfen. Leider aber hat die im Argen versunkene Welt diese fromme Absicht so ganz und gar verkannt, daß sie in diesem Schimpfen nichts als die Gährung des alten Sauerteiges wahrnehmen will. Der Teufel, welcher in unserm Nachspiele auftritt, hat, wie es scheint, diese verunglückte EinsiedlerOperation zur Nutz-Anwendung gebracht, indem er erklärt: »Von mir geworfen hab’ ich List und Hohn, / Sonst konnt’ ich ja die Kutte mir ersparen;« wie gesagt, dieser Teufel als Einsiedler ist ein ganz wackerer Gesell 〈. . .〉 (S. 775). Des D i c h t e r s K ü c h e n g a r t e n beschließt die neue göttliche Comödie. 〈. . .〉 Der Garten ist in S ü d d u f t an- und mit bunten S t e i n e n und G l a s s c h e r b e n ausgelegt; die Beete sind bepflanzt mit K l a t s c h r o s e n , To d t e n b l u m e n und M o h n k ö p f e n ; S o n e t t e n k l a n g erfüllt die Luft. Doch finden sich auch Gewächse da, denen der Name noch fehlt; eins sogar auf den Kopf gestellt, und doch in blühender Wohlgestalt. 〈. . .〉 Aus einem gewissen Journale, wie aus eines gewissen Dichters genialem Werke, hat der sinnvolle Gärtner F r ü h l i n g s b l u m e n geholt, und, um den Glanz der aus denselben stralenden Lichter zu verdoppeln, ihnen einen Spiegel gegenübergestellt, in welchem man mittelst eines romantischen Wunders nicht bloß die Blumen, sondern auch ihre Schöpfer belebt und beleibt erblickt. Wer es trifft, dieses Kunstwerk aus dem gehörigen Standpunkte zu betrachten, der sieht zugleich Engelein mit Posaunen, aus welchen Töne hervorgehen, die, wie der geniale Verf. der S c h r i f t p r o b e n sich ausdrücken würde, zu g e s c h w ä n z t e n G e s t a l t e n gerinnen, oder, wie wir in unsrer einfältigen deutschen Sprache sagen, Buchstaben werden 〈. . .〉 (S. 776). Vgl. Ziolkowski 2009, S. 161–169. 708

Entstehung

Der Aufsatz ist vor allem gegen Görres gerichtet, der damals als wichtigster Hg. der ZfE vermutet wurde. Am 1. October 1808 (Nr. 236, S. 944) erschien die hämische

To d e s a n z e i g e . Ach unser Schmerz stöhnt in gewohnten Weisen, Die S i e d l e r z e i t u n g hat der Tod entnommen! Schon zwanzig Freyer waren angekommen,*) Umsonst, sie mußte in den Rasen beißen. Zwar wollte uns der Arzt noch Trost verheißen, Als der Sonette neunzig ihr entschwommen; Doch mocht’ sie nicht mehr zu sich selber kommen, Des Käses Maden werden sie nun speisen. S o n e t t und Schwesterchen sind nicht zu trösten,**) Es tönt ihr Schmerz wie Schellen an dem Schlitten, Weil Mütterchen so früh schon mußte sterben; Am Trübsalfeuer wird der Gram sie rösten. Das Beyleid müssen wir frankirt erbitten, Der Heimgegangnen tiefgebeugte Erben. Die Beylage der ZfE erschien später als angekündigt (ZfE26, 29. Juli, Sp. 207/208; 326,1–13) wegen Arnims satirischer Überarbeitung des Sonettenkranzes und Görres’ Satire Des Dichters Krönung, daher als Abschluß. – Frankirt bezieht sich auf die Ankündigung der ZfE im Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt. Auch Görres’ letzter Beitrag in der ZfE wird noch kritisiert (Nr. 21, S. 81, liegt bei Nro. 241. 7. Oktober 1808):

Anzeige. Herr Jakob G ö r r e s , Professor in Koblenz und Privatdocent in Heidelberg, geberdet sich in einer Beylage zu der eben entschlafnen Einsiedlerzeitung gar jämmerlich gegen die C o m o e d i a d i v i n a . Mir fiel dabey aus meinen ABC-Jahren das Sprüchlein ein: Gar grimmig ist der alte Bär, Wenn er vom Honigbaum kommt her,

*) Die Einsiedlerzeitung hatte bereits 20 Abonnenten. **) Die letzten Blätter enthalten in 90 Sonetten die Liebesgedichte S o n e t t ’s und des Fräulein S o n e t t e . 709

Kommentar

welches mein Schulmeister auf folgende Weisen zu erklären pflegte: Der Bär zeige keinen Grimm des genossenen Honigs wegen, sondern weil ihn die Bienen ein wenig bestachelten, sobald er seine Schnauze ungebeten in die Baumhöhlung stecke. Darum ist auch dem Herrn Jakob Görres seine Galle zu verzeihen, und um so mehr, weil er in dem Epilog seines Karrnspiels 〈lies: Narrnspiels〉 als Hanswurst versichert: er hab’ ein Herz wie Butter und ein fast kindisches Gemüth, sey auch gekämmt und gebürstet trotz Einem, aber wenn man ihm mit gewissen Dingen komme, so verstehe er keinen Spaß, alsdann sey er zweyschneidig und erbarmungslos, und zerreissend und zerrissen, und wisse auch sein Blasrohr zu brauchen, ob er gleich bis jetzt aus purer Humanität nichts geschossen, als hier und da einen Bock. Da inzwischen die unschuldige Einsiedlerzeitung bis zu ihrem seligen Ende von Niemanden gelesen worden, als von den Herrn Verfassern und ihren lieben Angehörigen, so halte ich es für Schuldigkeit, das deutsche Publikum in dieser sparsamen Zeit auf diesen sanscülottischen Burzelbaum aufmerksam zu machen, und zugleich die Versicherung zu geben, daß Herr Jakob Görres und Konsorten über den Verfasser der C o m o e d i a d i v i n a auf ganz falscher Fährte seyen, und daß ihnen die Witterung gänzlich fehle, so gut sie es auch verstehen mögen, ein Kalb oder ein Schaaf zu stellen. Um so schändlicher aber sind ihre Ausfälle gegen einen Mann, dem sie nicht werth sind die Schuhe zu putzen. Auf die fernern Drohungen des Herrn Görres hat der Verf. der besagten Comödie, die freylich eher Höllenstein als Rosenwasser ist, nur so viel zu erwiedern, daß er noch Salzes genug im Vorrath habe, um in anima vili das Experiment des Zappelns hervorzubringen. Auch wird nächstens als Nachtrag zur göttlichen Comödie erscheinen: Die rothe Mütze an Peter Hammer, eine Heroide. Der Verfasser der Comoedia divina. Der Verfasser, Aloys Schreiber, gibt eine Verteidigung des angeblich unschuldigen Voß. Sein Angriff auf Görres – mit falschem Vornamen! – enthält einen Seitenhieb auf dessen revolutionäre Vergangenheit. Am 17. November 1808 (Nr. 276, S. 1103 f.) wird das Erscheinen der ZfE als Buch kommentiert:

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Entstehung

Tr ö s t E i n s a m k e i t .*) Ein neues Wunder sey von uns gepriesen! Der fromme Siedler war des Tods verblichen, Und, als Sonett, die Seele ihm entwichen, Schon wollt’ sich ihm das dunkle Grab erschließen: Da hat die Mystik ihre Macht erwiesen, Mit ihrem Wort, wie von Tarantelstichen, War schnell der Tod von seiner Stirn entwichen, Und Einsamkeit konnt’ er sich neu erkiesen. Tröst Einsamkeit, so heißt das hohe Wort, Und herrlich mag er nun im Staube wallen, Und singen, klingen, daß die Saiten springen. Zwar einmal muß er freylich wieder fort, Doch bis ihm einst des Himmels Hörner schallen, Mag er sich doch ein christlich Grab ersingen. Beytrag zu Jung’s Geisterkunde. Nach J a c o b - B ö h m i s c h e r Deutung Muß die arme E i n s i e d l e r - Z e i t u n g Zur Strafe so vieler Sünden Im Aetzen, Reimen und Drucken Noch als Tr ö s t - E i n s a m k e i t spucken, Ach, nirgends Erlösung finden, Und mit Wehklagen und Zucken Trostlos noch Einmal verschwinden!! Danach werden die Romantiker förmlich verscheucht (Nro. vember, 1808, S. 1120):

Moralis. 280. 22. No-

Apolls Edikt. Ich gebiete langmutvoll, Daß der neue Klingklangtroß Ewiglich verbannt seyn soll Vom Parnaß und meinem Schloß’.

*) Tröst Einsamkeit ist der Titel der eingegangenen Einsiedlerzeitung, die jetzt als ein besonderes Werk verkauft wird. 711

Kommentar

Unterschrieben: G o t t A p o l l . Weiter unten: Vo ß . Der Verleger Cotta hatte jedoch Anstoß an der Polemik in seiner Zeitung genommen, so daß sich Georg Reinbeck rechtfertigte. Am 19. Juni 1808 schrieb er ihm: Die Ankündigung der Zeit. f. Eins. und ihre Erschei-

nung selbst ist nun gar kein unbedeutendes Ereigniß, denn daß man so dreist mit den gemeinsten Plattheiten und dem größten TollhäuslerUnsinn vor dem Publikum aufzutreten wagt, ist doch wohl ein sehr auffallendes Zeichen der Zeit. »Am 26. 6. 1808 schlug er Cotta gar vor, sich bei der badischen Regierung über die ZE zu beschweren und außerdem gerichtlich gegen sie vorzugehen. 〈. . .〉 Selbst in dem bei Cotta verlegten, Ende 1808 erschienenen Karten-Almanach für das Jahr 1808 werden Arnim und die ZE satirisch dargestellt 〈. . .〉. Aus dem Brief Reinbecks an Cotta vom 4. 12. 1808 ergibt sich, daß der erstere die Beschreibung der KaroSieben verfaßt hat.« (Werke VI, S. 1163f., nach Handschriften im Cotta Archiv im DLA.)

Die Sonett-Rezension von Voß in der

JALZ

Beginnend mit dem 1. Juni 1808, erschien von Voß in der JALZ eine Rezension von Bürgers Sonetten, in der er sich grundlegend mit dieser Form auseinandersetzt und sie satirisch bekämpft:

JENAISCHE ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG/ VOM JAHRE 1808. 5. Jg., 2. Bd.: April, May, Junius/ Jena, Leipzig/ Nr. 128. 1. Juni 1808, Sp. 409–416; Nr. 129, 2. Juni 1808, Sp. 417–424; Nr. 130, 3. Juni 1808, Sp. 425–432; Nr. 131, 4. Juni 1808, Sp. 433–440: SPRACHE

UND DICHTKUNST./ Göttingen, b. Dieterich: G . A . B ü r g e r s Sonnette, in den letzten Ausgaben der Bürgerschen Gedichte. 1789, 1796 und 1803. Voß kommt zunächst auf die ersten deutschsprachigen Sonette im Barock zu sprechen, um gleich satirisch zu werden: Seit 18 Jahren, da B ü r g e r seine Sonnette ausfertigte, betäubt uns von neuem ein noch immer zunehmendes Pinkepank, wobey mancher den Kopf schüttelt, indess ein anderer wie nach Sphärenmusik aufhorcht. Wir wollen stracks vor die rechte Schmiede gehen, und erforschen, was mit dem erneueten Sonnet uns geworden sey. Gewannen wir eine durch zweckmässigen Verhalt einladende Form, worin ungezwängt der freudige Gedanke, wie in achilleı¨scher Götterrüstung, sich regt, und, als höben ihn Fittige, einherschwebt? Oder, wofern statt eines freyen Gedanken712

Entstehung

schwungs nur ein steifmodischer Schritt nach gemessener Klangweise beschieden ward, gab wenigstens der Sprache die gebotene Anstrengung, wie dem Demosthenes der Kiesel im Munde, einen geschmeidigeren Vortrag und aushallende Vieltönigkeit? Schon diese rhetorischen Fragen zeigen die Antike als Vorbild. Für die Übernahme einer älteren Form fordert Voß: Eine gegebene Form nachbilden, ehe das Woher und Wozu

uns einleuchtete, ehe die Anordnung als nothwendig und schön dem Verstande und dem innigsten Gefühle sich empfahl: ist knechtische Nachäfferey. Wer den Hexameter oder den Senar in allen Regungen und Schwüngen, wer die vielfachen Tänze lyrischer Versarten bey Alten und Neueren, oder den stolzen Gang der achtzeiligen Stanze, sich aneignen will: der muss in die Uranlage der rhythmischen Periode, in die Seele des lebendigen Kunsterzeugnisses, gedrungen seyn; der muss im Ganzen und im Einzelnen des Baues mit Leichtigkeit und Lust schalten, und sich sagen können: Ich selbst hätte so und nicht anders gebaut. Gehst du ohne Licht und Wärme der ersten Erfindung an das Werk; so wirst du, mit aller anscheinenden Regelmässigkeit, einen geistlosen hölzernen Vers schaffen. Ob wohl dem Sonnet einer so hell auf den Grund sehen mag, dass, wäre es nicht erfunden, er selbst es zu erfinden, und mit unwiderstehlicher Lebenskraft zu beseelen, sich zutrauete? Gestrebt habe ich, wie irgend ein anderer, nach dem Inneren der Verskunst, und in allen mir verständlichen Völkerzungen die allgültigen Elemente der rhythmischen Zeichensprache bis zu den Urquellen des Menschengefühls verfolgt; man schmeichelt mir, dass einige Versuche, den Naturlaut wohlgemessener Harmonie aus dem Herzen zu sprechen, nicht völlig mislungen seyn. Warum aber, und zu welchem Zwecke, das Sonnet gerade zweymal vier Zeilen mit zwey Reimen von bestimmter Verschränkung, und gerade zweymal drey mit zwey oder drey wollkührlich gehäuften und verschränkten, an einander gefügt verlange: das blieb bey der leisesten Aufmerksamkeit meinen Sinnen so unvernehmlich, wie die mystische Zahl jenes Thiers in der Offenbarung. Das Wort Sonnet stammt von Son, welches im Provenzalischen, auch im Altfranzösischen und Italienischen, Gesang bedeutete; wie sonner und sonare, singen, und in Melodie setzen. 〈. . .〉 Nach Italien ward die üblichste Sonnetform in der Mitte des dreyzehten Jahrhunderts von G u i d o n e d ’ A r e z z o , dem angeblichen Erfinder, gebracht, und spielte durch viel erkünstelte Abarten umher; bis sie im vierzehnten Jahrhundert von P e t r a r k a , der unter anderen Reimkünsten der Zeit sogar die Sestinen nicht verschmähete, gesetzliche 713

Kommentar

Stetigkeit und eine mehr als modische Dauer empfing. Frankreich ward des Modegereims bald überdrüssig; erst im sechszehnten Jahrhundert kam das Sonnet aus Italien zurück, und sank zu einem Reimspiele der Höflinge, Sonnet en bout-rime´s, oder en blanc, welches mit Spott und Geringschätzung endigte. Ununterbrochenes Gedeihn fand das Sonnet in Italiens volltönender und reimreicher Sprache, und desto üppigeres, da dort zu einem fehllosen Sonnette, zwar auch Tugenden der Poesie und des Ausdrucks, aber vorzüglich wohlklingende Laute in gefälliger Abwechselung verlangt werden. Voß kommt auf die deutschen Barockdichter zu sprechen, Opitz erklärt den Namen im Französischen: »〈. . .〉 als dieweil sonner klingen und wiederschallen, und S o n n e t t e eine Klingel oder Schelle heisst, diss Gedicht vielleicht von wegen seiner hin und wieder geschrenkten Reime, die fast einen andern Laut, als die gemeinen, von sich geben, also sey getauffet worden. Und bestetigen mich in dieser Meinung etzliche Holländer, die dergleichen Carmina auff ihre Sprache K l i n g g e d i c h t e heissen: welches Wort auch bey uns kan auffgebracht werden; wiewol es mir nicht gefallen wil.« Diesen so hingeworfenen Vorschlag genehmigte O p i z e n s Freund, We c k h e r l i n , in der zweyten Ausgabe seiner Gedichte 1641, wo er ein fremdes K l i n g - G e d i c h t e mit der Jahrzahl 1638, und von sich selbst »Etliche Sonnet oder Kling-geseng« ausstellete. Nunmehr konnte auch der jugendliche F i l i p Z e s e n dem lockenden Silbertone der reinen Deutschheit nicht widerstehn. Er, der im deutschen Helicon die Opizische Dolmetschung K l i n g g e t i c h t e den Erklärungen S o n e t t , so hübsch, und S o n n e t , hübscher Klang, vorzog: hatte gleichwohl selbst in des Helicons zweyter Ausgabe von 1641, durchaus den Nahmen S o n n e t behalten. Diese Übersetzungen spielen auch in Vossens Sonettenkrieg mit den Romantikern eine Rolle. Schließlich kommt er auf Bürger zu sprechen: Unserem B ü r g e r scheint das Sonnet, wie es jetzo

ist, eine sehr bequeme Form, um allerley poetischen Stoff von kleinerem Umfange, womit man sonst nichts anzufangen wisse, auf eine sehr gefällige Art an den Mann zu bringen: ein gleich passendes Kleid für Lyrisches und Didaktisches, ein schicklicher Rahm um kleine Gemälde, eine artige Einfassung zu allerley Bescherungen für Freunde und Freundinnen. Was das für poetischer Stoff seyn mag, mit welchem man, ohne geliehene, überall anwendbare Form, nichts anzufangen weiss! Ein poetischer Stoff, der nicht selbst, wie ein lebendiger Keim, seine natürliche Gestalt entwickelt; der, um gefällig zu seyn, in eine phantastische Modeform, wie dem tändelnden Kunstgärtner eine 714

Entstehung

Gurke, sich zwängen oder ausdehnen muss! Kann eine künstliche Reimform etwas an sich ungefälliges an den Mann bringen; dann ist für die Reimschmiede gesorgt. Sie dürfen nur, was ihnen merkwürdig dünkt, Beschreibung, witzelnden Gegensatz, traumbildernde Scheinweisheit und Scheinheiligkeit, mönchische Legende und Psalmodie, ja, wenn sie wollen, Frachtbrief und Dintenrecept, in die Sonnetmache nehmen. In der That, den gesammten Stoff der B ü r g e r ’schen Sonnette, etwa die komisch ernsthafte Schnurre an den jungen Aar ausgenommen, hätte früher der kraftvolle Lenorendichter schwerlich für poetischen angesehn. Die letzte Spitze richtet sich gegen August Wilhelm Schlegel, den Bürger in einem Sonett mit einem Adler verglichen hatte, was Voß erbittern mußte, denn er hatte die Kritik des jungen Romantikers nicht verziehen. – Voß geht nun genauer auf die Form und ihre Forderungen an Reimwiederholungen ein:

Das heutige Sonnet ist eine grillenhafte Reimkünsteley, worin den Gedanken, ich will nicht sagen, für den Geniusflug zu kräftigen, sondern nur nicht zu verkrüppeln, auch der sinnvollste und gewandteste Metriker schwer findet. Und dieser undankbaren Mühseligkeit soll der Deutsche sich unterziehn, dem seine Ursprache, was allen romantischen Bastardinnen verboten ist, in den geisthebenden Künsten der mannigfaltigsten rhythmischen Bewegung Wettstreit mit den Griechen erlaubt? Er überlasse dem Italiener, für die weichliche Einförmigkeit seiner Wortsüsse durch Spiele des Klangs und des Reimgeklingels sich zu entschädigen. Zum dichterischen Wohlklang meint er: Der Wohlklang fodert, dass mannigfaltige und nicht allzu ungleich vertheilte Laute, einfache und doppelte, von mannigfaltigen Konsonanten jedes Organs, einfachen und wohlverbundenen, in klar austönende Silben begrenzt werden, und weder entblösst einander angähnen, noch überhäuft in Rauhigkeit sich verstimmen. Vor beiderley Untugenden hatten die Griechen und Römer, die nach klassischer Vollkommenheit strebten, sich vorzusehn. 〈. . .〉 Unsere Sprache (die gut gesprochene meinen wir) darf in Mannigfaltigkeit der Vokale, da sie ihren a, e, i, o, u, die bald voll ( d a , s a h n ), bald gebrochen ( h a ! d a n n ) lauten, noch die Mittellaute ä, ö, ü, und die doppelten e i ( a i ), a u , e u ( ä u ), und einige o i und u i zufügt, sich nahe an die griechische hinstellen. Wenigstens weit über die italienische, die ausser den fünf Hauptvokalen nur den einzigen Doppellaut u o hat: denn in u a , u e , u i , vor g und q ist u ein w, wie in unserem Q u e l l e ; i vor a, e, o, u ist ein halbes Jot, 715

Kommentar

wie in L i l j e ; und a i , a u , e u werden so wenig, als a e , a o , e o , in einen gemischten Laut verbunden. Mit der Vertheilung unserer Laute können wir, was die vorschallenden Längen und Mittelzeiten betrifft, zufrieden seyn, mehr als die Italiener, deren u kaum ein Zwölftheil der Vokalsumme empfängt; in den Kürzen verstatteten wir dem e ein ungebührliches Übergewicht, wovon in der Folge die Rede seyn wird. Jedenfalls ist hier zu merken, daß Voß die italienische Aussprache nicht kannte, sondern die Sprache so wie das Deutsche las. Die Kritik schildert die Fakten so, wie es dem Verf. gerade paßt. Aus dieser Art Polemik seien Zitate herausgehoben, die den Romantikern Angriffspunkte für ihren Spott gaben. Über Bürger meint Voß:

Schon in den Hebungen des Verses, die am merklichsten sogar Achtlosen ins Gehör schallen, vernehmen wir allerley durch sorglose Wortfügung verschuldete Mistöne. Z.B. anhaltendes Gepiep, ohne dass etwas spielendes gemalt werden soll: We i l d i e s e d i r g e b r i c h t , d a s s L i e b e d i c h 〈. . .〉. 〈. . .〉 Selbst die Reime, deren vorschallender und oft wiederkehrender Laut am sorgfältigsten gewählt werden muss, sind in diesen auf Klang berechneten Sonnetten häufig ein Spiel des Zufalls. Von dem, was hierüber zu sagen ist, wollen wir jetzo nur verunglückte Hebungen ausmerken: wie gleich im ersten Sonnet ein viermaliges i c h t uns ankeicht; wie im zweyten das winzige i siebenmal piept und zirpt; wie eben so oft im dritten das breite e i mit drey ö, wozu S e h n e n gefügt wird, und drey lispelnden i s t , einherleyert; wie im fünften bey lauter dünntönigem i und e plötzlich ein S c h e r z mit S c h m e r z uns entgegen schnarrt; wie im sechsten sechsmal a u , im achten sogar achtmal u, Grauen und Unruhe bringt. Zur Suche nach klangvollen unbetonten Silben merkt er an: Man überdenke das Gewimmel der Einsilbler, die mit allen Vokalen fast alle wohllautend, vermöge ihres untergeordneten Begriffs, die Mitte zwischen Länge und Kürze halten, durch Fügung aber und Takt entweder lang oder kurz werden: Wörtlein, wie i c h , d u , s i e , w i r , e u c h , w a s , m a n , m e i n , zwo, viel, all, voll, kein, halb, bin, sind, war, hat, ward, kann, soll, muss, mag, wie, als, da, dann, wann, so, wo, nun, nur, schon, kaum, wohl, zwar, an, auf, bey, bis, für, in, mit, ohn’, un, samt, um, von, vor, nach, zu, und, auch, j a , g a r , d a s s , w e i l , o b 〈. . .〉. Über die Zäsuren bei Bürger urteilt Voß u. a.: Noch ermüdender wird dieses Einerley bey der Einförmigkeit des Abschnittes nach der zweyten Länge, den die jambischen Sonnette durchaus, die trochäischen zu häufig haben. Oft macht auch die vierte 716

Entstehung

Länge einen Halt, dass zwey Doppeljamben nach einander gehört werden: Nicht selten hüpft, dem Finken gleich im Haine. Welcher trotzige Doppelschritt sich in diesem Sonnette nicht weniger als zehnmal aufdrängt. Solch ein lästiges Triptrap unterbrechen zu sparsam flüchtige Längen gehobener Kürzen und Mittelzeiten 〈. . .〉. Voß schließt seine Kritik mit einer Parodie:

So weit blieb B ü r g e r von den Erfordernissen eines richtigen Sonnettes zurück. Und wenn er alles gethan hätte, was die Sonnetregel befiehlt; so musste sein besserer Geist ihm sagen: Du unnützer Knecht, warum hast du unter ein so willkührliches Gesetz dich geschmiegt, und die freye Kunst des Gesanges entwürdiget? Aber wenn ich der Anwendung des B ü r g e r ’schen Wortes: Er spricht vom Sonnet, wie der Fuchs von den Trauben! mich entziehn, und meinen Beweisen Gehör schaffen will; so muss ich schon selbst einmal den fesselnden Schellen mich hergeben. Wohlan! es gelte, dass, wie von Kunst nur der Künstler, von Kunstmacherey nur der Kunstmacher urtheilen dürfe. Hört denn, andächtige Kunstjüngerlein, was ihr noch nie hörtet, den Wunderklang meiner überkünstlichen K L I N G S O N AT E . I. Grave. Mit PrallHall Sprüht SüdTralLalLied. KlingKlang Singt; SingSang Klingt. II. S c h e r z a n d o . Aus Moor717

Kommentar

Gewimmel Und Schimmel Hervor Dringt, Chor, Dein BimmelGetümmel Ins Ohr. O Höre Mein kleines Sonett. Auf Ehre! Klingt deines So nett? III. M a e s t o s o . Was singelt ihr und klingelt im Sonetto, Als hätt’ im Flug’ euch grade von Toskana Geführt zur heimatlichen Tramontana Ein kindlich Englein, zart wie Amoretto? Auf, Klingler, hört von mir ein andres detto! Klangvoll entsteigt mir ächtem Sohn von Mana Geläut der pomphaft hallenden Kampana, Das summend wallt zum Elfenminuetto! Mein Haupt, des Siegers! krönt mit Ros’ und Lilie Des Rhythmos und des Wohlklangs holde Charis, Achtlos, o Kindlein, eures Larifari’s! Euch kühl’ ein Kranz hellgrüner Petersilie! Von schwülem Anhauch ward euch das Gemüt heiss, Und fiebert, ach! in unheilbarem Südschweiss! Jacob Grimm äußerte sich als einer der ersten zu diesem Aufsatz gegenüber Savigny (Kassel, 13. Juni 1808; Schoof 1953, S. 52): Voß hat eben eine

abscheulich hochmütige Abhandlung über die Sonnette in die Jenaische Literaturzeitung einrücken lassen, wozu er den Anlaß an Bürgers Sonnetten genommen hat. Sie können denken, daß er sich blos an die Form hängt, und in der Tat langweilig und inconsequent redet er davon, das Beste ist einige Vergleichungen zwischen dem Deutschen, Griechischen und Italienischen, die aber eben so gut an jedem anderen Ort stehen könnten. 718

Entstehung

Ricklefs meint dazu: »Der Heidelberger Literaturstreit entwickelte sich aus Interessen, die für Johann Heinrich Voß wesentlich waren und das künstlichste der ,Romanischen Versmaße’, damit Vossens Prosodie betrafen, die Zeitmessung der deutschen Sprache (1802), damit den postulierten Gegensatz zwischen dem deutsch-griechischen Sprach- und Dichtungsverständnis und den prosodischen Verhältnissen in den romanischen ,Mischsprachen’. Das Sonett wurde zum Thema, es transportierte und barg all die Gegensätzlichkeiten, bis hin zum konfessionellen, die sich in den Auseinandersetzungen entfalteten.« (Ricklefs 2008, S. 348f.) Nach dem Ende der ZfE schrieb Achim von Arnim an Joseph Görres (Heidelberg, 22. Oktober 1808; Görres-Briefe 2, S. 35) in Bezug auf Görres’ Voß-Satire Des Dichters Krönung (525,21–22 und 529,35): Ich lege ein

Exemplar der Trösteinsamkeit bei, da Sie meines Wissens kein vollständiges besitzen. Die beiden Chöre: »Doch sprechen sie von Päpsten und von geheimen Vätern; frisch trommelt auf den Tisch!« und jenes andere: »Das sind nur dumme Jungen«, haben allgemein gefallen. Neulich traf ich mich mit dem alten Garndieb im Concert; er war von seinen Adjutanten umgeben, er hatte aber viel böses Gewissen. Drei Wochen später äußerte Arnim gegenüber Görres (Heidelberg, 10. November 1808; Görres-Briefe 2, S. 38): In ein paar Tagen sehe ich diese röthlichen Berge nicht mehr 〈. . .〉, und Voß, Schreiber und der Jude 〈Michaelis〉

möchten mit gebogenen Knieen um Verzeihung bitten, ich zeigte ihnen doch den Rücken. Es folgten aber noch Vossens Rezension des Wh und Arnims und Brentanos Entgegnungen (vgl. die Texte in: FBA 8 und 9/3). Arnim erklärte sich in seinem ersten öffentlichen Brief An Hn. Hofrath Voss in Heidelberg (JALZ, Intelligenzblatt, Nr. 3, 6. Januar 1809, Sp. 22–24) in Bezug auf die ZfE (FBA 8, S. 359f.; vgl. FBA 9/3, S. 665–678), indem er sich zunächst gegen die Parodien von Voß wendet: Ueber Ihre Parodieen ehr-

würdiger Kirchengesänge 〈. . .〉 liesse sich wohl ein ernsthaftes Wort sagen, meinetwegen mögen Sie die Ehre der Mitlebenden nicht achten, aber scheuen Sie sich wenigstens, alte Lieder, die durch einen heiligen Gebrauch (selbst wenn sie nicht nach Ihrem Geschmacke sind) tausend Unglücklichen in einer bedrängten Zeit Trost und Kraft verliehen, durch witzlose Parodieen zu schänden, wozu Sie noch obenein den Stoff aus einer in höherem Sinne gedachten Satyre meines Freundes G ö r r e s (Tröst-Einsamkeit, Umschlag zum Mayheft) entnehmen und verderben mussten 〈. . .〉. Aber diess sowohl, wie die Vorwürfe gegen eine geachtete heidelberger Censurbehörde, namentlich gegen Hn. H. We d e k i n d 〈. . .〉 erinneren treffend an den edlen Finkenritter, so lä719

Kommentar

cherlich verdreht ist alles darin. – Habe ich Ihnen das nicht alles in der Sonetten Geschichte und in der Vorrede zur Tröst-Einsamkeit voraus gesagt, was Sie thun würden, denken Sie an die Todtensonette im Morgenblatt, 〈. . .〉 es musste alles so kommen, um Sie ganz zu entlarven und unschädlich zu machen 〈. . .〉. Clemens Brentano drückte sich in der dann allerdings nicht publizierten ersten Fassung seiner Entgegnung Zu allem Ueberfluß an Herrn Hofrath Voß in Heidelberg, daß man keine Kirchenlieder an ihn gedichtet humorvoller aus (FBA 9/3, S. 691f.); im Anfang findet sich eine Anspielung auf den Germanisten Johann Gottlieb Radloff, der ebenfalls im Morgenblatt publizierte (vgl. Fischer 2000, S. 397):

Nachmals erst ärgerte vösselte und radlöffelte er über die scherzhafte Annonce der Einsiedlerzeitung und rannte in die Falle, die für Seher und Riecher seiner Art aufgestellt war munter hinein, denn er ist einzig in seiner Art, die Lieder der ersten Blätter, der kranke König ect, welche theils noch tief in Preußen, ja manches in England gedichtet worden waren, zog er alle auf sich, er krönte sich selbst und erschuf sich die Welt zu Spöttern, die nie an ihn denckt, ich habe nur immer Sorge, er möge einmal in der gewaltigen Bemühung, ich zum Mittelpunckt aller Zugluft zu machen umkommen, diese seine Feindschaft gegen die Einsiedlerzeitung, die er nicht kapiren konnte, in die er raubgierig hineingedrungen, und in der er keinen Rückweg findend wie eine wüthende Katze gegen die Wände gesprungen, ist in seiner Kritick abermals aufgestoßen, denn er hat leider die Suppe, die er mit seinen Handlangern dem Einsiedler einbrockte, und dem Publickum vorsezte in seiner prickelnden Ungeduld allein hineingefressen 〈. . .〉. 1826 gab Arnim seinem damaligen Gegner Voß in seiner Erzählung Holländische Liebhabereien dichterisch Gestalt. Auch Figuren anderer Werke, wie dem Spiegelglanz in seiner Päpstin Johanna, verlieh er Züge von Voß. – Vgl. zum Thema ferner: Görres an Perthes, Ende 1822, in: Görres-Briefe 3, S. 83.; Görres an Creuzer, Straßburg, 4. August 1823, ebd., S. 116f.; Arnim an Görres, Berlin, 24. Januar 1826 (H: Familienarchiv Görres-Jochner), ebd., S. 220. Die Voß-Partei war nach dem Weggang der – von ihr so bezeichneten – Romantiker aus Heidelberg nicht untätig: Der dänische Schriftsteller Jens Baggesen gab das satirische Büchlein heraus, an dem sich Heinrich Voß, Schreiber und Martens beteiligten: Der Karfunkel oder Klingklingel-

Almanach. Ein Taschenbuch für vollendete Romantiker und angehende Mystiker. Auf das Jahr der Gnade 1810. Tübingen: Cotta 1809. Arnim schrieb nach der Lektüre an Bettine Brentano aus Berlin am 25. No-

720

Entstehung

Es ist mir unentbehrlich der 〈. . .〉): Bey diesem wunderlichen Einbalsamieren und Conservieren desselben Lebens und Gedankens fällt mir ein Klingding Almanach ein, von Baggesen herausgegeben, der eben gegen die Einsiedlerzeitung erschienen und zwar insbesondre gegen mich, das nenne ich um ein ganzes Jahr placken, mir ward bey dem Schimpf so wohl zumuthe und so warm, ich dachte die Schlachten von Wagram und Regensburg eine Erfindung des Vossischen Hauses, ich dachte mich in den Schatten des Heidelberger Schlosses bey Görres und Creuzer, – und da ward mir als fänd ich, wo der Wind die Blätter abgeweht nachlesend noch eine recht süsse Traube, so fasste ich Dich und damit gute Nacht 〈. . .〉. Nach dem darin verwendeten Pseudonym Danwaller ließ Arnim im folgenden Jahr Baggesen als den komischen Dichter Waller in seinem Roman Gräfin Dolores aufvember 1809 (FDH 7313:

treten. In der 1811 geschriebenen ursprünglichen Rahmenhandlung für Arnims Erzählungssammlung von 1812, Die Versöhnung in der Sommerfrische, nennt er in fiktivem Zusammenhang die ZfE die einzige wahre Zeitung,

die sich je in Deutschland eingedrängt habe unter die Masse boshafter Niedertracht 〈. . .〉, im nächsten Jahrhunderte werde die zweite und im folgenden die dritte Auflage davon erscheinen, weil sie zur Geschichte der Zeit ganz wesentlich sei. 〈. . .〉 Ironisch erwähnt der Verfasser dann die Lobsprüche, die 〈. . .〉 das Morgenblatt und die elegante Zeitung erteilt haben 〈. . .〉 sowie die Schmeicheleien 〈. . .〉 von Voß. (Werke III, S. 567f.)

721

Kommentar

Zusätzliche allgemeine Literatur: Hartmut Fröschle, Johann Heinrich Voß als Kritiker der deutschen Romantik. In: Carleton Germanic Papers 8, 1980, S. 1–23; Gerhart von Graevenitz, Mythos. Zur Geschichte einer Denkgewohnheit. Stuttgart 1987; Günter Häntzschel, Voß als Objekt romantischer Satiren. In: Johann Heinrich Voß (1751–1826). Beiträge zum Eutiner Symposium im Oktober 1994, hg. v. Frank Baudach und Günter Hätzschel. Eutiner Forschungen 5, S. 149–161; Uwe Hentschel, „Ein Buchhändler, wie Sie es waren, ist so ehrwürdig, wie eine unschuldige Magd im Wirtshause.“ Johann Georg Zimmer – der Verleger der Heidelberger Romantik. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 13, 2004, S. 11–38; Gerard Koziełek, Das kulturpolitische Programm der „Zeitung für Einsiedler“. In: Germanica Wratislaviensia LXVII, Wrocław 1988, S. 79–98; Brentano-Bibliographie. Hg. v. Otto Mallon. Berlin 1926, Nachdruck Hildesheim 1965; Roman Polsakiewicz, Die romantische Wendung zu Mythos und Geschichte in der „Zeitung für Einsiedler“. In: Germanica Wratislaviensia LXVII, Wrocław 1988, S. 99–106; Ludwig Salomon, Geschichte des Deutschen Zeitungswesens von den ersten Anfängen bis zur Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches, 2. Bd.: Die deutschen Zeitungen während der Fremdherrschaft (1792–1814). Oldenburg und Leipzig 1902. Nach Satzabschluß erschienen: Jan Oliver Jost-Fritz, Geordnete Spontaneität. Lyrische Subjektivität bei Achim von Arnim. Heidelberg 2014 (GRM-Beiheft 63).

722

Ankündigung

Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Entstehung Die Ankündigung ist zwar unterschrieben Die Gesellschaft Herausgeber, doch Arnim schrieb sie allein in Heidelberg. Die Verleger Mohr und Zimmer datierten im Januar 1808, doch erschien die Ankündigung erst nach dem 18. Februar (vgl. Kapitel Entstehung). Der Grund dafür war eine Änderung, die der Zensor verlangte (s. ebd.). Die Lücke vor dem Wort ausstreichen (2,30f.) weist noch auf diese Änderung im Stehsatz der Bleilettern hin. Arnim schickte seine Ankündigung außer an Bettine und Brentano auch jeweils am 18. Februar an Jacob und Wilhelm Grimm (Herzligen Gruß zuvor. Einliegend der 〈. . .〉; SPK/Nachlaß Grimm 647/1, 1–2) und Ludwig Tieck (Werther Freund! Ihren Brief erhielt 〈. . .〉; D: Reinhold Steig, Gesammelte kleine Bemerkungen zu Dichtern und Schriftstellern des 18. und 19. Jahrhunderts. In: Euphorion, 15. Ergänzungsheft, 1923, S. 67). Savigny berichtete darüber aus Frankfurt seinem Freund Johann Heinrich Christian Bang nach Marburg (20. Februar; Stoll 1927–1929, Bd. I, S. 309): Die sehr

hübsche Ankündigung müßt Ihr lesen, sie ist gewiß in Marburg zu haben. Gegen den Angriff im Morgenblatt schrieb Arnim am 8. März eine Widerlegung und Anzeige, die im Intelligenzblatt der Zeitung für die elegante Welt am 25. März 1808 (Nr. 15) erschien. Er hielt irrtümlich Voß statt Friedrich Haug für den Verfasser. Er schrieb darüber an Bettine am 10. März (FDH 7250; Zwey so liebe Briefe mit 〈. . .〉): Voß hat auch gegen

mich geschrieben, Du wirst bald in den Zeitungen eine Antwort lesen, wo ich den Herausgeber des Einsiedlers 〈aus: mich〉 für einen vereinsamten Vater mit sieben Jungen aus gebe, die Fama groß zu säugen vergessen um ihm falsche Nachrichten einzuraunen. Er meint nämlich, Görres wäre mit mir zur Zeitung verbunden. Am 12. März schrieb Arnim an Jean Paul (Ich bedaure es, verehrter Mann 〈. . .〉; D: Paul Nerrlich, Vier Briefe an Jean Paul. In: Deutsche Revue 14, 1889, Bd. II, S. 338f.): Die Ankündigung hat das Glück gehabt überall mißverstanden zu werden. Der Schweizer Jurastudent Jakob Rudolf Feer schrieb am 1. März an Joseph Anton von Balthasar (zit. nach: Werke VI, S. 1165; H der Zentralbibliothek

723

Kommentar

Luzern):

Gegenwärtig ist auch v. Arnim hier, ein junger feuriger Kopf

〈. . .〉. Mit dem Aprill erscheint von ihm ein humoristisches Blatt, das

sich gewiß von allen andern vortheilhaft auszeichnen wird. Als Mitarbeiter darf man sich wohl seine Freunde, Görres und Brentano denken, die auch beyde von treff〈lich〉em Witz – mitunter aber wohl auch von überspanntem voll sind. Zum Spaß lege ich Ihnen die Anzeige davon bey, woraus Sie den Ton beurtheilen können. Am 13. März meinte Friedrich Creuzer aus Heidelberg gegenüber Christian Gottfried Schütz (Christian Gottfried Schütz, Darstellung seines Lebens, Charakters und Verdienstes

nebst einer Auswahl aus seinem litterarischen Briefwechsel mit den berühmtesten Gelehrten und Dichtern seiner Zeit. Hg. v. Friedrich Karl Julius Schütz. Bd. 1. Halle 1834, S. 56): Ein scherzhaftes Blatt das kürzlich von hieraus angekündigt ist, redigirt und verfaßt vermutlich auch größentheils der hier sich aufhaltende Herr von Arnim aus dem Preußischen. Mit dem Frühjahr soll es anfangen. Ich höre, daß darin das Morgenblatt bekämpft werden soll, wozu jeder Ehrenmann Beifall geben muß. Von Johann Georg Geißler erfuhr Arnim am 2. Mai Positives (BJ/VS 65): So hat mich meine Ahnung: daß die Ankündigung der Zeitung für Einsiedler aus Ihrer oder Brentano’s Feder geflossen seyn müsse, doch nicht betrogen. Ich wünsche Ihnen viel Glück zu Ihrem Unternehmen das unter so günstigen Auspicien beginnt. Überlieferung D1: Loses Quartblatt, 2 S., Arnims Exemplar im GSA, Sign. 03/259. Identisch mit den Heidelberger Exemplaren sowie dem Exemplar des FDH. – Druckvorlage für diese Edition. D2: Druck in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1808, Intelligenzblatt IV, S. 33–35. Oktavformat, 3 S. D3: Druck im Allgemeinen Anzeiger der Deutschen 1. Bd., Nr. 65, Jg. 1808, Sp. 65. D4: Druck im Intelligenzblatt 7 der Zeitung für die elegante Welt, S. 3, 1.

April 1808. D5: Druck im

Intelligenzblatt zum Morgenblatt, Nr. 8, 15. April 1808.

724

Ankündigung

Varianten 1,2 Linie fehlt 1,3 Einsiedler] Einsiedler, D2 1,6 Linie fehlt 2,6 es euch] euch D2 2,28 nimmt] nimmt, D2 3,3–4 in dem Formate dieser

Ankündigung aber in gespaltenen Kolumnen] in 4to Formate und in gespaltenen Kolumnen D2 Druckfehler

1,24 ökonomische] ökenomische Jessen 3,4 Kolumnen] Kolummen

Erläuterungen 1,19 Erfindungen neu fabricirter Thiere] Vgl. das Rädertier im Aprilscherz Marburg. 2,2 Eulenspiegels Nachtblat] Diesen Titel hatte Arnim auf der Titelliste erwogen. 2,9–10 sie beginnt mit dem ersten April] Vgl. Arnims nicht publizierte Scherztexte mit diesem Datum. Das Morgenblatt machte sich über diesen Starttermin lustig (s. o.). 2,11–12 Mittel zur Beförderung der Humanität, Aufklärung, Uebersetzung, Religion und Begeisterung] Schlagwörter aus der Zeit der Aufklärung und Empfindsamkeit. 2,17–18 die Aesthetiker aber zweifelhaft zu lassen zu welcher Schule wir uns bekennen] Arnim wollte sich nicht in die Streitigkeiten um die sogenannte klassische oder romantische Schule hineinziehen lassen (vgl. ZfE8; 89,27–31), was wegen der Angriffe des Morgenblatts aber nicht gelang. 2,20 Pränumeriren ist besser als Subscribiren.] Pränumerieren bedeutet: im voraus bezahlen, Subskribieren: im voraus bestellen. 2,22–24 Wer 〈. . .〉 halten.] Ein Scherz: Die damals üblichen nicht frankierten Briefe bezahlte der Empfänger. Der Text wird von da ab immer grotesker. 2,30–31 ausstreichen können] Arnim hatte zunächst geschrieben: auch grob sein können, was durch Indiskretion in das Morgenblatt gelangte (s. Entstehung der ZfE).

725

Kommentar

2,32 als unwillkührliche Mitarbeiter] Da kaum anzunehmen war, daß Arnim aus anderen Zeitungen abschreiben wollte, mußte das von diesen als Affront gedeutet werden, daß man nämlich plante, sich über sie lustig zu machen. 2,33–37 den Freymüthigen, das Morgenblatt, das Sontagsblatt, den

Anzeiger der Deutschen 〈. . .〉 die musikalische Zeitung, die Zeitung für die elegante Welt und die Teutona] Vgl. das Kap. Morgenblatt sowie Apfelhüterin Friedrike Baumannin. Das Sonntagsblatt erschien 1807–08 in Wien, hg. v. Christian Aspalter und Anton Tantner. Der Allgemeine Anzeiger der Deutschen hieß bis 1806 Kaiserlich privilegirter ReichsAnzeiger und erschien in Gotha. Die Allgemeine Musikalische Zeitung wurde 1798 von Breitkopf & Härtel in Leipzig begründet. Die Teutona wurde von Friedrich Karl Julius Schütz in Berlin hg. und erschien nur 1808 in 17 Heften.

726

Zu ZfE 1

ZfE 1

1. April 1808. 4,3 Alle gute Geister loben Gott den Herrn!] Den Satz schrieb Arnim schon auf das Notizblatt um die Jahreswende 1807/08 (Hs. FDH 13428). In zahlreichen Sagen ist diese Formel zur Abwehr böser Gespenster überliefert. Joseph von Eichendorff zitiert den Satz am Ende seiner Abhandlung Zur Geschichte der neuern romantischen Poesie in Deutschland, die 1846 in München in den Historisch-politischen Blättern für das katholische Deutschland erschien: Alle guten Geister loben Gott den Herrn. Mit

diesem einfach kräftigen Exorzismus haben unsere frommen Vorfahren von jeher allen bösen Spuk gebannt, und sind unangefochten hindurchgegangen. (Joseph von Eichendorff, Werke in sechs Bänden. Bd. 6: Geschichte der Poesie. Schriften zur Literaturgeschichte. Hg. v. Hartwig Schultz. Frankfurt/M 1990, S. 59.) Wie schon Arnim, bezieht sich Eichendorff, der die ZfE bewunderte, hier auf die jeweils zeitgenössische Literatur. Die Formel kommt auch in dramatischen Werken Arnims vor; vgl. Päpstin Johanna (II,3; WAA 10/2, S. 71; 10/1, S. 898); Halle (III,9) sowie Der wundertätige Stein (Szene III, in der Schaubühne; WAA 13, S. 260 und 786). 4,5–14,6 Der freye Dichtergarten 〈. . .〉 Stunden] Gedichte von Arnim. Der Titel Der freye Dichtergarten ist angeregt durch die von Gottlob Albrecht Karl von Hardenberg (1776–1813) unter dem Pseudonym Rostorf herausgegebene Gedichtsammlung Dichter-Garten. Erster Gang. Violen (Würzburg: Joseph Stahel 1807). Vgl. den Faksimiledruck, hg. u. mit einer Einführung v. Gerhard Schulz. Bern-Frankfurt/M.-Las Vegas 1979 (Seltene Texte aus der Deutschen Romantik 2), bes. S. 15*. Der jüngere Bruder von Novalis nahm u. a. auch Gedichte Friedrich Schlegels auf, mit dem er befreundet war. Auch die Rezension August Wilhelm Schlegels in der JALZ (Nr. 220, 19. September 1807) dürfte Arnim inspiriert haben. Sie beginnt: Wenn

nüchterne Beschränktheit sich der Poesie anmaßt, wenn die gemeinen Absichten und Gesinnungen, über welche uns eben die Poesie erheben soll, aus der Prosa des wirklichen Lebens sich verkleidet und unver727

Kommentar

Abb. 12: ZfE 1:

Zeitung für Einsiedler, 1. April 1808, 1. Seite, FDH.

728

Zu ZfE 1

kleidet wieder in ihr einschleichen, ja sich ganz darin ausbreiten, durch ihre Schwerfälligkeit ihr die Flügel lähmen und sie zum trägen Element hinunterziehen: dann entsteht ein Bedürfnis, das Dichten wiederum als eine freye Kunst zu üben, in welcher die Form einen vom Inhalte unabhängigen Wert hat. Arnim verfaßte im April 1808 ebenfalls eine Rezension des Dichter-Gartens; er teilte Clemens Brentano am 20. April mit (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 309r–310v): Ich habe Rostorfs Dichtergarten recensirt so rein gutmüthig wie ich mich keines Moments in meinem Leben bewust bin. In der Tat deutete er nur freundlich die schwankende Qualität der Sammlung an, wünschte sich aber am Ende, daß jedem frommen Gesange eine scherzhafte Parodie irgend eines Ungläubigen gegenübergestellt würde (Werke VI, S. 264). So weit geht er selbst in seinem freyen Dichtergarten zwar auch nicht, doch läßt er verschiedene Temperamente auftreten. Rostorf wie auch Arnim standen vor dem Problem des freien Sprechens in unfreier Zeit; für Arnim ging der Rückzug ins Kontemplative im Dichter-Garten zu weit. Er forderte in seiner Rezension von den Zeitgenossen auch ein selbsttätiges Leben (ebd., S. 262). Doch kann er seine Zeitkritik im freyen Dichtergarten auch nur andeuten. Arnims Rezension erschien erst um die Jahreswende 1808/09 in den Heidelbergischen Jahrbüchern der Literatur für Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst (Jg. 2, H. 2, S. 53– 56). Vorher druckte Arnim in ZfE29 das Gedicht Lebensweise von Rostorf ab (359,3–362,21). Sternberg weist auf die Tradition hin, in der Arnims Dichtergarten steht: Sammlungen von Gedichten wurden in der lateinischen Literatur seit P. Papinius Statius (um 80) »silvae« genannt (vgl. Sternberg 1983, S. 111; Wolfgang Adam, Poetische und Kritische Wälder. Untersuchungen zu Geschichte und Formen des Schreibens ’bei Gelegenheit’. Heidelberg 1988). Seit dem 16. Jahrhundert wurden musikalische Sammlungen insbesondere von Liedern als Lustgärten oder ähnlich bezeichnet (vgl. Walter Salmen, Literarisch-Musikalische Lustgärten im 16. und 17. Jahrhundert. In: Euphorion Bd. 94, 2000, 4. H., S. 403–422). »Die Wörter Lustwald und Lustgarten bezeichnen dabei im Sprachgebrauch der Zeit keine Gegensätze, sondern beide Begriffe werden verwendet, um eine Anlage treffend zu beschreiben, die ihr Entstehen und Aussehen der konzipierenden Phantasie des Menschen verdankt.« (Adam, S. 175.) Arnim wollte an diese literarischmusikalische Tradition anknüpfen, indem er einige Gedichte aufnahm, die schon vertont worden waren (vgl. die Fußnote am Ende von ZfE2.)

729

Kommentar

4,6–6,38 985.

Kranker König laß nicht schließen 〈. . .〉 Reich.] Ricklefs Lyr.-Reg.

Entstehung Zu dem Gedicht gibt es eine Vorstufe (H1) und eine fragmentarische Handschrift, die D1 entspricht. Entstanden ist es vor März 1806, denn es wurde als letztes Gedicht (H2) in den Pergamentband I eingetragen (vgl. die Datierung in der Übersicht bei Ricklefs Lyr.-Reg., S. 269), nur die ersten Verse sind dort auf einer linken Seite überliefert (entsprechend ZfE1, 4,6–25), sodann mit Bleistift durchgestrichen – was bedeutet, daß dies Gedicht verwendet wurde. Der Rest ist herausgeschnitten, wahrscheinlich, weil der Text als DV für die ZfE benutzt wurde. Häntzschel nahm an, das Gedicht sei vermutlich »1806 oder 1807 entstanden, also nach der Errichtung des Rheinbundes und nach dem Sieg Napoleons 1806 bei Jena und Auerstedt über Preussen« und könnte dann »als eine allegorische Darstellung des unter der napoleonischen Fremdherrschaft leidenden deutschen Volks verstanden werden« (Häntzschel 1989, S. 198). Dem widerspricht der handschriftliche Befund. Doch ist Häntzschels weiteren Deutungsebenen – »Reflex auf die historischen Ereignisse der Französischen Revolution« (ebd.) und Plädoyer für eine »Dichtung, die im Volk und aus dem Volk lebt, wie dieses selber natürlich, lebendig, organisch und phantasiereich« (ebd., S. 199) – zuzustimmen.

Überlieferung H1: FDH G 74: Bürgermeister laß nicht schließen. . . H2: FDH Pergamentband I, Bl. 137v, Nr. 140 (vor März 1806):

Das geschlos-

sene Thor. DFH: GSA 03/259: Varianten auf einem einzelnen Druckbogen der ZfE, nach dem dortigen Druck. 1 Dbl. (Sp. 1–8), Rand beschädigt, ca. 26,5 x 20,5 cm, gerippt ohne Wz.

Varianten H1: Entwurf in 16 achtzeiligen Strophen, 1 Dbl., 1 Bl. 4o, Wz: ASTOS, Gegenzeichen Posthorn, sehr stark korrigiert, z. T. unleserlich zwischen den Zeilen, ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Hier nach Möglichkeit frühere Stufe:

730

Zu ZfE 1

Bürgermeister laß nicht schliessen Deines Gartens Gitterthür Weil Verliebte sich da küssen Vor der Frau mit Ungebühr, Weil die Kinder Blumen brechen Und der Handwerksburschen Schwarm In dem Grünen möchte zechen, Frühlings Lust ist keinem Harm. Frühling hat auch sie geladen Der so reichlich Blüthen schenkt, Daß sich drin die Vögel baden, Bis er sie zur Erde senkt, Wohlger Tag, er kehrt nicht wieder Und die Knaben an der Thür Grüsset heut als wärens Brüder Selbst das scheue Thannenthier. Hirsche trinken, Fische spielen In dem letzten Sonnenstrahl Goldne Büsche sich erkühlen In des Teiches Spiegelthal Wo sich Goldfasanen brüsten Spiegelnd mit dem Rosenglanz Und die stolzen Pfauen rüsten Hoch den tausend Augenkranz. Wo die türkschen Enten rauschen Fast gedeckt von Schaum und Gluth Und die weissen Schwäne lauschen Nach Gesang im Kreis von Bluth Den der Abendglanz gezogen, Wo sein Schnabel eingetaucht, Leiser Wind hat mit den Wogen Ihn zum leeren Lohn gehaucht x Jungfraun blicken nach dem Kahne Schwebten gern auf glatter Fluth, 731

Kommentar

Brächten Speise deinem Schwane Sängen gern in Uebermuth Dort, wo keiner sie erreichet Von des Mayes Lust und List, Bis die Scheu dem Schwimmer weichet Und der Kahn erobert ist. x Laß den Mädchen manche Blume, Grün den Knaben manchen Zweig, Ihrem Schatz ist die zum Ruhme, Dieser wird zum Schwert sogleich Und mit solchen heitern Kindern Und mit Buhlen keck und kühn Kann dem Glück die Welt nicht hindern Kann die Stadt in Freyheit blühn. x Bürger kommen spät am Abend Wie es die Gewohnheit ist Zu der Thüre, wo so labend Frischer Duft schon geht heraus Wollen bey der Kinder Tanze Feiern ihren Abendschmaus, Zwischernd aus der Blätterkranze Mancher bunte Vogel blickt In des Abends lustgem Reihen Machen Vögel gern Musick, Kraniche so tanzend schreien Schliesset Wiesenduft den Blick, Und so möchten heut die Alten Sich auch mischen in den Kranz Jugendlicher Lustgestalten Waltet Nachtlicht überm Tanz Doch die Thüre bleibt verschlossen Die der Freude offen schien, Alte Bürger stehn verdrossen Wilde Knaben klagen kühn, 732

Zu ZfE 1

[Wird der Garten uns genommen Dieser Teich, der kühl uns fasst,] Will der Herr ihn ganz versperren, Stehn wir hier vor Feindes Land, Machte Gott ihn da zum Herren Uns vom Paradies verbannt.

Jeder Blick empört die Sinne Flimmernd durch das Gitterthor, Schäumt des Flammenbachs Gerinne, Aufruhr in der Sehnsucht Ohr Hoch des Springbrunns Tropfen spritzen Himmlisch wird ihr Zeugenchor, Hoch als Himmelsstern sie blitzen Sehn ein Dürstend Volk davor x Nachviole giebt ein Zeichen Schimmernd an des Ufers Rand, Und die Leuchtgewürme streichen Wo die Schwäne sich erkannt Leuchten, daß der Schwimmer kehre Heim herum zum Schwanenhaus, Daß der Hellespont nicht störe Diesen Bund der Lust mit Graus, Doch die dunklen Reben weinen Klagend steigt die Nachtigal Kein Begegnen in den Hainen Froher Menschen bey dem Schall Schweigt ihr Blätter Flüsterstimmen Von versäumter Liebesstund Wollet ihr das Volk ergrimmen Seyd ihr im geheimen Bund. Ferne steht der Bürgermeister, Freut sich noch der Frühlingslust Höret nicht die wilden Geister Nah im Flug ganz unbewust, ˙ ˙˙ 733

Kommentar

Und ein Koller reisst die Rosse, Zu der Stadt, der Ernst war groß, Glücklich reisst sich ein Genosse, Vom zerbrochnen Wagen los Wiehernd kommt der Zug von Rossen, Ach die Führer waren fern, An die Thüre die geschlossen Spannt sie an ein Bürgersmann, Und die Thüre stürzet krachend Bey dem ersten Peitschenhieb, Und die Bürger ziehen lachend Allen ist es doppelt lieb. Doch die Rappen von dem Knalle Hintennach das Eisen schallt, Rissen aus, mit hellem Schalle Mehrte es der Angst Gewalt, Und das Thor schlug auf die Füsse, Schlug vom Pflaster hoch hinauf, Und wie ausgetretne Flüsse Mehrte sich Gewalt im Lauf. Kaum ist ihr der Herr entgangen Der die Frau nach Hause führt, Blind sie auf die Kranke drangen, Da kein Zügel sie regiert. Und als er nach Haus geflohen Tobt im Garten Lustgeschrei Hemmen konnt er nicht die drohen, Lust und Zorn, sie machen frey H2: Entspricht 4,6–25. Titel: Das geschlossene Thor 4,16 die stolzen] sich stolze 〈. . .〉 Mit dem tausend

AugenKranz

DFH: Vermutlich handelt es sich dabei um Skizzen der Überarbeitung, die Arnim auf Brentanos Kritik hin unternahm. Brentano schrieb am 8. April aus Kassel (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 57): Gestern

erhielt ich die drei ersten Blätter 〈. . .〉. Du hast die Lieder bedeutsam 734

Zu ZfE 1

schön verbunden, doch verwirrt das gewiß manchen Leser, mag doch, Schade, daß der dritte Verß des Kranken Königs nicht so klar gedichtet ist als die göttlichen Andern. Arnim meinte dazu am 11. April (Dein Malespini ist prächtig, nur 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 306r–307v): Du hast mir mit dem Tadel der dritten Strophe als unklar einen Vormittag gekostet, ich konnte nicht errathen was Dir so schien, endlich änderte ich die Worte auf beygeschriebene Art, sag mir ob es Dir nun klar, Görres fand die Aenderung überflüssig mir ist auch das Alte lieber und war mir immer nothwendig, nur lasse ich häufig aus einer Art Hast und Trägheit wenn ich etwas schreibe, Zwischenglieder aus und eile zum Ende, es muste das H e i m l i c h e d a s w o l l t e i c h eines solchen Aufruhrs darstgellt 〈dargestellt〉 werden, was noch nie geschehen. Brentano antwortete nicht darauf. Arnims Text liegt dem Brief nicht mehr bei. Bei dem überlieferten Bogen dürfte es sich um Arnims eigenes Konzeptblatt handeln, das bei seinen Papieren verblieb. Die Veränderungen lauten: 4,6 : üdz War der aus dem Schlosse 4,8 : über grüßen: Genossen 5,10 danach: in dem Zweig lustig 5,18 Frauen] Kinder 5,27 Zu] Vor 5,27 empörten] erhitzten 5,28 durch das] an dem 5,29 Schöne Flammenbäche] Kühle Brünnlein flammend mit Einweisungszeichen A aus (1) xxx (2) Lichte (2) Ströme froh wie Flammen 5,33 sie] sie 5,34 Durstend steht] Dürstend sehr 5,35 ein] ihr 5,36 steiget] sinket 6,2 Suchen] leuchten,

Was der Leucht Thurm nehme Denn 〈aus daß〉 die Wasserlilje kehre Heim in xxx Daß nur Ze 6,3–4 kehre Heim ins liebe] kenne (1) Seiner Liebe Wiederkehr Leis (2) Zu der Liebe Heimatland 6,5 störe] trenne Druckfehler 5,1 dein Glück] Vielleicht ist mit H1 5,34 steht] steh

dem Glück zu lesen.

735

Kommentar

Erläuterungen Die letzte Zeile: Frey ist nun das ganze Reich 〈. . .〉 kennzeichnet das Gedicht als politisches Gedicht, nicht nur als Ballade. Der Schloßgarten, der für die Bevölkerung geöffnet worden war, weil sie durch ihre Arbeit den Staat trägt, wird von dem kranken König eigennützig verschlossen. Durch die gewaltsame Öffnung kommen König und Räte um. Die Überschrift Der freye Dichtergarten gilt für den Zyklus, aber wohl auch für das Eingangsgedicht, und legt für dieses eine symbolische Bedeutung nahe: Das freie Dichten sollte durch einen kranken Dichterkönig verhindert werden und wird mit Gewalt durchgesetzt. Voß verstand das als Angriff auf sich. Er schrieb im Morgenblatt (Nr. 106, 3. Mai 1808, S. 421, s. o.): Die Anspielung ist klar

genug. Die moderne Poesie hat der ältern den Hals gebrochen, und wer möchte darüber klagen? Arnim geht auf die Mißdeutungen in seinem Vorwort zur Tröst Einsamkeit, An das geehrte Publikum, ein (Sp. IX–XI; 539,2–540,3). 4,9 Tannenthier] Damwild 5,35 Nachtviole giebt ein Zeichen] Anspielung auf Rostorfs Sammlung mit dem Untertitel Violen. 6,5–6 ] Anspielung auf die griechische Erzählung von Hero und Leander, die weite Verbreitung fand; ausführlichste Darstellung von Musaios (5. Jhd. n. Chr.): Leander durchschwimmt den Hellespont, um zu seiner Geliebten, der Aphroditepriesterin Hero, zu gelangen, die ihm eine Lampe hinstellt. Als diese eines Tages erlischt, ertrinkt er. Sie sieht den Leichnam und stürzt sich vom Turm. Vgl. Der kleine Pauly II, S. 1090. Vgl. Sternberg, S. 111–123; Häntzschel 1989. 7,1–17 Selbstbescherung. Alles aus einem Gemüthe 〈. . .〉 taugt.] Vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. 54. Das Gedicht steht mit gleicher Überschrift im Pergamentband I, Nr. 15, Bl. 5v; es ist dort auf den Herbst 1804 zu datieren. Die dritte Strophe zeigt eine Verbindung zu Arnims Weihnachtsbrief von 1803 aus London an Brentano (Du lieber vereheligter ehemaliger Ehestandstürmer 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 312): O Christnacht du flimmerndes Frühbrod

der Kinder, du Ahndung des Dunkels Klingeln gellender Heldenruf, Thür auf Thür zu 〈. . .〉. Varianten H1: entspricht dem Text der chene Fassung notiert:

ZfE; die 4. Strophe unter die folgende gestri-

736

Zu ZfE 1

Alles was abgeleget, Alles was ihm nicht taugt, Was es sorgsam heget, Was es doch nicht braucht. 7,18–30 Selbstbeschwerung. Reg. 1225.

O süßer May 〈. . .〉 entlang.] Vgl. Rickelfs Lyr.-

Entstehung Drei Hs. gehen Arnims Druck voraus: H1: GSA 03/15, Bl. 88 (Entwurf in Friedrichs Jugend); London, Frühjahr 1804. 1 Dbl., 1. S., 25 x 18,3 cm, Velinpapier. H2: FDH Pergamentband I, Nr. 18: , Bl. 6v (Herbst 1804). H3: FDH 7708 (in Markgraf Otto von Brandenburg); vgl. Kiermeier-Debre, S. 222; Februar 1805. D1: In Johann Friedrich Reichardts Vertonung erschien das Lied 1805 in seiner Liedersammlung, die bei Henry Frölich in Berlin gedruckt und in Lieferungen 1805/06 ausgegeben wurde: Troubadour, S. 46f. Arnim hatte im Herbst und Winter 1804 in Berlin eng mit Reichardt zusammengearbeitet. Er sandte Brentano einige Kompositionen mit seinem Brief vom 14./19. Januar 1805. Brentano war vorher bei ihm zu Besuch gewesen und ließ auch Reichardt grüßen (Heidelberg, 5. Januar 1805). Arnim schrieb (Ich habe Deinen Brief aus 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 33r–34v): Einige neue Lieder von mir

hat Reichard sehr schön komponirt, ich werde sie Dir senden, wenn sie gedruckt, er giebt eine neue musikalische Zeitung mit dem Anfange dieses Jahres heraus und eine Sammlung von Compositionen, l e Tr o u b adour genannt. In einer Anmerkung fügte Arnim hinzu: Einliegend eines. Die Rose blüht aus den drey Weisen, die ich ihm gegeben hat er wunderschön musicirt, Du must es beym ersten mal singen, sobald sie gedruckt ist sie bey Dir. (Das Gedicht Die Rose von Christian Weise wurde später in Wh aufgenommen; vgl. FBA 9/1, S. 430f. Das Lied Die Rose nahm Arnim ebenfalls in das Liederspiel auf.) Am 19. Januar setzt er hinzu: Reichardt hat die Rose für dich abgeschrieben 〈. . .〉. Arnim muß außerdem eigene Lieder in Reichardts Notierung beigefügt haben, wie aus Brentanos Antwort hervorgeht. Dieser beurteilte Reichardt in seinem Brief vom 15. Februar 1805 als Komponisten kritisch (Hier die Anabaptister Notizen, ein 〈. . .〉; FBA 31, S. 392): Für die Musick danke ich dir herrzlich, die Rose

ist recht artig componirt, aber Reichards Manier ist mir selbst nicht die 737

Kommentar

liebste, in seiner Einfachheit liegt zu viel Bewustsein, in seiner Erfindung zu viel Bekanntes, in seiner Unschuld zu viel Absicht, und in all seinen Lieder schwebt er zwischen dem Volkston, und Opernton, so das rechte Geschmackvolle hat er, genug ich kanns nicht sagen, sein bestes Lied ist immer »Kennst du das Land« weil man es nicht anders componiren kann. 〈. . .〉. Die von dir komponirten Lieder sind recht seelenvoll, ich bin auf die folgenden Verse so sehr begierig, sind sie neu? sie sind, so ganz wie Göthens erste Gluth. In diesem Brief macht Brentano dennoch sowohl gegenüber Arnim als auch gegenüber Reichardt den Vorschlag zum Wh (ebd., S. 393). Arnim antwortete am 27. Februar 1805 auf Brentanos Brief und berichtete von seinem Liederspiel für Reichardt (Wo mich die Gedanken nicht 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 41r–43v): Ich

habe für seine Lieder aus Göthes Müllerromanzen ein Liederspiel gemacht, wo Markgraf Otto, lezter des Ascanischen Stammes als Edelknabe, und dessen Grete die Lise vorstellen, es ist viel Erfindung darin ungeachtet ich durch die Lieder Beschränkung so wenig neues wie möglich hinzusezen, gar manches aufgeben muste. Er fürchtet sich, es zu geben weil mir die Scene in der Mühle gar zu zärtlig ausgefallen und ich sie nicht aufgeben will. (Beschränkung vmtl. verschrieben für »beschränkt«.) Reichardts Vertonung von Goethes Müllerromanzen war noch nicht gedruckt, als Arnim sie bei ihm kennenlernte, ein Beweis für das vertrauensvolle Zusammenarbeiten seit Arnims Rückkehr von seiner Kavalierstour. Man muß davon ausgehen, daß Arnim nicht etwa Reichardt das fertige Liederspiel zum Vertonen gab, sondern daß er die Handlung um vertonte Lieder schlang. Dafür verwandte er nicht nur Goethes Müllerromanzen, sondern auch eigene Lieder. (Vgl. Renate Moering, Artikel »Die Müllerin-Romanzen«. In: Goethe-Handbuch. Supplemente. Bd. 1: Musik und Tanz in den Bühnenwerken. Hg. v. Gabriele Busch-Salmen unter Mitarbeit von Benedikt Jeßing. Stuttgart-Weimar 2008, S. 411–418). Arnim entgegnete außerdem auf Brentanos Kritik (ebd.): Reichardt hat über zwölf andere Lieder von

mir komponirt, die Du alle nicht kennst, ich habe noch manches ins Reine geschrieben 〈. . .〉. Aber das glaube mir, Reichardt kennt den Geschmack der We l t . Schimpf lieber geradezu auf seine Arbeit, als diese Art von Lob in dem lezten Brief; Du wirst doch endlich finden, daß er zu den wenigen Musikern gehört, deren Arbeit wenig abgerundet durch die Zeit, wie das mit allen Liedern geschehen muß echtes Volkslied werden kann 〈. . .〉. Zwölf Lieder Arnims erschienen von Reichardt komponiert in seiner Liedersammlung Le Troubadour italien, franc¸ais et allemand. Schon am 25. März 1805 sandte Arnim Noten des Troubadour 738

Zu ZfE 1

an Brentano, denn dieser bedankte sich am 2. April (Heute habe ich einen zweiten 〈. . .〉; FBA 31, S. 416): Heute habe ich einen zweiten fröhlichen Brief von dem troubadour begleitet von dir 〈. . .〉. Vgl. Moering 2003b. Auch Brahms vertonte Arnims Gedicht als Lied für vierstimmigen gemischten Chor (op. 93a,3; entstanden 1883/4, D1 1884). In Arnims Stammbuch ist das Gedicht in einer Zeichnung von unbekannter Hand auf einen Stein geschrieben (Bl. 329). Arnims Stammbuch ist heute Eigentum des DLA Marbach.

Varianten 1

H : GSA 03/15, Bl. 88 (Entwurf in 1804.

Friedrichs Jugend); London, Frühjahr

O süsser May Die Rose 〈aus O wäre ich〉 ist frey, [Ich suche die Rose In deinem Schooße] Ob er verschlossen Und Die 〈aus Ihre〉 Augen verdrossen Ich sehe nicht deine grüne Pracht Nicht deine viel bunte Tracht. Nicht dein Himmelsblau Zur Erde ich schau. O süsser May O wäre ich 〈aus mache mich〉 frey, Von Qual und Drang, Wie Vögelsang (eingefügt) Wie die Knospen an den Hecken entlang [Wie der Vögel Sang 〈aus Zweig〉] H2: FDH Pergamentband I, Nr. 18, Bl. 6v: rektur:

Maylied (Herbst 1804), vor Kor-

Maylied O süsser May Der Strom ist frey; Ich bin verschlossen Mein Auge steht verdrossen. Ich sehe nicht deine grüne Tracht, 739

Kommentar

Abb. 13a+b: ZfE 1: Johann Friedrich Reichardt, O süßer May . . . In: Reichardt, Le Troubadour, S. 46f. (1805), Goethe-Museum Düsseldorf, Musikalien, Sign. 974.

Zu ZfE 1

Nicht deine viel bunte Pracht, Nicht dein Himmelblau, Zur Erde ich schau; O süsser May Ach mache mich frey. Wie den Gesang An den dunkelen Hecken entlang. H3: FDH 7708 (in Markgraf S. 222; Februar 1805.

Otto von Brandenburg); vgl. Kiermeier-Debre,

Selbstberuhigung. Wie übers Meer die Schiffe 〈. . .〉 Menschenwitz.] Vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. 1762.

8,1–25

Entstehung Aus dem Pergamentband (I, Nr. 67: Beruhigung) läßt sich auf eine Entstehung im Frühjahr 1805 schließen. Zwei Erfahrungen gingen in das Gedicht ein: Die Schiffsreise nach England und musikalische Versuche, denn Arnim lernte zu Beginn des Jahres 1805 Gitarrespielen. Er teilte Brentano am 27. Februar 1805 mit (Wo mich die Gedanken nicht 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 41r–43v): In diesen Tagen fange ich die Guitarre an, es treibt

mich mächtig dazu, wie lange der Trieb gedauert, das höre an meinem Spiel in Heidelberg. Reichardt war damals in Berlin und konnte Arnim wohl einen Lehrer vermitteln, falls er nicht selbst seinem Freund etwas Unterricht gab. Am 25. März schrieb Arnim Brentano erneut (Heute morgen wurde ich sehr 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 37r–40v): Noch eine braune

Frucht die ich dir bringe ist von wunderliger Art, sie ist nicht zum Ansehen allein, wenn man sie lange berührt brennen einem die Finger, man hält sie näher dem Magen als dem Herzen und doch geht sie zum Herzen, sie hat noch sechs Staubfäden von der Blüte behalten, die sich aber verziehen. Wenn Du es gerathen hast so sag nur nicht L a u t e , denn das ist eine Gitarre. Ich spiele schon die drey Reiter Juchhe Juchhe Juchhe Ja da kommen zum Liebsten Juchhe In Heidelberg ritt ein Reiter hin〈ein〉 Juchhe Aufs Pflaster da muß ich getrabet seyn. Juchhe 741

Kommentar

Das Gitarrenspiel war eine der Vorbereitungen für die Arbeit am Wh, denn zunächst sollten auch Noten beigegeben werden. Eine Gitarrenbegleitung hat Arnims eigene Vertonung seines Liedes Mädchen mit der klaren Stimme. . . (vgl. Moering 1978, Nachtrag, S. 213–215, Abb. der H: S. 259).

Varianten H: Pergamentband I, Nr. 67, Bl. 37r/v, vor der Korrektur mit hellerer Tinte:

Beruhigung Wie übers Meer die Schiffe Zu heitrer Ferne ziehn, So drück ich an die Griffe Der Laute, um zu flieh. x Die Ruder schlagen helle In die kristalne Fluth Es springet Well auf Welle Ein junges Blut thut gut. x Wie alle Segel schwellen Wie schäumt der muthge Kiel Mit Schäumen sich erhellen Der dunklen Wellen viel Die Winde sich versuchen, Wies in der Laute tönt Wers Leben will versuchen Der ist zur Stund versöhnt. 9,1–21 1084.

Das Wort. Mein lieber Sohn 〈. . .〉 Mund.] Vgl. Rickelfs Lyr.-Reg.

Entstehung Der Gedicht entstand im Zusammenhang mit Reichardts Plan seiner Liedersammlung Le Troubadour. Das Wort redet in diesem Gedicht den Ton an; der Gesang – des Troubadours – soll die Worte zu der Geliebten tragen. Die Sammlung erschien aber ohne Arnims Gedicht.

742

Zu ZfE 1

Überlieferung Drei Hs. gehen dem D voraus: H1: FDH G 390: O schwaches Wort. . . Entwurf, 1 Bl. 4o, 1 S. Wasserzeichen: GWB, beschnitten. H2: FDH Pergamentband I, Nr. 1, Innenumschlag: Inschrift für das erste Heft des Troubadour. September 1804, über dem Besitzereintrag, gestr. H3: FDH Pergamentband I, Nr. 116, Bl. 89v, gestr.: Das Wort. An Raumer. Du trägst mich fort. . . Frühjahr 1806

Varianten H1, vor Korrektur

O armes Wort O weicher Ton Du trägst mich fort Der reiche Ton Im armen Wort, Bald hier bald dort Verklungen schon Ich bin dein Sohn, Sey mein Hort Ja wie ein Blick, Hoch himlich trägt, So die Musik Um dich die Flügel schlägt, Und die Lauten Dir eine Wiege bauten Und die sie bauten Und die Hände Die beten für dich behende H2, vor Korrektur

Inschrift für das erste Heft des Troubadour. Ich schwaches Wort Du starker Ton, Du trägst mich fort, 743

Kommentar

Mein lieber Sohn: Ja wie ein Blick, Hoch himmlisch trägt, So die Musick Um dich die Flügel schlägt, Und die Lauten, Dir eine Wiege bauten Und die Hände Die beten für dich behende. H3, mit Korrekturen

Das Wort. An Raumer Du trägst mich fort Mein lieber Sohn, Du schwaches Wort Auf starkem Ton. x Die Wiege dein Die enge Brust, Ist dir zu klein, Du springst in Lust. x Ja wie ein Blick Hochhimmlisch trägt Um die Musick Die Flügel schlägt. x Ein Luftschiff baut Sie Dir behend, Aus goldner Laut Du streckst die Händ. darunter klein

Glückauf mein Wort Flieg auf zum Thron Und bist du dort So bin ichs schon. 744

Zu ZfE 1

rechts daneben

Blick auf mein Wort Du fliegst vom Mund, O selger Ort, O selge Stund. 9,23–12,12 1038.

Lieben und geliebt zu werden 〈. . .〉 wachen.] Ricklefs Lyr.-Reg.

Entstehung Es gibt zwei vorausgehende Hs.: H1 FDH G 124. Der Beginn ist auf ein Blatt geschrieben, auf dem darüber die Adresse von Juliane von Krüdener notiert ist: Krüdener/ Landhofmeisterstrasse bey Fahrunger. Das dürfte ihre Königsberger Adresse sein; Arnim traf sie dort wieder und verfaßte einen Aufsatz über sie (vgl. Werke VI, S. 216–223). Er berichtete Brentano am 5. Juli 1807 (Und wären wir so arm 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,6 Bl. 221r–222v): In einem Journale Vesta

〈. . .〉 habe ich ein Paar Worte über Frau von Krüdener gesagt, sie war hier für unzählige Nothleidende der barmherzige Samariter 〈. . .〉. Das

Liebesgedicht dürfte demnach durch Arnims unglückliche Königsberger Liebe zu Auguste Schwinck angeregt worden sein. – Im wechselseitigen Lieben das höchste Glück zu sehen, wurde schon in der Antike formuliert; seit dem Barock erscheint dabei auf geliebt zu werden das Reimwort Erden. Arnims Lied könnte durch eine Zeile angeregt sein, die sich in Simon Dachs (1605– 1659) Gedicht Jung gefreyt hat nie gerewt. . . findet: Lieben vnd geliebt

zu werden,/ Ist das beste von der Welt,/ Ist, was bloß dieß Hauß der Erden/ Fern von allem Fall’ erhält. Arnim hatte Dach auch für das Wh herangezogen (FBA 9,3, S. 731). Vgl. Heinz Rölleke, Lieben und geliebt zu werden. Von der Aussage zur Formel, in: Euph. 105, 2011, S. 51–59. Bettine erwähnt das Lied schon vor dem Druck in einem Brief an Goethe, nicht wörtlich zitierend, sondern in dem damals wohl schon sprichwörtlichen Zweizeiler, den Arnim nur umspielt (Frankfurt, 30. Januar 1808; Schmitz/Steinsdorff, S. 589): Arnim ist in Heidelberg, wo er den Druck des zweiten

Theils vom Wunderhorn besorgt, wir schreiben uns oft, Liebesbrieflein, er hat mich sehr lieb um mein und Deinetwillen, ich hab ihn auch lieb, aber um sein selbst willen, denn er hat ein frisch lieb Angesicht, und ein tapfer Gemüth, und ein edel Herz was kann man anders machen, hinten und vorne steht der Tod, da muß man sich freilich das 745

Kommentar

Leben herbei ziehen, um ihm zu trozen, und er ist so friedlich er besänftigt mich wenn ich stumm und traurig bin, und hat ja auch ein lieb Lied gemacht »Lieben und geliebt zu werden ist das gröste Glück auf Erden«. Bettine bezog das Lied also auf sich; Arnim hatte es ihr wohl Ende 1807 gegeben. Der Brief Arnims an Bettine nach der Hochzeitsnacht (12. März 1811: Ungeachtet mein Uebelbefinden mir die 〈. . .〉; FDH 12953) zeigt die zentrale Bedeutung dieses Gedichtinhalts für seine Liebes- und Eheauffassung, denn er spricht darin von seinem früheren 〈. . .〉 Gelübde 〈. . .〉, nur ein liebend geliebtes Weib zu umarmen. (Vgl. Renate Moering, ». . . nur ein liebend geliebtes Weib zu umarmen . . .«. Ein unbekannter Brief Achim von Arnims an seine Frau Bettine. In: JbFDH 2007, S. 199–214, Zitat S. 203). Welche Fassung Bettine Anfang 1808 kannte, ist nicht zu ermitteln. Jedenfalls nahm Arnim das Lied in den Pergamentband II auf. 1810 erscheint es in dem Roman Gräfin Dolores, und zwar steht im Roman selbst nur die neunte Strophe, während in der Vertonung von Fürst Anton Radzivil in der Musikbeilage der Text der ersten beiden Strophen unterlegt ist (vgl. Moering 1978, S. 159–164), was sich daraus erklärt, daß die Vertonung beim Druck der ZfE schon vorlag (vgl. ZfE2, Schluß; 25,28–29).

Abb. 14: ZfE 1: Fürst Anton Radzivil. Lieben und geliebt zu In: Arnim, Gräfin Dolores, Musik-Beilage (1810). Exemplar FDH IX A 39 / E1.

werden . . .

Der Pole Radzivil (oder Radziwill, 1775–1858) war ein Schwager des 1806 gefallenen Prinzen Louis Ferdinand von Preußen. Arnim lernte ihn in Königsberg im Hause Schwinck kennen. Radzivils Vertonung ist vermutlich schon dort entstanden. Er vertonte auch Warnung und Ermunterung (siehe

746

Zu ZfE 1

ZfE6, später ebenfalls in der Gräfin Dolores). Dieser Roman ist ihm gewidmet mit einem Gedicht, das die festliche Stanzenstrophe um zwei Zeilen verlängert. Arnim bedankt sich darin für das hochgesellig Leben,

Wo sich die Worte leicht zum Lied gereiht, Mein Lied und ich, wir bleiben treu ergeben Dem, der uns hat durch Melodie geweiht, Die aus dem vollen Herzen einsam weinet Und wie ein Nordlicht tief bedeutend scheinet. Brentano schrieb am 8. April 1808 aus Kassel (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 57): Im Lieben um geliebt zu werden, glaube ich einige böse Druckfehler, zeige sie an. Brentano zitiert Arnims Lied in seinen Mährchen vom Rhein, wobei er sich selbst als den schwarzen und Arnim als den Braunen in die Handlung einführt (FBA 17, S. 113): 〈. . .〉 dann sang der Braune: Die Sonne geht auf! Wonne, Wonne still in Schauern Dich umfangen frische, frische Luft, Sinnend auf die Strahlen lauern Spielend in dem Morgenduft, Lieben und geliebt zu werden Ist das einzige auf Erden Was ich könnte, was ich dächte, was ich möchte, Daß es mir nur könnte werden Lieben und geliebt zu werden. Brentano verbindet zwei Lieder Arnims. Wonne, Wonne still in Schauern. . . war von Reichardt als Duett vertont und in dessen Berlinischer Musikalischen Zeitung (Jg. I, 1805, S. 36) und im Troubadour (1805, S. 10) publiziert worden, ehe es ebenfalls in der Gräfin Dolores erschien. Die Variante in Lieben und geliebt zu werden. . .: nur könnte werden statt noch könnte werden entspricht dem späteren Text in der Musikbeilage der Dolores. Brentano verfaßte das einleitende Rheinmährchen zwischen September 1810 und Anfang Januar 1811 (vgl. FBA 17, S. 349f.), als er zusammen mit Arnim in Berlin wohnte. Auf wen diese Variante zurückgeht, ist daher nicht zu entscheiden.

747

Kommentar

Druckfehler 10,20 der glücklichste] die glücklichste Das Lied ist sonst aus der Perspektive des Mannes gesprochen.

Varianten H1: FDH G 124, unter der Adresse, Blatt unten abgerissen; Wz: Krone über Posthorn (vgl. 11,22–23)

Liebend viel geliebt zu werden, Löse deines Busens lichten Streifen Rothe Schleifen Letzte AbendRöthe [mir] bescheere, Auf zu lösen rothe Schleifen, Busenstreifen Sinkt des Auges dunkle Sonne Flitter 〈. . .〉 auf der Rückseite unter anderem Gedicht, z. T. in lateinischen Buchstaben, z. T. sofort gestr., unten abgerissen (vgl. 10,32–11,2)

Lieben und geliebt zu werden xxx

Wie die Vögel flüstern In dem Düstern Führt ein Mädchen es am Zügel, 〈. . .〉 die Pferde, O ihr liebend lichten Geberden Lieben lieblich in Geberde Liebend um da geliebt zu werden Hört der Wald den Trab der Pferde 〈. . .〉 Vögel hör ich flüstern auf Vorderseite, rechts quer zu ersten Text, in lateinischen Buchstaben (vgl. 10,31–32, 11,5)

Lieben um geliebt zu werden Horcht der Wald, da kommt der Schritt von Pferden Schallt der Wall von farbgen Pferden Kommt 748

Zu ZfE 1

Nein zum Spielen liefen Pferde Liebend sie blicken in Geberden H2: FDH Pergamentband II, Nr. 41, Bl. 51r–52r, integriert in das bislang unpublizierte Gedicht Uneigennütziger Spaziergang: Wo die Sonn am höchsten stehet 〈. . .〉 (Ricklefs Lyr.-Reg. 1807, Bl. 50v–52v), hier ohne die Korrekturen in hellerer Tinte, die zum Druck der ZfE führen (vgl. 9,24–10,18; 11,10–15; 11,22–27; 11,16–21):

Lieben und geliebt zu werden Ist das Einzige auf Erden, Was ich könnte, was ich möchte Was ich dächte Daß es mir noch könnte werden, Lieben und geliebt zu werden. x Lieben und geliebt zu werden Lehrt ihr mir ihr muntern Heerden Wenn gehörnte Böcklein springen Muß ich singen, Lieben und geliebt zu werden Wünsch ich mir, es wird mir werden. x Lieben und geliebt zu werden, Goldner Abend treibt die Heerde Mit dem wilden frohen Grusse Zu dem Flusse, Könnt ich meinen Sinn erkühlen Aus zu strömen aus zu fühlen. x Lieben und geliebt zu werden Ach wer trüg da nicht Beschwerde Wie die Stiere scharf sich drängen Leichte Gänge! Für sie streiten, sie erwerben, Lieben und geliebt zu werden Liebend auch geliebt zu werden Reis’ ich um die grüne Erde, 749

Kommentar

Ach wo wird der Blick mich finden Der mich bindet Und an welchem frommen Heerde, Bin ich, mag geliebt ich werden. x Lieben und geliebt zu werden Was der Abend mir bescherte Sanftes Band in rothen Schleifen Lichte Streifen Ihrer Augen dunkle Wonne, Flitterwochen unsre Sonne x Lieben und geliebt zu werden Lieblich Daseyn, lieblich Werden, Heimlich Wesen, was verstohlen Wo sie holen, Ach in welchen öden Mauern, Mag sie lauern, mag sie trauern. Erläuterung 10,25

Liebe trit mir bald entgegen] Freies Zitat einer Zeile aus Goethes Claudine von Villabella (2. Fassung, Erstdruck in Goethe’s Schriften. Bd. 5. Leipzig: Göschen 1788, S. 225):

Liebe schwärmt auf allen Wegen; Treue wohnt für sich allein. Liebe kommt euch rasch entgegen; Aufgesucht will Treue seyn. 12,13–14,6 Bund. Wenn Ricklefs Lyr.-Reg. 1632.

des Frühlings Wachen ziehen 〈. . .〉 Stunden.]

Überlieferung H: FDH Pergamentband I, Nr. 103: Kriegslied des Mays (Anfang 1806) D2: Louise Reichardts Vertonung Kriegslied des Mays in: XII GESAENGE

mit Begleitung des Fortepiano’s. Componirt und ihrer jungen Freundinn und Schülerinn Demlle Louise Sillem zugeeignet von Louise Reichardt. Drittes Werkchen. (op.3, 1811/12) Die Sammlung wurde zunächst 750

Zu ZfE 1

von Louise Reichardt auf Subskriptionsbasis gedruckt ohne Verleger und vermutlich Anfang 1812 ausgeliefert. 1819 erschien in Hamburg bei Böhme die 2. Auflage. Vgl. Moering 2006, Bd. 2, S. 19 u. 37. D3: Die Gleichen (Berlin 1819), S. 87: Wenn des Frühlings Heere ziehen

〈. . .〉. Varianten H: FDH Pergamentband I, Nr. 103, Bl. 67v–68r, vor Korrektur:

Kriegslied des Mays Wenn des Frühlings Wachen ziehen, Lerche frisch die Trommel rührt, Ach da möchte ich mitziehen, Ach da werd ich leicht verführt Handgeld Druck und Kuß zu nehmen, Und ich kann mich gar nicht schämen. x Wie die Waffen helle blinken Helle Knospen brechen auf, Und die Federbüsche winken Von Kastanien obenauf. Blühen, duften, wehen fallen, Und ich muß so lockend schallen. x O gefährlich sind die Zeiten Wenn die Bäume schlagen aus, Und ich warne euch beyzeiten Eh Salat auch schiesset aus, Kinder ihr müst ihn bestehen, Die im Grünen sich ergehen. Wird soviel Quartier bestellet, Ach so wird es mir zu eng, Wie der Dienst mir wohlgefället, Schon zum Spas mit ihnen schwenk, Wie die Blätter in dem Winde, Immer anders, kühl und linde. x 751

Kommentar

Schwinge nur die bunte Fahne Kirschenblüt in Morgenlust, Ja ich schwör dir und wir bahnen Gleichen Weg in freyer Brust, Was dem Frühling treu verbunden Wächst zusamm für alle Stunden. D2 Die Textfassung steht zwischen der Handschrift und

ZfE.

Abb. 15: ZfE 1: Louise Reichardt, Wenn des Frühlings Wachen In: Op. 3 (1811/12), Exemplar FDH Not IX/R 11/2

ziehen . . .

D3: Die Gleichen (Berlin 1819), S. 87 Vgl. Sternberg, S. 47; Werke V, S. 1340–1346. 14,9 Consiliis hominum pax non reparatur in orbe] »Durch den Rat der Menschen wird der Friede nicht wiederhergestellt«. Arnim zitiert einen Beitrag Goethes für sein Stammbuch, den dieser ihm – in Erinnerung an die Gespräche in Jena im Dezember 1805 – zugesandt hatte (Arnims Stammbuch, Bl. 96; vgl. WAA XXXII/1, S. 375):

752

Zu ZfE 1

Consiliis hominum pax non reparatur in orbe W. 13. Mart. Memoriae 1806

Goethe

Goethe fügte dieses Stammbuchblatt – mit weiteren unbekannten Blättern – seinem Brief vom 9. März 1806 bei (Man erzählt von dem bekannten 〈. . .〉): Indessen liegen hier ein paar Denkblättchen bey, die sich Ihrem erneuten Stammbuche empfehlen. (WAA XXXII, S. 161 und 768; das Stammbuch unter Nr. AI.58 S. 375, Abb. 2, Erl. S. 1007f.). Arnim beginnt seinen Dankesbrief an Goethe aus Karstorf mit der Übersetzung des Stammbuchblatts (WAA XXXII, Nr. 454, S. 222 Konzept, S. 231 Ausfertigung):

Nicht durch Menschen wird der Frieden wiedergewonnen: diese Worte Ihres vielverehrten Andenkens haben sich mir so tief eingedacht, daß sie mir aus jeder Gegend aus jedem Sonnenstand der Betrachtung zusprechen, sie liegen wie das Kreutz im Kreutzkristal, es bedarf nur des Treffens im Eröffnen. Arnim zitiert den Spruch in Bezug auf die aktuelle politische Lage im Brief an Brentano vom 14. Juni 1806 (WAA XXXII, S. 268). 1818 beendet er damit seine Rezension zweier politischer Werke: Frau von Stae¨l und Herr von Haller (Werke VI, S. 640). 14,11

Und Gott 〈. . .〉 Licht.] 1. Mose 1,3.

13; 14,13f. Kupfertafel nach einem alten Holzschnitte 〈. . .〉 Erklärung] Bezeichnet links: Z.f.E. Tab.I., rechts: W. v. Franken. Fecit. , darüber 1808. H. BG. (d. h. Heidelberg). Vorlage ist ein Holzschnitt von Hans Leonhard Schäufelin (1493–1540); vgl. G. Hirth, Kulturgeschichtliches Bilderbuch. Bd. 1. Leipzig-München 1882, S. 41, Nr. 74: Hochzeitstänzerpaar. Zum Stecher W. (v.) Franken vgl. das Kapitel Zeitgenössische Beiträger. Die Erklärung des Blattes fehlt in der ZfE. Es sollte als Illustration des fiktiven Briefs Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages dienen, um das positive Bild eines früheren Kaufmanns den Zeitgenossen als Vorbild hinzustellen (s. Anhang). Arnim erwähnt dort die Graphik: Ich lege ihnen die Abbildung bey des Kaufmanns

und seiner Frau, wie sie früh Morgens im funfzehnten Jahrhunderte zur Messe gehn (vgl. Wallfahrttheater; 563,2–4). Der Umschlag zum April-Heft führt den Kupferstich unter dem 2. St. auf: Als Beylage zur Bewillkommung ein frommes altdeutsches Ehepaar, die Erklärung folgt künftig. An Bettine schrieb Arnim am 7. April (FDH 7255: Du arme Krankenwärterin! Das glaube 〈. . .〉): Ich schicke Dir ein andres Exemplar von der Zeitung mit dem vierten Stücke, sag mir doch, wie Dir die Kupfer gefallen, die Frau auf dem ersten Bilde mit ihrer Sanftmuth habe ich gar sehr lieb. 753

Kommentar

ZfE 2

6. April: 15,3–10

Von 〈. . .〉 Schlegel] Quelle

Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Ein Beitrag zur Begründung der Alterthumskunde. Nebst metrischen Uebersetzungen indischer Gedichte, Heidelberg: Mohr und Zimmer, erschienen Mai 1808, S. 279f. F. Schlegel stellt die Bemerkung voran: Das folgende Stück handelt von dem Unglück des Daseins und von dem ewigen Kreislauf der Dinge, dem steten Wechsel der bald neu erwachenden bald wieder in Schlummer zurücksinkenden Grundkraft. (S. 279) Varianten gegenüber der Q: 15,4

Endes] Zieles; Freud-] Freud’

15,7

stets hin] stetshin ZfE

Druckfehler

Arnim erhielt durch den Verleger die Möglichkeit zu Vorabdrucken. Friedrich Schlegel hatte sein Ms. Ende 1807 Zimmer übergeben und korrespondierte 1808 ausführlich mit Zimmer über die Drucklegung (Jenisch 1921 passim; vgl. Kapitel Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen). Er beklagte auch gegenüber seinem Bruder August Wilhelm den langsamen Druck und die Druckfehler (Körner 1936–1958, Bd. I, S. 494, 526, 533, 542, 583). Clemens Brentano schrieb dazu an die Brüder Grimm (Steig 1914, S. 15). Jacob Grimm lobt das Buch im Brief an Savigny vom 13. Juni 1808 (vgl. Schoof 1953, S. 52). 15,12–25,27 Der freye setzung von ZfE1.

Dichtergarten 〈. . .〉 Arnim: Gedichte Arnims. Fort-

754

Zu ZfE 2

15,15–16,24

Kritik. Ein recht Gemüth 〈. . .〉 offen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 492. Überlieferung

H: FDH Pergamentband I, Nr. 106, Bl. 70r, (Anfang 1806)

Varianten gegenüber H, vor der Überarbeitung In vierzeiligen Strophen notiert, Überschrift: 15,18 jede] manche 15,20 diesem] einem 15,21 Jener] jede 16,1 Doch] Und 16,2 Ihr] Ein 16,17 : Die Nachtigal 16,18 sie sich] sich hier im

Ein recht Gemüth.

Vertonung von Louise Reichardt in ihrer 2. Sammlung

Zwölf Gesänge mit Begleitung des Forte-Pianos Componirt und Ihrer geliebten Schwester Friederika Zugeeignet von Louise Reichardt. Hamburg. Bey Johann August Böhme, die 1810 erschien, S. 10 (vgl. Moering 1990, S. 223f.; Moe-

ring 2006 I, S. 18 u. 38f.).

Erläuterungen Der Titel Kritik wurde für die ZfE eingefügt; die Nachtigall läßt sich in ihrem Singen durch keine Kritik stören. Der Falk der vierten Str. ist in der Bildlichkeit des Liedes ein Falke; doch bezieht sich Arnim möglicherweise auf Johannes Daniel Falk, der das Wh kritisiert hatte, worüber Brentano an Arnim um den 15. Februar 1806 (Ich habe deinen lieben Jüngsten 〈. . .〉; FBA 31, S. 493) schrieb: Die an Pedanterei gränzende Rezension Falks,

der mit schlechten Todenmasken verstorbener Dichter Puppen spielt, ist merkwürdig, weil er blos die Abhandlung rezensirt, und am Ende dich so ganz prächtig gekrönt entläßt in diesen seinen Ersten Blättern kann er die Sonnenflekken vor seinen Augen, die er in deiner Abhandlung holt, noch gar nicht los werden, und erwähnt deiner Sätze noch zweimal am dritten Ort. Die Rezension erschien in Falks Zeitschrift Elysium und Tartarus (8. und 12. Januar 1806; vgl. Schultz 1998, S. 853). Arnim antwortete am 12. März 1806 aus Neustrelitz (Von meiner Krönung 755

Kommentar

Abb. 16: ZfE 2: Louise Reichardt, Ein recht Gemüth . . . In: Op 2 (1810). Exemplar FDH Not IX/R 11/4 (Foto)

durch den 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,5, Bl. 142r–149v; WAA XXXII Nr. 431): Von meiner Krönung durch den Papst Falk 〈. . .〉 weiß ich nur aus Deinem Briefe, wo die Rezension des ersteren steht, kann ich nicht einmal daraus erfahren. Brentano erneut (Heidelberg, kurz vor dem 20. Mai 1806: (Ich stehe in großer Schuld 〈. . .〉; FBA 31, S. 519; Härtl: Ende April/Anfang Mai; vgl. WAA 32): Sehr leid thut mir es für den armen Falk, daß dir seine Elisium und Tartarus so ganz unbekannt ist, jezt wirst du doch wohl deine Apotheose in den ersten Blättern gelesen haben, er wiederholt dich und das Wunderhorn noch oft 〈. . .〉. Arnims Antwort ähnelt der letzten Strophe des vorliegenden Gedichts (Berlin, 14.

Auf Aktenpapier! Geschäfte! Luft! Sakerment 〈. . .〉): Wenn ich Falk sehe will ich ihm ein Paar Lerchenlieder von mir geben, da mag er drüber hinjagen, er will sie fressen und sie singen ihm. 16,13–14 : Nach Mt. 12,34 bzw. Lk. 6,45. Juni 1806;

16,25–17,8

Krankheit. Wehe, wehe, daß dem Schlechten 〈. . .〉 durch-

kreisen?] Ricklefs Lyr.-Reg. 1604. Gedicht nur hier überliefert. 756

Zu ZfE 2

Der Dichter beschwört die Götter, daß sie von einer Sängerin die Krankheit fortnehmen, da sie die Götter preist. 17,9–18,19 Zeit. Lyr.-Reg. 748.

Hiebevor als wir Kinder waren 〈. . .〉 hinnen.] Ricklefs Entstehung

Diesem Gedicht Arnims liegt ein mittelalterliches Lied zugrunde, das sogenannte Kindheitslied des Wilden Alexander, eines fahrenden Sängers aus der 2. Hälfte des 13. Jhd. s. Vgl. Wolfgang Stammler, Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Bd. I. Berlin-Leipzig 1933, S. 59; dazu: ZfdPH 98, 1984, Sonderheft; Franz Joseph Worstbrock: Das »Kindheitslied« des Wilden Alexander. Zur Poetik allegorischen Dichtens im deutschen Spätmittelalter. In: Medium aevum deutsch. Beiträge zur dt. Literatur des hohen und späten Mittelalters. FS. Kurt Ruh. Hg. v. Dieter Huschenbett u. a. Tübingen 1979, S. 447–465; Ricklefs, Werke 5, S. 1347f. Die im Verfasserlexikon genannte Heidelberger Hs. lag nach Ricklefs Arnims Bearbeitung zugrunde; Wiedergabe der Q hier nach dem Abdruck in: Die deutsche Literatur. Texte u. Zeugnisse. Hg. von Walther Killy u. a. Bd. I,1: Mittelalter. Hg. v. Helmut de Boor. München 1965, S. 568f. (hier linke Spalte). Härtl (WAA 32/2, S. 953f.) nimmt als Quelle Arnims den folgenden Druck an: Christoph Heinrich Müller,

Samlung deutscher Gedichte aus dem XII., XIII. und XIV. Jahrhundert, Bd. II, Berlin 1785, S. 144 (Jenaer Liederhandschrift; Google books); dafür spricht die Form des ersten Worts (hier rechte Spalte).

1 Hie vor, doˆ wir kinder waˆren und diu zıˆt was in den jaˆren, daz wir liefen uˆf die wisen her von jenen wider ze disen, daˆ wir under stunden vıˆol vunden, daˆ siht man nuˆ rinder bisen. 2 Ich gedenk wol, daz wir saˆzen in den bluomen unde maˆzen, welche diu schoenest möhte sıˆn.

CIL. Hiebevorn da wir kinder waren. Und die tzit was in den iaren. daz wir liefen of die wesen. von ienen her wider tzu desen. da wir understunden. fiol vunden. da sicht man nu rinder besen. CL. Ich gedenke wol daz wir sazen. in den blumen unde mazen. wellich die schoneste muchte sin. da scheyn unser kintlich schyn.

doˆ schein unser kintlich schıˆn 757

Kommentar

mit dem niuwen kranze zuo dem tanze: alsus geˆt diu zıˆt von hin. 3 Seht, doˆ lief wir ertber suochen von der tannen zuo der buochen über stoc und über stein, der wıˆl daz diu sunne schein. doˆ rief ein waltwıˆser durch diu rıˆser: »wol dan, kinder, und geˆt hein!« 4 Wir enpfiengen alle maˆsen gestern, doˆ wir ertber laˆsen; daz was uns ein kintlich spil. doˆ erhoˆrten wir soˆ vil unsern hirte ruofen unde wuofen: »kinder, hie geˆt slangen vil.« 5 Ez gienc ein kint in dem kruˆte, daz erschrac und rief vil luˆte: »kinder, hie lief ein slang ˆın, der beiz unser gfeterlıˆn, daz enheilet nimmer; ez muoz immer suˆren unde unsaelic sıˆn.« 〈. . .〉

mit dem nuwen krantze. tzu dem tantze. alsus get dis tzit von hyn. CLI. Set do liefe wir ertberen suchen. von der tannen tzu der buchen. uber stoc unde uber steyn. der wile daz die suune scheyn. do rief eyn walt wiser. durch die riser. wol dan kinder unde get heyn. CLII. Wir untfiengen alle masen. gestern do wir ertbern azen. daz was uns ein kintlich spil. do er horte wir so vil. unsen hirten rufen. unde wufen. kinder hie get slangen vil. CLIII. Es gieng ein kint in dem krute. daz irscrac unde rief vil lute. kynder hie lief eyn slang in. daz beiz unser phetierlin. daz ne heilet nymmer. ez muz ymmer. suren unde unsalic syn. 〈. . .〉

Arnim verwendete nur die erste bis fünfte Str. des siebenstrophigen Liedes und schrieb die zweite Str. gänzlich neu, behandelte die übrigen auch frei. Im Brief an Bettine aus Göttingen vom 7. September 1806 (FDH 7229: Ich lese Ihren lieben Brief 〈. . .〉) zitierte Arnim näher am Original die erste Str.: Ich

war heute mit Blumenbachs nach Mariaspring, ein Felsenbusen voll prächtiger Eichen, ein helles Wasser füllt vorne ein ausgehauenes Bekken, worüber ganz wunderbar eine Buche ihre breiten schattigen Arme deckt, den Felsen hinein wurde getanzt 〈. . .〉. Meine Damen waren zu vornehm, um da zu tanzen, es wandelten manche verlorne Kinder mit umher, das that mir leid, ich habe selten soviel Lust zum Tanzen gehabt 〈. . .〉, ja ja hiebevor da wir Kinder waren, und die Zeit war in 758

Zu ZfE 2

den Jahren, daß wir liefen auf den Wiesen, von jenen herwieder zu diesen, durch unsre Stunden Violen wunden, da sieht man nun so hinein! Druckfehler 17,13 herwieder] hernieder entsprechend der Quelle

ZfE; herwieder in Arnims Brief an Bettine Erläuterung

18,13–18 Während die Schlange – wohl in Anklang an die verderbliche Paradiesesschlange – in Q den Vetter beißt und damit unheilbar verletzt, gibt Arnim ihr eine positive Bedeutung: Sie schließt sich zum Ring und stellt damit ein Ewigkeitssymbol dar. 18,20–19,24 Freundschaft. Der gewesen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 264.

Blinde schleicht am Wanderstabe 〈. . .〉

Entstehung Mit ziemlicher Sicherheit ist die Entstehung des Gedichts angeregt durch Brentanos Singspiel Die lustigen Musikanten, welches um das schon im Godwi veröffentlichte Lied Da sind wir Musikanten wieder 〈. . .〉 entworfen wurde (vgl. Brentano-Kat. 1978, S. 47). Arnim lernte es durch den D kennen. Er schrieb Brentano aus Paris am 6. Juni 1803, nach einer dichterischen Variantion des Stückes (Du erhältst meinen lezten Brief 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 258): Deine lustigen Musikanten sind reich und eigenthümlich

wie es vielleicht ausser Hayden keinen einzigen Musikanten giebt, lustig sind sie aber, daß sich Gott erbarme nicht, sondern eins der rührend ergreifendsten Stücke die ich kenne. Die Musikanten des Singspiels sind ein blinder Greis (Piast) mit seiner musikalischen Tochter (Fabiola) und einem lahmen Knaben, den er aufgenommen hat und den Fabiola auf dem Arm trägt. Sie erscheinen zuerst im Vierten Auftritt, wo Fabiola und Piast das Duett Hör, es klagt die Flöte wieder 〈. . .〉 singen, das mit den Versen des Piast endet:

Durch die Nacht, die mich umfangen, Blickt zu mir der Töne Licht. In Arnims Gedicht werden die Welt des Blinden und des Knaben einerseits und die der Musik andererseits getrennt, deutlich noch erkennbar im Entwurf. Den unglücklich im Leben Verbundenen wird der einsame Erzähler mit seiner

759

Kommentar

Laute gegenübergestellt. Vgl. die abweichende Deutung von Ricklefs (Werke V, S. 1348). Vermutlich ist Arnim weiter durch die Gestalt des Ossian und durch den Harfner aus Goethes Wilhelm Meister angeregt worden.

Überlieferung Zwei Hss. gehen voraus: H1: FDH G 184 Auf der Wanderung. Entwurf auf einer frühen Mischhandschrift. Das französische Papier trägt die Wz: Muschel und den Namen Durandau. Der Titel ist offenbar später notiert. Auch Korrekturen über den Zeilen entstammen einer späteren Überarbeitung. H2: FDH Pergamentband I, Nr. 138, Bl. 132v, gestr., (um Februar 1806).

Varianten 1

H Text in der frühesten Schicht:

Der Blinde schleicht am Wanderstabe, Die Sonne tauchet sich ins Meer Er trägt an einer Last so schwer Und doch ist sie ihm seine liebste Habe, Er trägt vom Fall den Knaben her, Der ihn geführt, ihm suchte milde Gabe, Er trägt ihn treu zum sichern Grabe, Ihn tödtete ein Schlangenthier. So trug ich auch die öde Laute, Mein Herz war traurig ganz bey dir, Als ich vor mir ein Mägdlein schaute. Ich sah im Träumen dich in ihr. Umfasse sie, der Täuschung traute, Sie sind wohl blind? sagt sie zu mir Und stöst sie fort als sie gewandt zu mir. H2

Auf der Wanderung Der Blinde schleicht am Wanderstabe Weiß nicht, daß schon die Sonn im Meer, Er trägt an seiner Last so schwer, Und die ist seine einzge Habe. 760

Zu ZfE 2

x Er trägt so treu zum sichern Grabe Den Knaben, der ihn führt bisher Ihn toedete des Räubers Speer, Der ihn geführt erbettelt milde Gabe. x Zwischen die Strophen Entwurf für Str. 3 der ZfE gequetscht, weiter: So 〈zu Ich〉 trug der Einsamkeit Vertraute, Den Brief 〈zu: Die Laut〉 zerschmettert noch mit mir, Mein Herz war träumend ganz in ihr Als ich vor mir ein Mägdlein schaute. Ich hört in ihr die rechten Laute, Und fingerte auf ihrem Mund, Sie sind wohl blind? fragt sie zur Stund, Ich stieß sie fort, weil sie nicht traute. 19,2: Zu der Zeile findet sich eine ähnliche Notiz auf einem früheren Gedichtblatt (es fällt seine Laute von Fels; H: FDH G 52; vgl. Renate Moering, Wär mir Lautenspiel nicht blieben. . . . Ein Gedicht Achim von Arnims über tröstende Musik. In: Romantik und Exil. FS Konrad Feilchenfeldt. Hg. v. Claudia Christophersen u. Ursula Hudson-Wiedenmann. Würzburg 2004, S. 68). In das Drama Die Gleichen fügt Arnim eine ausführlichere Fassung des Gedichts ein, die Plesse und der Graf nacheinander sprechen. (D: 1819, S. 92–94.)

Druckfehler 18,28

Gabe] Gaben, ZfE

Louise Reichardt vertonte das Gedicht schon nach der Handschrift, wie aus dem Brief ihres Vaters vom 22. April 1806 hervorgeht; Reichardt schreibt aus Giebichenstein, zugleich im Namen von Louise (L.) (Den herzlichsten Dank von uns allen 〈. . .〉): Auch für die einzelnen Gedichte dank’ ich u.

L. gar schön; L hat den Wandrer wieder schön einfach componirt, jede Strophe und jedes Wort paßt vollkommen zu der Melodie. Hören Sies nur recht bald. (Moering 2006, II, S. 19) Die Vertonung publizierte Louise Reichardt erst 1811/12 in ihrer dritten Liedersammlung: XII Gesaenge mit 761

Kommentar

Begleitung des Fortepiano’ s. Componirt und ihrer jungen Freundinn und Schülerinn Demlle Louise Sillem zugeeignet von Louise Reichardt. Drittes Werkchen. Vgl. Moering 2006, II, S. 19 u. 38f.

Abb. 17: ZfE 2: Louise Reichardt, Der Blinde schleicht am Wanderstabe In: Op 3 (1811/12). Exemplar FDH Not IX/R 11/2

...

19,25–20,10 Die Kunst. Sonnet. Das Jagdhorn schallt, es blinkt der Wald von Rossen 〈. . .〉 herzen!] Ricklefs Lyr.-Reg. 225.

Überlieferung Zu Arnims Lebzeiten nur hier überliefert. In Bettines Gedichtausgabe (SW 22, S. 191) textlich abweichend unter dem Titel Der Kunstverein.

Erläuterungen Das Gedicht ist das erste Sonett, welches in der ZfE steht; diese Form wird von Voß in der Folge heftig angegriffen. Die Entstehung von Kunstwerken wird mit der Schwangerschaft verglichen; die Kunst braucht Gemeinschaft, der Künstler schätzt auch fremde Kunst wie fremde Kinder.

762

Zu ZfE 2

20,11–25,26 Dichter Wald der Dichter 〈. . .〉 andächtig!] Ricklefs Lyr.-Reg. 975. Als Zyklus nur hier überliefert. Die Überschrift ist eine Anspielung auf den traditionellen Titel Silvae für eine lyrische Sammlung (vgl. Kommentar zu ZfE1 zum Dichtergarten). Das Wortspiel auf Dichter deutet die prinzipiell humorvolle Stimmung an. Zwischen die einzelnen Temperamente tönen nun – räumlich empfunden – Ferne Stimmen hinein, deren Chor zum Schluß geschlossen zu hören ist, als sie in die Nähe gekommen sind, nun Nahe Stimmen. Es ist eine Gruppe von Mädchen, deren Stimmen hier ertönen, wie sie Arnim in den Töchtern des Reichardtschen Hauses begegnet sein kann.

Varianten 23,16–31 Wie die Bäume vor dem Fenster 〈. . .〉 Drang.] Vgl. die Variante des Gedichts (Ricklefs Lyr.-Reg. 1711) in SW 23, S. 12: Abendempfindung: Wie die Tage nehmen ab 〈. . .〉, dazu H: GSA 2.1, Bl. 15r (Nr. 118), ca. 19,4 x 12 cm; Wz: Wappen, beschnitten:

Abendempfindung. Wie die Tage nehmen ab! Dunkel wird’s hier wie ein Grab, Abend glänzt, die Bäum am Fenster Funkeln, rauschen hin und her, Und die Schwalben, wie Gespenster Schiessen pfeilschnell kreutz und quer. In den Büchern wird es trübe Aller Sinn mir fast vergeht, Zwielicht scheut der Weisheit Liebe, Lieb’ im Freyen sich ergeht; Und die Nächte nehmen zu Zu der Liebe Lust und Ruh. Druckfehler 23,31

Nah] Nach, ZfE

763

Kommentar

Erläuterungen 22,10–12 Wenn das meine Mutter wüste 〈. . .〉 müste] Volksliedeinsprengsel. Vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. 1376. Vgl. Arnims Ausarbeitung eines volksliedmäßigen Kettenlieds Laurentia (FDH G 344; D: Heinz Rölleke, »Laurentia« Eine bislang ungebruckte Volksliedbearbeitung Achim von Arnims. In: GRM N.F. 23, 1973, S. 476–480; Zitat dort S. 478, Z. 50–54). Das Wasserzeichen BUTTANSHAW 1803 deutet eher auf die engl. Jahre als auf die Wh-Zeit hin, was erklären würde, warum die Hs. nicht im Wh-Material überliefert ist, sondern bei den Gedichten. Im Wh in anderer Fassung (FBA 7, S. 212; FBA 9/2, S. 346f.). In der Erzählung Prediger Tanner zitiert Arnim ebenfalls das Liedchen (Werke III, S. 434f.; vgl. Kommentar S. 1191f.):

Soll ich schon sterben Bin noch so jung Wenn das meine Mutter wüßt, Daß ich schon sterben müßt Sie würd sich grämen Bis in den Tod. Der Text gehört nach dieser Erzählung zu einem Spiel, nämlich

Dreschen, wobei wechselweise die Hände in möglicher Schnelligkeit zusammengeschlagen werden. 22,13 Heute 〈. . .〉 todt!] Sprichwort, vgl. Wander II, Sp. 637, Nr. 90. 23,16–31 Wie die Bäume vor dem Fenster 〈. . .〉 Drang.] Vgl. die ähnliche Situation in der Euklid- und Gartenhausszene der Päpstin Johanna (SW 19, S. 108f., 114–132; WAA 10/1, S. 57–60; 10/2, S. 887). 24,29 beglücket] Pfaff ändert wegen des identischen Reimes (vgl. 25,1) in »gedrücket«, was aber keinen Sinn ergibt. 25,28–29 Die Melodieen 〈. . .〉 Folge.] Vgl. die einzelnen Nachweise. Arnim bemühte sich, ebenso wie Illustrationen, auch Vertonungen der ZfE beizufügen. Davon zeugt sein Brief an Bettine vom 20. April 1808 (FDH 7258: Ich danke Dir herzlich, daß 〈. . .〉): Du kannst mir ohne Mühe einen Gefallen thun, wenn Du Dich gelegentlich bey Ho〈f〉fmann erkundigen

wolltest, was der Bogen vier Blätter Noten in 4o bei Andre im Steindruck kosten, wahrscheinlich weiß er es und kann es Dir wohl auf ein Blätchen schreiben. Bei Andre´ in Offenbach erschienen zuerst Noten in Lithographien. Zahlreiche Steine sind heute noch erhalten. Hoffmann war Bettines Musiklehrer in Frankfurt. Eine Antwort auf seine Frage erhielt Arnim am 25. April von Bettine (Es mag so seyn wie . . .). Andre´ druckte 1810 die

Vier und zwanzig Lieder aus dem Wunderhorn mit bekannten meist 764

Zu ZfE 2

älteren Weisen beym Klavier zu singen, die ebenfalls in Heidelberg bei Mohr und Zimmer erschienen (vgl. Steig 1913, S. 133).

Rezeption Wilhelm Grimm schrieb über den Beginn der Zeitung mit Arnims Gedichten am 10. April 1808 an Friedrich Carl von Savigny (Schoof 1953, S. 42): Die

drei ersten Blätter von der Zeitung für Einsiedler sind vor einigen Tagen hierhergekommen. Die Lieder von Arnim darin sind mir sehr viel wert, ob sie das Blatt werden gehen machen weiß ich nicht, es liegt mir auch nichts daran, vielmehr wünsche ich daß es nur ein Viertel- oder Halbjahr dauere, sonst wird es etwas fabrikmäßiges und nicht freies. Auch Jacob Grimm lobte Arnims Lyrik am 18. April 1808, sogar gegenüber dem virtuosen Dichter Ludwig Tieck, als er über den Einsiedler schrieb: Die Lieder von Arnim sind mir das liebste (E[dmund] Stengel, Zwei Briefe Jakob Grimms an Ludwig Tieck und Clemens Brentano sowie ein Briefchen von Clemens Brentano an und ein Zeugnis Savignys für Jakob Grimm, in: Festschrift für W. Vietor, 1910, S. 154).

765

Kommentar

ZfE 3

9. April:

Als 〈. . .〉 Schlegel] Überarbeitetes Zitat aus Friedrich Schlegel, Ueber die Sprache und Weisheit der Indier. Vgl. ZfE2.

26,3–17

Varianten gegenüber Q 26,3–10 Als 〈. . .〉 all.] Q S. 280. 26,3 Als 〈. . .〉 hatte] Als dieß All nun und mich erzeugt 26,11–13 So 〈. . .〉 unwandelbar.] Q S. 281; vorher Auslassung einiger Verse. 26,14–16 Zahllose 〈. . .〉 für.] Q S. 283 (Bhrigu spricht). 26,19–30,18

Denksprüche 〈. . .〉 Tod! –] Entstehung

Arnim zitiert aus einem Werk Jean Paul Friedrich Richters, das wenig später, vermutlich Ende April, bei Mohr und Zimmer erschien. (Vgl. den Umschlag des April-Hefts.) Jean Paul setzt sich mit den Folgen des Endes des Deutschen Reichs auseinander, dessen Untergang im Jahr 1806 er durch politische und moralische Fehler begründet sieht; Napoleon erscheint ihm zu dieser Zeit als Genius, der Europa modernisieren und befrieden könne. Die direkte Anregung zu der Friedens-Predigt ergab sich ihm durch die Zuschrift einer anonymen Bewundererin seiner Levana oder Erziehlehre (Braunschweig 1806, datiert 1807): Mutterruf an Levana’s Vater, datiert auf den Augustmonat 1807 (vgl. Schlechter 2008, Titel: S. 80, Reprint, S. 81–150, Nachwort; Brief S. 88–93). Jean Paul schickte das Ms. am 28. Februar 1808 an Mohr und Zimmer mit den Worten: Die Verspätung des hier folgenden

Mspts. kommt auf die Rechnung des Winters, der immer gern das Leben so kurz machen möchte als die Tage. Diese Friedenspredigt wird bei den jetzigen politischen Krisen viele Leser und – der Himmel 766

Zu ZfE 3

gebe – auch andächtige Zuhörer finden 〈. . .〉. Auch bitt’ ich Sie, dem Werkchen, das eine Flugschrift sein kann, Flügel zu verleihen, nämlich es zu brochieren (ebd., S. 99). Jean Paul klagte am 22. Mai in einem Brief an seinen Freund Christian Otto über Druckfehler und Eingriffe des Zensors Franz Ignaz Wedekind (vgl. ebd., S. 100f.). Schon am 15. Mai 1808 erschien eine Rezension von Charles de Villers. Arnim fragte am 12. März 1808 bei Jean Paul an (Zitatanfang ebd., S. 115; D: Paul Nerrlich, Vier Briefe an Jean Paul. In: Deutsche Revue 14, 1889, Bd. II, S. 338f.): Ich bedaure es, verehr-

ter Mann, daß meine erste Annäherung zu Ihnen ein literarischer Bettelbrief seyn muß; ich habe eine Zeitung für Einsiedler unternommen, die ich doch nicht immer mit meinen sieben Sachen zeitigen möchte, ich lege die Ankündigung bey, welche das Glück gehabt hat meist mißverstanden zu werden, also niemand in dem zu beschranken, was dazu mitgetheilt werden könnte. Ich könnte Sie vielleicht mit der Geschichte der traurigen Verfolgungen rühren, die ich wegen dieser armseligen Ankündigung erlitten, mir etwas von Ihrem Reichtume zu gönnen, etwa ein Stück der Friedenspredigt, über die sich mein Verleger freut; aber aufrichtig gesagt, nachdem ich die große Preußische Pestilenz mit angesehen, ist mir die kleine literarische Impfung gar nicht mehr gefährlich, ein kleiner Stich, nichts weiter. Arnim versuchte außerdem, Jean Paul zu einer literarischen Skizze anzuregen, wohl auch für die ZfE, denn das erzählte Erlebnis erinnerte ihn an dessen Stil: Mich quält

außerdem etwas ganz andres, wovon Sie mich vielleicht befreyen können. Als ich bey Beyreis in Helmstädt war und ich mit ihm aus allen den Schätzen bey der Küche vorbey ging, wo statt gewöhnlicher Kochtöpfe einige Retorten langsam destillirten, und ging durch den kleinen wüsten Garten, wo alle Bäume so wunderlich beschnitten und einige magere Katzen auf und niedergingen und sah den alten Mann mit der Mandoline und den Flötenspieler mit der Flöte und die Ente mit ihrem Futter, da ist es mir so jämmerlich einsam geworden und wieder so herrlich wunderbar in allem was er besitzt und was er dazu faselt, daß ich wünschte den Eindruck darstellen zu können, das führt mich aber in solche Unmöglichkeiten, es reist mich in allerley alte Geschichten, wobey mir die Luft ausgeht, ist es Ihnen nicht möglich mir dieses Bild von Kometeneinsamkeit abzunehmen, ich habe keine Farbe und keinen Pinsel dazu 〈. . .〉. Sie skiziren das leicht in einer Nebenstunde, wie Michael Angelo zu seiner Erholung und Bewegung die Steine zu Statuen umarbeitete. Ich fühle sehr wohl, daß Sie mich mit der Unbescheidenheit dieses Briefes vor aller Welt lächerlich machen könn767

Kommentar

ten, wenn er nicht an Sie gerichtet wäre und so unterschreibe ich ihn zutraulich mit der Versicherung meines herzlichen Danks für Ihren Siebenkäs und einer Hochachtung, woran ich wünschte, daß Ihnen mehr gelegen, als ich erwarten kann. Arnim gab als Adresse den Buchhändler Zimmer in Heidelberg an. Jean Paul erteilte dem Verleger die Genehmigung am 20. März (vgl. Jean Paul, Sämmtliche Werke, Abt. III, Bd. 5, S. 380f.). Beim Druck der Auszüge in der ZfE am 9. April war das Buch noch nicht erschienen; Arnim bedankt sich für des Verfassers Erlaubniß zum Vorabdruck (30,25f.). Aufbau, Absicht und Predigt-Stil des Werks analysiert Schlechter eingehend (Schlechter 2008, passim).

Varianten gegenüber Q

Friedens-Predigt an Deutschland gehalten von Jean Paul. Heidelberg, bei Mohr und Zimmer. 1808. Der Vergleich der beiden Texte bringt für die ZfE einige Korrekturen sinnentstellender Druckfehler. Diese und andere Abweichungen sind im Folgenden nachgewiesen, nicht jedoch Abweichungen in Rechtschreibung und Interpunktion, die den Sinn nicht berühren. Das Buch enthält Kapitelüberschriften, die jeweils hier mitgeteilt werden. 26,22–27,2

Der Krieg 〈. . .〉 gen Himmel.] Kapitel: Der kleine Krieg in

der Brust. S. 1. 27,2–14 In jeder Sünde 〈. . .〉 erblicken.] S. 2. 27,2 wohnt] wehet ZfE wohnt Q 27,9 Krieges] Kriegs Q 27,10 Siegeshelden] Siegshelden Q 27,11 betrachten] beobachten ZfE 27,12 Heeres] Herzens ZfE Heeres Q 27,14–17 Gab 〈. . .〉 jetzt.] Kapitel: Die neuen Fürsten. S. 3. 27,17 oder] oder einer Q 27,17 ist es] ist Q 27,18 Napoleon 〈. . .〉 übrigen!] Kapitel: Das deutsche Reich. S. 14. 27,18 Napoleon] Napoleon, oder wer es vermag, Q 27,18–25 Man 〈. . .〉 gründet?] Kapitel: Vaterlands- oder DeutschlandsLiebe. S. 18 auch] z. B. Q 27,21 Wiedergeburtsstadt] ästhetische Wiedergeburtsstadt Q 27,19

768

Zu ZfE 3

27,25–28 Rechtlichkeit 〈. . .〉 kann.] S. 19. 27,25 Rechtlichkeit, sie] Rechtlichkeit Q 27,28 Beynamen des Rechtlichen] Beinamen, der Rechtliche, Q 27,29–36 Bis 〈. . .〉 sind.] Kapitel: Franzosen – Deutsche. S. 21f. 27,32 Goldbelag] Gold-Beleg Q 27,32 und] und der Q 27,37–28,1 Wenn 〈. . .〉 Vertilgungs-Friedens.] S. 22. 27,37–38 ungebildete 〈. . .〉 auflöst] ungebildete auflöst und polypenartig in sich verwandelt Q 28,1–8 Weniger 〈. . .〉 Freyheit?] Kapitel: Politische Freiheit. S. 24. 28,4 ganze] ganz Q 28,8–20 Aus 〈. . .〉 bewahren;] S. 24f. 28,8 einem] einem bloßen Q 28,13 die] welche Q 28,20–21 ein geistig 〈. . .〉 zurück.] S. 27. 28,21–23 Die Kraftlosigkeit 〈. . .〉 Gesetz. ] S. 27. 28,22 will] will immer Q 28,23 heißt] heißt eben Q 28,23 Zur 〈. . .〉 Preßfreiheit.] S. 28. 28,23–30 Unten 〈. . .〉 lösen?] S. 28f. 28,28–29 den Bürgern] den Bürger ZfE den Bürgern Q 28,30–35 Man 〈. . .〉 niederreißt.] S. 29f. 28,34 hätte] hatte Q 28,36–39 Zum Glücke 〈. . .〉 halten.] S. 25f. 28,39–29,3 Wann 〈. . .〉 zusammenträten.] Kapitel: Luxus. S. 36. 29,3–14 Himmel 〈. . .〉 gebt.] S. 36f. 29,10 inne] innen ZfE inne Q 29,10 eure] euere Q 29,11 aushölen und verzehren] verzehren und aushölen Q 29,11 bessres] beßeres Q 29,11–12 vorkehrt] vorkehret Q 29,14 schlechten] schlechtern Q 29,14–19 Verarmung 〈. . .〉 verschwenden;] S. 31. 29,14–15 Gemeinwesen 〈. . .〉 dem Einzelwesen] Einzelwesen, so noch mehr den Völkern Q 29,18 die Deutschen] die Deutschen – Beispiele zeigen sich – sogar schon – Q 29,19–21 Schätze 〈. . .〉 gehoffte.] S. 31.

769

Kommentar

29,21 Aber 〈. . .〉 helfen?] S. 39. 29,21 Die Männer] S. 39. 29,21–22 den weiblichen 〈. . .〉 unterthan;] S. 39. 29,22–28 die Weiber 〈. . .〉 Mütter.] S. 40. 29,27 andre] andere Q 29,27–30 Aber 〈. . .〉 bescheren.] S. 41. 29,30–30,13 Das zweite 〈. . .〉 angenommen.] Kapitel: Geschlechts-Enthaltsamkeit. S. 47f. 29,34 ist] ist nach Bonnet Q 29,35 Was] Was nun Q 29,38 Zucht 〈. . .〉 Religion] Zucht, Ehrbarkeit u. s. w. ist Sitte oder Religion wie in der Vorzeit in der Schweiz u. s. w. Q 30,1 hülfe] hälfe Q 30,9 Erkenntnißbaume] Erkenntnißbaum Q 30,13–17 O 〈. . .〉 muß.] Kapitel: Hoffnungen und Aussichten. S. 79. 30,17–18 Schafft 〈. . .〉 Tod!] S. 80. Die Nachbemerkung stammt von Arnim: 30,30–31 weil wir 〈. . .〉 verstehen] Wohl Anspielung auf das lat. Sprichwort: »Si vis pacem, para bellum.« 30,35–31,12 lieber Freund 〈. . .〉 Einsiedler.] Clemens Brentano schrieb an Arnim am 15. März 1808 aus Kassel (Ist es weil du lange 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 251r–253v): 〈. . .〉 dann sollst du am besten in den

ersten Blättern eine〈n〉 klaren und ernsten Aufsatz folgen laßen, recht herzlich und warm, über die Mishandlung, unter welcher das Vortrefliche und Geniale unsrer Litteratur und Kunst immer nur langsam hervordringen kann, und durch welche das Göttliche Kind in seiner Unschuld oft wie Hunde verschlagen wird und muthlos stirbt, hiebei wäre anzuführen, wie alles junge und muthige von dem Blatte in seiner platten Zeit, über die es hinaus strebt stets mishandelt wird, wie alle die Zeitungen biß jezt darnach gestrebt, wie selbst versteinerte Geister (Voß) tödlich wirken möchten, die fruchtlosen Bemühungen Gegen Lessing, gegen Göthe, gegen Tieck, gegen Schlegel, die Gottschedianer Nikolianer, etz. recht ruhig und würdig gegen die Unterdrücker, wie die Zeit endlich armseelig nach muß, wie die gutmeinenden Kindermörder endlich selbst zu Kreuz kriegen, und wie sie sich bezeichnen mit dem Kreuze um neue zu erschlagen. Wie traurig ist die Anzeige im Morgenblatt gegen die Einsiedler. Ich wünschte eben deswegen diese ernste Anzeige, welche alle treflichen für unsre Zeitung 770

Zu ZfE 3

gewinnen müste. Brentano hatte die Anzeige des Morgenblatts vom 7. März (2. Jg., Nr. 57, S. 228) gelesen (s. o.). 31,8 Gottschedianern, Nikolaiten, Merkelumpen] Angriff von Brentano (aus dem Brief) und Arnim gegen die Aufklärer: Johann Christoph Gottsched (1700–1766), der als Reiniger der deutschen Bühne den Hanswurst vertrieb (vgl. Genoveva beim Lipperle); Friedrich Nicolai (1733–1811), er lehnte Klassik und Romantik ab, war schon von Goethe und Schiller in den Xenien (1796) verspottet worden; sein feyner kleyner Almanach (1778) mit Volksliedparodien wurde trotzdem Q für das Wh (vgl. FBA 9/3, S. 750–752); Garlieb Merkel (1769–1850), Hg. des Freimüthigen zusammen mit Kotzebue (vgl. 〈Apfelhüterin Friederike Baumannin〉). 31,16–23 das Kind 〈. . .〉 herausgegeben.] Die Anatomie wird auch thematisiert in Arnims Prosatext Nekrolog, der vermutlich für die ZfE verfaßt worden war (D bei Wingertszahn 1990, S. 516f; vgl. Anhang). Wohl eine Anspielung darauf, daß Voß in Heidelberg das frühere Anatomiegebäude bewohnte. Das Kindermährchen ist eine Variante vom Märchentyp A. Aarne u. S. Thompson, The Types of the Folktale. 2. Aufl. Helsinki 1961, Nr. 366 (ein Toter fordert gestohlene Organe zurück); vgl. Heinz Rölleke (Hg.), Märchen aus dem Nachlaß der Brüder Grimm. 4. Aufl. Bonn 1989, Nr. 4. – Auch in Arnims später fragmentarischer Erzählung Martin Martir wird das Anatomieren wieder thematisiert. 31,24–28 die herrlichen Worte 〈. . .〉 S. 10.] Zitat aus dem anonym erschienenen Werk von Joseph Görres: Schriftproben von Peter Hammer. Heidelberg: Mohr und Zimmer 1808. Nur geringe Abweichungen der Rechtschreibung. Zu diesem Werk, das auf einen Auftrag der Heidelberger Druckerei Engelmann zurückging, in dem Interessenten Schriften vorgestellt werden sollten, vgl. Dieter Martin, Typographische Polemik. Zu Joseph Görres’ Schriftproben von Peter Hammer. In: Strack 2008, S. 415–439. Görres berichtete im Januar 1808 seiner Schwiegermutter Christine von Lassaulx, welcher er schreibt (Görres-Briefe I, S. 500f.): 〈. . .〉 Voß ist nun übrigens vollends toll geworden 〈. . .〉. Arnim, der von Zeit zu Zeit Voß besucht und

immer eine Hand voll Federn mitbringt, hat denn neulich auch vernommen, daß er die Schriftproben auf sich bezieht und nun meint, der tolle Epilog und die Tintenfische und die Tarantel und alles wäre auf ihn gesagt. So schleppt der Mann unglückselige Tage, und Homer ist wie ein böser Teufel in ihn gefahren. Engelmann setzt übrigens noch fort an seiner Nachrede, und kann immer nicht fertig werden mit den Hanswurstereien, die er sich Letter vor Letter selbst anheftet. Arnim hatte schon am 25. Januar 1808 an Brentano geschrieben (Zwey Packete 771

Kommentar

fand ich von 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 271r–275r): Görres hat zu Engelmans Druckerey einen Schriftproben Text gemacht, worin der Epilogus nach der Ueberschrift toll wird, in Fragmentenart nur mehr zu einzelnen Mythen zusammengezogen: Voß hat das zu sehen bekommen und alles auf sich bezogen, kommt meine Zeitung: Lügen heraus, so wird es ganz auf ihn gedeutet, ich habe es schon Görres vordemonstriert. Voß nennt es eine verfehlte Nachahmung von Jean Paul, das finde ich nicht, aber ich finde es stammt aus derselben Richtung, warum auch Jean Pauls meiste Arbeiten verfehlt sind, es fehlt darin an dem poetischen Ernste ohne welchen auch der schönste Muthwille zum Erfrieren langweilig wird, diesen Mangel an eigentlichem grossen Sinne kann kein Witz ersetzen, denn dieser begreift nie, warum es andern keinen Spas macht, wenn er zu seinem Spas den König seiner Gedanken unter die Bank und den Hund auf den Thron schiebt, weil er es nur ausser sich nicht in sich darstellen kann. Görres hatte indessen eine Entschuldigung in der Politick, die eigentlich am besten und in recht schön gefallenem Schleier sich darstellt, er durfte wirklich manches nicht sagen, als gerade so. Am 12. Februar berichtete Arnim Brentano (Du machtest mich mit deinem 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 282r–285v): Görres Schriftproben kommen jezt unter dem Titel Schriftproben von Peter Hammer in Cölln bey Zimmer heraus, ich trieb ihn sie in Verla[n]g zu nehmen, weil die Leute den Engelmann kopfscheu gemacht hatten da kam er selbst auf den Titel. Brentano dankte Arnim aus Kassel – um den 24. Februar 1808 – für das Werk und äußerte sich begeistert; der Ärger der beiden über Engelmann lag an dessen fehlerhaftem Druck des Wh (UB Heidelberg 2110,7 Bl. 241r–244r; vgl. FBA 32, S. 30): Gestern erhielt ich deinen lieben Brief mit den Görresischen

Schriftproben, das sind entsezlich schöne Sachen, es hat mich beinah kränker gemacht, als ich bin, des Epilogus Tollheit ist als in sich beschränckter sehr wohl thätig und recht schön auf das andre Unwesen, und man mögte daraus beweisen das die Tollheit, als Naturform auch eine Kunstform hat, und daß es leicht möglich ist, daß viele Leute eigentlich nur solide und Vernünftig und Verständlich werden, wenn sie toll werden, der Epilogus ist das klarste und schönste von Görres waß ich kenne, wie er drinne so fein auf den alten Voß anspielt, und auf mich und auf den Schelling und wieder auf den Epilogus, na es ist einstig (sagt der Herr Exter) mich freut wirklich der Engelmann, denn das ist ein ganz elendiger Laffe. – Vieles ist unendlich vortreflich in den Schriftproben, aber dein Urtheil ist treflich über Sie, Görres aber 772

Zu ZfE 3

ist treflicher als beide 〈. . .〉. Görres klagte über die Reaktion von Voß gegenüber Charles de Villers am 1. August 1808 (Dieter Martin, Typographische Polemik. Zu Joseph Görres’ Schriftproben von Peter Hammer. In: Strack 2008, S. 435): Noch später schrieb ich die Schriftproben, voriges

Jahr in bitterem Unwillen auf die Zeit und die allgemeine Hohlheit. Das nahm er wieder in der allerlächerlichsten Verblendung auf sich, und nun ward der Teufel von der Kette losgelassen. Er schämte sich nicht, hier bei den Leuten, denen er Einfluß zutraute, herumzugehen und gegen mich als Verführer der Jugend mit Schwärmereien u. dgl. zu reden, und die Leute zu bereden, mich von der Universität zu entfernen. 31,29 beyliegendes altes Bild] Arnim verweist auf nebenstehenden Kupferstich von Ludwig Emil Grimm nach Christoffel van Sichem (um 1546 bis 1624), der – nach dem Original – bezeichnet ist: CvSichem Inuen: sculp: et excudit. Die Vorlage gehörte ursprünglich zu »einer Bildfolge von Wiedertäufern und Ketzern unter dem Titel Historische Bechrijvinge Ende affbeeldinge de vorneemste Hooft Ketteren« (1608, Neuauflage 1666; vgl. Maisak 2007, S. 30 u. 41). Vgl. ferner: Franz Neubert, Vom Doctor Faustus zu Goethes Faust. Leipzig 1932; R. Payer v. Thurn, Der historische Faust im Bilde. Wien 1917. Der Teufel erscheint bei diesem protestantischen Kupferstecher in der Verkleidung eines Franziskanermönchs; die Glocke in der Hand kündigt sein Kommen an. Diese Szene sowie drei kleinere Szenen im Hintergrund (gegenüber Sichem seitenverkehrt) entstammen dem von Johann Spies verlegten ältesten Volksbuch eines unbekannten Verfassers über die Faust-Sage

(Historia Von D. Johann Fausten, dem weitbeschreyten Zauberer und Schwartzkünstler/ Wie er sich gegen dem Teuffel auff eine benandte zeit verschrieben/ Was er hierzwischen für selzame Abenthewer gesehen/ selbs angerichtet und getrieben,/ biß er endtlich seinen wol verdienten Lohn empfangen. (Frankfurt/M. 1587). Oben in der Mitte sieht man Faust magische Zirkel ziehen, rechts daneben unterzeichnet er am Tisch den Teufelspakt, darüber sieht man, wie ein Dämon ihn in die Hölle zieht, deren brennendes Tor ganz links zu erkennen ist. Die Unterschrift Faust und Mephistophiles ersetzt die Namen, die in der Vorlage über den Köpfen stehen (Mephostophiles. und Ioan Faustus.); das Buch, auf dem die Kugel liegt, trägt bei Sichem den Titel Nigromantia. Arnim gibt in seiner Anmerkung eine aktualisierte Deutung. Er wußte durch Bettine, daß Goethes Faust zur Frühjahrsmesse erscheinen würde. Er kündigte Goethe das Blatt am 1. April 1808 an. (Nicht ohne Ängstlichkeit schreibe ich 〈. . .〉; BJ/VS 8): Die Controverse 〈um Voß〉 hat das Gute gehabt den Nachstich des alten

773

Kommentar

Sichemschen Blattes von einem jungen Grimm in Cassel gearbeitet zu verbreiten, ich weiß überhaupt mein Unglück meist besser zu nutzen als mein Glück. Das Blatt ist auf der wohl in Kassel um den 20. Februar 1808 entstandenen Liste von Brentanos und Wilhelm Grimms Hand genannt (vgl. Kapitel Entstehung): Fausts Portrait. Es war Ludwig Emil Grimms erste graphische Arbeit für die Heidelberger Romantiker, die Arnim durch Brentano aus Kassel erhielt. Dieser schrieb ihm im Februar (Gestern erhielt ich deinen lieben 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 241r–244r): Hiebei lege ich

einen Abdruck von Fausts Portrait, das Louis Grimm nach Sichem so radirt hat, willst du es als Beilage zu den Einsiedler, so kannst du ferner den Eulenspiegel, den Wagner, und noch irgend einen Etwa den Knipperdolling erhalten, es soll nichts kosten, als die Platte. 〈. . .〉 zum Faust kann man auch eine kurze Biografie mit Spas auf den Bickeburger D. Faust Schwerenoth ja wohl geben, u. s. w. Zu befürchten wäre, daß die Platte nicht genug Abdrücke aushielt, aber vielleicht kriegt deine Zeitung auch nicht genug Abnehmer, und dann giengs doch. Willst du aber lieber, daß Zimmer die vier kuriösen Kerls in einem Umschlag übernähme, so schreibe mirs, die Faust Platte kann er gleich haben, will er dem Armen Jungen etwas dafür geben, wenn er gleich nichts begehrt, so ist es gut, ich dencke er kann die wohlfeil verkaufen, und dann nehmen sie viele Studenten und der Gleichen schreibe deine Meinung. Am 27. Februar jubelte Arnim (Dank, Dank für die Platte! 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 294r–295v): Dank, Dank für die Platte! Schick sie mit allernächster Post in doppeltem Couvert, (nachdem sie in starkes weiches Papier gepackt) durch die Paketpost an Mohr nach Frankfurt, der sie nach Vorschrift dem zweyten Couvert an mich hieher senden wird, Du ersparst dadurch das Porto bis Frankfurt, schreib dabey die Auslage für die Platte, Zimmer will sie auch honorieren. Im Postskript fragte er Brentano: Wenn du kannst, so schick mir die alte Geschichte vom Faust in 4o / Schreib mir doch was der Kup˙ ˙ 1. März ferstich vom Faust, ob er zu einem Buche? Kurz nach ˙dem (Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; FBA 32, S. 36) kündigte Brentano die Sendung der Platte an. Vgl. Görre-Briefe I, S. 505. Mit dem Faust-Stoff befaßte sich Arnim auch selbst: In dem Fragment Auch ein Faust sowie in der Vorrede zur Übersetzung von Marlowes Faust (1818); auch in den Kronenwächtern erscheint die Figur des Schwarzkünstlers Faust. Ob 1805 Arnim oder Brentano das Lied Doktor Faust im Wh nach einem Fliegenden Blatt bearbeitet hatte (FBA 6, S. 202–205; vgl. FBA 9/1, S. 383f.), ist unklar.

774

Zu ZfE 3

/ 38,1–47,36 / 50,12–53,27 König Rother 〈. . .〉 Tieck 〈. . .〉 Bothe / Da 〈. . .〉 Weib. / Die 〈. . .〉 war. Ludwig Tieck plante seit 1802, Texte aus dem Heldenbuch modernisiert zu edieren, er zählte zum Umkreis auch den König Rother. Bei seinem 33,4–36,32

Aufenthalt in Rom vom August 1805 bis August 1806 nahm er Abschriften in der Vatikanischen Bibliothek. Als er Anfang Oktober 1806 Brentano in Heidelberg traf, vermittelte dieser das Projekt an den Verleger Zimmer. Brentano schrieb darüber an Arnim: Ich brachte ihn mit Zimmer zusammen,

und mäkelte einigen Verlag, Zimmer drukt Ostern das Heldenbuch, Tieck war unendlich fleißig in der Vatik Biblioth er hat ½ Jahr alle Tage darinn Abschreibend zugebracht, er giebt es ganz neu deutsch mit einigen Gesängen vermehrt, die in die Reihe dieser Heldenlieder gehören, und vorher nie gedruckt waren. (Heidelberg, Mitte bis Ende Oktober 1806: Ich wollte, du wärst die 〈. . .〉, FBA 31, S. 586) Tiecks Briefe vom 20. Juni und 11. Oktober 1807 an Zimmer zeugen von seiner Arbeit; wie Meves nachwies, sandte er ihm damals das fertige Manuskript des von ihm übersetzten und gekürzten König Rother (Meves 1979, S. VIII). Zimmer schrieb Arnim in einem undatierten Brief, er habe von Tieck vor etwa vier

Wochen den Anfang des Manuskriptes zum Heldenbuch erhalten. Er schreibt mir zwar, ich sollte mit dem Druck anfangen und nie Mangel haben; aber ich will’s anstehen lassen bis mehr kommt. (Ebd.) Zimmer hielt sich daher zunächst zurück. Am 24. März 1808 erteilte der Zensor Ignaz Wedekind die Druckerlaubnis. Arnim wandte sich am 18. Februar 1808 aus Heidelberg an Tieck – mit dem er vorher schon über dessen Arbeiten über das Nibelungenlied korrespondiert hatte (vgl. dazu den Kommentar zu Görres’ Aufsatz, in ZfE5) – mit folgender Bitte (Werther Freund! Ihren Brief erhielt 〈. . .〉; D: Reinhold Steig, Gesammelte kleine Bemerkungen zu Dichtern und Schriftstellern des 18. und 19. Jahrhunderts. In: Euphorion, 15. Ergänzungsheft, 1923, S. 67):

Sie erhalten einliegend einen Zeitungsplan von mir, können Sie mir etwas dazu Geeignetes senden Bruchstücke irgend eines ihrer angefangenen Werke, so wird es darin willkommen seyn. Noch ehe Tieck geantwortet hatte – er sandte keine eigene Dichtung –, erhielt Arnim von Zimmer Tiecks Editionsmanuskript des König Rother, wie er ihm am 31. März schrieb (Ich überschicke Ihnen, geehrter Freund 〈. . .〉; BJ/Autographa): Ich überschicke Ihnen, geehrter Freund, die ersten Bogen meiner

Zeitung; auf Zimmers Verantwortung habe ich ein Stück aus dem König Rother genommen, das mir gar wohl gefiel, er hat es auch übernommen den schuldigen Ehrensold dafür zu entrichten: Er wartet 775

Kommentar

sehnlich auf Briefe von Ihnen. – Geben Sie mir einen Ueberblick Ihrer Untersuchungen über die Nibelungen! 〈. . .〉 Meinen Wunsch aus der Fortsetzung des Sternbald, aus dem Faust eine recht sonnenbeleuchtete Stelle zu besitzen, habe ich, denk ich, in meinem letzten Briefe ernstlich vorgetragen, ich bitte nicht für mich allein, ich bitte mit für viele Freunde ihrer Werke und sie haben hier sehr viele. Es wird manche fromme Erzählung aus alten Chroniken folgen, ich würde Ihre ernsten musikalischen Gedichte wohl anbringen, daß der Nachbaren Handwerk Sie nicht störe. Tieck gab aber ungern Beiträge in Zeitungen, wie er im Rückblick schrieb (Tieck, Schriften, Bd. 20, Schlußwort, S. 460): Ich hatte mich niemals bewogen gefunden für Almanache oder Taschenbücher Beiträge zu liefern, wie sehr mich auch früher schon Jean Paul, Friedrich Schlegel und andre Freunde dazu aufgefordert hatten. Tieck stellte seine in Rom in der Vaticanischen Bibliothek genommene Abschrift der Heidelberger Hs. 390 (die vorübergehend dort lagerte) Friedrich Heinrich von der Hagen für dessen Edition zur Verfügung. Diese erschien in: Deutsche Ge-

dichte des Mittelalters. Herausgegeben von Friedrich Heinrich von der Hagen und dr Johann Gustav Büsching. Erster Band. Berlin 1808. In der Realschulbuchhandlung. In seine Schriften (Bd. 13, S. 171ff.) nahm er nur den von Arnim publizierten Text auf. Vgl. Pfaff, S. L f. Vielleicht verzichtete Tieck auf eine eigene Ausgabe, weil seine Übersetzung kritisiert wurde. Ob Tieck auf Arnims Brief geantwortet hat, ist nicht bekannt. Arnim schrieb ihm wieder Ende Mai und schickte das April- und das Maiheft mit den Worten (Lieber herzlich verehrter Tieck! Sie 〈. . .〉; FDH 13266): Lie-

ber herzlich verehrter Tieck! Sie erhalten die beyden ersten Hefte meiner Zeitung, es würde mir Freude machen, wenn Sie nicht mißbilligten, was mir nach ruhiger Uebersicht wohlgefällt; wie lange ich die ganze Sache fortsetze hängt von dem Absatze auf dieser Messe ab. Das Urteil der Freunde war negativ: Brentano schrieb Arnim aus Kassel am 8. April 1808 und teilte auch die Ansicht der Brüder Grimm mit (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v; FBA 32, S. 57): Mit dem König Rother bin ich gar nicht zufrieden, er ist ganz

von jenen, die in Prosa müsten aufgelößt werden und daß solltest du in der Fortsetzung thun, dergleichen schlechte fatale Knüttelei schadet der Guten Sache, auch die Gewiß strenge Gebrüder Vater mörder 〈Jacob und Wilhelm Grimm〉 sind dieser Meinung. (FBA 32, S. 57.) Arnim antwortete darauf am 11. April (Dein Malespini ist prächtig, nur 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 306r–307v): Den Tieck lies noch einmal ganz durch, es ist ein Wohlklang im Ganzen besonders gegens Ende, den keine 776

Zu ZfE 3

prosaische Bearbeitung erreicht. Gegenüber Tieck äußerte sich Jacob Grimm am 18. April 1808 neutral und meinte nur, er habe im Einsiedler Proben von Ihrem bearbeiteten König Rother gelesen (E[dmund] Stengel, Zwei Briefe Jakob Grimms an Ludwig Tieck und Clemens Brentano sowie ein Briefchen von Clemens Brentano an und ein Zeugnis Savignys für Jakob Grimm, in: Festschrift für W. Vietor, 1910, S. 154). Das Morgenblatt kritisierte (Nr. 106, 3. Mai 1808): In der dritten und vierten Nummer stehen

Auszüge 〈. . .〉 von T i e c k s Be- Ver- oder Zerarbeitung des Heldenbuchs, die auch nach Erlösung vom Preßbengel seufzt, obgleich mit Unrecht, da wir von Berlin her eine korrekte Ausgabe des unvertieckten Originals zu erwarten haben. Pfaff beurteilt den Text (S. LI): »Mit gutem Geschicke ist in unserm Fragmente eine wirklich ansprechende, ja wohl die schönste Stelle des alten Spielmannsgedichts, das heute noch manchem viel zu raten aufgeben wird, ausgehoben. Tiecks Uebersetzerart ist freilich für unsre Zeit nicht mehr genießbar. Das Beibehalten verschollner Wörter, längst geschwundner Flexionsendungen, veralteter Satzfügungen entspricht nicht mehr unsern Anschauungen von Uebersetzungskunst. Uwe Meves edierte Tiecks Bearbeitung des König Rother nach dessen Manuskript in der SPK (Nachlaß Tieck). Mit seiner Edition wird der Text der ZfE hier verglichen, da beiden Drucken dieselbe Handschrift zugrunde liegt. Kleinere Abweichungen und Zeichensetzung sind negiert.

Druckfehler Vgl. Meves 1979, S. 55–73. 33,11 aufzusuchen] aufzufuchen 34,16 Schaden] Schader 34,37 das] richtiger: des Meves 35,19 zu,] zu;, ZfE 35,31 Nun] Nur ZfE Nun Meves 35,35 hingehn] wegen des Reimes besser: hingahn Meves 36,32 Bothe] besser: Bothen Meves 38,5 sie] die ZfE sie Meves 38,33 danach fehlt Zeile: Die zahl’ ich dir mit Golde. Meves 39,36 must] besser: muß Meves 42,14 Nun] Run 42,28 in Treuen] im Treuen 43,6 kommen] besser: kamen Meves

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Kommentar

44,17 Mein Herze sehnend,] Meves: Mein Herze 〈war〉 sehnend 44,19 inniglichen] inniglicher ZfE inniglichen Meves 45,1 adelichem] ettelichem Meves 45,8 in] mit Meves 47,21–36 Aller 〈. . .〉 Weib.] Wegen des Bogenschlusses sind die Verse fortlaufend geschrieben, durch einen Gedankenstrich getrennt. 52,17 dannen] besser: dann Meves

778

Zu ZfE 4

ZfE 4

12. April: 37,3–19

Eine Zeder 〈. . .〉 nacherzählt] Entstehung

Arnim bearbeitete hiermit einen damals unpublizierten Goethe-Text. In der WA heißt es: »Das Original besass Sophie v La Roche, die es wohl 1774 oder 1775 von Goethe selbst erhalten hatte.« (WA I,38, S. 401; Kommentar zum Druck der Hs. Goethes in: WA I,37, S. 296–298, unter der nicht von Goethe stammenden Überschrift 〈Parabeln〉.) Die Hg. der WA meinen weiterhin: »Die erste Kunde davon brachte – frei nach der dem Enkel

der Besitzerin, Clemens Brentano, bekannten Hs. – am 12. April 1808 die ›Zeitung für Einsiedler‹ 〈. . .〉.« (ebd.) Jedoch war Clemens Brentano damals noch in Kassel. Vielmehr war es Bettine Brentano, die die Papiere ihrer Großmutter durchsah und die Goetheautographen z. T. abschrieb. Sie teilte Arnim am 10. Juni 1806 aus Frankfurt mit (FDH 7390; Brief vom 3./10. Juni 1806; (Es sind nun schon 3.〈. . .〉): Vor 8 Tagen habe ich 43 der

schönsten Briefe Göthes abgeschrieben an F.v. Laroche voll Liebe zu meiner Mutter, und ein Gedicht, in kindlichen Worten, Gottes Wort nachahmend. Mit diesem Gedicht ist Goethes hier erstmals teilweise publizierte Hs. gemeint (vgl. Reinhold Steig, Goethische Handschriften, erhalten durch Bettina und Achim von Arnim. In: JbFDH 1910, S. 321–371). Arnim ließ die Hs. außerdem von Frohreich abschreiben, wie Steig mitteilte (ebd., S. 333f.): »Denn wieder liegt mir eine Abschrift von Frohreichs Hand

vor, oben links mit dem Vermerk Arnims ›Göthe‹, und da beim mechanischen Abschreiben Frohreich in der Reihenfolge der Parabeln sich irrte, hat Arnim die Kopie in Ordnung gebracht und die kurze fünfzehnte Parabel mit eigner Hand am Schlusse zugefügt; die Mühe freilich, Frohreichs Abschrift Wort für Wort mit dem Original zu vergleichen, hat sich Arnim nicht gemacht 〈. . .〉.« (Zu diesem wohl verschollenen Ms. vgl. weiter ebd., S. 334–335.) Goethes Hs. – im Besitz des

779

Kommentar

FDH, Signatur 737 – trägt die Überschrift Salomons Königs von Israel und Juda güldne Worte von der Ceder biss zum Issop. Der originale Text Goethes der von Arnim bearbeiteten Parabeln lautet:

2. Eine Zeder wuchs auf zwischen Tannen, sie theilten mit ihr Regen und Sonnenschein. Und sie wuchs, und wuchs über ihre Häupter und schaute weit ins Tahl umher. Da riefen die Tannen: ist das der Danck dass du dich nun überhebest, dich die du so klein warst, dich die wir genährt haben! Und die Ceder sprach rechtet mit dem der mich wachsen hies. 3. Und um die Ceder stunden Sträucher. Da nun die Männer kamen vom Meer (aus Libanon), und die Axt ihr an die Wurzel legten, da erhub sich ein Frohlocken: Also strafet der Herr die Stolzen, also demütigt er die Gewaltigen. 4. Und sie stürzte und zerschmetterte die Frohlocker, die verzettelt wurden unter dem Reisig. 5. Und sie stürzte und rief: Ich habe gestanden, und ich werde stehen! Und die Männer richteten sie auf zum Maste im Schiffe des Königs, und die Segel wehten von ihm her, und brachte die Schäze aus Ophir in des Königs Kammer. 6. Eine iunge Zeder wuchs schlanck auf und schnell und drohte die andern zu überwachsen. Da beneideten sie alle. Und ein Held kam und hieb sie nieder, und stuzte ihre Aeste, sich zur Lanze wider die Riesen. Da riefen ihre Brüder! Schade! schade! »In dem ersten Heft der Zeitschrift Iris, die der Herausgeber Johann Georg Jacobi an Goethe Ende November 1774 geschickt hatte, fand sich ein Aufsatz über Pflanzenfabeln, bezogen auf die entsprechenden Bibelstellen. König Salomo ,redete von Bäumen, von der Zeder an auf dem Libanon bis an den Isop, der aus der Wand wächst’ (1. Könige 5,13). Dies regte den mit der Bibel vertrauten jungen Goethe an, 15 Parabeln 〈. . .〉 zu schreiben.« (Paul Raabe, Separatisten, Pietisten, Herrnhuter. Goethe und die Stillen im Lande. Ausstellung in den Franckeschen Stiftungen zu Halle vom 9. Mai bis 3. Oktober 1999, S. 122; vgl. auch 1. Könige 4,33.)

780

Zu ZfE 4

Erläuterungen 37,19 Meisters] Goethe Vgl. zu Arnim und Goethe: Goethe an Bettine Brentano, Weimar, 4. Mai 1808 (WA IV, 20, S. 60), 99f., 191f.; (Schüddekopf 1899). Weitere Goethe-Abschriften Arnims

Entstehung Arnim plante offenbar auch, Zitate aus vier Briefen Goethes an Sophie von Laroche in die ZfE aufzunehmen, wie eine Hs. zeigt. Bettine hatte diese Briefe nach den Originalen abgeschrieben (vgl. Bettine an Arnim, 10. Juni 1806, oben zitiert). Arnim verfertigte seine Abschrift wohl Anfang Januar 1808 in Frankfurt. Vermutlich unterblieb der Abdruck, weil Arnim die Briefe dann doch zu persönlich fand. – Goethe äußert sich in diesen Passagen z. T. über Maximiliane Brentano geb. von Laroche, Clemens und Bettine Brentanos Mutter, für die Goethe schwärmte, nachdem er sich in Wetzlar von Lotte Buff losgerissen hatte; Werthers Lotte erhielt darauf die schwarzen Augen der Maximiliane. Der im ersten Brief erwähnte Selbstmord von Karl Wilhelm Jerusalem am 29. Oktober 1772 regte Goethe zum Handlungsende seines Romans Die Leiden des jungen Werthers an.

Überlieferung Arnim-H: FDH 13427, 1 Bl. 2 S., 199 x 162 mm, Wz: Baselstab (beschnitten). Erworben 1961 von Oskar Frh. v. Arnim, Berlin. Lag zusammen mit: ZfE-Titelentwürfen (diese von der Jahreswende 1807/08); vgl. Kapitel Entstehung. Vgl. Moering 2008, S. 183–187, mit Abb. 1. S. der H.

Text

Begeisterung des Schreibens, die letzte übrige, einzige unsrer Zeit. Wichtigkeit des Geschriebenen, Ernst des Leichtsinnigsten damit und darin.

781

Kommentar

Aus Göthes Briefwechsel mit Frau von Laroche. »Merk sagt mir, daß Sie von Jerusalems Tode einige Umstände zu wissen verlangen, die vier Monate in Wetzlar sind wir neben einander herumgestrichen und jezo acht Tage nach seinem Tode war ich dort. Baron Kielmansegg, einer der wenigen, denen er sich genähert, sagt mir, das was nur wenige glauben werden, was ich Ihnen sagen kann, das ängstlichste Bestreben nach Wahrheit und moralischer Güte hat sein Herz so untergraben, daß mislungene Versuche des Lebens und Leidenschaft ihn zu dem tr. Endschlusse drängten. Ein edles Herz und ein durch dringender Kopf wie leicht gehen sie sie von ausserordentlichen Empfindungen zu solchen Entschliessungen über. 2 Mir ist wohl, daß ich ein Land kenne, wie die Schweiz ist, nun geh mirs wies wolle, hab ich doch immer da einen Zufluchtsort. 3 In der Welt ists wirklich nicht so schlimm, es ist nur anders, als wirs uns vorstellen. Glauben sie mir, 〈daß〉 das Opfer das ich ihrer Max mache, sie nicht mehr zu sehen, werther ist als die Assiduität des feurigsten Liebhabers, da es im Grunde doch Assiduität ist. 4 Die Max sah ich gestern in der Komödie, sie ist nicht mit mir zufrieden, lieber Gott! bin ich es doch selbst nicht. . /. Erläuterungen Der erste Absatz stammt von Arnim. Für die Zitate vgl. für Absatz 1: WA IV,2, S. 40. Darmstadt, etwa 20. Nov. 1772. Absatz 2: WA IV,2, S. 269. Frankfurt/M., 26. Juli 1775. Absatz 3: WA IV,2, S. 168f. Frankfurt/M., 16. Juni 1774. Absatz 4: WA IV,2, S. 196. Frankfurt/M., 15. September 1774.

38,1–47,36

König Rother 〈. . .〉 Weib] Vgl. ZfE3, Kommentar.

782

Zu ZfE 5

ZfE 5

15. April: 48,3–50,10

Der Jäger 〈. . .〉 Brentano 〈. . .〉 nachgeliefert] Entstehung

Clemens Brentano dichtete das Lied 1803 in Weimar, und zwar um den 20. Juli. Die erste Abschrift schickte er Bettine. Der Brief ist zwar verschollen, doch zitiert Bettine daraus im Frühlingskranz FBA 30, S. 291): Heut hab

ich ein Liedchen an A r n i m gemacht und eine schöne Melodie dazu, ich weiß noch nicht wo er jezt wohnt, drum schicke ich es Dir allein, da er noch wohl in Deinem Herzen wohnt. 〈. . .〉 Dies Liedchen ist das Beste, was ich gemacht habe, mir ist es recht wie dem Jäger! Der Brief ist im Frühlingskranz nicht datiert, doch läßt sich das Datum erschließen im Vergleich mit Brentanos Brief an Sophie Mereau aus diesen Tagen (vgl. FBA 31, S. 125, Nr. 311). Im August 1803 sandte Brentano das Lied an Arnim nach London (FBA 31 datiert auf den »23. August«, S. 135 u. 664–666; WAA XXXI »zwischen etwa 16. und 21. August«, S. 285 u. 799f.). Doch dieser erhielt den Weimarer Brief erst 1805; das zeigt einmal sein Empfängervermerk auf der Handschrift: kam erst 1805 in meine Hände, es geht aber auch aus Arnims Brief vom 27. Februar 1805 an Brentano aus Berlin hervor (Wo mich die Gedanken nicht. . .; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 41v–43v; WAA XXXII, S. 26): Deinen lieben gelehrten Brief aus Hei-

delberg, den Brief deiner Liebe, der mich in England verfehlt, (Weimar August 1803) und den Brief deines Lebens Tieks Büste erhielt ich fast zu gleicher Zeit; worauf soll ich zuerst antworten? Deine Büste, mit der rede ich, darum will ich nicht von ihr schreiben; den Brief deiner Liebe nun für den hast Du Dir schon genug Antworten geholt, darum lieber gleich zum Neuesten. Brentano hatte im August 1803 zu seinem Lied geschrieben (Ich habe einen Brief von 〈. . .〉; FBA 31, S. 144; WAA XXXI, S. 292, vgl. S. 810): Ich bitte dich um Alles in der Welt 783

Kommentar

vergiß die Liederbrüder nicht, ich freue mich unendlich auf das Ganze 〈. . .〉, ich habe wieder mehrere Lieder gedichtet, unter andern eins worinn ich an dich und mich gedacht habe, aber es paßt nicht ganz, denn ich bin der Jäger und du der Hirth, und doch sind wir beide, beides, aber das Lied hat gute Stellen ich glaube, es sind mit meine besten Verse. Als Brentano am 12. Oktober, wieder in Frankfurt, den Brief Arnims aus Tooting vom 19. August erhielt, antwortete er sofort (Lieber Junge heute den zwölften; FBA 31, S. 232f., 238, 244; WAA XXXI, S. 297, 301, 306): Lieber Junge heute den zwölften Oktober erhalte ich erst deinen Brief vom 16 August, und ich hoffe nun, daß du meinen lezten Weimarer Brief hast, der auch vom August ist, ich habe ihn an euren Gesandten adressirt, und ihn in Erfurt auf die Post gegeben, wo ihn einer von deinen lausigten Landsleuten in einen Korb unter den Tisch warf 〈. . .〉, in dem Brief stand viel Liebe, viel Trost für deine Sehnsucht nach mir, manches war artig drinn gesagt 〈. . .〉 und schloß mit einem nicht ganz schlechten Lied, das ich an dich geschrieben habe. 〈. . .〉 Ich weiß nicht, ob du diesen Brief erhälst, doch will ich dir jenes Lied an dich nochmahls hierher schreiben, und noch einige Andere. 〈. . .〉 Ich habe noch viele Lieder geschrieben, aber ich habe sie nicht hier, diese zwei konnte ich grade auswendig. Arnim bedankte sich für das Lied in seinem Londoner Brief, den er in der Christnacht 1803 begann; am 27. Dezember schrieb er (Zum erstenmal aufgebothen, zum zweytenmal 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 314): Ich bin drey Monate herumgereist das ist die

Ursache meines langen Schweigens, ich bin herumˆgehezt worden wie ein Wilddieb, den man an einen Hirsch angeschmiedet durch die Wälder jagt, ich möchte dies an Dein herrliges Jägerlied anhängen, das dir gleichsam aus der Seele gerissen, wenn ich die Kraft dazu hätte, doch nimm es und denke dabey wie sich 〈. . .〉 die braunen Londner Strasse gegen die Bergstrasse verhält. Arnim antwortete auf Brentanos Lied mit dem Gedicht Der Wilddieb: Weil die Hirschin ich gefangen 〈. . .〉 (ebd.). – Später überarbeitete Brentano sein Gedicht grundlegend; vermutlich begann er mit der Umarbeitung im September/Oktober 1813 in Wien. Seine neue Gestalt erhielt das Lied in der Zeit der Liebe Brentanos zu Luise Hensel in Berlin um 1816/17 (vgl. FBA 3/1, S. 105–109, 500–514).

784

Zu ZfE 5

Die Melodie Die unter dem Abdruck in der ZfE versprochene Melodie wurde nicht mehr nachgeliefert. Daß es eine Melodie von Brentano selbst gab, geht auch aus Luise Hensels Erinnerungen hervor. Sie teilte im Rückblick Emilie Brentano mit, daß Brentano einige Lieder bei seinem Aufenthalte in Berlin unge-

mein schön zu seiner viersaitigen Guitarre 〈. . .〉 sang. 〈. . .〉 Sein Lied ›Durch den Wald mit raschen Schritten‹ usw. sang er nach einer selbsterfundenen Melodie außerordentlich schön. (Hubert Schiel, Clemens Brentano und Luise Hensel. Mit bisher ungedruckten Briefen. Aschaffenburg 1956, S. 64; vgl. zu der späten Fassung: FBA 3/1, S. 105–109; 500–514). Daß auch Arnim Brentanos – nicht überlieferte – Melodie hörte, ist nicht sicher, aber auch nicht auszuschließen. – Doch gibt es eine weitere zeitgenössische Vertonung: Arnim hatte in ZfE2 Melodien von Louise Reichardt angekündigt; sie vertonte Brentanos Lied ebenfalls. Henrich Steffens, Louises Schwager, schreibt in seinen Erinnerungen (Was ich erlebte, VI. Bd. Breslau 1842, S. 90): Ich vergesse nie den gewaltigen Eindruck, den Louise auf mich

machte, wenn sie uns in einer waldigen Gegend folgte, und von einfachen Akkorden der Harfe begleitet, Brentano’s wunderschönes Lied: ›Durch den Wald mit raschen Schritten‹ nach der eigenen Melodie sang. Die Waldeinsamkeit mit ihrem wunderbaren Zauber, ergriff mich, wenn ich sie hörte, und wie eine Waldfee saß sie da, welche die Macht hatte, alle Geheimnisse des Waldes laut werden zu lassen 〈. . .〉. Louise Reichardts Vertonung erschien erst in einer Sammlung, die auf 1826 zu datieren ist: Sechs DEUTSCHE LIEDER mit Begleitung des Pianoforte. In Musik gesetzt von LOUISE REICHARDT. 6te (bzw.) 8te Lieder-Sammlung. Hamburg bei A. Cranz, S. 7 (vgl. Louise Reichardt, Songs. Compiled and with an Introduction by Nancy B. Reich. New York 1981, S. XIV; XXII; Moering 2006, II, S. 20 und 59). Louise Reichardt faßt je zwei Gedichtstrophen zu einer Liedstrophe zusammen; nur zwei (bzw. vier) Strophen stehen in den Noten. Der Text entspricht genau dem der ZfE. Wenn Steffens’ Beschreibung exakt ist, so gibt sie eine Szene in Giebichenstein wieder, von wo aus die Familie Reichardt im Mai 1808 Johann Friedrich Reichardt nach Kassel folgte. Wann Louise Reichardt von Arnim den Text mitgeteilt bekam, ist unsicher. – Am 8. August 1813 schreibt Wilhelm Grimm an August v. Haxthausen, was sich hierauf beziehen könnte (Freundesbriefe von Wilhelm und Jacob Grimm. Hg. v. Alexander Reifferscheid. Heilbronn 1878, Nr. 8, S. 14 u. 201): Hierbei schicke ich die Melodie zu dem einen Lied aus dem Einsiedler 〈. . .〉. Da Wilhelm Grimm mit Louise Reichardt

785

Kommentar

befreundet war und das Lied – im Gegensatz zu denen in ZfE1 und ZfE2 1813 noch nicht erschienen war, könnte es sich um das vorliegende handeln. (Reifferscheid hält es auch für möglich, daß Johann Friedrich Reichardts Vertonung von Arnims Becherklang – aus ZfE20 – gemeint sei, das allerdings verschollen ist.)

Abb. 18: ZfE 5: Louise Reichardt, Durch den Wald mit raschen Schritten . . . In: Op. 6: Sechs deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte (1826). Exemplar Bayerische Staatsbibliothek München, Musikabteilung, 2 Mus.pr. 1005, S. 7.

Der Druck Von allen Textvarianten sind für Arnims Abdruck in der ZfE nur die in den beiden Briefen Brentanos an ihn aus dem Jahr 1803 relevant. Wie der Textvergleich zeigt, benutzte er die Fassung des Briefs vom 12. Oktober für seine Textkonstitution. Ganz offensichtlich trug er Brentanos Brief bei sich (und vielleicht nicht nur diesen, sondern alle ihm wichtigen Briefe des Freunds, die er sogar durchnumerierte). Arnim schickte Brentano schon am 10. April 1808 eine Druckfahne des Hefts vom 15. April zu (UB Heidelberg 2110,7 Bl. 306r– 307v: Dein Malespini ist prächtig, nur 〈. . .〉): Ein Stück des Malespini

786

Zu ZfE 5

kommt ins sechste Stück, du erhältst hier vier und fünf und wirst mir nicht übel deuten, daß ich ein Lied, das du zum theil wie Du Dich damals ausdrücktest, weil wir beyde etwas vom Jäger und etwas vom Hirten hätten, auf mich gemacht, also so etwa wie du mich wünschest, mir zum daurenden Angedenken und Dir habe abdrucken lassen, es ist sicher eins Deiner schönsten Lieder und steht eben dadurch sehr schön einzeln. Nun ich es vor mir sehe nach so langer Zeit freut es mich, daß wir einander über unsre Freundschaft nie was vorgelogen, daß wir uns einander mehr Zutrauen, Zusammenwirken geschaffen haben, als wir uns versprochen und in der häufigen freundschaftlichen Halblüge vorgespiegelt haben. Sey uns das Bewährung jeder Zukunft. Am nächsten Tag fügte Arnim hinzu: Das fünfte Stück was ich Dir schicke ist blos mit der Bürste abgeklatscht, nicht eigentlich gedruckt, es ist für Grims, denen ich Görres’s Untersuchung bekannt machen wollte, das Exemplar der Zeitung soll nachkommen. Brentano antwortete darauf aus Kassel (18. oder 19. April 1808; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 257r–258v: Mitten unter Kisten und Kasten 〈. . .〉): Für den Abdruck meines Lieds herzlichen Danck. In Heidelberg verteidigte Arnim das Lied gegen Kritik, wie er Bettine am 16. April schrieb (FDH 7257: Ich komme eben von Zimmer 〈. . .〉): Mit dem Theologen streit ich mich täglich,

neulich über das Lied von Clemens in dem fünften Stücke, was ich Dir schicke und das er zu verstehen zweifelte, vergebens war mein Erklären, wie die Gedanken so anders würden, wenn man durch einen wilden Wald ginge und dann zu einem Hirten ins offene Feld käme: da sah ich daß der Knüppel beym Hunde lag, freilich wer nicht beten kann, der kann auch nicht singen. Daß dieser Theologe nichts vom Gebet hielt, teilte Arnim Bettine in einem früheren Brief mit.

Überlieferung H1: Clemens Brentano an Arnim, zw. 16. und 23. August 1803; H: FDH 7541. Das Gedicht beginnt auf dem dritten Dbl. (Str. 1–7) und wird auf einem einzelnen Bl. fortgesetzt. Wz.: LONDON. H2: Clemens Brentano an Arnim, 12. Oktober 1803; H: FDH 7542. Das Gedicht steht auf dem zweiten Blatt. Wz.: C & I HONIG.

787

Kommentar

Varianten (mit Ausnahme von Orthographie und Zeichensetzung) 48,11 Saiten] Saite H1 H2 48,12 wild Gewässer] Wild Gewäßer H1 48,18 durch] in H1 49,3 frommer] guter H1 49,9 muß] will H1 49,16 alle] meine H1 49,27 Weil] Wenn H1 49,28 Werd] Werd’ H2; so in beiden Hs. und allen übrigen Textzeugen. Leseoder Druckfehler nach H1 in FBA 31, S. 146, und Schultz 1998, S. 166: »Wend«. 49,31 Fels] Baum H1 50,6 Mir 〈. . .〉 Scherz,] Ich bin Ernst und du bist Scherz H1

Erläuterungen Das Lied zeigt Anregungen durch andere Gedichte, die in Brentanos lyrischem Ton verschmolzen sind. 48,4–49,2 Durch 〈. . .〉 Hand] Der Jäger tritt zunächst als Sänger auf. Hier variiert Brentano Novalis’ Gedicht Der Sänger geht auf rauhen Pfaden 〈. . .〉, das 1801 in Heinrich von Ofterdingen erschienen war (vgl. Novalis, Schriften I: Das dichterische Werk. Hg. v. Paul Kluckhohn u. Richard Samuel unter Mitarbeit v. Heinz Ritter u. Gerhard Schulz. 2. Aufl. Stuttgart 1960, S. 225f.):

Der Sänger geht auf rauhen Pfaden, Zerreißt in Dornen sein Gewand; Er muß durch Fluß und Sümpfe baden, Und keins reicht hülfreich ihm die Hand. Einsam und pfadlos fließt in Klagen Jetzt über sein ermattet Herz; Er kann die Laute kaum noch tragen, Ihn übermannt ein tiefer Schmerz. »Ein traurig Los ward mir beschieden, Ich irre ganz verlassen hier, Ich brachte allen Lust und Frieden, Doch keiner teilte sie mit mir. 788

Zu ZfE 5

Es wird ein jeder seiner Habe Und seines Lebens froh durch mich; Doch weisen sie mit karger Gabe Des Herzens Forderung von sich. 〈. . .〉« 48,16–19 Weil 〈. . .〉 Zauberlicht.] Hier und an anderer Stelle bezieht sich Brentano auf Gedichte in Arnims gerade erschienener Erzählung Aloys und Rose; vgl. Wer rasselt mit den Ketten 〈. . .〉 (D: 1803, S. 90, vgl. Werke III, S. 45):

Der Geister bunt Gewimmel, Schaut uns schon grüßend an. 49,7–8 Gäbe 〈. . .〉 los.] Anspielung auf Goethes Gedicht Der Fischer. 49,9–12 Aber 〈. . .〉 gesund.] Anspielung auf Goethes Lied: Es war ein König in Thule 〈. . .〉 aus dem Faust, schon 1790 in Faust. Ein Fragment erschienen. 49,13 Wo 〈. . .〉 begraben] Anspielung auf Goethes Schatzgräber. 49,29–50,3 Und 〈. . .〉 schwingen] Die Verse variieren Arnims Schwingeliedchen aus Aloys und Rose (S. 78f.; vgl. Werke III, S. 33f.):

Singend schwinget schlinget Ringet Brust an Brust. Wer den andern zwinget Fühlet frei die Lust Denn wer hingestrecket Reichet ihm den Kranz, Eichengrün bedeckt, Seiner Stirne Glanz. Welchem Mädchen bringet Er den Siegerkranz, Jedes ihn umschlinget Froh zum Schlingetanz: Dreht ihn schnell im Kreise Ringt im schnellen Sprung, Sucht nach Mädchenweise Sieg in Tanzesschwung. 〈. . .〉 Singet: Ringet schlinget Dringet Brust an Brust Auf den Feind, und bringet Sieg und Siegerlust: 789

Kommentar

Andacht doppelt Kräfte, Mut nur sichert Gut, Treue im Geschäfte Leiht euch Himmels Hut. Holger Schwinn, der auf den Einfluß von Aloys und Rose erstmals hinwies (Kommunikationsmedium Freundschaft. Der Briefwechsel zwischen Ludwig Achim von Arnim und Clemens Brentano in den Jahren 1801 bis 1816. Frankfurt/M. u. a. 1997, S. 143–147), deutet das Liebchen als Bettine Brentano: »Daß sie es ist, die im Text gemeint ist, wird deutlich, wenn man

die Stelle ›Liebchen zwei und zwei‹ als eine Chiffre liest. Nimmt man zweimal den zweiten Buchstaben des Alphabets, B. und B., dann ist das Rätsel gelöst.« (ebd., S. 148) Vielleicht ist aber mit der Formulierung: Und willst du die Arme schlingen/ Um dein Liebchen zwei und zwei, dichterisch ausgedrückt, daß nicht nur der Hirte sein Mädchen umarmt, sondern dann auch sie ihn. 〈Z〉wei und zwei meinte früher »paarweise« (DWb 16, Sp. 980). 50,12–53,27

König Rother 〈. . .〉 war.] Vgl. ZfE3.

/ 89,1–98,9 / 143,1–151,3 / 262,1–269,33 Der gehörnte Siegfried 〈. . .〉 Görres 〈. . .〉 halten.]

54,1–60,11

Entstehung Joseph Görres, der damals in Heidelberg lebte, schrieb die Abhandlung eigens für die ZfE. Görres’ Interesse an dieser Stoffgeschichte war während der Arbeit an seinem Werk Die teutschen Volksbücher (Heidelberg: Mohr und Zimmer 1807; vgl. Ziolkowski, S. 87–90) entstanden, wie er selbst zu Beginn sagt. Das Kapitel über Siegfried lautet (S. 93–99):

Eine wunderschöne Historie von dem gehörnten Siegfried, was wunderliche Ebentheuer dieser theure Ritter ausgestanden, sehr denkwürdig und mit Lust zu lesen. Aus dem Französischen ins Teutsche übersetzt, und von neuem wieder aufgelegt. Gedruckt in diesem Jahr. Cöln und Nürnberg. Nach Süden und dem heiligen Fabellande deutete, was wir bisher in diesem romantischen Kreise betrachtet; hier lenkt der Magnetstab der Poesie gegen das nordische Eisenland sich hin, und wie ein Nordschein, 790

Zu ZfE 5

schießend, fliegend, strahlend, ergießt sich die Kunst von den Schneefeldern nieder, und ein Geist des Heroismus und der Energie braußt wie Windessturm hinab, und stählt und stärkt die ankämpfende Kraft. Die Niebelungen sind in diesem Geiste gebildet; ein kräftig, wildes Heldenwerk, jenem alten, starken, unzerstörbaren Mauerwerke gleich, das wie eines todten Riesen Knochen zerstreut hier und dort aus der Erde ragt, und von dem die alte Sage erzählt, daß ein stärkeres Geschlecht sie gegründet und gebaut. Wie ein gewaltiger Strom ergießt sich die Dichtung von dem Norden nieder, und wie er niedersteigt, schwillt er stärker und immer stärker an, und dunkler und dunkler färben sich die Wellen, und er wird zu Blute endlich, und stürzt sich in einen Ozean von Graus, und Tod, und Mord, und Verderben und Untergang. Eine der Quellen aber, aus der der ganze Strom seinen Ursprung zuerst genommen, scheint dieser Roman vom gehörnten Siegfried zu seyn; selbst in seiner Zerrissenheit, Lückenhaftigkeit und Verkrüppelung, in der er hier als Volksbuch erscheint, noch unendlich schätzbar. Wie Siegfried, der Held aus den Niederlanden, seinen Vater Sieghard verläßt, im Walde den Drachen tödtet, mit seinem Fette sich bestreicht, daß von dem erstarrenden Blute sich ihm der ganze Leib mit einer Horndecke überzieht, zwischen den Achseln ausgenommen; wie er dann des Königs Gilibaldus Tochter, die ein Drache entführt, errettet, sie zur Ehe nimmt, und endlich vom grimmen Hagenwald an der Quelle erschlagen, und in der Folge durch seine Gattin gerochen wird, das ist der Gegenstand des Romans. Die erste Hälfte desselben ist im Epos postulirt; die Bewerbung um Chriemhilde, des Königs Tochter, abweichend erzählt; der Tod Siegfrieds durch Hagene weiter ausgeführt, und dann die Rache durch die ganze Folge des Gedichtes, ebenfalls bedeutend abweichend durchgeführt. Wie die Sprache im Epos ist, so ist sie auch im Romane, einfältig, derb und gedrungen, aber im Romane natürlich kärglicher und minder inhaltsreich als im größeren Gedicht; die Darstellung erscheint in ihm ohne allen Schmuck, aber kräftig und gediegen; die Erzählung treuherzig und gläubig, und dabei ohne alle Prätension; der Kampf mit dem Drachen auf dem Drachenstein kräftig und Interesse erweckend dargestellt: das Ganze aber in der anspruchlosen, unmanierirten Form, in der es hier erscheint, erfreulich, und in seiner Unbefangenheit, wie unmittelbar aus einem starken, kräftigen, untergegangenen Leben aufgefaßt, und daher in seiner Art eines der besseren Volksbücher seiner Gattung. 791

Kommentar

Für das Alter des Gedichtes zeugt die Erscheinung, daß nicht bloß die Tradition, auf die es sich gegründet, verlohren ist, sondern auch die Tradition seiner Gründung selbst. Die Geschichte der Literatur weiß nichts über seine Entstehung zu erzählen; so viel scheint sich zu ergeben, daß es ein ursprünglich teutsches Werk ist. Der Zusatz auf dem Titel: aus dem Französischen übersetzt, widerspricht dem keineswegs, denn die französische Literatur kennt das angebliche Original nicht, und keine Bibliothek, die ihren eignen Reichthum kennt, hat bisher etwas dergleichen aufgewiesen. Und doch ist dieses gänzliche Versiegen aller Geschichte wunderbar, wenn man bedenkt, wie Siegfried, der Held der neuern Zeit, in der Liebe und der Anschauung des ganzen Mittelalters lebte, und gewissermaßen eines der großen Organe war, in denen von Zeit zu Zeit wiederkehrend, die Poesie immer von neuem sich verkörpert, und dadurch in fortlaufender Palingenesie sich gegen den Tod und den Untergang bewahrt. Wie ihn daher die Niebelungen als ihren Helden feiern, so hat das Heldenbuch, in Opposition mit dem ganzen burgundischen Heldenkreise ihn eben auch zum kräftigen Gegensatz seines Helden, des Dieterich von Bern, gewählt, und das Gedicht verwendet viele Motive, bis Dieser sich nur zum Kampfe mit dem furchtbaren Gegner entschließt, und ein großer Zorn muß ihm seinen Beistand leihen, daß er dem Helden nicht erliegt, daß er siegreich ihn besteht. Denn spricht Dieterich zu Hiltebrant: Er erschlug vor einem Steine Einen Trachen so freysan Dem mochten all Fürsten gmeine Doch nicht gesigen an Seyfried der hürnin Könige Hat gar viel Recken erschlagen Roch 〈lies: Noch〉 weiß ich auch drei Dinge Davon will ich nicht sagen. Er trägt ein Schwerdt so herte Daß schneidet alle bandt Kein Harnisch sich davor erwerte Es ist Menung genanndt Das ander ist ein Bringe Da merk du mich gar recht 792

Zu ZfE 5

Die macht von Stahel ringe Der Meister Eckenbrecht. Er machet sie nach Künsten Und auch nach Meisterschaft Er wißt daß der Held in brünsten Gewünne große Kraft Goldes und Edelgesteine Daß lage gar viel daran Es ward nie Schwerdt so reyne Daß ihn gewinnen kann. Das Dritt wendet mir mein macht Es ist ein hürnin Mann Und hett er auch Fleisch und Blut, Ich wöllt ihn gern bestahn Daß ich mit ihm solt fechten, Ich were ein thummer Mann Wo ich dein Rath mehr spechte Mein Huld müßt verlohren han. Er schlägt endlich gar den alten Hiltebrant, weil dieser ihm Vorwürfe macht, und als er nun mit Siegfried ficht, wird er hart bedrängt, bis endlich Wollfhart ihm zuruft: Hiltebrandt sey todt von dem Schlage, da sagt das Gedicht: Herr Dieterich von Beren Ergriff sein grimmer Zorn Er schlug Seyfried den Keren Durch Harnisch und durch Horn Daß ihm das rote Blute, Ward fließen in das Graß Seyfried durch die Rosen wuthe Mit Flucht er kaum genaß Dietrich mit verwegem Sinne Schlug auf den Rysen groß Daß er der Königinne Ward fliehen in ihr Schooß. 793

Kommentar

So war Siegfried groß in seiner Zeit, die Fabel hatte ihn in ihren Gigantenkreis aufgenommen, Albrich mit seinen Zwergen war ihm befreundet, und so wohnten die Riesen und die Zwerge friedlich beieinander. In der Folge aber vermischten im Muthwillen Beide sich miteinander, und es entstand ein Mittelschlag, der die Erde baute, und die Riesen wichen und die Zwerge mußten wandern, nachdem sie vorher jeder einen Silbergroschen in den Opferstock geworfen, und das ist bis auf den Tag noch das Kapital, mit dem wir Wucher treiben. Anlaß, mit seinen Gedanken an die Öffentlichkeit zu treten, gab Görres die (in 55,19f.) erwähnte neue Ausgabe der Nibelungen (Der Nibelungen

Lied herausgegeben von Friedrich Heinrich von der Hagen. Berlin bei Johann Friedrich Unger 1807; vgl. Eckhard Grunewald, Friedrich Heinrich von der Hagen. 1780–1856. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Germanistik. Berlin-New York 1988). Mit dieser – im Lautstand modernisierten und kommentierten – Fassung befaßte sich damals auch Goethe. Görres’ Ausführungen waren bei den zeitgenössischen Philologen umstritten. Er nähert sich den Texten spekulativ und versucht, einen Zusammenhang zwischen den Dichtungen unterschiedlicher Kulturkreise bis nach Persien herzustellen, vermutet sogar ein verlorenes Urepos. Seine Sprache ist von der frühromantischen Naturphilosophie angeregt (vgl. Pfaff, S. LIf.; Franz Schultz 1902, S. 154–165). Bei den Vorarbeiten nahm Görres wahrscheinlich die Hilfe einiger seiner Studenten in Anspruch. Er schrieb seiner Schwiegermutter, Maria Christine Clementine v. Lassaulx, im Januar 1808 (Görres-Briefe VII,2,1, S. 499): Einen

Theil meiner Arbeit habe ich von mir auf meine Herren Zuhörer abgeleitet, ihrer achte (worunter auch die Hrn. Strauß und Budde, die Ihnen noch in ihrer Redseligkeit erinnerlich sein werden) sitzen hinter Folianten und machen Excerpten für mich, so daß ich selbst etwas aufathmen und einige Worte mehr als gewöhnlich schreiben kann. Die beiden genannten Studenten, Gerhard Friedrich Abraham Strauß und Heinrich Wilhelm Budde, waren Freunde Joseph von Eichendorffs, der durch sein Studium bei Görres bleibend geprägt wurde. Vermutlich gehörte auch er zu den eifrigen Exzerpisten. Dafür spricht, daß Görres die Brüder Wilhelm und Joseph von Eichendorff vor ihrer Abreise nach Paris im April 1808 um eine ähnliche Arbeit in der dortigen Bibliothek bat. Er wird also mit ihrer Tätigkeit zufrieden gewesen sein. Görres’ Brief gibt Aufschluß über seine Vorstellung von philologischer Arbeit und sei deshalb hier zitiert (H: FDH 28859 als Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland):

794

Zu ZfE 5

Ich bitte die Herren von Eichendorf bey einem Besuche den sie etwa auf der Kayserlichen Bibliothek machen, sich einmal gelegentlich die histoire des quatre fils Aymon (der teutschen Heymonskinder) die sich dort ich weis nicht recht ob im Manuskript oder in einem alten Drucke befindet, geben zu laßen, sie etwas genau anzusehen, und mir bey ihrer Zurückkunft von ihrer Zustand, ihrer Stärke, ihre Behandlung im Ganzen was vom Verfasser und der Geschichte des Buches darein ist einige Nachricht mitzutheilen. Wenn sie sich die Mühe geben wollten, einmal in einer freyen Stunde, etwa die erste Seite, und eine halbe aus der Mitte heraus abzuschreiben, dann würden sie die Literatur der alten Poesie und mich unendlich verbinden. Das Geschäft wird nicht ganz ohne Schwierigkeit seyn, da die Sprache des Buches ohne Zweyfel in alten gothischen Lettern geschrieben ist, indeßen sind diese Lettern keineswegs so ganz unkenntlich bey nur mittelmäsiger Aufmerksamkeit, und da ich paralelstellen aus dem teutschen Buche und dem Vatikanischen Manuskripte damit vergleichen kann, so werde ich mich leicht darein finden können, wenn es nur halbewegs treu abgeschrieben ist. (vgl. den leicht abweichenden D: Joseph v. Eichendorff, Sämtliche Werke XIII: Briefe an Freiherrn Joseph von Eichendorff. Hg. von Wilhelm Kosch. Regensburg 1910, S. 1; Komm. S. 233f.; Ich bin mit der Revolution geboren. Joseph v. Eichendorff 1788–1857, Ausst.Kat. Bonn. Hg. v. Sibylle von Steinsdorff u. Eckhard Grunewald. Ratingen 1988, S. 78–81.)

Diskussion und Pläne der Zeitgenossen Auch Ludwig Tieck plante damals die Herausgabe des Nibelungenlieds. »Im Ostermeßkatalog 1805 war 〈. . .〉 durch die Dieterichsche Buchhandlung in Göttingen eine Neuausgabe des Nibelungenlieds angekündigt worden, für die der damals allgemein als kompetenter Sachwalter altdeutscher Literatur geltende Ludwig Tieck verantwortlich zeichnete; August Wilhelm Schlegel hatte ein halbes Jahr später (am 16. 10. 1805) im Intelligenzblatt der Jenaischen Allgemeinen Literatur-Zeitung das Tiecksche Vorhaben der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt 〈. . .〉.« (Grunewald 1988, S. 45). Dieterich besaß den Anfang von Tiecks Bearbeitung, die nie erscheinen sollte. Jacob Grimm hatte von Clemens Brentano, als dieser im Sommer 1807 nach Kassel gezogen war, Näheres über Tiecks Vorhaben gehört; er berichtete Wilhelm Grimm (Kassel, 7. August 1807; Rölleke 2001, S. 98f.): Zu den Nibelungen habe er nicht

blos mit äuserstem Fleis alle vorhandnen Mss. verglichen, sondern 795

Kommentar

auch die gefundene Geschichte vom hörn. Siegfried vornen eingeschaltet, wie Hagen von ihm am Fenster erzählt. Ich kann nicht abreden, daß diese Ansicht welche Tiek, Brentano p. mit der Bearbeitung u. Erneuerung dieser Poesie verbinden insofern die richtige u. wahre ist, als man dieselbe wieder ganz ins Volk u. Leben zurückführen will, gleich den Homerischen, jeder Studirende wird aber immer noch die älteren Recensionen vorziehen u. einen höheren Genuß haben, denn mit jeder neuen Recension wird am Ursprünglichen mehr oder weniger zerstört oder verdorben. Obgleich wir vom Ganzen schon selbst nur eine neuere Recension haben 〈. . .〉. Sehr gerühmt hat er mir Görres Schrift von den Volksbüchern, meist aus Clemens Bibl. geschöpft u. wird bald erscheinen. Wenn Arnim sich in der Fußnote zu Görres’ Beitrag Untersuchungen zweyer Gelehrten (54,28f.) erhoffte, so meinte er damit wohl die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm, wie aus seiner Korrespondenz hervorgeht (so auch Steig 1892, S. 27). Zunächst wartete Arnim auf Tiecks Edition. Er hatte schon in Kassel am 3. Dezember 1807 ihm gegenüber gemeint (Ich lege eben Müllers edles 〈. . .〉; D: Briefe an Ludwig Tieck, hg. v. Karl von Holtei. Bd. I. Breslau 1864, S. 10f.): Ich war bey Dieterich in

Göttingen, der sich schmerzlich beklagt, daß Sie die Niebelungen ihm nicht früher geschickt haben, der jetzt fürchtet, durch Hagens Arbeit sey aller Absatz vernichtet, ich glaube das nicht, kann auch nicht wissen, wie weit er sich beklagen kann, ich beklage mich selbst, daß Ihr Werk nicht erschienen, denn Hagen gefällt mir nicht in dem baroken Dialekte, in den langweiligen Anmerkungen und wegen der Auslassung aller andern Erzählungen, die Sie so pasrecht verbunden hatten. Ernste Critiker, (hier giebt es einen sehr gelehrten deutschen Sprach und Literaturkenner, Hr. Kriegssekretär 〈Jacob〉 Grimm, er hat die vollständigste Sammlung über alle alte Poesie) tadeln noch mehr, und sind so wie ich ganz überzeugt, das Ganze müsse entweder mit neuem Saft durchdrungen sich selbst neue Wurzeln treiben, oder in seiner Alterthümlichkeit ruhig trocken, unzerbrochen zwischen Papier von einem Geschlechte dem andern übergeben werden. Haben Sie in dieser Hinsicht irgend etwas mit Dietrich zu verhandeln, oder wollen Sie die Herausgabe mit dem Heldenbuche bey Zimmer verbinden, so entbiete ich meine Vermittelung, der erste ist mir ganz nahe und den andern denke ich zu Weihnachten zu sprechen. Die historische Einleitung über die Niebelungen könnte immer späterer Zeit bleiben, es sind die Perspectivlinien, wonach der Maler arbeitet, sie verschwinden, wenn das Gemälde fertig, das allein bewährt, ob sie richtig; es braucht 796

Zu ZfE 5

Sie nicht zu stören, daß andre z. B. Grimm, Hagen andre historische Entdeckungen gemacht zu haben glauben, die mit Ihren nicht stimmen. 〈. . .〉 Ein solches unnützes Buch hat Görres über Volksbücher geschrieben statt eins herauszugeben 〈. . .〉. Tieck antwortete Arnim darauf am 20. Dezember 1807. Am 18. Februar 1808 (Ihren Brief erhielt ich eine 〈. . .〉; Steig 1923, S. 67) schrieb Arnim Tieck von seinem vergeblichen Bemühen bei dem Verleger Dieterich in Göttingen: ich besorgte die Angelegenheit mit Dietrich schriftlich und erhielt erst jezt die einliegende Antwort. Auf meine Vorschläge zur Ausgleichung und zum Druck der Niebelungen hat er nicht Rücksicht genommen 〈. . .〉. Aus Heidelberg teilte Arnim Tieck am 31. März 1808 mit (Ich überschicke Ihnen, geehrter Freund 〈. . .〉; BJ/Autographa): Ich überschicke Ihnen, geehrter Freund, die ersten Bogen meiner Zeitung 〈. . .〉. Geben Sie mir einen Ueberblick Ihrer Untersuchungen über die Nibelungen! – Von Görres folgen in den nächsten Blättern merkwürdige Resultate über denselben geschichtlichen Kreis, denken Sie wieviel Vorarbeiten Sie den Freunden alter Literatur ersparten, wie die dann lustig auf Ihrem Grunde fortbauen könnten 〈. . .〉. Dem – oben zitierten – Brief an Brentano vom 10. April 1808 legte Arnim die Druckfahne der ZfE5 bei mit folgendem Brief an Jacob Grimm (H: BJ; Herzlichen Grus zuvor! – Ich übersende 〈. . .〉): Ich übersende Ihnen ein

Exemplar meiner Zeitung, Sie werden von Görres den Anfang seiner Untersuchungen über die Nibelungen finden, es kann nicht fehlen, er wird in mancherley Art Ihre Untersuchungen berühren, streitend oder übereinstimmend, ich wünschte es wäre Ihnen Veranlaßung mir die Resultate Ihrer Untersuchungen darüber mitzutheilen, es würde dies einem künftigen grösseren Werke von Ihnen vorarbeiten und zeitiger die Untersuchung fördern. Wilhelm Grimm antwortete für den Bruder am 18. April (H: BJ: Ich habe recht viel Freude 〈. . .〉): Sie wünschen daß ich Ihnen meine Resultate über die Geschichte des Nibelungen L. mittheile; ich habe aber der ersten Sendung von altdänischen Liedern, die ursprünglich für das Wunderhorn bestimmt war, die Sie aber, wie mir mein Bruder sagte, hernach im Einsiedler wollten abdrucken lassen, eine kurze Einleitung beigelegt, in welcher so viel mir erinnerlich die Resultate streng ohne einige Ausführung angegeben waren. Denn ich fühle doch, daß eine weitläuftigere Darlegung, für das Blatt nicht paßt, weil sie entweder zu trocken gelehrt, wie ich sie nicht schreiben mögte, oder zu weitumsichgreifend und vieles andere jener Zeiten berührend seyn würde. Denken Sie, Hagen hat über diesen Gegenstand ein drei797

Kommentar

ßig Bogen starkes Buch geschrieben, welches nächstens im Druck erscheint; worüber ich recht erschrocken bin, da es mir Angst machen würde, wenn ich mit all meinen Vorarbeiten den vierten Theil ausfüllen sollte. Gegen die Abhandlung des Görres habe ich nichts zu sagen. Sie enthält nichts als was ich dort auch schon angegeben: daß in der Edda das Nib. L. gefunden wird; leid aber hat es mir gethan, daß Sie nicht dem Görres jene dänischen Lieder gezeigt, denn das Lied von der Frau Chriemhild ist eben dasjenige, das A. Vellejus bekannt gemacht hat. Und da er wie es scheint nur die Note des Stephanius zum Saxo Grammaticus benutzt hat, so sind Dinge zu dem Inhalt dieses Lieds (es ist nur eins, die beiden andern sind Varianten) gerechnet worden die nicht darin stehn – Im Saxo G. ist übrigens nicht die frühste Erwähnung des N. L.; das lateinische Gedicht de prima Attilae expeditione (das Fischer vielleicht mit Unrecht ins 6te Jh. setzt, das aber in dem in der Mitte des 12. Jahrhunderts geschriebenen Chronicon Monasterii Novalic. erwähnt wird und gewiß schon im 9 J.h. existirte) steht in offenbarer Beziehung mit dem N. L. und das eine setzt das andere voraus; mancher andrer zum Theil früherer, wiewohl nicht ausdrücklicher Erwähnungen nicht zu gedenken. Vor allem machen Sie den Görres aufmerksam auf die Wilkina Saga eine in der Mitte des 13. J.h. von einem Schweden gemachte Sammlung altdeutscher Sagen, unter welchen auch das N. L. wieder vorkommt, und welches bei weitem eins der wichtigsten Bücher ist. So vermuthe ich, daß sich alles darin finden wird, was Tiek entdeckt hat, ja es zeigt was noch aufzusuchen ist. Wilhelm Grimm machte noch eine Bemerkung zu dem Lied von der Chriemhild, das Arnim in seiner Übersetzung in ZfE23 aufnahm. – Brentano kritisierte (Kassel, 18. oder 19. April 1808; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 257r–258v: Mitten unter Kisten und Kasten 〈. . .〉; FBA 32, S. 60): Görres Aufsatz über die Niebelungen wäre viel besser nicht da,

er ist als Dithirambe zu knolligt und als Gelehrte Untersuchung ganz ohne allen Wehrt, er fängt mit dem 1200 an und hier liegt ein Fragment eines Romans von 800 auf der Bibliotheck, worin schon des Gedichts Erwähnung geschieht, es ist wunderbar wie einem auch der herrlichste Stilus fatal wird, wenn man weiß daß der Dichter nicht anders schreiben kann. Hat er dann die Romanzen aus dem Dänischen nicht gelesen, daß er die Noten aus dem Saxo Gramaticus über solche Lieder übersezt, das unter uns, die Note von dir zu dem Aufsatz ist mir sehr lieb. Brentanos Urteil stützt sich auf Jacob Grimm, der gegenüber Ludwig Tieck am 18. April 1808 ebenfalls kritisch meinte: Görres über die 798

Zu ZfE 5

Nibelungen nimmt sich sonderbar in historischen Untersuchungen aus, u. ich wollte, dass er sie nicht anstellte. Denn sie sind auch, nach meinem Urtheil, die schwächste Seite in seiner Schrift über Volksbücher. (E[dmund] Stengel, Zwei Briefe Jakob Grimms an Ludwig Tieck und Clemens Brentano sowie ein Briefchen von Clemens Brentano an und ein Zeugnis Savignys für Jakob Grimm, in: Festschrift für W. Vietor, 1910, S. 154). Görres behandelte in der Folge noch die von Wilhelm Grimm vermißten Texte und ging auch auf dessen Kritik ein (vgl. Steig 1904, S. 9). Arnim antwortete Wilhelm Grimm am 23. April (SBB-SPK, Nachlaß Grimm 647/I: Lieber Mitarbeiter, ich danke für 〈. . .〉): 〈. . .〉 ich danke für alle gute Nachrichten,

aber die beste fehlt mir, nämlich das Blat, welches Sie den Uebersetzungen aus dem Dänischen beygefügt hätten, sonst wäre es bey dem Aufsatze von Görres zugleich erschienen, wahrscheinlich hat es Clemens 〈aus gestrichen Görres〉 zurückbehalten, weil diese Uebersetzungen erst für das Wunderhorn bestimmt waren, wo alle Erörterungen der Art erst wie heimliche Mienen gegen Recensenten aufgespart und verdeckt sind. Eine der Uebersetzungen, die einer Erzählung im Heldenbuche entspricht, finden Sie im sechsten Stücke, die andern werden mit der Fortsetzung von Görres folgen, dem ich Sie nach Ihrer Erlaubniß gezeigt habe; die Wilkina saga hat er schon benutzt, er spricht davon im zweyten Abschnitte, den er gleich geschrieben hatte, den ich aber der Abwechselung zu gefallen nicht gleich eingerückt habe. Den Fischer konnte er nicht bekommen, er wird drüber im dritten Abschnitte reden. Daß er jene in der Edda die erste Erwähnung des Siegfried nennt bezieht sich auf historische Erwähnung, sonst wird er künftig beweisen daß alles dahin aus Deutschland gekommen, wie alt das Gedicht d〈e〉 p〈rima〉 exped〈itione〉: beruht doch nur auf Muthmassungen, die aber sehr wahrscheinlich seyn können. Es wird mir sehr erfreulich seyn Nachträge zu dieser Abhandlung, Berichtigungen u. s.w zu erhalten insbesondre auch um dem Hagen den verfluchten Spas zu verderben, die Leser eines guten Gedichts mit dreissig Bogen Anmerkungen zutode zu ärgern. Wilhelm Grimms knappe Einleitung ist verloren. Vgl. zu seinen Forschungen den Kommentar zu den dänischen Heldenliedern. Am 6. Mai schrieben Jacob und Wilhelm Grimm wieder an Arnim (BJ; Ich sende Ihnen hierbei: 1.) 〈. . .〉). Wilhelm meinte: Sobald ich die Abhand-

lung vom Görres vollständig habe, verspreche ich Ihnen recht gern meine Bemerkungen über das Nibelungen Lied kurz aufzuschreiben. Ich bin nicht für die Behauptung daß alles von Deutschland dorthin gekommen, der Siegfried ist recht eigentlich ein nordischer Held und 799

Kommentar

Albrich (Alfrikur Elfe) hat in den nordischen Gebürgen gehaust; indeßen bin ich weniger dagegen, als daß ich sie vielmehr für überflüßig und unfruchtbar halte. Die Skandinavier haben mit uns gleiche Abkunft, und unter den vielen Völkern die sich bei der Völkerwandrung so gewaltig durcheinander drängten, waren die Gothen so gut als die Burgunden. Und warum sollen nicht alle diese Nationen sich die Geschichte dieser Zeiten in ihren Volksgesängen aufbewahrt haben, da sie ein gemeinsames Ereignis war? Daher die Abweichung in den nordischen Recensionen, wo doch wieder derselbe Grund unverkennbar ist. 〈. . .〉 Es existirt von dem carmen de pr〈ima〉 exp〈editione〉 eine deutsche Ubersetzung von Molter aus Karlsruh unter dem Titel Walter Prinz von Aquitanien, die wohl leichter zu haben ist. Friedrich Heinrich von der Hagen wandte sich am 10. Mai (Ich überschicke Ihnen hier einen 〈. . .〉; GSA 03/200) an Arnim: Grüßen Sie beßtens Brentano’n, u. bitten Sie ihn doch freundlich um eine kurze Notiz von seinen Ausgaben des Heldenbuchs u. anderer dazu gehörigen Gedichte zB. v. Sigurt, Ecken Ausfahrt p, auch von dergleichen Handschriften, für meine Einleitung zu den Nibelungen, welche mit einer neuen Ausgabe derselben erscheint. Von Tiek, deßen Freundschaft ich mir auch gewonnen, erhalte ich dazu seine Collazion des St. Galler Codex. 〈. . .〉 Auch Herrn Grimm bitte ich zu grüßen und meiner Achtung zu versichern, wenn ich auch ihn bestreiten mußte: – Wir alle sollten dennoch zwar frei doch wakker zusammengefügt bleiben, wie es Deutschen geziemt. Arnim schrieb darauf an Tieck (Heidelberg, Ende Mai 1808: Sie erhalten die beyden ersten 〈. . .〉; FDH 13266; durch von Holtei irrtümlich datiert auf »Ende November 1808«): Die Zeitungen sagen von einem Romantischen Journale, das Sie herausgeben, ich freue mich dessen, es muß den Bienen der Honig genommen werden, daß sie wieder arbeiten und ich bescheide des wegen meine Bitte um Beyträge von Ihnen noch nicht; Görres Untersuchungen über die Nibelungen finden Sie fast beendigt, von Grimm erwarte ich schöne Resultate; es geht so unendlich viel zugrunde, lassen Sie Ihre Untersuchungen nicht darum schweigen, weil der eine oder andre vielleicht schon einiges davon berührt hat. 〈. . .〉 Im Postscriptum fügte Arnim bei: Eben erhalte ich einen Brief von Hagen, der mir schreibt, daß er zu den Nibelungen Ihre Unterstützung erhalten, es freut mich dies glückliche Verständniß, es scheint jezt ein allgemeiner Sturm zu werden gegen die tückische Bosheit falscher Kritick, sind wir nur erst im Graben, ich stehe dafür der Wall, der so entsetzlich aussieht ist nichts als der Unrath der Garnison, den sie so 800

Zu ZfE 5

regelmässig aufgestapelt hat. Arnim antwortete von der Hagen vmtl. am 29. Mai; GNM Nürnberg, Archiv Autographen K18 (Vielen Dank, lieber Hagen, für 〈. . .〉): Ich schreibe in Eile, weil ich mich zu einer kleinen Reise anschicke, den Schluß von Görres Aufsatz enthält das 20te Stück der Zeitung, wollten Sie mir 〈die〉 Resultate Ihrer Untersuchung in voraus mittheil〈en so〉 würde es mir erfreulich seyn und könnte der weiteren Auss〈icht〉 in Ihrem Werk nicht schaden. Tiecks Projekt zerschlug sich, und auch für die ZfE lieferte er nichts zu diesem Thema. Von der Hagen verwendete Arnims und Brentanos Hinweise in: Deutsche Gedichte des Mittelalters. Herausgegeben von Friedrich Heinrich von der Hagen und Dr Johann Gustav Büsching. 1. Bd. Berlin. In der Realschulbuchhandlung 1808 (vgl. zu ZfE3), wo er Gedichte des Heldenbuchs abdruckt (der 2. Bd. erschien erst 1820). 1810 gab er den mittelhochdeutschen Text des Nibelungenlieds heraus; der kritische Apparat dazu erschien nie. Lobend äußerte sich Friedrich Schlegel über Görres’ Aufsatz. Er schrieb Arnim am 8. Juni; BJ/Autographa 155 (Geeehrtester Freund! Die mannigfalti-

gen Zerstreuungen 〈. . .〉): Herrn Görres empfehlen Sie mich auch, wenn ich bitten darf, angelegentlichst. Ich las seine Beiträge, so wie überhaupt die 8 ersten Nummern des Einsiedler mit vieler Freude. Goethe lehnte von den ZfE-Beiträgen besonders diesen Aufsatz von Görres ab. Nachdem er gegenüber Bettine am 4. Mai 1808 aus Weimar angekündigt hatte, er wolle Arnim aus Karlsbad für seine wunderliche Zeitung danken (Schmitz/Steinsdorff, S. 606), schrieb er von dort am 22. Juni noch einmal an Bettine über die ZfE (ebd., S. 615): Ob ich gleich den Nifelheimischen

Himmel nicht liebe, unter welchem sich der Einsiedler gefällt; so weiß ich doch recht gut, daß gewisse Climaten und Atmosphärn nöthig sind, damit diese und jene Pflanze, die wir doch auch nicht entbehren mögen, zum Vorschein komme. So heilen wir uns durch Rennthiermoos, das an Orten wächst, wo wir nicht wohnen möchten; und um ein ehrsameres Gleichniß zu brauchen: so sind die Nebel von England nöthig um den schönen grünen Rasen hervorzubringen. Von seinem Besuch in Weimar teilte Arnim Bettine Goethes Meinung mit (25. Dezember 1808; FDH 7288: Die längste Nacht ist nun 〈. . .〉): Nun komme ich zu

meinem Ruhm und ich sage Dir es lohnt für allen Schimpf den Liebsten zu gefallen. Er versicherte mir daß es wohl nie eine Zeitung gegeben haben, wo auf so wenigen Bogen solch eine Fülle von Gutem und Curiosen zusammengehäuft worden, er entdeckte täglich etwas Neues, das ihn erfreue, er hoffte auf eine zweyte Auflage, die Herzogin, die Princeß und alle am Hofe hätten das Aufhören bedauert u s. w. 801

Kommentar

u. s. w. In der Streitigkeit mit Voß erklärte er sich ganz gegen ihn, sagte aber, ich hätte besser gethan gar nicht zu antworten, er wäre noch besser hineingelaufen. Es that mir leid, daß er gegen Görres sprach. Daß Goethes Kritik sich besonders gegen diesen Aufsatz richtete, zeigt auch sein Brief an Knebel vom 25. November 1808 (WA IV 20, Nr. 5644, S. 221f.): 〈. . .〉 wahrlich die modernen Liebhaber desselben 〈des Nibelungenlieds〉,

die Herren Görres und Consorten, ziehen noch dichtere Nebel über die Nibelungen, und wie man von andern sagt, daß sie das Wasser trüben um Fische zu fangen, so trüben diese Land und Berg um alle gute kritische Jagd zu verhindern. Das Morgenblatt mißversteht den gehörnten Siegfried als hörnerbegabten Siegfried (s. Kapitel Voß und das Morgenblatt). Druckfehler Verglichen mit Pfaff; weiter mit dem Nachdruck in: Joseph Görres, Gesammelte Schriften. Bd. 3: Geistesgeschichtliche und literarische Schriften I (1803– 1808), hg. v. Günther Müller. Köln 1926 (D2), S. 304–308, 316–329, 330– 335 (Text), S. 515f. (Lesarten). Die Druckfehlerliste dort gibt mehr Druckfehler für die ZfE an, als für die von mir benutzten Exemplare zutrifft. Andere Druckfehler bemerkte Müller nicht. 54,9 Ergebung] Crgebung Jessen 54,12 Schattengewölbe] Schattengewolbe Jessen 56,34 und fest,] und, fest ZfE 57,12 Flateyischen] Tlateyischen Jessen 57,17 Quida] Ruida ZfE Quida Pfaff Kuida D2 57,24 Brynhilldarquida] Brynhilldarguida ZfE 58,12 Räfill] Näsill ZfE Räfill Pfaff 58,37 Velleius] Vellefus ZfE

(zu: ZfE8:) 89,4 die wir] die, wir ZfE 89,28 das lebt] daß lebt ZfE 89,30 erkennen;] erkennen.. ZfE 90,5 in] i ZfE 91,24 Thwortz] richtig: Thwrocz 92,3 Cochlaei] Cochlaci ZfE Cochlaei Pfaff D2

802

Zu ZfE 5

92,19 Otrokocsi] Otrokocst ZfE Otrokocsi Pfaff D2 92,32 Volksliedern] Volsliedern ZfE 93,9 Srudas] Studas Pfaff Jessen Srudas D2 94,2 Wesentlichen] Wefentlichen Jessen 96,15 Bereserkern] Beresenkern ZfE 97,18 Ermenrek] Ermentrek ZfE

(zu: ZfE12:) 143,20 Isungs] Irungs 145,16 den] dem ZfE 146,23 alten] alte ZfE 146,32 Pehclevan] Pehelevan ZfE Pfaff Pehclevan D2 147,8 Simorg anka] Pfaff Simorganka D2 148,4 Element] Elemen ZfE 148,23 hineingezogen] hin eingezogen Jessen 149,33 Bereserkerwuth] Beresenkerwuth ZfE 151,3 bestättigen.] bestättigen.«

(zu: ZfE21:) 266,36 269,20

Annal. Baior.] Annal. Boior. ZfE sich] sie ZfE Erläuterungen

54,6–55,38 In dieser Schrift 〈. . .〉 unsre Einsiedeley.] Anmerkung von Arnim. Die Beschreibung der Einsiedeley stammt aus Görres’ Zusammenfassung des Volksbuchs Eine schöne, anmuthige und lesenswürdige Hi-

storie von der unschuldig betrengten heiligen Pfalzgräfinn Genoveva, wie es ihr in Abwesenheit ihres herzlieben Ehegemals ergangen, die mit diesen Worten beginnt (S. 246f.). Varianten gegenüber der Q (mit Ausnahme von Orthographie und Zeichensetzung): 54,15 vor der] in dem 54,17 Vogelsang] Vogelschlag. 54,38 scherzende Gemisch] Unter diesem Titel beginnt Arnim in ZfE7 eine dichterisch verbundene Serie kleiner Texte. 55,19–20 eine neue Ausgabe der Nibelungen] von Friedrich Heinrich von der Hagen (s. o.).

803

Kommentar

57,12–13 im Flateyischen Codex aus dem vierzehnten Jahrhundert] Görres befaßt sich hier mit der altisländischen Literatur. Das »Buch von Flatey« (Flateyjarbo´k) – neuzeitlich nach dem Fundort, der Insel Flatey, benannt – ist eine der wichtigsten isländischen Sammelhandschriften des Mittelalters. Die Hs. wurde zwischen 1387 und 1390 geschrieben, 1656 dem dänischen König Friedrich III. geschenkt und in Kopenhagen in der königlichen Bibliothek aufbewahrt. 1971 wurde sie an Island zurückgegeben. 57,17 Gudrunar Quida] Quida heißt: Lied, also: Gudrunlied. 57,17–18 in der Sämundischen Edda] Der Name Sämundische Edda (Edda Sæmundi multiscii) ist eine heute als überholt geltende Bezeichnung des um 1270 in Island geschriebenen »Codex Regius«. Die Handschrift, die elf mythologische Gedichte (»Götterlieder«) und 18 Heldenlieder enthält, trägt keinen Titel. Nach ihrem Auffinden 1643 erhielt sie die Bezeichnung »Edda Sæmundi multiscii«. Karl Simrock erläuterte: »Der Bischof Bruynjulf Swendsen zu Skalholt jedoch, welcher im J. 1643 die älteste derselben, den sogenannten codex regius, auffand, setzte der Abschrift, welche er davon besorgen ließ, mit eigener Hand den Titel Edda Sæmundar hinns frode, Edda Sämund des Gelehrten, vor und dieß ist das einzige Zeugniss dafür, daß diesem Buch der Namen Edda gebühre.« (Die Edda, die ältere und jüngere nebst den mythischen Erzählungen der Skalda übersetzt und mit Erläuterungen begleitet von Karl Simrock. Stuttgart-Tübingen 1851, S. 322) Allerdings weiß man heute aus wissenschaftlichen Untersuchungen, daß die Hs. etwa zweihundert Jahre nach Sæmundr (1056–1133) entstanden ist, und auch, daß die Vorlage, nach der der »Codex Regius« geschrieben wurde, nicht von ihm stammen kann. In jüngerer Zeit hat sich für den »Codex Regius«, dessen Lieder in alliterierenden Versen und Strophen verfaßt sind, die Bezeichnung »Lieder-Edda« durchgesetzt. 57,25 der Snorroischen Edda] Die Snorra-Edda nennt man nach dem Verfasser, dem Isländer Snorri Sturluson (ca. 1179–1241). Es ist ein um 1220 vorwiegend in Prosa verfaßtes Handbuch für Skalden. In Abgrenzung zur »Lieder-Edda«, dem »Codex Regius«, spricht man deshalb auch von der »Prosa-Edda«. Die Bezeichnungen »Ältere Edda« für den »Codex Regius« (um 1270) und »Jüngere Edda« für die Snorra-Edda (um 1220) sind überholt. 58,5–6 Regner Lodbrogs Saga] »Ragnar saga loðbro´kar« ist eine um-

fangreiche isländische Vorzeitgeschichte (fornaldasaga), wahrscheinlich aus dem 13. Jhd., die die Abenteuer- und Eroberungsfahrten des Dänen Ragnar Lodbrog und seiner Söhne beschreibt. Sie sind wahrscheinlich historisch belegte Personen des 9. Jhd.s, die Handlung ist aber reine Fiktion. 804

Zu ZfE 5

58,8 Lioth] richtig geschrieben: Ljo´ð. 58,20–21 Saxo Grammaticus 〈. . .〉 dänische Geschichte um 1200] Saxo Grammaticus (um 1150 – um 1220), seine Gesta Danorum enthielt in den ersten neun Büchern viele altnordische Sagen, Buch 10–16 ist eine historische Chronik. Die Ausgabe Saxonis Grammatici Historiae Danicae libri XVI, hg. v. Christianus Adolphus Klotzius. Leipzig 1771 könnte von Görres benutzt worden sein. 58,33–60,11 Es ergibt sich 〈. . .〉 Volkslied oder Romanze 〈. . .〉 drey alte nordische Gedichte 〈. . .〉 verderben.] Vgl. Wilhelm Grimms Übersetzung aus den altdänischen Heldenliedern: Das Lied von der Frau Grimhild (ZfE23). 58,36–37 Andreas Velleius] Eigentlich: Anders Sørensen Vedel (1542– 1616), ein dänischer Priester und Historiograph. Görres bezieht sich hier auf Vedels berühmte Sammlung dänischer Balladen: It hundrede vduaalde

Danske Viser om allehaande merckelige Krigsbedrifft, oc anden seldsom Euentyr, som sig her vdi Riget ved gamle Kemper, naffnkundige Konger oc ellers forneme Personer begiffuet haffuer aff arilds tid indtil denne neruærendis Dag. Ribe: Liliebjerget 1591; vermehrte Neuaufl. v. Peder Syv 1695. Vgl. Wilhelm Grimms Übersetzungen aus dem Altdänischen (zu ZfE6 und ZfE23). Die altdänischen Lieder sind Versbearbeitungen älterer Sagen. (zu:

ZfE8:)

89,3–90,4 Wilkinasaga 〈. . .〉 1715] Görres benutzte die Ausgabe des schwedischen Historikers Johan Peringskiöld (1654–1720), Wilkina saga /

Eller Historien Om Konung Thiderich af Bern Och hans Kämpar; Samt Niflunga Sagan 〈. . .〉 Opera Johannis Peringskiold. Stockholm 1715. 89,11–35 Wir Herausgeber 〈. . .〉 aufmerksam zu machen.] Die Anmerkung stammt von Arnim. 89,13–14 nicht lesen, sondern nur beurtheilen] Die Bemerkung, daß die Kritiker der ZfE diese eigentlich nicht lesen, sondern nur beurtheilen, nimmt eine Beobachtung Arnims von 1805 wieder auf, als er in der Nachschrift an den Leser zum 1. Bd. des Wh meinte: 〈. . .〉 was die Recensen-

ten anbelangt, sie lesen dies so wenig als das übrige, wir lesen sie dafür eben so wenig 〈. . .〉. Vgl. FBA 6, S. 443; FBA 9/1, S. 734. 89,19 organische Fragmente] Diesen Begriff verwendete zuerst Heinrich von Kleist im Phöbus (1. Stück, S. 5: Organisches Fragment aus dem 805

Kommentar

Trauerspiel: Penthesilea.) im Januar 1808. – Vgl. auch ZfE11: Frontalbo und die beyden Orbellen. organisches Fragment 〈. . .〉. 89,27–28 Streit zwischen sogenannten Romantikern und sogenannten Classikern] Zu Arnims Ansicht vgl. das Kapitel Entstehung der ZfE. 89,33 Werk über Indien] Aus Friedrich Schlegels Buch zitierte Arnim in ZfE1–2. 90,6 H a c k a n H a c k a n s o n ] Gemeint ist der norwegische König Ha´kon Ha´konson (1204–1263). 91,15 die Caßeler Handschrift] Der einzige erhaltene Textzeuge des althochdeutschen Hildebrandsliedes (9. Jhd.) befindet sich heute in der Universitätsbibliothek Kassel unter der Signatur 2o Ms. theol. 54. 91,23–24 die ungarische Chronik von Thwortz] Johannes de Thwrocz (Ja´nos Thuro´czy), Chronicon rerum Hungaricum. Augsburg: Erhard Radtolt, für Theobaldus Feger, 1488. Deutsche Ausgabe: Der hungern Chronica inhaltend wie sie anfaenglich ins Land kommen sind 〈. . .〉, übersetzt von Johann Hauge von Freystein. Wien 1534. 91,25 Heldenbuch] Bezeichnung für spätmittelalterliche Sammelhandschriften oder Sammeldrucke von Heldendichtungen, u. a. Wolfdietrich und

Dietrich und seine Gesellen. 91,40–92,31 Auch Jordanis 〈. . .〉 Miene.] Anm. von Görres. Jordanis (auch Jordanes oder Jornandes, Mitte 6. Jhd.), ein römisch-gotischer Gelehrter, verfaßte eine Geschichte der Gothen: De origine actibusque Getarum (vollendet 551/2). 92,2–3 Peringskiöld 〈. . .〉 Theodorici] Johan Peringskiöld gab das Werk von Johannes Cochlæus mit Anmerkungen heraus: Vita Theoderici, regis

Ostrogothorum et Italiæ, Autore Joanne Cochlæo Germano. Cum Additamentis & Annotationibus, quæ Sveo-Gothorum ex Scandia Expeditiones & commercia. Opera Johannis Peringskiöld. Stockholmiae: Literis Enaeanis 1699. 92,19 Otrokocsi in origin. Ungar. II p. 109] Fo´ris Ferenc Otrokocsi, Origines Hungaricae, seu liber, quo vera nationis hungaricae origo et antiquitas e veterum monumentis et linguis praecipuis panduntur. Pars 1.2. Franequerae 〈Franeker, Niederlande〉 1693. 92,31–41 Es ist nicht 〈. . .〉 Herr von Seckendorf in Wien 〈. . .〉 Prometheus 〈. . .〉 wollte.] Prometheus eine Zeitschrift, hg. v. Leo v. Seckendorff und Josef Ludwig Stoll. Wien: Geistinger 1808. Zu Seckendorff vgl.

ZfE16. Görres wollte auch bei Seckendorff direkt wegen evtl. ungarischer Lieder nachfragen, er benutzte dafür einen Empfehlungsbrief für die Brüder Joseph und Wilhelm von Eichendorff; da sich dieser Brief aber in Joseph von

806

Zu ZfE 5

Eichendorffs Nachlaß befand (heute H: FDH 28860 als Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland), wurde er wohl nicht abgegeben, als die Brüder, wie von Görres erhofft, im Sommer 1808 über Wien nach Lubowitz reisten. Der zuerst von Wilhelm Kosch (Joseph von Eichendorff, Sämtliche Werke, 13. Bd: Briefe an Eichendorff. Regensburg 1910, S. 235) edierte Brief blieb in diesem Zusammenhang zunächst unbemerkt (Hs FDH): Ich empfehle dem

Herren von Seckendorf die beyden Herren Barone von Eichendorf zu freundschaftlicher Aufnahme. Zu gleicher Zeit ergreife ich die Gelegenheit mich zu entschuldigen mit den gewöhnlichen Entschuldigungen der Nichtbeantwortung einer frühern Auffoderung zum Mitarbeiten am Prometheus. Drey hießige Journale nehmen mich über die Gebühr in Anspruch, doch werde ich bey einiger Freyheit und Losgebundenheit etwas einzuliefern suchen. Dann wollte ich Sie bey der Gelegenheit auf meine Auffoderung im Einsiedler der ungarischen Volkslieder wegen noch einmal aufmerksam machen. Arnim und Brentano empfehlen sich Ihnen gemeinschaftlich mit mir. Heidelberg am 10ten Mai 1808. Görres. 94,16 König Rother] Vgl. Tiecks Auszug in ZfE3–5. 94,17–18 von den Heymonskindern] Ein Volksbuch, vgl. Görres, Die teutschen Volksbücher, Schöne Historie von den vier Heymonskindern Adelhart, Ritsart, Writsart und Reinold, samt ihrem Roß Bayart, was sie für ritterliche Thaten gegen die Heiden zu Zeiten Caroli magni König in Frankreich, und ersten römischen Kayser begangen haben. (S. 99–131) 94,30 Genoveva] Arnim wird sich auch dieser Legende widmen, indem er einen Teilabdruck von Maler Müllers Drama abdruckt und Tiecks Genoveva dabei bespricht (ZfE13–15). 95,26 Volksbuche] Die Siegfried-Erzählung ist in der Entstehungsgeschichte abgedruckt. 96,9 Heracles] Wohl Anspielung auf die spätantike Theorie, die Taten des Herkules stellten die 12 Sternzeichen dar. 96,15 Bereserkern] altnordisch: berserkr (aus ber- »Bär« und serkr »Hemd«, »Fell«), also eigentl. »Bärenhemd«. Meistens als Gruppe von 12 wilden Kriegern für Odin oder einen König. 97,26 das teutsche Epos] Das Nibelungenlied.

(zu: ZfE12:) 143,4 Die zwölf Säulen am Riesenwege] Görres bezeichnet mit diesem Bild die 12 Teile des von ihm vermuteten Urepos (vgl. 144,14–34).

807

Kommentar

143,6 in jener Sage] der Niflungasaga aus der Wilkinasaga. 144,3 in den Dänischen Wiskers] in den dänischen Heldenliedern (Viser); vgl. Wilhelm Grimms Edition. 145,30–33 Das königliche Buch, Schach Nameh 〈. . .〉 gedichtet] Firdausı¯ arbeitete von 975–1010 an seinem Epos über das Persien in vorislamischer Zeit (vgl. Firdausi, Scha¯hna¯me. Das persische Königsbuch. Miniaturen und Texte der Berliner Handschrift von 1605. Hg. v. Volkmar Enderlein u. Werner Sundermann. Hanau 1988). – Görres studierte damals die persische Sprache und machte selbst später eine Nacherzählung in Prosa: Das Heldenbuch von Iran. Aus dem Schach Nameh des Firdussi. 2 Bde. Berlin 1820. 146,21 Zendavesta] Eine Sammlung alter Religionsbücher der alten Iranier, die auf der Religion des Zoroaster beruhen. Zuerst von Anquetil-Duperrous aus Ostindien mitgebracht (frz. Übers. 1771). 146,38–39 Schild 〈. . .〉 Achilles] Vgl. Ilias XVIII. 150,30–40 Das Gedicht 〈. . .〉 herrühre.] Die Anmerkung wurde wahrscheinlich von Görres geschrieben, nachdem ihm Arnim die Übersetzung des Gedichts durch Wilhelm Grimm gezeigt hatte. Vgl. Arnims Korrespondenz mit Wilhelm Grimm im Kommentar zu den von diesem übersetzten dänischen Heldenliedern. Das Lied von der Frau Grimhild erschien in ZfE23.

(zu: ZfE21:) Fischer 〈. . .〉 worden.] DE PRIMA EXPEDITIONE ATTILAE REGIS HVNNORVM IN GALLIAS AC DE REBUS GESTIS WALTHARII AQUITANORVM PRINCIPIS CARMEN EPICVM SAECVLI VI. EX CODICE MANVSCRIPTO MEMBRANACEO OPTIMAE NOTAE SVMMA FIDE DESCRIPTVM, NVNC PRIMVM IN LVCEM PRODVCTVM, ET OMNI ANTIQVITATVM GENERE, INPRIMIS VERO MONVMENTIS COAEVIS, ILLVSTRATVM ET ADAVCTVM. FRIDERICO CHRISTOPHORO IONATHAN FISCHER. LIPSIAE. 1780. 262,11 M o l t e r ] Friedrich Molter, Beyträge zur Geschichte und Literatur. Aus einigen Handschriften der Markgräflich Badischen Bibliothek. Frankfurt/M. 1798. 265,15 M a b i l l o n ] Jean Mabillon (1632–1707), französischer Gelehrter, 262,8–12

Benediktiner im Kloster Corbie, später in Paris, wurde Begründer der französischen Urkundenlehre (De re diplomatica. Paris 1681) Er wurde im Auftrag Colberts nach Burgund und Deutschland gesandt (Vetera analecta, 4 Bde. Paris 1675–84). Er verfaßte die erste kritische Geschichte des Benedik-

808

Zu ZfE 5

tinerordens: Acta Sanctorum ordinis S. Benedicti in saeculorum classes distributa (9 Bde. Paris 1668–1702), Annales ordinis S. Benedicti (5 Bde. Paris 1703–1713). 265,19 Muratoris] Ludovico Antonio Muratori (1672–1750), italienischer Historiker: Rerum Italicarum scriptores. Raccolta degli storici italiani dal cinquecento al millecinquecento. Annali d’Italia. 14 Bde., Neapel 1773–78. 265,30 Aventin in seinen Annalen] Johannes Turmair (gen. Aventinus, 1477–1534), Annales ducum Baioariae (1521, gedruckt Ingolstadt 1554, dt. Bearbeitung: Bayrische Chronik 1522, gedruckt Frankfurt 1566). 265,36 die Zeit Pipins] Pippin III. »der Kurze« (714/15–768). 265,36–37 nach Eckharts Angaben in commentarii de reb. Franciae orient.] Johann Georg v. Eckhart, Leges Francorum, Salicae et Ripuarorum. Frankfurt/M.-Leipzig 1720. 267,30–269,4 Der Rhein 〈. . .〉 bey dem Dome] Görres nennt seine Quelle in der Fußnote: Marquard Freher, Origines Palatinae. Authore Marquardo

Frehero. In quibus praeter gentis & dignitatis Palatinae primordia, tum Haidelbergae & vicini tractus antiquitatem, multa scitu digna, qua` ad universam Germaniam, qua` ipsum Imperium Rom. exponuntur. 3. Aufl. Heidelberg 1686, Bd. 2. Das Zitat S. 83 (nicht S. 89). 268,4 Ptolemaeus] Claudius Ptolemaeus, um 100 – nach 160, Astronom, Mathematiker und Geograph in Alexandria. 268,8 Dagobert] Dagobert I., ca. 608–638, fränkischer König. 268,18 Friedrich der dritte] 1415–1493; 1452 zum Kaiser gekrönt. 268,22 König Franz] Franz I. von Frankreich (1494–1547). 268,39–269,11 des Rosengartens bey Worms 〈. . .〉 schöne alte Capelle 〈. . .〉 Vergangenheit.] Den Rosengarten auf der rechten Rheinseite gegenüber von Worms und die Kapelle bei Worms hatte Brentano Anfang Mai 1806 besucht. Von ihm dürfte Görres besonders auf diese hingewiesen worden sein, wenn auch der Abbruch sicher in den Zeitungen stand. Brentano berichtete damals Arnim (vor 20. Mai 1806; Ich stehe in großer Schuld 〈. . .〉; FBA 31, S. 520f.): Vor Vierzehntagen bin ich mit Kastner zu Fuß

nach Worms auf dem Sand wie nach klassischem Boden gereißt, O Himmel, welche elende Statt, welch elendes Volk, doch elender noch, die es unterjocht, die Sieger von Austerlitz, diesseits des Rheins, Worms gegenüber liegt im darmstädtischen dicht um die Ueberfahrt herum ein Gehölz, von welchem die wenigen lezten ungeheuren Eichen eben gefällt wurden, um den Holländern abgeflözt zu werden, es heist biß auf diese Stund noch der Rosengarten, ich habe umsonst nach Rosen 809

Kommentar

gesucht, um dir ein Blatt zu schicken, sie sind alle mit den Helden gefallen, jezt stehen Weiden, und niedres Gestrauch um wenige Eichen, die es erlebten, daß ein Jüngling der Helden unter ihrem Dach gedachte, denen es noch keinen Schatten geben konnte. Die Wenigen Minuten, die ich im Rosengarten war, waren das Sterbstündlein unsres guten Muth, jenseits fielen uns die Douaniers, und die Flöhe des Wirths an, Mehrere alte ungeheure steinerne Särge habe ich hinter der Stadtmauer aufgefunden, vielleicht der Helden Grab, ein Stein liegt auf der Straße den ein Rieß aus dem Rosengarten herübergeschmissen hat, aber das einzig schöne, herrliche, vielleicht nirgend mehr so ganz unverlezte Denkmal jener Zeit wird in wenigen Wochen als Domaine um 800 livres auf den Abbruch verkauft, ein Tempel noch aus Drususzeiten vielleicht früher her, unverlezt wie er aus des Meisters Händen kam, er steht mitten unter den Hütten elender Handwerker, diese vielleicht schon zehnmal um ihn her untergegangen sind, er ist ein Oktogon und hatt drei Hallen über einander, die untere halb unterirdische ist mit Knochen und Schädeln erfüllt und wäre eine herrliche Küche für Gall, Dach und die kleine breitbasigte Piramide des Thurms sind, wie das ganze von reinen Quadern, ich kann nicht ohne Zähneknirschen an die Juden dencken, die es zerstören, Ich gebe aber Auftrag, daß mir das Ganze abgezeichnet wird, und sende dir dann ein Exemplar, es sieht ohngefähr so aus, und hat mir einen unvergeßlichen Eindruck gemacht. Die Zeichnung vgl. ebd., S. 521, sowie: Hartwig Schultz, Rosengarten überm Rhein. Zwei unbekannte Gedichte Clemens Brentanos. In: JbFDH 1995, S. 30. Schultz druckt darin das im Görres-Nachlaß befindliche Gedicht Rosengarten überm Rhein. . . ab, das durch die Rosengartensage angeregt ist. Aus zeitlichen Gründen war für Brentano nicht die Ausgabe Friedrich Heinrich von der Hagens und Alois Primissers, Der Helden Buch in der Ursprache (2 Bde. Berlin 1820/25) Voraussetzung. Ihm konnten handschriftliche deutsche oder auch gedruckte lateinische Quellen schon früher bekannt sein. Biographisch naheliegend wäre eine Entstehung unter dem Eindruck des Besuchs von 1806. Über das Heldenbuch jedenfalls stand Brentano im Sommer 1806 mit Fritz Schlosser in Korrespondenz, der ihm am 7. August aus Frankfurt mitteilte (Moering 2002, S. 53, nach der Handschrift in der Biblioteka Jagiellon´ska; vorher: Oswald Dammann, Johann Friedrich Heinrich Schlosser auf Stift Neuburg und sein Kreis. Heidelberg 1934, S. 118): Ich

theile Ihnen hier 〈. . .〉 Beschreibungen der Handschriften des Renners und des Heldenbuchs aus der Carmeliterbibl. mit, welche ich aber, 810

Zu ZfE 5

wenn Sie dieselben angesehen haben, mir zurückerbitte. Sollten Sie jedoch dieselben, was ich bezweifeln mögte, für sich oder einen Ihrer Freunde wirklich interessant finden, so stehen sie zu jedem Gebrauch für Sie zu Gebot. Brentano als Frankfurter hätte die Hss. wohl auch persönlich einsehen können. Sie sind erhalten und befinden sich heute in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M. (Sign. Ms. Carm. 2 und 3).

811

Kommentar

ZfE 6

20. April: 61,3–7

Rezensieren 〈. . .〉 S. 30] Quelle

Zitat aus: Clemens Brentano und Joseph Görres,

Entweder wunderbare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerliche Schützengesellschaft aufgenommen zu werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene Konzert-Anzeige, Heidelberg: Mohr und Zimmer 1807, S. 30f. BOGS enthält die jeweils ersten und letzten Buchstaben der Verfassernamen Brentano und Görres. Der Text entstand nach einem Konzert des berühmten Mannheimer Hornisten Christoph Ahl am 11. März 1807 in Heidelberg und sollte in der Wochenschrift für die Badischen Lande erscheinen. Der Hg. Aloys Schreiber teilte am 20. März darin mit, der interessante Aufsatz über das lezte von dem Musiker Ahl aus Mannheim in Heidelberg gegebene Konzert sei zu spät in seine Hände gekommen, und kündigte den Druck am 27. März als eine scherzhafte Beilage an. Das Zitat aus dem satirischen Text entstammt dem Bericht des Uhrmacher BOGS über das Konzert. Ihm fallen eine ganze Reihe volksliedartiger Verse ein, als drei Waldhörner 〈. . .〉 eine nahe Jagd ankündigten: Rezensiren, kritisiren soll dir aus dem Kopf spazieren, wann ich sag es bleibt dabei, es leb die edle Jägerei 〈. . .〉. In der Satire stehen die Verse durchgehend in Prosa. Im Kontext der ZfE bezieht sich das Zitat indirekt auf Voß, denn dieser hatte das angebliche Konterfei des Uhrmachers als boshaftes Porträt von sich verstanden. Das kolportierte u. a. Kerner in seinem Brief an Uhland vom September 1809: Voß glaubte, es sei ihm

gemünzt, da er zwischen dem Bildniß des Uhremachers vor der Schrift und dem seinigen einige Ähnlichkeit wollte gefunden haben. Weder Görres noch Brentano sollen aber dazumal an Voß gedacht haben. Es 812

Zu ZfE 6

erschien schon anno 1807 und es soll der erste Zunder zur bekannten Fehde gewesen sein. (Mayer 1867, Bd. 1, S. 151f.). Vgl. Nachdruck d. Ausg. Heidelberg: Mohr & Zimmer 1807, mit einem Nachwort von Arnim Schlechter. Heidelberg 2006; Maximilian Bergengruen, Schelmuffsky trifft Soemmerring. Brentano und Görres’ Bogs als teuflische Parodie. In: Strack 2008, S. 369–387. Vgl. FBA 21/1. Eine weitere Arnim-Abschrift aus BOGS (S. 8) hat sich handschriftlich erhalten; H: GSA 03/174, Bl. 6; ca. 17 x 10,2 cm; Wz: Anker mit Buchstaben (vgl. Wallfahrttheater), beschnitten. Dazu auch ein fast identisches Zitat in BJ-VS. Vgl. weitere Verse in ZfE10. 61,8–14

Denn schwer 〈. . .〉 Hölderlin] Quelle

Arnim zitiert hier und in ZfE10 und ZfE12 zwei Gedichte Friedrich Hölderlins nach dem Musenalmanach für das Jahr 1808. Herausgegeben von

Leo Freiherrn von Seckendorf. Regensburg, in der Montag- und Weissischen Buchhandlung (1807). Die vorliegenden Verse entnahm er der vorletzten Str. des 1801 entstandenen Gedichts Der Rhein (S. 101, V. 204–209; vgl. StHA Bd. 2/1 (Text), S. 148; Bd. 2/2 (Kommentar), S. 721 u. 737.

Druckfehler 61,9

Das Unglück] Daß Unglück Jessen Erläuterungen

61,10 61,13

Weiser] Sokrates Gastmahle] das gleichnamige Werk Platons

61,16–69,29

Malespini 〈. . .〉 C. B. 〈. . .〉 hatten.] Entstehung

Clemens Brentano übersetzte die Novelle von Celio Malespini in Kassel (Dvcente Novelle, Venedig 1609, Bd. II, Nr. 11). Er sandte sie Arnim kurz vor dem 22. März 1808 (Ich dancke dir für deine 〈. . .〉; FBA 32, S. 55): Ich sende dir hier 〈. . .〉 einen Malespini 〈. . .〉. Er schrieb erneut am 8. April 1808, da sich sein Brief mit dem Arnims gekreuzt hatte (Meine lezten

813

Kommentar

wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; ebd., S. 56): Meine lezten wenigen Zeilen mit dem Malespini 〈. . .〉 wirst du bereits erhalten haben 〈. . .〉. Arnim antwortete am 10. April (Dein Malespini ist prächtig, nur 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 306r–307v): Dein Malespini ist prächtig, nur bin ich verlegen wegen der Ueberschrift, weil Du die Sprache nicht angegeben, woraus er übersetzt und umgearbeitet, ich vermuthe aus dem Italiänischen. Da ich Deinen Willen nicht weiß, setze ich blos drüber. Nacherzählt von C. B., was eben so gut Carl Bertuch heissen kann. 〈. . .〉 Ein Stück des Malespini kommt ins sechste Stück, du erhältst hier vier und fünf 〈. . .〉. Der letzte Satz läßt vermuten, daß Brentano noch mehr als dieses eine Kapitel des Malespini übersetzt hatte, was jedoch nicht mehr zum Abdruck kam. Arnims Brief an Bettine vom 20. April (FDH 7258: Ich danke Dir herzlich, daß 〈. . .〉) mit der Sendung der 6. Nummer der ZfE gibt Aufschluß über Brentanos Manuskript: 〈. . .〉 ich wollte doch ohne einen

Grus die Zeitung nicht senden, die immer das Merkwürdige hat daß der Malespini von Clemens und seiner Frau 〈Auguste geb. Bußmann〉 abwechselnd übersetzt wenigstens geschrieben, also durch seinen Mund in ihre Feder übergegangen. Bettine antwortete am 22. April (FDH 7422: Einmal trägst du das Geißlein 〈. . .〉): Malespini hat der Gunda am besten gefallen, von allem was bisher vorkam. Genaueren Aufschluß über Auguste Brentanos Anteil gibt ihr Brief an ihren Mann aus Allendorf bei Treysa vom 22. Juni 1808, in dem sie schreibt (vgl. Moering 2003, S. 113): Es

freut mich sehr daß Du in den Einsiedler alle die Aufsätze nahmst welche du mir diktirt, und die mich an so glückliche Tage erinnern 〈. . .〉. Ersatzvorlage

DVCENTO NOVELLE Del Signor CELIO MALESPINI, NELLE QVALI SI RACCONTANO DIVERSI amorosi auuenimenti cosı` lieti, come mesti & strauaganti. Con tanta copia di sentenze graui, di scherzi, e motti, Che non meno sono profitteuoli nella prattica del viuere humano, che molto grati, e piaceuoli ad vdire. Con Licenza de’ Superiori, & Priuilegio. 〈Bild〉 IN VENETIA, MDCIX. Al Segno dell’Italia. S. 28–33:

814

Zu ZfE 6

NOVELLA XI. Delle superbissime nozze del Duca Gulielmo Gonzaga. DOVENDOSI esequire le Regali, e pomposissime nozze fra` il Duca Guglielmo, e Madama Eleonora d’Austria: Il Marchese di Pescara alhora Gouernatore dello stato di Milano, egli impose al Caualier Lione Aretino, Scultore celeberrimo del Re d’Ispagna, che doueße gire a` Mantoua, & inuentare, e porre in ordine qualche bellissimo apparato, o` inuenzione, con la quale quei tanti Prencipi, che doueuano venire, fussero trattenuti, e festeggiati regalmente: Giunto egli in quella Citta` fra` molte inuentioni, che furon proposte, finalmente elessero, e stabilirono quella dell’arco de leali amanti, descritta d’Amadigi di Gaula, e subito ferono elezione di un luogo nel Castello, chiamato la mostra, sito commodo, e mirabile a` marauiglia, quanto mai si uoglia altro, che si possa ritrouare, per qualunque festa, od apparato: Onde furono posti in opera piu` di dugento huomini, oltre venti Capomastri, che l’Aretino fece venire da Milano, peritissimi in simili affari, iquali s’affaticarono nell’opera continouamente. Io descriuero` altrimenti l’ordine del stupendissimo, e superbissimo apparato, ne` le diuerse statue fatte di propria mano del Caualiere, ne` le bellissime, & eccellentissime pitture, gli luminarij infiniti, quali erano appesi nell’aria, senza uedere in che cosa si fussero attaccati; e finalmente tutte l’altre miracolose sue parti; poiche cio` sarebbe un non fornire giamai, e non se ne potrebbe dire mai tanto, che non ne rimaneße a dire d’auantaggio: ma io diro` solamente, che quelli, che gli videro, confeßaron tutti che il maggior Re del mondo, non hauerebbe potuto farne di piu`. Erano neceßarij nel bellissimo apparato diuersi versi latini, & volgari, per i quali fu` eletto Luca Contile, ingegno diuinissimo, e copiosissimo d’ogni belle lettere, & virtu`, il quale si come occorreua, assisteua alle uolte anch’egli nell’opera insieme con l’Aretino: E perche ambedui non erano bastanti per supplire all’infinite cose, che erano necessarie; scrissero al Marchese a Milano, che gli doueße mandare un gentilhuomo de Malespini, seruitore del Re Filippo loro domestichissimo amico: Il Marchese, c’haueua a cuore, & era uigilantissimo ne gli affari del Duca, vdito cio` chiamo` sudito a se il Malespini, dicendogli ch’andasse tosto su per la posta in Mantoua, a trouargli, e loro douesse agiutare nell’apparato, come quegli, che era non poco prattico, & intendente, hauendolo veduto altroue addoperarsi in molti altri apparati fatti in Milano nel tempo, che il Duca di Seßa era Gouernatore. Udito c’hebbe il Malespini il 815

Kommentar

desiderio del Marchese, ando` uolando a Mantoua; e come quegli che non ui era stato mai piu, fu` condotto la` doue quei Signori con desiderio grandissimo l’attendeuano. & dopo` l’accoglienze fatte fra` loro, l’informarono di quanto uoleuano fare, accioche anch’egli douesse considerare qualque cosa, per la quale potessero accrere, e magnificare l’inuenzione; il quale dopo d’hauer detto alcuna sua opinione, che le piacque, terminarono di dargli la cura, & il carico di tutto lo’nferno; parte ueramente importantissima, e pericolosissima; interuenendoui, e maneggiandosi in essa grandissima copia di uariate sorti di fuochi artificiati, in oltre infinite altre cose di non lieue importanza, che erano neceßarie. Sı` che egli bisogno` beuere il calice, non troppo con gusto suo; ma uedendo impedito molto il Caualiere nelle sue statue, & in altri molti affari, per i quali, non hauerebbe potuto attendere, l’accetto`, & vi s’impiego` allegramente. Mentre che tuttauia lauorauano con gran celerita`, e diligenza, e quanto piu` poteuano sollecitauano quei operarij: Instando il Duca da tutte l’hore, l’espedizione: E conciosia cosa, c’haueßero ordinato, che non ui douesse entrare persona sia di che esser si uoglia nell’apparato: comparendo sempre nondimeno diuersi personaggi, e grandissime Dame, le quali eßendo altißimi soggetti, e di grandissima autorita`, non gli si poteua contradire. Ilche cio` era ueramente non poco disturbo a quei due gentilhuomini, conuenendogli accompagnare, e render anco le ragioni d’ogni cosa, che v’era. Continouo` buona pezza cotesto modo di fare; finalmente, infastiditosi l’Aretino, iscarico` addosso tutto il peso al Malespini, ilquale anch’egli si stanco` in modo tale, che uedendo comparire qualque personaggio, o` gran Signore, si nascondeua in qualque luogo, sinche se ne fussero andati, p〈er〉 non replicare cotante uolte la lunga leggenda, c’haueua fatta un million di uolte: Haueuano dato ordine in Vinegia di fare vna gran quantita` di uetri, iquali doueuano seruire p〈er〉 illuminare l’apparato: Onde, o` p〈er〉che non gli ferono far in tempo oportuno, o` fuße, che q〈ue〉i Muranesi (valendosi dell’occasione) ne chiedessero tanto che con poco piu` si sarebbero fatti d’argento: Et essendo gia` uenuto il Marchese a Mantoua, & alloggiato nel palazzo del Te`, vedendo auicinarsi il termine della festa, & essere gia` arriuati quasi tutti i Prencipi, che doueuano uenire, egli subito fece sapere all’Aretino l’inconueniente de’vetri, ilquale incontanente l’ando` a ritrouare, dicendogli. Non temete di cio` punto, Signore, che noi vi rimediaremmo, a bene. Io so`, che il Malespini ne ha` in casa alcune centinaia, e credo, d’hauerne anch’io buona quantita` non meno di lui; E del rimanente, che ci potrebbe 816

Zu ZfE 6

mancare, l’Eccellenza vostra scriua a` Milano a quei fornasari, che gli faccino subito, e cosi noi non n’haueremo bisogno d’altri: ma egli conuiene, che voi lo mandiate a chiamare, e darle la commissione, perche dicendogliene io, egli potrebbe dire facilmente, che v’andassi io, o` che ui mandasse qualque altro, delquale punto io non mi assicurarei, essendo veramente occupato nelle cose dell’Inferno: ma io mi rendo sicuro, ch’egli e` huomo per far’ questo, e quello. Vdito c’hebbe il Marchese le proposte del Caualiere lo mando` subito a chiamare, e giunto, gli disse, ch’egli prendesse, per amor suo l’assunto di gire a Milano per i Vetri, soggiungendo. Io scriuero`, che del rimanente, che ui manchera`, potiate astringere quei fornasari, che gli faccino subito, & vi vbidischino in tutto quello, che gli comandarete; e quanto prima ritornate quı` con essi. Il Malespini vbidiente, giunse sopra le poste in vn baleno a Milano; e fece accommodare in quattro caße tutti i suoi uetri, e quelli anco del Cauelieri con il rimanente, che gli mancaua, quale fece subito fare da quei Maestri. Et volando, ritorno` con essi in Mantoua due giorni innanzi, che la festa s’incominciaße. Piacque molto lo arriuo suo al Marchese, & a` tutti quei Prencipi, e Signori, non mancando nell’apparato altra cosa, che cotesti benedetti vetri, massimamente temendo di qualque infortunio, c’hauerebbe potuto succedere facilmente nel viaggio per la caduta di qualque mulo, o` cosa altra simile, rompendosi, e fracassando il tutto, essendo cosa impossibilissima di fare senza di loro. Ritornato il Malespini, nel suo carico dello’nferno, sollecitando l’espedizione, e bastonando souente i pigri, e quelli, che non uoleuano lavorare. Che in vero ui erano alcuni bracenti, i quali subito, che gli haueua uolto le spalle, non faceuano nulla, se non tanto quanto vi era di presente l’Aretino, o` lui, & anco a` forza di buone percoße: perche il peso, e carico del grandissimo apparato era posto sopra le spalle d’ambedui. Hauendo fatto gia` il Contile la parte sua spettante a molti latini, & altre poesie; non essendo egli atto, e buono in quello che faceuano loro. Instaua, importunaua, e pregaua il Duca per l’espedizione, di modo, che le sferzate uolauano da tutte l’hore sopra quei mascalzoni, iquali non si uoleuano punto muouere di passo. Perloche posero in tanta disperazione l’Aretino, c’haueua terminato di vccidere un paio di quelli, che ripugnauano sempre a suoi ordini, e fuggir uia. Di che molto, e non poco si dolse co’l suo compagno, pregandolo ad acconsentire nel suo diabolico proponimento, massimamente uedendo in malissimo stato le cose del l’apparato, e quasi impossibili a fornire in tempo opportuno; il quale benche vedesse ch’egli haueße gran occasione di far 817

Kommentar

questo, e peggio, non ui vole pero` mai acconsentire, anzi nel disuase, rincorandolo, & aualorandolo. Onde conchiusero mal grado loro, di fargli lauorare tutta la notte; essendoui sempre presenti, & sollecitandogli. E dißero, e ferono tanto, che quasi fu giudicato impossibile, che in cosı` poco spatio di tempo, si riducessero le cose in cosı` buon stato, si come era tutto il negotio. Haueua condotto il Caualiere alcuna quantita` d’acqua del lago, e di essa fatto vn canale dauante l’Isola incantata, ilquale impediua l’andarui senza il ponte, al quale doueuano capitare tutti i Caualieri, dopo c’haueßero combattuto con coteste qualita` d’armi, Picca, Azza, Mazza, Alabarda, e Stocco, e rimasi vincitori contra i Mantenitori, iquali erano il Marchese di Pescara, Don Giouanni d’Aualos suo fratello, e Don Giorgio Manriquez, condotti da due Amazone al canale, dal quale risorgeua vn ponticello di legno, largo un braccio, per il quale paßauano di la`, tuffandosi poi il ponte, si come era prima sotto l’acqua; e giunti sotto l’arco de leali Amanti, sopra del quale v’era una statua di bronzo, con una tromba in mano, e suonando nel passare del Vincitore, spargeua dalla porta inferiore molti fiori sopra di lui; e poi piu auanti passato sotto di un gran uolto, egli era percosso da molte spade ignude, da ambedui i lati, senza uedere, chi lo percotesse, sin che una gran mano lo prendeua, e tiraua dentro in una stanza, chiamata d’Apollidone, e Grimaneßa, rimanendoui incantato prigione. Et essendo perdente il Caualiere, era condotto dalle due Amazone, la` doue il ponte non risorgeua: E la statua uersaua fuoco, e fiamma dalla tromba. Ilche egli era strassinato da’diauoli dello’nferno. Nel accomodare il ponticello, che doueua star sempre sotto l’acqua, e poi come si e` detto, risorgere nell’arriuo del Caualieri. Vi volse del buono, prima ch’egli fuße ridotto nella sua perfettione. Il perche l’Aretino con molti altri huomini periti ui spesero di molte hore. Finalmente trouato l’arteficio, conforme al loro desiderio, lo legarono sotto l’acqua con alcune funi, & accommodarono benissimo sin che fußero fatte alcune viti di ferro, che lo riduceuano poi in sicurezza. Or essendosi, come si e` detto, affaticato molto il Caualieri, e desiderando alquanto di riposare, e prendere fiato, prego` il Malespini, che sollecitaße il rimanente del lauoro, e che sopra ogn’altra cosa haueße cura particolare, che alcuno non molestasse il ponticello; per che non lo facesse saltare in mille pezzi, rompendo tutti gli ingegni, e douerui spendere poi tutto il giorno seguente, qual era il penultimo della festa, e durarui la medesima fatica. Il Malespini, al quale toccaua di far quella sera la sentinella, cangiandosi poi a uicenda, gli diße che andaße a riposare, e che non temeße di nulla. Poscia in 818

Zu ZfE 6

girando a torno a torno con un pezzo d’aße in mano sollecitaua gli operanti, dicendo. Coraggio, coraggio, fratelli miei; via allegramente in quel poco, che ci resta, & egli inuestiua souente, con il pezzo d’aße; si come era uso di fare; tutti gli infingardi. Erano d’intorno a due hore di notte, quando subito comparuero nel Teatro di molte torcie accese, e dopo loro molti gran Prencipi, e Signori. Il Malespini uedendogli venire da lungi, per non hauer’a replicare la medesima legenda cotante uolte fatta da lui, del significato di tutte le cose dell’apparato, si nascose dietro l’Inferno; attendendo che se n’andassero. I Prencipi, e Signori, fra` quali v’era il Cardinale Madruccio, con diuersi gran Prelati, il Duca di Parma, quello di Mantoua, il Marchese di Pescara, & altri molti Conti, e Caualieri: dopo c’hebbero veduto il tutto, si ridussero poi nel luogo, la` doue si doueua combattere, quale era in forma ouata, amplo, capace, e benissimo inteso, & ordinato, discorrendo fra` loro; dal qual luogo rimase non guari lunge il Duca Guglielmo, con duo, o` tre altri Prencipi, o` Signori, che si fussero; il quale, si come io credo, per alcune gratticole di legno, che erano d’intorno al corridore nella parte del lago, nelle quali souente egli veniua, senza essere ueduto, a rimirare tutto quello, che si faceua; e forse, per far che altri, che quei Signori, non vedessero il ponticello, a bel studio egli era rimasto di dietro. Siasi come si voglia in altro modo, che io non lo so`, gli venne in pensiere, credendosi forse, ch’egli fuße in stato sicuro, di tirare una di quelle funi, con la quale era legato, e farlo risorgere fuori dell’acqua, e tirandone a caso una, che non bisognaua; il tutto si ruppe, e fracasso`, & impetuosamente risorse il ponticello, e fece saltare l’acqua per tutto. Udito subito dal Malespini il rumore, non sapendo quello che si fuße, ui corse, & veduto risorto il ponticello dell’acqua, e spezzati tutti gli ingegni, che si erano fatti con tante fatiche; e che tutto quello che l’Aretino gli haueua raccomandato cosı` caldamente, era rouinato, e distrutto, l’assalse cotanto sdegno, e furore; che non hauendo ueduto mai piu` il Duca, ne meno conosciuto: Et vedendo vn giouanetto gobbo picciolino con la ueste a` mezza gamba con due, o` tre altri soli compagni, giudico`, e tenne per fermo, che gli fuße qualque Chierico di quei Prelati, o` alcuno altro della Citta`, che si hauesse, con la famiglia di quei Prencipi, e Signori, (come succede souente) fraposto seco, & entrato nel Teatro. Per la qual cosa, alzato furiosamente il pezzo di aße, c’haueua in mano, vedendolo sbarbato, gli diße; Bardascia fatta, e detta, io non so` chi mi tenga, che non ti dia con quest’aße tanto nella testa, sin che io non te la rompi tutta; che uenga il cancaro a` te, e chi t’ha` 819

Kommentar

quiui introdotto. Veramente fu` gran miracolo ch’egli se n’astenesse, per due ragioni, di non dargli le sue. l’vna, richiendendolo caso cosı` graue, & importante: l’altra, essendo molto auezzo, e facile a menar le mani; hauendolo indotto a cio` quei mascalzoni, che non uoleuano lauorare. Vendendolo il Duca cotanto adirato, non gli rispose nulla, ne` tampoco gli altri, che erano seco. Di che mormorando, e soffiando come una serpe uelenosa, egli se n’ando`, hauendo conosciuto al parlare il Marchese, per dirgli; mostrandogli il Gobbo. Vedete, di grazia, Signore, che sorti di gente lasciano quiui entrare. Uenite a uedere, come hanno acconcio, vn ponte, che si e` fatto con tanta fatica, mandandolo in mille pezzi. E poi il Duca sollecita l’espeditione. Mentre ch’egli impetuosamente paßaua fra` questo, e quel Caualiere, essendo preßo al Marchese, il Duca sopragiunse, al quale tutti inchinarono; che cio` veduto dal pouero Malespini, egli conobbe subito eßere il gobbetto, c’haueua ingiuriato, e quasi spezzata la testa: Onde imaginateui voi, come egli si trouasse. Io so` bene ch’egli impallidı`, ammutı`, & isbigottı` tutto, agghiacciandoglisi il sangue nelle uene. Quando il Duca si uide nel mezo di tanti Prencipi, e Signori, & vedendo il Malespini preßo al Marchese tuttauia con il pezzo d’aße in mano. Io ho` hauuto, diße, ueramente Signori, vna gran paura, che cotestui non mi scardaßasse ben bene il pelo, ed io non ho` fatto poco ad vscirgli netto fuori dalle mani; dicendogli poi; perdonami fratello, che io confesso d’hauer il torto. l’esangue, e pouero Malespini non potendo sciolgere appena la lingua, humilmente in bassa voce rispose. Io prego l’Eccellenza vostra, che si degni di perdonarmi, non lo hauendo io conosciuto, ne` mi sarei imaginato giamai, che fuße stata lei. No`, no`, disse il Duca, per vn paro, e forse d’auantaggio io le meritauo, e me le toglieuo d’accordo, senza aprire bocca: e ponendole la mano sopra la spalla percotendolo leggiermente, soggiunse, di nuouo, che gli perdonasse. Poscia ridendo insieme con quei Prencipi se n’andarono nel Castello. Nulladimeno, il pouero Malespini rimase molto sospeso fra se, sin che venne l’Aretino; alquale racconto` tutto l’infortunio del ponticello, & il succeduto del Duca. E poi andarono a uedere il danno succeduto. E piacque a` Dio, ch’egli non fusse di cosı` gran momento, si come credeuano, non ui essendo rotte le cose principali, e piu` importante. Et vedendo stare il Caualiere il mesto Malespini tuttauia perpleßo, & ammirato a guisa d’una statua di pietra, e ch’egli non uoleua conforto alcuno, se n’ando` dal Duca, dicendogli: l’Eccelenza uostra ha` isbigottito in cosı` fatto modo il pouero Malespini, ch’egli non sa` in qual mondo piu` si sia: di che io temo assai di qualque 820

Zu ZfE 6

inconueniente. Vdito cio` dal Duca, si pose a` ridere, e lo mando` subito a chiamare, e giunto, in lieto uiso gli diße. Io mi credeuo, che uoi mi hauesti perdonato: ma il Caualieri mi dice, che uoi siete adirato tuttauia, voi hauete il torto: Ma facciam noi da douero la pace; accioche uoi attendiate allegramente a farmi honore: sapendo io il graue carico, che uoi hauete alle spalle; massimamente trattando co’diauoli. Alhora con ogni sommissione, e quasi con le lagrime a gli occhi l’addolorato Malespini rispose. Io vi chieggio di nuouo, Signore, humilmente perdono. Io vi ho` perdonato, e perdono tuttauia, disse il Duca, si come io so` che uoi anco perdonate a me, e ridendo soggiunse, pace, pace. Poscia il Caualieri gli disse, che il danno non era stato cosi importante come si pensauano. Sia egli laudato Dio, diße il Duca; adunque io poßo sperare, che le cose nostre camineranno bene, Signor sı`, rispose l’Aretino: E licentiati andarono ad attendere, e sollecitare il rimanente delle loro facende: Incominciata la festa, e combattuto buona parte della notte ualorosamente da quei arditi Caualieri, e distesi tre di loro in terra dal Marchese di Pescara; fra` quali ui era un gentilhuomo Ferrarese, ilquale come perdente, fu` strassinato da diauoli nello’nferno, iquali durarono molta fatica a leuargli l’elmo dal capo, che per il gran colpo riceuuto, si era piegato molto in dentro: Et eßendo stato raccomandato dal Marchese, per vn pertuggio che rispondeua nello’nferno, Dio ve lo dica per me, i stratij, e beschenchi, che gli ferono con diuersi fuochi artificiati, & intollerabili strepiti, e rimbombi, e poi lo gittarono giuso nelle fauci di Plutone, che cadendo egli penso` di rompersi il collo, pero` non si fece male alcuno, eßendoui accommodata nel fondo di molta paglia: ma pero` fu` grandissima la paura. Fatto che s’hebbero nell’ Inferno, mentre che si combatteua, tutte le dimostrationi, che poeticamente si descriuono. Cioe`, la ruota d’Isione, Sisippo co’l saßo, Tantalo co’pomi, Tizio con l’auoltoio, Cerbero con tre teste, & altre diuerse cose simili; e mille, e mille uolte ueduto passare la barca di Caronte, traghettando infinito numero d’anime, vestite d’habiti diuersi, e maniere, con strepiti horrendissimi, e fuochi spauentosissimi, parendo eßere ueramente vn proprio inferno, & altre molte cose, che sarebbe troppo lungo il raccontarle. Rimaneua ad vscire fuori il Signor Lodouico Gonzaga fratello carnale del Duca; Duca gia` di Niuers, sotto nome del Caualieri del Sole, vestito tutto di veluto bianco, ricamato a fiamme di fuoco, cinto con una gran banda di seta cremisina intesta d’oro, tutta molle di perfettissima acqua vite; il quale vscendo fuori d’un antro, postoui in eßa il fuoco, circondato tutto di fiamme comparue, essendole riserbata la gloria dell’im821

Kommentar

presa, liberando tutti i prigionieri, i quali erano rimasi incantati nella stanza d’Apollidone, e Grimanessa gia` detta di sopra: Auenne al Malespini un caso molto grande, e istrauagante, e non poco periglioso: Haueua egli fatto arrecare diuersi fiaschi di uino per rinfrescare se, e tutti gli altri, che lo seruiuano, iquali posero per innauertenza fra` quelli, che erano pieni d’acqua uite, di tre cotte perfettissima, con la quale mescolata con la Canfora, & altri ingredienti, faceuano diuersi fuochi artificiati, iquali scaturiuano i Diauoli dalla bocca, dall’orecchie, & altre parti senza danno alcuno. E perche nel frequente paßare, che faceua Caronte con la barca, ui erano infinite ricchissime vestimenta d’oro, e di seta, con molte scimitarre guarnite d’oro, & argento, e con diuerse gemme preciose, & variati archi, carcassi, dardi, & armi noblissime, con le quali s’adornauano l’anime dannate: E perche non fußero rubate, vi erano alcuni Tedeschi della guardia del Duca, che n’haueuano cura, i quali vedendo tanti fiaschi, e credendogli pieni di vino, si come buona parte di essi, erano in effetto; gli dierone dentro senza alcuna compassione, & ne vuotarono molti. Or il pouero Malespini, c’haueua abruggiate le ciglia, le palpebre, & i pochi mustacchi c’haueua, e stanco, e lasso fuori di modo, e morto di sete: Et vedendo essere gia` il fine della festa, prese uno di quei fiaschi, che trouo` a sorte pieno, e postoselo alla bocca, senza considerare piu` che tanto, ne mando` giuso buona parte di esso: Et auedutosi che era acqua uite, che forse ne cade` piu` di vn paio in simile errore, non ne volle piu` beuere. E stando intento tuttauia co’l pensiero nel rimanente del suo gran carico, quale era di uestire un fachino in habito di demonio con un gran mondo in mano, si come una mezza botte fatto di tela sottilissima, bagnata benissimo nell’acqua uite perfettissima, e postogli il fuoco, egli velocemente doueua correre all’intorno di vna torre della Citta` di Dite, e giunto nella summita`, doueua gittarlo giuso nel centro dello inferno, e poi nascondersi, ponendosi a giacere, senza uedersi piu`, il quale si perde` d’animo, e di core, vdito forse quei cotanti strepiti, e cotanta confusione di demonij, quali paßauano piu` di cento, pieni di fiamme di fuoco, quali ueramente porgeuano non poco spauento ne gli animi vili, & abietti, si come era il suo. Onde ne` per preghiere, ne` per minaccie, che le furon fatte, non ui uolle gire giamai. Il Malespini, che non voleua preterire di vn iota quello, che era suo carico, dattogli nel ceffo un buon sogozzone, termino` di girui lui. Et addattatosi da diauolo al meglio che puote, e presasi in mano la machina accesa di fuoco, corse uelocissimamente d’intorno la gran torre, e giunto nella cima, che era 822

Zu ZfE 6

simile alle piramidi, non solamente la gitto` giuso nel centro, ma anco ui salto` dietro, benche la torre fuße altissima, merce` pero` dell’acqua uita beuuta; che le fece parere la salita lieue, e co’l saltarui giuso, facilitare la strada, che vi ritorno` quasi a bocconi di nascosto. Veramente il salto fu` molto pericoloso, del quale tutti si stupirono, e marauigliarono, e particolarmente l’Aretino, credendosi, che fusse stato il fachino, e non lui, che s’hauesse rotto il collo: quale non si fece pero` male alcuno. Fornita la festa, & incominciata la folla, e continouata alquanto da Caualieri, la quale all’improuiso scattorı` garbatamente grandißime fiamme di fuoco, che gli diuise tutti, e fece ritornare alle loro case. Si ferono poi il giorno dopo nella piazza di San Pietro diuerse altre bellissime, e pomposissime inuenzioni, & apparati, con montagne nelle strade publiche, da quali scendeuano a cauallo diuersi Cauallieri armati con superbissime liuree, molti de’quali giostrarono a campo aperto, fra` quali vi era il Duca Ottauio Farnese, quale giostrando contro un Cauallieri si fece male ad una mano. Et ui furono fatte diuerse altre cose, che per breuita` io trappaßo, continouando la festa sino alla notte. Or douendo ognuno ritornare alle loro stanze, hauendo presentito il Caualieri per buona via, che il Duca haueua preparato due catene d’oro, l’vna di trecento scudi, per donargline, e l’a`ltra di ducento, per il Malespini: mosso non so` da quale si fusse capriccio suo, prego` il Malespini, dicendogli il fatto delle catene, che non la douesse accettare, che il simile farebbe anch’egli. Non poteua l’amicitia di questi gentilhuomini eßer piu` maggiore; pero` fu cosa ageuole al Caualiere di ottenere il desiderio suo. Terminato c’hebbero cio`, benche pareße al Malespini un certo non so` che, il ricusare quello, che per segno d’Amore vn cosı` gran Prencipe gli uolesse donare, nondimeno non volle disgustare il suo compagno. Onde si andarono a licentiare dal Duca, ilquale fece loro di molte carezze, e gli ringrazio` amoreuolmente: Et veduto il Malespini tutto abruggiato dal fuoco, si pose a ridere, dicendo. Io so`, che que’ vostri diauoli ui hanno acconcio benißimo, e trattato cosı` malamente. Chi baccica seco, Signore, rispose lui, finalmente ne sottragge simili frutti, ma io ui assicuro, di non mi uoler intromettere mai piu` con eßi loro: E rese che gli hebbero le debite riuerenze se n’andarono accompagnati da un Caualieri fuori delle stanze ducali, che poi gli diße. Il Signor Duca desidera, che uoi godiate per amor suo, cotesto picciol dono, dandogli le catene d’oro, le quali ambedui ricusarono, dicendo l’Aretino, come erano seruitori del Re Filippo, e che erano uenuti a seruire prontamente, senza speranza di premio alcuno, bastandole solo 823

Kommentar

la buona gratia di sua Eccellenza, iscusandosi, in vero, molto debolmente; essendo egli huomo testacciuto, e capritioso, si come soglion eßere la maggior parte de virtuosi rari in qualche profeßione. In somma le catene non furon accettate, ancorche il Malespini ne sentisse dentro di se molto dispiacere: ma hauendogli promesso, non volle defraudare la parola sua. Haueua imposto il Duca, che si pagassero al Caualieri ducento scudi, per le mercedi de gli huomini, c’haueua fatti venire da Milano per lauorare nell’apparato. Onde egli prego` il Malespini che mentre ch’egli deße ordine per la loro dipartenza gli andasse a torre, e mentre, che gli annouerauano nella Tesoreria, il Caualieri riferse al Duca, il rifiuto delle catene, e l’escusationi dell’Aretino: Ond’egli fatto subito chiamare il Malespini, che riponeua i danari nel mocichino, tosto ui ando`, alquale il Duca diße. Mi direte uoi il uero, di quello che io ui chiedero`, e che io desidero di sapere. Il Malespini, che ogn’altra cosa s’imaginaua, che quella delle catene, non vi pensando piu`, rispose, molto uolontieri Signore, sapendolo io pero`, il ui diro`. Promettetemelo voi, replico` il Duca. Io ue lo prometto, & attenderouelo, rispose lui. Ditemi voi adunque, disse il Duca; perche cagione non hauete voi voluto, tenendole in mano, accettare per amor mio, coteste catene da questo mio gentilhuomo? Ilche vdito dal Malespini, sorridendo rispose. Il Caualiere, Signore egli e` huomo capocciuto, e molto fantastico, hauendomi detto d’eßer adirato molto co’l Piedemonte, deputato dall’Eccellenza vostra nelle cose dell’apparato, poiche ordinando egli alcune robbe per il Teatro gliene faceua penare un secolo, desiderando egli che le fatiche sue riuscissero con scorno, e dishonere: E ch’ella si era unita con quei della piazza, iquali concorreuano a gara nelle sue inuentioni, e che teneuate la protezione de’ vostri Mantouani, che l’inuidiauano, e desiderauano ogni male, pero` egli non volle accettar la catena, pregandomi strettamente, per l’amicitia nostra antica, e per amor suo, che anch’io facessi l’isteßo, per compiacerlo; ma sallo Dio, non gia` per sprezzo della catena; ma per non disgustarla, pero` contra mia voglia vi condescesi anch’io. Sorrise il Duca, dicendogli. Io conosco, che voi mi hauete detto il vero, e che in effetto egli sia cosı`: ma poiche per il suo peruerso, e maluagio animo egli non la meritaua, io voglio, che per amor mio le godiate ambedue: e dategline, tendendole tuttauia in mano, in lieto sembiante lo licentio`. Il Malespini allegro oltre modo di cosı` buono, & inaspettato incontro, se le pose in seno, senza farne di cio` moto alcuno all’Aretino, e l’ando` a ritrouare co’ danari; E montati a cauallo ritornarono a` Milano: Et il giorno seguente 824

Zu ZfE 6

pagarono tutti quei Maestri delle loro fatiche, & il rimanente de i ducento scudi, che furono quarantasei, il Caualieri diße al Malespini. Cotesti pochi sono vostri, godetegli sin tanto, che io vi ristorero` di cosa maggiore, hauendo voi ricusato per amor mio, la catena del Duca. Non guari dopo, il Malespini vestito pomposamente se n’ando` a` desinare co’l Caualiere, hauendo al collo vna delle catene sotto il saglione, donatale dal Duca, che si vedeua fuori d’alcuni tagli, che vedutala, gli disse. Che bella catena e` questa; e cauatane parte fuori da tagli del saglione, rimirandola gli dimando` di doue hauuta l’haueße. Io l’ho` hauuta, rispose lui, dal Duca di Mantoua, ed e` la catena, che voi non voleste accettare da lui. E quı` poi gli narro` di punto in punto tutto il succeduto, e quello che gli disse il Duca. Il che vdito cio` dal Caualiere, si pose a ridere fortemente, dicendogli. Uoi siete stato veramente piu` sauio di me; & hauete fatto benissimo a` prenderla, ed io ne sento infinito contento, che elleno sieno vostre; essendomi gia` buona pezza paßato l’humore, e lo sdegno, c’haueuo contra quei vfficiali. E cio` detto desinarono allegramente. E facendosi quel giorno l’offerta di porta Comasina, montati a` Cauallo, si trattenero passeggiando innanzi, & indietro, con molti Gentilhuomini, godendo della bellissima vista delle tante Dame, e Caualieri, che erano in Cocchio, & alle finestre. Druckfehler 64,15 67,24 67,26 67,31 69,13

darüber] darübrr ZfE einen] ein ZfE Nacken] Racken ZfE sein] fein ZfE sagen] fagen ZfE

70,1–72,13

Des Löwen 〈. . .〉 Wilhelm Grimm 〈. . .〉 Schooß] Entstehung

Arnim nahm in die ZfE sechs Lieder auf, die Wilhelm Grimm aus dem Altdänischen übersetzt hatte (vgl. noch ZfE11: Romanze; ZfE22: Die Meerfrau; ZfE23: Das Lied von der Frau Grimhild; Mimmering Tand; ZfE30: Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf). Die Übersetzungen Wilhelm Grimms gehören zu den Vorarbeiten seiner 1811 erschienenen Edition, die noch 1810 als »vierter Wh-Band geplant« war

825

Kommentar

(Rölleke 1975: Herder, Volkslieder, S. 486): Altdänische Heldenlieder, BALLADEN und Märchen. übersetzt von Wilhelm Carl Grimm, Heidelberg bey Mohr und Zimmer. 1811. (Stichtitel von Ludwig Emil Grimm nach Motiven von Dürer; Widmung: Dem Freiherrn Ludwig Achim von Arnim und Clemens Brentano zugeeignet. Motto aus Arnims Gräfin Dolores). In der Vorrede schreibt Wilhelm Grimm über diese Lieder (S. VIII f.): Es schien auch ihnen das Loos bestimmt, das alle Volksdichtung zu treffen pflegt: die Verachtung und Geringschätzung, welche die spätere entgegengesetzte Kunstcultur gern daran ausübt, um sich zu retten; und nur ein glücklicher Zufall hat sie erhalten, ehe noch so viel wie bei uns untergegangen war. Gegen das Ende des sechszehnten Jahrhunderts kam, durch einen Sturm genöthiget, die Königin S o p h i a von Dänemark, Mutter Christian des vierten, zu der Insel Huen, wo Tyge de Brahe damals lebte und A n d e r s S ö f r e n s ö n We d e l , der dänische Geschichtschreiber und Uebersetzer des Saxo Grammaticus. Dieser hatte für die dänische Geschichte die alten Heldenlieder gesammelt, die Königin hörte davon reden, und gewann Lust sie kennen zu lernen. Auf ihren Befehl also, und nach wiederholter Erinnerung, gab Anders Söfrensön Wedel fünf Jahre nachher (1591.) das erste Hundert jener Lieder heraus; wie er dies alles in der Dedication an die Königin erzählt. Hundert und vier Jahre später (1695.), wurden sie mit einem neuen Hundert von P e t e r S y v vermehrt und unter dem Titel: K ä m p e - V i s e r (Kämpferweisen) herausgegeben, darnach öfter gedruckt und unter diesem Namen sind sie jetzt bekannt und gewißermaßen ein Volksbuch. Grimm nennt noch die Ausgaben: Christiania 1664. Kopenhagen 1739; 1764. u. 1787. in 8 (S. VIII) und gibt den Hinweis: Ins Deutsche sind nur ein paar Lieder in Herders Stimmen der Völker und in Bragur von Gräter übersetzt worden. (S. IX) Die Ausgabe von 1787 war im Besitz der Brüder Grimm (vgl. Die Bibliothek der Brüder Grimm. Annotiertes Verzeichnis des festgestellten Bestandes. Erarbeitet v. Ludwig Denecke und Irmgard Teitge, hg. v. Friedhilde Krause. Stuttgart 1989, S. 322, Nr. 3932). Wilhelm Grimms Handexemplar der Altdänischen Heldenlieder befindet sich im Hessischen Staatsarchiv Marburg (vgl. ebd., S. 47, Nr. 110). Grimm schreibt über die Form dieser Dichtungen (S. VII): Sie haben alle

etwas uranfängliches, rohes: die Form ist oft ganz vernachläßigt, hart und streng, (denn sie pflegt erst später an schon überliefertem zugefügt oder ausgebildet zu werden); dagegen aber haben sie noch all die Kraft und die Gewalt eines jugendlichen unbeschränkten und ungezähmten Lebens, das alles Aeußerliche verschmäht. Im Anhang gibt 826

Zu ZfE 6

Grimm Hinweise auf Zusammenhänge oder Ähnlichkeiten mit Dichtungen anderer Sprachen. In der von Herder beeinflußten Vorbemerkung meint er (S. 420f.): Das Göttliche, der Geist der Poesie ist bei allen Völkern

derselbe und kennt nur eine Quelle; darum zeigt sich überall ein Gleiches, eine innerliche Uebereinstimmung, eine geheime Verwandschaft, deren Stammbaum verloren gegangen, die aber auf ein gemeinsames Haupt hindeutet; endlich eine analoge Entwickelung; verschieden aber sind die äußeren Bedingungen und Einwirkungen. Für die Bearbeitung und die verschiedenen Drucke gibt es zahlreiche Briefzeugnisse; hier können nur die zitiert werden, die für die ZfE relevant sind; weitere – in denen es später u. a. um Fragen der korrekten Übersetzung geht – werden in den Einzelkommentaren herangezogen. Clemens Brentano berichtete Arnim begeistert, als er Jacob und Wilhelm Grimm kennengelernt hatte, aus Kassel am 22. Oktober 1807 (O Mein Lieber Bruder! Es 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,6, Bl. 210r–213v; s. auch FBA 31, S. 621): 〈. . .〉 ich habe

hier zwei sehr liebe, liebe altteutsche vertraute Freunde Grimm genannt, welche ich wie früher für die Alte Poesie interessirt hatte und die ich nun nach zwei Jahrelangem fleisigem sehr konsequentem Studium so gelehrt und so reich an Notizzen, Erfahrungen, und den vielseitigsten Ansichten der ganzen Romantischen Poesie wieder gefunden habe, daß ich bei ihrer Bescheidenheit über den Schatz den sie besitzen erschrocken bin, sie wissen, bei Weitem mehr als Tieck von allen den Sachen und ihre Frömmigkeit ist rührend mit welcher sie sich alle die Gedruckten alten Gedichte die sie aus Armuth nicht kaufen konnten, so auch das Heldenbuch und viele Msscripte äußerst zierlich abgeschrieben haben, ihr jüngerer Bruder, der sehr schön schreibt wird uns die Lieder abschreiben, sie selbst uns alles, waß sie besitzen noch mittheilen, und das ist viel, du wirst diese treflichen Menschen, welche ruhig arbeiten, um einst eine tüchtige teutsche poetische Geschichte zu schreiben sehr lieb gewinnen. Wenig später schrieb Wilhelm Grimm seinem früheren Lehrer Friedrich Carl von Savigny (Kassel, 18. Dezember 1807; Schoof 1953, S. 33): Ich habe im Dänischen einige gute Romanzen

gefunden, die deutsches Ursprunges sind und zu dem Nibelungen Lied und seinem Cyklus gehören, von denen vielleicht eine Übersetzung ins Wunderhorn kommt. Brentano kündigte Arnim aus Kassel nach dem 1. März 1808 (Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 247r–248v; s. FBA 32, S. 40) eine Sendung an: 〈. . .〉 Grimm wird sehr schöne dänische Romanzen schicken 〈. . .〉. Brentano berichtete Arnim weiterhin aus Kassel am 8. April 1808 (Meine lezten wenigen Zeilen mit 827

Kommentar

〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 254r–255v; FBA 32, S. 56): Beiliegend erhälst du 〈. . .〉 die Zingara mit einem Kupferabdruck und dessen Er-

klärung, die Blatte selbst, geht morgen nebst einer Parthie herrlicher dänischer Romanzen von Wilhelm Karl Grimm mit Postwagen 〈. . .〉. Inzwischen erkundigte sich Friedrich Carl von Savigny bei Wilhelm und Jacob Grimm (Frankfurt, 12. April 1808; (Stoll 1927–1929, I, S. 321f.): Von Ihnen,

lieber Wilhelm, möchte ich gern etwas mehr über die Kaempe Viser hören, am liebsten mündlich. Wenn nicht Proben davon in den Einsiedler kämen, würde ich Sie um briefliche Mittheilung bitten, die aber doch noch, wo sie Ihnen keine sonderliche Mühe macht, mit großem Danke aufgenommen werden wird. Von Ihnen befürchte ich weder Modernisirung, noch eingelegte Arien, über welche lezte Behandlung Schlegel bey Gelegenheit der Hagenschen Sammlung recht gut gesprochen hat. Wilhelm Grimm beantwortete Savignys Frage (Kassel, 10. (15.) April 1808; Schoof 1953, S. 43; Datierung auf 15. 4. In: Schoof 1960, S. 53): Fast meine einzige Arbeit seit dieser Zeit ist eine Über-

setzung der altdänischen Kiaempe Wiser. Sie werden einige Proben davon in dem Einsiedler finden. Ich bin zuerst darauf gekommen, als ich einige davon zur Erklärung der Geschichte des Nibelungen Lieds übersetzte, aber nun habe ich gefunden daß diese ächten Volks Gedichte, eine solche poetische Tiefe Schönheit und Größe haben, wie wenige anderer Nation; sie übertreffen darin, und an Reinheit weit den englischen Percy. Zwar entbehren sie das farbige Colorit und die Anmut die zb. in den spanischen Romanzen auch in einigen deutschen gefunden wird, aber jene Vorzüge ersetzen das hinlänglich und es fehlt auch nicht an solchen die sehr heiter sind und kindlich wie ein Kindermärchen. Ich bin versichert daß Göthe die Ideen zu seinen besten Romanzen zb. zum Erlkönig, König in Thule, Fischer, aus solchen dänischen Liedern bekommen hat. Sagen Sie mir Ihre Meinung darüber, und ob sie mein Vorhaben billigen, sie ganz zu übersetzen und herauszugeben? Wilhelm Grimm schrieb Arnim am 18. April (Hs. BJ: Ich habe recht viel Freude 〈. . .〉), indem er auf den Aufsatz von Görres Bezug nahm (vgl. auch zu ZfE5): Ich hoffe Sie sind überzeugt, daß ich, was ich vermag, gern beitrage. 〈. . .〉 Gegen die Abhandlung des Görres habe ich nichts zu sagen. 〈. . .〉 leid aber hat es mir gethan, daß Sie nicht dem Görres die dänischen Lieder gezeigt, denn das Lied von der Frau Chriemhild ist eben dasjenige, das A. Vellejus 〈Wedel〉 bekannt gemacht hat. Brentano wies nach einem Gespräch mit Wilhelm Grimm Arnim ebenfalls angelegentlich seiner Kritik von Görres’ Nibelungen-Aufsatz auf die dä-

828

Zu ZfE 6

nischen Romanzen hin (vgl.

ZfE5; Kassel, 18. oder 19. April 1808 (Mitten unter Kisten und Kasten 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 257r–258v; vgl.

FBA 32, S. 60). Arnim antwortete Wilhelm Grimm aus Heidelberg am 23. April (SBB-SPK, Nachlaß Grimm 647/I: Lieber Mitarbeiter, ich danke für 〈. . .〉): Lieber Mitarbeiter, ich danke für alle gute Nachrichten, aber die

beste fehlt mir, nämlich das Blat, welches Sie den Uebersetzungen aus dem Dänischen beygefügt hätten, sonst wäre es bey dem Aufsatze von Görres zugleich erschienen, wahrscheinlich hat es Clemens 〈aus Görres〉 zurückbehalten, weil diese Uebersetzungen erst für das Wunderhorn bestimmt waren, wo alle Erörterungen der Art erst wie heimliche Mienen gegen Recensenten aufgespart und verdeckt sind. Eine der Uebersetzungen, die einer Erzählung im Heldenbuche entspricht, finden Sie im sechsten Stücke, die andern werden mit der Fortsetzung von Görres folgen, dem ich Sie nach Ihrer Erlaubniß gezeigt habe 〈. . .〉. Wilhelm Grimm meinte gegenüber Arnim am 6. Mai (mit Jacob; BJ: Ich sende Ihnen hierbei: 〈. . .〉): Da Sie, wenn die Zweite Sendung angekommen ist, gewiß so viel dänische Lieder haben, als sie für einen ganzen Jahrgang des Einsiedlers brauchen können, und ich doch Ihnen etwas mitschicken wollte, so habe ich aus meinem MS. des Wilhelm von Orlianz, anliegende Stelle umgeschrieben. Ich fürchte nur Sie haben des altdeutschen Zeugs zuviel 〈. . .〉. Sobald ich die Abhandlung vom Görres vollständig habe, verspreche ich Ihnen recht gern meine Bemerkungen über das Nibelungen Lied kurz aufzuschreiben. Es scheint daher, daß Wilhelm Grimm seinen Aufsatz, den Arnim vermißt hatte, noch zurückhielt; er arbeitete ihn zu einer Abhandlung um, die noch im selben Jahr in den Studien in Heidelberg erschien (s. u.). Wilhelm Grimm legte jedoch in seinem Brief an Savigny vom 7. Mai 1808 weitere übersetzte Lieder bei (Schoof 1953, S. 47): Ich lege Ihnen hier, weil Sie es erlaubt

haben, einige dänische Lieder bei, und freue mich recht auf Ihr Urteil darüber. Diejenigen welche sich an den Cyclus der Nationaldichtung anschließen, werden Sie in dem Einsiedler gefunden haben, oder noch finden; jene sind herber, aber in einem großen Styl und wahrscheinlich sehr alt, diese sind zum Teil wie Kindermärchen, gewiß auch anmuthig und entfalten einen schönen Aberglauben, der sich besser in dem mehr concentrirten Norden erhalten hat als bei uns. Was man ihnen allgemein vorzüglich jenen vorwerfen könnte, das ist der Mangel an einem hingleitenden Rhythmus, auf dem man jetzt mehr als billig nach Voßens Beispiel Gewicht legt, denn ich glaube nicht daß man deswegen die Treue aufopfern darf, wie dieser oft tut. Ja in dieser 829

Kommentar

Einseitigkeit befangen, gibt er oft, wie es mir vorkommt eine karicaturmäßige Nachahmung. So ist mir seine Übersetzung von dem bekannten parturiunt montes p. durchaus lächerlich: Wie sich der Berg auch aufbläht, kommt doch heraus Maus. Jener Mangel an künstlichem Rhythmus findet sich übrigens in allen Volksliedern, selbst in den spanischen, die immer viel regelmäßiger übersetzt werden. Ich glaube sehr natürlich; da die Beschränkung des Rhythmus sich nur deshalb eingeführt hat, um, wie es notwendig, Takt und Gesetz beim Gesang zu haben, daher man sich so wenig Last auflegte als möglich, daher fast nichts als die Verknüpfung des Reims, (der deshalb als notwendig erscheint bei allen Sprachen die keine eigentliche Silbenmessung zulassen wie die antiken, und über dessen E r f i n d u n g weitläufig zu schreiben sehr absurd ist) und ein gewisser natürlicher nach etlichen Ruhepuncten sich richtender Rhythmus. So ist es auch im Nibelungenlied 〈. . .〉. Die sechs Lieder, die Wilhelm Grimm an Savigny schickte, sind im Anhang der Briefe abgedruckt, S. 431–436. Eines erschien dann noch am 18. Juni in der ZfE23, Mimmering Tand in der ZfE genannt, in der Fassung für Savigny hingegen Schwertzahn, in der Ausgabe von 1811 Mimmering der Degen. Savigny dankte Wilhelm Grimm aus Frankfurt am 13. Mai 1808 (Stoll 1927–1929, I, S. 324): Die Stücke aus den

Dänen haben mir große Freude gemacht. Wie schön wäre es, wenn Sie eine größere Sammlung davon bekannt machen wollten, lieber Wilhelm! wenn Sie das wirklich vorhaben, möchte ich wohl einmal Ihren Plan im detail kennen. Wilhelm Grimm trat darüber mit Savigny in einen wissenschaftlichen Dialog über Forschungsliteratur, wie er es Arnim offenbar nicht zumuten wollte (Kassel, 21. Mai 1808; Schoof 1953, S. 49f.): Von den

dänischen Liedern habe ich eine ziemliche Partie übersetzt, und erwarte jetzt nur einige hierher gehörige Bücher, die gar schwer zu erhalten sind; in Göttingen ist nichts, aus Kopenhagen kommt kaum etwas herüber, nun habe ich nach Braunschweig geschrieben. Inzwischen arbeitete er weiter an der Übersetzung, wie er Savigny mitteilte (Kassel, 31. Juli 1808; ebd., S. 57): Mit der Übersetzung der dänischen Lieder bin

ich fast fertig, nur noch einige Bücher möchte ich benutzen, die ich aber nirgends erhalten kann. Es hat mich sehr gefreut, daß sie Ihnen gefallen. Wie es mit der Herausgabe gehn wird weiß ich nicht, da niemand jetzt was annehmen mag, wie mir Clemens wenigstens vom Zimmer sagte. Er begründet hier, warum er die Abhandlung nicht schickte: Für den Einsiedler wollte ich einige Resultate über die Geschichte der altdeutschen Poesie namentlich in Rücksicht auf das Nibelungen Lied 830

Zu ZfE 6

aufschreiben, es wird aber zu weitläuftig, und dann habe ich das Gefühl als paße es nicht dahin, wie ich es auch blos dem Arnim zu Gefallen angefangen hatte. Görres 4 Aufsätze geben kein rechtes Resultat, und es scheint mir überhaupt, daß seine Manier am wenigsten zu klaren historischen Untersuchungen paßt. Nach dem Ende der ZfE ging die Suche der Freunde nach einem Verleger weiter. Clemens Brentano empfahl in seinem Brief an Wilhelm Grimm aus München vom 10. (15.) Oktober 1808 allen Ernstes (Steig 1914, S. 31; Datierung auf 15. 10. In: Schoof 1960, S. 53; FBA 32, 10.–15.10.; S. 93): Bieten Sie Ihre Romanzen

doch Cotta an und preisen Sie ihm im allgemeinen deren Interesse er nimmt sie am ersten, oder bieten Sie sie Zimmer w o h l f e i l an, etwa Umsonst, mit Theilung des zumachenden Gewinnstes, oder gegen Bücher. Wilhelm Grimm schrieb jedoch an Zimmer (Kassel, 1. November 1808; Stengel 1910, S. 350f.): Ich bin so frei Ihnen verehrter Herr Zimmer eine Übersetzung altdänischer Helden u. Liebeslieder anzubieten, Proben davon werden sie schon in der Zeitung für Einsiedler gefunden haben, wozu ich hierbei noch einige andere anlege, weil dort nur von einer Art abgedruckt waren. Zu ihrer Empfehlung weiss ich Ihnen nichts zu sagen als dass sie wohl mit den Besten was der Volks Gesang hat, verglichen werden können und leicht den englischen Percy übertreffen, dann die allgemeine Liebe für diese Poesie, die das Wunderhorn erregt hat, endlich dass noch neulich in den Heidelberger Jahrbüchern (im dritten Heft) eine Übersetzung desselben gewünscht wurde, nämlich der K i a e m p e V i i s e r , woraus diese Lieder sämtlich sind. – Bis jetzt ist nur einiges, kaum 2 oder 3 Lieder daraus von Göthe und Herder übersetzt worden. – Das Ganze kann höchstens 16–20 Bogen stark werden nach einem ungefähren Überschlag. – Bei den ungünstigen Zeiten für den Buchhandel, erbiete ich mich das Honorar in Büchern zu nehmen, wenn ich die Freiheit habe, mir überall aus jedem Verlag auszuwählen, auch aus noch zukünftig erscheinenden Werken. – Ich bitte Sie daher zu sagen, ob es Ihnen conveniert und unter welchen Bedingungen, dieses Buch anzunehmen. Arnim teilte Wilhelm und Jacob Grimm aus Berlin am 23. Januar 1809 über Goethe, den er auf der Rückreise in Weimar traf, mit (SBB-SPK, Nachlaß Grimm 647/I: Ich wollte meinen Brief mit 〈. . .〉): Er interessirte sich lebhaft für Wilhelms Uebersetzungen, so wie für die Uebersetzungen der Schubart 〈vgl. ZfE19 u. ZfE30〉, ich habe für euch beyde den Realschulbuchh〈ändler〉 〈Reimer〉, wenn Göthe eine Vorrede schreibt, sonst fürchtet Reimer in

der jezigen Armuth würden Poesieen, die näher den Gelehrten als der 831

Kommentar

gemeinen Unterhaltung lägen, sich nicht bezahlt machen ohne solche Empfehlung, ich werde nächstens deswegen an ihn schreiben. Wilhelm Grimm berichtete Arnim aus Kassel am 2. März 1809, daß er ein Angebot von Zimmer habe, dem er auch gern die Vorrede Goethes gönnen würde. Im übrigen hätten sich inzwischen noch zwei Sammlungen in Dänemark gefunden (Steig 1904, S. 22). Goethe konnte sich jedoch nicht zu einer Einleitung entschließen. Als sich Wilhelm Grimm im Sommer 1809 in Halle zur Kur aufhielt, half ihm Henrich Steffens, seine Übersetzung zu verbessern. Zudem vermittelte er den Briefkontakt zu dem dänischen Philologen Rasmus Nyerup (1759–1929), der eine Neuausgabe der Kämpeviiser vorbereitete und Wilhelm Grimm in der Folge wertvolle Hinweise zu sprachlichen Fragen gab. Vgl. Rölleke 2001, S. 105; Ernst Schmidt (Hg.), Briefwechsel der Brüder Grimm mit Nordischen Gelehrten. Neudruck der Ausgabe von 1885. Mit einem Vorwort und zahlreichen Ergänzungen von Ludwig Denecke. Walluf 1974, passim. Arnim schrieb an Bettine Brentano, als Grimm in Berlin zu Besuch war (Berlin, 16. September 1809: FDH 7307: Seit fünf Tagen wohnen Clemens und Grim bey mir 〈. . .〉): Grim 〈. . .〉 sammelt zu allem, seine dänischen

Uebersetzungen vollenden sich immer mehr, es wird ein recht herrliches Werk. Ich hatte Göthe geschrieben, er möchte es doch ansehen, ob er es mit einer Vorrede schmücken, beym Publiko einführen wolle, habe inzwischen keine Antwort erhalten, gern hätte ich ihn darüber gehört, seine schönsten Romanzen Thule, Fischer, Erelkönig neigen sich so ganz dem nordischen Grausen hin, während sein ganzes Streben sich stets nach der griechischen Anmuth, Lebensgenuß hinrichtet. – Nachdem Wilhelm Grimm die Anzeige des Buchs in den Heidelbergischen Jahrbüchern publiziert hatte, informierte er seinen Bruder Jacob über den eventuellen Untertitel (Gotha, 27. Dezember 1809; Rölleke 2001, S. 202):

Noch eins deshalb, Du wirst vielleicht lesen es werde dabei ein zweiter Titel seyn: Wunderhorn. vierter Teil damit verhält sichs so: unter vielen Vorschlägen die Clemens stets parat hat war auch dieser, dem besonders Arnim beifiel, nachher war Brentano auf einmal heftig dawider, ich wußte nicht warum und erklärte es mir hernach aus einer Eigenheit seines Charakters, die sich dadurch höchst seltsam äußerte. Arnim nahm das aber nicht an und war sehr dafür (nämlich alles beßern Abgangs halber) mir war es ganz gleich, und um Arnim nicht zu beleidigen ließ ich es in der Ankündigung stehn, wie er geschrieben. Allein ich werde hernach an Zimmer schreiben, daß es nichts damit, eben um Brentano wieder zufrieden zu machen. 832

Zu ZfE 6

Einige der Lieder druckte Wilhelm Grimm auch schon in folgender Abhandlung ab, andere erwähnte er dort: Über die Entstehung der altdeutschen Poesie und ihr Verhältnis zu der nordischen. In: Studien, hg. v. Carl Daub und Friedrich Creuzer. Heidelberg 1808, Bd. 4, S. 75–121 u. 216– 288 (erschienen Frühjahr 1809). Wiederabdruck in: Wilhelm Grimm, Kleinere Schriften, hg. v. Gustav Hinrichs. Bd. 1. Berlin 1881, S. 92–170. Diese Abhandlung war ursprünglich für die ZfE geschrieben, wie Wilhelm Grimm Görres mitteilte (Kassel, 24. Oktober 1810; Görres-Briefe 2, S. 140): Die

nähere Veranlassung gibt mir Ihr Urtheil über die Abhandlungen in den Studien, die nicht von meinem Bruder, sondern von mir herrühren. 〈. . .〉 Außerdem ist dort alles zu kurz wie in einem Compendium ausgedrückt, weil es für den Einsiedler ursprünglich geschrieben war, aber zu spät kam. Q Zitiert nach der Ausgabe im Besitz der Brüder Grimm:

Et / Hundrede udvalde / Danske Viser, / om / allehaande mærkelige Krigs-Bedrivt og anden selsom Eventyr, som sig her udi Riget ved gamle Kæmper, navnkundige Konger, og ellers fornemme Personer begivet haver, / af Arilds Tid til denne / nærværende Dag. Forøgede med det / Andet / Hundrede Viser, / om / Danske Konger, Kæmper / og Andre, samt hosføyede / Antegnelser, til Lyst og Lærdom. Kiøbenhavn, 1787. Trykt og forlagt af Directeur P. M. Hopffner 〈. . .〉. Zitiert: Danske Viser 1787. Verglichen mit: Udvalgte Danske Viser fra Middelalderen; efter A. S. Vedels og P. Syvs trykte Udgaver og efter haandskrevne Samlinger udgivne paa ny af Abrahamson, Nyerup, og Rahbek. Kopenhagen 1812. Zitiert: Nyerup 1812. Die Ausgabe ist revidiert und bezieht Hss. mit ein. Q zu Des Löwen und Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm: Danske Viser 1787, S. 76–80 (verglichen mit Nyerup 1812, S. 41–48):

Løvens og Kong Tidericks Kamp imod Lind-Ormen. XIII. Det var Mester Kong Tidrick, han skulde fra Bern udride: Der fandt han den Løve og lede Lindorm, saa ynkelig monne de stride. Den Lindorm han tog en af. 833

Kommentar

2. De stride i Dage, de stride i to, den tredie Dag tit qvelde: Det da var den lede Lindorm, den Løve, i Græsset felde. Den Lindorm han tog en af. 3. Det da raabte den Løve af Nød, der han saae Kongen ride: Du hielp mig Herr Kong Tidrick, og skillie mig ved denne Qvide. Den Lindorm han tog en af. 4. Du fri mig Mester Kong Tiderick, alt for din Øverstes Vold: Du fri mig for den forgylte Løve, som du fører i dit Skiold. Den Lindorm han. 5. Kom mig til Trøst du Konning god, du hielp mig for dit Navn: At jeg staar malet i din Skiold; saa brendende som en Brand. 6. Lenge stod han Konning Tidrick, og tænkte han der paa: Jeg skal hielpe denne arme Løve, i hvorlunde det monne gaa. 7. Det var Mester Kong Tidrick, og han sit Sværd uddrog, han fegtet med den lede Lindorm, hans Sværd stoed alt i Blod. 8. Den gode Herre loed sig ikke sømme, og han hug i saa fast: Indtil saa længe hans gode Sværd, det mit i Hialtet brast. 9. Den Lindorm tog hannem paa sin Bag, og Hesten under sin Tunge: Saa lakket han ad Bierget ind, til sine Elleve smaa Unger. 10. Hesten kaste han for sine Unger, Og Manden i en Vraa: Æder J nu den lille Brad, jeg vil at sove gaa. 11. Æde J nu denne føye Bytte, Jeg maa at hvile gange: Naar jeg vaagner af Søvne igien, da skulle J Manden fange. 12. Det var Mester Kong Tidrick, han ledte i Bierget omkring: Der fant han det gode Sværd; som mand kalder Adelring. 13. Han fant der saa fast et Sværd, og to forgylte Knive: GUd naade din Siæl Kong Sigfred; her haver du ladet dit Liv. 14. Jeg har været med dig i mange Slag, der til i Herre-Færd: Aldrig jeg nogen Tid viste; at du var bleven her. 15. Det var Mester Kong Tidrick, vilde prøve om Sverdet kunde due: Han hug i den haarde Hald, at Bierget stoed alt i Lue. Den Lindorm han tog en af. 16. Det da var den unge Lindorm, saa Bierget staae i Lue: Hvo giør Bonden Ufred udi sin egen Stue. 17. Og den giorde sig saa meget vred, dertil saa meget krus: Hvo gior Bonden Ufred, udi sit eget Huus. 18. Melte det de andre smaa, i Vraaen som de gaae: Vekker du vor Moder af Søvn, saa ilde vil det dig gaae. 19. Svaret det Mester Kong Tidrick, Han var i Huen saa gram: Jeg skal vekke din Moder af Søvn, alt ved saa kaalder en Drøm. 834

Zu ZfE 6

20. Din Moder vog Kong Sigfred, en saa Velbyrdig Mand: Det skal jeg paa eder alle hefne, med denne min høyre Haand. 21. Op da vaagnet den gamle Lindorm, han blev der ved saa bange: Hvo giør mig denne Uroe, hvad er denne før en Klang. 22. Det er jeg Konning Tidrick, mig lyster med med 〈Nyerup: Dig〉 at tale: J Gaar bar du mig i Bierget ind, alt under din krogede Hale. 23. Du hug mig ikke Konning Tidrick, her er mit røde Guld: Det er fast bedre ladt end giort, vi blive hver anden troe og huld. 24. Jeg troer ikke paa din falske Fund, du vilt mig visselig daare: Du haver vaaget saa mangen Heldt, det sømmer dig ikke fleere. 25. Hør du Mester Kong Tiderick, i du hug mig ikke ihiel: Jeg viser dig din Festemøe, hun er i Bierget skiuld. 26. For oven ved mit Hovet, der ligge de Nøgle smaae: For neden mine Fødder, der kand du til hende gaae. 27. For oven ved dit Hovet, der skal jeg tage paa: For neden ved dine Fødder, der skal je lade af. 28. Først vog han den lede Lindorm, og saa hendes Elleve Unger: dog kunde han ikke af Bierget komme, for Ædder og Orme-Tunger. 29. Saa grov han saa dyb en Hule, alt for sin venster Foed: At han der ikke skulde omkomme, i Ædder og Orme-Blod. 30. Da bandet først Konring Tiderick, han blev paa Løven saa gram: Forbandet da skal være den Løve, og faae baade Laster og Skam. 31. Det voldte mig den snedige Løve, GUd give hende Meen: Havde han ikke været malet i min Skiold, min Hest havde baaret mig hen. 32. Det da hørde den Løve saa prude, At Kongen klager sig saa: du stat selv fast Konning Tiderick, jeg graver med sterken klaa. Den Lindorm. 33. Løven grov og Konning Tidrick hug, Bierget stoed alt i gløde: Havde den Løve ikke faaet hannem ud, den havde sig sørget til døde. Den Lindorm. 34. Der han havde veyet den lede Lindorm, og saa hendes Elleve Unger: Saa gaaer han af Bierget ud, Med Brynie og Skiold hine tunge. 35. Der han nu kom af Bierget ud, han sørget for sin Hest: Paa hannem torde han vel lide, de havde andre frist. 36. Hør du Mester Konning Tiderick, du skalt dig ikke saa gremme: du sæt dig paa min brede Bag, saa listelig bærer jeg dig frem. 37. Han red over de dybe Dale, og over de grønne Enge: Saa frit med hannem den gode Løve, lod den giennem Skoven trenge. 835

Kommentar

38. Løven og Mester Kong Tidrick, de bleve tilsammen baade. Den eene havde frelst den anden af Kummer og megen Vaade. 39. I hvor Konning Tidrick udi Marken reed, den Løve hos hannem løb: Naar han atter stille sad, lagde den sit Hovet i hans Skjød. 40. Derfore de kalde hannem Løvens Ridder, det Navn bær han med Ære: Alle de Dage dem Livet vindes, de havde hver anden saa kiere. Den Lindorm han tog en af. In den Altdänischen Heldenliedern folgt Grimm der Einteilung des Originals in 40 Strophen und fügt auch an die erste und letzte Strophe den Refrain an. Die Fassung der ZfE ist bei den Strophen 17/18 (71,4) gekürzt; die Strophen 34/35 werden durch nur je einen Vers übersetzt (72,4); Str. 40 fehlt ZfE. Die spätere Übersetzung Grimms weicht sprachlich so weit ab, daß sie hier ganz zitiert wird, da man so seine Textverbesserung erkennt (S. 13– 17):

Des Leuen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. Das war Meister König Dieterich, der wollt’ von Bern ausreiten, Da fand er einen Löwen und häßlichen Lindwurm miteinander so furchtbarlich streiten. Der Lindwurm der zog ihn fort! Sie stritten einen Tag, sie stritten zwei, am dritten Tag zur Nacht: Da hät der häßliche Lindwurm den Leu zur Erde gebracht. Da aber rief der Leu aus Noth, da er den König sah reiten: Du hilf mir, Herr König Dieterich, erlös’ mich aus diesen Leiden. Um deiner allerhöchsten Gewalt, befrei’ mich Meister Dieterich so mild, Befrei mich um des vergoldeten Löwen, den du führest in deinem Schild. Bei deinem Namen hilf du mir, komm’ mir zum Trost, du König gut, Weil ich stehe gemahlt in deinem Schild, so feurig wie Feuersglut. Lange stand der König Dieterich, das däucht’ ihn wohlgethan: »Ich will helfen diesem armen Leu, wie es auch möge ergahn!« 836

Zu ZfE 6

Das war Meister König Dieterich, der zog aus sein Schwert so gut, Kämpfte mit dem häßlichen Lindwurm, sein Schwert stand tief im Blut. Nicht säumen wollt’ sich der gute Herr: wie hieb er da mit Macht! So lange bis sein gutes Schwert ihm an dem Griff abbrach. Der Lindwurm nahm ihn auf seinen Rück, und das Roß unter seine Zunge: So drängt’ er in den Berg hinein zu seinen elf kleinen Jungen. Das Roß warf er vor seine Jungen, in einen Winkel den Mann: »Eßet nun das kleine Stück, ich will zu schlafen gahn.« »Eßet nun die geringe Beut, ich will zu ruhen gahn: Wann ich wieder aus dem Schlaf erwach, dann sollt Ihr greifen den Mann.« Der Meister König Dieterich suchte rings in dem Berg zur Hand, Da fand er das gute Schwert, das Adelring ist genannt. Da fand er so stark ein Schwert, und vergüldete Meßer zwei: »Gott gnade deiner Seel, König Siegfred! hier hast du gelaßen deinen Leib.« »Ich bin gewesen in mancher Schlacht, in Herrenfahrt mit dir, Doch nimmermehr hab ich gewußt, daß du bist blieben hier.« Das war Meister König Dieterich, der wollt’ prüfen, ob das Schwert sey gut: Er hieb in den harten Fels, daß der Berg stand all in Glut. Und da der junge Lindwurm den Berg in Flammen stehen sach: Wer hat den Bauer Zwietracht in sein eigen Haus gebracht? Er gebährdete sich zornig viel, und sah so böslich aus: Wer hat den Bauer Zwietracht gebracht in sein eigen Haus? Die andern jungen sprechen in der Ecke wo sie stehen: Weckst du unsre Mutter aus dem Schlaf, wie schlimm wird dir’s ergehen! Darauf der Meister König Dieterich so gram im Muthe sprach: »Ich will wecken durch einen so furchtbaren Traum deine Mutter aus dem Schlaf.« 837

Kommentar

»Deine Mutter erschlug den König Siegfred, solch’ wohlgebornen Mann: Das will ich an Euch allen rächen mit meiner rechten Hand.« Auf da wachte der alte Lindwurm, ihm ward dabei so bange: Wer macht mir diese Unruhe, was ist das für ein Klang? »Das bin ich König Dieterich, mich lüstet dir was zu sagen, Gestern unter deinem geringelten Schwanz hast du mich in den Berg getragen.« Du hau’ mich nicht, König Dieterich, hier ist mein rothes Gold: Es ist viel beßer gelaßen als gethan, wir bleiben uns treu und hold. »Deinen falschen Listen trau’ ich nicht, du willst mich gewißlich bethören: Du hast ermordet so manchen Held, das ziemet sich nicht mehre.« Hör du, Meister König Dieterich, o schlag zu todt mich nicht: Ich weis dir deine verlobte Braut, die versteckt im Berge liegt. Zu oben bei meinem Haupte, da liegen die Schlüßel klein, Zu nieden bei meinen Füßen, da kannst du zu ihr gehen ein. »Zu oben bei deinem Haupte, da will ich heben an, Zu nieden bei deinen Füßen, da will ich laßen ab.« Erst schlug er den häßlichen Lindwurm, und so auch seine elf Jungen; Doch konnt’ er nicht aus dem Berg heraus, vor giftigen Würmer Zungen. So grub er so tief eine Grube vor seinem linken Fuß, Auf daß er nicht umkomme in giftigem Würmer Blut. Da fluchte zuerst König Dieterich, er ward dem Löwen so feind: »Verwünscht soll seyn der Löwe, ihn treffe Fluch und Pein!« »Das hat mir gethan der listige Leu: Gott laß es ihm schlecht ergehn! Hätt’ er nicht gemahlt gestanden in meinem Schild, mich hätt getragen mein Roß dahin.« Und als das hört der gute Leu, daß der König so sehr sich beklagt: 838

Zu ZfE 6

Du steh selber fest, König Dieterich, ich grabe mit starker Klau’. Der Löwe gräbt, König Dieterich haut, der Berg steht in Glühen roth: Hätt’ ihn der Leu nicht gegraben heraus, er hätt’ sich gegrämet zu todt. Und da er erschlagen den häßlichen Wurm, dazu auch seine elf Jungen, Ist er mit schwerem Panzer und Schild aus dem Berg hervorgedrungen. Und als er nun kam aus dem Berg, da trauert’ er um sein Pferd: Er konnt’ ihm viel gut vertrauen, sie waren treu einander so sehr. Hör du, Meister König Dieterich, du sollst dich nicht grämen so sehr: Setz dich auf meinen Rücken breit, ich trag dich so lustig daher. So ritt er über die tiefe Thal’ und über die Wiesen grün, So frei mit ihm der gute Leu drang durch den Wald dahin. Der Leu und der König Dieterich, die blieben zusammen beid: Der eine hat den andern befreit von Jammer und großem Leid. So oft der König zu Land ausreit’t, der Löwe neben ihm lauft, Wann er wieder stille sitzt, in seinen Schoos legt er das Haupt. Darum nannten sie ihn den Löwenritter, den Namen trug er mit Ehre; Jeden Tag, den sie im Leben gewannen, hatten sie lieb einander so sehre. Der Lindwurm der zog ihn fort! In seiner Vorrede schreibt Wilhelm Grimm (S. XV f.): Rührend ist die Sage von der Treue des Löwen erzählt, die fast bei allen Völkern gefunden wird: er gräbt den König aus dem Felsen, trägt ihn fort, und wenn er ruht, legt er das Haupt in seinen Schoos. Vgl. auch ebd., S. XXIV.

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Kommentar

Druckfehler 70,21 ungestalt,] , ungestalt ZfE 71,24 versteckt] verlobt ZfE. – Wilhelm Grimm schrieb Arnim am 6. Mai 1808 (mit Jacob; BJ: Ich sende Ihnen hierbei: 〈. . .〉): Wenn Sie einmal

Druckfehler anzeigen, ändern Sie doch einen Vers in dem Lied von Dietr und des Löwen Kampf so ab: ich zeig dir deine verlobte Braut, die versteckt im Berge liegt. Erläuterung Die Sage um den Drachen-Löwenkampf ist von der Wolfdietrichsage auf Dietrich von Bern übertragen und kommt so nur in dieser Kämpevise vor. Zum Stoff vgl. Görres, Die teutschen Volksbücher, Heidelberg: Mohr und Zimmer 1807, Nr. 14, und DS, Nr. 520: Heinrich der Löwe, Kommentar S. 944f. Vgl. Lotte Silcher, Die dänischen Balladen aus dem Kreis der Dietrichsage. Diss. Tübingen. Rostock 1929, S. 48–62. Bettine schrieb über das Lied am 22. April (FDH 7422: Einmal trägst du das Geißlein 〈. . .〉): Das Stück

aus dem Helden Buch vom Grim in dem lezten Einsiedler, ist wunderschön 〈. . .〉. 72,15–21 (Der Leser 〈. . .〉 Einsiedler] Bemerkung Arnims. 72,23–73,29 1347.

Warnung und Ermunterung 〈. . .〉 Arnim] Ricklefs-Lyr.Reg.

Entstehung Arnims Gedicht ist in der ersten Fassung in London vor Weihnachten 1803 entstanden (vgl. Werke V, S. 1349). Papier mit dem Wz J KOOL verwendete Arnim in England. In der frühen Fassung handelt das Gedicht davon, daß sich Amor nicht bewußt festhalten läßt. Das Motiv des Schminkens taucht noch nicht auf.

Überlieferung und Varianten Zwei Hs. gehen voraus: H1: FDH G 162, Wz: J KOOL

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Zu ZfE 6

Entwurf zu einem fünfstrophigen Gedicht zu 4 Zeilen:

Guter Rath Siehst du in den hohen Spiegel, Deine Locken gleich zu ringlen, Scheint ein Bübchen das hat Flügel, Dich mit Blumen zu umzingeln Schaust du um so ists entschwunden Wie Eurydice verschwunden Nur bewustlos ists verbunden Fliehet sonst und läst uns Wunden Wenn du glaubst daß alles Lieben Sey Gesetz durch alle Welten Wie der Stein im Fall getrieben Wie das Zeichen sonst kann gelten. Dann erscheint an deinem Spiegel, Noch der holde Grazien Deyn. Und es lacht dir jeder Hügel Schreckend in der Locken feyn. Willst du freundlich sie ansehen Bleiben sie dir willig treu Willst du dich nur spiegelnd sehen Machen sie sich alle frey H2: FDH Pergamentband I, Nr. 42, Bl. 19v, mit dem Titel Warnung. Nur die ersten drei vierzeiligen Strophen sind notiert (entsprechend 72,24–35). 72,31 Lieb und] heilge 72,35 verschweben] vorschweben ZfE (Druckfehler)

841

Kommentar

Abb. 19: ZfE 6: Fürst Anton Radzivil, Siehst du in den hohen Spiegel . . . In: Arnim, Gräfin Dolores, Musik-Beilage. Exemplar FDH Sign. IX A 39 / E1.

D2: Das Gedicht wurde – vermutlich in Königsberg – von Fürst Anton Radzivil vertont (vgl. ZfE1) und erscheint in der Gräfin Dolores in der Musikbeilage (Nr. 1; im Text Bd. 2, S. 27f.). Vgl. Moering 1978, S. 164–166. Nach dem Druck in der ZfE wäre die Strophenform nicht sicher zu entscheiden; in der Gräfin Dolores erscheint das Gedicht achtzeilig, in der Vertonung ebenso; die letzte Zeile wird sogar noch dreimal wiederholt. Vgl. den Reprint: Moering 1978, S. 242: Abdruck der Vertonung von Radzivil.

Erläuterung 73,9

Fackel] Zur Fackel als traditionellem Attribut des Amor vgl. Arnims Päpstin Johanna (III,5); WAA X/I, S. 161: Er ging wie Amor mit der Fackel voran 〈. . .〉.

842

Zu ZfE 7

ZfE 7

23. April 74,3–18

Wahrsagung 〈. . .〉 Böhmens Morgenröthe im Aufgang 26. Kap.] Entstehung und Quelle

Arnim zitiert:

THEOSOPHIA REVELATA. Das ist: Alle Göttliche Schriften des Gottseligen und Hocherleuchteten Deutschen Theosophi Jacob Böhmens Darin die allertieffesten Geheimnisse GOttes und seines Wesens; der ewigen und zeitlichen Natur und Creatur 〈. . .〉. Hg. v. Johann Georg Gichtel. 〈Leiden〉 1730, Bd. I: AVRORA, oder Morgenröthe im Aufgang, 26. Kapitel, S. 395. Arnim-Bibliothek Sign. B 1999a. In der ZfE steht durch Druckfehler statt der 26 eine 20, was in Arnims Hs. ähnlich aussieht. Dadurch konnte das Zitat bisher noch nicht nachgewiesen werden. Es heißt bei Jacob Böhme im Abschnitt: Das Centrum oder Circkel des Lebens Geburt. Die grosse Tieffe: 〈. . .〉

70. Hie kanst du nun verstehen, wie das Hertze GOttes die Wurfschauffel in der Hand hat, und wird einmal seinen Tennen fegen: welches ich hiemit ernstlich anmelden thue, als in Erkentniß im Lichte des Lebens, wo das Hertze im Lichte des Lebens durchbricht, und verkündiget den hellen Tag. Vom Menschen und Sternen. 71. Wie nun die Tieffe oder das Haus dieser Welt ist ein finster Haus, da sich die Leiblichkeit gantz dicke, finster, ängstlich und halb todt gebäret und nimt von den Planeten und Sternen sein Wallen, welche den Leib in der äussersten Geburt anzünden, davon der Elementen Beweglichkeit entstehet, sowol das figurliche und creatürliche Wesen; also ist auch das Fleisch-Haus des Menschen ein finster Thal, da zwar die Aengstlichkeit zur Geburt des Lebens innen ist, und sich immer hoch bemühet, in willens sich ins Licht zu erheben, davon sich möchte das Leben anzünden. 843

Kommentar

72. Weil sich aber das Hertze GOttes im Centro oder Kern verbirget, so kan es nicht seyn, gebäret derowegen die Aengstlichkeit nicht mehr als einen Samen. Arnim erwähnte Böhmes Morgenröthe bereits kritisch in seinem Brief an Stephan August Winkelmann vom 24. September 1801 (Hättest Du wohl geglaubt, als 〈. . .〉; WAA XXX, S. 182). Am 9. Juli 1802 spricht er im Brief an Brentano (Die Erinnerung an unsre Rheinreise 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 65) von dem warmen brennenden Samumwind aus Böhmen’s Morgenröthe. Vielleicht kannte er das Werk damals nur vom Hörensagen; jedenfalls stellt er es 1809 im Wintergarten so dar. Vor seiner Verserzählung über Jacob Böhme Der Durchbruch der Weisheit sagt der Erzähler in der Rahmenhandlung (Wintergarten, 1809, S. 357): Ich kam auf ähnliche Wege wie

Sie zu Jakob Böhmen. Einige Anekdoten seines Lebens, die spottend erzählt wurden, machten ihn mir lieb und ehrwürdig 〈. . .〉. Das traf in jene Zeit, wo man die Welt mit aller Herrlichkeit aus sich selbst allein hervorzublühen meint, wo die Geschichte nichts als der veränderliche Luftstrohm ohne Gestalt zu seyn scheint 〈. . .〉. In göttlicher Selbstvermehrung wurden mir die Anekdoten zu einer langen Geschichte in Versen 〈. . .〉 bis mir das Schimpfen auf Jakob Böhme seine Schriften in die Hände gab, wo ich denn mit großer Verwundrung etwas ganz Andres fand und etwas viel Besseres, als ich mir gefabelt hatte, aber meine Ansichten hatten sich freilich auch geändert. Die Jahrtausende, die ich voraus zu übersehen glaubte, schienen mir so leer wie ein ewiger Calender, ich hatte das Einzelne in der Geschichte achten gelernt 〈. . .〉. Vgl. Werke III, S. 326f. und Komm. Moering, S. 1068f. u. 1166. Weitere Teilmanuskripte Arnims zu Jacob Böhme hat Christof Wingertszahn ediert (Wingertszahn 1990, s. 531–544). Seiner Ansicht nach befaßte er sich Anfang Februar 1808 mit Böhme, denn er sieht in Arnims Brief an Bettine Brentano vom 6. Februar (FDH 7242: Wie Stammernde plötzlich in eine 〈. . .〉) einen gedanklichen Zusammenhang mit Fragmenten seiner verlorenen Böhme-Biographie, über die nur durch den Henrici-Auktionskatalog von 1929 Informationen verfügbar sind; es gab demnach ein Manuskript von 51 FolioSeiten (Wingertszahn 1990, S. 542f.). Arnim schrieb Bettine (hier zitiert nach der Handschrift): Auch die Natur ist nur gegen den wahr, der sie kennen

will; dieses Lernen in Demuth ist das Glauben ohne Sehen, aber glaubet, so werdet ihr sehen. O ihr armen Eingesperrten, die ihr aus der Natur nichts als eine Verachtung gegen das heilige Alltäglige mitbringt, was euch umgiebt und die ganze Qual ewiger Betrachtung über euch, die Gott in seinem Schöpfungswerke selbst in Verlegenheit setzt, 844

Zu ZfE 7

weil ihr ihm unwillkührlich zu ruft, wird es denn nichts weiter, wie hab ich das schon besser gedacht. Das alles ist wiederum keine Strafrede, es kann nur so seyn und soll nur zeigen, wie empfänglich ich bin für alles Unmittelbare, was in der Welt vorhanden, was da nichts will, sondern durch sein Daseyn in der Welteinigkeit ganz und vollständig vorhanden, das in seiner Liebe alle erkennt. Gebt dem Keiser, was des Keisers ist und Gotte, was Gottes ist, das heist macht euch erst allen Menschen gleich, eh ihr euch über sie erhebet. Außer diesem kurzen Auszug aus Böhmes AVRORA, der in der ZfE zum Abdruck kam, haben sich einige Blätter erhalten, auf denen Arnim eine Passage aus dem 18. Kapitel der AVRORA abschrieb; die Handschrift ist geteilt abgelegt; der Anfang hat die Signatur GSA 03/164, die Fortsetzung GSA 03/258. – Die Handschrift entspricht der damit zusammenliegenden Chronik der Universitäten und dürfte gleichzeitig notiert worden sein, wofür das gleiche Papier (11 x 17 cm; Wz: Anker, l. o.: I, r. o.: C, mittig: D, l. u.: R, r. u.: H; vermutlich: Johann Christof de Rudolf im Hof, Basel) und der Schriftduktus sprechen. – Das Kapitel handelt von der Schöpfung. Böhme deutet den ersten Satz der Bibel (1. Mose I,1) in Luthers Übersetzung (Am Anfang schuf GOtt Himmel und Erden.) lautphysiologisch. In die Transkription von Arnims Handschrift werden hier die Nummern der Absätze bei Böhme ergänzt (dort S. 252–254, Nr. 48–64 und 254–256, Nr. 65–80); Auslassungen nicht notiert:

〈48.〉 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erden. Mos:

Das Wort Am fasset sich im Herzen und führet bis auf die Lippen, da wird es gefangen und gehet schallende wieder zurücke bis an seinen aus gegangenen Ort. 〈49.〉 Das bedeutet, daß der Schall von dem Herzen Gottes ist aus gangen und den ganzen Ort dieser Welt um fasset, als er aber böse befunden worden, so ist der Schall wieder in seynen Ort zurückgetreten. 〈50.〉 Die Sylbe An stösst aus dem Herzen zum Munde aus und hat einen langen Nachdruk wenns sich aber ausspricht so schliest sichs mitten in seinem Sitze mit dem obern Gaumen zu und ist halb draussen und halb drinnen. 〈51.〉 Das bedeutet, daß das Herze Gottes einen Ekel an der Verderbung gehabt und das verderbte Wesen von sich gestossen aber in der Mitte beym Herzen wieder gefasset und gehalten. 〈56.〉 Der letzte Nachdruk fang bedeutet, daß die innersten Geister in der Verderbung auch nicht gar reine sind und derowegen eine Fegung oder Verzehrung des Zornes im Feuer bedürfen, welches am Ende dieser Zeit geschehen wird. 〈57.〉 Das Wort Schuf fasset sich über und unter der Zungen und machet die Zähne in beyden Gaumen 845

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zusammen und druckt sich also zusammen und wenn es zusammen gefasset und aus gesprochen ist so macht es das Maul schnelle wie ein Blitz wieder auf. 〈58.〉 Das bedeutet, daß die herbe Qualität die Erde und Steine beysammen feste hält und lässet gleich wohl die Geister der Erde aus dem herben Geiste grünen und blühen, welches bedeutet die Wiedergeburt der Geister der Erden. 〈60.〉 Das Wort Gott fasset sich mitten oben auf der Zungen und stösset aus dem Herzen dahin und lässet das Maul offen und bleibet auf seinem königlichen Sessel sitzen und schaltet aus sich und in sich: wenn es aber aus gesprochen ist, so thut es noch einen Druck zwischen den obern Zähnen und Zungen heraus. 〈61.〉 Das bedeutet, als Gott Himmel und Erden, darzu alle Kreaturen geschaffen hat, daß Er gleich wohl in seinem göttlichen, ewigen, allmächtigen Sitze ist blieben und von dem nie abgewichen, und daß Er allein Alles ist. Der letzte Druck bedeutet die Schärfe seines Geistes, damit Er augenblicklich alles aus richtet in seinem ganzen Körper. 〈62.〉 Das Wort Himmel fasset sich im Herzen, und stösset bis auf die Lippen, da wird es verschlossen und die Sylbe mel macht die Lippen wieder auf und wird mitten auf der Zungen gehalten und fähret der Geist auf beyden Seiten der Zungen aus dem Maul. 〈63.〉 Das bedeutet, daß die innerste Geburt vor der äussersten durch die gräuliche Sünde verschlossen worden und ist der äusserlichen verderbten Geburt unbegreiflich. 〈64.〉 Dieweil es aber ein Wort mit einer zweyfachen Sylbe ist und die andre Sylbe mel das Maul wieder aufmachet, so bedeutets daß die Porten der Gottheit ist wieder aufgeschlossen worden. 〈65.〉 Daß sichs aber mit dem Wort mel auf der Zunge mit dem obern Gaumen wieder fasset und feste hält und der Geist auf beyden Seiten darneben ausgehet, das bedeutet, daß Gott diesem verderbten Königreiche wolle wieder einen neuen König geben, der die innerste Geburt der klaren Gottheit sollte wieder auf schliessen und dadurch der H. Geist zu beyden Seiten, das ist aus der innersten Tiefe des Vaters und Sohns sollte wieder aus gehen in diese Welt und solte diese Welt durch den neuen König wieder neugeboren werden. 〈66.〉 Das Wort und fasset sich im Herzen und wird mit der Zungen im obern Gaumen gefangen und zusammenkorporiret, wenn es aber los lässet, so thuts noch einen Druck aus dem Herzen zum Munde aus: das bedeutet nun den Unterschied zwischen der heiligen und irdischen Geburt. 〈67.〉 Die Sylbe fährt wohl aus dem Herzen, aber sie wird mit der Zunge im obern Gaumen gehalten, daß man nicht verstehen kann, was das für ein Wort ist: das bedeutet, daß die irdische und verderbte 846

Zu ZfE 7

Geburt die innerste Geburt nicht ergreifen kann; sondern sie ist eine Thörin und Närrin. 〈68.〉 Der letzte Druck aus dem Herzen bedeutet, daß sie wohl mit der innersten Geburt in ihrer Söhnlichkeit inqualiren werde, aber in ihrer Vernunft nicht ergreifen: Darum ist die Sylbe stumm und hat keinen Verstand und wird nur zum Unterschied gebraucht. 〈69.〉 Das Wort Erden stösset vom Herzen und fasset sich am hintern Theile über der Zunge im hintern Gaumen und zittert; es brauchet sich aber die Zunge zu der ersten Sylbe Er nicht, sondern sie schmieget sich an den untern Gaumen hinein und verkriecht sich als vor einem Feinde. 〈70.〉 Die andre Sylbe den fasset sich mit der Zunge mit dem obern Gaumen und lässet das Maul offen, und der Geist der Formung fährt zur Nasen raus und will nicht in diesem Worte zum Munde mit raus und ob er gleich etwas mit raus fähret, so fähret der rechte Klang des rechten Geistes doch nur durch den Geruch oder die Nase heraus. 〈71.〉 Das ist ein groß Geheimniß: Die Sylbe Er bedeutet die angezündete herbe und bittere Qualität, den ernsten Zorn Gottes der zittert im hintern Gaumen davor fürchtet sich die Zunge und schmieget sich im untern Gaumen. 〈72.〉 Das Wort den fasset sich wieder auf der Zunge und der Geist zieht die Kraft aus dem Wort und fähret einen andern Weg damit zur Nase raus auch so fähret er damit hinauf ins Hirn vor den königlichen Stuhl. 〈73.〉 Das bedeutet daß der äusserste Salitter der Erde die herbe Qualität die Erde und Steine beysammen feste hält ewiglich von Gottes Licht und Heiligkeit verworfen ist. 〈. . .〉 〈77.〉 Wohin du jezt wirbest, da fähret deine Seele hin wenn du stirbest. 〈78.〉 Oder meinst du, daß mein Geist dieses aus der verderbten Erde gesogen hat oder aus einem Filzhuthe? Wahrlich nein; sondern der Geist hat zu dieser Zeit meiner Beschreibung mit der tiefsten Geburt Gottes inqualiret in dem habe ich meine Erkenntniß genommen und daraus ist gesogen nicht in grosser irdischer Freuden sondern in ängstlicher Geburt und Trübsal. 〈79.〉 Denn was ich hierüber habe müssen vom Teufel und der höllischen Qualität erleiden, welche in meinem äusserlichen Menschen sowohl herrschet als in allen Menschen, das wirst du wohl nicht fassen, du tanzest denn auch an diesem Reihen: 〈80.〉 Hätten unsre Philosophen nicht immer auf der Fiedel der Hoffahrt gegeiget sondern auf der Propheten und ApostelGeigen es sollte wohl eine andre Philosophie und Erkenntniß in der Welt seyn; dazu ich wegen meiner Schwachheit und wenig Studierens, dazu wegen meiner blöden Zunge fast zu wenig bin, aber in der Erkenntniß nicht zu einfältig 847

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In J. Böhmens Morgenröthe K. 18. Wer nichts aus dieser Schöpfung als den Salnitter Lachstoff zu ziehen weiß, der ist wenigstens gezwungen ihn für sich zu verbrauchen, weil jeder damit hinlänglich versehen, und jeder Einfall darüber längst abgenutzt ist. Varianten zur Handschrift 845,29 Die Sylbe An] aus Das Wort Anfang 846,24 Porten der] danach üdZ gestr. xxx 847,15 Die Sylbe] aus Das Wort 847,18 Gaumen.] danach gestrichen und 847,19 zieht] aus zeucht 847,22–23 die herbe Qualität 〈. . .〉 feste hält] Einschub von Arnim. Vgl. Böhme, 18. Kap.: 13. Der bittere Geist aber ist die vornehmste Ursache

der schwartzen Erden: denn durch seine grimme Bitterkeit ist der Salitter nach seiner äusserten Geburt ertödtet worden; daraus dann die wilde Erde ist worden. Erläuterungen Der Mystiker Jacob Böhme (1575–1624), von Beruf Schuster, war als Autor Autodidakt, jedoch nach neuester Kenntnis belesen. In seinen Werken ist besonders der Einfluß von Paracelsus, der Alchemie und Kaballa zu erkennen. Böhme hatte in Schlesien Schreibverbot, weswegen seine Schriften zunächst postum in Holland erschienen. Durch die kopernikanische Wende war das Weltbild erschüttert worden. Böhme versuchte darzutun, »wie der sich ständig wiederholende Vorgang der Schöpfung nichts anderes sei als die sichtbar werdende ewige Geburt der Gottheit und wie diese Gottheit durch die Schöpfung in die menschliche Lebenswelt hineinreicht, ohne daß sie jedoch je mit ihr (bzw. mit der Natur) identifiziert werden könnte«. (Jacob Böhme, Werke. Hg. v. Ferdinand van Ingen. Frankfurt/M.: Deutscher Klassiker Verlag 1997, Bibliothek der frühen Neuzeit, II. Abtl., Bd. 6, Komm. v. Ingen, S. 815) Zum Zitat in der ZfE: Gott ist in allen Kreaturen, doch erreichen diese ihn nie. Zur oben zitierten Passage vgl. van Ingens Einführung: »Böhme steht mit der Abwendung vom äußeren Wort zugunsten des im Menschen wohnenden inneren Worts (,Gott in uns’) in der Traditionslinie Sebastian Franck – Schwenckfeldt – Weigel – Johann Arndt 〈. . .〉. Vom Schöpferwort der Genesis ausgehend, teilt Böhme der 6. Qualität, dem Schall (oder Mercurius), die

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Zu ZfE 7

Funktion des Mittlers zwischen der geistigen Fassung eines Gedankens und seiner ,körperlichen’ Verlautbarung zu. Darüber hinaus gewährleistet der Schall / Mercurius als Zergliederer die Mannigfaltigkeit und Unterschiedlichkeit der Dinge. Wie die Signaturen, so eröffnet der Sprach-Schall der Natur (und also auch des Menschen) einen Zugang zur unsichtbar-göttlichen, inneren Wahrheit. Wem die Natursprache offenbart wird, verfüge über die Kenntnis der ,ursprünglichen’, der adamitischen Sprache und könne aufgrund der analogen Geschehensketten in der sichtbar-menschlichen wie der göttlichen Natur die Regeln des ununterbrochenen Schöpfungsprozesses in der ,ewigen Natur’ erkennen.« (Ebd., S. 811) Der Salnitter (auch Salitter), den Arnim in seiner Schlußbemerkung erwähnt, ist der ungeschaffene Himmel. Der Name kommt von sal nitrum. Arnim nimmt diese Passage offenbar von ihrer komischen Seite.

Druckfehler 74,18

26] 20 ZfE

74,19–75,4 Wahrsagung 〈. . .〉 Eingesandt d. 16. April 1808 von unbekannter Hand] Verfasser nicht ermittelt. 75,6 Scherzendes Gemisch von der Nachahmung des Heiligen] Unter diesem Titel vereinigt Arnim Übersetzungen, fremde Beiträge sowie eigene Gedichte, die er mit einem arabeskenhaften Text verbindet. Der Aufsatz, wie Arnim ihn in einem Brief an Bettine bezeichnete (Heidelberg, 24. April 1808; FDH 7259), zieht sich noch über die Nummern 10, 27, 34 bis 37. In dieser ersten Nummer läßt Arnim zu Beginn den ewigen Juden, Ahasverus, der getauft ist und bis zum Ende aller Zeiten durch die Welt wandert, auftreten und beschließt sie mit der jüdischen Geschichte vom Golem. Der verbindende Sinn liegt in der Aussage, daß sich Gottes Schöpfungswerk nicht imitieren läßt. Antisemitische Anklänge im Tonfall sind nicht zu überhören. Arnim war wohl von Brentano aufgestachelt, der ihm Anfang März 1808 geschrieben hatte: J u d e n a n e c k t o d e n mußt du eine Menge hinein machen 〈. . .〉 (FBA 32, S. 40). 75,7–26 Als 〈. . .〉 Aeltern] Arnims Q für diese Legende stellt das ThomasEvangelium dar (vgl. Edgar Hennecke, Neutestamentliche Apokryphen in deutscher Übersetzung, hg. v. Wilhelm Schneemelcher. 1. Bd.: Evangelien. Berlin 1961, S. 293f.): »Als dieser Knabe Jesus fünf Jahre alt geworden war,

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Kommentar

spielte er an einer Furt eines Baches; das vorbeifließende Wasser leitete er in Gruben zusammen und machte es sofort rein; mit dem bloßen Worte gebot er ihm. Er bereitete sich weichen Lehm und bildete daraus zwölf Sperlinge. Es war Sabbat, als er dies tat. Auch viele andere Kinder spielten mit ihm. Als nun ein Jude sah, was Jesus am Sabbat beim Spielen tat, ging er sogleich weg und meldete dessen Vater Joseph: »Siehe, dein Knabe ist am Bach, er hat Lehm genommen, zwölf Vögel gebildet und hat den Sabbat entweiht.« Als nun Joseph an den Ort gekommen war und (es) gesehen hatte, da herrschte er ihn an: »Weshalb tust du am Sabbat, was man nicht tun darf?« Jesus aber klatschte in die Hände und schrie den Sperlingen zu: »Fort mit euch!« Die Sperlinge öffneten ihre Flügel und flogen mit Geschrei davon. Als aber die Juden das sahen, staunten sie, gingen weg und erzählten ihren Ältesten, was sie Jesus hatten tun sehen.« 76,13–77,6 ein rechter Einsiedler werden 〈. . .〉 kein rechter Einsie-

del.] Entstehung Für die Passage verwandte Arnim eine handschriftliche Aufzeichnung Bettines, die er überarbeitete und fortsetzte. Bettine begann die Niederschrift mit der typischen Eingangswendung als Märchenaufzeichnung und brach sie dann ab. Arnim erhielt im Frühjahr 1808 mehrere Märchen von ihr (vgl. Heinz Rölleke, Bettines Märchen, in: Bettine-Kat. 1985, S. 225–231, besonders S. 226f.). Arnim schrieb dazu auf demselben Blatt eine Fortsetzung und überarbeitete sie in einem zweiten Arbeitsgang, wobei er einige Veränderungen im Ms. nur unvollständig ausführte. Für den Druck wurde der Text erneut umgearbeitet und dem Kontext angepaßt. Die Unterschrift in der Handschrift Juliana Morella & Comp. bedeutet hier: Bettine und Arnim. Das Pseudonym hatte Arnim ihr vorgeschlagen, wie aus der Korrespondenz hervorgeht: Arnim hatte Bettine offenbar in Frankfurt ein Bildchen eines Mädchens dieses Namens geschenkt und sandte aus Heidelberg ein zweites. Bettine bedankte sich (Frankfurt, 25. oder 26. Februar; FDH 7405: Grad damals nahm ich recht 〈. . .〉): Dein Bildlein hab ich bei die jungfrau Morella gehängt. Am 2. März schrieb Arnim ihr (FDH 7248: Ich wünsche, daß Du die 〈. . .〉):〈. . .〉

gieb Dir auch einen falschen Namen, etwa Morella, weil Du das liebe Bild gewürdigt hast Dir ins Bett zu sehen. Wenn Du erlaubst gebe ich gelegentlich unter diesem Namen auch einiges von Deinen Versen, die ich aus früherer Zeit besitzen, einige würden auch andre erfreuen, wir sprechen dahinter wie durch Masken ungestört mit einander, blinkten einander zu und nickten, von mir sollte gewiß niemand erfahren, wer 850

Zu ZfE 7

sie gemacht, oder ich bildete den Leuten ein, es wäre von einer Dame in Weimar. Lebst Du doch so halb und halb dort. Ein Abdruck auf dem Papier zeigt, daß diesem Brief ebenfalls ein Bildchen beilag. – Die Hs. enthält weder in Bettines noch in Arnims Niederschrift schon einen Hinweis auf den Ewigen Juden. Diese Veränderung erfolgte erst, als der Text in die Arabeske eingefügt wurde. Arnim schickte Bettine die Nummer 7 am 24. April 1808 und schrieb dazu (FDH 7259: Wie kannst Du in einem 〈. . .〉): In dem

beyliegenden Blatte wirst Du ein Stücklein Deines Geistes vorblicken sehen, sag mir ob Du zufrieden bist wie ich es zusammen gebaut habe, Du kriegst noch wunderliche Gesellschaft in der Fortsetzung dieses Aufsatzes. Bettine antwortete (Frankfurt, wohl 25. April, im P.S.; FDH 7423: Es mag so seyn, wie 〈. . .〉): Die Zeitung, hab ich wegen Mangel an Zeit noch nicht ganz gelesen, ist aber das wo der Einsiedel vorkömt recht schön Überlieferung H: FDH 12922, Mischhandschrift von Bettine Brentano und Achim von Arnim. 170 x 192, geripptes Papier, Wz: Krone über Posthorn (beschnitten).

Varianten (H) 76,13–29 Hand:

ein rechter Einsiedler 〈. . .〉 trinken] Von Bettine Brentanos

Es war einmal ein Mann der wollte ein Einsiedel werden, da er in den Wald kam freut er sich sehr seines Vorhabens und baut gleich eine Hüt von Bäumen, und der Wind bließ durch Morgens und Abends, und wenn er seine Metten gesungen hatte und wollte einschlafen, so pfif der Wind gar saubere Melodien ihm in die Ohren, das mogte er nicht vertragen. Da grub er sich eine Höle dabei auch einen Brunnen daß er gleich frisch Wasser haben konnte; da es aber Winter ward so war der Brunnen zu gefroren, da es ihn durstete, wußt er kein Wasser zu finden, er paßte aber auf ein Stück wild und ging ihm nach zu sehen wo es sauft, das Wild wandelt durch den kahlen Wald, und frißt und nagt an den Rinden und Knospen, aber gedenckt nicht zu saufen 851

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Binnenvarianz 851,21–22 Es 〈. . .〉

Wald] aus Da war ein Mann der las recht Viel da ˙ ˙ ˙ ˙˙ ˙ Wald ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙ ˙˙˙ dachte er ein Einsiedel zu werden, da er in den grünen 76,30–77,6 Als er 〈. . .〉 Einsiedel.] Die Fortsetzung von Arnims Entwurf in H wird in der frühesten Stufe wiedergegeben, da spätere unvollständig durchgeführte Korrekturen eine Vorstufe zu D sind, und somit die letzte Stufe der Handschrift einen sinnlosen Text ergäbe (so bei Steig 1912, S. 230–232):

Als er aber diese Bosheit des wilden Gethieres sah hat er es erschlagen und sein Blut trunken und ging wieder zu seiner Höhle, da war der Brunnen aufgethaut, aber das Wasser wollte ihm nicht schmecken, denn er sahe sich darin, wie er so roth war und des Bluts konnte er nicht bekommen, weil alles Gewild von ihm entflohen, seit er das erste erschlagen Da fiel vom Himmel ein Regen und tränkte seine Zunge und machte seinen Leib rein vom Blute, füllete aber zugleich seine Höhle und versandete seinen Brunnen. Da ging er der grossen Regenwolke nach und kam in eine grosse Stadt, die war gerade so breit als sie lang war und die Brunnen waren mit Stroh über flochten und liefen beständig, auch stand eine grosse Kirche dabey und die war leer und da ward er erst recht einsam. Juliana Morella & Comp Binnenvarianz 852,9 sein Blut trunken] verändert zu sein warmes Blut zu trinken; und ging] gestrichen 852,10 Höhle, da war der Brunnen] gestrichen 852,11 Wasser] gestrichen 852,12 war und des Bluts] verändert zu schien von Blut und des Bluts 852,13 konnte er nicht bekommen] zunächst Einfügung von mehr vor bekommen, dann alles gestrichen; alles] davor gestrichen sich 852,15 Da fiel 〈. . .〉 Regen] ersetzt durch Da öffnete er seinen Mund vom Himmel kam eine grosse Schneewolke (aus Regenwolke) und

hing sich an ihn und was trocken lag auf der Erde das zerfloß auf ihm zu Thau 852,17–18 füllete 〈. . .〉 Brunnen] eingeklammert und gestrichen 852

Zu ZfE 7

852,21 852,22

waren] danach eingefügt sehr tief unter der Erde und oben beständig] danach eingefügt aber die Männer tranken da alle

Wein da 〈. . .〉 einsam] verändert zu er stand drinnen als ein rechter Einsiedel und sang: Kraut und Rüben Die haben mich vertrieben. 852,24

Erläuterungen 77,5–6 Kraut 〈. . .〉 vertrieben] Auch Clemens Brentano zitiert den seit dem 18. Jhd. bekannten Tanzreim in seinem Märchen vom Schneider Siebentodt (vgl. FBA 17, S. 321). Im Wh erscheint in der ersten Str. von Misheirath der Text leicht variiert: Die Wasserrüben und der Kohl,/ Die haben mich vertrieben wohl 〈. . .〉. (FBA 6, S. 84). An der handschriftlichen Bearbeitung einer Einsendung hat Arnim den Hauptanteil (vgl. FBA 9/1, S. 193– 200, wo auch auf ZfE hingewiesen wird). Lit.: Steig 1912, S. 230–232; Bettine-Kat. 1985, S. 70 (im Exponatteil, Wiedergabe der Arnim-Hs. mit integierten Varianten durch Renate Moering) sowie S. 227 (Zitat von Bettine Brentanos Hs.-Anfang durch Heinz Rölleke); Moering 1997, S. 51–57, Abb. der Hs. S. 53. 77,26–79,9

Tauler 〈. . .〉 komme.] Entstehung

Der Text stammt von einem unbekannten Autor und findet sich nur in einer Tauler-Ausgabe abgedruckt. Nach Steig 1894, S. 364, wurde der Text angeblich von Wilhelm von Dorow Arnim zugesandt; doch korrespondiert dieser im Frühjahr 1809 mit Arnim nicht hierüber, sondern über die Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin (vgl. ZfE31). Dorow besaß offenbar eine andere Tauler-Ausgabe aus demselben Jahr. Wahrscheinlich wurde dieses Zitat Arnim von Fritz Schlosser zugeschickt; jedenfalls findet sich die genannte seltene Ausgabe in seiner Bibliothek (heute in der Martinus-Bibliothek, Mainz). Nach Fritz Schlossers Forschungen war der Herausgeber Christoph Besold; das notiert er sich im Anhang seines Exemplars, erwähnt es aber auch später in seinem Neudruck (Johann Tauler’s Nachfolge des armen Lebens Christi. Frankfurt/M. 1833, S. 1). Die von Dorow genannten Seuse-Briefe, die in seiner Ausgabe stehen, finden sich in dem Bd. aus Schlossers Besitz nicht. Auch das spricht dafür, daß es sich nicht nur um abweichende Ex-

853

Kommentar

emplare, sondern um unterschiedliche Ausgaben handelt. Arnim kannte Fritz Schlosser seit seinem Studium in Halle. Seit 1808 war er häufig im BrentanoHaus zu Gast. Er war auch anwesend, als in der Brentano-Familie Arnims Ankündigung am Teetisch vorgelesen wurde (vgl. Steig 1912, S. 234f.). Darüber berichtete Bettine (FDH 7403; Frankfurt, 〈20.〉 Februar 1808: So hast Du denn nebst 〈. . .〉): Friz Schlosser war darüber entzückt. Am 7. April (FDH 7255: Du arme Krankenwärterin! Das glaube 〈. . .〉) legte Arnim Bettine ein Exemplar der ZfE als Einlage für Schlosser bei: Ich schicke Dir

ein andres Exemplar von der Zeitung mit dem vierten Stücke 〈. . .〉. Die Einlage gieb doch gefälligst an Schlosser. Fritz Schlosser sandte Arnim – vermutlich Mitte April – einen Beitrag (Frankfurt; Als Entschuldigung meines langen Stillschweigens 〈. . .〉; Hs BJ): Als Entschuldigung meines langen Stillschweigens auf Ihr freundliches Geschenk, sende ich die Beilage mit. Ich nehme die Einladung unordentliches Mitglied des weitangesiedelten Einsiedlers zu werden mit Neigungen an, und wünsche daß Sie einen recht lebendigen Theil der Welt durch ihn hervorrufen möchten, auf die am Ende unser aller, jedes nach seiner besonderen Weise, Sehnsucht gerichtet ist. Ich sage unordentliches Mitglied. Denn die meisten meiner Arbeiten sind entweder von so festem Zusammenhange daß nicht einmal eine solche Ablösung in Ihnen möglich ist, wie ich Ihnen hier eine schikke; od. endlich gar mit dem besten Bewußtsein, so möglichst isolirt wissenschaftlich, daß sie ein gleich isolirtes Publikum verlangen. Was sich mir aber in mehr zerrissenen Stunden die mich diesen Sommer erwarten, Einzelnes mittheilbares darbieten wird, wünsche ich in dem Grade Ihnen gefällig, daß Sie ihm die Aufnahme nicht versagen mögen. Vgl. Moering 2002, S. 55.

Quelle

Doctor Johan Taulers Nachfolgung des Armen Lebens Christi / In Zwey Theil abgetheilet: Deren der Erste / sagt viel vnderschied der wahren Armuth: Der ander lehret / wie man sol kommen zu einem volkommenen armen Leben. Nun zu erst auß einem alten / vor einhundert vnd Sibentzig Jaren geschribenen Exemplar / von Wort zu Wort trewlich vnd gantz vnverfälscht nachgetruckt. (Motti und Buchschmuck) Zu Franckfort / bey Lucas Jennis. Im Jahr M.DC.xxi. Der Text steht auf S. 173f. Er gehört nicht zu Taulers Nachfolge Christi und stammt nicht einmal von ihm, wie die Überschrift erweist. Er war daher leicht einzeln

854

Zu ZfE 7

nachzudrucken. Im übrigen wurde er deswegen nach anderen Tauler-Ausgaben bislang nicht identifiziert:

Zu Erfüllung nachfolgender leeren Blätter / ist dieses / so jüngsten auß einer vralten Schrifft / von Wort zu Wort nachgetruckt / vnd Spiegel der Volkommenheit / sampt ettlich alten Gebettlin Intitulirt / allhero gesetzt worden. EIN Maister der heyligen geschrifft / der kom in ein Stat: Do kom ain Jungefraw / pay aym vnd zwaintzigem Jar / vnnd fraget nach dem Maister. Da der Maister die Frawen sach / Da was Im die Fraw etwas vnbert: Wan er was nit gewent worden / daß Frawen nach Im fragten. Er was vil paß gewont / daß die höchsten studenten vnd gelerten nach im fragten / die in der Stat worden. Doch so sprach der Maister: Vnwertliche Fraw / was welt jr mein? Da sprach die Fraw / gar demuetigkleich: O Herr ich war gern der allerhochsten / lauteristen / volkomenisten warhait näher / alls verre es dem Frewlein müglich ist / Das alle jre werck nement ein gezeugnus aus den frewden Gots. Da sprach der Maister Gotlicher geschrifft: Fraw / was sind eur vbung? habt jr ain Purger / oder habt jr ain Ritter? Da sprach die Fraw gar diemuetigkleich: Herr ich hab zwo auswendig vbung / vnd drey inwendig vbung. Da sprach der maister gotlicher geschrifft / Fraw saget mir durch Got / Was sind eur außwendig vbung? Da sprach die Fraw / deemutigkleich / Herr / die erst auswendig vbund ist / daß ich alle tag / mich ainsten schaide von allen Creaturen / das mein sel ain augenplick nit zethuen hat mit kayner Creatur / als lang biß der dinst Gots vber alls erdreich volbracht ist. So gee ich dann zu der andern vbung / So ledig Ich mein hertz von allen eingezognen pilden / vnd von allen vnutzen gedancken/das der chaynner beleib zwischen mir vnd Got. Da sprach der maister der heyligen geschrifft / Fraw / sind das ewr außwendig vbung / So saget mir durch Got / was sind ewr Innwendig vbung? Da sprach das frewlin gar diemutigkleich: Herr die erst Innwendig vbung ist / das ich alle tag siehe / wie das Got der Vater sein ewigs wort geliebt hat / in dem keuschen Jünchfrawlichen Leib seiner lieben mueter Maria / meiner frawen / da er Innen ist gelegen newn Monat: het es die gehorsam seins hymelischen Vaters nicht gethon / vnd des menschen säligkeit nicht gehindert / er ware lieber darinne gelegen tausent iar / dan er thet newn monat: noch zu hundert mall lieber wonet er inn aynnem raynem hertzen / geistlich / dann er thet in seiner mueter leibplichen. Die ander vbung ist / das ich mich im Spigel besiche des gebenedeyttem namen meines 855

Kommentar

suessen herren Jhesus / vnd siehe inn sein gerechtigkeit / vnd Inn sein parmhertzigkeit / vnd inn sein senfftmuetigkeit / allso tieff / so ymer komen mag. So gee ich dann zu der dritten vbung / vnd pad mich vnd wasch mich in den pluetigen rosenfarben wundenn / meines suessen herren Jhesu Christi / vnd han des gantzen zuverloß vnd getrawen / vnd ein gantzen volkumen gelauben / alles des / das noch an mir mit seinem heyligen leiden er erfüllen will. Da der Maister das gehort / da begundt er sere waynen / Vnd sprach: habt ir aynnen man / seydt Ir Inn der ee / habt ir auch Kind / habt ir gut / hadt ir ere von der welt? Da sprach die Fraw gar diemutigkleich: Ja Herr / Ich hab es alles. Da sprach der Maister / sagt mir gute Fraw / wie chunt Ir das alles gethuen? Da sprach die Fraw gar diemutigkleich / lieber Herr / was schadet mir das ir sult wissen? ich gib den meinen ir notturfft / ich zeuch sy auff chain vbermuet: Ich thuen in alles das in zugehört / Got zu eren vnd zu einem lob: Ich thue auch mit diernen noch mit chnechten / alls ob ich fraw inn dem hawss sey: Sunder nicht annders / dann ob wir alle Brüder vnd Schwester sein. Wann ich das alles gethon hab / vnd ich inn die Kirchen kume / vnd ain statlein gehaben mag / das alls weit ist / das ich mein zwen fueß auff die erdenn gesetzenn mag / so senck ich mich als tieff in Got / das ich nit mayn das yemant lebe inn der zeit / dann ich allain. Da sprach der Maister: Ir seyt in aynnem rechten weg / pit Got für mich armen bruder / der sein kappen hat getragen funffzig Jar / Vnnd haiß ain Maister gottlicher geschrifft / vnd kunst / vnd cham noch nye zu der volkumenhait. Ich hab auch grosse sorg vnd angst / das maniger sey gangen mit dem grobenn sacke funfftzig Jar nach dem prot / der noch nymer mer zu der volkumenhait kome. Druckfehler 78,2 aus dem fremden Gott] Verlesen; es bedeutet: aus den Freuden Gottes 78,7/14/15 eur] nur; e und u in der deutschen Schreibschrift leicht zu verwechseln 78,15 sagt] fagt 78,19 Monat] Danach fehlt ein Nebensatz gegenüber Q. 79,2 ein Städtlein] Q: ain statlein Gemeint ist ein Plätzchen zum Stehen, wie es auch aus dem in ZfE weggelassenen Nebensatz hervorgeht. 79,9 nimmer] immer ZfE; Korrektur nach Q.

856

Zu ZfE 7

Erläuterung Der Text läßt sich im protestantischen Sinne deuten: Nicht die Askese führt zur höchsten Frömmigkeit, sondern ein kontemplatives Leben neben der Erfüllung in Ehe und Familie. 77,30 unbert] Diese Form auch in der Q. Vermutlich von ’unbart’, ’ubartig’, d. h. ungebärdig, unvertraut. 79,15–80,14

Eine Flucht nach Aegypten. Als Gott der Herr gebohren war 〈. . .〉 Augen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 75. Entstehung

Arnim druckt das vmtl. aus dem 15. Jhd. stammende Lied nach einer Hs. von Bettine ab, die er leicht veränderte. Brentano überarbeitete es für das Wh stärker. Er fügte besonders ein Essenswunder ein, das der kleine Jesus bewirkt, was Arnim mißfiel. Er nahm dennoch Brentanos Fassung auf in: Wunderhorn. Kinderlieder: Ein Wahrheitslied (S. 18f.). Die Zusammenhänge sind von Heinz Rölleke ausführlich dargestellt worden (vgl. FBA 8, S. 255f.; FBA 9/3, S. 455–460, mit Textkonkordanz). Brentano hatte das Lied Ende 1807 in Kassel nach Bettines Niederschrift auf einem anderen Blatt bearbeitet und Arnim mitgegeben, der dessen Fassung in Frankfurt Bettine zeigte. Arnim schrieb Brentano am 12. Januar 1808: (Ich bin in Dem Kreise 〈. . .〉); UB Heidelberg 2110,7, Bl. 269r–270v): Bettine läst dich bitten aus dem

Wa h r h e i t s l i e d e Deinen Zusatz von den Wundern wegzulassen, ich hatte ihr kein Wort von meiner Meinung darüber gesagt, daß die vielen vorausgehenden Wunder die Stärke der Augenwirkung des kleinen Jesukindes vernichten, sie kam selbst darauf. Du schienst meine Meinung darüber nicht zu billigen und es ist meine Art nicht, wo ich fühle, daß der, welcher ein Lied mit Lust und Liebe auffasst, um es in seiner eignen Natur schöner darzustellen, mein beschauendes Urtheil vorzudrängen; wirst du aber selbst der Meinung, so schick mir das alte Wahrheitslied, um einige der letzten Wortfügungen herzustellen. Brentano versprach zwar, Bettines Handschrift zu senden, verzögerte es aber (Kassel, um den 25. Januar 1808: Sehr wundert es mich, daß 〈. . .〉; FBA 32, S. 17): Ich schicke dir das Original des Wahrheitslieds mit nächstem Postwagen 〈. . .〉 ; dann, kurz danach, nach Härtl vmtl. 31. Januar; ebd., S. 26: Von der Battberg habe ich 〈. . .〉): Hiebei auch das Original des

Wahrheitslieds. Wenn dir meine Veränderung vielleicht zu den Kin857

Kommentar

derliedern zu passen scheint, so thue sie dahin, wonicht vernichte sie. Die Post geht ich kann sie nicht finden. Und wieder, vermutlich Anfang Februar (dagegen früher eingeordnet bei Schultz 1998, Nr. 104, und FBA, Nr. 491, was wohl die Fortsetzung zum Brief Nr. 495 ist): Daß die Menschen in der 〈. . .〉; vgl. FBA, S. 26): Gestern habe ich dir mehr geschrieben, hiebei das Wahrheits lied. Arnim ging am 6. Februar im Brief an den Freund (Drey Briefe von Dir, mein 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 276r–281v) noch einmal auf die gegenseitig geübte Kritik an Lyriküberarbeitungen ein, wobei er das Wahrheitslied erwähnte (Schultz 1998, S. 491).

Überlieferung H: Niederschrift Bettines: UB Heidelberg 2110,9,14; Wz: nur Rippen.

Varianten H: Bettines Fassung des Liedes lautet:

Ein Wahrheits Lied Als Gott der Herr gebohren war, Da war es kalt; Was sieht Maria am Wege stehen Eeinen Veigen baum Maria laß du die Veigen noch stehen Wir haben noch dreißig Meilen zu gehen Es wird uns sehr späth. Und als Maria in das Städtlein kam Wohl vor einer Thür Da sprach Sie zu dem Bäuerlein Behalt du uns hier, Wohl um dies kleine Kindlein Es mögt dich sonst gereun Der Bauer sprach von Herzen ja, Geht mit mir in die Scheuer Als nun die halbe Mitternacht kam Der Bauer und der stund auf Wo seid Ihr denn ihr arme Leut Daß ihr noch nicht verfrohren seit 858

Zu ZfE 7

Das giebt mich Wunder. Der Bauer wieder nach hause geht Er wecket auf sein Weib Ach Weib mein liebes Weib steh auf Und mach den armen Leuten Feuer Daß sie sich wärmen. Und als Maria das Hauß hinein kam Maria die war recht froh. Joseph der war ein frommer Mann Der fand sein Säcklein besonders Sie hiengen den Kessel über den Herd Zu einer Labe Als Maria dem Kindlein den Brey gabe Da sah man daß es Jesus war, Unter seinen Augen. Ende. Erläuterungen Titel: Vgl. Matth. 2,13–15: die Heilige Familie auf der Flucht. Bettines Titel Wahrheits Lied bedeutet wohl, daß eine wahre Begebenheit erzählt wird. 80,9–11 Ecklein 〈. . .〉 Habe] Wahrscheinlich ein Mißverständnis Arnims: Joseph erhält von dem Bauern in einem Säcklein, wie es bei Bettine heißt, vmtl. Mehl, das dann in einem Kessel gekocht wird zu einer Labe, d. h. zu einem Essen, an dem Jesus sich erlaben kann. Bei Brentano wird der Brei aus Schnee und Eis gekocht (vgl. FBA 8, S. 256). 80,16–33

Nun 〈. . .〉 abgeschrieben habe] Text Arnims. Druckfehler

80,27 80,31

brachten] beachten mehrere] wehrere

859

Kommentar

Erläuterungen 80,22 Herzbruder] Brentano, der unter dem Spitznamen aus Grimmelshausens Simplicissimus in den Szenen des Scherzenden Gemischs immer wieder auftaucht (vgl. Einleitung und Erl. zu ZfE22). 80,28–29 Herz 〈. . .〉 lachen!〉 Improvisierte Verse, wie sie auch in Briefen Arnims an Brentano häufig vorkommen. 81,1–21

Entstehung der indischen Poesie 〈. . .〉 Fr. Schlegel] Entstehung

Arnim zitiert aus Druckfahnen zu: Friedrich Schlegel, Von der Sprache und Weisheit der Indier. Heidelberg: Mohr und Zimmer 1808, S. 265–267. Die Passage paßte einerseits in den Einsiedler-Kontext, aber auch in den ästhetischen Zusammenhang der Entstehung der Poesie.

Druckfehler Der Druck der ZfE enthält einige Druckfehler, die Arnim zum Teil auch in einer Druckfehlerliste (GSA 03/174, Bl. 17, ca.16,4 x 17 cm; Wz: Wappen mit Baselstab, beschnitten) notierte. Sie sind hier korrigiert. Nicht nachgewiesen sind Abweichungen in Orthographie und Zeichensetzung. 81,2 Den] den da Q 81,10 gesagt] gesagt hatte Q 81,14 Bharodvajo’n] Bhardvajo’n ZfE 81,15 vollzähliger] vollzählger Q 81,16 drum wird] drum ZfE 81,17 seyn] seye ZfE sein Q seyn Druckfehlerliste 81,21 Valimicki] Valmicki Druckfehlerliste 81,22–82,15

Entstehung der neupersischen Poesie 〈. . .〉 Fr. Wilken]

Entstehung Arnims Interesse an der Orientalistik entsprach der jungen romantischen Forschung. Der Grund dafür war schon in seiner Schulzeit in den Herder-Studien gelegt worden; vgl. besonders die Abitursrede Das Wandern der Künste

860

Zu ZfE 7

Abb. 20: ZfE 7: Arnim, Druckfehlerliste GSA 03/174 Bl. 17

und Wissenschaften (WAA I, S. 271–284). – Friedrich Wilken war damals Professor und Bibliothekar in Heidelberg. Das Zitat stammt aus einem in lateinischer Sprache verfaßten Lehrbuch des Persischen, das eine Darstellung der Grammatik, ein Glossar und eine Sammlung überwiegend unedierter Texte enthält: Institutiones ad fundamenta linguae Persicae cum chre-

stomathia maximam partem ex auctoribus ineditis collecta et glossario locupleti. Edidit Fridericus Wilken. Lipsiae, MDCCCV. Sumtibus Siegfr. Lebr. Crusii. Der hier übersetzte persische Text steht dort unter der lateinischen Überschrift: Ex Dauletschahi Thaskoreth Esschora (S. 167– 171); eine lateinische Übersetzung gibt Wilken in einem Anhang (gleicher Ort, Jahr und Verleger): Friderici Wilken Auctarium ad chrestomathiam

suam Persicam locorum ex auctoribus Persicis quae illa continet interpretationem latinam exhibens: Ex Dawlethschahi Thaskoreth Esschora 861

Kommentar

(S. 42–46). Der Anfang ist in der ZfE von Arnim – oder auch von Wilken, was nicht zu entscheiden ist – im ersten Satz zusammengefaßt (Nachdem 〈. . .〉 Poesie; 81,23–25). Die Q für das folgende Zitat (Man 〈. . .〉 wurden. Ebd. S. 45f.):

Narratur, Jakubum filium Laitsi Soffaridam, qui sub Chalifis Abbasidis primus intravit eas regiones, quas Arabes Adshm appellant, habuisse filium parvulum atque magnopere dilectum. Hunc puerum festo quodam die, quum aliis cum pueris illum ludum, ubi nuces in foveam e longinquo injicere conantur, ludens novem nuces in foveam injeceri, de uno autem jactu plane desperans, nucem repente revertentem et versus foveam se dirigentem videret, laetum summo ex gaudio haec verba effudisse: Geltan geltan hemi ruwed tha lebi gu, Aberrans, aberrans, venit ad oram foveae. Haec verba quum Jacobo valde placuissent, convocavit ille amicos et Veziros, qui ea versum esse pronunciarunt, et accuratiori examine instituto invenerunt, hoc hemistichium pertinere ad metrum Hazedsch. Deinceps alterum illi addiderunt hemistichium, atque hoc distichum auxerunt altero disticho, cui carmini dubaithi (i. e. carminis duo disticha complectentis) nomen dedere. Diu usi sunt hoc carminum genere, donec philologi clari dicerent, his carminibus praeferenda esse ea, quae quatuor ex distichis constant. Hinc poetae longum per tempus his carminibus conficiendis operam dederunt atque praeclare de excolenda poesi meriti sunt: Fuit (poesis) flos, qui novo ornatus est virore. Tempore autem Samanidarum poesis persica ad summum pervenit fastigium. Illo tempore poetarum Coryphaeus erat magister Rudegi, ante quem nullum novimus poetam, cujus carmina in Diwanum collecta fuerint. Druckfehler 81,24 Dauletschah] Deuletschah ZfE 82,5 Hemistich] ’Hemistich ZfE 82,5 ein] Ein ZfE 82,12 Sammaiden] Sommiden ZfE, korrigiert nach Arnims Druckfehlerliste. Wilken: Samanidarum

862

Zu ZfE 7

Erläuterung Dauletschah (Ibn Alaˆ-addaulah Bachtıˆschaˆh), geb. in Samarkant, lebte im 15. Jhd. und verfaßte ein Werk Taskirat alschu’araˆ (Biographien persischer Dichter; vollendet 1487). 82,16–84,29 Entstehung der heiligen Poesie 〈. . .〉 Hamann 〈. . .〉 Aesthetica in nuce vor 1762]

Entstehung Arnim hörte vmtl. früh von Johann Georg Hamann (1730–1788). Sein väterlicher Freund Johann Friedrich Reichardt war mit Hamann befreundet und besaß Hss. von ihm. Als Arnim im Mai 1807 mit Reichardt in Königsberg war, schrieb er an Brentano über seine Lektüre (Zu der grossen Mannigfaltigkeit, worin. 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,6, Bl. 215r–216v): Zum Schlusse

H a m a n n s S c h r i f t e n , von denen ich mir eine kleine Sammlung gemacht, sie müsten Daub unendlich viel Freude machen, vielleicht hat sie Jung, ich empfehle dir in den Kreutzzügen eines Philologen die aesthetica in nuce, seine hierophantischen Briefe, neue Apologie des Buchstaben h., Fragmente einer apoka〈l〉yptischen Sibylle über apokalyptische Mysterien. Man bat mich hier, sie herauszugeben, es fehlt mir aber dazu an Gelehrsamkeit, die Gedanken unterstände ich mich wohl zu erleichtern und zu verdünnen zum täglichen Gebrauche. Quelle Johann Georg Hamann, Kreuzzüge des Philologen. O.O. (Königsberg) 1762, darin S. 159–220: AESTHAETICA. IN. NVCE. Eine Rhapsodie in Kabbalistischer Poesie. Arnim kürzt den Text, stellt Teile um und macht kleine Eingriffe; die gelehrten Anmerkungen läßt er weg. 82,17–83,5 Nicht Leyer 〈. . .〉 uns.] Hamann, S. 161–164. 83,5–7 Rede 〈. . .〉 ist.] Hamann, S. 166. 83,7–9 Reden 〈. . .〉 Zeichen.] Hamann, S. 167.

Die Meinungen 〈. . .〉 Tiefe.] Hamann, S. 181–184. Locke 〈. . .〉 pfeift.] Hamann, S. 185f. 83,22 Wenn 〈. . .〉 Mythologie,] Hamann, S. 186f. 83,9–19

83,19–21

863

Kommentar

83,23–24 taugt 〈. . .〉 aussehen.] Hamann, S. 187f. 83,24–26 Gleich 〈. . .〉 um.] Hamann, S. 199 83,26 Mythologie hin Mythologie her!] Hamann, S. 188 83,27–29 Poesie 〈. . .〉 können.] Hamann, S. 188f. 83,29–30 Warum 〈. . .〉 nicht? – ] Hamann, S. 189 83,31 Die Natur 〈. . .〉 Leidenschaften.] Hamann, S. 189 83,31–35 Warum 〈. . .〉 können.] Hamann, S. 197 83,35–84,2 Jede 〈. . .〉 vergraben.] Hamann, S. 197f. 84,2–15 Wer 〈. . .〉 Schatten.] Hamann, S. 189f. 84,16–21 Die Analogie 〈. . .〉 greifen] Hamann, S. 191f. 84,21–22 den natürlichen 〈. . .〉 läutern.] Hamann, S. 192f. 84,22–26 Leidenschaft 〈. . .〉 Blitz?] Hamann, S. 196f. 84,26–28 Fürchtet 〈. . .〉 Wasserbrunnen.] Hamann, S. 220

Größere Abweichungen: 82,21

philosophischen] philologischen Q. Wahrscheinlich Druckfehler in

ZfE. 82,27 83,19

Worten] Sprüchen Q Locke] Bacon Q Druckfehler

83,3 Arme] Armen ZfE 83,26 mit den Alten] mit nach den Alten ZfE 83,33 der Leidenschaften] in den Leidenschaften ZfE 84,1–2 im fruchtbaren Schooße] im furchtbaren Schooße 84,5 geräumt] geraumt Jessen 84,12 Bacon] Barou ZfE

ZfE

Erläuterungen 82,32 Es werde Licht!] 1. Mose 1,3. 82,35–83,1 zum Bilde Gottes schuf er ihn] 1. Mose 1,27. 83,23–24 noch magerer als Pharaos Kühe] Vgl. 1. Mose 41,1–36. 83,24–25 Gleich einem Mann 〈. . .〉 vergißt] Das Bild verwendet auch Bettine, vgl. Ulrike Landfester, Echo schreibt Narziß. Bettine von Arnims Mythopoetik des schöpferischen Dialogs und Goethe’s Briefwechsel mit einem Kinde (1835). In: Athenäum 1999, S. 161–191.

864

Zu ZfE 7

84,30 1762),

Baumgartens Aesthetica] Alexander Gottlieb Baumgarten (1714– Aestetica. Frankfurt/O. 1750/58. Druckfehler

84,33

Hamanns] Hamans

85,1–21 Entstehung der Verlagspoesie 〈. . .〉 Golem 〈. . .〉 Jakob G r i m m in Cassel]

Entstehung Arnim sandte den Brüdern Grimm am 18. Februar 1808 die Ankündigung der ZfE und bat Jacob (SPK, Nachlaß Grimm 647/1, 1–2: Herzligen Gruß zuvor. Einliegend der 〈. . .〉): Einliegend der Anlaß meines Schreibens,

Sie um Beyträge zu bitten aus ihren Sammlungen für meine Zeitung; ich wünschte besonders die Judengeschichte mit dem Knechte, den sie sich gebacken, und der einmal zu groß und übermächtig wurde, für eins der ersten Blätter. Alles gedrängtest Herrliche alter Zeit und Lustiges jeder Art ist mir willkommen, sehr lange Aufsätze erlaubt die Art der Erscheinung nicht, kurze literarische Notiz dabey, selbst literarische Hypothesen sollen mir lieb seyn. – In der Eile weiß ich nicht, ob ich mit Ihnen oder mit Ihrem Herren Bruder spreche, ich grüsse Sie beyde. Arnims Anfrage läßt vermuten, daß er die Golemsage von seinem Kasseler Aufenthalt im Gedächtnis hatte, sie ihm aber nicht in einer gedruckten Form zur Hand war. Das geht auch aus der Druckfehlerkorrektur hervor, die er sich notierte (vgl. H1), denn die korrigierten hebräischen Buchstaben sind – im Gegensatz zu den gedruckten Fassungen – in Schreibschrift notiert. Da Arnim des Hebräischen nicht mächtig war, dürfte er von einem Heidelberger Gelehrten beraten worden sein. Hätte ihm damals schon eine gedruckte Q vorgelegen, so hätte er die Buchstaben in Druckschrift notiert, wenn er den Irrtum nicht schon während der Korrektur gemerkt hätte. Ein handschriftliches Exzerpt von ihm, auf dem er sich auch die von Jacob Grimm benutzte Q Tentzel notierte (H2), dürfte daher aus späterer Zeit stammen, wahrscheinlich vom Dezember 1811, als Arnim die Brüder Grimm in Kassel wiedersah. Die Notiz Alraun Geldverdoppler auf der Rückseite des Blattes deutet jedenfalls auf die Zeit vor der Entstehung der 1812 gedruckten Isa-

bella von Ägypten. 865

Kommentar

Jacob Grimms Quelle Die Entstehung der Sage vom Golem – von einer einzigen Erwähnung dieses hebräischen Wortes im Alten Testament (Ps. 139/138,16) über mittelalterliche jüdische geheime Anweisungen zur Herstellung eines künstlichen Menschen – ist sehr komplex. Erst mit der Rezeption durch deutschsprachige christliche Literatur nähert sich der Stoff zunehmend der Form einer Sage. Dafür ist ein Brief von Christoph Arnold (Christophorus Arnoldus) an Johann Christoph Wagenseil wesentlich, den dieser im Anhang seines Buchs Sota, einer Übersetzung aus dem Talmud, (Altdorf 1674) abdruckt (S. 1198f.). Wilhelm Ernst Tentzel (1659–1707) fügt den Text auf deutsch dem ersten Band seiner Monatliche〈n〉 Unterredungen ein (Januar 1689, S. 145f.). Das Werk ist auch Q für einige der in den Deutschen Sagen der Brüder Grimm edierten Texte, u. a. die Koboldsage (Tentzel, ebd., S. 146f.), die auch Arnim in der Einleitung seines Wintergarten (1809) benutzt. Arnim seinerseits könnte auch die Radegast- und Lilith-Stoffe daraus geschöpft haben. Auf Tentzels Journal wies wohl als erster Clemens Brentano die Freunde hin (Brief an Arnim vom 26. Dezember 1804; vgl. FBA 31, S. 379; WAA XXXI, S. 397 u. 919f.). Nach Arnold und Tentzel zitiert Johann Jacob Schudt die Sage in seinen Jüdischen Merckwürdigkeiten 〈. . .〉 Franckfurter Juden-Chronik (II. T. Frankfurt/M.-Leipzig 1714, S. 207f.). Da alle drei Werke als Q in Frage kommen, muß ein Textvergleich für Klarheit sorgen. Nur Tentzel sagt (entsprechend allein er darf nimmer aus dem Hause gehen): 〈. . .〉 aber er darff nicht aus dem Hause gehen (S. 145). Außerdem findet sich bei ihm die Erklärung, warum in ZfE das Wort aemaeth, das Wahrheit bedeutet, irrtümlich auch mit Gott übersetzt ist. Tentzel schreibt (ebd.): An seiner

Stirn wird geschrieben der Nahme GOttes 〈. . .〉 Aemaeth, das ist/ Warheit 〈. . .〉. Außerdem schreibt Schudt nicht, wie Tentzel: Schemhamphoras, sondern Schem Hamphorasch. Das Adjektiv wunderkräftig bildete Grimm wohl nach Tentzels Bemerkung: dem Schemhamphoras 〈. . .〉 dadurch die Jüden so grosse wunder zuthun vermeineten (S. 143f.). Der Text der Q lautet: (Wilhelm Ernst Tentzel,) Monatliche Unterredungen Einiger Guten Freunde Von Allerhand Büchern und andern annehmlichen Geschichten. Allen Liebhabern Der Curiositäten Zur Ergetzligkeit und Nachsinnen Heraus gegeben Von A. B. Januarius 1689. Thorn-Leipzig In Verlegung Johann Christian Laurers/ Buchhändlers/ MDCLXXXIX. Kopie des Exemplars der Yale University (S. 145f.):

Die Jüden in Pohlen sind in diesem Stück gar zu arg. Sie machen nach gewissen gesprochenen Gebeten und gehaltenen Fast-Tägen die 866

Zu ZfE 7

Gestalt eines Menschen von Thon oder von Leimen/ und wenn sie das Schemhamphoras darüber sprechen/ wird er lebendig. Ob er gleich nicht reden kan/ so verstehet er doch ziemlich/ was man redet und befielet/ denn die Pohlnischen Jüden brauchen ihn an statt eines Famuli communis, der allerley Arbeit verrichtet/ aber er darff nicht aus dem Hause gehen. An seiner Stirn wird geschrieben der Nahme GOttes tma / Æmæth, das ist/ Warheit; weil er aber täglich stärcker wird/ und leicht grösser wird als alle Hauß-Genossen/ ob er gleich im Anfang gantz klein ist: damit sie ihm seine Krafft/ vor welcher sich die andern alle fürchten müssen/ wiederum benehmen/ so löschen sie geschwind den ersten Buchstab des Worts tma an seiner Stirn aus/ das nur das Wort tm me´th, d. i. er ist tod/ übrig bleibet. Wenn dieses geschehen/ fällt der Go´lem (das ist sein Cabbalistischer Nahme) über den Hauffen/ und wird in dem vorigen Thon oder Leimen resolviret. Man sagt/ es habe ein Jüde in Pohlen/ Elias Baal Schem, einen solchen Golem gemacht/ der aber so hoch worden/ daß er nicht mehr an seine Stirn rühren kunte. Hat derowegen diesen Fund erdacht/ daß der Knecht dem Herrn die Stiefeln abziehen solte/ denn so meinete er Gelegenheit zu haben/ wenn der Kerl sich bücken würde/ daß er den ersten Buchstab an seiner Stirn auslöschen könte. Welches auch geschahe. Aber da der Golem wieder zu Leimen ward/ fiel die gantze Last über den auf dem Banck sitzenden Herren her/ und erdruckte ihn. Überlieferung 1

H : Bl. mit Druckfehlerkorrekturen zu ZfE7. GSA 03/174, Bl. 17. Größe: ca. 16,4 x 17,5 cm. Wz: Wappen mit Baselstab, beschnitten. Vgl. Abb. 20, S. 861. H2: Bl. mit Notizen. Größe: 19,5 x 16,5 cm . Wz: GSA 03/175, Bl. 11.

Van der Ley

Druckfehler 85,9 tma Alef Mem Taw] tja (Alef Tet Taw) ZfE; Korrektur Arnims in H1 85,12 tm Mem Taw] tÕ (Schluß-Mem Taw) ZfE; Korrektur Arnims in H1

867

Kommentar

Varianten H2

Tänzel monatlich Unterr Jan 1689. 140–144 Schemhamvoras ein wunderthätig Wort. Die Juden in Polen machen Thonwesen die nicht reden, aber verstehen u Hausarbeit verricht. An seiner Stirn steht Aemaeth, Wahrheit Gott. Er nimt täglich zu; drauf löschen sie den ersten Buchstaben so bleibt maeth, er ist todt. Einem ist sein Golem übern Kopf gewachsen daß er ihn nicht an die Stirn reichen konnte, er muste ihm Stiefel aus ziehen, da löschte er das Ae aus, er schlug ihn mit seiner Masse todt.

Erläuterungen 85,4 Schemhamphoras] Schem bedeutet »Name«, hamphoras〈ch〉 eigentlich »deutlich, bestimmt«, gemeint ist damit der Name Gottes. Die Buchstaben seines Namens, auf einem Papier auf die Stirn gebunden oder unter die Zunge gelegt, konnten nach mittelalterlich-kabbalistischer Lehre Tote lebendig machen. 85,7 Golem] Das Wort steht in Psalm 139/138,16 und bedeutet »unbereitet« bzw. »ungestaltet«. Während man heute eher denkt, daß damit ein Embryo gemeint ist, sah die ältere jüdische Deutung darin das Zitat eines Ausspruchs vom Adam über seinen Zustand, ehe Gott ihm seinen Atem einhauchte. (1. Mose / Genesis, 2,7).– Arnim variierte die Sage höchst eigenwillig 1812 in seiner Erzählung Isabella von Ägypten.

Literatur Beate Rosenfeld, Die Golemsage und ihre Verwertung in der deutschen Literatur. Breslau 1934 (=Sprache und Kultur der germanischen und romanischen Völker, B. Germanistische Reihe, Bd. 5); Peter Horst Neumann, Legende, Sage und Geschichte in Achim von Arnims Isabella von Ägypten. Quellen und Deutung. In: Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft, 12. Jg, 1968, S. 297–314, bes. S. 303–397 und 312; Sigrid Mayer, Golem: Die literarische Rezeption eines Stoffes. Bern-Frankfurt/M. 1975; dies., Golem. In: EdM V, Sp. 1387–1394; Le´on Wurmser, Die Mythen von Pygmalion und Golem. In: Mathias Mayer u. Gerhard Neumann (Hg.), Pygmalion. Die Ge-

868

Zu ZfE 7

Abb. 21: ZfE 7: Arnim, Golem-Notiz GSA 03/175 Bl. 11r

schichte des Mythos in der abendländischen Kultur. Freiburg i. Br. 1997, S. 161–194, bes. S. 176–179; ohne Grimm und die folgende Literatur. Kabbala und die Literatur der Romantik. Zwischen Magie und Trope. Hrsg. v. Eveline Goodman-Thau, Gert Mattenklott und Christoph Schulte. Tübingen 1999, darin: Eveline Goodman-Thau, Golem, Adam oder Antichrist – Kabbalistische Hintergründe der Golemlegende in der jüdischen und deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts, S. 81–134, sowie: Gunnar Och, „Gewisse Zauberbilder der jüdischen Kabbala“, bes. S. 188–190; Renate Moering, Die

869

Kommentar

Erscheinungen des Golem bei den Heidelberger Romantikern. Mit unbekannten Handschriften Achim von Arnims, in: WW, 63. Jg., H. 1, April 2013, S. 25–37; dies., Die Golem-Sage bei Jacob Grimm, in: Märchen Mythen und Moderne. 200 Jahre Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Internationaler Kongress vom 17. bis 20. Dezember 2012 an der Universität Kassel (im Druck).

870

Zu ZfE 8

ZfE 8

26. April: 86,3–88,21

Heimweh des Schweizers 〈. . .〉 J. C. Nänny] Entstehung

Das Gedicht verfaßte der Schweizer Johann Conrad Nänny. Arnim fragte am 10. März Bettine, die durch Clemens Brentano Joseph Franz Molitor kennen gelernt hatte und die sich mit dessen Reform am jüdischen Philantropin befaßte (FDH 7250: Zwey so liebe Briefe mit 〈. . .〉): Da Du Molitor

kennen gelernt hast, so sprich ihm doch einmal von einem gewissen Nenny, der, denke ich, auch bey der Judenschule ist und den Zimmer rühmt, auch wegen mancher poetischer Arbeit. Später überarbeitete Nänny das Gedicht grundlegend und publizierte es – ohne Hinweis auf die Fassung in der ZfE – in: Gedichte von J. C. Nänny. Frankfurt am Main. J. D. Sauerländer. 1833, S. 170–172. Die Str. 2–8, 17 und 18 entfielen bei der Umarbeitung völlig, die anderen sind verändert. Vgl. Steig 1912, S. 234.

Druckfehler 88,13

Schimmer] Schimme durch defektes r Erläuterung

Das Heimweh der Schweizer war damals in Erzählungen und Reiseberichten ein beliebtes Thema; so etwa bei Heinrich August Ottokar Reichard (Male-

rische Reise durch einen grossen Theil der Schweiz von und nach der Revolution, 1805, S. 67), der von der ausserordentlichen Wirkung jener Alpenmusik des Kuhreihens spricht, den zu pfeifen oder zu singen, sonst in den Schweizer-Regimentern bey Todesstrafe verboten war, weil bey seinem Ertönen, diese Alpensöhne in 〈. . .〉 solche Heimsucht verfielen, daß sie entweder davon liefen oder starben. In die bekannteste 871

Kommentar

literarische Darstellung, nämlich das Wh-Lied Zu Straßburg auf der Schanz, hat Brentano dieses Motiv allerdings erst eingefügt. Vgl. außer FBA 6, S. 136f.; auch: Heinz Rölleke, Zu Straßburg auf der Schanz. Clemens Brentanos Kreation eines Wunderhorn-Liedes. In: Goethezeit – Zeit für Goethe. Auf den Spuren deutscher Lyriküberlieferung in die Moderne. FS Christoph Perels zum 65. Geburtstag. Tübingen 2003, S. 161–168. In der 2. und 3. Str. evoziert Nänny zweimal Sterne, Blumen bzw. Stern und Blumen. Vielleicht konnte das Brentano anregen zu seinen berühmten zwei Z., die sich in Gedichten für Emilie Linder und im Gockel-Märchen finden (vgl. Brentano, Werke 1, S. 601 und später; Kommentar, ebd., S. 1179f.): O Stern und

Blume, Geist und Kleid,/ Lieb, Leid, und Zeit und Ewigkeit. 89,1–98,9

Der gehörnte Siegfried 〈. . .〉 Christenthum] Vgl. ZfE5.

872

Zu ZfE 9

ZfE 9 30. April: 99,3–100,22

An den Ufern des Mayns 〈. . .〉 Schlegel] Entstehung

Das Gedicht entstand während der Reise Friedrich Schlegels nach Frankfurt im Jahr 1806. Schlegel schickte es handschriftlich am 20. April 1808 aus Köln an Zimmer (vgl. Jenisch 1921, S. 45). Nach dem Erhalt des Abdrucks dankte Schlegel Arnim am 8. Juni 1808 (Geehrtester Freund! Die mannigfaltigen Zerstreuungen 〈. . .〉; BJ Autographa 155): Es freut mich, dass Ihnen das kleine Lied für die Einsiedler-Z. willkommen war. Im folgenden Jahr nahm Schlegel das Gedicht in die Ausgabe seiner Gedichte auf (Berlin: Julius Eduard Hitzig 1809, S. 344f.). Varianten bzw. Druckfehler im Vergleich mit dem Druck von 1809 (außer Orthographie und Zeichensetzung): 99,4 Die Zeitangabe fehlt in der Gedichtausgabe. 99,5 weinbegränzte] weinbekränzte D2 100,6 sonst] dort ZfE sonst D2 100,17 Herzens] Herz ZfE Herzens D2 100,19 Mayns] Maynes eine metrische Verbesserung in D2 100,20 gedenkend des Vereins] gedenked des Vereins ZfE gedenkend des Vereines D2

Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland. 〈. . .〉 Genua seh ich im Geist, so oft die unendlichen Wellen 〈. . .〉 fehlt.]

100,24–104,7

873

Kommentar

Entstehung Arnims Gedicht nimmt Erlebnisse seiner Kavalierstour auf und verarbeitet sie in einer komplexen Struktur. Mit Elegie bezeichnet man ein längeres Gedicht in Distichen, d. h. je einem Hexameter und Pentameter. Arnims Bemerkung unter dem Titel widerspricht diesem daher. Er wollte vermutlich der Kritik von Voß ausweichen, der als Spezialist für die klassischen Dichtungsformen galt und in dieser Eigenschaft sogar von Goethe respektiert wurde. Vossens Luise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen (Königsberg 1795) war 1807 bei Cotta in Tübingen als vollendete Ausgabe erschienen, wie es auf dem Titelblatt heißt (vgl. Kapitel Voß), worüber Brentano sich in einer seiner Wh-Repliken lustig machen sollte (FBA 9/3, S. 707). Unabhängig von der hier erkennbaren Sorge um Kritik an seinen Versen gebrauchte Arnim die Form der Elegie in seinen Reisejahren häufig. Italien streiften die Brüder Arnim auf ihrer Reise nur kurz. Am 18. November 1802 kündigte Achim von Arnim Brentano aus Genf an (Ich ging heute in der 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 148): 〈.. . .〉 ich ziehe bald fort von hier, ich

gehe über Lyon Marseille Nizza Genua hieher zurück und dann nach Paris. Gegenüber Bettine und Gunda Brentano meinte er, er reise morgen ab (ebd., S. 151). Die Reiseroute wurde dann jedoch in umgekehrter Richtung eingeschlagen, wahrscheinlich weil der bevorstehende Winter eine Rückkehr über die Alpen erschwert hätte. Reinhold Steig lag möglicherweise ein inzwischen verschollener Brief Arnims vor, nach dem er referiert: »Gegen das Ende des Jahres 1802 verließen die Brüder von Arnim Genf. Auf Maulthieren erklommen sie die Höhe des Mont Cenis und fuhren zu Schlitten die südlichen Abhänge der Alpen hinunter. In Turin ward kurze Rast gehalten. Von der Bocchetta herab sahen sie die unendliche Fläche des Meeres sich breiten. In Genua, Nizza, Toulon, Marseille genossen sie alle Herrlichkeit der südlichen Natur 〈. . .〉.« (Steig 1894, S. 63). Steig entnahm solche Hinweise nicht immer nur gekürzten Stellen der Korrespondenz zwischen Arnim und Brentano, sondern gelegentlich auch anderen gleichzeitigen Briefen. So könnte es sich möglicherweise auch hier verhalten, denn im Briefwechsel zwischen Arnim und Brentano gibt es offenbar zu dieser Zeit keine Lücke, wie Holger Schwinn meint (Kommunikationsmedium Freundschaft. Der Briefwechsel zwischen Ludwig Achim von Arnim und Clemens Brentano in den Jahren 1801 bis 1816. Frankfurt/M. u. a.1997, S. 42 f.; dagegen auch Härtl, vgl. WAA XXXI, S. 664). Zwar teilt Brentano August Winkelmann Mitte Februar 1803 mit: Arnim grüßt dich, er schrieb mir von Genf. Genua, Marseille Nizza, und Paris (FBA 31, S. 51), doch hatte er da Arnims langen

874

Zu ZfE 9

Brief vom 12. Januar 1803 aus Lyon und 26. Januar aus Paris erhalten (Woran erinnerst Du mich, an 〈. . .〉), in welchem dieser die Route kurz erwähnt, z. B.: 〈. . .〉 einen Meersturm habe ich nach eigner Erfahrung beschrieben, bey meiner Ueberfahrt von Genua nach Nizza, und zwar in fünf Strophen (vgl. WAA XXXI, S. 177 u. 675). Auch von Marseille und Avignon erzählt er. Als Postskript meldet Arnim dem Freund: Ich habe viele

wunderschöne Bücher in Italien gekauft – aber noch nicht darin gelesen (ebd., S. 183). Brentano bedankt sich für den Brief, den er Anfang Februar in Marburg erhalten hatte (Mitte Februar 1803: Kein Mensch kann Briefe schreiben 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 192), und teilt mit: Glaube nicht lieber Arnim ich hätte deinen Brief lange liegen lassen, ich habe ihn erst drei Tage 〈. . .〉. Er fragt: 〈. . .〉 waß sind das für schöne Bücher aus Italien. Arnim hatte offenbar Sprachschwierigkeiten in Italien. Zwar hatte er früher naturwissenschaftliche Aufsätze auf Italienisch gelesen, doch galt der genuesische Dialekt als besonders schwierig. So schreibt er in seinem Brief aus Lyon von dem tonlosen Gewühl worin ich mich seit zwey Monaten herumtreibe (WAA XXXI, S. 170). Auch in der Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland kann der Verfasser das Mädchen, das sich ihm bei der Wanderung nach Genua nähert, nur durch Gesten verstehen. In dem Gedicht wird die Ankunft in dieser Stadt und die Abreise mit dem Schiff wie in einem Zeitraffer dargestellt. Daß die Brüder in Wirklichkeit in Genua gar nicht verweilt hätten, ist wenig wahrscheinlich; dem widerspricht auch der Befund des handschriftlichen Entwurfs. Genua ist in dieser Dichtung recht genau beschrieben: Die Lage an den steil abfallenden Hängen mit den Festungen auf der Höhe, die engen Gassen und Treppen, die marmorverkleideten Gebäude und der Hafen mit dem Leuchtturm. Ebenso lebendig schildert Arnim Schottland mit der Fingals-Höhle auf der Hebrideninsel Staffa, die er im Herbst 1803 besuchte. Erst 1772 fuhr man zum ersten Mal mit einem Boot in diese Höhle aus Basaltsteinen, die 113 Meter lang und 21 bis 36 Meter hoch ist und ein Echo hat. Die Reisenden pflegten darin Fingal anzurufen, für den der Sage nach die Höhle erbaut wurde (vgl. Ricklefs in: Werke V, S. 1351). Der reale Fingal war eigentlich ein irischer Fürst, Fionn Mac Chumhail († 273), der in MacPhersons Ossian-Dichtungen eine Rolle spielt. Arnim setzt diese finstere Höhle den italienischen Palästen entgegen und das rauhe Leben in Schottland der heiteren Volkskultur des südlichen Landes. Die Sehnsucht nach der mediterranen Welt verleiht der Dichtung den »elegischen« Ton. Die Keimzelle des Gedichts findet sich tatsächlich in einem der sogenannten engl. Gedichtbände Arnims (GSA 03/183, Heft VIII; vgl. Renate Moering,

875

Kommentar

Reisespuren in Arnims englischen Lyrik-Heften. In: Romantische Identitätskonstruktionen: Nation, Geschichte und (Auto-)Biographie. Glasgower Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft. Hg. v. Sheila Dickson u. Walter Pape. Tübingen 2003, S. 37–50, bes. S. 43f.). Arnim beschreibt in der spätesten Fassung (Gräfin Dolores), wie er seine Eindrücke notierte (1810, Bd. 2, S. 289):

Meine Begleiter, die rufen sich Geister des Fingal im Echo, Und ich denke mich fern, hin nach südlichem Land, Liege am Felsen gestreckt mit zierlich gebundenem Tagbuch, Und verlange vom Geist, daß er was Gutes bescheer! In das Reisetaschenbuch trug Arnim eine sehr viel kürzere Fassung unter dem Titel Genua ein, die er im Text überarbeitete und links auf dem Umschlag ergänzte (vmtl., weil die folgenden Seiten inzwischen beschrieben waren). Er beginnt auch hier mit der Erinnerung an die südliche Stadt und läßt die Szene mit den Fischern folgen. Dabei fällt ihm Rubens’ Gemälde des wunderbaren Fischzugs ein, das er im Muse´e Napole´on in Paris inzwischen gesehen hatte. Die Abfahrt im Schiff ist hier (noch) nicht gestaltet. Stattdessen singt die Zigeunerin ihr Lied in der Stadt; sie trägt es für einen bajocco vor, d. i. eine kleine italienische Münze. In der Ergänzung auf dem Umschlag wird ein geographischer Vergleich zwischen Schottland und der Genueser Küste skizziert. Diese Ansätze zu einer Dichtung werden von Arnim für die ZfE kunstvoll ausgearbeitet. Vorausgeht eine zweite Hs., in der die Spannung zwischen der Fingalshöhle und dem südlichen Schauplatz sprachlich erarbeitet wird. Der Entwurf steht auf einem Dbl. mit Gedichtskizzen, die auf die Zeit nach Arnims Abreise aus Königsberg und den ersten Überlegungen zum Einsiedler-Projekt zu datieren sind, also vermutlich Mitte bis Ende 1807. In der Gedichtfassung der ZfE wird das Biographische gedanklich überhöht. Der Erzähler erinnert sich der Ankunft im Morgenrot vom Gebirge her. Beim Thema Italien kommen Assoziationen an die antike Mythologie auf, und so heißt es über das Morgenrot: Lässig band sich vor mir die Göttin das goldene Strumpfband 〈. . .〉. Doch nicht die allegorische Figur tritt ins Leben (wie das später in der Rahmenhandlung des Wintergarten mit dem Winter gestaltet wird), sondern ein Mädchen mit ihrem buntgepuschelten Esel steht neben dem Dichter. Sie hält ihn für einen Schweizer, der in Italien Arbeit sucht. Bei dem Granatapfel, mit dem sie spielt, der ihr entfällt und den der Erzähler aufhebt, fallen ihm Helena und Proserpina, aber auch die biblische Eva ein. Er beschließt, diese unglückbringende Frucht in der Tiefe des Meers zu versenken. Arnim beschreibt anschaulich das Geschehen am Strand. In der klassischen Form der Elegie wird im Lied, das die Zingara auf dem

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Zu ZfE 9

Schiff singt, eine christliche Legende vorgetragen. Der Romantiker nimmt das religiöse Italien und seine Volksfrömmigkeit gern wahr, das Goethe aus seinen Römischen Elegien noch ganz verbannt hatte. Arnim erwähnt das Lied auch in seinem Aufsatz Von Volksliedern im Zusammenhang mit Liedern, die er auf seiner Rheinreise mit Brentano im Jahr 1802 hörte (FBA 6, S. 436; vgl. FBA 9/1, S. 729): 〈. . .〉 sie sind in dem Munde der meisten Schiffer

und Weinbauern gleich der pastorella gentil, der zingarella und ähnlichen in Italien. Varianten Ricklefs-Lyr.-Reg. 672. Es gibt zwei hs. Entwürfe; H1: GSA 03/183, Heft 8, Velinpapier, S. 1r, 1v und Vorderdeckel; zum Schluß ferner das Gedicht Mond: ebda., Bl. 21v: (1r)

Genua Die Frau mit der Granate und Fiammetta Genua seh ich wohl oft sobald die Wellen mir blinken, Und der Himmel mir scheint fest zu halten die Welt. Wenn ich sehe den Marmor zu hohen Säulen sich strecken Denk ich in Genua war alles das schöner zu sehn Auf den Treppen und Höfen von wenigen Menschen gesehen, Keiner staunte es an jedem war es gemein Ach da seh ich die Fischer halbnackt mit feurigen Müzen Springen durch kommende Well ziehen ein bräunliges Netz, Oder stehn sie am Ufer in braunen Mänteln und spielen, Mit dem Finger behend zeigend und rufend die Zahl Sah sie nur einmal nachher Rubens mahlete sie Als sie Petrus beglückt lastend die Fische und Fang. (1v)

Hör ich Gesang auf den Gassen ich horche im Winde den Tönen Ob nicht Zingara sagt Marien ihr künftig Geschick Hebet dabey die Hände wie Flügel im Wechsel Bietet für eine Bajok jedem das schallende Lied. Alle die Weiber mit rosigem Gesicht von der Nygra ˙ ˙ ˙ ˙˙ 877

Kommentar

Horchen dem flüchtigen Ton, merken die Weise sich schwer Kommet der Liebling dann heim dann singen sie ihm an der Thüre Und den schöneren Schluß giebt er dem liebligen Mund. (Vorderdeckel)

Von der Boketta herab in des Morgens Gewühl, Ja da sah ich zuerst das Meer das nunmehr ich scheue Weil es vom Vaterland mich, von den Freunden mich trennt Sehe die Arme der riesengrossen Stützen der Welt, Führe mich schäumende Fluth hinein in den Eingang der Hölle Ach ich sehn mich zurück zu euch ihr schimmernden Arme Weissen Marmors die fest, stüzten Aber gegen den Nord da war es sorgsam geschirmet, Ueber dem festen Gebürg, hingen die Festungen hoch, Oede war da die Welt, was haftet gegen das Schicksal, Diese Festungen sind, wieder und wieder erstürmt, 21v:

Mond Wanderer Mond, du schreitest hinunter die Berge, Nimmer du brauchest ein Hauß, dich zu stärken mit Wein. Alle Wolken sie tränken dich froh mit schimmernden Säften, Und dein Ueberfluß fällt thauend zur Erde herab. Siehe mein Leiden hier an bey klirrend gebrochnen Scheiben, Ekelt mir Speise und Trank, was ich wünsche mir fehlt. Schlucken kann ich auch nicht der Hals ist schrecklig geschwollen, Wenn gesperret der Weg fehlt es an Pfaden noch nie. H2: FDH G 517, Dbl. 4o; Wz: Baselstab im Wappen. Die Hs. steht auf dem Dbl. mit fünf weiteren Entwürfen zu seinem Zyklus der Poststationen (vgl. ZfE34; Hs. dort). S. 4; Ricklefs-Lyr.-Reg. 672 H2:

Hier klang Ossians 〈aus sang Ossian〉 Lied das Lied der verlorenen 〈aus verzogenen〉 Jugend, Frierend wähn ich mich alt, sehne mich jugendlich fort Seh ich den k Immer seh ich im Geist wo wilde nordliche Säulen 〈?〉 Schimm 878

Zu ZfE 9

Fingal den Namen hör ich wohl gedoppelt am Felsen, Frierend wähn ich mich alt, Jugend verlorene Zeit, Dreht sich die Achse der Welt was führt mich vom Pole zum Pole, War es doch gestern ich mein, daß ich nach Genua kam Taumelnd senke Mich den Taumelnden halten sinkende im Arme wie Wogen, Ach wie liegt sichs so warm an der vertrauenden Brust D2: Überarbeitet erscheint die Elegie in Gräfin Dolores, Berlin: Realschul Buchhandlung 1810, Bd. 2, S. 289–293. Das Gedicht ist einerseits um einige Distichen verlängert, aber auch von eigenwilligen Ausdrücken gereinigt.

Druckfehler 100,30 ich] ich ich 101,6 Petrarca] Petrarra 102,36 Geschicke] Geschickne

Erläuterungen 101,10 Bochetta] Paß des Ligurischen Apennin. 101,11–12 Hoffnung / Anker] Ricklefs verweist auf den Anker als »topisches Attribut der Hoffnung (Hebr. 6,19)« (Werke V, S. 1352). 101,14 Göttin] Eos, bei den Römern Aurora, die Göttin der Morgenröte, fuhr auf einem zweispännigen Wagen. Sie verliebte sich in einige sterbliche Männer. 101,18 Fiametta] Ital. Flämmchen. Vermutlich eine Anspielung auf die Boccaccio-Übersetzung von Sophie Mereau-Brentano, die 1806 erschienen war. 101,28–29 den Stein 〈. . .〉 leid] Der Erzähler hat einen wissenschaftlich wertvollen Stein gefunden, den das lebensvolle Mädchen zum Spiel gebraucht. Ähnlich wischt später der Sänger die Steinsammlung des Fürsten in der Erzählung Fürst Ganzgott und Sänger Halbgott vom Tisch (Werke IV, S. 58). 101,33 Granate] Der Granatapfel, der in der antiken Mythologie wie in der Bibel – am Baum der Erkenntnis – Unglück bringt. 101,38–102,1 Sack 〈. . .〉 den Sprachen gesammt] Möglicherweise eine ironische Wendung gegen den Sprachpuristen Voß. Jedenfalls läßt Brentano in seinem wenige Jahre später entstandenen Märchen vom Murmelthier den

879

Kommentar

Biber die Warnung vor dem Müller Voß aussprechen: 〈. . .〉 vor allem hüte dich ein undeutsches Wort zu sagen, und statt Sack sage Beutel 〈. . .〉 (FBA 17, S. 283); darauf fragt der Müller zufrieden: Gut ist die Sprache mein Kind, 〈. . .〉 doch sage, wer lehrt dich zu meiden ausländisches Wort, und den Sack nicht zu nennen, dem doch die sprechenden Völker alle gegeben das Recht der Heimath bei sich 〈. . .〉 (FBA 17, S. 286 und 565). 102,8 Helena] Paris bekam von Aphrodite Helena versprochen als Dank dafür, daß er ihr den Apfel gereicht hatte, als er zwischen drei Göttinnen die schönste wählen sollte. 102,9 Proserpina] Griechisch: Persephone, Tochter des Zeus und der Demeter, die ihre schöne Tochter auf der Insel Sizilien versteckte. Zeus’ Bruder Hades, der Gott der Unterwelt, entführte sie. Demeter konnte sie nur unter der Bedingung zurückgewinnen, daß sie in der Unterwelt noch nichts gegessen hätte. Da sie jedoch bereits ein paar Granatapfelkerne verzehrt hatte, durfte Persephone nur einige Monate des Jahres auf der Erde verbringen, mußte aber dann immer wieder in den Hades zurückkehren. 102,24 Feluke] Küstenfahrzeug am Mittelmeer. 102,30–31 Singen 〈. . .〉 vor Sirenen gewarnt] Wie Odysseus es seinen Schiffern befiehlt, damit sie den todbringenden Gesang nicht hören. (Odyssee, 12. Gesang) 102,32–35 sang ein Weib 〈. . .〉 als Zigeunerin singt, wie sie Maria begrüßt] Während im Entwurf eine wirkliche Zigeunerin vor den Frauen Genuas singt, um sich Geld zu verdienen, ist es hier eine Mutter, die das Lied vorträgt, das von der Zigeunerin aus der Legende handelt. Zu diesem Lied s. die Erläuterung unten. So wie Christus den Sündenfall Adams auslöscht, so hofft hier der Erzähler, daß die Mutter, die das Lied von der frommen Zigeunerin, Maria und Jesus singt, den Fluch von dem Granatapfel nehmen kann. 103,18–19 George 〈. . .〉 zähmet den Drachen] Der christliche Ritter Georg, der nach der Legende den Drachen bezwang. 103,20–23 Wie von 〈. . .〉 Süd.] Beschreibung der Stadt Genua vom Schiff aus. Während der Erzähler noch glaubt, dort zu sein, erwacht er im folgenden aus dem Tagtraum, als die Fingal-Rufe (103,22) ertönen, und er findet sich im Schiff in der schottischen Höhle wieder. 103,28–29 Kommen von Troja wir heim 〈. . .〉 Kennen den Vater nicht mehr] Bezug auf die Rückkehr des Odysseus von Troja. 103,38 Wandrer Mond] Während Italien die Morgenröte zugesellt ist, so Schottland der Mond, in der griechischen Mythologie übrigens Selene (römisch: Luna), die Schwester der Eos.

880

Zu ZfE 9

104,3 thauend] Gelegentlich wird in der griechischen Mythologie der Tau als Tochter von Zeus und Selene bezeichnet. Literatur: Margaret D. Howie, Achim von Arnim and Scotland. In: Modern Language Revue 17, 1922, S. 157–164; Werke I, S. 807–809; Werke V, S. 560–565. 104,9–10

Volkslied von der Zigeunerin 〈. . .〉 Brentano] s. u.

104,15–106,5

Ich 〈. . .〉 verstanden. und Abb.] Entstehung

Trotz der verschiedenen Literaturangaben in diesem Abschnitt stützt sich Brentano ausschließlich auf die Mitteilungen Goris in seiner Edition Sannazaros. Ihnen sind die Bildvorlagen und die Zitate entnommen. Das ital. geschriebene Werk hat einen latein. und einen ital. Titel. Letzterer lautet: DEL

PARTO DELLA VERGINE LIBRI TRE DEL SANNAZARO GENTILUOMO NAPOLITANO TRADOTTI IN VERSO TOSCANO DAL CONTE GIO. BARTOLOMMEO CASAREGI ACCADEMICO DELLA CRUSCA. Col Testo Latino, colle Note, e varie Lezioni de’ Codici Vaticano e Mediceo, date ora in luce la prima volta. Aggiuntivi quattro Monumenti degli antichi Cristiani, rappresentanti IL PRESEPIO DEL NATO SIGNORE / DA ANTON FRANCESCO GORI. Bild. IN FIRENZE. MDCCXL. NELLA STAMPERIA DI GAETANO ALBIZZINI. Con licenza de’ Superiori. Das Werk, ein Mariengedicht, wurde von Sannazaro ursprünglich in neapolitanischem Dialekt geschrieben, von Casaregi ins Toscanische übersetzt und erstmals von Gori herausgegeben. In einem vorangestellten Kapitel: OSSERVAZIONI SOPRA IL S. PRESEPIO – das ausschließlich Brentanos Quelle darstellt – bespricht Gori beigegebene Abbildungen von Christi Geburt: Die beiden altchristlichen Särge (104,22) gibt Gori auf einer Abbildungstafel (Tabvla. II) vor S. LXXV wieder; sie sind dort durch einen von Putten gehaltenen Stein verbunden; diese läßt Brentano in der von ihm angeordneten Zeichnung weg. Das erste Relief (Nvm. II.) steht bei Brentano unten, das zweite (Nvm. III.) oben. Bei Gori trägt das erste die Unterschrift: Sarcoph. marm. ex Coemeterio Callisti effossus., das zweite: Sarcoph. marm. effossus prope Ecclesiam S. Sebastiani. Er gibt also die Fundorte in Rom an. Die Bildgröße beträgt auf dem Stich 295 x 50 mm. Die Gemme ist auf einer Abbildungstafel vor der pagi-

881

Kommentar

nierten Seite XXVII wiedergegeben. Brentano läßt den Rahmen weg, in den sie von dem damaligen Besitzer eingefügt worden war, dessen Sammlung am Fuß des Rahmens genannt ist: SACRUM MONVMENTVM IN ANTIQVO VITRO ROMAE IN MUSEO VICTORIO (vgl. 104,26). Oben auf dem Rahmen ist das in 106,2f. zitierte Wort Jesaias angebracht: CO-

GNIVIT BOS POSSESSOREM SVVM ET ASINVS PRAESEPE DOMINI SVI. Links des Textes steht: ISAIAE.I., rechts: NVM. III. Eine Zutat Goris zu dem abgebildeten Kunstwerk ist das Oval über der linken unteren Rose des Rahmens, das die originale Größe der Gemme angibt: VITRI ANAGLYPHI MAGNITVDO; vgl. 104,24 Der Plattenrand hat die Größe 218 x 187 mm. Diese Gemme hatte Brentano auch schon für den Entwurf der Kinderlieder im Wh verwandt (vgl. FBA 8, S. 238 sowie den Kommentar FBA 9/3, S. 411–413). Er schrieb Arnim über seinen Titelentwurf (Kassel, etwa 8. Februar 1808: Ich wollte du wärst heute 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,6, Bl. 214r/v; FBA 32, S. 29): Mit nächstem Postwagen erhälst du den gan-

zen Rest des Manuskripts vom Wundh. und die Kinderlieder, zu denen ich einen Titel komponirt, der allen Leuten gefällt, Zwei Kinder machen Musick bei einer Kapelle, in der die heilige Familie (du kennst die alte Abbildung von einer Gemme auf der Maria selbst gewickelt ist) unter der Kapelle ist ein Wasserfall und rings dichter Wald voll Thieren und Vögeln die zu hören. Für die Kinder hatte sich Brentano durch Runges Zeiten anregen lassen, wie er Zimmer im Dezember 1807 geschrieben hatte (FBA 31, S. 630). Anfang März sandte Brentano Arnim die Platte zu dem Titel der Kinderlieder aus Kassel ab (Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; FBA 32, S. 36). Arnim äußerte sich um den (Härtl am) 15. März dazu (Heute bekam ich die Nachricht 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 296r–297v): Deine Zeichnung zu den Kinderliedern ist eine gar hüb-

sche religiose Idylle und Grim hat es geschickt ausgeführt, ich tadle nicht gern was mir lieb ist, 〈. . .〉 die Kapelle hätte ich etwas deutlicher hervortreten lassen wie auf dem alten Kupfer 〈. . .〉. Arnim kannte also das Werk von Gori ebenfalls; vielleicht hatte man es in Kassel gemeinsam angesehen. Brentano ging auf Arnims Tadel nicht ein, vielmehr kündigte er im nächsten Brief an, daß er die Quelle auch für die ZfE verwenden wollte (Kassel, 15. 〈verschrieben: 18〉 März 1808: Ist es weil du lange 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 251r–253v; FBA 32, S. 51): Ich habe die Zingara so

gut als ich vermochte zu übersetzen gesucht, und will dir sie senden, ich will von Grimm die alte Vorstellung von Christi Geburt welche schon im Kinderliedertitelkupfer benuzt ist, und noch einige andre alte 882

Zu ZfE 9

Vorstellungen hievon auf Sarkophagen, welche in dem nähmlichen Buche Sannazaro del Parto della Vergine stehen, auf einem Blatt im Umriße stechen laßen, und einige litterärische Notizzen die der Herausgeber des Buchs dazu gesezzt, dazu ausziehen, wenn dir das ansteht. Am 8. April schickte Brentano Text und Platte ab (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; ebd. S. 56; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 254r–255v): 〈. . .〉 die Zingara mit einem Kupferabdruck und dessen Erklärung, die Blatte selbst, geht morgen 〈. . .〉 mit Postwagen 〈. . .〉. Brentano verwandte 1817 das Bild der Gemme noch einmal für den Titel der von ihm anonym herausgegebene Sammlung der geistlichen Lieder von Friedrich Spee: Trutz Nach-

tigal ein geistlich poetisches Lustwäldlein, desgleichen noch nie zuvor in deutscher Sprache gesehen worden. Berlin, 1817. Bey Ferdinand Dümmler. Vgl. FBA 5,2, Titelkupfer. Varianten gegenüber der Quelle Brentano referiert in seinem Text Goris Ausführungen ziemlich frei: 104,21–23 Sie sind 〈. . .〉 in der Roma Sotteranea Cap. XXII. 615 und 617 abgebildet.] Das Werk Roma sotterranea faßt die Forschungen des Katakombenentdeckers Antonio Bosio (1575–1629) zusammen; es wurde 1632 in Rom hg. v. Giovanni Severano. Referiert nach Gori, S. XXXVIII f. und XCIIIf. 104,23–28 Die Gemme 〈. . .〉 gegeben.] II. Il primo monumento espresso

nella Tav. I. e` preso da un bassorilievo, contenuto in un pic- / colo Vetro, volgarmente detto P a s t a a n t i c a : e fu disegnato fedelmente, e colla maggiore attenzione e diligenza dal Sig. Cavaliere Girolamo Odam, Gentiluomo Romano, e mio amico, non meno bravo Pittore, che perito investigatore ed illustratore dell’ erudita Antichita`. Nell’ istessa Tavola si mostra la grandezza del medesimo Vetro, il quale come una gioia inestimabile e` conservato dall’ erudissimo Sig. Cavalier Francesco Vettori in Roma nel suo celebre e ricchissimo Museo. (Gori, S. XXXII f.) 104,29–32 Gori 〈. . .〉 zurück] V. Or facendomi a considerarlo minutamente, prima confessar mi conviene, che qualunque volta io lo contemplo, mi sento tutto commuovere, e ricolmare di devota profonda tenerezza e venerazione; poique` mi pare, che questo con mirabile veracita`, semplicita` e schiettezza rappresenti l’estre-/ma inpercettibil poverta` e miseria, in cui nascer volle, per far noi ricchi nell’ eternita`, il nostro amantissimo Salvadore. (Gori, S. XXXVIII f.) 883

Kommentar

der er vor allem 〈. . .〉 zugesteht] 〈. . .〉 non trova in verita` monumento piu` antico di questo 〈. . .〉. (Gori, S. XLII) 104,33–35 Nirgends scheint 〈. . .〉 gebildet.] Tutto cio`, che l’ occhio quı` vede, spira poverta`, penuria, indigenza, meschinita`, impoverimento sommo ed inesplicabile, e quell’ infinito annientamento della grandezza dell’ Unigenito Figliuolo di Dio 〈. . .〉. (Gori, S. XXXIX). 104,35–105,6 In 〈. . .〉 hinlege.] In questo il Celeste Infante ha la testa nuda; ma negli altri monumenti, da me nella Tavola II. riportati, ha il capo entro a un panno involto; ne` giace quı`, come altrove, in una cestella, ne` sopra tavola coperta da un panno, ma nella mangiatoia della stalla: ne` in questa si vedono le paglie o il fieno, 〈. . .〉 ma riposa (il che e` fatto non senza mistero) sopra una nuda tavola o pancone; nulla avendo sotto il suo capo adorabile, ne` guanciale, ne` altro sostegno, che serva ad uno adagiamento meno scomodo, o di minor patimento: talche` pare, che l’ antico Cristiano Scultore abbia voluto esprimere ciocche` disse il Salvatore1: Vu l p e s f o v e a s h a b e n t , & v o l u c r e s c o e l i n i d o s ; F i l i u s a u t e m h o m i n i s n o n h a b e t u b i c a p u t r e c l i n e t . (Gori, S. XL) 105,6–12 Nirgends auch 〈. . .〉 Herberge.] VI. Parmi ora adunque molto conveniente, anzi necessario, riportar quı` il sacro Testo dell’ Evangelio di S. Luca2; affinche` si osservi quanto questa Gemma inestimabile concordi con esso, e quanta illustrazione e schiarimento rechi al Testo: ed il Testo medesimo quanta autorita` e fede rechi / alla Gemma. F a c t u m e s t autem, cum essent ibi, impleti sunt dies ut pareret: & peperit filium suum primogenitum, & pannis eum involvit, & reclinavit eum in praesepio; quia non erat eis locus in d i v e r s o r i o . (Gori, S. XLI f.) 105,12–15 Das Kind 〈. . .〉 gesendet hat.] Con molto giudizio poi e` stato dal nostro Cristiano Artefice scolpito l’amabile Pargoletto con gli occhi rivolti, come sembra, al Padre Eterno; per dimostrare, che da esso e` stato mandato in terra per la salvezza e redenzione di tutto il genere umano, come il medesimo divino Maestro insegno`: Q u i a d e s c e n d i d e c o e l o , non ut faciam voluntatem meam, sed voluntatem eius, qui m i s i t m e 3 . (Gori, S. LVI) 105,15–28 Weiter sieht Gori 〈. . .〉 erleuchtet.] X. Ora facendomi ad osservare l’ Immagine di nostra Signora 〈. . .〉. / Quantunque in questo 104,32–33

1 Nell’ Evang. di S. Matteo Cap. VIII. v. 20. 2 Cap. II. v. 6. 3 Ioannis Cap. VI. v. 38. 884

Zu ZfE 9

insigne Bassorilievo si rappresenti Maria Vergine fasciata, e sopra un povero e basso letticciuolo sedente; si osservi pero`, che non e` fasciata in quella guisa, che lo doverebbe essere, se di tale aiuto avesse avuto bi-/ sogno. 〈. . .〉 ma i lombi si vedono quı` liberi, e senza tale avvolgimento di legami o di fasce. Se avesse cinto i lombi, averebbe potuto arguire chi osservera questa immagine, che Maria Vergine avesse avuto bisogno dell’ altrui ministero; ma avendola figurata fasciata dove non lo richiede il bisogno, e dove senza l’ altrui aiuto poteva nostra Signore far questo comodamente da se; mostra, secondo il mio giudizio, di aver voluto cosı` significare, o far capire qualque gran mistero, ed importante verita` della Fede. Si noti di piu`, che Maria P u e r p e r a , non e` effigiata quı` languante e lassa; ma sta sedente, senza sorreggersi il capo, o avere dietro alla testata del letto la spaliera per l’appoggio 〈. . .〉 cio` so puo` riconoscere in tanti e tanti bassirilievi de’ Sarcofagi degli antichi Cristiani, e nelle pitture de’ Vetri Cemeteriali antichissimi, ne’ quali gl’ infermi risanati dal Salvadore con esso si rappresentano: e se si os-/serveranno bene, si vedra, che questo letticciuolo e` a quelli nella struttura e ne’ piedi somigliantissimo. 〈. . .〉 / Io non sarei lontano dal credere, che tale usanza, e modo di fasciare le P u e r p e r e possa aver avuto origine principalmente dagli Egizj, peritissimi nel fare queste fasciature, come appunto ci mostrano le figure de’ loro cadaveri imbalsamati 〈. . .〉. (Gori, S. LVI–LIX) 105,28–37 Joseph 〈. . .〉 Füßen.] Degna di non poche osservazioni e` parimente l’ immagine di S. Giuseppe, di cui abbiamo in questa inestimabile antica Scultura l’ effigie, e per quello ch’ io vo congetturando, piu` vicina al tempo, in cui viveva; e percio` si puo` credere molto somigliante. Fu presso gli antichi reputata la destra il secondo luogo, quando accanto vi fosse persona di grado distinto 〈. . .〉. S. Giuseppe tiene tal luogo, tanto ne’ monumenti sacri, che seguono, che in questo Vetro: ed e` rappresentato presso al Presepio, sendent sopra un povero e rozzo sedile, composto di molte assi, a piu` ordini connesse insieme, ed e` di forma quadra. Di questa sorta di sedili, proprj delle povere persone, de’ rustici, e de’ servi, eruditamente ragiona Valerio Chimentelli4. Nelle Scultute antiche, rappresentanti il Presepio del nato Salvadore, da me prodotte nella Tavola II. al num. II. e III. S. Giuseppe e` figurato stante in piedi: ed in uno di questi e` vestito del pallio e della tunica, come appunto si vede in questo Vetro 〈. . .〉. (Gori, S. LXIX) Ma in nostro Artefice ha figurato S. Giuseppe vestito del pallio, che gli copre la spalla destra, e gli lascia libera la sinistra: e della 4 De honore Bisellii Cap. XXIV. pag. 118. 885

Kommentar

tunica lunga, / la quale gli arriva fino al collo del piede; avendo nel far cio` seguitato l’ uso de’ suoi tempi; poique` costumarono i Cristiani di que’ primi secoli di andar vestiti della tunica e del pallio, come dimostra il celebratissimo Sig. Dottor Giovanni Lami, nel Trattato eruditissimo pocofa` dato in luce: d e r e v e s t i a r i a h o m i n i s C h r i s t i a n i p r i m i t i v i 5 . Qualque cosa di piu`, e degna di particolare osservazione, indica l’ atto, che fa S. Giuseppe di reggersi il capo colla mano sinistra, tenendo sotto al gomito la mano destra. Un tal atto e` proprio di chi pensa, o medita 〈. . .〉. (Gori, S. LXIX f.) Non e` pero` difficile il congetturare, per qual causa l’ Artefice abbia espresso in questo Vetro S. Giuseppe co’ piedi nudi: cio` ha fatto, come io credo, per indicare la profonda venerazione del medesimo, il quale sapeva benissimo la santita` del luogo in cui stava 〈. . .〉. (Gori, S. LXXI) 106,2–5 Ochs 〈. . .〉 verstanden.] Nach der Inschrift auf dem Rahmen der Tafel; vgl. Entstehung.

Druckfehler 105,1 Stroh] Sroh 105,26 wahrscheinlich] 105,29 sitzt] setzt 106,6–112,21

warscheinlich

Die Zigeunerin 〈. . .〉 Brentano. Entstehung

Q für das Lied ist zweifellos ein Fliegendes Blatt, das Arnim aus Italien mitgebracht und, wie er in 104,9–11 schreibt, Brentano geschickt – oder, wahrscheinlicher, in Kassel gegeben – hatte. Brentano nennt in seiner auf Arnims Elegie folgenden Einleitung den ursprünglichen Titel des Volkslieds: La Zingara. Er hatte Italien zwar nie besucht, verstand die Sprache, die sein Vater noch gesprochen hatte, aber wohl recht gut, was schon italienische Gedichte in seinem Roman Godwi beweisen. Da er sich 1803 Arnim gegenüber in Briefen nicht auf dieses Gedicht bezog, ist zu vermuten, daß er es erst später von ihm erhielt, wahrscheinlich im Winter 1807/08 in Kassel. Jedenfalls lieferte Brentano damals weitere Übersetzungen aus dem Italienischen für die ZfE. – Möglicherweise hatte er den vorliegenden Beitrag seiner Frau

5 I n s e r i t o n e l l ’ O p e r a de Eruditione Apostolorum C a p . I V . p a g . 5 7 . 886

Zu ZfE 9

Auguste in Kassel diktiert (vgl. den Kommentar zu ZfE6). – Er kündigte im Brief vom etwa 15. 〈verschrieben: 18〉 März 1808 aus Kassel Arnim an (Ist es weil du lange 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 251r–253v): Ich habe die

Zingara so gut als ich vermochte zu übersetzen gesucht, und will dir sie senden 〈. . .〉. Arnim bat am 22. März (Heidelberg: Wie gehts Dir Clemens? So 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 302r–305v): Schick mir die Uebersetzung der Zingara, und schreib dabey, ob ich Deinen Namen nennen soll oder darf als Uebersetzer, ich wollte meine Elegie Genua dabeyfügen, worin dieses Lied erwähnt wird. Brentanos Brief vom 8. April aus Kassel enthielt u. a. die Übersetzung (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 254r–255v): Beiliegend erhälst du 〈. . .〉 die Zingara mit einem Kupferabdruck und dessen Erklärung, die Blatte selbst, geht morgen 〈. . .〉. Arnim teilte am 20. April aus Heidelberg mit (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 309r–310v): Der Duc de Foix und die Zingara rücken bald an 〈. . .〉. Dieses Lied wurde in italienischer Sprache in Deutschland zuerst durch Wilhelm Müller bekannt, der es in Rom hörte. Er publizierte es 1820 in: Rom,

Römer und Römerinnen. Eine Sammlung vertrauter Briefe aus Rom und Albano (Berlin 1820, T. I, S. 198–211): Canzonetta nuova sopra la Madonna, quando si porto` in Egitto col Bambino Gesu` e San Giuseppe: Dio ti salvi, bella Signora. In dieser Fassung ist die Weissagung der Zigeunerin ausführlicher als in der der ZfE, doch fehlt das Motiv der Auferstehung (112,7–12). Müller gibt im Brief vom 3. August 1818 eine Schilderung davon, wie er am Abend des Dreikönigstages nach einer Feier in der Kirche Ara Celi in Rom dieses Lied hörte (ebd., S. 176): Als ich nach geendeter Feier aus

der Kirche trat, stand eine kleine musikalische Gesellschaft im hellen Mondenscheine auf der großen Treppe. Zwei Frauen trugen ein dialogisirtes Lied vor, das ein Paar Kinder mit einer Laute und einem Triangel begleiteten. Die eine Sängerin stellte die heilige Jungfrau vor, die andere eine Zigeunerin, von der sie mit ihrem Kinde Speise und Lager auf ihrer Flucht begehrt. Ich kaufte mir das fliegende Blatt und stellte mich in den Kreis der Zuhörer, bis das Lied zu Ende war. Nach Müllers Tod nahm Oskar Ludwig Bernhard Wolff das Lied in seine Sammlung Egeria auf (Egeria. Sammlung italienischer Volkslieder, aus muendli-

cher Ueberlieferung und fliegenden Blaettern, begonnen von Wilhelm Mueller, vollendet, nach dessen Tode herausgegeben und mit erlaeuternden Anmerkungen versehen von Dr. O. L. B. Wolff. – Egeria. Raccolta di poesie Italiane popolari, cominciata da Guglielmo Müller, dopo la di lui morte terminata e pubblicata da O. L. B. Wolff. Leipzig: 887

Kommentar

Ernst Fleischer 1829, S. 73–82). Später übersetzte er es auch, ohne die Fassung der ZfE zu kennen (O. L. B. Wolff. Halle der Völker. Sammlung

vorzüglicher Volkslieder der bekanntesten Nationen, größtenteils zum ersten Male, metrisch in das Deutsche übertragen. Bd. II, Frankfurt/M: Johann David Sauerländer 1837, S. 47–59 Übersetzung, S. 295 Kommentar). Einen interpretierenden Vergleich beider Fassungen gibt Sabine Claudia Gruber, Clemens Brentano und das geistliche Lied. Tübingen-Basel 2002, S. 79– 84). Das Thema wurde zuerst von Lope de Vega in einem Auto sacramental behandelt: La Vuelta de Egipto. Der Minoritenpater Pietro da Palermo schrieb, wohl angeregt dadurch, ein Gedicht in sizilianischem Dialekt (Zin-

garedda indivina, cio`, che piamente si puo` contemplare, quando la B. Vergine con Gesu`, e S. Giuseppe se n’andava fuggitiva in Egitto la incontrasse, e l’indovinasse, e doppo l’allogiasse. Palermo, zwischen 1750– 1760). In ital. Sprache wurden zahllose Varianten des Lieds in Flugblättern verkauft. Vgl. Hans-Dieter Niemandt, Die Zigeunerin in den romanischen Literaturen. Frankfurt/M. u. a. 1992 (zuerst Diss. Göttingen 1955), S. 180–182; Ruth Partington, The Gypsy and the Holy Family. In: Journal of the Gypsy Lore Society 35, 1956, H. 1–2, S. 1–8; Hans D. Niemandt, Legends of the Gypsy and the Holy Family. In: Journal of the Gypsy Lore Society 37, 1958, S. 74. Abdruck des Gedichts in: Clemens Brentano’s Gesammelte Schriften, hg. v. Christian Brentano, Bd. 1, Frankfurt/M. 1852, S. 171–179; FBA 5,1 2011, S. 182–190; Komm. S. 503–522.

Druckfehler 106,17 sein] sehr Jessen 108,22 Glanz] Glang 112,2 Traurig er] Trauriger 112,12 dich] sich ZfE. – Wolfgang Frühwald wies darauf hin, daß diese Stelle sonst sachlich nicht richtig ist. Brentanos Gesammelte Schriften konjizieren sinngemäß statt: Und zwölf Jahr: vierzig Tag’ (Brentano, Werke I, S. 1081). Frühwald meint dazu: »Da die Quelle des Gedichtes nicht erreichbar war, konnte nicht festgestellt werden, ob es sich hier um einen Übersetzungsfehler handelt, ob die Konjektur der GS berechtigt ist oder ob nicht auf die Himmelfahrt Christi, sondern auf den Tod Mariens angespielt ist; dann müßte V. 176 lauten: ›Wird zum Himmel dich erheben‹, woran sich die weiteren Strophen ohne Sinnbruch anschließen ließen.« (ebd.)

888

Zu ZfE 9

Erläuterungen Das Gedicht gehört in die Reihe der legendären Szenen aus der Kindheit Jesu (vgl. auch ZfE7, den Anfang des Scherzenden Gemischs sowie das Lied Eine Flucht nach Aegypten).

889

Kommentar

April-Heft 1808. Umschlag Entstehung Die drei Umschläge für die Monate April, Mai und Juni wurden jeweils nach dem abgelaufenen Monat gedruckt, wie aus der Entstehungsgeschichte hervorgeht (s. dort). Für den April-Umschlag ist überdies der Bezug auf den erst am 2. April erschienenen Rheinischen Boten ein Hinweis, daß der Umschlag nicht früher gedruckt worden sein kann. Ende Juli war Arnim krank, so unterblieb der Juli-Umschlag. Ende August plante man ohnehin, die Zeitung zu beenden. Der April-Umschlag begnügt sich nach einem kurzen Text Arnims mit Anzeigen zur Frühjahrsmesse des noch jungen Verlags. 115,2–32 Der Rheinische Bote 〈. . .〉 Herausgeber der Zeitung für Einsiedler] Wie die Unterschrift: Herausgeber der Zeitung für Einsiedler erweist, stammt der Beitrag von Arnim. Der Rheinische Bote (Heidelberg 1808) ist in der Stadtbibliothek Trier vorhanden (Signatur Rh 999 8o); die Nummer 1 erschien am 2. April. Die Vignette zeigt Genien bei der Korn- und Traubenernte. Im Impressum heißt es: Von dieser Wochenschrift erscheint

wöchentlich ein Bogen. 〈. . .〉 D i e E x p e d . d e s R h e i n . B o t e n i n H e i d e l b e r g . Der erste Artikel, Erster Gang des Rheinischen Boten, befaßt sich mit dem wechselhaften April, den auch Arnim ursprünglich zum Thema seines Zeitungsbeginns machen wollte. Auf den zweiten Artikel bezieht sich Arnim explizit zustimmend. Er lautet (Sp. 4f.):

Die Ehre der Todten. Ich habe seit einigen Tagen das traurige Schauspiel vor meinen Augen, daß man die Ruinen einer alten Kapelle aufräumt, und die Gebeine der Todten, welche da ruhen, mit dem Schutt hinwegführt, um eine Höhlung damit auszufüllen. Einige Schritte von dieser Kapelle pflanzen fromme Hände noch Blumen auf die Gräber umher, und manch zartes kindliches Gemüth neigt sich zu der aufstrebenden Rose hin, die mit ihrer Wurzel die stille Wohnung des Abgeschiedenen berührt, und mit ihrer Krone aufwärts blickt zum Himmel. Wie muß es euch durchschauern, ihr weichen Seelen, wenn ihr diese Entheili890

Zu April-Heft

gung seht, und nun besorgen müßt, daß künftig vielleicht auch die Ueberreste eurer Lieben so behandelt werden. In den Lebensläufen in aufsteigender Linie bettelt ein Greis – nicht um seinen Lebensunterhalt, sondern weil er, wie er sagt, so ein Geck wäre auf ein ehrliches Begräbniß. Und wahrlich, dieses Gefühl ist nichts eingelerntes; Griechen und Römern schon war der Boden heilig, wo ein Todter ruhte, und der furchtbarste Fluch, der einen bösen Menschen treffen konnte, war der Wunsch, daß er einst unbegraben liegen möge. In den Wildnissen von Nordamerika fand der edle Chateaubriant einen Haufen verbannter Wilden. Sie suchten, wie er, ein Vaterland, und trugen mit sich die Gebeine ihrer Väter! – Selbst unsre Staaten haben dieses im Menschen ursprünglich einheimische, religiöse Gefühl benützt, zum abschrecken von Verbrechen. Wer unter dem Schwert des Gesetzes fällt, der wird nicht eingesenkt in geweihter Erde, oder sein Gebein muß an der Sonne verdorren. Unter den Trümmern der Kapelle liegen viele Grabsteine, mancher bewahrt vielleicht einen Namen den die vaterländische Geschichte noch ehrt, aber auch diese Denkmähler werden zu Mauersteinen verbraucht. Wo eure Ueberreste aber auch ruhen mögen, ihr längst hingegangenen, überall ist Gottes Boden, und der Thau des Himmels wird noch auf euch herabfallen, und die Thräne des Elends! Ein besseres Geschlecht wird vielleicht mit frommer Rührung eure Gebeine wieder sammeln, und mit banger Trauer auf eine Vergangenheit blicken, welche nicht einmahl die Ehre der Todten achtete. 115,14–15 der abgebrochenen Badischen Wochenschrift] In der genannten Badischen Wochenschrift hatte Clemens Brentano mehrere Aufsätze publiziert (vgl. Brentano, Werke 2, S. 1019–1030; Komm. S. 1218; Heinz Rölleke, Neuentdeckte Beiträge Clemens Brentanos zur Badischen Wochenschrift in den Jahren 1806 und 1807. Rezeption deutscher Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts in der Romantik. In: JbFDH 1973, S. 241–346). Brentano war sogar der Initiator des Blattes gewesen, wie er Arnim aus Heidelberg Ende April/Anfang Mai 1806 mitteilte (WAA XXXII, S. 215): Zimmer

hat auf meinen Rath eine Wochenschrift für Baden unternommen, die nachstens beginnt 〈. . .〉. Arnim erwähnt als schlechtes Beispiel des Journalismus ausdrücklich die literarische Klatscherey (115,18), gegen die sich Brentano am 20. Februar 1807 in der Badischen Wochenschrift zur Wehr gesetzt hatte, indem er seine Frau Sophie Mereau verteidigte (Brentano, Werke 2, S. 1028–1030). Die Badische Wochenschrift wurde von Aloys Wilhelm Schreiber (1761–1841) herausgegeben, der später in das Lager von

891

Kommentar

Voß wechselte und ein Gegner der Romantiker wurde. Sie erschien vom 4. Juli 1806 bis zum 1. Januar 1808 bei Mohr und Zimmer. Schreiber wohnte seit 1807 im Haus der Buchdruckerei Engelmann, wodurch er schnell über die ZfE und zugehörige Texte informiert war. Vgl. Hans-Martin Mumm, Aloys Schreiber (1761–1841). Der Romantiker in der »Partei Voß«, in: Strack 2008, S. 390–413.

Verlagsanzeigen 116,1–2 Neue Verlagsbücher 〈. . .〉 Jubilate-Messe] Zur Früjahrsmesse. Die meisten Werke konnten, wenn nicht im Original, so doch durch die Homepage des Verlags Mohr Siebeck (Tübingen) ermittelt werden. 116,3 Boeckh, A. Specimen editionis Timaei Platonis Dialogi] (Der Titel wird nur wiederholt, wenn er von der Form der ZfE abweicht.) 116,6 Creuzer, F. Dionysos] Dionysus sive commentationes academi-

cae de rerum Bacchicarum Orphicarumque originibus et causis. 1807. 116,7 Eschenmayer, D. H. Steuer-System] D. Heinrich Eschenmayer, Vorschlag zu einem einfachen Steuersysteme. 1808. 116,8 La Fage. Acht Blätter, radirt von A. Weise] Der Kupferstecher Adam Weise (1776–1835) stach damals auch das Titelkupfer zum 2. Bd. des Wh (vgl. FBA 9/2, S. 4f.). Zimmer hatte ihn Arnim empfohlen, der mit den Blättern zufrieden war, während Brentano die Arbeit tadelte. Auch Ludwig Emil Grimm lernte zunächst bei ihm in Heidelberg. Vgl. das Kapitel Zeitgenössische Mitarbeiter. Raymond de Lafage (1656–1690?), vgl. Thieme/Becker XXXV, S. 311. 116,9 Gräter, F. D. Gedichte. 8. (erscheint auf Johannis)] David Fried-

rich Gräter, Lyrische Gedichte, nebst einigen vermischten. 1809. 116,12 Gruner, G. A. Unterricht in der Glaubenslehre] Anton Gruner, Noch ein Wort zur Empfehlung der kräftigeren namentlich der Pestalozzischen Weise der Behandlung und im Unterrichte der Jugend. Mit Hinsicht auf die Hindernisse, welche ihr in Lehranstalten und Schulen entgegenstehen. Ein Nachtrag der Erfahrung zu den Briefen aus Burgdorf. 1806. 116,14–15 Hofer (Geh. Rath) Ideen zu einer 〈. . .〉 Steuer-Peräquation] J. B. Hofer, Ideen zu einer leicht ausführbaren Steueräquation in einem State, wie das Grossherzogthum Baden. 1808. 116,16 Jacobi, J. F. über Bildung des Religionslehrers] Johann Friedrich Jacobi, Ueber Bildung, Lehre und Wandel protestantischer Religionslehrer. 1808. 892

Zu April-Heft

116,17–35 Jahrbücher, Heidelbergische 〈. . .〉 Postvelin] Die in diesem Jahr beginnende wissenschaftliche Zeitschrift des Verlags, in der Arnim im Folgenden auch publizierte. 116,36 Kämmerer, F. Commentatio de operis novi nunciatione] Fer-

dinand Kaemmerer, Dissertatio inauguralis juridica de operis novi nunciatione. 1807. 117,1 Murgthal 〈. . .〉 von G. Primavesi] Georg Primavesi, 4 Blatt Ansichten in Radierungen nach C. Kuntz. Wahrscheinlich der Radierer Karl Kuntz, von dem vmtl. auch der Stichtitel des ersten Bandes vom Wh stammt. Vgl. FBA 9/1, S. 68. 117,2 Richter, Jean Paul Fr., Friedenspredigt an Deutschland] Vgl. die im voraus abgedruckte Passage in ZfE3. 117,5–6 Saalfeld, F. De quaestione illa 〈. . .〉 dimittere] Friedrich Saal-

feld, De quaestione illa: num principi liceat ministros publicos incognita dimittere commentatio. 1807. 117,7 Schlegel, F. von der Sprache und Weisheit der Indier] Vgl. die im voraus abgedruckten Verse in ZfE 2, 3 und 7. 117,10 Schriftproben von Peter Hammer] Werk von Görres, vgl. die Erwähnung in ZfE3. 117,11 Schwarz, F. W. C. Sciagraphia Dogmatices Christianae] Friedrich Heinrich Christian Schwarz, Sciagraphia dogmatices christianae. In usum praelectionum. 1808. 117,12 Zachariä, C. S. Handbuch des französischen Civilrechts] Karl Salomo Zachariae. 1808. 117,15–16 Zeitung für Einsiedler 〈. . .〉 December] Optimismus des Verlegers, die ZfE erschien dann nur bis August. 117,18–19 Ansichten des Heidelberger Schlosses. Zwölf Blätter von G. Primavesi] XII Ansichten des Heidelberger Schlosses, geäzt und herausgegeben von Georg Primavesi, Mannheim 1806. Zu dem Werk von Primavesi (1774–1855) sollte ursprünglich Brentano die Einleitung verfassen. Das fragmentarische Ms. befindet sich in der UB Heidelberg (vgl. Ein Knab auf schnellem Roß, S. 38 u. Farbtafel 5). Vgl. auch WAA XXXII, S. 214 u. 839. 117,20–23 Versuch einer französischen Sprachlehre für deutsche Kinder 〈. . .〉 (in Commission)] Nicht ermittelt. 118,1

April-Heft 1808. Inhalt: Druckfehler

118,32

J. C. Nänny] J. E. Nänny 893

Kommentar

ZfE 10 4. Mai: 120,3–19 Gegrüßet seyst du Waldgebäu 〈. . .〉 Zimmer.)] Entstehung vgl. ZfE6. Zitat aus Brentanos und Görres’ Uhrmacher BOGS: Da that sich auf

ein Feld von Schmaragd und an kristallnen Quellen erkühlte die Jagd, gegrüßet seyd ihr Waldgebäu, bei hochbelaubten Eichen, o Mägdlein setz dich neben bei, thu mir den Becher reichen, und den vergoldeten Sonnenglanz laß in den Becher schauen, und flicht mir einen Blumenkranz, und wolle mir vertrauen. Weil die Sonne heißer scheint, komm in die tiefen Lauben, wo die wilde Rebe weint, da lachen die Turteltauben. Sie bringt den Wein in Bechersglanz, aus Veilchen und Narcissen, reicht sie ihm einen süßen Kranz in Waldes Finsternissen. (S. 31) Zugrunde liegt das Hochzeitlied auf Kaiser Leopoldus und Claudia Felix von Matthias Abele (1617–1677) von 1675, das Arnim für das Wh bearbeitet hatte (Wh I 397, V. 129–134, 141–148; vgl. FBA 6, S. 388; FBA 9/1, S. 676–679). Brentano wich nicht nur in dieser Bearbeitung viel weiter von Q ab als Arnim für das Wh, sondern dichtete das Lied auf einer weiteren Hs. fort: Wie in Gewölben von Smaragd. . . (FDH 8127; gedruckt in: Clemens Brentano’s Gesammelte Schriften. Hg. v. Christian Brentano, Bd. II, Frankfurt/M. 1852, S. 425f.). Es ist ein weiterer Vierzeiler vorausgesetzt, der nur in einigen Bildern an die barocke Vorlage erinnert; den Strophen sind jeweils sechs daktylische Verse hinzugefügt. 121,1 Scherzendes Gemisch 〈. . .〉 Heiligen] Vgl. ZfE7. 121,4–20 Entstehung der deutschen Poesie 〈. . .〉 Zu lang, zu lang schon ist 〈. . .〉 Hölderlin] Entstehung vgl. ZfE6. Arnim entnahm diese Verse – ebenso wie die Mottoverse der ZfE12 – Hölderlins Hymne Patmos, die in Seckendorffs Musenalmanach für das Jahr 1808 gedruckt war. Den Schluß von Hölderlins Gedicht (V. 212–226) fügt er hier dem Scherzenden Gemisch ein; die diesem vorausgehenden Verse (V. 197–211) druckt er in ZfE12 ab und stellt den Beginn des Gedichts

894

Zu ZfE 10

voraus (V. 1f.). Vgl. StHA Bd. 2/1, S. 165 u. 171f.; Bd. 2/2, S. 765f., 794f. – V. 17–19 zitiert Arnim auch in der Gräfin Dolores. 121,21–122,9

Entstehung der deutschen Wissenschaft 〈. . .〉 Creutzer

〈. . .〉 Jahrbüchern.]

Entstehung Arnim zitiert aus einem Aufsatz von Friedrich Creuzer, mit dem dieser die bei Zimmer erscheinenden Heidelbergischen Jahrbücher der Literatur eröffnete: Philologie und Mythologie, in ihrem Stufengang und gegenseitigen Verhalten (Reihe V: Philologie, Historie, Literatur und Kunst. Erster Jahrgang. Erstes Heft, S. 17 u. 19; vgl. Ziolkowski 2009, S. 127– 131). Der Aufsatz gehört zu Creuzers Forschungen, die er 1810–12 in seiner

Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen publizierte. Die Zitate im Original: 121,22–122,3 Gewiß ist der Satz 〈. . .〉 ergießet.] Creuzer polemisiert gegen die neuere Auffassung, den Mythos auf Physik zurückzuführen: Alle

diese Versuche gingen aus dem Vergessen des unwandelbar gewissen Satzes hervor, daß die heilige Sage des Altherthums ein großes, ungesondertes Ganze enthielt und enthalten mußte, das in seinem Schooße unzählbare Elemente barg, deren Totalität sich nicht in den Kunstbau Einer gesonderten Wissenschaft einschließen lassen, wenn auch je zuweilen eine Form des Mythos zu diesem Versuche anlocken mag. Der alte Fabelfluß Aegyptens ströhmt auch lang in Einem Bette. Ist darum seine Q u e l l e eine Einzige? Und ist seine mythische Verbindung mit dem allgemeinen dunkeln Weltstrohm nicht das natürliche Bild von dem Mythos selber? selbst d a r i n noch anwendbar, daß d i e s e r , wie der Nil, am Ausfluß in vielfach getheilter Richtung sich in das Meer der Wissenschaften ergießet. (S. 17) 122,3–8 In der Wissenschaft 〈. . .〉 Betrachtung] In der Wissenschaft stehe der Bilderkreis der Vorwelt still und groß, wie in der Umschließung Eines Tempels. In dem Hintergrunde würdiger Gedanken ordne sich das Einzelne, ein jedes an seiner Stelle, und über dem Ganzen schließe sich, wie die Kuppel unter dem Gewölbe des Himmels, die Vielheit der Ansichten in der Einheit einer heiligen Betrachtung. (S. 19) Vgl. Christoph Jamme, »Göttersymbole«. Friedrich Creuzer als Mythologe und seine philosophische Wirkung. In: Strack 2008, S. 487–498.

895

Kommentar

Druckfehler 121,23 122,10

das] daß der Alte in seiner Ecke] Die Figur des Ewigen Juden, der im Scherzenden Gemisch als Weiser das Geschehen kommentiert. 122,16–130,31; 133,1–135,30; 219,8–221,22; 349,4–358,6; 362,23–365,29

Von dem Leben und Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix 〈. . .〉 ihm!] Entstehung Clemens Brentano übersetzte für die Erzählung Passagen aus Jean Froissarts (1337– nach 1405) Chronik. – Der Text ist auf der wohl in Kassel um den 20. Februar 1808 entstandenen Liste von Brentanos und Wilhelm Grimms Hand genannt (vgl. Kapitel Entstehung): Gaston. Möglicherweise hatte er den vorliegenden Beitrag seiner Frau Auguste in Kassel diktiert (vgl. Kommentar zu ZfE6). – Die Arbeit war schon Mitte März fertig, denn Brentano wollte sie Arnim vor dem 22. März senden (Kassel: Ich dancke dir für deine 〈. . .〉; FBA 32, S. 55; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 256r): Ich sende dir hier 〈. . .〉

einen Dück de Foix 〈. . .〉. Die Sachen die ich dir hier sende sind zu corrigiren und durchzusehn, weil ich sehr eilen muste 〈. . .〉. Die Post geht den Duck de Foix nächstens, ich kann ihn nicht finden. Arnim meinte in seinem Brief zur Erläuterung seines Plans (Heidelberg, 22. März 1808: Wie gehts Dir Clemens? So 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 302r– 305v): Du weist immer noch nicht recht, was ich mit meiner Zeitung

will, ist es Dir denn nicht klar, wenn ich D i c h 〈. . .〉 um d a s B e s t e a u s D e i n e n B ü c h e r s a m m l u n g e n bat 〈. . .〉. Anfang April hatte Brentano sein Manuskript wiedergefunden. Er schrieb am 8. April (Kassel: Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 254r– 255v; FBA 32, S. 56): 〈. . .〉 gestern gieng 〈. . .〉 auch d i e h e r r l i c h e Ge-

schichte des Gaston de Foix, die dich gewiß entzücken wird, an dich ab. Am 20. April bedankte sich Arnim (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 309r–310v): Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉): Auch deine letzte Sendung ist

wohlangekommen 〈. . .〉. Der Duc de Foix und die Zingara rücken bald an 〈. . .〉.

896

Zu ZfE 10

Quelle Brentanos Übersetzung ist genau, gelegentlich rafft er jedoch die Erzählung. Auch Arnim kannte Froissarts Chronik und schrieb danach die Erzählung

Olivier Clisson, Kronfeldherr von Frankreich und der Herzog von Bretagne für den Wintergarten, jedoch als freie Bearbeitung (vgl. Werke III, S. 274–297; 1064f.; 1148–1156). Ersatzvorlage: Les chroniques de Sire Jean Froissart qui traitent des merveilleuses emprises, nobles aventures et faits d’armes advenus en son temps en France, Angleterre, Bretaigne, Bourgogne, Escosse, Espaigne, Portingal et e`s autres parties; nouvellement revues et augmente´es d’apre`s les manuscrits avec notes, e´claircissemens, tables et glossaires; par J. A. C. Buchon. 3 Bde. Paris 1852/53. Quellennachweis im einzelnen: 122,21–123,3 Zur 〈. . .〉 fragte] Livre III, Bd. II, S. 377f. 123,3–6 Nachdem 〈. . .〉 gestritten] S. 383. 123,7–124,7 kamen 〈. . .〉 kurz.] S. 390f. 124,8–12 So 〈. . .〉 Tag.] S. 396f. 124,12–23 Als 〈. . .〉 Morlaix.] S. 398. 124,25–127,14 Den 〈. . .〉 folgendermaßen.] S. 398–400. 127,16–128,10 Es 〈. . .〉 gefaßt.] S. 400–401. 128,10–130,31 So 〈. . .〉 Schandthat.] S. 401f.

ZfE11 133,6–135,30

Nun 〈. . .〉 habe.] S. 402–404.

ZfE18 219,13–30 Noch 〈. . .〉 Bett.] S. 404. 219,30–221,18 Heilige 〈. . .〉 hierauf] S. 404–405. 221,18–22 so 〈. . .〉 Erzählung.] S. 406.

ZfE28 349,8–355,9 Sehr 〈. . .〉 ein.] S. 434–438. 355,12–358,6 In 〈. . .〉 waren.] Livre IV, Bd. III, S. 119–124. 223,19 Q hermi, d. h. Heumonat, August.

ZfE29 362,27–365,11 Während 〈. . .〉 getragen.] S. 124–126. 365,12–28 An 〈. . .〉 beerdigt.] S. 127.

897

May: In

Kommentar

Druckfehler 127,12 mir nicht sagen wollen] mir sagen wollen ZfE 135,5 Messers] Messerr ZfE 350,1 herum getragen] herum herum ertragen ZfE 350,20 wie] wi- ZfE 351,4 setzen] sitzen ZfE 353,8–9 wundert] wundere ZfE 353,16 fürchtete] fürchteten ZfE 354,5 aufstandet] aufstand ZfE 355,3 Gabe] Habe ZfE 355,18 Sauveterre] Sanneterre ZfE 355,18 Pampeluna] Pampelima ZfE 356,20 zufrieden] zäfrieden ZfE 357,17 Thore] Thoren ZfE 364,6 mich trug] michtrug ZfE

Erläuterungen Brentano beschränkt sich auf eine historische Person: Gaston III., Graf von Foix und Vicomte von Be´arn (1331 bis 1. August 1391), wegen seiner Schönheit Phöbus genannt. Be´arn war eine französische Provinz am Fuß der Pyrenäen; Gaston de Foix war Baske. Er hatte außer seinem Sohn Gaston noch vier uneheliche Kinder, darunter: Yvain de Foix und Gracien (Gratien) de Foix. Pierre de Bearn (Berne) war der Halbbruder Gastons de Foix. – Froissart reiste 1388 von Blois nach Ortais (Orthez), um den immer wohlinformierten Grafen von Foix zu treffen. Zwischen dem 15. und 17. November hielt er sich in Pamiers (Paumiers) auf, wo er d’Espaing de Lion kennen lernte, mit dem er vom 18. bis 25. November nach Orthez reiste. Er wird von Gaston de Foix empfangen und bleibt knapp drei Monate dort. Vgl. Buchon, Bd. III, S. 547. 123,6 Lourde] Lourdes 125,7–8 Meliader] Froissart traf Wenzeslaus von Brabant zuerst 1370 in Brüssel; 1381 wurde er sein Sekretär. Im folgenden Jahr begann er mit der Abfassung seines Ritterromans Me´liador, in den er Lieder seines Herrn einfügte und den er 1384 beendete. Wenzeslaus von Brabant war jedoch schon am 7. Dezember 1383 gestorben und hatte das Werk nicht mehr lesen können. Vgl. Buchon, Bd. III, S. 546. 125,8 Balladen, Rondeaus und Virelais] Tanzlieder, Ringelreime und Kurzzeiler.

898

Zu ZfE 10

125,16–17 nicht in seinem Gaskognischen] Gascogne heißt: Baskenland, die Sprache ist also baskisch. 125,31–33 Nocturne 〈. . .〉 Hora 〈. . .〉 Vigilia mortis] Nächtliches Breviergebet, Stundengebet, Totenamt. 126,34 Zwischenspiele] Schauspiele zwischen den Gängen der Mahlzeit 128,6 Pampeluna] Pamplona, damals Hauptstadt von Navarra

ZfE18 221,15–16 wie Actäon in einen Hirsch verwandelt wurde] Weil der Jäger Aktäon die Göttin Diana im Bade belauscht hatte, wurde er von ihr in einen Hirsch verwandelt, worauf ihn seine eigenen Hunde zerrissen.

ZfE28 349,10 Juberoth] Aljubarrota, ein portugiesischer Ort, bei dem Johann von Avis, später Johann I. von Portugal 1385 den König von Kastilien besiegte und damit Portugals Unabhängigkeit sicherte. 350,35 sehr reich fundirt] mit reichen Pfründen versehen 352,19 turbire] störe. Vgl. den Kommentar von: Friedhelm Kemp, in: Brentano, Werke 2, S. 1198f. Einzeldruck: Froissart, Jean, Von dem Leben u. Sterben des Grafen Gaston Phöbus von Foix u. von dem traurigen Tode seines Kindes Gaston/ Aus d. Chronik d. Jean Froissart. Übertr. von Clemens Brentano. Mit 10 [eingedr.] Holzschnitte. von Georg Poppe. Frankfurt/M. 1923.

899

Kommentar

ZfE 11

7. Mai: 131,3–132,23 Romanze. Entstehung vgl. ZfE6.

Klein Christel 〈. . .〉 Wilhelm Grimm]

Quelle

Danske Viser 1787, S. 524f.: XXVIII. Sorgen forsvinder. Liden Kirsten og hendes moder, Hvo bryder løven af de træer, De syde de silke-huer. Saa træder hun duggen af jorden. 2. Moderen syde saa liden en søm, Og dotteren græd saa stridig en strøm. 3. Hør du liden Kirstin kier dotter min, Hvi falmer dit haar, hvi blegner din kind? 4. Det er ikke under jeg er bleg og styg, Jeg haver saa meget at skiære og sy. 5. Her er og fleere jomfruer i by, Som bedre kand skære og bedre kand sy. 6. Det duer ikke længer at dølle for dig, Vor unge Konge har lokked mig. 7. Haver vor unge Konge lokked dig, Hvad gav han da for æren dig? 8. Han gav mig en silke-serk, Jeg sled den med saa megen verk. 9. Han gav mig de sølv-spendte skoe, Jeg sled dem med saa stor uro. 10. Han gav mig en harpe af guld, At bruge naar jeg var sorgefuld. 11. Hun slog paa den første streng, Det hørde vor unge Konge ril sin seng. 12. Hun slog paa de andre strenge, Den unge Konge ej dvalde længe. 13. Vor unge Konge heder paa svenne to; J beder liden Kirsten ind for mig gaa. Saa træder etc. 900

Zu ZfE 11

14. Ind kom liden Kirsten og stedes for borg. Hvad vil unge Konge, Men J sende mig ord. 15. Vor unge Konge klapped paa hyndet blaa, J sidder liden Kirsten og hviler der paa. 16. Jeg er ikke træt, jeg kand vel staa, J siger mit ærind og lader mig gaa. 17. Han tog liden Kirsten i sin favn, Gav hende guld-krone og Dronnings navn. 18. Nu har liden Kirsten forvunden sin kvide, Hvo bryder løven’ af de træer, Hun sover hver nat ved Kongens side. Saa træder hun duggen af jorden. Grimms spätere Übersetzung weicht von dieser ab, die Strophen 12 (132,7–8) und 14 (132,11–12) sind verbessert. Altdänische Heldenlieder, S. 116f.:

Die Ehren-Geschenke. Klein Christel und ihre Mutter, Wer bricht das Laub von den Bäumen?1 Sie nähen die seidene Mütze: So tritt sie den Thau von der Erde. Die Mutter näht den Saum so klein, Strömend rinnen die Thränen dem Töchterlein. Klein Christel, lieb Tochter, höre du an: »Warum verblüht dein Haar, warum bleicht deine Wang?« Kein Wunder, daß ich blaß und bleich ausseh’: Ich hab so vieles zu schneiden und zu nähn. »Doch sind in der Stadt mehr Jungfrauen schön, Die beßer können schneiden, und beßer können nähn.« Das taugt nicht länger zu bergen vor dir: Unser junger König hat gelocket mir.

1

d. h. wer gewinnt die Liebe. 901

Kommentar

»Hat unser junger König gelocket dir: Was hat er gegeben zur Ehre dir?« Er hat mir gegeben ein seiden Hemdlein schön, Das hab ich getragen mit so vielem Weh. Er hat mir gegeben silbergespangete Schuh: Die hab ich getragen mit so großer Unruh. Er hat mir gegeben eine Harfe von Gold, Zu brauchen wenn ich sey sorgenvoll. Sie schlug an den ersten Strang: Da hörte der junge König im Bette den Klang. Sie schlug an den andern Strang: Der junge König der ruhte nicht lang. Der junge König rief zwei Diener sein: Klein Christel bittet zu mir herein. Da kam klein Christel, vor der Tafel sie stand: »Was wollt Ihr, junger König, Ihr habt zu mir gesandt?« Da streicht der jung König übers Kißen blau: Setz dich klein Christel, und ruhe darauf. »Ich bin nicht müd, ich kann wohl stehn; Sagt was ich soll, und laßet mich gehn.« Er zog klein Christel zu sich hin, Gab ihr die Goldkron’ und den Namen der Königin. Nun ist verschwunden klein Christel ihr Leid; Wer bricht das Laub von den Bäumen? Sie schläft alle Nacht an des Königes Seit. So tritt sie den Thau von der Erde. 133,1–135,30

Von dem Leben 〈. . .〉 habe.] Vgl. ZfE10.

136,1–141,34

Frontalbo 〈. . .〉 G – A.]

902

Zu ZfE 11

Entstehung Q ist der unter dem Pseudonym Veriphantor geschriebene Roman des Johann Gorgias (oder Georgias, 1640–1684): VERIPHANTORS Betrogener

FRONTALBO, Das ist Eine Liebes- und klägliche TraurGeschicht/ welche sich mit dem FRONTALBO, und der schönen ORBELLA, begeben/ Worinnen auch zu ersehen ist/ wie es die Weibischen Männer/ und Männischen Weiber zu machen pflegen/ Allen denen/ welche die Verfolgungen des Glücks und das gefährliche Freyen noch nicht recht erlernet haben/ sich selbst zu rathen/ hoch nützlich/ ergötzlich und nachdencklich zu lesen. Gedruckt im jetzigen Jahr. (Vermutlich 1670). Der Verfasser wurde erst 1925 identifiziert; vgl. Egon Hajek, Johann Gorgias, ein verschollener Dichter des 17. Jahrhunderts. In: Euphorion 26, 1925, S. 22–49 u. 197–240. Zu diesem Roman und der ZfE vgl. Heinz Rölleke, Frontalbo redivivus. Ein Zeugnis für Jacob Grimms Mitarbeit an Arnims Zeitung für Einsiedler. In: Brüder Grimm Gedenken. Bd. 5, hg. v. Ludwig Denecke. Marburg 1985, S. 60–67. Ferner das Nachwort zu: Johann Gorgias alias Veriphantor, Betrogener Frontalbo. Galant-heroischer Roman aus dem 17. Jahrhundert. Hg. v. Heinz Rölleke. Bonn 1985; diese Ausgabe wird zum folgenden Textvergleich herangezogen. Clemens Brentano besaß den Frontalbo. Er kündigte Arnim am 8. April 1808 (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v; FBA 32, S. 56, 58) aus Kassel Beiträge an, die er am nächsten Tag schicken wollte: 〈. . .〉 zu

gleich, mit einer wunderschönen Scene aus Orbella und Frontalbo einem meiner kleinen Romane, des 1700, die ich für dich von Grimms abschreiben ließ, da ich wegen meinen Arbeiten nicht dazu konnte. Im Postskript meint er: Die Verse die der 〈lies: die〉 Orbella singt, sind sehr schlecht, ich wünsche, daß du ebenso viel andre schöne dieser Art und Zeit statt ihrer hinsezt, sie liegen sehr in deinem Talent, so wie etwa die in der folge von Liebesklagn des Wunderhorns II das übrige kann schön wörtlich abgedruckt werden. Brentano bezog sich auf Arnims eigenes Lied im Wh: Recht wie ein Leichnam wandle ich umher 〈. . .〉 (Wh III 3, V. 86–106), mit dem er den Zyklus Liebesklagen des Mädchens abschloß (vgl. FBA 8, S. 8f.; FBA 9/3, S. 8f.). Zu dem Zeitpunkt wußte Brentano noch nicht, daß die Fortsetzung des Wh so umfangreich würde, daß die Lieder in zwei Bänden gedruckt werden mußten. Arnim antwortete darauf am 20. April (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 309r-310v): Auch Deine letzte Sendung ist wohlangekommen und

die Verse zum Frontalbo habe ich gleich nach bester Deutung hinei903

Kommentar

nergemacht. Mir wurde so angst vor der Menge Papieren und guten Sachen, die in meinem Schranke hätten schimmlig werden können, daß ich Nompareille statt Petit genommen habe. In der Tat ist dieser Beitrag extrem klein gedruckt, und damit einer der zahlreichen Fälle, wo am Schluß des Bogens in Rücksicht auf die Textmenge kleinere Lettern Verwendung finden. Weiter schreibt Arnim: Der Duc de Foix und die Zingara rücken bald an eben so Frontalbo 〈. . .〉. – Arnim schrieb nun für das Fragment das Lied Wie mußt du doch mit Liebesschlägen. . . (Ricklefs Lyrik-Reg. 1750). Als Eingangsmotiv diente ihm der Anfang eines geistlichen Liedes von Philipp Balthasar Sinold, der sich Amadeus Creutzberg nannte (1657–1742): Fahre fort mit Liebes-Schlägen. . ., das 1707 erstmals in dem pietistischen Gesangbuch von Anastasius Freylinghausen erschien. Vgl. Heinz Rölleke, Neumystische »Liebesschläge«. Zur Rezeption eines Liedeingangs von Amadeus Creutzberg. In: JbFDH 2000, S. 189–194. Creutzbergs Lied selbst nahmen Arnim und Brentano in das Wh auf (Wh III 211: Fahre fort mit Liebesschlägen. . .: vgl. FBA 8, S. 207f.: FBA 9/3, S. 353–355). Grundlage für die Wh-Bearbeitung – und damit auch für Arnims hiesige Dichtung – ist nicht Creutzbergs Erstdruck, sondern das Gesangbuch Anmuthiger Blumen-Krantz aus dem Garten der Gemeinde Gottes (o.O. 1712; ebd., S. 725f.). Wie man aus Jacob Grimms Brief vom 6. Mai 1808 an Arnim erfährt, ging von ihm der Vorschlag aus, dieses Fragment aufzunehmen. Er schreibt (BJ: Ich sende Ihnen hierbei: 1.〈. . .〉): Haben Sie denn bei

Abgang Ihres Briefs, die Gesch. von der Orbella gehabt, die Sie damals schon längst hätten haben müßen. Ich frage darum, weil sie der Clemens könnte zurückbehalten haben, in dem er anfangs sehr dagegen war; mir gefiel aber dieselbe Geschichte auserordentlich u. auch zulezt gefiel sie dem Clemens sehr. Überlieferung H1: Es gibt eine Entwurfshandschrift für Arnims Gedicht (FDH G 529; Wz: C & I HONIG unter gekröntem Wappen mit Posthorn; D1: Werke V, S. 538f.; Kommentar S. 1137f.); Ricklefs Lyrik-Reg. 1750.

Varianten 1

H:

Wie must du doch mit Liebesschlägen In deinem Fleisch Frontalbo wüthen, 904

Zu ZfE 11

So magst du dich vor Liebe hüten Mich sollst du nun zu Grabe legen 5

10

15

20

Kennst du mich nun an meinem Blute Das sich so oft zu dir gedrenget Die Pforten hast du aufgesprenget Und mir ist nun schon leicht zu muthe. That mich die Liebe so verwunden, So sind die Furien mir willkommen Jezt bin ich erst zu Wort gekommen, Was gut an mir war dir verbunden In Fleisches Lust warst du befangen, Und jezo bist du ihr ganz eigen, Ein böses Alter wird dir zeigen, Wie dir die Jugend schlecht vergangen, Dem Schatten bist du nun ganz eigen Das Böse fasst dich an den Haaren, Bezwingt dich nun in späten Jahren, Und strafend wird sich alles zeigen Der Jugend Traum hast du vernichtet, Und alte Wahrheit wird dich fassen, Nun must du lieben was zu hassen, Die Seele mein mitleidig flüchtet.

Binnenvarianz 5 mich 〈. . .〉 Blute] aus Orbella meine 8 schon] aus so 9 That 〈. . .〉 verwunden] aus Hat 〈. . .〉 geschunden 13 Fleisches] aus böser 17 Dem] aus Der 20 wird] aus will 24 Die] aus Mei 24 mitleidig] aus ganz Textvergleich von ZfE und Gorgias (Q) (mit Ausnahme von Unterschieden der Orthographie, historischen Wortformen und Zeichensetzung) und Druckfehlernachweis:

905

Kommentar

136,5–139,1 Es 〈. . .〉 leide.] Q S. 96–103; Veränderungen im folgenden. 136,7–9 jung gepflanzter Wald 〈. . .〉 vertreiben] junger Wald/ welcher

gleich einem wolgepflantzeten Garten aussahe/ da gieng ich meine Zeit zu vertreiben hin Q 136,9 gedachte] dachte Q e 136,11–12 mich 〈. . .〉 können] so wolte ich mich einen Konig mit recht e und Billigkeit nennen konnen Q 136,13 wandele] gehe Q 136,15 wollte] will Q 136,16 Wo] Wen ¯ Q 136,17 nicht aber] doch nicht Q e 136,19 Hierauf küßete ich] Ich kussete Q e 136,20 hohe Gras nieder 〈. . .〉 müde] Gras/ und sagte/ Sie sey mude Q 136,20 dasselbige] deßgleichen 136,21 schlafen] sicher schlaffen Q 136,22 so lang] lang Q 136,23 zum Regen] ein wenig zum Regen Q 136,25 von außen 〈. . .〉 gezierter] welches von aussen wenig ansehen hatte/ von innen aber desto gezierter war Q 136,26 sie unverschlossen] die Thür nicht verschlossen Q 136,28 wachst du] nicht Q. Heinz Rölleke führt diese Bearbeitungsvariante mit guten Gründen auf Jacob Grimm zurück: »Obwohl sich wegen Ermangelung des Manuskripts nie ganz zweifelsfrei wird feststellen lassen, welche der Textänderungen in der Zeitung für Einsiedler auf Jacob Grimm, Clemens Brentano und Achim von Arnim zurückgehen, geht man in diesem Fall wohl nicht fehl, hier Jacob Grimms Anteil in Rechnung zu stellen. Die Änderung der Formulierung schläffstu oder nicht zum ’griffigen’ schläfst du oder wachst du klingt schon nach dem später zur Perfektion ausgebildeten Grimmschen Märchenton und scheint 〈. . .〉 vor allem auf mündlicher Tradition im Hessischen zu basieren 〈. . .〉.« (Heinz Rölleke, »Schläfst du oder wachst du?« Eine formelhafte Wendung in Grimms Märchen und anderwärts. In: Wirkendes Wort 1, 1999, S. 14–16; in: ders., »Alt wie der Wald«. Reden und Aufsätze zu den Märchen der Brüder Grimm. Trier 2006, S. 89.) 136,30 So 〈. . .〉 Sinn] So dachte ich bey mir Q 136,31–32 Die 〈. . .〉 gebracht] Die/ welche ich mit brachte Q 136,33 reichen] geben Q 136,33 geschah] wurde Q 136,35 Hause 〈. . .〉 suchen?] Hause und bey meinem Mann zu suchen? Q

906

Zu ZfE 11

137,1–2 wäre 〈. . .〉 wären] sey 〈. . .〉 seyn Q 137,2 aber als] als ein Q 137,3 die Sache] diese Sache Q 137,3–4 dermaßen 〈. . .〉 seyn] so gleich mit allen/ daß auch die Eyer e nicht gleicher seyn konnen Q 137,5 andere] andere zu mir Q 137,6 wie an] unnd an der Q 137,8 und Weinen] u. s. f. Q 137,9 sie 〈. . .〉 konnten] auch im geringsten eine von der andern nicht konte Q 137,10–11 sie konnten 〈. . .〉 vertragen] massen sie sich auch nicht vertragen konten Q 137,11 anzusehen] anznfehen ZfE 137,13 ganz verwirret] verwirret Q 137,15–17 Redete 〈. . .〉 lassen] Unterredete ich mich heimlich mit eie

ner/ ob schwur Sie/ Sie ware die welche Astarin so hoch geliebet e hatte/ allein aus hertzlicher Liebe zu mir/ habe sie ihn sterben lassen Q 137,19 desgleichen] wieder diese deßgleichen Q 137,20 ich] ichs Q 137,21 ein heimliches] heimlich ein Q 137,22 woran 〈. . .〉 mögte] wodurch 〈. . .〉 konte Q 137,22 nun die] die Q 137,25 wäre] seyn muste Q 137,26 besann] erinnerte Q 137,27 trug] hatte Q 137,27 nun eine] eine Q 137,29 wußte] das wuste Q 137,34 fortzuleben] zu leben Q 137,35–36 Nacht 〈. . .〉 Rath] Nacht/ und wuste mir doch nicht anders zu rahten Q 137,38 als] als wie Q 138,1 mir 〈. . .〉 weinete, und] fiel mir umb den Hals/ und weinete e bitterliche Thranen Q 138,3 angenommen] angenommen habe Q 138,4 verhindert] gehindert Q 138,6 In 〈. . .〉 vergeblich] Ich war gantz verwirret in meinen Sinnen/ und dachte vergeblich Q

907

Kommentar

138,11 klug] gnug klug Q 138,12 aber letztlich] letzlich Q 138,13–14 da 〈. . .〉 wäre] es hielte mir eine jedwede die Treue/ so ich e ihnen schuldig ware/ vor Q e 138,15 wären] waren u. s. f. Q e 138,15 hätte] härte ZfE fast hatte Q 138,21–22 gefolget bin] folgete Q 138,22 nicht anders] so Q 138,25 Die aber] Die Q 138,29 eine so] so eine Q 138,29 beweinete] beweineten ZfE beweinete Q 138,30 an 〈. . .〉 vertraut] einen untreuen Menschen hatte vertraut Q 138,31 doch] doch nur Q 138,32 zu geben] ihr zu geben Q 138,35 schlug] riesse Q 138,36–37 Sobald] Wie Q e 138,38–39 rief 〈. . .〉 an] bezeugete die Gotter Q 138,39 in denselben Wald] in denselben ZfE Text Q 139,1–8 beschauete 〈. . .〉 selbst:] Q S. 103: 139,3 und fiel 〈. . .〉 nieder] fiele darumb eine gute weile gantz als unbeweglich nieder Q 139,5 von ihrem Jammer] ihren Jammer Q 139,6 nicht] noch Q 139,7 sich darum entfernte] fortginge Q 140,1–141,33 So 〈. . .〉 sah.] Q S. 105–109, im einzelnen: 140,1 ausgesaget] außsprache Q 140,2 sprach] sagte Q 140,5 wollte nicht] konte nicht gar wohl Q 140,6 aber 〈. . .〉 mich] mich ließ aber mein Gewissen Q 140,11 noch] gleichwol noch Q 140,13 aber 〈. . .〉 war] allein sie war schon Q e 140,14 mit den Händen 〈. . .〉 geschützet] vor den Schlagen mit den e e Handen beschutzet Q 140,15 obwohl] wiewohl Q 140,16 fast noch nie] noch nie fast Q e 140,17 ihr der Tod angekommen] sie nun der Tod musse haben angekommen Q 140,18 ich] ichs Q

908

Zu ZfE 11 e

140,19 die Vögel sie verzehreten] sie solten die Vogel verzehren Q e 140,20 hätte] hatte ich Q e e 140,21–22 allein 〈. . .〉 holen] wenn mein Wunsch hatte thatig seyn e

e

konnen; allein weil ich die Unmoglichkeit sie wieder zu beleben sahe/ e gieng ich ohne weitere weitlaufftigkeit eine Hacke u. s. f. zu holen Q 140,23–24 ein altes Weib 〈. . .〉 Mutter] das alte Weib/ welches ihr gesehen habet/ aus meinem Hause. Ich fragte/ Mutter Q 140,24 sprach] sagte Q 140,26 kennen lernen] lernen kennen Q 140,26 kennet] kennen ZfE kennet Q 140,29 die als ein Berg] bic als ein Berg ZfE fehlt Q 140,30 O Frontalbo] Frontalbo Q 140,31 bestatte 〈. . .〉 ertödtet] beerdige den Leib/ welchen du unwise send ertodtet hast Q 140,34 geliebet] gebildet ZfE geliebet haben Q 140,34 indem] Massen Q 140,39 auch] unnd Q e 140,39 hinführo] hinführe ZfE hinfuhro Q 141,2–3 machte 〈. . .〉 begraben] gieng stracks den Leib der Orbellen zu beerdigen Q 141,4 abgewaschen] gewaschen Q 141,7 dem Leichnam] dem Cörper Q 141,11 Leichnam] Leib Q 141,14 geweinet] geweinet hatte Q 141,14–15 erstarrten] halberstarrte Q 141,15 Liebste] liebste Orbella Q 141,20 auch noch] noch Q 141,22 derselben] micht der Lydie Q 141,22–23 Es 〈. . .〉 beklagen.] Ich beweinte meine Unwissenheit/ Ich beklagte die Mordthat/ aber alles vergeblich. Q 141,24 Nachdem 〈. . .〉 Himmel] Als ich den Himmel also mit meinen Jammer-Worten Q 141,25 kam 〈. . .〉 wollte] kompt 〈. . .〉 wil Q 141,25 fragte sie] fragte Q 141,30–31 nun 〈. . .〉 gehorsamete] auff das andere Wort der Alten nicht gehorsamen konte Q e 141,33 Uebelthäter] rechten Ubelthater Q

909

Kommentar

Erläuterungen Das Doppelgängermotiv verwandte Arnim vier Jahre später in seiner Erzählung Isabella von Ägypten: Zu Isabella wird die Doppelgängerin GolemBella geschaffen, die Karl in seiner Liebe täuscht. Arnim konnte überdies darin bestärkt werden, entsprechend dem Namen Orbella, d. h. »Goldschöne«, seine Heldin Isabella zu nennen, obwohl dieser Name sich auch schon in der Q bei Grellmann findet. Außerdem hieß die historische Gattin Karls V. Isabella. Vgl. Ralph Tymms, German Romantic Literature. London 1955, S. 280; Moering, in: Werke 3, S. 1258. Die grelle Szene des Barockromans, in der der getäuschte Held seine Frau zu Tode peitscht, »weil er sie irrtümlich für einen Doppelgängerdämon hält« (Rölleke, Neumystische »Liebesschläge«. In: JbFDH 2000, S. 189), wird durch Arnims Gedicht in einen poetisch anderen Rang gehoben. Er spielt mit seiner Dichtung auf die Tradition der Mystik an, in der der Sprechende sich mit dem Leiden Christi in der Kontemplation verband. Das Motiv der Züchtigung geht auf das AT zurück, wo es heißt: »Wen der Herr lieb hat, den züchtigt er.« (Sprüche 3,12: vgl. ebd., S. 194.) 136,2 Organisches Fragment] Den Begriff gebrauchte zuerst Heinrich von Kleist im Phöbus (1. Stück, S. 5: Organisches Fragment aus dem Trauerspiel: Penthesilea.) im Januar 1808. Arnim zitiert ihn schon einmal in ZfE8 am 26. April in seiner Anmerkung (89,19). Auch Goethe übernahm die Formulierung in einem Brief an Christoph Friedrich Ludwig Schultz vom 27. August 1820, wo er über seine Farbenlehre spricht (WA IV, S. 174): 〈. . .〉 ich

〈. . .〉 gedenke, zwar kein explicites, aber ein implicites Ganze zusammenzustellen; was man in unserer ästhetischen Literatur vor einigen Jahren ein organisches Fragment nannte. 141,19 aber die Worte zerbrachen in meinem Munde] Vielleicht regte diese Formulierung Hugo von Hofmannsthal, der Arnim schätzte, zu seinem berühmten Satz im Chandos-Brief von 1902 an: 〈. . .〉 die abstrakten Worte 〈. . .〉 zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze. (vgl. Hugo von Hofmannsthal, Ein Brief. In: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Hg. v. Heinz Otto Burger u. a. Bd. XXXI. Frankfurt/M. 1991, S. 48f.)

910

Zu ZfE 12

ZfE 12

11. Mai: 142,3–21 Nah’ ist 〈. . .〉 Hölderlin] Vgl. zu Hölderlins Hymne Abdruck weiterer Verse in ZfE10.

Patmos den

143,1–151,3

Der gehörnte Siegfried 〈. . .〉 bestättigen.] Vgl. ZfE5.

151,5–152,9

Seelied 〈. . .〉 B.] Gedicht von Bettine Brentano. Entstehung

Zur Entstehung machte Bettine gegenüber Varnhagen am 4. September 1854 folgende Mitteilung (vgl. Varnhagen, Tagebücher XI, S. 215; Aus dem Nachlaß Varnhagen’s von Ense. Briefe von Stägemann, Metternich, Heine und Bettina von Arnim, nebst Briefen, Anmerkungen und Notizen von Varnhagen von Ense. Hg. v. Ludmilla Assing. Leipzig 1865, S. 272–273, nach dem Zitat des Gedichts): Dieses Gedicht 〈. . .〉 hat Bettina, wie sie uns erzählt, im

Kaminloch verfaßt, wo ihr Bruder Clemens sie eingesperrt hatte, und nicht eher wieder herauslassen wollte, als bis sie ein Lied gedichtet hätte. Arnim hätte in die ZfE gern eine Liedvertonung Bettines aufgenommen (s. Einleitung) oder einen Prosabeitrag. Am 2. März 1808 schrieb er ihr dann aus Heidelberg (FDH 7248: Ich wünsche, daß Du die 〈. . .〉): Nun

meine liebe Einsiedlerin noch ein Wort über Deine Schriftstellerey? Was Clemens darunter versteht hat er mir nicht geschrieben, wie ich es meine will ich dir ganz kurz sagen, denn bedürfte es mehr, so hätte es das Ansehn als wollt ich Dir wie einem Gesellen oder Handlanger eine Arbeit auf drängen, die Dir fremd ist. 〈. . .〉 Die Umgebung müstest Du etwas unkenntlich machen, gieb Dir auch einen falschen Namen, etwa Morella weil Du das liebe Bild gewürdigt hast Dir ins Bett zu sehen. Wenn Du erlaubst gebe ich gelegentlich unter diesem Namen auch einiges von Deinen Versen, die ich aus früherer Zeit besitzen, einige würden auch andre erfreuen, wir sprechen dahinter wie 911

Kommentar

durch Masken ungestört mit einander, blinkten einander zu und nickten, von mir sollte gewiß niemand erfahren, wer sie gemacht, oder ich bildete den Leuten ein, es wäre von einer Dame in Weimar. Am 〈3.〉 März begann Bettine, ohne bereits im Besitz von Arnims Brief zu sein (FDH 7407: Nun sind mir wieder beinah 〈. . .〉): 〈. . .〉 an meine Einsiedelei hab

ich auch noch nicht gedacht, ich muß Dir sagen daß ich auser mir selber nicht für einen Heller Vermögen hab, was ich also denck und thue ist manigmal ganz, manigmal zum Theil Dein, was Du also damit treibst geht mich nichts mehr an, wenn ich Dirs gegeben habe, deswegen thut es mir auch nicht leid daß Du es willst drucken lassen. so eben hab ich Deinen Lieben Brief, so ist es grad recht wie Du meinst, in Marburg hab ich oft Fablen erdacht, die mir jezt noch so fest im Gedächtniß sind, als wie die Kindermärgen, das will ich all aufschreiben. Arnim fühlte sich dadurch ermächtigt, Bettines Lied in Druck zu geben. Als Bettine das Gedicht in der ZfE las, schrieb sie Arnim dankbar (Frankfurt, vor 18. Mai 1808; FDH 7429: Heute ist ein großes Schiff 〈. . .〉): Lieber Arnim Du bist so gut und machst immer unverhofte Freuden, wieder mit diesem Liedgen im Einsiedler, an das ich mich kaum mehr erinnerte; so gehts, wenn man liebe Freunde hat, sie bewahren, einem das liebe so lang 〈. . .〉. Das Lied zeigt Einfluß von Clemens Brentanos 1802 im zweiten Teil des Romans Godwi gedrucktem Lied Ein Fischer saß im Kahne (FBA 16, S. 421–424). Sollte Bettines Erzählung gegenüber Varnhagen Spuren von Wahrheit enthalten, so könnte Brentano damals in der ersten Freude des näheren Kennenlernens dieser phantasievollen Schwester Bettine zum Dichten angeregt haben. Wahrscheinlicher ist eine Entstehung im Jahr 1804, da das Lied auch an Arnims 1804 in Ariel’s Offenbarungen gedrucktes Gedicht Ade, Ade, Frau Muhme 〈. . .〉 erinnert (Göttingen 1804, S. 96f.), das Bettine übrigens vertonte (unter dem Beginn: Zu Dir mein Herzens Sehnen 〈. . .〉; vgl. Bettine von Arnim, Lieder und Duette für Singstimme und Klavier. Handschriften, Drucke, Bearbeitungen, hg. v. Renate Moering. Kassel 1996, S. 24f., 75). Clemens Brentanos Frau Auguste bezog das B der Unterschrift irrtümlich auf Clemens Brentano (vgl. Lujo Brentano, Clemens Brentanos Liebesleben. Frankfurt/M. 1921, S. 156f.). Überraschend ist, daß Bettines Lied offenbar zwei Gedichte von Heinrich Heine beeinflußte, nämlich Ich weiß nicht, was soll es bedeuten 〈. . .〉 (Loreley) und Die alten, bösen Lieder 〈. . .〉 (Heinrich Heine, Sämtliche Werke. Hg. v. Hans Kaufmann. Bd. 1: Buch der Lieder. München 1964, S. 99f. u. 96f.).

912

Zu ZfE 12

Überlieferung H: Die Druckvorlage hat sich erhalten (UB Heidelberg 2110,9,1, vgl. Abb. 22); auf Bettines Handschrift hat Clemens Brentano die Überschrift und die Sigle W hinzugefügt, was Wunderhorn bedeutet. Arnim folgte jedoch Brentanos Hinweis nicht und nahm das Lied hier auf. Von seiner Hand stammt am Ende der Handschrift die Bezeichnung B. Vgl. auch Heinz Rölleke, Ein bisher anonym überliefertes Gedicht Clemens Brentanos und seine mutmaßlichen Quellen. In: JbFDH 1971, S. 132–142, hier S. 133. Auf die Hs. hatte vorher schon Reinhold Steig hingewiesen. Er meinte irrtümlich, Arnim habe die Überschrift hinzugesetzt (Goedeke, Grundriß VI, S. 83; Steig 1912, S. 232).

Varianten H: Bettines Lied lautet in ihrer Niederschrift:

Seelied Es schien der Mond gar helle Die Sternlein blinkten klar Es schliefen tief die Wellen Das Meer ganz stille war Ein Schifflein lag vor Anker Ein Schiffer trat herfür Ach wenn doch all mein Leiden hier tief versunken wär Mein Schifflein liegt vor Anker, hab keine Ladung drinn Ich lad ihm auf mein Leiden und laß es fahren hin Und als er sich entrissen Die Schmerzen mit Gewalt Da war sein Herz zerrissen Sein Leben war erkalt

913

Kommentar

Abb. 22: ZfE 12: Bettine Brentano, Seelied Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 2110,9,1.

Die Leiden all schon schwimmen auf hohem Meere frey Da 〈aus Dah Fremdkorr.〉 heben sie an zu singen eine finst’re Melodey

914

Zu ZfE 12

Wir haben fest gesessen in eines Mannes Brust Wo Tapfer wir gestritten mit seines Lebens Lust Nun müssen wir hier irren im Schifflein hin und her Ein Sturm wird uns verschlingen Ein Ungeheuer im Meer Da musten die Wellen erwachen bey diesem trüben Sang verschlangen still den Nachen mit allen Leiden bang.

915

Kommentar

ZfE 13 14. Mai: 153,3–156,15

Apoll 〈. . .〉 Christian Schlosser] Entstehung

Anfang Mai 1808 sandte Bettine Christian Schlossers Gedicht Apoll nach Heidelberg mit der kritischen Bemerkung (FDH 7426: Ich schreibe Dir in einem 〈. . .〉): Christian Schlosser hat mir einliegendes gegeben, welches

mir eine völlige Nachahmung mehrerer Goethischen Gedichte zu sein scheint, die nicht zum besten gerathen ist z. B. der Anfang scheint ganz aus: Gränzen der Menschheit, wenn der Uralte heilige Vater pp. das Mittelstück gleicht sehr einer Stelle in Iphigenie, wo sie auf Wolkenstühlen sizen 〈VI,5〉, und das ende einer Stelle in Euripides, die ich dir nicht zu nennen weiß 〈. . .〉. Arnim meinte jedoch (Heidelberg, 3. Mai 1808; FDH 7262: Ich danke Dir für die 〈. . .〉): Auch Schlossern danke ich, das Nachahmende darin, was Du bemerkst, fühle ich wohl, aber wie ist es anders bey der Mythologie eines bestimmten Volks möglich, Göthe und Euripides suchten beyde diesen Sinn darzustellen, es kommt also nur auf die nähere oder entferntere Ueberlieferung an, sag ihm doch, daß es bald erscheinen würde. In der Behandlung des gleichen Stoffs also sah Arnim, der sich ebenfalls immer wieder dichterisch von der griechischen Mythologie anregen ließ, keine unerlaubte Abhängigkeit. Bettine meldete Arnim in ihrem Antwortbrief (Frankfurt, nach dem 4. Mai 1808; FDH 7427: So eben hab ich mir 〈. . .〉): Christian Schlosser ist am Rhein, er wird erst in 4 Wochen wieder kommen. Am 5. Juli schrieb sie (FDH 7438: Es war mir lieb daß 〈. . .〉): Cristian Schlosser ist nach München. Von dort reiste er weiter nach Rom. Arnim druckte in ZfE34 am 27. Juli drei weitere Gedichte Christian Schlossers ab.

Druckfehler 155,23

saugend] saugen 916

Zu ZfE 13

156,17–159,26; 160,1–163,34; 166,1–173,22; 177,4–190,4 Golo und Genovefa 〈. . .〉 Friedrich Müller 〈. . .〉 dir!]

Entstehung Die Herkunft der Legende um Genovefa von Brabant, die treue Gattin des Pfalzgrafen Siegfried, die von Golo verleumdet wird, nachdem sie ihn abgewiesen hat, ist umstritten. Im 15. Jh. gibt es lateinische Prosafassungen, später französische, niederländische, deutsche und sogar italienische. Für den deutschen Sprachraum ist das Volksbuch des 17. Jh.s, das auf die Darstellung des Kapuzinerpaters Martin von Cochem zurückgeht, die wichtigste Quelle. Daneben war die Legende im Puppenspiel und in Volksstücken weit verbreitet (vgl. Genovefa beym Lipperle). Friedrich Müller erscheint in diesem Drama als Dichter des Sturm und Drang. Die Legende der Genovefa hörte Müller zuerst als Kindermährchen (Vorrede zum Faust-Fragment, 1778). Er bearbeitete den Stoff in mehreren Fassungen, zunächst unter dem Titel Die Pfalzgräfin (H: FDH). In seinen Balladen vom Mahler Müller (Mannheim 1776) erschien das Fragment Genovefa im Thurme (Versfassung, S. 29–52). Auch nach seinem Weggang nach Rom 1778 arbeitete er weiter an seinen Dichtungen. Bis 1781 führte er Golo und Genofeva aus, das er zunächst Goethe widmen wollte, bis dessen Tadel seiner Gemälde ihn verärgerte. – 1805 lernte Müller Ludwig Tieck kennen, dem er eine Sammelausgabe seiner Werke anvertraute. Tieck hatte Golo und Genofeva schon 1797 gelesen, wie er selbst 1828 in seinen Erinnerungen berichtet (Ludwig Tieck’s Schriften, 1.Bd., Berlin, bei G. Reimer, 1828, Vorbericht, S. XXV–XXXVI): Im

folgenden Jahre 1799 ward 〈. . .〉 die G e n o v e v a gedichtet. Von der Entstehung dieser Tragödie wird es erlaubt seyn einiges zu erörtern, da man dem Autor eine Zeitlang in Gerüchten, wie sie bei uns in Deutschland nur gar zu gern aufgenommen und verbreitet werden, beinahe Erfindung und Ausführung hat absprechen wollen. Bei meinem zweiten Aufenthalte in Hamburg im Jahre 1797 lernte ich einen wackern Mann, den Maler Waagen, der nachher mein Schwager ward, kennen. Dieser hatte in früheren Zeiten in Rom studirt und schon vor manchem Jahre von dort ein Manuskript des Maler Müller, mit dem er befreundet gewesen, nach Deutschland gebracht. Dieses war ein Trauerspiel, Genoveva. Waagen hatte es verschiedenen Buchhändlern angeboten, aber keiner hatte es drucken wollen. Da dieser mir von Rom, dem Verfasser und einer Tragödie erzählte, so war ich begierig, diese kennen zu lernen. Ich nahm den kleinen Folianten, der viele eng 917

Kommentar

und undeutlich geschriebene Blätter faßte, in meinen Gasthof mit. Die oft verblaßte Tinte, Abbreviaturen, eigensinnige Handschrift erschwerten mir beim Licht das Lesen. Am Tage war ich in Gesellschaft, über Land: Spaziergänge, Fahrten auf dem Strome, Gespräche, Theater zuweilen, nahmen mir alle Zeit, und gewöhnlich überraschte mich im angestrengten Lesen des schwierigen Manuskriptes der Schlaf. So konnten mir nur dunkle Erinnerungen vom Ganzen, und klare von einzelnen Stellen zurück bleiben. In dieser Zerstreuung und Ermüdung machte der Gedanke den tiefsten Eindruck auf mich, daß Golo ein Lied singen hört, dessen Melodie bei seinem Tode in der Ferne wieder gespielt wird. Dieser Umstand prägte sich meinem Gedächtnisse um so leichter ein, weil der Autor die Worte des Liedes: »Mein Grab sey unter Weiden,« als Motto auf den Titel gesetzt, sie aber nachher wieder ausgestrichen hatte. Die Tragödie selbst schien mir zu lang, vieles verwirrt, und da ich nur mit wenigen Buchhändlern damals in Verbindung stand, mir auch das Werk selbst für die Zeit nicht geeignet zu seyn schien, so wagte ich es nicht einen Verleger dafür zu suchen, und gab das Manuskript dem Maler Waagen zurück. Erst nach einem Jahre fiel mir das Volksbüchelchen von der Pfalzgräfin Genoveva in die Hand. Ich las es ohne Absicht, in einer müßigen Stunde, und meine Imagination ward vorzüglich von der Schilderung der Einsamkeit, den Leiden der Frau in dieser, und dem wundersamen Zusammentreffen mit dem Gemahl in Bewegung gesetzt; der lieblich fromme und schlichte Ton des Büchelchens rührte mich ebenfalls, und allgemach verknüpften sich Erinnerungen, Vorsätze und poetische Stimmungen mit diesem Mährchen. Der schöne Gedanke des wiederholten Liedes in Müllers Genoveva fiel mir wieder bei; aber so sehr ich auch mein Gedächtniß quälte, so konnte ich mich durchaus nicht erinnern, ob er jenes Gemälde der Einsamkeit, das mich in der Legende vorzüglich angezogen, angebracht, oder wie er das Wiederfinden des Grafen, das Verhältniß zum Golo behandelt hatte. 〈. . .〉 Als ich im Herbst 1799 auf zehn Monate nach Jena reisete, hatte ich unterwegs in Giebichenstein schon den Prolog und die ersten Scenen geschrieben. Das Ganze war im December vollendet. 〈. . .〉 Als ich im Julius des Jahres 1801 nach überstandener schmerzhafter Krankheit wieder nach Hamburg reiste, hatte natürlich die Tragödie des Maler Müller jetzt ein ganz anderes Interesse für mich. Mein Aufenthalt in dieser Seestadt währte diesmal länger und war ruhiger, so daß ich Muße fand, das Gedicht mit Aufmerksamkeit zu lesen. Ich gestehe, daß ich auch 918

Zu ZfE 13

jetzt keine Einheit, aber wohl große Züge, treffliche Gedanken und Scenen darin fand, die mir nur durch die leidenschaftliche Zerrissenheit verdunkelt wurden. Mathilde ist zu sehr die in das Häßliche gezeichnete Adelheid des Berlichingen; man glaubt zuweilen, der Dichter habe verschiedene Tragödien Skakspears wie zu einer Quintessenz zusammen drücken wollen. Doch hatte ich, wie ich gern schon jedermann gestanden hatte, den einen Gedanken diesem fremden Werke entlehnt, und es erschien mir wünschenswerth, die merkwürdige Tragödie dem Publikum bekannt zu machen. Ich schmeichelte mir, dasselbe würde, da es meine Arbeit so freundlich aufgenommen hatte, auch der fremden, die gewissermaßen ein Gegenbild war, und die Sache in origineller Manier von einer andern Seite her vorspiegelte, Gerechtigkeit wiederfahren lassen. In Hamburg lernte ich auch Adams Erwachen, die Schaafschur, Satyr Mopsus, Milon und Bacchidon, alle von demselben Autor kennen, von denen ich vorzüglich die beiden letzteren als humoristische Meisterwerke bewundern mußte. Diese poetischen merkwürdigen Produkte waren wenig gekannt, oder wieder vergessen worden. Ich wünschte, man könnte sie von neuem, zugleich mit der Genoveva drucken. Ich nahm also das Manuskript nach Berlin, theilte es einigen Freunden mit, und schrieb durch den Architekten Genelli, der dem Maler Müller in Rom befreundet gewesen war, diesem, und ersuchte ihn um seine Einwilligung, seine Genoveva heraus zu geben. Der launenhafte Mann, der mein Gedicht indessen hatte kennen lernen, antwortete nicht, eben so wenig, als er zum zweitenmal erinnert wurde. Der Plan mußte also ruhen. Im Jahre 1803 lernte ich auf einer Reise in Erlangen den Pfarrer 〈Johann Philipp〉 Le Pique kennen, einen würdigen Geistlichen der protestantischen Kirche. Er war ein Bewunderer von Müllers jugendlichen Poesieen, und da ich ihm von meinem Plane und dem Manuskripte erzählte, ging er mit Wärme in meine Absicht ein, versprach, Alles zu betreiben und wohl selbst noch ungedruckte Sachen herbei zu schaffen, da er, aus der Pfalz gebürtig, viele Verbindungen und Freunde in diesem Lande hatte. Die Sache ruhte, bis mich mein Schicksal und eine schmerzhafte Krankheit im Jahr 1805 nach Rom führte. Ich eilte, Müller kennen zu lernen, und da er meine Bereitwilligkeit nicht mißverstehn konnte, so gab er seine Einwilligung zur Herausgabe, falls sich ein Verleger fände; auch Briefe und Vollmacht, in Mannheim Papiere und Manuskripte, wie sie dort noch irgend zu finden, mir übergeben zu lassen. Auf der Rückreise im Jahre 1806 erhielt ich alles, 919

Kommentar

und Le Pique, der indessen nach Mannheim versetzt worden war, hatte zugleich mit dem Doktor Batt dem Verleger ein noch ungedrucktes humoristisches Gedicht, das N u ß k e r n e n , verschafft; und die beiden Freunde unterzogen sich mit Liebe und Eifer der Correktur. Als ich nach Hause kam, durchforschte ich die mitgenommenen Papiere und fand nichts Bedeutendes. 〈. . .〉 Auf dem Lande, wo es keine Abschreiber giebt, und da es darauf ankam, genau zu kopiren, unternahm ich es selbst, die Genoveva aus jener schwer zu lesenden Handschrift für den Druck ins Reine zu schreiben. Ich gestehe, ich hatte den Vorsatz, manches abzukürzen, vieles zu mildern und einige Provinzialismen zu übersetzen, wozu mir auch der Verfasser selbst eine unbedingte Vollmacht gegeben hatte. Da ich aber jetzt von Uebelwollenden hie und da hören, selbst Aehnliches in Blättern lesen mußte, diese Genoveva würde nie erscheinen, es sey zu sehr mein Interesse, sie zu unterdrücken, da ich eigentlich nur aus ihr abgeschrieben habe, oder ich würde sie so entstellen, daß alles Treffliche untergehe: so habe ich die Handschrift mit diplomatischer Treue abdrucken lassen. Alle diese Reden und Gerüchte waren um so seltsamer, da kein Mensch ohne mein Zuthun und Sprechen über diesen Gegenstand von der Genoveva gewußt hätte. – Die drei Theile von Müllers Schriften kamen dessenungeachtet erst einige Jahre später (1811) heraus. Die Zeitumstände waren Ursache dieser Verzögerung. Das auch von Arnim in seiner Anmerkung erwähnte Trauerspiel Tiecks,

Leben und Tod der heiligen Genoveva, erschien zuerst in: Romantische Dichtungen von Ludwig Tieck. Zweiter Theil. Jena bei Friedrich Frommann 1800: Leben und Tod der heiligen Genoveva. Ein Trauerspiel. Brentano erfuhr schon früh von Tiecks Herausgabeplänen; so schrieb er an Arnim (Heidelberg, etwa 9. Januar 1805; WAA XXXII, S. 10): 〈. . .〉 ich will auch dem Mahler Müller seine Gedichte für dich kaufen, es ist der, nach welchem Tieck die Genofeva schrieb. Ende September/ Anfang Oktober 1806 berichtete er Arnim nach seinem Treffen mit Tieck ausführlich über Maler Müller und Tiecks Projekt (ebd., S. 340): 〈. . .〉 Ostern kömmt

eine neue Ausgabe aller Müllerschen Werke vermehrt und verbessert mit Nachrichten über den Mann und sein treuloses Geschick von Tieck heraus bei Schwan u Götz in Mannheim 〈. . .〉. Arnim fragte Tieck am 3. Dezember 1807 (Ich lege eben Müllers edles 〈. . .〉): Haben Sie Müllers Schriften geordnet? Alles wartet sehnlich auf die Herausgabe, die Ihnen keine Mühe machen kann, da in Müller seiner ganzen Anlage nach, nichts zu ändern sein kann. Briefe an Ludwig Tieck. Hg. v. Karl von 920

Zu ZfE 13

Holtei. 1. Bd. Breslau 1864, S. 12. Tieck scheint ihm geantwortet zu haben, wo sich Müllers Manuskript derzeit befinde, denn Arnim berichtete ihm Ende Mai 1808 (Sie erhalten die beyden ersten 〈. . .〉): Pr: L’Epique gab mir

den Müller, der ritterlich thätige Schluß des Stücks veranlasste mich besonders zur Mittheilung, es perlt darin wie im siedenden Wasser und er vergleicht sich darin so leicht mit der ruhigen Erhebung, in welcher ihr Werk schliest. Ebd. S. 14. Die Zusammenfassung des Dramas schrieb Arnim selbst, ebenso wie die Fußnote.

Überlieferung D: 1811 erschien die von Anton Georg Batt, J. P. Le Pique und Ludwig Tieck herausgegebene Ausgabe: Mahler Müllers Werke, Heidelberg, bey Mohr und Zimmer (3 Bde). Der dritte Band druckte erstmals Golo und Genofefa vollständig ab. Vgl. den Faksimiledruck (hg. v. Gerhard vom Hofe. Heidelberg 1982, mit Nachwort in Bd. III). Es gibt zum Druck von 1811 einen aufschlußreichen Brief Tiecks an den Verleger Jakob Christian Benjamin Mohr (1778–1854) aus Ziebingen vom 7. Januar 1808 (FDH 20101), in dem er schreibt:

Ich hoffe, mein geliebter Freund, daß Sie nunmehr schon meine vorige Sendung empfangen haben, und mir auch verzeihn, daß ich Sie damit belästige; aber ich fahre auch fort, Ihnen damit zur Last zu fallen, weil ich noch nicht weiß, welches die Verlagshandlung sein wird. Ich wünsche von Herzen, daß Zimmer die Sachen druckte; jezt wird es ja wohl ausgemacht sein. – Ich wünsche, daß der Verleger auf jeden Fall nicht zu weitläufig druckt, damit die Bände nicht zu stark werden, oder wir uns gar genöthigt sehn, Vier zu machen, daß der Nahme des Stückes immer über gedruckt werde, wie in beigelegten Copien, 3) daß beim Dialog und den Dramatischen Sachen die Nahmen nicht ü b e r sondern vorne d a n e b e n gedruckt werden, welches vielen Raum spart, und meistentheils sich auch besser ausnimmt. 〈. . .〉 deshalb wünsche ich eben, daß an allen dreien 〈Bänden〉 z u g l e i c h gedruckt werden möge, und deshalb sende ich Ihnen hier so früh das Mscpt zum d r i t t e n Bande, M. G e n o v e f a . – Zu jedem Bande werde ich eine eigne Vorrede schreiben, welche theils meine Absichten bei der Herausgabe, theils Müllers Charakter als Schriftsteller belegen werden. Und nun genug mit dem Buchhändler, welchen Sie, mein Geliebter, hier nolens volens präsentiren müssen. – Ich denke, daß sie nicht ohne 921

Kommentar

Interesse diese Genovefa in die Hände nehmen werden, die ich schon seit 10 oder 11 Jahren kenne, und die mich zuerst dunkel zur meinigen begeisterte, ob ich sie gleich ganz aus dem Gedächtniß verlohren hatte, als ich das Gedicht schrieb, Sie werden die Aehnlichkeiten und Unähnlichkeiten von selbst bemerken. Ich wünsche, daß Sie mir ganz offen von dem Eindruck etwas mittheilen, welchen diese Lektür auf sie macht; schon vor 4 Jahren wollte ich das Buch drucken lassen, Müller antwortete mir aber damals nicht, und ich wurde seitdem mehr als einmal in meinem Vorsatze wankend; die Sammlung und Herausgabe aller Schriften macht es jezt nothwendig, und mehr als einer kann an dieser genialischen Verirrung lernen, denn anders kann ich, trotz dem vielen einzeln Schönen diese komplicirte Arbeit nicht nennen, auch das Abschreiben ist mir zuweilen sauer angekommen. Wie gesagt, erfreuen Sie mich mit einem offenherzigen Urtheil, wenn es auch dem meinigen ganz entgegen gesetzt sein sollte, Sie werden mich gewiß für keinen Autor ansehn, der gegen seinen Rival eines unedlen Neides fähig wäre. 〈. . .〉 Wenn Sie Zimmer sehn, so grüssen Sie ihn, ich bin eben mit einer Absendung an ihn beschäftigt. Varianten Textvergleich mit dem Druck von 1811 (D): H1: Der Druck beruht auf einer Handschrift Müllers, die noch erhalten ist, seitdem aber noch nicht wieder ediert wurde. (Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Ms. germ. fol. 1017, Golo und Genovefa. Ein Schauspiel in fünf Aufzügen). H2/D: Arnim kannte die Handschrift H1 nicht, sondern nur die von Tieck und Batt für den Druck von 1811 vorbereitete. Die von Arnim ausgewählten Textpartien stehen dort: 160,2–162,20 Zweyter Aufzug 〈. . .〉 davon.)] D: S. 78–84 162,22–171,6 Genovefa 〈. . .〉 (ab)] D: S. 115–130 171,8–173,22 Sechste Scene 〈. . .〉 Mutter; und 177,8–190,4 Siebente Scene 〈. . .〉 dir!] D: S. 376–420 Varianten zum Druck von 1811 (außer Orthographie und Interpunktion), auch Druckfehler in ZfE: 160,5 Pfelzel] Pfälzel D Pfalzel H1 H2

922

Zu ZfE 13

160,5 Springbrunn] Springbrunnen D H1 H2 160,15 recht satt] satt D 160,16 Mathilde:] Mathilde; ZfE 160,18 nicht gedenken] nicht daran gedenken D 161,2 vor] voran D 161,5 von] aus D von H1 H2 161,19 aus Händen] aus den Händen D H1 H2 161,27–28 sie selbst] ihr selbst D 162,22 auf dem Altan] auf der Altan D auf der Altane H1 162,25 Hang] Gang ZfE Hang D 162,29 waden] waten D 162,30 umher] einher D 163,2 eurem] euerm D

ZfE14 167,15 1. Stimme] Eine Stimme D (so auch im Folgenden) 170,14 drinne] drinnen D 170,25 zuck’] guck’ ZfE Zuck’ D 170,33 erstorbenen] erstorbnen D 171,18 Die schöne Gräfin] Die schöne Gräfin droben D 171,20 dunkeln Bach] dunkeln D 172,18 Bed.] Brandfuchs D 173,7 im Dunkeln] in’ s Dunkle D 173,10 Steffen] Steffin ZfE Steffen D 173,19 Brandf.] Bedienter D

ZfE15 177,10 Doctor.)] Doctor. 177,11 hm] ha D 177,13 stöhnt] starrt D 177,14 Unruhe] Unruh D 177,15 in der Decke] in die Decke D 177,22 Iß] Ißt ZfE Iß D 178,7 Bist] Bist du D 178,17 Ach] Uh D 178,20 kein’s] keines D 178,21–22 Gnadenquell] Gnadenquelle D 178,25 stehen] stehn D

923

Kommentar

178,34 Pfelzel] Pfälzel D 178,39 Pfelzel] Pfälzel D 179,8 Uebernehmt] Ueberrechnet ZfE Uebernehmt D 179,19–20 verschiednen] verschiedenen D; hat sie] sie D 179,28 Ehrenmann’s] Ehrenmannes D 179,29 unter dem Vorwande] unter dem Vorwand D 179,33 besudlen] besudeln D 180,1 Hülfe] Hilfe D 180,3 Pfelzel] Pfälzel D 180,11 zu neuen] zu Neuem D 180,16 da] du D 180,17 Verrath] Vorrath ZfE Verrath D 180,23 Pfelzel] Pfälzel D 180,26 in die Hände] nur noch in die Hände D 180,27 die Burschen] die Bursche D 180,28 uh] Ach D 180,37 eigener] eigner D 181,7 meinen] meine D 181,14 er’s] er D 181,15 Herren] Herrn D 181,21 im Thal] im Thale D 181,33 gehört] gehört D gehort Jessen 181,35 geschehen] geschehn D 182,14 bis ich es weiß] bis es weiß ZfE bis ich es weiß D 182,24–25 mein Paar Augen 〈. . .〉 halten] meine Augen! wollen ihn Paar schon halten D 183,9 Johanskircher] Johannisberger D 183,15 noch am Herzen] an dem Herzen D 183,20 Als jagen und jagen und liebliches jagen] Als Jagen und Jagen, als liebliches Jagen D 183,22 noch am Herzen] an dem Herzen D 183,24 loßgelaßne] loßgelassene D 184,3 angesagt] angesetzt ZfE angesagt D 184,11 Ich 〈. . .〉 nicht.] folgt in D: Der erste, der mich. . . 184,18 vorgehaltenem] vorgehaltnem D 184,28 wirst es lenken] weißt es zu lenken D 184,29 Schmerzenreich] Smerzenreich ZfE 185,23 höhlest] höhlst D

924

Zu ZfE 13

185,28 Sturm] der Sturm D 185,34 da oben] droben D 186,11 was begehrst du] wen begehrst du ZfE was begehrst du D 186,18 theuren] theuern D 186,22 traure] traue ZfE traure D 186,26 »Auch] Auch ZfE 186,30 auf meine Brust] auf meine Brust her D 186,32 am Eingang] am Eingange D 186,34 einer 〈. . .〉 Waisen] einer 〈. . .〉 Waise D 186,35 hierher] hierher D 187,1 hofst] hofst ZfE hoffst D 187,30 Reh] Rehchen D 188,1 ihm’s] ihm D 188,2 am Tage] an dem Tage D 188,7 geraubt] dir geraubt D 188,9 erinnre] erinnere D 188,14 mußte] muß D 188,16 verzeihe.] danach in D: Doch er hat ihres Bruders Blut vergossen; sie fodern ihr Recht. D 188,24 gelobet] geliebet ZfE gelobet D 188,25 willkommen] zweymal willkommen D 188,26 dann] denn D 189,2 vom Liede] des Liedes D 189,9 aufgehengt] aufgehenkt D

Druckfehler zur Fußnote in

ZfE13

157,2 so] fo ZfE 157,9–10 in dessen] indessen ZfE 157,34 Volksbuche] Volsbuche

Erläuterungen zur Fußnote

ZfE13

saturnischen Zeiten, ehe der Krieg die Länder zerrissen 〈. . .〉 verband.] Der römische Gott Saturn wurde mit der Vorstellung vom golde156,32–34

nen Zeitalter verbunden, die Feste zu seinen Ehren, die Saturnalien, mit großer Ausgelassenheit gefeiert. Arnim spielt speziell an auf die Zerteilung der Kurpfalz: Schon 1795 fielen die linksrheinischen Gebiete an Frankreich und wurden überwiegend dem Departement Donnersberg eingereiht. Mit

925

Kommentar

dem Reichsdeputationshauptschluß vom 25. Februar 1803 ging die rechtsrheinische Kurpfalz an Baden über. Vgl. Armin Kohnle, Frank Engehausen, Frieder Hepp und Carl-Ludwig Fuchs (Hg.), . . . so geht hervor ein’ neue Zeit. Die Kurpfalz im Übergang an Baden 1803. Ausstellung im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg, 19. Oktober 1003 bis 18. Januar 2004. Heidelberg 2003. Insofern hat die Aufnahme dieses pfälzischen Autors auch eine politische Dimension. 157,2 Idyllen] Der Satyr Mopsus eine Idylle in drey Gesängen. Von einem jungen Mahler, Frankfurt und Leipzig 1775; Bacchidon und

Milon, eine Idylle; nebst einem Gesang auf die Geburt des Bacchus. Von einem jungen Mahler. Frankfurt und Leipzig 1775; Die SchaafSchur, eine Pfälzische Idylle. Vom Mahler Müller. Mannheim 〈. . .〉 1775. Mit Titelkupfern von Maler Müller. Vgl. Friedrich Müller genannt Maler Müller, Idyllen, hg. v. Peter-Erich Neuser. Stuttgart 1977. 157,10–11 Zeichnungen der beyden Riepenhausen]

Leben und Tod der heiligen Genoveva. In XIV. Platten von den Gebrüdern Franz und Johannes Riepenhausen. Mit beigefügter Erläuterung. Frankfurt am Main, Varrentrapp und Wenner 1806. Es handelt sich um Stiche nach Umrißzeichnungen. 157,11–12 Tieck 〈. . .〉

Fortsetzung seines herrlichen poetischen Journals] Poetisches Journal. Herausgegeben von Ludwig Tieck. Ersten Jahrgangs erstes bzw. zweites Stück. Jena, bei Friedrich Frommann. 1800. Mehr nicht erschienen. Vgl. Kommentar zu: Genovefa beym Lipperle. 157,14–23 Die Verschiedenheiten 〈. . .〉 Tons.] Arnim schätzt das Sturm und Drang-Drama Müllers ebenso hoch wie das romantische Werk Tiecks. Während Müller eine lebhafte, realistische Prosa schreibt, gebraucht Tieck die Prosa nur für die Reden des einfachen Volks, die anderen Personen läßt er in Versen sprechen, häufig sogar in Strophenformen wie der Stanze und dem Sonett, die als dem Mittelalter angemessen galten, obwohl sie für die Zeit des Geschehens ebenfalls anachronistisch waren, denn sie wurden erst im Spätmittelalter entwickelt. Tieck denkt sich außerdem katholisierend in die Legendenwelt hinein. Bezeichnenderweise gebraucht Arnim das Reizwort romantisch hier nicht. 157,27–28 das deutsche Alterthum 〈. . .〉 Ritterausdrücke] das Mittelalter. 157,34–41 zu der wüthigen Heerde im Morgenblatte 〈. . .〉 zu haben.] Vgl. Kap. Morgenblatt (Nr. 106) und Kommentar zu ZfE3. Vgl. zu dem Bild: Matth. 8,32.

926

Zu ZfE 13

157,42–158,35

aus dem Buche vom ausgelassenen, wütigen Teufelsheer Straßburg 1586, S. 328 〈. . .〉 erscheinen.] Jean Bodin, De magorvm daemonomania. Vom Außgelaßnen Wütigen Teuffelsheer/ Allerhand Zauberern/ Hexen vnd Hexenmeistern/ Vnholden/ Teuffelsbeschwerern/ Warsagern/ Schwartzkünstlern/ Vergifftern/ Augenverblendern/ etc. 〈. . .〉 durch 〈. . .〉 Johann Bodin/ der Rechte D. 〈. . .〉 Vnd nun erstmals durch 〈. . .〉 Johann Fischart 〈. . .〉 auß Frantzösischer sprach’ trewlich in Teutsche gebracht/ vnd nun zum andernmal an vielen enden vermehrt vnd erklärt (d. h. 2. Aufl.). Straßburg bei B. Jobin. 1586. Jean Bodin (1529/30–1596) war ein französischer Staatstheoretiker. Als Jurist befaßte er sich mit dem sogenannten Hexenwesen, an das er glaubte. Arnim erwähnt dieses Werk auch in seiner erst 1817 erschienenen Rezension Über Jung’s Geisterkunde, die er schon im Oktober 1808 schrieb. Vgl. Werke VI, S. 545. In Arnims Bibliothek findet sich nur eine Ausgabe von 1693 (Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Arnim-Bibliothek, Sign. 2352). 158,38–39 wie Thedel von Wallmoden 〈. . .〉 machen.] Arnim bearbeitete damals für das Wunderhorn: Des edeln Helden Thedel Unverfehrden

von Walmoden Thaten. 〈. . .〉 (Nach den Reimen von Georg Thym. Wolfenbüttel 1563.) Darin die Episode: III. Der gehangene Pferdedieb: Der mutige Thedel von Walmoden, der den Teufel überlistet hat, soll von diesem dazu gebracht werden, daß er sich aus Angst bekreuzigt. Dazu setzt der Teufel einen toten – gehangenen – Pferdedieb auf das Klosett (die Heimlichkeit mit dem Hohlalter, wie es ironisch heißt). Thedel nimmt ihn beym Kopf und bey den Haaren und setzt ihn daneben. Vgl. FBA 7, S. 309–311 und FBA 9,2, S. 500. Da der 2. Teil des Whs erst zur Herbstmesse 1808 erschien, war die Stelle für die Leser einigermaßen kryptisch.

Erläuterungen zur Inhaltsangabe 156,21 Mohrenkriege] Unter Karl Martell wurde der arabische Feldherr Abd er Rahman 732 bei Tours und Poitiers geschlagen. Pfalzgraf Siegfried nahm an diesem Feldzug teil und überließ seine junge Frau Genovefa – wie die ganze Pfalz – der Obhut des jungen Golo. 158,17–18 dem Liede, dessen herrliche Entwickelung in Tiecks Genovefa uns entzückt] Das in 160,7–13 abgedruckte Lied: Mein Grab sey unter Weiden. . . wird von Tieck variiert. In seinem Genoveva-Stück singt es nicht Golo, sondern der Schäfer Heinrich (Erstdruck Jena 1800, S. 15):

927

Kommentar

Dicht von Felsen eingeschlossen, Wo die stillen Bächlein gehn Wo die dunklen Weiden sprossen Wünsch’ ich bald mein Grab zu sehn. Dort im kühlen abgelegnen Thal Such ich Ruh für meines Herzens Quaal. Hat sie dich ja doch verstossen, Und sie war so süß so schön! Tausend Thränen sind geflossen, Und sie durfte dich verschmähn – Suche Ruh für deines Herzens Quaal Hier ein Grab im einsam grünen Thal. Hoffend und ich ward verstossen, Bitten zeugten nur Verschmähn – Dicht von Felsen eingeschlossen, Wo die stillen Bächlein gehn, Hier im stillen einsam grünen Thal, Such zum Troste dir ein Grab zumahl. – Tiecks Gedicht wurde auch in Arnims Freundeskreis geschätzt. Louise Reichardt vertonte es (erschienen zuerst in: XII Deutsche u italiänische ro-

mantische GESAENGE mit Begleitung des Piano-Forte componirt und Ihrer Durchlaucht der Herzogin Mutter ANNA AMALIA von Sachsen Weimar und Eisenach aus reinen Verehrung zugeeignet von Louise Reichardt, Berlin im Verlage der Realschul-Buchhandlung, 1806, S. 20; vgl. Moering 2006, Bd. 2, S. 3, 17, 20 und 58). Tieck hatte sein Schauspiel in Giebichenstein auf dem Gut Johann Friedrich Reichardts entworfen. – Clemens Brentano schrieb Anfang der 20er Jahre eine geistliche Kontrafaktur darauf (vgl. Clemens Brentano. 1778–1842. Ausstellung. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. Katalog hrsg. v. Detlev Lüders, Frankfurt/M. 1978, S. 104f.; Renate Moering). 159,5 Schmerzenreich] So heißt auch sonst in der Sage der Sohn, in den lateinischen Fassungen »Benoni« (nach 1. Mos. 35,18: Sohn meines Unglücks). Brentano nahm diesen Namen (Schmerzenreich bzw. Benone) für sich an, als er 1809 vor seiner Frau Auguste in die oberbayrische Einsamkeit floh (vgl. Brentano an Arnim, Stallwang März 1809: Ich habe dir auf viele 〈. . .〉; FBA 32, S. 158).

928

Zu ZfE 14

ZfE 14 18. Mai: 164,3–24

Zwey Särge 〈. . .〉 Justinus Kerner] Entstehung

Kerners Gedichte für die ZfE wurden von Ludwig Uhland mit seinen eigenen am 7. Mai 1808 an die Hg. der ZfE gesandt (Uhlands Briefwechsel, 3. T., S. 468): Die Tendenz der Zeitung f. E., besonders die darin herrschende

Liebe zur alten Zeit, erregte in uns den Wunsch, auch unser Fähnlein zu diesem Unternehmen stoßen zu lassen. Mögen Sie die beifolgenden Gedichte aufnehmen, so überlassen wir, mit den Grenzen des Instituts unbekannt, das Uebrige Ihrem eigenen Ermessen. Nehmen Sie aber solche nicht auf, so wünschen wir, daß Sie uns dieß unaufgeforderte Anerbieten nicht verargen und die Manuscripte gelegentlich zurücksenden. Ihro ergebenster Ludwig, Uhland, Jur. Cand. Uhland hatte diese Gedichte von Kerner zunächst erbeten, um sie an Sekkendorf für dessen Musenalmanach zu schicken (Uhland an Kerner, Tübingen, April 1808. In: Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 92): Da ich nun sehe,

daß G e d i c h t e aufgenommen werden, so möcht’ ich ihm auch was schicken, etwa meine 5 Balladen ect. 〈. . .〉. Willst du nicht auch etwas hergeben, etwa: A b r e i s e 〈vermutlich: Abschied, vgl. ZfE21〉, das g e i s t l i c h e L i e d , Z w e i S ä r g e etc. Am 25. Mai 1808 schreibt Uhland an seinen Freund Karl Mayer (ebd., S. 94f.): Die Balladen schickte ich nicht an Seckendorf, sondern anderswohin. 〈. . .〉 Kerner hat die Gedichte, die er Anfangs Seckendorf senden wollte, eben dahin geschickt, wohin ich meine Balladen, davon ein andermal. Ich glaube, seine Lieder dünkten ihm nicht elegant genug in eine Residenz. Am 28. Juli teilt er Mayer erneut mit (ebd., S. 97f.): Ich hab’ indeß meinen poetischen Vorrat meist verschickt. Einiges, wie ich dir schrieb, in den Prome929

Kommentar

theus; meine Balladen (samt Kerner’schen Gedichten) in die Zeitung für Einsiedler, wo sie – wenigstens die meinigen – alle bereits abgedruckt stehen. Das Gedicht Zwey Särge wurde in der Ausgabe der Gedichte von Kerner überarbeitet (s. u.).

Varianten Verglichen mit: Justinus Kerners sämtliche poetische Werke in vier Bänden. Hg. v. Josef Gausmaier. Bd. 1. Leipzig 1905, S. 257 (D2, mit Ausnahme von Orthographie und Interpunktion): 164,5 Tief 〈. . .〉 Dom,] In des alten Domes Hut, D2 164,7 fromm] ruht D2 164,12 Und] Doch D2

Erläuterung Wolfgang Frühwald sieht das Lied in der Nachfolge von Goethes Ballade Es war ein König in Thule. . . (Brentano, Werke 1, S. 1070–1072, Kommentar zu Brentanos Parodie auf Voß: Es saß der Meister vom Stuhle 〈. . .〉). 165,1–22

Die drey Lieder 〈. . .〉 Ludwig Uhland] Entstehung

Uhlands Gedicht entstand nach einer handschriftlichen Notiz am 10. November 1807. Er schrieb Mayer am 15. November (Uhland, Briefwechsel, 1. T., S. 48): Die Ballade entstand auf einem Abendspaziergang, als der

Mond, von Zeit zu Zeit in dunkle Wolken gehüllt, über unsrem Schlosse stand. – Er sandte am 7. Mai 1808 aus Tübingen seine und Kerners Gedichte an Arnim und Brentano (Uhlands Briefwechsel, 3. T., S. 468, s. o.). Seinem Freund Karl Mayer schrieb Uhland über die ZfE am 28. Juli (Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 98f.): Die Zeitung für Einsiedler, die in Heidelberg

bei Mohr und Zimmer erscheint, interessirte mich gleich, als ich nur wenige Blätter davon gesehen hatte. Ich sah darin Beiträge von Arnim, Brentano, Görres, ein Fragment aus Tiecks Bearbeitung eines altteutschen Gedichtes u. s. w., überhaupt zog mich die darin herrschende Liebe zur alten Zeit an. Wir sandten unsre Beiträge an die Redaktion, die wir übrigens nicht kannten, mit einem Couvert, an Mohr und Zimmer adressirt, und erhielten von Arnim eine verbindliche Antwort samt den 2 ersten Heften der Zeitung. Mir ist diese Zeitung interes930

Zu ZfE 14

sant, dem größern Publicum schwerlich. Wenn mir auch einzelne Aufsätze nicht besonders gefallen, so zieht mich doch das an, was bei andern Journalen so selten ist, diese Zeitung hat einen C h a r a k t e r , es herrscht ein Geist der Freiheit darin, sie wagt es Dinge aufzunehmen, welche den Redacteurs andrer Zeitungen privatim vielleicht auch nicht mißfielen, womit sie aber doch schwerlich vor dem Publikum aufzutreten wagten. Es freute mich, was mir Arnim schrieb: »so lange die Laune des Publikums meiner Zeitung den Absatz sichert, eine Laune, der ich nicht nachgeben kann, da ich ihr nicht diene, sondern ihr gerade das mannigfaltige vergessene Talent unsrer und vergangener Zeit in seinem jezigen Elend strafend vorhalten möchte.« Von der Fehde, die zwischen dieser Zeitung und dem Morgenblatt obwaltete, und welche ihren Keim zum Theil in der Reinbeck’schen Geschichte, deren auch hier wieder Erwähnung geschieht, hat, weißt du wohl schon aus dem Morgenblatte. Von dem letztern wurden die Einsiedler zuerst geneckt, sie antworteten zuerst nur kurz, es folgten beleidigende Recensionen im Morgenblatt, worin z. B. von Tiecks » B e - , Ve r - und Z e rarbeitung des Heldenbuchs, die nach dem Preßbengel seufzet«, die Rede war, auch scheint ein anderer Aufsatz im Morgenblatt auf Görres angespielt zu haben. Dieser machte nun in einem langen Aufsatze die Morgenblättler ganz fürchterlich herunter, worauf das Morgenblatt wieder antwortete. Nachher wurde das Morgenblatt, auch Cotta, in einer Burleske mitgenommen (auch Carikaturen erschienen). Nun scheint das Morgenblatt sich zum Stillschweigen legen zu wollen, woran es wol thut, wenn es keine kräftigere Polemik zu führen weiß, als bisher. Ich will über diese Streitigkeiten im einzelnen kein Urtheil fällen, aber doch ist meine Meinung, daß die Anmaaßungen des Morgenblatts eine Züchtigung verdienten, und daß unsere lethargische Zeit es wol brauchen kann, wenn man sie durch ein kräftiges Wort, wenn auch unsanft, aufrüttelt. Ich schreibe dir dies, so viel ich nemlich bis jetzt davon weiß, damit, wenn du etwa auch den Einsiedlern Beiträge schicken wolltest, du mit dem Stande der Sachen vorher einigermaßen bekannt bist. Vollständigere Einsicht geben freilich nur die gegenseitigen Aufsätze selbst, wohin auch Reinbecks bei Cotta erschienene Briefe über Heidelberg samt Beilagen gehören. Noch bemerke ich, daß auch Kupfertafeln bei den Einsiedlern sind. Diese Zeitung hat am meisten Aehnlichkeit mit unserm Sonntagsblatte. Vielleicht könnten auch einige deiner Carikaturen dort auftreten. Am 13. März 1809 teilt Uhland Mayer ein Urteil Brentanos mit (ebd., S. 110):

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Kommentar

Letzthin hört’ ich von dritter Hand ein Urtheil Brentano’s über meine Gedichte, wahrscheinlich die in der Einsiedlerzeitung, wonach sie ihm noch zu altväterisch (d. h. soferne man alte Poesie, Morgenblattspoesie, der neuern romantischen entgegensetzt,) dünken. Varianten Verglichen mit dem Abdruck in: Ludwig Uhland, Gedichte. Vollständige krit. Ausg. auf Grund des handschriftlichen Nachlasses, besorgt v. Erich Schmidt und Julius Hartmann. Stuttgart: Cotta 1898, Bd. I: Text, S. 165 f., Bd. II: Kommentar, S. 71f. 165,18 sag’] sing Die beiden Gedichte von Kerner und Uhland sind thematisch aufeinander bezogen und von Arnim mit Bedacht zusammen abgedruckt. 166,1–173,22

Golo 〈. . .〉 Mutter.] Vgl. ZfE13.

174,1–176,20 Ueberblick der Universitäten und des öffentlichen Unterrichts im protestantischen Deutschlande, insbesondere im Königreiche Westphalen von M. C. Villers 〈. . .〉 lassen.]

Entstehung Angezeigt wird das Werk: Charles Franc¸ois Dominique de Villers, Coup d’oeil sur les univerite´s et le mode d’instruction publique de l’Allemagne protestante, en particulier du royaume de Westphalie, Kassel, Juli 1808. Villers (1765–1815) war 1793 aus Straßburg nach Deutschland geflohen, wurde 1811 Professor in Göttingen, 1814 von der hannöverschen Regierung abgesetzt. Durch seine Schrift, die er König Je´rome übersandte, erwarb er sich Verdienste um die Erhaltung der Universitäten Göttingen und Marburg. Der Historiker und damalige Generaldirektor des öffentlichen Unterrichts für das Königreich Westphalen in Kassel, Johannes von Müller (1752– 1809), hatte mit den Göttinger Professoren Christian Gottlob Heyne und Arnold Hermann Ludwig Heeren Villers gewonnen, mit einer französisch geschriebenen Abhandlung für die deutschen Universitäten einzutreten. Vgl. Härtl 1982, S. 233; Louis Wittmer, Charles de Villers (1765–1815). Genf-Paris 1908. Arnim hatte Müller in seinem Brief vom 23. April (s. Einleitung) um einen Beitrag über deutsche Universitäten gebeten. Nun teilte er Savigny am 12. Mai 1808 mit (Heidelberg: Heute Morgen erhielt ich von 〈. . .〉; SPK/NS

932

Zu ZfE 14

2/2):

Heute Morgen erhielt ich von Johannes Müller eine Uebersicht deutscher Universitäten von Villers im Auszuge für meine Zeitung. Das Werk wird ungemein wichtig und rettet vielleicht die deutschen Universitäten in Westphalen, er wünscht, daß ich es übersetzen möchte, dazu habe ich aber keinen Trieb, doch will ich es anzeigen, so wie Schleiermachers Werk. Hast Du nicht einige Tage Zeit um Deine Bemerkungen über Universitäten, von denen mir gestern Kreutzer sprach, im Auszuge mir mitzutheilen? Savigny muß zustimmend geant-

wortet haben; denn sein Brief ist zwar verloren, doch schrieb Arnim ihm wieder am 16. Mai (Heidelberg: Herzlich erfreut über Deine Lust 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Herzlich erfreut über Deine Lust zu dem Unternehmen

des Villers das Deine beyzutragen eilte ich gleich zu Creutzer, seine Sinnesart abzuhören, ich zeigte ihm Deinen Brief und er war durchaus bereit alles was er in mancherley Erfahrung darüber gesammelt dem Werke in Anmerkungen beyzufügen und rechnete er sicher auf Heynens Unterstützung. Ich mache übrigens gar keine Ansprüche darauf einem solchen Werke meinen Namen vorzusetzen, was sich mir bewährt hat will ich gern hinzufügen. Görres ist sehr bereit die Uebersetzung zu machen, ich würde diese Arbeit nur im Notfall übernehmen, wenn es an einem Uebersetzer fehlte; b i s t D u g e n e i g t d a z u , s o t h u t d a s b e s s e r a l s v o n u n s a l l e n . Die Hauptschwierigkeit ist im Ganzen, in wie fern Müller unterrichtet ist, ob Villers sein Werk nicht längst hat übersetzen lassen, ich überschicke Dir die Anzeige, denn die ist bis jetzt allein herausgekommen, du wirst die stets nähere Beziehung auf Göttingen bemerken, also auch die Wahrscheinlichkeit, daß es dort längst übersetzt ist. Ich bitte sie so bald Du sie gelesen an mich zurückzuschicken; im nächsten Blate des Einsiedler ist eine Uebersicht davon. Ich werde in diesen Tagen über alles das an Müller schreiben, ihm die Unterstützung mehrerer Gelehrter versprechen und eine Zusicherung verlangen, daß das Buch bogenweis hieher gesendet wird und Villers inzwischen keinem andern den Auftrag gegeben hat. Görres ist ein Bekannter von Villers und mit ihm in Briefwechsel. 〈. . .〉 Sollte die Uebersetzung des Villers vielleicht schon gemacht seyn, so wäre noch ein Vorschlag. Anhänge dazu drucken zu lassen in Verbindung mit mehreren? Arnims Befürchtung, daß schon eine andere Übersetzung in Arbeit sei, bestätigte sich. Zunächst schrieb er am 21. Mai an Müller (Heidelberg: Sie erhalten hiedurch, verehrter Mann 〈. . .〉; Stadtbibliothek Schaffhausen, Nachlaß J.v.Müller, GS IV): Sie erhalten hiedurch, verehrter Mann, den

933

Kommentar

herzlichen Dank vieler braven Männer, die sich alle lebendig für die Erhaltung der Universitäten verwenden möchten, wegen des gütig mitgetheilten Ueberblicks von Villers. Ich habe ihn für meine Zeitung zusammengezogen, und es fanden sich gleich zwey ausgezeichnete Männer, Savigny 〈. . .〉 und Hofrath Kreuzer allhier, die sich bey einer Uebersetzung zur Mittheilung ihrer eigenen Erfahrungen verstehen wollten; Prof. Görres war geneigt die Uebersetzung zu übernehmen, er ist mit Villers bekannt und im Briefwechsel 〈. . .〉. Arnim fragte Müller, ob nicht schon eine andere Überstzung gemacht werde und fuhr fort: Mit Vergnügen würde ich sonst den ehrenvollen Antrag erfüllen eine Uebersetzung dieses freymüthigen Werkes zu veranstalten, ich könnte sogar in den Beyträgen der genannten Männer (vielleicht noch einiger anderen) eine Art von vollendeten Kreis dieser Untersuchungen versprechen. Arnim bat Müller weiterhin, Villers zu fragen, ob er diese Übersetzung ankündigen darf, und schlug vor, ihm die Druckbogen vorweg zuzusenden. Außerdem überlegte er: Noch könnte ich Ihnen die beyden

Grimms in Cassel als Uebersetzer vorschlagen, wenn es Ihnen lieber wäre die Uebersetzung unter Ihrer Aufsicht vollenden zu sehen, sie sind mit Savigny und uns allen befreundet und wir würden alle gern unsere Beyträge dazu geben. Friedrich Carl von Savigny fragte wegen des Projekts bei Jacob Grimm in Kassel an (Frankfurt, 30. Mai 1808; Stoll 1927– 1929, I, S. 329): Geben Sie mir doch ja Nachricht, wenn Villers über die

Universitäten fertig wird, ob ich nicht etwa das Buch bogenweise erhalten könnte, und ob noch gar nicht von einer Übersetzung die Rede ist. Jacob Grimm antwortete ihm (Kassel, 13. Juni 1808; Schoof 1953, S. 51): Villers Buch soll Ende dieser Woche fertig gedruckt werden u. dann will ich es Ihnen gleich mit der fahrenden Post schicken. Die einzelnen Bogen zu erhalten, ist mir nicht gelungen, ich war deswegen bei Müller und dem Inhaber der königl. Druckerei, (Colignon aus Metz) aber Villers will nichts ausgegeben haben, weil dem Abgang des Originals die unausbleiblichen Übersetzungen nachteilig sein würden, wenn sie sogleich mit herauskämen. Müller sagte mir, er selbst habe die Übersetzungen zum Teil veranlaßt, ließ sich aber nicht näher darüber heraus. Der Fall ist hier sicher der: daß sich Übersetzungen untereinander wenig schaden werden, und daß eine mit gründlichen Anmerkungen und Zusätzen ebenso gesucht sein wird, als wie das Original. Auch Friedrich Creuzer informierte Savigny über Villers Absichten (Heidelberg, 12. Juni 1808, Görres, Ergänzungsband 1, S. 36, Nr. 56): Villers hat einen ausführlichen Brief an Görres geschrieben, worin er um 934

Zu ZfE 14

Gotteswillen bittet, man möge sein Buch über Univers. nicht ins Deutsche übersetzen, da es blos für die Franzosen geschrieben sei. – Dagegen wäre es ihm lieb, schreibt er ferner, wenn Sie Görres und ich bei der Gelegenheit etwas besonderes über diesen Gegenstand schreiben wollten. Etwa unter dem Titel: Bemerkungen bei Gelegenheit der Schrift von Villers. Görres, und ich, möchten nun gern wissen, was Sie dazu sagen. (Villers kennt Görres persönlich. Jenes Buch wird nächstens erscheinen.) Nachdem Arnim aus Winkel zurückgekehrt war, wandte er sich noch einmal an Savigny (Heidelberg, [Härtl: etwa] 20. Juni: Gern wäre ich Deiner Einladung 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Nächstdem fand ich einen Brief von Müller, worin er mir schreibt, daß er bereit sey die Bogen hieher zu schicken und wir durch die Zusätze berechtigt wären jede andre Uebersetzung zu unterdrücken. Inzwischen fand Kreuzer in der Hamburger Zeitung eine Uebersetzung von der Niemannschen Buchhandlung in Lübeck angekündigt, dessen ungeachtet war Zimmer bereit, wenn Du sie mit einer Abhandlung begleiten wolltest, diese Uebersetzung zu drucken. Görres hatte an Villers geschrieben, ob er ihm volle besondre Befugniß geben könnte; deine Sorge, daß Görres manches Eigenthümliche seiner Art dabey einmischen würde, scheint mir ungegründet, das Uebersetzen schläfert auch den lebendigsten Genius ein und man ist bald froh nichts weiter ausdrücken zu müssen, als was da steht. 〈. . .〉 Schreib mir doch bald über Deinen Entschluß, Villers Antwort kommt sicher auch bald 〈. . .〉. Am 26. Juni wandte sich Arnim wieder an Müller (Eine Wanderung in den Rheingau 〈. . .〉; Stadtbibliothek Schaffhausen, Nachlaß J.v.Müller, GS IV, 279–280) und teilte seine Bedenken mit; es dräuen immer neue Schwierigkeiten: Niemann und Komp.

Buchhändler in Lübeck haben eine Uebersetzung angekündigt, wahrscheinlich mit Wissen vielleicht mit Zusätzen für deutsche Leser von Villers. Pr. Görres, der die Uebersetzung übernommen, hat deswegen an Villers geschrieben und erwartet dessen Antwort. Eine andre Schwierigkeit ist die nahe Entfernung Savignys nach Landshut 〈. . .〉, doch hoffe ich auf guten Fortgang, wenn es seyn soll und die Bogen würden mir in jedem Falle sehr willkommen seyn, manches Einzelne würde sich vielleicht für meine Zeitung eignen, die ich Ihnen, so weit sie erschienen vorlege. Inzwischen teilte Jacob Grimm Savigny mit (Kassel, 5. Juli 1808; Schoof 1953, S. 54): Wenn Sie auf Villers Buch gewartet haben, so tut es mir leid, daß ich es heute wieder nicht mitschicken kann. Der Druck ist durch viele Arbeiten fürs Gouvernement aufgehalten. Dieser bat (Trages, 14. Juli 1808; Stoll I, S. 334): Den Villers schik935

Kommentar

ken Sie mir doch ja recht bald. Er bedankte sich dann (Schlangenbad, 28. Juli 1808; Stoll I, S. 34): Villers 〈. . .〉 habe ich bekommen, danke herzlich, haben Sie etwas dafür ausgelegt? Villers ist recht brav, obgleich (freylich seiner Absicht nach) für uns Deutsche wenig neu. Einiges sehr glücklich ausgedrückt. Auch Jacob Grimm war enttäuscht; er schrieb an Savigny (Kassel, 31. Juli 1808; Schoof 1953, S. 56; vgl. ebd., S. 71f.; 90f., 99 u. 111): Villers Buch werden Sie erhalten haben. Ich bekenne es, daß

meine Vorstellung davon viel mehr gewesen ist, es ist mir nicht eingehend genug, nicht gründlich und zu kurz. Selbst diese Anerkennung einer deutschen Sache von einem Franzosen, kann mich jetzt nicht recht freuen, in der Zeit, wo so viel anderes in Deutschland vertreten wird und vergehen muß. Es mag wohl in der Zeit sein, und in unserm Königreich nützlich, (obgleich es in Holland auch so ziemlich beim Alten geblieben ist) in Frankreich wird sich kein Mensch daran kehren. Die neuste französische Einrichtung ist sonderbar übergangen, obgleich auch ihre Erwähnung in der Sache selbst kein anderes Resultat hervorbringen dürfen. Gegen die ersten Bogen hängen mir allerhand Zweifel an. Die Note des Herausgebers wie an Göttingen das, was bei der Jurisprudenz verloren wird, anderwärts gut gemacht werden soll, ist merkwürdig. Vgl. auch Jacob Grimms Brief an Savigny vom 1. Juni 1809, ebd., S. 71f. – Görres, der Villers am 1. August für den Erhalt des Buches dankte, gab den Plan der Übersetzung nach seiner Lektüre auf; er rezensierte die Schrift in den Heidelbergischen Jahrbüchern 1808 (1. Jg, 5. Abtl., Bd. 3, S. 439–445). Auch das Morgenblatt nahm Villers Ankündigung auf (Nr. 127. 27. Mai 1808) und teilte mit (Nr. 163., 8. Julius 1808, S. 652, unter: Korrespondenz-Nachrichten): Kassel. Ueber deut-

sches Universitätswesen von V i l l e r s ist nach öffentlichen Blättern folgende Erklärung des Verfassers erschienen: »Auf Veranlassung einer in Kassel gedruckten Annonce haben bereits einige deutsche Zeitungen und Zeitschriften die Erscheinung des Versuches von mir: U e b e r d e u t s c h e s U n t e r r i c h t s w e s e n , mit zu großem Lobe angekündigt, und die Erwartung des deutschen Publikums viel zu hoch gespannt. Eigentlich hat diese kleine Schrift einen ganz besondern und speziellen Zweck. Sie ist durchaus nicht für Deutsche entworfen; und ich wünschte ihr deshalb keinen einzigen ä c h t e n deutschen Leser. Was könnte ein solcher daraus lernen? Nicht der innern Würdigkeit und Beschaffenheit des Gegenstandes gemäß habe ich gesprochen, sondern der Subjektivität derjenigen gemäß, an die der Vortrag gerichtet ist. Vieles mußte verschwiegen bleiben, vieles nur halb angedeutet werden 936

Zu ZfE 14 und 15

u. s. w. Es war überhaupt nur darum zu thun, aus dem Totaleindrucke die Ahnung entstehen zu lassen, daß die germanische Welt doch etwas Verschiedenes von der gallischen seyn dürfte, und andere Maximen zu ihrer Behandlung erforderte. Zu gegenwärtiger Erklärung fand ich mich bewogen, durch den trefflichen Aufsaz des Hrn. Professor Schleiermacher: Ueber Universitäten in deutschem S i n n e . Hier spricht ein Mann Germaniens zu den Seinigen, kraftvoll, gediegen und wahr. Man vergleiche also meine Arbeit keineswegs mit der seinigen. Er wollte nach Innen wirken, ich nach Aussen. So wie der Gesichtspunkt, so mußte die Sprache verschieden seyn, wenn ich meinen Zweck nicht gänzlich verfehlen wollte. – V i l l e r s .« Die genannte Annonce in der Arnim-Bibliothek (Sign. 2986). Die Übersetzung ins Deutsche, die in Lübeck erschien, stammt von dem Oldenburger Gymnasiallehrer Franz Heinrich Hagena.

Druckfehler 175,2

Frankreichs] Frankrreichs ZfE

ZfE 15 21. Mai: 177,4–190,4

Golo 〈. . .〉 dir!] Vgl. ZfE13.

937

Kommentar

ZfE 16

25. Mai: 191,3–12 Wohl hab’ ich solche gekannt 〈. . .〉 Crisalin 〈. . .〉 Sekendorfischen Musenalmanache für 1808]

Entstehung Arnim druckt die zweite Str. des Gedichts An mein Vaterland von Eduard (auch John oder Isaak) von Sinclair ab. Das Gedicht erschien, wie angegeben, zuerst in: Musenalmanach für das Jahr 1808. Herausgegeben von Leo

Freiherrn von Seckendorf. Regensburg, in der Montag- und Weissischen Buchhandlung. 1807, S. 104–106 (Zitat: S. 104). Sinclair war damals hessen-homburgischer Diplomat. So beginnt das Gedicht auch: Dich preis’ ich zuerst, Hessen, mein Land! Arnim hatte den Musenalmanach von Voß erhalten (s. o. S. 689). Sinclair nahm das Gedicht in seine Gedichtsammlung auf (1811–13). 192,1–201,2

/ 203,16–210,7 Der Ring. Ein Gedankenspiel 〈. . .〉 Leiden!] Entstehung

Arnims Stück hat seine Keimzelle in einem in London zwischen August und Weihnachten 1803 entstandenen Entwurf mit der Überschrift Der mytische Polterabend, den Ulfert Ricklefs »Amor-Spiel« nennt (H1; in: Werke 5, S. 1118 u. a.; vgl. Ricklefs-Lyr.-Reg. für einzelne Gedichte, z. B. Nr. 923, 1624 u. a.). Die Handlung ist anders, doch es treten in der Szene des Taschenbuchs ebenfalls eine Frau, ein Mann und ein Kind auf, die jedoch keine Familie bilden, auf einer zweiten Ebene vielmehr mythologische Figuren sind: die Frau Silphe (ein Geist), ihr Freund aus der Kindheit, jetzt Gesandter (Kastor), und ein Knabe, der bei einem Schiffbruch auftauchte (Amor). Zu dem Eingangsmonolog der Mutter gibt es zwei Entwürfe, die beide senkrecht gestrichen sind, bei Arnim ein Zeichen dafür, daß er den Text anderswo ver-

938

Zu ZfE 16

wendet hat. Statt des Rosengedichts stehen dort noch andere V. über Blumen.

Überlieferung 1

H : Engl. Lyrik-Heft I, Hs. GSA 03/183, Bl. 1v–5r. H2: Zwei Handlungsskizzen finden sich auf einem in der Mitte senkrecht durchgerissenen Dbl.: FDH 18224 und FDH 18517, 1 Dbl. 40, 3 S., Velinpapier. Auf der Rückseite zwei V. (Ricklefs Lyr.-Reg. 1198 H3). D2: Fassung in der

Gräfin Dolores (1810, 2. Bd., S. 344–375) Varianten

H1 192,11–193,23 Vom guten Morgen 〈. . .〉 Thal] (S. 1v): S i l f e 〈aus: Silphe〉 im Morgenkleide kommt

aus dem Schlafzimmer Die Tage sind gar liebliche Geschwister Der meine ist der Mutter Grab. O wie so unbemerkt kommt alles Schöne. Der Morgen siegte es stirbt die stille Nacht. Ja wohl du süsser Grus du liebe Helle Ich ruhe wieder dir im Arm die Kühlung Melodisch durch die Aeolsharfe tönet Wind Und Hymnen hör ich hell in allen Adern Schlagen O wie belebend bist du Frühlicht allen Seelen Du fühlst vom vollen Herzen es in den weiten Räumen Und alte Nacht sie steigt auf die Felsenwand Die Sonne die von unsern Blicken scheidet sich Und oben hausen lieblich schrecklich erste Strahlen. Im späten Traum und senden lange Schatten. Der Unbekannte hat ein Morgenopfer von Vögeln mir gebracht. Entflieget daß des Morgens ihr noch findet Durch Busch und Hecken klingt, weiß sie grüssen mich Voll Geister Tritten voll die Welt, ich mag Nicht um mich sehen, oft, doch bringen sie mir stets so zärtliche Geschenke. 939

Kommentar

O könnte ich den Mund eröffnen euch Blumen Verlaub, ihr lächelt zärtlich und ihr blicket schmerzlich nieder, O höret traulich zu die Engel singen wieder. Die Schüler singen vor dem Fenster ein Morgenlied (S. 2r):

Silfe im Morgenkleide sie nähert sich dem Fenster. Ja wohl du stiller Grus aus klaren Augen Der Schlaf sogar versteht dein liebes Hellen [Ich fühle dich du liebe Helle frühen Schlafs Dich lieber Helle dich versteht der Schlaf Dir ordnen sich, du Mahler aller Welt] Was du verwischt in Wolken neu erscheint Das ordnet leicht deinen Mahlerblick zu einem vereinen Aus Meer und Wolken ziehst du helle Strahlen, Aus trägem Stof die Geisterwelt zu mahlen. O wie so unbemerkt entfaltet sich das Schöne Aus dunkler Nacht das Rosenlicht der Töne Melodisch spielt der Ahndung Aeolsharfe Im Athem in dem Haar der hohen Bäume Und Herzen klingen tief im Busen uns O wie unendlig ist dein Frühling allen Sinnen, Aus engem Herzen können sie die Welt gewinnen; So wär es gestern, wurd es heute und morgen, Die Tage sind gar lieblige Geschwister, Auch sind die jüngern dem Mutterherzen lieber Sie sprechen nach was jene ältern fragen, Sie haben noch was Süsseres zu sagen. Und sollt ich sehen ob er wieder mir gebracht Gaben, ich sah ihn träumen Warum kann uns das Licht zum Lichte nicht verbinden (S. 2v):

Ich wage nicht mich um zu schauen, kaum zu reden, Wenn er jezt lauschte unter Epheuranken Die her um Fenster ziehen wie die Gedanken. Warum so stummer Dienst so stilles Sehnen, Was [schön schön] und herrlich ist mag einer Welt sich zeigen Sie öffnet ein Fenster und holt ein Vogelbauer aus Blumen geflochten 940

Zu ZfE 16

O könnte ich den Mund eröffnen euch ihr Blumen, Du strahlender Rubin du offne Nelkenfahne Wer brach 〈d〉ich, sieh Vertrauen ziemt den Frommen Viole wie du lächelst blickest nieder. Ich soll ihn kennen, nennen du ihn Rose, Denn nichts ist lieb, was nicht dir im Schooße. Für den Dialog zwischen Vater und Mutter gibt es folgende Vorstufen: 200,12–19 Erst mache heimisch 〈. . .〉 allein.] (S. 3v) 〈. . .〉:

K. O mach mich heimisch erst in diesem Wänden, Ist hier ein Haußherr dem ich Gastecht breche, Ein Ehemann? S. Er ist nicht hier. O nein hier bin ich frey ich lebe wie der Himmel Bald hell bald dunkel wie die schnellen Tage, 〈. . .〉 ZfE17 204,19–205,14 Was (S. 4v–5r) 〈. . .〉:

ich bisher bewohnt 〈. . .〉 fremde seyn.]

K Ich reiste ja Doch standen die Gedanken unergrifen, Erinnerung so fern, Geschäfte nahe, Für wen ich sorgte wust ich nicht, Und meine Arbeit war nicht Bienen Schwarm Verantwortung ruht schwer auf den Gesandten. Und Zutraun darf der Fremde ihm nicht geben, Ja selbst den Schein der Hingebung verwinden, Als Schlange muß er die belauern die er liebet Gesellschaft, die er hasst muß er besuchen, Und die gemüthlich ihm kaum heimlich sehen, Ein quälend Spiel zu seiner Ehre suchen Die Nacht vergähnen um den Morgen zu verfehlen, Wie seines Staates Freundschaft ist die eigne, Er sieht ihm Menschen nur den Bürger eines Staat So gehn die Menschen um ihn her wie leere Schatten Die der Erscheinung kurze Strecke halten.

941

Kommentar

(S. 5r):

Ja was das bitterste dem Kränkenden Er muß Beleidigung mit Lachen nur erwidern, Damit sein Streit nicht seinen Staat verflechte 〈. . .〉 Nein wer in allem garnichts sieht als wie zerrissne Theile Der nie das Ganze ahndet, der ist ein Staatsmann nur, So sind die Staaten nur so jämmerlich zerrissen, Daß wohl ein Einzger Mann von Herz den Plunder störet. H2

Abb. 23: ZfE 16: Arnim, Entwurf zu

Ring

Zerrissenes Doppelblatt, FDH Hs 18224 / 18517

942

Zu ZfE 16

Der vmtl. frühere Text lautet:

Kalte Unterredung. Der Sohn kommt mit dem Schwerdt er [sieht seine] fürchtet sich davor, er spricht von einem frommen Beruf [Der Sohn giebt dem Vater das Schwert] Die Mutter redet mit dem Sohn, Der Vater mit dem Sohn, Versöhnung. Der Sohn ersticht sich Der Vater geht ins Feld mit dem Schwerdte Der längere Entwurf, dessen Prosaskizze in Dramenverse übergeht, lautet (der Text der V. ist kaum zu entziffern):

Vorsicht und Bangen. 〈später daneben: Zwey Chöre ein histerischer und ein denkender〉

˙ ˙˙˙˙ ˙˙˙˙ ˙ ˙ ˙ Laune als Schicksal. Die Mutter. Der Vater zurückkehrend bringt den Sohn nachher. Er hat ihr einen Rosenkranz in Verwahrung gegeben und eine Liebe [aus einen Sohn] [üdZ sie sagt sie habe den kostbaren Rosenkranz, aber die Liebe verloren. Sie gesteht dem Vater ihre Furcht. Ja wenn sie fürchtet da muß Grund seyn] Der Vater will seinen Sohn zwingen die Mutter ihm zu entführen, der Sohn thut es aus Zuneigung; der Vater entfernt sich. Sie enthüllt ihm das Geheimniß seiner Geburt. Er ersticht sich und fasst sie sterbend. Der Vater kommt zurück und betet den Rosenkranz, aber er kann das Wort nicht finden. Er ist ein 〈xxx〉 Ja Ja ich sehe nicht Höre nicht. Fühle nicht Alles vergessen [üdZ ich weiß] Weiß von nichts [üdZ Gebet ich kann vergessen Mir ist nicht wohl] Flieh [aus Schlaf] ich Nein ich bete [üdZ Ich kann noch beten, muß Zeit in das Gebet noch sparn] ˙ ˙ ˙˙ ˙ Alles vergisst mich Nicht vorüber 943

Kommentar

Nicht vorüber Will die Korallen In den Faden Meines Leben Kneifet die Spinnerin Ziehet nicht weiter, Schneidet ihn nicht. Kneift nur im Einig Ersticken Mir an der Kehle. [ndZ Zurücke nichts Vorwärts nichts] Es ist ein Sturm Daß die Segel plazen Ich komme nicht weiter [üdZ Nicht vom Lande weit 〈x〉 .] Es ist eine Wasserfluth. Daß ich ersticke Und verbrenne Ein vergessen Feuer Im verlassnen Hause Alles weiß ich Soll ich nur das Beten nicht vergessen [rechts daneben]: O wie brennt der Boden Aber mich schmückt Rosenkranz in Ketten, ich kann nicht beten, ich Möchte nur brüllen Wie ein Stier der An den Körper angekettet Dem die Hörner schreckend Er läuft ins Feuer. Mich hält der Rosenkranz Eine Koralle Daß ich nicht greife Ans Schwerdt [ndZ Ich habe gefunden 944

Zu ZfE 16

die Rosen aber Die Rosen finden Mich nicht.] Wie ist es schwül hier, Es regnet Feuerwürmer Welch ein Schwäche Ich kann beten Aber ich weiß nicht wie, Kein Gedanke Kein Wort. Ich trete mir selber In den Weg Ich bete, daß Ich nicht beten kann Ich bete Qual und Angst Nicht vorüber Nicht vorüber Will die Koralle Ach noch unendlich viele Stosgebete [S. 2:] Hu wie ist es leer Hier ist ausgetanzt, Lichter heruntergebrannt, Und wie klein bin ich Und wie träge Zu war dieser Saal Käme ich nur heraus Ich will vergessen Denn ich habe vergessen Das Wort. Ich bete Qual und Angst. Mutter. Das ist mein Werk. In Laune du bist Des Schicksals Mutter. Dein Schicksal ist zu Ende Denn deine Laune war Furcht Nimm meine Hand. 945

Kommentar

Vater Ach wie du alt bist Deine Hand wie Eichenrinde Dein Har wie deren Staub so grau Mutter Ach du bist kalt und stachlig Und hältst mich so fest. Vater Ich bin der Teufel. Und du brenne Brust [ndZ Uns ist nicht wohl] Eine Hälfte Wie viele Ohne es zu wissen, Es geschieht Was du denkst Nicht wie du thust Darum bringst ˙ ˙˙ ˙ ˙ ˙˙ Vor Gedenken [rechts daneben in der 1. Stufe, später korrigiert]: Du denkst Wie ich that Was immer gut, Deß ist ein Geheimniß, Was immer böse Das sei immer offenbar Uns ist nicht wohl Doch laß uns schweigen Mutter. Stille, stille, stille Mein Gedanke unser Bangen. [Ferner auf S. 4; Ricklefs-Lyr.-Reg. 1198 H3]: Ich gehe wie auf Silbersaiten Und jeder Schrit erklingt wie Melodie 946

Zu ZfE 16

Die V. haben Beziehung zu denen in Friedrichs Jugend: Immer die Korallen. . . (Ricklefs Lyrik-Reg. 875). Hiernach hätte Arnim an einen tragischen Ausgang gedacht; in der Tat ist das Holen des Schwerts in dem fertigen Spiel ein blindes Motiv. Nach dem Abdruck in der ZfE nimmt Arnim den Ring in die Gräfin Dolores auf. 193,14–23 1763.

Wie verlieren sich die Blätter 〈. . .〉 Thal.] Ricklefs Lyr.-Reg.

Entstehung Das dem Stück eingefügte Gedicht entstand in frühester Fassung 1804 in England. Arnim hatte es schon in verschiedene von ihm nicht publizierte Werke aufgenommen.

Überlieferung H1: GSA 03/15, S. 95, in: Friedrichs Jugend H2: FDH Pergamentband I, Nr. 10 Rose; D: Werke V, S. 160. Leicht abweichend. H3: FDH G 110, in: Der Edelknabe und die Müllerin, Vorstufe zu: H4: FDH 7708, in: Markgraf Otto von Brandenburg D3: Kiermeier-Debre 1986, S. 199.

Druckfehler 192,15 langsam er] langsamer 195,28 vögelklingenden] vögelklingende 197,5 vollendete] Vollendete 197,11 entschuld’gen] entschul’gen 198,34 Wanderer] Wandrer Jessen 200,10 immer mehr] immermehr 200,27 ein Heiter] vielleicht Druckfehler für

ZfE17 207,20

Ring] Ning

947

es heiter

Kommentar

Erläuterungen In dem kleinen Stück wird eine zerrüttete Ehe durch das Kind wieder geheilt, das den Ring findet, den die Mutter weggeworfen hatte. Dieser ist als Ewigkeitssymbol der Schlange geformt. (207,16–20) Das Kind weist auch die Eltern auf den Glockenklang hin und führt sie zum Schluß zur Versöhnung in die Kirche. 193,23 Ihr stillen Gründe, du einsam Thal] Die Zeile ist von Tieck beeinflußt: Hier im stillen einsam grünen Thal aus Tiecks Lied Dicht von Felsen eingeschlossen. . . aus seiner Genoveva (vgl. ZfE13). – In diesem Gedicht Arnims spricht die Frau ihre Erfahrungen in der Liebe aus, die sie mit der Rose vergleicht. 196,23 als wär er nicht von dieser Welt] Vgl. Joh. 8,23. 197,7 Sinter] Gestein, das durch Ablagerung aus fließendem Wasser entstanden ist. 197,23 Ein Augenblick umschloß die Ewigkeit] Zur für Arnims Werke zentralen Vorstellung des »ewigen Augenblicks« vgl. z. B. auch die Päpstin Johanna, Anfang von III,2: In einem Augenblicke eine Ewigkeit. (WAA X/1, S. 134) 198,12 Ein Kind so roth wie Blut, so weiß wie Schnee] Das Motiv ist heute am bekanntesten aus dem Märchen der Brüder Grimm Sneewittchen (KHM 53; D: 1812). Eine erste handschriftliche Fassung unter dem Titel Schneeweißchen sandte Jacob Grimm im April 1808 an Savigny (vgl. den Abdruck in: Die älteste Märchensammlung der Brüder Grimm. Synopse der handschriftlichen Urfassung von 1810 und der Erstdrucke von 1812, hg. v. Heinz Rölleke. Cologny-Gene`ve 1975, Anhang, S. 381–383). Doch erscheint die Formel auch schon in Musäus’ Märchen Richilde (D: 1782). Arnim könnte durch beide Märchen angeregt worden sein. Vgl. Rölleke 2014. 199,4 Seegesicht] Optische Täuschung, Fata Morgana (DWb 9, Sp. 2834). 199,28 Und Feuer würd’ in ihm mit Wasser zischen] Vgl. das Demophon-Märchen am Ende der I. Periode in der letzten Fassung der Päpstin Johanna. (WAA X/1, S. 48f.) 200,9 Und du erhöhst den Preis des Buchs Sybilla] Die Sibylle von Cumae verbrannte von den neun Büchern ihrer Weissagungen zweimal drei Bücher, als dem römischen König Tarquinius Priscus der Preis zu hoch erschien, so daß nur drei Bücher erhalten blieben. Vgl. Lützeler, in: Werke I, S. 811f.

948

Zu ZfE 16

200,37 Doch eine nur ist aus dem Schaum gestiegen] Aphrodite, die angeblich aus dem Schaum des Meeres geboren war; röm. Venus.

ZfE17 205,27 Nicht Menschenklugheit 〈. . .〉 Frieden] Vgl. den schon in ZfE1 zitierten latein. Spruch Goethes für Arnims Stammbuch. 205,31 sie] Im Streit reden sich die Gatten per Sie an. 207,18–19 Es ist ein Schlänglein 〈. . .〉 Augen.] »Der Ring als Ouroboros ist ein alchimistisches Zentralsymbol des geschlossenen Kreises (ohne Anfang und Ende), der Ganzheit und der Einheit der Gegensätze.« (Lützeler, in: Werke I, S. 812) Hier bezogen auf das Weiterleben im Kind (vgl. 209,18):

Doch fühlet er, daß nie das Leben ende. 208,25 Wir sind ja drey, so sind wir die Gemeine] Nach Matth. 18,20. 210,2 Gittersitze] Eigtl. eine Art Kirchenstühle (DWb 4, Sp. 7584). 210,6 Und 〈. . .〉 scheiden] Vgl. die Hochzeitsformel nach Mt. 19,6 bzw. Mk. 10,9.

949

Kommentar

ZfE 17

28. Mai: 202,3–203,14

Des Knaben Tod 〈. . .〉 Der Traum 〈. . .〉 Uhland] Entstehung

Nach einer handschriftlichen Notiz von Uhland entstand Des Knaben Tod am 1. Juni 1806. Am 26. Dezember 1807 schrieb Uhland an Karl Mayer (Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 56): Von den Gedichten, die du hier er-

hältst, sind D e s K n a b e n To d und M u t t e r u n d K i n d nicht neu, aber neuerlich etwas umgearbeitet oder vielmehr abgekürzt worden. Varianten Verglichen mit: Gedichte, hist.-krit. Ausgabe, Bd. I: Text, S. 155f.; Bd. II: Kommentar, S. 69. 202,11 Sonn] Sonne 202,19 im rothen] in seinem

Entstehung Eine handschriftliche Notiz datiert die Entstehung von

Der Traum auf: 28.–

29. Oktober 1806. Variante Verglichen mit: Gedichte, hist.-krit. Ausgabe, Bd. I: Text, S. 156, Bd. II: Kommentar, S. 69f. 203,7 Sie] Und 203,16–210,8

Der Ring 〈. . .〉 Arnim] Vgl. ZfE16.

210,10–212,17

Zur Geschichte der Poesie. Dante 〈. . .〉 starb.] 950

Zu ZfE 17

Entstehung Clemens Brentano schrieb Arnim am 8. April 1808 aus Kassel (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v; FBA 32, S. 56): Beiliegend erhälst du zwei schöne Anecktoden von Dante 〈. . .〉. Die Geschichte ist der Novellensammlung Trecento Novelle des ital. Erzählers Franco Sacchetti (1332/4–1400) entnommen, die 1724 erstmals von Giovanni Bottari herausgegeben wurde. Seine Novellen haben anekdotischen Charakter. – Eine Hs. im Besitz des FDH (Sign. 7689) legt nahe, daß die Übersetzung nach Sacchetti zunächst von Brentanos Frau Sophie (geb. Schubart, gesch. Mereau, 1770–1806) angefertigt worden war. Ihre Hs. stellt eine weitere Übersetzung einer Dante-Anekdote von Sacchetti dar; Clemens Brentano korrigierte sie leicht und gab ihr die Überschrift: Was Dante dem verliebten Genueser gerathen. Es handelt sich um die Novella VIII (in der unten zitierten Ausgabe S. 98–101). Ohne den Zusammenhang mit der ZfE zu erkennen und die Q zu ermitteln wurde die Hs. in der Ausstellung »Dichter der deutschen Romantik« im FDH 1976 gezeigt. Im Katalog heißt es über die mögliche Entstehung: »1804 und 1805 erschienen zwei Bände Spanische und Italienische Novellen herausgegeben von Sophie Brentano. Der Anteil der beiden Eheleute an diesen Bearbeitungen ist bis heute nicht geklärt. Nach den Äußerungen Brentanos wäre zu vermuten, daß er selbst die Hauptarbeit leistete, obwohl die Bände unter ihrem Namen veröffentlicht wurden. Das vorliegende Manuskript dürfte in den Umkreis der italienischen Erzählungen gehören und läßt eine enge Zusammenarbeit erkennen: Clemens hat den Text von Sophie im ersten Abschnitt korrigiert.« (Dichter der deutschen Romantik. Zeugnisse aus dem Besitz des Freien Deutschen Hochstifts. Ausstellung. Katalog, hg. v. Detlev Lüders, Frankfurt/M. 1976, S. 55). Da die Dante-Anekdoten in die Novellen-Ausgabe nicht aufgenommen worden waren, standen sie für die ZfE noch zur Verfügung. Wahrscheinlich hätte die Novelle vom Verliebten Genueser noch folgen sollen, denn die Hs. entstammt dem Arnim-Nachlaß (erworben 1929 auf der Henrici-Auktion, Kat. 149, Nr. 183).

Quelle Ersatzvorlage: Novelle di Franco Sacchetti, cittadino fiorentino. Volume secondo. Milano: per Giovanni Silvestri 1815, S. 154–158:

951

Kommentar

DANTE ALLIGHIERI fa conoscente uno fabbro, e uno asinajo del loro errore, perche` con nuovi volgari cantavano il libro suo. Novella CXIV. L’eccellentissimo poeta volgare, la cui fama in perpetuo non verra` meno, Dante Allighieri fiorentino, era vicino in Firenze alla famiglia degli Adimari, ed essendo apparito caso, che un giovane cavaliere di quella famiglia, per non so che delitto, era impacciato, e per esser condennato per ordine di justizia da uno esecutore, il quale parea avere amista` col detto Dante; fu dal detto cavaliere pregato, che pregasse l’esecutore, che gli fosse raccomandato. Dante disse che’l farebbe volentieri. Quando ebbe desinato, esce di casa, ed avviasi per andare a fare la faccenda; e passando per porta san Piero, battendo ferro un fabbro su la ’ncudine, cantava il Dante, come si canta un cantare, e tramestava i versi suoi, smozzicando e appiccando che parea a Dante ricever di quello grandissima ingiuria. Non dice altro, se non che s’accosta alla bottega del fabbro, la` dove avea di molti ferri, con che facea l’arte; piglia Dante il martello, e gettalo per la via, piglia le tanaglie e getta per la via, piglia le bilance e getta per la via, e cosı` gitto` molti ferramenti. Il fabbro, voltosi con un atto bestiale, dice: Che diavol fate voi? siete voi impazzato? Dice Dante: O tu che fai? Fo l’arte mia, dice il fabbro, e voi guastate le mie masserizie, gittandole per la via. Dice Dante: Se tu non vuogli che io guasti le cose tue, non guastar le mie. Disse il fabbro: O che vi guast’ io? Disse Dante: Tu canti il libro, e non lo dı`, com’ io lo feci; io non ho altr’ arte, e tu me la guasti. Il fabbro gonfiato, non sapendo rispondere, raccoglie le cose, e torna al suo lavorio; e se volle cantare, canto` di Tristano e di Lancellotto e lascio` stare il Dante; e Dante n’ ando` all’ esecutore, com’ era inviato. E giugnendo allo esecutore, e considerando che ’l cavaliere degli Adimari che l’avea pregato, era uno giovane altiero, e poco grazioso, quando andava per la citta`, e spezialmente a cavallo, che andava sı` con le gambe aperte che tenea la via, se non era molto larga, che chi passava convenı`a gli forbisse le punte delle scarpette; ed a Dante, che tutto vedea, sempre gli erano dispiaciuti cosı` fatti portamenti. Dice Dante allo esecutore: Voi avete dinanzi alla vostra corte il tale cavaliere per lo tale delitto, io ve lo raccomando, comeche` egli tiene modi sı` fatti, che meriterebbe maggior penas ed io mi credo che usurpar quello del Comune e` grandissimo delitto. Dante non lo disse a sordo; perocche` l’esecutore domando`, che cosa era quella del Comune che usurpava. Dante rispose: Quando cavalca per la citta`, e’ va sı` con le gambe aperte a cavallo, che 952

Zu ZfE 17

chi lo scontra conviene che si torni addietro, e non puote andare a suo viaggio. Disse l’esecutore: E parciti questa una beffa? egli e` maggior delitto che l’altro. Disse Dante: Or ecco, io sono suo vicino, io ve lo raccomando. E tornasi a casa; la` dove dal cavaliere fu domandato come il fatto stava. Dante disse: E’ m’ ha risposto bene. Stando alcun dı`, il cavaliere e` richiesto, che si vada a scusare dell’ inquisizioni. Egli comparisce, ed essendogli letta la prima, e ’l giudice gli fa leggere la seconda del suo cavalcare cosı` largamente. Il cavaliere, sentendosi raddoppiare le pene, dice, fra se` stesso: Ben ho guadagnato, che dove per la venuta di Dante credea esser prosciolto, ed io saro` condennato doppiamente. Scusato, accusato che si fu, tornasi a casa, e trovando Dante, dice: In buona fe, tu m’ ha’ ben servito, che l’esecutore mi volea condannare d’una cosa, innanzi che tu v’andassi; dappoi che tu v’andasti, mi vuole condennare di due; e molto adirato verso Dante disse: Se mi condannera`, io sono sofficiente a pagare, e quando che sia ne meritero` chi me n’ e` cagione. Disse Dante: Io vi ho raccomandato tanto, che se fusse mio figliuolo, piu` non si potrebbe fare; se lo esecutore facesse altro, io non ne sono cagione. Il cavaliere, crollando la testa, s’ ando` a casa. Da ivi a pochi dı` fu condennato in lire mille per lo primo delitto, ed in altre mille per lo cavalcare largo; onde mai non lo pote` sgozzare ne` elli, ne` tutta la casa degli Adimari. E per questo, essendo la principal cagione, da ivi a poco tempo fu per Bianco cacciato di Firenze, e poi morı` in esilio, non sanza vergogna del suo Comune, nella citta` di Ravenna. Druckfehler 212,8

Dante:] Dante;

953

Kommentar

ZfE 18

31. Mai: Redaktion der

ZfE

Ab Nummer 18 übernahm Brentano vorübergehend die Redaktion, weil Arnim vom 29. Mai bis zum 21. Juni abwesend war (vgl. Schellberg/Fuchs 1939, S. 379). Da das Gedicht Die Einsiedlerin dreispaltig gedruckt ist, fehlen die Spaltenbezeichnungen 137 und 138 auf der ersten Seite. Vielmehr sind die folgenden Seiten als 137 und 138 bezeichnet; es fehlen jedoch die Seiten 139 und 140. Im Kommentar ist das richtig gestellt. 213,3–218,9

Die Einsiedlerin 〈. . .〉 Brentano] Entstehung

Das Gedicht schrieb Brentano für seine zweite Frau Auguste, geb. Bußmann (1791–1832), die er am 20. April wegen ständiger Ehestreitigkeiten aus Kassel zu Pfarrer Adam Mannel und seiner Familie in Allendorf bei Treysa (in Norden, 214,3) in Pension gebracht hatte, ehe er nach Heidelberg ging (nach Süden, 214,3). Im letzten V. (218,8) redet er sie an: O Liebchen 〈. . .〉. In Brentanos Gedicht wünscht die Frau, einsam zu leben; in der Ehe der Brentanos war er es, der die Trennung wollte. Eine Anspielung auf Augustes Briefe sind die V. 87–89 (215,18–20): »Wie Einsam ist Liebchen, wie

allein,/ In Sehnsucht will ihr das Herz zerbrechen,«/ So schreibt sie oft auf Täfelein. Auguste freute sich bei der Lektüre; sie schrieb Clemens am 22. Juni (vgl. Moering 2003, S. 114–121, 106, mit Abdruck von Brentanos Gedichten für Auguste; Briefzitat zuerst in: Requiem für eine romantische Frau. Die Geschichte von Auguste Bussmann und Clemens Brentano. Nach gedruckten und ungedruckten Quellen überliefert von Hans Magnus Enzensberger. Berlin 1988, S. 75): Heute ganz früh kam der Einsiedler und das Kreuz mit

954

Zu ZfE 18

dem heilgen Liebeszettelchen das mir mehr ist als alle Reliquien die es offenbart 〈. . .〉 Es freut mich sehr daß du in den Einsiedler alle die Aufsätze nahmst welche du mir diktirt, und die mich an so glückliche Tage erinnern, auch das Gedicht die Einsiedlerinn. 〈. . .〉 Wenn du mir eine Freude machen willst lieber, so laß noch diesen Monat einrücken: D e r L i e b e To d u n d L e b e n , und Ve r z w e i f l u n g i n d e r L i e b e a n d e r L i e b e das L i e d v o n d e r S k l a v i n A m a 〈. . .〉. Diese Gedichte nahm Brentano aber nicht in die ZfE auf. – Rölleke wies darauf hin, daß das Gedicht durch ein Lied einer Pilgerin angeregt sein könnte, das Brentano für das Wh bearbeitete: Ein neues Pilgerlied. (Aus den Siebziger Jahren, mitgetheilt von H. F. Schlosser.) Brentano hatte es von Fritz Schlosser zugesandt bekommen und durch Mohr zurückgesandt, wofür sich Schlosser am 7. August 1806 bedankte (vgl. FBA 7, S. 332f.; FBA 9/2, S. 523– 525; FBA 9/3, S. 838; Moering 2002, S. 52).

Druckfehler 215,3 Bitten] Birten 215,26 perlenen] perlernen 218,3 schwingen] schwingen.

Erläuterungen Rölleke untersuchte das Leitmotiv der Rosen in diesem Gedicht und wies auf die sprichwörtliche Wendung: Zeit bringt Rosen hin. Er gab literarische Beispiele, die Brentano kannte, erwähnte aber auch, daß Brentano seiner Schwester Sophie schon am 13. März 1797 schrieb: Doch die Zeit bringt Rosen (Schellberg/Fuchs 1939, S. 64). Neben Q für das Wh (vgl. FBA 9/2, S. 244) ist im Heidelberger Kontext besonders eine Szene aus Vossens Idylle Luise bemerkenswert, in der der Brautvater dieses Sprichwort zitiert und überdies die Verlobten als hülflos Einsiedelnde bezeichnet. Vgl. Heinz Rölleke, »Zeit bringt Rosen«. Anmerkungen zu einem Sprichwort in Brentanos Gedicht Die Einsiedlerin. In: Aurora 37, 1977, S. 107–114. 214,19 Flöte der Wanduhr] Eine der zu Ende des 18. Jhds beliebten Flötenuhren, wie sie auch in Eichendorffs Dichtung immer wieder eingesetzt werden. Vgl. Renate Moering, Kap. Klänge, in: Eichendorff wieder finden. Joseph von Eichendorff 1788–1857. Hg. v. Anne Bohnenkamp und Ursula Regener. Eichendorff-Gesellschaft / Freies Deutsches Hochstift. Ausstellung, Frankfurt/M. 2007, S. 82–84.

955

Kommentar

Die geistliche Spinnerin 〈. . .〉 Granatapfel, von Joh. Gayler von Kaysersperg. 〈. . .〉 Kupfertafel]

218,11–219,6

Entstehung und Quelle Der berühmte Volksprediger Johann Geiler von Kaysersberg (1445–1510) stammte aus Schaffhausen, wurde in Kaysersberg im Elsaß erzogen und war seit 1478 Prediger in Straßburg. Pfaff ermittelte die Vorlage, den Druck: Straßburg bei Knoblauch 1511 (D1: Augsburg bei H. Otmar 1510; der Text der zitierten Passage unterscheidet sich nur in der Orthographie). Pfaff schloß aus der abweichenden Bildvorlage für die Radierung auf die Q: »Uebrigens ist nicht dieser älteste Druck für die Einsiedlerzeitung benützt worden, denn unser Bild gibt das der Straßburger Ausgabe wieder und nicht das bessere der Augsburger. Das Bild ist gezeichnet von Hans Burgkmair dem ältern geb. 1473 und † 1532 zu Augsburg. Vgl. Kulturgeschichtl. Bilderbuch I, S. 205, Nr. 308.« (S. 178.) Pfaff ermittelte aber die Straßburger Ausgabe nicht, nach der hier die Q zitiert wird (Hess. Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt). Der Text ist gekürzt und sprachlich leicht modernisiert, aber nicht verändert: Haupttitelblatt: Das buch Granatapfel. im latein genant Malogranatus.

helt in im gar vil vnd manig heilsam vnd süsser vnderweysung vnd leer 〈. . .〉 Item ein merckliche vnderrichtung der geistlichen spinnerin. 〈. . .〉 Merers teyls gepredigt durch den hochgelerten doctor Johannem Geyler vonn Keysersperg etc. Zwischentitel: Die geistlich spinnerin. nach dem Exempel der heilige wittib Elizabeth/ wie sie an einer geistlichen Kunckel/ flachs vnd woll gespunnen hat. Geprediget durch den wirdigen Doctor Johannem Geiler von Keysersperg etc. Folgt auf der linken Seite die Abbildung, darüber steht: Labores suos dispersit et dedit pauperibus. Ideo iustitia eius exemplaris manet in seculum seculi etc. »Sie verteilte die Ergebnisse ihrer Arbeit an die Armen, daher wird ihre beispielhafte Gerechtigkeit ewig bestehen.« Zitiert in der Anmerkung (218,33f.). Blatt Lij, Sp. 1, Überschrift:

In dem namen gotes hebt an die Erst Predig von der geistlichen Kunckel. Beginnend mit einer Initiale A: ALlerliebsten brüder vnd schwestern in dem herren Jesu. Die wort die ich euwer liebe fürgehalten hab in dem latein beschreybt der weyß Salomon in dem buch der sprüch am letsten capitel also lautend. Sie hat gesucht flachs vnnd woll/ vnd ir finger haben begriffen die spindel Kürtzlich von disen worten/ vnd besunder in disem werck zu redenn/ ist mir not die gnad gottes zu 956

Zu ZfE 18

erwerbenn durch die fürbittung der hymlischen künigin. Grüssend sie mit einem Aue maria. Groß genad vnd barmhertzigkeit sey mit der hochgelobten vnd weytberümpten wittiben Elizabeth/ die da gewesenn ist ein Hertzogin vnd Landtgräuin von Hessen. Wöllen wir vnser kunckel oder rocken anheben/ der zu lob vnnd zu eren ich für mich genommen hab meine fürgelegten wort. Sie hat gesucht flachs vnd woll etc. vbi supra. Wie wol sie ein Künigin was der geburt/ wann ir vatter was ein künig zu Hungern/ vnd kam sie doch von gots genaden zu sollicher armut das sie sich mit iren eygen henden mußt erneren was sie leyplich gespunnen hat/ druckt die hystori vß/ was sie aber geistlich gespunnen hat innwendig in irer sel/ vnd wie ein andächtige sel spinnen soll. Dar vff wil ich mein red keren. Vnd zu besserung wenn ich ansich das spinnen Elizabeth/ so begegnet mir ein ander spinnen das sie gethon hat vnd ein yetliche sel thun sol. Was ist das selb spinnen. Nichts anders dann ein ernstliche betrachtung götlicher vnd geistlicher ding/ wie ein mensch die spindel erwüschet oder begreyfft/ vnd sie schlecht an das werck der kunckel/ vnnd hefftet mit seinen fingern an. Also ein betrachtende sel schlecht ire finger an ernstlich zu ersuchen vnd zunemen was gott antrifft. Nun wolan. Was hatt gespunnen die andächtig witib Elizabeth Sprichst du/ wie soll ein andächtige seel spinnen? Sie hat ir selb gespunnen ein mantel innwendig an irer sel/ mit den fingern irer betrachtung/ mit wölchem manntel sie hat bedeckt alle ire sünd. In wölchem mantel sie frölich ist erschynen vor dem angesicht des allmechtigen gottes/ vnd vor allem hymlischen hör. Was ist diser mantel? Es ist nichts anders dann christenliche liebe. Christenliche liebe ist der mantel vnd das cleid/ damit bedeckt muß werdenn alle sünd. Als sant Peter spriht. i. Petri. iiij. Die liebe bedeckt die menig der sünd. Wer diß cleyd an hat der würt frölich yngelassen in die ewigen seligkeyt. Die Predigt setzt sich auf mehreren Seiten fort anschließend folgen sieben weitere Predigten zu dem Thema. – Möglicherweise hatte Brentano auch diesen Beitrag seiner Frau Auguste schon in Kassel diktiert (vgl. ZfE6; Kommentar).

Druckfehler 219,3–4

bedeckt] bedeut ZfE

Die Kupfertafel (225/226,24) hatte Ludwig Emil Grimm noch in Kassel nach Brentanos Wunsch gestochen. Dieser bat Jacob und Wilhelm Grimm (Heidel-

957

Kommentar

berg, 7. Mai 1808; FBA 32, S. 65): Sobald Louis fertig 〈m〉it der Elisabet schicken sie dieselbe, und wieder (Heidelberg, 12. Mai 1808, Poststempel: 18. Mai; FBA 32, S. 67): 〈. . .〉 die Elisabeth erwarten wir recht bald m〈it〉 Freude, senden sie dießelbe stark mit Makulatur gepolste〈rt〉 direct per Postwagen an Zimmer hierher.

Erläuterung Die hl. Elisabeth v. Thüringen (1207–1231) war die Tochter des Königs Andreas II. von Ungarn, heiratete 1221 den Landgrafen Ludwig von Thüringen (1200–1227). Nach seinem Tod wurde sie von seinen Verwandten von der Wartburg vertrieben. In Marburg gründete und leitete sie 1229 ein Armenspital. Schon 1235 wurde sie heiliggesprochen. 219,8–221,22

Von dem Leben 〈. . .〉 Erzählung.] Vgl. ZfE10.

222,1–226,23 653.

Lehrgedicht an die Jugend 〈. . .〉 nicht.] Ricklefs-Lyrik-Reg.

Entstehung und Rezeption Arnims Gedicht ist nur hier überliefert. – Brentano lobte das Gedicht in einer sonstigen Kritik von Arnims Lyrik (vgl. auch Komm. zu ZfE36; Landshut, nach dem 14. November 1808: Das Papier liegt immer neben 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 265r–267v): 〈. . .〉 es ist fast unbegreiflich wie du ein-

zelne Gedichte z. B. den Lehrbrief, der so göttlich klar und tief und wieder andere 〈. . .〉 zugleich lieben kannst 〈. . .〉. Erläuterung Das didaktische Gedicht enthält eine Huldigung an Goethe unter dem Zeichen der Sonne (226,7), was durch den Reim auf Abendröthe (226,9) eindeutig ist. Daher auch in SW 22, S. 71: Goethe. Vgl. Steig 1912, S. 233; Werke V, S. 565–568 u. 1354–1356. 223,27

Art 〈. . .〉 Art] Sprichwort, vgl. Wander 1, Sp. 148f.

958

Zu Mai-Heft

May-Heft. Umschlag 228,1–234,5

Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten

〈. . .〉 Görres] Entstehung Görres’ Satire karikiert Voß und seine Anhänger. Er greift auf seine Schriftproben von Peter Hammer (Heidelberg: Mohr und Zimmer 1808) zurück. Ziolkowski erläutert das Pseudonym: »Peter Hammer ist die unmißverständliche deutsche Übersetzung des französischen Namens Pierre Marteau. Pierre Marteau war seit Mitte des 17. Jahrhunderts der fiktive Name eines fingierten Verlegers in Köln, unter dessen Zeichen subversive Werke – Regierungskritiken, politische und religiöse Satiren, schlüpfrige Abenteuerromane, und dergleichen – zunächst in französischer und bald auch in deutscher Sprache und in verschiedenen Städten und Ländern veröffentlicht wurden, um die Zensur zu umgehen.« (Ziolkowski 2009, S. 122; vgl. ZfE3 sowie die Anzeige auf dem April-Umschlag). Görres entgegnet den Angriffen im Morgenblatt (s. o.). Der Anfang (228,3–10) bezieht sich auf die teils verleumderische Darstellung Heidelbergs des reisenden Berliners Georg Reinbeck, gegen die Görres eine Erklärung organisiert hatte (Bruchstücke einer Reise durch

Deutschland, die nächstens im Drucke erscheinen wird. In Briefen aus Heidelberg. (Von G. Reinbeck.); Morgenblatt, 1807: Nr. 277 (19.11., S. 1106–08), 279 (21.11., S. 1115f.), 293 (8.12., S. 1171f.), 295 (10.12., S. 1178f.), 296 (11.12., S. 1183f.), 305 (22.12., S. 1218f.), 306. (23.12., S. 1223f., 309 (26.12., S. 1234f.), 1808: 2. Jg., Nr. 7 (8.1., S. 26f.), Nr. 9 (11.1., S. 34f.). Heinrich Voß mutmaßte über diese Briefe gegenüber Goethe am 21. Januar 1808: Im Grunde ist die Madame Reinbeck die Ver-

fasserin jener wunderlichen Briefe. Sie glaubt sich – vielleicht nicht ganz zu Unrecht – von vielen hiesigen Familien beleidigt – und rächt sich nun durch die Schriftstellerfeder ihres Mannes. Es ist eine schreckliche Frau! (Görres, Ergänzungsband 1, S. 27) Nach Unterlagen des Cotta-Archivs ist Georg Gottlieb Sigismund von Reinbeck (1766–1849) der Verfasser (vgl. Fischer 2000, S. 401). Görres karikiert Reinbeck auch in Des Dichters Krönung in der Beylage zur ZfE.

959

Kommentar

Der zweite Absatz (228,31–230,12) nimmt die Kritik des Morgenblatts vom 11. März 1808 (Nr. 61, S. 241f.) auf, in dem »vor allem gegen die von Schelling beeinflußten Spekulationen eines (Karl) Daub, (Philipp Anton) Marheineke, (Friedrich) Creuzer, Görres vorgegangen« wird (Levin 1922, S. 86); neben den Vorlesungen der beiden Theologen wurden besonders die von Görres karikiert, z. B. in dem:

S c h r e i b e n eines Studirenden auf der Universität – – – an seinen Vater, den Baudirektor R – – – zu B – –. 〈. . .〉 Schon der Aesthetik allein halber segne ich unsere Auswanderung aus H a l l e . 〈. . .〉 Es ist ein hohes, treffliches, geniales Wort, was er in einer seiner letzten Vorlesungen über Aesthetik behauptete – nämlich: »deutsche Kunst und Wissen seyen in unserer Zeit so kalt und naß – wie eine Hundesschnauze.« – 〈. . .〉 Aber was halten Sie, lieber Vater! von der genialen Ansicht Ihres eigenen Kunstgewerbes, d e r B a u k u n s t ? – Sie ist nach meinem Lehrer nichts anders, als eine g e f r o r n e M u s i k – eben so wie nach ihm die P a r f ü m i r - K u n s t – M u s i k d e s G e r u c h s ist. – – – 〈. . .〉 I c h h ö r e D o g m a t i k n a c h Grundsätzen der Naturphilosophie-Kirchengeschichte nach der eigentümlichen Ansicht des genialen Profess o r s . . . . . u n d d i e E r k l ä r u n g d e s n e u e n Te s t a m e n t s im Geiste des ä c h t e n Orientalismus oder der B r a m i n e n ; denn nach Indien soll und muß unser Blick gerichtet seyn. 〈. . .〉 Liturgik wird jetzt auf hiesiger Universität nicht gelesen; wohl aber, was nöthiger und für Amt und Leben nützlicher ist – M y s t i k . 〈. . .〉 Der angebliche Student ist in Wirklichkeit Heinrich Salomo Michaelis (vgl. Fischer 2000, S. 364). Auch der aufklärerische Theologiestudent Hilgard erlebte Görres so und kritisierte ihn in seinen Erinnerungen ähnlich (Hilgard 1860, S. 138f.). Der Verfasser legt ein Sonett bei: Das Posthorn. Der Aufsatz ist unterschrieben: M.T.E. . . Der Gottesgelahrtheit und der namenlosen Weisheit Beflissener. Görres hatte seine Ästhetik-Vorlesung im Wintersemester 1806/07 und wieder im Sommersemester 1807 gehalten. Leo Just teilt eine Vorlesungsmitschrift mit. Es heißt darin: 〈. . .〉 keine Richtung wird

sich in der Entwicklung eines Volkes zeigen, die nicht im Keim schon in seinen Mythen wäre. (Just 1955, S. 426) Görres zieht die Mythologie Indiens, Persiens und Ägyptens, aber auch die altnordische Dichtung heran. Seine Vorlesung über Physiologie, die ihm ein Bestandteil der Ethik war und die er mit Hygiene betitelt, entwickelt seine Gedanken von einer Harmonie von Mikrokosmos und Makrokosmos; die Krankheit geht nicht vom Ganzen, sondern vom Besonderen aus. »Im praktischen Teil werden Anweisungen zur

960

Zu Mai-Heft

Erhaltung der Naturharmonie oder ihrer Wiederherstellung gegeben. Die Leidenschaften in ihrer Wirkung auf den Körper, die Speisen (z. B. das Vegetariertum), Duftstoffe, Narkotika etc. kommen zur Sprache.« (Just 1955, S. 424). Diese Vorlesung hielt Görres im Wintersemester 1807/08). Mit Schneider (228,31) wird wahrscheinlich auf Voß angespielt (vgl. auch Brentanos Märchen vom Schneider Siebentodt auf einen Schlag; FBA 17). Fractur in Unzialbuchstaben bezieht sich auf die Begriffe der Schriftproben, wenn es auch kein entsprechendes Kapitel gibt. In dem Absatz taucht eine Hundemeute auf, die sich um den Hundeliebhaber (229,26) schart. In der bildhaften Sprache der Schriftproben ist nun öfters von Hunden die Rede. Wahrscheinlich besaß Voß eine Abneigung gegen Hunde. Jedenfalls teilte Görres später eine entsprechende Anekdote mit. In seinem Nachruf auf Arnim schrieb er 1831:

Wenn Voß frei von seinen Paroxysmen, im Schlafrocke an seinem Tische saß, die Dose zwischen dem Daumen und Zeigefinger drehend, 〈. . .〉 von der großen Hundemassacre, die der Herzog seinetwegen in Eutin angerichtet, 〈. . .〉 redete, dann erschien er, wie ihn Gott gemacht, ein ernster, verständiger Mensch, wohlunterrichteter, nicht eben geistreicher aber gutmüthiger Mann, ein anständiger Philister im bessern Sinne des Wortes; man konnte ihm gut zuhören, und ich hätte 〈. . .〉 mich mit ihm auf Lebenszeit vertragen, hätte er sich nur mit mir vertragen wollen. Aber wenn der Anfall kam, dann zog mit dem bösen Feinde auch die Tücke ein, und es war dann nicht schön mit ihm zu leben. (Zitiert nach Heribert Raab, Görres und Voß. Zum Kampf zwischen »Romantik« und »Rationalismus« im ersten Drittel des 19. Jhd. s. In: Heidelberg im säkularen Umbruch, S. 336.) Görres gibt im folgenden einige Beispiele für das, wovon Voß sich angegriffen fühlte, wie z. B. Arnims Eingangsgedicht in ZfE1, vom kranken König. Nonpareille (eine Schrifttype) ist das letzte Kapitel von Görres’ Schriftproben überschrieben (Nompareille). Darin werden italienische Tonbezeichnungen zu zeitkritischen Wortspielen benutzt. Görres führt nun das Bild der gefrornen Musik phantasievoll in Bezug auf Heidelberg aus und erläutert die beigefügte Abbildung. In der Comoedia divina (s. o.) wird diese Radierung in Vossens’ Sinne umgedeutet und die Görressche Unklarheit kritisiert. Dem Buch fehle ein Kupferstich, heißt es in der Erklärung des Titelkupfers (S. 24–27):

Vor allen Dingen müssen wir unsre Leser bitten, das Titelkupfer nicht von dem Verleger nachfordern zu lassen, denn es ist bis jezt nichts davon zu Stande gekommen, als diese Erklärung. Wir schlagen 961

Kommentar

hier den umgekehrten Weg unsrer Dichter ein, die ihre Sachen immer unerklärt lassen, wozu sie sich freilich auch berechtigt halten können, indem das, was sie aussprechen, ihrer Versicherung nach, etwas unaussprechliches ist. Damit man aber nicht etwa unserm guten Willen misstraue, so müssen wir noch bemerken, dass blos die Abhaltung unsers Zeichners Ursache ist, warum unsre Leser ein wahrhaftes Bild Dürerschen Geistes und Gemüths entbehren müssen. Es war nämlich dieser Meister im Helldunkel mit einem andern Meisterstücke für die Einsiedlerzeitung beschäftigt, vorstellend einen berühmten romantischen Philosophen, der die Welt erschafft. Oben schwebt die bereits fertige Kugel mit Adam und Eva, in Flammen, anzudeuten die überschwengliche Liebesglut der frommen mystischen Schule; – zur Rechten blasen die Freunde der Philosophen auf Nachtwächterposaunen und verkündigen das neue Wunder; zur Linken kommt der Gott sey bei uns, und lacht sie aus nach seiner hämischen Art. Unten erscheint die Stadt am Neckar, wo die Weltschöpfung vor sich geht bei einem Glas Bier, und im Vordergrunde sitzt ein Affe mit der Theorie des Klangs beschäftigt, eine höchste sinnreiche Idee, da unter allen Wesen mit vier und zwei Beinen und ohne Beine dieses humoristische Geschöpf für den treuesten Repräsentanten der Romantik gelten kann, indem sich in ihm eben so wie das Naive gestaltet, zum Beispiel, wenn es Nüsse knackt, oder Burzelbäume schlägt, als das Sentimentale, welches sich hauptsächlich dadurch erweist, dass bei dem Affen die Poesie abwärts durch Musik, (bekanntlich sind die Affen vortreffliche Tänzer und Lautenschläger), und durch den Wohlgeruch in den Geschlechtstrieb übergeht. Danach wird nun das Kupfer der Comoedia divina entworfen, auf dem der heidnische Gott Apollo, als Sieger des gräulichen Lindwurms und der Romantiker dargestellt ist, wobei Einsiedler sowie die vier Haimonskinder, Tieks Genovefa und Kaiser Octavianus, der gehörnte Siegfried, nebst anderm romantischem Volke nicht fehlen (S. 27–29). Achim von Arnim bezog auch eine Passage in Vossens Wh-Rezension auf diesen Text von Görres. Er schrieb An Herrn Hofrath Voß in Heidelberg aus Kassel am 8. Dezember 1808: 〈. . .〉 scheuen Sie sich wenigstens, alte Lieder 〈. . .〉 durch witzlose Parodien zu schänden, wozu Sie noch obenein den Stoff aus einer in höherem Sinne gedachten Satyre meines Freundes G ö r r e s (Tröst-Einsamkeit, Umschlag zum Mayheft) entnehmen und verderben mussten 〈. . .〉. (FBA 8, S. 359f.). Arnim bezieht sich auf die Parodie von Vossens Lied der Romantiker an ihren Hergott, in der es heißt: 962

Zu Mai-Heft

Hündisch ist mein Zorn und Eifer 〈. . .〉. Voß bezog sich auf die Hunde dieser Darstellung; der Text findet sich allerdings schon in seiner Quelle von Paul Gerhardt. (Vgl. FBA 9/3, S. 671, 673 u. 677f.).

Druckfehler Verglichen mit: D2: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Bd. 3, S. 310–316: 230,30 pfälzische] pflälzische ZfE pfälzische D2 231,4 Springbrunnen] Sprinnenbrunnen ZfE Springbrunnen D2 232,34 ferner folgt] fern erfolgt ZfE 233,32 füttern] flüttern ZfE füttern D2

Erläuterungen 228,7–8 die bekannten eisernen Riesen] Die Metallriesen aus dem Volksbuch vom Zauberer Virgilius (1552), das Görres in den Teutschen Volksbüchern (1807) referiert. Von Arnim in die Pfalzballade der Päpstin Johanna (WAA X, S. 36, 459 und 871f.) und später in die Kronenwächter (vgl. Werke II, S. 81) übernommen. 228,21–22 Fratschelweiber] Trödlerinnen; vgl. DWb 4/1, Sp. 68). 229,3 gefrorner Musik] Goethe greift das Bild der gefrornen Musik auf in den »Sprüchen in Prosa« (Hempel, XIX, S. 148, Nr. 694; vgl. Franz Schultz, S. 69). 229,5 Matin!] Frz. »maˆtin«, eigentlich: »Hofhund«; pejorativ: »Donnerwetter!« 231,8–9 die vier Heymonskinder] Helden eines Volksbuchs, das Görres besprach. 232,37 Nagelfluhe] Eine Gesteinsart. 233,16–17 Simia, der Affe] Der Affe versucht vergebens, Schöpfung und Kunst nachzumachen. Es besteht ein Bezug zu dem Sonett an Goethe von Voß (s. o. Morgenblatt), in dem dieser die Sonettdichter als äffische Naturen verunglimpft. Görres läßt in der Beylage zur ZfE den Affen noch einmal auftreten, hier deutlich als Karikatur Reinbecks auszumachen: der

A f f e R i n d b o c k mit seinem Stäbchen tritt herein in den Kreiskreis und meldet einen Fremden an. 233,18 fiat Lux] Vgl. 1. Mose 1,3. Auch Hamann zitiert die Bibelstelle (vgl. ZfE7, 82,32). 233,21–24 Will du die Gans nit lassen räuberischer Fuchs! – Schriftproben – schwirrt der Zug 〈. . .〉 zu.] Ein Bild der Verfolgung des Voß durch 963

Kommentar

Görres; dieses wird konkret in der beigefügten Radierung: Der Fuchs hat – entsprechend dem Volkslied – die Gans gestohlen, und eine Gruppe von Bauern verfolgt ihn mit Dreschflegeln. Görres zitiert aus seinen Schriftproben von Peter Hammer (Nr. VII, Die Luftfahrt, S. 19): eben laufen wir

queer über die Saiten der ertönenden Lyra hinüber, willst du die Gans denn nicht lassen, räuberischer Fuchs? 233,34–35 das Cohobirte im chemischen Pelican] Görres gebraucht ein Bild aus dem Vorgang der Destillation. 235 Zeichnung von Görres. Vgl. den Text von Görres in der letzten Spalte. Über der beschriebenen Ansicht Heidelbergs preisen die Trompetenklänge am Himmel mit einem Fiat (Es werde!, 1. Mose 1,3) die Schöpfung. Links versucht der Teufel als Chaosdrache mit seinem Pereat (Sie gehe unter!) diese zu vernichten. Die Schöpfungsdarstellung am Himmel folgt barocken Vorbildern, wie etwa dem Titelbild zum 1. Bd. von Athanasius Kirchers Musurgia universalis (Rom 1650), wo ebenfalls das Dreieck der Trinität, von einem Engelkranz umgeben, über der Erde schwebt. »Der Aufbau der Kreisfigur entspricht dem mittelalterlichen Weltbild, wie wir es aus Dantes Paradiso kennen: Auf dem Erdkreis im Zentrum sieht man Adam und Eva im Garten Eden, darüber die von Vögeln bewohnte Luft. Das irdische Paradies ruht in einem Gottesauge (Dreieck), das gleichzeitig das mit sieben Saiten bespannte Psalterium ist. Es folgen die neun Himmelssphären (Mond, Sonne, fünf Planeten, Fixstern- und Kristallhimmel). Das Ganze wird vom Feuerhimmel mit lobsingenden Seraphim umschlossen.« (Hans-Joachim Zimmermann, Zum Romantikerstreit, in: Mittler 1996, S. 257). Damit korrespondiert rechts unten das Notenblatt der Schöpf〈ung〉 von Heydn (Haydn): Die Noten geben die Melodie wieder, welche die Tenorstimme des Chors singt auf die Worte: »und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.« (Takt 81–86) sowie die Melodie der folgenden Worte des Uriel: »Und Gott sah das Licht, daß es gut war; und Gott schied des Licht von der Finsternis.« (Takt 90–96; nach 1. Mose 1,3–4). Das Blatt wird von zwei Wolfshunden gehalten, einer mit Toga und Keule als für die Antike kämpfender Voß gekennzeichnet. Mit einem Stab zeigt ein Affe in einer Dirigentenmuschel auf die Noten; in Görres’ Schlußbeitrag Des Dichters Krönung wird Georg Reinbeck als Affe Rindbock mit seinem Stäbchen bezeichnet (526,17f.). Links unten flüchtet der von Bauern verfolgte Fuchs (Voß). Welches im einzelnen die Vorlagen sind, ist bislang nicht ermittelt. Vielleicht schöpfte Görres aus der reichen Sammlung von Kupferstichen, die Arnim damals zusammenkaufte. Aber auch Brentano hatte ihm alte Bücher geliehen. Die Radierung stammt von Franken, wie die winzige Signatur unter rechts erweist (vgl. Kapitel Zeitgenössische Beiträger).

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Zu ZfE 19

ZfE 19

4. Juny: Redaktion Obwohl Brentano die Redaktion dieser Nummer besorgte, war sie doch von Arnim vorbereitet worden. 238,3–239,5

Die smaragdene Tafel des Hermes Trismegistus 〈. . .〉 Gör-

res] Quelle Als Hermes Trismegistos, d. h. »Hermes, der dreimal Größte«, wurde in Griechenland der ägyptische Gott Thot bezeichnet. Ihm wurden astrologische und okkulte sowie theologische und philosophische Werke zugeschrieben. Das mysteriöse Schriftstück der smaragdenen Tafel wurde angeblich in der Cheops-Pyramide gefunden. Der Text stammt wahrscheinlich aus der Spätantike, tauchte im 8. Jhd. zuerst in arabischer Sprache auf und wurde im 12. Jhd. ins Lateinische übersetzt. Er bildet das traditionelle Fundament der Alchemie, des »Hermetismus«. Die Geheimlehre wirkte bis zu den Rosenkreuzern im 18. Jhd. nach. Der latein. Text findet sich in: Ars Chemica, qvod sit

licita recte exercentibus, probationes doctißimorum Iurisconsultorum. Septem tractatvs sev capitula Hermetis Trismegisti, aurei. Eivsdem Tabvla smaragdina, in ipsius sepulchro inuenta, cum commento Hortulani Philosophi. Stvdium consilii coniugij de massa Solis & Lunae. Opvscvla, stvdiosis artis secretißimae, ut summe` necessaria, ita lectu iucundissima. Antehac typis non excusa. (Argentorati: Emmel 1566; Mikrofiche-Ausgabe. München u. a.: Saur 1994; UB Mainz):

Tabula Smaragdina Hermetis Trismegisti 〈. . .〉. Verum sine mendacio, certum, et uerissimum. Quod est inferius, est sicut quod est superius. Et quod est superius, est sicut quod est inferius, ad perpetranda miracula rei unius. Et sicut omnes res fuerunt ab uno, meditatione unius. Sic omnes res natae fuerunt ab hac una re, adaptatione. Pater eius est Sol, 965

Kommentar

mater eius Luna. Portauit illud uentus in uentre suo. Nutrix eius terra est. Pater omnis telesmi totius mundi est hic. Vis eius integra est, si uersa fuerit in terram. Separabis terram ab igne, subtile a` spisso, suauiter cum magno ingenio. Ascendit a` terra in coelum, iterumque descendit in terram, et recipit uim superiorum et inferiorum. Sic habebis gloriam totius mundi. Ideo fugiet a` te omnis obscuritas. Hic est totius fortitudinis fortitudo fortis, quia uincet omnem rem subtilem, omnemque solidam penetrabit. Sic mundus creatus est. Hinc erunt adaptationes mirabiles, quarum modus hic est. Itaque uocatus sum Hermes Trismegistus, habens tres partes philosophiae totius mundi. Completum est quod dixi de operatione Solis. Görres benutzte die apokryphen Fragmente des sog. ’Hermes Trismegistos’ dann in seiner Mythengeschichte der asiatischen Welt (Heidelberg: Mohr und Zimmer 1810). Vgl. Görres, Gesammelte Schriften, Bd. 3, 1926, S. XXI und 329; Pfaff, S. 191. – Auch Goethe kannte diesen Text, was allerdings Görres und Arnim damals kaum wissen konnten (vgl. Maisak 2007, S. 174f.). Clemens Brentano nennt die smaragdne 〈. . .〉 Tafel in der dritten Romanze der Romanzen vom Rosenkranz (vgl. FBA 11/1, S. 109.) Er folgt dabei der Sage, daß eine Frau namens Zara die Tafel im Tal Hebron im Grabmal des Hermes aufgefunden habe (FBA 11/2, S. 247–250). 239,7–240,9

Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen 〈. . .〉 Werner] Entstehung

Zacharias Werner war im November 1807 in Heidelberg. Als er Goethe im folgenden Monat in Jena traf, las er ihm das Sonett auf den Heidelberger Pfalzgrafen vor, wie dieser in seinem Tagebuch vermerkt (vgl. Tagebücher. HKA, Bd. III,1 (Text), hg. v. Andreas Döhler, Stuttgart, Weimar 2004, S 402). Jessen vermutet – und folgt darin Steig (Steig 1912, S. 238) –, daß die in Jena lebende Henriette Schubart Arnim eine Abschrift des Gedichts sandte, wovon in der Korrespondenz allerdings nicht die Rede ist. Wahrscheinlicher ist Levins Annahme: Werner schenkte eine Hs. des Gedichts in Heidelberg Marheineke (nach Wilhelm W. Budde, Heidelberger Tagebuch. Neue Heid. Jb. 22, 1918f., S. 165), »der es dann Arnim später für die Einsiedlerzeitung gegeben haben wird« (Levin 1922, S. 85f.). Arnim lernte Werner erst bei dessen nächstem Besuch in Heidelberg vom 6. bis 12. Juli 1808 kennen; vgl. Arnims Briefe an Bettine vom 9. Juli (FDH 7268: Ich hatte mir vorgenommen Dir 〈. . .〉): Werner der Theaterdichter hat mich mitten im Fieber

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Zu ZfE 19

in Bewegung gesetzt, er ist ein grund guter liederlicher Bruder, sowie Mein Fieber ist aus geblieben 〈. . .〉): Mit Werner habe ich den letzten Tag seiner Anwesenheit eine wunderliche Unterredung auf dem Schlosse gehabt, er hat mir sein System der Liebe aus einander gesetzt, tiefergreifend, weil man immer fühlte, wie er sich das Ganze nur wie einen Galgen aus Verzweiflung über Unglück erbaut hat. Daher immer die gräßliche Gewißheit mit der er zwischen aus rief: »Sie werden mich für einen Narren halten, es ist doch wahr, was ich sage, Göthe spricht von allem von Kunst und Wissenschaft, daß ich dabey ganz dumm zugehört habe, aber in mein System hat er doch nicht hineinreden können, er hat mir oft gesagt; so bald ich Ihnen zugebe, daß die Liebe das Höchste so haben sie mich fest, das gebe ich aber nicht zu, sondern alles ist das Höchste. Nun nimmt er jede Natur als eine Hälfte an, die eine ist Kraft, die andre Zierde oder Zartheit, die suchen einander, und dieses ist die erste Periode des Suchens, während welcher nach ihm die meisten Irrthümer statt finden, wo Meisterschaft und Jüngerschaft sehr oft für Liebe angesehen wird. Das Erkennen soll nun immer gegenseitig seyn und bildet die zweyte Periode der Liebe, die eigentlich von Glück nichts weiß, diese schliest sich mit der Brautnacht und dann trit die dritte Periode der Meisterschaft und Jüngerschaft, je nachdem eins von beyden Gemüthern in sich grösser. Ich über gehe eine Menge Betrachtungen, er kam aber mit einer Art Zuversicht darauf, daß seine Frau, die von ihm geschieden, ihn durchaus noch einmal lieben müsse. Von Göthe meinte er, daß er vielleicht nie geliebt, sondern immer in einer Art Meisterschaft stehengeblieben wäre. Dann ging er zu den Liebessubstituzionen über, wobey er alle Art unnatürlicher Laster als blosse Bemühungen des Aufsuchens vertheidigte, ja über die Geschichte Christi mit der Magdalena und Johannes ganz verruchte Aufschlüsse zu geben meinte. Ich schwebte immer zwischen entsetzlichem Lachen und grosser Traurigkeit, wie er wieder von sich selbst anfing und versicherte, er schreibe eigentlich blos um dieses System zu entwickeln. In Zacharias Werner’s Sämmtliche Werke. Aus seinem handschriftlichen Nachlasse herausgegeben von seinen Freunden. 1.Bd.: Grimma, Verlags-Comptoir (1840), S. 142f., steht das Gedicht mit dem Untertitel: Im Heidelberger Schlosse November 1807. Der Text dieser postumen vom 12. Juli 1808 (FDH 7269:

Edition zeigt geringe Abweichungen.

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Kommentar

Die grausame Schwester 〈. . .〉 Schottischen Gränze 〈. . .〉 Schubert 〈. . .〉 Binnorie.] 240,11–243,16

Entstehung Q ist das von Arnim in der Anmerkung (mit Druckfehler) genannte Werk Walter Scotts (1771–1832): Minstrelsy of the Scottish Border (D: Edinburgh, Bd. I u. II: 1802, Bd. III: 1803. Zweite Aufl.: Edinburgh: James Ballantyne, Bd. I–III, 1803). Arnim erwarb wohl die zweite Aufl. in London, denn er teilte Brentano am 5. Juli 1803 mit (Hau du du oder laß 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 267): Es ist eine schöne Sammlung schottischer Romanzen und Balladen herausgekommen von Scott Minstrelsy of the Scottish Borders III Vol Edinburgh 1803 theils aus Manuscripten theils aus dem Munde der Schottischen Sänger nachgeschrieben 〈. . .〉. Zwei Jahre später gewann Arnim in Jena Henriette Schubart für die Übersetzung. Er berichtete Brentano aus Jena am 16. Dezember 1805 (Wie unter alten Briefen so 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4, Bl. 66r–69v; WAA XXXII S. 104f.): Deine Schwägerin

Henriette habe ich besucht 〈. . .〉, ich erbot ihr meine Sammlung schottischer Romanzen zum Uebersetzen 〈. . .〉. Im selben Brief berichtet dieser über einen Wunsch Goethes, den er in Jena traf und der vom ersten Band des Whs angetan war: Er wünschte unsre Sammlung auch über die auslän-

dischen Romanzen, sowohl die heiligen der Edda als auch die andern altfranzösischen, englischen, schottischen, spanischen ausgedehnt; ich habe nur das dagegen, wenn dies Werth haben soll so müssen es nicht Nachbildungen und Uebersetzungen, sondern ganz deutsche eigene Lieder daraus werden, und dazu gehörte schon ein gut Stück Leben und man kann jezt sein Leben höher losschlagen. Brentano mahnte den Freund (Heidelberg, Ende Mai/1. Juni 1806; WAA XXXII, S. 250), angeregt durch die Korrespondenz seiner Frau Sophie mit ihrer Schwester: Uebrigens

hättest du ihr englische Romanzen versprochen zum Uebersetzen, und wie alle Menschen, (das heist wie Sie selbst) nicht Wort gehalten. Da sich Scotts Sammlung nicht mehr in der Arnim-Bibliothek befindet, erhielt Henriette Schubart vermutlich daraufhin Arnims Exemplar. Im Frühjahr 1808 antwortete sie auf eine verschollene Anfrage Arnims (Jena – nach Härtl: vmtl. im zweiten Drittel – Mai 1808 (Die Aufforderung, Ihnen einiges von 〈. . .〉; BJ/VS 231; vgl. Weiss 1986, S. 167f.): Die Aufforderung, Ihnen einiges

von meinen Arbeiten zu senden, hat mich sehr erfreut, und ich erfülle sie mit Vergnügen. Ich wählte einige von den Balladen und würde Ihnen mehrere senden, wenn mir nicht noch manches daran zu roh 968

Zu ZfE 19

schien. – Wollen Sie, so sende ich sie Ihnen künftig. – Jeder frohe, genußreiche Moment, den mir die Beschäftigung mit dem Original gewährte, erfüllte mich mit Dank für die Mittheilung desselben, und dies sei Ihnen genügender als alle Worte. 〈. . .〉 Die historische Einleitung will ich bearbeiten. Arnim nahm außer der Ballade Die grausame Schwester in ZfE30 Graf Richard auf, doch kam die Übersetzung von Scotts Einleitung wohl zu spät. Am 16. August 1808 (Als ich Ihren Brief erhielt 〈. . .〉; BJ/VS 231) bat Henriette Schubart Arnim – wie schon vorher Brentano – um ein Exemplar der ZfE, das Arnim schon abgeschickt hatte, wie er aus Schlangenbad am 15. August an Brentano schrieb (Kaum bin ich mitten in 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 311r–312v): 〈. . .〉 den Wunsch der Schubert nach einem Exemplar der Zeitung habe ich erfüllt. Auch später setzte sich Arnim mehrfach für diese Arbeit ein: 1809 nahm er das Liebeslied O wenn mein Liebchen die weiße Ros wär. . . in seinen Wintergarten auf (Wintergarten 1809, im Neunten Winterabend, eingefügt in die in Schottland spielenden historischen Erzählung Die Abentheuer des Prinzen Karl Stuart, S. 438; vgl. Werke III, S. 385f. und 1175–1177). Im Dezember 1809 schickte er Büsching zwei Balladen für dessen Zeitschrift Pantheon, wo sie 1810 erschienen (Pantheon. Eine Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst. Hg. v. Johann Gustav Büsching und Karl Ludwig Kannegießer. 1. Bd., S. 128–133 und 268–273). Am 16. Juli 1811 (Seit ich Ihren letzten Brief 〈. . .〉; GSA 03/223) teilte Henriette Schubart Arnim mit, daß sie sich nun ausschließlich mit den schottischen Balladen beschäftigen wolle (Weiss 1986, S. 227). In einem Brief vom 16. Februar 1812 empfahl Arnim dem Verleger Friedrich Arnold Brockhaus mehrere Werke zur Veröffentlichung in dessen Urania (FDH 29531; vgl. JbFDH 2008, S. 419–421, Ed. R. Moering, mit Abb.): Ew. Wohlgeboren geehrte Einladung zu Bey-

trägen für das Taschenbuch Urania ist mir leider erst bey meiner Ankunft in Berlin im Februar eingehändigt worden, der 1ste Feb. als letzter Termin der Einsendung ist verstrichen und ich fürchte, daß meine Aufsätze zu spät kommen möchten. 〈. . .〉 – Ich benutze diese Gelegenheit Sie in Ihrer Nähe auf M. Henriette Schubart in Jena aufmerksam zu machen, die mir vor einiger Zeit Abschriften von einigen sehr zierlich übersetzten schottischen Balladen schickte, die den Lesern Ihres Taschenbuches wahrscheinlich willkommen seyn würden und der Verfasserin, die wie so manche Musentochter vom Glücke nicht begünstigt ist, eine kleine Einnahme verschafften. 1817 erschien dann eine Auswahl mit einer gekürzten Einleitung nach Walter Scott: Schottische Lieder und Balladen von Walter Scott. Uebersetzt von Henriette 969

Kommentar

Schubart (Leipzig und Altenburg: F. A. Brockhaus 1817. Exemplar in der Arnim-Bibliothek, Weimar, vorhanden). Die Übersetzung der beiden Lieder weicht stark von der in der ZfE ab. Arnim rezensierte das Buch im Deutschen Beobachter. Er faßt dabei klar zusammen, was er sich für einen Dichter durch die Beschäftigung mit Volksliteratur erhofft (zitiert nach: Werke VI, S. 537): Die Poesien der meisten Völker Europens schweifen in

Berührung der höhern Stände, in der ganzen umschifften Welt, weit über den Gedankenkreis der einzelnen Völker hinaus, in deren Sprache sie sich zufällig ausdrücken; gemeiniglich kommen die gelehrten Dichter sogar aus einer Liebe zum Fremdartigen dahin, in Form und Bildung der Sprache wie der Gedanken gerade das Fremdartigste zu versuchen, was nie im Volke erkannt und angeeignet werden kann. Daher wiederholt sich unter allen Völkern die Erscheinung: wie nach mancher poetischen Kunstbemühung ganz unerwartet eine Vorliebe für die einfachsten ersten Liederklänge, an denen die bewußte Kunst fast gering gegen die Masse des unbewußten Stoffs, zum Schrecken der Kunstrichter ausbricht; daß sich junge Dichter erst hier wieder einen festen Mittelpunkt, eine Kenntnis ihres Volks aufsuchen. Arnim erwähnt auch in dieser Rezension die ZfE und die Altdänischen Lieder in der Übersetzung von Grimm (S. 538f.). Walter Scott, der in seiner Jugend Goethe übersetzt hatte, beim Aufschreiben und Bearbeiten der Romanzen also auch schon unter literarischem Einfluß stand, sah übrigens später die ZfE, wie aus einem Brief Jacob Grimms an seinen Bruder Wilhelm aus Paris vom 7. Juni 1814 hervorgeht (Rölleke 2001, S. 354): Scott hat in der Einsiedlerzeitg eine Übersetz. der schott. Romanzen gelesen. Arnim hatte im Frühjahr 1809 geplant, diese Balladen zusammen mit den dänischen Heldenliedern, die Wilhelm Grimm übersetzte, drucken zu lassen als vierten Teil des Whs. Die gemeinsame Edition kam aber nicht zustande, einmal weil Goethe nicht, wie zunächst erhofft, für ein Vorwort gewonnen werden konnte, und auch, weil die beiden Übersetzer noch an ihren Texten feilten.

Text der Quelle

Minstrelsy of the Scottish Border: Consisting of Historical and Romantic Ballads, collected in the Southern Counties of Scotland; with a few of modern date, founded upon local tradition. 〈. . .〉 2. Aufl. 1803, Vol. II, S. 157–162:

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Zu ZfE 19

The Cruel Sister. There were two sisters sat in a bour; Binnorie, O Binnorie; There came a knight to be their wooer; By the bonny milldams of Binnorie. He courted the eldest with glove and ring; Binnorie, O Binnorie; But he lo’ed the youngest aboon a’ thing; By the bonny milldams of Binnorie. He courted the eldest with broach und knife; Binnorie, O Binnorie; But he lo’ed the youngest abune his life; By the bonny milldams of Binnorie. The eldest she was vexed sair; Binnorie, O Binnorie; And sore envied her sister fair; By the bonny milldams of Binnorie. The eldest said to the youngest ane, Binnorie, O Binnorie; »Will ye go and see our father’s ships come in?« By the bonny milldams of Binnorie. She’s ta’en her by the lilly hand, Binnorie, O Binnorie; And led her down to the river strand; By the bonny milldams of Binnorie. The youngest stude upon a stane, Binnorie, O Binnorie; The eldest came and pushed her in; By the bonny milldams of Binnorie. She took her by the middle sma’, Binnorie, O Binnorie; And dashed her bonny back to the jaw, By the bonny milldams of Binnorie. 971

Kommentar

»O sister, sister, reach your hand, Binnorie, O Binnorie; And ye shall be heir of half my land.« By the bonny milldams of Binnorie. »O sister, I’ll not reach my hand, Binnorie, O Binnorie; And I’ll be heir of all your land: By the bonny milldams of Binnorie. »Shame fa’ the hand that I should take, Binnorie, O Binnorie; It’s twin’d me, and my world’s make.« By the bonny milldams of Binnorie. »O sister, reach me but your glove, Binnorie, O Binnorie; And sweet William shall be your love.« By the bonny milldams of Binnorie. »Sink on, nor hope for hand or glove! Binnorie, O Binnorie; And sweet William shall better be my love.« By the bonny milldams of Binnorie. »Your cherry cheeks and your yellow hair, Binnorie, O Binnorie; Garr’d me gang maiden evermair.« By the bonny milldams of Binnorie. Sometimes she sunk, sometimes she swam, Binnorie, O Binnorie; Until she cam to the miller’s dam, By the bonny milldams of Binnorie. »O father, father, draw your dam! Binnorie, O Binnorie; There’s either a mermaid or a milkwhite swan.« By the bonny milldams of Binnorie. The miller hasted and drew his dam, Binnorie, O Binnorie; 972

Zu ZfE 19

And there he found a drowned woman, By the bonny milldams of Binnorie. You could not see her yellow hair, Binnorie, O Binnorie; For gowd and perls that were sae rare; By the bonny milldams of Binnorie. You could na see her middle sma’, Binnorie, O Binnorie; Her gowden girdle was sae bra’; By the bonny milldams of Binnorie. A famous harper passing by, Binnorie, O Binnorie; The sweet pale face he chanced to spy; By the bonny milldams of Binnorie. And when he looked that ladye on, Binnorie, O Binnorie; He sighed and made a heavy moan; By the bonny milldams of Binnorie. He made a harp of her breast-bone, Binnorie, O Binnorie; Whose sounds would melt a heart of stone; By the bonny milldams of Binnorie. The strings he framed of her yellow hair, Binnorie, O Binnorie; Whose notes made sad the listening ear; By the bonny milldams of Binnorie. He brought it to her father’s hall; Binnorie, O Binnorie; And there was the court assembled all; By the bonny milldams of Binnorie. He laid his harp upon a stone, Binnorie, O Binnorie; And straight it began to play alone; By the bonny milldams of Binnorie. 973

Kommentar

»O yonder sits my father, the king, Binnorie, O Binnorie; And yonder sits my mother, the queen; By the bonny milldams of Binnorie. »And yonder stands my brother Hugh, Binnorie, O Binnorie; And by him my William sweet and true.« By the bonny milldams of Binnorie. But the last tune that the harp play’d then, Binnorie, O Binnorie; Was »Woe to my sister, false Helen!« By the bonny milldams of Binnorie. Varianten Die Textabweichungen des Drucks von 1817 seien hier genannt, weil nicht zu entscheiden ist, ob Henriette Schubart die Ballade überarbeitete oder ob vielleicht Arnim redigierend eingegriff. Orthographie und Zeichensetzung sind nicht berücksichtigt. 240,12–13 Alt 〈. . .〉 Schubert*)] Zusatz von Arnim, mit seiner Anmerkung. 240,14–16 Es 〈. . .〉 groß,] In einem Schloß saßen zwei Schwestern fein;

Da kam ein Ritter ihr Freier zu seyn, 240,24 ihm] mehr als 241,5–7: Die älteste sprach zur jüngsten schön, »Willst nahen des Vaters Schiffe zu sehn?« 241,16 Binnorie.] Danach ist eine Str. nicht übersetzt (bei Scott Str. VIII). 241,27 der süße] süß 241,31 der süße] süß 241,31 Liebster, Bester] Liebchen besser In der Buchausgabe ist die Ballade in Str. zu je vier V. gedruckt, was in der

ZfE – wie bei den dänischen Heldenliedern – wohl aus Platzgründen nicht erfolgte.

Druckfehler Anmerkung 240,28 Scottish] Scoth 242,2 Mühldamm] Mühldarm

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Zu ZfE 19

Erläuterungen Zu der Ballade gibt Walter Scott eine textkritische Einführung (S. 155f.). – Es besteht eine inhaltliche Ähnlichkeit zwischen dieser Ballade und dem Märchen der Brüder Grimm Der singende Knochen (KHM 28), worauf in den Anmerkungen der Märchen hingewiesen wird (1856): In einem altschot-

tischen Lied kommt dieselbe Sage vor, aus dem Brustbein der ersäuften Schwester macht ein Harfner eine Harfe, die von selbst zu spielen anfängt und Weh über die schuldige Schwester ruft (Scott Minstrelsy 2, 157–162). – Nach Ansicht der neueren Forschung besteht eine Verwandtschaft zwischen den altschottischen und skandinavischen Balladen; insofern war Arnims Plan, diese gemeinsam herauszugeben, von sicherem Urteil geleitet. Wolfgang Kayser zitiert diese »englische Ballade« als Beispiel dafür, daß die Satzverknüpfung der Parataxe typisch für volkstümlichen Stil ist. Wolfgang Kayser, Das sprachliche Kunstwerk. Eine Einführung in die Literaturwissenschaft. 4. Aufl. Bern 1956, S. 143.

Literatur Vgl. auch die krit. Ausgabe: Sir Walter Scott’s Minstrelsy of the Scottish Border, hg. v. T. F. Henderson. Bd. III. Edinburgh-London-New York 1902, S. 352–359; Talvj (d. i. Therese Albertine Luise von Jakob verh. Robinson), Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen mit einer Uebersicht der Lieder aussereuropäischer Völkerschaften. Leipzig 1840, S. 532–534 (mit Übersetzung); Margaret D. Howie, Achim von Arnim and Scotland. In: MLR 17, 1922, S. 157; Achim von Arnim, The Marriage Blacksmith. Tranlated with notes by Sheila Dickson. Hannover 2007, Translator’s Introduction, S. 10. 243,18–245,22

Minnelied, mitgeteilt von Docen 〈. . .〉 Sprachform] Entstehung

Vielleicht hatte Docens Minnelied einer Sendung für das Wh angehört, in das es jedoch nicht aufgenommen wurde. Arnim schätzte den Minnesang nicht besonders, wie auch aus seiner Vorbemerkung hervorgeht. Das Lied ist eine Umbildung nach Neidhart von Reuenthal; vgl. in der letzten Str., die nur hier gedruckt ist, den Namen Rosenthal. Q Docens ist eine Münchner Hs.

975

Kommentar

(Cod. Lat. Mon. 3576. Papier. [15. Jh.] Bl. 170v; vgl. Friedrich Keinz, in: Germania 15, N.R. 3, 1870, S. 431f.; Pfaff, S. 411; Neidharts Lieder. Hg. v. Moriz Haupt, 2. Aufl. neu bearbeitet v. Edmund Wießner, Leipzig: Hirzel 1923, S. 196f. mit Abdruck der Münchner Hs.; Fritz Peter Knapp, Der Beitrag von Joseph Görres zum Mittelalterbild der Heidelberger Romantik, in: Strack 2008, S. 278). – Von der Hagen erwähnt den Abdruck in der ZfE in seinen Minnesingern (Bd. 3, S. 757 a).

Druckfehler 243,20–21 ermüdender] ermüdenden 244,15 »Saga] Saga Jessen 246,1–249,8

Auszüge aus Briefen Schiller’s an eine junge Dichterin 〈. . .〉

1795] Entstehung Es handelt sich um Briefe Schillers an Clemens Brentanos verstorbene Frau Sophie geb. Schubart, gesch. Mereau (1770–1806). Schiller hatte Gedichte Sophies in verschiedene von ihm herausgegebene Zeitschriften aufgenommen (vgl. Hammerstein 1996a, S. 287f.). Als Sophie Mereau im Jahr 1800 eine Sammlung ihrer Gedichte herausgab, konnte sie Schiller dazu gewinnen, den ersten Band mit einer Stanze zu eröffnen, in der er sich freundlich-herablassend äußert, den Gedichten aber eine längere Lebensdauer abspricht (vgl. Hammerstein 1996b, S. 266):

Nicht länger wollen diese Lieder leben, als bis ihr Klang ein fühlend Herz erfreut, mit schönern Phantasieen es umgeben, zu höheren Gefühlen es geweiht; zur fernen Nachwelt wollen sie nicht schweben, sie tönten, sie verhallen in der Zeit. Des Augenblickes Lust hat sie geboren; sie fliehen fort im leichten Tanz der Horen. Schiller spielt mit der letzten Zeile darauf an, daß einige der Gedichte in seinen Horen erschienen waren. Als die in der ZfE abgedruckten Briefe Schillers geschrieben wurden, lebte Sophie wie Schiller in Jena, damals ver-

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Zu ZfE 19

heiratet mit dem Bibliothekar und Professor Friedrich Ernst Karl Mereau, von dem sie sich 1801 scheiden ließ. 1794/95 hatte sie ein Verhältnis mit Heinrich Kipp, der am 16. Juni 1795 aus Jena abreiste. 1796 unternahm Sophie eine Reise mit Georg Philipp Schmidt. Vgl. Hammerstein 1996a, S. 287f. 1808 besaß Clemens Brentano noch den Nachlaß seiner ersten Frau; inzwischen befinden sich Schillers Briefe im GSA. Sie wurden in der Schiller-Nationalausgabe (NA) gedruckt, wonach hier zitiert wird. Arnim schrieb am 22. Mai 1808 an Bettine (FDH 7264: Ich denke, Du bist jezt 〈. . .〉): Ich habe in den

letzten Tagen mit vieler Rührung manches aus dem Leben der verstorbenen Frau des Clemens mit ihm durchgesehen, es hat für mich etwas Erdrückendes solche eine Menge ausgestorbener Lebensverhältnisse, die von hoher Ahndung von allen Seiten bewacht wie ein Paar tausend Briefe die einem trunknen Postknecht ins Wasser fallen, allesamt zu Wasser werden. Eine Ausbeute war darunter, eine Reihe sehr väterlicher Briefe von Schiller, die ich für den Einsiedler ausgezogen habe. Schillers Briefe sind nicht immer datiert, da sie am selben Tag durch einen Boten überbracht werden konnten. Die Auszüge sind deshalb in der ZfE nicht in der chronologischen Reihenfolge wiedergegeben, sondern offenbar nach einer inhaltlichen Gruppierung: Lyrik, Roman, Publikationsmöglichkeiten. Im Datum des ersten Briefes erscheint durch einen Druckfehler nicht die Angabe: Juni, sondern Jenner (hier korrigiert; Arnim oder Brentano hätten diesen oberdeutschen Ausdruck nicht benutzt, und e und u sind in der deutschen Schreibschrift leicht zu verwechseln).

Vorlagen und Varianten

– – Mit 〈. . .〉 1795] Vgl. NA Bd. 27, S. 199f.): 〈. . .〉 Mit vielem Vergnügen las ich Ihre Gedichte. Ich entdeckte darinn denselben Geist der Contemplation, der allem aufgedrückt ist, was Sie dichten. Ihre Phantasie liebt zu symbolisieren und alles was sich ihr darstellt, als einen Ausdruck von Ideen zu behandeln. Es ist dieß überhaupt der herrschende Charakterzug des d e u t s c h e n poetischen Geistes, wovon uns Klopstok das erste und auffallendste Muster gegeben, und dem wir alle, der eine weniger der andre mehr, nicht sowohl nachahmen als durch unsre nordisch-philosophierende Natur gedrungen folgen. Weil leider unser Himmel und unsre Erde der eine so trüb die andre so mager ist, so müssen wir sie mit unsern Ideen bevölkern und ausschmücken, und uns an den Geist halten, weil uns der Körper so wenig feßelt. Deßwegen philosophieren alle deutschen Dichter, wenige aus-

246,3–27

977

Kommentar

genommen, welche Sie so gut kennen als ich. Ich habe mir die Freyheit eines Redacteur genommen und in Ihren Gedichten einiges angestrichen, wogegen ein strenger Aristarch etwas einwenden möchte. Sie finden vielleicht Zeit und Lust, diese Kleinigkeiten zu ändern. S c h w a r z b u r g hat vorzüglich meinen Beyfall. Nur finde ich dieses Gedicht um ein merkliches zu lang: es übersteigt beynah um 1 Drittheil die Grenze, welche der Ton der Empfindung und die Natur der Sache dergleichen Schilderungen setzt. Auch dieß ist ein Fehler, den wir alle mit Ihnen theilen, und den ich um so weniger Bedenken trage zu rügen, da ich mir ihn selbst vorzuwerfen habe. Allen den jetzt überschickten Gedichten haben Sie einen Geist der Melancholie aufgedrückt. Nun wünschte ich auch einige zu lesen, die eine fröliche Stimmung und einen Geist der Lustigkeit athmen. Leben Sie recht wohl und nehmen meine Bemerkungen so freundschaftlich auf, als ich sie niedergeschrieben habe. Jena den 18. Jun. 95. Von den Gedichten, die Sophie Mereau Schiller in einem verlorenen Brief geschickt hatte, ist vor allem das in seinem Brief – nicht in der ZfE – genannte Schwarzburg zu identifizieren. Das Gedicht beschreibt den Spaziergang durch wilde Natur zu dem Dorf dieses Namens (an der Schwarza im heutigen Thüringen), der zu Träumen anregt, derweil im Dorf das Volk feiert. Der nächste sonnige Morgen mit seinem Glanz reizt dazu, sich mit der Natur sterbend zu vereinigen. Sophie Mereau wußte nicht, wie sie das Gedicht hätte kürzen sollen. Sie antwortete Schiller am 11. Juli 1795, indem sie das Gedicht wieder mitschickte (NA Bd. 35, S. 243f.; vgl. Hammerstein 1996b, S. 267): Gern hätte ich, Ihrem

Urtheil gemäß, S c h w a r z b u r g um ein Dritttheil verkürzt, wenn es mir nur möglich geweßen wäre! – aber ich fühlte, daß ich nicht Scharfsinn genug besaß, um gerade d a s herauszufinden, was füglich wegbleiben konnte, um so mehr, da mein Urtheil, durch die Vorliebe für dies Gedicht, weil es mir als ein Denkmal einiger meiner süßesten Stunden erscheint, schon im voraus bestochen war. Wenn ich es weglaßen wollte, was konnte stehen bleiben? – Genug, es stellt sich, mit Ausnahme eines einzigen Verses, Ihnen, wieder in seiner g a n z e n Länge dar. 247,2–15 Die Mühe 〈. . .〉 zufrieden.] Schiller revidierte sein Urteil im folgenden Brief vom 11. Juli 1795; vgl. NA Bd. 28, S. 9f.: Die Mühe, welche Sie auf Verbeßerung Ihrer Gedichte verwendet haben, ist durch einen sehr glücklichen Erfolg belohnt. Klarheit und Leichtigkeit und (was bey Produkten der weiblichen Muse ein so seltnes Verdienst ist) Correctheit zeichnen solche sehr vorzüglich aus, und ich darf Ihnen ohne 978

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alle Schmeicheley im Voraus versichern, daß sie in dem Almanach hervorstechen werden. Ihre Vorliebe für das Gedicht Schwarzburg ist vollkommen gerecht, denn was in den übrigen Gedichten einzeln zerstreut ist, Geist, Empfindung, poetische Mahlerey und fließende Sprache ist in diesem vereinigt. Was die Abkürzung dieses Gedichts betrifft, so war meine Meinung nicht, eine Auswahl unter den einzelnen Stanzen zu treffen, sondern aus Einem Gedicht deren 2 zu machen, weil ich zwey verschiedene Töne der Empfindung darinn zu bemerken glaubte, und mir gegen die Einheit des Geistes gefehlt schien. Nach einem zweyten Lesen fällt mir aber dieser Umstand weit weniger auf, und so wie es ist bin ich jetzt auch vollkommen damit zufrieden. So gern ich dieses Gedicht meinem Almanach gönne, dem es zur großen Zierde gereichen wird, so liegen mir doch die Horen noch näher an, und ich hätte große Lust, es in diese zu setzen, wenn Sie damit zufrieden sind. Das Gedicht Schwarzburg erschien in den Horen (1795. 9. Stück, S. 39–44). In den von ihm herausgegebenen Musen-Almanach für das Jahr 1796 nahm Schiller Sophie Mereaus Gedichte Frühling, Vergangenheit, Das Lieblingsörtchen und Erinnerung und Phantasie auf. Vgl. ebd., S. 346. 247,17–20 Ihre Briefe 〈. . .〉 rathen.] Dies war Schillers erster Eindruck, nachdem er den Beginn von Sophie Mereaus Roman Briefe von Amanda und Eduard gelesen hatte. Sein Brief ist im Original undatiert und wird in der NA auf denselben Tag angesetzt wie ein vorhergehendes Schreiben, in welchem Schiller bat: Auf Ihren Roman bin ich sehr begierig. Lassen Sie mich ihn ja gleich haben. (27. 〈?〉 Juni 1797; NA Bd. 29, S. 90). Wahrscheinlicher ist ein geringer zeitlicher Unterschied beider Briefe. In Sophie Mereaus inzwischen veröffentlichtem Tagebuch verzeichnet sie für den 23. Juni: Besuch bei Schiller im Garten. Dabei könnte sie von ihrem Roman gesprochen haben, so daß Schiller sie wenig später um das Manuskript bat. Am 29. Juni schreibt sie dann: Ungewisheit ob S c h i l l e r meine Arbeit gefallen. 〈. . .〉 Brief von Schiller. Größte Aufmunterung lebhaftes Lob. (Hammerstein 1996c, S. 29f.) Schillers Brief dürfte also vom 29. Juni 1797 stammen. Der Anfang lautet im Original, NA Bd. 29, S. 91f.): Ihre Briefe

sind recht interessant zu lesen und mit vielem poetischen Feuer geschrieben; sie machen mich auf das Ganze sehr begierig, und ich zweifle gar nicht, daß sie das Interesse des Publicums erregen werden. Einzelne Stellen würde ich zu mildern rathen. Schiller wünschte gleich ein Druckmanuskript, das ein Kopist auf Kosten der Horen abschreiben sollte. Sophie Mereau hatte also Grund, über diesen Brief sehr glücklich zu sein, wie es das Tagebuch andeutet. Am 30. Juni

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Kommentar

schickte Schiller den Anfang des Romans an Cotta (ebd., S. 422). Am selben Tag schrieb er Goethe (ebd., S. 93): Für die Horen hat mir unsere Dich-

terin Mereau jetzt ein sehr angenehmes Geschenk gemacht, und das mich wirklich überraschte. Es ist der Anfang eines Romans in Briefen, die mit weit mehr Klarheit Leichtigkeit und Simplicität geschrieben sind, als ich je von ihr erwartet hätte. Sie fängt darinn an, sich von Fehlern frey zu machen, die ich an ihr für ganz unheilbar hielt, und wenn sie auf diesem guten Wege weiter fortgeht, so erleben wir noch was an ihr. Ich muß mich doch wirklich drüber wundern, wie unsere Weiber jetzt, auf bloß dilettantischem Wege, eine gewiße Schreibgeschicklichkeit sich zu verschaffen wißen, die der Kunst nahe kommt. Am 4. Juli verzeichnet Sophie Mereaus Tagebuch wieder: Besuch bei Schiller. (Hammerstein 1996c, S. 31) Möglicherweise hatte sie ihm die Fortsetzung, nämlich Amandens Brief, wie Schiller im nächsten Schreiben erwähnt, an diesem Tag gegeben. Sein nächster Brief wäre dann auf eben den 4. Juli 1797 zu datieren, wie schon NA datiert. Davon ist der Anfang als Nr. 5 abgedruckt. Davor steht ein undatierter Brief aus dem Vorjahr, welchen die ZfE-Herausgeber wohl mit dem Roman in Verbindung brachten. 247,22–32 In Ihren Gedichten 〈. . .〉 fehlen.] Der Brief ist in der NA auf »vielleicht Mitte Juli 1796« datiert. Schiller entschuldigt sich, weil er Sophie Mereaus Ms. nicht gleich hatte lesen können. Er möchte die Gedichte wieder im Musen-Almanach und in den Horen abdrucken; der Text lautet (vgl. NA Bd. 28, S. 266): In Ihren Gedichten finde ich sehr viel schönes in Ab-

sicht auf den Innhalt sowohl als auf den Ausdruck. 〈. . .〉 Gegen die Erzählung in Prosa habe ich erheblichere Einwendungen, und ich wollte Ihnen nicht dazu rathen, vor der Hand einen Gebrauch davon zu machen. Laßen Sie das Mscrpt noch einige Monate liegen, es wird Ihnen fremder werden, und Sie werden Sich dann gewiß selber sagen, was ich oder ein anderer Ihnen jetzt darüber sagen würde. Die Charaktere sind zu wenig bestimmt, die Maximen nach denen gehandelt wird, wollen sich nicht ganz billigen lassen, die Erzählung geht einen zu schleppenden Gang; an einzelnen Schönheiten fehlt es nicht, und kann bey einer Arbeit Ihres Geistes auch niemals fehlen. Im MusenAlmanach für das Jahr 1797 erschien das Gedicht Andenken; in den Horen (1797, 10. Stück, S. 98–100): Des Lieblingsörtchens Wiedersehn (ebd., S. 596). Welches die Erzählung war, die Schiller wohl nicht drucken ließ, kann nur vermutet werden. Nach Hammerstein kommt entweder Marie (erschienen 1798 in der Monatszeitschrift Flora) oder Die Flucht nach der Hauptstadt infrage (erschienen im Taschenbuch für das Jahr 1806. Der

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Liebe und Freundschaft gewidmet). Vgl. Hammerstein 1996b, S. 276 u. 293. 248,2–13 Sie haben 〈. . .〉 eingetreten sind.] Dieser Brief Schillers, vermutlich vom 4. Juli 1797, bezieht sich wieder auf den Roman Amanda und Eduard (s. o.). Die Datierung geht aus einem hier nicht publizierten Abschnitt hervor, der hier mit wiedergegeben wird (NA 29. Bd., S. 96): Sie haben mich mit den ersten Briefen Ihres Romans gestern und heute recht angenehm überrascht, ich finde darinn einen so schnellen und großen Fortschritt, den Ihr Darstellungstalent zu einer höhern Vollkommenheit gethan hat, daß ich Ihnen recht von Herzen dazu Glück wünsche. Diese Briefe sind mit einer sehr angenehmen Leichtigkeit und schönen Simplicität geschrieben, es ist sichtbar, wie sehr Sie Ihres Stoffes mächtig geworden und wie Sie Sich durch eine glückliche Cultur vor manchen Fehlern, mit denen das noch nicht ausgebildete Talent gewöhnlich anfängt und oft lange genug zu kämpfen hat, zu befreyen gewußt haben. Ich kann Ihnen also nichts wünschen meine vortrefliche Freundin, als auf diesem Wege fortzufahren, in den Sie jetzt so glücklich eingetreten sind. Amandens Brief, vielleicht auch wohl noch einen der folgenden, können Sie vielleicht Morgen Mittag dem Abschreiber geben, so daß ich das Mscrpt, davon Ein Theil abgegangen, mit er Morgenden Post absenden Kann? Leben Sie recht wohl, ich hoffe der Vorrath ist noch groß, denn die Horen werden durch diesen schönen Beitrag ein neues Lustre gewinnen. Der erste Brief von Amanda ist der dritte des Romans. In den Horen erschienen nur acht Briefe von Sophie Mereaus Roman, da die Zeitschrift eingestellt wurde. Der Roman – nun mit dem Titel Amanda und Eduard. Ein Roman in Briefen – erschien dann in zwei Bänden 1803 bei Friedrich Wilmans in Frankfurt. Er enthält Passagen aus Sophie Mereaus Briefwechsel mit Heinrich Kipp. Dorothea Schlegel meinte hingegen, darin ihren Mann Friedrich porträtiert zu sehen (vgl. Hammerstein 1996a, S. 296–299). 248,15–249,8 Der Fall 〈. . .〉 1795.] Der Brief Schillers bezieht sich auf einen Plan Sophie Mereaus, eine Zeitschrift herauszugeben, was sich erst einige Jahre später realisieren ließ. Schiller rät davon ab (NA Bd. 28, S. 139f.): Der

Fall, von dem Sie schreiben, ist das Schicksal so vieler, die ihr Talent zu einer höhern Thätigkeit bestimmte und manche vorzügliche Fähigkeit geht dadurch für das Beßte der Kunst und der Wißenschaft verloren. Aber glauben Sie mir, daß wenn es möglich ist, sich aus einer solchen Lage zu reissen, dieses nur durch eine strenge Beharrlichkeit auf dem guten Wege, und durch keine Abweichung von demselben, 981

Kommentar

durch keine Nachgiebigkeit gegen den fehlerhaften Geschmack geschehen kann. Man glaubt oft mit der Quantität weiter zu kommen als mit der Qualität, aber außer dem daß man nur durch die letztere sich selbst genug zu thun im Stand ist, so ist auch nur von dem Guten und nicht von dem Vielen ein wahrer ä u s e r e r Vortheil zu erwarten. Ich gestehe, daß ich für Sie fürchtete, sobald ich von dem vorhabenden Journale erfuhr. Eine solche Unternehmung schien mir nachtheilig für Sie, und ich konnte auch keinen äusern Vortheil davon für Sie erwarten, den Ihnen eine andere Art schriftstellerischer Beschäftigung, wobey Sie mit Musse und Liebe beharrten, nicht in einem viel höhern und für Sie selbst unendlich befriedigenderem Grade gewährte. Sie haben gar keine Ursache zu zweifeln, Arbeiten, die auf diese Art entstanden und ausgeführt worden, auch in demjenigen Sinne zu nutzen, wie jeder Schriftsteller jetzt die seinigen nutzt. Auch Ihre Wahl ist gar nicht begrenzt, da Sie, ausser Uebersetzungen welche die leeren Stunden füllen können, Ihre fröhlichen Momente poetischen Arbeiten in Versen und Prosa, besonders Erzählungen widmen können. Zu allen diesen Arbeiten stehen Ihnen mehrere Journale offen. Wieland wird Beyträge von Ihnen mit Vergnügen in den Mercur aufnehmen. Die Flora, eine Zeitschrift für das Frauenzimmer, welche Cotta herausgiebt, wird Sie gerne zur Mitarbeiterin haben, und was Sie mir für die H o r e n anbieten werde ich, sobald es sich irgend mit dem Zwecke derselben verträgt, eben so bereitwillig aufnehmen. Der Vortheil von diesen verschiedenen Journalen ist zwar nicht gleich, aber es ist auch nicht nöthig, daß die Arbeiten gleich sind, und ein eigenes Journal wenigstens würde Sie auch hierin nicht weiter führen. Schiller empfiehlt ihr weiter, französische Erzählungen und Märchen zu übersetzen, was gut bezahlt würde. Zu diesem Zeitpunkt wäre Sophie Mereau als Zeitschriftenherausgeberin in derselben Stadt wie Schiller in Konkurrenz zu ihm geraten, was ein Grund für seinen Rat gewesen sein dürfte. Als Autorin erschien sie ihm hingegen hocherwünscht.

Druckfehler 246,27 247,18 248,28

Jun.] Jen. Zur Korrektur s. o. das Ganze] das Ganzo Ihnen] Ihen

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Zu ZfE 19

Erläuterungen 246,30 Für Arnim waren diese Briefstellen ein belehrendes Beyspiel 〈. . .〉, was Critik seyn kann, dies eine kritischer Wendung gegen die Pamphlete von Voß (vgl. Steig 1912, S. 149–152). 246,17 Aristarch] Aristarch von Samothrake, griechischer Textkritiker des 2. Jhd., v. Chr. 247,10 Stanzen] Die Str. haben nur eine gewisse Ähnlichkeit mit der Stanze, sind aber nur sechs- statt achtzeilig, auch ist die Reimfolge anders. Im übrigen sind in dem Gedicht einige V. länger, was Schiller bei einem anderen Gedicht Sophie Mereaus einmal kritisiert. Sie erreicht dadurch aber eine größere Lebendigkeit der Dichtung. 249,10–250,3 / 251,18–254,28

Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten, von Jakob Grimm 〈. . .〉 vermögen./ Ferner 〈. . .〉 werden.] Entstehung

Arnim hatte im Nachwort zum ersten Bd. des Whs 1805 auch zum Sammeln von Sagen angeregt. Jacob Grimm sandte seinen Text zusammen mit den Sagen von Glocken (ZfE20) Arnim am 6. Mai zu (Ich sende Ihnen hierbei: 1.) 〈. . .〉; BJ/ Autographa 68): Ich sende Ihnen hierbei:

1.) zwei schöne Glockengeschichten, fast wörtlich nach der Quelle. Sie werden sie aber wohl schon kennen. 2. Sage vom Graf Isang. 3. Gedanken eines gehängten Soldaten, bis zur Täuschung wahrhaftig. 4. ein Paar Verse aus dem Tyturell, denen wenn Sie wollen mehrere nachfolgen könnten, ich wollte nur, daß eine beßere Recension da wäre, als der alte Druck. 5. etwas über Volkssagen, wie es mir am Herzen liegt. Ich will damit nichts Neues sagen, ob ich es gleich noch nirgends gelesen habe, ich meine aber, es müßte so seyn u. wäre sehr bekannt. Es könnte auch beßer gesagt seyn, diese Gedanken sind mir aber wohl darum so lieb, weil ich viel von den Folgen hoffe, die aus der Sache resultiren müßen u. darüber mit Fleiß her bin. Brauchen Sie von allem diesem für den Einsiedler nach Gutdünken. Die Absendung dieser Sachen wär schon früher geschehen, wenn wir 983

Kommentar

nicht auf einen Brief vom Clemens gewartet hätten u. dachten, daß er darin mancherlei fodern könnte, was in einem hinginge. Indeßen ist wider Erwarten noch keine Nachricht von ihm eingelaufen, u. ich weiß nicht einmal ob er in Heidelberg angekommen ist 〈. . .〉. Ich muß es Ihnen gestehen, u. Sie wißen wie ers mir als hier gemacht hat, ich bin von dem Clemens viel geärgert worden, darüber, daß ich nichts mittheilen u. von mir geben wollte. Ich weiß nicht was mir dabei mehr zuwider gewesen ist, die gute Meinung von mir, oder das Unrecht, was er mir damit that. Ich leugne es nicht, daß meine Arbeiten nicht auf gerade zu Herausgeben gerichtet sind, woran ich nicht denke u. keine Lust spüre, allein beständig werde ich mich dazu innerlichst getrieben fühlen, dasjenige zu thun, womit Ihnen und dem Clemens ein Gefallen geschieht, von denen ich schon so viel Gütigkeit erfahren habe. Von den mitgesandten Texten Jacob Grimms nahm Arnim nur die Sagenabhandlung mit den Glockensagen auf. Vielleicht hätte zu einem späteren Zeitpunkt noch ein weiterer Text folgen sollen. Brentano war seit dem 29. April in Heidelberg. Er schrieb an die Grimms zuerst am 7. Mai (FBA 32, S. 63 u. 65): Hier fand ich eine sich in ihren Mitgliedern haßende Univer-

sität, einen manichfach als Philosoph von der hallunckischen Juristenfakultät verfolgten lieben lachenden Görres, dessen Studien über die Niebelungen sie weiter im Einsiedler finden werden, und an Arnim den unendlich produzierenden Herausgeber der Zeitung, der des Morgenblatts lacht, wenn nur die Zeitung gienge – selbst Savigny will Sie nicht schmecken; die Druckerei ist hier sehr unordentlich, nach der nun vollendeten Schlegelschen Schrift geht v i e l l e i c h t der Druck des Wunderhorns wieder an, der Einsiedler wird alle Monat geheftet auch ausgegeben; thun sie doch alles mögliche für Abnahme, er wird einst ein treffliches Buch 〈. . .〉. Vergessen sie den Einsiedler nicht in ihren Collectaneen. Und thun sie alles zu dessen Verbreitung. Weiter bestätigte er am 12. Mai den Eingang der Texte für die ZfE (FBA 32, S. 67; Poststempel: 18. Mai): Gestern liebe Freunde erhielt Arnim ihre Sendung für den Einsiedler, und dankt von Herzen 〈. . .〉. Arnim begann einen Brief an die Brüder Grimm, ehe er die Nachricht vom Tod von deren Mutter, Dorothea Grimm geb. Zimmer, erhielt, die am 27. Mai gestorben war. Der Umzug in Heidelberg hatte ihn vom Schreiben abgehalten (So vielerley schöne Beyträge, lieber 〈. . .〉; SPK/Nachlaß Grimm 647/I,7): So vielerley schöne Bey-

träge, lieber Grimm, hätten wohl schnellere Antwort gefordert, wenigstens Dank, aber seit ich hier im freyen Grünen wohne und das 984

Zu ZfE 19

Schloß neben mir wie ein Lusthaus meines Gartens, seine Brunnen wie mein Waschbecken und alle seine Vögel, als hätte ich sie geheckt, da über nimmt mich gar oft die still in sich versinkende Trägheit und ich meine ein grosses Werk gethan zu haben, wenn ich meine Blumen begossen. 〈. . .〉 indessen ist Zimmer noch nicht zurück von der Messe und es läst sich nicht beurtheilen, ob er die Zeitung ohne Schaden fortsetzen kann, er hat grosser Nachlässigkeiten in Hinsicht der Verbreitung sich schuldig gemacht, ich habe das Meine gethan und unzählige Briefe darüber geschmiert. Doch ist dies alles noch unbestimmt und lassen Sie Sich dadurch nicht abhalten von allerley Guten, was Sie vielleicht noch für mich beabsichtigen. Dem Aufsatz über Sagen habe ich eine Anmerkung beygefügt, vielleicht veranlasst Sie das gelegentlich die Sache historisch durchzuführen, ich gestehe, daß ich gar keine Vorstellung habe von einer Naturpoesie getrennt gedacht und von einer Kunstpoesie getrennt. Auch in den schlechtesten Dichtungen wollte ich Ihnen noch deutlich beydes und sogar das Dritte zeigen, was beyde stört und aufhebt. Arnim beschloß den Brief: Ich schreibe gleichsam an Sie beyde Unzertrennliche zugleich, und empfehle mich und meine beyliegende Zeitung Ihrer beyder Nachsicht. Jacob Grimm notierte auf dem Brief den Erhalt erst am 24. Juli (Steig 1904, S. 14) und erschloß das Datum: (muß geschrieben seyn Anfang Juny). Arnim hatte also vermutlich den Druck der Sagentexte gleich mitgesandt. Ehe der Brief in Kassel ankam, war Arnim im Rheingau gewesen und hatte nach seiner Rückkunft Clemens Brentano, der nach Kassel und zu seiner Frau zurückzukehren versuchte, einen Brief an die Brüder Grimm mitgegeben (ebd., S. 15; nach dem 21. Juni: Ich begrüsse Sie herzlich alle 〈. . .〉): Sie erhalten die Fort-

setzung des Einsiedlers, ist Ihnen nichts dafür vorgekommen? Sagen besonders? Aus Arnims Fußnote zu Jacob Grimms Aufsatz (250,6–7) entspann sich der Streit mit Jacob Grimm über Natur- und Kunstpoesie, der besonders im Jahr 1811 noch einmal aufflammte. Vgl. dazu folgende Briefe: Arnim an Jacob Grimm, 5. April 1811, Jacob Grimm an Arnim, 20. Mai 1811, Wilhelm Grimm an Arnim, 28. Mai 1811, Arnim an Wilhelm Grimm, 25. Juni 1811, Jacob Grimm an Arnim, 9. Juli 1811, Arnim an Jacob Grimm, 14. Juli 1811, Jacob Grimm an Arnim, nach dem 14. Juli 1811, Arnim an Jacob Grimm, vor 18. August 1811. Obwohl man meinen sollte, daß die Philologen bei ihren Sagenabdrucken sich enger an die Quelle halten würden als der Schriftsteller Arnim, gibt es doch ein entgegengesetztes Beispiel: Arnim nahm 1809 in seinen Wintergarten die Sage Johann Beer auf;die Brüder Grimm publizierten sie ebenfalls (DS 143: Die Männer im Zottenberg), doch grif-

985

Kommentar

fen sie in den Text stärker ein als er (vgl. Moering 1994). Die Deutschen Sagen der Brüder Grimm erschienen in zwei Teilen, im ersten Teil die »Lokalsagen« (Berlin 1816), im zweiten die historischen Sagen (1818; vgl. DS). Im Vorwort zum ersten Band wird der Druck in der ZfE erwähnt (ebd., S. 20):

Diese Sammlung hatten wir nun schon vor etwa zehn Jahren angelegt (man sehe Zeitung für Einsiedler oder Trösteinsamkeit. Heidelberg 1808. Nr. 19 u. 20) 〈. . .〉. Arnim rezensierte die Deutschen Sagen im Gesellschafter (21. August 1818). In die Deutschen Sagen wurde auch die an Arnim geschickte Sage vom Grafen Isang aufgenommen (DS 131: Seeburger See). DS, S. 184–186. – Vgl. Jacob Grimm, Kleinere Schriften. Bd. 1. Berlin 1864, S. 399–403. Nicht erwähnt werden die Golem-Sage (ZfE19) und die beiden Glockensagen (ZfE20) in Jacob und Wilhelm Grimms Sagenkonkordanz, vielleicht weil sie gedruckt vorlagen (vgl. Briefwechsel der Brüder Grimm. Krit. Ausg. in Einzelbänden, Bd. 1.2: Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm. Hg. v. Heinz Rölleke. T. 2: Zusätzliche Texte: Sagenkonkordanz, Stuttgart: Hirzel 2006). Das gemeinsame Verzeichnis entstand »zwischen 1809 (vielleicht aber auch schon ab 1807) und 1811«, ermittelte Rölleke und teilt über den »Begriff ,Sage’ im Sinn der jugendlichen Brüder Grimm« mit, »daß er nicht nur die spezifische volksliterarische Gattung, sondern den Gesamtbereich der mündlich tradierten Literatur (alles ,Gesagte’), die erhaltenen Spuren der indogermanischen Mythologie und die in diesem Sinn relevanten Passagen der europäischen Literatur des Mittelalters abdeckt.« (ebd., S. 5) Druckfehler, ZfE20: 252,27 Volkssagen] Volssagen 254,19 vergeht] gemeint wohl

ZfE vorgeht

Erläuterungen, ZfE20: 253,5–6 wovon ich anderwärts einige Beyspiele bekannt gemacht habe] Jacob Grimm, Von Uebereinstimmung der alten Sagen. In: Neuer

Literarischer Anzeiger 〈aus dem Gebiete der Literatur und Kunst〉,

hg. v. Johann Christoph v. Aretin, München, in Kommission bei E. F. Fleischmann, Nr. 36, 8. September 1807, Sp. 568–571. Grimm geht vor allem von Sagenelementen innerhalb mittelalterlicher Literatur aus; hier werden die allgemeinen Passagen zitiert:

Es wäre überhaupt die allgemeine Anmerkung zu machen, wie sich eine Menge einzelner Züge unzäligemal in der alten Poesie, obgleich auf verschiedene Weise, wiederholt, zum sicheren Beweis der ächt poetischen Bestandtheile oder lieber des epischen Charakters derselben. 986

Zu ZfE 19

Denn das ist die wahre Bedeutung des Epischen, dass es durchaus volksmässig seyn, in der ganzen Nation fortleben, und sich, indem es blos die Sache ergreift und festhält, mit Vernachlässigung der Zeiten und Benennungen – bei derselben Grundlage in einer Mannichfaltigkeit von Gestaltungen dargeben müsse9). Wie es 〈das Epische〉 indessen nach der natürlichen Ordnung bei jedem Volk in unaufhörlicher Steigerung untergeht, so ist es auch unter uns längst nicht mehr lebendig, sondern es kann nur von einzelnen Gemüthern geliebt werden, welche es aber gleich einem Alterthum zu beschauen haben, nicht erweiternd oder neu erdichtend. (Sp. 568)

9) Ich behaupte folgende Sätze und ihre Identität: die älteste Geschichte jedwedes Volks ist Volkssage. Jede Volkssage ist episch. Das Epos ist alte Geschichte. Alte Geschichte und alte Poesie fallen nothwendig zusammen. In beiden ist vermöge ihrer Natur die höchste Unschuldigkeit (Naivetät) offenbar. So wie es aber unmöglich ist, die alten Sagen auf dieselbe Art zu behandeln, wie mit der neueren Geschichte verfahren werden muss (welche vielleicht mehr Wahrheit des Details enthält, wogegen in den Sagen bei allem Fragmentarischen eine hervorgreifende Wahrheit in Auffassung des Totaleindrucks der Begebenheit herrscht); so ungereimt ist es, ein Epos erfinden zu wollen, denn jedes Epos muss sich selbst dichten, von keinem Dichter geschrieben werden. Beweis sind die Menge misslungener Arbeiten in allen Nationen. Aus dieser Volksmässigkeit des Epos ergibt sich auch, dass es nirgends anders entsprungen seyn kann, als unter dem Volke, wo sich die Geschichte zugetragen hat. (Sp. 570f.; es folgt ein Angriff auf Docen.) 254,31–32

Joh. Müller in eben dem Sinn gesagt hat: Buch 1, Cap. 16, Not. 230. Buch 1, Cap. 10, Not. 115. Buch 4, Cap. 4, Not. 28.] Grimm bezieht sich auf drei Reflexionen des Historikers von Müller über den Wert von mündlich tradierten Begebenheiten: Der Geschichten Schweizerischer

Eidgenossenschaft Erster Theil. Von des Volks Ursprung. Durch Johann〈es〉 von Müller. Leipzig: Weidmannische Buchhandlung. Neue verbesserte und vermehrte Aufl. 1806. Hessische Landesbibliothek Wiesbaden, Sign. Hf. 4474. Die zuerst genannte Fußnote gibt in Anführungszeichen einen Bericht wieder (S. 478–480), der von Justinger vor 1420 aufgezeichnet worden sei (Anm. 229), wie Graf Peter von Savoyen die Stadt Bern unterstützt habe. Müller meint in Anm. 230 über diese Sage (S. 478): Es ist

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Kommentar

wider sie, daß in der chronica de Berne, geschrieben 1323, ihr nicht gedacht wird; diese schweigt aber auch von dem urkundlich gewissen Schirmvertrag 1268 mit Peters Bruder Philipp. Gemeiniglich ist in Sagen ein wahrer Grund, oft ganz, oft zum Theil von populären Zusätzen entstellt; es ist eine zu bequeme Manier, wegen letzterer alles zu verwerfen, lieber als das wahre zu entziffern. Diese Sage ist genugsam in dem Geiste der alten Zeit, und enthält keine unauflösbaren Widersprüche mit erwiesenen Geschichten. Müller versucht dann eine Datierung des Überlieferten. Die zweite Anmerkung steht im selben Buch im 10. Capitel (Die Zeit Karls des Großen); der Haupttext lautet (ebd., S. 199): Es war kein Aben-

teuer unglaublich von der Zeit Karls, weil Menschenalter vor und nach ihm kein Held wie er regierte. Als er wider das Land Ungarn, wider die Tschechen114) und Wilzen zog, war vor allen andern Kriegern der Kisher115), von Thurgau, groß von Statur; er mähete Tschechen, Wilzen, Awaren, wie Gras; mit seiner Hallbarde stach er bis in die siebente Reihe, er zwang sein Pferd unaufhaltbar durch den Strom der angeschwollenen Thur. 114) In Böheim. 115) Vir de Durgue Cishere, proceritatis ut de Enachjm Stirpe. Notker. Niemand wird solche Sagen buchstäblich glauben; ihr Grund ist um nichts desto weniger historisch; diese scheint aus einem Kriegsliede des neunten Jahrhunderts. Die dritte zitierte Anmerkung steht in: Der Geschichten Schweizerischer Eidgenossenschaft Vierter Theil. Durch Johann〈es〉 von Müller. Leipzig: Weidmannische Buchhandlung. 1805; 4. Capitel: Von der alten Schweizer Denkungsart und Kenntnissen. Haupttext (S. 222f.): Bey den alten Schweizern, im Anfang der Freyheit, war lesen und schreiben etwas nicht gewöhnliches; die Erfahrungen und Erinnerungen der Väter kamen (wie die Druidenweisheit oder wie Homers Gesänge) ungeschrieben auf die Enkel28). 28) Daher an Begebenheiten, deren S p u r urkundlich ist, wegen Abgang eines gleichzeitigen Geschichtbuches zweifeln zu wollen unrecht wäre. Aber in der historischen Kunst ist, K r i t i k d e r S a g e n einer der am wenigsten bearbeiteten Capitel. (S. 223)

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ZfE 20

7. Juni 1808. Redaktion Obwohl Brentano die Redaktion dieser Nummer besorgte, war sie doch von Arnim vorbereitet worden. 251,3–16 Die fünft Lieb 〈. . .〉 Der beschlossen Gart des Rosenkranz Mariä Bl. 275]

Entstehung und Quelle Möglicherweise ein Beitrag, den Clemens Brentano abgeschrieben hat, denn er besaß das Werk des Nürnberger Arztes und Druckers (Katalog der nachgelassenen Bibliotheken der Gebrüder Christ. und Clemens Brentano, Köln: J.M. Heberle 1853, S. 45): Der beschlossen Gart des Rosenkrantz Marie. Nürnberg durch Ulr〈ich〉 Pinder. 1505. Sehr schönes Exemplar wie neu

erhalten nur einige Bll. ganz unbedeut. wurmst. 〈. . .〉 Das Werk, eines der schönsten Holzschnittbücher dieser Zeit, besteht aus 2 Theilen zu 302 und 297 Bll., nebst Register und ist ganz vollständig, wie unser Ex., sehr selten. Die Holzschnitte sind von und nach Schäufelein. Das Zitat steht auf Bl. 275f. (cclxxv – cclxxvj): Von der liebe des vaterlantz. (Holzschnitt)/ DIe funfft liebe ist die liebe des vaterlantz/ Von der geschriben stat Dulcis amor patrie. 〈. . .〉 Dise liebe wan sy durch den geist nit geregieret wirt so gipt sy vrsach zeuolbringen groß vbel/ wann sy helt keinen glawben sy verordnet vnd stifft vil krieg vnd vneinikeit/ Sy bestelt verreterey/ vnd vbertryt gz gesatz gotes/ vnd auch der menschen/ Sy veracht vnd halt wenig von der ordnung der christglawbigen kirchen 〈. . .〉 Sy gebirt neyd vnd haß/ zwitrechtikeit vnd hoffart/ e Schmeichler zu dutler vnd verreter/ zeucht sy yn yere dienstbarkeit/ e mit der verkorong aller gerechtikeit/ vnnd ist gewonlich zewieten vnd straffen on alle barmhertzikeit/ Wann sy nyemantz schonet noch vbersicht/ Vn das alles zebehalten yeren zeitlichen stand/ der alte herkom989

Kommentar e

e

men vnd gewonheit/ sy seyend boß oder gut/ Darumb dan offt zu end e zerstort wirt dz vaterland.

251,18–254,28 255,1–257,17

Gedanken 〈. . .〉 gewonnen werden.] Vgl. ZfE19.

Sagen von Glocken 〈. . .〉 decken lassen.] Quellen und Varianten

Die beiden Sagen nahm Jacob Grimm 1816 in den ersten Band der Deutschen Sagen auf, in dem ›Lokalsagen‹ stehen (DS 125 und 126), nicht jedoch die Vorbemerkung (255,3–11). Sie gehören dem gleichen Sagentyp an, wobei die zweite der »älteste Beleg dieses Sagentyps« ist (Heinz Rölleke, Nachwort zu den Deutschen Sagen, Frankfurt/M. 1994, S. 775). Im späteren Druck geben die Brüder Grimm jeweils unter der Überschrift die Quelle an. Auch sonst gibt es sprachliche Abweichungen. 255,13–256,2 Die große Glocke 〈. . .〉 gezogen.] 125. DER GLOCKEN-

GUSS ZU BRESLAU. Ungarischer Simplicissim. 1683. S. 43.44. Ungarischer Oder Dacianischer Simplicissimus, Vostellend Seinen wunderlichen LebensLauff, Und Sonderliche Begebenheiten gethaner Räisen. 〈. . .〉 Gedruckt im Jahr MDCLXXXIII, hg. v. Herbert Greiner-Mai und Erika Weber. Berlin 1978 Quelle, verglichen mit: 〈Daniel Speer,〉

(Neudruck), S. 43f.:

Endlich muß ich auch melden von der großen Glock zu St. Maria Magdalena, welche (wie auch alle andere) im Gewicht gehet und durch drei oder vier Mann kann gezogen werden. Wann man funfzig Schläge zeucht, so gehet sie hernach noch funfzig Schläge von sich selbst, aber mit geringer Hülf. 〈. . .〉 Was nun nit Standespersonen, wird mit diesen zwei großen Glocken zum Leichen nit geläutet, aber allen armen Sündern, wann sie jetzt vom Rathause herunterkommen, wird mit der St. Marien Magdalenen großen Glocken geläutet, und wie Bericht erhalten, soll es daher kommen: Nach dem der Gießer diese Glocke hat gießen sollen, ist er zuvor zum Essen gangen, dem habenden Lehrjungen aber bei Leib und Leben verboten, den Hahnen am Schmelzkessel nit anzurühren; dieser aber aus Vorwitz hat’s probieren wollen, wie es aussehe, und ist wider Willen ihm der Hahn ganz herausgefallen und das Metall eben in die zubereitete Glockenform geloffen. Der Lehrjung, höchst bestürzt, weiß nit, was er tun soll, 990

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wagt’s doch endlich und gehet weinend in die Stuben, erkennt seine Ubeltat und sagt’s dem Meister und bittet um Gottes willen um Verzeihung. Der Meister aber, voller Zorn, ersticht den Lehrjungen auf der Stell. Als nun der Mann voll Jammers hinauskommt und nach Verkühlung abräumet, befindet er die Glocke ganz perfekt, kehret darum mit Freuden wieder in die Stuben. Da findet er erst, was er vor Übels getan, weil der Lehrjung gestorben, worüber der Meister eingezogen und nach etlicher Zeit zum Schwert kondemniert worden. Weil nun ebendiese Glocken ist aufgezogen worden, hat er gebeten, er möchte ihren Resonanz auch wohl hören, wann er die Ehr vor seinem letzten End von den Herren haben könnte, daß man sie ihm zu Gefallen läuten wollte, welches ihme auch willfahrt worden; und solle also konsequenter noch dato allen Malefiz-Personen sie geläutet werden, wie ich dann selbst unterschiedlichen Malefikanten sie hab läuten hören. Zu Attendorn 〈. . .〉 lassen.] 126. DER GLOCKENGUSS ZU ATTENDORN. Simplicissimus, Rathstübel cap. 8. Quelle: 〈Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen,〉 Rathstübel Plutonis 〈. . .〉 Gedruckt in Samarien /Im Jahr 1672, hg. v. Wolfgang Bender. Tü256,4–257,17

bingen 1975, Kap. 114, S. 55–57 (im D: S. 95–100):

Noch bey Menschen Gedencken /oder ja eine gar geringe Zeit zuvor wohnete ein verwittibte Krämerin in dem Chur-Cölnischen Stätlein Attendorn /die ihren Sohn in Holland schickte zu serviren und zubegreiffen /wie er ins künfftig seinen Handel nutzlich führen und prosperiren könte. Dieser insinuirte sich dergestalt bey einigen Kauffherrn /und stellte sein Sach so wol an /daß er alle Jahr seiner Mutter auß dem /was er erwarbe / viel von allerhand in seinem Heimath verkäuffliche Wahren heimschicken /und dannoch so viel in Handen behalten könte /seinen Bey- oder Nebenhandel fortzusetzen: neben andern Wahren schickte er einsmahl eine Platte von klarem Gold /so schwartz angestrichen gewesen nach Hauß seiner Mutter /unberichtet was er ihr vor ein Schatz zugesendt: dieselbe setzte sie unter einen Banck in ihren Kramladen /allwo sie stehen bliebe /bis ein Glockengiesser ins Land kam /bey welchem die Attendorner eine Glock giessen /und das Metall darzu von der Burgerschaft erbettlen zulassen beschlossen: Die so das Ertz samleten /bekahmen allerhand zerbrochene ehrene Bött oder Häfen /massen die irdine daselbst nicht gebräuchlich /und alß sie vor dieser Wittib Thür kamen /gab sie ihnen 991

Kommentar

ihres Sohns Gold /weil sie es nicht kandte /und sonst kein zerbrochen Geschier hatte /der Glockengiesser /so nach Arnsperg verreisset war /und sich dort auffhielte /bis er auch einige Glocken daselbsten verfertiget /hatte einen Gesellen zu Attendorn hinderlassen /mit Befelch /die Form zu der daselbstigen Glocken zuverfertigen /und alle Anstalt bis auff den Guß selbst zumachen /mit dem Guß aber innzuhalten bis zu seiner Ankunfft: er thäte was er geheissen worden /alß aber der Meister nicht kam /und er auch selbst gern eine Prob thun wolte / umb zusehen was er könte /fuhr er mit dem Guß fort /und verfertigte den Attendornern ein von Gestalt und Klang so angenehme und gefällige Glocken /daß sie ihm solche bey seinem Abschied (dann er wolte von Attendorn zu seinem Herrn oder Meister nach Arnsperg gehen /ihme die Zeitung von seiner glücklichen Verrichtung zubringen) so lang nachleuten wollten /alß er sie hören könte: Uber das folgten ihm etliche nach /die ihn mit Kandten in den Händen begleiteten /und ihm mit dem Trunck zusprachen: Alß er nun in solcher Ehr und Frölichkeit bis auf die steinerne Brucke /die sich zwischen dem Fürstenbergischen Schloß Schnellenberg und Attendorn befindet /gelangte / begegnet ihm sein Meister /welcher anders nichts thät alß daß er zu seinem Gesellen sagte: Was hast du gethan /du Bestia? ihm die Pistol an Kopf setzte /und damit eine Kugel dardurch jagte /darvon er alsobald das Leben auffgab: Zu dessen Geleitsleuten aber sagte er /der Kerl hat die Glocken gegossen wie ein anderer s. h. Schelm: er were urbietig solche wieder umbzugiessen /und der Statt weit ein ander Werck zumachen: Ritte darauf in die Statt /und wiederholte was er auff der Brucke gesagt hatte /alß ob er den Handel gar wol außgerichtet: aber er wurde wegen deß begangenen Mords angepackt / und endlich ernstlichen gefragt /warumb er sein Gesellen todt geschossen / mit welchem sie doch wie auch mit seiner Arbeit und Glocken wol zufrieden gewesen: endlich bekante er /welcher Gestalten er an dem Klang abgenommen /daß eine zimliche Quantität Gold bey der Glocken were / so er nicht darzu hette kommen lassen / sondern weggezwackt haben wolte / dafern seyn Gesell mit dem Guß bis zu seiner Ankunfft /wie er ihm dann anbefohlen /gewartet hätte /von wessentwegen er ihm den Rest dann auch gegeben. Hierauff wurde ihm der Kopff weggeschlagen /dem Gesellen aber auff der Brucken /wo er sein End genommen /ein eysern Creutz zu ewigem Gedechtnuß auffgerichtet /welches auch noch ohn Zweiffel dort stehen wird. Underdessen könte Niemand ersinnen /woher das Gold zu der Glok992

Zu ZfE 20

ken kommen seyn mußte /bis der Wittib Sohn mit Freuden und grossem Reichtumb beladen nach Hauß gelangte /und vergeblich betraurete /daß sein Gold Zween /einen schuldig und einen unschuldig umb das Leben gebracht: prætendiert er sein Gold gleichwol nicht wiederumb /nicht allein weil ihne GOtt anderwerts reichlich gesegnet /sondern auch /weil es einmahl zu dessen Ehren gewidmet war: Es hat aber längst hernach das Wetter in den Kirchthurn geschlagen /und wie sonst alles verbrandt war bis auff das Gemäur /also auch alle Glocken zerschmeltzet: Nach welchem Unfahl in der Aschen Metal funden worden /welches am Gehalt den Goldgülden gleich gewesen /worauß derselbig Kirchthurn wieder umb etwas repariert und mit Bley gedecket worden /allermassen ich ihn also dort gesehen /und mir diese Histori von alten Leuthen also erzehlen lassen. Erläuterungen 256,27 Kanten] Kannen. So auch in den DS. Das Wort auch in dem Kinderlied Frühlingsumgang im Wh (Heut ist mitten in der Fasten 〈. . .〉; FBA 8, S. 273; FBA 9,3, S. 489). Vgl. Dieter Martin, Grimmelshausens Ortssagen. In: Simpliciana. Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft, XXV. Jg. (2003), S. 239–254. 257,19–259,25 Becherklang. Seit nun Gott die Welt durchschnitten 〈. . .〉 Arnim] Ricklefs Lyrik-Reg. 1317.

Entstehung Dem Druck des Trinklieds gehen zwei Hss Arnims voraus. Eine weitere ist später anzusetzen.

Überlieferung 1

H : FDH G 418; Wz: J H (verschlungen) über 1802. H2: FDH Pergamentband I, Nr. 91 (Bl. 53r, Januar 1806): jeder ders verlanget. . ., und Nr. 92: Becher: Sauget

O Trinker: Lebe nur an meinem

Kreise. . . H3: Die in 259,26 erwähnte Melodie von J. F. Reichardt ist derzeit noch unbekannt. Steig wies auf eine Hs hin (Steig 1901, S. 19: »〈. . .〉 in den Acten der Liedertafel finden sich noch zwei eigenhändige Niederschriften Arnim’s, die ein Trinklied bei verschlossenen Thüren und zweitens den auch sonst

993

Kommentar

bekannten Becherklang Seit nun Gott die Welt durchschnitten / Mit der Allmacht sausend Schwert etc. enthalten 〈. . .〉.«) Sing-Akademie zu Berlin: N. Mus. SA 280, fol 73r: Becherklang: Seit nun Gott die Welt durch schnitten . . .

Varianten H1: Wiedergabe der frühesten Schicht:

Als nun Gott die Welt durchschnitten Mit der Allmacht sausend Schwert, Liegt in Tag und Nacht inmitten Wer des Weimes Becher leert Tief und dunkel ist der Becher, Licht und strahlend singt der Zecher. Schwingt den Huth und rufet tief, Daß der Becher schwirrend rief. Sauget nur an meinem Kreise Ewig send ich Geister euch Und wer dränget auf der Reise, Von dem tiefen Becher fleuch, Flattern sollt ihr hier nicht Reben, Alle sollen auch hier leben. Die zur Finsterniß erbaut, Höllenfeuer reingebraut. Seht so steiget in mir nieder, Lucifer der rein gebannt, Und der Nacht entsteigen Lieder, Dann erscheint ein frohes Land, Weingelaubt der Jünger Schaaren, Flammen in des Waldes Haaren, Springen durch die Dämmerung, Mit des Himmels Feuer Schwung. So soll Wein die Welt verbinden, Die Gestrennt in Licht und Nacht. 994

Zu ZfE 20

Wie die Lichter mir verschwinden, Schwarz erscheint was ich gedacht, Eh der Wein entbunden Flügel e Hol die blumenschweren Zugel, Meinen Augenlieder auf, Horcht dem Lied und schauet auf. Lebe jeder, ders verlanget, Sterbe wer nicht leben mag, Was der Brüder Herz verlanget, Jeder offen hier es sag, Was der Wein hier offenbahret, Singt ins Grab wenn Tag uns klaget. Nur der Augenblick sey ganz, Luster Herzen selger Tanz. Möcht ich stärker seyn als alle, Herr des weiten Erdenrund, Allen Mädlein wohlgefallen, Allen thun die Liebe kund. Daß ein Wald aus meinen Aesten, Spiele in des Alters Resten, Und wer allen frey und frank, Töne meines Lobes Klang. Laß den Stein der Weisen finden Meiner heissen Ungeduld, Jener Binde mich mit Binden Die uns deckt aus alter Schuld, Daß aus aller Welten Wesen, Ich den innern Kern erlesen, Dann ersteh ich ewig neu In den Schülern frank und frey. H2: Wiedergabe der frühesten Schicht:

O Trinker Lebe jeder, ders verlanget Sterbe wer nicht leben mag, 995

Kommentar

Was der Brüder Herz erlanget Und verlanget jedes sag: Was der Wein jezt offenbaret Sinkt in Nacht wenn Morgen klaret, Nur der Augenblick sey ganz Selger Herzen lichter Kranz Becher Sauget nur an meinem Kreise Tausend fand ich Geister euch, Jeder bleib bey seiner Weise, Bin ich doch für alle reich. Tiefe Schätze kann ich zeigen, Wollet ihr das Haupt mir neigen Was zur Finsterniß verbannt, Hat mein Feuer reingebrannt. H3:

Becherklang Seit nun Gott die Welt durch schnitten Mit der Allmacht sausend Schwerdt Liegt in Tag und Nacht inmitten Wer des Weines Becher leert. Tief und dunkel zieht der Becher Licht und strahlend singt der Zecher, Schwingt den Huth und jubelnd singt Daß der Becher schwirrend springt. In des Weines lichten Spiegeln, Die nun rinnen auf dem Tisch, Soll sich Lust mit Lust besiegeln, Schlagt darein, das duftet frisch. Leckt nicht ab die selgen Hände Sondern streicht sie an die Wände Etwas Kalk von dieser Wand Hilft euch gegen Sodebrand. So soll Wein die Welt verbinden 996

Zu ZfE 20

Die getrennt in Licht und Nacht, Wie die Lichter mir verschwinden Scheinet licht, was ich gedacht, Daß nun alle mit mir singen Muß dem frischen Mund gelingen, Seit der wilde Sodebrand Ist gelöscht mit eigner Hand. Seht, es steigt aus mir hernieder Lucifer, der lang verbannt, Er und Bachus sind zwey Brüder Es erscheint ein neues Land Weingelaubt der Jünger Schaaren Flammen in den wilden Haaren Leuchten durch die Dämmerung Alle in erhabnem Schwung. u.sw. Die Erläuterungen Zu der griechischen Bildwelt, in der sich der Zecher bewegt, kommt erst für die Druckfassung auch die biblische Welt hinzu mit des Paradieses Baum (258,1). Lucifer, der Lichtbringer (258,4), der als Satan der Bibel (Jes. 14,12 und Luk. 10,18) lang verbannt war, tritt hier in der heiteren Welt des griechischen Weingotts Bacchus auf. Sein Wagen wird von Pantern und Löwen gezogen (258,11); das Faunenweibchen (258,13–14) säugt den jungen Tiger (258,14). 258,27–34 Tanzet 〈. . .〉 Zeitvertreib.] Die 6. Str. verbindet das Bild des Weintraubentretens mit dem biblischen Schöpfungsmythos des aus Lehm geformten Menschen. Vgl. Werke V, S. 1356f. 259,28–260,29 Der König ohne Volk. Ein König auf dem Throne 〈. . .〉 Arnim.] Ricklefs-Lyr.-Reg. 484.

Überlieferung Dem D gehen zwei Hss. voraus. H1: Engl. Taschenbuch GSA 03/185 (alt: 230), S. 13r und 12v, inklusive einer Strophe des Liedes: Es war ein alter König . . . (Ricklefs-Lyr.-Reg.586). Die zeitliche Reihenfolge der Niederschrift ist unklar.

997

Kommentar

H2: FDH Pergamentband I, Nr. 118, Bl. 95v–96r: danach in SW 23, S. 94f.

Der starke König. Druck

Varianten H1: Hier ist der Text entsprechend der Fassung der ZfE wiedergegeben, der dann auf 13r beginnt: 12v oben: Romanze von dem Könige, dem alle seine Unterthanen

wegreiten. 13r:

Ein wilder König vom Throne, Mit seinem Scepter von Gold Die Räthe schlug er zum Hohne, War keinem Menschen hold. Die Hunde sassen am Tische, Der Adel die Teller hält, Er füttert mit Brod die Fische Da alles verhungernd fällt. Sein Völkchen das war beritten, Sie ärgerten sich also bas, Daß sie sind weggeritten, Da wurde der König blas, Er konnte sie nicht halten, Sein ganzes Reich ritt fort, Er konnte allein nur walten Mit Hunden nur am Ort. 12v unten:

Er sagt. Wenn die nur bleiben, So bleibet auch mein Reich, Die Zeit mir zu vertreiben Das andre ist mir gleich. Die Hunde nun schlecht bedienet, Die wurden falsch und wild, Und wie er sich sezt erkühnet So ward er still und mild 998

Zu ZfE 20

Wer sich an andre hänget Sein Weib darum verläst, Dem ist es auch verhänget Daß er die Herrschaft läst 12v oben:

Du kannst die Lehre wohl fassen Du edler fuerstlicher Sohn Denn wenn selb Freunde verlassen Der steht allein auf dem Thron. Auf den die Krone ist fallen Dem schlug sie ein das Hirn, Und wem es mag gefallen Gehört ein feste Stirn H2; früheste Schicht:

Der starke König Ein König von dem Throne Mit seinem Stab von Gold Den Adel schlug zum Hohne, War keinem Menschen hold. x Den Hunden an dem Tische Der Adel Teller hält, Er füttert gut die Fische, Sein Volk in Hunger fällt. x Sein Völkchen war beritten Er ärgert sie so bas, Daß sie sind fortgeritten, Da ward der König blas x Er konnte sie nicht halten, Sein ganzes Reich ritt fort, Nun konnt allein er walten An seinem Hundeort.

999

Kommentar

»Wenn mir die Hunde bleiben, So bin ich doch noch reich, Die Zeit mir zu vertreiben, Das andre ist mir gleich.« x Die Hunde schlecht bedienet, Die wurden falsch und wild, Und wie er sich erkühnet, Zerrissen sie sein Schild. x Du must die Lehre fassen Mein edler Fürstensohn, Den schon die Besten verlassen, Der sitzt nicht fest auf dem Thron. x Wer sich an Huren hänget Sein Weib darum verläst, Dem ist es auch verhänget, Daß er die Herrschaft läst. Erläuterungen Das Motiv, daß der Adlige die Hunde füttern muß, übernimmt Arnim später in seine Erzählung Die Majoratsherren. Wolfgang Frühwald versteht das Lied als Parodie auf Goethes Ballade Es war ein König in Thule. . . (Brentano, Werke 1, S. 1070–1072, Kommentar zu Brentanos Parodie auf Voß Es saß der Meister vom Stuhle. . .). Ob Arnim sein Lied im ZfE-Kontext auf Voß bezogen haben wollte, wie Frühwald meint, ist schwer zu entscheiden, da bei der Entstehung 1803 in England jedenfalls diese Streitigkeiten noch nicht bestanden.

1000

Zu ZfE 21

ZfE 21 11. Juny: Redaktion Obwohl Brentano die Redaktion dieser Nummer besorgte, war sie doch von Arnim vorbereitet worden. 261,3–24

Abschied 〈. . .〉 Kerner] Entstehung

Zu Justinus Kerner vgl. arbeitet.

ZfE14. Das Gedicht wurde von Kerner später über-

Varianten 2

Vergleich zu D (vgl. ZfE14): 261,7 geht] zieht D2 261,12 sehnend noch einmal 261,14 sag] sprech D2 261,17 Herz mir] Herze D2 261,19 du] die ZfE du D2 261,19 lebt] leb D2 262,1–269,33

die] lange sehnend meine D2

Der gehörnte Siegfried 〈. . .〉 halten] Vgl. ZfE5.

1001

Kommentar

ZfE 22

15. Juny: Redaktion Obwohl Brentano die Redaktion dieser Nummer besorgte, war sie doch von Arnim vorbereitet worden. 270,3–12 Der Brocktophantasmist 〈. . .〉 ennuyiren. Aus Göthes vermehrten Faust S. 206]

Quelle Die V. zitieren Goethes Faust I (Werke, Bd. 8, , V. 4158–4164). Vgl. Steig 1912, S. 233; Houben 1904, S. 111.

Überlieferung H: Arnims Ms. zu diesem Text hat sich auf Brentanos Titelblatt zum Bärnhäuter erhalten, zusammen mit seiner Anmerkung zu dieser Erzählung. Görres erbat sich wohl diese Hs., denn sie befindet sich in seinem Nachlaß in Privatbesitz. Varianten zu H 270,3 Der Brocktophantasmist.] H fehlt Punkt 270,6 Teufelspack,] Teufelspack 270,10 Die Schöne.] H fehlt Punkt 270,11 auf,] auf 270,12–13 Faust S. 206. Um] Faust, um 270,13 Bemerkungen] davor in H üdZ eingefügt leeren 270,13–14 über 〈. . .〉 Hexameter] über einige Hexameter 270,16 sämmtlichen] sämtlichen

1002

Zu ZfE 22

270,17–18 denn wir wissen] aus wenn wir nicht 270,18 schwer] aus mü Arnim notierte alR für den Setzer: Vor der Linie. 20. Vielleicht waren die Texte für ZfE20 vorgesehen und wurden dann verschoben.

Erläuterungen 270,3–11 Der 〈. . .〉 ennuyiren.] Das Zitat stammt aus der Walpurgisnacht von Goethes Faust I. Der Name ist eine »eigene Wortbildung, etwa mit der Bedeutung ,Arsch-Hirngespinstler’ 〈. . .〉. Damit wurde der schon in den X e n i e n verspottete Friedrich Nicolai für seine We r t h e r -Parodie abgestraft.« (Albrecht Schöne, Faust. Kommentare. Goethe, Sämtliche Werke, Bd. 7/2. Frankfurt/M. 1994, S. 358) Schöne zitiert weiter Nicolais Akademie-Vortrag von 1799, in welchem dieser darlegte, wie er mit Blutigeln am After behandelt wurde, als er während einer Krankheit Erscheinungen von Verstorbenen gesehen hatte. 270,7 spuckt (der Schlegel)] Arnim ersetzt damit Goethes spukt’s in Tegel. Nicolai hatte sich in seinem Akademie-Vortrag zu einer angeblichen Spukgeschichte, die sich als Schabernack entlarvte, geäußert (vgl. ebd., S. 359). Ob Arnim dieser Bezug klar war, ist fraglich. Er wählte die Szene aus, weil sie sich auf den Romantikerfeind Voß beziehen ließ, wie die Nachbemerkung beweist. Mit Schlegel ist wohl der zum Katholizismus konvertierte Friedrich Schlegel mit seinen Indien-Studien gemeint.

271,1–279,14; Abb. S. 281; 282,10–287,24; 293,8–298,35; 306,13–312,14; Abb. S. 313 Geschichte und Ursprung des ersten Bärnhäuters 〈. . .〉 gab.]

Entstehung Die Geschichte wurde von Clemens Brentano nach mehreren literarischen Quellen geschrieben. In der Forschung eine »Ambiguisierung der Autorschaft« einzuführen, wie Kaminski es tut (Kaminski 2009, S. 87), hält den Fakten nicht stand: Die in Briefen dokumentierte Entstehungsgeschichte, weitere Passagen im Scherzenden Gemisch der ZfE und sogar die Handschrift des Beginns sprechen eine eindeutige Sprache. Nur Arnim redet Brentano in seinen Briefen mit Herzbruder, dem Namen aus Grimmelshausens Simplizissimus (s. u.), an, so kurz nach dem 11. Mai 1806 oder 2. Hälfte Mai (Drey Briefe von mir sind 〈. . .〉; WAA XXII/1, S. 243, Schultz 1998, S. 372),

1003

Kommentar

dann am 19. Oktober 1807 (– Ich schreibe Dir heute wieder 〈. . .〉; ebd., S. 461), am 12. Februar 1808 (Du machtest mich mit deinem 〈. . .〉; ebd., S. 497), Anfang Juli 1809 (Mir ist einmal wieder recht 〈. . .〉; ebd., S. 589) und am 5. September 1809 (Herzbruder bist du krank oder verliebt? 〈. . .〉; ebd., S. 596). Brentano spielt in seinen Briefanreden vielmehr an auf den Herrn Bruder Grafen aus Reuters Schelmuffsky (s. u.), zumal Arnim adlig war. Lieber Bruder (wahrscheinlich Juli / August 1805; ebd., S. 292 oder nach Härtel: Mitte Okt. 1806: WAA XXXII, S. 350), Geliebter Bruder! (1. Januar 1806; WAA XXXII, S. 116), Mein theurer Bruder (Ende April/Anfang Mai 1806; ebd., S. 205), Bester Bruder (1. Juni 1806; ebd., S. 247), Theurer Herr Bruder (kurz vor dem 8. September 1809; Schultz 1998, S. 597) Vor allem erwähnt Kaminski Brentanos Wunsch vom 8. April 1808 nicht (FBA 32, S. 56f.: Vgl. z. B. Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉), als er seinen satirischen Brief einer Apfelhüterinn (vgl. den Anhang) mitschickte: Auch erhälst du meinen Brief einer Apfelhüterinn der

eine Hübsche Antwort im Blatt möglich macht mit der Unterschrift H e r z b r u d e r , welches immer meine Unterschrift bei scherzhaften Aufsätzen sein soll. Mit der Aufnahme von Sagenelementen und wörtlich genommenen Sprichwörtern ähnelt der Bärnhäuter Brentanos Märchen. Alles wird von der Satire auf den Verleger Cotta und seine Mitarbeiter überlagert. Die erste Anmerkung stammt von Arnim, bei den anderen sind Zuweisungen schwer zu entscheiden. Friedhelm Kemp nimmt die Anmerkungen außer der ersten als Brentano-Texte auf. Zur ersten Anmerkung hat sich Arnims Hs. erhalten. Arnim gebrauchte auch andernorts den Ausdruck Bärenhäuter als Schimpfwort (Waldemar, SW 18, S. 182). Nach Ricklefs stammt auch die Anmerkung 278,33–36 von Arnim, wofür spricht, daß er auch sonst über die Last des Korrekturlesens klagte (vgl. Kapitel Entstehung, S. 643; Werke III, S. 1014;. Ricklefs-Lyr.-Reg. 343). Die Entstehung der Haupthandlung speist sich aus zwei Quellen. Sie stützt sich einmal auf Grimmelshausens Der erste Beernhäuter, den Brentano in Kassel las, sowie auf verschiedene Schwänke. Der Text ist auf der wohl in Kassel um den 20. Februar 1808 entstandenen Liste von Brentanos und Wilhelm Grimms Hand genannt (vgl. Kapitel Entstehung): Bernhäuter. Eine weitere Anregung bekam Brentano durch eine Graphik, die Arnim ihm aus Heidelberg schickte und die Ludwig Emil Grimm radieren sollte. Arnim schrieb am 27. Februar 1808 aus Heidelberg (Dank, Dank für die Platte! 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 294r–295v): Ferner schicke ich dir ein

hölländisch Bild, wenn das Grimm radieren könnte (er muß von der 1004

Zu ZfE 22

Höhle oben etwa zwey Fingerbreit weglassen und die Unterschriften,) so wär es herrlich, nur müste er unter dem Froschhunde der die Zeitung dem lachenden Frosche vorliest ein Lesekabinetstisch vorgestellt werden, und etwas von Zeitung für Einsiedler aufs Blat geschrieben werden. Es versteht sich daß keine sehr feine Ausführung verlangt wird, sondern nur die Umrisse mit einigen Hauptschatten. Die eigene Zeitung sollte also nach Arnims Vorschlag witzig im Bild erscheinen; Brentano hingegen läßt dort die gegnerischen Blätter als Versuchung des Heiligen auftauchen. Er schickte aus Kassel eine Karikaturskizze mit der Erläuterung (kurz nach dem 1. März: Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; Abb. 24; vgl. FBA 32, S. 38f., mit der Transkription der von Brentano in die Skizze geschriebenen Worte, Zitat S. 37): Gestern erhielt ich dein Kupfer welches

du zu den Einsiedlern willst umrissen haben, ich kam dadurch auf die Idee einer Karrikatur, wie der Einsiedler von allen Zeitungsgespenstern bestürmt wird die ich hierbei skizzire, die Taube bringt deine Zeitung. Die Karikatur muß richtig sein, da ich das Bild gleich dafür hielt, der steife sächsische Phöbus, kommt dazu und Prometheus den die Schnecken fressen das Morgenblatt ist sehr natürlich, die aus der Erde sehnden Hände, daß ist eine Verschwörung gegen das Morgenblatt, da müste nun vielleicht Unterbleiben aber das andre könnte sehr lustig werden, willst du es, so komponire noch dazu oder auch nur schriftlich, man könnte ja den Schelmufski Einsiedler sein lassen, Phöbus wäre Bruder Graf, die Charmante, der bucklichte Tanzmeister ect. Am Schluß meinte er dazu: 〈. . .〉 schreibe Gleich wegen der Carricatur und beantworte diesen Brief etwas Spezial. Brentano spielt auf drei literarische Zeitschriften an: auf den von Adam Müller und Heinrich von Kleist seit Januar 1808 in Dresden hg. Phöbus, auf den von Leo von Seckendorf und Joseph Ludwig Stoll in Wien hg. Prometheus, in dem auch Arnim publizierte, und auf das seit 1807 erscheinende Morgenblatt. Reuters Schlemufski zitiert Brentano auch in seiner Erzählung. Die genannten Figuren entstammen diesem Schelmenroman. Brentano erwähnt unabhängig von seinem Vorschlag der Karikatur hier erstmals den Bärnhäuter (ebd., S. 40): 〈. . .〉 ich werde dir aus dem Simplizissimus Stellen, und beson-

ders die Geschichte des ersten Bernhäuters nebst seiner Abbildung senden 〈. . .〉. Grimmelshausen, dessen Simplicissimus sein berühmtestes Buch ist, schrieb unter Pseudonymen bzw. Anagrammen und wurde erst 1837 identifiziert, weswegen sein Name bei den Romantikern nicht auftaucht; Brentano setzt das Versteckspiel um die verschiedenen Autoridentitäten des Barockautors fort (vgl. Kaminski, S. 88–101). Zu der hier erwähnten

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Kommentar

Abb. 24: ZfE 22/25: Clemens Brentano, Bärnhäuter-Skizze Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 2110,7, Bl. 248v.

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Zu ZfE 22

Abbildung s. u. zur Quelle. – Auch einen seiner Lieblingsverse, den er der Erzählung später einfügte, zitierte Brentano in diesem Brief; er schlug Arnim eine Vignette vor, die dieser aber ablehnte (s. Kapitel Entstehung; ebd., S. 37/40): Eine Idee aber, die mir ganz himmlisch erscheint, theile ich

dir hiebei mit, oben als Vignette der Zeitung einen tanzenden Einsiedel auf dem Weltball mit dem Jupiters kopf und das Motto, da droben auf dem Hügel ect. hiebei eine leichte Skizze es müßte etwas kleiner in Holz oder Stein geschnitten werden, es drückte nach meiner Idee die ganze Idee dieser Zeitung aus, es ist groß ohne ordinair zu sein, es wär so ein herrlich Lied dazu zu dichten wie Göthens Prometheus, ich bitte dich um alles laße das machen, alle herrlichen Leute allein werden es kopiren, und mitarbeiten, eine kurze Ode über den grosen Einsiedler wäre eine herrliche Eröfnung des ganzen. Arnim antwortete (etwa um den 15. März: Heute bekam ich die Nachricht 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 296r–297v): Mein Einsiedler bild hast Du sehr richtig ausgelegt, doch gehts nicht allein auf die Zeitungsschreiber, sondern auch auf die Leser, aber ich wünschte darum keine Aenderung im Blat, eine solche bestimmte direkte Satyre liegt für jezt ganz ausser den Grenzen meines Blats, wo alles W i r k l i c h e , H i s t o r i s c h e muß Platz machen, bis darüber zu reden Freyheit und Lust vorhanden ist, dies ist mein Gesichtspunkt, nach dem du fragst, ich möchte allem was daran nicht unmittelbar festsitzt einen Freyhaven errichten. Kannst Du eine Karikatur auf Journale erfinden, die niemals vorhanden gewesen und sich im kleinen doch gewissermassen unter uns historisch parodieren, so ist sie mir willkommen. Brentano ging zunächst an die Ausarbeitung der Bärnhäuter-Erzählung, und Ludwig Emil Grimm schuf die erste Abbildung dazu. Brentano schrieb am 15. März (verschrieben: 18: Ist es weil du lange 〈. . .〉; FBA 32, S. 52; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 251r–253v): Grimm radirt

jezt, das Bild des ersten Bernhäuters für die Einsiedler, die Novelle schicke ich dir wenn du s i e w i l l s t , mit nächster Post kriegst du Abdrücke. Kurz vorher kommt er in diesem Brief auf die Karikatur zu sprechen, die er noch unabhängig vom Bärnhäuter sieht. Er möchte sie zusammen mit einem Aufsatz Arnims über die Absicht der ZfE abgedruckt sehen (ebd., S. 51f.): 〈. . .〉 dann sollst du am besten in den ersten Blättern eine〈n〉 klaren und ernsten Aufsatz folgen laßen, recht herzlich und warm, über die Mishandlung, unter welcher das Vortrefliche und Geniale unsrer Litteratur und Kunst immer nur langsam hervordringen kann, und durch welche das Göttliche Kind in seiner Unschuld oft wie Hunde verschlagen wird und muthlos stirbt, hiebei wäre anzuführen, 1007

Kommentar

wie alles junge und muthige von dem Blatte in seiner platten Zeit, über die es hinaus strebt stets mishandelt wird, wie alle die Zeitungen biß jezt darnach gestrebt, wie selbst versteinerte Geister (Voß) tödlich wirken möchten, die fruchtlosen Bemühungen Gegen Lessing, gegen Göthe, gegen Tieck, gegen Schlegel, die Gottschedianer Nikolianer, etz. recht ruhig und würdig gegen die Unterdrücker, wie die Zeit endlich armseelig nach muß, wie die g u t m e i n e n d e n Kindermörder endlich selbst zu Kreuz kriegen, und wie sie sich bezeichnen mit dem Kreuze um neue zu erschlagen. Wie traurig ist die Anzeige im Morgenblatt gegen die Einsiedler. Ich wünschte eben deswegen diese ernste Anzeige, welche alle treflichen für unsre Zeitung gewinnen müste. Meine Vorgeschlagne Einsiedler Karikatur könnte recht schön daneben stehn, Muthwill und Ernst. Die Anzeige im Morgenblatt soll mir noch mehr Stoff in die Karrikatur liefern, L i c h t e n b e r g d r e h t s i c h i m G r a b h e r u m u n d z e i g t s e i n e n B u c k e l , auf den Befehl des Kunstfeiffers Cotala, (du kennst dies närrsche Büchelchen, das ich habe) welcher als F a m a in die Trompete raunt, daß stelle ich vor indem er einen H a u g (ein griechisches Aspirations Zeichen) in die Trompete thut, und welches unten als Alraun heraus kömmt, oder vielmehr wie die Alraunen (Wurzel) in der Weinachtsmitternacht von einem schwarzen Hunde am Schwanz heraus gezogen werden. Der erwähnte Roman des Kunstfeiffers Cotala ist: Musicus Vexatus, oder Der wohlgeplagte/ doch Nicht verzagte/ sondern iederzeit lustige MUSICUS INSTRUMENTALIS, In einer anmuthigen Geschicht vor Augen gestellet von COTALA, dem Kunst-Pfeiffer Gesellen. Freyberg/ Zu finden bey Johann Christoph Miethen/ Buchhändler. 1690. Der Druckort ist richtig: Dresden. Preitz (S. 505) nannte als Autor Wolfgang Kaspar Printz (1641–1717), was inzwischen angezweifelt wird (vgl. www.pierre-marteau.com/Library; 2.1.2008). Brentano bezieht sich auf die Anzeige im Morgenblatt vom 7. März 1808 (vgl. Kap. Voß und Morgenblatt). Der Trompeter ist auf der Karikatur rechts zu sehen; er ist auch schon in der Skizze vorhanden, auf Lichtenbergs Buckel verzichtet Brentano allerdings. Kurz vor dem 22. März meldete Brentano aus Kassel (Ich dancke dir für deine 〈. . .〉; FBA 32, S. 55; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 256r): 〈. . .〉 die Novelle vom Bärnhäuter erhälst

du wegen der Platte mit der fahrenden Post, die Novelle ist groß und mir sehr lieb geworden. Aus Arnims Antwort ersieht man, daß zu dem Zeitpunkt die geplante Karikatur und die Bärnhäuter-Erzählung noch getrennt waren. Es scheint eine Zeichnung Brentanos verloren zu sein, denn Adam und Eva tauchen in der vorherigen Karikatur nicht auf. Er hatte sich offenbar

1008

Zu ZfE 22

noch weiter von der Vorlage entfernt; Arnim meinte (22. März: Wie gehts Dir Clemens? So 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 302r–305v): Wegen der Karikatur bin ich nicht einig mit Dir, so viel Spas uns auch Adam und Eva gemacht haben, du wirst bald sehen, daß für jezt das alte Bild besser hineinpasst in den Sinn der Zeitung, es liesse sich aber eine Beschreibung machen dazu, wo sich das alles mit besondrer Kunstkennermiene drin sähe, doch ist das jezt eigentlich nicht noth; das Streitwesen wird ganz aus der Luft gegriffen, was in dieser Zeitung vorkommt, Karikaturen auf Zeitungen im dreissigjährigen Kriege und auf den künftigen Peloponischen Krieg, so etwas ist willkommen. Haben wir so gezeigt, daß wir etwas freyes Unabhängiges leisten können, dann ist es leicht auch die Umgebungen zu packen. Alles andre was Du mir sonst angeboten passt recht gut, der Bernhäuter ist sehr gut gearbeitet; schreib doch was Zimmer dem Grimm zu zahlen hat 〈. . .〉. Ludwig Emil Grimm hatte also die Radierung, die den Bärnhäuter darstellt, schon fertig; Brentano sandte zunächst einen Abdruck, um Arnims Meinung zu hören. Außerdem schickte Jacob Grimm an Friedrich Carl von Savigny ein Exemplar (Kassel, 25. März 1808; Schoof 1953, S. 40): Noch lege ich einen

Bärnhäuter von meinem Bruder Lui ein, wie er in die Z. f. Einsiedler kommen soll. Die Platte selbst ging am 7. April mit der Post aus Kassel ab. Brentano schrieb Arnim am 8. April: Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 56; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v):〈. . .〉 gestern gieng die Platte des Bärnhäuters nebst der gründlichen Geschichte desselben von mir nach den Quellen bearbeitet und von Schelmufski zur Bekanntmachung gesendet per Postwagen 〈. . .〉 an dich ab. Zu dem Ende des Bärnhäuters radirt Grimm jezt dein gesendetes Einsiedlerblatt, welches unverändert eine Scene meines Bärnhäuters ist, und du grade zu der Zeit erhalten kannst, wenn du das lezte Kapitel desselben abdrucken läst, in dem Bärnhäuter muß da, wo steht der Römer Messalinus Cotta habe die breiten süßen Gänsefüße wohl zuzubereiten gewust, folgendes Citat einschalten, das ich jezt erst nachschlagen konnte C. Plinii historia naturalis lib. 10. cap. 27. Ich glaube der Bärnhäuter wird jedermann Spaß machen, und die Satire drinn ist gar keine Satire und deutet doch mit Fingern drauf, ich habe mich unter vielem häuslichen Elend damit erlustigt. Er würde einzeln gedruckt beinahe ein Volks büchlein werden können. Anfang April also fügte Brentano die Erzählung mit der Karikatur zusammen und arbeitete den Schluß entsprechend aus. Das Plinius-Zitat erwähnt er in ZfE24, 294,31f.. Arnim druckte es in ZfE24 als Motto ab (s. dort). Am 11. April erhielt Arnim

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Kommentar

Brentanos Manuskript; er meldete (Dein Malespini ist prächtig 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 306r–307v): Auch der Bärnhäuter kommt eben, tausend Dank für alles Gesandte 〈. . .〉. Am 18. oder 19. April schickte Brentano die radierte Karikatur (Mitten unter Kisten und Kasten 〈. . .〉; FBA 32, S. 60; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 257r–258v): Hierbei ein Abdruck des

Kupfers, das sich jezt de〈m〉 Bärnhäuter anschließt und so erklärt, es ist wie Eudoxia ihn mit der Thierackademie besucht ganz zu lezt, vor seinem Tod. Die Blatte geht morgen ab. Arnim war mit Brentanos Erzählung nicht zufrieden. Er schrieb ihm am 20. April (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 309r–310v): 〈. . .〉 nur den Bärnhäuter must Du noch einmal durchsehen, wenn Du herkommst; ich las ihn dem Görres vor, der auch der Meinung war, daß es unendlich schade wäre um das Einzelne, wenn es durch die lose oft beynahe ganz aufgegebene Verbindung seinen Eindruck verlöre; der erste Bogen ist sehr schön und ganz nach Idee gearbeitet; auch gegen die Zuschriften hätte ich einzuwenden, daß sie dem Style des Werks fremdartig uns wohl freuet, die wir Schelmuffsky auswendig wissen, aber allen andern nichts weiter als sonderbar vorkommen kann. Du wirst darüber am leichtesten endurtheilen, wenn wir hier zusammen sind. Ob das geschehn wird? Mit Zuschriften meint Arnim Partien der Erzählung, die nicht auf Grimmelshausen, sondern auf anderen Quellen, wie z.B Reuters Roman, beruhen. Die stilistischen Brüche sind noch zu erkennen, weswegen es fraglich scheint, daß Brentano den Text noch einmal überarbeitete. Dagegen spricht jedenfalls eine Erinnerung von Görres an die neun Jahre zurückliegende Diskussion der Freunde. Er schrieb aus Koblenz an Brentano, vermutlich im Sommer 1817, nachdem er sich beim Buchhändler dessen Singspiel Viktoria und ihre Geschwister (Berlin: Maurersche Buchhandlung) besorgt hatte. Eine Anweisung Brentanos diese Edition betreffend an Carl Detlev Vetter, Maurersche Buchhandlung, vom Juni 1817, gibt einige Klarheit zur Datierung (FBA 33, S. 282f.; vgl. FBA 13/3: Viktoria und ihre Ge-

schwister, mit fliegenden Fahnen und brennender Lunte. Ein klingendes Spiel. Text; FBA 15/4: Viktoria.) Erläuterungen. Görres bedankte sich für die Zueignung der Viktoria und erinnerte sich bei der Lektüre (H: BJ): 〈. . .〉 ich der Leser habe in completer Illusion wieder in Heidelberg gesessen am grünen Platze im getäfelten Zimmer, und jener hat ihm, das ist mir den Bärnhäuter vorgelesen, und ich habe ihn hier und da gedehnt und fürs Publikum zu hochbeinigt gefunden, der damalige Leser aber hats sich nicht einreden laßen, sondern den Langen Kerl subtil in den Einsiedler, wie in eine Lade hineingelegt, Arnim aber hat 1010

Zu ZfE 22

daneben gesessen, und immer mit einem Fuß getänzelt, und war immer meiner Meynung nur nicht bey eignen Sachen. Die eigentliche Bärnhäuter-Geschichte beginnt erst in der Mitte der zweiten Nummer (ZfE23, Sp. 179), in der ersten Nummer und zu Beginn der zweiten hat Brentano die unterschiedlichsten Geschichten und Schwänke über Landsknechte eingebaut, außerdem – passend zu der Zeitschriften-Satire – Spangenbergs GanßKönig. Trotz Arnims Tadel fügte Brentano vermutlich auch in Heidelberg noch etwas ein, nämlich den Schwank von Petrus und dem Landsknecht, der die Leber gegessen hatte, nach einem Meistergedicht von Hans Sachs, das Arnim in einer alten Handschrift besaß. Bei seiner Ankunft in Heidelberg klagte Brentano den Brüdern Grimm über Görres und Arnim (7. Mai 1808: Schon oft ist es mir . . .; FBA 32, S. 63): 〈. . .〉 wie ich gesagt, der

Bärnhäuter ist ihnen nicht recht, und sie scheuen sich, – mag sein. – Voß ist hier ein Gegenstand allgemeinen Haßes und Gelächters. Doch kurz darauf (spätestens am 9. Juni 1808: Vorgestern ist der Louis in . . .) meinte er gegenüber den Brüdern Grimm (FBA 32, S. 71): 〈. . .〉 der Bärnhäuter wird jezt abgedruckt 〈. . .〉. D. h. Arnim schrieb wohl seine Anmerkung, denn die Nummer erschien dann während Arnims Abwesenheit (Brentano an Savigny, 19. Juni 1808: Ich würde Ihnen augenblicklich auf . . .; FBA 32, S. 72). Überlieferung H: Deckblatt mit Anmerkung von Arnim. Privatbesitz. Ein Umschlagbogen aus Konzeptpapier mit Dramentiteln (FDH W I, 7518.7) enthält in Brentanos Handschrift den Titel: Bährenhäuter. Vgl. Brentano, Werke, Bd. 4, S. 902; FBA 13,2, S. 535.

Varianten Vergleich mit H Titel der Erzählung 271,1 Geschichte 〈. . .〉 Bärnhäuters.] Hs. von Clemens Brentano. Der Titel der Erzählung ist auf ein zunächst leeres Deckblatt geschrieben. 271,2 die Volkssage] aus das Kindermährchen 271,2 Calender-Himmel] Calender Himmel 271,5 der Abbildung] aus dem Conterfayt

1011

Kommentar

271,5 des Bärnhäuters.] des Bärnhäuters und des Besuchs der Eudoxia und der Thierackademie bei demselben 271,7–272,38 *) Wenn 〈. . .〉 mag.] Fußnote in Arnims Hs., auf den freien Raum des Deckblatts geschrieben. Er setzte ein Kreuz als Anmerkungszeichen hinter aufgeschrieben., zeichnete eine Linie unter Brentanos Titel und schrieb darunter für die Setzer die Anweisung hinzu: (Anmerkung unter

dem Text.) Grimm] üdZ eingefügt Grim Aufsatze über die Sagen (19 u. 20 St.)] davor gestrichen vorstehenden; über die Sagen üdZ eingefügt; die Sagen aus das Verhältnis der Sagen 271,8–9 das ernste Verhältnis] H das erste Verhältnis ZfE; Druckfehler, 271,8 271,8

denn Arnim setzt dem Ernst von Jacob Grimms Abhandlung die Heiterkeit dieser Erzählung gegenüber: heitern Anreihung 271,14). 271,9–10 genommen nichts anders] genommen, nichts andres 271,10 bald] davor gestrichen die 271,10–11 nach 〈. . .〉 wobey] aus nach seiner Entwickelung sind, in so

fern 271,13 wohlgeordneten] aus (1) schön (2) wer 271,15 wohl gelungen,] wohlgelungen 271,16 anderen] üdZ eingefügt 271,18 verschiedener Gegenden] üdZ eingefügt 271,21 entweder] üdZ eingefügt; große] grosse 271,23 nahe] üdZ eingefügt 271,23–24 des 〈. . .〉 berührenden] üdZ eingefügt 271,25 so, daß] aus daher die allgemeine Erfahrung, daß 271,25 jetzt] jezt üdZ eingefügt 271,25 von dieser] aus in d 271,26 kann,] kann 271,26–27 dem ihm Bekanntesten] H dem Bekanntesten ZfE. Das ihm üdZ eingefügt, vom Setzer wohl übersehen; es macht den Sinn aber deutlicher. 271,27 ganze] üdZ eingefügt 271,28 werden.] aus werden, da doch 271,28 freyen davor gestrichen dieses 271,28 so] üdZ eingefügt 271,29 später] spätere H

1012

Zu ZfE 22

271,29 271,30

Aeußerungen] Aeusserungen hat 〈. . .〉 aufgestellt] aus in ihrem 〈xxx〉 reichen Denkmahl dieser Eigent 271,32 gehabt hat,] aus gehabt; 271,37 will,] will 271,38 auf,] auf 272,33 gewiß,] gewiß 273,34 scheinen,] üdz eingefügt scheinen 273,34–35 wie 〈. . .〉 Scheiben] aus wie von einem scherzenden Mahler, (1) der mit immer verschiedenen Farben auf der se (2) wer kennt nicht diese bekannten Kunststückchen mit neuen aufgelegten Scheiben. (3) Text 273,35 ein alter] (1) einem alten (2) aus einem (3) Text 273,35–36 bald in einen Bärenhäuter, dann] aus in einen

Bärenhäuter,

in 273,36–37 verwandelt wird,] (1) verwandelt, (2) verwandelt 273,38 objectiv scheinen mag] aus objektiv scheint

wird;

Quellen (chronologisch nach Erscheinungsdatum) Q1 1. Jhd. n. Chr. Q für ZfE24, Motto (293,3–6) und 294,30–32 Plinius (Gaius Plinius Secundus, 23/24–79)

Messalinus 〈. . .〉 wußte.]

C. Plinii Secundi Naturalis Historiae Liber X. Kap. XXVII, Biponti (Zweibrücken) 1783, Bd. 2, S. 200f. Q2 1550 Q für ZfE23, 284,19–37

Auf 〈. . .〉 mehr.] Hans Sachs, Sant Peter mit dem lanzknecht. 〈1550〉

Brentanos Quelle war eine Foliohandschrift in Arnims Besitz, auf die auch später die Brüder Grimm in ihrer Anmerkung zu Bruder Lustig (KHM 81, seit 1819 aufgenommen) hinwiesen und die Arnim der Königlichen Bibliothek in Berlin schenkte (heute SBB zu Berlin, Ms. germ. 2o 23); vgl. KHM Bd. 3, S. 476f. In der Anmerkung der Brüder Grimm wird das Gedicht referiert; ein Hinweis auf Brentanos Bearbeitung im Bärnhäuter fehlt (ebd., S. 141, Original S. 129f.): Die Arnimsche Handschr. von Meistergesängen enthält

(Nr. 232) ein hierher gehöriges Gedicht vom Jahr 1550. Zu dem hl. 1013

Kommentar

Petrus kommt ein Landsknecht, sie wollen mit einander theilen was sie erwerben, jener durch Predigen, dieser durch Betteln. Der Landsknecht eilt in ein Dorf wo Kirchweih ist, und erbettelt sich die beiden Ermel voll. Der heil. Petrus heilt den Schultheiß vom Fieber, der ihm dafür dreißig Gulden und einen Käs gibt. Beide kommen im Wirthshaus zusammen, der Landsknecht zeigt seine Eßwaaren vor und fragt den hl. Petrus was er mit Predigen gewonnen? Dieser holt den Käs hervor. ’Nur den Käs hast du gewonnen!’ ruft der Landsknecht. Der hl. Petrus bestellt bei dem Wirth ein gebratenes Huhn. Der Landsknecht geht in die Küche und ißt die Leber davon. Wie es auf den Tisch kommt, spricht der hl. Petrus zum Landsknecht ’ich glaube du hast die Leber gegessen?’ Dieser vermißt sich daß er sie nicht gesehen habe. Nun zieht der hl. Petrus die dreißig Gulden heraus, theilt sie in drei Theile und spricht ’den dritten Theil soll der haben, der die Leber gegessen!’ worauf der Landsknecht alsbald das Geld einstreicht. Hs. StB zu Berlin, Ms. germ. fol. 23 Vgl. auch: Sämtliche Fabeln und Schwänke von Hans Sachs, 5. Bd.: Die Fabeln und Schwänke in den Meistergesängen, hg. v. Edmund Goetze u. Carl Drescher. Halle/S. 1904, S. 65–67.

(Q2): Sant Peter mit dem lanzknecht Die weyl sant petter hie noch ging auff Erden Vnd prediget durch alle land wie man möcht sellig werden Ein mal kam Zw Im Ein lantzknecht der auff dem land det gartten: Der sprach petter wiltu mit mir purschiren ich wil gartten in Jenem dorff so thue du prediciren vnd nem auch Ein das opffer gelt thue im wirts haus mein wartten: was du Erschintst gib halber mir was ich Ergart tail ich mit dir Ja wol det pettrus sagen Der lantzknecht det dem dorff Eylent Zw lauffen 1014

Zu ZfE 22

die pauren Hett Kirchweyeh do mit fressen vnde sauffen da ergart Er paid Ermel vol das sy gleich detten Ragen: 2 Im dorff lag der schultheis am fiber Eben den machet sant petter gesunt der det Zw lon im geben dreisig gulden Ein kes dar Zw des det er Im danck sagen: der lantz knecht kam Zw Im in das wirts hause pachen flaisch Kuechlein ayr vnd prot Zug er gar pald Herause sprach petter das Hab ich Ergart was hat dein predig tragen: Sant petter Zog Herfur den kes des lantzknecht war mit wortten Res Hast mir den kes gewunen sant petter sprach wirt vns Ein Huenlein pratte da wöl wir vns paid letzen mit der lantzknecht haimlich dratte Int Kuchen vnd die leber fras fom hun gar vnbesunen: 3 Als man das hun pracht das sie solten Essen sprach pettrus Zum lantzknecht mich dunckt du Hasst die leber gfressen Der lantzknecht schwur martter vnd krafft Er Het ir nit gesehen: Sant petter die dreysig gulden Raus Zuge vnd machet drey hauffen daraus Al mal Zehen Zam schluge sprach nem Ein thail vnd ich ein tail da det der lantzknecht Jehen: wes ist der drit thail er sprach das ist des welcher die leber fras 1015

Kommentar

Erst schwur der lantzknecht sere Er Hat die leber fressen in den kuchen vnd raspet das geltlich Zw sam mit schwerem geschray vnd puchen seit glaubt pettrus keim lantzknecht mer 〈…〉. Inn dem spiegl thon des Errnpotten sant petter mit dem lantzknecht, Anno 1550 den 9 apprilis Es handelt sich um eine von Europa bis nach Persien verbreitete Schwankgeschichte, die auch Martin Montanus in seinem Wegkürtzer (1557) in etwas anderer Form erzählt. Vgl. zur Verbreitung den Kommentar von Johannes Bolte (Hg.), Martin Montanus, Schwankbücher (1557–1566). Tübingen 1899 S. 562–565 (Von einem Schwaben, der das leberlein gefressen). Bei Montanus wird die Leber eines Lämmleins gestohlen, nicht Petrus ist die Hauptfigur, sondern der Herrgott selbst. Das Tier in Brentanos Bärnhäuter ist ein Hase, dem vom Landsknecht nicht nur die Leber, sondern auch das Herz gestohlen wird; vermutlich um das bei Brentano beliebte Wortspiel zu ermöglichen, denn Petrus sagt: 〈. . .〉 so mag das Hasenherz deiner Natur werden 〈. . .〉. Brentano bearbeitete aber später auch die Fassung von Montanus: Die Legende von einem Schwaben, der das Leberlein gefressen. Ein alter deutscher Bürgerspaß (in: Der Gesellschafter, 11. Juli 1817, S. 453f.; vgl. Preitz 1914, S. 389–392). Die Brüder Grimm erwähnen diese Fassung ebenfalls im Kommentar zu Bruder Lustig (KHM 81; erst in der Ausgabe von 1819 aufgenommen (Bd. III, S. 130): Viel besser ist die Er-

zählung in dem Wegkürzer (durch Martinum Montanum. Straß. o. J. wahrscheinlich von 1551). Q3 1557 Q für ZfE22, 276,1–16 Als 〈. . .〉 Ofen] (frei); 278,14–22 Nun 〈. . .〉 Wirth] (frei); 278,23–279,4 He 〈. . .〉 hinaus.] (wörtlich)

Hans Sachs, Der Teufel lest kein Langsknecht mehr in die Höl. In: Das erste Buch/ Sehr Herrliche, Schöne vnd War- haffte Gedicht Geistlich vnd Weltlich aller-ley art /als ernstliche Tragödien/ liebliche Comödi- en/ seltzame Spiel/ Kurtzweilige Gespräch/ sehnliche Klagreden/ wunderbarliche Fabel/ sampt andern lächerlichen Schwäncken 1016

Zu ZfE 22

vnd Bos- sen/ etc. Welcher Stück seind dreyhundert/ vnd vier vnd sibentzig/ Männigklich zu nutz vnd frommen in Truck verfertiget. Durch den sinnreichen vnd weitberühmbten Hans Sachsen/ ein liebhabern Teutscher Poeterey/ vom M.D.XVI. Jahr biß auff das M.D.LVIII. Jahr/ zusamen getra- gen vnnd vollendet. Getruckt in deß Heyligen Reichs Statt Kem- pten/ durch Christoff Krausen/ Bey Hansen Krugern in Augspurg zufinden. M. DC. XII. Mikrofilm Wolfenbüttel. Brentano besaß diese Ausgabe (Versteigerungskatalog 1819, Nr. 143), ferner einen Einzeldruck (ebd., S. 25). Verglichen mit: Sämtliche Fabeln und Schwänke von Hans Sachs. In chronologischer Ordnung nach den Originalen hg. v. Edmund Goetze. 2. Aufl. besorgt v. Hans Lothar Markschies. 1. Bd.. Halle/S. 1953, S. 445–449, wo die Fassung von 1555 abgedruckt ist (Der dewffel lest kain lanzknecht in die helle faren).

Der fünfft vnd letzte Theil / diß ersten Buchs / ist gesammlet von Faß-nachtspiln / Sprüchen / Fabel vnd gute Schwenck / gar mancherley art doch ohn alle vnzucht/ zu zimblicher Frewd vnd frölichkeit vnd zu erquicken die schwermüti-gen trawrigen Hertzen. S. 996– 998:

Der Teufel lest kein Langsknecht mehr in die Höl. EIns tags an einem abend spat Da hett der lucifer ein raht/ Vnden in seinem reich der hölen Vnd saget da zu sein gesellen: Man sagt es sey in teutschen landen Gar ein böses volck aufferstanden/ Welche man nennet die landsknecht O der mir jhr ein dutzet brecht/ Das ich nur seh waß für leut wern Man saget sie fasten nit gern/ Sie sind lieber allezeit voll Mit schlemmen/ prassen sey jhn wol Achten sich bettens auch nit viel Sonder man sagt wie ob dem spil Sie vbl fluchn vnd palgn darneben 1017

Kommentar

Auch wie sie nit vil almuß geben/ Sonder lauffen selb auff der gart Essen offt vbl vnd ligen hart/ Doch dienen sie geren allzeit Eim kriegherren/ der jhn gelt geit/ Er hab geleich recht oder nit Da bekümmern sie sich nit mit/ Nun belzebock fahr hin mein knecht Zu dem handel wirst du gleich recht/ Fahr obn auff erd in ein wirtshauß Darinn die landsknecht lebn im sauß/ Vnd in der stuben dich verstell Hinter dem ofen in die höll Vnd schaw auff sie an allen orten Wo du mit wercken oder worten Ein landsknecht mit fug kanst erdappen So thu mit jhm gen hölle sappen / Bringst du jhr ein par/ so wil ich Für all dein gsellen preysen dich / Vnd aus dir einen fürsten machen Dich brauchen zu ehrlichen sachen. Zu hand der teufel beltzebock Zog an sein vnsichtigen rock/ Vnd fuhr von höll in ein wirtshauß Da die landsknecht sassen im sauß/ Praßten vnd einander zusoffen Der teufel stelt sich hindern ofen/ Hört wie die landsknecht theten sagen Wies mit den feinden hetten gschlagen/ Gestürmt/ geraubet vnd gebrandt In diesem vnd in jenem land/ So grosse streich das jhm fürwar Gleich gen berg stunden all sein har/ Dacht heimlich von ihn zu entlauffen Doch hett er acht auff jhr zusauffen/ An dreyen tischen allenthalb Brachtens einander gantz vnd halb/ Da einer dem glaß nur gab ein schwung 1018

Zu ZfE 22

Vnd soffs heraus auff einen schlung. Der teufel thet sein list nit sparn Vermeint heimlich in ein zufahrn/ Wann einer trünck so vngeschwungen Doch wurd jhm das auch vndertrungen Wann es einer eim bracht allwegen Sprach jener: Das dirs Gott gesegen/ So gsegnet es jenem auch dem ander Solch gsegnen triben sie allsander/ Mit dem sie all gesegnet warn Das inn kein kundt der teufel fahrn/ Derhalb der teufel thet verharrn Vergebens den abend gleich eim narrn. Nun hett vnder jhn ein kriegsman Erschlagen einen alten han/ Den hett er hindern ofen ghangen Als nun der tag schier war vergangen Sprach der landsknecht zum wirt: mein gsell Geh hindern ofen in die höll/ Vnd da den armen teufel nem Rupff vnd laß braten ihn/ nach dem Wöll wir jhn fressen vnd zerreissen. Thet darmit hindern ofen weisen/ Auff den hangenden toden han. Als der wirt der höll zu ward gahn/ Wolt den han von dem nagel schnappen Meint der teufel wolt nach jhm tappen/ Jhn rupffn/ vnd den landsknechtn bratn Vnd thete da nit lang beratn Stieß gschwind ein ofenkachel aus Vnd fuhr zum ofenloch hinaus/ Vnd kam mit sehr grossem geschell Widerumb hinab für die höll Vnd klopfft mit grossem prummen an Vnd als man jhm nun hett auffthan Fragt der lucifer: bringst du keinen Beltzebub sprach: Ja wol nit einen/ Ich bin entrunnen jhn mit not 1019

Kommentar

Es ist die aller wildest rott/ Man heist sie die frommen landsknecht Man thut jhn aber je vnrecht/ Dann ich mag auff mein warheit jehen Wilder leut hab ich nie gesehen/ Ihr kleyder auff den wildsten sitten Zerflambt/ zerhauwen vnd zerschnitten/ Eins theils ihr schenckel blecken theten Die andern groß weit hosen hetten/ Die jhn biß auff die füß rab hiengen Wie die gehoßten tauber giengen/ Ihr angsicht schrammet vnd knebelbartet Auff das aller wildest geartet/ In summa wüst aller gestalt Wie man vor jarn vns teufel malt/ Die brachten einander vmbschantz Im hui wurdens entrüstet gantz/ Balgten vnd haweten zusam Einander beyde krumb vnd lam/ Vnd fluchten auch so vnbescheyden Als weren sie türcken vnd heyden/ In meinem sinn so dauchte mich Sie weren viel wilder denn ich/ Derhalb dorfft ich jhr kein angreiffen Stund vnd must einziehen mein pfeiffen Da sprach zu jhm der lucifer: Ey du sollst ein bracht haben her/ Wir wolten jhn bald heimlich machen Der teufel antwort zu den sachen: Hörst du nit/ ich förcht mich vor jhn Mit gewalt ein zuführen hin/ Thet aber sonst kein list nit sparn Ich dacht etwan in ein zufahrn/ Wann sie aneinander zutruncken Mocht auch nit sein nach meim beduncken Wens einr eim bracht/ sprach: ich komm zudr Ey gsegn dirs Gott mein lieber brudr / Sprach der ander/ so sies habend 1020

Zu ZfE 22

Einander gsegnt den gantzen abend/ Das ich gar nichts ausrichten kund Wie ein narr hinderm ofen stund/ Nit weiß ich wie der landsknecht schar Mein hinderm ofen wurd gewar/ Ein landsknecht sprach zum wirt: Versteh Wirt/ bald hinder den ofen geh Nimb den armen teufel vngrathen Rupff den/ vnd thu jhn darnach braten/ Der wirt dem ofen thet zugohn Da fuhr ich durch den ofen daruon/ Sie hetten mich sonst gwürgt vnd grupfft Gebrüt/ mein zotten ausgezupfft/ Hetten mich braten/ darnach gfressen/ Derhalb kan ich gar nit ermessen/ Das vns nütz wer der landsknecht meng Sie machtn vns wol die höll zu eng/ Sie sind mutwillig/ vngerüg Frech/ vngestümb vnd vngefüg/ Derhalb wer mein raht (thu verstehn) Wölst der landsknecht gar müssig gehn Es ist kein wahr in vnsern kram Sie fressen vns wol allesam/ Vnser keiner sicher bey jhn wer. Da antwort jhm der lucifer: Mein beltzebock vnd ist das war So wöllen wir forthin für war Nimermehr nach keim landsknecht fragen Sonder wölln vns wie vor betragen Der spiler/ Gottslestrer/ weinzecher Der buler/ hurer vnd ehbrecher / Wuchrer/ dieb/ mörder vnd straßrauber Auch wöllen wir auffklauben sauber/ Die landsfridbrecher vnd mordbrenner Verrähter/ vnd all schedlich männer/ Müntzfälscher vnd falsche juristen Vnd darzu all vnglaubloß Christen/ Verstockt/ die nit buß wöllen würcken 1021

Kommentar

Juden/ ketzer/ heyden vnd türcken/ Gottloß mönch/ nunnen unde pfaffen Die wöll wir vmb jhr vnzucht straffen/ Auff das kein vnraht vns erwachs Von den landsknechtn/ wünscht Hans Sachs. Anno Salutis / M.D.LVII. Q4 1557 Q für ZfE22, 272,20–23 Als 〈.. . .〉 herein] (frei); 272,26–31 Da 〈. . .〉 bringen] (wörtlich); 273,1 Er 〈. . .〉 lassen] (frei); 273,18–24 Kaum 〈. . .〉 sprach] (frei); 273,25–26 Wollt 〈. . .〉 Galgen. (wörtlich); 273,27–30 Da 〈. . .〉 schlagen.] (frei); 273,36–39 Da 〈. . .〉 Freuden.] (frei).

Hans Sachs, Sanct Peter mit den Landsknechten. Ebd., S. 995f. Verglichen mit: Sämtliche Fabeln und Schwänke von Hans Sachs. In chronologischer Ordnung nach den Originalen hg. v. Edmund Goetze. 2. Aufl. besorgt v. Hans Lothar Markschies. 1. Bd. Halle/S. 1953, S. 469–471 die Fassung von 1556: Sant Petter mit den lanczknechten im himel. Sanct Peter mit den Landsknechten. NEun armer landsknecht zogen aus Vnd garteten von hauß zu hauß Dieweil kein krieg im lande was Eins morgens da trug sie jhr straß Hinauff biß für das himmelthor Da klopfften sie auch an darvor/ Wolten auch in den himmel garten. Petrus. Sanct Peter thet der pforten warten/ Als er die landsknecht darvor sach Wie baldt er zu dem Herren sprach: Herr/ daussen steht ein arme rott Laß sie herein es thut jhn noth/ Sie wolten geren hinnen garten. Der Herr. Der Herr sprach: Laß sie lenger warten. 1022

Zu ZfE 22

Die Landsknecht. Als nun die landsknecht musten harren Fiengens an zufluchen vnd scharren/ Marter/ leyden vnd sacrament! Petrus. Sanct Peter diese flüch nit kennt/ Meint sie redten von geistling dingen Gedacht in Himmel sie zubringen/ Vnd sprach: O lieber Herre mein Ich bitte dich laß sie herein/ Nie frömer leut hab ich gesehen. Der Herr. Da thet der Herr hinwider jehen: O Peter du kennst jhr nit recht Ich sich wol das es sind landsknecht/ Solten wol mit mutwilling sachen Den Himmel vns zv enge machen. Petrus. Sanct Peter der bat aber mehr Herr laß sie hereyn durch dein ehr. Der Herr. Der Herr sprach: Du magsts lassen rein Du must mit jhn behangen sein/ Schaw wie dus wider bringst hinaus Sanct Peter war fro vberaus/ Vnd ließ die fromen landsknecht ein. Die Landsknecht. Baldt sie in Himmel kamen nein/ Gartens herumb bey aller welt Vnd baldt sie zsam brachten das gelt/ Knockten sie nider auff ein plan Vnd fiengen zu vmbschantzen an/ Vnd eh ein viertel stund vergieng Ein hader sich bey jhn anfieng/ Von wegen einer vmbeschantz So wurden sie entrüstet gantz/ Zuckten von leder sie allsamen Vnd hawten da mit kräfften zsamen/ 1023

Kommentar

Jagten einander hin vnd wider In dem Himmel da auff vnd nider. Petrus. Sanct Petrus diesen strauß vernumb Kam/ zant die landsknecht an darumb/ Sprach: Wolt jhr in dem Himmel palgen Hebt euch hinaus an liechten galgen. Die Landsknecht. Die landsknecht ihn dückisch ansahen Vnd theten auf S. Peter schlahen. Peter. Das jhn S. Peter must entlauffen Zum Herrn kam mit ächtzn vnd schnauffn Vnd klagt jhm vber die landsknecht. Der Herr. Der Herr sprach: Dir gschicht nit vnrecht/ Hab ich dir nit gesaget heut Laß sie drauß es sind freche leut. Petrus. S. Peter sprach: O Herr der ding Verstund ich nit/ hilff das ichs bring Hinauß/ soll mir ein witzung sein Das ich kein landsknecht laß hereyn/ Weil sie sind so mutwillig leut. Der Herr. Der Herr sprach: Eim engel gebeut/ Das er ein trummel nem zuhand Vnd für deß Himmels pforten stand/ Vnd einen lermen daruor schlag. Sanct Peter thet nach seiner sag/ Baldt der engel den lermen schlug Loffen die landsknecht ohn verzug/ Eylend aus durch das Himmelthor Meinten ein lermen wer darvor. Petrus. S. Peter bschloß die Himmelpforten Versperrt die landsknecht an den orten/ Der keiner seit hinein ist kummen 1024

Zu ZfE 22

Weil S. Peter mit jhn thut brummen/ Doch nemt auff schwanckweis diß gedicht Wie Hans Sachs on alls arges spricht. Anno Salutis / M. D. LVII. Am ersten Tag Januarij. Q5 um 1560 Q für ZfE22, 276,1–16

Als 〈. . .〉 Ofen.] (frei) Martin Montanus, Der Lucifer schickt seiner diener einen nach einem landsknecht. In: Das Ander theyl der Garten gesellschafft. In disem Büchlin findt man gar vil schö-ner, lustiger, kurtzweiliger vnnd o schimpffiger Hystorien, beyde auff dem feld vnd heu-sern, lustig zu lesen. Durch Martinum Montanum beschriben vnd in druck geben. Zu Strassburg, durch Pau-lum Messerschmidt. (um 1560), Cap. 27. Ersatzvorlage: Martin Montanus, Schwankbücher (1557–1566), hg. v. Johannes Bolte. Tübingen 1899, S. 284f.:

Der Lucifer schickt seiner diener einen nach einem landsknecht. Cap. 27. Eine seltzam thier ists umb ein landsknecht, das in auch der teufel e e nichts kan abgewinnen, sunder sie förchten muss. Davon hor dise histori! e Uff ein zeit schicket der obrist teufel ein diener aus, er solte sehen, wo doch die landsknecht weren, das keiner in die hell kem, und solte o e lugen, wo er doch einen mocht mit im bringen. Der diener zoge aus e unnd kam in eines hanen gestalt in ein wurtshauss, da er sich hinder o o den ofen setzet unnd den landsknechten zusahe, wie sie zechten. Nun o als die landsknecht foll warden, fiengen sie an kanten und gleser zu o e zerbrechen und alles zuverwusten, was auff dem tisch stund, und ein e sollich rumor anfingen, das ihme der teufel hinder dem ofen forchten ward. Letstlich fieng einer hinder dem tisch an: ,Botz tausend sack foll e enten! Wolauff, wir wollen den han hinder dem ofen berupffen und e die federn uff die hut stecken, darnach den hanen fressen.’ Als solches o o der teufel hort, zur stuben hienaus der hell zulieff und seinem meister e anzeigt, wie kein boser thier uff erden wer weder ein landsknecht. Wann darnach ein landsknecht für die hell kam, beschloss man alle o e thür und thor vor im zu, sie mochten sunst alle teufel verjagen. 1025

Kommentar

Q6 1563 Q für ZfE22, 272,1–22 Die 〈. . .〉 gewiesen. 274,1–10 St. Peter 〈. . .〉 Leute. ZfE23, 286,34–287,16 Ich 〈. . .〉 entstanden.] (frei)

Hans Wilhelm Kirchhof, WENDUNMUTH, darinnen fünff hundert und fünfftzig höflicher, züchtiger und lustiger historien, schimpffreden und gleichnüssen begriffen und gezogen seyn auß alten und ietzigen scribenten; item den Facetiis deß berühmpten und wolgelehrten Henrici Bebelii, weiland gekrönten poeten, sampt etlichen andern neuwergangenen warhafftigen aller stende geschichten, welchen iederm besonderen ein morale zuerclerung angehengt. Vorhin niemals außgangen. Beschrieben und zusammen gebracht durch HANS WILHELM KIRCHHOF. 〈Wien-Berlin 1563, Bd. I, S. 121–123 u. 265f.〉 Hg. v. Hermann Österley. Tübingen 1869. Bd. I, S. 136f.: Nr. 108, S. 299f.: Nr. 246; Bd. V: Erläuterungen. Die beiden Erzählungen sind von Kirchhof aus dem Lateinischen übersetzt nach: Henr. Bebelius (Bebel), Facetiae. 1506–12.

108. Warumb die landsknecht in himmel und nicht in die hell kommen, ein fabel. In einer fast großen schlacht ward ein merckliche summa volckes erschlagen, darauß etliche landsknecht, so im leben under einem fendo lein gelegen, sich auch nach dem tod zusammen halten wolten; zogen in der ordnung allesampt mit irer wehr und roten feldzeichen, derer o sich ir hauff im krieg gebraucht, den nechsten der hellen zu. Nachdem aber die teuffel irer und der roten binden ansichtig worden, hat sie ein überauß harter schrecken umbfangen, dann sie glaubten (dieweil man unsern seligmacher Christum mit einer roten, herrlichen sigfanen, als er zur hellen gestigen und die zerbrochen hat, malet) sie würden nun allererst gar in grundt vertrieben und vertilget werden. Beschlossen und befestigten darumb, soviel sich in der eyl schicken wolte, alle hellpforten, verwareten dieselbigen mit riegeln, pfelen und andern nottürfftigen dingen, darneben sich alle rüstende und eins neuwen o sturms erwartende. Die guten brüder, dieses handels unwissende, waren nun nahend herbey kommen und vermeineten allda ir winterläger, o nach dem man sagt, daß es da sehr warm sey, zu haben. Sie wurden aber mit dräuworten deß tods, da sie nicht abwichen, sampt greuwlichem werffen und schiessen entpfangen. Auffs letzt sprach der hellisch thorhüter: Darmit ir kurtz wisset was die meinung sey, so packet euch 1026

Zu ZfE 22

nur hinweg die straß nach der rechten hand, und versucht ob ir in himmel kommen möget, denn allhie bey uns werdet ir kein platz haben oder bleyben; zeyget in in dem mit der hand eygentlich wo sie o hinauß müßten. Mit großem murmeln, fluchen und schweren, wichen hüner- und baurenfeind wider ab, machten sich eilents vor den himo mel, klopffeten an und begerten hinein gelassen zu werden. Sanct Peter sach herab, erkennet bald an den federn was es für vögel weren und sprach ganz ernsthafft: Wer ist so unverschampt, der euch hat o hieher gewiesen? trollt euch nur eylent und schnell darvon, ir blutzapfo fen, denn dieweil ir im leben allweg zu zanck und unfried lust getragen und einigkeit gehasset, gebürt sich auch ietzt nicht, daß ir die o ewige ruw besitzend. Diese red bewegt einen under inen nicht zu geringem zorn, der sprach: Wo sollen wir denn zum letzsten bleyben, o da man unser hie nicht wil, darzu ietzund auch von der hell verjagt seyn? Solchem antwortet sanct Peter widerumb: Höret ir mich nicht, was ich sag? geht hie dannen oder der weg wirdt euch mit dem unsenfftigsten geweiset werden, ir schender und gottslesterer. Als sanct o Peter daß gesagt, fieng der vorgenennt an noch herter zu zürnen und sprach mit lauter stimm: Wie kan doch ein großer wolff, der küh, kelber und schaf frisset, ein armen kleinen fuchß, darumb daß er o hüner zu fahen pflegt, einen reuber schelten? Ist dir, du glatzkopf, vergessen, was du hast getrieben? Bistu nicht an deinem herrn und meister falsch und meineydig worden? Auch seiner zum drittenmal verleugnet? daß magstu dennoch von unser keinem mit warheit reden. Gemach, gemach, sprach sanct Peter (denn er schämpt sich sehr und besorgt, die andern heiligen im himmel möchtens hören) lieben brüo der und guten freunde, immer hereyn und enthaltet euch fürter ietziger wort, dann nimmer mehr wil ich gegen arme sünder so hart seyn. Also, wenn sie anderst hineyn kommen seyn, findet sie einer noch drinnen. Wil einer wissen wer er sey, Der schelt andere zwen oder drey; Wo ims die ersten zwen vertragen, Wirt im der dritt die warheit sagen. Drumb laß ein ieden wer er ist, So sagt er auch nicht wer du bist.

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Kommentar

246. Wie die böhemische sprach auffkommen. o o In einer alten furmanns taschen hab ich mit guldenen buchstaben beschriben funden, das vorzeiten an dem ort, da yetzt das Böhmer land ist, noch nit vil leut gewonet, welche auch sich einer seltzamen sprach o gebrauchten. Ein gans aber, ein ente und taub, versprachen sich zusammen in gesellschafft, was nutz oder schaden einem entstünde, solte o dem andern auch zu gewinst oder nachtheil gereichen. Der packt ward o o gmacht, daß sie nun nit müssig weren, trugen sie zu hauff, was sie von gersten und weitzen bekommen mochten; welche, do sie die sotten und o o die brü versuchten, bedaucht sie es ein sehr guter tranck, und den o o leuten bequem seyn, wurden zu raht den selben zu verkauffen, erwelten die gans umb ires langen kragen und heller stimm willen, das sie den tranck solt außrüffen. Die lieff durch alle örter und schrey sehr laut: Biba, biba! das ist bier. Die ente wadelt und trippelt sehr eilents mit iren kurtzen beinen hinach und sprach: Dacke dobersse, dack dack, dack dack, dacke dobersse! das ist gut, das ist gut. Mit der tauben, als o der geringsten aber, die underdeß im hauß zugesehen, spieleten sie als die sterckisten, wie man spricht, der untreuw, gaben ir iren theil in o eim angster oder engen glaß zu versuchen, welche, do sie nichts kondt o herausser bringen, lieff sie umb das glaß, fluchet und sagt: Gepsphi corva matir, gepsphi corva matir! das heißt, deiner muter in der huren. Hernach auß diesem und anderm gesprech, so die drey under einander in kauffen und verkauffen brauchten, sol fürter die böhemisch sprach entstanden seyn. Bey dieser fabeln wirt bedeut, Wenn gringe, klein und schwache leut Für gwalt nichts mügen mit der that, In fluchen ir genügen stat. Q7 1593 Q für ZfE22, 272,1–22 Die 〈. . .〉 gewiesen. 274,1–10 St. Peter 〈. . .〉 Leute. 274,37–275,9 Und 〈. . .〉 Regiment Jacob Frey,

Die Garten Ge-sellschafft. Ein new hüp- sches vnd schimpfli-ches Büchlein genannt die Garten Gesellschaft darinn vil frölichs gesprächs schimpffreden speywerck vnnd sonst kurtzweylig bossen von Historien vnd Fabulen 1028

Zu ZfE 22

gefunden werden Wie je zu zeiten dieselben in den schönen Gärten bey den külen Brunnen auff den grünen Wiesen bey der Edlen Music Auch andern ehrlichen gesellschafften (die schweren verdroßnen gemüter wider zu recreieren vnd auffzuheben) frölich vnd freundtlich geredt vnd auff die Ban werden gebracht Allen denen so sich solcher gesellschafften gebrauchen. Auch andern jungen vnnd alten kurtzweilig vnd lustig zu lesen etc. Newlich durch Jacobum Freyen Stattschreiber zu Maurßmünster an vilen vnnd mancherley orthen zusamen gesucht vnnd colligiert auch inn dises Büchlein verfaßt vnnd an tage bracht. M.D.XCIII. 〈1593〉 Exemplar: Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt/M., Einband-Slg. 697 Nr. 2. Nr. 44, Bl. 48v – 50r:

Wo der Landsknecht wonung sein werd / wann sie gesterben. Cap. 44. o NAch der grossen schlacht zu Meiland oder Marianen/ wolten die erschlagnen Landsknecht/ auff die walstat bey den Schweytzern nicht ligen bleiben / wurden rätig/ richten ein Fänlein auff/ das was weiß/ mit einem rothen Creutz/ zugen in der ordnung alle der Hellen zu. Als aber die Teuffel das Fänlein/ vnd das rot Creutz darinnen ersahend/ erschracken sie hart (dann durch das zeichen ist jnen vormals die Helle/ vnnd sie darzu bestritten worden) verriglen / verbolwercken/ versperten vnnd besetzten die Thor/ die wehren / die Dorten vnd Mauren in allen orten/ vnnd stelleten sich zur wehr. Wie aber die Landsknecht/ daher ziehen/ so schiessend die Teuffel/ vnd werffen o zu jnen/ sagen/ O lieben Männer/ ziehend auff die rechte hand/ dem o Himel zu / wir geben euch kein Herberg lassen euch auch nit ein. Vnd o haben damit die Landtsknecht den weg gegen dem Himmel zugewieo sen. Die guten frommen Landtsknecht/ zugen mit jhrem Regiment vnd Fänlein inn guter gehabter ordnung für den Himmel/ begehrten man solte sie einlassen. Petrus fragt wer sie weren? Sie sagten/ sie weren fromme Landtsknecht/ vnd in der Schlacht von Meyland vmbkommen/ begerten einlassen zu werden. Wer hat euch (sagt Peo trus) hieher kommen heissen? ziehend fort/ nur fort/ jhr blutzapffen/ dann darumb das jhr in ewerem Leben/ allezeit den frieden gehast o haben/ so ist es nicht billich / das jhr die ewig ruhe besitzen sollend. Auff solchs sagt ihr Hauptman/ Wo bleiben wir aber hinden nach/ in der Hellen verspert man vns thür vnd thor / im Himmel wil man vns nit einlassen/ nun müssen wir dannoch je auch ein orth haben/ da 1029

Kommentar

wir wissen zu bleyben? Ihr habt mich (sagt Petrus) wol verstanden/ trolt euch fort / oder jhr werden bald etwas newes vernemen jr seind o nichts dann/ bluthund/ gotslesterer/ arme leut macher/ verfluchte/ verzweiffelte vnd Gotloß leut. Da ward jr Hauptman erzürnet/ vnd sagt inn eim grimmen zu Petro/ was verweyßt der Wolff dem Fuchß/ vonn wegen deß raubs/ seind sie nit beyde Rauber? Waist du nit/ was du gethan hast? deinem Herren Meister/ vnd deinem Gott/ hast du fälschlich vnd meineydigklich zum dritten mal verleugnet vnd verschworen/ das hat vnser keiner noch gethan/ solches will ich vor allem Himmlischen Heer reden/ das du ärger/ meyneydiger/ trewloser vnd böser gewesen bist/ weder vnser keiner ist / vnnd wilt vnß o schenden vnd schmehen/ vnd darzu nicht einlassen. Nun müssen wir je dannoch wissen wo wir hin sollen. Petrus was schamrot worden/ vnd forcht vbel (dieweil der Hauptman so laut schreye) das es die o andern im Himel hören wurden/ vnd sagt zu ihnen. Lieben Landsknecht seind still/ vnnd schweigend/ ich will euch ein eygen Dorff eingeben/ ligt aller nechst hie bey das heist Beyt ein weil/ daselbst o werden mit der zeyt noch mehr Landsknecht zu / euch kommen/ da habt jr ewer wesen allein / könnend spilen mumschantzen/ zechen vnd frölich sein. Darauff hat sie Petrus von stund an gen Beyt ein weil gewisen/ daselbst halten sie noch jr regiment. Was auch für Landsknecht für den Himel kommen die weißt Petrus all gegen Beyt ein weil/ zu dem alten hauffen. Ich glaub es sey jren jetzunder ein grosse menge bey einander. Q8 1607 Q für ZfE22, 275,14–20 Der 〈. . .〉 weiden 279,5–6 Das 〈. . .〉 Geschrey ZfE23, 282,13–284,11 St. Peter 〈. . .〉 entworfen ZfE25, 311,13–14 Gestirn 〈. . .〉 Hügel. 312,10 papiernen Kalender-Himmel (frei)

Wolfhart Spangenberg, Ganß König. Ein Kurtzweylig Ge-dicht/ von der Martins Ganß: Wie sie zum König er- wehlet/ resigniret/ jhr Testament gemacht/ begraben/ in Him-mel vnd an das Gestirn kommen: auch was jhr für ein Lobspruch vnd lehr-Sermon gehalten worden/ durch Lycosthenem Psellionoros Andropediacum. Gedruckt zu Straßburg/ bey Johann Carolo. M.DC.VI. 〈1607〉 Titel mit Randzeichnungen

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Ersatzvorlage: Wolfhart Spangenberg, Sämtliche Werke. 3. Bd., 1. T.: Tierdichtungen I. Hg. v. Andra´s Vizkelety. Berlin-New York 1977, S. 3–142. Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt/M., Sign. 10.262.26. Die umfangreiche Verserzählung wird von Brentano nicht zitiert, sondern nur in mehreren Passagen inhaltlich recht genau für seine Erzählung herangezogen. Er übernimmt vor allem das kuriose Motiv, daß die Gans, die am Tag des heiligen Martin geschlachtet wurde, als Märtyrer gilt und deswegen in einem eigenen Himmel bleiben darf, nämlich wegen der von ihr gewonnenen Federn im Papyrnen Himmel. Ferner den Gerichtstag im Himmel, bei dem die anderen Tiere der Heiligen aus diesem verwiesen werden, nämlich: die zwei Mäuse von St. Gertrud, die das Garn von der Spindel gefressen haben, die Meßbücher zernagen und dem Papier gefährlich sind, so daß man befürchtete, sie könnten ein Loch in den Himmel fressen; dann der Palmesel, dem man erzählt, in Rom in des Papstes Stall gebe es mehr Heu. Dem Löwen von Markus verspricht man auf Erden mehr Ehre; so geht er nach Venedig. Es folgt das Lamm Johannes des Täufers, welcher allerdings erklärt, das von ihm genannte Lamm sei nur geistlich. Ein großer, fauler Hund bekommt nichts zu fressen, denn man braucht ihn nur an den Hundstagen, deshalb läuft er aus dem Himmel. Alle haben Angst vor dem Drachen der heiligen Margarethe, weil er dem Teufel ähnlich sieht; sie wirft ihn daher ins Fegefeuer. Der Rabe des heiligen Oswalt muß den Himmel verlassen, weil es dort kein Aas zu fressen gibt. Der Hirsch von St. Gilg muß gehen, weil er die Geistlichen zum Jagen verleitet, weswegen er sich selbst gern in Sicherheit bringt. Aus dem gleichen Grund verläßt der Bär von St. Gallus den Himmel, dem man außerdem auf Erden Früchte und Honig verspricht. St. Lucas bittet für seinen Ochsen, doch St. Georg beschwert sich, daß man diesem das besten Heu verfüttert habe statt seinem Pferd; der Ochse verläßt den Himmel als letzter. Kundschafter durchsuchen diesen nun und finden an den vier Wohnungen der Frau Fronfast je einen Hering hängen; doch diese gelten auch als Märtyrer und dürfen bleiben. St. Martin setzt sich erfolgreich für seine Gans ein, die canonisiert wird. (V. 1903–2449) Die Überschrift wird von Brentano in einer Rezension zu Iffland zitiert (vgl. Brentano, Werke 2, S. 1092). Q9 1618 Q für ZfE22, 273,4–13 kam 〈. . .〉 ein. 273,20–274,1 breiteten 〈.. . .〉 an.

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Kommentar

276,1–16 Als 〈. . .〉 Ofen. 276,28–277,9 Hui 〈. . .〉 lehrt, 277,33–278,8 Aber 〈. . .〉 gut 278,23–279,4 He 〈. . .〉 hinaus.

Jakob Ayrer, Opus thaeatricum. Dreißig Außbündtige schöne Comedien vnd Tragedien vonn allerhand Denckwürdigen alten Römischen Historien vnd andern Politischen geschichten vnd gedichten Sampt noch andern Sechs vnd dreissig schönen lustigen vnd kurtzweiligen Faßnacht oder Possen Spilen durch Weyland den Erbarn vnd wolgelährten Herrn Jacobum Ayrer, Notarium Publicum vnd Gerichts Procuratorn zu Nürmberg seeligen auss mancherley alten Poeten vnd Scribenten zu seiner weil vnd lust mit sonderm Fleiß zusammen colligirt, vnd in Teutsche Reimen Spilweiß verfasset das man alles Persönlich Agirn kan Sampt einem darzu gehörigen Register. Gedruckt zu Nürmberg durch Balthasar Scherffen. Anno MDCXVIII. 〈1618, Bl. 122r–127v:〉 Ein Faßnachtspil das kein Landtsknecht in Himmel/ noch in die Höll kommt/ mit zehen Personen. In Brentanos Besitz (Versteigerungskatalog 1819, Nr. 36). Kopie: Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt/M., Sign. 80.397.84 Bd. 41,2. Aus diesem derben Spiel mit einer Handlung, die Ayrer aus den Vorgängern kompilierte, übernahm Brentano nur einzelne Züge, die hier zitiert werden, der Rest der Handlung wird referiert. Bei Ayrer kommen drei Landsknechte – Hanß Latz von Straubing, Cuntz Hagennagel und Michel von Pöpffling – zum Himmelstor, nachdem sie einem Bauern einen Hahn gestohlen haben. Sie halten den Himmel für ein Wirtshaus und begehren von Petrus Einlaß. S. Peter S. 〈sagt:〉

Wie dörfft jr sein so vermessen Daß jr in Himmel begert rein Da doch vor kein Landtsknecht hinn sein So ist hierinn auch kein Wirtshauß Mann isst hie nit Hünner wie drauß Du spotvogel jtzt merck es ich Wolst du mit dem Hun Vexirn mich Welcher nit eher hat gekreht 1032

Zu ZfE 22

Biß ich mein Herrn verlaugnet het Balt pack dich nauß an lichten Galgen Petrus läßt sie herein; sie sollen sich hinter die Tür setzen, Biß das euch mein Herr selbst erkendt. Sie fordern nun von Petrus Wein, der ihnen auch den Hahn braten soll. Er beschimpft sie als Ir grobn vnverstanden Dilldappn, ein Ausdruck, den Brentano für einen Helden in einem gleichnamigen Märchen verwendet. Die Landsknechte beginnen nun mit dem Würfelspiel und prügeln sich. S. Peter kommt geloffen vnd sagt.

Ir losen Liderlich kunthen Was schlagt jhr einander Wunden Wolt jr euch hinn in Himmel palgn Trolt euch hinauß an liechten Galgn Odr es wird der Plitz vnd Donder Euch in die Höll schlagen hinunder Meint jr ich könn allein eur wartn Cuntz Hagennagel laufft auff Petrum/ vnd sagt. Halts Maul ich hau dich auff die schwartn Daß dir das Blut soll rinnen rauß Petrus läuft weg, um sich beim Herrn zu beklagen.

Hans Latz sagt: Ir Brüder wir thettn vns weidlich wehrn Wir wöllens nun gut lassen sein Gut Brüder seind mir all gemein Aber den Alten grauen falcken Wöllen wir noch baß abwalcken Sie geben die Händt zusammen/ vnd lauffen Petro nach Petrus kummt allein/ vnd S. Ach wie hoch ich nur den Herrn bath Daß er mir geb ein guten rath Dem ich mein grosses leid thet klagn Der hat mich heissen lermen schlagn Durch ein Diener vorm Himmel drauß So werden lauffen die Landtsknecht nauß Vnd soll dann daß Thor speren zu So krig ich vor jn wider ruh. Er geht ab Kummen die Landtsknecht wider Michel von Bopffing sagt: 1033

Kommentar

Wo ist hin kommen der Kahlkopff Der alt granet vnd zenckisch dropff Erwisch ich jn/ thu ich jm schwern Sein alte haut wil ich jm pern Daß er soll von Landtsknechten sagn Itzt schlegt man draussen Lermen Hanß Latz S. Hört/ hört/ man thut drauß Lermen schlagn Da bleib ich nicht/ ich lauff davon Die Landsknechte laufen nun aus dem Himmel hinaus. Die nächste Szene ist ein Dialog zwischen Lucifer und dem Unterteufel Beeltzebub. Lucifer überlegt, wie er die Landsknechte in die Hölle bekommen kann und sendet Beeltzebub als Kundschafter aus, der auch gleich einen Landsknecht mitbringen soll.

Fahr obn auff Erd in ein Wirtshauß Da die Landtsknecht leben im sauß Vnd in der Stuben dich verstell Hinder den Ofen in die Höll Schau auff sie an allen orden Wo du mit wercken oder worten Ein Landtsknecht mit fug kanst erdapn So thu mit im gehn höllen sappn Beeltzebub sagt, er kenne ein Wirtshaus, in dem die Landsknechte seien,

Fressen/ sauffen/ thun Gott schenden An Wunden/ Tauff/ vnd Sacramenten Bei diesen Gotteslästerern glaubt er, leichtes Spiel zu haben. Die Landsknechte haben nun ein richtiges Gasthaus gefunden. Den Hahn lassen sie hinter den Ofen hängen; ein Platz, der »Hölle« genannt wurde. Beeltzebub schleicht sich ein und versteckt sich dort. Die Landsknechte singen inzwischen. Der Wirt ist besorgt, ob er bezahlt wird.

Michael von Popffing zeucht den Beutel rauß/ vnd sagt. Ey schweigt jr dörfft vmb gelt nicht sorgen Seid nur mit vns ein guter gsell Geht hinder den ofn in die hell Den armen Teuffel nemmt darinn Rupffet vnd lasset braten jn Den wöll wir fressen vnd zerreissen / Vns hungerig Landtsknecht damit speissen/ 1034

Zu ZfE 22

Der Wirth geht zu der höll/ der Teuffel schnurt neben jm zum außgang hinauß/ der Wirth nimmt den Hannen/ vnd geht ab. Kummt Herman vngefüder/ mit einem Lotterholtz vnd macht ein spruch/ vnd sagt. Gott grüsst euch jr lieben Landtsknecht Ich hör/ jr habt heut hinnen zecht Vnd gar von seltzamen sachn geredt O das ich das gehöret hett Dann ich bin ein erfahner Mann Fert hab ich auch ein zug gethan/ Da kamen wir auch in ein Land Sein nam der ist mir vnbekand Da wachsn die Plateiß auff den Baumen Wie hie die Spiling vnd Pflaumen Die Genß die haben Holtschuh an Die Weiber sehen wie die Mann Die Storch die singen wie die Staarn Die Wölff auff Cammerwagen fahrn Die Schnecken vns gut Wilbreth fingen Die Enden Meister Lieder singen Auch find man vnter andern vil Küh/ die können auff dem Bretspil Die Essl in der Kirch Figurirn Die Nachtigal darein quintirn Das Wiltschwein ist der Organist Ein Frosch der Blaßbalgtretter ist/ So ist der Bock ein Lautenschlager/ Vnd ein Krebs vertritt ein Refftrager Die Ganß des orts ist Predicant Auch hats vil Hasen in dem Land Welche auff GartenSchnecken reyten Vnd bringen die post Brieff von weiten Ein grosser schafried ist jr koch Die Henn wart vor dem Ofenloch Das Kalb das pfeift auff der Schalmeyen Vnd fürt die Nebelkroh den reihen Der Beer der ist ein Wechter gwiß Der hüttet deß Trecks auff dem Küß 1035

Kommentar

Ein Has ist auch ein Trumelschlager Ein Aichhorn sols Fendlein tragen So muß die Katz die Kuchn bewarn Vnd die Nachteul muß spinnen garn Ein wilter Eber ist Baadknecht Ein Hering ist der Wiltschütz schlecht Der Fuchs wird Bischoff werden gnau So kraüt der Wolf die schweinen Sau/ Das hab ich gsehen vor euch alln Lieber wie thut der spruch euch gfalln Die Landsknechte lachen darüber, zahlen und gehen. Inzwischen ist Beeltzebub zu Lucifer geflohen und erzählt von seinem Schrecken, daß die Landsknechte ihn schlachten wollten. Der Text folgt nun eng dem von Hans Sachs. Für 276,32f. ist auch Hans Sachsens Fabel Das Schlauraffen Landt evtl. Q (Hans Sachs, Sämtliche Fabeln und Schwänke, hg. v. Edmund Goetze. 1. Bd. Halle/S. 1893, S. 9): So wachssen Bawern auff den bawmen,/ Gleych

wie in vnserm land die pflaumen. Q10 1670 Q für ZfE22, 271,1–272,4 ersten Bärnhäuters 〈. . .〉 ZfE23, 285,7–8 Als 〈. . .〉 verzweifelte 285,13–14 Da 〈. . .〉 wohlfeil? 285,20–22 Nein 〈. . .〉 kommen. 285,28–286,11 der Bär 〈. . .〉 dannen 286,16–17 Commißbrod 〈. . .〉 Gutes ZfE24, 293,14–22 Als 〈. . .〉 glaubte 294,5–27 Dem 〈. . .〉 ausgab. 294,33–35 Als 〈. . .〉 Reichthum. 295,7–11 Er 〈. . .〉 lassen 295,15–296,1 Ich 〈. . .〉 heurathen 296,7–12 Der 〈. . .〉 Mode 296,21–25 da 〈. . .〉 entstanden. 297,26–27 er 〈. . .〉 vor 298,3–9 dann 〈. . .〉 abgegangen 298,16–17 rüstete 〈. . .〉 Kleinodien ZfE25, 306,23–307,12 setzte 〈. . .〉 triumphirten] 307,34–36 der Leichnam 〈. . .〉 ersäuft 308,2–3 die zweite 〈.. . .〉 hatte

1036

geschlagen worden

Zu ZfE 22

308,17–18

der Geist 〈. . .〉 mein Theil

Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen,

Der erste Beernhaeuter / Nicht ohne sonderbare darun-ter verborgene Lehrreiche Geheimnus/ so wol allen denen die so zuschelten pflegen/ und sich so schelten lassen/ als auch sonst jedermann (vor diß-mal zwar nur vom Ursprung dieses schönen Eh-ren-Tituls) andern zum Exempel vorgestellet/ Sampt Simplicissimi Gauckeltasche. Von Illiterato Ignorantio, zugenannt Idiota. 〈Titelholzschnitt: drei Musikanten in einem Garten〉 Gedruckt im Jahr/ 1670. Ersatzvorlage: Breuer, Beernhäuter. Verglichen mit: Grimmelshausen, Gesammelte Werke in Einzelausgaben: Kleinere Schriften, hg. v. Rolf Tarot, Tübingen 1973, S. 1–10. Sowie mit: Grimmelshausens Werke. 1. T.: Der abentheuerliche Simplicius Simplicissimus. Hg. v. Felix Bobertag, Bd.1, Berlin u. Stuttgart o. J., S. XLVIII–LIV. S. 1: Titel. S. 2: Holzschnitt eines Landsknechts mit der Überschrift Des ersten Bern-

häuters Bildnus. SO sah ich aus ich erster Beerenhäuter Den Nahmen ich bekam vons Beeren-Haut Den ich erschoß / daß mir nicht einmal graut/ Ob ich bekam gleich dazumal viel Neider. So hoch mein Ruhm vor Zeiten war gestiegen/ So tief muß er im höchsten Schimpff jetzt liegen/ Man siht hieraus / was hoch geacht wird heut/ Das stürtzt der Neid in all zu kurtzer Zeit. f. Protursicutius. 〈d. h.: fecit (gemacht von) prot-ursus-cutis (erste-Bär-Haut)〉 S. 3:

Vom Ursprung des Namens Bernheuter. DJe so den Ursprung deß teutschgegebenen Schand-Namens Bernheuter Per Ethymologiam ausecken wollen haben vermeint/ daß vor alten Zeiten/ da die alten Teutschen noch auf allerhand Heuten geschlaffen/ die jenige zum Spott mit diesem Namen genennet worden/ die immerhin aus Faulheit auf ihrer Bernhaut liegen blieben/ und nie nichts tapffers auszurichten begehrt. 1037

Kommentar

Es mag sein/ mir gedenckt so weit hinaus nicht/ daß ich Nachricht darvon geben könnte: Aber auf dem Schloß Hohen-Roht hat sich ein uraltes Gemählt gefunden/ davon auch beygefügtes Bildnus copiert worden/ mit nachfolgendem Bericht/ woraus dieser Name entsprungen. Im Jahr 1396. Als Sigismundus damaliger Ungarischer König/ von dem Türckischen Kayser Celapino geschlagen worden/ Jst ein teutscher Lands-Knecht aus der Schlacht in einen Wald entronnen und darinn verirret; Weil er nun noch darzu keinen Herren/ keinen Krieg / kein Geld/ und auch kein Handthierung oder sonst einig Mittel wuste/ sich ins künfftig zuernähren/ hatte er allerhand schwermühtige Gedancken! Da erschien ihme ohngefehr und ehe er sichs versahe ein abscheuliches Gespenst oder Geist/ weis nicht obs der böse Feind selber gewesen oder nicht und sagte wann er ihm dienen wolte/ so wolte er ihm Gelds genug geben / und ihn endlich gar zu einem Herrn machen. O Ja! Antwortet der Lands-Knecht Aber mit dem Geding/ daß mir solche Dienste an meiner Seeligkeit nicht schädlich seyen: Jch muß aber auch zuvor sehen/ sagte der Geist was du kanst/ und was du vor eine Courage habest/ damit ich mein Geld nicht umbsonst ausgebe. Jn dem er solches redet / kam ein grosser ungeheurer Beer daher geloffen / diesen sagte der Geist schiesse vor den Kopff; Der Lands-Knecht war nicht umbehend/ sondern traff den Beeren auf die Nase / daß er über und über burtzelte Da solches geschehen war/ fieng das Gespenst oder der Geist an / mit ihm zu Capitulieren / und sagte Wann du mir dienen wilst/ so mustu mir siben Jahr zu dienen versprechen/ und in demselbigen [Tarot:] denselbigen alle Nacht ein Stund schildwacht umb Mitternacht stehen. Deine Haar und Bart weder kämpeln/ noch selbige wie auch die Nägel nicht abschneiden; Die Nase nicht schneutzen/ deine Händ und daß Angesicht nicht wäschen/ den Hindern nicht wischen/ diese Beernhaut an statt deines Mantels und Betts brauchen/ und niemal kein Vatter unser beten. 1038

Zu ZfE 22

Hingegen will ich dich mit Comiss, Bier/ Taback und Brandtewein versehen/ daß du kein Mangel haben solst / und nach den siben Jahren einen solchen Kerl aus dir machen / daß du dich über dich selbst verwundern wirst müssen. Der Lands-Knecht gieng alles ein/ und sagte zum Geist/ alles was du mir zuunterlassen gebotten hast/ habe ich von Natur mein Tage niemal gern gethan; Jch wasch mich nicht gern / ich bette nicht gern/ etc. Nach geschlossenem Accord begehrte der Geist seinen Namen zu wissen/ umb ihn in seine Roll die er bey sich hat zuschreiben/ Als er aber eines heiligen Namen nennete/ sprach der Geist/ dieser taug mir nicht; du solst Bernheuter heissen / wegen der Beernhaut/ damit du heut begabt bist worden. Darauff zog er dem Beern die Haut ab/ und machte seinem Neugebornen 〈Neugeworbenen; Bobertag〉 einen Mantel daraus. Und führt ihn mit sambt derselben Haut und aller seiner übrigen Bagage durch die Wolcken auf sein Lust-Haus dahin Welches öde Schloß von dieser wunderbaren Fahrt/ seinen Namen bekommen haben soll; Daselbst versahe der Lands-Knecht seine sibenjährige Dienste/ und wurde in solcher Zeit von Haut / Haar/ Bart und Nägeln/ ein solcher abscheulicher Unflat/ daß er dem Geist selbst ähnlicher sahe als einem vernünfftigen Menschen/ der nach GOttes herrlichem Ebenbild erschaffen worden/ sonderlich wann er an statt eines erbarn Mantels seine liebliche Bernhaut umb sich hatte: Dann seine Haar wurden lauter Höllen-Zöpff/ die ihm umb die Achsen herumb hiengen wie Jndianische Schaffschwäntze; Sein Bart war S. H. von Rotz/ Geiffer und andern Unlust in einander gebicht/ wie ein grober Filtzhut/ seine Nägel hatten eine Gestalt wie Adlers-Clauen/ und sein Angesicht lag so voller mistigem Unflaht/ daß man dem gemeinen Sprichwort nach/ gar wol hette Rubsamen hinein säen können. Nach dem er aber die siben Jahr bey nahe überstanden hatte/ kam der Geist von sich selbst/ und deutet ihm an/ daß es nun mehr Zeit war/ einmal mit ihm abzurechnen. 1039

Kommentar

Und ihn der Gebühr nach auszuzahlen. Doch steckte er ihm zuvor seine Hosensäcke voller Ducaten und Pistolen/ und befahle ihm sich lustig zu machen/ und kein Geld zu sparen/ sonder zu thun und zu lassen was seinem Hertzen geliebte/ und dem Geld wehe thät. Aber der gestalt/ daß er aus den Schrancken des getroffenen Accords: Und seiner bißherigen Gewonheit nicht schreiten solte; Weil seine siben Jahr noch nicht vollkommlich verflossen waren/ in denen sie sich zusammen verbunden: Der Lands-Knecht gehorsambte; Da ihn aber wegen seiner greulichen Abscheulichkeit niemand aufnemen wolte/ wurde er traurig; Nach dem er aber auch von einem Würth/ deren Profession ist/ dem Frembden umb die Gebühr Kost und Herberg mitzutheilen/ abgewiesen wurde/ zeigte er ihm aus dem einen Hosensack eine Handvoll Ducaten/ und aus dem andern eine Handvoll Duplonen / und wurde darauf dessen willkommener Gast. Der Würth logierte ihn in ein besonder Zimmer / in welchem er ihn auch absonderlich tractirte/ damit andere Gäste ab seiner heslichen Gestalt kein Abscheuens haben: noch ihm seinentwegen die Herberg in kein böß Geschrey bringen solten/ Jn demselben mästete sich der Bernhäuter von des Geistes Gelde aus biß der Geist einen Edlen Herren vom Lande auf der Reiß begriffen zu sein wuste/ der in selbiger Herberg einkehren würde; Da kam er bey Nacht und mahlete in selbigem Zimmer alle Contrafet nach dem Leben/ der berühmtisten Personen/ so seit Erschaffung der Welt gelebt hatten. Als des K a i n s / L a m e c h s / N i m b r o t s / N i n i / R o r o a s t r i s / der H e l e n a e / der Troianischen und Griechischen Fürsten/ nicht weniger S e s o s t r i s / N a b u c h o d o n o s o r i s / C y r i / A l e x a n d r i M a g n i / J u l i i C æ s a r i s / N e r o n i s / C a l i g u l æ / des Mahomets etc. Ja so gar auch deren Bildnus so noch in die Welt kommen sollen/ als der Wiederchristen und anderer / etc. 1040

Zu ZfE 22

Worüber sich der Würth nicht unbillich verwunderte; Vornemblich als der Bernheuter ausgab/ er hette diese Gemählte selbst verfertigt. Als nun angeregter edle Herr gegen Abend seine Herberg dort nam/ und seinen Würth der ihm bekannt war / fragte/ Was Neus? Erzehlte er ihm alles was er von seinem seltzamen Gast wuste und nicht wuste/ als seinen wunderlichen Auffzug; seine grosse Kunst in der Mahlerey/ und das er Gelds vollauf hette. Der Herr antwortet/ ich muß diß ohngewöhnlich Wunder morgen auch sehen / sonst werde ich euch/ was ihr mir gesagt schwerlich glauben. Wie er des Morgens frühe selber sahe/ was er gehöret hatte/ befande sich zwischen ihm und dem Würth kein anderer Unterscheid/ als daß er die Kunst der Mahlerey besser als jener verstunde und sich dannenhero auch beydes über die kunstreiche Hand und die Arbeit selbst mehrers zu wunderte/ dann ihre Perfection war ohnvergleichlich! und in dem er sahe/ das sich viel Contrafet mit denen künstlichen Antiquitäten verglichen die er allbereit anderwertlich gesehen/ glaubt er daß die übrige auch dem jenigen gleich sahen/ deren Bildnus sie repræsentiren/ und die er bißher noch nicht gesehen. Er fragte den Bernheuter ob er solche Arbeit gemacht hette? derselbe aber fragte hinwiderumb/ wer sonst? Der Herr sagte hierauf/ so mustu viel wissen/ wann du auch die Gestalten der künftigen Menschen zuentwerffen weist/ Allzeit! antwortet der Bernheuter/ weiß ich mehr weder mancher vermeint; Der Herr fragte/ wer bistu? Jener antwortet/ ich bin der Oberst Bernheuter/ ein Soldat von Fortun/ und hab mich neulich im Krieg wieder den Türcken brauchen lassen. Weil nun dieses ein neuer und noch kein schandlicher Namen war/ fragte ihm der Herr auch nicht weiters nach. 1041

Kommentar

Sondern sagte/ ich hab drey Töchter von gleicher schöner Gestalt/ welche auch ihre Mutter ihrer Aehnlichkeit wegen offt selbst voreinander nicht kennet. Jch will dich solche sehen lassen/ wirstu nun wissen welches die Aelteste/ die Mittler und die Jüngste sey! So will ich dir eine davon zum Weib geben/ welche du under ihnen haben wilst wo nicht/ so solstu sambt deinem Vermögen mir zum Eigenthumb verfallen sein. Da der Bernheuter dessen zufrieden/ nahm ihn der edle Herr mit heim/ ihn seine Töchter zu solchem Ende sehen zu lassen! Der Geist aber erschien ihm wieder und sagte zum Bernheuter Wisse dieser Herr pflegt auf solche Fäll die Jüngste in die Mitte/ und die Aelteste auf der lincken/ die Mittlere aber auf ihre rechte Seite zu stellen. Als er nun auf solchen Unterricht sagen konnte/ welches die Erst / die Ander und Dritte war/ zumalen die Jüngste zum Weib begehrt/ schwur der Herr alsobalden er wolte seine Paroln halten/ wie es einem ehrlichen Cavallier gebühre Gott geb was die Mutter darzu sagte/ und wie sich sein Kind darzu bequembte/ Er wolte auch die Hochzeit gleich für sich gehen lassen/ ehe ein ander Gewirr drein käme/ aber der Bernheuter wolte nicht / sonder wendet andere Geschäfften vor/ doch mit Versprechen bald wieder zu kommen und da er einen kostbaren Ring der hierzu gemacht war/ von einander geschraubt: und ein Theil darvon seiner Braut gegeben hatte/ gieng er seines Wegs. Die Jungfrau Hochzeiterin aber kleidet sich vor Traurigkeit schwartz/ und wünschte vergeblich lieber allein zu leben / als sich mit dem abscheulichen Bernheuter zuverehlichen. Aber was halfs? Jhr Herr Vatter wolts also haben. 1042

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Jhre Schwestern gönneten ihr diesen Heuraht/ sie vexierten sie täglich mit ihrem schönen Hochzeiter/ und erneuerten damit stündlich und täglich die Wunden ihres ohne das traurigen Hertzens/ welches sie doch alles durch Gedult überwande. Der Geist kam hingegen wieder/ und führte den Bernhäuter in den Rhein ins Bad/ er richtet ihm seine Haar/ und beschor selbige sambt dem garstigen Bart auf die neue Mode und zierte ihn der gestalt auf/ durch besondern Anstrich/ das er dem schönsten Cavallier vergliche. Jetzt gehe hin nach N. (sagte er zu ihm) und mondiere dich wie ein rechter ehrlicher Obrister und lebe wie ein Herr/ Jch will meine Schätze aufthun/ die ich hierumb vergraben habe/ und dir Gelds genug hierzu geben. Weil nun dem Bernheuter kein erwünschterer Befehlch hett kommen können/ war er desto gehorsamer. Er hielte sich mit schönen Pferden/ herrlichen Gutschen/ köstlichen Kleiden und vielen Dienern Livree/ wie ein Groß-Vezier und da es dem Geist Zeit sein däuchte/ stellte er sich wieder ein und sagte zu ihm/ Jetzt fahr hin und vollziehe deinen Heuraht/ und damit er desto reicher erscheinen konnte; füllete er ihm beyde Gutschen Küsten voller Geld/ welches er ihm beydes zur Beschuldigung und zum Heuraht-Gut mit gab; Also machte er sich auf die Reiß/ und schickte einen Trompeter voran/ seinen künfftigen Schwer/ neben Vermeldung seines Diensts und Grusses anzuzeigen/ daß ein stattlicher Cavallier auf dem Weg begriffen were/ ihme zu zusprechen/ und seinem Frauenzimmer gebührend aufzuwarten; Mit einem Wort/ eine aus seinen Töchtern zum Gemahl zubegehren/ wofern er anderst gelitten werden möchte/ und keine Ungelegenheit machte. Als er nun die höfliche Antwort bekam/ das er ein lieber Gast sein würde/ Jst er mit seiner Suitte prächtig eingezogen/ 1043

Kommentar

und wol empfangen: auch zur Bezeugung mehrerer Willfährigkeit oben an die Tafel zwischen die beyde älteste Töchter gesetzt worden; Welche sich auch ihm zugefallen/ weil ihn jede zubekommen verhofft/ trefflich geschmückt hatten. Die Jüngste aber behalff sich unden an der Tafel/ wie ein TurtelTäublein/ daß seinen Gemahl verlohrn/ sintemal sie als eine Versprochene/ keine Hoffnung schöpffen dörffte/ diesen ansehnlichen Herrn zubekommen/ wessentwegen ihr die Schwestern mit den Augen manchen hönischen Blick/ und mit Worten mänchen empfindlichen und verächtlichen Stich gaben/ welches ihr tieff ins Hertz geschnitten. Als nun der Bernheuter nach Vorweisung seines vielen Golds/ daß Jawort: und under den Töchtern von Vatter und Mutter die Wahl bekam/ zumalen noch jede/ von den ältesten Schwestern ihn zubekommen vestiglich verhoffte offenbarte er sich der Jüngsten/ durch ein Stück des voneinander geschraubten Rings davon er ihr hiebevor ein Theil zugestelt; So hoch nun diese hierdurch erfreuet wurde so sehr erschracken hingegen jene beyde/ als sie sich ihrer Hoffnung so gähling beraubt sahen; Sie wurden so bestürtzt/ daß sie nicht mehr wusten was sie thäten/ und ihre Eltern wurden so erfreut / über der einen Tochter Glück daß sie der andern beyden Anligen nit wahrnahmen; Welche zugleich von Schamhafftigkeit und dem Neid gegen ihrer Schwester angefochten wurden/ Also daß sich die eine selbst erhenckt/ die ander aber in einen Brunnen stürtzte; Also/ sagte der Geist/ der dem Bernheuter gantz frölich erschiene/ nun haben wir miteinander ausgefischt du hast eine und ich zwo von den Töchtern bekommen/ die hiebevor ihr Vatter manchem ehrlichen Cavallier versagt. Mein Hochgeehrter und Respective` Grosgünstiger lieber Leser neme vor dißmal hiemit verlieb/ und urtheile aus dieser Erzehlung was er will; Alsdann werde ich verhoffentlich mit der Erläuterung hernach kommen. ENDE. 1044

Zu ZfE 22

Die beiden Holzschnitte in Grimmelshausens Druck wurden für ein Kartenspiel von Jost Ammann (1539–1591) hergestellt: Künstliche vnd wolgerissene Figuren in ein new Kartenspiel (Nürnberg 1588).– Preitz 1914 (S. 321 u. 505) meint, daß der Bärnhäuter-Typ schon bei Tacitus erwähnt würde (Germania, Kap. 31); dieser erwähnt, daß sich bei den Chatten junge Männer Haar und Bart frei wachsen ließen, bis sie den ersten Feind getötet hätten. Weitere Literatur: Friedrich Gaede, SICUT ALTER DIABOLUS. Die poetologischen Implicationen der Bärenhäutergeschichte. In: Simpliciana. Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft. Bd. X, 1988, S. 33–44; ders, Barocke Transzendentalpoesie? Grimmelshausen aus der Sicht der Bärnhäuterund Philistersatire Clemens Brentanos, In: Simpliciana XIII, 1991, S. 407–421; Ansgar M. Cordie, Modi des Handelns und Erzählens in Grimmelshausens Erstem Beernhäuter, in: Simpliciana XIX, 1997, S. 9–28.

Nach Grimmelshausen nahm Happel die Erzählung in seine Sammlung auf; auch dieses Werk war bei den Romantikern beliebt. Q für Brentano ist aber Grimmelshausen, wie der Vergleich von Details zeigt.

Happel: E. G. Happelii grössester Denkwürdigkeiten der Welt oder so genandte RELATIONES CURIOSAE. Worinnen dargestellet/ außgeführet und erklähret werden Die Denckwürdigste Seltzamkeiten/ So da in Historien, natürlichen Wundern / am Himmel/ auff und in der Erden/ wie auch in und unter dem Meer zu finden seyn. AndrerTheil/ Einem jeden curieusen Liebhaber zu gut auffgesetzet/ in Druck verfärtiget/ und mit vielen Figuren erläutert. Mit Kayserl. Mayst. allergnädigstem Privilegio. Hamburg 〈. . .〉 Thomas von Wiering 〈. . .〉 1685, S. 712f.: e e Der seltzsame Barenhauter. MAn hat unterschiedliche Derivationes oder Herleitung des Worts Bärnhäuter / davon nachfolgende/ welche man vor die beste achtet/ auff folgende Geschichte sich gründet: Wie König Uladislaus von Ungarn/ und mit ihm die gantze Christenheit/ in der unglücklichen Schlacht bey Varna Anno 1444 so sehr grossen Schaden nahm/ daß er selbst auff dem Platze blieb/ das Christliche Heer aber totaliter ruinirt ward; war unter andern auch ein Teutscher Landsknecht/ der sich seiner Füsse so wol bedienet/ daß er in einen dicken Wald entkommen/ und also dem Türckischen Säbel entronnen. Weil aber daselbst weder zu beissen noch zu brechen/ so ward Schmalhans Küchenmeister/ und der Hunger sein beständiger Gast. Hierzu kam die Betrach1045

Kommentar

tung des weiten Weges/ nebst Unwissenheit der Passagie und Sprache/ und schickte sich alles allgemach zur Verzweiffelung mit ihm an. In der höchsten Noth erschien ihm der Teuffel in menschlicher Gestalt/ der sich anboth/ ihn nicht allein wieder in Sicherheit zu bringen/ sondern auch so viel Geld und Gut zu verschaffen/ als er begehren möchte/ wann er ihm seine Seele verpfänden wolle; Dieses erschreckte den Kerl/ doch resolvirte er sich/ lieber zu verderben/ als dieses einzugehen. Der Satan thut darauf den Vorschlag: Wenn er diß nicht thun wolte/ so soll er denn folgende Puncten eingehen: Erstlich 3 Jahr lang sich weder waschen/ kämmen/ noch sonsten im geringsten saubern noch reinigen/ sondern allen Unflath sitzen lassen/ auch keine Kleydung verändern. 2 In solcher Zeit weder behten/ noch in eine Kirche kommen. Der dritte Punct ist mir entfallen. Dieses nahm er an/ und der Satan führte ihn nach Oestreich/ da er einem jungen Bären die Haut abzog/ seinen saubern Schüler darinnen kleidete/ eine gute Qualität Geldes reichte/ und nach gethaner Erinnerung seines Weges gehen liesse. Ein jeder/ der diesen Ebentheur sahe/ erschrack für solchem Bärnheuter/ und er kam der gegebenen Instruction getreulich nach/ legte sich indessen in ein Wirtshauß/ da er wegen seines Geldes so viel erhielt/ daß man ihm einen Schweinkoven anwies/ darinn er sich mehr einer Sau als einen Menschen ähnlich/ biß ins dritte Jahr auffhielte/ indessen aber durch verschiedene Proben es dahinbrachte/ daß man ihn vor einen perfecten Warsager hielte. Wie er etwa noch ein halb Jahr in discipliniren hatte/ erschien ihm sein Meister wieder/ und brachte ihm Zeitung/ er wolle ihm den Rest der Zeit schenken/ weiln er schon anderwerts seinen Profit durch ihn zu machen wisse. Verkündigte daneben/ daß ein Edelmann ins Wirtshauß kommen werde/ der in verwornen Händeln stecke/ dem soll er auff die Weise/ wie er ihm kundthat/ helfen/ und zum Recompens eine von seinen dreyen Töchtern begehren/ damit auch der Edelmann sich an seiner ungeheuren Gestalt nicht ärgern möge/ ihm das bey sich habende Geld praesentiren/ mit dem Anfügen/ es komme ihm auff ein hundert tausend Ducaten nicht an. Am folgenden Tage fand sichs/ wie der Lügen-Geist / der die Warheit nicht anders / als zu des Menschen Schaden redet/ ihm gesaget; Der Edelmann ließ ihn/ als er seine Kunst im Warsagen vernommen/ für sich kommen; der Bernhäuter hielte sich so/ daß der Edelmann ihm eine gute Summa Geldes verhiesse: Dieser aber erklärte sich: Er habe für sich selbst genug/ und so dem Edelmann mit etlichen 1000 Ducaten gedienet/ wolte er sie 1046

Zu ZfE 22

ihm von stund an reichen/ er begehre aber eine von seinen dreyen Töchtern / deren er so viel Geld und Gut zubringen wolle/ als der reichste Herr im gantzen Lande. Der Edelmann verwunderte sich deß/ und nahm/ weil er entweder ein schlechter Edelmann/ oder auch mit dem Geitz besessen/ daß Erbieten an/ und sagte ihm eine von seinen Töchtern zu. Deß Bärenhäuters übriger Verlauff. LAsset uns vernehmen / wie es endlich mit diesem Gesellen abgelauffen. Der Bernhäuter stellete sich in des Junckern Schloß darauff ein/ befindet aber / daß weder dessen älteste noch mittelste Tochter solch ein Unflath begehren; Die jüngste läst sich endlich durch des Vattern Zuspruch bereden/ daß sie ihren Willen dem Vatter heimstellet/ der dieselbe dem Bärnhäuter zuschläget. Wie solches geschehen/ kompt der saubere Meister zu diesen seinem Discipel, und sagt: Nun sey es Zeit/ in einem andern Habit sich zu praesentiren, führet ihn an einen Bach/ wäscht ihn rein und sauber/ putzet und zieret ihn auffs beste/ bringet ihn auch re〈i〉nliche Kleydung/ mit dem Befehl/ er soll in der nechsten Stadt sich prächtig montiren/ Lacqveyen / Kutschen und Pferde zulegen/ und für einen grossen Herrn sich außgeben/ und solcher Gestalt seiner Braut praesentiren. Dieß geschahe/ und verwunderte sich jederman/ daß der garstige Bernhäuter sich in einen so schönen und qvalificirten und reichen Cavallier verändert habe. Je hertzlicher sich nun die junge Braut ihres Liebsten erfreuete/ je hefftiger betrübten sich die beyden andern Schwestern über ihre Thorheit/ daß sie durch den äusserlichen Schein sich blenden lassen / und ein sothanes Glück von sich gestossen. Meister Hämmerling schürete auch wacker zu/ und brachte es so weit/ daß sie beyde verzweiffelten/ die eine sich erhieng/ und die andere sich in einen Brunnen stürtzete. Also hatte der Satan für einen Braten zwey/ wiewohl Juncker Bernhäuter von der Bärenhaut ihm ohnzweiffel auch nicht entlauffen/ sondern ebenfals gewiß genug wird gewesen seyn. Der Autor, so dieses erzehlet/ setzet hinzu/ es soll dieses Bernhäuters Conterfait, und neben demselben auff einer Taffel die Geschicht in einer Oesterreichischen Stadt/ die er nahmhafft machet/ noch zu sehen seyn. Vid. J. F. Hor. subcis. part. 4. p. 355 seq.

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Kommentar

Q11 1696 Q für ZfE25, 309,9–13 Auweh 〈. . .〉 gefressen mit Anmerkung] Der Verfasser wurde erst 1884 identifiziert durch Friedrich Zarncke, es ist Christian Reuter (1665 – nach 1712). Dieser stammte von einem Bauernhof in Kütten, wurde im Wesentlichen zuhause unterrichtet und nahm Schule und Studium in Leipzig kaum wahr. Er schrieb lieber eine Komödie auf seine Zimmervermieterin, Anna Rosine Müller: L’Honne´te Femme Oder die Ehrliche Frau zu Plißine (1695; Leipzig liegt an der Pleiße), in der sie als Schlampampe auftritt. Eine Karzerstrafe war die Folge, in der er weitere Schlampampe-Satiren schrieb; ihr Sohn gab die Anregung zur Figur des Schelmenromans Schelmuffsky. Dieser picareske Roman erschien, wie die übrigen Werke, anonym:

Schelmuffskys Warhafftige Curiöse und sehr gefährliche Reisebeschreibung Zu Wasser und Lande I. Theil / Und zwar die allervollkommenste und accurateste EDITION, in Hochteutscher Frau Mutter Sprache eigenhändig und sehr artig an den Tag gegeben von E. S. Gedruckt zu Schelmerode / Im Jahr 1696. Brentano besaß die Ausgabe von 1750. Ersatzvorlage: Schelmuffsky von Christian Reuter. Abdruck der Erstausgaben 1696 [A/B]. 1697. 2. verb. Aufl. hg. v. Peter von Polenz. Tübingen 1956. Die Verbindung zum Thema bringt Schelmuffskys erster Satz seiner fiktiven Anrede An den Curiösen Leser:

ICh bin der Tebel hohlmer ein rechter Bärenhäuter / daß ich meine warhafftige /curiöse und sehr gefährliche Reise-Beschreibung zu Wasser und Lande / welche ich schon eine geraume Zeit verfertiget gehabt / so lange unter der Banck stecken lassen 〈. . .〉 (S. 5). Brentano und Arnim kannten weder den Verfasser dieser Lügengeschichte, noch waren ihnen die Anspielungen auf Leipziger Personen und Zustände bekannt, die dem Studenten Reuter schließlich die Relegation von der Universität eingebracht hatten. Für die Romantiker entdeckt wurde das Buch von Christian Brentano (1784–1851), der in Marburg Medizin studierte, als auch Clemens dort lebte (Herbst 1803 bis Juli 1804). Christian verfaßte eine fragmentarische Komödie über diesen Stoff, deren Handschriften im Freien Deutschen Hochstift erhalten sind (Signatur 10895/96). Brentano nahm das Buch 1804 mit nach Berlin; er berichtete am 14. November seiner Frau Sophie:

〈. . .〉 ich lese Arnim den Schelmufski, und den Tristrant vor, die ihn entzücken 〈. . .〉. (FBA 31, S. 358) Anfang März 1805 schrieb er an Friedrich Carl von Savigny: Schelmufski hat zuerst Arnim, und dann Tiek ganz begeistert, wir haben oft Scenen draus gezeichnet. Dieses sind drei 1048

Zu ZfE 22

Portraite draus, von Tiecks und Arnims erfindung. (FBA 31, S. 407; es folgen Zeichnungen: Herr Bruder Graf, Schelmufski und Groß Mogul Arnim) Auch die Brüder Jacob, Wilhelm und Ludwig Emil Grimm begeisterten sich für das Buch, schrieben es ab und entwarfen Zeichnungen dazu. Im Briefwechsel Arnims und Brentanos sind Anspielungen häufig. 1807 spielt Brentano im BOGS auf Schelmuffsky an, 1811 im Philister. Arnim schrieb Brentano am 18. Februar 1808 (In manchen wunderlichen 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 286r–291r): 〈. . .〉 schick mir, wenn es

Dir gemüthlich, eine kritische Anzeige von Schelmufskys Reise um die Welt mit interessanten Bruchstücken, Du kannst zulügen daß die Balken brechen, die Zoten must Du wie in der Erzählung durch einen Flor sehen lassen, das Auge der Menschen ist zu schwach für diese strahlende Wahrheit, willst Du selbst nicht, so schick mir das Buch. Du kannst nach Gefallen deinen Namen unterzeichnen oder deinen alten poetischen Maria. In der letzten Nummer der ZfE vom 30. August wollte Arnim (ZfE37) eigentlich aus dem Werk zitieren, wozu es wegen des Eingehens der ZfE und dem Plan, den Schelmuffsky ganz zu edieren, nicht kam. Es ist der Herzbruder, also Brentano, der ihn dort in einer Kneipenszene ins Spiel bringt. Arnim dachte noch im Herbst 1808 an eine Neuausgabe von Reuters Buch; er bat Brentano am 1. Oktober (Schultz, Freundschaftsbriefe, S. 542; Ich hoffe sehnlich auf Briefe 〈. . .〉): Mach doch Zeichnungen zum Schelmufsky,

ich denke ernstlich an die Herausgabe, Grimm soll auch noch dazu zeichnen und alle Zeichnungen sollen ganz klein auf ein Paar Tafeln kommen, 〈. . .〉 auf Christian als Wiederentdecker müste ein besondres Denkmahl dabey errichtet werden, ihm und uns nur verständlich. Arnim änderte seinen Plan während der Arbeit am Wintergarten und druckte darin eine von Grobianismen gereinigte Fassung ab (1809, S. 321–349). Er benutzte Brentanos Exemplar von 1750, das in seiner Bibliothek noch vorhanden ist. Vgl. Arnim, Werke III, S. 1066–1068; seine Handschrift (nach GSA 03/82,2) S. 1161–1164. Brentanos Illustrationen aber sind erhalten: Vor einigen Jahren tauchte im Handel eine großformatige Zeichnung auf, die ein sogenanntes Gänsespiel darstellt, in welchem auf den Feldern des Würfelspiels statt der Gänse Schelmuffsky figuriert. Vgl. Heinz Röllekes eingehende Erläuterung (Rölleke 2004, mit Abbildung zwischen S. 218 und 219): Außerhalb des Spielkreises ist links oben die Geburtsszene dargestellt (vgl. 425,26f. und Erläuteung): Der Säugling liegt auf dem Bauch seiner Mutter und kitzelt sie mit einem Strohhalm an der Nase wach. Unter dem Bett beißt eine riesige Ratte in das über den

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Kommentar

Bettpfosten gehängte Kleid der Schlampampe. Ihr dürrer Schwanz geht durch den Henkel des Nachttopfs zwischen den Beinen der Mutter hoch bis über den Körper des kleinen Schelmuffsky hinauf. Die Geschichte von der Ratte steht im ersten Kapitel, in welchem Schelmuffsky von seiner Geburt erzählt: Als die grosse Ratte/ welche meiner Frau Mutter ein

gantz neu seiden Kleid zerfressen/ mit den Besen nicht hatte können todt geschlagen werden/ indem sie meiner Schwester zwischen die Beine durchläufft und unversehens in ein Loch kömmt/ fällt die ehrliche Frau deßwegen aus Eyfer in eine solche Kranckheit und Ohnmacht/ daß die gantzer 24. Tage da liegt und kan sich der Tebel hohlmer weder regen noch wenden. Ich/ der ich dazumal die Welt noch niemals geschauet/ und nach Adam Riesens Rechen-Buche 4. gantzer Monat noch im Verborgenen hätte pausiren sollen/ war dermassen auch auf die sappermentsche Ratte so thöricht/ daß ich mich aus Ungedult nicht länger zu bergen vermochte/ sondern sahe/ wo der Zimmermann das Loch gelassen hatte/ und kam auf allen vieren sporenstreichs in die Welt gekrochen. (S. 7) Schelmuffsky versucht, seine Mutter zu wecken (S. 8): 〈. . .〉 letzlich nahm ich einen Strohhalm und kützelte sie damit in den lincken Nasen-Loche/ wovon sie eiligst auffuhr und schrie/ eine Ratte! eine Ratte! Da ich nun von ihr das Wort Ratte nennen hörete/ war es der Tebel hohlmer nicht anders/ als wenn iemand ein Scheermesser nehm und führe mir damit unter meiner Zunge weg/ daß ich hierauf alsobald ein erschreckliches Auweh! an zu reden fing. Druckfehler ZfE22 273,24 sprach:] sprach; ZfE 278,1 tragen] ragen ZfE korrigiert entsprechend Q (Ayrer) ZfE24 295,2 Republik] Nepubik ZfE 296,30 beschreiben] beschrieben ZfE ZfE25 297,11 sein] seyn, was das Verb wäre. 308,24 Riese] Niese Jessen 309,22 Selbstmord] Selstmord 312,18 Hauptsympton] Hauptsymtom ZfE

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Zu ZfE 22

Erläuterungen 271,3 Bärnhäuters] Brentano benutzte den Begriff schon früh: Zunächst in seinem satirischen Drama Gusta Wasa (I, 14; vgl. Brentano, FBA 12, S. 116); sodann im Wh (Petrus: FBA 6, S. 370; Des Schneiders Feyerabend und Meistergesang: FBA 6, S. 404 [das letzte Lied]; FBA 9/1, S. 659 und 705; Die Schmiede: FBA 7, S. 77; FBA 9,2, S. 144). In dem Gedicht auf Generalfeldmarschall Blücher: Grüß dich Gott! Sieges Greis 〈. . .〉 vom Januar 1816 gebraucht Brentano die Formulierung Bärenhäuter Brut (WAA 3/1, S. 8 und 208). ). Breuer erläutert den Begriff: »,Bärenhäuter’ ist ein in der Soldatensparache des 16. und 17. Jahrhunderts geläufiges Schimpfwort; gemeint ist ein feiger, sich abseits haltender Soldat und Marodeur, aber auch allgemein ein Faulenzer und Gauner.« (Breuer, Beernhäuter, S. 938). 271,2 papiernen Calender-Himmel] Brentano stützt sich in der Folge auf die Erzählung von Spangenberg. Der papierne Himmel ist ein Wandermotiv im Volkslied (vgl. Erk/Böhme 1893, Nr. 80). Satirisch gebraucht Brentano die Bezeichnung für das Schauspiel Die Hagestolzen von Iffland, das er in Wien sah und am 2. Februar 1814 rezensierte: 〈. . .〉 auf dem bürgerlichsten

Sorgenstuhle, den ein Poet im papiernen Gänsehimmel der Literatur verdienen kann 〈. . .〉. (Brentano, Werke 2, S. 1092 u. 1226) 271,3–4 nach Erzählungen einer alten Kinderfrau] Fiktive Quellenangabe, denn Brentano stützt sich auf schriftliche Quellen. Ähnliche Angaben, wie etwa mündlich, erscheinen im Wh. Brentano erzählte allerdings Arnim gegenüber im Zusammenhang mit Runges Märchen (vgl. ZfE29) von seiner

schwäbischen 80jährigen Amme, die mir die Schlangenköniginn sang (Heidelberg, um den 15. Februar 1806: Ich habe deinen lieben Jüngsten 〈. . .〉; FBA 31, S. 499; UB Heidelberg 2110,5, Bl. 93r–97v). Vgl. auch eine Liste von Projekten, bei der als Nr. 6 Bernhäuter genannt ist (Steig 1914, S. 11). 271,4 Herzbruder] In Grimmelshausens Simplicissimus der Name von dessen unzertrennlichem Freund. In der ZfE das Pseudonym für Brentano als dem besten Freund von Arnim (vgl. Kapitel Entstehung). Auch im von Arnim aus verschiedenen Texten und Gesprächen verfaßten Scherzenden Gemisch taucht Brentano unter dem Namen Herzbruder auf (ZfE7, 80,22; ZfE27, 337,16; ZfE34, 416,4; ZfE36, 448,9f. und ZfE37, 451,9), ferner als Korrespondent der Apfelhüterin (vgl. Anhang; 583,14). Brentano besaß den Simplicissimus in mehreren Ausgaben (Versteigerungskatalog 1819, Nr. 388–393). 271,8 unser Freund Grimm in dem Aufsatze über die Sagen [19 u. 20 St.]] Jacob Grimm in ZfE19/20: Gedanken: wie sich die Sagen zur Poesie und Geschichte verhalten.

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Kommentar

271,8–14 das ernste Verhältnis 〈. . .〉 mit dieser heitern Anreihung] Bisher war der Gedankengang durch den Druckfehler erste verstellt. 271,15 eines andern lieben Freundes] Brentanos. 271,24 Jean Paul Fr. Richters] Jean Paul verstand dieses Lob irrtümlich als Tadel, wie er auch fälschlicherweise glaubte, der Bärnhäuter sei Arnims Werk. Er schrieb am 22. Juli 1810 (Haben Sie herzlichen deutschen Dank 〈. . .〉) an Arnim, als er sich für die Gräfin Dolores bedankte (Jean Paul, Sämtliche Werke, HKA, 3. Abtlg., 6. Bd., Hg. v. Eduard Berend, Berlin 1952, S. 121): Haben Sie herzlichen deutschen Dank für Ihre ächtdeutsche

Schöpfung, d. h. für Ihre altdeutsche. Schon aus dem Wintergarten, aber noch mehr aus der Dolores-Geschichte errieth ich, daß Sie das Meisterstück des Bärenhäuters gemacht, das mir immer wieder gefällt, obgleich ich und Cotta darin vorkommen. Sie halten die Lachmuskeln der Leser wie Zügel in der Hand und machen mit deren Gesichtern was Sie wollen. Gäben Sie doch einmal ein langes blos komisches Werk! (Anmerkung dazu:) Ihre vis comica übertrift die Tiekische durch ihre altdeutsche Originalität und durch warme Karnazion vermittelst der Phantasie, gegen Tieks komische Skelette vermittelst des Verstandes. Der Irrtum wird verständlich, wenn man bedenkt, daß Brentano seine komischen erzählenden Texte, wie die Märchen, noch nicht publiziert hatte. Die Bearbeitung älterer Quellen fiel daher Jean Paul besonders durch Arnims in seinem Brief erwähnte Werke auf. Brentano, der damals in Berlin bei Arnim wohnte, amüsierte sich über Jean Pauls Brief gegenüber den Brüdern Grimm (Berlin, 3. September 1810; FBA 32, S. 283): Jean Paul ist nach den neu-

sten Nachrichten so herunter, daß er schier alle Abend betruncken aus dem Wirthshauß getragen wird, und Morgens kann er niemand sprechen, ohne 2 große Gläser Arrac getruncken zu haben. Er hat Arnim für Dolores schriftlich gedanckt, und darin ohne es zu wollen mir ein Kompliment gemacht, indem er den Bernhäuter für das trefflichste Werck erklärt, den er immer wieder läße, obschon er ? und Cotta drin mitgenommen würden, und von diesem kommt er auf den Schluß auch in der Dolores sei dieselbe große Talent bewießen, ho ha! Herr Criticus. Auch gegenüber Zimmer hatte Jean Paul den Bärnhäuter gelobt als Meisterstück und Meisteressen und Leckerbissen. (Bayreuth, 19. Januar 1809; Jean Paul, Sämtliche Werke, HKA, 3. Abtlg., 6. Bd., S. 6). 272,2 Warteinweil] Brentano entnimmt das Wort seinen Q und modernisiert es, gebraucht es aber auch in anderen Werken, wie in dem Kinderlied im Wh (FBA 8, S. 315; vgl. FBA 9/3, S. 579f.):

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Zu ZfE 22

Ich schenk dir was. Was ist denn das? Ein silbernes Wart ein Weilchen, Und ein goldnes Nixchen, In einem Niemahlenen Büchschen. Schon am 1. Januar 1802 hatte Brentano im Brief an Savigny diese Redensart verwendet, später wieder in der Zueignung zum Gockel-Märchen (Brentano, Werke 3, München/ Darmstadt 1965, S. 626). Vgl. Heinz Rölleke, »Warteinweil«. Zur Genealogie eines überirdischen Begriffs. In: JbFDH 1991, S. 131–138. 272,3–4 Im Jahr 〈. . .〉 geschlagen worden war] König Siegismund von Ungarn, später römisch-deutscher Kaiser, wurde am 25. (bis 28.) September 1396 durch Sultan Bayezid I. bei Nikopolis vernichtend geschlagen. 272,34–35 scherzende Mahlereien 〈. . .〉 Scheiben von Marienglas] Arnim denkt an eine optische Spielerei wie die einer Laterna magica, bei der durch beleuchtete Scheiben ein Bild projiziert wurde, wobei durch mehrere Scheiben Veränderungen und Bewegungen vorgetäuscht wurden. Marienglas ist eine Gipsart aus einer Tafelablagerung. Der Hinweis soll vermutlich von dem satirischen Zug der Erzählung ablenken. 274,15 sich seines Lebens darf erwegen] das Leben wagen 274,19 Und 〈. . .〉 gefehrde] Vgl. Mark. 14,66–72. 274,28 Mamelucks] Arab. mamluk, eigentl. Kaufsklave, hier im Sinn von Ungläubiger. 275,18–26 Gänseseelen 〈. . .〉 Gans ist.] Brentano schrieb vor dem 12. Februar 1808 an Arnim aus Kassel mit der Kritik an dessen Wh-Bearbeitungen (Daß die Menschen in der Sprache 〈. . .〉; Hs. Heidelberg 2110,7 Bl. 243– 244; in FBA 32, S. 22 und Schultz 1998, S. 485 datiert auf »kurz nach dem 25. Januar 1808«): Du willst nur die meisten befriedigen, die sind mir

nicht genug, um so weniger, wenn sie irre geleitet werden, und bei der ersten Erkenntniß nachher das Kind mit dem Bade ausschütten werden, und sagen, die ganze Pastete besteht aus Gänselebern, die eine Gänsekrankheit hervor gebracht, und ich eß keine mehr. (Schultz, S. 486f.) Datum hier nach einer Bleistiftnotiz auf der Hs. Vgl. das Zitat bei Heinz Rölleke, Die gemästete Gänseleber. In: JbFDH 1974, S. 312–322, S. 317. Die kranke Gans ist später bei Brentano das Bild für einen Dichter von Profession, wie er es in seiner Erzählung Geschichte vom braven

Kasperl und dem schönen Annerl ausführt. 1053

Kommentar

275,22 speißhaftigen] gierigen 275,27 eliseische Gänsefelder] Die elyseischen Felder waren das heidnische Pendant zum christlichen Himmel. Vermutlich aber auch: Wortspiel mit dem Namen der Straße in Paris: »les champs e´lyse´e«. 275,30 Kapitolium] Wachsame Gänse sollen der Sage nach durch ihr Geschnatter nachts die Römer vor dem auf das Kapitol eindringenden Brennus gewarnt haben. Vielleicht erwähnt Brentano hier das römische Kapitol, weil er später den Verleger Cotta mit dem Römer gleichen Namens gleichsetzt. Vgl. zum Plinius-Zitat ZfE24, Motto. 275,32–33 Gänsewein] Wasser. 276,10 Hölle] Bezeichnung des heißen Platzes hinter dem Ofen. 276,22 Cana in Gallileia 〈. . .〉 Wein machen] Anspielung auf das Wunder Jesu bei der Hochzeit zu Kana (Joh. 2,1–11). 276,32 Plateiß] Plattfisch, Goldbutt. In der Quelle zu dem Wh-Gedicht Des Antonius von Padua Fischpredigt von Abraham a Santa Clara kommt das Wort vor (vgl. FBA 9/1, S. 579); vgl. außerdem ein nicht ins Wh aufgenommenes Lied in Brentanos Hs.: FBA 9/3, S. 874. 277,15 Butterweck] Anspielung auf Friedrich Bouterwek (1766–1828). 277,17–18 Dreschflegel 〈. . .〉 sichten] Anspielung auf Voß. 277,19 Kunst 〈. . .〉 Ast] Anspielung auf die von Friedrich Ast hg. Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst (1. Jg., Landshut 1808: Bei Joseph Thomann).

ZfE23 282,20 die lieben Thiere, die im Himmel mit den Heiligen sind] Einige Tiere sind Attribute der Heiligen; Brentano folgt inhaltlich Spangenberg. 283,6 Palmesel] Der Esel, auf dem Jesus nach Jerusalem einritt, wobei das Volk ihm mit Palmzweigen huldigte. Dieses Ereignis wird am Palmsonntag vor Ostern gefeiert (vgl. Matth. 21,1–8; Joh. 12,12–14). 283,29 St. Huberto] »Die bekannte Legende, daß der heilige Hubertus (Bischof von Lüttich, gestorben 727) durch Erscheinung eines Hirsches mit einem Kruzifix auf den Geweihstangen bekehrt worden sei, ist erst seit dem 15. Jhd. von der Eustachius-Legende her auf Hubertus übertragen worden. Brentano spielt mehrfach auf verwandte Motive an 〈. . .〉.« (Rölleke, FBA 9/3, S. 190 zu Das St. Hubertuslied; vgl. FBA 8, S. 112.) 284,6–7 den vier Häußern der Frau Frohnfast 〈. . .〉 Häring] Früher gab es in der katholischen Kirche vier Fastenzeiten, die sogen. Quatember (vgl. FBA 22/1, S. 639; vgl. FBA 22/2, S. 478f.). »Frohn« bedeutet »der Herrn«, hier also »Gott«.

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Zu ZfE 22

284,9 St. Martins Gans] »Das Attribut der Gans kommt dem heiligen Bischof Martin von Tours († 397) ikonographisch erst seit dem 15. Jh. zu; das Volkslied hat dieses Motiv schon im Kanon Martein, lieber Herre . . . um 1400 〈. . .〉. Der sich daran knüpfende Brauch, am 10./11. November Gänsebraten zu essen, hat sich vornehmlich im Rheinland erhalten.« (Rölleke, FBA 9/2, S. 665 zu dem Lied Einladung zur Martinsgans; FBA 7, S. 433; vgl. auch das Wh-Lied Martinsgans, FBA 6, S. 213; FBA 9/1, S. 394f.). Nach dem Fest des hl. Martin am 11. November begann am 12. die Fastenzeit, vor der man sich noch einmal der Völlerei hingab. – Das Leben im Himmel samt den Tieren der Heiligen kostet auch das Wh-Lied Der Himmel hängt voller Geigen aus (FBA 6, S. 295–297; FBA 9/1, S. 522–524). 285,11 Schlaraffenland] Das Märchen von einem Land, in dem man die Früchte ohne Arbeit ernten kann, ist vielen Völkern gemein. Der deutsche Begriff taucht im 16. Jhd. in Schwänken zuerst auf; vor allem bei Hans Sachs: Schlauraffen Landt. 285,17 Lehnerich] Von Brentano auch in der Erzählung vom Kasperl und Annerl gebraucht; vgl. Heinz Rölleke, Die gemästete Gänseleber. Zu einer Metapher in Clemens Brentanos Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. In: JbFDH 1974, S. 312–322, bes. S. 312–315. 286,6–7 den sieben freyen Künsten] Die Artes liberales, die im Mittelalter an Schulen und Universitäten Geltung hatten: drei Sprachkünste (Grammatik, Rhetorik, Dialektik) und vier mathematische Künste (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie). 286,12 Hundsrück] Zusatz von Brentano, wegen des angeblichen Tiernamens gewählte Gegend. Ähnlich arbeitet Brentano auch in seinen Märchen. 286,20 Philister] Vgl. Brentanos Philister-Satire in WAA 11 sowie in FBA 21,1. 286,25 Kraß (von St. Oswald Raben)] In den Kinderliedern des Wh gibt es im Federspiel die Strophe (FBA 8, S. 246; vgl. Kommentar FBA 9,3, S. 443): Rabe.

Der Rab thut täglich singen, sein groben rauhen Baß. Heut will ihm nichts gelingen, drum singt er cras, cras, cras,*) Wer alles schiebt auf morgen, und nichts gerichtet heut, Der muß stets seyn in Sorgen, daß es ihm fehle weit. * c r a s ist lateinisch, und heißt morgen. Die Deutung des Rufs als der eines Sünders, der die Bekehrung verschiebt, leitet sich daraus ab, daß der Rabe nicht in die Arche zurückkehrte. (1. Mose 8,7)

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Kommentar

286,29 Recensiren] Szene von Brentano erfunden; kritische Anspielung auf das Morgenblatt. 287,7–14 biba 〈. . .〉 Dirne.] Das verballhornte Böhmisch ist im wesentlichen richtig wiedergegeben: »pivo« heißt »Bier« auf tschechisch; »take´ dobrˇe, tak, tak, take´ dobrˇe« wörtlich: »auch so gut, so, so, auch so gut«; »kurva« tschechisch »Hure«; „Jeb svy« tschechisch »ficke deine«; »matˇ« slowakisch »Mutter«. 287,23–24 Drey Wochen 〈. . .〉 den –.] Zu ergänzen: »Dreck«. Volksliedstrophe, von Brentano schon im BOGS zitiert (Brentano, Werke 2, S. 887 sowie in FBA 21,1); dort singen es die Schnee-Engelmänner, vielleicht eine Anspielung auf die Druckerei Engelmann in Heidelberg. Vgl. zu dem V.: Erk/Böhme 1893, Bd. 2, S. 793, Nr. 1056.

ZfE24 294,4–5 gieng die Kunst 〈. . .〉 nach Brod] Sprichwörtlich für unfreie Kunst. 294,5 Viehweg] Wahrscheinlich Anspielung auf den Vieweg-Verlag. 294,6 Pistolen] eine Münze 294,21–25 Kains 〈. . .〉 Gottscheds] In dieser auf Grimmelshausen beruhenden Stelle gesellt Brentano den Figuren aus der Bibel, antiken Helden und dem Religionsstifter Mohammed noch die romantischen Kultfiguren Schelmuffsky und seinen Bruder Grafen zu, dann als ironischen Höhepunkt der bedeutenden Menschen den Professor der Poesie in Leipzig, Johann Christoph Gottsched (1700–1766) mit seinem Literaturprogramm der Aufklärung. Vgl. Preitz 1914, S. 338. Im einzelnen: Kain ist der Mörder seines Bruders Abel (1. Mose 4,3–17); Lamech, ein Nachfahre Kains, ist mehrfacher Mörder (1. Mose 4,23); Nimrod ist ein großer Jäger (1. Mose 10,8–12); Ninus ein assyrischer König; Zarathustra ein persischer Religionsstifter; Sesostris, ein ägyptischer Eroberer; Nebukadnezar II (605–562 v. Chr. neubabylonischer König) zerstörte 586 v. Chr. Jerusalem und führte das jüdische Volk in die Gefangenschaft; Cyrus war persischer König (559–530 v. Chr); Alexander d. Gr. (356–323 v. Chr.) Eroberer und Begründer des hellenistischen Reiches; Gaius Julius Caesar (100–44 v. Chr.) römischer Feldherr und Staatsmann; Nero (37–68) römischer Kaiser seit 54, der Rom anzündete; Gaius Julius Caesar Germanicus, genannt Caligula (12–41), römischer Kaiser seit 37; Mohammed (ca. 570 – 632), Religionsstifter. Gaede meint zu Grimmelshausens Aufzählung: »Die Serie der Porträts beginnt mit Kain und endet mit Nero, Caligula und Mohamet, bildet also insgesamt eine Gegenliste zum christlichen Heiligenkalender, die darin kulminiert, daß sogar die zukünftigen ,Widerchristen’ abgebildet werden.« (Friedrich Gaede, SICUT ALTER DIABOLUS.

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Zu ZfE 22

Die poetologischen Implicationen der Bärenhäutergeschichte. In: Simpliciana. Schriften der Grimmelshausen-Gesellschaft. Bd. X (1988), S. 36) 294,30–32 Messalinus 〈. . .〉 wußte/ Motto] Vgl. Quellen. Brentano macht sich über den Verleger des Morgenblatts, Johann Friedrich Cotta (1817 geadelt als Frhr. Cotta v. Cottendorf, 1764–1832), lustig. 295,6–7 wie sie der Hirt zum Thor hinaus treibt] Sprichwort, eigentlich: unordentlich. 295,26 Kuzbutzia] Satirische Anspielung auf August v. Kotzebue, hier als Hg. des Freymüthigen (vgl. Kommentar zur Apfelhüterin). 295,26 Dykia Merkelia] Der erste Name nimmt eine Spitze aus dem BOGS wieder auf, wo der Buchhändler Dyk erwähnt wird (vgl. Brentano, Werke 2, S. 897; FBA 21,1): Johann Gottfried Dyk (1750–1813), Leipziger Buchhändler und Schriftsteller, übersetzte französische Komödien. Der zweite Name ist eine satirische Anspielung auf Garlieb Merkel (1769–1850), den Mithg. des Freymüthigen. 295,26–27 Eudoxia Rinbeckia] Der erste Name spielt auf den Roman Eu-

docia, Gemahlinn Theodosius des Zweyten. Eine Geschichte des fünften Jahrhunderts (1806/07) von Christiane Benedicte Eugenie Naubert (1752–1819) an. Im BOGS hatte Brentano schon Madame Eudoxia erwähnt. Brentano besaß den Roman (Versteigerungskatalog I, 1819, Nr. 419). Arnim hingegen schätzte die Märchenerzählerin Naubert (vgl. ZfE32). Sie war damals als Autorin allerdings noch nicht namentlich bekannt. Der zweite Name ist eine satirische Anspielung auf Georg Reinbeck (1766–1849), den Redakteur des Morgenblatts (s. Entstehung, zum Morgenblatt). 296,4 adonisirt] verschönt; von Adonis, einem von Aphrodite geliebten Jäger. 296,6 belle Illimaz] Koeman meint: »Vielleicht hängt ›Illimaz‹ mit ›illuminieren‹ zusammen und bedeutet der Ausdruck: ›die schöne Erleuchtete‹. In diesem Fall könnte die Bezeichnung sich auf die gebildete Schriftstellerin Benedikte Naubert beziehen, deren Eudocia-Figur Brentano verspottet.« (S. 433). 296,9 zwagen] waschen, auch in dem von Brentano bearbeiteten Wh-Lied Der Staar und das Badwännelein (vgl. FBA 7, S. 277; FBA 9/2, S. 461). 296,15 Wildschur] Pelz. 296,17 Depositionsfeierlichkeit] »〈. . .〉 besonders im 17. Jhd. an den Universitäten übliche Studentenfeier, bei der die ,Füchse’ nach Ablauf eines Studienjahrs unter allerhand rohen sinnbildlichen Zeremonien ,deponiert’, d. h. ,enttölpelt’ wurden.« (Brentano, Werke 2, S. 1208).

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Kommentar

296,18 Weingeistfirniß auf Kreidegrund] Begriff aus der Ölmalerei: Der Kreidegrund wird auf die Leinwand zunächst aufgetragen, damit der Malgrund glatt und weiß ist. Der Firniß schließt das Gemälde schützend ab. 296,21–22 montire dich] statte dich aus 297,3–9 Er fand 〈. . .〉 angegeben] Brentano verarbeitet offenbar Eindrücke von der Frankfurter Messe. Bettine hatte Arnim am 22. April 1808 berichtet (Hs FDH 7422): Du willst von Meßrariteten erzehlt haben, zum Glück

hab ich gestern alle Merkwürdigkeiten gesehen 1stens 4 junge Hirsche die Kanonen und Pistolen mit dem Mund losschießen, die auf Befehl den Vorderlauf biegen, und so 4tel Stunden lang stehen bleiben pp. 2tens 4 Zwerge; 2 Manlein, und 2 Weiblein, die ihre Haußhaltung mit einander treiben, und eine Riesin zur Aufseherin haben 3tens eine Bande Springer, die sehr Stark ist, wobei ein kleines Mädgen, nicht grösser wie Franziska, das jüngste Kind von Tonie, von einem Mann bei den Füsen gehalten, bald wie ein Meerweibgen das Schwimt, den Leib hervorstreckt, dann wieder mit seinen Ärmchen in der Luft herumflattert wie ein Vogel; 4tens das so genante Unglückskind, ein Wilder ich weiß nicht woher, welcher Steine frißt, und lebendige Tauben, und viele Narben am Leib hat, von wilden Kazen und andern Thieren, die er gefangen, und lebendig gefressen hat; 5tens eine Dame. welche auf glühenden Eisen spazieren geht 6tens ein schöner Loewe, ein weiser Bär, ein Tieger, viele WaldTeufelgen pp. dies alles hab ich gestern Abend gesehen, hätte das Unglückskind mit den Wilden Thieren, deren Melancholisches Ansehen und Geheul ich wohl verstand, gar gern wieder in ihr Vaterland geschickt, und den 4 Hirschlein die Freiheit geschenkt. Brentano hätte auf der Durchreise in Frankfurt Ende April von diesen bedauernswerten Wesen erfahren können. 297,28–298,2 Die Welt 〈. . .〉 ess’.] Wohl eine freie Parodie auf das Lied von Ludwig Christoph Heinrich Hölty Üb immer Treu und Redlichkeit (vgl. Der Göttinger Hain, hg. v. Alfred Kelletat. Stuttgart 1967, S. 119–121). Höltys Strophen sind zwar Achtzeiler, doch wurden sie auf Mozarts Melodie Ein Mädchen oder Weibchen aus der Zauberflöte gesungen und so als Vierzeiler rezipiert. 298,9–11 Till Eulenspiegels 〈. . .〉 Prophetenbeeren] Im Volksbuch Till Eulenspiegel wird erzählt, wie Ulenspiegel die iuden zu Franckford an

dem Main betrog umb tusent gulden; er verkoufft in seins trecks für prophetenbeer. (vgl. Till Eulenspiegel. Abdruck der Ausgabe Straßburg 1515, hg. v. Hermann Knust. Halle/S. 1884, S. 53–55).

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Zu ZfE 22

298,21 Dongratuit] Frz.: Spende. 298,24–25 Krönungsochsen] In Frankfurt am Main wurde zu Kaiserkrönungen dem Volk ein Ochse geschlachtet und gebraten. Brentano spielt humorvoll auf diese Stadt an. 298,29 debauchirte er] verlockte er 298,35 Vivat, Creskat] Er lebe, er gedeihe!

ZfE25 308,24 eritis sicuti Deus u . s . w . e . g . S . V . ] »Ihr werdet sein wie Gott 〈und wissen, was gut und böse ist〉«, so spricht die Schlange bei der Versuchung im Paradies (1. Mose 3,5). Auch Mephisto gebraucht den Spruch in Faust I. (V. 2048); e . g . : exempli gratia (zum Beispiel); S . V .: Salva Venia (mit Verlaub). 309,19 Retirade] Rückzug. Der Schluß ist Brentanos Erfindung. 309,31–33 Schelmufski 〈. . .〉 indischen Ursprungs 〈. . .〉 einen blauen Montag] Görres und Creuzer versuchten, die antike Mythologie auf indischen Ursprung zurückzuführen. Darauf bezieht sich ironisch diese Bemerkung; ein ähnlicher Scherz im Wh (Bd. 2, vgl. FBA 7, S. 434; FBA 9,2, S. 667). Den blauen Montag – eigentlich der arbeitsfreie oder arbeitsreduzierte Tag der Handwerker – erwähnt Brentano auch in seinem Märchen vom Schneider Siebentodt auf einen Schlag (in den Mährchen vom Rhein, FBA 17, S. 567). In Arnims Werken erscheint der blaue Montag ebenfalls: in Halle und Jerusalem (SW 16, S. 254), in der Päpstin Johanna (Manuskript TF1, WAA XI/1, S. 279, Komm. WAA XI/2, S. 1059f.) und in dem Erzählfragment Das Städtchen Salamander (Werke 4, S. 423f.). Zu Schelmuffsky vgl. auch ZfE37, 454,26. 310,29 Waldeinsamkeit] Wortschöpfung Tiecks in dem Märchen Der blonde Eckbert (vgl. Arnims Titelentwürfe). 311,18–21 Da droben auf dem Hügel 〈. . .〉 springt.] Vgl. im Wh die Lieder Einsiedler (FBA 8, S. 26f.; FBA 9,3, S. 39–44) und Der verwandelte Einsiedler (FBA 8, S. 141f.; FBA 9/3, S. 258–260), die allerdings erst im Herbst 1808 erschienen. Brentano liebte dieses Lied besonders. Er fragte Kaspar Kohler am 3. Juni 1806 danach, als er ihm das Zirkular schickte, mit dem weitere Lieder gesammelt werden sollten (FBA 31, S. 544f.). Brentano hatte die Verse wohl schon 1802 von ihm in Jena gehört: Nun aber ist

unter allen meinen ehemaligen Freunden keiner einer so edlen liederischen Art als Sie lieber Kohler, und ohne ihre jezzige Lage zu kennen, scheint mir doch ihre ganze ehemalige Erscheinung zu sehr mit Volkspoesie und Sinn dafür gesättigt, als daß sie nicht noch Solches lieben und befördern sollten, wo sie könnten. Der einzelne Vers 1059

Kommentar

Da droben 〈. . .〉 springt ist schon wehrt, daß man sie auf dem Altar verehrt, oder vielmehr um die folgenden Verse anfleht, o lösen sie dieses schwere Rätsel, melden sie die folgenden Verse, wollen, müssen sie dieselben haben und sollten sie sie aus der Erde heraus graben. Jener Vers kömmt in einer sehr genialen dithyrambischen Abhandlung Arnims über Volks-Gesang, die jenem ersten Bande » ( D e s K n a b e n Wu n d e r h o r n « ) angehängt ist, vor. Der spätere Weimarische Hofrat Kohler war nach Brentanos Aussage in seinem Brief an Arnim vom 1. Juni 1806 (Auf einen Pfingsttag es geschach 〈. . .〉; FBA 31, S. 537; UB Heidelberg 2110,5, Bl. 116r–120v) eine Zeitlang selbst Bänkelsänger das Fragment vom Einsiedel Kutt in die Höh ist von ihm 〈. . .〉. Brentano erhielt damals wohl keine Antwort von Kohler. Arnim zitierte den Vierzeiler in seiner Abhandlung Von Volksliedern, die in Berlin im Januar 1805 entstand und zuerst gekürzt im Frühjahr in der von Reichardt hg. Berlinischen Musikalischen Zeitung erschien (vgl. FBA 9/1, S. 715), in einer kleinen Szene, die an die Rheinreise von 1802 mit Brentano erinnert (Wh I, FBA 6, S. 436f.; vgl. FBA 9/1, S. 729): Ganz be-

sonders ist es aber der Rhein, wenn sich die Winzer zur schönsten aller Ernten im alten Zauberschlosse der Gisella, Nachts versammeln, da flammt der Heerd, die Gesänge schallen, der Boden bebt vom Tanz: Da droben am Hügel 〈. . .〉 springt. Viele der Singweisen deuten auf einen untergegangenen Tanz, wie die Trümmer des Schlosses auf eine Zauberformel deuten, die einmal hervortreten wird, wenn sie getroffen und gelöst. Durch die lustige Schaar der Winzer zieht dann wohl ein Frankfurter mit der Guitarre, sie sammeln sich um ihn, sie staunen dem König von Tule, der Becher stürzt in den Rhein, der Ernst ihres Lebens wird ihnen klar, wie wir klar sehen in wunderbaren Gedanken durch dunkle Nacht. Brentano schlug während der Planungsphase den tanzenden Einsiedel als Vignette für die ZfE vor (Kassel, kurz nach dem 1. März 1808: Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; vgl. das Kap. Entstehung). – Dem Klassizisten Voß war diese Figur ein besonderes Ärgerniß. Er tadelte in seiner Wh-Rezension im Morgenblatt (25./26. November 1808; vgl. FBA 9/3, S. 668): Ein solches Singen und Springen der schnackischen Kreuzträger gegen die Griechen und Heiden ihrer zerrütteten Fantasie, erinnert es nicht an das wütige Kauderwelsch jenes, Gottlob! seinen Rausch nun ausschlafenden E i n s i e d l e r s ?*) von welchem das Wu n d e r h o r n selbst sich treuherzig vernehmen läßt: Dort oben auf dem Hügel 〈. . .〉. Auf diesen Bruder Einsiedel ward schon im ersten Bande des Wu n d e r h o r n s S. 458 die 1060

Zu ZfE 22

Neugierde gespannt. Hier S. 24 des dritten Bandes erscheint er in seiner ganzen unflätigen Versoffenheit. (Anmerkung:) * D i e E i n s i e d l e r z e i t u n g , die ihre Laufbahn vom ersten April bis zum Ende des Jahrs zu durchwallen nicht vermochte, ist als Fragment in einem neuen Umschlage mit dem Titel Tr ö s t - E i n s a m k e i t zu haben. Arnim nimmt die Eingangsstrophe 1820 auch in die Erzählung Owen Tudor auf; vgl. Werke IV, S. 170, Kommentar S. 1082f. 311,29 im 24 Guldenfuß] »ein Münzfuß, nach welchem aus einem Pfund Feinsilber vierundzwanzig Gulden geschlagen wurden« (Brentano, Werke 2, S. 1208). 311,32 Animalia scribacia] Die schreibwütigen Tiere. 312,18–19 Bart mit einer eisernen Stirn] Bezug auf Kotzebues Pamphlet

Doctor Bahrdt mit der eisernen Stirn, oder Die deutsche Union gegen Zimmermann. Ein Schauspiel in vier Aufzügen, von Freyherrn von Knigge (Dorpat 1790). Kotzebue hatte diese Satire auf den Arzt Zimmermann unter falschem Namen publiziert, was allgemein Empörung auslöste. Vgl. Koeman, S. 383.

Abbildungen

ZfE22 281 Radierung der erste Bärnhäuter] Die Radierung wurde von Grimm nach der Vorlage bei Grimmelshausen hergestellt. Diesem lag ein Bild aus dem Kartenspiel von Jost Ammann (Bl. 50) zugrunde. Vgl. Breuer, Beernhäuter, S. 941; Kaminski 2009, S. 98–101. Kaminski meint, Ludwig Emil Grimm kassiere den »Abbildcharakter«, nämlich das Wort Bildnus des Originalstichs. Das stimmt für Grimm, aber nicht für Brentano, der unter seinem Haupttitel auf die Abbildung des Bärnhäuters hinweist (271,5).

ZfE25 313 Radierung Die ThierGeselschaft führt den Bärnhäuter in Versuchung] Die Radierung stammt ebenfalls von Ludwig Emil Grimm, sie wurde unter Brentanos Änderungsvorschlägen nach einem Stich gemacht, den Arnim Brentano aus seiner großen Sammlung von Stichen zugesandt hatte. Brentanos erste Skizze dazu wich stärker davon ab; vgl. Entstehung. Als Bildvorlage ist unten links angegeben: Beschey pinx. Damit könnte zwar Balthasar Beschey (1708–1776) oder ein anderer Maler dieser Antwerpener Familie gemeint sein, doch pflegten diese Barockmaler einen völlig anderen Stil. So ist Koemans Annahme wahrscheinlich, daß ein Stich nach einem

1061

Kommentar

Triptychon von Hieronymus Bosch (um 1450 – 1516) zugrundelag, auf der die »Versuchung des heiligen Antonius« (Museu Nacional de Arte Antiga, Lissabon) dargestellt ist. Er weist die Ähnlichkeit einzelner Figuren nach (Antonius – Einsiedler; Priesterin – Eudoxia mit Kelch; Messer am Gürtel eines Lautenspielers – der Hunde; Trompetenschnabel – trompetenspielender Hund; Weinkannen; kalbsköpfiger Magier – Rinderschädel; Zauberbücher für die Teufelsmesse – drei Bücher am Boden; Trichter auf dem Kopfe eines Fanatikers – des Hundes; monströse Kompositwesen im Hintergrund; sitzende Hunde mit umhülltem Kopf; Pferdeschädel – Rinderschädel mit Mantel; vorlesender Prälat – zeitunglesender Hund; Frösche u. a.; Koeman, S. 444–446). Der Frosch links liest die Zeitung Breit〈er〉 Gäns〈e〉 F〈uß〉, eine Parodie des Morgenblatts. Daß es sich dabei um No 61 handelt, ist kein Zufall. Diese Nummer des Morgenblatts (vom 11. März 1808) hatte eine Kritik an Görres’ Vorlesungen in Heidelberg gebracht, auf die dieser auf dem Mai-Umschlag der ZfE satirisch antwortete. Bei den drei Büchern am Boden handelt es sich um Plinius, den Brentano im Motto von ZfE25 zitiert. Ferner liegt (auf dem Kopf) ein Buch, bei dem Der im Grabe sich umdrehend〈e〉 Liscov zu lesen ist, eine Anspielung auf den Satiriker Christian Ludwig Liscow (1701–1760. Brentano kannte vermutlich die Werkausgabe: Christian Ludwig Liscov’s Schriften. Herausgegeben von Carl Müchler, 3 Bde. Berlin: In der Himburgschen Buchhandlung 1806). Liscow pflegte die zu seiner Zeit verpönte Personalsatire und entfachte u. a. eine Literaturfehde mit dem damals erfolgreichen Schriftsteller und Hallenser Professor Johann Ernst Philippi. Als Aufklärer kämpfte er für das Recht auf Kritik und Diskussion im öffentlichen Raum. (Vgl. Uwe Hentschel, Christian Ludwig Liscow und die Satire in der sich entwickelnden bürgerlichen Öffentlichkeit des frühen 18. Jahrhunderts. In: Lessing Yearbook/ Jahrbuch Bd. 36, 2004/05 (2006), S. 109–133). Das dritte Büchlein ist beschriftet: Gernwitziger Kernwitz, womit die satirische Anzeige im Morgenblatt zitiert wird. Dort stand am 7. März 1808 (Nr. 57, S. 228, unter Notizen von Friedrich Haug) zu lesen: Eine G e s e l l s c h a f t

(von z w e y Personen, wie Fama raunt) ist Willens, eine wunderliche Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r herauszugeben. Sie beginnt (sehr ominös!) mit dem 1. April. Von dem (nicht K e r n - sondern) G e r n witze, der in der Ankündigung übersprudelt, nur ein Pröbchen: 〈. . .〉 Sind L i s k o v und L i c h t e n b e r g wieder auferstanden? Kein Mirakel, wenn beyde sich wenigstens in ihrem Grab umwälzen. Vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt. Brentanos Karikatur wurde unter seiner Anweisung entsprechend der letzten Szene (311,26–312,4) umgearbeitet, bzw. diese wurde passend dazu

1062

Zu ZfE 22

formuliert. Eudoxia Rinbeckia, die frühere Braut und eigentlich die Schwester des Bärnhäuters, will ihn verlocken, in das väterliche Haus zurückzukehren, d. h. sich dem Klassizismus unter Cotta und Voß wieder zuzuwenden, doch dieser widerstrebt. Die Tiergesellschaft, die bei dem Bärnhäuter früher literarisch gebildet und zum Rezensieren ausgebildet worden war (286,17–33), schreibt inzwischen für Cottas Zeitschrift, den süßen breiten Gänsefuß (311,28f.). Auf der Zeichnung liest ein Hund oder Wolf daraus vor, dessen Oberkörper in eine Toga gehüllt ist, was auf den die Antike bewundernden Voß hindeutet. Voß war auch in der Erzählung als Wolf charakterisiert worden, der mit Cotta Geschäfte hatte (294,29). Auch Eudoxia Rinbeckia ist als Anhängerin der Zeitung dadurch charakterisiert, daß sie einen Gänsefuß hat und auch eine entsprechende Kette trägt. Vor ihr sitzt ein aufgeblaser Frosch, der den Einsiedler am Mantel zu sich ziehen will. Vor ihm liegen die drei erwähnten Bücher. Koeman deutet ihn daher als Cotta (S. 441f.) Der rechts liegende Rinderschädel, dessen Körper durch einen Umhang verhüllt ist, kann als Reinbeck gedeutet werden, den Görres auch in Des Dichters Krönung als Rindbock bezeichnet. In der über ihm trompetenden Figur mit Hundekopf erkennt Koeman Merkel (S. 441). Die entsprechende Figur in seiner Skizze hatte Brentano allerdings als Kunstpfeifer Cotala bezeichnet (an Arnim, 15. März 1808: Ist es weil du lange 〈. . .〉; FBA 32, S. 52). Koeman wies auf die Namensähnlichkeit mit Cotta hin (S. 440), der die anderen nach seiner Pfeife tanzen läßt. Literatur: Vgl. Preitz III, S. 319–350, Kommentar S. 505–509. Koeman. FBA 21/1.

279,16–280,25

Die Meerfrau 〈. . .〉 Wilhelm Grimm] Entstehung und Quelle

Zu Wilhelm Grimms Übersetzung der altdänischen Lieder vgl. den Kommentar zu ZfE6. Q: Danske Viser, S. 207–209. »Königin Dagmar erfährt von einer Meerfrau, daß sie im Kindbett sterben wird.« Der Titel wird von Grimm verkürzt, vor allem wird der Name der Königin weggelassen. Syv führt in seiner Vorbemerkung aus, daß man im allgemeinen sagt, Märchen seien Lügen und Balladen Wahrheit, aber die dänischen Dichter hätten von der Freiheit Gebrauch gemacht, daß Dichtung Dichtung ist und nicht mehr. Verglichen mit Nyerup 1812, S. 83–86.

1063

Kommentar

XXIV. Dronning Dagmar spaaes af en Haffrue, at huu skal døe udi Barnfødsel. Dan Konning han lader en Haffru gribe, den Haffru dantzer paa Tilie: Og den lader han i Taarnet knibe, for hun ikke fremmet hans Villie. 2. Dronningen heeder paa Svenne to, den Haffru dantzer paa Tilie; J bede den Haffru for mig indgaa, for hun skal fremme min Villie. 3. Ind kom Haffruen og stedes for Bord, den Haffru dantzer paa Tilie: Hvad ville J Dronning, hvi sende J mig Ord, Jeg kand ikke fremme eders Villie. 4. Dronningen klapper paa Hiundet blaa, den Haffru dantzer paa Tilie: Du sidde Haffru og hvile her paa, thi du skalt fremme min Villie. 5. Ville J saa forraade mit unge Liv, den Haffru dantzer paa Tilie: Her ligger under den hvasse Kniv, hure skulde jeg fremme eders Villie. 6. Veedst du det, saa veest du meer, den Haffru dantzer paa Tilie: Du sige mig af mine Skiebne fleere, saa kand du fremme din Villie. 7. Veed jeg din Skeben, Jeg siger dig den, den Haffru dantzer paa Tilie: Du lader mig vist paa Jlden brende, thi fremmer jeg ikke din Villie 8. Du føder Sønner saa bolde tre, den Haffru dantzer paa Tilie: Dit unge Liv forspilde de, saa fremmer jeg nu din Villie. 9. Skal det mig for dennem ikke bedre gaa, den Haffru dantzer paa Tilie: Siig mig hvad Skæbne skulle de faae, saa kand du fremme min Villie. 10. Den eene skal Konning i Danmark være, den Haffru dantzer paa Tilie; Den anden skal Cronen af røde Guld bære, saa kand jeg fremme din Villie. 11. Den tredie skal være saa viis en Mand, den Haffru dantzer paa Tilie: Dit unge Liv lader du for hannem, nu haver jeg fremmet din Villie. 12. Dronningen svøber sit Hovet udi Skind, den Haffru dantzer paa Tilie: Hun gik i Loftet for Kongen ind, thi hun havde fremmet hendes Villie. 13. Høre J allerkiæriste Herre min, den Haffru dantzer paa Tilie: I give mig denne Haffru fiin, for hun haver fremmet min Villie. 14. Jeg giver ikke den Haffru Liv, den Haffru dantzer paa Tilie; Thi hun forraade mine Sneker siu, da fremmet hun ikke min Villie. 1064

Zu ZfE 22

15. Dronningen sortnet som en Jord, den Haffru dantzer paa Tilie: Hun daanet all død for Kongens Bord, for hun fremmet hendes Villie. 16. Min kiere, J tager det ikke saa nær, den Haffru dantzer paa Tilie; Følger hende til Strande med alle dine Møer, men hun haver fremmet eders Villie. 17. Hun klædde den Haffru i Skarlagen røed, den Haffru dantzer paa Tilie; For hun havde spaad hende sin egen Død, saa fremmet hun hendes Villie. 18. Dronningen taler til alle sine Møer, den Haffru dantzer paa Tilie; J følge denne Haffru ud til Søe, thi hun haver fremmet min Villie. 19. Den Haffru sættes paa Bølgen hin blaa, den Haffru dantzer paa Tilie; Dronningen græd og ingen der lo, saa havde hun fremmet hendes Villie. 20. J tør ikke græde, græd ikke for mig, den Haffru dantzer paa Tilie; Himmeriges Dør staar aaben for dig. Nu haver jeg fremmet din Villie. 21. J Himmerig skal du bygge og boe, den Haffru dantzer paa Tilie; Der fanger du først baade Hvile og Roe. Nu haver jeg fremmet din Villie. Nyerup druckt zu dieser Ballade eine Melodie ab (Udvalgte

Danske Viser fra Middelalderen; efter A. S. Vedels og P. Syvs trykte Udgaver og efter haandskrevne Samlinger udgivne paa ny af Nyerup og Rahbek. Bd. 5. Kopenhagen: J. F. Schultz 1814, Nr. 69). Levin Christian Friedrich Sander übersetzte das Lied (mit anderen) erneut, um es der alten Melodie besser anzupassen (Auswahl altdänischer Heldenlieder und Balladen mit

durchgängiger Rücksicht auf die Musik metrisch übersetzt von L. C. Sander, Versuch und Probe. Kopenhagen: Gerhard Bonnier 1816 〈Taschenbuch für Freunde altnordischer Musik und Poesie 1816〉, S. 86– 91).

Varianten In seiner späteren Übersetzung weicht Grimm von der früheren ab, vor allem übersetzt er auch den kunstvoll variierten Refrain. (Dieser beeinflußte vermutlich Arnim bei seinem Gedicht Nicht um die Lust, nicht um das Gold; Ricklefs Lyr.-Reg. 1145; Hs. GSA; vgl. Werke V, S. 274–276 u. Rez. Renate Moering. In: Wirkendes Wort 45. Jg. 1995, H. 3, S. 464–475, Druckfehlerkorrekturen S. 473.)

1065

Kommentar

Altdänische Heldenlieder, S. 344–346: Prophezeiung des Schicksals. Der König eine Meerfrau greifen läßt, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Und setzet in den Thurm sie fest, Weil sie nicht that seinen Willen. Die Königin ruft zwei Diener zu sich; Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Heißet die Meerfrau einzugehen vor mich: Denn sie soll thun meinen Willen. Die Meerfrau kam und stand vor ihr: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! »Was wollt Ihr, Kön’gin, dieweil Ihr rufet mir: Ich kann nicht thun Euern Willen.« Die Königin streicht über’s Kißen blau: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Setz dich, Meerfrau, und ruhe darauf: Denn du sollst thun meinen Willen. »Wollt Ihr so verrathen das junge Leben mein? Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Hier unten liegt scharf ein Meßerlein: Wie kann ich thun Euern Willen?« Und weißt du das, auch mehr du weißt: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Sag mir von meinem Schicksal das meist: So kannst du thun meinen Willen. »Weiß ich dein Schicksal und sag es dir, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Du läßt mich im Feuer verbrennen hier: Drum thu ich nicht deinen Willen.« »Du bringst zur Welt drei Söhne kühn: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! 1066

Zu ZfE 22

Dein junges Leben verderben sie: So thu ich deinen Willen.« Soll mirs um sie nicht beßer ergahn: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Sag mir, welch Schicksal werden sie fahn? So kannst du thun meinen Willen. »Der eine wird König von Dänemark seyn, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Der andre tragen die Goldkrone fein: So kann ich thun deinen Willen.« »Der dritte wird werden so weis ein Mann; Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Für ihn mußt du dein junges Leben lan: Nun hab ich gethan deinen Willen.« Die Königin zog über ihr Haupt das Kleid, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Sie ging in den Saal vor dem König ein: Denn sie hat gethan ihren Willen. Hört, allerliebster Herre mein: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Gebt mir doch diese Meerfrau fein: Weil sie gethan meinen Willen. »Dieser Meerfrau Leib nicht geb ich dir, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Sie verräth meine sieben Schifflein mir:« Da thut sie nicht meinen Willen. Wie die Erde wird schwarz die Königin, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Sie fällt wie todt vor den König hin: Weil sie thut seinen Willen. »Meine Liebste, nehmts zu Herzen Euch nicht so sehr, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Folgt ihr mit allen Jungfraun zum Strand am Meer.« Aber sie hat gethan Euern Willen. 1067

Kommentar

Sie kleidet die Meerfrau in Scharlach roth, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Weil sie geweißagt ihr den Tod: So thut sie ihren Willen. All ihren Jungfrau’n sagt die Königin: Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Zur See folgt Ihr der Meerfrau hin: Denn sie hat gethan meinen Willen. Auf blaue Wellen die Meerfrau gesetzet ward; Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Die Königin weint, gar niemand lacht: So hat sie gethan ihren Willen. »Ihr dürft nicht weinen, weint nicht vor mir, Die Meerfrau tanzet auf der Flur; Des Himmelreichs Thür steht offen vor dir: Nun hab ich gethan deinen Willen.« Im Himmelreich sollst du bauen und leben, Die Meerfrau tanzet auf der Flur! Da wird dir erst Stille und Ruhe gegeben: Nun hab ich gethan deinen Willen. Inhaltlich gibt es nur wenige Abweichungen: 280,6 König] König Waldemar Sander 280,10 verräth] zerschlug Sander 280,16 Weil sie] Wiewohl Sander Im Refrain übersetzt Sander auf der Flur mit

fangen. Druckfehler 279,30 hier.] hier.« 279,32 dahin.«] dahin 280,2 fein.] fein.« 280,4 lan.«] lan.

1068

unbekümmert oder unbe-

Zu ZfE 22

Erläuterungen Königin Dagmar, Gattin Waldemars II. von Dänemark (1202–1241), der durch seine Flotte Eroberungen bis nach Estland machte, ist die Heldin vieler Balladen, in denen Geschichte und Sage vermischt werden. Vgl. Talvj (d. i. Therese Albertine Luise von Jakob, verh. Robinson), Versuch einer geschichtlichen Charakteristik der Volkslieder germanischer Nationen 〈. . .〉. Leipzig 1840; Käthe Mertens, Die Entwicklung der englischen und schottischen Volksballaden im Verhältnis zu den dänischen Folkeviser. Diss. Halle/S. 1925.

1069

Kommentar

ZfE 23 18. Juny: Redaktion Obwohl Brentano die Redaktion dieser Nummer besorgte, war sie doch von Arnim vorbereitet worden.

Wer bist du, armer Mann? Der Himmel ist mein Hut 〈. . .〉 Wunderhorn] 282,3–8

Entstehung Das Gedicht, das seiner Herkunft nach keineswegs ein Kinderlied ist, steht hier im Erstdruck, denn der dritte Band des Wh mit den Kinderliedern war zwar damals schon im Druck, erschien aber erst Ende September 1808 ebenfalls bei Mohr und Zimmer in Heidelberg (zusammengebunden mit Bd. 3, Kinderlieder, S. 93. Vgl. FBA 8, S. 330; FBA 9/3, S. 617–620; Arnim schickte die Wh-Bände 2 und 3 am 26. September an die Brüder Grimm; vgl. Steig 1904, S. 15). Der Spruch beruht auf einer Aufzeichnung Jacob Grimms; vgl. FBA 9/3, S. 617; Wiegen- und Kinderlieder, gesammelt durch die Brüder Grimm, hg. u. kommentiert v. Heinz Rölleke. Weimar 1999, S. 143. Der Titel stammt von Clemens Brentano, der den Spruch damit als »Selbsttrost eines Armen« auffaßt, »der sich mit dieser Haltung 〈. . .〉 als Bettler sympathisch geben will.« (Heinz Rölleke, Der Himmel als Dach, Decke oder Hut. Zu einem literarischen Topos. In: Wirkendes Wort 3, 2000, S. 330.) 282,10–287,24 22. 288,1–291,6

Geschichte des ersten Bärnhäuters 〈. . .〉 den –.] Vgl. ZfE

Das Lied von der Frau Grimhild 〈. . .〉 Wilhelm Grimm

〈. . .〉 Todeswund.]

1070

Zu ZfE 23

Entstehung und Quelle Vgl. Kommentar zu ZfE6. Die Danske Viser bringen drei Lieder von Grimild und ihren Brüdern, die dasselbe Geschehen jeweils lückenhaft besingen und erst gemeinsam den Sinn erkennen lassen. In einer Einleitung gibt Vedel einen erläuternden Auszug der Sage nach Tycho Brahe, die in der Übersetzung Friedrich Heinrich von der Hagens hier zum Verständnis zitiert sei (Lie-

der aus dem Altdänischen, zu den Sagen des Heldenbuchs und der Nibelungen gehörig. In: Pantheon. Eine Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst. Hg. v. Johann Gustav Büsching und Karl Ludwig Kannegießer. 2. Bd. 1810, S. 152f.): Auf Hven 〈. . .〉 wohnte Grimild und lud, nach dem Tode ihres Gemahls Sigfred Horn, ihre Brüder Hogen und Folqvard zu sich, um sie zu tödten. Folqvard hatte alle Kämpfer erschlagen, die Grimild ihm entgegengestellt, damit Hogen auf Nörborg von den übrigen erschlagen würde: dies betrübte ihn so sehr, daß er ein Horn voll Blut der Erschlagenen austrank und also todt niederfiel. Grimild eilte nun nach Nörborg, und als sie sahe, daß Hogen hier die Oberhand hatte, machte sie mit ihm den Vertrag, daß, wenn er einmal zur Erden gefällt würde, er nicht wieder aufstehen, sondern sich wehren sollte. Darauf ließ sie nasse Häute mit Erbsen bestreut in der Pforte legen und drei Kämpfer griffen ihn zugleich an, brachten ihn auf die Knie nieder und verwundeten ihn tödtlich. Doch erschlug er sie auch, und erzeugte noch vor seinem Tode mit einer Jungfrau Hvenild einen Sohn, mit Grimilds Verwilligung, damit das edle Heldengeschlecht nicht ganz unterginge. Dieser, Namens Rancke, rächte seinen Vater und Oheim 〈. . .〉. Grimm folgt in seiner Buchedition der Anordnung der Danske Viser. In der ZfE druckt er nur das erste Lied ab, das er um den Schluß kürzt. Danske Viser, S. 51–55; verglichen mit Nyerup 1812, S. 109– 116.

VII. Den første Vise om Frue Grimild og Helt Hogen. Det var stolte Frue Grimild, hun lader Miøden blande: hun biuder til sig de raske Ridder af alle fremmede Lande. 2. Hun bad dem komme og ikke dvele, til Orlog og til Kriig: Det var Hellede Hogen, forloed sit unge Liv. 3. Det var Hellede Hogen, han gaaer ud ved Strand: Fandt han da den Ferge Karl, alt paa den hvide Sand. 4. Hør du goden Ferge Karl, du før mig over Sund, jeg giver dig min gode Guldring, han veyer vel femten Pund. 1071

Kommentar

5. Jeg fører dig ikke over Sund, alt for dit Guld saa rød: Kommer du til Hvenilds Land, da bliver du slagen til Død. 6. Det var Hellede Hogen, han sit Sverd uddrog: Det var den uselige Fergemand, han Hofvedet afhug. 7. Han strøg Guldringen af sin Arm, han gav den Ferge Karls Vif: Det skalt du have til Venne-Gave, for Fergemands unge Liv. 8. Det var Hellede Hogen, vanker ud med den Strand; Fandt han paa den Haf-Frue, som hviltes paa hviden Sand. 9. Hel dig, hel dig, kiære Haf-Frue, du est en konstig Viv: Kommer jeg til Hvenilds Land, kand jeg beholde mit Liv. 10. Borge haver du bolde, og meget Guld saa rød: Kommer du til Hvenøe Land, der bliver du slagen død. 11. Det var Hellede Hogen, som snart sit Sverd uddrog: Det var den uselige Haf-Frue, han hende Hofvedet frahug. 12. Saa tog han det blodige Hofvet, kaste det ud for Sund: Skød han Kroppen efter, de samledes baade paa Bund. 13. Her Grimmer og Herr Germer, de skøde den Snekke fra Land: Vred saa var dem Vejret og sterk saa var dem Vand. 14. Vred saa var dem Vejret, og sterk saa var dem Vand: Sønder da gik goden Jern-Ahre, udi Hellede Hogens Haand. 15. Sønder gik sterken Jerne-Ahre i Hellede Hogens Haand; Med to forgyldte Skiolde styrer de Herrer sig til Land. 16. Der de nu komme til Lande, der skiuret de deres Sverd: Der stod saa stold en Jomfrue, hun saa alt paa deres Ferd. 17. Hun var smal i Midie, til Maade var hun lang: Kort var hun i Live, hun prøvet en Jomfrue Gang. 18. De gaae dem til Nørborg, som Porten var vaan at staae: Hvor ere nu den Portener, som her skulle vare paa. 19. Her da er den Portener, som ligger til Vegt og Vern; Vidste jeg hveden J komne 〈Nyerup: kommet〉 vare, eders Bud bar jeg saa gierne. 20. Hid saa ere vi kommen, af trinde Tylte Land: Frue Grimild ere vor Søster, og nu siger jeg dig sand. 21. Jnd da kom den Portener, og stedes han for Bord: Han var snild i Tunge, han kunde vel føye sine Ord. 22. Han var snild i Tunge, han kunde vel føye sine Ord: Her holder uden fore vor Port, to saa Velbyrdige Mænd. 23. Her holder uden for vor Port, to saa Velbyrdige Mænd: Den eene han fører en Fedel, den anden en fokgyldte Hielm. 1072

Zu ZfE 23

24. Han fører ingen Fedel for nogen Herre Løn: Hveden de ere kommen, de ere to Hertuge Børn. 25. Det var stolte Frue Grimild, hun svøber sit Hofvet i Skind: Saa gaar hun i Borggaard, hun biuder sine Brødre ind. 26. Ville J gaae i Stuen, og drikke Miød og Viin, En Silke-Seng om J vil sove, og tvende Jomfruer mine. 27. Det var stolt Frue Grimild, svøber sit Hofvet i Skind: Saa gaaer hun i Steen-Stuen for alle sine Kiæmper ind. 28. Her sidde J alle mine Mænd, drikke baade Miød og Viin: Hvo vil Helled Hogen slaae, all kierste Broder min. 29. Hvo denne Priis vil forhverve, slaa Helled Hogen til Død; Han skal raade for mine Borge, og drage mit Guld saa rød. 30. Til da svaret en Kiæmpe, en Høfding for et Land: Den Priis vil jeg indlegge, forvist med denne fri Haand. 31. Den Priis vil jeg forhverve, slaa Helled Hogen til Døde; Saa skal jeg raade for dine Borge, og for dit Guld saa røde. 32. Der til svaret Folqvar Spillemand, med sin store Jernstang; Alt skal jeg dig merke, førend du kommer her frem. 33. Han slog af det første Slag, Femten Kiæmper de laae: Ha ha Folqvard Spillemand, hvor rører du din Fedelbue. 34. Saa slog han de Kiæmper, han giorde der af en Broe: Og den var Baade bred og lang, han giorde dem stoer U-roe. 35. For oven vare de Huder, For neden Erter smaa: Det volte Helled Hogen, han faldt der først vaa. 36. Det var Helled Hogen, han vilde igien opstaa: Holt du nu kiere Broder, du veedst hvad Sag der var. 37. Holt nu allerkiereste Broder min, du holdt saa vel din Tro: Det første du monne til Jorden falde, du vilde ret aldrig opstaae. 38. Saa trøst var Helled Hogen, han vilde ey rygge sine Ord: han stod paa baade sine Knæ, der han fik Bane-Saar. Es folgen noch fünf Strophen.

Varianten Das Lied druckte Wilhelm Grimm auch ab in seiner Abhandlung Über die Entstehung der altdeutschen Poesie und ihr Verhältnis zu der nordischen, in: Studien, hg. v. Carl Daub u. Friedrich Creuzer. Bd. IV. Heidelberg, 1808. Die Abhandlung wurde für die ZfE begonnen und dann separat gedruckt. Die Übersetzung weicht in einzelnen Wendungen von beiden an-

1073

Kommentar

deren Fassungen ab; hier die Varianten gegenüber der ZfE (ausgenommen Orthographie und Interpunktion): 288,1 Das Lied von der Frau Grimhild.] Das erste Lied von Frau

Chriemhild und dem Held Hagen. 288,4–5 Griemhild 〈. . .〉 Wein] Chriemhild, die liess mischen den Meth zur Hand: 288,6 Sie 〈. . .〉 ein.] sie entbot zu sich die raschen Ritter aus allem fremden Land. 288,13 der 〈. . .〉 fünfzehn] er wieget wol funfzehn 288,15 Hunnilds] Huenilds 288,18 zog] streift 288,20 wandelt] gieng 288,23 Hunnilds] Hvenilds 288,24 mächtig] mächtig und schön 288,25 Hunno’s] Huenos 289,4 beydes einigt Meeres Grund] da sammelt sich beides im Grund 289,5–6 Gernot 〈. . .〉 Land] Germer trieben das Schifflein vom Lande mit Muth 289,13 ihrer] der 289,14 von Art war sie lang] nach rechtem Masse lang 289,15 jungfräulichen Gang] Jungfrauengang 289,16 und kommen vor] wo pflegte zu stehen 289,17 nun] denn nun 289,20 kommen 〈. . .〉 Land] gekommen, wol über drei Acker Land 289,21 Griemhild] Chriemhild; das sey] sei 289,22 kam] kam da 289,23 Sprechen] Reden 289,24 Sprechen] Reden 289,25 edle] vollbürtige 289,26 edle] vollbürtige 290,1 leeren] Herren 290,3–4 Griemhild 〈. . .〉 ein] Chriemhild, sie wickelt ihr Haupt in das Kleid 290,5 nach 〈. . .〉 ein] in den Burghof und lädt ihre Brüder herein 290,8 Griemhild 〈. . .〉 ein] Chriemhild, sie wickelt ihr Haupt in das Kleid 290,9 all] allen 290,10 sitzet] sitzt 1074

Zu ZfE 23

290,11 290,13 290,15 290,17 290,18

bestehn] bestehen roth] so roth vereinen gewißlich] gewisslich vereinen So will ich herrschen] so herrsch’ ich Da 〈. . .〉 Eisenstange:] Dazu sprach Folquar Spielemann, mit seiner starken Eisenstange 290,20 wohl auf] auf 290,22 Volker] Folquard 290,26: das machte, dass Held Hagen der allererst fiel hin 291,1 aufstehn] aufstehen 291,2 Halt nun dein Wort] Halt du nun 291,3 allerliebster Bruder] du allerliebster Bruder 291,4 wollst] wollest 291,5 wollt] wollte Für die Altdänischen Heldenlieder (vgl. ZfE6) wurde das Lied noch einmal von Wilhelm Grimm sprachlich überarbeitet, zumal inzwischen von der Hagens Übersetzung (s. u.) erschienen war (Altdänische Heldenlieder, S. 3–6):

Das Lied von der Frau Grimild und ihren Brüdern. 1. Das war die stolze Frau Grimild, die ließ den Meth bereiten, Sie entbot zu sich die raschen Ritter aus allen Landen fremden und weiten. Sie entbot sie, zu kommen ohn Weilen zum Kampf und auch zum Streit: Das war der Held Hogen, der verlor seinen jungen Leib. Das war der Held Hogen, der ging aus zum Strand, Fand da den Fährmann wohl an dem weißen Sand. Hör du, guter Fährmann, fahr du mich über den Sund: Ich geb dir meinen guten Goldring, der wieget wohl funfzehn Pfund. »Ich fahre dich nicht übern Sund all für dein Gold so roth: Kommst du in Hvenilds Land, da wirst du geschlagen zu todt.«

1075

Kommentar

Das war der Held Hogen, der sein Schwert auszog, Das war der unselige Fährmann, dem er das Haupt abschlug. Er streifte den Goldring von seinem Arm, er gab ihn Fährmanns Weib: Das sollst du haben zur Liebes Gabe für Fährmanns jungen Leib. Das war der Held Hogen, der ging auf und ab an dem Strand’, Fand da eine Meerfraue, die ruht’ auf dem weißen Sand. Heil dir! Heil dir! liebe Meerfrau, du bist ein künstlich Weib: Komm ich in Hvenilds Land, kann ich behalten meinen Leib? »Burgen hast du starke, auch vieles Gold so roth: Kommst du auf Hven das Eiland, da wirst du geschlagen zu todt.« Das war der Held Hogen, der schnell sein Schwert auszog, Das war die unselige Meerfrau, der er das Haupt abschlug. So faßt’ er das blutige Haupt, warf es hinaus in den Sund, Schleudert’ den Leib darnach: da sammelte sich beides im Grund. Herr Grimmer und Herr Germer trieben das Schifflein vom Lande mit Muth: Zornig war ihnen das Wetter, und stark des Meeres Fluht. Zornig war ihnen das Wetter, und stark des Meeres Fluht: Entzwei da ging in des Held Hogen Hand das eiserne Ruder gut. Entzwei ging das eiserne Ruder stark in des Held Hogen Hand: Mit zwei vergoldeten Schilden steuerten sich die Herren ans Land. Da sie nun kamen zum Lande, da schliffen sie ab ihre Schwert: Da stand so stolz eine Jungfrau, die sah sie auf ihrer Fahrt. Sie war schmal in der Mitte, nach rechtem Maaße lang, Kurz war sie am Leibe: sie übt’ einen Jungfrauen Gang. Sie gehen hin zu der Nordburg, wo pflegte der Pförtner zu stehen: Wo ist nun der Pförtner, der sollte hier warten und gehen? »Hier da ist der Pförtener, der liegt zum Schutz und Schirm: Wüßt ich, woher ihr kommen wärt, Eure Botschaft trüg ich gern.« 1076

Zu ZfE 23

Hierher sind wir gekommen über drei Acker Land: Frau Grimild ist unsre Schwester: das sey dir in Wahrheit bekannt. Hinein da ging der Pförtner, stellte sich vor die Tafel sofort: Er war klug im Reden, konnte fügen viel gut seine Wort. Er war klug im Reden, konnte fügen viel gut seine Wort: »Da halten zwei so wohlgeborne Mann außen vor der Pfort.« »Da halten zwei so wohlgeborne Mann außen vor der Pfort: Der eine führt eine Fiedel, der ander’ einen vergoldeten Helm.« »Er führet nicht die Fiedel irgend für Herren Lohn: Von wannen die sind kommen, da sind sie zwei Herzogen Söhn’.« Das war die stolze Frau Grimild, die wickelt’ ihr Haupt in das Kleid, So ging sie in den Burghof, und lud ihre Brüder herein. »Wollt Ihr gehen in die Stube, und trinken Meth und Wein? Ein Seidenbett, wann ihr wollt schlafen, und zwei Jungfrauen mein?« Das war die stolze Frau Grimild, die wickelt’ ihr Haupt in das Kleid, So ging sie in die Steinstube vor all ihren Kämpfern ein. »Hier sitzet Ihr, all’ meine Mann, trinkt beides Meth und Wein: Wer will Held Hogen erschlagen, allerliebsten Bruder mein?« »Wer diesen Preis will erwerben, der schlag Held Hogen zu todt; Er soll herrschen in meinen Burgen, und gewinnen mein Gold so roth.« Darauf antwortet’ ein Kämpfer, ein Vogt wohl über das Land: Den Preis will ich erwerben fürwahr mit dieser freien Hand. Den Preis will ich erwerben, ich schlag Held Hogen zu todt; So herrsch ich über deine Burgen und über dein Gold so roth. Dazu sprach Folqvard Spielemann, mit seiner großen Eisenstange: Ich will dich schon zeichnen, eh du hervor gegangen. Er schlug damit den ersten Schlag: fünfzehn Kämpfer da lagen; »Hei! hei! Folqvard Spielemann, wie rührst du den Fiedelbogen!« 1077

Kommentar

So schlug er die Kämpfer, eine Brücke daraus er macht’, Und die war beides breit und lang: groß Unruh sie allen bracht’. Zu oben waren die Häute, zu nieden die Erbsen klein: Das machte, daß Held Hogen zu allererst fiel hin. Das war der Held Hogen, der wollt wiederum aufstehn: »Halt du nun, lieber Bruder, du weißt wie die Sachen gehn.« »Halt nun, allerliebster Bruder mein, du hältst deine Treue so sehr: Das erste du mögest zur Erde fallen, du wollest aufstehn nimmermehr.« So getrost war Held Hogen, er wollte nicht brechen sein Wort: Er stand auf beid’ seinen Knien, als er empfing die Todeswund. Dennoch schlug er drei Kämpfer, die waren nicht von den geringsten; So ging er hin gen Hammer, seines Vaters Schatz zu finden. Doch war das Glück ihm so freundlich, er empfing Jungfrauen Gunst: Das war die stolze Hvenild, mit der zeugt’ er einen Sohn. Ranke hieß der Kämpfer, er rächte seines Vaters Tod: Grimild erstickt’ aus Hungers Noth, bei Nidings Schatz, ohne Brot. So zog er aus dem Lande fort, nach Bern in die Lombardei: Da war er bei dänischen Mannen, ließ sehen sein Mannthum frei. Seine Mutter blieb daheim zurück, davon Hven seinen Namen empfing: Unter Ritter und unter Kämpfer der Ruf davon weit ausging. Erläuterungen 290,25–291,4 Zu oben 〈. . .〉 nimmermehr] Wilhelm Grimm erläutert die Stelle (Altdänische Heldenlieder, S. XIV): Die Poesie ist sich ihrer Tiefe

noch gar nicht bewußt, sie weiß nicht warum diese Thaten geschehen, aber sie weiß wie sie geschehen; darum hat sie nichts zu erläutern, die Motive sind nicht breit dargelegt, aber die leise Hindeutung darauf trifft desto stärker. Erst als Hogen über die verrätherisch gestreuten Erbsen hinfällt, gedenkt Grimild des vorher geschloßenen Vertrags, 1078

Zu ZfE 23

daß er nicht wieder aufstehen dürfe, wenn er einmal gestürzt sey. Alles in der Mitte liegende, verbindende ist ausgelaßen, die Thaten stehen streng neben einander, wie Berge, deren Gipfel blos beleuchtet sind 〈. . .〉. Vgl. auch ebd. S. 422–430. Die Übersetzung von der Hagens (Pantheon, S. 156–161) gibt die Strophen – im Gegensatz zu Grimms zwei Langzeilen – in vier Zeilen wieder. Seine Übersetzung stützt sich in einzelnen Wendungen auf Grimms Übersetzung in der ZfE. Andererseits nahm Grimm die teilweise bessere Übersetzung Hagens zur Kenntnis und folgte ihr in der Buchausgabe. Nicht immer aber ließ er sich überzeugen. Charakteristische Abweichungen bei von der Hagen, die auf sinnentstellende Übersetzung oder Druckfehler in ZfE hinweisen, sind deshalb hier wiedergegeben: 289,12 zogen] wetzten 289,13 ihrer Fahrt] ihr Gefährt 289,18 zum Vogt] zu Wacht 289,20 zu dem runden Land] Von fernen Landen dar 290,1 für leeren Lohn] Für eines Herren Lohn 290,11 bestehn] schlahn 290,15 vereinen gewißlich mit deiner freyen Hand] einlegen, Für-

wahr mit dieser freien Hand 290,19 finden] zeichnen 291,2 Halt nun dein Wort] 291,5 getröstet] getrost

Halt’ du nun

Friedrich D. Gräter kritisierte 1813 in seiner Rezension der Altdänischen Heldenlieder aus der Kenntnis auch gesungener dänischer Volkslieder Grimms Auffassung hart (Gräter 1813, S. 171–174). 291,8–292,28

Mimmering Tand 〈. . .〉 Klingdinger] Entstehung und Quelle

Danske Viser, S. 99–101; verglichen mit Nyerup 1812, S. 100–103. Mimmering Tandt. XVIII. Memmering var den mindste Mand, som fødder var i Konning Karls Land. Mine skiønneste Jomfruer. 1079

Kommentar

2. Den mindste Mand som fødder var, i Kong Karls Land: Førend han blev til Verden baaren, da var hans Klæder til hannem skaaren. Mine. 3. Til Verden baaren, da var hans Klæder til hannem skaaren: Førend han nam at gange, da bar han Brynie hin tunge. Mine skiønneste Jomfruer. 4. Førend han nam at gange, da bar han Brynie hin tunge: Førend han nam at ride, da bant han Sværd ved Side. 5. Nam at ride, da bant han Sverd ved Side: Det første han kunde bære sit Sværd, da var han en Kiæmpe værd. Mine skiønneste. 6. Bære sit Sværd, da var han en Kiæmpe værd: saa gik han til Strande, som Kiøbmand laa fore Lande. 7. Til Strande, som Kiøbmand laa fore Lande: Han saa sig under Lide, hvor en Ridder monne ride. Mine skiønneste Jomfruer. 8. Under Lide, han saae hvor en Ridder monne ride: Han kom ridende saa hastig frem, hans Hest var som en Løve gram. Mine skiønneste. 9. Hastig frem, hans Hest var som en Løve gram: Hør du Ridder faur og fiin, behøver dig ikke en liden Skiold Dreng. Mine skiønneste Jomfruer. 10. Faur og fiin, behøver dig ikke en liden Skiold Dreng: Mig siunes du est baade liden og ung: Du kandst ikke bære min Brynie saa tung. 11. Liden og ung, du kandst ikke bære min Brynie saa tung: Mimmering vredes ved det Ord, han slog den Ridder fra Hest til Jord. Mine skiønneste. 12. Ved det Ord han slog den Ridder fra Hest til Jord: End giorde han hannem meere Meen, han slog hans Hofved imod en Steen. 13. Meere Meen han slog hans Hofved mod en Steen: Saa satte han sig op at ride, med andre Kiæmper vilde han stride. 14. Op at ride, med andre Kiæmper vilde han stride: Der han kom i grønnen Lund, der møder hannem Vidrich Verlandsøn. 15. I grønnen Lund, der møder hannem Vidrich Verlandsøn: Vel mødt her du Ridder god, vilt du fegte for en skiøn Jomfru. 16. Ridder god, vilt du fegte for en skiøn Jomfru: Det svaret Vidrich Verlandsøn, jeg møder dig om jeg er Mand. Mine skiønneste. 17. Vidrich Verlandsøn, jeg møder dig om jeg er Mand: De fegtede i Dage de i fegtede i to, ingen af hver anden kunde Seyer faa. Mine skiønneste. 1080

Zu ZfE 23

18. De fegtede i to, ingen af hver anden kunde Seyer faa: Saa sore de sig i Staldbrødre Lag, og det skulde vare til Dommedag. Mine skiønneste. 19. J Staldbrødre Lag, og det skulde vare til Dommedag: Hvor skulde det vare den Tiid saa lang, det kunde ikke vare til Aften kom. Mine skiønneste Jomfruer. Im dänischen Original wird zu Beginn jeder Strophe der zweite Vers der vorhergehenden variierend wiederholt. Außerdem besitzt das Lied einen Refrain, den Wilhelm Grimm erst in der Buchfassung berücksichtigte. Er übersetzte das Lied dreimal. An Savigny schickte er eine der ZfE-Fassung nahestehende Übersetzung (vgl. Schoof 1953, S. 435). Varianten (außer Rechtschreibung und Orthographie): 291,8 Mimmering Tand] Schwertzahn 291,11 Mimmering] Schwertzahn 291,12 ward] war 291,24 mochte] möchte 292,7 Mimmering] Schwertzahn 292,11 So] Dann 292,12 Mit 〈. . .〉 streiten.] will mit andern Kämpfern streiten. Die Bedeutung der Überschrift erfragte Wilhelm Grimm im Brief an Nyerup vom 26. März 1810 (Schmidt 1885, S. 13): Dann wünschte ich gerne zu

wissen, ob in der Überschrift des Lieds vom kleinen Mimmering (S. 100) das Wort Mim. Ta n d t eine Bedeutung hat und etwa Z a h n heisst, weil er so bissig ist 〈. . .〉. Nyerup antwortete am 10. April (ebd., S. 17): ›Mimring Tand‹. Tand ist ohne Zweifel das alte D e g e n , T h e g n , T h a n u s , T h a n . Grimm korrigierte entsprechend in der Buchfassung.

Varianten

Altdänische Heldenlieder, S. 62f.: Mimmering der Degen. Mimmering war der kleinste Mann, Der geboren war in König Carls Land.

1081

Kommentar

Meine schönste Jungfrau’! Und eh er war zur Welt gebracht, Da waren die Kleider ihm schon gemacht. Eh’ er lernte gehn, zu der Zeit, Trug er schon ein schweres Panzerkleid. Eh’ er lernte reiten, Band er das Schwert schon an die Seite. Zum ersten da er konnt tragen sein Schwert, Da war er auch ein Kämpfer werth. So ging er zu dem Strande, Als ein Kaufmann lag vorm Lande. Er sah sich vom Hügel in die Weite, Wo ein Ritter möchte reiten. Da kam er geritten so hastig herbei, Sein Roß war zornig wie ein Leu. Hör an, du Ritter, zart und fein: Bedarfst du nicht ein’n Schildbuben klein? »Mich däucht, bist jung und klein zu sehr, Du kannst nicht tragen meinen Panzer schwer.« Mimmering erzürnte bei diesem Wort, Er warf den Ritter vom Pferd sofort. Und that ihm an noch viel mehr Pein: Er schlug sein Haupt gegen einen Stein. So setzt’ er sich auf zu reiten, Mit andern Kämpfern wollt’ er streiten. Da er kam in einen vielgrünen Wald, Auf Vidrich Verlands Sohn stieß er alsbald. Willkommen hier, du Ritter gut: Hast du zu fechten für ’ne schöne Jungfrau Muth? Dazu sprach Vidrich Verlands Sohn: Ich stoß dich nieder, bin ich ein Mann. 1082

Zu ZfE 23

Sie fochten einen Tag, sie fochten zwei: Keiner von ihnen mochte Sieger seyn. Da schwuren sie sich Stallbrüderschaft, Und das sollt’ währen bis zum jüngsten Tag. Und ob es sollt’ währen diese Zeit so lang, Es konnt’ nicht dauern bis der Abend kam. Meine schönste Jungfrau! Vgl. ebd., S. 503f. Durch Veränderungen der Namen änderte Grimm auch den Text: Der König heißt im dänischen Original Karl (erst Grimms Buchfassung bringt Carl); der zweite Kämpfer Virdich Verlandsøn. Die Endung wird archaisierend zu »Sohn« zurückverwandelt. Während Grimm in der ZfE modernisierte und das V der Namen für die deutsche Aussprache in W verwandelte, hielt er sich in der Buchfassung enger an das Original, was ihm den Tadel Gräters eintrug, der die Meinung vertrat, das V würde von Deutschen F ausgesprochen (Gräter 1813, S. 176). – Carl Christian Binzer übersetzte die Ballade ebenfalls (Dänische Volkslieder, in’s Deutsche übertragen von C. C. Binzer. Schleswig und Flensburg: In Commission bei Th. van der Smissen 1855, S. 9–12).

Druckfehler 292,4 292,6

klein?] klein« Art?«] Art?

1083

Kommentar

ZfE 24

22. Juny: 293,3–6 Sed 〈. . .〉 Plinnii 〈. . .〉 Bip.] Entstehung vgl. Kommentar zu ZfE22.

Quelle Das Plinius-Zitat ist exakt wiedergegeben nach folgender Ausgabe: C. Plinii Secundi Naturalis Historiae Liber X. Kap. XXVII, Biponti (Zweibrücken) 1783, Bd. 2, S. 200 f. Der Text aus der Naturgeschichte steht in einem Kapitel über Gänse und lautet wörtlich übersetzt: »Aber, was feststeht, Messalinus Cotta, der Sohn des Redners Messala 〈Marcus Valerius Messala Corvinus〉, erfand, die Fußflächen der Gänse zu braten sowie in Pfannen mit Hahnenkämmen zu würzen.« Brentano brachte eine freie Übersetzung in seinem Bärnhäuter-Beitrag auf derselben Seite (294,21–32). Zum Bezug auf den Verleger Cotta vgl. Kapitel Entstehung. 293,8–298,35

Bärnhäuters 〈. . .〉 Creskat] Vgl. ZfE22.

299,1–301,17

Auf einen grünen Zweig 〈. . .〉 Brentano] Entstehung

Brentano gab das Gedicht in die wohl noch von ihm redigierte Nummer. Er redet in diesem märchenhaften Lied abermals seine von ihm getrennt lebende Frau an (vgl. ZfE18). Diese erscheint als ein Vöglein, das in einem giftigen Baum sitzt, dessen Blätter aus Blech sind. Mit diesen künstlichen, unnatürlichen Blättern wird vielleicht auf die Lektüre Augustes angespielt, die gern Unterhaltungsromane las, was Brentano ablehnte. Brentano schildert in dem Gedicht die Befreiung des vergifteten Wesens durch Natur und Liebe. Den poetischen Traum konnte Brentano nicht in die Wirklichkeit umsetzen: Als er Anfang Juli zu Auguste reiste, kam es gleich wieder zu Streitigkeiten.

1084

Zu ZfE 24

Vgl. Renate Moering, »Amas Sehnsucht wird zum Segel«. Clemens Brentano und Auguste Bußmann. In: »Auf Dornen oder Rosen hingesunken?« Eros und Poesie bei Clemens Brentano. Hg. v. Hartwig Schultz, Berlin 2003, S. 94–132.

Druckfehler 300,23

schlingen] schmingen

301,19–305,5

Der Königssohn und die Schäferin 〈. . .〉 Uhland] Entstehung

Die Ballade entstand nach einer handschriftlichen Notiz Uhlands zwischen 5. und 9. Dezember 1807. Er schreibt, wohl mit Bezug auf dieses Gedicht, am 26. Dezember 1807 aus Tübingen seinem Freund Karl Mayer (Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 56): Die lange Romanze bitt’ ich dich, mir wieder

zuzuschicken. Da ich sie schon vorher in mein Buch in’s Reine schrieb, so möcht’ ich sie nicht zum drittenmal abschreiben, wenn ich sie etwa noch Jemand zeigen wollte. Varianten Verglichen mit: Ludwig, Uhland, Gedichte, hist.-krit. Ausg., Bd. I: S. 166– 173, Bd. II: Komm., S. 72f. Die Varianten sind dort aufgeführt und werden hier nicht wiederholt, denn die Ballade wurde stark überarbeitet; sie erhielt den Titel: Der junge König und die Schäferin. Fortsetzung in ZfE 25.

Druckfehler 303,18 304,12 304,24

»Wie] Wie Stand.] Stand.« kühl?«] tuhl?

1085

Kommentar

ZfE 25 25. Juny:

Von einigen Uebersetzern. Gesnerus 〈. . .〉 Magia naturalis II B. S. 247]

306,3–11

Entstehung und Quelle Das Zitat entstammt der lateinisch verfaßten Geschichte der Tiere von Konrad Gesner: Conr. Gesneri Tigvrini, Medicinae et Philosophiae Professoris in Schola Tigvrina, Historiae Animalium. Frankfurt/M. 1550–87, 3. Buch: De Auium natura, De Gallo, S. 428 über den Kapaun (Capo). Eine alte Übersetzung der Stelle lautet (Gesneri Redivivi, aucti & emendati Tomus II. Oder Vollkommenes Vogel-Buch 〈. . .〉, hg. v. Georgium Horstium. Frankfurt/M. 1669, S. 176): Wann man den Capaunen an der Brust und

am Bauch ropfft/ und mit Nesseln reibet/ führet er die junge Hünlein 〈. . .〉. Etliche sagen/ daß er auff diese weise auch die Eyer außbrüte/ sonderlich wann man ihn mit Brodt in Wein genetzt/ voll macht/ und alsobald an einen duncklen Orth über die Eyer setzt/ dann wann er wiederumb zu sich selbst kommen/ vermeint er die Eyer seyen sein/ und brütet sie also auß. Wahrscheinlich stammt die drastische Übersetzung von Brentano, denn das Zitat bezieht sich ironisch auf den Übersetzer Voß, der in der Bärnhäuter-Geschichte verspottet wird. 306,13–312,19

Bernhäuters 〈. . .〉 Stirn ist] Vgl. ZfE22.

314,1–317,13 ZfE24.

Der Königssohn und die Schäferin 〈. . .〉 Uhland] Vgl.

1086

Zu ZfE 26

ZfE 26

29. Juny: 318,3–7

De neegen oolen wisen Süstern 〈. . .〉 Hochzeitslied von Richey] Entstehung

Die Verse wurden von Brentano bei der Suche nach Liedern für das Wh gefunden. Quelle ist das vierbändige Holsteinische Idiotikon von Schütze, das auch für 18 Wh-Lieder die jeweilige Vorlage ist. Bearbeiter war vermutlich Brentano, der das Lexikon besaß, die Lieder der Gruppe der Kinderlieder im Wh einfügte und übrigens auch in anderen Werken daraus zitierte. Vgl. FBA 9/3, S. 764, 462 und passim. – Die weitere Vorlage für die Angabe: Richey bei Schütze wurde bislang nicht ermittelt. Der Hamburger Sprachwissenschaftler und Dichter Michael Richey (1678–1761) hatte 1754 ein Idiotikon Hamburgense verfaßt; verglichen wurde mit der Ausgabe IDIO-

TICON HAMBVRGENSE oder Wörter-Buch, Zur Erklärung der eigenen, in und um Hamburg gebräuchlichen, Nieder-Sächsischen Mund-Art. Jetzo vielfältig vermehret 〈. . .〉 (Hamburg: Conrad König 1755); die Verse finden sich auch nicht in seinen von G. Schütze 1764–66 hg.

Deutschen Gedichten. Es existiert von ihm allerdings ein Hochzeitgedicht, das Johann Christoph Gottsched in seiner Zeitschrift Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste (1746, II. Bd., 5. Stück, S. 474–480) abdruckte als Beispiel für ein gelungenes Gelegenheitsgedicht. Er weist darauf auch hin in der Vorrede zu dieser vierten Ausgabe seines Versuchs einer Critischen Dichtkunst (Leipzig 1751, S. VI f.); Richeys hochdeutsches Gedicht hat nichts mit den plattdeutschen Versen gemein.

Quelle

Holsteinisches Idiotikon, ein Beitrag zur Volkssittengeschichte; oder Sammlung plattdeutscher, alter und neugebildeter Wörter, Wortformen, Redensarten, Volkswitzes, Sprüchwörter, Spruchreime, Wiegenlie1087

Kommentar

der, Anekdoten und aus dem Sprachschatze erklärter Sitten, Gebräuche, Spiele, Feste der alten und neuen Holsteiner. Mit Holzschnitten. Dritter Theil, von Johann Friedrich Schütze, Kön. Dän. Kanzlei-Sekretair. Hamburg 1802. Bei Heinrich Ludwig Villaume. S. 157f.: Nüsters: Naselöcher. Nüstern. (von Nees?) 〈. . .〉 De Neegen oolen wisen Süstern (Musen) de seeten vör un achter em, (Apoll) un schrauen dör de grooten Nüstern mit aapnen Hals un luder Stemm. (Hochzeitlied von Richey in der Poesie der Niedersachsen.) Druckfehler 318,5

Nüstern] Nüßern Erläuterungen

318,3 318,5

neegen oolen] niederdeutsch: neun alten schrauen] unangenehm schreien (Richey, Idiotikon Hambur-

gense, S. 241). Brentano wollte mit den vier Versen vermtl. Voß treffen, der wie Apoll zwischen diesen unerfreulichen Musen inmitten seiner Anhänger in Heidelberg sitzt. Ein weiteres bei Schütze gefundenes Lied kam ihm für diese Kampfsituation ebenfalls zupaß: Hanns Voß heißt er 〈. . .〉 (vgl. FBA 9/3, S. 461–463). 318,9–320,24

Die Sonnettenschlacht bei Eichstädt 〈. . .〉 gekommen] Entstehung

Joseph Görres bezieht sich in diesem satirischen Artikel auf Johann Heinrich Voß’ Rezension von Bürgers Werken (Sprache und Dichtkunst. Göttingen,

b. Dieterich: G. A. B ü r g e r s Sonnette, in den letzten Ausgaben der Bürgerschen Gedichte. 1789, 1796 und 1803) in der von Heinrich Karl Abraham Eichstädt (1772–1848) hg. JALZ (5. Jg., 2. Bd., 1.–4. Juni 1808, Nr. 128–131). Die Formulierung bei Eichstädt ist bewußt doppeldeutig: einmal als »bei dem Verleger Eichstädt gedruckt« zu verstehen, dann aber auch auf die vernichtende Napoleonische Schlacht bei Jena und Auerstedt zu beziehen, die noch keine zwei Jahre zurücklag, so daß die Assoziation den

1088

Zu ZfE 26

Lesern leicht kommen konnte. Görres bekennt sich später im Nachruf auf Arnim öffentlich zu diesem anonym erschienenen Artikel (Literaturblatt, 1831, Nr. 27): Voß hatte im Zorn seines Herzens ins Land der Zwerge

einen Kriegszug vorgenommen und mit Sonetten die bekannte Feldschlacht geschlagen 〈. . .〉 ich schrieb das Bulletin dieses Zuges, Arnim die Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete 〈. . .〉. Aus Arnims Brief an Bettine vom 26. Juni nach der Rückkunft aus Schlangenbad nach Heidelberg (Ich lasse mich gern von 〈. . .〉; FDH 7266/67) geht der Verfasseranteil an dieser Nummer hervor: Von so lieben Küssen wie zischt

es in den literarischen Koth einzutauchen, doch es muß seyn und meine Ohren quälen sich wieder ab alle leere Streitigkeiten abzuhören, die in der Zeit die Zeitungen beschäftigt haben, da hat Voß alle Sonnete in der Jenaer Zeitung vernichtet, der Bericht dieser Schlacht von Görres und Clemens wird im Einsiedler erscheinen, von mir erscheint die Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonette in neunzig Soneten. Von der Wirkung der Satiren in der Zeitung berichtet Arnims Brief an Bettine vom 27. Juli 1808 (Ich habe wieder einen Brief 〈. . .〉; FDH 7274): 〈. . .〉 man kennt mich hier nicht viel, ausser in der Druckerey und am Wirthstische, dies geht so weit, daß in einem dicken Buche was unter andern auch gegen die Einsiedler Zeitung gerichtet ist, alles, was ich gemacht habe, der arme Görres entgelten muß, so daß ich endlich genöthigt werde, mich öffentlich zu nennen, nun ich sie bald aufzugeben denke. Am 1. August wurde im Morgenblatt die im Voß-Kreis entstandene Satire Comoedia Divina angezeigt, von der Arnim vielleicht schon wußte.

Druckfehler Text verglichen mit: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Bd. 3, S. 309f. 318,26 alkäischen] alcaischen ZfE 319,34 daß] das ZfE 320,3–4 verhärteten Herzens] verhärtet und Herzen ZfE

Erläuterungen Der Artikel spielt mit den Namen Voß bzw. Fuchs, sowie Tieck bzw. tiekisch / antikisch. 320,18 Pestilenz] Arnim nimmt offensichtlich am Schluß seiner Erzählung Holländische Liebhabereien (in Landhausleben; Leipzig 1826) darauf Be-

1089

Kommentar

zug, da die Pest durch den Haß zweier verfeindeter Gelehrten in Leyden eingeführt wird. Denn der Professor Hemkengrieper ist eine Karikatur von Voß (vgl. Werke IV, Erl. S. 1213–1216; zu Hemkengrieper s. u. S. 1103). Er läßt ein griechisches Manuskript, das auf einem verpesteten Schiffe angekommen, nicht reinigen; als er selbst erkrankt, infiziert er seinen Gegner mit

seinem ersten Friedenskusse so erfolgsicher, daß beide fast in einer Stunde starben. Ihnen folgte die halbe Stadt, erst leidtragend, dann sterbend, und nur wenige ahndeten, daß ihnen dies Verderben aus dem Hasse zweier Gelehrten hervorgegangen. (Landhausleben, S. 291f.) 320,20 Waysenkind 〈. . .〉 gekommen.] Das im folgenden abgedruckte griechische Sonett ist von August Böckh verfaßt. 321,1–325,34 Der Einsiedler und das Klingding 〈. . .〉 Griechisches Sonnet 〈. . .〉 haben.]

Entstehung Der Text bezieht sich in vielen Einzelheiten auf Vossens Bürger-Rezension, aber auch auf Artikel und Gedichte von ihm im Morgenblatt. Er stammt – mit Ausnahme des griechischen Sonetts – nicht von Arnim, sondern von Clemens Brentano, wie aus Arnims schon zitiertem Brief an Bettine vom 26. Juni hervorgeht (〈. . .〉 der Bericht dieser Schlacht von Görres und Clemens wird im Einsiedler erscheinen 〈. . .〉). Der Ansicht war auch schon Levin nach der Kenntnis von Arnims oben zitiertem Brief an Bettine (Levin 1922, S. 100; ebenso Koeman 1993, S. 420). Fridrich Pfaff schrieb den Text ohne Begründung Arnim zu (Pfaff, S. LIX und LXI); ihm folgen Hans Jessen (Anhang, S. 16), Heinz Rölleke (FBA 9/3, S. 352) und Ulfert Ricklefs (Werke V, S. 572–574; Ricklefs 2008, S. 348 u. 353, mit dem Hinweis auf Arnims Verfasserschaft unter dem Pseudonym Einsiedler). Den ausführlichen Nachweis von Brentanos Autorschaft lieferte kürzlich Friedrich Strack (Strack 2009); s. dazu die folgenden Erläuterungen. Ihm folgt nun auch Ziolkowski (Ziolkowski 2009, S. 230f.

Druckfehler 324,9 325,4

Weihnachtskuchen] Weinathskuchen Ruhm] Nuhm

1090

Zu ZfE 26

Erläuterungen 321,4 Clairobscur] In der Malerei ein Werk, dessen Lichter auf dunklem Grund besonders hervorstechen. So brilliert auch Brentanos Sprachwitz vor dem Hintergrund der finsteren und humorlosen Kritik von Voß. 321,4–5 Fritzchens Reise durchs A B C.] Von Strack identifiziert: Fritzchens Reise durch das A. B. C., Leipzig: Voß und Companie 1798 (anonym; wegen der Namensgleichheit des Verlegers mit Johann Heinrich Voß ist es hier vielleicht genannt); das Werk »führt seinen Schüler 〈. . .〉 an Bildbeispielen aus dem Tier- und Pflanzenreich zunächst in die Laute, dann in die Buchstaben und schließlich in die Regeln der Rechtschreibung ein. In einer weiteren Reise von A bis Z, die durch das Naturreich führt, soll der Erfahrungsschatz des Kindes an 23 anekdotischen Tier- und Pflanzengeschichten, die jeweils ein moralisierendes Sprichwort glossieren, erweitert werden.« (Strack 2009, S. 267) Voß soll wohl als unmündigem Schüler die wahre Poesie nahegebracht werden. 321,8–20 Makulatur 〈. . .〉 Stuckatur] An den Begriffen Makulatur, Korrektur, Litteratur, Natur, zerbröckelte und Stuckatur soll der Leser erkennen, daß Voß sich vergebens mit antiker, inzwischen toter und in Gipsabdrücken zerbröckelnder Antike abmüht. 321,16 kunterbunder Wunder-Zunder] Vgl. Brentanos Romanzen vom Rosenkranz, wo es in der 3. Romanze heißt Kunderbund Gemunckel (III, 91: FBA 10, S. 52f.; Kommentar FBA 11/2, S. 258f.) und in der 17. Romanze Hundert kunterbunte Wunder (XVII, 366: FBA 10, S. 465; Kommentar FBA 11,2, S. 665f.). Brentano erinnert sich dieser Wortspiele in seinem Brief an Bettine vom 17. Juni 1834, in dem er die Erinnerung der eigenen Jugend erwähnt, die er durch Bettines Goethe-Briefwechsel erfahren hatte, den er damals in den Druckfahnen las (JbFDH 1929, S. 327): Es kam mir da ein

bunter Traum, wohl unter dem Hollunderbaum, und als ich wieder munter kaum, lag ich auf aller Wunder Saum, es war die Welt ein runder Raum und drinn ein Kunterbunter Schaum, vor dem ich roch den Zunder kaum usw. 321,17 Dunstkunst Brunst] Aus Vossens Perspektive heraus eine Kritik am gefühlsbetonten südlichen Stil des Sonetts, wie er sie am Schluß seiner

Kling-Sonate in der JALZ formulierte: Von schwülem Anhauch ward euch das Gemüt heiss,/ Und fiebert, ach! in unheilbarem Südschweiss! 321,18 Juchhei und Heiderlei] Häufig in der Dichtung von Voß vorkommende volkstümliche Refrainwörter, so im Heureigen: dalderaldei!/ Heu!/ Juchhei!. Vgl. den Nachdruck in: Poetische Originalwerke von Johann 1091

Kommentar

Heinrich Voss. 4. Bd.: Gedichte. Wien: Anton Pichler 1811, S. 81–83. Vgl. unten 324,11. 321,23–322,10 Sonnet. Klingdinger Seelchen seh ich gleich ägyptschen Plagen 〈. . .〉 Drachen.] In: Werke V, S. 573 als Gedicht Arnims gedruckt (vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. 970).

Erläuterungen 321,24 Klingdinger Seelchen] Die Seelen der auf dem Schlachtfeld zerhauenen Sonette. 321,24–322,3 ägyptschen Plagen In Mückenwolken 〈. . .〉 Heuschrekkenstag] Voß erscheint hier als der Pharao, der die Juden nicht aus Ägypten ziehen lassen will, und dessen Land dafür von Gott mit Plagen überzogen wird; die Bibel berichtet davon im Buch Exodus (2. Mose 8,12–14: Stechmücken; 2. Mose 10,1–19: Heuschrecken). Brentano macht ein Wortspiel, indem er »Heuschrecken« mit »Schreckenstag« zu einem Kompositum zusammenzieht. Dafür folgen noch weitere Beispiele. 321,26 Punschwunsch] Brentano zieht mögliche Reimwörtern zusammen, wie Voß deren viele teils kritisch in seiner Sonettrezension genannt hatte. 322,2 Gänsekielen] Die Gänsefedern dienten zum Schreiben; vgl. die ausführliche Satire in Brentanos Bärnhäuter (ZfE22, Kapitel: Der papierne Gänsehimmel). 322,4 Heiden Schach] Schach hier im Sinne von König, mit Anspielung auf das Spiel, denn das Wort ist aus Reimgründen gewählt (seinen schwachen Magen/ Heiden Schach wird schlagen). 322,5 Gypskrokodill still am Idyllennile] Brentano mischt in diesen Komposita Details der ägyptischen Landschaft mit der Antikenbegeisterung, die sich in Gipsabgüssen der Statuen und in poetischen Idyllen äußert, von denen Voß eine der berühmtesten der damaligen Zeit geschrieben hatte: Luise. 322,6 Herodisch] In Bezug auf Voß erwartete man eher das auf die Klassik bezügliche Wort »heroisch«. Brentano spielt an auf den König Herodes des Neuen Testaments, der mit seinem Bethlehemitischen Kindermord auch Jesus zu töten versuchte (Matth. 2, 1–19). Görres assoziiert diesen schon in seinem Text (320,1). 322,7 Heumondneumond] Wohl Anspielung auf Vossens Lied beym Heuen (vgl. 324,11 sowie später Görres’ Des Dichters Krönung). Der Neumond gibt nur ein schwaches (dichterisches) Licht. 322,8–9 perplexsten Aexten finden sich auch Stiele 〈. . .〉 Knarrer Pfarrer Sparren] Wortspiel mit Axt-Stiel und Sprach-Stil. Brentano droht mit den

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Zu ZfE 26

Waffen der romantischen Groteske. Strack (2009, S. 268f.) erläutert Brentanos Technik: »Wir stilisiren sie aus Knarrer Pfarrer Sparren, sagt überraschend der Einsiedler in der ersten Form pluralis und spricht damit im Namen all derer, die ihre Zurüstungen mit altem, scheinbar unbrauchbar gewordenem Baumaterial – mit poetisch-religiösen Traditionsfragmenten – treffen. Brentano deutet nicht nur auf den Nutzen und die Bedeutung der Überlieferungsrelikte, sondern er entwickelt eine kriegerische Sondersprache von ganz eigenem ,Stil’; er setzt dabei auf verschrobene Neologismen und deren suggestive Klangwirkung, wobei er auch billige Kalauer nicht scheut.« Voß hatte sich in seinen ländlichen Liedern gelegentlich um Lautmalerei bemüht, was Brentano in diesen Gedichten karikierend nachmacht. Vgl. Kapitel »Voß und das Morgenblatt«. – Das Klangwort Knarrer wird noch einmal in zierknarrt (323,30) aufgenommen. Brentano gestaltet diese Charakteristik von Voß wenig später in seinem Märchen von dem Schulmeister Klopfstock und seinen fünf Söhnen; Voß wird darin in der Figur des Nachtwächterriesen karikiert, zu dessen Schnarchen die gefangene Prinzessin Pimperlein – die personifizierte Poesie – singen muß und dies in einem kakophonischen Lied tut: Schnarch! Knarrasper, schnarche!/ Schnarrassel schnarcht im Sarge 〈. . .〉, so beginnt jede Strophe (Brentano, Werke, 3. Bd., S. 476–478). In der fünften Strophe heißt es über die Dichtung Knarraspers (ebd., S. 477):

〈. . .〉 Er singt und ist recht drauf vernarrt,/ Scharf wie ohn Schmalz ein

Karrnrad knarrt,/ Hart rasselnd mit der Hellepart/ Er rappelnd übers Pflaster scharrt,/ Rapp, rapp, die Klapperratsche schnarrt,/ Daß mir das Blut in Adern starrt. Die Prinzessin wird von Klopfstock und seinen fünf Söhnen befreit, deren jüngster bei einem Einsiedler die Vogelsprache gelernt hat, eine Anspielung auf Brentanos Verehrung der Dichtung Grimmelshausens, aber auch eine Reminiszenz an die ZfE. Vgl. dazu: Heinz Rölleke, Brentanos Märchen von dem Schulmeister Klopfstock als literarhistorische Allegorie, in: JbFDH 1977, S. 292–308. 322,11–29 Sonnet. Aber ich will noch nicht ganz verzagen 〈. . .〉 Bette.«] In: Werke V, S. 573f. als Gedicht Arnims gedruckt (Ricklefs Lyr.-Reg. 4). 322,11 Sonnet] Strack betont, daß dieses angebliche Sonett »seiner Form nach gar keines ist. Es handelt sich vielmehr um ein dreistrophiges Gedicht aus je sechs Zeilen, die freirhythmisch gegliedert sind und in den ersten beiden Strophen nur zwei Reime aufweisen, während die dritte aus drei Paarreimen besteht. Damit ist ein Anklang an das traditionelle Sonett, sofern es in den Quartetten umschlingenden Reim, in den Terzetten eine freiere Reimordnung erlaubte, durchaus noch gewahrt; Brentano aber übertreibt im

1093

Kommentar

vierfachen weiblichen Reim, den Voß missbilligte, diese Struktur und versucht damit, die festgefügte Form des Sonetts aufzusprengen.« (Strack 2009, S. 269) 322,15 Karfunkel] Der Karfunkel spielt eine zentrale Rolle in Otto Heinrich Graf Loebens unter dem Pseudonym Isidorus orientalis publizierten novalisierendem Roman Guido (Mannheim 1808), auf den auch Görres in Des Dichters Krönung in der Beylage zur ZfE mehrfach zu sprechen kommt. Der wunderbare Edelstein wurde ein Angriffsobjekt der Romantikgegner, besonders im von Jens Baggesen herausgegebenen Karfunkel oder Kling-

klingel-Almanach. Ein Taschenbuch für vollendete Romantiker und angehende Mystiker. Auf das Jahr der Gnade 1810. (1809) Vgl. Gerhard Schulz (Hg.), Der Karfunkel oder Klingklingel-Almanach. Faksimiledruck. Bern-Frankfurt/M.-Las Vegas 1978 (Seltene Texte aus der deutschen Romantik 4). 322,15–21 Honigseim Schlinger 〈. . .〉 Glaubtraubschraubenden Kreuzthyrsusschwinger] Levin (1922, S. 111) weist auf eine ähnliche Stelle in Brentanos Satire Der Philister vor, in und nach der Geschichte hin. Brentano charakterisiert die Philister: Sie haben dem Werther die emp-

findsamen Romane, dem Götz die Ritterstücke, dem Ardinghello und Meister die Künstler-Romane, der Luzinde die transscendentalen L u b r i c a , den Schlegeln, Novalis und Tieck die Glaubtraubschraubigten, Honigseimleimschleimschlingenden Sonnette und Canzonen (Ganzohnen) nachfolgen lassen 〈. . .〉. (WAA XI, S. 74.). Brentano verweist damit auf Machwerke in der Art der Sonette des Grafen Loeben, welche die Romantik übertreiben und damit deren kritischen Geist verfehlen. 322,18 Hackbrett] Strack betont, dies sei ein »Saiteninstrument, das 〈. . .〉 die süßesten Töne und Klänge hervorbringt« (Strack 2009, S. 275). Das würde zu dem Märtyrercharakter der Sonette, der in der nächsten Zeile betont wird, passen. Wahrscheinlich liegt aber auch wieder ein witziges Wortspiel vor, da die Sonette von Voß zerhackt wurden. 322,20 Reimgeleimten] Anspielung auf Goethes Sonett, das am 5. Januar 1807 im Morgenblatt abgedruckt wurde (Nr. 4, S. 16) und dessen Schluß lautet:

Ich schneide sonst so gern aus ganzem Holze, Und müßte nun doch auch mitunter leimen. 322,20 drei Königsbohnensinger] Strack weist hin auf den »spätmittelalterlichen Brauch, am Dreikönigstag einen ,Bohnenkönig’ zu wählen,« (Strack 2009, S. 270) der dann auf den Türbalken C.M.B. schrieb. Bei dem Fest kam es auch zu Trinkgelagen, worauf Brentano im übernächsten Gedicht hinweist

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Zu ZfE 26

(vgl. 324,7/9):

Ja prost! ich kenn dein bieder Prost, dein kindlich Eiei, Im Weihnachtskuchen schnappst du nach der Königsbohne. 322,22 Kreuzluftsvögeleinsluftspringer] Bezug auf ein antiromantisches Gedicht im Morgenblatt (8. Juni, 1808, Nr. 137, S. 548): Neueste Poesie. Man weiß, auf unsrer Erde kehrt, Was da gewesen, immer wieder; Auch auf dem Musenberge hört Man oft erneut die alten Lieder; Bald ist es hoher Barden-Schwung, Bald sind es kleine Tändeleyen; Man will des Lebens sich erfreuen, Und dann nur Gräber seh’n mit Young. Jetzt wimmert gar auf allen Wegen Ein frommes Völkchen uns entgegen; Es stellen sich von neuem ein Die alten K r e u z l u f t v ö g e l e i n .*) J.G.J. Strack weist nach, daß der Ausdruck einem pietistischen Gesangbuch entnommen ist (Strack 2009, S. 271f.), aus Zinzendorfs Herrnhuter Gesang-

buch. Christliches Gesang-Buch der Evangelischen Brüder-Gemeinen von 1735, zum drittenmal aufgelegt und durchaus revidirt, Teil III, Zugabe (Hg. v. Erich Beyreuther, Gerhard Meyer und Gudrun Meyer-Hickel. Nachdruck Hildesheim-New York: Georg Olms Verlag 1981). Als Beispiele führt er u. a. an: Nr. 2226: Ich selig Creuz-Luft-Vögelein/ ich flieg nun

schon ums Lämmelein/ manch jahr lang selig hin und her, die Mutter macht’ im loch vom speer/ ein niedlich nestelein/ fürs arme herzelein,/ ich saß da in des nestgens hol/ zeither vergnügt und sanft und wohl,/ aber alleine:/ doch hatten viele täubelein / um mich rum ihre nesterlein,/ mit denen stimmt ich meinem Mann / manch schönes wunden-liedgen an,/ wir sungen aus dem höhlgen/ mit Blut bestrichnen kehlgen. Nr. 2245: Glük zu! ihr Creuz-luft-vögelein/ zum blut erfüllten neste,/ und werdet wunden-täucherlein,/ und badt und schwimmt aufs beste;/ und weinet ihr nach Christi seel/ für elend und *) Ein Ausdruck aus einem vormals sehr bekannten mystischen Gesangbuche. 1095

Kommentar

gebrech und fehl,/ so sitzt ihr bey den wunden-quellen,/ und könnt euch aug und herz erhellen/ zum ungestöhrten selig seyn,/ drum wohl euch creuz-luft-vögelein,/ die Pleur ist euer nestelein. Eine derartige barocke Kreuzesandacht war nicht nach dem Geschmack der Aufklärer. 322,26 Froschleichleichenbein] Görres hatte in den grotesken Schriftproben den Froschlaich neben dem Gottessegen genannt (1. Buch, S. 1):

Es fahren schiessende Lichter mir auf und nieder im Geiste, sammelt ihr Lieben, sammelt die fallenden Schnuppen, es ist Gallerte, Froschlaich, Gottessegen, ihr könnt euch Wetterpropheten erziehen. Brentano führt die ermordeten Sonette ebenfalls in einen religiösen Raum, sie werden »poetische Reliquien« (Strack 2009, S. 273), und zwar widersinnig als Froschleichleichenbein, denn der Froschlaich besitzt keine Knochen. 322,27–29 Solch Klingding nie schamröthlich Antwort 〈. . .〉 ohn Bette.«] Die beiden Verse sind eine Reminiszenz an eine Strophe im 2. Teil des Godwi (Bremen 1801): In seinem verwilderten Roman übersetzt Brentano einen italienischen Wechselgesang zwischen dem armen Giacinto (Hiacinth) und der käuflichen Laura. In Lauras Strophen sind Geldmünzen immer in Kapitälchen gesetzt; die Stanze ist eine Münze, aber auch eine Strophenform (FBA 16, S. 401 und 405):

Poesia, e pouerta` van di concerto, Che val’ il saper far un buon Sonetto E non haver per far un sonno in letto Far sempre STANZE, e non haver coperto. Brentano überträgt frei:

Mit Poesie geht Armuth nur gesell’t, Macht ihr Sonnette, macht sie noch so nette, Ihr bleibt ein armer Sohn und so ohn’ Bette: Gebt Geld statt Versen oder Fersengeld. Die Antwort des unschuldigen Klingdings ist deswegen nie schamröthlich, weil Brentano das – für seine Leser vermutlich noch aus dem Godwi geläufige unmoralische – Gedicht zitiert. Ihm, der fließend Italienisch sprach, war klar, daß der Begriff Sonetto mit dem Klang der Reime zu tun hatte, die das romanische Mittelalter für die Dichtung entdeckt hatte. Dem Klassizisten Voß waren sie etwas Verächtliches. In seiner Kritik in der JALZ (Sp. 412f.) kommt

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Zu ZfE 26

er auf die deutschen Barockdichter zu sprechen: Opitz erklärt den Namen im Französischen: »〈. . .〉 als dieweil s o n n e r klingen und wiederschallen,

und S o n n e t t e eine Klingel oder Schelle heisst, diss Gedicht vielleicht von wegen seiner hin und wieder geschrenkten Reime, die fast einen andern Laut, als die gemeinen, von sich geben, also sey getauffet worden. Und bestetigen mich in dieser Meinung etzliche Holländer, die dergleichen Carmina auff ihre Sprache K l i n g g e d i c h t e heissen: welches Wort auch bey uns kan auffgebracht werden; wiewol es mir nicht gefallen wil.« Diesen so hingeworfenen Vorschlag genehmigte O p i z e n s Freund, We c k h e r l i n , in der zweyten Ausgabe seiner Gedichte 1641, wo er ein fremdes K l i n g - G e d i c h t e mit der Jahrzahl 1638, und von sich selbst »Etliche Sonnet oder Kling-geseng« ausstellete. Nunmehr konnte auch der jugendliche F i l i p Z e s e n dem lokkenden Silbertone der reinen Deutschheit nicht widerstehn. Er, der im deutschen Helicon die Opizische Dolmetschung K l i n g g e t i c h t e den Erklärungen S o n e t t , so hübsch, und S o n n e t , hübscher Klang, vorzog: hatte gleichwohl selbst in des Helicons zweyter Ausgabe von 1641, durchaus den Nahmen S o n n e t behalten. Brentano griff also sein Wortspiel Sonette – so nette aus seinem Frühwerk als Trouvaille hier wieder auf und wandte es gegen die schwerfällige Darlegung von Voß. Vgl. Strack 2009, S. 273. 323,2–16 Auf Triumph es kömmt die Stunde 〈. . .〉 sitzt.] Zitiert werden zweieinhalb Strophen aus dem gleichzeitig in den dritten Band des Wh aufgenommenen Lied, das die Bearbeiter dem pietistischen Gesangbuch Anmuthiger Blumen-Krantz aus dem Garten der Gemeinde GOttes (1712) entnahmen (FBA 8, S. 205):

Auf Triumph, es kommt die Stunde, Da sich Zion, die Geliebte, die Betrübte hoch erfreut, Babel aber geht zu Grunde, Daß sie kläglich über Jammer, über Angst und Kummer schreit. Diese Dirne hat beflecket Ihr geschenktes, schön geschmücktes jungfräuliches Ehrenkleid; Und mit Schmach und Hohn bedecket, Die dem Lamme auf die Hochzeit ist zum Weibe zubereit. Stolze Dirne nicht verweile, Die da auf den vielen, vielen, vielen grossen Wassern sitzt 〈. . .〉. 1097

Kommentar

Arnim hatte im Winter 1807/08 dieses pietistische Gesangbuch in Kassel entdeckt, Brentano kaufte es sich wenig später. Er schätzte es, doch traf Arnim die Auswahl für das Wh. Beide zitieren es später in ihren Aufsätzen gegen Voß, der in seiner Rezension die Existenz des Gesangbuchs angezweifelt hatte (vgl. Rölleke, in: FBA 9/3, S. 344f.). Voß zitierte die erste Str. des Liedes in seiner Wh-Rezension im Morgenblatt (Nr. 283f., S. 1129f. und 1133f., 25./26. November 1808; Abdruck in: FBA 9/3, S. 668). Vgl. Arnims Antwort: An Hn. Hofrath Voss in Heidelberg, besonders der Bezug auf diesen Vorwurf (unterzeichnet: Kassel, 8. Dezember 1808; gedruckt in der JALZ, Intelligenz-Blatt Nr. 3, 6. Januar 1809, Sp. 22–24; Abdruck in: FBA 8, S. 358f.) sowie Brentanos Aufsatz: Zu allem Ueberfluss an Herrn Hofrath Voss in Heidelberg, dass man keine Kirchenlieder an ihn gedichtet (FBA 8, S. 363 mit dem Titel des Gesangbuchs in der Fußnote; Kommentar dazu und zwei weitere, unpublizierte Aufsätze Brentanos in: FBA 9/3, S. 683–707). Die Eingangsstrophe zitierte Brentano später auch in seinem Drama Aloys und Imelde (vgl. Rölleke, in: FBA 9/3, S. 352). Wenn auch Arnim das Gesangbuch entdeckte, so hätte doch Brentano zu diesem Zeitpunkt in Heidelberg das Lied in die ZfE einfügen können, so daß die Frage, wer das tat, offenbleiben muß. Das Lied ist hier als Triumphlied der Romantiker über ihre niederträchtigen Kritiker zu verstehen. 323,19–324,16 G r i e c h i s c h e s S o n n e t 〈. . .〉 κραταιαις.] Das zwischen die Z. eigeschobene Sonett des Einsiedlers (323,18) bezieht sich auf das griechische Sonett, weswegen dieses zuerst besprochen wird.

Entstehung Das Sonett stammt von August Böckh. Diese schon 1860 von Hilgard mitgeteilte Verfasserschaft (Hilgard 1860, S. 146f.) ist endgültig von Strack gesichert worden, der den originalen Druck auffand (vgl. Strack 2009, S. 275– 286 mit Abb.). Das ,fliegende Blatt’, dessen Titelseite ebenfalls in griechischer Sprache abgefaßt ist, wurde unter Böckhs Papieren in der Staatsbibliothek Berlin (Kasten 7, Mappe 11) in zwei Exemplaren gefunden. Der griechische Titel des Drucks bedeutet: »Beispiel griechischer Sonette. Eins von mehreren, die herausgegeben werden sollen. Es hat verfaßt Christian Schneider. Aus Berlin 1086.« Beim Erscheinungsjahr hat der Drucker das Zeichen für 800 mit dem Zeichen für 80 verwechselt, so dass als Jahreszahl irrtümlich 1086 statt 1806 erscheint. Unter den griechisch gedruckten Namen Schneider schrieb Böckh auf deutsch: Ist von mir, pseudonym. Bh.

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Zu ZfE 26

Durch den Fund sind die früheren Theorien, besonders zum angeblichen Adressaten des griechischen Sonetts, Schneider, überholt (Karl Bernhard Stark, Ueber Böckh’s Bildungsgang. In: Ders.: Vorträge und Aufsätze aus dem Gebiete der Archäologie und Kunstgeschichte, hg. v. Gottfried Kinkel. Leipzig 1880, besonders S. 422f.: Stark sah Böckh als Verfasser und Christian Schneider als Adressaten; Max Hoffmann, August Böckh, Lebensbeschreibung und Auswahl aus seinem wissenschaftlichen Briefwechsel. Leipzig 1901, meinte, einen Conrad Schneider als Adressaten zu ermitteln; Theodore Ziolkowski folgt Hoffmann: August Böckh und die Sonettenschlacht bei Eichstädt. In: Antike und Abendland, Bd. XLI, 1995, S. 161–173; 2. Fassung in: Strack 2008, S. 207–223). Das griechische Sonett steht inhaltlich als Fremdkörper zwischen Brentanos satirischen Gedichten. Doch ließ es sich als besonders gelungener Gelehrtenscherz gut in den Kontext einbauen, da der Klassizist Voß die griechische Dichtung und ihre Nacheiferung als einzig wertvolle ansah, während er die im Spätmittelalter in den romanischen Ländern entstandenen gereimten Formen verachtete. Das Gedicht erfüllt in der Strophenform und im Reimschema (abba abba cdc dee) die Anforderungen der Sonettform. Es erscheint in der Folge der Satire personifiziert, denn es betritt den Raum, während es sich übersetzet (324,22f.). Diese »Übersetzung« bzw. deutsche Fassung folgt in 324,27–325,23 (Ricklefs führt sie als Arnim-Gedicht; Ricklefs Lyr.-Reg. 1213.) Strack meint (Strack 2009, S. 278): »Auch die deutsche Übertragung in der Einsiedlerzeitung stammt höchstwahrscheinlich von Böckh selbst; denn unter den Berliner Papieren findet sich ein weiteres (deutsches) Sonett in Böckhs Handschrift, das ganz im Duktus eben dieser Übertragung abgefasst ist.« Es lautet (Nachlass 172, Kasten 7, Mappe 11, Bl. Nr. 69/90):

Kennst Du das süße wonnigliche Streben, Nach einem Tummelplatze höchster Freuden, Wo wir die Welt in Götterlust vergeuden, In Himmelsträumen hoch hinüber schweben. Ich sehe ihren Busen sich erheben, Im feurigen Gefühl der Liebesleiden, Die Götter selber könnten mich beneiden, Daß wir geweihet solchen Busens Beben. Ach! weiter trägt der Fuß mich, immer weiter, Von Ihres Heiligthums geheimer Halle; Und ringsum lächelt die Natur so heiter; 1099

Kommentar

Doch todt erscheinen mir die Freuden alle, Unwiderstehlich zieht mich hin ein Sehnen; Wann stillest Du diß bittersüße Sehnen? Dieses sehr ähnliche Gedicht, von dem wohl keine griechische Fassung zustande kam, läßt den Schluß zu, daß Böckh vielmehr sein deutsch abgefaßtes Sonett ins Griechische übersetzte. Das Titelblatt kündigte weitere an, die wohl nicht mehr geschrieben wurden. 323,20–324,18 Es pocht, ich fasse Muth, wer da? mir will schier grausen 〈. . .〉 Spinnen.] Ricklefs Lyr-Reg. 570: Als Gedicht Arnims verzeichnet.

Entstehung An der Verfasserschaft Brentanos mußte früher insofern Zweifel aufkommen, als er vermutlich kein Griechisch konnte. Doch gerade dieser Tatbestand spricht im Gegenteil dafür, denn einzelne Wendungen des griechischen Gedichts werden nur dem Klang nach aufgenommen und auf Deutsch in der folgenden Zeile des Einsiedler-Sonetts verballhornt. Es sind dies vor allem die in Klammern stehenden Sätze. Sehr wahrscheinlich hat also Böckh im Heidelberger romantischen Zirkel sein Sonett vorgelesen, und Brentano wurde zu Wortspielen inspiriert, die nun wieder für ihn sehr viel typischer sind als für Arnim. Strack hat diese Sprachspiele erstmals entschlüsselt (Strack 2009, S. 280f.): »Er hört das Wort κρα τιστον (phonetisch: kra´tiston) und realisiert Aristokratensohn (1. Zeile); er schließt daran die Frage: aus welchem Lande? Er hört weiterhin: παιδιω δους ϕιλτα του (phonetisch: paidio´tus filta´tu) und macht daraus: bei dich, o thus, viel da; aus Ερωτος (phonetisch: e´rotos) in der dritten Zeile wird bei ihm Herodes, womit er an die vorausgegangene Kindermörderanspielung anknüpfen und ausrufen kann: mein Herr o bleib er draußen. Im vierten Vers taucht das Wort χαρμα των (phonetisch: charma´ton) auf, was bei dem Eremiten die Vorstellung weckt: Er klagt er sei gar matt, die er – auf Herodes gemünzt – mit dem Gedanken verbindet: Hier giebt’s kein Kind zu schmaußen. 〈. . .〉 Aus κλε ει (phonetisch: kle´ei) wird Kleie, sowie aus καλων (phonetisch: kalo´n) kahl ohn usw. Besonders markant ist die vorletzte Zeile des griechischen Sonetts mit der Vokabel μαται αις (phonetisch: mataiais), die der Einsiedler akustisch in Matheis verwandelt 〈. . .〉.« Wenn man das griechische Sonett in Lautschrift schreibt und Brentanos Gedicht direkt unter die jeweiligen Zeilen setzt, sind noch einmal so viele Textverballhornungen zu erkennen (jeweils unterstrichen):

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Zu ZfE 26

Es pocht, ich fasse Muth, wer da? mir will schier grausen mon oistha keinon imeron kra´tiston

(Aristokratensohn, sagt er) aus welchem Lande? tu paidio´dus philta´tu t agonos

(Er sagt, bei dich, o thus, viel da) – gewiß die Heidenbande e´rotos uper pleistos estin onos

(Herodes nennt er sich) mein Herr o bleib er draußen. karpumenoisi charma´ton megiston.

(Er klagt er sei gar matt) Hier giebt’s kein Kind zu schmaußen philematon gar ei didosi misthon

Ja Mißton viele matt Ton zierknarrt er im Sande u go phthoneso to kle´ei Platonos,

Oft äß’ er und sein Kleeblatt Kleie ich verstande u go phthoneso tois theois aionos

Ich mische mich nicht drein, drum weicht von diesen Klausen. Pais gar phile panton kalon ariston.

Ja ja, gar viele Band ohn, kahl ohn, er ist ohne, Pheu prosth o pus agei me, prosthen aei

Ja prost! ich kenn dein bieder Prost, dein kindlich Eiei, ton hedonon et uden esti kalon

Im Weihnachtskuchen schnappst du nach der Königsbohne. allos de pyr ten kardian me kaei.

In derlei Heuderlei leg Osterhaas dein Maiey, en u lytois desmoisi karth healon

Des Moisis Garten selbst trägt keine Wünschelruth dir o ner ti kaucha tais phresin mataiais,

O närrscher Matheis, Glatteis ist, sei auf der Huth hier. eilemmenos tais phrontisin krataiais;

Eisbrei sei Reisbrei! ei, Breieis reiß schnell von hinnen, Greep Mücken Hempken greeper mit den andern Spinnen. Das Schweifsonett, das sich auf das griechische Sonett bezieht, stellt also gleichzeitig sprachlich eine Satire auf die Sonette von Voß dar. Brentano gebraucht zunächst das gleiche Reimschema wie Böckh, greift bei den beiden zusätzlichen Reimwörtern sogar auf die beiden abschließenden Reime der

1101

Kommentar

deutschen Fassung zurück: hinnen / Sinnen / umspinnen (325,21/23)

Spinnen (324,17/18) entsprechend

Erläuterungen Es besteht Ähnlichkeit mit der wohl 1809 entstandenen Satire um den Müller Voß in Brentanos Märchen vom Murmelthier. 324,1 Kleie] Im Märchen vom Murmelthier ist von Wörtern und Redensarten, die ihm [Müller Voß] unter die Kleie gekommen waren (FBA 17, S. 283), die Rede, möglicherweise eine »Reminiszenz an die Accademia della crusca, die Kleie-Akademie in Florenz, die als Sprachgesellschaft das Vorbild der Fruchtbringenden Gesellschaft war« (Brigitte Schillbach, in: FBA 17, S. 563), da sich Voß als Sprachverbesserer betätigte. 324,7–9 Ja prost! 〈. . .〉 Königsbohne.] Vgl. 322,20. 324,11 Heuderlei] Anspielung auf den Heureigen von Voß mit den Reimen: dalderaldei!/ Heu!/ Juchhei!. Vgl. ferner Görres’ Satire in der Beylage (523,19–21). Auch im Märchen vom Murmelthier wird der Ausruf Heuderlei zweimal zitiert (FBA 17, S. 283, Z. 28 und S. 284, Z. 31). 324,15 O närrscher Matheis, Glatteis ist] Diese Zeile deutet ebenfalls auf Brentano, der – auf eine katholische Wetterregel anspielend – später (1830) in seinem Mosel-Eisgangslied schreibt: Zu Trier von Sanct Matheis/ Heißt’s: Matheis bricht das Eis,/ Und findet Matheis keins,/ so macht uns Matheis eins. Der Matthiastag ist am 24. Februar, fällt also in die närrische Fastnachtszeit. 324,17–18 Eisbrei 〈. . .〉 Greep Mücken Hempken greeper 〈. . .〉 Spinnen.] Die Verlängerung des Sonetts zu einem Schweifsonett bezieht sich auch auf einen sarkastischen Wunsch von Voß, denn dieser hatte in der JALZ gefragt: Und warum, edle Kunstjünger, die ihr den südlichen

Meistersängern so manche kurzweilige Fündlein ablauertet, warum thut ihr spröde gegen das lustige Schwanzsonnet 〈. . .〉. Macht euch daran! Wer über den Hund wegkömmt, der kömmt auch über den Schwanz! (Nr.129, 2. Juni, Sp. 418) Mit dem Wort Eisbrei schafft Brentano den Übergang vom Glatteis zu einem wilden Sprachspiel. Strack meint dazu: »Mit diesen orakulösen Worten, die wie ein Zauberspruch anmuten, nimmt Brentano, wie zuvor, die Lautungen des griechischen Sonetts auf und setzt sie um, indem er auf Vossens Spottreim (dreymal / Breymahl) anspielt; zugleich aber ist er bemüht, durch Binnenreime und Paronomasien jenes befremdende Reimgeklingel kunstvoll hervorzubringen, das Voß als Klappergereim von Fix oder Fax [JALZ, Sp. 416] verworfen hatte.« (Strack 2009, S. 282)

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Zu ZfE 26

Die nächste Zeile erinnert zunächst an die Stechmücken der ägyptischen Plagen, die im ersten Sonett erwähnt wurden, und spricht Voß dann auf Niederdeutsch direkt an als Hempken greeper. Diesen Ausdruck kannte Arnim von seiner Großmutter; im Brief an Brentano vom 17. Februar 1806 aus Berlin (Fünf Boden sind vor vierzehn 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,5 Bl. 138r–141v; WAA XXXII, S. 156) erwähnt er ihn. Er schreibt darin über seinen Diener Frohreich, den sein Onkel, Hans Graf von Schlitz, so bezeichnete: Dem hat mein Onkel ein prächtigen Namen gegeben, den meine

Großmutter auch mir sonst wohl gegeben Hemkengriper, das heißt einer der Heimchen aufgreift, also die Landplagen. Unter diesem Namen, Hemkengriper, taucht Voß in Arnims Erzählung Holländische Liebhabereien im Jahr 1826 noch einmal auf (Landhausleben. Erzählungen von Ludwig Achim von Arnim, Leipzig: Hartmann 1826, S. 197–291; vgl. Werke IV, S. 550–601; Kommentar, bes. S. 1215 f. und 1295). Auch Bettine von Arnim verwendet daraufhin diesen Ausdruck in einem Brief an Nathusius, den sie in ihr Briefbuch Ilius Pamphilius und die Ambrosia (1847) aufnahm. Sie kritisiert den jungen Mann in seinen pietistischen Vorlieben als langweilig und charakterisiert ihn als Holländer Heemkenkreeper (Heim-

chensucher), darüber müßte ich, wenn ich ein holländischer Seefahrer wär’, die Swärenothe fluchen. (Bettina von Arnim, Sämtliche Werke, hg. v. Waldemar Oehlke, Bd. 5, Berlin 1920, S. 498). Strack weist darauf hin, daß Voß in seiner Rezension das Sonett als eine grillenhafte Reimkünsteley (JALZ, Sp. 419) bezeichnet hatte. (Strack 2009, S. 282) Zur Abneigung von Voß gegenüber Fliegen vgl. auch Brentanos ersten Aufsatz gegen Voß über das Wh. Brentano schreibt, wenige Monate nach den satirischen Gedichten:

Schlummere sanft edler Mann, aber schnarche auch, gewiß werden alle, die dich lieber schnarchen hören, als in unsrer Sammlung sich erfreuen, bei deinem Lager sitzen und dir die Fliegen jagen, biß du neuer Domitianus sie selbst spießest 〈. . .〉. (FBA 9/3, S. 689 und Röllekes Erläuterungen, S. 699) Im Märchen vom Murmelthier hält der Müller Voß den Hammer der Türe immer sehr heiß, damit sich die Fliegen nicht drauf setzen sollten, die er nicht leiden konnte (FBA 17, S. 289f., Kommentar von Schillbach, S. 422). 324,19 lacht hier über laut auf deutsch] Ein groteskes Bild, denn das Lachen gehört keiner Sprache und Kultur an. 324,21 Wolfspelz] Vgl. unten 324,28. 324,24–325,22 Einsiedler. Ei seht mir doch den tollen Schelm von hinten 〈. . .〉 Christian Schneider.] Ricklefs Lyr.-Reg. 453, als Gedicht Arnims verzeichnet. Das Gedicht dürfte wegen der fortgesetzten Reimspiele von Brentano stammen.

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Kommentar

324,28–30 In Wolfshaut will das Böcklein sich verhüllen 〈. . .〉 weiche Reime] In der ersten Z. deutet Böcklein auf August Böckh, die Wolfshaut auf den Philologen Friedrich August Wolf (1759–1824), seinen Lehrer an der Universität Halle. Während hier witzigerweise ein Böcklein in Wolfshaut erscheint – nämlich das Sonett in griechischer Sprache –, tritt dem Murmelthier in Brentanos Märchen, dem Sprichwort entsprechend, ein Wolf in einer Schaafshaut entgegen (FBA 17, S. 284). Strack zieht eine Linie von den weiblichen weichen Reimen, die Voß am Sonett störten, zu dem »Übersetzungsprinzip Wolfs 〈. . .〉, dem sich Böckh verpflichtet fühlte. Wilhelm Körte, der Biograph August Wolfs, gibt zu verstehen, dass mit Wolf ein kunstreicher Übersetzer hervorgetreten sei, der Vossens trockene Übersetzungsmanier überwunden habe. Alles starr, leblos und steif, etwa wie ein handwerks-

mäßiger Gips-Abguss über ein lebend Antlitz: bis auf die Faser treu, aber erstarrt, erstorben und zum Erschrecken ähnlich, so umschreibt Körte Vossens Versbau [Leben und Studien Friedr. Aug. Wolf’s, des Philologen. Essen 1833, T. II, S. 87]. Wolf hingegen habe – nach anfänglicher Schätzung der Voßschen Übersetzungsmanier – immer nachdrücklicher kunstmäßige Verse gepflegt, begleitet von Wohllaut und harmonischer Beweglichkeit [ebd., S. 81].« (Strack 2009, S. 284) Über derartige Übersetzungsfragen könnten sich die Beteiligten an dieser Sonetten-Antikritik damals unterhalten haben. 324,32–325,22 erste Vierling 〈. . .〉 Drilling] In der jeweils letzten Z. der Sonett-Strophen wird die Erfüllung der Form resumiert: der erste Vierling, der zweyte〈n〉 Vierling, ein Drilling und zuletzt Der zweite Drilling. In kaum einer Gedichtform war das Nachdenken über dieselbe so häufig wie im Sonett, und auch in der Romantik wurde an diese Tradition angeschlossen; auch Goethe schrieb sein im Morgenblatt publiziertes Sonett über diese Form selbst. 325,1 Maskenäffchen] Im Märchen vom Murmelthier wird der Affe Sonneto erwähnt (FBA 17, S. 285). Brentano bezieht sich in beiden Fällen auf das Sonett von Voß gegen Goethe, das schließt: Und lächle mit, wo

äffische Naturen/ Mit rohem Sang’ und Klingklang’ afterchristisch,/ Als Lumpenpilgrim, wallen nach Loretto. (Morgenblatt, 8. März 1808, Nr. 58, S. 229). 325,3–5 griechisch Füllen 〈. . .〉 Sprich nicht so golden, Fließ, du bist ja wüllen] Das Füllen, ein junges Pferd, steht hier wohl wegen des Reimes, denn gleich kommt Brentano wieder auf das Böckchen zu sprechen, dessen Fließ wüllen sei, seine goldene Rede sei deshalb nicht angemessen. Brentano spielt mit den Wörtern golden, Fließ auf die griechische Sage der

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Zu ZfE 26

Argonauten an, die das Goldene Vlies, das Fell eines Widders, eroberten. Der Autor Böckh ist aber kein Grieche, soll also seine Identität zu erkennen geben. Das geschieht dann scheinbar in der letzten Zeile. 325,12–13 vorwärts 〈. . .〉 Thorwärts] Das Reimwort vorwärts im Böckhschen Sonett wird aufgenommen mit Thorwärts. Vielleicht ein versteckter Hinweis darauf, wie die beiden vorhergehenden Sonette miteinander im Sprachspiel verschränkt sind. 325,22 Christian Schneider] Scheinbar wird der Verfasser hier bekannt gemacht, jedoch wird im Gegenteil dessen Pseudonym vom Berliner Fliegenden Blatt genannt, hinter dem Böckh sich versteckte. Strack meint zu Brentanos Verfahren: »Brentano wusste sicherlich Βescheid über Böckhs Autorschaft. Aber er verwendet dessen Pseudonym, um den Freund vor Voß nicht bloßzustellen.« (Strack 2009, S. 278) Wieso Böckh gerade dieses Pseudonym wählte, ist bislang unklar. 325,25–34 Geliebte 〈. . .〉 acht Vierlingen und sechs Drillingen] Brentano lüftet nun ein weiteres scheinbares Geheimnis: In Wirklichkeit sei das griechisch verhüllte Sonett ein Mädchen, vermutlich eine Anspielung auf Vossens Einschätzung des Sonetts als weichlich weiblich (JALZ, Sp. 419). Sie konnte in ihrer Verkleidung als Griechin sicher über das Schlachtfeld von Eichstädt gelangen. Nach dem Tod der meisten Sonette bringt sie mit ihrem Geliebten nun eine erstaunliche Anzahl von Kindern hervor, wobei Brentano unter den acht Vierlingen und sechs Drillingen hier die einzelnen Zeilen des Sonett-Gedichts versteht. Die Sonette sind also keineswegs ausgerottet; Vossens Aktion war so erfolglos wie die des Königs Herodes. – Arnims Verhältnis zu Böckh war auch bei seinem Weggang von Heidelberg ungetrübt. Er schrieb am 17. November 1808 an Bettine von einem wilden Ball und dem anschließenden Abschied (Frankfurt/M.; FDH 7285: Ich schreib Dir auf Melinens 〈. . .〉): 〈. . .〉 beym Abschiede küsste mir Böckh die Hand und

ich ganz ernsthaft ihm wieder. 326,1–13 Buchhändler-Anzeige 〈. . .〉 wurden.] Die Anzeige läßt vermuten, daß die Beylage offenbar schon Anfang Juli erscheinen sollte und nicht erst nach dem Eingehen der Zeitschrift. Doch kam es zu einer Verzögerung, so daß die Auslieferung später erfolgte. Der Text wurde wohl von Achim von Arnim formuliert, der ausschließlich die Sonetten-Geschichte als seinen Beitrag zu dieser Fehde im Brief an Bettine vom 26. Juni 1808 (Ich lasse mich gern von 〈. . .〉) nennt. Auch diese Ankündigung ist eine Spitze gegen Voß und dessen Rezension in der JALZ, da sie einen Anhang zu den Sonneten

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Kommentar

in der letzten Ausgabe von Bürgers Werken darstellen soll: Die Kritik von Voß ist also fruchtlos geblieben.

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Zu Juni-Heft

Juni-Heft. Umschlag 328,1–334,7

Ein Kurzweilig Gespräch 〈. . .〉 zuschwetzen] Entstehung

Vielleicht war der Anlaß, diesen Text abzudrucken, Arnims mißliche Lage in Heidelberg, denn er schrieb Bettine am 22. Mai 1808 (FDH 7264; Ich denke, Du bist jezt 〈. . .〉): Mir ist die Stadt fast ganz verhasst durch den Wirths-

tisch, an dem ich seit Zimmers Abreise mit Clemens esse; er hat darin eine glückliche Behaglichkeit sich mit einer Menge Leute gern zu unterhalten, ja ihnen vertraulich vorzuerzählen, die er eigentlich nicht leiden mag, mich ärgert jedes Wort, was ich so einem zur Antwort sagen muß und mir gerade gegenüber speisen drey verhasste gelbe Rüben. Noch eins ist mir verhasst an den Wirthstischen hier, die Menge Reisende, die alle dasselbe suchen unter denen oft Bekannte, die einem die kaum abgeschüttelte Wucht der Politick zuwälzen, die man herum führen muß, wo man lieber allein geht oder wenigstens mit andern Gedanken. Der Text ist ein Kapitel der Familiarium Colloquiorum Formulae des Erasmus von Rotterdam (1466/9–1536). Arnim erwähnt das Gespräch in

ZfE32 (400,32–39) in polemischem Zusammenhang in bezug auf Voß’ Kritik an der Sonettenform. Er nimmt die Beschreibung der Zustände in einem deutschen Wirtshaus aus dem Streitgespräch überarbeitet in den 2. Bd. seiner Kronenwächter auf (vgl. Werke II, S. 451–453). Der Text ist auf der wohl in Kassel um den 20. Februar 1808 entstandenen Liste von Brentanos und Wilhelm Grimms Hand genannt (vgl. Kapitel Entstehung): Ueber zweierlei Wirthe. Vermutlich war in der Titelei der alten Übersetzung, welche die Quelle war, der Verfasser Erasmus nicht genannt, denn Wilhelm Grimm schrieb seinem Bruder Jacob aus Halle am 2. August 1809 (Rölleke 2001, S. 154): Und denk neulich les ich in den Colloquien des Erasmus Rot-

terod. und finde, daß die Erzählung von den Wirthshäusern in Deutschl. u. Frkrh. die auch im Einsiedler steht, nichts ist als eine Übersetzung von einem dieser Colloquien. Das Buch ist auch sonst 1107

Kommentar

nicht unintereßant und in der Händebibliothek aufzustellen. Die zugrundeliegende alte Übersetzung konnte noch nicht ermittelt werden; folgende Ausgabe ist als Quelle auszuschließen, wie der Textvergleich zeigt: Erasmi von Rotterdam Colloquia Familiaria oder Gemeinsame Gespräche 〈. . .〉 zum Nutz der studirenden Jugend ins Hochteütsch übersetzt durch Friederich Romberg. Heidelberg: Johann Michael Rüdiger 1683. Das Kapitel heißt im lateinischen Original Diversoria und wurde erstmals in der Ausgabe vom August 1523 in Basel bei Johannes Froben gedruckt (vgl. Erasmus von Rotterdam, Vertrauliche Gespräche. Aus dem Lateinischen übersetzt, hg. und mit einem Vorwort versehen von Kurt Steinmann. Zürich 2000; Text damit ersatzweise verglichen).

Druckfehler 331,7 nehmen] nennen 331,16 zwischen] wischen 331,32–33 Ganymedes] Gamymedes

Erläuterungen 328,15–16 Ulysses 〈. . .〉 Syrenen] Anspielung auf den 12. Gesang von Homers Odyssee: Die Sirenen sind Fabelwesen mit Vogel- und Mädchenleibern, welche Seeleute durch ihren Gesang anlocken und töten. Odysseus ließ sich an einen Mast binden, um den Gesang zu hören. Seine Gefährten mußten sich die Ohren verstopfen. Vgl. den Beginn von Arnims Halle und Jerusalem. 328,19 schimpff] damals in der Bedeutung von: Scherz. 328,24–25 den Catonem selber] Marcus Porcius Cato Censorius (234–149 v. Chr.) wurde als strenger Sittenrichter sprichwörtlich. 330,2 bulgen] Gepäckstücke 331,11–12 mit den Hispanischen Blatern 〈. . .〉 nennet] Syphilis 331,15 Pestilentz] Erasmus hatte seine Eltern früh durch die Pest verloren. 331,32–33 Ganymedes] Der schöne Jüngling Ganymedes war der Mundschenk des Zeus. 333,15 Charon] Fährmann der Unterwelt 333,26 die Stadt Platonis] Nach Platon, Der Staat. 334,6 plünderlin] Gepäck

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Zu ZfE 27

ZfE 27 2. July: 337,3–11 Willst du dich ganz zurücke ziehen 〈. . .〉 schlecht. L. A. v. A.] Ricklefs Lyr.-Reg. 1782. Arnims Denkspruch ist nur hier überliefert. Vgl. Werke V, S. 574. Arnim setzt sich in der gesamten Nummer mit Problemen der Gegenwart auseinander. 337,13–348,13

Scherzendes Gemisch 〈. . .〉 Arnim] Entstehung

Der Text ist ein stilisierter Dialog zwischen Arnim und Brentano, der mit seinem literarischen Spitznamen Herzbruder (337,16) genannt wird (nach Grimmelshausens Simplizissimus). Dieser klagt, er sei an der Grenze durchsucht worden – etwas, was in der Zeit der Kleinstaaterei häufig vorgekommen sein dürfte –, doch wird damit hier auf die Zensur angespielt. Arnim greift das Thema ein Jahr später in der Einführung des Leser im Wintergarten wieder auf (vgl. D, S. IX f. sowie Arnim, Werke 3, S. 76f.). Hier in der ZfE bringt er die geistige Unfreiheit mit einer falschen Kritik (337,26) in Verbindung. Der Alte (338,19) ist der legendäre Ahasverus. Er macht ein Wortspiel mit Galle und dem Gallapfel (338,23), der sich da findet, wo ein grünes Blat zerstochen. Der Gallapfel ist das Gelege der Gallwespe, doch wurde er früher zur Bereitung von Tinte verwendet. Arnim empfiehlt, aus dem abgelegten Zeuge Kinderzeug (338,27) zu machen. Dies erinnert an das Geburtstagsgedicht für seine Nichte Adele von Schlitz, der er alte Kalender schenkt (Ricklefs Lyr.-Reg. 708; Zitat: R. Moering, Achim von Arnims Gedichte auf seine Kinder. In: Dies Buch gehört den Kindern. Achim und Bettine von Arnim und ihre Nachfahren. Beiträge eines Wiepersdorfers Kolloquiums zur Familiengeschichte, hg. v. Ulrike Landfester und Hartwig Schultz. Berlin 2003, S. 87): Gutes Neujahr, neues Spielzeug/ Brachte

Dir der heilge Christ,/ Und ich bringe Dir mein Spielzeug,/ Bücher, die jezt niemand liest./ Ich verehre Dir Kalender/ Von den Jahren, die vorbey,/ F a b e l n alter Morgenländer/ Was vergangen ist dir neu. 1109

Kommentar

Druckfehler 338,15

Verzweiflung] Verzweiflug

339,1–341,6 Der an seinem Witz verzweifelte Jupiter. »Weisse Metis, saugend Süsse 〈. . .〉 trachten.]

Entstehung Arnim beginnt hier einen Zyklus von Gedichten, die durch das Motiv der – oft ironisch gemeinten – Verzweiflung im Titel verbunden sind. Ricklefs Lyr.-Reg. 1614; nur hier überliefert. Vgl. Werke V, S. 574–576 u. Komm. S. 1359f.

Erläuterung Arnim verwandelt eine Erzählung der griechischen Mythologie in eine Kritik an Voß. Zeus, der griechische Göttervater, röm. Jupiter genannt, heiratete in erster Ehe die Okeanide Metis. Er erfuhr von seiner Großmutter, daß sein Kind ein größerer Gott als er sein und ihn verdrängen werde. Also verschlang er Metis mitsamt dem Ungeborenen. Dieses wuchs in seinem Körper heran und entsprang in voller Rüstung seinem Haupt, das Hephaistos (Vulkan) mit einer Axt öffnete; es war die jungfräuliche Athene (Minerva). Bei Arnim verschlingt Jupiter Metis nicht aus Furcht vor dem Nachkommen, sondern aus Liebe. Während das Kind in seinem Kopf heranwächst, erschafft er – somit abweichend von der mythologischen Vorgabe – in seiner Verwirrung die Kentauren (Menschen mit Pferdeleibern). Auch die Bienen, die nach der gewaltsamen Geburt in Jupiters Kopf schwärmen und ihn mit dem Absingen von Sonetten (Klingding, 340,13) verwirren, sind eine Zutat Arnims. Die Anspielung Arnims ist deutlich: Die alten Götter leben nicht mehr; nur Voß verhält sich in seinem Wahn so, als sei er ein Gott der Antike. 341,7–345,34 Ixion, der an seinen Studien verzweifelte Dichter. Sausend gerissen am/ Rade der Zeiten 〈. . .〉 Zeitvertreib.] Ricklefs Lyr.-Reg. 1277. Gedicht Arnims.

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Zu ZfE 27

Überlieferung und Varianten Dem Druck gehen drei Hss. voraus. Die ersten beiden sind fragmentarisch überliefert; es handelt sich um Anfang und Schluß derselben Fassung, die in England entstand: H1: Im nicht abgesandten Brief an Brentano (London, Ende März/ Ende April 1804: Pio Clementi Achimus Arnim S.D.P. 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 359–361; Schultz I, S. 226–8. Entspricht 341,7–343,13): Schaffe Dir doch den zwei-

felnden endlig sogar bey seinen studiis verzweifelnden Academicus, es ist ein vortreflig Buch, ich schreibe Dir folgendes Lied daraus ab. Ixion der verzweifelnde Academicus Sausend gerissen am Rade der Zeiten Aufwärts zur Höhe Wohl mir und Wehe! Sinkend noch rascher Tiefer und tiefer Schäumende Wasser Stürzen den Muth; Schwindelnd die Augen Löschend in Funken Thränenversunken. Ach ich gemeiner Kerel versuchte Ewige Hoheit Göttlige Schöne Niederzulegen Mir zum Besiz Ohne zu ragen Ueber sie hin. – Weil ich geduldet Ward bey dem Mahle Hofnarr der Götterburg Schwoll mir der Kropf, 1111

Kommentar

Glaubt ich mich Gott. Als mir der Nektar Kizelt die Nase, Enget den Hals und Flügelt das Blut. (Nimmer ich konnte Wachend ertragen Auswerts sein Streben Und dann erwachend Must ich mich speien, Daß mir das Herz Floß auf der Zunge Daß ich verfluchte Göttliges Leben Daß ich gelobte mir Nimmer zu trinken Wenn mir auch Hebe Hielte den Becher Wüsche die Füsse.) Als mir der Nektar Kizelt die Nase, Wieder ein〈m〉al, Mehr als Kronion Selber zu trinken, Ich mich vermaß. Aber die Augen Sanken herunter Und aus dem Munde Floß mir der Nektar Kühlend zum Nabel, Winkten die Götter sich Stille einander Spottend im Kreise. Löschten die brennenden Haare des ewigen Morgens der Himmel Daß sie die Träume Sähen die heimlige 1112

Zu ZfE 27

Lust mir entlockte aus Trügender Pforte! – Ward mir so wohlig, Ward mir alleinig, Fühlt mich bald zweyig, Juno sie strich die Locken im Nacken Und ich umfasste heiß Hungernd die Göttin, – Ach nur die Wolke Im vorausgehenden Briefentwurf an Brentano (London, Ende März/Ende April 1804: aber innen da sieht es 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 356) hatte Arnim geschrieben: Schaffe mir doch den bey seinen Studiis zweifelnden endlig sogar verzweifelnden Academicus an, es muß ein treflig Buch seyn 〈. . .〉. Härtl ermittelte: Der verliebte betrübte Und bey seinen Studiis endlich verzweifflende Academicus, oder Der unglückliche Student. Freystadt 1691, in dem sich das Gedicht nicht findet (vgl. ebd., S. 859 und 862f.). Schultz nahm an (Schultz II, S. 827), daß es sich um folgendes Werk handelt, das sich in Arnims Bibliothek befindet: Dramatische Spiele von J F von Meyer. Piast. Ixion. Der Feuerlärm. Wintergemählde. Frankfurt/M. 1801 (Arnim-Bibl. B 1062). Das Gedicht ist jedoch von Arnim; er behandelt nur den gleichen Stoff. Vgl. dazu: Johannes Barth: (Rez.) Schultz, Freundschaftsbriefe. In: Aurora 59 (1999), S. 286), der nachweist, daß Arnim erst am 2. April 1805 von Brentano auf dieses Buch hingewiesen wurde. H2: Brief an Clemens Brentano, London, vmtl. Ende April/ Anfang Mai 1804: Freund Mitarbeiter an der Welt! 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 373–375; Schultz I, S. 229–232. Entspricht 344,8–345,34):

Es liegt ein langer Brief an Dich in meinem Schranke, ich habe den Schlüssel dazu verloren. 〈. . .〉 beym ersten Verse glaube ich nie am zweyten, aber der Gedanke daran ist herrlig, so hoch daß ich an meinen verzweiflenden Academicus Ixion denke nachdem ihn die Bedienten haben heruntergeworfen – – Wo ach wohin? Oftmals ich höre den Anstoß der Becher 1113

Kommentar

Seliger Götter Wenn ich am Rade Schaudre zur Höhe! Läuft mir das Wasser im Munde zusammen, Sinkt ich zum Wasser Scheu und verhöhnet Weil ich gemeiner Kerl versuchte mir Ewige Schönheit zu Ziehen herab. Habe nach Ewgem Nimmer Gelusten, Kannst du das Rad der Zeiten nicht halten im Sinken. Meine Gespielen die Leben wie ich und Jubeln doch fröhlig und Trinken im Wasser sich Brüderschaft. Nimmer zum Mahle der Götter sie drängten, Immer sie warten der Blicke Kronions, die Nimmer sie sehen. Freuen und warten des Mahles der Arbeit Freuen und warten der Mässigen Höhe Sinken sie spiegeln gleich Himmel und Sterne sich Alles erinnernd im Mühlbach der Zeit, wie Sträuche die Blumen, wie Bäume die Sträuche, wie 1114

Zu ZfE 27

Sommer die Bäume Alles einander Dränget und treibt. Treibt sie die Zeit, Nennen sie’s Zeitvertreib 〈. . .〉 ich möchte die Welt zur Kunst heraufziehen, wie mein Ixion die Kunst möchte zur Welt herunterziehen 〈. . .〉. H3: FDH Pergamentband I, Nr. 107, S. 70v–74. Die Fassung ist noch etwas kürzer als die der ZfE.

Ixion, der an seinen Studiis verzweifelte Musensohn. Sausend gerissen am Rade der Zeiten Aufwärts zur Höhe Wohl mir und Wehe! Sinkend noch rascher Tiefer und tiefer Schäumende Wasser Stürzen den Muth; Schwindelnd die Augen Löschen in Funken Thränen versunken. Ach ich gemeiner Kerrel versuchte Ewiger Schönheit Göttliche Hoheit Nieder zu beugen, Mir zum Genuß, Mir zum Besitz. Weil ich geduldet War bey dem seligen Mahle der Götter Possen zu reissen, Glaubt ich mich Gott! Als mir der Nektar 1115

Kommentar

Kizelt die Nase Enget den Hals und Flügelt das Blut. (Nimmer ich konnte Lange ertragen sein Mächtiges Streben, Must es verschlafen, Und dann erwachend Must ich mich speien, Daß mir das Herz Saß an der Zungenspitz, Daß ich verfluchte Göttliches Leben Und mir gelobte Nimmer zu trinken, Wenn mir auch Hebe Reichte den Becher, Wüsche die Füsse, Salbte die Haare.) Als mir der Nektar Kizelt die Nase Wieder einmal, Mehr als Kronion Selber zu trinken Ich mich vermaß; Aber die Augen Sanken bald zu, Und aus dem Munde Floß mir der Nektar Kühlend zum Nabel; Stille einander Winkten die Götter, Wie ich erfahren, Spottend im Kreise. Löschten die brennenden Haare des Morgens, Daß sie die Träume Sähen die heimliches 1116

Zu ZfE 27

Lusten entlockte Trügerte Forte! – Ward mir so wohlig, Ward mir alleinig, Fühlt mich bald zweyig, Juno sie strich die Locken im Nacken Ja ich umfasste heiß Hungernd die Göttin, – Ach nur die Wolke! – Schon mich erweckte Schluksend Begehrenden Donnergerassel, Lachen und Grinsen Aller der andern Lieblinge Jupiters. Bebend ich schaute sein Antlitz, ein Augenblick; Schrecklich die Braunen Drängt er zusammen Und in der Augen Bliz Must ich erblinden Alle die Götter Hielten die Nase, die Augen sich zu. – Da war kein Halten. – Alle die Stufen der Himmlischen Feste Die ich erstiegen Ohne zu grüssen, Schritte der Götter der Hohen nachahmend Fast zum Verkommen; Alle die Stufen wie Fallende Kiesel vom Felsen hinunter Schneller und schneller Wurd ich geworfen, aus 1117

Kommentar

Händen in Hände Nieder zur Tiefe, denn Gut ist Bedienung Waltender Götter! Wo ach wohin? Wie Bin ich verworfen. Oftmals ich höre den Anstoß der Becher Seliger Götter, Wenn ich am Rade Schaudre zur Höhe! Läuft mir das Wasser im Munde zusammen, Träum ich sie reichen mir Neigen vom Nektar, – Uebergangschauer. Schon in das Wasser Sink ich verhöhnet, Weil ich gemeiner Kerrel versuchte Ewige Schönheit zu Fassen besitzend zu Ziehen herab. Habe nach Ewgem Nimmer Gelusten, Kannst du nicht greifen ins Rad der Zeiten, es Halten im Sinken, Tragen das Endende Gleichen Gemüths und Freundlicher Seele! Meine Gespielen, die Jubeln noch, trinken im Wasser sich Brüderschaft. Nimmer zum Mahle der Götter sie kamen, Immer sie warten der Blicke Kronions, die 1118

Zu ZfE 27

Nimmer sie sehen, Wartend sie freun sich des Mahles der Arbeit, der Mässigen Höhe Wartend sich freuend! – Sinkend erinnernd, Sehn sie die Höhe sich Spiegeln im Mühlbach, wie Sträuche die Blume, Bäume die Sträuche, Sommer die Bäume, Alle einander Drängen und treiben, bis Eine der Sonnen Alles vertreibet; Treibt sie die Zeit, so Nennen sies Zeitvertreib. H4: GSA 03/49,9, Bl. 20–22: Entwurf zur Päpstin Johanna; nach dem Druck in der ZfE (1812/13); vgl. Werke V, Komm. S. 1360–1362. Abdruck der Variante: Sausend gerissen am Rade der Zeiten 〈. . .〉 in: Ulfert Ricklefs, Magie und Grenze. Arnims »Päpstin Johanna«-Dichtung. Mit einer Untersuchung zur poetologischen Theorie Arnims und einem Anhang unveröffentlichter Texte. Göttingen 1990, S. 521–523. Die Fassung hat doppelt so lange Verse und ist metrisch verbessert. Vgl. WAA X, S. 416–418.

Druckfehler 342,23 Kronion] Kronien Alle Hss. haben Kronion 343,4 wohlig] wehlig ZfE wohlig H1 H3 344,6 Bedienung] Bedingung ZfE (sinnlos) Bedienung H3 345,17 Kronions] Kroniens

Erläuterungen Ixion ist in der griechischen Mythologie ein thessalischer König, der einen Verwandtenmord beging. Zeus/Jupiter erbarmte sich seiner und lud ihn zum Tisch der Götter im Olymp, wo er sich wie diese von Nektar nährte. Er verliebte sich in Hera/Juno, die Gattin des Zeus. Daraufhin schuf Zeus eine

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Kommentar

Wolke, die Hera glich und an der Ixion sich verging. Zur Strafe wurde er vom Olymp verstoßen und im Tartarus an ein sich ewig drehendes feuriges Flügelrad gebunden. Jupiter erscheint hier auch mit seinen Machtzeichen von Blitz (343,24) und Donner (343,16). – Zum Bild des Rades der Zeit vgl. Achim Hölter, Das Rad der Zeit – Eine Denkfigur der Romantik- In: arcadia 30 (1995), H. 3, S. 248–285, zu diesem Gedicht S. 275. Sandra Pott deutet das Gedicht poetologisch (Sandra Pott, Poetiken. Poetologische Lyrik, Poetik und Ästhetik von Novalis bis Rilke, Berlin/New York 2004, S. 92–104. Mit der Ixion-Gestalt der griechischen Mythologie identifiziert sich der junge Dichter Arnim. Vielleicht lag dem Gedicht eine erotische Enttäuschung zugrunde, etwa in England bei der berühmten Sängerin Giuseppina Grassini, wie es z. B. die Verserzählung Nelson und Meduse im Wintergarten nahelegt (D, S. 241–271 sowie Arnim, Werke 3, S. 245–271); Arnim schrieb über die damalige Situation in seinem Brief an Bettine vom 12. März 1811 (Ungeachtet mein Uebelbefinden mir die 〈. . .〉; FDH 12953): In England

war ich doch wirklich dem Falle sehr nahe, das Fremdartige hatte mein Eigenthümliches gedämpft, beynahe in denselben Tagen, wo ich endlich mit der ganzen Welt zu leben hoffte, ergrif mich die wunderbare dem Arzte völlig räthselhafte Krankheit, die mein besseres Wesen läuterte indem sie mir die frischen Reitze der Gestalt entzog 〈. . .〉 (vgl. Renate Moering, „〈. . .〉 nur ein liebend geliebtes Weib zu umarmen〈. . .〉“. Ein unbekannter Brief Achim von Arnims an seine Frau Bettine. In: JbFDH 2007, S. 199–214, Zitat S. 202). 341,20 Kerrel] Kerl; ahd. karal; niederdeutsch: Kerel (vgl. Richey 1755, S. 35). 342,15 Hebe] Tochter von Zeus/Jupiter und Hera/Juno, Mundschenk der Götter. 342,23 Kronion] Zeus/Jupiter als Sohn des Kronos. 342,36–37 die brennenden Haare des Morgens] die Haare der Aurora, der Morgenröte. 342,38–343,3 die Träume 〈. . .〉 Trügender Pforte] Nach Homer (Odyssee, 19. Gesang) gehen die wahrhaften und trügerischen Träume aus verschiedenen Pforten aus. Vgl. 515,24f. 344,18–24 Neigen von Nektar 〈. . .〉 Irdische Lieder] »In der allegorischen Satire auf ambitionierte, unfähige Poeten ist Nektar Poetentrank, wobei die Neigen irdische Poesie hervorbringen.« (Ricklefs, Werke V, S. 1361.) Die kurzen Verse mit den häufigen Enjambements verdeutlichen das atemlose Sprechen des ans Rad gefesselten Ixion.

1120

Zu ZfE 27 und 28

346,1–348,12 Der an seinen Schülern verzweifelte Philosoph auf verschiednen Standpuncten. Weiter hinauf ins spitze Haus 〈. . .〉 nur.] Ricklefs Lyr-Reg. 1616. Nur hier überliefert. Vgl. Werke V, Komm. S. 1362. Groteske auf einen Philosophielehrer. Wörtlichnehmen des Begriffs Standpunct (346,2).

Druckfehler 348,9

Vater] Varer Jessen Erläuterung

348,11 Stein der Weisen] Begriff aus der Alchimie für einen Gegenstand, der Gold herstellen kann. Die Form des Gedichts ist sehr originell und spiegelt die inhaltliche Satire. Das Reimschema ist: a b b c d c d e f e f. Das zweite Reimwort bei d und f ist stets unvollständig gegenüber dem ersten.

ZfE 28 6. July: 349,4–358,6

Von dem Leben 〈. . .〉 waren.] Vgl. ZfE10.

1121

Kommentar

ZfE 29 9. Juli 359,3–362,21

Lebensweise 〈. . .〉 Rostorf] Entstehung

Das Gedicht von Karl von Hardenberg (vgl. Kommentar zu ZfE1) wurde Arnim von Friedrich Schlegel zugesandt, der ihm am 8. Juni 1808 aus Dresden schrieb (Die mannigfaltigen Zerstreuungen 〈. . .〉; BJ/Autographa 155):

Ich schicke Ihnen für heute wenigstens ein kleineres Stück meines Freundes Rostorf. Druckfehler Vgl. Friedrich Schlegels – teilweise – Berichtigung der Druckfehler in: Intelligenzblatt der ›Heidelbergischen Jahrbücher‹, Jg. 1808, Nr. 14, S. 452; Steig 1912, S. 236f. 360,3 dem Wolkensitze] der Wolkenspitze ZfE 360,7 Getümmel] Getünumel Jessen 360,9 Gott] Gotr ZfE 360,22 Dieser mächt’gen Felsen Damm] Diesen mächtgen Felsen

dann ZfE 361,3 hoch] Joch ZfE 361,18 gegrämt] gegrünt 362,23–365,29

ZfE

Von dem Leben 〈. . .〉 ihm!] Vgl. ZfE10.

336,1–369,29; 374,13–377,15

etc./Von 〈. . .〉 eeten.]

Von den Mahandel Bohm 〈. . .〉 Runge 〈. . .〉

1122

Zu ZfE 29

Entstehung und Druckgeschichte Der Maler Philipp Otto Runge zeichnete 1806 zwei Märchen in einer Art pommerschen Dialekts auf: »Machandelboom« und »Fischer und seine Frau«. Nur das erste machte Arnim in der ZfE bekannt. Beide jedoch erschienen 1812 gleich zweimal; zunächst im September in der Sammlung Johann Gustav Büschings (Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Leipzig 1812: Von dem Mahandel Bohm, Nr. 57, S. 245–258; Von dem Fischer un syne Fru, Nr. 58), dann im Dezember in Grimms Kinder- und Haus-Märchen (Berlin, in der Realschulbuchhandlung Georg Andreas Reimers): Van den Machandel-Boom (KHM 47, S. 203–217) und Von den Fischer und siine Fru (KHM 19). Durch die Aufnahme in Grimms Ausgabe erlebten die beiden Märchen eine weltweite Rezeption, besonders in der sprachlichen Fassung der Großen Ausgabe (7. Aufl.) von 1857. Von daher ist auch die komplizierte Überlieferungslage gut erforscht. Für den »Fischer« vgl. vor allem Heinz Rölleke, 〈Artikel〉 ›Fischer und seine Frau‹. In: EdM Bd. 4, Sp. 1232–1240; ders., Von dem Fischer un syner Fru. Die älteste schriftliche Überlieferung. 2. Aufl. In: Rölleke 1985, S. 161–174. Für das Machandelboom-Märchen: Moering, Philipp Otto Runges Machandelboom-Märchen in unbekannter Handschrift. In: Wirkendes Wort, 59. Jg., H. 2, August 2009, S. 237–251. Dieser für Heinz Rölleke zum 70. Geburtstag (6. 11. 2006) geschriebene Aufsatz wurde von ihm bereits zitiert in: Rölleke 2008 (passim und Text von Frohreich). Philipp Otto Runge notierte sich die Märchen Anfang 1806 mehrfach, vermutlich in jeweils leicht abweichender Form. Zuerst kündigte er sie seinem Bruder Gustaf am 7. Januar an (Zitat nach Rölleke 1985, S. 164): 〈. . .〉 ich

will dir 〈. . .〉 gelegentlich zwey Löögschen senden, die ganz außerordentlich schön und complet sind, wenn ich nur Zeit finde, sie aufzuschreiben. Rölleke vermutet, daß das Fischer-Märchen in dieser – abweichenden – Fassung an Friedrich Heinrich von der Hagen gelangte, der es Johann Gustav Büsching für die Edition zur Verfügung stellte. Am 24. Januar 1806 schickte Runge eine weitere eigenhändige Aufzeichnung beider Märchen an den Verleger Johann Georg Zimmer, den er aus Hamburg kannte, als Dank für den ersten Band vom Wh. Er schrieb dazu (Hs. FDH 18467, vgl. ebd., S. 164f. und JbFDH 1972, S. 434): Ich schicke Ihnen hiebey 2 Plat-

deutsche Döhnchen wie sie die Kinderfrauen wol erzählen, man findt sie selten so complet und ich habe mich bemüht sie so zu schreiben wie sie sich hören, vielleicht da Sie das plattdeutsche doch verstehen wird es Ihnen möglich daß Sie auch den rechten ton treffen oder sich 1123

Kommentar

imaginiren, der Ton ist sehr verschieden das erste ist eigentlich erhaben Patetisch und wird durch die Kümmerlichkeit u gleichgültigkeit des Fischers sehr gehoben. Das zweite ist eigentlich wehmütig mehr wie traurig u geht oft in frostigkeit über, – ich glaube daß wann jemand es unternähme so etwas recht zu samlen und hätte das Zeug dazu das eigentliche Zupacken daß es schon der Mühe lohnte, vorzüglich müste nie vergessen werden daß die sachen nicht gelesen sondern erzählt werden solln 〈. . .〉. Vielleicht kannte Runge Arnims Aufruf zur Fortsetzung des Wh. Im Dezember 1805 hatte Arnim in seiner Aufforderung geschrieben (FBA 8, S. 348; vgl. FBA 9/3, S. 651f.): 〈. . .〉 ich werde habsüchtiger, wie mein Vorrath mit jedem Tage anwächst, auch Melodien, Zeichnungen, besonders Nachstiche alter Holzschnitte und Landschaften, alte mündlich überlieferte Sagen und Mährchen werden mit der Fortsetzung dieser Sammlungen sich verbinden 〈.. . .〉. Clemens Brentano sah die Aufzeichnungen damals, aber er kritisierte sie im Brief an Arnim Mitte Februar 1806 (Ich habe deinen lieben Jüngsten 〈. . .〉; FBA 31, S. 499): Der

Mahler Runge von Hamburg, den du durch Tieck kennst, und der ein guter Bekannter Zimmers ist, hat dem lezten über das Wunderhorn geschrieben, aber mit einer ganz eignen Rohheit und Geziertheit zu gleich, dieser klagt über den zerknikten Hauch der Mundarten, besonders der lieben platdeutschen, in welcher er so viele aus diesen nähmlichen Liedern leider schon unverhochdeutscht gehört, zugleich aber schickt er ein paar Märchen in Prosa (plattd〈eutsch〉) an Zimmer, die er so aufgesezt, wie er sie in seiner Jugend gehört, in Ihnen soll der höchste Triumph plattdeutscher Möglichkeit gefeiert sein, es ist wahr, er hat sie vortreflich erzählt, aber leider habe ich in meiner Jugend, dieselben, von der nehmlichen schwäbischen 80jährigen Amme, die mir die Schlangenköchinn sang, hochdeutsch gehört, und Sophie hat sie in Altenburg gehört, der Unterschied ist, daß in meinem Exemplar eine goldne Kette an einen Vater, und ein paar Rothe Schue an die Tochter; in seinem aber ein paar Hosen und ein Wek verschenkt werden, das wäre also der Blüthenstaub der dem Märchen abgestreift ist, oder der Dreck der drauf geschmiert worden? Dies wäre eine Untersuchung für Dozen. Man könnte Brentanos Äußerung über die verschiedenen Geschenke – offenbar irrt er in seiner Erinnerung – nur für eine im Unmut geschriebene Unterstellung halten, wenn nicht eine Bemerkung Ludwig Tiecks nachdenklich machte. Tieck, der Runge aus dessen Dresdner Zeit kannte, besuchte Ende November 1812 Reimer in Berlin und las dort Runges Märchen im Druck der KHM. Reimer, der wegen seiner Überarbeitung des

1124

Zu ZfE 29

Dialekts ein schlechtes Gewissen hatte, schrieb Wilhelm Grimm am 1. Dezember zu seiner Entschuldigung (Reinhold Steig, Zur Entstehungsgeschichte der Märchen und Sagen der Brüder Grimm. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Litteraturen Bd. 107, 1901, S. 293): Endlich hat mir

auch noch zu meiner grössten Beruhigung Tieck, dem ich die Sache mittheilte, gesagt, die Erzählung sei gar nicht so abgefaßt, wie er sie selbst häufig aus Runges eigenem Munde gehört habe, selbst in einigen Wendungen und Momenten der Entwickelung verschieden. Die Änderungen könnten also vielleicht doch auf Brentano und nicht schon auf Runge zurückgehen. Texte, die er in die Hand bekam, erfuhren stets Korrektur und Umformung. Es ist allerdings erstaunlich, daß Zimmer und Arnim, die das Ms. danach wieder in Händen hatten, sich nicht dazu äußerten. Jedoch: hätte Brentano an dem Märchen etwas geändert, so entspräche das genau der Überarbeitungstechnik des Wh, wo auch nur über die wenigsten Lieder in der Korrespondenz berichtet wird und die genaue Bearbeitung nur durch das überlieferte Material bekannt ist. In den Varianten dieses Märchentyps, die Michael Belgrader gesammelt hat, gibt es unter den Gegenständen des »Heischeflugs« auch Wecke und Kleidungsstücke (Michael Belgrader, Das Märchen von dem Machandelboom. Frankfurt/M. u. a. 1980, S. 120f.). Doch spricht die Fassung bei Büsching gegen einen Eingriff Brentanos, da dort dieselben Geschenke genannt sind. Zimmer machte die beiden Märchen danach seinem Kollegen, dem Buchhändler Georg Andreas Reimer, durch eine von ihm veranlaßte Abschrift bekannt, die leider nicht überliefert ist. Reimer dankte ihm im Januar 1808 (Zimmer 1888, S. 277): Erst spät

komme ich dazu, Ihnen, werther Freund, für den Genuß zu danken, den Sie mir durch Uebersendung der Runge’schen Märchen bereitet haben. Zur Ostermesse 1808 erschien Goethes Faust. Eine Tragödie (In: Goethe’s Werke, Bd. 8, Tübingen: Cotta), nun erstmals – nach dem 1790 erschienen Faust. Ein Fragment (In: Goethe’s Schriften, Bd. 7, Leipzig: Göschen) – mit der Kerkerszene. Gretchen singt darin ein Lied, das dem des Vogels im Machandel-Boom-Märchen, das Goethe aus mündlicher Überlieferung wohl kannte, nachgebildet ist (vgl. Erl. zu 366,34f.). Arnim erwähnt den Faust in einer Anmerkung (ZfE29, 366,32–36). Er erinnerte sich nun des Rungeschen Textes, in dem er überdies Parallelen zu anderen Volksdichtungen der ZfE bemerkte. Er bat am 9. Mai 1808 Runge um die Druckerlaubnis (Runge 1840–1841, Bd. II, S. 361): Ich übersende Ew. das erste

Heft der Z e i t u n g f ü r E i n s i e d l e r , die ich Ihnen lieber durch unsern Freund Zimmer zu thätiger Beförderung und Mitarbeit empfehlen möchte, als ich es selbst als Herausgeber im Bewußtseyn des viel 1125

Kommentar

Beabsichtigten und des wenig Geleisteten thun kann. 〈. . .〉 Zu diesem Schönen in unsrer Zeit gehört auch die Liebe zur alten Zeit, das Bemühen, alles Lebendige daher noch zu sammeln und aufzubewahren. Zimmer gab mir einige sehr sinnreiche Volkssagen, die Sie im Hamburger Dialekte aufgeschrieben; er glaubte, daß Sie nichts dagegen hätten, wenn ich sie künftig mit mehreren aus andern Gegenden abdrucken ließe? Runge antwortete am 31. Mai (Runge 1840–1841, Bd. I, S. 185): Ich habe Ihre angenehme Zuschrift, mit welcher Sie mir gütigst die ›Zeitung für Einsiedler‹ sandten, erhalten. Ich wüßte nicht, wie ich etwas dagegen haben könnte, daß sie die beiden Mährchen drucken ließen, die Ihnen so gut wie mir gehören, da es bloß Zufall ist, daß ich sie vollständig zu hören bekam. 〈. . .〉 Solche Sachen sind eine außerordentliche Delicatesse für mich 〈. . .〉. Runge dementierte hier nicht Arnims Irrtum, die Märchen seien im Hamburger Dialekt geschrieben (vgl. Arnims Anmerkung in ZfE29). In ZfE30 korrigiert Arnim seinen Irrtum. Arnim bekam damals auch von Bettine Märchenaufzeichnungen, die er ebenfalls in der ZfE publizieren wollte (vgl. Heinz Rölleke, Bettines Märchen. In: Bettine-Kat. 1985, S. 225–231). Er teilte ihr am 29. April mit (FDH 7261: Herzlichen Dank, liebe Bettine, für 〈. . .〉): 〈. . .〉 wir haben nun mancherley beysammen, auch von Runge. Ferner erhielt Arnim mit dem Brief vom 10. Mai 1808 durch Friedrich Heinrich von der Hagen eine Abschrift des Fischer-Märchens für die ZfE (Ich überschicke Ihnen hier einen 〈. . .〉; GSA 03/200): Ich überschicke Ihnen hier einen Beitrag zu Ihrer Zei-

tung für Einsiedler, deren erste Stücke ich eben gelesen habe; ich hoffe er wird Ihnen nicht unwillkommen sein, wenigstens scheint mir dies alte zum Theil barokke doch bedeutende Volksmährchen da recht an seiner Stelle. Mir ist daßelbe mitgetheilt von dem Ihnen auch gewiß nicht unbekannten Kriegsrath Schulz, welcher es von einem Herrn Runge aus dem Meklenburg. hat, u es ist in der Mundart des Niederdeutschen an der Ostsee, wo auch die Heimat dieses Mährchens, wie die ganze Anlage zeigt. Sie werden sehen, wie diese Mundart auch mit der unsers gemeinschaftlichen Vaterlandes fast ganz übereinstimmt; u auch nicht ohne Vergnügen bemerkt man, wie im Munde auch dieses Volks noch so manches von der alten Sprache der Schwäbischen Zeit in Ton u Biegung sich erhalten hat. Das Mährchen muß aber in dieser Mundart bleiben, darin es erwachsen u eigenthümlich gebildet ist, so daß sie nicht zufällig 〈. . .〉. Arnim konnte sich dadurch in seiner Wahl bestätigt fühlen. Er dankte von der Hagen vermutlich am 29. Mai (Vielen Dank, lieber Hagen, für 〈. . .〉; GNM Nürnberg, Archiv Autographen

1126

Zu ZfE 29

K18):

Vielen Dank, lieber Hagen, für das überschickte Mährchen (ich besaß es freylich schon von Runge aber ich bewahr es als ein Zeichen Ihrer Erinnerung) 〈. . .〉. Er entschied sich dann für das Machandelboom-Märchen und erläuterte das später in seinem Brief an die Brüder Grimm in seinen Anmerkungen zum Märchenbuch (Ende Dezember 1812; Steig 1904, S. 262): Die Fabel vom Fischer schien mir damals, als ich den Machandelbom abdrucken ließ, kein eigentliches Kindermärchen und darum nahm ich es nicht auf, weil ich in dem Kreise der bald zu schließenden Zeitung nur recht characteristische Sagen wünschte. Selbst der Machandelbom war mir wegen einer gewissen darin wohnenden Grausamkeit nicht ganz recht, aber die Berührung mit Göthe auf der einen, mit der nordischen Romanze, die ich damals von Wilhelm übersetzt erhielt, und mit dem Cid in Hinsicht des Aufrichtens todter Leiber (auf der andern Seite) bestimmte den Abdruck. Jacob Grimm wunderte sich über Arnims Einwand (28. Januar 1813; BJ: ich habe des Wilhelms Brief 〈. . .〉): 〈. . .〉 daß du das Märchen vom Fischer und auch das vom Mahandelboom nicht für rechte Kindermärchen hältst, fiele mir meinerseits unmöglich. Jacob und Wilhelm Grimm und Clemens Brentano bereiteten damals gleichzeitig Märchensammlungen vor. Brentano schrieb deswegen am 12. Dezember 1809 aus Berlin an Zimmer (FBA 32, S. 188): Die Geschichten dürften keine länger als der Machandelboom werden, die meisten kürzer, doch alle rund und reitzend. Er fragte wegen weiterer Aufzeichnungen und Illustrationen Anfang Juni 1810 bei Philipp Otto Runge an (ebd., S. 277): Ich gehe jetzt damit um, Kindermährchen zu sammeln Z〈immer〉 wird sie, wenn ich fertig bin, drucken.

Ihr trefflich erzählter Machandelboom und Buttje werden auch dabey seyn, wenn Sie es erlauben, und Sie theilen mir wohl noch mit, was Sie sonst haben, in gesunder Zeit. Wenn ich fertig bin, sende ich Ihnen das Manuscript; ich denke es in klein Folio oder groß Quart drucken zu lassen mit deutlichen großen bunten Bildern in Holzschnitten. Vielleicht macht Ihnen einmal die Sache Freude, und Sie zeichnen einige Bilder dazu. Runge war damals schon zu krank, um sich daran noch beteiligen zu können. Brentano schrieb nur seine Basile-Bearbeitungen und die Rhein-Märchen, gab aber damals nichts heraus. Er nahm trotzdem Anteil an den Sammlungen der Brüder Grimm und beriet sie in ihrem Plan, ein Journal, der altdeutsche Sammler genannt, herauszugeben, wozu sie in einer Aufforderung zum Sammeln auch von Sagen und Märchen aufrufen wollten. Jacob Grimm schrieb Brentano dazu am 22. Januar 1811 (Steig 1914, S. 161f.): 〈. . .〉 Gut wäre es wohl, zum Anfang ein Rungesches Mähr-

1127

Kommentar

chen oder einige andere Muster, die verständlicher machen, was die simpelste Aufforderung nicht vermag, einrücken zu lassen; sollte Ihnen oder dem Arnim der Zimmer nicht ein oder zwei Dutzend Exemplare davon verabfolgen, um sie dem Circular beizulegen, so wäre es noch besser. Kriegen wir das ganze Jahr nur allein zehn solcher Mährchen geschickt, so wäre es schon der Mühe werth. In Jacob Grimms Aufforderung an die gesammten Freunde deutscher Poesie und Geschichte erlassen lautet die Passage dann (ebd., S. 167): Worauf wir durchaus bestehen zu müssen glauben, ist die größte Ausführlichkeit und Umständlichkeit der Erzählung, ohne alles Einziehen eines noch so kleinen gehörten Umstandes, ob wir uns gleich da, wo jene Genauigkeit der Tradition ausgeht, lieber noch mit dem bloßen Verlauf der Begebenheit begnügen, als auch seiner entbehren. Sowohl in Rücksicht der Treue, als der trefflichen Auffassung wüßten wir kein besseres Beispiel zu nennen, als die von dem seligen Runge in der Einsiedlerzeitung gelieferte Erzählung vom Wacholderbaum, plattdeutsch, welche wir unbedingt zum Muster aufstellen und woran man sehen möge, was in unserm Feld zu erwarten ist. Nach dem Druck in der ZfE hatte Arnim beide Handschriften Runges behalten dürfen. Mitte November 1808 brach er von Heidelberg nach Berlin auf. Durch einen Reiseunfall war er gezwungen, einen Monat in Kassel zu bleiben. Damals schrieb Wilhelm Grimm das Fischer-Märchen nach Runges Handschrift ab, nicht jedoch das Machandelboom-Märchen, wie aus mehreren Briefen hervorgeht. So etwa sandte Jacob Grimm am 17. Oktober 1810 Brentano die handschriftliche Märchensammlung der Brüder mit den Worten (Steig 1914, S. 117): Nicht schicke ich

Ihnen eine von Arnim genommene Abschrift des so schön durch Runge aufgeschriebenen Märchens vom Fischer und seiner unersättlichen Frau 〈. . .〉. Wegen der Runge-Handschriften, die Arnim inzwischen Brentano in Berlin für dessen Edition geliehen hatte, gab es Nachfragen aus Kassel, als Büschings Edition des Fischer-Märchens mit einem von den KHM abweichenden Text erschienen war. Büsching teilte dazu mit: Soll aus der

Erzählung des verstorbenen Mahlers Runge aufgenommen sein und ward mir handschriftlich durch meinen Freund von der Hagen mitgetheilt. (Büsching, Volks-Sagen, Märchen und Legenden, S. 452) Wilhelm Grimm wollte nun von Arnim wissen, ob Büsching sich auf die gleiche Fassung stützte, und fragte ihn am 26. September 1812 (BJ: Dein Brief kam an demselben 〈. . .〉): 〈. . .〉 an Kindermärchen hat es ihm gar ge-

fehlt, und die zwei von ihm sind obendrein so entstellt und schlecht erzählt, daß sie wenigen gefallen können. Schreib mir doch, ob Hagen 1128

Zu ZfE 29

das Rungische vom Pispott durch dich erhalten, wir werden es auch geben, und wünschen nicht den Schein es dorther genommen zu haben; ohnehin ist es da mit Fehlern abgedruckt. Arnim antwortete auf die Frage nicht, meinte nur am 22. Oktober 1812 (SPK, Nachlaß Grimm 642/II: Ich hatte rechte Sehnsucht Nachricht 〈. . .〉): Den Fischer und den Ma-

handelbom habe ich in Runges eigner Handschrift, ich meine daß jenen der Wilhelm daraus abgeschrieben 〈. . .〉. Gleichzeitig fragte Daniel Runge, der Bruder des verstorbenen Malers, Arnim nach Handschriften für die geplante Edition von Runges Schriften. Arnim schrieb am 23. Oktober wegen der Handschrift an Brentano in Bukowan (Ich habe alle Tage erwartet 〈. . .〉; GSA 03/1050), bekam aber keine Antwort darauf. Ende Dezember 1812 meinte er gegenüber den Brüdern Grimm (SPK, Nachlaß Grimm 647: Anmerkungen zum Märchenbuch. 1. Eine literarische 〈. . .〉): Der

Brief von Runge an mich aus der Zeit über diese Mährchen wird in der Sammlung seiner Schriften erscheinen 〈. . .〉. Die Handschrift der beyden Mährchen hat der Bruder in Hamburg sehr dringend von mir erbeten, ich lieh sie Clemens und der hat sie hier unter sieben Schlösser gelegt, wenn ihr also von Runge auch nur die eine den Machandelbom in Originalhandschrift besitzt, so thut ihr dem Bruder durch Zusendung grossen Gefallen 〈. . .〉. Arnim erinnerte sich zwar, daß Wilhelm nur den Fischer abgeschrieben hatte, und vermutete nun aber wegen der mißverständlichen Formulierung im Anmerkungsteil der KHM (1812, Anhang, S. XXIX): Dieses wunderschöne Märchen ist uns von R u n g e mitgetheilt worden, Wilhelm könne ein Runge-Autograph besitzen. Jacob antwortete am 28. Januar 1813; BJ: ich habe des Wilhelms Brief 〈. . .〉): 1.

wegen des Fischers von Runge. 〈. . .〉 Wir hatten damals bei deiner Durchreise die Abschrift von deinem Original genommen, dieses aber nicht behalten. Die Brüder Grimm besaßen keine Originalhandschrift von

Runge; in ihren Briefen ist nie davon die Rede. Als sie mit dem Sammeln begannen, waren sie noch zu unbekannt, als daß der berühmte Maler ihnen etwas hätte schicken sollen. Das Erscheinen der KHM erlebte Runge nicht mehr. Vielmehr ist für den »Machandelboom« seitens der Brüder Grimm die Druckvorlage für die KHM offenbar eine Abschrift des Drucks in der ZfE. Dafür spricht auch, daß Reimer eine sauberere Handschrift vorlag als vom Fischer. Diesen Text hatte er sich erlaubt zu bearbeiten, wozu er sich berechtigt glaubte, da er aus Greifswald, also wie Runge aus Pommern stammte. Er erläuterte Wilhelm Grimm am 30. Oktober 1812 (Steig 1901, S. 291): Das plattdeutsche Märchen habe ich aber vor dem Druck selbst

noch der Correctur unterwerfen müssen, und ich hoffe deshalb Ihre 1129

Kommentar

Verzeihung zu erhalten, da die Erzählung aus meinem Geburtslande stammt und ich also einige Einsicht darin zu haben glaube; auch habe ich mit aller Sorgfalt jeden zweifelhaften Ausdruck genau mit Dähnerts plattdeutschem Wörterbuche verglichen und überdies mich noch eines verständigen Freundes Rath und Hülfe bedient. Freilich kommen immer noch einige Ausdrücke vor, die eigentlich nur dem Hochdeutschen entlehnt sind, allein diese liessen sich nicht ausmärzen, ohne ganze Perioden zu ändern. Wie erfreulich würde es mir seyn zu hören, dass mein Verfahren Ihnen weder ungeschickt noch eigenmächtig erschienen sei, und Ihre Billigung erhalten habe. Reimer benutzte: Johann Carl Dähnert, Platt-Deutsches Wörter-Buch nach der alten und neuen Pommerschen und Rügischen Mundart (1781), jedoch ohne sich stets daran zu halten, wie der Vergleich zeigt. Ihm entging das Problem, daß es bei Dialekten keine maßgeblichen Formen gibt, regionale Unterschiede hingegen stark sind. Nachdem er das »Machandelboom«-Märchen entsprechend redigiert hatte, kamen ihm Bedenken, als er das Manuskript der Anmerkungen erhielt, und er schrieb Wilhelm Grimm am 1. Dezember (ebd., S. 292f.): Ich

bin genöthigt, meinem am vorigen Posttage an Sie erlassenen Brief diesen sogleich folgen zu lassen, lieber Grimm, weil mir bei der Correctur der Anmerkungen die die Erzählung vom Machandelboom betreffende ein grosses Bedenken gemacht hat. Es steht nemlich daselbst: es sei diese wörtlich nach mündlicher Mittheilung Runges abgedruckt, um damit die eigenthümliche Behandlung des Plattdeutschen darin zu rechtfertigen. Ich der ich diese Absicht nicht zuvor kannte, habe mich um so mehr berechtigt gehalten, die Aenderung nach denselben Principien vorzunehmen, wie bei der Erzählung vom Fischer, als die Abschrift viel correcter und den Regeln des Plattdeutschen zusagender war, als bei dem Fischer, und daher die Änderungen viel weniger und unbedeutender waren. Zudem war auch eine nicht unbedeutende Ungleichheit in der Schreibart, wie ich aus der Handschrift beweisen kann, die daher den ganz wörtlichen Abdruck schon nicht gestattete und Correcturen durchaus nöthig machte; sodann glaube ich auch, dass es nicht rathsam sei etwas in einer Sprache drucken zu lassen, die nicht wirklich irgendwie einmal geredet worden 〈. . .〉. Reimer übersetzte hochdeutsche Ausdrücke ins Plattdeutsche. Die Ungleichheit in der Schreibart ist für Runge auch sonst typisch, wie Steig an einem handschriftlichen Gedicht nachwies (Reinhold Steig, Zu Otto Runges Leben und Schriften. In: Euphorion IX, 1902, S. 670): »Und nun noch ein Blick auf den Machandelboom in der Einsiedlerzeitung 〈. . .〉. Da stehen große und kleine Buchstaben am Anfange

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Zu ZfE 29

der Substantiva bunt durcheinander. Im Eingang wird noch eine Art Versuch mit Komma zu interpungieren gemacht 〈. . .〉. Also immer ohne Interpunktion über die Satzschlüsse, und ohne Regel über kleine wie große Anfangsbuchstaben hinweg. Das ist das Zeichen echter Rungescher Niederschrift, wie es uns aus den Manuskripten sichtbar wird. 〈. . .〉 Arnim hat also über unser Erwarten hinaus Runges Eigenart bewahrt.« Ob Reimer zusätzlich die von Zimmer veranlaßte Abschrift der Märchen zum Vergleich heranzog, ist nicht überliefert. Jedenfalls erwähnt er es nicht. Aus textkritischen Gründen erscheint das aber möglich (s. u.). Jacob Grimm zitierte in einem vor Erscheinen der KHM entstandenen Aufsatz, der 1813 in den Altdeutschen Wäldern erschien, das »Machandelboom«-Märchen nach der ZfE (Bd. I, S. 11). Nach dem Erscheinen der KHM tadelte Brentano deren Stil, nun mit Ausnahme der beiden Märchen von Runge. Er äußerte gegenüber Arnim nach dem 16. Januar 1813 (Ich bin auf ein paar 〈. . .〉; FBA 33, S. 10; FDH 7543): Ich

finde die Erzählung, (aus Treue) äußerst liederlich, und versudelt, und in Manchen dadurch sehr langweilich 〈. . .〉, Warum die Sachen nicht so gut erzählen als die Rungenschen erzählt sind, sie sind in ihrer Gattung vollkommen. Er selbst hatte damals den Gedanken an eine eigene Edition aufgegeben. Die ihm von Arnim geliehenen Handschriften fanden sich schließlich zwischen den von Brentano bei Arnim zurückgelassenen Büchern, wie Arnim an Andreas Reimer – vermutlich im März 1814 – schrieb:

Endlich habe ich bey einer nothwendigen Umpackung der Bücher des Clemens jenes Ihnen werthe Manuscript des verstorbenen Runge entdeckt. In Grimms Mährchenbuch ist es abgedruckt. (UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M.: Ms Ff. J.G. Zimmer A7 fol. 11r; vgl. Weiss 1981, S. 85). Danach verliert sich die Spur der Autographen. Eine frühe Rezeption des Machandel-Boom-Märchens – vor dem Erstdruck in den KHM – findet sich in Joseph von Eichendorffs Roman Ahnung und Gegenwart. Zwar erschien dieser erst im Frühjahr 1815, doch entstand die Erzählung von Graf Friedrichs Kindheit wahrscheinlich schon vor dem Sommer 1810 (vgl. Sämtliche Werke des Freiherrn Joseph von Eichendorff. Hist.-krit. Ausgabe. Bd. 3: Ahnung und Gegenwart, hg. v. Christiane Briegleb u. Clemens Rauschenberg. Stuttgart u. a. 1984, S. 47 und 406). Friedrich erinnert sich an die Abende auf dem Schloß mit seinem Bruder: An unserm

alterthümlichen Schlosse lief nemlich eine große steinerne Gallerie rings herum. Dort pflegten wir beyde gewöhnlich des Abends zu sizen, und ich erinnere mich noch immer an den eignen, sehnsuchtsvollen Schauer, mit dem ich hinuntersah, wie der Abend blutroth hinter den schwarzen Wäldern versank und dann nach und nach alles dunkel 1131

Kommentar

wurde. Unsere alte Wärterin erzählte uns dann gewöhnlich das Mährchen von dem Kinde, dem die Mutter mit dem Kasten den Kopf abschlug und das darauf als ein schöner Vogel draussen auf den Bäumen sang. Die Abschrift von Arnims Diener Frohreich Da Arnim in seiner Korrespondenz immer nur von Runges Originalmanuskripten spricht, war nicht zu erwarten, daß sich in seinem Nachlaß eine Abschrift seines Dieners findet. Frohreich hat auch Abschriften für das Wh angefertigt (vgl. FBA 9/3, S. 807f. u. Abb. 4). Er war von Ende 1804 bis zum April 1809 bei Arnim. Weil er aus Cammin in Pommern stammte, war er für die Abschrift dieses Märchens in pommerschem Dialekt besonders befähigt. Das Manuskript war keine Satzvorlage, denn es sind keine Faktornotizen zu erkennen. Über den Grund der Abschrift läßt sich nur mutmaßen: Vielleicht ließ Arnim sie gleich nach seinem Eintreffen Anfang 1808 in Heidelberg anfertigen, um seine Sammlung zu komplettieren. Als Zimmer ihm dann Runges Autograph schenkte, wurde sie unwichtig. Oder er ließ das Märchen abschreiben, als er Clemens Brentano die Originale lieh. (Auch die Brüder Grimm sind so verfahren.) Eine Abschrift des »Fischer«-Märchens war nicht nötig, denn dieses besaß er ja in der Fassung von der Hagens. Falls Arnim die Abschrift nicht vor dem Druck, sondern zusätzlich danach anfertigen ließ, könnte der Grund auch in den zahlreichen Druckfehlern der ZfE liegen. Die Abschrift geht auf denselben Textzeugen wie der Druck in der ZfE zurück, in beiden Fällen ist die Sprache gelegentlich dem Hochdeutschen angenähert, z.T. unterschiedlich. So schreibt Frohreich stets Vogel statt Vagel. Es gibt auch in der Abschrift einige wenige verderbte Stellen, doch nicht so viele wie im Druck. Sie stimmt punktuell auch – entgegen der ZfE-Fassung – mit der der KHM von 1812 überein. Der Grund könnte sein, daß Reimer die ihm von Zimmer zugekommene Abschrift hinzuzog, oder auch nur, daß beide den verderbten Text nach der pommerschen Sprache korrigierten. Auch zu Büschings Text gibt es Entsprechungen. Büsching legte seinem Druck zwar die ZfE zugrunde, wie er in der Anmerkung (S. 451) schrieb, doch griff auch er korrigierend in den Text ein. Frohreichs Manuskript ist nicht nur für die vorliegende Arnim-Edition, sondern auch für die KHM-Forschung interessant, da es Runges Autograph näher steht als der Druck der KHM. Seine Abschrift wird hier vollständig wiedergegeben.

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Zu ZfE 29

Vermutetes Stemma Runge Zimmer (Brentano) Zimmer Reimer

Frohreich ZfE Büsching Altdt. Wälder

KHM

Überlieferung h: Abschrift von Frohreich. GSA 03/260; 2 Dbl., ca. 365 x 215 mm; Wz: links: gekröntes Wappen mit acht Feldern, u. a. vier Löwen; rechts: Posthorn, darunter: JGS. Drucke: Rölleke 2008, S. 32–38; Renate Moering, Philipp Otto Runges Machandelboom-Märchen in unbekannter Handschrift (s. o.). D2:

Volks-Sagen, Märchen und Legenden. Gesammelt von Johann Gustav Büsching. Leipzig 1812. bei Carl Heinrich Reclam, S. 245–258: Von dem Mahandel Bohm. Nur von der ZfE abweichende Fälle notiert. D3/KHM:

Kinder- und Haus-Märchen. Gesammelt durch die Brüder Grimm. Berlin: Realschulbuchhandlung 1812, Nr. 47, S. 203–217. Handexemplar der Brüder Grimm, hg. in Verbindung mit Ulrike Marquardt v. Heinz Rölleke. Göttingen 1986. Zitiert: KHM Handexemplar.

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Kommentar

Varianten »Schlachtet« oder »schlägt«? Eine Variante wird vorab diskutiert, weil sie über den Ausdruck hinaus zentrale Motive des Märchens berührt. Obwohl sie seit 1812 vorlag, wurde sie offenbar noch nicht bemerkt. Die erste Zeile des Vogellieds lautet in den verschiedenen Textzeugen:

ZfE: Mein Mutter der mich schlact’t Frohreich: Mein Mutter der mich Schlait’t Büsching: Mein Mutter die mich schlaet KHM Handexemplar: Min Moder de mi slacht’t »Sleit« (hier: Schlait’t oder schlaet) ist im Plattdeutschen die dritte Person Singular von »slaan«, »schlagen«. Denkt man zunächst an eine fehlerhafte oder unklare Aufzeichnung, so sieht man im Blick auf die verschiedenen Varianten, die Belgrader zitiert (Michael Belgrader, Das Märchen von dem Machandelboom [KHM Handexemplar 47]. Der Märchentypus AT 720. Frankfurt/M. u. a. 1980), daß »schlagen« oder sinnverwandte Wörter offenbar bei den meisten Märchen vorkommen, die nicht vom Druck der KHM beeinflußt sind. Schwierig ist die Lösung dieser Frage, weil Runges Aufzeichnung eine der frühesten ist, so daß zwar andere Fassungen in der mündlichen Überlieferung älter sein können, aber später aufgezeichnet wurden, während schon früh eine Beeinflussung durch die KHM festzustellen ist. Es gibt in anderen Aufzeichnungen die Wörter »hauen«, »zwicken«, »abschlagen«, »erschlagen«, »ums Leben bringen, »totschlagen«, »erschlagen«, »schneiden«, »ermorden«, »töten«, »den Kopf abhacken« bzw. die entsprechenden fremdsprachigen Ausdrücke. Hierbei steht der Mord mit der Apfelkiste oder ähnlichen Requisiten im Vordergrund. Weil aber dieses Motiv verblaßt angesichts des Grauenhaften, daß der tote Junge gekocht wird, setzte sich das grellere Wort »schlachten« schnell durch. Es ist also denkbar, daß in Runges Hs. nicht von »Schlachten«, sondern von »Schlagen« im Sinne von »Erschlagen« die Rede war – wie auch Büsching es rekonstruierte.

Druckfehler Die Druckfehler in der ZfE werden im Vergleich mit h, D2 und KHM bereinigt, wobei h das größte Gewicht zukommt. Ein Variantenvergleich im Detail unterbleibt; dafür wird h vollständig wiedergegeben. Unterschiedliche Orthographie und Satzzeichen bleiben unbeachtet. Verglichen wurde auch mit den stillschweigenden Korrekturen von Pfaff und kritischen Ausgaben des Märchens.

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Zu ZfE 29

366,3 Ph. O. Runge] Ph. D. Runge ZfE 366,15 war warden] was warden ZfE war warden h wat warden KHM Handexemplar 366,16 vörging] vör ging ZfE vörging h KHM Handexemplar 366,21 un se stand ünner] unse stand ienner ZfE un se stund ünner H KHM Handexemplar un se stand ünner D2 366,22 un se feel] unse seel ZfE un se feel h D2 KHM Handexemplar 366,24 warden] ward en ZfE wurden h KHM Handexemplar warden D2 366,24 söbende] söben de ZfE söbende h D2 söwende KHM Handexemplar 366,25 na de] nade ZfE na de h D2 KHM Handexemplar 366,26 dar ging] darging ZfE dar ging h Dar ging D2 daar ging KHM Handexemplar 366,26 Maand] maan ZfE Maand h D2 KHM Handexemplar 367,10 jümmer] jämmer ZfE jümmer h 367,10 vörmögent] vormögent ZfE vörmögent h 367,10 towenden] towender ZfE towenden h D2 KHM Handexemplar 367,14 ruhige] ruhide ZfE ruhige h D2 KHM Handexemplar 367,25 dat in, dat] dat ZfE dat in, dat h in, dat KHM Handexemplar 367,31 äver leep] ärer leep ZfE äv reep h äverleep KHM Handexemplar 367,32 baben na] babenna ZfE baben na h KHM Handexemplar baben na D2 367,37 eenen Putt] eenee Putt ZfE eene Putt h eenen Putt D2 eenen Pott KHM Handexemplar 367,37 Water] vater ZfE water h Water D2 KHM Handexemplar 368,1 nich] uich ZfE nich h D2 KHM Handexemplar 368,5 daräver] dar daräver ZfE dar aver h Daröver D2 daräver KHM Handexemplar 368,5–6 verschrack 〈. . .〉 to weenen] vorschrack 〈. . .〉 toweenen ZfE verschrack 〈. . .〉 to weenen H D2 KHM Handexemplar 368,11 hakt em] haktem ZfE hackt em h KHM Handexemplar hakt em D2; ded em da] ded em de ZfE ded em da h ded de KHM Handexemplar 368,11 kockt em] kocktem ZfE kackt em h kokt em D2 kaakt em KHM Handexemplar 368,22 des] der ZfE des h KHM Handexemplar 368,29 un] ut ZfE un h D2 KHM Handexemplar 368,32 een mahl] een mahe ZfE een mal h een mahl D2 eenmal KHM Handexemplar 368,38 floog] floag ZfE floog h

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Kommentar

369,6–11 Mein Mutter 〈. . .〉 Machandelboom.] In h, D2 und KHM Handexemplar als Verse geschrieben, so auch in der ZfE in der Folge, daher im Gegensatz zur ZfE hier ebenfalls als V. gesetzt. Statt der Absätze stehen in ZfE Gedankenstriche. Der Grund für diese Druckanordnung in der ZfE war der enger werdende Satz am Schluß des Zeitungsbogens. 369,8 Marleenichen] Marleenichen aus Marleenchen h Marleeniken KHM Handexemplar. Das fehlerhafte Hochdeutsch ist in den KHM Handexemplar in Niederdeutsch verändert. 369,12 fagel] fugel ZfE Fogel h 369,17 schottfell] Schootfell h Schortfell KHM Handexemplar 369,19 so] so – ZfE 369,22 dit] deit ZfE dit h di et KHM Handexemplar 369,22 golden] golgen ZfE 369,24 goldsmitt] Goldsmidt sitten h Goldsmitt sitten KHM Handexemplar (vgl. 375,7) 369,24 sung: Absatz] sung: – D Absatz in h, D2 und KHM Handexemplar

ZfE30 374,18 singen] siingen ZfE 374,22 den] der ZfE den H D2 KHM Handexemplar 374,24 nu] un ZfE nu H D2 KHM Handexemplar 374,26–371,27 den Böhn] de den Böhn ZfE den Böhn h D2 de KHM Handexemplar 374,27 hen] na ZfE hen h KHM Handexemplar 374,28 nu] un ZfE nu h D2 KHM Handexemplar 374,31 Schreibfehler] Sreibfehler ZfE 375,5 zwintig] zwintiz ZfE 375,9 schlact’t] schlact t ZfE 375,17 nu] un ZfE nu h D2 KHM Handexemplar 375,19 nu] un ZfE nu h D2 KHM Handexemplar 375,21 nu] un ZfE nu h D2 KHM Handexemplar 375,30 uhp] ihp ZfE uhp h 375,34 rechte] reehte ZfE rechte h KHM Handexemplar 375,34 linke] liuke ZfE linke h D2 KHM Handexemplar 375,37 nee!] ned! ZfE Nee h Nä KHM Handexemplar 376,2 freüdig] freündig ZfE freudig h 376,18 äver] äv er ZfE aver h KHM Handexemplar Aver D2 376,19 sach] fach ZfE sach h D2 HKM Handexemplar

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Dön-böhn

Zu ZfE 29

376,24 des] der D des h KHM Handexemplar 376,25 dar] des D dar h Dar D2 daar KHM Handexemplar 376,31 hören] höen D hören h D2 KHM Handexemplar 377,1 herun] herän D herün h D2 herun KHM Handexemplar 377,4 Dar] Das D Dar h Daar KHM Handexemplar 377,8 as] us D as h D2 KHM Handexemplar 377,9 un] nu D un h KHM Handexemplar 377,14 vergnoigt] vergnocgt ZfE 377,14 gingen] ging er D gingen h KHM Handexemplar Frohreichs Abschrift: h

Vo n d e m M a c h a n d e l B o h m Dat is nu all lang her, wol twee Dusent Jahr do was dar een rick mann, de hadde eene Schoine frame Frou, un se hadden sick beide seer leef, hadden averst keene Kinner, se wünschten sick averst seer welke, un de Frou bedtet so veel dorum Dag un Nacht, man se kreegen keen, un kreegen keen – vor eerem huse was een hoff dar up stund een Machandel boom, üner den stün de Frou eens in’n Winter, un schalt sick eenen appel – un as se sick den appel so schalt so snet sie sick in’n Finger, un dat blot feel in den snee – ach! sed de Frou un hüft so recht hoch up un sach dat bloot för sick an, un was so recht wehmödig – had ick doch een Kind so roth as Bloot un so witt as Snee – un as se dat sed so wurd eer so recht frölich to mode, eer was recht as soll dat war warden, dar ging see to den Huse un ging een Maand hen, de Snee vörging und twee Maand dar was dat groin, un dree Maand da kemen die Bloimer ut de Erde, un veer Maand dar drungen sick alle Boimer in dat Holt un de groinen twige waren all in een anner wachsen dar sungen de Vögelkens dat dat ganze holt schallt, un de Blöten felen von de Boime, dar was de fifte Maand weg, un se stund ünner den Machandelboom de rook so schoin do sprang eer dat hart vör Freuden un se feel up eere Knee, un künde sick nich laten, un as de seste Maand vörbi was dar wurden de Früchte dick un stark, da ward se gans still, un de söbende Maand da greep se na de Machandelbeeren un att se so nüdsch, dar ward se trurig un krank, dar ging der achte Maand hen, un se reep eeren Mann un weende un sed, wen ick sterve so begrave mi ünner den Machandel Boom, da wurde se gans getrost un freute sick bett de neegde Maand vorbi was dar kreeg se een Kind so witt as Snee un so root als Bloot un as se dat sach freute se sick so dat se sturv. 1137

Kommentar

Abb. 25: ZfE 29: Frohreich, Machandel GSA 03/260

Bohm

Zu ZfE 29

Dar begrov eer Mann ünner den Machandel Boom, un he fung an to weenen so seer, eene Tid lang da ward dat wat sachter un dar he noch wat weent had, da heel he up un noch eene Tid, da nam he sick wedder eene Frou. – Mit de twete Frou kreg he eene Dochter, dat Kind averst von de erste Frou was een lüttje Sohn un was so roth as Bloot, un so witt as Snee, wenn de Frou eere Dochter so an sach so had se se so leef averst den sach se den lüttjen jung an un dat ging eer so dorcht hart un eer ducht as stund he eer aller wegen in’n weeg, un dacht den man jümmer wo se eer Dochter all dat vörmögent towenden woll, un de Böse gav eer dat in, dat se den lütjen jung gans gram wurd, un stöd em her üm von een Eck in die anner un bust em hier, un knust em dar so dat dat arme Kind jümmer in angst was, wenn he den ut de Schol kam, so had he kene ruhige stede. Eens was de Frou up de Kamer gan, da kam de lüttje Dochter ock herup un sed Mutter giv mi eenen appel: ja min Kind sed de Frou un gav eer eenen schoinen appel ut de Kist, de Kist averst had eenen groten swaren Deckel mit een grot scharp ysern Slott, mutter! sed de lüttje Dochter schall Broder nich ock eenen hebben, dat vördrot de Frou, doch sed se ja wen he ut de Schul kommt, un as se ut dat Fenster gewar wurde dat he kam, so was dat recht as wen de Böse äver eer kam un se grapst to un nam eer Dochter den appel wedder weg, un sed du sast nich eher eenen hebben as Broder, dar smeet se de appel in de Kist un mackt de Kist to, dar kam de lüttje Jung in de Dör Dar gav eer de Böse dat in, dat se fründlich to em sed min Söhn wist du eenen appel hebben un sach em so hastig an, Mutter! sed de lüttje Jung, wat süst du gresig ut, ja giv mi eenen appel, dar was eer as soll se em to riten, kum mit mi sed se un mackt die Deckel up haal di eenen appel herut, un so as sick de lütt jung herin bückt so reet eer de Böse Bratsch – sloog se den Dekel to dat de Kop af floog un unner de roden Appel feel, dar äv reep eer dat in de angst und dacht kund ick dat von mi bringen, dar ging se baben na eere stuve na eeren Drag Kasten, un halt ut de bävelste Schuuflade eenen witten Dook un sett den Kop wedder up den hals, un bund den hals dook so um, dat man niks seen kund, un sett em vor de Dör up eenen stool un gav em den appel in de hand. Dar kam dar na Marleenken to eere Mutter in de Köke de stund bi den führ un had eene Putt mit heet water für sick, den rührt se jümmer um, Mutter seid Marleenken Broder satt vor de Dör un süht gans witt ut, un het eenen appel in de hand, ick hev em bidden he soll 1139

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mi den appel geven, averst he andwordt mi nich da ward mi gans graurig, ga noch mal hen sad die Mutter un wen he di nich andworden will so giv eem eens an de Ohren, da ging Marleenken hen un sed Broder giv mi den appel averst he sweeg still, dar gav se em eens an de Ohren, da feel de Kop herün, dar aver verschrok se sick un fing an to weenen un to rauren, un leep to eere Mutter un sed: ach! Mutter ick heb minen Broder den Kopp af slagen un weend, un wul sick nich to freden geben Marleenken sed de Mutter wat hest du dahn – averst swig man still, dat dat ken Mensch markt, dat is nu doch nich to ennern wi willen em in suhr kaken, dar nam de Mutter den lüttjen Jungen, hackt em in stüken, ded em da in den Pott un kackt em in suhr, Marleenken averst stun dar bi un weend un weend, un de Tränen feelen all in den Pott, un se brukten gar ken solt. Dar kam de Vader to huus un sett sick to Disch, un sed wo is den min Sohn? Dar drog de Mutter eene groote grote Schöttel up mit Swartsuhr un Marlenken weend un kund sick nich hollen da sed de Vader wedder wo is den min Söhn, ach seid de Mutter he is ävert Land gan, na Mütten eer groos Oem, he woll dar wat bliven, wat det he den dar? un het mi nich mal adjüs sed o! he wüld geer hen un bed mi ob he dar wol 6 Weken bliben kun, he is jo woll dar up haven, ach sed de mann mi is so recht trurig dat is doch nich recht, he hed mi doch adjüs seggen schollt mit des fung he an to eeten un sed Marlenken watt weenst du? Broder wart woll wedder kam, ach Frou sed he den wat smekt mi dat Eten schoin giv mi meer, un je meer he ath je meer wuld he hebben un sed gevt mi meer gi sölt nix dar uf hebben, dat is als wen dat all min weer, un he ath un ath, un de Knaken smet he all ünner den Disch, bet he alles up had, Marlenken averst ging hen na eere Comode un nam ut de unnerste Schuf, eeren besten Siden Dook un haal all de beenken un Knaken ünner den Disch herüt un bund se in den Siden Doock, un droog se vor de Dör un weente eere blödigen tränen, dar led se se unner den Machandelboom in dat groine graß, un as se se dar hen led had, so was eer mit een mal so recht licht un weente nich meer, do füng de Machandelboom an sick to bewegen, un de Twigge deden sich jümmer so recht von een anner, un wedder to hope, so recht as wen sick eene so recht freut un mit de handen so deit, mit des so ging dar so’n Nebel von den Boom, un recht in den Nebel da brennt dat as führ, un ut dat führ dar flog son schoiner Vogel herut, de sung so herlich un floog hoch in de Luft, un as he weg was dar was de Machandelboom as he vorher west was, un de Doock mit de Knaken was weg – Mar1140

Zu ZfE 29

leenken averst was so recht licht un Vorgnoigt, recht as wen de Broder noch leeft, dar ging se wedder gans lustig in dat hus bi Disch un ath. De Vogel averst floog weg un sett sick up eenen Goldsmid sin huus un fing an to singen Mein Mutter der mich Schlait’t Mein Vatter der mich aß Mein Schwester der Marleenichen Sucht alle meine Beenchen Und Bind’t sie in ein seiden Tuch legts unter den Machandel baum Kiwitt! Kiwitt! ach watt een schoin Fogel bin ick. De Goldsmidt satt in sine Warkstede un maackt eene Goldne Kede, dar hört he den Vogel, de up sin Dack sat un sung un dat dünkt em so schoin, dar stun he up, un as he äver den süll ging, so vörloor he eenen Tüffel he ging äver so recht midden up de Strate eenen Tüffel un een Sok an, sin Schootfell had he vör un in de een hand had he de Golden Kede, un in de anner de tang’ un de Sünn schint so hell up de strate dar ging he recht so – stahn un sach den Vogel an, »Vogel! sed he da wo schoin kanst du singen, sing mi dat stück noch mal – Nee sed de Vogel twee mal sing ick nich um sünst, giv mi di Golden Kede so will ick dit noch mal singen, Da! seid de Goldsmidt hast du de Golden Kede, nu sing mi dat noch mahl, dar kam de Vogel un nahm de Golden Kede so in de rechte Krall, un ging vör den Goldsmidt sitten un sung Mein Mutter der mich Schlait’t Mein Vatter der mich aß – etc. Dar flog de Vogel weg na eenen Schoster un sett sick up den sin Dack un sung: Mein Mutter der mich Schlait’t – etc. De Schoster hörd dat un leep vor sin Dör im hemdarmel un sach na sin Dack un must de hand vör de oogen hollen dat de Sünn em nich blendt, Vogel seid he, wat kanst du schoin singen – da reep he in sin Dör herin, Frou kum mahl herut dar is een Vogel, sü mahl der Vogel de kan mahl schoin singen, dar reep he sin Dochter un Kinner un Gesellen Jung un Magd un keemen all up de Strat un segen den Vogel an wo he schoin weer, un he had so recht rode un groine Federn, un um den Hals was dat as luter Gold, un de Ogen blickten em in Kop as Steern, Vogel sed de Schoster nu sing mi dat Stück noch mahl, nee sed de Vogel twee mahl sing ick nicht umsünst, du must mi wat schenken, Frou sed de Mann ga na den Böhn up den bövelsten Boord da stan een 1141

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paar rode Schö de bring herin, da ging de Frou hen un halt de Schö, da Vogel sed de Mann, nu sing mi dat Stück noch mahl, dar kam de Vogel un nam de Schö, in de linke Klau un floog wedder up dat Dack un sung, Mein Mutter der mich Schlacht’t – etc. un as he ut sungen had so floog he weg, de Kede had he in de rechte un de Schö in de linke Klau un he floog wit weg na eene Mähl un de Mähl ging Klippe Klappe – Klippe Klappe – Klippe Klappe, un in de Mähl dar seten twentig möhlen Bürßen de Maaten eenen steen un hackten, hick, hack, – hick hack – hick hack – un de Möhl ging darto Klippe Klappe – Klippe Klappe – etc. Dar ging de Vogel up eenen Linden Boom sitten de vor de Möhl stün un sung »Mein Mutter der mich Schlait’t Da hörte een up »Mein Vatter der mich aß, Da hörten noch twee up un hörten dat »Mein Schwester der Marleenichen Dar hörten wedder Veer up »Sucht alle meine Beenechen »Und bind sie in ein seiden Tuch nu hackten noch man acht »legts unter – nu noch man five – Den Machandel baum nu noch man een »Kiwitt, Kiwitt ach watt een schoin Vogel bin ick. Dar heel de letzte uck up un had dat lezte noch hörd – Vogel segt he wat singst du schoin, laat mi dat uck hören sing mi dat noch mahl, nee segt de Vogel twee mal sing ick nich umsünst giv mi den Mählensteen so will dat noch mahl singen, ja segt he wenn he mi alleen hörd so sust du em hebben, ja seden de annern wenn he noch mahl singt so sall he em hebben, dar kam de Vogel herün, un de Müllers satten all twintig mit Böom an, un börten den Steen up hu-uh up! hu-uh uhp – hu uh uhp, dar stack de Vogel den Hals dör dat lock, un nam em üm als eenen Kragen un floog wedder up den Boom un sung Mein Mutter der mich Schlait’t. etc. un as he dat ut sungen had, da ded he de flünck von een anner un had in de rechte Klau de Kede, un in de linke de Schö, un um den Hals den Möhlensteen un flog mit weg na sines Vaters huse. – 1142

Zu ZfE 29

In de Stuve satt de Vader de Moder un Marleenken bi Disch, un de Vader sed, ach wat wart mi licht mi is recht so goot to mode – Nee sed de Moder mi is so angst so recht as wenn een swar gewitter kümmt, Marlenken averst satt un weent un weent, dar kam de Vogel an flegen, un so as he sick up dat Dack sett – ach sed de Vader mi is so recht freudig un de Sünn scheint buten so schoin, mi is recht as sall ick eenen ollen bekanten wedder sehn – Nee sed de Frou mi is so angst de teene klappern mi, un dat is mi as führ in de adern un see reet sick eer liefken up un so meer, averst Marleenken satt in een eck un weende un had eeren Platen vor de Oogen un weende den Platen gans meß natt, dar sett sick de Vogel up den Machandelboom un sung Mein Mutter der mich Schlacht’t Dar heel de Mutter de Ooren to, un kneep de Ogen to un wold nich sehn un hören aver dat Bruste eer in de Ooren as de aller starckst Storm un de Ogen brenten eer un zuken as blitz Mein Vater der mich aß Ach Moder sed de Mann dar is een schoin Vogel de singt so herlich, de Sünn schint so warm un dat rückt as luter Zinnemamen Mein Schwester der Marlenechen Dar led Marleenken den Kop up de Knee un weente in eens weg, de Mann averst sed, ick ga herut, ick mut den Vogel dicht bisehn, ach ga nich sed de Frou mi is as bevt dat gans hus, un stün in flammen aver de Mann ging herut un sach den Vogel an Sucht alle meine Beenechen Und bind sie in ein Seiden Tuch legts unter den Machandel baum Kiwitt, Kiwitt, ach watt een schoin Vogel bin ick. Mit des leet de Vogel de Golden Kede fallen, un se feel den Mann just um den Hals, so recht herüm dat se recht so schoin Paßt, dar ging he herin un sed sü wat is dat vor een schoin Vogel, het mi sone schoine Golde〈n〉 Kede schenckt un sütt so schoin ut, de Frou aver was so angst un feel lang in de Stuve hen, un de Mütz feel eer von den Kop – dar sung de Vogel wed〈der〉 Mein Mutter der mich Schleit’t, ach dat ick Dusend faden ünner de Erde weer, dat ick dat nich hören soll Mein Vater der mich aß, dar feel de Frou vor doot nedder 1143

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Mein Schwester der Marlenichen Ach sed Marleenken ick will uck herut gan un sehn op de Vogel mi wat schenkt, dar ging se herut. Sucht alle meine beenechen Und bind se in ein siden Tuch dar smet he eer den Schö herün; legts unter den Machandel baum, Kiwitt, Kiwitt, ach watt een schoin Vogel bin ick. Dar was eer so licht un frölich, dar trück se de neien roden Schö an un danst un sprung herin, ach sed se ick was so trurig as ick herut ging, un nu is mi so licht, dat is mal een herlichen Vogel, hett mi een par rode Schö schenckt, Nee sed de Frou un sprung up, un de haar stunden eer to berge as führs flammen, mi is as soll de Welt üner gan, ick will uck herut ob mi lichter werden soll, un as se ut de Dör kam – Bratsch! – smeet eer de Vogel den Mählens〈teen〉 up de Kop dat se gans to matscht, de Vader un Marlenken hörden dat un gingen her〈üt〉 Dar ging een Damp un flam un führ up von de stede, un as dat vorbi was da stund de lüttje Broder dar un he nam sinen Vader un Marlenken bi de hand un weeren all dree so recht vergnoigt, un gingen in dat hus bi Disch un eeten. Erläuterungen Allgemein kann auf die Erläuterungen der Brüder Grimm und die Kommentare zu den KHM hingewiesen werden, ferner auf Rölleke 2008. Die Brüder Grimm nennen schon ähnliche Erzählungen nicht nur in Deutschland, sondern auch im übrigen Europa und Afrika. Weitere Fassungen vgl. Johannes Bolte, Georg Polı´vka, Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. I. Bd. Leipzig 1913, S. 412–423. Als Ergänzung zu Belgrader, der über 400 Varianten untersucht (s. o.), vgl. auch: Walter Burkert, Vom Nachtigallenmythos zum ›Machandelboom‹. In: Antiker Mythos in unseren Märchen, hg. v. Wolfdietrich Siegmund. Kassel 1984, S. 113–125. Heinz Rölleke meint, das Märchen sei »mit vielen Mythologemen verknüpft 〈. . .〉 (Vogel Phoenix, Tantalus, Tereus und Procne)« (KHM, Vollständige Ausgabe auf der Grundlage der dritten Auflage (1837), hg. v. Heinz Rölleke. Frankfurt/M 1985, S. 1218). Irreführend fehlerhaft ist Hans-Jörg Uthers Kommentar zu KHM (IV. Bd. München 1996); vgl. Heinz Röllekes Rez. in: Wirkendes Wort 1, 1997, S. 137–150. Heinz Rölleke, Weiß – Rot – Schwarz: „Die drei Farben der Poesie“. Zu Farbspielen in Grimms „Sneewittchen“-Märchen und anderwärts.

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Zu ZfE 29

In: Fabula, Bd. 54 H. 3/4, 2013, S. 214–233. In einigen Wendungen zeigt sich eine christliche Überlagerung des archaischen Stoffes. 366,1 Mahandel] In der Überschrift der Nr. 30 und im Text meist: Machandel geschrieben, bedeutet: Wacholder. Nach dem Aberglauben besitzt er Wunderkräfte. 366,2 Hamburger Volkssprache] Da Runge damals in Hamburg lebte, glaubte Arnim zunächst, er hätte die Märchen im Hamburger Dialekt aufgezeichnet. In der nächsten Nummer korrigiert er den Irrtum in der Anmerkung (374,31f.). 366,25 nidsch] »begierig« (Richey 1755, S. 174). 366,34–35 in Göthes neuem Faust (letzte Scene) 〈. . .〉 Clärchen] Margarete (Gretchen) singt zu Beginn der Kerker-Szene (V. 4412–4420) die Verse:

Meine Mutter, die Hur, Die mich umgebracht hat! Mein Vater, der Schelm, Der mich gessen hat! Mein Schwesterlein klein Hub auf die Bein, An einem kühlen Ort; Da ward ich ein schönes Waldvögelein; Fliege fort, fliege fort! Arnim bezieht sich auf den zur Ostermesse 1808 erschienenen Faust I. Die Verse stehen schon im »Ur-Faust«, den Arnim aber nicht kennen konnte. Sie sind durch die Reime modernisiert und durch die psychologisierende Perspektive der Szene angepaßt. – Im März 1774 benutzte Goethe im Brief an Sophie von La Roche in bezug auf seine Wieland-Farce die Wendung: jener Mühlstein der vom Himmel fiel, was man als Beweis ansieht, daß Goethe einen entsprechenden Schluß des Märchens kannte. 367,27 gresig] schaudererregend 367,27–28 to riten] zerreißen 367,31 äver leep eer] überlief es sie 368,6 rauren] Evtl. »bereuen« (vgl. Rölleke 2008, S. 53). 368,18 Mütten] Diminutiv zu hamburgisch »Moder«, »Mutter« (vgl. Rölleke 2008, S. 53). 368,18 groos Oem] Vermtl. Großonkel (vgl. Rölleke 2008, S. 53). 368,25–26 dat ist as wen dat all myn weer] Der Vater wird im Märchen nicht dafür verurteilt, daß er unwissend seinen Sohn aufißt. Der Gedanke ist wohl, daß er ihn in sich zurücknimmt. Das Essen ist deshalb ,für ihn’. Die Knochen werden über dem Grab der Mutter in einen Vogel verwandelt

1145

Kommentar

(368,29–369,1). Am Ende ist nach dem Tod der bösen Stiefmutter der Zauber verschwunden, das Kind wieder lebendig. 368,31 blödigen] »blutigen« (Rölleke 2008, S. 53). 368,35 to hope] zu Hauf, übereinander 368,36 deit] deutet

ZfE30 374,22–23 rode 〈. . .〉 steern] »Gemäß dem antiken Mythos wurde der geschlachtete und verzehrte Sohn zu einem Fasan, auf den diese Beschreibung ungefähr paßt.« (Rölleke 2008, S. 54). 376,3–4 teene klappern] Vgl. Matth. 8,12. 376,6 platen] Schürze 376,6 meß natt] »Meß: Mist. 〈. . .〉 Meß-natt: pfützenaß« (Richey 1755,

S. 162). 376,14 zinnemamen] Zimt. 376,31 fuder] »Fuder« ist ein Raummaß: was ein Wagen aufnimmt. Wahrscheinlich ist die Lesung von Frohreich: faden richtig; »Faden« ist ein Längenmaß: die Entfernung zwischen den Spitzen der Mittelfinger der ausgebreiteten Arme (6 Fuß; vgl. Rölleke 2008, S. 55). 377,12 damp] Vgl. 1. Mos 19,28.

1146

Zu ZfE 30

ZfE 30

12. July: 370,3–374,11

Graf Richard 〈. . .〉 Schubart: Entstehung

Zu Arnims Kauf der Minstrelsy of the Scottish Border von Walter Scott und zur Übersetzung durch Henriette Schubart vgl. ZfE19.

Varianten Verglichen mit Henriette Schubarts Übersetzung von 1817, S. 86–92. Orthographie und Zeichensetzung sind nicht berücksichtigt. 370,6–7 »O 〈. . .〉 mich] O wiege nicht dein Söhnlein jung Nun länger

mehr für mich; 370,14–17 Und 〈. . .〉 seyn.] Sie tränket ihn mit Bier und Wein, Als sie beim Mahle drauf; Er leget nieder sich zur Ruh, Doch nimmer steht er auf. 371,3–4 Als 〈. . .〉 sein.«] Als du hälst deine Zung’ im Zaum, Die nimmer still kann seyn. 371,5–8 Sie 〈. . .〉 loß!«] Sie rief die Dirnen in dem Schloß, Sie rief sie all’ herein: »Hier ist ein todter Mann,« sprach sie, »Ich wünscht’ ihn los zu seyn!« 371,10–14 Wie 〈. . .〉 Weiden.] Als wie zum Ritt bereit; Ein Jagdhorn hing um seinen Leib, Ein Schwert an seiner Seit’, Sie warfen ihn in den bleichen Strom, Den man genennet Cleid. 371,25–26 Wie 〈. . .〉 mir!«] Wie du gethan Graf Richard hast, So thätest du auch mir. 371,27 Kaum war sie] Sie war kaum 372,2 So 〈. . .〉 Tageslicht?«] Wo warest du so spät? 372,4 Doch 〈. . .〉 nicht.«] Doch kein’s ihn finden thät. 1147

Kommentar

372,5–6 »Er 〈. . .〉 schäum!] Er kennt die Wege durch den Strom, Und wird sie finden aus; 372,8 Wird 〈. . .〉 heim.«] Graf Richard kommt nach Haus. 372,9 Und 〈. . .〉 Jagd.] O es begab sich, eines Tags, 372,11 Graf Richard] den Grafen 372,16 See] Strom 372,17 rief] ruft 372,19–20 Wer 〈. . .〉 Muth?«] Wer tauchet für Graf Richards Sach’, Wer ist’s, der mir es thut? 372,23 für ihn in den See] für des Grafen Sach’, 372,29 »Stell ein 〈. . .〉 Nacht,] Laß tauchen ferner in der Nacht, 373,5–6 Das 〈. . .〉 ein;] Man tauchte ferner in der Nacht, Stellt’ es bei Tage ein; 373,9–10 Wo 〈. . .〉 hervor;] Wohl in des Wassers tiefstem Grund Fand man den Grafen drauf; 373,12 empor] herauf 373,15–16 »Wer 〈. . .〉 Hund?«] O wer erschlug ihn, der mir hielt Zur Rechten Falk und Hund? 373,18–20 »Was 〈. . .〉 See.«] Zu was ist all’ dies Noth? Es barg ihn seine Buhl’ im Strom, Als sie ihm gab den Tod. 373,21 schwor] schwur 373,23 reifen] gelben 373,27 ward] werd ZfE ward 1817 373,29 ihrer Haut] ihrem Kinn 373,32 Sünd’] Schuld 374,1 Dirn] Maid 374,5 Dienerin] Dirne drauf 374,6 die Gebieterin] ihre Herrin 374,8 der Haut] dem Kinn

Der Text der Quelle

Minstrelsy (Bd. II, S. 44–50; vgl. ZfE19): Earl Richard Never before published. »O Lady, rock never your young son young, One hour langer for me; 1148

Zu ZfE 30

For I have a sweetheart, in Garlioch Wells, I love far better than thee. »The very sole o’ that ladye’s foot Than thy face is far mair white.« »But, nevertheless, now, Erl Richard, Ye will bide in my bower a’ night?« She birled* him with the ale and wine, As they sat down to sup; A living man he laid him down, But I wot he ne’er rose up. Then up and spak the popinjay, That flew aboun her head; »Lady! keep weel your green cleiding Frae gude Erl Richard’s bleid.« »O better I’ll keep my green cleiding Frae gude Erl Richard’s bleid, Than thou canst keep thy clattering toung, That trattles in thy head.« She has call’d upon her bower maidens, She has call’d them ane by ane; »There lies a deid man in my bour: I wish that he were gane!« They hae booted him, and spurred him, As he was wont to ride; A hunting horn tied round his waist, A sharp sword by his side, And they hae had him to the wan water, For a’ men call it Clyde. Then up and spak the popinjay, That sat upon the tree – »What hae ye done wi’ Erl Richard? Ye were his gaye ladye.«

* Birled – Plied. 1149

Kommentar

»Come down, come down, my bonny bird, And sit upon my hand; And thou sall hae a cage o’ gowd, Where thou hast but the wand.« »Awa! awa! ye ill woman: Nae cage o’ gowd for me; As ye hae dune to Erl Richard, Sae wad ye do to me.« She hadna cross’d a rigg o’ land, A rigg, but barely ane; When she met wi’ his auld father, Came riding all alane. »Where hae ye been, now, lady fair, Where hae ye been sae late?« »We hae been seeking Erl Richard, But him we canna get.« »Erl Richard kens a’ the fords in Clyde, He’ll ride them ane by ane, And tho’ the night was ne’er sae mirk, Erl Richard will be hame.« O it fell anes, upon a day, The king was boun to ride; And he has mist him, Erl Richard, Should hae ridden on his right side. The ladye turn’d her round about, Wi meikle mournfu’ din – »It fears me sair o’ Clyde water, That he is drown’d therein.« »Gar douk, gar douk*,« the king he cried, »Gar douk for gold and fee; O wha will douk for Erl Richard’s sake, Or wha will douk for me?«

* Douk – Dive. 1150

Zu ZfE 30

They douked in at ae weil-head*, And out aye at the other; »We can douk nae mair for Erl Richard Altho’ he were our brother.« It fell that, in that ladye’s castle, The king was boun’ to bed; And up and spak the popinjay, That flew abune his head. »Leave off your douking on the day, And douk upon the night; And where that sackless** knight lies slain, The candles will burn bright.« »O there’s a bird, within this bower, That sings baith sad and sweet; O there’s a bird within your bower, Keeps me frae my night’s sleep.« They left the douking on the day, And douked upon the night; And, where that sackless knight lay slain, The candles burned bright. The deepest pot in a’ the linn, They fand Erl Richard in; A grene turf tyed across his breast, To keep that gude lord down. Then up and spake the king himsell, When he saw the deadly wound – »O wha has slain my right-hand man, That held my hawk and hound?« Then up and spake the popinjay, Says – »What needs a’ this din? * Weil-head – Eddy. ** Sackless – Guiltless. 1151

Kommentar

It was his light lemman took his life, And hided him in the linn.« She swore her by the grass sae grene, Sae did she by the corn, She had na’ seen him, Erl Richard, Since Moninday at morn. »Put na the wite on me,« she said; »It was my may Catherine.« Then they hae cut baith fern and thorn, To burn that maiden in. It wadna take upon her cheik, Nor yet upon her chin; Nor yet upon her yellow hair, To cleanse the deadly sin. The maiden touched the clay-cauld corpse, A drap it never bled; The ladye laid her hand on him, And soon the ground was red. Out then hae ta’en her, may Catherine, And put her mistress in: The flame tuik fast upon her cheik, Tuik fast upon her chin; Tuik fast upon her faire bodye – She burn’d like hollins green*. Erläuterungen Zur Ballade vgl. die Anmerkungen von Scott (ebd., S. 44 u. 51). Vgl. auch die krit. Ausgabe von Henderson (S. 232–245). 372,29 Stell 〈. . .〉 Nacht,] Falsche Übersetzung; vgl. die spätere in: Varianten. 372,32 Wird 〈. . .〉 Schein.«] In Schubarts Buchfassung die Anmerkung nach Scott: Die Todtenlichter, welche, dem Aberglauben gemäß, zuweilen

die Stelle erhellen, wo ein todter Körper verborgen ist. In Wales Canhwyllan Cyrph genannt. (S. 90) * Hollins green – Green Holly. 1152

Zu ZfE 30

374,2 Kein 〈. . .〉 eine Anmerkung. 374,13–377,15 377,17–381,7

Wund;] Auch zu diesem Aberglauben findet sich bei Scott

Von den Machandel Bohm 〈. . .〉 eeten] Vgl. ZfE 29.

Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf

〈. . .〉 Wilhelm Grimm 〈. . .〉 Dieterich] Entstehung und Quelle Zu Wilhelm Grimms Übersetzung vgl. den Kommentar zu ZfE6. Quelle: Danske Viser, S. 32–38. Syv erläutert in seiner Einführung, daß dänische Helden für Dietrich von Bern kämpften. (S. 32) Zum Namen Wittich Wielands Sohn vgl. Erläuterungen zu ZfE23. Verglichen mit Nyerup 1812, S. 25–34.

Langbeen Risers og Vidrich Verlandsens Kamp. IV. Konning Tidrick sidder udi Bern, Han roser af sin Vælde: Saa mangen haver han tvungen, Baade Kiæmper og raske Helte. Der stander en Borg heder Bern, og der boer i Konning Tidrick. 2. Konning Tidrick stander paa Bern, Og seer han ud saa vide: GUd give Jeg vedste de Hellede saa sterke, mig torde i Marken bide. Der stander en Borg for Bern, og der udi boer Konning Tidrick. 3. Det svarede Mester Hildebrand, Han viste at Orloge og stride: Der ligger en Kiæmpe paa Birtings Bierg, tør du hannem vække og bide. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 4. Hør du Mester Hildebrand, du est en Kiæmpe saa sterk: Du skalt ride fremmest i Skoven i Dag, Og føre vor Skioldemerke. Der stander en. 5. Dertil svaret Mester Hildebrand, Han var en Kiæmpe saa viis: Herre jeg fører ikke eders Skioldemerke i Dag, thi mig sømmer ikke den Priis. Der stander en Borg for Bern og der boer i Konning Tid. 6. Der svaret Vidrich Verlandsøn, Han talde af fuld god Hue: Jeg vil være den første i Hoben i Dag, igiennem de Birting Skove. Der stander en Borg for Bern, og der boer i Kong Tidrick. 7. Det meldte han Vidrich Verlandsøn, han svarede det af Vrede: De Smede-Svenne mit Sverd saa smede; der bider saa vel paa Staal som Klæde. 1153

Kommentar

8. De vare vel Tre Hundrede Kiæmper, de droge til Birtings Land: de ledte efter Langbeen Riser, de hannem paa Skofven fandt, Der stander en. 9. Det svared Vidrich Verlandsøn, vi ville prøve et underligt Spil: J lade mig ride i Skofven først, Om J troe mig dertil. Der stander en Borg. 10. J holder her alle Danner Kongens Mænd, Op under disse grønne Tvede, imedens jeg rider i Skoven frem, Jeg vil os Veyen oplede. 11. Det var Vidrich Verlandsøn, Han rider i Skoven frem, der fandt han saa liden en Sti, som neder til Riser rand. 12. Det da svaret Konning Tidrick, jeg siger her saa for mig: Finder du Langbeen Riser, du dølge det ikke for mig, Der stander en Borg for Bern, og der boer i Konning Tidrick. 13. Det var Vidrich Verlandsøn, han køm paa Birtings Hede: Der fandt han Langbeen Riser, han laae baade sort og leed. Der stander en Borg. 14. Det var Vidrich Verlandsøn, han stødte paa Riser med Skaft: Du vaagne op Langbeen Riser, Mig tykkes du sover vel hart. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 15. Her haver jeg ligget i mange Aar, og hviltis paa vildende Hede: Her kom aldrig den Kiæmpe frem der mig torde vække og bide. Der stander. 16. Her holder jeg Vidrich Verlandsøn, med Sverd saa got ved Side: Jeg skal dig af Søvnen opvække, Saa saare da skalt du svide. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 17. Det var Langbeen Riser, han vinket op med sit Øye: Hveden kommer os denne Svend, der saadanne Ord lader lyde? 18. Verland hede hans Fader min, en Smed var han saa skiøn: Bodild hede min Moder, en Konning-Dotter von. 19. Skrepping heder mit fuld gode Skiold, Der er udi mangen Pil skøt: Blank saa kaldes min stolte Hielm saa mangt et Sverd haver den brødt. Der stander en Borg for Bern, og der boer i Kong Tidrick. 20. Skimming heder min ædle Hest. Er fød paa vilden Stod: Memmering kalder man mit Sverd, er han i Kiæmpe-Blod. Der stander en Borg. 21. Selv heder jeg Vidrich Verlandsøn, udi Jern saa er jeg klæd: Staar du ikke op, paa din lange Been, jeg giøre dig visselig vred. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 1154

Zu ZfE 30

22. Hør du Langbeen Riser, jeg vil ikke at dig lyve: Kongen holder her uden for Skofven, du skalt hannem Skatten give. Der stander en Borg for. 23. Alt det Guld som jeg ejer, det glemmer jeg med stor Ære: Det vinder ikke en Staldreng af mig, od det skal ingen Mand spørre. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 24. Saa ung og liden som jeg er; Skalt du mig her nu finde: Dit Hofvet vil jeg hugge dig fra, og saa dit meget Guld vinde. Der stander. 25. Det var Langbeen Riser, hannem lyster ikke længer at sove: Ride fra mig du unge Heldt, om dig lyster længer at leve. Der stander en Borg. 26. Skimming sprang op med begge sine Been Midt paa Risers Side: Sønder da ginge hans Risbeen sin, og saa begyndte de at stride. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 27. Det var Langbeen Riser, greb sin Staalstang i Hænde: Han slog et Slag efter Vidrich, at Stangen i Bierget vende. Der stander. 28. Det var Langbeen Riser, han agtet at staa saa vist: Hesten løb hannem rammet af, det første Slag han miste. Der stander en Borg. 29. Det meldte Langbeen Riser, og han tog til at jamre: Nu ligger min Stang udi Bierget fast, som den var slagen med Hammer. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 30. Vidrich loed sig ikke forsømme, Han var saa modig i Hue: Vel op Skimming, vend dig om, og monne du Mimmering noget due. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 31. Han tog Mimmering i baade sine Hænder, til Langbeen Riser han rende: Han hug saa dybt i Bryst, at Odden i Tarmene vende. Der stander. 32. Da fik Langbeen Riser Saar, og vognet af første Søfn: Saa gierne havde han det vedergiort, kunde han have faaet den Øfne. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 33. Forbandet være du Vidrich, og saa dit Sverd ved din Side: Du haver giort mig Saar i mit Bryst, der af saa yppes min Qvide. Der stander en Borg for Bern, og der. 34. Jeg skal hugge dig Riser saa smaae, som Løft blæs iblant Støf: Uden du viser mig dit Liggende-fæ, som du haver i denne Skof. Der stander en Borg for Bern, og der boer. 35. Du lade det Vidrich Verlandsøn, du hug mig ikke til Døde: Jeg vil vise dig til det Huus, er takt med Guld hin røde. Der stander. 1155

Kommentar

36. Vidrich reed og Riser krøb, saa vit ind ad de Skofe: De funde det Huus med røde Guld takt, det skinde som brendende Lue. Der stander. 37. Her er inde meget meere Guld, end i dette Land kand være: Du tag her fra den store Steen, du løft af Hengsel disse Dørre. Der stander. 38. Det svarede Vidrich Verlandsøn, han frygtede for der Gilde: Der pleyer ingen viis Kiæmpe sin Styrke paa Steen at spilde: Der stanger. 39. Det er din mindste Konst, du kand din Hest vel vende: Jeg vil giøre mere med Finger to; end du med begge dine Hænder. Der stander. 40. Saa tog han den store Steen, han løfte den paa sin Hærde: Fuld vel Vidrich Verlandsøn, han agter hannem saa ond en Færd. Der stander en Borg for Bern, og der. 41. Her er inde meget meere Guld, end Femten Konger formaae: Hør du Vidrich Verlandsøn, du skalt her først indgaae. Der stander en. 42. Det svaret Vidrich Verlandsøn, han kiende saa vel hans Sind: Du skalt selv her først indgaa, thi det er en Kæmpe-Sæd. 43. Det var Langbeen Riser, han ind at Dørren saae; Vidrich hug med begge Hænder, han hug hannem Hofvedet fra. Der stander en Borg. 44. Saa tog han det Mande-Blod, smurde sig og sin Hest: Saa red han til Kong Tidrich, sagde sig at være skamme〈l〉ig lest. Der stander en Borg for Bern, og der boer i Kongen Tidrich. 45. Saa tog han den døde Krop, og reyste den til en Eeg: Saa reed han tilbaae igien, sagde af denne underlige Leeg. Der stander en. 46. Her holde J alle mine Staldbrødre gode, alt under denne grønne Lide: Langbeen Riser haver mig slaget i Dag, det er min største Qvide. 47. Haver du faaet baade Hug og Slag af Riser, da er det ilde: Vi ville ride til Bern igien, og ingen Mand her meere spilde. Der stander. 48. Du vend dig Konning Tidrich, du vend dig snart med mig: Alt det Guld som Riser havde, det vil jeg vise dig. Der stander en Borg for Bern, og der boer i Konning Tidrick. 49. Haver du slagen Riser i Dag, det spores over Land saa vide: Den Kæmpe fødes ikke i Verden til du maa jo vel med stride. Der stander. 50. Der var Konning Tidrichs Mand, der de monne Riser see: Saa lode de ad Skofven staae, Man maatte vel ad dennem lee. Der stander. 51. De meente Riser skulde forvist sine lange Been efter dem strecke: Ingen af dem saa torde hannem bie, og ingen saa vilde hannem vække. Der stander en Borg for Bern, og der. 1156

Zu ZfE 30

52. Det var Vidrich Verlandsøn, han giorde der af stor Spee: Hvor skulde J hannem levendes bie, J tør hannem ikke døder see. Der stander. 53. Vidrich stødte paa Krøppen med skaft, saa Hovedet dref i Mark: Det maa jeg for sandingen sige, Riser var en Kiæmpe saa sterk. Der stander. 54. Saa toge de hans meget røde Guld, de bytte det der paa stand: Vidrich hørde den beste Part til, Han hvervet det med sin Haand: Der stander. 55. Ikke var hannem saa meget om Bytte, den Seyr laa hannem i Sinde: At det kunde spøres til Danmark, han Langbeen Riser i monne overvinde. Der stander en Borg for Bern, og der boer paa Konning Tidrick. 56. Saa glade rede de til Bern igien, Konning Tidrick glæddes allermest: Tog han til sig Vidrich Verlandsøn, Maatte følge hannem allernest. Der stander en Borg for Bern; Og der boer paa Konning Tidrick. Varianten Den letzten Vers (381,3–6) verbesserte Wilhelm Grimm im Brief an Achim von Arnim vom 6. Mai 1808 (BJ: Ich sende Ihnen hierbei: 〈. . .〉): 〈. . .〉 in dem

Lied von Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf, wenn es abgedruckt wird muß der letzte Vers heißen: Sie reiten so freudig nach Bern zurück, König Dieterich erfreut am meist/ führt mit sich Wittich Wielands Sohn, mußt ihm folgen zu allernächst. In der ZfE-Fassung fehlt V. 28 (nach 379,13). Grimms Buch-Übersetzung tauscht sinngemäß Str. 11 und 12 und korrigiert eine ganze Reihe von Übersetzungs- oder Druckfehlern der ersten Fassung. Altdänische Heldenlieder, S. 17–23:

Kampf zwischen dem Riesen Langbein, und Vidrich Verlands Sohn. König Dieterich sitzet in Bern, seiner Macht thut er gedenken: So manchen hat er bezwungen, beides Kämpfer und rasche Helden. Dort stehet eine Burg, heißet Bern, und drin wohnt König Dieterich! König Dieterich stehet in Bern, und schauet hinaus so weite: Gott gebe, ich wüßte die Helden so stark, die im Feld gegen mich dürften streiten! 1157

Kommentar

Da sprach der Meister Hildebrand: ich weiß dir Krieg und Streit: Dort liegt ein Kämpfer am Biertings Berg, bist du ihn zu wecken bereit. »Hör du, Meister Hildebrand, du bist ein Kämpfer so gut: Du sollst reiten zuerst noch heut in den Wald, führen unser Schildzeichen mit Muth.« Drauf sprach Meister Hildebrand, er war ein Kämpfer so weis: Herr, ich führe nicht Eu’r Schildzeichen heut, denn es ziemet mir nicht der Preis. Da sprach Vidrich Verlands Sohn, mit guten Sinnen er sagt: Ich will der erste im Haufen seyn noch heut gegen Biertings Wald. Das redete Vidrich Verlands Sohn, und zornig sprach er zur Hand: Die Schmiede Gesell’n mein Schwert so schmieden, es zerbeißet Stahl und Gewand. Die waren wohl dreihundert Kämpfer, die zogen nach Biertings Land, Sie suchten nach Langbein dem Riesen, sie fanden ihn in dem Wald. Da sprach Vidrich Verlands Sohn, wir wollen spielen ein wunderlich Spiel: »Laßt reiten mich in den Wald zuerst, wenn Ihr mir trauet so viel.« Bleibt allzumal, Ihr Königes Mann, beim grünen Kreuzwege stehen, Dieweil ich reit’! zum Walde fort, nach dem Wege mich umzusehen. Da sprach der König Dietrich zu ihm: ich sage dir das von mir: Findest du Langbein den Riesen, birg du das nicht vor mir. Das war Vidrach Verlands Sohn, der ritt zu dem Walde fort, Und der hinunter zum Riesen lief, einen schmalen Steg fand er dort. Als nun Vidrich Verlands Sohn in die Biertings Heide kam, Da fand er liegen Langbein den Riesen, so schwarz und misgethan. Das war Vidrich Verlands Sohn, der stieß ihn an mit dem Schaft: Wach auf! du Langbein Riese, mir dünket du schläfst gar hart. »Hier hab ich gelegen so manches Jahr, und geruht in der wilden Heide: Nimmer kam ein Kämpfer hierher, der mich durft wecken zum Streite.« 1158

Zu ZfE 30

Hier halt ich, Vidrich Verlands Sohn, mein gutes Schwert an der Seite, Ich will dich aus dem Schlafe wecken, da sollst du so sehre leiden. Das war Langbein der Riese, der blickt auf mit den Augen: »Woher kommt dieser junge Gesell, der läßt solche Worte verlauten?« Verland hieß der Vater mein, ein Schmied war er so schön, Bodild hieß meine Mutter, ihr Vater trug Königes Kron. Skrepping heißt mein viel gutes Schild, das mancher Pfeilschuß traf, Blank wird genannt mein stolzer Helm, so manches Schwert er brach. Skimming heißt mein edles Roß, erzeugt von der wilden Stut’, Mimmering nennt man mein Schwert, taucht’s sich in Helden Blut. Selbst heiß ich Vidrich Verlands Sohn, mein Kleid ist von Eisen gemacht: Stehst du nicht auf, bei deinen langen Beinen! du wirst gewißlich in Zorn gebracht. Hör du, Langbein Riese, ich will dich nicht belügen: Der König hält außen vor dem Wald, du sollst ihm Schatzung entrichten. All das Gold, das ich habe, das bewahr ich mit großer Ehre: Daß ein Stallbub mir’s abgewonnen, das hört man nimmermehre. So jung und klein, als ich auch bin, sollst du mich doch hier finden: Dein Haupt will ich dir abschlagen, und dein vieles Gold gewinnen. Zu schlafen Langbein dem Riesen nicht länger mehr gefällt: »Gelüstet dich fürder zu leben, reit von mir, du junger Held.« Skimming mit beiden Beinen sprang auf, mitten in des Riesen Seite: Entzwei ging ihm das Rippenbein, und so begannen sie zu streiten. Das war Langbein der Riese, der nahm die Stahlstang’ in die Hände: Schlug einen Schlag nach Vidrich, daß die Stang im Berge sich wend’te. Das war Langbein der Riese, der meinte fest zu stehen so sehr, Aber als er den ersten Schlag verlor, lief unter ihm fort sein Pferd. Da sprach Langbein der Riese, da hub er an zu klagen: 1159

Kommentar

»Nun liegt meine Stang’ im Berge fest, wie vom Hammer eingeschlagen. Vidrich wollt’ sich versäumen nicht, da war so muthig sein Sinn: Wohl auf! Skimming, wend dich um: magst du noch taugen, Mimmering? Er faßte Mimmering in beid’ seine Händ’, zum Riesen er hinrennte: Er schlug so tief ihm in die Brust, daß die Schärf’ sich im Eingeweide wend’te. Da empfing der Ries’ eine Wunde, der vom ersten Schlaf nun erwacht’; So gerne hätt’ er’s vergolten, konnt’ er gewinnen die Macht. »Verfluchet seyst du, Vidrich, darzu das Schwert an deiner Seite: Du hast mir geschlagen die Wund’ in die Brust, darum bin ich im Leide.« Ich will dich, Riese, hauen so klein, wie die Luft den Staub durchweht, Oder du zeigst mir, wo dein gesammeltes Gold im Walde verborgen steht. »Du laß das, Vidrich Verlands Sohn, du schlag mich nicht zu todte Ich will dich führen zu dem Haus, gedeckt mit Gold so rothe.« Vidrich ritt, und der Riese kroch, in den Wald so tief beide zusammen: Sie fanden das Haus mit Gold gedeckt, das glänzt’ in hellen Flammen. »Hier innen ist viel mehr rothes Gold, als in diesem Land wird gefunden: Du trag’ hier fort den großen Stein, heb’ die Thür aus den Angeln herunter.« Da sprach zu ihm Vidrich Verlands Sohn, er fürchtet’ die Listen sein: Es pfleget kein weiser Held seine Kraft zu verlieren an einem Stein. »Das ist wohl deine kleinste Kunst, du kannst dein Roß wohl wenden; Ich will mehr thun mit zwei Fingern, als du mit beid’ deinen Händen.« So nahm er den großen Stein, auf seine Schultern hob er ihn: Wohl wußte Vidrich Verlands Sohn, was er hät Böses im Sinn. Mehr als fünfzehn König vermögen, mag hier des Goldes stehen: »Hör du, Vidrich Verlands Sohn, du sollst zuerst eingehen.« 1160

Zu ZfE 30

Da sprach zu ihm Vidrich Verlands Sohn, der kannte wohl sein Sinnen schlecht: Du selber sollst zuerst eingehn, denn das ist Kämpfer Recht. Das war Langbein der Riese, der blickte nach der Thür hinab: Vidrich hieb mit beiden Händen, das Haupt hieb er ihm ab. So nahm er des Mannes Blut, sich und sein Roß er bestrich: So ritt er zum König Dieterich, sprach: schimpflich verwundet bin ich. So faßt’ er den todten Leib, und stellt’ ihn an eine Eiche, So ritt er wiederum zurück, ein wunderlich Spiel zu treiben. »Hier haltet Ihr all am grünen Berg, Ihr guten Stallbrüder mein; Langbein der Riese hat mich geschlagen heut, meine erste Noth muß das seyn.« Das ist so schlimm, hast du Hieb und Schlag, beides, von dem Riesen empfangen, Wir wollen reiten nach Bern zurück, nicht verlieren mehr ein’n unsrer Mannen. »Du wend dich, König Dieterich, du wend dich schnell mit mir: Alles Gold das der Riese hat, das will ich zeigen dir.« Hast du geschlagen den Riesen heut, das wird verkündet übers Land so weite: Der Held wird auf Erden geboren nicht, der gegen dich vermag mit Streiten. Das waren all König Dieterichs Mann, die hatten den Ries’ zu sehn Lust: Sie ritten in den Wald hinein, hei! wie man lachen muß! Sie meinten, der Riese werde gewiß nach ihnen seine langen Bein’ strecken, Und keiner getraute bei ihm zu seyn, und keiner auch wollt’ ihn wecken. Das war Vidrich Verlands Sohn, der ihnen großen Schimpf da bot: »Wie sollts Euch bei ihm im Leben ergehn, dürft ihr ihn nicht sehen im Tod!« Vidrich stieß an den Leib mit dem Schaft, da fiel das Haupt zur Erden: Das mag ich Euch in Wahrheit sagen, so stark war der Ries’ ein Degen. 1161

Kommentar

Sie zogen heraus viel rothes Gold, sie erbeuteten, was da stand, Dem Vidrich gehörte der beste Theil, erworben mit seiner Hand. Die Beute, die war ihm nicht so viel, den Sieg hatt’ er im Sinn: Daß Langbein der Ries’ überwunden sey, wie es schalle durch Dänemark hin. So freudig ritten sie nach Bern zurück, König Dieterich erfreuet zu meist, Zog zu sich Vidrich Verlands Sohn, er mußt’ ihm folgen zu allernächst. Dort stehet eine Burg vor Bern, und drin wohnet König Dieterich!

Druckfehler 377,22–23 Dieterich] Dierich ZfE 377,27 Streit] Sreit ZfE 378,18 er lag] erlag ZfE 378,19 er stieß] erstieß ZfE 378,27 soll] foll ZfE Folgende Korrektur der ZfE-Fassung, die Grimm für das Buch weitgehend übernahm, ergibt sich aus Nyerups Übersetzungsvorschlag (Schmidt 1885, S. 9): 380,2–3 So hob 〈. . .〉 gethan.] Denn nahm er den grossen Stein er hub

ihn auf seinen Schultern. Völlig (wusste) – (ist durch einen Druckfehler ausgelassen) Vidrich Verlandso´n, Dass er ihm einen Unglück achtete – s.: dass er darauf sann, ihm einen Streich zu versezen. 380,3 bößlich er] bößlicher ZfE 380,31 Schimpf erbot] Schimpfer bot ZfE 381,5 zu] zu drinn ZfE 381,9–29

Dieses Aufrichten 〈. . .〉 Cid 〈. . .〉 Einsiedler] Entstehung

Die Schlußbemerkung stammt von Arnim. Er zitiert: Johann Gottfried von Herder, Der Cid. Nach Spanischen Romanzen besungen. Tübingen: J.G. Cotta 1806, S. 225 u. 227:

〈. . .〉 Mitternacht wars, und man setzte

Auf sein gutes Pferd B a b i e c¸ a 1162

Zu ZfE 30

Grad’ und vest den todten Herrn; 〈. . .〉 Dies gesehn erschraken alle Sechs und dreißig Mohrenkön’ge; 〈. . .〉 Schon 1806 hatte Arnim dieses Werk gelesen. Er fragte Brentano in seinem Brief aus Neustrelitz (12.-etwa 19. März; WAA XXXII, S. 165): Hast du den

Cid gelesen von Herder? Er steht in der ersten Lieferung seiner Werke und wird dir viel Freude machen, 〈. . .〉 die liebste Romanze ist mir wie er sich zur Hochzeit ausputzt, 〈. . .〉 ferner wie er todt gegen den Feind reitet 〈. . .〉. Vgl. Johann Gottfried von Herder’s sämmtliche Werke, Bd. III, Tübingen 1805.

Druckfehler 381,12 Babieka] Babinka Arnim gibt das Zeichen wurde vom Setzer verlesen als n. 381,28

c¸ als k wieder. Das e

Göttlichste] Nach Steig ist das Goethe (Steig 1912, S. 233).

1163

Kommentar

ZfE 31

16. July: 382,3–383,8

Fräuleinswache 〈. . .〉 Uhland] Entstehung

Uhlands Gedicht entstand nach einer handschriftlichen Notiz am 10. März 1808. Er schrieb Kerner, der das Gedicht offensichtlich kritisiert hatte, darüber am 18. März 1808 aus Tübingen (Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 84): Es

kann seyn, daß in F r ä u l e i n s Wa c h e der Ausdruck unnatürlich ist, und den Eindruck, den etwas auf dein Gefühl gemacht, kann ich nicht wegdisputiren. Sonst möcht’ ich sagen: da das Ganze Ironie ist, so trägt es doch einige Milderung in sich, denn das liebende Fräulein spricht gerade das Entgegengesezte von sich und ihren nächtlichen Abenteuern aus, sie spricht also absichtlich anders, als sie denkt. Varianten Verglichen mit: Gedichte, hist.-krit. Ausgabe, Bd. I: Text, S. 373f., Bd. II: Komm., S. 141. 382,3 Fräuleinswache.] Fräuleins Wache. 383,10–391,22

Alte Briefe eines Einsiedlers und einer Mohrin 〈. . .〉 Ein-

siedler] Entstehung Arnim bearbeitete hier Briefe des Mystikers Heinrich Seuse (lat. Suso, 1295/71366), die er in einem anonymen fragmentarischen Codex besaß. In Überarbeitung nahm er den Text in die Gräfin Dolores wieder auf (Zweite Abteilung, Siebzehntes Kapitel; vgl. Werke 1, S. 271–281), wo er die Anmerkung macht (ebd. S. 272): Viele einzelne Äußerungen dieser Briefe

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finden sich in einer schönen alten Sammlung christlicher Ermahnungen, die ich in einem Pergamentcodex besitze. Zwischenzeitlich hatte er sich mit Dorow intensiv über diese Texte verständigt. Dieser schrieb ihn Anfang 1809 an (〈. . .〉 Lieder heraus, und fügte sie 〈. . .〉; H: BJ-VS), als er Arnims Publikation in der ZfE gelesen hatte. Er wußte damals noch nicht, daß die ZfE eingegangen war, und schickte mögliche Beiträge. Dabei lobte er auch Taulers Nachfolge Christi, besonders in der Ausgabe von Daniel Schottel von 1621. Arnim antwortete am 3. Februar, wieder in Berlin (Sie hatten einmal die Gefälligkeit 〈. . .〉; Dorow 1842, S. 94f.): Sie hatten

einmal die Gefälligkeit, lieber Dorow, mir in Königsberg ein Buch von Tauler zu bringen, woran Briefe liebender Seelen, so hieß es, wenn ich nicht irre, angehängt waren, ist das Buch vielleicht zu kaufen? Ich möchte es gern besitzen. 〈. . .〉 Ueberhaupt würde ich sehr dankbar sein, wenn Sie Ihre Bekanntschaft mit den Büchern und Alterthümern Ihrer Stadt mir zuweilen durch Mittheilung einiger Notizen nützlich machen wollten 〈. . .〉. Ich hoffe, daß Ihre Sammlungen guten Fortgang haben, und wünsche, daß ich Ihnen die meinen einmal zeigen kann. Dorow bemerkt in einer Fußnote (Reminiscenzen, S. 95): Arnim ließ diese Briefe später nach der ihm gesendeten Abschrift in seiner Gräfin Dolores abdrucken. Am 13. Februar 1809 schrieb Dorow (Außerordentlich erfreute mich Ihr Brief 〈. . .〉; vgl. Weiss 1986, S. 181): Es war für mich eine große Freude in Ihrer Zeitung für Einsiedler einige der Briefe zu finden, die für mich ein besonderes Interesse wegen ihres tiefen Gefühls und ihrer Einfalt hatten. Sie sind so viel ich weiß nur einmahl mit Taulers Nachfolge Christi gedruckt, welche Daniel Schottel 1621 in 4to herausgab, und betitelt: Güldener Sendtbrieff vieler alten gottseeligen Kirchen Lehrer als Joh: Taulers Heinrich Seussen, Joh: Creutzers u mehrerer anderer. Die Briefe, die Sie haben abdrucken lassen sind von Heinrich Seusse an geistliche Jungfrauen geschrieben, vor ungefähr dritthalb hundert Jahr (nehmlich gerechnet von : 1 6 2 1 ). In allem sind 17 Briefe. Das Buch selbst bin ich im Stande Ihnen zu verschaffen, jedoch kann Ihnen eine getreue Abschrift davon nützen; so sagen Sie es mir und ich werde Ihnen solche gleich einsenden. Arnim antwortete am 6. März 1809 (Herzlichen Dank, lieber Dorow, für 〈. . .〉; Reminiscenzen, S. 96) und erbat nähere Aufschlüsse über diese Briefe. Er legte eine Einlage bei, die verloren ist: Sie werden aus der Einlage sehen,

daß ich von einer dieser Erbietungen Gebrauch mache, um einen alten Codex zu vervollständigen, den mir ein guter Zufall kürzlich zuführte. Dorow ging in seinem Brief vom 23. März ausführlich darauf ein (Schon eher hätte ich Ihren 〈. . .〉; H: BJ-VS; vgl. Weiss 1986, S. 186–188). 1165

Kommentar

Verglichen wurde mit der Ausgabe von Heller, die eine Übersetzung ins Neuhochdeutsche auf textkritischer Grundlage bietet: Des Mystikers Heinrich Seuse O.Pr. Deutsche Schriften. Vollständige Ausgabe auf Grund der Handschriften. Eingeleitet, übertragen und erläutert von Nikolaus Heller. Heidelberg 1925. Heller nennt auf S. IX die Handschriften des ungekürzten Briefbuchs. In seiner Ausgabe umfaßt es 28 Briefe. – Dorow schrieb: Einliegend finden Sie den 16 & 17 Brief von diesem Heinrich von Seussen mit welchem das ganze Buch schließt; denn zu Ende muß es seyn, indem eine Schlußvignette da ist mit der Überschrift, E n d e . Ich finde aber, daß die Überschrift des 16 Briefes bey mir ganz anders ist, als Sie sie aufschreiben. Sollte vielleicht das Ganze anders seyn. Sie finden daher einliegend die Überschriften von jedem Brief nebst dessen Anfang und Ende. 〈. . .〉 Überschriften der Briefe des Heinrich von Seussen an geistliche Jungfrauen. 1 Brief. Mihi autem adhaerere Deo, bonum est. Das edel Seiten Spiel. Den ich trage die fünf Mahlzeichen des H Jesu an mein〈em〉 Leibe (Bei Heller Brief 25. Bei Arnim Brief 1)

2 »Rex David senuerat. & c Da der König David sein Jugendt – – muß menschlicher Witze ein freies Urlaub geben. (Bei Heller Brief 1. Bei Arnim Quelle für den Anfang von Brief 3).

3 »Sonet vox tua in auribus meis: vox enim – – – decora Also spricht die liebhabende Seele, – – – laß mich hören deine Stim. (Bei Heller Brief 5. Bei Arnim der Schluß von Brief 3).

4 »Vineae florentes, dederunt – – – terra nostra. Also steht geschrieben im Buch der Liebe. – nach deinem allerliebsten Willen. (Bei Heller Brief 6. Bei Arnim Quelle für Brief 5)

5 Brief Trahe me post te, – – – tuorum. Der einen liebelosen Menschen – – mit solchen Dingen reitzest. –– (Bei Heller Brief 7). 6. »gustate et videte, – – est Dominus. Meine liebe Kind, es spricht S Gregorius. – – – folget ihme Ewige Seeligkeit. – (Bei Heller Brief 8). 7. Quam dilecta – – virtutum & c. Also spricht der himmlische Harpffer – – – daß wird dann täglich und stündlich. –– (Bei Heller Brief 9) 8. Revertere, revertere, – – intueamur & c. Dise liebliche Wort stehent – – mag niemand in Zeit haben. (Bei Heller Brief 10). 9. Audite filii – – Patris. Also spricht die ewige Weißheit – – von Gott erwerben. – (Bei Heller Brief 11) 1166

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10. Surge Aquilo, – – aromata illius. Also stehet geschrieben in der Lieben Buch – – – daß es seinen getrewen Vatter ye erzürnte. (Bei Heller Brief 15. Bei Arnim Mittelteil von Brief 7)

11. In Exitu – – Ägypto – – Wir lesen, da unser Herr – – – Gloria et honor, pax, omni bonum operanti. – – (Bei Heller Brief 16) 12. Nemo potest, – – servire. – Meine liebe N. ich habe gemerket – – – daß du nicht werdest ein Hafen Dierne. –– (Bei Heller Brief 18) 13. Exivi a Patre – – – mundum. Also sprach der ewige Sohn in daß vätterliche Hertze neigen. – – (Bei Heller Brief 23) 14. Nos autem revelata – – – Domini spiritu. – Meine lieben Kind, ich hab offt – – – zu Andacht gereitzet. (Bei Heller Brief 24) 15. Nigra sum, – – – Salomonis. – Also, stehet geschrieben in der – – immerwährender Seeligkeit. – – (Bei Heller Brief 12. Bei Arnim Anfang und Schluß von Brief 7)

16. Habitavit – – – agno. Dieweil die Natur – – – ein außerwehlter Mensch werden. (Bei Heller Brief 4) 17. Annunciate dilecto – – langueo. Es scheinet wohl – – – nähers gesetzt wirst. (Bei Heller Brief 20. Bei Arnim Quelle für Brief 9) Außerdem schrieb Dorow den 16. und 17. Brief ab (vgl. den Hinweis im Druck bei Weiss 1986, S. 188). Arnim bat nun Dorow am 18. April 1809 um einige Abschriften aus diesen Briefen (Vielen Dank, lieber Dorow, für 〈. . .〉; SPK, Haus II, Nachlaß Grimm, Sg. 677): Vielen Dank, lieber Dorow, für

die mitgetheilten Nachrichten, Abschriften und vor allem für Ihren freundschaftlichen Eifer, meine Bitten zu erfüllen. Aus der von Ihnen mitgetheilten Abschrift habe ich nun gefunden, daß es zwar ein Werk ist, mein Manuskript und Ihr Abdruck, denn bis auf einzelne Sprachänderungen und kleine Auslassungen ist der abgeschriebne Brief gleich lautend, mein Manuskript enthält aber, besonders vor dem Verluste des letzten Theils, eine Menge Briefe mehr und einige dagegen fehlten ihm; nach denen mir mitgetheilten Ueberschriften fehlen die unten verzeichneten Briefe, deren Abschrift ich von Ihrer gütigen Besorgung erbitte, die Unkosten dafür kann ich auf jedem von Ihnen mir zu bestimmenden Wege wieder erstatten: 1 Brief Mihi autem adhaerere deo, bonum est 11 In exitu 12 Nemo quot est 〈lies: potest〉. 13 Civi 〈lies: Exivi〉 a patre. 14. Nos autem revelata 1167

Kommentar

15 Nigra sum 16 Habitabit 17 Annunciate dilecto. Zerstreut bestellte Arnim sich Abschriften von Briefen, die er teilweise schon besaß. Als Dank sandte er ein Exemplar des Wintergartens mit. Dorow schickte die Abschriften am 17. Juli 1809 (Tausend Dank mein lieber Herr 〈. . .〉; BJ-VS) Arnim dankte ihm am 11. Oktober. Diese Texte zog er für die Fassung in der Gräfin Dolores mit heran. Die von Arnim abgedruckten Texte entstammen Heinrich Seuses Großem Briefbuch. Die Korrespondenz zwischen Arnim und Dorow weist auf das prinzipielle Problem der unsicheren Überlieferungslage von Susos Briefen. Er selbst stellte in dem Kleinen Briefbuch im sogenannten Exemplar diejenigen Briefe zusammen, die ihm wesentlich waren. Der Vergleich mit Arnims Text zeigt eine nur teilweise Übereinstimmung von zwei originalen Briefen Seuses mit Nr. 7 und Nr. 9 in der ZfE (s. u.). Ergiebiger ist der Vergleich mit dem Großen Briefbuch, wobei sich zeigt, daß nahezu der gesamte Text der Briefe des Einsiedlers daraus entnommen ist. Arnims Codex ist in Wilks Katalog der Arnim-Bibliothek nicht mehr genannt. Insofern läßt sich ein exakter Textvergleich nicht durchführen. Folgendes kann man aber erschließen: Seuses Briefe sind nur für die des Einsiedlers die Vorlage. Die Figur der Mohrin erfand Arnim nach dem in Nr. 7 stehenden Zitat des Hohenlieds von Salomon. Wenn im alttestamentarischen Text vielleicht auch eine dunkelhäutige Frau Anlaß zu der Dichtung gab, so versteht Seuse die Stelle im übertragenen Sinne: Die Mohrin ist ein Bild für den leidenden Menschen, der von den andern verspottet wird. Arnim gibt ihr eine Vorgeschichte: Sie lebte vorher auf einer Insel und hatte einen schlimmen Herrn, der sie auspeitschte (387,23f.). Später wurde sie von Seeräubern geraubt und in ein Bordell gebracht, wo sie wegen eines frommen Liedes, das sie sang, von dem Einsiedler entdeckt und gerettet wurde (386,8–14). Sie wurde von ihm in ein Kloster gebracht, legte die Gelübde ab, litt aber unter den andern Nonnen, die sie wie eine Aussätzige behandelten und ihr bei der Pfingstprozession die Fahne wegrissen (387,12–15). Im letzten Brief (Nr. 8) teilt sie eine mystische Vision mit. Der Text erinnert etwas an Visionen mittelalterlicher Mystikerinnen, wie etwa Mechthilds von Magdeburg (um 1212 – 1283) Fließendes Licht der Gottheit. Doch ist dieses Buch keineswegs eine direkte Quelle, wie Weiss es nahelegt, da es keinen wirklich übereinstimmenden Text gibt (Weiss 1980, S. 149, nach einem Hinweis von Hermann Kunisch). Die Tatsache, daß Arnim den Beitrag mit seinem Namen unterschrieb, zeigt, daß sein kreativer Eigenanteil beträchtlich sein muß. Arnim erwähnt (388,39) die Liedersammlung des Jesuiten Friedrich von

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Spee (1591–1635): Truznachtigall oder Geistlich-Poetisch Lust-Wäldchen (1649), die Brentano schätzte und 1817 neu herausgab (vgl. FBA 5,2). Die Art, wie er dieses – spätere – Gebetbuch (388,37) hier einführt, ist ein sprechendes Beispiel seiner dichterischen Freiheit, denn in Seuses Brief spielt der Hund nicht mit einem Buch, sondern mit einem Fußtuch (s. u.).

Quellen und Erläuterungen 383,14–384,3 Das edle Saitenspiel 〈. . .〉 Herzenslust.] Nach Seuse, vgl. »Das ungekürzte Briefbuch« (Heller): »25. Brief. Mihi autem adhaerare deo bonum est. 〈Vgl. Büchlein der Wahrheit, 5. und 6. Kapitel.〉 Das edle Saitenspiel des Heiligen Geistes, der Weissager David, war einstmals versenkt in die Stille des göttlichen Schauens und sprach das edle Wörtlein: 〈. . .〉 ,Mir ist es gut, daß ich Gott anhafte.’ O weh, meine zarten Kinder, was mein Mund euch oft begierlich gesagt hat, da ich bei euch war, das ruft nun mein Herz mit lauter Stimme: das ist gut und ist besser und ist das Allerbeste, dem Gut allein leben, ihm sein und mit minniglicher Begierde zu allen Zeiten allein anhaften und aller andern Kümmernis und Unruhe vergessen; denn in dem Anhaften wird die Seele verschwemmt in das einige Eins 〈. . .〉. 〈1. Kor. 6,17: »Wer aber dem Herrn anhanget, ist e i n Geist.〉« (S. 419) Ach, und das begehrt der klare Widerglanz des ewigen Lichtes 〈. . .〉 bei dem jüngsten Nachtmahle, das er mit seinen lieben Jüngern hatte 〈. . .〉: »Heiliger Vater, ich begehre, daß sie eins mit uns seien, wie ich und du eins und einig sind.« (Joh. 17, 11.21) Und welche also eins mit eins in Einigkeit geworden sind 〈. . .〉. Alle ihre Sinne kommen in eine so beschaffene beschauliche Versunkenheit und ihr Verstand in ein Schauen der bloßen Wahrheit 〈. . .〉. Ach hebt auf eure Augen, seht, wes freuet sich jetzo Berg und Tal, Laub und Gras, wes lacht jetzo die schöne Heide! Nicht anders denn über der klaren Sonne Nähe. (S. 420). Ach, und darum, meine zarten Kinder, so erschwingt euch in die stille, unfaßbare, einsame Gottheit 〈. . .〉. Meine auserwählten Kinder, leidet, leidet und wisset, daß ein schwacher Leib und ein festes Gemüt alle Dinge in Gott zu überwinden vermögen. Beachtet: wer der schönen Rosen Augenweide heimlich haben und der wonniglichen Frucht des Balsams genießen will, der muß ihre natürliche Art vollends abwarten in Gemach und Ungemach, bis daß der fröhliche Tag kommt, da er sie in leuchtender Wonne fröhlich genießen wird nach seines ganzen Herzens Lust.« (S. 421)

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Kommentar

385,2–17 Da der König David 〈. . .〉 gnadeleer geworden] Quelle: »Das ungekürzte Briefbuch«: »1. Brief. Rex David senuerat. 〈»Der König David war alt geworden.« 3. Kön. 1,1〉 Nachdem der König David seine Jugend in Gottes Dienst hingebracht hatte, da begann er zu altern, da begann er zu erkalten. Und das sahen seine getreuen Diener und die fuhren durch alles Land und suchten ihm eine liebliche Jungfrau; und sie fanden ein ausnehmend schönes Mägdlein 〈. . .〉, und die gesellten sie ihm zu, auf daß sie ihn wärmte und ihm diente. Wer nun Wunderbares schauen will, der sehe nicht das an, was in den alten Tagen geschah; er soll das klägliche Ding sehen, das neuestens geschehen ist: daß der volle Mond gebrochen ist, daß die leuchtende Sonne erloschen ist, der liebe Ostertag zu dem stillen Freitag geworden ist, ach, und die heiße Sommerwonne in den kalten Reif umgeschlagen ist. 〈Der ,Stille Freitag’ ist der Karfreitag.〉 Darüber seid traurig, ihr wohlsingenden kleinen Vöglein, die den Sommer in lachender Freude empfingen und sich zu der schönen Sonne Glast emporschwangen! (S. 372) Ach, zarte Kinder, nun kehrt euer Antlitz herzu und horchet, was ich meine! 〈. . .〉 Es gibt jetzo viele Menschen, die tragen geistliches Gewand und haben Gott nie schwer erzürnt und des brüsten sie sich und leben also lau, minnelos und gnadelos dahin.« (S. 372) 385,20–24 So thut 〈. . .〉 Reife auf] »Briefbuch«: 1. Brief: »So gibt es auch andere Menschen, die in große Fehler gefallen sind und ihren natürlichen Adel an die Kreaturen hingekehrt haben 〈. . .〉. O weh, wenn sie sich aber bekehren, so tun sie wie die wilden Falken und machen einen freien Aufschwung. Und wenn die natürlich edlen Herzen dann seine göttliche Heimlichkeit und seine verborgene Minne inne werden, so werden sie recht glühend 〈. . .〉. Wahrlich, wahrlich, es ist ein freies Leben: Gott minniglich in der Weise dienen, wie ich es meine 〈. . .〉. (S. 372) Und wiewohl sich die Rose dem Himmelstau lang verschlossen und sich der finstern Nacht, dem kalten Reif in ihrer natürlichen Holdseligkeit aufgetan hat« 〈. . .〉. (S. 372f.) 385,25–34 denn es spricht 〈. . .〉 Kosen.] »Das ungekürzte Briefbuch«: »5. Brief. Sonet vox tua in auribus meis, vox enim tua dulcis et facies tua decora. 〈Hohel. 2,14: ,Es ertöne deine Stimme in meinen Ohren; denn deine Stimme ist süß und dein Antlitz hold.’〉 Also spricht die minnende Seele von ihrem Geminnten: laß deine Stimme erhallen in meinen Ohren; denn deine Stimme ist süß und dein Antlitz holdselig.

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Mein Kind, ich bitte die Ewige Weisheit, daß sie in dein Herz einziehe und alles kräftiglich daraus stoße, das je darin sich niedergelassen. 〈. . .〉 Wie wäre es möglich, daß alles Gerümpel, das sich seit zwanzig Jahren an einem Orte sammelte, sich alsbald gänzlich ausstoßen ließe? 〈. . .〉 Sankt B e r n a r d u s spricht, daß Gott niemand zu jung noch zu alt sei, er gibt und tut, wo er will und wie er will. 〈. . .〉 〈Bernardus, Epist. 185, n. 2,3〉 Es muß noch manches wandelbare Wetter über euch sich erheben, ehe daß die bleibende Heiterkeit in euch beständig werde. 〈. . .〉 (S. 381) Dasselbe, meine Kinder, nehmt auch an von dem schönen, zarten, minniglichen Minner. dem ihr billig wartet, dessen minnigliches Zürnen besser ist als aller Minner Liebkosen 〈. . .〉.« (S. 381f.) 386,20–34 Die Weinstöcke 〈. . .〉 vereinet.] »Das ungekürzte Briefbuch«: »6. Brief. Vineae florentes odorem dederunt et vox turturis audita est in terra nostra. 〈Hohel. 2,13: ,Die blühenden Weinberge haben ihren Duft gehaucht’ – 2,12: ,und die Stimme der Turteltaube ward in unserm Land vernommen’.〉 〈. . .〉 Mit welchen Freuden meint ihr, daß sich der Herr in dem schönen Weingarten erginge 〈. . .〉 〈Gemeint sind die Klöster.〉 Ach, ihr jungen, schönen, zarten Weingärten des himmlischen Vaters, ihr schönen, anmutigen Turteltäublein des göttlichen Gemahls, bedenkt, wie lange ihr wüste dagelegen seid, wie manchen schönen Tag ihr müßig gewesen 〈. . .〉. O weh, ihr kalten Winde eitler Worte 〈. . .〉 Meine zarten Kinder, was soll ich euch mehr schreiben, als daß meine Augen manchen fröhlichen Aufblick getan haben, wenn ich über die bunt gezierte, schöne Heide durch die Blumen hinging und ich die himmlischen Harfen der lieben Vöglein ihren zarten, schönen, minniglichen Schöpfer loben hörte, daß es durch die Luft empordrang?« (S. 382) 387,1–7 Eines Dinges 〈. . .〉 nicht.] »Das ungekürzte Briefbuch«: »6. Brief. 〈. . .〉 Vor einem Ding sollt ihr zum vornhinein gewarnt sein: wenn die schönen Weingärten zu blühen beginnen, dann beginnen auch die Bremsen und die leidigen Käfer zu stürmen; und wo der böse Geist nicht selbst an einen sittigen Menschen herankommen kann, da reizt er dafür sein Gesinde dazu mit bitteren, schalkhaften Worten oder mit bösen Ratschlägen, mit falschem Weissagen, in Lieb und in Leid. 〈. . .〉 Und darum, meine jungen Kinder, meine zarten, auserwählten Kinder, steht fest in Gott 〈. . .〉; denn er läßt euch nicht!« (S. 383) 387,28–388,11 Ich bin schwarz 〈. . .〉 empfinden.] »Das ungekürzte Briefbuch«: »12. Brief. Nigra sum, sed formosa, filiae Jerusalem, sicut tabernacula Cedar, sicut pellis Salomonis. 〈Hohel. 1,4: ,Schwarz bin ich, doch wohlgestaltet, Töchter Jerusalems, gleich Gezelten Cedars, gleich Teppichen Salomons.’〉 Also steht geschrieben in der Minne Buch von der minnenden Seele.

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Kommentar

Die Töchter von Jerusalem hatten ein verwundertes Angaffen von Herrn Salomonis auserwählten Frau, daß sie so schwarz war und ihm doch wohl unter vierzig und hundert Frauen die liebste war. 〈Hohel. 6,7: ,Sechzig sind der Königinnen und achtzig der Nebenfrauen.’〉 Darauf antwortet sie ihnen gar geheimnisvoll und spricht also: ,Nigra sum etc., ich bin schwarz und bin doch holdselig und minniglich’, ganz als ob sie spräche: ,Mir ist eine gnadenreiche, anmutige Schwärze lieber denn ein Schein einer gnadelosen Helle.’ Ach, nun hört, ihr schönen Töchter, was meint der Heilige Geist hiermit? Wer ist diese schwarze anmutige Mohrin, die dem himmlischen Salomo so recht minniglich gefällt und ist? Seht, das ist ein gottleidender Mensch, den die ewige Sonne mit großem bitterlichem Leiden entfärbt und mit einem lebendigen Absterben dieser Welt entstellt und dafür den inneren Menschen mit gnadenreicher minniglicher Anmut kleidet. Wer auf der himmlischen Heide sich ermaiet hat, 〈D. h. sich ergötzt hat〉 der achtet nicht viel auf des zeitlichen Maien Gewand; oder was soll ihm Rosenrot, Veilchen, Lilien und allerlei Farbe der Blumen, wenn sein Herz davon in keiner Weise kann geruhen? Mein Kind, mein Kind, wozu gebe ich dir schöne Worte, wenn meine Augen des Wassers und mein Herze des Feuers voll ist? 〈. . .〉 Ach, minniglicher Gott, es ist leicht zu sprechen und leicht zu hören, es tut aber gar weh ein gegenwärtiges Empfinden.« (S. 392) Nach dem ganzen Inhalt ist laut Heller Elsbeth Stagel die Adressatin des Briefes. Die Dominikanerin Elsbeth Stagel (Anf. 14. Jh. – um 1360), Seuses geistliche Tochter, bearbeitete nach seinem Tod seine Biographie und sammelte seine Briefe. 388,14–15 siehe 〈. . .〉 Leiden] Ebd.: »Sieh an das schöne lebendige Gemäuer des himmlischen Jerusalem, wie die leuchtenden, zierlichen Steine der Stadt, die nun so glänzend sind, vorher gefärbt sind mit Leiden!« 〈Vgl. Apok. 21,10ff.〉 (S. 392f.) 388,16–25 Welch 〈. . .〉 Liebhaberin.] »Das ungekürzte Briefbuch«: »15. Brief. Surge aquilo et veni auster, perfla hortum meum, et fluant aromata illius!« 〈Hohel. 4,16: ,Erhebe dich, Nordwind, und komme, Südwind, durchwehe meinen Garten und träufeln mögen seine Wohlgerüche.’〉 (S. 400) Ach, alle minnende reuige Herzen, empfindet ihr je des himmlischen Windes, so mögt ihr wohl auf mich merken! 〈. . .〉 Also geschah auch der minniglichen Büßerin, deren sündiges Leben den eigenen Namen hat verloren, als sie zu den milden, zarten, auserwählten Füßen der geminnten Weisheit kniete und mit diesem süßen Winde ward durchweht, ach, und ihm seine göttlichen Füße mit ihren herzlichen Tränen überströmte. Sie goß eine edle Salbe aus, die das ganze Haus erfüllte mit ihrem guten Duft. 〈Vgl. Luk. 7. 37,38: ,Und sieh, ein Weib, das in der Stadt eine Sünderin war und erfahren

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hatte, daß er (Jesus) zu Tische sei in dem Hause des Pharisäers, brachte ein Alabastergefäß mit Balsam und, rückwärts stehend bei seinen Füßen, fing sie an mit den Tränen seine Füße zu benetzen usw.’〉 O weh, Reue, welch ein edel Ding du bist! Wie selig der ist, dem der wahre Grund einer rechten Reue zuteil wird! Denn ihm werden seine Sünden lauterlich vergeben, und wären ihrer so viele, als Sand an dem Meere ist; und aus einer ausnehmenden Sünderin wird eine ausnehmende Minnerin.« (S. 401) 388,25–38 Mein Kind! 〈. . .〉 Stuhl] »Das ungekürzte Briefbuch«: »12. Brief: Mein Kind, gehaben wir uns wohl! Wir sind nicht allein die Verachteten, die Mehrzahl des himmlischen Hofes gehört da zu unseren Gesellen. Sind wir den Leuten unnütz: das Weidenholz ist unfruchtbar, man macht aber gar schöne anmutige Gebilde daraus, denen mehr Ehre erboten wird denn den hohen Zederbäumen. 〈. . .〉 Wenn arme Dürftige, die in Hungersnot sind, zusammenkommen, so gewinnen sie zuweilen eine Kurzweil, so daß sie ihres Hungers vergessen. Ach, mein Kind, ich muß dir eines sagen, auf daß du ein wenig deines Leidens vergessest 〈. . .〉. Sieh, es geschah einstmals, da war ich in großem Leiden durch Verschmähung 〈. . .〉. Da saß ich in der Zelle und sah einen Hund, der lief mitten in dem Kreuzgang und zerrte da ein Fußtuch umher und warf es jetzt empor und warf es dann nieder. Also erseufzte ich gar innerlich und sprach: ,Gewahrlich, Herr vom Himmelreich, gerade also bin ich in der Menschen Munde wie das Fußtuch.’ Also gedacht ich: ,Nun nimm gleicherweise wahr: das Fußtuch läßt sich mißhandeln vom Hund, wie er will, er werfe es hoch oder nieder oder er trete darauf,’ – da gedacht ich: ,Also sollst du auch tun; man zerre dich hoch oder nieder oder man verspeie dich, so sollst du es mit einer Billigkeit aufnehmen wie das Tuch, als ob es könnte sprechen.’ Und ich nahm das Fußtuch und legte es in meine kleine Kapelle neben meinen Stuhl 〈. . .〉. Ich wollte dir es senden, auf daß dir dein Leiden desto leidlicher wäre gewesen; doch ist es mir so recht lieb, daß ich es nicht von mir lassen kann.« (S. 394f.) 390,14–391,14 Sage 〈. . .〉 wirst] »Das ungekürzte Briefbuch«: »20. Brief. Annunciate dilecto, quia amore langueo. 〈Hohel. 5,8: ,Kündet dem Geliebten, daß ich vor Liebe schmachte.’ Der Brief ist an Elsbeth Stagel gerichtet.〉 Es scheint wohl, daß die Minne trunken macht, so daß ein Mensch nicht weiß, was er schafft. Säße ein Mensch an einem besonderen Tage vor einem Keller, schön bedeckt mit des belaubten Waldes schönem Gewand, bestreut mit der Blumen mannigfaltiger Schönheit, und trüge man ihm da draußen einen Cyperwein in den leuchtenden Gläsern vor und tränkte ihn nach seines Herzens Begierde – und ein anderer Mensch säße auf der dürren Heide unter einem rauhen Wacholder und läse die Beeren ab, auf daß er brustbeklom-

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Kommentar

mene Menschen gesund mache: entböte jemand diesem, wie er sich beim süßen Saitenspiel verhalten und sich rühren und gebärden solle, er spräche: ,Er mag wohl trunken sein, er wähnt, daß allermänniglich 〈jedermann〉 sei wie ihm, mir ist etwas anders zu Mute, wir sind ungleich geführt.’ Mein Kind, das kann ich eigentlich zu dir sprechen wegen der Botschaft, die du mir getan hast: wie eine inbrünstige Fackel von rechter begieriger heißer Minne zur minniglichen Ewigen Weisheit in deinem Herzen entbrannt sei, und die berichtete von dem neuen Lichte und den unbekannten Wundern, die sie in dir wirkt, und wie dein Herz darin empfunden hat ein süßes Weh und liebliches Zerfließen und ein überschwengliches Empfinden, davon du nicht reden kannst; und du begehrst, wie du dich ihm am allerminniglichsten hierin erzeigen und dich gegenüber den Wundern verhalten sollst. Mein Kind, es steht in meinem Herzen eine unmäßige Freude darüber auf, daß sich der minnigliche Gott so minniglich erzeigt und daß er zu empfinden gibt, was ich mit Worten sage; daß er bewahrheitet, daß ich nicht ein Lügner bin, wenn ich so recht von seiner minniglichen Minne minnenden Herzen Nacht und Tag sage. Und darum: daß alle meine Kinder, die zergängliche Minne gelassen haben 〈. . .〉, daß die auch getrunken hätten, – darum wollte ich gern durstig bleiben. Mein Kind, es ist ein großes Wunder, daß du in so kurzen Jahren hiezu gekommen bist. Und das hat wieder gemacht die ganze Hinkehr zu Gott und die vollkommene Abkehr von allen Dingen und der unergründliche Ernst 〈. . .〉. Mein Kind, wenn ein Mensch, der nie zum Weine kam, zum ersten Mal zu trinken beginnt, so wird ihm der Wein empfindlicher denn jenem, der es oft getan hat; und gedenke, daß dir also geschehen sei von der klaren süßen Minne der Ewigen Weisheit, die dich so überkräftig überwunden hat. Oder es ist aber so gemeint, daß Gott dich reizen und dich bald von hinnen nehmen will zu dem unergründlichen Brunnen, aus dem du nun ein Tröpflein versucht hast; oder es ist aber so gemeint, daß er hier an dir seine Wunder und den Ueberfluß seiner Güte erzeigen will. Und du sollst dich also verhalten: du sollst dich ihm zumal unter seine Füße neigen mit Verwerfung deiner selbst in einem Anschauen seines Willens ohne für dich selbst Lust zu suchen. Du darfst darin nicht Furcht haben 〈. . .〉. Doch sollst du auf deine leibliche Kraft Rücksicht nehmen, daß du nicht zu viel darin verzehrt werdest. Es kann sich fügen, so daß der Lauf vorwärts kommt, daß es dir zu einem guten Maß genommen wird und daß du auf ein noch Höheres gesetzt wirst.« (S. 411f.) D.h. es kann geschehen, daß Elsbeth, wenn sie auf dem eingeschlagenen Wege vorwärts schreitet, die empfangenen Begünstigungen zu einem guten Teil genommen würden und daß sie eine Zeitlang darben müsse, um dann noch höher zu steigen.

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Zu ZfE 31

Druckfehler 385,7 geschah] beschah ZfE 385,29 Gerümpele] Gerümmele ZfE 385,35 dir] die ZfE 386,23 Vaters] Vatees ZfE 387,20 Bräutigam] Brautigam ZfE 387,29 in dem lieben Buch] in der lieben Buch ZfE 387,33 tugendlich] jugendlich ZfE vermutlich Druckfehler 387,34 Schwärze] Schwarze ZfE 390,1 erscheint] erschein ZfE 390,8 Baum] Baum, ZfE 390,23 er spräche] erspräche ZfE 390,30 Weh] Wehn ZfE 391,6 es] er ZfE

1175

Kommentar

ZfE 32

20. July: 392,3–394,31

Bruder Claus 〈. . .〉 empfaht] Entstehung und Quelle

Das Gedicht nach der Legende des seligen Nikolaus von Flüe (1417–1487) wurde von Clemens Brentano nach einer ihm abschriftlich zugekommenen Quelle bearbeitet. Heinz Rölleke ermittelte diese Handschrift: »UB Heidelberg. Heid.Hs. 2110,32, ein Faszikel von 73 Blättern; Buchexzerpte und Abschriften von 22 Liederbeiträgen, z. T. durch Brentano eigenhändig mit »Bett〈ina〉« oder „Schl〈osser〉« sigliert.« (Heinz Rölleke, Die Quelle zu Brentanos Gedicht ›Bruder Claus‹. In JbFDH 1972, S. 223.) Auf dieser Abschrift finden sich die Seitenangaben pag: 449. und pag: 454; sie stimmen zu folgendem, der Abschrift zugrundeliegendem Werk: Einn Lustig vnnd Ernsthafft Poetisch

Gastmal/ vnd Gespräch zweyer Bergen/ in der Loblichen Eydgnoßschafft/ vnd im Berner Gebiet gelegen 〈. . .〉 durch Den Ehrenwürdigen vnnd Wollgelehrten Herren Hans Rudolf Rebman 〈. . .〉 Vnd newlich 〈. . .〉 durch seinen Sohn Valentin Rebman 〈. . .〉 Getruckt zu Bern/ bey Abraham Werli. 1620 (vgl. Rölleke, ebd., S. 227). Das Handschriftenkonvolut, das Brentano erhielt, gehört zum Wh-Material. Zwischen Arnim und Brentano gab es gelegentlich Differenzen in der Auffassung, welche Gedichte ins Wh aufgenommen werden sollten und welche man in die ZfE einrücken wollte. So hatte Brentano die Legende des Einsiedlers St. Meinrad nach einer Heiligenvita für die ZfE geschrieben, wie er Arnim in seinem Brief vom 8. April 1808 (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 58; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v) mitteilte. Arnim hatte selbst ein Gedicht dieses Themas verfaßt, das Brentano möglicherweise nicht gefiel: Deinen

Meinrad konnte ich nicht finden, der gesandte ist von mir, beinah wortlich nach seiner ältesten Legende, die ich habe, wäre allso für die Einsiedler. »Arnim entsprach diesem Vorschlag nicht. Obwohl das Lied aufgrund seiner Thematik eigens für die Einsiedler-Zeitung gewählt und be-

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stimmt war, rückte es Arnim ins Wunderhorn, wo es wegen seiner Länge und der Art seiner Entstehung etwas deplaciert wirkt.« (Heinz Rölleke, Ein bisher anonym überliefertes Gedicht Clemens Brentanos und seine mutmaßlichen Quellen. In: JbFDH 1971, S. 133. Vgl. FBA 8, S. 169–175; FBA 9/3, S. 289– 299.) Beide Gedichte hatte Brentano Arnim Anfang März 1808 (Müde wie ein Hund, abgehezt 〈. . .〉; FBA 32, S. 40; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 247r– 248v) für die ZfE angeboten: 〈. . .〉 ich habe eine schöne Darstellung von Bruder Claus und von St Meinrad wie willst du die Legenden? Wahrscheinlich war zu dem Zeitpunkt die Bearbeitung durch Brentano noch nicht erfolgt. Er folgt seiner Quelle in Bezug auf die biographischen Daten: Bruder Claus ernährt sich von Wurzeln und stirbt erst 1502. Jüngere Darstellungen dagegen meinen: »geboren 1417 auf dem Flüeli im Kanton Unterwalden; seit 1467 Einsiedler ohne Nahrung in der Ranft; gestorben 1487; seliggesprochen 1669« (Rölleke, ebd., S. 137). Das Gedicht Rebmans lautet in der Abschrift (zit. nach Rölleke 1972, S. 223–227; am Rand zum Vergleich die Zeilenzahlen der entsprechenden Verse in der ZfE):

Zu oberst vnderm wald im birg, Das Closter Engelberg zeigt wirt, Vnd stantz der haubt fleck Nid den Land Stattlich gebäw, ein Fleck bekant, Vnd ob dem wald vom Brünig har Das Waßer Aa entspringet zwar, Fleußt durch das Land bey Stantzststt hin, Bis es in vndern See fallt eyn, Fürter in Saxlersee sich misicht, 392,12 Darunter Melchthal gelegen ist, Da Bruder Clauß der fromme Mann, Sein Wohnung und sein Cellen ghan, Vmbs Jahr thausent Vierhundert zallt, 392,14 Vnd Achtzig dieser Bruder alt, 392,15 Anfangs in diese wilde gieng, Ein abgesündert leben anfieng, 392,10 Das weret ein und zwanzig Jahr, Ohn menschlich Speiß und notdurft gahr, 392,19 Doch wurtzlen möcht er geßen han, Das mann doch nicht wol wüßen kann, 392,10f. Er braucht auch täglich diß gebett, Als er sein Gebett verrichten thet, 1177

Kommentar

392,4 392,5 392,6 392,7 392,8 392,9 392,20 392,21 392,22 392,23 392,24 392,25 392,26 392,27 393,1 393,2 393,3 393,4 393,5 393,6 393,7 393,8 393,9

O Herr nim von mir, Was mich wendt von dir, O Herr gib mir, Was mich kehrt zu dir, O Herr nimm mich mir, Vnd gib mich ganz zu eigen dir, Sein Leib war grad, und wohl gestallt, Doch dürr, und mager von dem Wald, Allein von, Haut, Adern, und Bein, Auch schwarz vnd klar die Augen sein, Sein Bart nit lang von wenig haar, In zween spitz er getheilet war, Sein Farb was Braun, das Har vermischt, Mit schwarz, auch Graws darunder ist, Sein Adern so er redt warn gleich, Als obs mit Luft gefüllet sich, Vnd nicht mit Blut nach Menschen art, Allein ein Kleid von ihm braucht ward, Ein langer Rock biß auf den Fuß, Das Haupt und Füß warn allzeit bloß, Ein mannlich Stimm, ein langsame Red, Viel künftig ding weißagen thet, Verkündigt Buß und Beßerung, Menigklich er lehrt das er sey frumm, 393,11–13 Von Gott er redt und disputirt, 393,13–14So bescheidenlich, das ihn nit jrrt, 393,12 Ob er schon all sein Tag kein Gschrift, 393,11–12Nie leßen konnt, dennoch er trifft, 393,11 In seiner Lehr Gotts wort so wohl, Das mann sich sein verwundern soll, 393,15 Eidgnoßen gab er guten Rath, 393,16 Zum Frieden er sie gmanet hat, 393,17 Das were wol der Eidgnoßschafft, 393,18 Ein Ringmaur, wieder Feindes kraft. Wann nit der Antichristisch Gott, Zertrennte sie, zu ihrem spott, 393,19 Der Schweitzer Stier wurd nit sein Horn 393,20 An einem Ort haben verlohrn, 393,21 Doch bleibt im noch sein Roßenkranz, 1178

Zu ZfE 32

393,22 393,23 393,24 393,25 393,26

393,27 393,27

393,28 393,29 393,30 393,31 393,32 393,33 393,34 393,35 394,1 394,2 394,4 394,5 394,6 394,7 394,8 394,9 394,10 394,11 394,12 394,13 394,14 394,15 394,16 394,17

Dreyzehen Roßen drinnen ganz, Die werden blüyen tag und Nacht, Wann sie mit allem ernst betracht, Vnd folgte Bruder Claußen lehr, Zur Handarbeit mant er sie sehr Zeachten auf das Vatterland, Zebnügen sich in ihrem Stand, Auslendisch Krieg sie meiden söllen, In frembder Fürsten Dienst nit stellen, Auch ihre Pünt und Jahrgeld meiden, So sie nit wöllen schaden leiden, An ihr eidgnoßischer Freyheit, Vnd für Wohlstand erfahren leid, Gut grechtigkeit wie ihre alten, Gotts forcht, und Freyheit sollinds behalten, Die sie streng mit notfester Hand, Vorzeit erlangt mit herter stand. Der Weich Bischoff von Constanz jhnn Wölchs die gröst Tugent solle seyn Mit allem Ernst gefraget hat, Dem Bruder Clauß antworten that, Die GHORSAME auff rechts Gebott, Der Bischoff gab ihm drey bitz brott, Sprach er söll ihm gehorsam seyn, Vnd eßen diesers Brott vor ihm, Der Bruder nahms, und brach das ein, Noch in drey bitz und Stücklein klein, Fieng an zu eßen so beschwerlich, Das jedermann vergnüget sich, Der Ghorsame und Tugent sein, Also der Bischoff reiset hin, In einer Nacht es sich begeben, Das Claus in seinem Bett war eben, Die Sternen gleuchtet schön und klar, Ein Bildnuß an dem Himmel war, Deß Bapstes Haupt mit seiner Kron, Sach Bruder Claus am Himmel stohn, Doch das viel schwerdt mit jhren spitzen, In dKorn 〈lies: Kron〉, ohren, und mund in mitzen, 1179

Kommentar

394,20 394,21 394,28 394,29 394,30 394,31

394,22 394,23 394,24 394,25 394,26 394,18 394,19

Auch in die Augen stachen sehr, Damit bezüget Gott der Herr, Das er den Bapst bald stürzen werd, Mit seines worts heyligem schwert, Sein Weib und Kind Clauß nit verliß, Besucht sie oft mit ganzem Fleiß, Etwan zum Bruder Vlrich kam, Offt seiner Kirchen sich annahm, Hochzeitlich tagen nicht veracht, Da er das Sacrament empfacht, Neunzehen und ein halbes Jahr, Der Bruder in der wilde war, Ward siebenzig Jahr alt ohngeferd, Von vielen Menschen bsucht auf der Erd, Vnd zehen Kind hat er verlahn, Doch jedes sein Leibsmangel gahn, Damit sie ja stolzierten nit, Wie gmeinlich ist der Menschen sitt, Von ihres Vatters Heyligkeit, Da hat jhn Gott ihr hochfart gleit, Thausent fünf hundert und zwey Jahr, Zallt man, da er gestorben ward,

Rölleke beurteilt Brentanos dichterische Leistung: »Sie besteht vor allem in der durchgängigen Modernisierung der Sprache und der sinnvollen Neuordnung des Aufbaus; ferner sind die gravierenden Umformungen des Anfangs und des Endes der Vorlage und die Verkürzung einiger breit ausgeführter (oder auch antikatholischer) Passagen zu beachten; gänzlich Brentanos Eigentum sind lediglich die Verse 10 〈392,13〉, 15 〈392,17〉, 34 〈393,10〉, 62 〈394,4〉 und 86 〈394,27〉, von denen die beiden letzteren neue Züge in den Text bringen. Dazu stellen sich die teilweise charakteristischen Einzeländerungen der Verse 18 〈392,21〉, 46 〈393,12〉, 51–53 〈393,27–29〉, 68 〈394,9〉, 70 〈394,11〉, 74 〈394,15〉 und 87 〈394,28〉.« (ebd., S. 227)

Druckfehler 392,5 393,1

mich] mit ZfE redt, waren] redt waren, ZfE 1180

Zu ZfE 32

393,31 Konstanz] Kostanz ZfE 394,8 seyn] seyr Jessen 394,16 das] gemeint ist: daß 395,1–399,22

Von Sante Otilien Leben 〈. . .〉 Attala] Entstehung und Quelle

Arnim erwähnte die Sage schon, als ihm Bettine ein Märchen versprach, das ihr Georg Daniel Arnold (1780–1829), elsässischer Dialektdichter und damals Professor des Zivilrechts in Koblenz, mitteilen sollte. Sie schrieb Arnim (nach dem 26./ vor dem 29. April 1808; FDH 7425; Nein! ich mag diesen Unmuth 〈. . .〉): Arnold hat mir Sagen aus dem Vogesischen Gebürg versprochen, worunter sehr schöne seyn sollen. Anfang Mai (nach dem 4. Mai; FDH 7427; So eben hab ich mir 〈. . .〉) berichtete sie von einer Erkrankung Arnolds:

Arnold schreibt uns er habe ein Nervernfieber wenn das ist, so fürchte ich sehr ich bekomme die Sagen und Märchen die er mir versprochen, entweder sehr späth oder gar nicht, er hat mir einige davon sehr kurz erzählt, die will ich dir doch hier her schreiben, das eine ist von einem König der eine sehr schöne aber blinde Tochter hat, er hatte sein Schloß in den Vogesischen Gebiergen, die Ruine steht noch, aber den Namen des Königs wie den der Tochter hab ich vergessen, in diese verliebte sich ein Page eines 〈gestrichen: reichen〉 großen Fürsten Sohn, da er nun auf gewachsen war so muste er zu seinem Vater zurück, und mit ihm in den Krieg ziehen, ehe er Abschied nimt gesteht er der Jungen Prinzessin seine Liebe Da er nun schon eine Weile weg war, hörte der König von einem Einsiedler den man den heiligen Bruder nent, und welcher schon viele Wunder durch sein Gebeth bewirkt hatt, er gedenkt daß dieser wohl auch seiner geliebten Tochter helfen könne, er ließ also alles zur Reiße bereiten, und suchte den Einsiedler im Walde auf, der Einsiedler war in selbiger Nacht im Gebeth begriffen, da er einen fernen Lermen hörte er weckte seinen Waldbruder auf, und beteten beide fleisig in freier Nacht im Mondenschein, da aber der Lerm immer näher kam so versteckten sich in die Hütten, und beteten fleisig, nun kam der König mit vielem Gefolg und Lichtern vor die Thür des Einsiedlers dieser meint es sei der Teufel und wollt ihn nicht einlassen bis er ihn seine Sünden beichten gehört, und ihm den Ablaß ertheilt, und der König ihm auch ver1181

Kommentar

sprochen sich der Welt Freuden zu enthalten, da er ihm nun sein Anliegen gesagt hatte, so verharrte der heiliche Bruder in stetem Gebeth biß der erste Sonnen Strahl hervorbrach, da legte er der Königs Tochter die Hände auf das Haupt, und sie ward wieder sehend, beinah zu gleicher Zeit kam ihr Geliebter wieder aus dem Feld zurück und zog durch den selbigen Wald, die Prinzessin ging hin um den Zug zu sehen, sie kannte aber ihren Geliebten der auf einem schönen weißen Pferd ritt mit vielen Zeichen des Siegs um geben, und dem alles zu jauchzte, nicht da er sie aber sieht erschreckt ihn die Freude so gewaltig daß er Tod vom Pferd sinkt, sie ward eine Klosterfrau oder Einsiedlerin; Die Geschichte muß sehr lieblich sein, besonders gefällt mir die stille Einsamkeit des Wald bruders, der bei dem Lerm seine Glocke läutet und betet, im Monden schein wo von ferne schon der prachtvolle Zug des Königs kömmt mit vielen Fakkeln, mit der blinden Tochter das Herz voll Hoffnung und Zutraun zu dem Bruder es deutet auf die damalige Zeit wo wenn man eine Zeit lang sich umsieht nach dem Glück des Lebens und alles versucht hat, man endlich beschließt mit der Ergebung des ganzen Gemüths in Gott so endigen beinah alle Geschichten von denen mir Arnold erzählt hat 〈. . .〉. Arnim antwortete (FDH 7263; 10. Mai 1808: Ich habe einige Tage gezögert 〈. . .〉): Dein Mährchen von Arnold ist sehr schön, ich danke Deinem Gedächtnisse, worin soviel Schönes ruht und Deiner Hand, die soviel Gutes thut, es ist dieses Mährchen eine Veränderung der alten Legende von der Ottilie, die aber reicher ist und ich künftig in der Zeitung bekannt zu machen denke. Vgl. auch Heinz Rölleke, Bettines Märchen. In: Bettine-Kat. 1985, S. 228f.). Q ist Königshofen/ Schilter:

Die Alteste Teutsche so wol Allgemeine Als insonderheit Elsassische und Straßburgische Chronicke/ Von Jacob von e Konigshofen/ Priestern in Straßburg/ Von Anfang der Welt biß ins Jahr nach Christi Geburth MCCCLXXXVI. beschrieben. Anjetzo zum ersten mal heraus und mit Historischen Anmerckungen in Truck gegeben von D. Johann Schiltern. Straßburg/ Verlegt und getruckt durch Josias Städel. MDCXCVIII. Arnim nennt neben Jacob Twinger von Königshofens (1346–1420) Werk zusätzlich dessen Q: Lombardica Historia, d. i. die zwischen 1252 und 1260 entstandene Legenda aurea des Jacobus de Voragine (399,25f.); deren Erwerbung hatte Brentano Arnim am 15. Februar 1805 empfohlen (vgl. WAA XXXII, S. 21 und 558). Er übersetzt den Text mit

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Zu ZfE 32

geringen Kürzungen genau in zeitgenössisches Deutsch. Er wird hier wegen des großen sprachlichen Abstands ganz zitiert (S. 515–519):

Aus der Heiligen Leben Lombardica Historia/ MSc. pag. 101. / Von sante Odilien Leben. / IN den Ziten des küniges von Franckerich genant Hildericus was ein hertzoge genant Adelricus oder Ettich der was so edel von geslechte das sin vatter der würdigeste was in des küniges hofe wiewol das diser Adelricus usserliche wol siner Ritterschaft wartete. do was er in allen sinen wercken gereht gegen Gotte. dovon so gap ime uf unser here einen guten sinn. das er mit flisse begerte einen closter zu buwende do gottesdienst inne wurde vollebroht. do von enpfal er allen sinen guten fründen das sü warnemend wo er disen buwe möchte anelegen nochsinnen das sin closter von den lüten unbekümbert blibe. also koment sin Jeger und seitent jme von einer wilden wonunge do hette der keyser Maximianus von langen ziten durch eine enthaltunge vor den figenden ein hus gebuwen das wer so hoch von lüten das es hohenburg wer genant. Dirre mere was er fro und fur dohin und beschowete die stat die gefiel jme so wol das er Gotte sinen gnoden danckete und buwete do zu stunt eine grosse kirche mit allem dem gemache das zu eime closter nottürftig was. Dirre hertzoge hette eine frowe Perswinda genant die diende unserme heren allezit mit grosser andacht. dise frowe wart eines kindes swanger und genas zu rechter zit einere blinden dohter. do dis der vatter enpfand do wart er so sere betrübet das er das kint begerte zu dötende und sprach zu der muter nu erkenne Ich das Ich sunderlich wider Got muß gesündiget haben/ das mir an miner fruht ist misselungen das nie keim eme von mime geslehte nie geschach. do sprach die muter here du solt dich umbe dise sache nit also sere betrüben wenne du wol weist dos Christus von einen gebornen blinden sprach diser ist geboren blint nit durch siner forderen missetot willen. Er ist blint geboren das Gottes gewalt an jme erschinen solte. dis verfing alles nit in dises hertzogen hertzen alles sine begirde was das das kint getötet wurde. do von sprach er zu siner frowen: Schaffe das dis kint von unserme fründe eime heimelich getötet werde Oder also ferre werde von uns geton das wir sin vergessent anders ich wurde niemer fro. dis gebottes betrübete sich die muter gar sere und bat unsern heren mit andaht umb rot und umbe helffe in dirre sachen. Also gap jr Got an ihren sin das sie gedohte an eine frowe die was jr dienerin noch der sante sü und seite der des heren sin wider 1183

Kommentar

das kint. do troste die dienerin diese frowe und sprach Liebe frowe jr sullent uch nit also sere betrüben umb dise sache wenne Got der dis geploget het der mag es wol wieder gesehende machen. In disen ziten was ein heiliger bischoffe in peyernlant sant Erhart genant den kam ein gebot von himel das er über Rin solte faren in das closter palma do wer ein maget blint von geburt die solte er töiffen und nennen Otilia/ So wurde sü in dem touffe gesehende. diser meinunge was der bischoffe gehorsam und do er dis kindlin töfte do slosse es sine augen auff und sach den bischoff an. do sprach er nu beger ich liebe dohter das wir einander in dem ewigen leben müssent ansehen. Also offenbarte der bischoff den closterfrowen wie jme das von dem himel were gekündet do von so enpfalch er in dis kint vnd fur wider umbe heim in sin lant. do noch zugent die closterfrowen das kint vil zertecliche und lertent es die heilige geschrift: Also bot sich die megdelin mit grossen ernste zu allen tugenden vnd versmohete alle hochfart und begerte alleine dem zu dienende der sü erlichtet hette Do nu sant Erhart wider in sin lant was kumen do enbot er dem hertzogen alle geschiht und enbot in das er dis kint wider in sine gnode enpfinge das one sine schulde in sinen vngunst were kumen. dozu antwortete der hertzoge nit. Also beschach das sant otilie enpfant das sü einen bruder hete der in irs vatter hofe in hulden was dem schreip sü einen brief nnd bot jn das das er jr gnode erwurbe an jrme vatter das sü jn einmol mit fröiden möhte angesehen. do der bruder disen brieff enpfing do ging er für dem vatter und sprach. Gnediger vatter ich beger das du die bette dines sunes wellest erhören. do antwurte der vatter und sprach: bittestu unzimeliche ding so ist es vmbillich das ich dich erhöre. do sprach der sun es ist eine zimeliche bette. Ist es anders gefellich deinen gnoden wenne ich beger nit anders dann das dine dohter mine swester die in dem ellende lange one trost ist gewesen Nu wider zu dinen hulden werde enpfangen vnd dine genedige gegenwertekeit niesse. do hieß jn der vatter der rede geswigen. do hette der Jüngeling so grosse mitteliden mit siner swester und hies heimelichen einen wagen bereiten mit aller notturft und sante noch siner swester. Also beschach das der hertzoge mit sime sune und mit siner ritterschaft sas uf hohenburg und sach einen gezierten wagen kumen. do sprach er wer doher keme. do sprach sin sun sine dohter Ottilia keme do. do sprach der hertzoge wer ist so frefel oder so dorehte der sü one min heissen het her beruffet. do merckete der sun das dis nit möhte verholen bliben und sprach. here jch din diener betrachte das es schande was das sü in so 1184

Zu ZfE 32

grosser armut wonete und han sü her besant von grossem mitteliden doch so begere jch here diner gnaden. von zorne hup der vatter sinen stap uff und slug den Jüngeling so sere das er siech wart und starp. des betrübete sich der vatter so sere das er untz an sinen tot in eime closter busse leit. Also bedohte er sine missetot und sante noch sant ottilien und enpfalch sü einer ander closterfrowen und hies jr nit me geben denne einer megde pfrune do mitte lies sü sich wol benügen. In disen ziten beschach das jr amme starp do gedohte sü an den ernest den sü zu jr hette gehebet in jre jugent und begrub sü selber mit jren henden do noch über drissig jor solte man einen andern mönschen an dieselbe stat begraben do fant man das dirre amme licham gar verfulet was one alleine die rehte bruste domitte sü sant ottilien hette gesoiget. Es beschach eines moles das deme hertzogen sant ottilie begegente in deme closter do überwant er sich und sprach tohter war gestu. do sprach sü Here ich gange und trage ein wenig habermeles davon wil ich den armen mönschen ein müselin machen. do sprach er villibe dohter dich sol nit besweren das du untz her ein arme leben hest gefüret Es soll nu alles besser werden Also gap er jr das closter mit allem sime gute und begerte das sü mit flisse mit iren closterfrowen eweclichen Got für sine sünde bete. do noch kürtzlich starp er do wart jr schin in deme geiste das jr vatter in grossen pinen were umb sine sünde die er noch nit gerwe uff erden gebüsset hette. do von leite sü sich mit grosser andacht mit fasten und mit wachende also lange für jren vatter das zu jüngeste eine stüme mit eime liechten schine kam und sprach. Ottilia du usserwelte dienerin Gottes nit pinige dich me umbe dinen vatter wenne der almehtige Got het dich erhöret und fürent die engel nu dines vatters sele zu himel. do sprach sü Here jch dancke dir das du mich unwürdige erhöret host von diner milten güte und nit von mine verdienen. Dise heilige jungfro hette under jr drissig und hundert jungfrowen in jrme closter. di versach sü alle liplichen und geistlichen Nüt allein mit guter lere Ouch mit einen guten bilden das sü jn vortrug allezit was sü an jrme gebette. vnd was jre spise girsten brot. jr bette eines beren hut. vnd jr küssin ein herter stein. Die heilige sant ottilie merckete das wenig armer mönschen zu dem closter koment an den sü die werg der erbarmhertzikeit möhte geüben wenne der berg so hoch was das es jn zu swer was deruff zu kumende. dovon det sü buwen under deme berge eine kirche in sante Martins ere und do by eine herberge do alle bilgerin und arme mönschen enthalten wurdent. do dis die closterfrowe sohent do begertent sü das ein closter 1185

Kommentar

do wurde gebuwen das jr ein teil möhtent do inne gewonen wenne sü grossen gebresten uff dem berge an wasser hettent. Also wart do ouch ein closter gebuwen und wart genant niderhohenburg oder nidermünster also noch wol erschinet. Do sant Otilia in disem buwe gar bekümbert was do kam zu jr ein man der brohte dry zwig von einer linden und gap jr den das sü in solte pflanzen jr zu einer gedächtnisse. Also hies sü drige gruben machen und satte den ersten zwig in deme namen des Vatters und den andern in dem namen des Sunes und den dirten in dem namen des heiligen Geistes. die dri zwige stont noch hütes tages do. do noch samete sü alle ir frowen und hies die erwelen was Regeln sü woltent enpfohen obe sü woltent ein offen closter haben. do sprochent sü alle dis solte an ire ordnunge ligen. Do sprach sü Ich erkenne uch alle in Cristo das jr wol einbeslossen strenge leben fürtent do weiß ich und förchte das unser nochkumen die hertekeit nit mügent erliden und das in das ein fluch wurde das uns ein heil solte sin. dovon ist mine begirde das wir under der offenen Regeln blibent. dis gefiel den frowen allen wol. do von sint die clöster noch (leider) so offen das es underwilen schade ist wen sü nur bedenckent wenig den guten fürsatz durch den es uff wart gesetzet. Dise sante otilia hette sunderlich andacht zu sante Johannß baptisten. do von begerte sü das er jr eine stat bezeichente do wolte sü in sine ere eine kirche buwen. Eines nahtes lag sü an jre andaht do erschin jr sant Johans in der gestalt also er Cristum getöiffet hette und zöigete jr eine grosse witte stat do sü eine kirche solte buwen. des morgens fruge slug sü werglüte an und ordente das die kirche gebuwen wurde. Eines moles fielent fier ohsen mit eime wagen geladen mit steinen die zu der kirchen hortent den berg über den fellßen abe sübetzig schuch höhe die wurdent doch von sante otilien uffenthalten das sü unverseret blibent und denselben wagen mit den steinen zu derselben stunden zu der kirchen brohtent. Nebent der kirchen hies sü eine kirche buwen do wonete sü mit wenig frowen durch jre andaht. Dise sant Ottilia hette einen liplichen bruder Adelbertus genant der hette drige döhter Eugeniam Attilam und Gundelindam die hortent so groß lop sagen von jren basen das sü begertent ein geistlich leben doinne sü ouch so vollkumen wurdent das sü der ewigen fröiden teilhaftig wurdent. do das sant Ottilia enpfand do enpfing sü diese Jungfrowen mit grossen fröiden und brohte sü mit jre ermanunnge in grosse vollekumenheit. Eines moles stunt sü an jrme gebette do kam die kellerin und clagete wie das sü nit wines genung hette den frowen zu gebende. do sprach sü der Gott der mit fünff 1186

Zu ZfE 32

broten und fünff fischen fünff tusent mönschen spisete der mag ouch uns von dem wenig wines trencken. do von so gang hin und vollebringe dine andaht in der kirchen wenne Cristus het gesprochen. Ir sullent von erste suchen das Rich Cristi so vallent uch zu alle zitliche ding noch uwer notturft. do nu die zit kam das sü essen soltem do vant die kellerin das fas fol wines das sü vor hette ler gelossen. Also nam dise sant Ottilia in allen tugenden zu und übete sich in grossen Gottes wercken do von wolte sü unser Here us disen arbeiten erlidigen. do sü enpfant das die zit jre hinefart nohete do ging sü in sante Johans kirchen und hies alle jre frowen für sü kumen und ermanete sü das sü allezit Got für ougen hettent und sine gebot niemer übergingent und für sü und jren vatter und alle jre fordern mit flisse betent. Also hies sü die frowen alle gon in unser frowen kirche und do eine wile den salter lesen. do zwüschent fur jr selige sele von jrme libe in die ewige fröide. do wart also ein süsser gesmag das dis enpfundent die frowen in der anderen kirchen. dovon gingent sü wider und fundent jre selige muter dot und knuwete in der kirchen. des betrübetent sich die frowen gar sere das jr selige muter one das heilige sacramente was verscheiden und ruftent alle die gnode unsers Heren an das er sinen engeln gebütte das sü die heilige sele wider in dem licham furtent. zu stunt wart sant Ottilia wider lebendig und sprach. O jr lieben swestern warumb hant jr mich solliche vnruwe gemaht das jch us der seligen geselleschaft sant Lucien wider müste in disem arbeitseligen lip kumen. Also hies sü jr bieten einen kelch mit dem heiligen sacramente das nam sü selber donoch schiet die heilige sele wider von jrme libe. durch dis wunder ist derselbe kelch behalten in der kirchen. Also noment die heiligen frowen den heiligen licham und begrup in vor sante Johannes alter. do blip derselbe gesmag ahte gantze tage in der kirchen. Do würckete unser Here siner dienerin zu lobe vil grossen zeichen und wunder obe jrme grabe die sine gnode aneruffent in der megde ere. Lese- oder Druckfehler 395,26 sprach:] sprach; ZfE 395,33 unsern] unserm ZfE 397,6 siech ward] sich wandt ZfE; Q: siech wart, d. h.: krank wurde 397,15 dieser Amme Leichnam] arme ZfE; Q: dirre amme licham, d. h.: der Leichnam dieser Amme

1187

Kommentar

397,18 398,20 399,23 399,26 400,17

war] was ZfE; Q: war, d. h.: wohin Sankt] Sakt ZfE Friede] Frieder ZfE her.] her ZfE, gemeint ist: herausgegeben den] den den ZfE

399,28–400,40

Diese Worte 〈. . .〉 Einsiedler] Nachwort von Arnim. Erläuterungen

Hl. Ottilia/Odilia (um 660 bis 720), Gründerin des später Odilienberg (Sainte Odile) genannten Klosters im Elsaß, Patronin der blinden und Augenkranken. – Brentano spielte auf diese Legende schon bei der 1802–05 entstandenen Urfassung der Chronika des fahrenden Schülers an (vgl. FBA 19, S. 129 und Erläuterung S. 564). 399,23–24 Gottes Friede, guter Friede, Zeitenlehre tödtet.] Abbildung des Reliquiars vgl. Exemplar der UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M. (s. o.). Pfaff gab dazu folgende Erläuterung: »Die Umschrift der Kapsel gibt Arnim hier in der Auslegung Schilters S. 523. Aber am selben Orte ist auch von einer Abbildung des Ganzen begleitet der authentische Wortlaut angeführt. Danach ist zu lesen GOTHEFRIT GOTHEFRIT CIDELERE DOˇDA. Wir haben es also hier mit einem Gottfried Zeidler zu thun, der vermutlich die Fassung der Reliquienhand anfertigte oder anfertigen ließ«. (Pfaff, S. 305) Die neuere Forschung deutet die Inschrift des Handreliquiars der hl. Attala anders: Gia Toussaint faßt zusammen: »In der heutigen Forschung wird das Inschriftband an der Basis als Hinweis auf die Stifter gedeutet: GOTHEFRIT. GOTHEFRIT CIDELERE. DUODA.« (Gia Toussaint, Die Sichtbarkeit des Gebeins im Reliquiar – eine Folge der Plünderung Konstantinopels? In: Reliquiare im Mittelalter. Hg. v. Bruno Reudenbach, Berlin 2005. Hamburger Forschungen zur Kunstgeschichte V, S. 89–106; Zitat Anm. 35, S. 106). 399,32–400,13 neuen Volksmährchen 〈. . .〉 erhellte.] Die anonym erschienenen Neuen Volksmährchen der Deutschen von Christiane Benedikte Naubert (1756–1819): Leipzig: in der Weygandschen Buchhandlung; Erstes Bändchen 1789; Zweites Bändchen 1791; Drittes Bändchen 1792; Viertes Bändchen 1797. Ottilie, eine sehr freie Ausgestaltung der Sage, steht in Bd. I. In der Folge nennt Arnim weitere Märchen von ihr, die oft auf Sagen oder Legenden beruhen; eine exakte Abgrenzung der Bezeichnungen gab es damals noch nicht. – Arnim erwähnte diese Märchen auch im Brief an Bettine vom 10. Mai 1808 (FDH 7263; Ich habe einige Tage gezögert 〈. . .〉):

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Zu ZfE 32

Clemens ist endlich über die neuen Volksmährchen der Deutschen zu meiner Meinung übergegangen, er findet den Hiolm, den Ottbert so meisterhaft, daß ihm die Zunge von Lob überströmt nachdem er sich überwunden hat weiterzulesen. Ich fühle immermehr, daß nichts so leicht verholzt als die Idee, daß alles so oder so gemacht und bearbeitet seyn müsse, sey es in altem oder göthischen Costüme 〈. . .〉. – Die Volksmärchen der Deutschen des Weimarers Johann August Musäus (1735– 1787; vgl. 400,4) waren 1782–87 erschienen. Arnim charakterisierte sie im Brief an Stephan August Winkelmann vom 24. September 1801 (verm. aus Zernikow; Hättest Du wohl geglaubt, als 〈. . .〉; WAA 30, S. 182, Nr. 172):

Die Volksmährchen von Musäus haben mir manche Stunde angenehme Gesellschaft geleistet. Drey Erzählungen darin, Liebestreue, Stumme Liebe und der Schwanenteich lies einmal wieder, es ist schön wie so ein Dichter immer an dem früheren höher entbrennt, ohne diese möchten Tieck’s Volksmährchen nie entstanden seyn. Nichts veraltet schneller als Witz darum ist manches in diesen Erzählungen so ungenießbar wie zerschnittener Rettig im Heringssalat geworden. Man beisst darauf und hat man endlich lange gebissen, so hat man nichts als den scharfen Geschmack. Musäus gibt den Märchen eine ironische Tönung; Naubert dagegen erzählt naiv gefühlvoll. Uhland hatte dieses Lob bemerkt. Er kannte die Verfasserin nicht und fragte Koelle am 29. Juni 1809 (Tübingen; Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 127): Volkssagen von einem Pro-

fessor in Landshut? Wären es nicht vielleicht die in den Einsiedlern so belobten: N e u e Vo l k s m ä h r c h e n . Leipzig, Weygand 1789–92. 4 Bände? ich hörte einmal sagen, sie sollen von Milbiller seyn, und ist oder war dieser nicht Prof. in L.? Arnim lobte die Neuen Volksmärchen in einem Brief an seinen Bruder Carl Otto vom 11. Dezember 1812: Der Pr〈i〉nceß Solms versichre meine Hochachtung, was ich ihr in Königsberg erzählte war ein blosser Auszug um ihre Neugierde auf ein recht merkwürdiges Buch hinzulenken das Neue Volksmährchen der Deutschen heist Leipzig bey Weygand erschienen IV Bände von einer Frau Neuber verfasst, ein Buch das seitdem durch mich zu grossem Rufe gekommen, nachdem es wohl zwanzig Jahre allgemein verachtet und vergessen war. Jezt wirds rechts und links von den Recensenten gerühmt, nachdem ich einen derben Anstoß gegeben, das Verdienst des Buchs ist unverkennbar und sie kann es sich immer kaufen, wenn sie Geld hat (Heinz Härtl, Zwischen Tilsit und Tauroggen. Briefe Achim von Arnims an seinen Bruder Carl Otto von Arnim 1807–1812. In: Impulse 6, 1983, S. 292).

1189

Kommentar

Arnim äußerte sich 1819 noch einmal lobend über die verstorbene Verfasserin in einem Brief an Johann Friedrich Kind in Dresden (Wiepersdorf, 10. Oktober 1819; vgl. Hermann F. Weiss, Unveröffentlichte Briefe Achim von Arnims nebst anderen Lebenszeugnissen II. 1811–1830, in: Literaturwiss. Jahrbuch, N.F., Bd. 22, 1981, S. 116f.):

Ein Aufsatz über die verstorbene Naubert in der von E W. redigirten Abendzeitung (71. 202) bringt mir einen Aufsatz in Erinnerung, durch welchen ich vor 11 Jahren in der Einsiedlerzeitung (S 256) die neuen Volksmärchen, deren Verfasser oder Verfasserin ich damals noch gar nicht mit Gewißheit erfahren konnte, gegen den Verruf der Nachahmerei des Musäus nach besten Kräften und mit so gutem Erfolge in Schutz nahm, daß viele Menschen mir nachher ihren Dank sagten, daß ich sie auf das trefliche Buch aufmerksam gemacht hätte. Seitdem habe ich viele andre Bücher der Naubert gelesen, aber nirgends, bey vielem Guten, was ihnen nicht abzusprechen, dieses Vollständige, dieses Ursprüngliche, wie in den Volksmährchen, gefunden, bey denen man oft erstaunt, wie eine dürftige Quelle aus dem Alterthum in ihr zu so reichlichem Strome angewachsen ist. Also noch einmal muß ich gegen die dort in dem Abendblat wiederum geäußerte Meinung, als ob sie den Musäus sich zum Muster genommen, erinnern, daß sie weder im Guten, noch im Fehlerhaften, ihm folgte; ihr fehlte die abwechselnde Lebendigkeit seiner Erzählung, die auch etwas Bekanntes neu aufzustellen verstand; dagegen hatte sie auch keine der leeren literarischen Witzeleien, durch welche seine Mährchen, wie die Wielandschen Schriften, auf die unbequemste Art unterbrochen werden; viel reichlicher war ihr, als ihm, das eigentliche Fundament aller Dichtergaben, die Erfindung, zugetheilt und auf dieses sind ihre Volksmährchen für die Dauer erbaut und werden gewiß nach Jahren noch manche neue Auflage erleben. Ihr Tod in der Maskenzeit des Jahres veranlaßte das folgende Sonett, das ich ganz zu Ihrer Disposizion stelle; mögen Sie es billigen oder verwerfen, meine Waare gefällt nicht jedem, daran bin ich gewöhnt Auf den Tod der ungenannten Verfasserin der neuen Volksmährchen. Der Masken Fest verstummt im Büchersaale, Die Stunde schlug, was mag sie so betrüben? Sie eilen fort und Staub ist nur geblieben Von Bildern alter Zeiten bey dem Mahle. 1190

Zu ZfE 32

Die Wagen rollend mit dem Fackelstrahle Durch dunkle Gassen Trauerzeilen schrieben, In Asche als die letzten Funken trieben Und nicht, wie erste, aus dem festen Stahle. Und diese Funken sich zusammen finden Beym Haus der Dichterin am Leichenwagen, Die Masken ihr als Mutter Kränze winden. Doch keine kann der Todten Namen sagen! Die alle reif zur Geistertauf’ getragen, Will selbst auf Erden namenlos verschwinden. Friedrich Kind druckte Arnims Brief und Sonett in der 11. November 1819 ab (vgl. Werke 6, S. 662f.).

Abend-Zeitung am

400,14

Kritik] Barth weist bei Arnims Vierzeiler Es irrten die Menschen auf mancherley Wegen. . . auf diese »Tirade gegen Kritik« hin (Päpstin Johanna, WAA 10/1, S. 171f., 10/2, S. 965f.) 400,27–28 Pestalozzi 〈. . .〉 Olivier] Die wegweisenden Schweizer Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi (1746–1827) und Louis Henry Ferdinand Olivier (1759–1815). 400,35–37 auf dem Umschlage 〈. . .〉 abgedruckt] Die Erasmus-Übersetzung des Juni-Umschlags.

1191

Kommentar

ZfE 33

23. July: 401,4–410,29

Offenbarungen des Neuen 〈. . .〉 Loe] Entstehung

Der Titel wurde wahrscheinlich von Arnim über eine Reihe von Gedichten gesetzt, die von Landshuter Studenten nach Heidelberg gesandt worden waren. Adressat war wohl nicht Arnim, sondern Görres, wie auch aus dem Dankbrief der Studenten an diesen hervorgeht (s. u.). Görres war davon offenbar wenig angetan, wie Friedrich Creutzer an Friedrich Carl v. Savigny schrieb (Heidelberg, 12. Juni 1808, Görres, Ergänzungsband 1, S. 36, Nr. 56):

Da sich eine Anzahl Landshuter Studenten mit, zum Teil sehr schlechten Gedichten, an Görres in einem Gesammtbrief gewendet hatten, der diese Poesien sichten u. hier herausgeben sollte, so hat ihnen dieser in einem Briefe geantwortet, der eine wahre Arznei für die Brauseköpfe werden kann, wenn sie die darin enthaltene gute Lehre annehmen wollen. Ich hab’ ihn selbst gelesen. Anders als Jessen es darstellt (Jessen, S. 18, nach den Erinnerungen von Ringseis), war Savigny noch nicht in Landshut, als diese Gedichte entstanden, denn er ging erst im Herbst 1808 dorthin. Sibylle von Steinsdorff verweist auf den »im Stil ähnlicher pathetischer Ausbrüche der im ›Göttinger Hain‹ vereinigten Klopstockjünger« (Der Briefwechsel zwischen Bettine Brentano und Max Prokop von Freyberg, hg. v. Sibylle von Steinsdorff. Berlin-New York 1972, S. 17) für den Brief der Studenten an Görres (s. u.), was auch für die Gedichte gilt. Wie beim Göttinger Hain, so war auch der Geist dieser Landshuter Studenten antifranzösisch, zumal Bayern dem Napoleonischen Rheinbund angehörte. Das trifft besonders für die Gedichte von Johann Nepomuk von Ringseis zu. Dieser äußerte sich später distanziert über diese Publikation (Jugenderinnerungen. In: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, Bd. 75, 1875, S. 837): Dazu kam die verhaßte napoleonische Tyrannei, die in

innigster Wechselwirkung stund mit dem bureaukratisch-liberalen Fa1192

Zu ZfE 33

natismus. Der Ingrimm, der in mir auch kochte, machte sich Luft in etlichen Gedichten, welche, ungelenk von Gestalt, jugendlich unausgegohren von Gedanken und fast ungeberdig vor brausender Überschwänglichkeit, hervorsprudelnd aus einem wahren Krater von Begeisterung, in religiösem und patriotischem Selbstgefühl, auch nicht ohne persönliches Kraftbewußtseyn die ganze schlechte Welt mit ihrem übelbegründeten Hochmuth und ihrem Wühlen in der Materie herausforderten, wie ich mich ausdrückte, ›auf den röthlichen Sand‹. Ich dachte dabei an keine Veröffentlichung, aber Aman, dem ich die Gedichte mitgetheilt hatte, sandte sie – wohl mit anderen Producten unseres Kreises – nach Heidelberg an die von Arnim und Brentano herausgegebene Einsiedlerzeitung. Die beiden gewiegten Dichter, sowie Joseph Görres, mögen gelächelt haben über den ungefügen germanischen Riesen- und Reckenzorn, aber sie fühlten das Wahrhafte und Berechtigte der Empfindung und Gesinnung heraus und ließen mit einer poetischen Einführung durch Achim von Arnim, in der es unter Anderm heißt: ›Jugend hat heißes Blut‹ die Gedichte zu meiner höchsten Überraschung wirklich erscheinen. Nach dem Ende der ZfE schrieb Brentano aus Landshut an Arnim, als er Kritisches über den jungen Physiker Aman gehört hatte (nach dem 14. November 1808: Das Papier liegt immer neben 〈. . .〉; FBA 32, S. 113; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 265r–267v): Dein Lied hättest du den ihrigen im

Einsiedler nicht beifügen sollen, erstens hast du ihnen die Köpfe ganz mit verdreht, und von Ununterrichteten mit deiner Rezension combinirt, erscheinst du in dem Licht, als wärst du grade einer der Ihrigen. Sie geben übrigens jezt eine Wochenschrift – Jugendblätter vom ersten Jänner an heraus, sie nennen es eine Fortsetzung der Einsiedlerzeitung privatim, hiebei die hofärtige Ankündigung. Arnim verschloß sich den Studenten aber nicht, denn er kündigte Brentano an (Berlin, 15. Januar 1809:

Du scheinst zufriedner, um so 〈. . .〉; GM Düsseldorf): 〈. . .〉 an den Jugendblättern will ich mitarbeiten. Bettine Brentano berichtete Arnim aus München am 2. Dezember 1808 von der Rezeption am Bayrischen Hof (Ich habe gestern durch einen 〈. . .〉; FDH 7466): Jacobi hat den Einsiedler zum König 〈Maximilian I. Joseph〉

gebracht, um ihm die bairischen Jugendgedichte zu lesen, da meinte der König auf diese Seite würde sich wohl sein Sohn der Kronprinz 〈später Ludwig I.〉 schlagen 〈. . .〉. Über Arnims Gedichte stritten sich Bettine und Clemens Brentano damals mit Tieck (ebd.): Clemens ist seit etlichen Tagen hier, er hat schon einige Mal Streit gehabt mit Tieck über deine 1193

Kommentar

Lieder auch mir ist darüber daß ich Tieck ein Gefühl dafür erwecken wollte ein noch tieferes Licht in manchem aufgegangen und ich hab manches so innig gefast, wie ich dich ins Auge fassen würde. wenn du vor mir stündest. mit Tieck ist hierüber nichts anzufangen er aergert mich aber nicht, denn er meint es Gut, und das edle Wild weiß nicht in seinem Behaagen wie eng die Grenzen des Reviers um seine Freiheit gezogen sind; aber seine Schwester 〈Sophie Bernhardi〉 die meinem Gefühl nach wenig Strahlen des Genies von sich gegeben hat, spricht so aufgeklärt leuchtend darüber, das es einen erbittern würde wenn man lang zuhört. Bettine lernte die Studenten kennen, als sie mit Savigny und ihrer Schwester Gunda nach Landshut ging; sie berichtete Arnim in mehreren Briefen über sie, so aus München am 3. Januar 1809 (FDH 7468: Seit 4 Tagen hab ich Landshut verlassen 〈. . .〉): 〈. . .〉 in Landshut hab ich etliche von der

Ringseisischen Companie kennen gelernt, die bescheidensten höflichsten Menschen, die man sich dencken kann Clemens nimt sich ihrer sehr an und weist sie oft in ihrer ungewißheit recht lieb zurecht. Vgl. auch zu Joseph Löw.

Druckfehler 401,9 den Sturm] der Sturm ZfE 408,8 Wasserblumen] Wasserbaumen ZfE 408,26 Schwerpuncte] Swerpuncte ZfE 408,30 Pumpen]Pumpem ZfE

Erläuterungen 401,7–404,25 Warum 〈. . .〉 Nepom. Ringseis] Im ersten Gedicht will der junge Kämpfer, der sich mit Bezug auf seinen Namen als eisern (402,3) bezeichnet, den Drachen bekämpfen. In diesem Bild mischt sich die Apokalypse mit der Siegfriedsage. Auch auf Samson wird angespielt (Ha 〈. . .〉 Ruin!; 402,10–12). Auch im zweiten Gedicht erfolgt eine Mischung der Traditionen: Der Weltenbrand (402,22) ist germanisch, die Sündfluth (402,23) biblisch. Zum todten Buchstaben (403,9) im dritten Gedicht vgl. 2. Kor. 3,6. Das vierte Gedicht ist ein Epigramm gegen den Matrialismus. Im fünften Gedicht fordert Ringseis die gegnerischen Wissenschaftler zum Duell heraus. 405,1–30 Die vier Jünglinge 〈. . .〉 Sebastian Ringseis] Mit den vier Jünglingen wird auf das Volksbuch der Haimonskinder angespielt.

1194

Zu ZfE 33

406,1–408,21 Der Fluß 〈. . .〉 Löw] Die Gedichte Joseph Löws stehen in frühromantische Tradition, besonders Novalis klingt an. 408,23–409,34 Die Physiker 〈. . .〉 Karl Aman] Amans Gedicht scheint von Goethes Faust I beeinflußt, der zur Ostermesse erschienen war. Das Gedicht zeigt aber auch seine Erbitterung über den Wissenschaftsbetrieb, wie er ihn sah. 410,1–29 Zauberformel des Arztes 〈. . .〉 Karl Loe] Friedrich Karl von Loe bezieht sich möglicherweise ebenfalls auf den Faust. 410,2 Misce. Detur, Signetur.] »mische, es möge gegeben werden, es möge bezeichnet werden« Unter der sprachlichen Form misceatur, detur, signetur verwendet auch Goethe diese Rezeptformel in seinem Singspiel Scherz, List und Rache, wo der Doktor – als Figur der Commedia dell’ arte gezeichnet – sie spricht (Ende II. Akt; Erstdruck in Goethe’s Schriften, Bd. 7, Leipzig 1790). Vgl. Sigrid von Moisy, Von der Aufklärung zur Romantik. Geistige Strömungen in München. Ausstellung München. Katalog Regensburg 1984. 411,1–412,9 Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur. Auf ihr meine deutschen Brüder 〈. . .〉 Arnim] Ricklefs Lyr.-Reg. 146. Arnims Gedicht ist nur hier überliefert.

Druckfehler 411,29

Strahlen] Stahlen Erläuterungen

Das Gedicht bezieht sich auf die politische Situation im besiegten und aufgelösten Deutschen Reich. Durch die Überschrift wird der Kampfaufruf auf die Literatur bezogen. 411,24 Drachenzähne] Anspielung auf den Mythos von Kadmos. Die Strophenform könnte von Arnim als Kontrafaktur auf ein bereits bekanntes Lied gedichtet sein. So hat z. B. das wenig später im 3. Bd. des Wh erschienene Kirchenlied aus dem Anmuthigen Blumen-Kranz: Fahre fort mit Liebesschlägen 〈. . .〉 die gleiche Form; vgl. FBA 8, S. 207f.; FBA 9,3, S. 353 mit Angabe der Melodie im Gesangbuch. Arnim bezog sich darauf auch in ZfE11.

1195

Kommentar

Rezeption von

ZfE33

Nach der Publikation schrieben die Landshuter Studenten dankbar, nicht an Arnim, sondern an Görres (Zehn Landshuter Studenten an Görres in Heidelberg. Zit. nach: Görres-Briefe II,2, 1874, S. 31–34; vgl. auch: Johann Nepomuk Ringseis, Erinnerungen, gesammelt u. hg. v. Emilie Ringseis. Bd. I. Regensburg-Amberg 1886, S. 90f.):

Landshut 22. August 1808. Wohlgeborner Herr Professor, verehrungswürdiger Meister! Mit Jubiliren, Jauchzen und Hüteschwingen haben wir am 18. August das 33. Blatt der Einsiedler Zeitung gelesen. Ein schöneres, höheres, glänzenderes Schicksal dieser Gedichte wagten wir nie zu erwarten. Wie einem Schifflein, das, nur wirthliche Inseln auf dem Meere suchend, durch einen glücklichen Sturm ins gelobte Land verschlagen wird, also erging es unseren Gedichten. Gerührt, erstaunt sahen 〈wir sie im〉 Paradiese landen. Hochmächtig hat uns die Brust erhoben, und im tiefinnersten Grunde der Seel’ uns erschüttert die Auszeichnung, unter s o l c h e n Männern zu stehen, und eine Flamme und einen Enthusiasmus in uns entzündet, der nicht verglimmen wird in alle Ewigkeit! Was wir Ihnen sandten, waren die allerersten Säuglinge unserer Muse; was künftig der trunkenen Brust entquillt, soll höheres, reineres, untadelicheres Leben hauchen, auf daß wir werth seien der Umgebung der hohen Heldengestalten, in deren Kreise, würdigster Meister, Sie uns aufgeführt haben. Den herrlichen Rundgesang des edlen Ludwig Achim von Arnim haben wir mit Begeisterung, nicht gelesen, sondern gesungen, gejubelt, verschlungen, in Geist und Leben verwandelt. In Musik haben wir ihn gesetzt, und bei jeder unserer Zusammenkünfte muß er gesungen und gejubelt werden: Eine Erndte ist getreten Von dem Feinde in den Koth, Eh ihn unsre Schwerdter mähten, Doch wir wuchsen auch in Noth. Eine Saat ist aufgestiegen, Drachenzähne setzt die Brut. Mag es brechen, will’s nicht biegen, Jugend hat ein frisches Blut. Wir sind der unerschütterlichen Ueberzeugung, daß uns der Herr des Himmels zu ganz besonderen Zwecken verbunden habe. 〈. . .〉. Joseph Löw wird in wenig Tagen sein ärztliches Weihungsfest feiern, und ein 1196

Zu ZfE 33

neues und kühnes Wort dabei sprechen! Da unsere Buchhandlungen die Einsiedler-Zeitung über Leipzig erhalten, so ist erst das 32. Blatt in denselben angekommen. Wir haben das 33. Blatt von München bekommen. Dieß ist aber in drei Tagen schon durch so viele Hände gegangen, daß es aussieht, wie eine aus dem Felde zurückgekommene Siegesfahne! Da K. Aman vielleicht diese Ferien nicht mehr hier sein wird, so bitten wir Sie, verehrungswürdiger Lehrer und Meister, die Gedichte mit folgender Adresse zu schicken: »An N e p o m u k R i n g s e i s , der Medizin Candidaten in Landshut 〈. . .〉.« Wir bleiben ewig mit der tiefsten Achtung und Verehrung Ihnen ergeben Nep. Ringseis. Karl Loe. Seb. Ringseis. Fr. Schafberger. Karl v. Rottmanner. J. Schießl. Jos. Löw. Jos. Venino. Karl Aman. Jos. v. Teng. Die im Brief erwähnte Landshuter Vertonung ist nicht bekannt. Komposition 1816 als Studentenlied von H. Waller (vgl. Mallon, Nr. 87).

1197

Kommentar

ZfE 34

27. July: 413,3–415,31 Sehnsucht 〈. . .〉 Christian Gedichten für die ZfE vgl. ZfE13.

Schlosser] Zu Christian Schlossers

Druckfehler 414,1 tauchen] tauschen ZfE 415,17 heiter] Heiter ZfE 416,1–424,35 Scherzendes Gemisch 〈. . .〉 Felsenthal.] Fortsetzung von Arnims Artikel, hier mit eigenen Gedichten durchflochten. Der Herzbruder (Brentano) bezieht sich im Anfang des Gesprächs über den Philosoph (416,4) auf das Gedicht Der an seinen Schülern verzweifelte Philosoph in ZfE27.

Druckfehler 422,9

Opfer] O per ZfE

416,9–418,8

Mittel gegen das Kreutzweh: Viel Knaben und Mädchen im Laufe hinauf 〈. . .〉 Morgenglanz.] Ricklefs Lyr.-Reg. 1480. Gedicht Ar-

nims, vgl. Werke V, Kommentar S. 1363.

Entstehung Das Lied ist teilweise angeregt durch den Refrain des Wh-Lieds I 306 b Es ritt ein Jäger wohlgemuth (FBA 6, S. 298f.; FBA 9/1, S. 525–527, bes. S. 526), für das ein Fliegendes Blatt die Vorlage war. Der Refrain lautet: Im Mayen,/ Am Reihen,/ Sich freuen alle Knaben und Mägdelein. Arnim zitiert den Refrain auch als Schluß seines Briefs an Bettine vom 10. Mai 1808 aus Heidelberg (Ich habe einige Tage gezögert 〈. . .〉; FDH 7263). Rölleke

1198

Zu ZfE 34

verweist ferner auf dieses Gedicht im Kommentar zu dem Kinderlied, das sich 1794 schon in Gräters Bragur findet und von Jean Paul 1805 in den Flegeljahren zitiert wird: Ringelreihe-Lied (FBA 9/3, S. 598–601), welches mit der Szenenbeschreibung beginnt (FBA 8, S. 323): Die Kinder tanzen im

Kreiß, und setzen sich plötzlich zur Erde nieder. Ringel, Ringel, Reihe! 〈. . .〉 Varianten Es geht eine variantenreiche Hs. Arnims voraus, die auf Januar 1806 zu datieren ist: H1: Pergamentband I, Nr. 97, Bl. 59r–60r. Hier Wiedergabe der frühesten Stufe (inklusive Sofortkorrekturen), da die letzte der der ZfE fast entspricht, so daß die erste Niederschrift mehr Interesse beansprucht. Das Gedicht ist durchgestrichen zum Zeichen, daß es publiziert ist:

Ringelringelrosenkranz Die Knaben und Mädlein im Laufe hinauf Am Berge wie Lerchen, Sie singen: Nun ringelt den Rosenkranz Im Mayen am Reihen im Morgenglanz. x Die Mädlein bringen viel Rosen im Schoos, Zum Binden und Winden, Sie binden und winden den Rosenglanz, Mit Dornen stecken zusamm den Kranz x Die Knaben zwingen die Mayen mit Schreien, Sie brechen und flechten Die Aeste zum Kreuze im Sonnenglanz, Sie hängen daran auch den Rosenkranz. x Von Knaben und Mädlein der Wald erschallt Im Mayen von Schreien: »Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz.« Sie singen und tanzen im Morgenglanz

1199

Kommentar

x Da sehet die Kreuze auf Höhen hell stehen Zum Freuen im Mayen, Die Knaben und Mädchen auf Rasen grün, Sie ringeln und reihen, sich nieder ziehn. 〈x〉

Ein Ritter sie siehet, die Brust voll Lust Sie lobt und gelobet Zu bauen ein Kloster dem Rosenkranz, Da sollen sie beten bey Ampelnglanz. x »Ein Kreutz in die Welt zu hauen, ja schauet Mein Schwert es euch lehrt!« »Das blühet ja nimmer im Rosenglanz Wir sehn nur vier Spitzen und blutigen Glanz.« x Der Ritter will tanzen, der Stahl zur Qual Drückt nieder die Glieder; Die Kinder sie singen zum Rosenkranz: »Du steifiger Kerel bleib weg von dem Tanz.« x Ein Weiser das Kreuz von ferne sieht gern, Er lehret: »Ja höret! Die Temperamente und Element, Sie zeigen sich klar in Kreuzesend.« 〈x〉

Die Kinder sie lachen der Sachen, Sie springen und singen »Dein Mantel doch hat vier Zippeln ich mein, Gieb uns nur den Mantel, die Zippel sind dein.« x Der Ritter geht an die Quelle gar schnell Und schüttelt und rüttelt; Da fallen die eisernen Schienen hinein, Gesund wird der Brunnen den kranken allein. x Der Weise den Mantel aufschürzet und kürzet, Die Falten zu halten, 1200

Zu ZfE 34

Und trinket erst frisch aus dem Brunnenglanz, Wird frisch und gesund zu dem Rosentanz. x Der Ritter und Weise sie springen und singen Mit Kindern geschwinde. Ja Ringel, Ringel, Rosenkranz Sie tanzen nun mit in dem Morgenglanz. Erläuterungen Beschrieben wird zunächst eine Maifeier, bei der Mädchen einen Kranz aus Rosen und Dornen sowie Knaben ein Kreuz aus grünen Zweigen flechten. Das ist als Opposition zu einer katholischen Rosenkranz-Maiandacht zu verstehen. Dafür spricht auch, daß der Kreuzritter, der zu ihnen kommt, verlacht wird, ebenso ein Weiser , der die mittelalterliche Lehre der Temperamente und Elemente verkündet. Beide werden im Wasser des Brunnens von ihrem Wahn geheilt und tanzen verjüngt mit den Kindern. Das Christentum soll mit einem gesunden Leben und Empfinden verbunden werden. Der Titel in der ZfE ist ironisch zu verstehen. Die beiden ersten endreimlosen Verse jeder Strophe enthalten Binnenreime oder wenigstens Assonanzen. 417,25 sie lachen der Sachen] Der Binnenreim, den Arnim schon im Entwurf verwendet, findet sich später auch in dem Handwerkslied Die Schmiede im Wh (II 74; FBA 8, S. 81, Z. 183; vgl. FBA 9/2, S. 155). 418,9–419,8 Da legte Arnims Zwischentext

der Alte 〈. . .〉 davon.]

Erläuterungen Der Alte als der getaufte Jude Ahasverus vertritt christliche Ansichten. In das Gespräch mischt sich ein Verehrer der Antike, der sich als Heide bezeichnet. Barth weist auf diese Passage im Zusammenhang mit den Ausgrabungen in Rom hin (Päpstin Johanna, WAA 10/2, S. 924). 418,22 Ey Saperment] Eigentlich ein euphemistischer Fluch nach frz. »sacrement«. Unter den Freunden Arnims ein Hinweis auf Reuters Roman Schelmuffsky, ein Kultbuch dieses Kreises, in dem der Fluch unentwegt vorkommt. 418,27 pränumeriren] im voraus bezahlen.

1201

Kommentar

419,9–420,20

Die an der Arbeit Verzweifelten: Ich ruhte vom Streite im Tannenhayn 〈. . .〉 allein.] Arnim setzt damit den Zyklus der Verzweifelten fort. Ricklefs Lyr.-Reg. 817. Vgl. Werke V, Komm. S. 1364f. Entstehung Das Gedicht entstand in zwei abweichenden Fassungen in England (Rickelfs Lyr.-Reg. 568):

Überlieferung und Varianten H1: Fragment eines vermutlich nicht abgesandten Briefs an Clemens Brentano (London, nach dem 21. März 1804: aber innen da sieht es 〈. . .〉; vgl. WAA XXXI, S. 353; entspricht 419,18–420,4; 420,13–16):

〈. . .〉 aber innen da sieht es dunkel aus,

da schlingen sich gräulige Gänge, sie schwizen im engen Gedränge, nur davon so duftet das Hauß Sie werfen einander mit Lasten todt, Und keine von allen darf muchsen, verstohlen nur hört man sie schluchsen, das Dunkel läst munkeln von Noth. Die Königin ordert den ewigen Bau, Sie weis nur allein um die Pläne, Und wie ich auch fabelnd hier wähne, Das Künftige 〈n〉immer ich schau. Doch weil nun die Männer gern wissend sind, Die Ameisen alle nachsinnen, Sie glauben es schon zu ersinnen einhaltend in Arbeit geschwind Die Königin ärgert zu Tode sich, Die Ameisen alle verschmachten, Ja weil sie zu viel sich bedachten, Ja weil sie nur dachten an sich. H2: Brief an Clemens Brentano (London, Ende März bis Mitte April 1804; nicht abgeschickt: Pio Clementi Achimus Arnim S.D.P.; vgl. WAA XXXI, S. 358f.): Wie Ameisen läuft die Zeit unruhig über die Erinnerung und

1202

Zu ZfE 34

zehrt diese Nachtigal, die in ihrem Haufen nistet bis auf die Knochen ab. Lege ein Schnupftuch auf den Haufen, so wird es wohl riechend; das ist die Kunst: Selbstbetrachtung. Eine Fabel von der Kunst (Nachtigal) unter den Weltkindern (Ameisen). Es lockte mich liebliger Wohlgeruch Wo Ameisen laufen ich sehe, Da klagete Nachtigal Wehe, Da klagete Nachtigal Trug. Sie legte die Eyer im Hügel dumm, Wo Ameiseneyer ich sahe Die aß sie kein Uebel sie sahe, Die Ameisen klagten so stumm, Die Ameisen liefen in grosser Noth, Sie rächen die Eyer zerstöret; Sie haben nicht Klagen gehöret, Sie nagen die Nachtigal todt. Und schlepen die Stücke mit grosser Müh Zur Königin hin zu dem Throne. Erhielten die Knochen zum Lohne Zu schlepen sie auswärts mit Müh. Dann innen da sieht es wie Ordnung aus, Da schlingen und winden sich Gänge, Der Ameisen schwizend Gedränge Durchduftet so herrlig das Hauß. Sie schlepen vereinet an Last sich todt, Und keine bis dahin darf muksen, Verstohlen nur schleichet ein schluksen, Das Dunkel läst munkeln von Noth. Die Königin müssig erdenckt den Bau, Sie weiß nur allein um die Gänge, Wozu ist die Länge der Gänge? Wozu ist der ewige Bau? Das klagte die sterbende Nachtigal Die Ameisen nun erst nachsinnen, Sie glauben es schon zu ersinnen 1203

Kommentar

Und feiern nun alle zumal. Ach ja wer die Zukunft ersinnen will Der siehet die Gegenwart schwinden, Ey wisset sie sollten sich winden Die Gänge zum Brautgemach still Die Königin war die künftige Braut, Von einem Zauber gebunden, Der Zauber erst war entbunden Wenn herrlig die Kammer erbaut. Der Winter o Köngin erdrücket dich Die Ameisen alle verschmachten; Ja weil sie einmal sich bedachten, Ja weil sie da dachten an sich Schon in der Vorbemerkung und in der Überschrift sind verschiedene Bedeutungsmöglichkeiten dieses Gedichts, das auch Märchenmotive aufnimmt, angedeutet. D2: Eine weitere Variante des Gedichts bildet die nur im Druck (SW 22, S. 196f.) überlieferte Staatsdauer, Ricklefs Lyr.-Reg. 829. Gegenüber den englischen Fassungen verbindet die beiden Drucke das Motiv des Fähnleins (420,17), das der Dichter in den Ameisenhaufen legt, damit es den Duft (der Ameisensäure) aufnehmen soll. Die Hs. zu der in SW 22 gedruckten Fassung hat sich nicht erhalten. Das Staatsmotiv ist weiter ausgeführt, daher diese Fassung wohl nach der ZfE anzusetzen.

Erläuterungen In der Fassung der ZfE gibt die letzte Zeile einen Deutungshinweis. Der Glaube soll den Weg zur richtigen Arbeit weisen, denn der Rationalismus zerstört nur. Ricklefs bezieht für diese Fassung die Ameisenkönigin auf die Königin Luise von Preußen (Werke V, S. 1364f.). Arnim verbindet in seiner Metaphernwelt den Ameisen- mit dem Bienenstaat; es kommt ihm nicht auf die biologische Genauigkeit an. Über Die Bienen hatte Arnim schon 1795 als Schüler einen Aufsatz geschrieben (vgl. WAA I, S. 92–96; 558–563). Am 29. April 1808 hatte er Bettine als Dank für ihr Märchen von einer Königin, die Siebenlinge geboren hatte und deren ältester Sohn bei wilden Tieren aufwuchs, geschrieben (FDH 7261: Herzlichen Dank, liebe Bettine, für 〈. . .〉): Herzlichen Dank, liebe Bettine, für beyde Mährchen, die Trauer

1204

Zu ZfE 34

der Königin ist sehr wahr und sehr natürlich, manchen möchte die Idee darin stören, daß sie eine böse Sieben erst in sich getragen, mich nicht, sie kommt mir vor wie eine Ameisenkönigin, die ihr ganzes Volk geboren. 420,23 das Reich der Liebe soll aus seyn] Der Herzbruder Brentano spricht hier aus der Erfahrung seiner gescheiterten Ehe. Arnim bringt in der Folge den Zyklus über unglückliche Liebe, der auf der Rückreise von Königsberg entstanden war.

Der an der ganzen Natur verzweifelte Naturalist: Rauchen und rieseln die Winter vom Scheitel 〈. . .〉 Nichts!] Ricklefs Lyr.-Reg.

421,1–422,26

1254. Nur hier überliefert. Vgl. Ricklefs, in: Werke V, Kommentar S. 1365f. »Das Gedicht thematisiert den Gegensatz eines Lebens aus dem Ganzen der Natur und die solipsistische Forschersuche nach dieser Ganzheit, nachdem er als ’Naturalist’ aus dem Zusammenhang herausgetreten ist 〈. . .〉« (ebd., S. 1365). Die Problematik spiegelt aber auch Arnims dichterische Versuche der Reisejahre, die sich oft mit Beobachtungen der Natur befassen. 422,29

Fort 〈. . .〉 Liebe! –] Eine Bemerkung des Herzbruders Brentano.

422,30–424,35; 426,4–431,6 Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen: Ueber Stock, über Stein 〈. . .〉 vergessen!] Ricklefs Lyr.-Reg. 1432.

Entstehung Arnims Gedichtzyklus verdankt seine Entstehung dem Erlebnis der unglücklichen Liebe zu Auguste Schwinck (1792–1831) in Königsberg und dem Abschied von ihr im Herbst 1807. Über diese Situation schrieb er zuerst an Brentano am 8. Oktober 1807, als er mit dem durch napoleonischen Befehl gesuchten Reichardt, den er im französisch besetzten Gebiet als seinen Diener ausgegeben hatte, auf dessen Gut Giebichenstein bei Halle angekommen war (Vielleicht thue ich Dir unrecht 〈. . .〉 Schultz, Freundschaftsbriefe, S. 460f.; das Motiv des Klebermeers stammt aus Reuters SchelmuffskyRoman): Die ersten Tage als ich Königsberg verlassen meinte ich es gar

nicht überleben zu können und hätte nicht zuweilen ein recht spöttischer teuflischer Hunger und Durst meine Gedanken durchschnitten, ich glaube ich wäre auf diesem Klebermeere stecken geblieben. Die 1205

Kommentar

letzten Tage waren auch zu hart, ich hatte mich in dem Gedanken des nahen Abschiedes, der sich durch Rdts Krankheit zwey Monat verzögerte, aus aller Verzweiflung heraus in den Gedanken hinein gestürzt, Sie möchte mich lieben oder nicht, so könne mir doch kein Teufel meine Freude an ihr nehmen, so brachte ich volle Tage mit ihr zu, lief durch alle heitre Morgen in guter Gegend, las ihr vor, was mir gefiel, es mochte ihr gefallen oder nicht, mit einem Worte ich wollte einmal ein recht wüster Egoist seyn. Aber das kam mir theuer zu stehen, denn die Gewohnheit schmiedete das glühende Eisen zusammen, es kostete mir fast meine gesunden Glieder um mich loszureissen, ja ich hasse sie darum gräßlich. Ich werde ein Buch gegen die Liebe schreiben, worin alle meine Liebeslieder stehen sollen, das sollen die Leute wie ein kaltes Bad brauchen um sich nicht zu erkälten, wenn sie nicht am Bade voraus sterben, es soll werden wie das Chor des Sophokles, von dem alle Weiber abortirten. Du glaubst nicht wie heiter ich hier lebe bey allen den gräßlichen Planen. Wenig später schrieb Arnims seinen langen Bekenntnisbrief an Charlotte Schwinck, die Mutter von Auguste (Giebichenstein, 23. Oktober bis 1. November 1807: Wehe! meine ungerechte Freundin, daß 〈. . .〉; FDH 12758; vgl. den Erstdruck durch Jürgen Knaack, in: JbFDH 1972, S. 202–222). Die Zeit in Königsberg verglich Arnim mit einer Schwangerschaft (vgl. ZfE35, 430,14): So habe ich denn neun Monate

mit Ihnen gelebt, ohne Zutrauen 〈. . .〉. Neun Monate sind doch eine schöne Zeit, brauchte ich doch nur so viel, daß mich meine Mutter zutraulich allein in der Welt ließ! Seine Gefühle während der Reise nach dem Abschied beschreibt z. B. der folgende Satz: Ich bin kein Seiltänzer, vor dem einen schwindeln kann, ich bin ein Wandrer, der den Staub seines Weges nieder weint, daß Sie ihn noch weit sehen können. 〈. . .〉 Auf seine Gedichte aus den anfänglichen glücklichen Monaten in Königsberg und aus der Zeit der Enttäuschung, wohl auch auf die in der Postkutsche gedichteten Verse, bezieht sich Arnim: In jener früheren glücklichern Zeit

war mir ein sehr glücklicher Musikabend, wo sie alles sang, was ich mir erbat, ich bildete mir ein, es hätte auch ihr Vergnügen gemacht, wie erstarrte ich, als sie lange nachher daran erinnert, mir sagte, es wäre ihr einer der langweiligsten Abende gewesen. So wie jene schönere Zeit mit manchem schönen Liede wird bezeichnet seyn, worin auch andre mein Glück fühlen sollen, so war es diese letzte Zeit mit schreckligen, die vielleicht nützlicher wirken; aber wie die Bienen ihre Arbeiten gern dem Neugierigen verkleben, der sie unter Glas setzt, so soll kein Mensch errathen wo, wie, an wen das alles gerichtet, und wie 1206

Zu ZfE 34

es allen leise belehrend vorübergeht, so werden sie in dieser verkleideten Wahrheit eine phantastische gute und böse Stunde erblicken; wie schrumpft das Menschenleben, auch das heftigste, gefühlteste in den Augen andrer zusammen, aus Monaten wird ein kurzes Lied, das die andern falsch nachsingen. Der Anfang des folgendes Satzes wird im Zyklus zitiert als Beginn von Nr. VI. (ZfE35, 427,23–24). In dieser Lebenssituation ist auch die Keimzelle der ZfE zu suchen (vgl. Einleitung): Der hat das Ende der Welt erreicht, der seine liebsten Hoffnungen aufgiebt, Wie oft dachte ich in mir irgendwo ein Einsiedler zu werden, doch das kam mir wieder vor, als wenn es etwas bedeuten solle, besonders in unsrer Zeit und ich wollte nur Ruhe. Auch Bettine wird mit ihren tröstenden Briefen in diesem Schreiben zitiert. Sie half Arnim, sich von seiner Verzweiflung zu erholen, was auch im Ende des Zyklus angedeutet ist, ohne daß es auf eine bestimmte Person bezogen wäre. Über seinen Entschluß zur Abreise im Frühsommer 1807 schrieb Arnim an Charlotte Schwinck: Ich 〈. . .〉

fand Reichard, der mich zur Abreise mahnte, den Gedanken hatte ich so oft gehabt, gleichsam wie andre den Selbstmord, als ein Erquicken, ein Hineinstürzen in einen andern Lebensstrom gefühlt, aber jezt erschreckte er mich in seiner Wirklichkeit. Arnim nahm diesen Zyklus in seinen Roman Gräfin Dolores auf; dort sind die Gedichte als Prosa notiert (III,8; vgl. Werke I, S. 396–400). Einen Ausschnitt schrieb er für Bettine im Brief vom 14. Februar 1810 (FDH – 7317: Ich fühle Unruhe über Dein 〈. . .〉) ab als Vorlage für eine Vertonung; Hs. des Briefschlusses: BJ Krakau): Hier zum Schlusse noch etwas das du kennst

Stille wird in meinem Herzen Und im Hirne wird es wach, Liebe, süsse Liebesschmerzen Lasset ihr doch endlich nach, Und die Fluthen, die zerstörten Lassen mich den Tiefbethörten Hier im Grünen einsam stehn Ach wie ist mir doch geschehn Ach wo war ich doch so lange, Kühlend wehet ein Vergessen Und mir wird nun endlich bange, Daß ich gar nichts hab besessen

1207

Kommentar

Die Verse stammen aus Gedicht Nr. IX. (ZfE35, 429,34–430,10), wo ein Vers zu fehlen scheint, denn der Vers 37 hat kein Reimpaar. In der Dolores ist der Vers dann vorhanden. Bettine antwortete sofort aus Landshut (Mitte Februar 1810; FDH 7507: Heute Morgen um 11 Uhr 〈. . .〉): Heute Morgen um 11

Uhr erhielt ich Deinen Brief und schon sind zwei Lieder in Musick gesezt, die nur noch der Corectur und des Reinschreibens bedürfen; ich dencke sie Dir mit nächstem Posttag zu schicken; das vom Kaiser 〈. . .〉. Dann hab ich auch componiert »Stille wird in meinem Herzen, und im Hirne wird es wach« ich hab aber die Idee daß es Dir auch nicht gefallen möge, als nur wenn ich es in einer recht Guten Stunde vorsinge, denn es ist so einfach, daß sich das ganze Metrum in jedem Vers zweimal repetiert und kann nur durch die consequenteste Mischung von forte und piano gehoben werden, wer Dirs also recht singt, der muß Deine Poesie verstehn der muß von ihr durchdrungen seyn. Während Arnim die Noten des Lieds vom Kaiser bekam, ist die Composition von Stille wird in meinem Herzen unbekannt. Wahrscheinlich wurde die Melodie nie aufgeschrieben, denn Bettine improvisierte ihre Vertonungen.

Vielleicht hat der Zyklus Wilhelm Müller für die Abfassung seiner Winterreise angeregt. Der Eingang 〈422,32–35〉 bezieht sich auf ein Gedicht von Goethe, das zuerst in Bd. 8 der Schriften 1789 erschien: Mut (vorher in der Handschrift Eislebens Lied genannt). Vgl. Heinz Rölleke, Goethes Eislaufverse und das Wunderhorn-Lied Gute Lehre. Von geraden Herzen, Disteln und Dörnern. In: Lied und populäre Kultur/ Song and Popular Culture. Jahrbuch des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg 46, 2001, S. 225– 227. Goethes Sicherheit ist bei Arnim in Verzweiflung gewandelt: Während Goethe über das ihm ungefährliche Eis gleitet, ist Arnim in der rumpelnden Kutsche gefährdet. Bei beiden ist es ein metaphorisches Sprechen über ihre Liebesgefühle. Goethe dichtete:

Sorglos über die Fläche weg, Wo vom kühnsten Wager die Bahn Dir nicht vorgegraben du siehst, Mache dir selber Bahn! Stille, Liebchen, mein Herz! Kracht’s gleich, bricht’s doch nicht! Bricht’s gleich, bricht’s nicht mit dir!

1208

Zu ZfE 34

Arnims Zyklus steht auch in gedanklicher Beziehung zu Goethes Werther, mit dem sich Arnim beim Abschreiben der Zitate aus Briefen Goethes an Sophie von Laroche beschäftigt hatte (vgl. ZfE4 sowie Moering 2008, S. 185–187).

Varianten Vgl. auch ZfE9: FDH G 517, Dbl. 4o, Wz: Baselstab im Wappen. S. 1; vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. F 131:

Wer nicht beten kann der kann nicht singen Und im Einerley der Tage, Fahren täglich Wag vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. F 52:

Einerley der gleichen Tage Deutscher Boden Wagenspur, Ist im Sand das einzge nur, Daß der Boden Neues trage, Die Verzweifelnden nur feilen An der höchsten Langeweile S. 2; vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. F 64:

Gott geb uns Sieg Sonst werd ich Eremit, Lasse mir die Kutt anmessen Will auch nichts als Vögeln essen vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. F 86:

Mag ich es als Strahlen denken Wie die blauen Veilchen düften, In den Lüften, Himmlische Bedeutung schenken, Morgen Duft wenn Töne schallen Zum Gefallen. Anders fühl ichs als ich denke. 1209

Kommentar

Glaube daß sie Hoffnung lüften In den Düften Und mein Sehnen gütig locken, Daß es dich zum Abschied küsse, Die ich grüsse In dem Duft dich glaub zu küssen, Dächt ich in dem Traum so fühlte, Und S. 3; vgl. Ricklefs Lyr.-Reg. 231:

Das waren jene schöne Tage Wo noch die Hoffnung in mir wuchs, Ich hatte Last, ich hatte Plage, ach wieviel schöner Lust, versuchs, Ich muß mich schonen sie ja schonen, Die unter meinem Herzen wuchs, Sie hat vergessen mir zu lohnen Sie kehrte zu dem Himmel flugs. Soll ich weiter Alles Sehnen alles Hoffen Treibt zu ihr die mir so ferne Druckfehler 423,35

Reisenden,] Reisenden. ZfE Erläuterungen

423,2 Schweisfuchs] dunkelrotes Pferd 423,7 Schwager] Postillon; Arnim setzt die Signale des Posthorns, die eine Art Sprache waren, in Verse um und markiert sie durch Wiederholung (Wir sind gleich da!; und Und wir sind da! 423,8f./22f.). 424,1 Blasen im Teich] Ricklefs verweist in Werke V, S. 1367f. auf Arnims Brief an Bettine vom 25. Mai 1809 aus Berlin (FDH 7300: Nur dem Dunkel tiefer Nacht 〈. . .〉): 〈. . .〉 wie hundertmal denk ich, nun bin ich ergeben

in eine gewisse Lebensart, gebunden an einen gewissen Ort, aber ein Tröpflein Honig, daß mir wieder herniederth〈a〉ut bringt das ganze Gefäß meiner Wünsche wieder in Gährung, die Blasen steigen farbig 1210

Zu ZfE 34

auf; im Grunde wie wenig verlang ich und doch find ich es nicht! Die Stelle dürfte sich auf die immer noch nicht überwundene Liebe beziehen. Ricklefs bezeichnet überdies die Blasen »als Kunst- und Phantasiesymbol« (S. 1368). 424,20 zur Küste des Meeres] Das Meer bei Danzig war für Arnim schon auf der Hinreise ein Erlebnis. ZfE35 426,6 Orient] Königsberg als im Osten liegend; zugleich der Orient als die Himmelsrichtung der aufgehenden Sonne. 426,20–21 Die Strahlenden, Die Mahlenden] Bezug auf das Kunsttreiben der Königsberger Familien. 427,23–24 Der hat das End der Welt erreicht, Der von der Liebsten weicht!] Vgl. Arnims oben zitierten Brief an Charlotte Schwinck. 428,10 Die Jugend verging] Ricklefs verweist auf Arnims Gedicht Abschied für immer, welches schließt (Werke V, S. 471; Ricklefs Lyr.-Reg. 916):

Sei’s die Jugend, die ich heut entlassen,/ Was auch komme, nichts will ich vermeiden,/ Was vorbei, das läßt sich nicht mehr fassen. 429,20–24 Und ich sink 〈. . .〉 hin.] Anspielung auf den griechischen Mythos von Diana, die Göttin der Jagd und des Mondes, und Aktäon, der sie beim Baden belauschte: Er wurde in einen Hirsch verwandelt, und seine eigenen Hunde zerrissen ihn. 429,33 Schwarze Locken ohne Tücke] Vermtl. eine Anspielung auf Bettine im Gegensatz zur koketten Auguste Schwinck. 430,14–16 Neun Monat 〈. . .〉 nackt und blos] Vgl. Arnims Brief an Charlotte Schwinck. Aber auch Hiob 1,21. Vgl. Moering 2009, S. 216–220.

1211

Kommentar

ZfE 35 30. July:

Einige Worte der Warnung, des Trostes und der Hofnung 〈. . .〉 Eingesandt von unbekannter Hand. Von keinem Einsiedler] Vermutlich 425,3–30

Zitat eines gedruckten Textes, der nicht ermittelt werden konnte. Der konservativ oppositionellen Richtung nach könnte er aus dem Landshuter Kreis kommen.

Druckfehler 425,12 425,30

denkenden] denkendeg ZfE Einsiedler] Eusiedier ZfE Der an der Liebe Verzweifelte 〈. . .〉 vergessen!] Vgl.

426,4–431,6 ZfE34. 431,14–433,39

Die an ihrem Glücke verzweifelte Mutter 〈. . .〉 Haus.] Entstehung

Arnims Gedicht ist eine Groteske aus dem Gaunermilieu, wie er sie auch in anderen Gedichten abhandelte. Die Mutter – mit den Requisiten von Besen und Katze – erweist sich als Hexe, die der Teufel holt. Ob das Glück der Söhne echt und redlich erworben ist, bleibt zweifelhaft. Ricklefs Lyr.-Reg. 1672.

Überlieferung und Varianten Es gibt zwei handschriftliche Vorstufen: H1: Engl. Taschenbuch Nr. 9, GSA 03/185, Bl. 19r:

Die Rittersfrau. Es klopft! Herein? So seyd gegrüsset, Ihr Ritter Wisch ab die Füsse 1212

Zu ZfE 35

am Fuß der Seite:

Sie ward des Teufels vor Vergnügen Sie sahn sie durch den Rauchfang fliegen. H2: Pergamentband I, Nr. 122, Bl. 102r. Nach 1806. Der Anfang stand auf Blättern, die herausgeschnitten sind. Der Text ist Vorstufe zu 279,25–28, vielleicht für den D in der ZfE: Und alt in einem leeren Leben,/ Und

jung in frischer Freude schweben/ Sie hielt nicht aus den Mißverstand/ Und es zerreist des Lebens Band. D2: Die Änderungen im Titel – Der Verdienstadel – und in den Sprecherbezeichnungen in SW 22, S. 172 stammen vermutlich nicht von Arnim.

Druckfehler 431,28 vorlieb] verlieb ZfE Vgl. Ricklefs, in: Werke V, S. 1369.

Erläuterung 433,6 An 〈. . .〉 Licht] Anspielung auf das Sprichwort: »Man muß eine Kerze nicht an beiden Enden anzünden«, d. h. man darf nicht verschwenderisch sein (Wander 2, Sp. 1254, Nr. 11). 433,18 Herr] Vermutlich Druckfehler für Heer.

Der an seiner Heiligkeit verzweifelte Einsiedler 〈. . .〉 nichts werth.] Ricklefs Lyr.-Reg. 418. 434,1–435,28

Von Arnim nur hier überliefert. Der Druck in SW 22 beruht hierauf. Der Lutheraner Arnim dichtet eine »Eremitenfarce« (Ricklefs, in: Werke V, S. 1369). Er tritt für das tätige Leben gegenüber dem rein kontemplativen ein. 435,32

wenn ich von euch bin] Ahasverus zieht weiter.

1213

Kommentar

ZfE 36

27. August: 436,3–437,17

Tells Kapelle 〈. . .〉 A. W. Schlegel] Entstehung

Arnim hatte am 4. April 1808 an August Wilhelm Schlegel (Ich übersende Ihnen, hochverdienter Mann 〈. . .〉; Körner 1936–1958, Bd. I, S. 530) geschrieben: Ich übersende Ihnen, hochverdienter Mann, den Anfang ei-

ner Zeitschrift, die es sehr ehrlich meint und darum sucht sie ihre Zeit scheinbar zu vergessen während ihr alles Gute, was näher liegt zu Herzen geht ja wie GötterKinder gepflegt wird. Ich lobe, weil ich Herausgeber bin, aber glauben Sie mir, ich habe zuviel Entsetzliches ansehen müssen in dieser Zeit, als daß mir das Eigene noch so besonders lieb wäre. Meinen Plan habe ich im Anhange zum Aufsatze von Jean Paul 〈ZfE3, 30,20–31,28〉 mit wenigen Worten entwickelt, mir ist alles herrlich Lebendige lieb selbst Critick wenn sie blos scherzen oder anerkennen will und auslegen: Finden Sie Sich gesinnt darin mit zu wirken, so habe ich Gelegenheit von neuem anzuerkennen, wieviel ich Ihnen schuldig. Die Geldschuld berichtigt mein Verleger Herr Zimmer in Heidelberg nach den gewöhnlichen Bedingungen. – Noch mit einer Bitte wage ich Sie zu belästigen, der Frau von Stael das beygefügte zweyte Exemplar zu übergeben, ich weiß nicht ob Ihre gütige Gesinnung gegen mich noch dauert, meine Hochachtung gegen sie bleibt unveränderlich. – Entschuldigen Sie meine Zudringlichkeit mit meiner Ergebenheit. Arnim sah August Wilhelm Schlegel am 28. Juni 1808 bei dessen Durchreise durch Heidelberg in Begleitung von Mme de Stae¨l. Damals gab er ihm die bis dahin erschienenen Hefte der ZfE. Schlegel schrieb ihm aus Coppet am 12. August 1808: Um Ihnen doch einigermaßen mein Ver-

sprechen zu halten (mancherley Geschäfte haben mich abgehalten es früher zu thun) sende ich Ihnen hier ein kleines Gedicht zu beliebigem Gebrauch. Arnim dankte ihm am 26. September 1808 (Der Wunsch 1214

Zu ZfE 36

Ihnen, Verehrtester, einiges 〈. . .〉; Körner 1936–1958, Bd. I, S. 619–621; Sie erhalten den Schluß der Einsiedlerzeitung, über die Ursach des Aufhörens habe ich mich in der Vorrede erklärt, es freute mich Ihr ermunterndes Gedicht auf Tell 〈. . .〉 noch einrücken zu können. – Arnim hatte sich mit der Tell-Sage schon seit 1802 beschäftigt, als er in Arth in der Schweiz das Lied Tell und sein Kind vom Giebel eines Hauses abschrieb (aufgenommen in Wh I, 1805, vgl. FBA 6, S. 15f.; FBA 9/1, S. 82–85; Erstdruck in: Aloys und Rose, 1803, vgl. Arnim, Werke 3, S. 37; vgl. Werke III, S. 37; vgl. auch im Wh II: Wilhelm Tell, FBA 7, S. 126–133; FBA 9/2, S. 230–232) und als er im Juli 1802 das Lied Werf ich ab den Kittel dichtete, das ein Jahr später ebenfalls in die Erzählung Aloys und Rose eingefügt wurde, worauf das Tell-Gedicht Vier Waldstättersee auf dem Schiffe folgt (Aloys und Rose 1803, vgl. Arnim, Werke III, S. 33f. u. 34–36). Von Schillers Schauspiel Wilhelm Tell (1804) war Arnim enttäuscht. So schrieb er an Brentano (Berlin, 3. Oktober 1804: Erbschaftsangelegenheiten haben mich früher hieher 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 389): Schiller’s Tell ist unendlig unwürdig Tells und Schillers, ich fühle es, daß in mir ein besserer Tell sich nach Himmelsluft sehnt 〈. . .〉. – Arnim erwähnt das Gedicht noch einmal 1811 in seiner Rezension von August Wilhelm Schlegel’s Poetischen Werken (vgl. Werke VI, S. 393). Datierung nach Härtl):

Varianten In seiner Edition in den Poetischen Werken (Heidelberg: Zimmer 1811, S. 269f.) veränderte Schlegel nur die Interpunktion. Vgl. Körner 1936–1958, Bd. II, S. 530 u. 619; Bd. III, S. 311; A.W. Schlegel, Sämmtliche Werke, Bd. I 1846, S. 280f.; Steig 1912, S. 235.

Druckfehler 436,4 Küßnacht] Kußnacht ZfE 436,12 Schlüft’] Schluft’ ZfE 437,19–27

Alte Aufschrift in Basel 〈. . .〉 Blumenbach]

1215

Kommentar

Entstehung Arnim bat Blumenbach am 20. April 1808 um Beiträge für die ZfE (Vielleicht wundern Sie Sich, geehrter 〈. . .〉; UB Leipzig): Vielleicht wundern

Sie Sich, geehrter Herr Hofrath, wie ich darauf komme Ihnen so leichte Waare wie eine Zeitung zu übersenden, aber ich wage noch mehr, Sie sogar zur Mitarbeit daran aufzufordern. Eine der verschiednen Ansichten, nach denen ich dies Unternehmen betreibe, ist auf die mannigfaltigen sogenannten Curiositäten gerichtet, die besonders in älteren Werken zerstreut sind, es sind dies meist so merkwürdige kühne Abschweifungen eigenthümlicher Fantasie und Geschichte, daß ich oft dankbar mich erinnere, wie Sie in Ihren Vorlesungen die Aufmerksamkeit auf manchen Fund der Art gerichtet haben, besonders in Reisebeschreibungen alter Zeit. Ich kenne den Reichthum Ihrer Sammlungen auch in dieser Hinsicht und würde dankbar mich jedes Beytrags der Art freuen. Darauf (nach dem 23. April, vor 2. Juli 1808) schrieb Arnim an den Verleger Jakob Christian Benjamin Mohr (Herr Buchhändler Zimmer in Heidelberg 〈. . .〉; Stadtbibliothek Trier, Autographensammlung; vgl. Weiss 1980, S. 140): Herr Buchhändler Zimmer in Heidelberg wird ersucht H. Hofrath Blumenbach in Göttingen die Fortsetzung der Einsiedlerzeitung zu senden vom 7 Stück incl. an bis Ende durch Besorgung der Dietrischen Buchhandlung. Blumenbach antwortete erfreut und kündigte mehrere Sendungen an, von denen Arnim nur das Gedicht aufnahm (Göttingen, 2. Juli 1808; vgl. Weiss 1986, S. 172f.):

Herzlichen Dank mein verehrter Freund für die angenehme Ueberraschung die Sie mir mit Ihrem lieben Brief und der gar wackern Beylage gemacht haben. Daß sich dieser Dank verspätet hat daran ist unter manchem andern auch ein tüchtiges Wechselfieber schuld wovon ich erst vor kurzem genesen bin. Wohl sollte sich unter meinen Siebensachen allerhand finden das ganz gut für Ihre Zeitung (nach den Blättern zu urtheilen die ich davon gelesen) paßte. 〈. . .〉 Und um auch jetzt nicht mit leeren Händen vor Ihnen zu erscheinen lege ich ein Blatt mit Miscellenexcerpten aus meinen Collectaneen bey, und empfehle mich Ihnen aufs ergebenste. Auf der Rückreise nach Berlin wurde Arnim im November von Blumenbach wieder freundlich empfangen (Brief an Brentano vom 8. Dezember aus Kassel; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 323r/v: Meinen Unglückssprung aus dem Wagen 〈. . .〉).

1216

Zu ZfE 36

438,1–439,21

Ausfoderung 〈. . .〉 Pellegrin] Entstehung

Friedrich Freiherr de la Motte Fouque´ publizierte zunächst unter einem Pseudonym: Dramatische Spiele von Pellegrin. Herausgegeben von A. W. Schlegel, Berlin: Johann Friedrich Unger 1804. Ein Jahr später veröffentlichte er anonym Romanzen vom Thale Ronceval (Berlin: Realschulbuchhandlung 1805), die den Stoff der Rolandsage in Romanzen behandeln. In dieser Form ist auch die vorliegende Szene geschrieben. Fouque´s Quelle ist die umfassende Sammlung spanischer Romanzen: Romancero General in der erweiterten Ausgabe von 1614, aus der er eine Passage wörtlich übersetzt. Arnim bekam den Text am 24. Juni aus Berlin von Karl August Varnhagen von Ense zugesandt, der auch einen eigenen Dithyrambus mitschickte, den Arnim aber nicht mehr aufnahm (Ich habe durch Reimer Ihre 〈. . .〉): Das andere Gedicht ist eine alte Romanze,

die mein Freund, der Baron Fouque´ mir zu liebe übersezt hat und über die ich daher schalten darf. – Ob beide Ihrem der Zeitung eingepflanzten Sinne entsprechen, kann ich von hier aus nicht entscheiden. Vgl. Weiss 1986, S. 170f. Die Quelle

Romancero General, en qve se contienen todos los Romances que andan impressos. Aora nvevamente an˜adido, y enmendado. An˜o 1614. Con Licencia. En Madrid, por Juan de la Cuesta. 9. T., Bl. 313rv: SI tienes el corac¸on Zayde como la arrogancia, y a` medida de las manos dexas bolar las palabras. Si en la vega escaramuc¸as como entre las damas hablas, y en el cauallo rebuelues el cuerpo, como en las zambras. Si el ayre de los bohordos tienes en jugar la lanc¸a, y como danc¸as la toca, con la cimitarra danc¸as. 1217

Kommentar

Si eres tan diestro en la guerra, como en passear la plac¸a, y como a` fiestas te aplicas, te aplicas a` la batalla. Si como el galan ornato, vsas la luzida malla, y oyes el son de la trompa como el son de la dulc¸ayna. Si como en el regozijo tiras gallardo las can˜as, en el campo al enemigo le atropellas, y maltratas. Si respondes en presencia, como en ausencia te alabas, sal a` ver si te defiendes, como en el Alhambra agrauias. Y sino osas salir solo, como lo esta` el que te aguarda, algunos de tus amigos para que te ayuden saca. Que los buenos Caualleros no en Palacio, ni entre damas, se aprouechan de la lengua, que es donde las manos callan. Pero aqui que hablan manos ven, y vera`s como habla el que delante del Rey, por su respeto callaua. Esto el Moro Tarfe escriue, con tanta colera y rabia, que donde pone la pluma el delgado papel rasga. Y llamando a` vn page suyo, le dixo: Vete al Alhambra, y en secreto al Moro Zayde da de mi parte esta carta. Y dirasle, que le espero, donde las corrientes aguas 1218

Zu ZfE 36

del cristalino Xenil al Generalife ban˜an. Druckfehler 439,9 Tarfe] Tarse 439,20 Generalife]

Generalise Erläuterungen

Die Szene spielt in Granada mit der maurischen Burg- und Gartenanlage Alhambra. Die maurischen Helden Zaide und Tarfe sind beide in die schöne Zaida verliebt. Tarfe fordert Zaide zum Duell. 438,7 Vega] span. Ebene 438,10 Zambra] Volksfest der Mauren 438,13 Toca] spanischer Tanz 439,19 Xenil] Fluß bei Granada, heute: Genil 439,20 Generalife] Sommergartenanlage des Königs (Emir) gegenüber der Alhambra, mit berühmten Wasserspielen 439,26–441,16

Wer nie mit wilder Faust 〈. . .〉 verbleiben.] Entstehung

Die Keimzelle für die Entstehung dieses Gedichts sieht Rölleke überzeugend in Arnims Göttinger Tagen, als er Kriegslieder bearbeitete bzw. dichtete und als Fliegendes Blatt verteilte (Heinz Rölleke, »Kriegslieder«. Achim von Arnims Imitation eines Fliegenden Blattes im Jahre 1806, in: Jahrbuch für Volksliedforschung, 16. Jg., 1971, S. 73–80); Rölleke weist auf Arnims Brief an Bettine Brentano vom 28. September 1806 hin. Arnim berichtet zunächst vom Besuch im nahen Kassel, wo er in die Monumentalstatue des Herkules hineinstieg (FDH 7230): Als ich gestern aus der Keule des Herkules mühsam

um blickte nach der Gegend von Frankfurt, da stürmte es so heftig gegen mich an, daß mir fast Thränen in die Augen kamen 〈. . .〉. Da sah ich vor mir zwey gewaltige Beine, die standen auch da ganz unwillig gedrungen, das war Herkules selbst aber es war selbst für Herkules zu kühn dahinunter zu springen und so sieht er fast hundert Jahre wie verstarrt sehnsüchtig durch die Berge in die Thäler. Lieber Herkules dachte ich zu ihm herauf, als ich unten war und die Wasser stürzten im 1219

Kommentar

Mondschein aus der Waldnacht, wie von den Wipfeln der Bäume aus getrieben, vom Aquadukt hinunter lieber Herkules, ich sehe hier viel Schöneres als du, dem mancher rauhe Wind um die Nase gegangen, um den die Dohlen gar jämmerlich schreien, und doch möchte ich bey Dir hausen um immer hinüber zu sehen, was brauchst du Claudes Tageszeiten, du siehst die ungebornen Tage und den letzten Strahl und wie ein Traum stehst du da über der Nacht, die uns deckt, hell und klar, wie der Traum des schlafenden Ritters in der Löwenburg was er seyn möchte, ein Mann, der ganz Rüstung ist, ganz Metall und über allen steht. Das ist der Traum der Zeit und wenn mich etwas trösten kann, nun da alles wandert und singt, daß ich zu alt bin um von unten auf zu dienen und zu friedlich gewöhnt bin an allerley Wesen und Genuß, der auf keiner Wachparade sich zeigen darf und keinem Feinde blos stellen, dies ist es allein, daß ich mit meiner Gestalt so weit ich reiche den ungeheuren hohlen kalten, metallnen Rüsttraum der Zeit erfülle, anschlage an die Wände, daß sie sich erklingen, es verhallt, es war doch, so nehmen sie das Blättchen, was ich unter meinen Landsleuten vertheilt habe, keiner wuste woher es kam, da hört ich mit Tadel und Lob; die alten Soldaten meinten wohl, wenn es solchen Wisches bedürfte, da wär es schlecht bestellt. Freilich sie bedürfen es nicht, sie sinds, sie meinens, aber ich bedarf es und viele die zu sehen müssen ohne helfen zu können. Arnim sieht für sich nur die Möglichkeit, mit Kunst in den Kampf gegen Napoleon einzugreifen, wie die Statuen des Herkules und des Ritters in der Löwenburg von Künstlern geschaffen wurden. Im Exzerpt, das er für sich selbst anfertigte, wird das noch deutlicher: Er schlug die Rüstung an wie eine Glocke (WAA XXXII, S. 338):

Lieber Herkules 〈. . .〉 du Traum der Zeit ganz Rüstung ganz Metall. Ich bin zu alt um von unten auf zu dienen, was kann ich thun als auf Augenblicke in dich hinein steigen und die ungeheure hohle Rüstung soweit ich reiche rasseln und anschlagen, daß sie sich erklingt es verhallt, es war doch. – Später nahm Arnim dieses Lied stark überarbeitet strophenweise in die Päpstin Johanna auf, wo es eine leitmotivische Bedeutung annimmt (III.-V. Periode; WAA X/1, s. u.). Arnims Gedicht trägt bei ihm nie eine Überschrift, erst in den postumen Drucken ›Die Bekehrung‹. Ricklefs Lyr.-Reg. 1677.

1220

Zu ZfE 36

Überlieferung H1: FDH G 501. Wz: Adler mit R auf der Brust und Zepter und Weltkugel. Gegenzeichen: J W H WILLENBERG. Entwurfshs. Am Kopf von Bl. 1r gestrichen: Verehr die Leiden. Wegen des Handschriftenrests begann Arnim das Gedicht nicht auf dieser Seite, sondern auf Bl. 1v. Das läßt sich erkennen an zwei kurzen Zeilen, die in der 1. und 2. Str. später eingefügt sind. Die Strophenform wurde also erst während des Schreibens entwickelt. Außerdem ist die zweite Str. (Nur wilde Leidenschaft) später ersetzt worden (Die blinde Leidenschaft). Hier also die vermutlich richtige Reihenfolge: Bl. 1v, Bl. 1r, Bl. 2v. H2: Die S. 972f.

Päpstin Johanna. Vgl. WAA X/1, S. 179, 208, 275f.; WAA X/2,

Varianten H1: Die Hs. enthält neben Binnenvarianten auch Varianten, die zur Fassung der ZfE führen. Hier ist die frühere Stufe wiedergegeben: Bl. 1v:

Wer nicht mit wilder Faust An die eherne Glocke geschlagen, Worin der Geist gefangen haust, Dem wird nimmermehr Ruhe zusagen. 2 Z. später eingefügt:

Der hört noch nicht, Der sieht kein Licht, Er wähnt sich Gott Und stöhnt sich aus in Klagen. Folgende Str. gestrichen:

Nur wilde Leidenschaft, Kann uns ewige Grenzen da zeigen, Worin des Menschen tiefe Kraft In dem wechselnden Drucke muß steigen, 2 Z. später eingefügt:

Unmöglichkeit Führt dich so weit 1221

Kommentar

Um ihn zu Gott Im Wipfel zu erzwingen. Wem nie ging aus die Luft, Wenn ihn zur Flucht viel tausend gerissen, Mit Leichtsinn zu den Waffen ruft, Der bleibt immerdar ohne Gewissen. Der hört nur sich, Der sieht nur sich Er wähnt sich Gott, Und ist in sich zerrissen. Wem nie das Herz zu schnell In dem zweifelnden Geiste geschlagen, Der sieht am lichten Tag nicht hell, Der wird über sich selber hinjagen Der hört noch nicht, Der sieht noch nicht, Er wähnt sich Gott, Und wird sich überschlagen. Bl. 1r:

Wem nie mit Liebesmacht Beyde glühende Arme gezogen Im blinden Traum sich glücklich dacht In stockfinsteren Nächten betrogen Der hört noch nicht Der fühlt noch nicht Der meint sich Gott, Und hat sich Lieb gelogen. Die blinde Leidenschaft Verehr klagender Mensch im Staube, Sie stürzt dich in die Grenz der Kraft, In Verzweiflung den Vögeln zum Raube, Du hörst dich nicht Du siehst dich nicht Du fühlest Gott. Und betest an im Staube. 1222

Zu ZfE 36

Wer nie der Welten Lauf, Nach der eigenen Fahne sich dachte, Und sieht verwundert auf, Wie viel grösser sich alles rings machte Der hört noch nicht Der sieht noch nicht Der nenn sich Gott, Im Glück sich zu verachten. Bl. 2v unten, nach ungestrichenen 1 1/2 Z.:

Und über alle Macht, Steigt klar Wer lernen kann der lebt, Der wird wieder leben auch bleiben, Und die in allem wieder lebt, Die Sonn wird es nun höher noch treiben. Sie höret dich Sie sieht auf dich Du schauest Gott, Und kannst dich nun beweiben. Auf Bl. 2r steht der Entwurf von Ricklefs Lyr.-Reg. 1300:

Regentropfen höh-

len Steine H2: Für die Hss. zur Päpstin 208, 275f. mit Erl. S. 972f.).

Johanna wird auf WAA X verwiesen (S. 179,

Erläuterung Der Gedicht spricht von der Lebenserfahrung, die zur Überwindung falscher Theorien nötig ist. Bemerkenswert ist neben den Königsberger Liebeserfahrungen Arnims kritische Einstellung zum Krieg, die sich auch im Brief an Charlotte Schwinck ausdrückt (Giebichenstein, 23. Oktober bis 1. November 1807: Wehe! meine ungerechte Freundin, daß 〈. . .〉; FDH 12758; Erstdruck: Jürgen Knaack, in: JbFDH 1972, S. 202–222): »〈. . .〉 wo mich Ihre

Tochter gegen meine Ueberzeugung in den mit Schande und Verderben bezeichneten Soldatenhaufen trieb 〈. . .〉. So nutzlos auch dieses kriegerische Bemühen damals gewesen wäre, so hätte ich doch viel öde gramvolle Nächte mir erspart.« (S. 209) Arnim bereut, sich mit dem Ge1223

Kommentar

danken an den Krief beschäftigt zu haben. Da er später in Berlin im Landsturm Dienst tat, kann man vermuten, daß er nur einen Kriegsdienst zur Verteidigung akzeptabel fand. Aus der Königsberger Zeit stammen eine ganze Reihe von Gedichten, die den Krieg als unmenschlich hinstellen. Ricklefs meint dazu, im Zusammenhang mit religiösen Gedichten des Wh: »Die Notwendigkeit von Umkehr und Buße, der Abkehr vom ,Leichtsinn’ der Subjektivität zu Kategorien wie Notwendigkeit, Faktizität und Existentialität hatte Arnim auf privater und politischer Ebene, nicht zuletzt durch Krieg und Schlacht im Umkreis von Königsberg erfahren. Vielleicht keine Erfahrung hat ihn gewaltsamer und tiefer geprägt. Das in die Einsiedlerzeitung aufgenommene Gedicht Wer nie mit wilder Faust spricht davon. Auch dort steht Gott für das Transsubjektive, die ,Realitätsinstanz’.« (Ulfert Ricklefs, Kunstthematische und politische Rahmenbildung in Des Knaben Wunderhorn, in: Strack 2008, Zitat S. 145) Vgl. Sternberg 58 u. 252; Ricklefs, in: Werke V, S. 1369f.; WAA X (s. o.). 441,17–20 Ihr 〈. . .〉 Vorlesung.] Der Herzbruder Brentano führt durch seine Bemerkung zum Thema des folgenden Gedichts über.

Druckfehler und Erläuterung 441,17 Controversprediger] Contraversprediger. Prediger verschiedener Glaubensrichtungen während der Reformationszeit. 441,21–447,14 Ausgleichung. Der Pfalzgraf von dem Rheine 〈. . .〉 Wohlgefallen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 307.

Entstehung Es handelt sich eigentlich um zwei Gedichte Arnims, die er miteinander verbunden hat: Zuerst das historische um den Pfalzgrafen vom Rhein, auf dessen Schloß eine Disputation zwischen Calvinisten und Lutheranern stattfand, sodann das Huldigungsgedicht der Mädchen, beginnend: Die Neigung nur kann freye Mädchen binden (446,13). Das erste Gedicht hat 14 Str. zu 12 Z., das zweite sechs Str. zu sechs Z. Brentano kritisierte diese Verbindung der beiden Gedichte in seinem sonstigen Lob dieser Nummer und fügt eine prinzipielle Kritik an Arnims poetischer Arbeitsweise an (Landshut, nach dem 14. November 1808: Das Papier liegt immer neben 〈. . .〉; FBA 32, S. 113f.; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 265r–267v): Sehr rührend sind mir

1224

Zu ZfE 36

viele Stellen des lezten Gemisches, welche an allerlei Reden zwischen uns anstreichen, aber ich muß doch wieder klagen, wie du durch dein Verknüpfen manches ganz herrliche verknüppelst so hast du an den Pfalzgraf Stücke aus andern Gedichten geknüpft, die ihn ganz verderben, Arnim lieber Arnim, wenn du nur ein wenig streng arbeiten wolltest und nicht so aneinander binden, deine ganze Nation würde dich ihren Dichter nennen, und du könntest auf Sie wirken und ihr alles zumuthen, es ist fast unbegreiflich wie du einzelne Gedichte z. B. den Lehrbrief, der so göttlich klar und tief und wieder andere, die wie zerrissene Blumenguirlanden aussehen, ohne es zu sollen, zugleich lieben kannst, freilich alle sind gedichtet und keins gemacht, aber nicht alle sind gesprochen. Ich werde nie in meiner festen Ueberzeugung irre werden, daß vielleicht kein Deutscher so von Poesie durchdrungen ist als du, aber du läst sie zusehr als Wild Fleisch wachsen, und wärst im Stand einen Scheiterhaufen von Grünen Zweigen und Anticken und lebendigen Menschen durch einander zu bauen, alles mit Ketten und Strumpfbändern zussammen zu binden und oben drauf dich nach einer satirisch episch lirischen Anrede ans Publickum im feierlichsten Ernste Als Herkules zu verbrennen, und dennoch mein liebster einziger verbrennst du das liebste mir, das schönste allen allein, du verbrennst dein ganz Leben und kömmst davon, und immer herrlich davon. Arnim antwortete darauf am 15. Januar 1809 aus Berlin (Du scheinst zufriedner, um so 〈. . .〉; GM Düsseldorf; Schultz 1998, S. 567f.) in Bezug auf seine Arbeitsweise: Jeder hat sein Bestreben, ich möchte nun gerade diese Berührung mit strenger Wahrheit erst zeigen und mag darüber wohl manches Gedicht verderben z. B. den Pfalzgraf wünschte ich dem Badischen Hofe angemessener zu machen und da war das Reizendste, daß bey aller der Staatsverwirrung die Hechberg den Alten immer zu trösten weiß und findest du das angeflickt, mir war es mehr Ganzes als alles übrige, auch haben doch mehrere diese Berührung ohne weitere Erklärung gleich verstanden, der einzige Vorwurf würde also darin liegen, daß ich die Romanze nicht in zweye abgetheilt und ist das wirklich ein Vorwurf? Uebrigens gebe ich Dir ganz Recht, wenn Du mich des unordentlichen Arbeiten anklagst, ich kenne diesen Fehler recht gut, ich bin aber zu viel herum getrieben ohne durch irgend eines je vollkommen gefesselt zu seyn, als daß es so leicht zu überwinden wäre, es ist wohl leicht sich dahin zu bringen bey einem Tische vor Papieren zu sitzen, aber die Gedanken sind frey und gehen bald tausend Wege, die auf dem Papiere nicht verzeichnet sind und der 1225

Kommentar

Mensch, der da in seinem Eifer die Wiesen gemähet hat statt die Blumen auszupflücken drückt Dornen und Stechpalmen mit an sein Herz und die Blumen des liebsten Angedenkens von dem Boden getrennt aus dem sie ihr Glück sogen sind bald nur Heu, das der Pegasus wohl fressen mag, das ihm aber bald den Magen auftreibt und satt macht. Auf eines Menschen Haupt hat nur eine kleine Krone Seligkeit Platz und schwer muß sie nicht seyn 〈. . .〉. Überlieferung Zum ersten Gedicht hat sich ein Entwurf erhalten. H1: FDH G 132. 1 Dbl. Konzeptpapier, ca. 36 x 20,5 cm. Wz: Gegenzeichen: verschlungen R W, darüber eine Schale (?).

WADANG,

Varianten H1: Die Varianten führen zum Druck in der Stufe wiedergegeben. Bl. 1r:

ZfE; daher ist hier die frühere

Der Pfalzgraf von dem Rheine Sitzt in dem Sonnenscheine, Der Berg und Thal umfloß Am Heidelberger Schloß, Auf einer hohen Platte, Von Gallerien umringt, Sieht da der lebenssatte, So weit sein Auge dringt, Sieht fern im Purpurthau, Den Rhein erblinken blau, Den Neckar sieht gewunden, Rechts links von Lust gebunden. Die zweite Strophe wurde später mit anderer Tinte links unten auf den breiten Rand geschrieben:

Vor ihrer Thüre sitzen Bey Wein und guten Witzen Und bei der lieben Frau Die Arbeitsleut zur schau, Doch wenn sie wollen singen 1226

Zu ZfE 36

Da kommt ein groß Geschrei, Daß alle Fenster springen Dort von der Sakristey, Die Theologenschaar, Da sitzet schon ein Jahr, Und pressen aus den Trauben Den einzig selgen Glauben Da lässt er die Doktoren, All kommen die wie Thoren, Sich streiten, wer ihr Gott, Sich hassen auf den Tod. Heut müst ihr euch vereinen, Wie still die Welt heut ruht, Wie schön der Berge scheine, Ihr Schatten wachen thut, Der Strom wird stets erst voll, Und wo er tragen soll, Muß er durch Ebne fliessen Da werden Schiffer grüssen. Bl. 1v:

Die Calvinisten Rufen, Das sind des Himmels Stufen, Die Berge allzumahl, Zum leeren Himmelssal. Das Heydnische Gepränge Des alten Lutherthum Ist schandlich in der Länge Vernunft sey unser Ruhm Bestimmung ist der Gott, Kein Blut hat er zum Spott, Wollt ihrs im Abendmahle, Ihr klebet an der Schale. Die Lutheraner schreien, Ihr wollt uns hier entweihen, Die fromme Gotteswelt, Mit eures Herzens Kält, 1227

Kommentar

Wozu hatt Gott geschaffen, Die schöne Waldespracht, Wenn ihr wollt nimmer gaffen Aufwärts wo Himmel lacht, Ja wir verstehen euch, Doch sind wir uns nicht gleich, Denn wir verstehn die Welten, Ihr könnet sie nur schelten Bl. 2r:

»Das Wort ist Fleisch geworden? Wer will das Fleisch ermorden, Der Geist ist in dem Blut, Es treibt in Gottes Fluth. Da schrei’n Calvinisten Ihr seyd ein Pantheist, Wir sind alleine Christen Wir kennen eure List. Der Lutheraner tobt, Und Gott im Himmel lobt, Daß er nicht Herz im Geiste, Daß ihm im streng das meiste. Der Pfalzgraf hat den Leuen, Als der hört heftig schreien, Den Herren meint in Noth Bricht seine Kette los, Er springt zu seinem Herren, Sich auf die Schulter legt, Den Rachen mag aufsperren, Die Tatze drohend trägt, Die Herren werden still, Der sie vereinen will, Das ist des Papstes Schrecken Der möcht sie niederstrecken Bl. 2v: Die letzten beiden Strophen sind stark überarbeitet:

Der Pfalzgraf sagt mit Lachen, So sind nun eure Sachen. 1228

Zu ZfE 36

Sie hält nicht Stich im Tod. Doch streitet ihr euch todt. Wollt ihr das Wort bewähren, So streitet immerzu, Wollt ihr ganz ruhig lehren, Der Löw läst euch in Ruh, Ich bind ihn wieder an, Er kennet seinen Mann, Der weltlich Arm muß streiten, Der Geist muß überzeugen. Die Doktors um zu rächen, Was sie gestört im sprechen, Die breiten thörig aus, Das edle Pfälzerhaus, Sey von dem Leu entsprungen, Der einst in Sommernacht, Die Zauberin besprungen, Die noch am Wolfsbrunn wacht, Ein Heyde sey der Fürst, Nach Christenblut er dürst, Für ihren Glauben sterben, Mag keiner, doch ihn erben Diese Fassung enthält eine eher groteske Darstellung des historischen Stoffs mit Sagenanteilen. Es fehlen noch die dichterische Erwähnung der Geliebten Klara (später 2. Str.) und ihrer Jungfrauen, die dann den Jubelchor singen, ferner die Vision des Pfalzgrafen vom ausgebrannten Schloß, d. h. der Blick in Arnims Gegenwart (später 10.–12. Str.). Beide Themen verleihen dem Gedicht romantisch-lyrische Töne.

Druckfehler 443,6 Luthertum] Lutertum ZfE 446,12 danach fehlende Leerzeile

1229

Kommentar

Überlieferung und Varianten

Die Neigung nur kann freye Mädchen binden: Unbemerkt blieb bisher, daß Arnim dieses Gedicht 1813 überarbeitet in sein Drama Der Auerhahn aufnahm: Die Liebe nur kann freie Mädchen binden (vgl. für diese Fassung: Ricklefs Lyr.-Reg. 371). Vgl. WAA 13, S. 104f. und 609. Auch dort wird das Lied von drei Mädchen huldigend einem Fürsten gesungen. Die letzte Strophe wurde im Schauspiel fortgelassen.

Erläuterungen Heidelberg spielte eine wichtige Rolle im Reformationszeitalter. Kurfürst Friedrich III. von der Pfalz, »der Fromme«, fand bei seinem Regierungsantritt 1557 in Heidelberg eine zerstrittene Geistlichkeit vor, da sich einige Lutheraner dem Calvinismus zuneigten. »Der Streit begann mit der Disputation, durch die Wilhelm Klebitz, Diaconus an Heiliggeist, von dem Theologieprofessor Petrus Boquinus, einem Franzosen, zum Baccalaureus der Theologie promoviert wurde. Heshusen erhob Einspruch wegen mangelnder Rechtgläubigkeit. Obwohl der Kurfürst Schweigen gebot, legte Heshusen am 1. September 1559 sein Bekenntnis vor: Beim Abendmahl sind Leib und Blut Christi ,in’ Brot und Wein und werden auch von Ungläubigen empfangen; das Brot ist der wahre Leib Christi. Das war mehr, als Luther 1536 in der Wittenberger Konkordie von den oberdeutschen Theologen verlangt hatte, und konnte von dem Zwinglianer Klebitz keinesfalls unterzeichnet werden. Heshusen exkommunizierte ihn am 3. September 1559. Es kam zu Polemik und zu Tätlichkeiten. Der Kurfürst entließ beide. 〈. . .〉 Die nächste Stufe auf diesem Weg war die Disputation, die im Juni 1560 anläßlich der Hochzeit seiner 〈Friedrichs III.〉 Tochter Dorothea Susanna mit Herzog Johann Wilhelm von SachsenWeimar in Heidelberg abhalten wurde. Fünf Tage lang stritten die thüringischen Lutheraner Johann Stössel und Maximilian Mörlin mit dem Heidelberger Theologen Pierre Bouquin, der aber so schlecht Deutsch konnte, daß der Schweizer Thomas Erastus, seit 1558 Medizinprofessor in Heidelberg, zum Wortführer wurde. 〈. . .〉 Die Heidelberger vertraten gegen die Weimarer die zwinglianische Abendmahlslehre der Klebitz-Thesen. Der Kurfürst war tief beeindruckt.« (Heinz Scheible, Vom Stieropfer zur Ökumene. Religion und Kirche in Heidelberg, in: Mittler 1996, S. 180) Nach 1561 veranlaßte Friedrich III. die reformierte Bekenntnisschrift des sogen. Heidelberger Katechismus, den die Theologen Zacharias Ursinus (Beer), ein Schüler Melanchthons, und der Calvinist Caspar Olevianus 1563 in deutscher Sprache ausarbeiteten, die

1230

Zu ZfE 36

alle Superintendenten des Landes unterzeichnen mußten. Olevian und Ursin schufen auch eine neue Kirchenordnung und ließen alle Kunstwerke und Orgeln in den Kirchen zerstören. »Unbestreitbare Häresie war die Ablehnung der von den altkirchlichen Konzilien formulierten Dogmen über den dreieinigen Gott und den Gottmenschen. Diese Häresie wurde seit jeher vom Reichsrecht mit dem Tode bedroht. 〈. . .〉 Der Islam fühlt sich gerade hierin dem Christentum überlegen. Das Fürstentum Siebenbürgen, ein Vasallenstaat des Osmanischen Reiches, tolerierte als erster christlicher Staat der Neuzeit das Bekenntnis der ,Unitarier’. Dies geschah im Jahre 1568. Im Sommer 1570 wanderten der Pfarrer der Heidelberger Peterskirche, Adam Neuser, und der Superintendent von Ladenburg, Johannes Sylvanus 〈. . .〉 nach Speyer, wo der Reichstag versammelt war. Beim siebenbürgischen Gesandten erkundigten sie sich nach der Möglichkeit einer Auswanderung dorthin. Sie wurden beobachtet. Eine Hausdurchsuchung brachte bei Sylvan ein antitrinitarisches Manuskript ans Licht, bei Neuser einen Brief an den Sultan. 〈. . .〉 Neuser konnte schließlich fliehen und endete in der türkischen Hauptstadt. 〈. . .〉 Sylvanus aber wurde trotz seines Widerrufs am 23. Dezember 1572 auf dem Marktplatz in Heidelberg enthauptet 〈. . .〉.« (Scheible, ebd., S. 184). Zu Neuser vgl. auch Martin Mulsow, Ein Fall religiöser Doppelspionage und Koranverehrung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.4.2011, Nr. 97, S. N4. Der (in 445,32) genannte Rab wird von Arnim eingeführt; es ist der Lutheraner Antonius Corvinus. Vgl. Ricklefs in: Werke V, S. 1370. 443,25 Das Wort ist Fleisch geworden ] Joh. 1,14 444,1 Leue] Anspielung auf 1. Petrus 5,8 447,15–449,4 Der Alte 〈. . .〉 erzählt.] Während der Erzähler als Arnim und der Herzbruder als Brentano zu identifizieren sind, erhält der Alte, der sich früher als Ahasverus vorstellte, hier noch weitere Züge. Wohl ohne Vorlage im Heidelberger Leben, ist er eine allegorische Figur. Von ihm wird eine humorvolle Beziehung zu der beigefügten Radierung von W. Franken mit drei Heiligenfiguren geknüpft; die mittlere, angeblich Severinus Boezius (448,9), soll dem Alten ähneln. Vgl. die Erläuterung unten. 448,16–17 So treiben wir 〈. . .〉 hinaus.] Es handelt sich um ein Brauchtumslied, das Luther für eine antipäpstliche Polemik überarbeitet hatte. Insofern paßt es gut in diesen Kontext. Arnim und Brentano nahmen schon 1805 die Verse in den ersten Band des Wh auf (FBA 6, S. 152; vgl. FBA 9/1, S. 305–308). Arnim zitiert sie später verändernd in den Kronenwächtern: Nun treiben wir den Winter aus, den Tod aus unsrer Stadt hinaus (1.

1231

Kommentar

Bd., 3. Buch, überschrieben mit dem Wh-Titel: Das Todaustreiben; vgl. Werke II, S. 292 u. 294). Brentano erwähnt den Brauch in der Gründung Prags in seiner Anmerkung 102 (vgl. FBA 14, S. 516). 448,33–34 ein besoffener Kerl 〈. . .〉 Einöde] Der Herzbruder Brentano spielt damit auf einen seiner Lieblingsreime an, den er zum Schluß des Bärnhäuters in der ZfE eingefügt hatte (ZfE25, 311,18–21).

Druckfehler 447,28 448,14 448,17 448,37

450

Gott] Gotr ZfE halten] halten, ZfE Alte] Alre ZfE zogen] ogen ZfE Radierung Quelle und Erläuterungen

Vermutlich lag für die Figuren der geätzten Radierung ein Blatt aus Arnims Besitz zugrunde. Die Signatur ist W. Franken. Vgl. zu ihm ZfE1. Arnim besaß die Beilage vielleicht schon, ehe Ludwig Emil Grimm eintraf, den er dann bevorzugte. Die Hauptunterschrift Pitture di Taddeo Gaddi Florentiae (ital.: Bilder des Taddeo Gaddi aus Florenz) gibt die ältere Zuschreibung des zugrundeliegenden umfangreichen Freskos wieder. Inzwischen ist Andrea Bonaiuti (oder di Bonaiuto, genannt Andrea da Firenze; nachweisbar 1343– 1377) als Maler ermittelt. Die drei Figuren sind ein Ausschnitt aus einem Fresko der Spanischen Kapelle (Cappellone degli Spagnoli) von Santa Maria Novella in Florenz, das 1365–68 entstand. Es stellt in einem dem Maler von den Dominikanern vorgegebenen Programm den Triumph des Thomas von Aquin dar, der im Bogen über verschiedenen Figurenreihen thront, die sowohl längs als auch senkrecht zu lesen sind. Roberto Salvini meint dazu: »Der große Zyklus des Andrea Bonajuti, gen. Andrea da Firenze, im Kapitelsaal des Konvents – seit dem 16. Jahrhundert als Kapelle für die Spanier benutzt – ist wohl die umfangreichste allegorische und historische Darstellung der Regel des Dominikanerordens, die je gemalt wurde. Über die teils schwer zu lesende und zu interpretierende Ikonographie hinaus, ist die künstlerische Verwirklichung bewundernswert, die vornehme und durchgestaltete Vergegenwärtigung einer jeden Person, der klare dekorative Sinn, der die Wände und

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Zu ZfE 36

das Gewölbe so abwechslungsreich macht, der Reichtum an Licht und zarten Farbharmonien.« (Roberto Salvini, Die Spanische Kapelle. In: Santa Maria Novella. Kirche, Kloster und Kreuzgänge. Hg. v. Umberto Baldini u. a., Aufnahmen von Massimo Listri. Aus dem Italienischen von Barbara von Münchhausen, Stuttgart 1982, S. 89–126, Zitat S. 100). Salvini erläutert in einer Tabelle die Figurenreihen des Freskos (»Allegorie der theologischen Wissenschaften und der freien Künste«, S. 102/103); nach ihm sind die drei Figuren, die von links gesehen innerhalb der Wissenschaften (scienze) die dritte bis fünfte Position der untersten Reihe einnehmen (S. 102): »3 Moraltheologie 〈. . .〉 Pietro Lombardo, Meister der Sentenzen 〈. . .〉 4 Dogmatik 〈. . .〉 Heiliger Dionysius Areopagita mit dem Buch De divinis nominibus 〈. . .〉 5 Scholastik 〈. . .〉 Heiliger Severinus Boethius, Philosoph und Theologe«. Die mittlere und rechte Figur sind in Frankens Beschreibung umgekehrt gedeutet. Die Deutung der Figuren ist jedenfalls umstritten, was daran liegen dürfte, daß die Namensbezeichnungen auf dem Band darunter abgerieben sind. Die derzeitige Erläuterung vor Ort – ebenso der Artikel Cappellone degli Spagnoli (Wikipedia, Februar 2010) gibt folgende Deutung an:

»3. La Filosofia – Aristotele 4. La Sacra Scrittura – San Girolamo 5. La Teologia – San Giovanni Damasceno«. Daß in der mittleren Figur der hl. Hieronymus dargestellt ist, dafür spricht das im Original rote Kardinalsgewand.

Erläuterungen zu den Unterschriften der

ZfE:

Pietro Lombardo] Pietro Lombardo, geb. in Lumello/ Novara um 1100, Studium der Theologie in Reims und Paris, Bischof von Paris, wo er um 1160 starb, Verfasser verschiedener theologischer Schriften, vor allem der Sententiae (4 Bücher), die u. a. von Thomas von Aquin kommentiert wurden. Severino Boezio] Anicius Manlius Severinus Boethius, Christlicher Philosoph (geb. in Rom um 480, gest. in Pavia um 525), römischer Philosoph und Staatsmann. Er übersetzte und kommentierte Aristoteles und schrieb Bücher über Logik, Musik und Mathematik. Als Konsul wegen Verbindung zu Ostrom angeklagt, wurde er 524 verhaftet. Im Kerker schrieb er De consolatione Philosophie liber (»Trost der Philosophie«), ein Werk, das ebenfalls von Thomas von Aquin kommentiert wurde. – Für ihn gibt sich im Kontext der 1233

Kommentar

ZfE der 448,9).

Alte aus, der sonst als Ewiger Jude Ahasverus charakterisiert ist (vgl.

St. Dionysio Areopagita] Dionysius Areopagita galt bis ins 19. Jhd. als frühchristlicher Autor, der von Paulus bekehrt worden sein soll. Die griechischen Texte stammen wahrscheinlich aus dem Anfang des 6. Jhd. s. Ihr neuplatonisch-mystischer Gehalt faszinierte u. a. die deutschen Mystiker Meister Eckhart und Heinrich Seuse (Suso).

1234

Zu ZfE 37

ZfE 37 30. August: 451,4–462,23

Scherzendes Gemisch 〈. . .〉 Arnim] Entstehung

Das Scherzende Gemisch der Schlußnummer enthält einige Anspielungen auf die damaligen Heidelberger Zustände. Der Streit zwischen dem alten Einsiedler und einigen Bauern (451,7f.) bezieht sich wahrscheinlich auf Voß, den Enkel eines Leibeigenen, und seine literarischen Parteigänger. Der Reisende (451,11) spielt auf Georg Reinbeck und dessen verleumderische Aufsätze an (vgl. Kapitel Entstehung sowie den Bärnhäuter-Kommentar). Der junge Mensch, den ich bis dahin nicht bemerkt hatte (451,15f.), soll vielleicht der Herausgeber der Comoedia divina, Aloys Schreiber, sein (s. o.). Dafür spricht auch, daß die Figur als Dichter alles macht, was irgend einer gemacht hat (451,26f.), denn die Comoedia divina lebt von den Parodien und hat statt Vorreden längere Zitate. Der Herzbruder (Brentano) kennt ihn. Brentano hatte in der von Schreiber hg. Badischen Wochenschrift Beiträge publiziert. Andererseits läßt Arnim den Dichter ein Gedicht von sich selbst vortragen, und die Kritik, die Brentano daran übt, ähnelt der, die er selbst gerade von ihm erfahren hat (s. ZfE36). Arnim möchte also den Text nicht nur als Parodie verstanden wissen, sondern gestaltet auch fruchtbare Kritik, wie er sie verstand. 452,13–453,14 Blind blinket heller Schnee 〈. . .〉 gekommen.] Arnim legt dem jungen Mann eins seiner eigenen Gedichte in den Mund. Ricklefs Lyr.Reg. 194.

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Kommentar

Überlieferung Es gibt zwei handschriftliche Vorstufen: H1: In dem Prosafragment Dresden’s Tod (GSA, Sign. 03/85; 1 Dbl., 3. S., ca. 23 x 18,6 cm. Wz: I G EBART unter gekröntem Wappen mit Posthorn). H2: Im Pergamentband I, Nr. 114 (Bl. 86r–87r; mit Bleistift auf Bl. 86r gestr.

Varianten H1

Es funkelte der Schnee Mit weissem Sternenscheine Kommt hier mir alles weh Aus Langeweil ich weine. Da scheinet ein Purpurlicht Lau Leben Luft umfliesset Doch liegt der Schnee noch immer dicht Daß keine Blume spriesset. Da hebt sich aus dem dürren Gebüsch Ein zartes Glöckchen weiß ohn Klingen Jezt Sonne nur nicht mehr erlisch Dir will ich es noch bringen Die Sonn verwundert stille steht Und weilt und kann’s nicht lassen, Und sah zum Glöckchen beym Untergehn: Und küsst es mit Strahlen und kann es nicht fassen. Und wie nun der Schnee von den Ackern fliesst Der Felsstrom die kalten Ströme begiesst Da sinket das Glöckchen zur Erde Die Rose schiesset über ihr Grab Zu dir steig ich einst auch fröhlich hinab. Hs. stark korrigiert. Korrekturen und zusätzliche Zeilen, die zu der nächsten Stufe führen, sind neben die Zeilen und unter den ursprünglichen Schluß des Gedichts geschrieben. Im Kontext dieses frühen Fragments beschreibt es die Empfindungen des sterbenden Künstlers mit Namen Dresden in Paris.

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Zu ZfE 37

H2 Hier Edition der korrigierten Fassung:

Schneeglöckchen Blind blinket heller Schnee Mit weissem Sternenscheine, Es that mir alles weh, Aus Langeweil ich weine x Mich trübet trübe Luft, Ich mag nicht um mich sehen, Da sinkt in mir der Duft, Viel Lämmer seh ich gehen. x Es scheint ein Purpurlicht Lau Leben luft umfliesset, Doch liegt der Schnee noch Dicht, Und keine Blume spriesset x Weiß hebt aus dürr Gebüsch Ein Glöcklein sich ohn Klingen, Jezt Sonn nicht mehr erlisch, Dir will sie sich ja bringen. Die Sonn verwundert stille steht, Und weilt und kanns nicht lassen, »Daß ich so hübsche Kinder säet Das kann ich selbst kaum fassen? x Doch weil dies also freundlich ist, Will ich mir viele treiben, Will treiben sie mit Lust und List Und will hier länger bleiben.« x Der Schnee verschmilzt, das Glöcklein trinkt, Ertrinkt in seinen Fluthen, Die Sonne da schon traurig sinkt, Und fluchet ihren Gluthen. 1237

Kommentar

x Des Flusses Arm den Schnee führt ab, Grün unser Gärtchen scheinet, Die Rose schiesset übers Grab, Wos Glöckchen sich verweinet. Die Sonne freut sich still und stumm, Auf Strahlen bin ich flogen, Ums Antlitz unbemerkt herum, Wo nie die Vögel zogen. x Der Anfang wohl beklommen ist, Der Uebergang beklommen, Doch wer geduldig wie ein Christ, Dem wird er wohl bekommen.

Druckfehler 451,5 Schluß.] Schluß.. ZfE 452,30 lassen:] lassen; ZfE 452,37 das] daß ZfE

Erläuterungen Vgl. Ricklefs, in: Werke V, S. 1370f. Im Brief an Brentano aus Jena vom 16./17. Dezember 1805 (Wie unter alten Briefen so 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 66r–71v) hatte Arnim (am 17.) von seinem Besuch bei Goethe geschrieben: Morgens übersah ich mit ihm von den Bergen der Rasenmühle die unendliche Sternensaat des Schnees 〈. . .〉. Am Vortag erwähnte er auch Reuters Helden, wenn er über Jena sagt: Es ist ein wunderlicher

Ort, wie Tieck beym Schelmufsky rufe ich in mir närrischer Ort 〈. . .〉. Der Prosatext Dresden’s Tod dürfte aber noch älter sein. Arnim gestaltet in dem Gedicht den Übergang von Winter in Frühling mit seinem ewigem Verändern und Vergehen. 453,15–18; 454,22–28

O Sapperment 〈. . .〉 Schelmufsky 〈. . .〉 dieses deut-

schen Donquichote]

1238

Zu ZfE 37

Entstehung und Quelle Brentano, der Herzbruder, zitiert Christian Reuters Schelmuffsky (vgl. ZfE22 und Kommentar). Der Titel Schelmufsky ist – mit den Erznarren – auf der wohl in Kassel um den 20. Februar 1808 entstandenen Liste von Brentanos und Wilhelm Grimms Hand genannt (vgl. Kap. Entstehung). Am 22. März 1808 erbat Arnim sich das Buch von Bettine (FDH 7252: Dieses Papier ist etwas zerdrückt 〈. . .〉): 〈. . .〉 übrigens bin ich fleissig und

möchte mancherley treiben, was mir hier fehlt; kannst Du mir Schelmufsky, und die drey Erznarren schicken, so wär es mir lieb 〈. . .〉. Beide Werke verband Arnim dann 1809 zu der Erzählung Die drey Erznarren im Wintergarten (vgl. Arnim, Werke 3, S. 300–321, Kommentar S. 1065–1068 u. 1157–1165). Bettine antwortete zunächst am 25. März (FDH 7413: Ja wohl muß ich dich 〈. . .〉): Die Erz Narren 〈. . .〉 will ich Dir schicken, Schelmufsky hab ich nicht, vielleicht hat ihn Savigny ich werd ihn darum fragen. Wenig später meinte sie (nach 26. März, FDH 7414: hier hast du einstweilen das 〈. . .〉): Die Erznarren und Schelmufsky schick ich mit dem Postwagen. Arnim wollte, wie er auch angibt, eine Szene in der ZfE abdrucken, wozu es nicht mehr kam, da die Zeitung einging. Der Schluß des handschriftlich erhaltenen Textes gibt die ursprüngliche Verankerung im Scherzenden Gemisch.

Varianten Das Ms. hat sich – in zwei Teilen – erhalten. 1. Hs. im GSA (Sign. 03/34,2; 2 Bl., ca. 21 x 17 cm; Wz: Wappen mit Baselstab, beschnitten), sie reicht bis breiten (Erstdruck in: Werke III, S. 1161–1164); 2. Hs. in der BJ-VS (2 Bl., 2 S.), ab Samtkragen. Zum Verständnis am Anfang ergänzt durch Reuters Text in 〈 〉; Polenz 1956, S. 48:

5

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〈Es wurde zu derselben Zeit bald eine vornehme Hochzeit/ worzu man mich und meinen Herr Bruder Grafen auch invitirte. Denn es heyrathete ein L o r d aus L o n d o n i n E n g e l l a n d eines vornehmen Staadens Tochter zu Amsterdam/ und wie es nun da gebräuchlich ist/ daß die vornehmen Standes-Personen/ welche zur Hochzeit gebethen werden/ allemahl zu Ehren Braut und Bräutgam ein Hochzeit-Carmen drücken lassen/ und sie damit beehren/ als wolte ich hierinnen mich auch sehen lassen daß ich ein brav Kerl wäre. Es war gleich um selbe Zeit bald G e r t r a u t e / daß der Klapperstorch bald wiederkommen solte/ und weil die Braut Tr a u t e hieß/ so wolte ich meine 1239

Kommentar

invention von den Klapperstorche nehmen/ und der Titul sollte heissen: D e r f r ö l i c h e K l a p p e r - S t o r c h / e t c . Ich war her und satzte mich drüber/ und saß wohl〉 über vier Stunden, daß mir doch wäre eine Zeile beygefallen? Der Tebel hol mer nicht ein Wort konnte ich zu Wege bringen, das sich zu dem fröhlichen Klapperstorche geschickt hätte, ich bat meinen Herrn Bruder Grafen, er sollte es versuchen, ob er was könnte zur Noth herbringen, weil mir nichts beyfallen wollte. Der Herr Graf sagte nun wie er vor diesem wäre in die Schule gegangen, so hätte er ein bischen Reimen lernen, ob ers aber würde noch können, wüste er nicht, doch müste ers versuchen, ob es angehen wolle. Hierauf satzte sich der Graf nun hin, nahm Feder und Dinte und fing da an zu dichten, was er damals nun aufschmierete, waren folgende Zeilen: Die Lerche hat sich schon in Lüften präsentiret Und Mutter Flora steigt allmählig aus dem Neste, Schläft gleich die Maja noch in ihrem Zimmer feste, Daß also jezger Zeit viel Lust nicht war gespüret Dennoch so will . . . Als er über diese Zeilen nun wohl eine halbe Stunde gesessen, so guckte ich von hinten auf seinen Zeddel und sahe, was er gemacht hatte, wie ich nun das Zeug las, muste ich der Tebel hohlmer recht über den Herrn Bruder Grafen lachen, daß es solch albern Gemächte war. Denn anstadt, da er den Klapperstorch hätte setzen sollen, hatte er die Lerche eingeschmieret und wo Traute stehen sollte, hatte er gar einen Flor genommen: Denn der Flor, der schickt sich auch auf die Hochzeit? Und darzu hätte sichs auch hinten aus reimen müssen? Denn präsentiret und Neste, das reimte sich auch der Tebel hohlmer wie eine Faust aufs Auge. Er wollte sich zwar den Kopf weiter darüber zu brechen, allein so hieß ichs ihn nun seyn lassen und dafür schlafen. Ob ich nun wohl auch selben Tags ganz nichts zuwege bringen konnte, so satzte ich mich folgenden Tag früh doch wieder drüber und wolte von Gertrauten und dem Klapperstorche der Braut ein Carmen machen. O Sapperment, als ich die Feder ansetzte, was hatte ich dazumahl vor Einfälle von dem Klapperstorche, daß ich auch der Tebel hohlmer nicht länger als einen halben Tag darüber saß, so war es fertig und hieß wie folget also. Der fröliche Klapperstorch Gertrautens Tag werden wir balde nun haben, Da bringet der fröliche Klapperstorch Gaben, 1240

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Derselbe wird fliehen über Wasser und Gras, Und unsrer Braut Trauten verehren auch was, Das wird sie der Tebel hohlmer wohl sparen Und keinen nicht weisen in dreyviertel Jahren Worzu denn wünschet bey dieser Hochzeit Gesunden und frischen Leib bis in Ewigkeit, Auch langes Leben spät und früh Eine Standesperson von Schelmuffsky Sobald als nun die Hochzeittage herbey rückten wurde ich und der Herr Bruder Graf von der Braut Vater gebeten, daß wir doch seiner Tochter die grosse Ehre anthun möchten und sie zur Trauung führen. Ich antwortete dem Hochzeitvater sehr artig. Wie daß ichs vor meine Person solches gern thun wolte? Aber ob mein Herr Bruder Graf dabey würde erscheinen können, zweifelte ich sehr, die weil der arme Schelm das kalte Fieber bekommen hätte und ganz bettlägrig worden wäre. Als ich nun die Braut zur Trauung mitführete: O Sapperment, was war vor ein Aufsehen aus dem Volke, sie drückten der Tebel hohl mer bald einander ganz zu nichte, nur daß ein jeder mich so gerne sehen wollte. Denn ich ging sehr artig neben der Braut her in einem schwarzen langen seidnen Mantel mit einem rothen breiten Samtkragen. Da griffen nun alle in die Schubsäcke und brachte ein jedweder einen gedruckten Zeddel heraus geschlept und waren willens solches zu übergeben. Weil sie aber sahen, daß ich auch immer in meinen Hosen herummährete und auch was suchte, dachten sie gleich, daß ich ebenfalls was würde haben drucken lassen und wollte mir keiner vorgehen. Endlich so brachte ich mein Carmen, welches ich auf rothen Atlas drucken lassen, aus dem Hosenfutter heraus gezogen, o Sapperment was war vor Aufsehens da unter den Leuten die Braut verkehrte der Tebel hohlmer die Augen im Kopfe wie ein Kalb die andern aber mochten Lunte riechen, daß mein Hochzeitkarmen unter ihren wohl das beste seyn muste und steckten der Tebel hohl mer fast ein jeder seines wieder in die Ficke+. – Alles was in dem Wirthszimmer war hatte sich um uns versammelt, der Wirth bot meinem Herz+

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Wir Herausgeber geben bey dieser Gelegenheit den zahlreichen Freunden der herrlichen aber seltenen Reisebeschreibung des Schelmuffsky des gehaltensten komischen Volksbuchs seiner Zeit, des deutschen Donquichote, die feste Versicherung, daß sie bald mit Flaxmanschen Umrissen in 〈an〉ständiger Pracht im Druck erscheinen wird 1241

Kommentar

bruder ein Glas zum Zutrinken, der sehr artig in Schelmufskys Art fortredete und der andächtigen Gemeine und mir noch einen Brief vorlegte, der so eben bey ihm eingegangen war, der alte Einsiedler hingegen fing an wie ein wildes Thier in seiner Ecke zu brummen. Das machte den Bauern Spas und die Bauern baten den Herzbruder schnell weiter zu lesen Druckfehler 454,9 mich] nicht ZfE 454,20 einander] einader ZfE 455,17 Schule] Schuhe ZfE, nach dem Zusammenhang:

Candidat beim

Schulmeister 455,36 lächerlichste] lächerste ZfE 456,1 Narren] Rarren ZfE 456,2 überfahrt] überfährt ZfE 456,29 Zaunpfahl] Zaunphal ZfE Binnenvarianz der Handschrift 1241,84–88 gestrichen 1241,84 zahlreichen üdZ 1241,85 aber seltenen üdZ 1242,90 der aus dem 1242,91–94 der alte 〈. . .〉 lesen gestrichen

Erläuterungen 453,19 unverständlich] Die Kritik, die der Herzbruder über die Gedichte äußert, sprach Brentano ähnlich gegenüber Arnims Lyrik aus (vgl. Kommentar zu ZfE1 und ZfE36). Wahrscheinlich wendet er sich in dieser Szene an ihn, was durch die fehlenden Sprecherbezeichnungen nicht ganz klar ist. Dafür spricht aber, daß sich in der Folge der junge Mann wieder in das Gespräch mischt (453,18–19). 453,20–21 Wechselzopf] Eigentlich »Weichselzopf«, ein ungepflegter Haarschopf mit Läusen. Brentano gebraucht das Bild auch sonst öfters. 453,32–33 Perlen vor die Säue geworfen] Matth. 7,6. 454,34–35 Kirschen 〈. . .〉 ins Gesicht wirft] Ähnlich in den Metamorphosen der Gesellschaft: Leider, antwortete der Rittmeister, aber der

Mensch findet dabei so wenig seine Rechnung, als ob er mit vornehmen Herren Kirschen essen wollte, sie werfen einem die Steine ins 1242

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Zu ZfE 37

Gesicht, zur Danksagung wegen des Abpflückens und Darreichens. (Vgl. Arnim, Werke IV, S. 457). 454,38–455,4 das Gänsemädchen 〈. . .〉 gelöst] Die Stelle ist ein Rest der geplanten Erzählung über die Friedericke Baumannin, welche Arnim an einem andern Orte nachzuholen gedenkt (455,9); vgl. Anhang. 455,4 Schulmeister] Erneut eine Karikatur von Voß. Das wird besonders deutlich, als er über seine Gedichte spricht (455,22): Schnurren auf andre Gedichte, z. B. die Klingsonate, Uebersetzungen, die Homer-Übersetzung. 455,19 Journalistik] Anspielung auf das Morgenblatt. 455,35 Parnassuskläffer] Voß 455,37 Caput mortuum] Lat.: Totenkopf: Begriff aus der Alchemie: Der übriggebliebene Rest; hier: das geistlose Lesepublikum. 455,38 manchesternen] Ein nach der englischen Stadt Manchester genannter »aus Baumwolle angefertigter sammetartiger Stoff, welcher als Nachahmung des echten seidenen Sammets auftritt und in ganz ähnlicher Weise wie dieser dargestellt wird. 〈. . .〉 Zu den Geweben dieser Art gehört der Kord 〈. . .〉.« (Meyers Konversations-Lexikon. 3. Aufl. 11. Bd., Leipzig 1877, Sp. 167f.) Die Erwähnung soll wohl despektierlich sein. 456,3–4 Schulmeister 〈. . .〉 geben.] Vielleicht wird nicht auf das antike Rom, sondern auf das katholische angespielt und auf Knecht Ruprecht, der – entsprechend einem Volksbrauch – am Nikolaustag, dem 6. Dezember, St. Nikolaus begleitet, um die bösen Kinder mit der Rute zu bestrafen. Luther wollte St. Nikolaus durch das »Christkind« ersetzen. 456,9 seine eiserne Stirn] Anspielung auf August von Kotzebues 1790 unter Pseudonym erschienenes Pasquill Doktor Bahrdt mit der eisernen Stirn, das wegen seines grobianischen Stils Empörung auslöste. 456,10–14 Auch sagt schon Tieck 〈.. . .〉 Classiker.] Ebenfalls schon in Arnims Textanteil der Friedericke Baumannin (vgl. Anhang). 456,14 König von Thule] Lied Gretchens aus Goethes Faust (2759–2782). Vgl. ebd. (588,23) den Dialog zwischen Herzbruder (Brentano) und Einsiedler (Arnim). – Wahrscheinlich schrieb Brentano damals in Heidelberg die Parodie auf dieses Lied Goethes Es saß der Meister vom Stuhle, die sich offenbar nicht auf den verehrten Goethe, sondern auf Voß bezieht, worauf zuerst Wolfgang Frühwald hinwies (Brentano, Werke 1, S. 1070–1072). Frühwald folgte allerdings dennoch mit Vorbehalt der älteren Datierung Siegfried Sudhofs auf 1803. Das Gedicht Brentanos spielt auf den Umzug von Voß von Jena nach Heidelberg an (Saale – Sand) und bezieht in seine hämische Kritik auch dessen Anhänger ein (Brut), denen der König den giftigen Becher reicht (ebd., S. 164f.). Das parodistische Lied steht inhaltlich in Beziehung zu

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Kommentar

Brentanos Gedichten in seinem Beitrag Der Einsiedler und das Klingding nach der Schlacht bei Eichstädt (ZfE26) sowie zu Görres Dramatischer Idylle Des Dichters Krönung in der Beylage und zu Arnims unpubliziertem Text Nekrolog (s. Anhang). 456,27–28 seit drey junge Mädchen 〈. . .〉 abgeschrieben] Vgl. im Anhang: Friedericke Baumannin.

Erläuterungen zur Schelmuffsy-Handschrift 1240,14 Der Teufel hol mich. 1240,43 Sapperment] Alte Verballhornung von Sakrament; religiöse Flüche waren ungehörig. 1241,70 Schubsäcke] äußere Manteltaschen 1241,73 herummährete] sächsisch: herumbummelte 1241,81 Ficke] Hosentasche 1241,87 Flaxmanschen Umrissen] Der englische Zeichner John Flaxman (1755–1826) wurde berühmt durch Umrißzeichnungen für Homers Epen, die von griechischen Vasenbildern inspiriert sind (Odyssee 1793, Ilias 1795). 1242,90 Brief] Vermutlich sollte darauf der Brief einer Apfelhüterin folgen, worauf Spuren des Textes hinweisen. 457,1–461,17

Der entfesselte Prometheus 〈. . .〉 stammen.] Entstehung

Vorstufen derzeit nicht bekannt.

Druckfehler 458,14 Worte] Wortr ZfE 458,16 Busen der] Busender ZfE 458,26 Prometheus] Orometheus ZfE 458,30 (der] der ZfE; Regieanweisung in Klammern 459,11 Kronion] Kronien ZfE 461,7 glühnder] glühn der ZfE 461,13 Kronion] Kremon ZfE 461,15 Dejanirens] Dajanirens ZfE 462,1 Weltgeschichte] Weltgeschichee ZfE

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Zu ZfE 37

462,9

wissen] weissen ZfE Erläuterung

Arnim verwebt in diesem kleinen Stück verschiedene Erzählungen der antiken Mythologie miteinander. Der Titel bezieht sich auf die Tragödie des Aischylos Der gefesselte Prometheus. Dieser schuf das Menschengeschlecht aus Ton und brachte ihnen gegen den Willen des Zeus (Jupiter) das Feuer. Zur Strafe wurde er an einen Felsen geschmiedet. Nach langer Zeit befreite ihn Herakles (Herkules). Auch auf dessen Geschichte wird hier angespielt. Seine zweite Frau war Deianeira (vgl. 461,15). Er ließ sie einmal durch den Kentaur Nessos durch einen Fluß tragen. Als Nessos sie vergewaltigen wollte, erschoß Herakles ihn mit einem giftigen Pfeil. Der Kentaur riet sterbend Deianeira, sein Blut aufzufangen; falls Herakles sie nicht mehr lieben sollte, würde es als Liebeszauber wirken. Als Herakles sie mit Iole betrog, sandte sie ihm ein mit diesem Blut getränktes Gewand, das seine Haut verbrannte. Deianeira beging Selbstmord. Herakles ließ sich auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Zeus (Kronion) holte ihn mit einem Blitz in den Olymp. – Arnim behandelt in diesem Stoff die Problematik des Kunstschaffens. Das Stück selbst ist in antikisierenden Rhythmen geschrieben, nur die Schlußrede des Herkules (461,8–17) besteht aus gereimten Versen, und zwar aus einem Sonett mit der Reimfolge: abba baab cdcdcd (umwinden Wonnedüften Lüften verkün-

den Klüften binden finden Hüften Vaterhänden Flammen enden zusammen senden stammen). Vielleicht ist es nur aus Platzgründen nicht als Sonett notiert; jedenfalls sind die beiden Quartette von den Terzetten durch einen Gedankenstrich getrennt. Das Sonett ist nicht bei Ricklefs Lyr.-Reg. verzeichnet. 458,23–27 Ach 〈. . .〉 Fallen.] Das Reimspiel könnte durch das Wh-Lied Der beständige Freier angeregt sein (I 341; FBA 6, S. 330–332; FBA 9/1, S. 571– 573). 458,28–29 Wie 〈. . .〉 mich.] Vgl. Päpstin Johanna: Mir ist als ob am End

der Welt wir gingen,/ Da schwindelt mir, wo ich den Fuß soll setzen. Vgl. WAA X/1, S. 222f. 459,26–37 lange vermählt 〈. . .〉 Sünder.] Arnim bezieht sich hier offenbar auf das Leben Friedrich Creuzers, der wegen seiner Ehe mit einer 13 Jahre älteren Frau nicht zu seiner Liebe zu Karoline von Günderrode stand und sie so 1806 in den Selbstmord trieb. Er hatte 1799 in Marburg Sophie Leske geb. Müller, die Witwe des Professors Nathanael Leske, geheiratet, die zwei Kinder mit in die Ehe brachte. »Sophie Creuzer willigte zweimal in die Scheidung ein

1245

Kommentar

und zog ihre Zustimmung beide Male zurück.« (Doris Hopp, Karoline von Günderrode. Frankfurt/M.: Freies Deutsches Hochstift 2006, S. 40) Vgl. auch: Barbara Becker-Cantarino, Mythos und Symbolik bei Karoline von Günderrode und Friedrich Creuzer. In: Strack 2008, S. 281–298. Das Menschlein wird hier von Arnim als selbstgerecht und bequem gezeichnet. Später setzt Arnim der Günderrode (Arme Sängerin) eine Denkmal in der Rahmenhandlung seiner Erzählungssammlung von 1812, ohne allerdings ihren Namen zu nennen (nach Melück Maria Blainville, die Hausprophetin aus Arabien; vgl. Arnim, Werke III, S. 776f.). Vgl.: Claudia Nitschke, Die legitimatorische Inszenierung von ›Volkspoesie‹ in Achim von Arnims Scherzendem Gemisch von der Nachahmung des Heiligen. In: Das Wunderhorn und die Heidelberger Romantik: Mündlichkeit, Schriftlichkeit, Performanz. Heidelberger Kolloquium der Intern. ArnimGesellschaft, hg. v. Walter Pape. Tübingen 2005, S. 239–254. 461,18–462,22

Also 〈. . .〉 dieses Bild] Schluß von Arnims scherzendem

Gemisch 461,18 Der Schulmeister, Voß, ist begreiflicherweise unzufrieden mit dem Ausgang des Stücks. 461,21 Jude] Die Frage wird deshalb ironischerweise gestellt, weil der Schulmeister sich einen – wenn auch – poetischen Messias (461,19) wünscht. 461,26–32 Ach 〈. . .〉 auferstehn.] Möglicherweise ein Zitat. Die Szene variiert das Bild der Auferstehung, wie sie z. B. in Dürers Graphik mit einem triumphierend auf dem Grab stehenden Christus dargestellt wurde. 462,2–22 Das Blatt 〈. . .〉 dieses Bild.] Schlußszene der ZfE mit der Einladung zu einer Einsiedlerversammlung. Das genannte Bild (462,22) ist nicht beigefügt, jedoch anderweitig publiziert worden: in der Bildbeilage zu Clemens Brentanos Scherzhafter Abhandelung Der Philister vor, in und nach der Geschichte (Berlin 1811; vgl. WAA XI, S. 89). Auch die Zeichnung, die Arnim im August 1808 vorlag, dürfte von Brentano stammen, wahrscheinlich auch die groteske Erklärung. Auf der Kupfertafel des Philister-Drucks sind die verschnürten Enten mit der Nummer 4 bezeichnet. Brentano schreibt dazu: No. 4. Diese Kette, nicht von Feldhünern, sondern von Enten, ist

die Parodie der sogenannten philosophischen und ästhetischen Cliquen aller Zeiten; sie haben sich alle an einer Angelschnur, woran etwas Speck, fressend und von sich gebend hinter einander eingefädelt, und sie werden so lange eine unendliche Entlichkeit sein, als der Speck noch die Reise aushält, nimmt ihn irgend ein andrer Philister auf, um 1246

Zu ZfE 37

seine Stiefeln mit zu schmieren, so rollen die Körner des Rosenkranzes, woran ihr Abgott sich selbst anbetet, auseinander, und das Paternosterwerk, womit er die Wasser aus den Stollen seines Ruhmes treibt, zerreißt. Das rührende ist, daß diese Freiwilligen sich alle aus Enthusiasmus enrolliren ließen, und nun doch nichts, als den Faden im Leibe haben, sie sind die wahren Spekulanten, wenn ich dieses Wort in das deutsche Speck, das französische cul und das tirolische Anten für Enten zerlege. (WAA XI, S. 80; vgl. Erl. S. 350f.: die Rezeption von Jean Paul.) Es ergibt sich das Wort ,Spekulaten’, geschrieben: Speck-cul-anten; cul ist frz. Hintern. Druckfehler 462,9

wissen] weissen ZfE

1247

Kommentar

Beylage zur Zeitung für Einsiedler. 463,5–520,33

Geschichte 〈. . .〉 inzwei.] Entstehung

Arnim hatte den Sonettenzyklus schon konzipiert, ehe er nach Heidelberg kam, denn er nennt ihn in der um die Jahreswende 1807/08 entstandenen Entwurfshandschrift (FDH 13428; vgl. Kapitel Entstehung): Gedichte mit Anmerkungen von A. Sonnet und Sonnette. Liebesgeschichte. Oktav und Terzine sind noch nicht genannt. Einzelne Sonette sind noch älter. Es ist in ihnen deutlich der Einfluß August Wilhelm Schlegels und seiner Gemäldesonette im Athenaeum (in dem Gespräch Die Gemälde; Athenaeum. Eine Zeitschrift von August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel, 2. Bd., 1. Stück, Berlin: Heinrich Frölich 1799, die Sonette S. 137–143) zu erkennen, mit denen sich Arnim dichtend seit seinem Wiener Aufenthalt im Sommer 1802 beschäftigt hatte (vgl. Stefan Nienhaus, Dichteraussichten: Anmerkungen zu zwei Bildgedichten Arnims. In: Frische Jugend, reich an Hoffen. Der junge Arnim, hg. v. Roswitha Burwick u. Heinz Härtl. Tübingen 2000, S. 181–188), aber auch der Clemens Brentanos mit den Sonetten auf seine Schwestern im Godwi (vgl. FBA 16, S. 407f.: das Sonett Annonciatens Bild auf Bettine und Mariens Bild auf Meline Brentano). Pfaff ging davon aus, daß Arnim den Sonettenzyklus aus der Fehde mit Voß heraus geschrieben habe, und wunderte sich daher: »Die Sonette selbst enthalten mit Ausnahme der schon hervorgehobenen Beziehungen auf Voß im Anfange nichts mehr, das die Litteraturkämpfe der Zeit berührte. Es scheint als ob Arnim einen zu Anfang gefaßten Plan im Flusse der Dichtung verlassen habe um sich ganz und mit Lust und ohne Nebenabsicht dem Spiele seiner Phantasie hinzugeben. Nur noch die Namen der handelnden und redenden Personen verraten die frühere Absicht. Arnim that wohl daran: man freut sich sicherlich lieber des Reizes anmutiger Dichtungen wie sie die Sonette enthalten, als der Sprünge eines derben oder schillernden Witzes.« (Pfaff, S. LXIX) Doch verhält es sich genau umgekehrt: Arnim bezog ein früher konzipiertes Werk durch Überschriften, Erweiterungen und durch zitatartige Anmerkungen auf die

1248

Beylage

Fehde mit Voß. Einige Anmerkungen befassen sich mit früher erschienenen Werken Schillers und der Jenaer Romantik. Auf sie deutet wohl der Hinweis Anmerkungen im Entwurf hin. Goethes Faust fegt dann endgültig die Heidelberger Gegner fort; das Zitat von Faust’s Geist (nach Sonett Nr. 59) läßt den jugendlichen Rezensenten verstummen, nur der alte erwacht noch einmal (nach Nr. 72), um gleich wieder ins Schnarchen zu verfallen. Doch auch die von Satire freie Handlung der Sonette selbst wird noch aktualisierend fortgeschrieben, denn es finden sich in der unglücklichen Ehe von Ottav und Terzine deutliche Anklänge an Clemens Brentanos zweite Ehe mit Auguste Bußmann. (Die Anspielungen sind im Stellenkommentar aufgeführt. Vgl. dazu auch Sternberg 1983, S. 49.) Ricklefs würdigte den Zyklus in seiner poetologischen Bedeutung und ließ zu diesem Zweck in seiner Edition die Anmerkungen fort (Werke V, S. 606–659 u. 1371–1405). Die Beylage war schon in ZfE26 am 29. Juni angezeigt worden. Arnim erwähnte sie drei Tage vorher in seinem Brief an Bettine vom 26. Juni nach der Rückkunft aus Schlangenbad nach Heidelberg (FDH 7266/67; Ich lasse mich gern von 〈. . .〉): Von so lieben Küssen wie zischt es in den literarischen Koth

einzutauchen, doch es muß seyn und meine Ohren quälen sich wieder ab alle leere Streitigkeiten abzuhören, die in der Zeit die Zeitungen beschäftigt haben, da hat Voß alle Sonnete in der Jenaer Zeitung vernichtet, der Bericht dieser Schlacht von Görres und Clemens wird im Einsiedler erscheinen, von mir erscheint die Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonette in neunzig Soneten. Ende Juli war Arnim offenbar mit der Arbeit noch nicht fertig, denn er schrieb an Savigny (Heidelberg, 28. Juli 1808: Vielen Dank aller Freundschaft von 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Aus dem Wunderhorn sind drey Bände geworden, das

Register drängt mich. ferner eine Beylage zur Zeitung aus 90 + 3 Soneten bestehend. Das ist immerhin schon die endgültige Gesamtzahl der Sonette. Wann die Beylage genau erschien, ist nicht belegt; so erscheint ihre Anordnung am Ende der ZfE weiterhin sinnvoll. Überlieferung Zu mehreren Sonetten existieren Handschriften Arnims, die im Folgenden jeweils vor den Variantenwiedergaben beschrieben werden.

1249

Kommentar

Varianten Die Varianten sind nicht chronologisch angeordnet, sondern entsprechend den jeweiligen Sonetten des Zyklus. 463,14–464,10 Nr. 1 Der Sänger an die Gitarre: Der Reime schwer zu reimend Bienensummen 〈. . .〉 zagen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 309. Vorstufe in der Mischhandschrift FDH G 473. Wz.: C & I HONIG unter gekröntem Wappen mit Posthorn. Das holländische Papier war weit verbreitet. Daraus ist keine Datierung zu gewinnen. Der Schriftduktus könnte auf die Jahre 1804/5 in Berlin deuten. Das Sonett steht auf der oberen Hälfte der 3. Seite des Dbl. s. Hier Wiedergabe der Niederschrift vor der Überarbeitung zum Druck:

Der Reime ungereimtes keimlos Brummen, Der Jamben gleichen dumpfen Wellenschlag, Und was ein Daktilus dazwischen mag, Das brachte mich im Dichten zum Verstummen. Mir war als fühlte ich einen Gotterschlag, Durch alle Glieder neu belehrend brummen. Die goldnen Worte mir einsam verstummen Verschleudre doch nicht so die Freude heller Tag. Theil deine Freuden nicht dem Klagen, Was wohl in dir und herrlich hebt gelebt Das andre hat gar nicht viel zu sagen So kümmre dich auch nicht wie dieser schwebt, Ob dir ein Reim zum Schlusse noch wird tagen, Dieselbe Freude wiederkehrt und lebt. Sonet beschreibt 〈. . .〉 Terzine: Nie müßig kann sie in die Hände gaffen 〈. . .〉 erscheinet.] Mischhandschrift im FDH, Sign. G 543, Wz: J Kool, das Papier häufig in England gebraucht. Ricklefs Lyr.-Reg. 1153. 468,15–30 Nr. 8

Gedicht auf S. 3 des Dbl. s. Hs. mit zahlreichen späteren Korrekturen mit anderem Duktus, die teilweise zum Druck führen. Hier die frühere Stufe nach den Sofortkorrekturen wiedergegeben:

Wie still sich alles folgt in ihrem Schaffen, Doch ist es stets zu einem Kranz verbunden, Doch müssig kann sie nicht in die Hände gaffen, In ewger That kann Schönheit nur gesunden 1250

Beylage

Will sie das bunte Spiel zusammen raffen So ist Musick und Zeichnung leicht verbunden, Nicht kann so leicht den stillen Geist verwunden, Der Zeichnung Zeichen in Musik erschaffen Die kleine Schwester sehnt mit kindisch Streben, Die schlanke Schwester nach, und vereinet Mit ihr zu einem reinen luftgen Leben So wie im Strahl des Frühlings scheinet, Die freye Luft den Krankenden gegeben, So wird dir wohl, wo sie erscheinet 479,9–23 Nr. 25

Sonet hat die Sonete im Kahne gefahren: Der Kahn hat sie umschlossen, heilig Holz 〈. . .〉 hier.] Ricklefs Lyr.-Reg. 287. Mischhandschrift im FDH, Sign. G 163, Wz: J Kool. Gedicht auf S. 3 des Dbl. s. Hs.

mit zahlreichen Sofortkorrekturen. Das Sonett ist um zwei Zeilen verlängert (Schweifsonett):

Zufall Mein Kahn hat sie umschlossen, heilges Holz, Von deinen Splittern kann die Welt genesen, Ich schau dich an am Ufer wie ein Wesen, Und du bist nicht auf all das Glücke stolz Sie drückte dich wenn hoch die Well’ gewesen Mein Herz bey jedem Drucke werd ich stolz, Und wünschte sich zu schliessen in dem Holz Als Tropfen sich der Fluth erlesen. Was trieb die Tropfen von der Welle Ach alles feiert sehnet sich zu ihr, Die Welle trieb uns zu der Blüthen Stelle. Der Flieder senkte sich da zu ihr In seinem Dunkel spielt der Wellen Helle Sie spielt mit Blüthen, reicht dies blaue Sträußlein mir Sie spielt darin und wirft die Tropfen mir Und hier war sie und nimmer ist nun hier

1251

Kommentar

Sonet’s Nachgedanken 〈. . .〉 hat: Wenn Feuerkugeln droben tobend springen 〈. . .〉 Funken.] Hs. im Englischen Heft V, GSA

480,25–481,6 Nr. 27

03/183, Bl. 19r. Ricklefs Lyr.-Reg. 1644. Ursprünglich mit Bleistift geschrieben, dann mit Tinte überarbeitet und dadurch in der ersten Fassung weitgehend unleserlich gemacht. Die Überarbeitung führt zu der Fassung der ZfE, weswegen hier auf Wiedergabe verzichtet werden kann. 499,26–500,10 Nr. 56 Der Sänger beschreibt 〈. . .〉 Terzine: Was Liebe heißt ist gar verwickelt Wesen 〈. . .〉 blieben.] Arnims Brief an Brentano, London, Weinachten, 24.,26.u.27. Dezember 1803, Handschrift FDH 7358; Ricklefs Lyr.-Reg. 1579. Drucke: Schultz 1998, S. 207f.; Ein Dichter hatte uns alle geweckt. Goethe und die literarische Romantik. Ausstellung und Katalog. Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum. 19. Juni – 31. Juli 1999, hg. v. Christoph Perels. Frankfurt/M. 1999: Abbildung der Hs. (S. 145), Erläuterung (Moering, S. 144/146); WAA XXXI, S. 336f, Erl. S. 836f.; Renate Moering, Wolke, Wasserfall, Eis. Das Wasser in Arnims Reise-Gedichten. In: Romantische Metaphorik des Fließens. Körper, Seele, Poesie, hg. v. Walter Pape. Tübingen 2007, S. 167–181, bes. S. 167f. Früher wurde in der 10. Zeile statt ein Wasser: im Wasser gelesen. Das ein ist als Zahlwort zu verstehen und deshalb unterstrichen, weil es betont ist; auch in der ZfE ist die Formulierung im Wasser vermutlich ein Druckfehler.

Von Liebe und Freundschaft und ihrer galvanischen Natur Was Liebe heist ist gar verwickelt Wesen In zweyen scheint es 〈aus sie〉 nicht allein zu wohnen Nur viere kann es 〈aus sie〉 ganz und voll belohnen Doch sind zur Liebe jede zwey erlesen x In zweyen Jungfern mag Vertrauen wohnen Zwey Junggesellen Freunde sind 〈aus stets sich freund〉 gewesen: Wenn 〈aus Und〉 jeder eine jener hat erlesen So wird ein innres Licht im Kreise thronen x Die Jünglinge sind zweyerley Metalle Die Jungfern ganz vertraut ein Wasser blieben Bis jener Ring hineinsinkt hell im Schalle.

1252

Beylage

Abb. 26: Beylage zur ZfE: Was Liebe heißt ist gar verwickelt Wesen Arnims Brief an Brentano, London, 24., 26. und 27. Dezember 1803, Handschrift FDH Hs 7358, Ausschnitt

...

Nun fängt sich gleich das Wasser an zu trüben So scheiden sich in Sauer- Wasserstoff dann alle Zum Manne hin: Nur Männer Freunde blieben! 503,1–15 Nr. 60 Sonet erzählt 〈. . .〉 entstanden: Was mir aus jener Zeit, wo meine Aeste 〈. . .〉 vergangen.] Hs. im FDH, Sign. G 440. Ricklefs Lyr.Reg. 1582. Wz: D R (beschnitten). Auf der Rückseite das Gedicht: Stellt sich einer auf die Zeh (Ricklefs Lyr.-Reg. 1389). Der Gedichtentwurf ist stark überarbeitet, blieb Fragment und wurde von Arnim durchgestrichen. Hier zunächst Wiedergabe der frühesten Stufe:

1253

Kommentar

Was mir aus jener Zeit, wo meine Aeste Mir brachen von der Frucht und von dem Schnee Von Wonnetäuschung und von wahrem Weh Geblieben ist, sind mir nun fremde Gäste Sie sprechen mir von einem grossen Feste Und wenn ich diese Kleinigkeiten seh, Doch wie ein Brand bey einem grossen Feste, Genährt wird wie Die Überarbeitung lautet:

Was blieb mir aus der Zeit, wo meine Aeste Sich senken von der Last der Frucht und von dem Schnee Von Wonnelichem in dem wahren Weh das Sommerlied erkennet doch ihr Erden Gäste Gern tischte ich es auf für meine Gäste Doch wie ein Brand beym grossen Feste, Von Freudenfackeln sich vermehren seh Daß nicht ein einzger Doch brennt der Baum, so brennt es auch im Neste Und wo die Wurzeln blieben unterm Sch Sonet beschreibt die Helena 〈. . .〉 mahlt: Was flüstert Amor leise mir ins Ohr 〈. . .〉 bezwungen.] Hs im Görres-Nachlaß (Privatbesitz). Arnims Hs. ist von unbekannter Hand mit GG. gezeichnet. Außerdem 503,16–30 Nr. 61

gibt es eine Abschrift von anderer Hand, ebenfalls mit diesen Initialen. Vielleicht gab es bei den Görres-Nachfahren die irrige Meinung, das Gedicht stamme von Guido Görres. Von einer weiteren u. H. ist auf der Abschrift oben links notiert: »ist gedruckt in der Beilage zur Zeitung für Einsiedler S. 24.«, gemeint ist Sp. 24 der Beilage. Ricklefs Lyr.-Reg. 1558 ohne Hs. Arnims Hs. zeigt eine Überarbeitung, die exakt zur Fassung der ZfE führt. Hier wird die frühere Fassung wiedergegeben, ein Gemäldesonett auf ein Bild von Roos. Gemeint ist vermutlich Theodor Roos (1638–1698) aus einer Künstlerfamilie von Tiermalern, Hofmaler in Stuttgart, der Bildnisse und Historienbilder anfertigte. Die 5 über dem Text weist darauf hin, daß das Gedicht in einer Reihe weiterer Sonette stand, vermutlich in der, deren übrige Gedichte bereits 1804 in Ariel’s Offenbarungen publiziert wurden. – Arnim

1254

Beylage

dürfte in Heidelberg die Hs. Joseph Görres geschenkt haben, in dessen Nachlaß sie dann verblieb.

5 Helena von Meister Roos Was flüstert Amor leise mir ins Ohr Wer zieht mich an dem Bein zum offnen Bette, Wie Neigung bist du also starke Kette Daß unverbrüchlich selbst dem feigen Thor O wär ich halb so stark wie Du ich hätte Die Feinde all’ erlegt vor unserm Thor, Wer war es denn, der mich erdrückend schwor Im Bette mir: »Das Vaterland ich rette! Ja wär’ Achill ein weiches schwaches Weib, Dir wäre wohl die kühne That gelungen, Die Lanze hätte ihm durchbohrt den Leib. Du hältst den Mund hast zaudernd mich umrungen. ˙ ˙ ˙ ˙˙ ˙ ˙ O wage nicht Gefahr zum ˙Zeitvertreib, Ich bin gar böse fühl’ ich mich bezwungen 504,1–506,15 Nr. 62(62.1)/63(62.2)/66

Sonet vertieft sich bei einigen bachantischen Bildern 〈. . .〉 Langeweile.] Zu dieser Gedichtgruppe gibt es mehrere Handschriften. H1: Die Gedichte Nr. 62/1 (Du rother Schein) und Nr. 66 (Die Wolken ziehn) erscheinen in Entwürfen des in England 1804 entstandene Dramenfragments Friedrichs Jugend (03/15, Bl. 10r/v), gesprochen von Friedrich bzw. dem Gedankenchor.

Varianten 504,4 wohl] ja 504,8 gegeben] ergeben 504,14 Mutterleibes] meines Leibes 506,5 Ihr] ein aus Ihr 506,13 erklettert sie] rklettern wir

1255

Kommentar

H2: FDH G 279. Ricklefs Lyr.-Reg. 277. Es handelt sich um eine spätere Fassung. Wz: PRO PATRIA und Hollandia im Haag. Wiedergabe der früheren Stufe:

Gott Bachus löst die staubgen Sohlenschuhe, Ariadne ruhet schon auf weichem Rasen. Die Leoparden rings zur Wache grasen, Bey der geheimnißvollen reichen Truhe Der Mensch muß noch von andern Göttern rasen Kommt auch der eine Gott in ihm zur Ruhe, Wie auch die Kohle sich mit Asch’ umthue, Ein andrer Gott wird Feuer draus anblasen Und Amor neckend die zusammgebracht, Die sonst in Widerwillen sich verlacht, Bis dann der Tag mit seinem Licht erwacht. Und sich erkennend von einander streben Die Liebenden, mit ihren Thyrsusstäben, Sich rächen schlagend, die sich so ergeben H3: FDH G 48. Wasserzeichen: HOLLAND, kursive Schrift unter Muschel. Zwei zusammengehörige Dbl., jeweils nur die 1. und 3. Seite beschrieben. Entwurf mit Korrekturen, hier die frühere Stufe, nach den Sofortkorrekturen: Ricklefs Lyr.-Reg. 1113:

Apollo und Hiazinth 〈. . .〉 Ricklefs Lyr.-Reg. 277:

Der Gott löst die bestaubten Sohlenschuhe Ariadne schläft getröstet auf dem Rasen, Die Leoparden rings zur Wache grasen, Nacht schliest die Welt in ihre dunkle Truhe Das thierisch Volk der Menschen muß noch rasen Kommt auch ein Gott in ihnen jezt zur Ruhe, Wie auch die Kohle sich mit Asch’ umthue Des Kampfes Gott wird Feuer neu anblasen

1256

Beylage

Sie schlagen sich mit ihren Thyrsusstäben Im Tanzen die Centauren sind verlacht, Die Tagesrosse vorzudringen streben Mit Fackeln schlägt die Nacht, der Wagen kracht Verwüstet leer und überall verwacht Erscheint der Welt dies thierisch wilde Leben Ricklefs Lyr.-Reg. 399:

Die Bachantin Die Wolken ziehn, der Bachusstab entsinket Das Tamburin ruht unterm Arme stille Vom Nacken sinkt herab die Panterhülle Ihr Auge scheu vor fernem Schimmer blinket O hebt dich nicht des Geistes eigner Wille Wenn nicht aus deinen Augen Wonne winket Aus dir der Gott den ewgen Rausch sich trinket Wie bald bezwingt dich seiner Gaben Fülle. Des Festes Spiel ist dir in Graus verklungen Und nächtlich klagend gleichest du der Eule Hat sich der Gott gesättiget entschwungen Den Fels voll Wuth erkletterst du in Eile Der Rausch verfliegt, von Schneegebraus durchdrungen, Vom Schwindel wirbelnd weicht die Langeweile. Ricklefs Lyr.-Reg. 435:

Kelter und Becher Des Feuers Schein auf goldbelaubten Reben Erzittert von der blanken Cimbeln Klang Mir wird der Athem taumelnd wild und bang, Zu Locken meine Haare schaudernd schweben Mir tanzt die Welt in Melodienzwang Ich kann mich von der Kelter nicht erheben, Die Göttin ruht mir in den Schooß gegeben Doch sie zu küssen ist nur ferner Drang 1257

Kommentar

Mit Ernst den leeren Becher zu erheben Ist heilge Sehnsucht letzter Lebenskraft, Ich fühle mich unendlich aus ihm leben. Sein Blitz zerreist der Sinne enge Haft Sein Klang ist einer neuen Schöpfung Leben, Die Kelter drin zerstörend Schönres schafft. D2: in der Zeitschrift Agrippina, hg. v. J. B. Rousseau. Köln 1. Jg., Nr. 83, 9. Juli 1824, S. 329; vgl. Hermann F. Weiss, Rezension: Ulfert Ricklefs, Arnims lyrisches Werk. Register der Handschriften und Drucke. Tübingen 1980. In: Michigan Germanic Studies 6, 1980, S. 152f.; dort: I. Die Bacchantin, II. Faunen und Centauren, III. Apollo und Hyacinth. Vgl. Werke V, S. 1398f. Zu diesem Druck sind H2 und H3 die Entwürfe. – Von Bettine von Arnim gibt es eine undatierte Zeichnung Bacchantin; vgl. Bettina von Arnims Sämtliche Werke, hg. v. Waldemar Oehlke. Bd. 7. Berlin 1922, bei S. 160, Nachweis S. 556 (GNM Weimar).

Ottav treibt sich 〈. . .〉 Terzinen: Wer schleichet dort so langsam still hinunter 〈. . .〉 schwinget.] Ricklefs Lyr.-Reg. 1681.

509,22–510,3 Nr. 73

Ein erster Entwurf steht im Englischen Heft IV, GSA 03/183, Bl. 21r. – Das Gedicht bezieht sich in dieser Fassung vermutlich auf ein Bild der schlafenden Venus mit Amor und Mars. – Bleistift mit Korrekturen in Tinte; hier die Bleistiftfassung:

Wer schleichet dort so langsam still hinunter Die Sonne ists sie zieht die blauen Kleider Der Schönen mit die nakt nun ruhet leider Doch friert sie nicht ihr Herz schlägt wärmend munter. Ein Knabe fühlt darauf, Er sah die Kleider Zwey Flüglein führt als Regenbogen bunter, Er lispelt in das Ohr so schalkhaft munter, Wie Ohrenklingen, Es ist hier kein Neider, Denn seine Hand sie winkt dem braunen Krieger, An des Helm ein Siegerkranz hoch winkt, Daß er hier sey ein doppelt reicher Sieger Sein Auge rückwärts in das tiefe Dunkel springt, So schrecklich glühend wie der wilde Tieger, Wie Schönheit wohl so heftig Wuth erzwinget 1258

Beylage

Danach in Arnims Brief an Brentano, London, Weihnachten 1803. Werke V, S. 125; Schultz 1998, S. 204; WAA XXXI, S. 333:

Wie die edle Frau den Ritter nach einer Kriegsfahrt erwartet Wer schleichet dort so langsam still hinunter Die Sonne ist’s, sie zieht die blauen Kleider, Der Schönen mit, die nackt nun ruhet leider, Doch friert sie nicht, ihr Herz schlägt wärmend munter x Ein Knabe fühlt darauf, er stahl die Kleider Zum Panner sich als Regenbogen bunter, Sie rauschet in ihr Ohr so schalkhaft munter Wie Ohrenklingen, er Vertrauter beyder: x Denn Hand und Panner winkt dem braunen Krieger Der kehrend heim ein Siegerpanner schwinget Daß traun er werd’ ein doppelt reicher Sieger. x Der Stern der Schlacht mit Kriegslust neu durchdringet, Durch Nacht sein Auge glühet wie vom Tieger, Der Knabe Händeklatschend Flüglein schwinget. Der Sänger erzählt 〈. . .〉 starb: Sie suchet ihn, den wilde Nacht verborgen 〈. . .〉 umfangen.] Ricklefs Lyr.-Reg. 1338. Vorstufen verzeichnet ebd. unter 530: Er suchet sie 518,1–16 Nr. 90

H1: GSA 03/5 (Sonette), Bl. 13r, 1 Bl., ca. 24,2 x 19 cm, grünliches Papier, Wz: NB. in lateinischer Schrift geschrieben. Entwurf mit vielen Varianten, der sich auf Mme de Stae¨ls Roman Delphine (1802) bezieht (vgl. Ricklefs in: Werke V, S. 1077):

Leonce. Sonnet. Er suchet sie die milde Nacht verborgen Und über Fluthen schwankt sein Schicksals Nachen, Wie Drachen öffnen schäumend sie den Rachen, Doch kämpft er muthig bis zum neuen Morgen. x 1259

Kommentar

Delphine willst du denn für ihn erwachen, Der von der Ehre will die Liebe borgen Die reiche Liebe lacht so armer Sorgen Die Myrthe lehrt dem Lorbeer Kränze machen. Delphine winket und die Wellen sinken Sie zeigt dem Kahn die Bahn mit Fiebergluthen Und küsst sein Bild im Wiederschein der Fluthen Er kennt sich nicht, wähnt sie dem Fremdling winken Er suchte Lust, und Wuth wird sein Verlangen Er tödtet sie und stirbt von ihr umfangen H2: Die Varianten auf der Handschrift H1 führen zur Reinschrift der frühen Fassung im Brief an Brentano (Lyon, Paris, 12./26. Januar 1803; Werke V, S. 83; Schultz 1998, S. 89; WAA XXXI, S. 175f.) ebenfalls in lateinischer Schrift. Arnim schreibt Brentano über die zeitgenössische französische Dichtung, die er bei Mme de Stae¨l kennengelernt hatte: Es giebt hier nur eine

Poesie und das ist die Zerstörung, lies Atala von Chateaubriand und Delphine von Frau von Stael, die beyden bedeutendsten Werke, die in neuerer Zeit hier erschienen, es ist als wenn man einen Schornsteinfeger zur Psyche legt, wenn sie erwacht! Sie muß ihm die Oehllampe um die Ohren schlagen. Hör ein Sonnet über solch einen Schornsteinfeger 〈. . .〉 Abweichend nur die Terzette:

Delphine winket, dass die Welle sinke, Sie zeigt dem Kahn die Bahn mit Liebesgluthen Und küsst sein Bild im Wiederschein der Fluthen. Er kennt sich nicht; – er wähnt ein Fremdling trinke Des Mundes Lust; – und Wuth wird sein Verlangen: Er tödtet sie, und stirbt von ihr umfangen. Druckfehler 466,34

Trouvadour] Treuvadour ZfE Pinkepank] Pinkepack ZfE 468,17 Nie] Rie ZfE 468,12

1260

Beylage

468,19 gesunden] gesunken ZfE 469,21 betrachte] betrachtete ZfE 472,13 Freundin] Freunden ZfE 472,16 brachen] brechen ZfE 472,17 Freundin] Freunden ZfE 474,6 Spülicht] Spulicht ZfE 475,25 Künstler] Künter ZfE 476,10 daß] laß ZfE 477,13 Lustumspielung] Pfaff liest: Luft Umspielung Jedenfalls sind wohl zwei Wörter zu denken. 478,5 nicht gleich] nichtgleich ZfE 478,20 zu schicken] zuschicken ZfE 479,22 spiegelnd] spiegeld ZfE 479,25 Redaction] Redaetion ZfE 480,5 schlangen] schlagen ZfE 482,5 Allmählig] Ullmählig ZfE 482,20 höherer] hörerer ZfE 484,18 müssen] müsse ZfE 485,27 Er] Es ZfE 488,20 Sprengseln] Sprengfeln ZfE 489,8 Rec.] Ree. ZfE 492,12 eurer] eure ZfE 493,11 zu] u ZfE 507,24 aufwärts] auswärts ZfE 511,30 strichen] streichen ZfE, Korrektur nach Reim. 512,20 Ans] Aus ZfE 516,24 Das Moos] Des Moos ZfE 517,16 Ottav] Sonet ZfE, dem Inhalt nach 519,13 gierig] giering ZfE 519,29 Schönheit stäuben] Schönheitstäuben ZfE

Erläuterungen 463,10–11 Anhang 〈. . .〉 Schriften.] Provozierend spielt Arnim auf Vossens Rezension von Bürgers Schriften mit der Kritik an dessen Sonetten in der JALZ an. Statt sich von Voß belehren zu lassen, setzt er die in dessen Augen wertlose Dichtung fort. Arnim zitiert in der Folge öfter aus dieser Rezension (hier zitiert: JALZ): JENAISCHE ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG VOM JAHRE 1808. 5. Jg., 2. Bd.: April, May, Junius Jena,

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Leipzig, Nr. 128. 1. Juni 1808, Sp. 409–416; Nr. 129, 2. Juni 1808, Sp. 417– 424; Nr. 130, 3. Juni 1808, Sp. 425–432; Nr. 131, 4. Juni 1808, Sp. 433–440:

SPRACHE UND DICHTKUNST. Göttingen, b. Dieterich: G. A. B ü r g e r s Sonnette, in den letzten Ausgaben der Bürgerschen Gedichte. 1789, 1796 und 1803. 463,17 Trident] Eigentlich: Dreizack des Neptun 464,12–14 Sieh doch drey Ien 〈. . .〉 zu viele Een mit diesem Klingding] Voß befaßt sich mit den Vokalen in den Reimworten; vgl. z. B. JALZ (Sp. 436f.): Man meide die Anreihung ähnlicher Laute in den Hebungen, dass nicht auf die Reimbande von b e t e n eine von l e b e t , oder auf M u s e ein D u n k e l stosse; noch sorgfältiger eine Folge gleichlautiger Senkungen, wovon das klanglose e und das summende e n die zudringlichsten sind. Welch ein Ohr, das, ganze Strofen, ganze Sonnette hindurch, ununterbrochene Reime mit endendem e oder e n aushalten kann! Gemeint sind hier die Worte: Saiten Schreiten breiten. 464,22 stätisch] störrisch (DWb 10,2, Sp. 948 mit der vorliegenden Stelle als Beleg). 464,33–34 Griechenland und Rom] Anspielung auf den Klassiker Voß. 465,2 Loretto] Mit dem Namen dieses Wallfahrtsorts schließt Voß sein Sonett An Goethe im Morgenblatt (s.dort). 465,5 Zimmer] Im Kontext der Gedichtformen ist Zimmer eine Übersetzung von italienisch »stanza«, was sowohl »Zimmer« bedeutet als auch eine Gedichtform darstellt. Vgl. Arnims Weimar-Stanzen (Moering 1996; Ricklefs in: Werke V, S. 1381f.). 465,20–22 Eine Semmel 〈. . .〉 der Spülig sich abspült.] Voß bezeichnete Görres Schriften als Spülig (Morgenblatt, s. o.). 466,12–15 das muckende E 〈. . .〉 Schwanz] JALZ, Sp. 418. 466,34–467,2 Trouvadour 〈. . .〉 Glatzkopf] Trouvadoure erwähnt Voß in seinem Sonett An Goethe. Der Pantoffel des Papstes, den die Pilger damals zur Begrüßung küssen mußten, war ein beliebtes Thema der Kontroversliteratur, ebenso das Rosenkranzbeten, das hier mit Corallen brümmeln〈d〉 bezeichnet wird. 467,5–18 Wohl 〈. . .〉 Schwung.] Die aus der griechischen Literatur stammenden Versformen Hexameter und Pentameter, aus denen die Gedichtform der Elegie gebildet ist, werden – auch von Arnim – immer noch gebraucht und haben sich bewährt. Dem italienischen Mittelalter entstammen Sonett und Terzine. Sie Verachten die Kunst des Vaters; hier spielt Arnim auf Vossens Bemühen um genaue Erfüllung der Form an, die wie eine Art Handwerk beschrieben wird (Sylbenstecherey).

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467,21 Trall prall schall sum brum Sonate] Arnim zitiert Vossens Klingsonate aus drei Sonetten (JALZ, Sp. 440). 467,23 gute Verse zu drehen] Vossens Kunst als Handwerk. 468,12–13 Pinkepank 〈. . .〉 Sphärenmusik] JALZ, Sp. 409. 468,17–27 Nie 〈. . .〉 streben.] In den beiden Quartetten beschreibt Arnim das Wesen des Sonetts; im ersten Terzett das der Terzine, die – anders als das Sonett – nicht in der Anzahl der Verse begrenzt ist, also tausend Verse enthalten kann. Die Beschreibung der Schwestern im Sonett erinnert an Brentanos Sonette im Godwi (vgl. FBA 16, S. 407f.). 468,32–33 dem Innern der Verskunst] JALZ, Sp. 410. 469,1 Füßen] Vermutlich Bezug auf die Versfüße. 469,12 schildern] Im Gegensatz zur dritten Zeile des Gedichts hier wohl nicht im modernen Sinn des Worts, sondern als »malen«. Vgl. 483,18: Schilder im Sinn von »Gemälde«. Es handelt sich damit nicht um einen identischen Reim. 469,20–21 Man entkleide 〈. . .〉 hervorschlüpft] JALZ, Sp. 415. 470,8–10 Leicht 〈. . .〉 ausgeflickt.] JALZ, Sp. 415f. (angeflickt) 470,27–31 Aus 〈. . .〉 verschollen war.] JALZ, Sp. 417. 471,11–12 vgl. Matth. 27,51 und Parallelstellen 471,17–18 Ey 〈. . .〉 sollen?] JALZ, Sp. 418. 471,21–472,3 Wie 〈. . .〉 singen.] Die Situation könnte durch ein Erlebnis Arnims angeregt sein, das auch Bettine in dem von ihr komponierten Briefbuch Clemens Brentano’s Frühlingskranz beschreibt. Es handelt sich um einen gemeinsamen Ausflug zu dem Grüne Burg genannten Anwesen bei Frankfurt (im heute nur noch übrigen Grüneburgpark), bei dem Arnim, Bettine und Karoline von Günderrode wegen eines Gewitters übernachten mußten (vgl. Arnims Brief an Brentano aus Bern, vmtl. Beginn des zweiten Drittels August 1802, WAA XXXI, S. 78; vgl. auch Apfelhüterin Friedericke Baumannin). Bettine schreibt (unsicher ist, ob der Brief an Brentano später bearbeitet wurde, da das Original verbrannt ist; zit. nach: FBA 30, S. 192):

Die G ü n d e r o d e wurde ins Bett gesteckt, wir sollten die Nacht da bleiben. Wer war froher wie ich. Eine schöne Sommernacht unter einem Dach mit dem A r n i m , u n d G ü n d e r ö d c h e n durchplaudert 〈. . .〉 oben zankten wir einander daß wir nicht in ihn verliebt seien, dann zankten wir einander daß wir keine Vertrauen hätten, und wolltens nicht gestehen daß wir ihn doch liebten, dann rechtfertigten wir uns daß wir es nicht thäten, weil jede geglaubt hatte daß die andre ihn liebe, dann versöhnten wir uns, dann wollten wir großmüthig einander ihn abtreten, dann zankten wir wieder daß jede aus Großmuth so 1263

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eigensinnig war ihn nicht haben zu wollen. Es schien ernst zu werden, denn ich sprang auf und wollte mein Bett von dem ihrigen wegrücken aus lauter Zorn daß sie den A r n i m nicht wollte. Auf einmal hören wir husten und sich tief räuspern. Ach der A r n i m war durch eine dünne Wand nur von uns geschieden, er konnte deutlich alles vernehmen, er mußte es gehört haben, ich sprang ins Bett und deckte mich bis über die Ohren zu. 472,5–9 Mein Haupt 〈. . .〉 Südschweis.] Zitat aus Vossens Klingsonate; JALZ, Sp. 440. 472,27–30 Wie 〈. . .〉 verlangen.] JALZ, Sp. 436. 473,1–15 Sonet 〈. . .〉 Schleier.] Die folgenden Str. mit der Beschreibung des Liebeskummers lassen an Arnims Leidenschaft für Auguste Schwinck in Königsberg denken. Damals legte er einen kleinen Garten an. 473,17–18 Bel 〈. . .〉 Belsazar.] JALZ, Sp. 438. 474,5–6 Für Geistesnahrung 〈. . .〉 Breymahl.] JALZ, Sp. 438. 474,18–19 O Isis 〈. . .〉 Ich sterbe doch] Anspielung auf Schillers Gedicht Das verschleierte Bild zu Sais bzw. die dem zugrundeliegende Sage [vgl. NA, Bd. 1, S. 254–266, NA, Bd. 2 II A, S. 262–265]. 474,24–25 Aus Moor 〈. . .〉 hervor.] JALZ, Sp. 440. 475,12 Abab 〈. . .〉 baab] Eine mögliche Reimfolge, wie Voß sie in der JALZ (Sp. 417) debattiert; hier Persiflage auf dessen Dichterhandwerk: Bei P e -

t r a r k a , dessen Sonnette der Italiener für die vollkommensten Muster hält, bemerkt F e r n o w in den zwey Vierlingen, ausser den harmonischen Verhältnissen der eingeschlossenen Reime: a b b a , a b b a ; und der Wechselreime a b a b, a b a b: auch diese misfälligen: a b a b , b a b a ; und a b a b , b a a b . In dem Doppeldreyling fand er b e y P e t r a r k a zwey symmetrische Reimfolgen: a b a , a b a ; und: a b c , a b c ; und, wenn drey Zweylinge gelten dürfen, noch Eine: a b , a b , a b : zugleich aber diese zerrütteten: a b b , b a a ; a b c , b a c ; a b c , b c a ; a b c , c b a . Dazu fügten andere Italiener die schöneren Stellungen: a b b , a b b ; und: a b b , a c c ; dann diese den Absätzen des Sinns widersprechende Zweytheilung: a b , a b , c c : ja leider auch solchen Wirrwarr: a b a , a b b ; a b c , c a b ; a b a , c b c . 475,30 Unsers verehrten Mannes Adjudant] Vermtl. ist Alois Schreiber gemeint. 476,32 Zitternadel] Vermtl. ist ein Schmuckstück auf dem Porträt gemeint, doch bekommt das Wort durch die vorhergehende Zeile auch die Bedeutung von Kompassnadel.

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477,6 künstlichere Reime] Der Jünger über Voß. 477,9 Hebe] Die Beschreibung bezieht sich möglicherweise auf existierende Bilder. Der Meister, da griechischer Abstammung, malt Figuren der antiken Mythologie. Arnim spielt mit der Einseitigkeit von Vossens Romantikerbild: er selbst beherrscht sowohl antike wie moderne Formen und Inhalte. 478,1–16 Sonet 〈. . .〉 leis.] Mythos von Zeus, Hades und Poseidon; Anspielung auf die Gegner der Romantiker. 478,28 verwildern] Vielleicht eine Anspielung auf Brentanos verwilderten Roman Godwi. 479,25–26 Die Redaction 〈. . .〉 mindest fordernden überlassen.] D.h. die Rezensionen der Voß-Partei sind billig. 480,18–23 Rec. findet diese Dichtung so hold und lieblich 〈. . .〉 die andern.] Evtl. Anspielung auf die positive Rezension von Loebens Guido im Morgenblatt (s. u. in Görres’ Des Dichters Krönung). 481,3 nüchtern trunken] Vermtl. Anspielung auf Hölderlins Ode Hälfte des Lebens (1805). 481,5–6 im Busen 〈. . .〉 Gleichheit 〈. . .〉 Freiheit] Anzügliche Anspielung auf die Französische Revolution mit ihrer Sittenfreiheit. 481,8–9 ein hundert Romanzen] Evtl. Bezug auf Loeben-Rezension. 481,12 kreist] kreißt 482,17–20 Des Menschen 〈. . .〉 Potenz] Anspielung auf die Philosophie Fichtes. 482,22 Ottav] Die Strophenform Ottave. 483,3 Hängt 〈. . .〉 Haar.] Anspielung auf die Damokles-Sage. 483,8–9 Ehret die Frauen 〈. . .〉 Leben] Zitat aus Schillers Würde der Frauen [NA, Bd. 1, S. 240–243], welches Gedicht die Jenaer Romantiker komisch fanden. A. W. Schlegel parodierte es (vgl. NA, Bd. 2 II a, S. 236). 483,13 Blocksberg] Es könnte auf die Sage allgemein oder auch auf Goethes Faust angespielt sein. 483,13–17 Räuber Pape Döne 〈. . .〉 wilder] Die Sage erwähnt Arnim auch im Vorwort zur Tröst Einsamkeit (540,13f.; vgl. die Erl. zur Stelle). 483,18 Schilder] Bilder 483,27 Indifferenzpunkt] Anspielung auf die Philosophie Schellings. 484,14–15 Frösch 〈. . .〉 Aegypt’schen Truges] Anspielung auf 2 Mose 7,27–8,10. 484,17–18 findet 〈. . .〉 untergehen] Anspielung auf die Philosophie Schellings. 484,18–20 Er würde 〈. . .〉 Ehmals.] Eine groteske Verschlimmbesserung des Verses, ganz im Stil von Vossens Kritik.

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Kommentar

484,26 dir] Vielleicht Druckfehler für »ihr«, was besser in die dichterische Perspektive passen würde. 488,10 Quadratur] Gemeint ist die unmögliche Quadratur des Kreises, die der Mathematiker Gaetano Rossi zu ermitteln geglaubt hatte (vgl. Arnim an Hans Graf von Schlitz, London, 6. März 1804; WAA XXXI, S. 352): Hier hält

sich jezt ein Italiäner auf der die Quadratur des Cirkels jedem für zwey Guineen verkauft 〈. . .〉. 488,11 Perpetuum mobile] Vgl. Arnims gleichnamigen April-Scherz. 488,17–19 ein Paar Adjudanten 〈. . .〉 Menschen] Voß mit seinen Anhängern. Die folgenden Bemerkungen beziehen sich auf die Comoedia divina. 488,21 Butterbrod] Voß beschreibt gern Mähler. 488,22 an den Füßen beschädigt] Im Zusammenhang von den Fallen, doch ist wieder ein Bezug auf Versfüße anzunehmen. 489,8–13 mit keiner Parodie 〈. . .〉 göttliche Komödie 〈. . .〉 manches Gute kennen.] Anspielung auf die Comoedia divina, die lange Zitate aus Görres und Jean Paul abdruckte und sogar im Titel erwähnte. 490,17–23 Rec. 〈. . .〉 schaden.] Gedanken eines Voß-Jüngers. 491,8–12 Mücken 〈. . .〉 Hund] Reizwörter aus der Voß-Fehde. 491,31–32 Schriften 〈. . .〉, worin sein Feind gelobt wird] Am ärgerlichsten war für Voß Goethes lobende Wh-Rezension in der JALZ (Januar 1806). 493,30–32 hochverdienten Veteran 〈. . .〉 Wörterbuche] Voß als Sprachpurist. Er arbeitete auch an »Vorbereitungen zu einem deutschen Wörterbuch« (vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt; FBA 9/3, S. 701). 495,5 Ursach warum] Wendung aus der Umgangssprache der Juden, die Arnim öfters satirisch gebraucht. Wahrscheinlich ist mit dem Rezensenten der Jude Heinrich Salomo Michaelis gemeint. 495,11–25 Wie 〈. . .〉 kürzen.] Anspielung auf die Witwenverbrennung. 495,28 Schauspiel] Comoedia divina. 496,17–18 Redaktion 〈. . .〉 mäßigen kann.] Vermutlich Anspielung auf die zweite Besprechung von Loebens Guido im Morgenblatt durch Georg Reinbeck (s. o.). 498,13 Tuberros’] Eigentlich Name der mexikanischen Narzissengattung Polianthes, im Deutschen auch für andere Blumen gebraucht (DWb 11/1, Sp. 1447). 498,20 was die Glocke ist] Wie spät es ist. 498,22–499,3 Ottav 〈. . .〉 körnen.] Anspielung auf Brentanos übereilte zweite Eheschließung nur ein Dreivierteljahr nach dem Tod seiner ersten Frau Sophie Mereau. Hier und im Folgenden äußert sich Arnim sehr kritisch über die schlimme Behandlung, die Brentanos Frauen durch dessen Launen erfuh-

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ren, insbesondere Auguste, die er schnell wieder loswerden wollte. Vgl. Moering 2003. 499,12 Memnon] Eine Kolossalstatue Amenophis III. in Ägypten, die bei Sonnenaufgang ertönte. 499,28–500,10 Was Liebe heißt 〈. . .〉 blieben.] Vgl.: Varianten. »Arnim beschreibt in den beiden Terzetten eine Elektrolyse, wie er sie als junger Wissenschaftler in Halle oder Göttingen in Experimenten durchgeführt hatte: Die Jungfern sind die Elemente des Wassers – H2O –, die Jünglinge sind zwei metallene Pole, die unter Strom gebracht werden, vielleicht – in diesem Experiment – durch den Ring, der anders gepolt ist. Das Wasser scheidet sich jetzt, die H+-Ionen wandern zum Minuspol, die OH–-Ionen zum Pluspol, es entstehen Wasserstoff und Sauerstoff, die entweichen. Arnim nimmt diesen Vorgang als Symbol für den Charakter von Liebe und Freundschaft; die Liebe ist flüchtig, nur die Freundschaft ist beständig. In der letzten Zeile klingt die enge Freundschaft mit Brentano an.« (Goethe und die literarische Romantik, s. o., S. 144) Brentano stand, als Arnim dies Gedicht zuerst schrieb, vor seiner Eheschließung mit Sophie Mereau. Statt im Wasser ist gemeint:

e i n Wasser. 500,12–13 die Zeitung für Einsiedler 〈. . .〉 erschienen] Eine Anzeige des Titels erschien nur in der JALZ (Intelligenzblatt, Nr. 66). Vgl. ferner Morgenblatt (s. o.). 500,19 Und es ward Licht] 1. Mose 1,3. 501,22–27 Dieses Buch 〈. . .〉 einzig.] Reimerei im Sinne von Voß. 502,3–5 Sie 〈. . .〉 gestellt] Wahrscheinlich ist Arnim durch Johann Heinrich Füsslis Gemälde Nachtmahr/ nightmare inspiriert, das in mehreren Fassungen existiert (1781; 1790/91; 1802). 502,18–29 Faust’s Geist 〈. . .〉 säuselt. 〈. . .〉 Komödie.] Die Verse sind ein Zitat aus Goethes Faust (V.548–557). Damit wird die göttliche Komödie, d. i.: Comoedia divina weggefegt. 503,16–30 die Helena 〈. . .〉 bezwungen.] Vgl. die Hs. 504,2–505,15 Göttlicher Rausch 〈. . .〉 rächen.] Anspielung auf den Dionysos-Mythos. 505,10 länglich] Wahrscheinlich Druckfehler statt »bänglich«. 509,2–15 O starrend 〈. . .〉 verschlangen.] Sonett mit mehreren Binnenreimen. 509,17–19 Rec. (Erwachend) 〈. . .〉 Campana.] Voß-Zitat, JALZ, Sp. 440. 510,15 Ich traue Dornen, weil ich Rosen wähle] Hier und im folgenden Gedicht wird auf Brentanos frühes Sonett Auf Dornen oder Roßen hingesunken? angespielt. Eine zweite Fassung schrieb er für Auguste (vgl. Moe-

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ring 2003a, S. 107, sowie Hartwig Schultz, »Verzweiflung an der Liebe in der Liebe«. Die Liebeslyrik des jungen Brentano. In: »Auf Dornen oder Roßen hingesunken?« Eros und Poesie bei Clemens Brentano. Im Auftrag des Freien Deutschen Hochstifts – Frankfurter Goeth-Museum hg. v. Hartwig Schultz. Berlin 2003, S. 28). In den folgenden Sonetten um Ottavs Liebe spiegelt sich das Ende von Brentanos unglückliche Ehe mit Auguste. 513,4 gach] eilig 515,19–20 Aus 〈. . .〉 berücken.] Homerischer Topos der Pforten der Träume (vgl. ZfE27, 342,38–343,3). 515,28–30 Jetzt liebte ich 〈. . .〉 verfluchte mich.] Nach der mythologischen Figur des Narziss. Vermutlich wiederholte Anspielung auf Brentano. 517,2–15 Verbrennen 〈. . .〉 treibet!] Ein seelisches Porträt von Brentanos unglücklicher Frau, die ihn weiterhin liebte. Ob Brentano evtl. verlangte, daß Auguste seine Briefe verbrennen sollte, ist nicht bekannt. Arnim als sein Heidelberger Mitbewohner konnte das aber wohl wissen. Jedenfalls erhielt sie die bei der Flucht aus Frankfurt dort zurückgelassenen Billette Brentanos mit seinen Liebesgedichten nicht von der Brentano-Familie ausgehändigt. Vermutlich wurden sie vernichtet. Vgl. Moering 2003, S 104. 517,6–8 Soll 〈. . .〉 eilen?] Anspielung auf die Sage von Kleopatra und ihrem Perlentrank. 517,17 Es ist nun aufgepackt] Brentanos Situation beim Weggang von Heidelberg wurde als grotesk empfunden, da er sich nach seiner ungeliebten Frau plötzlich wieder sehnte. Die Entstehung dieser Schlußgedichete läßt sich somit datieren auf die Zeit nach dem 23. Juni. 518,20 Rhonestrom] Erinnerung an die Reise durch die Schweiz 1802. 520,1–33 Zur Kupfererklärung 〈. . .〉 inzwei.] Im letzten Sonett spricht zunächst Voß (in JALZ-Zitaten), der sich von dem Kind, dem Genius der jugendlichen Poesie, angegriffen fühlt. Dieser antwortet in den Terzetten. Die Kritik von Voß und seiner Partei vermag nichts gegen die unbefangene Poesie. In der Anmerkung zu diesem Sonett (520,18–33) faßt Arnim seine Abneigung gegenüber wissenschaftlicher Kritik in eine Fabel um Homer und seine drei Söhne. Die Annahme des Vaters, daß nur einer sein wirklicher Sohn sei, erinnert an Lessings Ring-Parabel aus Nathan der Weise (1779). Doch läßt Arnim die Antwort nicht offen wie der Aufklärer, sondern bezieht Partei. Die beiden ältesten Söhne treffen die Brust des Verstorbenen mit ihrem kritische〈n〉 Pfeilgeschoß (520,26), was bedeutet, daß sie sich seinen Texten wissenschaftlich nähern. Mit dem ältesten ist vermutlich Voß gemeint,

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dessen Gesamtübersetzung Homers 1793 erschien; sie näherte erstmals die deutschen Hexameter den griechischen künstlerisch überzeugend an (vgl. Günter Häntzschel, Johann Heinrich Voß. Seine Homer-Übersetzung als sprachschöpferische Leistung. München 1977). Der mittlere Sohn könnte Friedrich August Wolf (vgl. Komm. zu ZfE26) sein, der 1795 die Gelehrtenwelt mit der lateinisch abgefaßten Einleitung zu seiner Homer-Ausgabe erschreckte: Er vertrat in diesen Prolegomena ad Homerum die Ansicht, das Epos stamme nicht in seiner Gänze und vorliegenden sprachlichen Form von Homer. Arnim erwähnt dieses Werk im Brief an Brentano vom 6. Februar 1808 (Drey Briefe von Dir, mein 〈. . .〉; Hs. Heid. 2110,7 Bl. 276r–281v) im Zusammenhang mit den Gedichtbearbeitungen für das Wunderhorn: Von

dem berühmtesten epischen Gedichte der Iliade ist es zweifelhaft, was jeder einzeln daran gemacht – bis zu Wolf konnte man sogar die Stücke nicht unterscheiden. 〈. . .〉 Um die guten Leute die Büchergelehrten Antiquarier habe ich mich nie bekümmert, am meisten hatte ich das werdende Geschlecht der jungen Kinder vor Augen 〈. . .〉. Der jüngste Sohn in Arnims Anmerkung, der auf Textkritik verzichtet und sich dem Werk liebevoll nähert, bezeichnet wohl die Wh-Herausgeber und ihre romantischen Freunde, deren ergänzende und modernisierende Lektüre die alten Texte für die Gegenwart lebendig mache. Homer wird in Briefen Arnims immer wieder erwähnt. – Mit der Bemerkung über die Entzifferung der Keilschrift könnte Arnim auf die Leistung des Göttingers Georg Friedrich Grotefend anspielen, der 1802 einen Text in persischer Keilschrift entschlüsselte und sein Ergebnis der Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen mitteilte. Arnim dürfte davon erfahren haben. 521: Der Kupferstich stammt von Ludwig Emil Grimm. Voß steht hinter den Kulissen, zu erkennen an Brille und Pfeife. Seinen Kopf schmückt ein Dreispitz mit Feder. Durch einen Spalt im Filz sind aufgerollte Papiere geschoben, auf denen Lou〈i〉se steht, der Name deutet auf die berühmte Idylle von Voß. Vielleicht ist dieses Bildmotiv eine Anspielung auf die Redewendung »sich an den Hut stecken«, die von der Sitte kommt, »jemandem der unehrenhaft aus der Truppe entlassen wurde, eine Papierblume an den Hut zu stecken« (www.sprueche-klopfer.de). Das Arrangement ähnelt überdies dem breiten Gänsefuß aus der Radierung zur Bärnhäuter-Parodie auf das Morgenblatt. Im Pfeifendampf erscheint, ihm zum Hohn, der Beginn eines moralischen Liedes von Matthias Claudius (1740–1815): War einst ein Riese Goliath ein gar gefährlich Mann. Damit fällt Voß sein Urteil, denn Die Geschichte von Goliath und David, in Reime gebracht (aus ASMUS omnia sua SECUM portans, oder Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen,

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3. T., Beym Verfasser 1778, S. 170–174) nach 1. Sam. 17 besingt gerade den Sieg des israelitischen Jünglings über den unbesiegbar wirkenden Riesen aus dem Volk der Philister. Davor auf dem Theater ist eine Szene dargestellt, die vom hinüberlugenden Voß auf Davids Kampf gegen Goliath gedeutet wird. David, der Sänger, ist hier ein Genius auf einem Kinderstühlchen, der eine Rassel schwingt. Er wird bedroht von einem mit einem Schwert bewaffneten Mann, der mit einem – allerdings gebrochenen – Bogen zu zielen versucht. Er ist mittelalterlich gekleidet, also nicht wirklich ein antiker Riese. Die Bühne soll wohl die Öffentlichkeit der Voß-Partei in der Presse darstellen, die sich durch ihr Tun lächerlich macht. Im hinteren Proszenium sind zwei Gucklöcher, durch die Augen hereinsehen, möglicherweise die Anhänger von Voß. Ludwig Emil Grimm dürfte für die Figuren auf den Fundus an Kupferstichen zurückgegriffen haben, den Arnim besaß. »Durch dieses Bild scheint der alte Herr sich ganz besonders verletzt gefühlt zu haben«, meint Levin (1922, S. 101). – Daß Arnim im letzten Sonett und der zugehörigen Fußnote jeweils verschiedene Deutungen zu dieser Radierung abgibt, hat die Rezeption der ZfE mit ihrer überbordenden Phantasie nicht gerade gefördert. 522,1–531,19

Des Dichters Krönung 〈. . .〉 Görres 〈. . .〉 belachbar.] Entstehung

Die Satire gegen Voß und seinen Kreis als Antwort auf die Angriffe im Morgenblatt und in der Comoedia divina stammt von Görres, der dabei aus dichterischen Werken von Voß zitiert. Pfaff, der die zahlreichen Zitate nachweist, urteilt: »Kurz, der ganze Aufsatz besteht fast nur aus Citaten Vossischer Gedichte, natürlich nur solcher, welche die Mängel der Vossischen Poesie schlagend darthun. Besonders konnte aus den ›ländlichen‹ Gedichten eine reichliche Blumenlese zusammengepflückt werden. Voß hat das Wesen des Volkstümlichen so wenig zu erfassen gewußt und die Art des Volks so sehr mißkannt, daß seine ländlichen Lieder, die er gern aus dem Munde des Volks wieder vernommen hätte, uns nur wie eine Parodie, wie ein kläglicher Spott auf das Volkslied erscheinen.« (Pfaff, S. LXX). Görres erhielt den Druck erst nach seinem Weggang von Koblenz. Achim von Arnim schrieb ihm (Heidelberg, 22. Oktober 1808: Vielen Dank, lieber Görres, für 〈. . .〉; GörresBriefe 2, S. 35f.): Ich lege ein Exemplar der Trösteinsamkeit bei, da Sie

meines Wissens kein vollständiges besitzen. Die beiden Chöre: »Doch sprechen sie von Päpsten und von geheimen Vätern; frisch trommelt 1270

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auf den Tisch!« und jenes andere: »Das sind nur dumme Jungen«, haben allgemein gefallen. Neulich traf ich mich mit dem alten Garndieb im Concert; er war von seinen Adjutanten umgeben, er hatte aber viel böses Gewissen. Arnim zitiert in seinem Brief die Voß-Verse aus dem Gedächtnis nicht ganz richtig (vgl. 525,21f. und 529,35). Noch später als das gebundene Buch erhielt Görres die losen Hefte der ZfE durch Zimmer (an Görres, Heidelberg, 9. Dezember 1808; Görres-Briefe 2, S. 45): Das Ende

der Einsiedler-Zeitung habe ich Ihnen heute über Frankfurt schicken lassen. Druckfehler Verglichen mit: Joseph Görres, Gesammelte Schriften, Bd. 3, S. 297–304. 522,1 Dichters] Dichters. ZfE 523,34 Firste] Forste ZfE 523,38 Cotta] Corta ZfE 524,4 Der Hyperb.] danach fehlen bis 524,27 die Absätze. 524,14 Rabbis Messer] Rabbis-Messer ZfE 524,39 ha] ja D2 526,2 uns] und ZfE 527,31 schierts] schirrts ZfE 528,1 du!] Danach fehlt Absatz

Erläuterungen 522,1 Des Dichters Krönung.] »Die Krönung 〈. . .〉 macht einen Vorgang in Vossens Hause bei Gelegenheit seines Geburtstags lächerlich.« (Pfaff, S. LXXI). Heinrich Voß (1779–1822) berichtete am 7. März 1807 an Charlotte von Schiller (vgl. L. Urlichs, Charlotte von Schiller und ihre Freunde. Stuttgart 1865, Bd. 3, S. 215f.): Vor vierzehn Tagen feierten wir den Geburtstag

meines Vaters in einer Gesellschaft von siebenundzwanzig Personen, die meine Mutter geladen hatte. Wir setzten uns – nach Dithmarsischer Weise – an sieben kleinen Tischen immer vier und vier zusammen, und meine Mutter mit vier selbst gewählten jungen Mädchen besorgten die Aufwartung. Die gute Mutter war den Abend recht fröhlich und die übrige Gesellschaft nicht minder. Gesungen ward viel – auch Schillers Reiterlied und der Hymnus an die Freude – und dann Claudius Rheinweinlied, welches in der Nähe des Rheins und der Vogesen noch einmal so herzlich klingt. »Nur ein Geburtstag kommt im Jahr«, war der Wahlspruch, dem wir nachlebten. Da ich einige Tage 1271

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vorher meine Professorbestallung erhalten hatte, so war die allgemeine Freude um so lebhafter. Mein Vater wurde von der Rudolphi und Kirchenräthin Schwarz (Jungs Tochter) mit einem Lorbeerkranz geschmückt, und unsere katholische Hausmagd behauptete, er habe darin »so rührend, wie Christus mit der Dornenkrone« ausgesehen. Auch S c h i l l e r s Tasse, die nur an hohen Festtagen zum Vorschein kommt, ward dießmal unter die übrigen gestellt und ich reichte sie der Rudolphi. 522,2 Idylle] Voß war durch seine Idylle Luise berühmt. Auch Brentano spottete Ende 1808 in seinen Entgegnungen auf die Wh-Rezension von Voß, z.B. in seinem ersten Aufsatz mit Bezug auf die vollendete Ausgabe der Idylle von 1807 (FBA 9/3, S. 687): 〈. . .〉 und daß mir auch nie einer kommen und mehr verehrt werden soll, der mir nicht erst den Homer sprachhafter übersetzt oder die Luise luislicher vollende. Auch auf die Idyllen von 1801 wird im folgenden angespielt. 522,5–6 Ein Duckmäuser, Lebküchler von Profession, zugleich Wirth aus Nro. 2. in Pompeyi mit dem bekannten Schilde] Vielleicht Aloys Schreiber als Verfasser der Divina comoedia (522,9f.). Der Bezug auf eine pompejanische Schenke ist unklar. 522,7–8 ein aus dem Griechischen übersetzter Bauernbube] Der HomerÜbersetzer Voß, dessen Großvater noch Leibeigener war. Wohl auch eine Anspielung auf Lichtenbergs Bildlichkeit der Schöpse. Vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt. 522,10–11 das Kupfer mit den Hunden 〈. . .〉 im Einsiedler] Bezug auf die Umdeutung des Bildes in der Comoedia divina (s. o. zum May-Heft). 522,24 Douceur] Trinkgeld 522,29 die bekannte Aussicht] Einmal im übertragenen Sinne Vossens bekannte Weltanschauung, wohl aber auch eine Anspielung auf den Blick aus dem Turm seines Hauses, in dem sich sein Arbeitszimmer befand (s. o.). 522,30 Carfunkelberg] »Die Legende vom leuchtenden Karfunkel ist in der abendländischen Antike spätestens seit Theophrast und Plinius bekannt, aber erst in den Etymologiae des Isidor von Sevilla (7. Jahrhundert) wird der Stein mit dem Johanniswort lucet in tenebris verbunden und somit zum Symbol von Jesus Christus erhoben. In dieser Eigenschaft spielte der mystische Karfunkel im hohen Mittelalter eine wichtige Rolle 〈. . .〉. Bei Novalis erhielt der Karfunkel erneut eine echt symbolische Funktion.« (Ziolkowski 2009, S. 170; ders., Der Karfunkelstein, In: Euph. 55, 1961, S. 297–326) Hier ist der Carfunkelberg eine aktuelle Anspielung auf Loebens Roman Guido, in dem sich dieser in einem Felsen bei Jerusalem wiederfindet. Der Karfunkel garan-

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tiert die Weltharmonie. Loeben übernimmt in diesem Roman viele Motive aus Novalis’ Heinrich von Ofterdingen, zu dem sein Roman eine Fortsetzung sein sollte, und summiert sie in »parasitärer« Weise (vgl. Gerhard Schulz, In: Isidorus Orientalis [Otto Heinrich Graf von Loeben]: Guido. Faksimiledruck nach der Ausgabe von 1808. Hg. und mit einer Einführung von Gerhard Schulz. Bern-Frankfurt/M.-Las Vegas 1979, Vorwort, S.8*). Loeben war durch die nur mündlich geäußerte Kritik seines Romans durch Görres getroffen, wie sein Adlatus Wilhelm Budde in seinem Tagebuch überlieferte (Heidelberg, 21. Februar 1808; Görres, Ergänzungsband 1, S. 29): So habe ich Isidor noch

nie gesehen. Eine ganze Woche lang hat er gekämpft mit sich und dem unseligen Urteil von Görres über seinen treuen Pilger. In einer gewaltigen Unruhe bewegte sich sein großes Gemüt; er hatte keine Liebe mehr, sich in Dichtung und in frohem Streben seiner gewaltigen Fülle zu entladen. Wie still, aber heftig glühendes Feuer schien sein eigenes Herz sich zu verzehren. Er trank Kaffee bei uns und war recht glücklich in unserer Mitte. Michaelis und Eichendorffs brachten bald Zerstreuung genug ins Gespräch. Aber in seiner Seele blieb es immer brennend und sich verzehrend. 522,31 Calderons Kreutz] Der spanische katholische Dichter wurde damals von August Wilhelm Schlegel übersetzt (Spanisches Theater herausgegeben von August Wilhelm Schlegel, Berlin 1809. Vgl. Goethe und die literarische Romantik, S. 114). 522,32 Waldhörner] Reichardt hatte diesem Instrument, mit dem sich im Freien musizieren ließ, zur Popularität verholfen. Eichendorff beschreibt später die Waldhornmusik in Reichardts Garten, die er aus der Ferne hörte. Bei Tieck wurde die Waldhornmusik zuerst dichterisch zitiert, danach auch bei Loeben. 523,4 Siegfried, Genoveva, Hagene] Zu den Publikationen der ZfE. Auch bei Loeben. 523,6 die seligen Sonette] die Voß in seiner JALZ-Rezension erschlagen hat. 523,9 Minnelieder] Diese erbosten Voß besonders, der die Romantiker als Fidelaere beschimpfte. 523,11 Haide] Mit dieser norddeutschen Landschaft beginnen die Voß-Zitate. Wahrscheinlich soll bei dem Wort auch das gleichklingende angedeutet werden, welches Nichtchrist bedeutet. 523,13–16 Flachsmädchen 〈. . .〉 gebe.] Vgl. Sämtliche Gedichte von Johann Heinrich Voss. 7 Bde. Königsberg: Friedrich Nicolovius, 1802, Bd. IV, S. 138–140.

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523,16–19 Daneben 〈. . .〉 Sack.] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 147. Brentano karikiert in seinem wohl 1809 entstandenen Murmelthier-Märchen den Sprachpuristen Voß, indem er dem Mädchen Murmelthier von dem Fischer Bieber den Rat erteilen läßt: statt Sack sage Beutel, was diese auch beherzigt und dafür von dem Müller Voß gelobt wird: Gut ist die Sprache mein Kind

〈.. . .〉, wer lehrt dich zu meiden ausländisches Wort, und den Sack nicht zu nennen, dem doch die sprechenden Völker alle gegeben das Recht der Heimath bei sich 〈. . .〉. Vgl. FBA 17, S. 283 u. 286. 523,19–21 Weiter 〈. . .〉 Heu.] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 110–113. – Für sein Gedicht Heureigen war Voß durch das Volkslied Es hatte ein Bauer ein schönes Weib angeregt worden, das auch ins Wh aufgenommen wurde (Lied beym Heuen; I 345b; FBA 6, S. 334f.; FBA 9/1, S. 575–577). Im Murmelthier-Märchen ist die Formel Ins Heu, ins Heu, ins Heuderlei der heimliche Türöffner zur Mühle von Voß (FBA 17, S. 283f.). 523,21–22 Schönmädchen 〈. . .〉 krauen] Vgl. Voß, Bd. II, S. 280f. 523,24–25 mit Schrot 〈. . .〉 gehänget.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 147. 523,26–28 Am Wege 〈. . .〉 gräbt.] Vgl. Voß, Bd. V, S. 28. 523,28–31 Weiterhin 〈. . .〉 misrai.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 252, 263f. 523,31–32 man hört 〈. . .〉 Geröchel] Vgl. Voß, Bd. II, S. 23, 334. 523,33 der Küster beiert] Vgl. Voß, Bd. II, S. 22, 333. 523,34 hohe Warte] der Turm von Vossens Anwesen. 523,34–35 der hyperborische Horribiliscribifax] Vgl. Voß, Bd. III, S. 139, 144, 171, 198. Weiter auch Bezug auf Kotzebues Friedrich Schlegel-Satire Der hyperboreeische Esel oder Die heutige Bildung. Leipzig: Kummer 1799. Vgl. Goethe und die literarische Romantik, S. 118. Außerdem auf die Figur des Horribilicribrifax im Scherzspiel des Andreas Gryphius, die ihr Vorbild im angeberischen Capitano der Commedia dell’ Arte hat (vgl. Karl Riha, Commedia dell’Arte. Mit den Figurinen Maurice Sands. Frankfurt/M. 1980, S. 32). Hier in der Wortvariante bezogen auf den schrecklichen Schriftsteller. 523,35 fönum] Lat.: Heu. 523,37–38 Vogel Greif 〈. . .〉 seit sieben Jahren geladen] Die Stelle wird verständlich durch einen Brief von Görres an seine Schwiegermutter Christine von Lassaulx, welcher er im Januar 1808 schreibt (Görres-Briefe I, 1858, S. 500f.): 〈. . .〉 Voß ist nun übrigens vollends toll geworden, er hat jetzt den Vogel Greif 〈eine große Kanone der Festung Ehrenbreitstein〉, der seit

sechs Jahren geladen war, im Morgenblatt gegen die Romantiker losgeschossen, und jedermänniglich hat geglaubt, nun werde die Welt ihren jüngsten Tag sehen. Indessen ist doch alles fest stehen geblieben 1274

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〈. . .〉. Görres bezieht sich auf Vossens um sieben Jahre verspätete Publikation seiner Parodie auf August Wilhelm Schlegels Übersetzung der lateinischen Hymne Dies Irae, die im Morgenblatt am 14. Januar 1808 erschien (Nr. 12. Vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt). Vgl. Klaus Berthel, Roland Bärwinkel, »Lernt erst fühlen in diesem Frühling. . .«. Die Heidelberger Romantiker und ihre Fehde mit Johann Heinrich Voß und dem Stuttgarter Morgenblatt für gebildete Stände (1806–1810). Romantische und antiromantische Manifeste, Satiren und Zeitschriften im Bestand der Weimarer Herzogin-Anna-AmaliaBibliothek. In: Historische Bestände der Herzogin Anna Amalia Bibliothek zu Weimar. Beiträge zu ihrer Geschichte und Erschließung. Zusammenstellung und wissenschaftliche Redaktion: Konrad Kratzsch, Siegfried Seifert. München-London-New York-Paris 1992, S. 139–168, bes. S. 153f. Leo Just weist darauf hin, daß Görres sich damals im praktischen Leben der katholischen Kirche annäherte, indem er im Oktober 1807 seine beiden Kinder Sophie und Guido in Koblenz taufen ließ, in Heidelberg dann auch die am 28. Juni 1808 geborene Marie, wobei Creuzer und Arnim Taufpaten waren. Just zitiert dazu die aus dem Blickwinkel von Voß geschriebenen Worte in Görres’ Nachruf auf Arnim (1831): Es stellte sich bald heraus, daß unter den Verbundenen [der Einsiedlerzeitung] zwei Katholiken seien [Brentano und er selbst], und der dritte und vierte [Arnim und Creuzer] hatten beim zweiten in ka-

tholischer Taufe Gevatter gestanden. Was war sicherer – Emissäre hatten sich eingenistet. (Just 1955, S. 416–431, Zitat S. 429f.) 523,38–39 Messalinus Cotta sitzt als Adebar 〈. . .〉 klappert viel] Zum Vornamen vgl. Brentanos Bärnhäuter (ZfE22). Der Verleger in der Figur des Storches, der die Geisteskinder bringt und leeres Getöse macht. 524,1–2 ein Teller 〈. . .〉 vergiften] Vgl. Voß, Bd. I, S. 17. 524,6–8 nur die Unhexameter Brod 〈. . .〉 Muthes] Vgl. Voß, Bd. V, S. 110, 108. 524,9 den Muckern 〈. . .〉 muckest du?] Vgl. Voß, Bd. V, S. 232. 524,10 Adebar 〈.. . .〉 Carfunkelberg.] Bezug auf die beiden Rezensionen von Loebens Guido im Morgenblatt. 1. Am 4. März 1808 (Nr. 55, S. 217– 219): Ueber klassische und romantische Poesie. (Aus den Papieren eines alten Mannes.) Unterzeichnet: F A . , d. i. Loebens damaliger Freund Heinrich Salomo Michaelis. »Nachdem Michaelis ganz im Sinne Voßens, aus dessen Mund er seine Weisheit erhascht haben mag, der romantischen Jüngerschaft die Augen geöffnet hat über die alten Heiden, die der modernen Poesie ihre geheiligten Formen vermachten, und über den wahren unkultivierten Charakter des Mittelalters und seines Christentums, wird plötzlich in wunderlicher Logik der Guido gepriesen, mit welchem die echte romantische

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Poesie beginnt, welche aber mit der herrschenden romantischen Poesie nichts zu tun hat. Ein paar Wochen darauf wird indessen der Guido von Reinbeck in einer schier endlosen Besprechung nacherzählt und oft mit Ironie zerzaust, wenn auch am Schluß der Hoffnung Raum gegeben wird, der Dichter werde sich doch noch zu einer echten Dichtung ermannen.« (Levin 1922, S. 82; Morgenblatt, Nr. 107–113). Vgl. Görres-Briefe I, S. 505. 524,11 schlängelndes Pfaffengezücht] Vgl. Voß, Bd. III, S. 269. 524,12 braunroth, gemäntelt, goldgekappt] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 244. 524,12–13 Halbmönch 〈. . .〉 Pfaffennacht] Vgl. Voß, Bd. III, S. 226. 524,13–15 fleuch 〈. . .〉 Bethörung] Vgl. Voß, Bd. III, S. 239. 524,16–17 die Mucker mucken fort] Vgl. Voß, Bd. V, S. 65. 524,17 sie sitzen im Barbarthum der Neuern] Vgl. Voß, Bd. III, S. 144. 524,17–20 aber 〈. . .〉 Landsherrn] Vgl. Voß, Bd. II, S. 30. 524,20 sprich nestorgleich Kraftred in Honig] Vgl. Voß, Bd. III, S. 269. 524,21 dudel 〈. . .〉 dum!] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 57. 524,25–26 Was Lermes 〈. . .〉 Geschrey] Vgl. Voß, Bd. V, S. 267. 524,27 äffen] Im Sinne von nachmachen, aber auch Bezug auf den Affen des Kupferstichs. 524,28–29 Doch rühmt ein Schalk 〈. . .〉 Tisch!] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 136 (aus Tafellied für die Freimaurer). 524,31–34 Juchheysa 〈. . .〉 sehen] Vgl. Voß, Bd. V, S. 52. 524,35–37 Zeuch aus 〈. . .〉 Bux.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 109. 524,38–40 Ach 〈. . .〉 bewirthet.] Vgl. Voß, Bd. V, S. 249. 525,1 Das Heimchen im Heerde] Gemeint ist Ernestine Voß. Wortspiel mit der Bezeichnung »Heimchen am Herd« für die Ehefrau. 525,1–2 Geh doch 〈. . .〉 an] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 161. 525,3–4 Nein 〈. . .〉 abgeschnurrt.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 24. 525,6 Kreiskreis] Vgl. Voß, Bd. V, S. 320. 525,11–12 Da droben 〈. . .〉 Sphärenharmonie] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 72. 525,13–14 Will jemand 〈. . .〉 Tisch!] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 133. 525,15–16 Tanzen 〈. . .〉 mit.] Vgl. Voß, Bd. V, S. 78. 525,17–19 Tanz 〈. . .〉 queer.] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 56. 525,19–20 Du Liebste 〈. . .〉 ich?] Vgl. Voß, Bd. V, S. 17. 525,21–22 Doch raunt 〈. . .〉 Tisch!] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 133. 525,23–25 Ein erzgebirgisch 〈. . .〉 Geflügels] Vgl. Voß, Bd. II, S. 228f. 525,26–27 wo des Putervolks Gekoller 〈. . .〉 schwellt] Vgl. Voß, Bd. IV, 252. Voß selbst wurde von den Romantikern wenig später mit dem Puter bezeichnet, so von Brentano im ersten Aufsatz gegen Voß’ Wh-Kritik (FBA 9/3, S. 687f.) und von Arnim in der fragmentarischen Erzählung Olmetta (Werke III, S. 496 und Erl. S. 1202).

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525,31–32 Adebar 〈. . .〉 bereiten.] Bezug auf den Messalinus Cotta aus Brentanos Bärnhäuter (ZfE24, Motto u. 294,30–32). 525,33 Martensgans] Gemeint ist Otto Johann Daniel Martens. Er war in seiner Heimat Eutin ein Schüler von Voß gewesen, studierte danach in Jena und seit dem Sommersemester 1807 in Heidelberg, wo er schließlich 1809 eine Anstellung am Gymnasium erhielt. Er war ein Freund von Heinrich Voß. Vgl. Bärnhäuter, auch zum Bild der Gänse. 525,34–36 aber 〈.. . .〉 sie.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 323. 526,3–4 nicht 〈. . .〉 Pudel.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 141. 526,5–7 mit alles 〈. . .〉 Billigungsgepaker.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 250f. 526,9 ahi 〈. . .〉 sie.] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 30. 526,12 humpeln 〈. . .〉 rumpumpeln] Vgl. Voß, Bd. V, S. 111. 526,13–16 Großmächtigster 〈. . .〉 Stümper] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 125. 526,17–18 Affe Rindbock mit seinem Stäbchen] Georg Reinbeck, gegen dessen Briefe über Heidelberg Görres 1807 eine Erklärung organisiert hatte (s. o.). Gemeint ist: Wie ein Affe denunzierte Reinbeck die Heidelberger ohne Sinn und Verstand. Görres spielt besonders auf den Affen der Karikatur zu seinem Aufsatz Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten auf dem Maiheft-Umschlag an. Vgl. ferner Brentanos Bärnhäuter. Inzwischen war Reinbeck Redakteur des Morgenblatts. 526,20 ob er teutsch mit hartem oder weichem T schreibe?] Bei den Romantikern war teutsch verbreitet. 526,29 der Uhrmacher der Bogs] Die Figur aus dem gleichnamigen Werk von Görres und Brentano (s. o.) ist ein »Philister«, so daß er zunächst problemlos eintreten kann, bis er beginnt, die Sonette zu verteidigen. 526,30 Schach Roks] Nach dem Vogel Rok aus 1001 Nacht. Schach heißt »König«. 526,38–527,1 Was 〈. . .〉 Tofana] Vgl. Voß, Bd. V, S. 46. 527,1–3 du Witzkumpan 〈. . .〉 Pavian!] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 80. 527,4–5 noch seufzet 〈. . .〉 Quellgeriesel] Vgl. Voß, Bd. V, S. 141f. 527,7–8 ich bin der Vetter Michel] Volkslied und Redensart (»Vettermicheln«). Vgl. Arnim, Weinachts-Ausstellung, in: Werke III, S. 995. 527,11–13 Bello 〈. . .〉 Kugeln] Vgl. Voß, Bd. II, S. 140f. 527,13 Zetter] ’Zeter Mordio’ war der Ruf des Anklägers in einer ma.lichem Gerichtsverhandlung. Vielleicht ist auf einen Namen angespielt, was die Sperrung nahelegt. 527,14–15 so wie 〈. . .〉 gezeigt wird.] Vgl. Voß, Bd II, S. 133. 527,20 spießet 〈. . .〉 linksum!] Vgl. Voß, Bd. II, S. 186.

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527,23–24 Ey 〈. . .〉 Hundsau] Vgl. Voß, Bd. II, S. 133, 128. 527,26–28 Ja Schinken 〈. . .〉 geschmort] Vgl. Voß, Bd. II, S. 261f. 527,29 Feder von Erz] Metallfedern waren eine Neuigkeit aus England. Wahrscheinlich besaß Voß eine. 527,33–36 Kunz dem Kerl 〈. . .〉 Wehrwolf.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 112. 527,37 Cujon] Von frz.: le couillon, Memme. 527,37–39 wer mich 〈. . .〉 Ich.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 188. 528,2–3 Du ein Edler 〈. . .〉 Schlagebolds.] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 274. 528,4 Sieh da schummelt er vorbei] Vgl. Voß, Bd. II, S. 99. 528,8 uhlen] Vgl. Voß, Bd. II, S. 272,382. 528,12–13 Hört ihr Herrn 〈. . .〉 geschlagen] Das Nachtwächterlied. 528,25 Adebar 〈. . .〉 schießt loß] Cottas Kritiken in seinem Morgenblatt. 528,26–27 für die Romantiker 〈. . .〉 o Tag des Zoren!] Zitat aus der Für die Romantiker überschriebenen Umdichtung des Dies Irae von Voß. Vgl. Kapitel Voß und das Morgenblatt. 528,28–29 wird die Kugel stutzig, kehrt auf halbem Wege um] Vermutlich die halbherzige Rezension von Loebens Guido durch den mit ihm und Voß befreundeten Heinrich Salomo Michaelis im Morgenblatt (s. o.). Auch Schreiber verkehrte zunächst noch mit Loeben und seinen Adlati Budde und Strauß (vgl. Hans-Martin Mumm, Aloys Schreiber (1761–1841). Der Romantiker in der »Partei Voß«, in: Strack 2008, S. 397f.) 529,5–6 Bäffger 〈. . .〉 die Adelung mit Unrecht Läppcher nennt] Vgl. Voß, Bd. I, S. 222. Adelung schreibt in seinem Grammatisch-kritischen Wörterbuch der hochdeutschen Mundart: Das Bäffchen 〈. . .〉 eine be-

sonders in Niedersachsen übliche Benennung des zweytheiligen weißen Läppchens, welches die Landgeistlichen statt des Priesterkragens tragen. 529,10 kußlichen Kuß.] Vgl. Voß, Bd. III, S. 258. 529,12–13 schlaft 〈. . .〉 rund] Vgl. Voß, Bd. V, S. 287. 529,13 eya 〈. . .〉 blüh] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 50. 529,14–15 Kindlich 〈. . .〉 belustigend.] Vgl. Voß, Bd. III, S. 177. 529,19 Isac] Möglicherweise ein den Juden Michaelis bezeichnender Name (vgl. Levin 1922, S. 102; Koeman 1993, S. 421). 529,19–20 Sieh Töffel 〈. . .〉 kannst du den Adebar wohl leiden?] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 131. Töffel ist eine volkstümliche Form von Christoph, oft in Volksstücken eine komische Figur. Hier ist es ein Kind. Levin vermutet, daß damit Alois Schreiber gemeint ist (S. 102); ihm folgt Koeman (S. 421). 529,22–25 Das ist der Storch 〈. . .〉 Ruthe.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 132.

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O fi 〈. . .〉 Jungen.] Vgl. Voß, Bd. VI, S. 132f. (Hochzeitlied für Friz und Heinrich Voss). 529,39–530,2 o da lächelte 〈. . .〉 Gesangs.] Vgl. Voß, Bd. III, S. 257. 530,3–4 Er hängt 〈. . .〉 Reihentanz.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 93. 530,5–7 Töffel 〈. . .〉 Lämmelein.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 209. 530,8–9 Ba und Bu.] Vgl. Voß, Bd. V, S 189. 530,13–14 köstlich zum Ferkel im halbdurchsicht’gen Gallert] Vgl. Voß, Bd. II, S. 223. (aus Der Abendschmaus). 530,14–16 Traulich 〈. . .〉 leicht.] Vgl. Voß, Bd. V, S. 21f. 530,16–17 Auch guten Wein 〈. . .〉 Winterkohl] Vgl. Voß, Bd. IV, S. 246. 530,17–23 köstlicher Blumenkohl 〈. . .〉 Kappern] Vgl. Voß, Bd. II, S. 227f. Voß: Kälberbrissel. 530,23–24 Freylich 〈. . .〉 Weinstein.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 226. 530,25–26 Nur auf 〈. . .〉 Mahlzeit.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 213. 530,27–29 alle Bäuch 〈. . .〉 Kernwitz] Vgl. Voß, Bd. II, S. 227. Das Wort Kernwitz bezieht sich weiterhin auf eine Kritik der ZfE im Morgenblatt 529,28–34

vom 7. März 1808 (Nr. 57, S. 228, unter Notizen von Friedrich Haug); vgl. die Erl. zur Abb. Die Thiergesellshaft führt den Bärnhäuter in Versuchung. 530,33–37 Schinken 〈. . .〉 zungen] Vgl. Voß, Bd. II, S. 227f. 530,38 Hör Lieber, bereit uns ein südlich Rebhuhn.] Vgl. Voß, Bd. II, S. 225. 531,3 Peter Hammer] Görres in seinem Pseudonym in eigener Sache. Zum Schluß redet er Voß direkt an, allerdings wieder mit einem Voß-Zitat: 531,16–17 Drum 〈. . .〉 hinein] Vgl. Voß, Bd. V, S. 58.

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Tröst Einsamkeit Entstehung Da sich die ZfE schlecht verkauft hatte, ließ Zimmer die Restexemplare im Herbst 1808 als Buch binden, das Arnim mit dem Titel Tröst Einsamkeit versah. Dieser machte verschiedentlich darauf aufmerksam, als er seit dem 26. September restliche Nummern versandte. Brentano fragte aus München noch im Oktober (etwa 13. Oktober: Ich habe deine freundlichen Zeilen 〈. . .〉; FBA 32, S. 94, 96; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 261r–262v): Von dem

Einsiedler weiß man hier wenig, es thut mir leid, daß die Wälder so gelichtet werden, daß der Einsiedler zu Ende geht. 〈. . .〉 ist deine Vorrede, dein neuer Titel des Einsiedlers fertig. Ein Exemplar der Tröst Einsamkeit versandte Arnim an Joseph Görres (Heidelberg, 22. Oktober 1808: Vielen Dank, lieber Görres, für 〈. . .〉; Familienarchiv Görres-Jochner): Ich lege ein Exemplar der Trösteinsamkeit bei, da Sie meines Wissens kein vollständiges besitzen. Görres hatte vorher von einem Erlebnis mit Zollbeamten berichtet, als er ins damals französische Koblenz zurückkehrte (14. Oktober 1808: Ich hatte gefürchtet, mein Brief 〈. . .〉; SPK/Nachlaß Grimm 686): Darauf sind wir hier angekommen, am Ufer warteten die

Douaniers und wollten den 7ten Theil von Allem haben, von Manchem den vierten, ich habe ihn aber von nichts gegeben, als von meiner Ersparniss und dazu haben sie sehr saure Gesichter gemacht. Zwölf Freyexemplare von den Schriftproben, und Eines vom Einsiedler habe ich ihnen auch angeboten, sie haben aber das present nicht einen Pfifferling geachtet. Schmuggelnd bin ich darauf eingezogen bis in den Kern meiner guten Stadt 〈. . .〉. Am 4. November, vor der Abreise aus Heidelberg, fragte Arnim Bettine wegen der langsamen Post nach München (Kaum hab ich noch Zeit 〈. . .〉; FDH 7281,1): Ist mein Bücherpacket noch nicht angekommen, 〈Ludwig Emil〉 Grimm kann Dir in diesem Fall die letzten Stücke der Einsiedlerzeitung zeigen. Nach dem 14. November endlich schrieb Brentano an Arnim aus Landshut (Das Papier liegt immer neben 〈. . .〉; FBA 32, S. 113; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 265r–267v): Deine

Vorrede zu den Einsiedlern ist voll gediegener Goldstellen, die Erklä1280

Zu Tröst Einsamkeit

rung des Publikums ist trefflich witzig, und nur weniges im Ganzen klingt nicht so rein und klar und verliert sich mehr nach dir hinein, als zu den Leuten heraus, das ist Schade. Goethe erhielt – außer einzelnen Nummern – ein broschiertes Exemplar der Tröst Einsamkeit von Arnim (vgl. die Kapitel Entstehung u. Beiträger). Erst am 9. Dezember 1808 schrieb Zimmer an Görres nach Koblenz (Görres-Briefe II, S. 45): Das Ende der

Einsiedler-Zeitung habe ich Ihnen heute über Frankfurt schicken lassen. Am 17. November erschien im Morgenblatt ein höhnisches Sonett auf die Tröst Einsamkeit (s. Kapitel Johann Heinrich Voß und das Morgenblatt). Brentano äußerte sich im Rückblick wegen der Literaturfehde eher distanziert über die ZfE; vgl. seine Briefe aus Landshut an Zimmer vom 19. Januar 1809 (FBA 32, S. 121–123), an Goethe kurz nach dem 19. Januar 1809 (ebd., S. 125) und an Jacob und Wilhelm Grimm vom 20. Januar 1809 (ebd., S. 129).

Zum Titel Jacob Grimm fragte Arnim wegen des Wortes am 2. Januar 1827 (als Einlage zum Brief von Wilhelm Grimm vom 26. Dezember 1826 bis 2. Januar 1827 aus Kassel; BJ): Herzlichen Gruß, lieber Arnim und bleib mir gut. Ich

wollte schon lange fragen, woher Du das Wort Trösteinsamkeit genommen hattest? ob es Deine eigne Erfindung war oder Dir erinnerlich ist, es wo gelesen zu haben? Steig erläutert dazu (Steig 1904, S. 562): »Die Frage bezieht sich auf die in der Deutschen Grammatik (2, 961) behandelten Imperativbildungen 〈. . .〉.« Arnim antwortete Wilhelm Grimm am 4. Juni 1827 (Deinen geliebten und schmerzlichen Brief 〈. . .〉; BJ): Trösteinsamkeit,

das sage Jacob, der danach fragt, ist freilich ein Wort, das ich erfunden habe, aber Tausende verstehen die Sache besser als ich, der statt ihrer das Wort nur finden konnte. Ich suche die Einsamkeit mit aller ihrer Sehnsucht, aber selten finde ich in ihr, was mich trösten kann. Beiden war wohl unbekannt, daß es ein Buch mit diesem Titel gibt (erschienen 1751), welches sich noch in der Bibliothek der Brüder Grimm findet, also wahrscheinlich später von ihnen erworben wurde (SPK; Akzess. der königlichen Bibliothek in Berlin 37,670; nicht verzeichnet in: Die Bibliothek der Brüder Grimm. Annotiertes Verzeichnis des festgestellten Bestandes. Erarb. v. Ludwig Denecke und Irmgard Teitge, hg. v. Friedhilde Krause. Stuttgart 1989). Denkbar ist dennoch, daß Arnim schon einmal auf diesen Titel gestoßen war. Der Titel wurde beliebt. So überschrieb etwa Görres ein Gedicht mit Trösteinsamkeit, das er modernisiert abdruckte in: Altdeutsche Volks- und

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Kommentar

Meisterlieder aus den Handschriften der Heidelberger Bibliothek. Frankfurt/M. 1817 (Ich saß und war allein. . .). Philipp Wackernagel gab 1849 die Sammlung Trösteinsamkeit in Liedern heraus, in der sich neben zahlreichen Wh-Liedern auch »Wenn des Frühlings Wachen ziehen. . .« von Arnim und Louise Reichardt finden. Joseph von Eichendorff verwendete den Titel für ein Kapitel seiner projektierten Autobiographie (H: FDH 13408; vgl. Sämtliche Werke des Freiherrn Joseph von Eichendorff, HKA, Bd. V/4: Erzählungen. 3. T. Autobiographische Fragmente. Text und Kommentar, hg. v. Dietmar Kunisch. Tübingen 1998, S. 73–82). Eichendorff äußerte sich 1857 ausgiebig über die ZfE in seinem Aufsatz Halle und Heidelberg (ebd., S. 159): Das selten gewordene Blatt war eigentlich ein Programm der

Romantik; einerseits die Kriegserklärung an das philisterhafte Publikum, dem es feierlich gewidmet und mit dessen wohlgetroffenen Porträt es verziert war; andrerseits eine Probe- und Musterkarte der neuen Bestrebungen: Beleuchtung des vergessenen Mittelalters und seiner poetischen Meisterwerke, sowie die ersten Lieder von Uhland, Justinus Kerner u. a. Die Radierung Sie stammt von Ludwig Emil Grimm und ist gearbeitet nach: Johann Caspar Lavater, Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Dritter Versuch (Bd. III, Leipzig-Winterthur 1777, S. 170 und Tafel XLIV). Lavater schreibt über dieses Gesicht, das er von vier Künstlern gestochen wiedergibt (das für die ZfE aufgegriffene, hier Nr. 2, ist von Lips):

Drey Porträte von demselben Gesichte. S. Ein in seinem dreyfachen Felde, dem Burlesken, den Insekten, und Thieren, unübertrefflicher Zeichner – – Kunstaug ist in allen dreyen sichtbar. Und wer sieht nicht in Aug und Mund das schalkhaft launige? 〈. . .〉 2) Das linke Auge holt das Lächerliche tief heraus; ergreift’s und setzt’s hin. Umriß von der Stirn herab bis zum Kinn schöner als in der Natur; aber nicht so geistreich. Die Nase schöner, aber nicht so schaffend und fruchtbar. Der Mund voll Gefälligkeit und Güte. Die Annahme von Bogeng, es handele sich um ein Porträt Clemens Brentanos, ist gegenstandslos, da dieser erst 1778 geboren wurde (Heinrich Heine, Romantische Schule. Hg. v. G.A.E. Bogeng 1921, S. 147. Vgl. Jessen, S. 6).

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Zu Tröst Einsamkeit

Überlieferung D: 2 Bogen 40, s. o.

Druckfehler 538,37 538,39

Darstellung, wie] Darstellung wie, ZfE doch] noch ZfE Erläuterungen

533,7 Ludwig Achim von Arnim] Arnim wollte sich vor allem deshalb namentlich zu erkennen geben, weil das Gerücht kursierte, Görres sei Mitherausgeber der ZfE. 535,17–33 Der Auctor von den miscellaneis observationibus M. Korte 〈. . .〉 95] Zitate aus dem unten erwähnten Werk von Apin; ebd. S. 95 (Koch statt Korte; S. 96: Krause statt Knank): Siegmund Jakob Apin, Anlei-

tung, wie man die Bildnüsse berühmter und gelehrter Männer mit Nutzen sammlen und denen dagegen gemachten Einwendungen gründlich begegnen soll, kürzlich entworfen, Nürnberg: Felßecker 1728. Der Pädagoge Apin riet dazu, Bildnisse aus Büchern auszuschneiden. 535,23 Tractat von zwei Alphabeten] Die Druckbogen wurden nach dem Alphabet durchgezählt, d. h. es wären etwa 50 Bogen. 536,16 Eine Hand wäscht die andre] Sprichwort nach lat.: »manus manum lavat«. 536,22–23 wäre der Kaffe nicht so theuer geworden] Durch die Kontinentalsperre Napoleons gegen England. 536,28 daß Dein Einsiedler mit Todte abgegangen] Bezug auf den spöttischen Nachruf im Morgenblatt. 537,2 Stimmflöte] Eine Stimmpfeife, nach der andere Instrumente gestimmt werden so wie nach einer Stimmgabel. 537,5–7 die geraubte Princeß des Rübezahl 〈. . .〉 verschmachtet] Vgl. die 1. Legende vom Rübezahl in Musäus’ Volksmärchen der Deutschen. 537,12–15 Während 〈. . .〉 Bad] Arnims Reise nach Schlangenbad. 537,21 Einquartierung] des französischen Militärs 537,30–32 der ich diese Anstalten telegraphische Bureaus aller literarischen Misere (des Knaben Wunderhorn I. 460) nannte] In seinem Aufsatz Von Volksliedern in einer Anmerkung über kritische Zeitschriften (vgl. FBA 6, S. 438f.; FBA 9/1, S. 730). Eine Variante zu der ganzen Anmerkung sowie zu einer früheren Passage des Aufsatzes Von Volksliedern (FBA 6, S. 413) steht auf einem abgerissenen Einzelblatt (UB Heidelberg 2110,1;

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Kommentar

vgl. FBA 9/1, S. 722): es giebt ordentliche Register über die Kunst auf dem Rücken aller der buntjäckigen Leute, denen die alten Komödienzettel auf den Rücken geklebt, ich meine die Journalisten. Zur Ehre der Deutschen kann man sagen, daß sie nicht Erfinder dieser Höllenkünste der Rezensirbuden und des kritischen Waschweibergeschwätzes sind. Daneben steht die Notiz (vgl. FBA 9/1, S. 722): Intelligenzblat der Zeitung für Einsiedler, kleine Gazette, auch Briefwechsel der Familie des Einsiedlers. Das deutet auf einen fallengelassenen Plan hin. 537,34 Hanbutte] Hagebutte 538,14 Riemchenstechens] s. »Riemenspiel« (DWb 14, Sp. 928): »ein spiel, bei dem man in einen zusammengerollten riemen sticht. man hat verloren, wenn der stich am riemen vorbeigeht.« Das Spiel wurde von Soldaten z. T. betrügerisch gespielt. 538,21 hochzeitlich Kleid] Vgl. Matth. 22,11. 538,25–26 in dem freien Dichtergarten] Vgl. ZfE1. 538,30–31 befreyt von dem Schulbanne einiger veralteten Männer] Kritik an Voß 539,1–3 Beiden aber wurde im Morgenblatt 〈. . .〉 des Dichtergartens] Vgl. den Artikel von Michaelis im Morgenblatt, Nr. 104 und 106. 539,21–22 als wenn es mit dem ewig jugendlichen Geiste Göthes zur Neige ginge] Anspielung auf die Angriffe Kotzebues im Freimüthigen (vgl. Kommentar zu Apfelhüterin Friedericke Baumannin). 539,33–34 Rechtfertigung Körtes gegen Voß (Halberstadt Grosse 1807)] Wilhelm Körte (1776–1846), der Neffe Gleims, hatte aus dessen Nachlaß aus Nachlaß Briefe deutscher Gelehrten herausgegeben (3 Bde., 1805/06), worüber ein Streit mit Voß entstand. Körte publizierte 1808: Johann Heinrich Voß. Ein pragmatisches Gegenwort. Vgl. Arnims Brief an Savigny (Heidelberg, 27. Februar 1808; SPK/NS 2/2): Juch hey, der geschlagene Voß – von Wilhelm Körte! (dazu: Heinrich Mohr, »Freundschaftliche Briefe« – Literatur oder Privatsache? Der Streit um Wilhelm Gleims Nachlaß. In: JbFDH 1973, S. 14–75). Arnim hatte Körte am 9. Mai 1808 vergebens aufgefordert, etwas aus den Sammlungen für die ZfE einzuschikken (vgl. Werke VI, S. 1177). Vgl. auch: Günter Häntzschel, Aufklärung und Heidelberger Romantik. In: Zwischen Aufklärung und Restauration. Sozialer Wandel in der deutschen Literatur (1700–1848). FS Wolfgang Martens, hg. v. Wolfgang Frühwald und Alberto Martino. Tübingen 1989, S. 381–397, bes. S. 392. 540,12 Schinderhannes] Räuberhauptmann in den Rheinlanden, eigentl. Johann Bückler (ca. 1783–1803), hingerichtet in Mainz).

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Zu Tröst Einsamkeit

540,12–13 den schwarzen Peter] Wohl im Sinn von »Peterle« ein böser Geist (vgl. DWb 13, Sp. 1577). In holländischen Raum ist der »Swarte Piet« der Begleiter des Nikolaus. Die Figur ist in der Volksfrömmigkeit ein »gezähmter Höllengeist« (vgl. www.nikolaus-von-myra.de, hg. v. Erzbistum Köln; 27.4.2008). 540,13 Hampelholimp] Evtl. »Hampelmann« im Sinn von Kobold (vgl. DWb 10, Sp. 322). 540,13–14 Pape Döne 〈. . .〉 Hilscher] Arnim setzt die Sage in seinem 31. Sonett in Verse (vgl. Beylage, 483,13–17). Er hatte Brentano am 24. Februar 1808 gebeten (Gottlob vier Bogen abgedruckt, also 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 293r/v): Auch auf meine Zeitungsnachrichten sagst du kein

Wort. Gieb mir doch die Nachricht von dem Räuber, der die Todtenköpfe immer als Rosenkranz schüttelte und dabey sang. Brentano antwortete aus Kassel (1. März 1808: Gestern erhielt ich deine Einlage 〈. . .〉; FBA 32, S. 35; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 245r–246v): Die Geschichte von dem Räuber der mit den Köpfen seiner erschlagnen Söhne rasselt, laß ich in einem Büchlein über Todtentänze, in Dresden, daß Pr〈ofessor〉 Schreiber zu Heidelberg hat, angebunden an mehrere sächsische Miscellaren, dort steht aber nur der Vers, danzet mine löven Söne, dieses rath euch Pape Döne, die Geschichte selbst, ist keine andre, als die der D a n e e l s H ö h l e i n O t m a r s Vo l k s a g e n . Das von Arnim erwähnte Buch ist: Paul Christian Hilscher, Beschreibung des so genannten TodtenTantzes Wie selbiger an unterschiedlichen Orten sonderlich an Hertzog Georgens Schlosse in Dreßden als ein kuriöses Denck-Mahl menschlicher Sterblichkeit zu finden. Dresden und Leipzig 1705, S. 117f. (vgl. Werke VI, S. 1177). Auch in der Handschrift Chronick der Universitäten führt Arnim die Sage auf. Vgl. Heinz Rölleke, »Dat Danzen, dat maket ju Vater Pape Döne«: Zur Rezeption einer grausigen Räubersage. In: Fabula 51, 2010, H. 1/2, S. 58–66. Rölleke bringt auch die Vorliebe Brentanos für den Vierzeiler Da droben auf dem Hügel 〈. . .〉 mit dieser Sage in Verbindung, da Pape niederdeutsch Pfaffe, Priester bedeute. 540,26 Kleist und Haller] Die Dichter Ewald Christian von Kleist (1715– 1759) und Albrecht von Haller (1708–1777). 540,30 Reinbeck] vgl. das Kapitel Johann Heinrich Voß und das Morgenblatt. 541,16–21 Im 〈. . .〉 Arbeit] Das alte Tabernakel des Kölner Doms wurde 1769 zerschlagen und durch ein anderes ersetzt. Arnim kam am 11. August 1804 durch Köln, wie er Brentano am nächsten Tag aus Düsseldorf schrieb (Meine ersten Worte aus dem 〈. . .〉; vgl. WAA XXXI, S. 380).

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Kommentar

Anzeigen 542 Anzeige in:

Heidelbergische Jahrbücher der Literatur für Philologie, Historie, Literatur und Kunst. 1. Jg. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer, 1808; Intelligenzblatt Nro. IV, S. 33–35. Vgl. oben Varianten zu Ankündigung der allgemeinsten Zeitung. Das Intelligenzblatt Nro. VI zeigte nur auf S. 65 an: Erschienen ist: Zeitung für Einsiedler Nro. 1–5. Mit Aufsätzen von Tiek, Jean Paul, Fr. Schlegel, L. A. v. Arnim, und Clemens Brentano. 543 Anzeige in: Intelligenzblatt 1808, Nr. 15, Sp. 4.

der Zeitung für die elegante Welt. 25. März

Erläuterungen Vgl. das Kap. Voß und

Morgenblatt.

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Anzeigen

544 Anzeige in:

Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt, 15. April 1808 Entstehung

Arnims Autorschaft erschließt sich aus einer Variante.

Überlieferung und Variante Zum Anfang findet sich eine Variante von Arnims Hand (H: GSA 03/174, Bl. 16; ca. 17,18 x 10,3 cm, Wz: Adler beschnitten): 544,3–5 Wir rathen unsern Freunden ihre Bestellungen recht bald zu

machen, die Zeitung könnte sonst aus Mangel an Absatz eingehen, der Teufel müste uns plagen alle die Mühe des Schreibens und der Correctur zu 〈aus zum〉 unserm Schaden zu übernehmen Erläuterung 544,14 Pränumeriren ist besser als Subskribiren] Pränumerieren bedeutet: im voraus bezahlen, subskribieren: vorausbestellen.

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Kommentar

545–548 Anzeige in:

Heidelbergische Jahrbüchern, Intelligenzblatt. Nro. VIII. Entstehung

Die Anzeige im Intelligenzblatt Nro. VIII mit den Inhalten des April- und Mai-Hefts muß Ende Mai geschrieben worden sein. Die Inhaltsangaben unterscheiden sich in Formulierungen und Orthographie leicht von denen auf den Umschlägen. Der anschließende Text (546,30–548,2) stammt mit Sicherheit von Arnim, der hier den Charakter seiner Zeitung darlegt und versucht, Leser und sogar noch Mitarbeiter zu finden.

Erläuterung 547,5

Muse] Muße

1288

Handschriftliche Texte für die

Zeitung für Einsiedler

Handschriftliche Texte

Fiktive Briefe Eine Form der damaligen Zeitungen waren die Korrespondenz-Nachrichten, die meist aus echten Briefen an die Herausgeber bestanden. In der ZfE sollte diese Form ironisiert werden. Die Ankündigung weist indirekt darauf hin, denn Arnim gibt nur inhaltliche Hinweise auf Texte, die vermutlich damals geschrieben wurden: Moden die viel interessanter als die miterlebten, Theaterneuigkeiten (vgl. Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages; dazu gehört der Kupferstich der Nummer ZfE1, der unkommentiert blieb); die Erfindung neu fabricirter Thiere (vgl. im Marburg-Aprilscherz das sinnreiche Räderthier); Entdeckungsreisen (vgl. den Chamouni-Aprilscherz). Der Hinweis auf den Beginn am ersten April gibt die Verbindungen zu den Texten, die – mit fiktiven Orten – auf diesen Tag, den Tag des Foppens, datiert sind, mit Sicherheit ein ebenfalls fiktives Datum. Das läßt Schlüsse auf weitere Datierungen dieser Gruppe zu, die wohl ebenfalls nicht wörtlich genommen werden dürfen: München den 12 Feb. und Burg. den 20 Februar. Die Theaternachrichten aus Trages erwähnt Arnim in einem Brief an Savigny aus Heidelberg vom 27. Februar 1808 (Juch hey, der geschlagene Voß 〈. . .〉; SPK/NS 2/2): Meine Theaternachrichten schreib ich alle aus Trages, das soll ein Suchen werden auf der Karte. Gut Trages – heute noch immer in Familienbesitz – war das Landgut Savignys, östlich von Hanau am Hahnenkamm vor dem Spessart gelegen. Im September 1800 war Brentano dort zum ersten Mal zu Gast. Er ließ sich dadurch zu einigen Szenen im zweiten Teil seines Romans Godwi (1801) anregen (vgl. FBA 16, S. 729f.). Das war Arnim sicher bekannt, als er zuerst im Oktober 1805 dorthin reiste, um an der Taufe Bettina von Savignys teilzunehmen. Er schrieb damals das Gedicht Kein Tropfen zu viel, das er 1809 in den Schluss des Wintergarten aufnahm (vgl. Werke III, S. 421, Kommentar, S. 1182f.). Anfang Oktober 1805 schrieb Arnim in einem undatierten Brief von dort an Brentano (Du siehst auf dem Titel 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,4, Bl. 60r–61v; WAA XXXII Nr. 397, S. 91; Schultz 1998, S. 310, gibt Frankfurt als Ort der BriefNiederschrift an): Mit Savigny lebe ich sehr einträchtig, er zeigt mir in

stetem Fortarbeiten die flüchtigen Sohlen der Zeit, deren Kleid vor mir hin rauscht und flattert. Ein Theater hat in Trages nie gestanden. 1291

Kommentar

Jedoch besuchte Arnim 1806 in Mecklenburg das ländliches Privattheater des »Theatergrafen« Karl v. Hahn (1782–1857), das ihn offensichtlich für diese Texte inspirierte. Dieser hatte im Park von Remplin, wo sein Vater Friedrich II. v. Hahn eine berühmte Sternwarte und Glashütten gebaut hatte, ein Theater errichtet, in dem er nicht nur selbst auftrat, sondern auch berühmte Truppen gewann; er leitete später mehrere Theater in Norddeutschland, womit er allerdings das Familienvermögen verbrauchte. Arnim berichtete Brentano aus Karstorf (Schultz 1998, S. 372: kurz nach dem 11. Mai; Härtl: vmtl. zweite Hälfte Mai 1806: Drey Briefe von mir sind 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,5, Bl. 161r–164v; WAA XXXII Nr. 455, S. 244): Gestern ging

ich zu einem wunderlichen reichen Grafen Hahn nach Remplin um einer Komödie zu bespötteln, der Mann hat da eine Glashütte in kurzer Zeit sehr zierlich zum Theater eingerichtet, die 2 Logenreihen hängen in Palmen 〈. . .〉. Ausführlicher schrieb Arnim an Goethe, zumal er dessen Sommertheater in Lauchstädt schätzte (Karstorf, Mai 1806; mit mehreren Konzepten überliefert. Mitte Mai notierte er im 1. Konzept (WAA XXXII, S. 223): 〈. . .〉 ich habe noch ein Vergnügen in Aussicht 〈. . .〉, das Theater

des Grafen Hahn, des Alten Sohn, in Remplin, womit ich meinen Mecklenburgischen Aufenthalt rund abzuschliessen denke. Man muß alles aufsuchen, denn alles lebt seiner Natur und nicht gesellschaftlich, sondern zerstreut, wie ein Erdbutten in einem Sumpf zur Insel wird auf der eine Zwergtanne, ein Elsenknorren und ein Paar lange Grashalme wohnen und schwanken, für ein Schiff ist das Wasser rings zu seicht für Stiefeln zu tief 〈. . .〉. Remplin liegt an der Mecklenburgischen Seenplatte; dies geht in den Text Eröffnung des Liebhabertheaters ein. Wenig später schreibt Arnim in diesem Konzept, er habe das Rempliner Theater gesehen (S. 227). Im 2. Konzept berichtet er am 28. Mai genauer (S. 228f.): Meinen Aufenthalt in Mecklenburg rund abzuschliessen wurden meine Beine mobil als die Kunst ihr Kriegs lager in Remplin dem Gute des Grafen Hahn aufschlug. Der Tod seines Vaters hat die Sterne und ihn von einem Beobachter befreit, seine Liebhabereyen gedeihen an derselben Stelle, wo die Spiegelteleskope standen, er hat aber statt der Sterne die Welt ich meine die Kotzebuesche abgespiegelt 〈. . .〉. Das Theater ausserhalb mit einem recht zierlichen hölzernen Säulengange bekleidet, ist in drey Monaten aus einer eingegangenen Glashütte entstanden, von der Hitze war etwas zu rück geblieben, Palmen tragen zwey Logenreihen, von denen eine mit Masken, die andre mit Leiern verziert, in der Mitte dieser ist eine Rosenlaube, die regierende Loge, wo der Meister vom Stuhle sitzt, diesmal waren zwey 1292

Handschriftliche Texte

Prinzen von Mecklenburg zwey summende Bienen oder Rosenkäfer darin, sie hatten vieles einzuwenden, besonders daß es mit der Pracht nicht lange dauern könnte. Nach Arnims Bemerkung Meister vom Stuhle dürfte Graf Hahn Freimaurer gewesen sein (vgl. Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages). In seinem Brief an Goethe aus Karstorf vom 28. Mai 1806 beginnt Arnim mit einer – schon im 1. Konzept skizzierten – Szene, die Erinnerung an seinen Besuch in Mecklenburg, wohl nach dem Studium 1801; er traf damals ein wanderndes junges Schauspielerpaar: 〈. . .〉 mir war es, als

käme ich selbst in die Dichtung des Wilhelm Meister hinein, wahrscheinlich war es auch eine Nachahmung davon, denn bald kam der Troß einer ziehenden Schauspielertruppe, ein Wagen mit aufgerollten und ausgespannten Dekorationen rings von verfalbten und verschminkten Männern und Weibern umgeben. (S. 239) Arnim hat den jungen Goethe vor Augen, mit dem er dem älteren den Spiegel vorhält, wie er es noch 1826 in der Erzählung Wunder über Wunder (in Landhausleben) gegenüber dessen Lehrjahren tun wird. Ähnlich wie im 2. Konzept beginnt Arnim die Passage über Remplin; er ergänzt: Kotzebuesche Stücke in Berliner Paraden (S. 240) und fährt fort:

Das Theater ist in drey Monaten aus einer Glashütte entstanden, nur von der Hitze ist etwas zurückgeblieben, sonst ist es von hölzernen Säulengängen zierlich umgeben, Palmen tragen zwey Logenreihen, in der Mitte ist eine Rosenlaube, worin diesesmal zwey sich mokirende mecklenburgische Prinze summten. Im Parterre sitzen Bürger und Gelehrte, im ersten Range der Adel, im zweyten unsre armen Leute. Die Kreutzfahrer und die Klingsberge von Kotzebue, Weiberehre von Ziegler, der Gefangne ein französisches Singspiel sind mit vieler Fertigkeit, aber mit entsetzlichen Weiberstimmen aufgeführt worden. Der Graf hat einiges Talent, wenigstens die Sicherheit eines geübten Schauspielers, er hat keine Anforderungen an die Kunst, er will nur wiedergeben, was ihn erfreut hat, ihm hält es eine lustige Geselligkeit zusammen, auch erlaubt er es sich, seinen Mitspielern bey Gelegenheit statt Wein bittre Tropfen einzugiessen 〈. . .〉. Die Abende schlossen sich in Feuerwerken, Illuminationen, Bällen 〈. . .〉. (S. 240; vgl. die Erl. von Härtl, ebd. S. 855–857) Weiter gingen Eindrücke aus Warnemünde in diese Theatertexte ein, die Arnim Goethe berichtet: Die Zeitgeschichte trift am

Markte zusammen, Napoleon und Schinderhannes in Wachs, ein Puppenspiel aus dem Hannovrischen: der arme deutsche Harlekin muß einem Franzosen das Schleifrad drehen, statt Lohn wird er ausgeschimpft, als er müde ist geht ihm der Franzose mit dem Messer zu1293

Kommentar

leibe, da wendet sich das Blat, der Franzose wird zermalmt, auch in mehreren anderen Scenen bekömmt er immer Schläge, die Gewissensbisse roher Naturen. Die Freyheit pantomimischer Zoten näherte sich der alten Komödie. (S. 241) Arnim läßt in Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages einen Hanswurst und in Genovefa beym Lipperle die entsprechende bayrische Figur auftreten. Auch in Warnemünde findet Arnim die Theaterleidenschaft Karl v. Hahns vor: Recht anständig ist ein öffent-

liches Schauspiel, welches zum Vortheil des Grafen Hahn spielt, aber ernstlich zu seinem Schaden, er hat Schauspieler und Kleider verschrieben, so gut sie zu bekommen, es ging alles recht schnell und voll Lust, einige Komiker waren dem Volke sehr angemessen. (ebd.) Die Form des fiktiven Briefs war mit den Freunden abgesprochen. Brentano trug sich schon jahrelang mit dem Gedanken an eine entsprechende Zeitung und lieferte 1808 den »Brief einer Apfelhüterin«, zu dem Arnim eine Fortsetzung schrieb, die Texte jedoch nicht mehr abdruckte, sondern nur in der letzten Nummer erwähnte. Einzig Görres’ Beitrag Correspondenznachrichten aus Bädern und Brunnenorten erschien als fiktiver Artikel dieser Form (Mai-Umschlag). Warum Arnim diese Texte, die teilweise auf die NonsenseDichtung des 20. Jhd.s vorausweisen, nicht publizierte, darüber läßt sich nur spekulieren. Vielleicht war die Stimmung nach den Angriffen durch das Morgenblatt zu angespannt. Lit.: Wingertszahn 1990; Moering 2008; Heinz Härtl/ Ursula Härtl, Ein fingierter Brief Clemens Brentanos, in: Internationales Jahrbuch der Bettinavon-Arnim-Gesellschaft, Bd. 20/21, 2008/09, S. 21–36, bes. S. 32f.

1294

Handschriftliche Texte

〈Theaternachrichten aus Trages〉

Eröffnung des Liebhabertheaters Entstehung Arnim schrieb an Savigny aus Heidelberg am 27. Februar 1808:

Meine Theaternachrichten schreib ich alle aus Trages, das soll ein Suchen werden auf der Karte. (27. Februar 1808; Juch hey, der geschlagene Voß 〈. . .〉; SPK/NS 2/2.) Anregungen gibt es besonders durch Arnims Besuch in Mecklenburg im Mai 1806; vgl. oben »Fiktive Briefe«. Für die Gesellschaftsspiele kommen auch Erlebnisse in Berlin in Frage, für das theatralische Liedersingen das Musizieren mit Reichardt in Giebichenstein sowie in Königsberg in Gesellschaft der Königin Louise von Preußen. – Der Text wurde 1809 teilweise für die Rahmenhandlung des Wintergarten verwendet (vgl. Werke 3, besonders die ausgeschiedenen Passagen, S. 1089–1094). Vgl. D1: Wingertszahn 1990, S. 519–530.

Zur Entstehung der Gedichte 552,24–553,38 Soviel Sprachen 〈. . .〉 Ricklefs Lyr.-Reg. 1380. Nur hier überliefert. D2: Werke V, S. 526–528. 554,27–557,30 Die Mühle klapt 〈. . .〉 Ricklefs Lyr.-Reg. 1436 H4. Es gibt 8 Hss. und einen Druck (Waldemar, SW 18, S. 174f. u. 179, auch dieser nur fragmentarisch). Vgl. den Druck von H3 in Werke V, S. 262–268. Arnims Auslassungen im vorliegenden Text zeigen, daß er für den Druck auf andere Fassungen hätte zurückgreifen können. Die – stark abweichende – Fassung H5 (Um alte Leut/ Heut jung zumachen 〈. . .〉; FDH G 458; 2 Bl. Konzeptpapier ca. 345 x 200 mm, Wz: Adler mit Zepter (?), Gegenzeichen: IW EBART) trägt die Briefaufschrift Des Herrn Professor von Savigny Hochwohlgeboren Prost Neujahr; das Papier ist gesiegelt, wurde aber nicht mit der Post geschickt, sondern wohl durch Boten überbracht, was für ein Neujahr gelten dürfte, als beide in Berlin

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Kommentar

lebten. Dennoch dürfte der Adressat – der Besitzer von Trages – einen Hinweis auf den ursprünglichen Zusammenhang mit dem geplanten Theatertext aus Trages geben. 558,6–28 Die Männer summen wie Fliegen 〈. . .〉 Ricklefs Lyr.-Reg. 375. Nur hier überliefert. Ricklefs rechnet die beiden folgenden Gedichte dazu. D2: Werke V, S. 528–531. 558,30–560,11 Eine thut 〈. . .〉 Bei Ricklefs dem vorigen Gedicht zugerechnet. Andere Fassung (FDH G 189): Ricklefs Lyr.-Reg. 509. 560,12–38 Diese beyden edlen Frauen 〈. . .〉 Bei Ricklefs dem vorvorigen Gedicht zugerechnet. Andere Fassung (FDH G 271): Ricklefs Lyr.-Reg. 401.

Überlieferung H: GSA 03/77, 4 Dbl., ca. 215 x 171 mm. Wz: 2. und 4. Dbl.: Wappen mit Baselstab, 1. und 3. Dbl.: Anker mit den – teils seitenverkehrt stehenden Buchstaben C I S B H R jeweils untereinander. 5., letztes Dbl.: ca. 230 × 170 mm, Wz: C & I HONIG unter Wappen mit Posthorn (älteres Gedichtblatt, restlicher Text ab: zufrieden).

Varianten 551,2–3 der uns 〈. . .〉 hatte] aus mit dem 551,22 aber] aus d 551,24 fortgehen] aus d 551,26 wie] aus b 551,31 die Kerze] aus das 552,4 schrie] aus schreit 552,4 der] der der H 552,9 es war Colofon] üdZ eingefügt 552,12 Gestank] k korrigiert 552,14 Sterne. – In] aus Sterne, in 552,17 sie] aus Z 552,22 bat] aus bad 552,23 Theater] aus B 553,25 Musen] aus 〈x〉

1296

wir 〈. . .〉 abgeholt waren

Handschriftliche Texte

554,1 einen Mohnkranz] eine Mohnkranz aus eine Dornenkrone 554,3 Kobold] aus böse Damon 554,14 ich] aus ein 554,15 stecke] aus steckt 554,17 rein] aus 〈xxx〉 554,23 Mehl] aus 〈xxx〉 554,23 geebnet] aus eben gem 555,7 Der Meister sieht] aus (1) 〈x〉 (2) Nun Meister seht 555,23 es uns] aus uns es 555,25 Zur] mit neuer Feder 556,12 Kegel] aus B 556,33 Er] aus Es 557,5 Der] aus Viel 557,11 Und] aus Geschickte 557,20 Uebermuth] aus ei 557,35 den Saal] aus die Zim 557,36 da] aus t 558,3–4 zufrieden 〈. . .〉 mit] am Kopf der Seite über die Gedichthandschrift geschrieben. 558,8 versteht 〈. . .〉 siegen] aus ihr könnt ja nichts kriegen 558,28 Euch Hummeln] aus Wie Bie 560,1 Bader] aus Ader 560,7 Beschauten] aus beschauten 560,9 schreit,] aus schreit. 560,37–38 Ach 〈. . .〉 wächst.] rechts auR

Erläuterungen Die Erzählung beginnt mit märchenhaften Szenen, in denen vielleicht auf die vier Elemente Wasser, Erde, Feuer und Luft hingewiesen wird. 551,1 Liebhabertheaters] Eine Theatergruppe von Dilettanten. Die Personen der vorliegenden Erzählung kommen vor lauter Gesellschaftsspielen allerdings nicht zur Aufführung eines Schauspiels. Die Liederfreudigkeit läßt ein Liederspiel erahnen, wie Arnim es auf Reichardts Spuren für diesen verfaßte. 551,2–3 Kahnes 〈. . .〉 Glashütte] Der Schauplatz ist durch Erlebnisse in Mecklenburg angeregt; vgl. das 1. Konzept von Arnims Brief an Goethe (Mitte Mai 1806, WAA XXXII, S. 223, s. o.). 551,5 Wallfische] Damals übliche Schreibung für Walfisch. (Vgl. Adelung IV, Sp. 1367; Campe V, S. 560; Wingertszahn 1990, S. 529.)

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Kommentar

551,6 Liane] Der Name weist ins Pflanzenreich – die Erde. 551,7 Kirschkern] Wie hier, so ist die Kirsche für Arnim auch sonst ein Symbol der Lebensfreude; vgl. die Erzählung Juvenis oder das Gedicht Ach wär mein Kind 〈. . .〉. Vielleicht ist das Bild der Kirschen für die Sinnenfreude durch Wilhelm Heinses gleichnamige erotische Verserzählung von 1773 (anonym in Berlin erschienen), eine freie Übersetzung nach Claude Joseph Dorat, angeregt. 551,9 Heransbrunnen] Eigentlich: Heronsbrunnen, ein »nach dem griechischen Mathematiker Heron von Alexandrien benanntes Gefäß, in welchem der Druck eingeblasener zusammengepreßter Luft Wasser durch eine Röhre hochtreibt.« (Wingertszahn 1990, S. 529.) 551,11–16 sie weinte 〈. . .〉 weinen] Vielleicht bezieht sich Arnim hier auf Brentanos Erzählung vom Perlengeist aus der handschriftlichen Fassung der 1802 begonnenen Chronica des fahrenden Schülers (FBA 19, S. 154–177). Arnim lernte sie 1805 in Heidelberg kennen; Brentano schrieb ihm am 23. Dezember 1805, er wolle an der Fortsetzung arbeiten. Arnim bat am 22. März 1808 (Wie gehts Dir Clemens? So 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 302r–305v) für die ZfE um etwas aus dem armen Heinrich, so der erste Titel der Chronica. 551,12 Birylle] Der Name verweist auf das Mineral Beryll, dem – grün gefärbt – der Smaragd und – hellblau – der Aquamarin zuzurechnen sind. Birylle macht aus den Tränen ihrer Schwester Perlen, d. h. den Schmuck, der aus dem Meer gewonnen wird. Auch ist sie in der Lage, sich mit dem Polypen zu verständigen. – Diese Edelsteine spielen auch eine Rolle in Arnims nachgelassenem Drama Der echte und der falsche Waldemar, wo im 1. Teil Magelone als Tochter des Königs Haken durch eine goldne Kette mit den glänzenden Berillen identifiziert wird. (Vgl. SW 18, S. 51.) 551,29 Wachs] Arnim sah Anfang Juni 1806 auf dem Marktplatz in Warnemünde Napoleon und Schinderhannes in Wachs (WAA XXXII, S. 241). 551,31–552,2 Kerze 〈. . .〉 Flammen] Hinweis auf Element des Feuers. 552,8–9 gelbweisses Pulver 〈. . .〉 blies es durch das Licht 〈. . .〉 Colofon] Kolophonium ist ein Harz, das unterschiedliche Verwendung findet. Hier macht es einen flüchtigen Glanz. Vielleicht steht es für das Element der Luft. Damals beliebtes Gesellschaftsspiel. 554,1–2 Mohnkranz 〈. . .〉 schlafen] Ähnlich im Wintergarten: 〈. . .〉 soviel

als zum Einschlafen nöthig, ein paar feurige Tropfen aus dem Mohnkopfe 〈. . .〉. (Arnim 1809, S. 186.) 554,3 Kobold] Der Kobold taucht auch zum Anfang des Wintergarten auf (vgl. Arnim 1809, S. VII ). 1298

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554,9 den Unbekannten 〈. . .〉 den Peter!] Figuren aus August von Kotzebues Schauspiel Menschenhaß und Reue (1789). Arnim hatte schon im Brief an Brentano vom 18. November 1802 (Ich ging heute in der 〈. . .〉) aus Genf das Stück ironisiert: Man sagt jezt Menschenhaß und Reue sey

nicht von Kotzebue sondern von Novalis und zwar ein vorangeschickter zweyter Theil des Heinrich von Ofterdingen, die Personen wirst du alle wieder erkennen Mathilde ist Madam Müller, der junge Heinrich wird der Unbekannte u. s. w. Wenn es nicht wahr ist, so bleibt es unter uns. (WAA XXXI, S. 143.) Arnims Roman Hollin’s Liebeleben wurde von Kotzebue kritisiert, wie Brentano ihm etwa zwischen dem 16. und dem 21. August 1803 aus Weimar schrieb. (Ich habe einen Brief von dir 〈. . .〉; vgl. WAA XXXI, S. 292.) 554,12 Mühle 〈. . .〉 um alte Leute jung zu machen] Die Altweibermühle »taucht zuerst im Fastnachtspiel des ausgehenden MA.s auf; im westpreußischen Thorn ist 1440 ein Spiel wie man alte weiber jung macht belegt. Neuzeitliche Volksschauspiele von der A. sind im deutschsprachigen Raum reich bezeugt 〈. . .〉«. (EM I, Sp. 441.) Das Thema findet sich auch auf Bilderbogen, später auch das der Altmännermühle. Arnim dürfte ein derartiges Volksschauspiel gekannt haben, da er es hier für das Liebhabertheater vorschlägt. 554,14–18 geheimnißvolle 〈. . .〉 weiß gemacht!] Über das Gesellschaftsspiel des Mehlschneidens berichtete Arnim in zwei Briefen aus Berlin: Zuerst etwa Mitte Februar 1806 an Goethe (WAA XXXII, S. 140), dann am 17. Februar an Brentano: 〈. . .〉 habe ich vorige Nacht in Reiners bis drey Uhr

Ringeln gespielt Turnieren, Mehlschneiden, daß wir alle weiß wie Müllerknechte nach Hause kamen. Diese Art prächtiger gesellschaftliger Skandale ist doch nur Berlin eigen 〈. . .〉. (WAA XXXII, S. 156) 554,32 Daß Müller Diebe] Von der angeblich diebischen Eigenschaft der Müller handeln mehrere Gedichte im Wh, oft zusammen mit der stereotypen Darstellung der Schneider. (Vgl. besonders FBA 7, S. 351–355.) 555,16–23 »Uns sehr beengt 〈. . .〉 Lasst es uns fühlen.«] Wohl kein Zitat, sondern Anrede an den Müller-Meister. 555,33–34 Ein Mädchen schwach 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 263. 555,36–556,3 Auch dieser Mann 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 263. 556,14–15 Der Predger auch 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 264. 556,17–18 Die Fraue bringt 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 264. 556,20 Der Dichter auch u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 264. 556,22 Und seine Magd u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 265.

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Kommentar

556,23–24 Seht den Offizier 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 265. 556,26–27 Die Witwe bringt 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 265. 556,30 geborgen] Er ist entflohen (so Ricklefs in: Werke V, S. 1183). 557,1–2 Die Mutter die 〈. . .〉 u. s. w.] Vgl. Werke V, S. 266. 557,10–12 Knappen 〈. . .〉 Kappen] Vgl. zwei Wh-Lieder: Die Pantoffeln, wo es in der 3. Str. heißt: Sie schneidt mir bald ein Kappen (FBA 6, S. 148; FBA 9,1, S. 300f.); vgl. das Lied Evoe mit dem Reim Knappen/ Kappen (FBA 7, S. 431; FBA 9,2, S. 661–663). 557,35 Herrschaft] Arnim kritisiert in den folgenden Gedichten – zumindest nach diesem Zusammenhang – das Leben der Hocharistokratie. 557,36–558,1 Fastelabend] Rheinischer Ausdruck für den letzten Abend der Fastnacht. Der Text bekommt dadurch eine Nähe zu den alten Fastnachtsspielen, z.B. von Hans Sachs, in denen der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten wird. 559,12–13 Und ihr Tadel/ Ohne Adel.] Arnim macht ein Wortspiel mit der alten Wendung »ohne Furcht und Tadel«. Das DWb IV, Sp. 687 weist die Wendung auch im Französischen nach: »sans peur et sans reproche«. – Ähnlich kritisch ist auch das Lied Von Adel und Tadel in den Kinderliedern des Wh, wo es heißt (FBA 8, S. 339; vgl. FBA 9,3, S. 641–643): Mein

Schatz ist von Adel 〈. . .〉/ Was hat er für einen Tadel? / Kein Waden hat er. 560,17 In dem Land wo Pfeffer wächst!] Die Redewendung gebraucht auch Brentano in seinen Mährchen vom Rhein, wo die Hoffräulein der Frau Mondenschein den personifizierten Kalender Cisio Janus dahin wünschen, wo der Pfeffer wächst. (FBA 17, S. 170.) 560,29 sie sehen in den Schoos] Wohl Anspielung auf Goethes Ballade Der Sänger, wo es heißt: Die Ritter schauten muthig drein,/ Und in den Schooß die Schönen. (Erster selbständiger Druck 1800 in Göthe’s neue Schriften. Siebenter Band. Berlin 1800, S. 40.) Die Ballade erschien zuerst ohne Titel als Gesang des Harfners in Wilhelm Meisters Lehrjahren (II. Buch, 11. Kapitel, die Zeilen dort im Singular). 560,35 ich heul nicht mit den Wölfen] Das Sprichwort auch in Arnims Kronenwächtern (1817, I,4,).

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Eröffnung des Wallfahrttheaters zu Trages.

Entstehung Der Text gehört zu Arnims fiktiven Theaternachrichten 〈. . .〉 aus Trages (an Savigny, Heidelberg, 27. Februar 1808; Juch hey, der geschlagene Voß 〈. . .〉; SPK/NS 2/2). Die erwähnte Abbildung 〈. . .〉 des alten Kaufmanns und seiner Frau (563,2f.) ist offenbar die Kupfertafel nach einem alten Holzschnitte von W. v. Franken nach Hans Leonhard Schäufelin, die Arnim der ersten Nummer der ZfE beifügte und deren angekündigte Erklärung er den Lesern nie lieferte. Warum er diesen Plan aufgab, ist ungewiß.

Überlieferung H: GSA 03/77, 4 Dbl., S. 31–37, ca. 21,5 x 17 cm. Wz: 1. und 3. Dbl.: Wappen mit Baselstab, 2. und 4. Dbl.: Anker mit den – teils seitenverkehrt stehenden Buchstaben C I S B H R jeweils untereinander.

Varianten 561,4 nach] aus noch nach 561,5 des Wallfahrttheaters noch] üdZ 561,6 zugleich] üdZ 561,6 mit üdZ 561,13 deckte.] aus deckte, 561,14 den] (1) die (2) das gestr. 561,17 war] aus stellt 561,19–20 auf Helleparten] aus auf Hellebarden 561,20 bedeckten] üdZ 561,23 Zuschauer. Bey] aus Zuschauer, bey 561,24 freyen] aus O

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Kommentar

561,25 welche] aus x 561,25 trennen; sie sitzen] aus trennen ungeachtet sie mit 561,26 fassen] aus v 561,27–28 Das Theater 〈. . .〉 geziert] üdZ eingefügt 561,28 das] aus der 561,29–30 es 〈. . .〉 Jahre] teils über der Zeile aus (1) Alle (2) Jeden

Monat im Jahre muß 561,31 ihre] aus seine 561,36 ist und bleibt] ndZ ergänzt 561,36–562,1 auch das Geheime] üdZ aus alles 562,2 wir wissen,] üdZ 562,3–4 Den Eingeweihten 〈. . .〉 gespielt] aus Das erste Stück hieß 562,6 Ernst,] aus Ernst. 562,10 aber] aus von 562,11 indischen] üdZ 562,12 schickten] aus k 562,16 in] üdZ 562,17 einem] aus xxx so 562,19 Hanswurst] aus Harlek 562,27 da 〈. . .〉 auf] üdZ 562,28 Wandervölker] aus Völk 562,29 Gewühl] aus Gefühl 562,31 man] üdZ 562,34 das] aus die 562,35 verbindet und] aus verbindet, 562,38 des 〈. . .〉 Kaufmanns] aus der 〈. . .〉 Kaufleute 562,39 im neunzehnten] aus wie auf 563,3 bey] üdZ 563,3 Kaufmanns] davor gestr. alten 563,3 und] aus von 563,3–4 im 〈. . .〉 Jahrhunderte] ndZ 563,7 Handschlag,] aus Handschlag. 563,7–8 schickt 〈. . .〉 Sohn.] ndZ 563,9–10 Rechen] üdZ 563,12 sagen. Es] aus sagen; es 563,12–13 er lässt 〈. . .〉 hinaus werfen] aus er wirft 563,13 stören. Es] aus stören; es 563,18 Beschränkung] aus S 1302

Handschriftliche Texte

563,18–19 sind 〈. . .〉 naseweis] aus haben vor den Aeltern sehr 563,20 die aus der Schule kommen] üdZ 563,22 weil 〈. . .〉 bestanden.] üdZ 563,23 zu] aus au 563,27 bringen] üdZ aus kommen 563,39 von der Bürgerschaft] üdZ 564,2 aber] üdZ 564,6 alle Kleider] davor gestrichen zur Wallfahrt zieht und 564,7–8 der 〈. . .〉 ruht] aus daß sein Ge 564,10–11 nach dem Rathe der Gesetzgeber] üdZ 564,12–14 funfzehnten 〈. . .〉 Nationaltracht] aus funfzehnten Jahrhun-

derte oder aus dem Anfange des sechzehnten abgebildete Nationaltracht 564,14 der grosse Kunstmeisterverein] aus ein grosser Kunstmeister 564,15 müssen] aus dürf 564,18–19 behangen 〈. . .〉 Schauspiel,] aus behangen, 564,20 Das Volk] davor gestrichen N.S. Auch Kaffe und 564,20–21 ausländischem] ndZ eingefügt Erläuterungen 561,1 Trages] Vgl. Einleitung zu den Fiktiven Briefen. Die Szene spielt in einer Phantasiewelt. 561,9–10 Chan als erster Mauermeister gekleidet mit Schurzfell und Kelle] Der Gutsherr erscheint hier – mit einem mongolisch-türkischen Herrschertitel – als Herrscher über ein Volk und als gewaltiger orientalischer Bauherr. Arnim verwandelt damit das Vorbild für diese Figur, den Theatergrafen Karl v. Hahn. Dieser war offenbar Freimaurer, wie auch aus dem Briefkonzept an Goethe hervorgeht (s. o.). 561,18 Volksbewaffnung] Wahrscheinlich Anspielung auf die Versuche einer Erhebung gegen Napoleon, über die Arnim in Königsberg nachgedacht hatte. 561,22 Mars und Venus im Netz] Szene nach Homers Odyssee (8. Gesang, V. 267–366), wo der Sänger Demodokus erzählt: Mars (Ares) liebte Venus (Aphrodite; Kypris), die Gemahlin des Hephaistos. Der Sonnengott Helios erspähte sie und sagte es dem Ehemann. Der schmiedete ein Netz, befestigte es über seinem Bett und ließ es auf die Liebenden herabfallen. Hephaistos rief die Götter als Zeugen herbei, die in Gelächter ausbrachen.

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Kommentar

561,23 Scene] Im Sinne von: Bühne. 561,27–28 wie ein Palmenwald geziert] In diesem Detail bildet Arnim den Theaterbau des wunderlichen reichen Grafen Hahn in Remplin ab (vgl. WAA XXXII Nr. 455, S. 244; s. o.) 562,6 Hanswurst] Der Name des Possenreißers (Hans Worst) entstammt einer niederländischen Übersetzung von Sebastian Brants Narrenschiff. Die Bühnengestalt des Hanswurst wurde von Gottsched 1737 von der Bühne verbannt, überlebte aber dennoch, besonders in Österreich als Wurstel oder Kasper. Anfang Juni 1806 sah Arnim in Warnemünde einen Harlekin in einem Puppenspiel, wie er Goethe schrieb (s. o.). Auch Brentano läßt in seinem Märchen von dem Schulmeister Klopfstock und seinen fünf Söhnen, in dem auch die Voß-Karikatur Knarratschki vorkommt, den Hanswurst auftreten. Vgl. Brentano, Werke III, S. 439–483; das Märchen steckt voll Voß-Parodien. 562,23 Alexander] Alexander d. Gr. (356–323). 562,23 Bucephalus] Dt. Ochsenkopf, das Pferd Alexanders des Großen, vgl. z.B. Plutarch, Vitae parallelae. Alexander. 562,25 Lukrezius] Römischer Patriziername. Evtl. Anspielung auf den Dichter Titus Lucretius Carus (gest. 55 v. Chr.). 563,2 Abbildung] Das Bild ging in ZfE1 ein. Es folgt eine Gegenüberstellung von idealisierter alter und aktueller unmoralischer Zeit, mit der Arnim auf seine Zeitgenossen einwirken und diese zum Widerstand gegen Napoleon aufrufen wollte. Vgl. Moering 2008, S. 204f. 563,20 einen armen fahrenden Schüler] Vielleicht eine Anspielung auf Brentanos Manuskript der Chronica eines fahrenden Schülers, dessen Entstehung Arnim seit Beginn verfolgte; vgl. zum fahrenden Schüler auch FBA 19, S. 547–549. 564,5–6 als wandernder Schneidermeister 〈. . .〉 von Böcken getragen] Der Ziegenbock ist im volkstümlichen Schneiderspott diesem Berufsstand zugeordnet, wohl, weil die Schneider so arm und mager waren. Im 2. Teil des Wh gibt es eine Reihe von Schneiderliedern, in denen auch die Ziege eine Rolle spielt: Bons dies, Bock 〈. . .〉; Don Geishaar. Müller, warum thust

erbleichen? 〈. . .〉; Zu Günzburg in der werthen Stadt 〈. . .〉; Zu Backnang wohnt ein Schneiderlein 〈. . .〉; Das Schneiderlein sah am Wege stehn 〈. . .〉; Es hatten sich siebenzig Schneider verschworen 〈. . .〉; Es waren einmal die Schneider 〈. . .〉 (vgl. FBA 7, S. 345, 351, 358, 368, 371, 373 und 375). Auch in Brentanos Märchen vom Schneider Siebetodt auf einen Schlag reiten die Schneider auf ihren Böcken (vgl. FBA 17, S. 304). 1304

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Genovefa beym Lipperle Entstehung Der Stoff der Erzählung hat – innerhalb der ZfE – Beziehung zu dem Drama Golo und Genovefa von Maler Müller (vgl. den Teilabdruck in ZfE13–15), wo in Arnims Fußnote auch Ludwig Tiecks Drama Leben und Tod der heiligen Genoveva (1799) erwähnt wird (vgl. hier 565,10). Seit dem 17. Jhd erschien der Stoff neben dem Volksbuch auch auf Bilderbögen und Fliegenden Blättern sowie in Theaterstücken, die teils von Wanderbühnen aufgeführt wurden. Eine erste umfassende Übersicht bei: Bruno Golz, Pfalzgräfin Genovefa in der deutschen Dichtung. Leipzig 1897. Er erwähnt auch zahlreiche Volksschauspiele und Puppenspiele mit stets leicht wechselnder Handlung im bayrisch-österreichischen Raum, bei denen Hanswurst bzw. Kasperle auftrat. Daß Arnim eine solche Aufführung in Bayern mit einem Lipperle, d. h. Hanswurst, gesehen hätte, ist sonst nicht belegt, aber angesichts der Fülle der dokumentierten Aufführungen auch nicht ganz auszuschließen. Wahrscheinlicher ist allerdings, daß der Text rein aus einer literarischen Anregung heraus entstanden ist. Ludwig Tieck hatte in seinem Poetischen Journal (Jena 1800) eine ähnliche Aufführung geschildert im Beitrag: Briefe über W. Shakspeare, wo übrigens auch Kotzebue kritisiert wird (S. 59): Der shakespearebegeisterte Erzähler, der aus der Großstadt aufs Land geflohen ist, hört von einem neugewonnenen Freund einige alte Sagen, mit denen sich die

Leute in dieser Gegend tragen und die in ihrer schlichten Einfalt etwas sehr Poetisches haben. Mir ist schon oft eingefallen, ob nicht alle die alten Traditionen, die ich in Deutschland schon zerstreut gehört habe, zusammenhängen und eine uralte Geschichte ausdrücken möchten 〈. . .〉. (S. 57) Von diesem Freund wird der Erzähler zu der Aufführung einer Wanderbühne mitgenommen (S. 57f.): Du weißt schon von ehemaligen Zeiten, wie leicht ich von dergleichen Dingen befriedigt werde, wenn sie nicht die Prätension der honetten jetzigen Stücke machen, die mir so verhaßt ist, weil in ihnen recht das liegt, was der Deutsche sehr schicklich Bauernstolz nennt 〈. . .〉. Was ich so eben von den Volkssagen behauptete, habe ich von jeher noch mehr bei Marionettenspie1305

Kommentar

lern und den Tragödien der umstreifenden Comödianten bestätigt gefunden, die eine gewisse Anzahl von alten Stücken in ihrem Besitz haben, die eben ihres Alters wegen nicht ganz veralten können, und die von ächten Dichtern nothwendig herrühren müssen, weil sie, ohngeachtet sie so verachtet sind, eben diejenigen sind, die unser eigentliches deutsches National-Theater formiren, weil sie so ächt deutsch, ganz aus der Mitte unserer Begriffe hervorgenommen sind und durch die allegorische Art der Behandlung doch eine Allgemeinheit erhalten, die jedem wahren Dichter und Künstler unendlich viel an die Hand gegeben hätte, wenn es ihnen beliebt hätte, hier fortzubauen und wenn sie überhaupt nur existirt hätten. Die Ähnlichkeit dieses Beginns der Schauspiel-Episode mit Arnims Einleitung ist auffällig. Tieck berichtet nun (S. 59–66) von der Aufführung eines Stückes Die Höllenbraut, welche eine Art weiblicher Don Juan ist. Ehe diese vom Teufel persönlich gefreit, d. h. geholt wird, bringt sie einen treuen Liebhaber ins Unglück, der endlich bei einem Zweikampfe erstochen wird. Er besitzt einen närrischen Bedienten Lipperle, der versucht, seinen unglücklichen Herrn zu trösten (S. 61): Dieser

Bediente hielt sich mit seinen Vergleichungen eben nicht in den Gränzen der Bescheidenheit und Schicklichkeit und parodirte in vielen Gleichnissen die unglückliche Leidenschaft seines Herrn, die Scene endigte sich, wie man leicht vorhersehen konnte, damit, daß Lipperle mit Prügeln fortgejagt wurde, damit er dem zartgesinnten Gemüth nicht länger zur Last fiele. Dieser Vorfall ist ziemlich abgenutzt, aber doch gehörte er in diesem Zusammenhange nothwendig zum Ganzen. Tieck meint über diese Figur (S. 65): 〈. . .〉 der Lipperle war die natürliche Ansicht der Dinge, die sich am lebendigsten im Widerspruch mit der poetischen Welt zeigte, und daher leicht und natürlich dargestellt werden mußte, um den Endzweck des Dichters zu erfüllen, denn so unnatürlich die Rollen aller übrigen Personen geschrieben waren, in so natürlichen und verständlichen Redensarten bewegte sich dieser Charakter 〈. . .〉. Im zweiten Teil der Briefe über W. Shakspeare kommt Tieck noch einmal auf die Figur des Hanns-Wurst bzw. Lipperle zu sprechen und meint in Bezug auf Gottscheds Verbannungsaktion von 1737 (S. 461): Ich habe schon oft über das hohe feierliche Gericht lachen müssen, in welchem, als sich die erste Morgenröthe des dramatischen Geschmakkes bei unsern Landsleuten zeigte, der arme Hans-Wurst elendiglich und öffentlich auf dem Theater selber verbrannt wurde, es war sein letzter Spaß, er ist sogar, um uns zu amüsiren, für uns gestorben 〈. . .〉. So wird auch in Arnims Theatererfindung Lipperle am Ende ermordet, nicht

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von einem aufgeklärten Theatermacher, sondern von dem Bösewicht Golo, der sich damit nach dem Ende des eigentlichen Stückes für seine Hinrichtung rächt. Der Aufklärer, so ist dieser Schluß wohl zu deuten, ist dem Verbrecher gleichzusetzen. Der Trauergesang auf Lipperle ist ein umgedichteter Gassenhauer, womit eine Brücke zum Wh mit seinem von den aufgeklärten Poeten verachteten Liedern geschlagen wird. – Der Text insgesamt ist eine Huldigung an Ludwig Tieck.

Überlieferung H: GSA 03/77, 4 Dbl., ca. 23 x 18,5 cm. Wz: Dbl. 1–3: I G EBART; Dbl. 4: I G EBART unter gekröntem Wappen mit Posthorn, ca. 23 x 18,5 cm; 1 Bl., ca. 22,7 x 18,5 cm, Wz: J Whatman 1801 (Schluß ab: Golo nach Hause). 569,6–570,12 Gedicht: Ach den armen Lipperle 〈. . .〉 Ricklefs Lyr.-Reg. 8: H fehlt dort. Skizze (Bleistift) in: Engl. Heft IV, GSA 03/183, Bl. 20r/v und 19v; Titel in Heft VIII, Bl. 55r: Der arme Lipperle. Kontrafaktur auf die Melodie: »O du lieber Augustin« (vgl. 568,14).

Varianten 565,3 565,3

Menschheit] üdZ aus Geschichte habe.] danach gestr. (1) Das Interesse kommt nicht etwa 〈üdZ〉 daher, weil man weiß dies sey dort und damals wirklich 〈üdZ〉 gewesen, aber (2) Ergreifender die Wirklichkeit der gestellten 565,3 Ueber] aus Aber 565,4 einzelnen menschligen] üdZ 565,4 sich mit] aus m 565,5 das] aus die 565,8 Wahrheit] üdZ 565,10–12 die glänzende 〈. . .〉 geschmückt] teils üdZ aus (1) in der wir die schöne Morgen (2) die schon im Aufgange der neuen Morgenröthe glänzte 565,12 die Dichtungen des] üdZ 565,15 erschienen] aus gewesen 565,17–18 des Bayerischen Lipperle] aus wie der Lipperle zu Stadt am Hof 565,18 heiligen] üdZ 1307

Kommentar

565,18 angekündigt las] ankündigte las aus auf dem Zettel las 565,20 nach] aus auf 565,21 ein] aus de 565,22 knackte] aus knackten 565,23 Lichter] aus N 565,24 langsam] aus langsamsam 565,25 Da] aus st 565,28 Der Pfalzgraf] aus Er 565,30 anzeigen] aus sa 565,35 zum Obersten] aus zu seinem 566,7 sagt] aus saget 566,12 der Lipperle] üdZ eingefügt 566,16 an die Gräfin] üdZ eingefügt 566,17 wofür 〈. . .〉 soll] üdZ eingefügt 566,32 Gräfin] aus Gräfen 566,33 teuflich] aus ver 566,33 reichen wollte] aus reichte 566,34 hätte] üdZ eingefügt 566,36 befiehlt ihm] aus soll ihr d 566,37 Christiänchen] aus Golo 567,8 Burgverließ] aus Gefängniß 567,12–13 dem Golo] üdZ eingefügt 567,13 angekommen] aus be 567,18 ermorden,] aus ermorden. 567,19 ausrichten] aus thun 567,25 Genovefen] aus Genofefen 567,27 ihr] aus ihnen 567,29 wozu] aus was 567,33 Christiänchen] aus Golo 567,37 ernähren] aus erzählen 568,8 trauligen] aus traurigem 568,9 aber] üdZ eingefügt 568,13 wehren] aus verwehren 568,17 der] aus dem 568,18 will] aus b 568,24 fängt] aus fr 568,32 findet 〈. . .〉 Kleider] aus findet er nackt Weib und Kind wieder, 568,36 Reihen] aus T

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Handschriftliche Texte

568,38 sicher] üdZ eingefügt 568,38 Lachen] aus lachen 569,2 eilte] aus eile 569,3 Haufens.] aus Haufens, 569,6 den armen] aus du armer 569,10–12 Chor 〈. . .〉 fort] unten neben der Strophe eingefügt 569,18 er schlich ihm nach] aus (1) lauschet treu (2) hindert 〈xxx〉 569,19 dort] aus euch 569,21 doch] üdZ eingefügt 569,24 Sey sein Hort] aus Der einst dein Hort 569,26 Heimlich vom] aus Von dem 570,6 um] üdZ eingefügt 570,8 Spasseswort] aus Lieben

Erläuterungen 565,1 Lipperle] Lipperle ist der bayerische Hanswurst. Er tritt hier in der Rolle des Christiänchen auf. 565,7–9 Wirklichkeit 〈. . .〉 poetische Wahrheit] Mit diesem Einwand beginnt Arnim die Diskussion um Natur- und Kunstpoesie mit Jacob Grimm, die in den folgenden Jahren einen großen Raum in ihrer Korrespondenz einnimmt. 565,10 Tieck’s Genoveva] Vgl. ZfE13. 565,11 im Aufgange der neuen Morgenröthe] Vermutlich Anspielung auf Jacob Böhmes theologisches Werk Morgenröthe im Aufgang, aus dem er in ZfE7 (74,4–18) zitiert. 565,29 Heidenkönig Atramant] Der arabische Feldherr Abd er Rahman, der 732 bei Tours und Poitiers besiegt wurde. 567,9 Schmerzenreich] Vgl. ZfE13, 159,5. 568,4 Drude] Gotisches Wort, bedeutet eigentlich einen weiblichen Nachtgeist, hier im Sinne von Zauberin. 568,6 Großvatertanz] Beim Großvatertanz handelt es sich um eine aus dem 17. Jhd. stammende Weise, die schon in Bachs »Bauern-Kantate« (BWV 212) vorkommt und im ganzen 18. Jhd. überall gesungen und zum Tanz gespielt worden ist. Vgl. Franz Magnus Böhme, Geschichte des Tanzes in Deutschland. Leipzig 1886. August Langbein hat ihr 1812 das Lied Als der Großvater die

Großmutter nahm,/ Da wusste man nichts von Mamsell und Madam 〈. . .〉 unterlegt (D: Becker, Taschenbuch zum geselligen Vergnügen 1813, S. 332). Dieses war im 19. bis frühen 20. Jhd. sehr verbreitet (7 Str., Abdruck:

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Kommentar

Franz Magnus Böhme, Volksthümliche Lieder der Deutschen. Leipzig 1895, S. 536). Vgl. Max Friedlaender, Das Großvaterlied und der Großvatertanz. In: Festschrift Hermann Kretzschmar zum 70. Geburtstage. Leipzig 1918, S. 1–8 (mus. Not.). Arnims Erwähnung wäre demnach sehr früh. – Seine Tochter Maxe beschreibt in ihren Memoiren das Erntefest im Ländchen Bärwalde, das auch Arnim als Gutsherr gepflegt hatte, wie wir aus zahlreichen Briefen wissen. (Vgl. dazu: Renate Moering, Einladung zum Erntefest. Achim von Arnims Gedichtskizze Nicht des Mays erste Blüten 〈. . .〉. In: JbFDH 2002, S. 152–155.) Maxe von Arnim schreibt: Und nun begann die Hauptsache:

das Tanzen. Eröffnet wurde es mit einem altväterlichen Tanz, den die Alten in ihren langen Röcken feierlich aufführten. (Zit. nach: Eva Mey, Ich gleiche einem Stern um Mitternacht. Die Schriftstellerin Gisela von Arnim, Tochter Bettinas und Gattin Herman Grimms. Stuttgart 2004, S. 23. 568,11–12 Volkslied: Bist du mein Ludewig, so komm und küsse mich] Auch belegt bei Jean Paul in Siebenkäs, Titan und Flegeljahren. Ebenso bei Theodor Heinrich Friedrich, Satirischer Zeitspiegel. Eine Erbauungsschrift in zwanglosen Heften des Witzes und lachenden Spottes, 1. H., Berlin: Maurersche Buchhandlung 1816, S. 86. 568,12–13 Den Kuß in Ehren kann niemand wehren] Sprichwort. 568,14–15 Ach du lieber Augustin 〈. . .〉 weg] Zur Melodie dieses Liedes schrieb Arnim das groteske Schlußgedicht. Das Lied ist bekannter unter dem Beginn Oh, du lieber Augustin. Es bezieht sich auf den Wiener Bänkelsänger Marx/Markus Augustin (1643–1685), der, weil er die Bevölkerung während der Pest im Jahr 1679 mit seinen Liedern aufheiterte, »lieber Augustin« genannt wurde. Angeblich schlief er in der Gosse seinen Rausch aus und wurde mit den Pestleichen eingesammelt; erst als man ihn in ein Massengrab warf, wachte er auf. Seit etwa 1800 ist das Lied in Wien nachgewiesen. Vgl. Franz Patzer, Die Pest in Wien/ Der liebe Augustin. Ausst.-Kat. Wien 1979; Wikipedia, Marx Augustin, 2.5.2008.

Oh, du lieber Augustin, Augustin, Augustin, Oh, du lieber Augustin, alles ist hin. Geld ist weg, Mäd’l ist weg, Alles hin, Augustin. Oh, du lieber Augustin, Alles ist hin.

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Handschriftliche Texte

Rock ist weg, Stock ist weg, Augustin liegt im Dreck, Oh, du lieber Augustin, Alles ist hin. Und selbst das reiche Wien, Hin ist’s wie Augustin; Weint mit mir im gleichen Sinn, Alles ist hin! Jeder Tag war ein Fest, Und was jetzt? Pest, die Pest! Nur ein groß’ Leichenfest, Das ist der Rest. Augustin, Augustin, Leg’ nur ins Grab dich hin! Oh, du lieber Augustin, Alles ist hin! Arnim schließt sich mit seiner Fassung der scherzhaft-makaberen Stimmung des Liedes an. 568,26 Jacht] Jagd. 569,21 Tort] Unrecht, nach dem frz. tort.

1311

Kommentar

München-Brief Entstehung Dieser Text wurde bis zum Jahr 2004, als Härtl ihn als fiktiven Text für die ZfE erkannte, für einen wirklichen scherzhaften Brief an Brentano gehalten (vgl. Steig 1894, S. 31; Schultz 1998, S. 12f., Kommentar S. 798; dagegen Heinz Härtl in WAA XXXI, S. 515, im Kommentar zum echten Brief Arnims an Brentano aus München vom 4. Mai 1802, der allerdings nur im Konzept erhalten ist, Nr. 230.K). Arnim war 1802 nur vom 27. April bis etwa 10. Mai in München. Der absurde Text erweist sich vollends als fiktiver Brief in der Anmerkung der Herausgeber (572,6), nämlich der Herausgeber der ZfE, zu einer angeblichen Korrespondenznachricht. Daß zwar der Abfassungsort, aber nicht das Datum 12 Feb fiktiv ist, kann aus Arnims Brief vom 6. Februar 1808 aus Heidelberg an Brentano erschlossen werden, in welchem er dessen Bearbeitung des Wh-Liedes Vom Wasser und vom Wein (FBA 7, S. 38–40) lobte, das im vorliegenden fiktiven Brief zitiert wird (Drey Briefe von Dir, mein 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 276r–281v): Arnim meint, daß jedermann gern Brentanos Einfügungen in dem Wettstreite zwischen Wein und Wasser, so leicht sie der Christian 〈Brentanos Bruder〉 auch erkannte, lesen würde. Vgl. Schultz 1998, S. 491f.; FBA 9/2, S. 74–79; Erwähnung in: Heinz Härtl, Ein journalistischer Scherz-Artikel der Heidelberger Romantik. In: Neue Zeitung für Einsiedler, Jg. 1 (2000/2001), H. 2, S. 30. Daß die in Härtls Aufsatz publizierte Handschrift unbekannter Hand – mit Arnims Überschrift

Zufälligkeiten im Zusammentreffen beyder gespaltnen Kolumnen einer Zeitung –, wie von ihm vermutet, für die ZfE vorgesehen gewesen sei, entbehrt leider einer Begründung (ebd., S. 30).

Überlieferung H: FDH 7343. Wz: Anker mit D H R H unter Krone mit Kreuz darauf. Vgl. u. a. den fiktiven Brief aus Berlin. TD: Steig 1894, S. 31; Schultz 1998, S. 12f.; das Gedicht: Werke V, S. 12.

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Handschriftliche Texte

Varianten 571,10 571,16 571,24 571,25 571,26 572,13

dir] aus sie sich singen] aus mit Wesen] davor gestr. süsse Läst] aus Hörst der Sang] aus Gesang dort nur] aus das G Erläuterungen

571,10 Florpelze] Ein Flor ist nach dem DWb III, Sp. 1816 ein feines Gewebe. Das absurde Kleidungsstück paßt zu dem scherzhaft beschriebenen Wetter; die Widersprüche erinnern an die Verkehrte Welt. 571,19–31 Zu Arnims Gedicht (Ricklefs Lyr.-Reg. 1168) vgl. den frühen Entwurf FDH G 371. D: Werke V, S. 11, Kommentar S. 1048, sowie als diplomatische Umschrift bei: Joh. Nikolaus Schneider, Ins Ohr geschrieben. Lyrik zwischen 1750 und 1800 als akustische Kunst. Diss. Tübingen 2000 (Typoskript), S. 231–247. – Arnims Gedicht wird in dem humorvollen Kontext zum Rollengedicht einer Frau. 572,18–23 ein Wettstreit 〈. . .〉 beyden.] Vgl. die Schluß-Strophe im Wh (FBA 7, S. 40; Quelle: FBA 9/2, S. 77).

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Kommentar

Aprilscherze Sieben kurze Texte Arnims sind auf den 1. April datiert, mit unterschiedlichen Ortsangaben. Daß es sich dabei um eine Art Aprilscherz für die ZfE handeln könnte, die am 1. April 1808 zu erscheinen begann, hat zuerst Heinz Härtl für einige dieser Texte vermutet. Vgl. Rez. von Riley 1978, in: Deutsche Literatur Zeitung für Kritik der internationalen Wissenschaft 101. Jg., 1980, H. 5, S. 382–384, bes. S. 384: »Nr. 27 u. Nr. 30 wurden wahrscheinlich 1808 als Aprilscherze für die Zeitung für Einsiedler geschrieben; daß Nr. 27 nicht vor 1807, Nr. 30 〈Berlin〉 nicht vor 1806 geschrieben sein kann, geht aus der Erwähnung des Königreichs Westfalen 〈vgl. London〉 bzw. der Kontinentalsperre 〈vgl. Berlin〉 hervor.« Einen indirekten Hinweis auf derartige Texte erhielt Arnims Ankündigung; die ZfE beginne mit dem ersten April und ist doch kein Aprilspas (2,9f.). Aufgenommen sind hier nur Texte, bei denen ein Zusammenhang mit der ZfE sicher zu erkennen ist, und nicht andere aus diesem Zeitraum, bei denen er nur gemutmaßt werden kann (so: Heinz Härtl, Amazonenrepublik und Raum von vier Dimensionen: Zur Genese von Texten Arnims. In: Raumkonfigurationen in der Romantik. Eisenacher Kolloquium der Internationalen Arnim-Gesellschaft, hg. v. Walter Pape, Tübingen 2009, S. 111–120, bes. S. 118 und 120).

Königsberg Entstehung Knaack datiert den Königsberg-Artikel auf 1807, als Arnim im April in dieser Stadt war, und weist darauf hin, daß August von Kotzebue (1761–1819) »ebenfalls 1805–1806 in Königsberg weilte« (Werke VI, S. 1156). Kotzebue wurde von den Romantikern verspottet, besonders Brentano hatte sich mit seinem satirischen Drama Gustav Wasa (1800) auf dessen gleichnamiges Schauspiel (Druck: Leipzig 1801) bezogen, das er auf der Bühne gesehen hatte (vgl. Brentano-Kat. 1978, S. 28–31). Arnim spricht in seinem Brief an Brentano aus Zürich vom 9. Juli 1802 von Kotzebuische〈m〉 Mehlthau (Wir hatten uns verrechnet, es 〈. . .〉, WAA XXXI, S. 65). Aus Genf am 18. No-

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Handschriftliche Texte

vember 1802 kritisiert er Kotzebue und Novalis gleichermaßen, indem er scherzhaft schreibt (Ich ging heute in der 〈. . .〉): Man sagt jezt Menschenhaß und Reue 〈1789〉 sey nicht von Kotzebue sondern von Novalis

und zwar ein vorangeschickter zweyter Theil des Heinrich von Ofterdingen, die Personen wirst du alle wieder erkennen Mathilde ist Madam Müller, der junge Heinrich wird der Unbekannte u. s. w. Wenn es nicht wahr ist, so bleibt es unter uns. (WAA XXXI, S. 143) Brentano teilte Arnim – zwischen etwa 16. und 21. August 1803 – aus Weimar mit (Ich habe einen Brief von 〈. . .〉): In Kozebues Zeitung, der Freimüthige, ist dein Hollin heilloß herunter gemacht, er nennt ihn eine lappische Nachahmung des Meisters, wahrlich lieber, so hübsch auch der Hollin ist, so ist ihm doch zu viel Ehre Geschehen, von Kozebuen geschimpft zu werden. (WAA XXXI, S. 292) Anfang 1805 erlaubt sich Arnim in Berlin einen Scherz (an Brentano, 25. März: Heute morgen wurde ich sehr 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110, 4 Bl. 37v–40v, Briefnr. 21; WAA XXXII, S. 32): Und Kotzebue ist auch wieder hier und giebt drey Bände italiänischer Reisen heraus. Gott sey uns gnädig. Ehe er angekommen bey einem Geburtstage von Schickler kaufte ich acht Bogen Papierseliger Neujahrswünsche ließ mich unter seinem Namen anmelden und überbrachte sie, viele waren getäuscht und hielten es für seine Arbeiten aus Italien. Kotzebue veröffentlichte 1805: Erinnerungen von einer Reise aus Liefland nach Rom und Neapel; 3 Teile. Arnims negative Meinung wurde bald verstärkt durch einen Aufsatz Kotzebues im Freimüthigen, daß Göthe kein Deutsch verstehe, wie er Savigny mitteilt (Schwäbisch Hall, 26. November 1805: Ich bin ins Schreiben gekommen 〈. . .〉, WAA XXXII, S. 96; SPK-NS; vgl. 3. Jg., Nr. 223, 8.11.1805). Anfang Mai 1806 sah Arnim zwei Stücke Kotzebues in der Provinz. Er berichtete Brentano aus Karstorf (Drey Briefe von mir sind 〈. . .〉, UB Heidelberg 2110,5 Bl. 161r–164v. WAA XXXII Nr. 455, S. 244 u. 246): Gestern ging ich zu einem wunderlichen reichen Grafen

Hahn nach Remplin um einer Komödie zu bespötteln, der Mann hat da eine Glashütte in kurzer Zeit sehr zierlich zum Theater eingerichtet, die 2 Logenreihen hängen in Palmen, 〈. . .〉 Kotzebue wird da aufgeführt, für die Kunst ist nichts zu erwarten 〈. . .〉. Es wurden die beyden Klingsberge 〈1801〉 und der Gefangene 〈1800〉 gegeben. Herr Gott wie miserabel kam mir Kotzebue wieder vor bey meiner höchsten gutmüthigen Stimmung muste ich es tausendmal rufen 〈. . .〉. Trotz dieser deutlichen Ablehnung spielte Arnim doch im Jahr nach seinem satirischen Text bei einer Kotzebueschen Komödie mit, die am 21. August 1809 im Königlichen Schauspielhaus stattfand, was er Bettine nicht ohne Ironie mit-

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Kommentar

teilte (Berlin, 4. August 1809: Von Dir, liebe Bettine, ein 〈. . .〉, FDH 7304): Nächstdem spiele ich endlich wirklich Komödie und habe schon eine Probe mitgemacht, denk Dir das sonderbare Geschick, in einem Kotzebueschen Stücke, im Wirrwarr 〈1803〉 als Major Langsalm, ich fluche darin ohne Unterbrechung auch habe ich eine sehr artige Tochter, die ich auf die Stirn küsse, gelt das gilt was Ich finde die Kotzebueschen Stücke sehr angenehm, man kann weglassen und einflicken im Dialog, kein Mensch merkt etwas, das ist der Bequemlichkeit und der Gelegenheit sehr angemessen, bey Privattheatern besonders, wo sich nichts ohne Ueberladung halten kann. 〈. . .〉. Und am 20. August (Gestern erhalte ich einen Brief . . ., FDH 7305): Meine Komödien, die Theaterprobe 〈von Molie`re〉 und der Wirrwarr, habe ich mit vieler Lust durch gespielt, nach Gefallen improvisirt, kurz ich fühlte mich frey und furchtlos wie ich die Bretter betrete 〈. . .〉 Die Proben verleiden mir aber die Wiederholung dieses Spasses, mir wurden die Worte zuletzt so lang im Munde, daß ich sie kaum heraus bringen konnte, wir mussten sie oft mit Tanz und Jubel unterbrechen, um nicht einzuschlafen. Arnim erkannte die theaterwirksame Handlung, der es aber an künstlerischer Gestaltung fehlte. In diesem Sinn schrieb er den Aprilscherz als Brief an eine Zeitung, wobei sein Vorschlag mit Sicherheit als Scherz aufzufassen ist, wie auch die gestrenge Antwort aus einer Rolle heraus geschrieben ist, denn Arnim hätte sicher andere Stücke als die allgegenwärtigen von Kotzebue lieber auf der Bühne gesehen. Knaack zitiert aus einem »Mischtext« Arnims Ueber Rezensionen (GSA 03/86; vgl. Werke VI, S. 1157), in dem es – ebenfalls ironisch – heißt: O

Kotzebue, Sophokles der Deutschen; Kenner aller Naturen, Dichter aller Nationen, sicher ist es nicht Vorwurf denn jede Kunst muß sich in der verwandten Brust entzünden, gestehe es öffentlich, hier ist die eigentliche Quelle deiner kühnen Empfindungen. Was rührte alle Weiber bis zu den Poissarden 〈. . .〉 herab in Paris, in London, in Berlin und Wien, die Kinderscenen in Menschenhaß und Reue, in der Octavia 〈1801〉, in der Johanna von Monfaucon 〈1800〉, sind sie nicht das eigentliche Salz deiner Gerichte und zugleich das Gewürz. Aber du ahmst nie nach, du bist immer deine eigenthümliche Bahn gegangen, darf ich eine Vermuthung wagen, zu der Dikzion, der schöne theatralische Gang der Handlung, die Harmonie der Sprache, das Edle der Bilder mich längst hinführten – nur ein Kotzebue kann Verfasser dieser schauspielerischen Erzählung seyn. 1316

Handschriftliche Texte

Überlieferung H: GSA 03/77, S. 15–18, 2 Dbl., ca. 17,3 x 10,7 cm; Wz: 1. Dbl.: Anker unter beschnittenem Wappen mit Buchstaben H R (vgl. Wallfahrttheater); 2. Dbl.: Wappen mit Baselstab, beschnitten. D1: Dorothea Streller, Arnim und das Drama. Diss. Göttingen 1956 (Masch.), S. 106f.; D2: Werke VI, S. 214–216.

Varianten 573,3 viele] aus die k 573,4 So] davor gestr. Allen Bemü 573,7 und] aus , 573,11 unsrer] aus unser 573,11–12 vom Untergange] üdZ eingefügt 573,17 sein Fach] aus m 573,21 durch diesen Fehler] aus dadurch diesen Fehlern 573,22 eigentlich] aus eine 574,6 daß] aus das 574,11 ein Heiliger] aus ein heiliger Sebast 574,12 Wollen] aus Wollen, Wollen 574,14 dazu geschickt] aus dadur 574,18 die Vorstellungen] aus die Vie 574,19–20 um das Publikum nicht 〈. . .〉 zu setzen] aus 〈. . .〉

es 〈. . .〉

gesetzt Erläuterungen 573,18 Iffland] August Wilhelm Iffland (1759–1814), Schauspieler, seit 1796 Direktor des Nationaltheaters in Berlin. 573,19 John Bull] Ausdruck für das Stereotyp des Engländers. Vielleicht Anspielung auf Kotzebues Erfolgsstück Die Indianer in England 〈1790〉. 574,10–12 der glühende Rost, worauf ein Heiliger 〈. . .〉 gebraten] Anspielung auf das Martyrium des hl. Laurentius (gest. 10.8.258 in Rom). 574,20–21 ob es wie Gold 〈. . .〉 besteht] Gold wird im Feuer von anderem Metall geschieden.

1317

Kommentar

London (1) Überlieferung H: BJ – VN. 1 Dbl. 3 S.

Varianten 574,25 Batterieen] danach gestrichen auf 574,27 [Pfund]] altes Pfundzeichen 574,28 Sterling] üdZ 574,29 das Original der mediceischen Venus] aus Venus und 574,36 ist] aus hat 575,2 des] aus der 575,3 wir] aus ich 575,4 Marmorstatue] aus Marmorbüs 575,5 waren,] aus war, 575,7 wir] aus ich 575,8–9 Wermuth und Beygang aufzuheben] aus Wermuth

Mars v

aufzuhe-

ben 575,9

staubigen Zimmer] aus Kinderzimmer Erläuterungen

574,29 das Original der mediceischen Venus] Die erhaltene mediceische Venus ist die römische Kopie eines verlorenen griechischen Originals aus dem frühen 3. Jhd. v. Chr., heute in den Uffizien in Florenz. 575,1–2 brittische Museum] Das aus bedeutenden Privatsammlungen im 18. Jhd. gegründete British Museum sammelte seit Beginn des 18. Jhds. antike Plastik. Arnim hatte es im Sommer 1803 gleich besucht; vgl. seinen Brief an Brentano vom 5. Juli (WAA XXXI, S. 266 und 782). 575,4–6 weibliche Marmorstatue 〈. . .〉 mit Ruthenstreichen die Nacktheit abzustrafen] Dieses Motiv verwendet Arnim 1810 im Anfangskapitel seines Romans Gräfin Dolores (I. Abtl., 1. Kapitel; Werke 1, S. 105f.): Der reisende Erzähler empfindet Schmerz, wenn sich gemeine rohe Armut

über die Trümmer fremder Pracht und Bildung triumphierend lustig macht, unwissend an den Kunstdenkmalen zerstört, weil die Besitzer nicht mehr die Kraft haben zu schützen und zu erhalten, was sie vom Überflusse geschaffen hatten – und darum wendete ich mich schmerz1318

Handschriftliche Texte

lich von einem Kreise lumpiger Barbarenkinder fort, die dort im Lustgarten des gräflichen Palastes an einem schönen Amor in Marmor, der schlafend unter einer Rosenlaube ruhte, die schändliche Art von Geißelung wiederholten, die ihnen in roher Erziehung zu einer scherzhaften Strafe geworden. 〈. . .〉 ich stieg wieder in meinen Wagen und dachte, besser daß eine Wetterstrahl alle Kunstwerke in einem Augenblicke vernichte, ein Feind sie entrisse, als daß sie in vielen Jahren vor den Augen der Völker, die sie nicht verstehen, nicht in heiliger Sitte bewahren, verderben und geschändet werden; denn wer das Schöne zerstört, oder dessen Zerstörung duldet, kann es nie heiligen und erzeugen 〈. . .〉.

London (2) Entstehung Die Feststellung über die Begeisterung der Engländer zum Gesetzgeben machte Arnim schon in London. Er notierte sich in sein Taschenbuch (FDH B 69, S. 48): Die Engländer haben eine wahre Begeisterung zum Gesez-

geben, sie bringen alles in der Welt auf Regeln, man sollte von ihnen Gesezgeber wie in Nürnberg Spielsachen kaufen. Später leitete Arnim im Wintergarten seine Erzählung Mistris Lee mit ähnlichen Worten ein (vgl. Der Wintergarten. Berlin 1809, S. 200). Der vorliegende Text kann allerdings erst nach dem 7. Dezember 1807, dem Tag der Veröffentlichung der Westphälischen Verfassung, geschrieben sein; ein Terminus ante quem ist der 1. Juli 1808 als der Tag der geplanten Einführung der Geschworenengerichte (vgl. Werke VI, S. 1160f.). Sicher gehört der Text zu den vor Druckbeginn der ZfE verfaßten Aprilscherzen, obwohl er den ernstesten Charakter dieser Gruppe hat. Er ist durch den Winteraufenthalt in Kassel als der Hauptstadt des Königreichs Westphalen (vgl. 575,22f.) angeregt.

Überlieferung H: GSA 03/254, 1 Dbl., ca. 17,2 x 11 cm; Wz: Baselstab im Wappen, beschnitten. Der Text endet auf der 4. Seite des Doppelblatts, ist demnach wohl fragmentarisch überliefert, nicht abgebrochen. D1: Riley 1978, S. 105f., Text Nr. 27 (1804); dazu Rez. v. Heinz Härtl; D2: Werke VI, S. 227f.

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Kommentar

Varianten 575,16–18 das Vergnügen 〈. . .〉 gesetzt] aus weil das Vergnügen am Gesetzgeben um sich gegriffen hat es 575,21 des 〈. . .〉 Umgangs] am Kopf der Seite eingefügt 575,22 Europa] aus Eurp 575,25 Richter;] aus Richter? 575,28 von der] aus in die 575,30 Naturereigniß,] aus Naturereigniß. 575,37–38 Jahrhunderte. Statt] aus Jahrhunderte, statt 576,3 richtiger] aus leichter 576,9 auch 〈. . .〉 gefordert,] zwischen den Zeilen 576,13 hindert] üdZ eingefügt

Erläuterungen 575,22 Jury] Vgl. den 46. Artikel der Westphälischen Verfassung: Das gerichtliche Verfahren soll öffentlich seyn, und in peinlichen Fällen sollen die Geschworenen-Gerichte statt haben. Diese neue peinliche Jurisprudenz soll spätestens bis zum ersten Julius 1808 eingeführt seyn. (Vgl. Werke VI, S. 1161.) 575,31–32 nach den jüdischen Gesetzen 〈. . .〉 begraben worden ist] Die religiöse Vorschrift, daß ein Verstorbener nach einem Tag beerdigt werden solle, wurde damals auch von aufgeklärten Juden kritisiert (vgl. Marcus Herz, Über die frühe Beerdigung der Juden. Berlin 1787). Arnim kommt in seiner Erzählung Die Majoratsherren später darauf zurück (vgl. Werke IV, S. 137f. u. 1038). 575,33–34 Verfassungslosigkeit in Deutschland] Von einer Verfassung erwarteten sich die Reformer in Preußen ein Erstarken des Landes gegenüber Napoleon. 576,6 Nationalgesetzgebung] Das Allgemeine Landrecht für die königlich preußischen Staaten wurde am 5. Februar 1794 unter König Friedrich Wilhelm II. erlassen. 576,10 zwey übrigens recht brave Leute] Der Justizminister Johann Heinrich Kasimir Graf Carmer (1721–1801) und der Oberjustizrat Carl Gottlieb Svarez (eigentl. Schwaretz, 1746–1798) formulierten aus der Gedankenwelt der Französischen Aufklärung und des Naturrechts das preußische Landrecht.

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Handschriftliche Texte

Kuhschnappel Entstehung Arnim erwähnt zwei grotesk-kritische Werke seiner Freunde, die beide bei Mohr und Zimmer erschienen: den Uhrmacher BOGS von Clemens Brentano und Joseph Görres (1807, vgl. ZfE6 Motto) und Görres’ Schriftproben von Peter Hammer (1808, vgl. Kommentar zum May-Umschlag und 1. Verlagsanzeige der ZfE, April-Umschlag).

Überlieferung H: GSA 03/174, Bl. 68, ca. 21 x 16,9 cm; Wz: Wappen mit Baselstab, beschnitten.

Varianten 576,14 576,17 576,17

Kuhschnappel aus Eylau Uhrmacher Sgob 〈. . .〉 merken.] üdZ eingefügt Sie] aus sie Erläuterungen

576,14 Kuhschnappel] Die fiktive Ortsangabe ist eine Hommage an Jean Paul, denn dessen Siebenkäs lebt in dem Reichsmarktflecken Kuhschnappel. Der indirekte Hinweis paßt gut zu den beiden Werken Brentanos und Görres’. Durch diese fiktive Ortsangabe wurde der wirkliche Ort Eylau ersetzt, der eine Anspielung auf die Schlacht in Preußisch-Eylau im Februar 1807 darstellt, welche unentschieden endete (vgl. Hildegard Baumgart, Bettine Brentano und Achim von Arnim. Lehrjahre einer Liebe. Berlin 1999, S. 202). 576,16 wissen auch recht gut worauf das geht] Anspielung auf Voß, der beide Werke auf sich bezog. 576,17 Uhrmacher Sgob] Sgob ist rückwärtsgelesen BOGS, die Abkürzung für Brentanos und Görres’ scherzhaften Titel aus den je ersten und letzten Buchstaben ihrer Namen. Aus dem BOGS zitierte Arnim auch in der ZfE Motti (ZfE6 und ZfE10). 576,22 Doktor Gall] Der Hirnanatom Franz Joseph Gall (1758–1828) hatte auch Frankfurt bereist, wo sich Bettine von ihm untersuchen ließ. Er stellte

1321

Kommentar

bei ihr einen

Mordsinn fest, wie sie Arnim belustigt schrieb (10. Juni 1806; Soeben erhalte ich einen Brief 〈. . .〉, FDH 7390).

Marburg Entstehung Vermutlich entstand der Text, auf den Arnim in seiner Ankündigung anspielt (1,19), im Februar 1808 in Frankfurt. Marburg ist wahrscheinlich in dieser Gelehrtensatire als Universitätsstadt genannt.

Überlieferung H: FDH 13177, 2 Dbl., ca. 222 x 172 mm; Wz: Baselstab in ovaler Kartusche mit Ranken; Gegenzeichen: Anker unter spiegelbildlichen C unter Krone mit Kreuz; Am Anker: D E und R H (Dbl. 2)

Varianten 576,33 577,23 577,23 577,24 577,33 577,36

Mantelsack] danach gestr. aus über das Sattelpferd in der Nacht] üdZ eingefügt vom] aus von seinem wurde] danach gestrichen vom Sattelpferde er] aus wie mit Brodbrocken] aus mit Brodbrocken hinter sich Erläuterungen

576,29 Mantelsackthier] Das Manteltier ist ein Meerestier. Arnim macht ein Wortspiel mit dem statt eines Koffers besonders von Soldaten benutzten Mantelsack. 577,3 Spiegelteleskopen] Ein Fernrohr, zuerst ausgeführt von Newton. Arnim nannte Spiegelteleskope in seinem 2. Briefkonzept an Goethe vom 28. Mai 1806 (WAA XXXII, S. 228). 577,11 Jacht] Jagd. 577,18 Mungo Park] Berühmter schottischer Afrikareisender (1771–1806). Arnim konnte zu dem Zeitpunkt seine erste Reisebeschreibung kennen: Travels in the interior districts of Africa (London 1799; dt. Erfurt 1807).

1322

Handschriftliche Texte

Abb. 27: Aprilscherze: Arnim, FDH Hs 13177

Marburg

577,20–21 Schikaneder 〈. . .〉 Zauberflöte] Emanuel Schikaneder (1751– 1812), Bühnenleiter und Theaterdichter in Wien, Librettist der Mozartschen

Zauberflöte.

1323

Kommentar

Berlin Entstehung Der gestrichene Schlußzusatz führt zu: Chamouni. Der Text versammelt eine Reihe von Unmöglichkeiten oder Absurditäten. Riley datierte ihn auf 1805 (Riley 1978, S. 115f., Text Nr. 30), doch kann er wegen der erwähnten Kontinentalsperre erst nach Ende 1807 entstanden sein (vgl. die Rez. v. Härtl, a. a.O.).

Überlieferung H: FDH 7715,1; ca. 212 x 171 mm, Wz: Gegenzeichen: Anker unter Wz: spiegelbildlichen C unter Krone mit Kreuz; Am Anker: D E und R H (Dbl. 2), beschnitten

Varianten 578,3 von] aus seit 578,3 in] aus verx 578,11 Dampfmaschine] aus Feuer 578,11 bringt] aus h 578,13 entdeckt] aus die herrliche Entdeckung 578,15 die] aus w 578,16 Zuckermagazin] aus Gut 578,18 die Bienen] aus sich 578,21 patriotische Staatsbürger] aus Staats 578,24 wäre –] danach gestrichen:

Um den Fortschritten der Eisvulkane oder sogenannten Gletscher (1) zu hindern (2) Einhalt zu thun, bringt ein Theaterdichter vor schwarze Kulissen zu machen und die Erde Erläuterungen 578,2 Perpetuum Mobile] Lat. »das sich unaufhörlich Bewegende«, eine Maschine, die ohne Energiezufuhr von außen dauernd läuft; eine Unmöglichkeit der Mechanik. 578,4 einen jungen Deutschen von Adel] Vielleicht scherzt Arnim hier über sich selbst und seine unglückliche Liebe zu Auguste Schwinck in Königsberg.

1324

Handschriftliche Texte

578,12 Quadratur des Cirkels] Eine mathematische Unmöglichkeit, die immer wieder zu lösen versucht wurde; Arnim notierte sich im Taschenbuch B 69 (Hs. FDH) etwas dazu; auch schrieb er in zwei Briefen aus London darüber (vmtl. zwischen Ende März und Ende April 1804) an Brentano über den

Italiäner Rossi, der durchaus die Quadratur des Cirkels entdeckt haben will (aber innen da sieht es 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 354), ähnlich am 6. März 1804 an seinen Onkel Hans Graf Schlitz (Allen Deinen Bemühungen für uns 〈. . .〉; ebd., S. 352). 578,13–15 aus gewöhnlichem guten Canarien-Zucker 〈. . .〉 Runkelrübe (beta cycla Lin) nach zu machen] Wegen der Kontinentalsperre kam der Rohrzucker nicht nach Deutschland, was zum Surrogat des Rübenzuckers führte, der als minderwertig galt. Hier eine absurde umgekehrte Erfindung. Lin ist eine Abkürzung für Linne´: Carl Nilsson Linnaeus (geadelt Carl v. Linne´, 1707–1778), schwedischer Arzt und Naturwissenschaftler, entwickelte eine wegweisende biologische Nomenklatur; sein Werk für die Pflanzen Species Plantarum erschien zuerst 1753 in 2 Bänden. Herangezogen wurde: Des

Ritters Carl von Linne´ Königlich Schwedischen Leibarztes etc. etc. vollständiges Pflanzensystem nach der dreyzehnten lateinischen Ausgabe und nach Anleitung des holländischen Houttuynischen Werks übersetzt und mit einer ausführlichen Erklärung ausgefertiget. Nürnberg, bey Gabriel Nicolaus Raspe. Demnach ist beta nicht die Rübe, sondern der Mangold, behandelt in Bd. 5 (1779), S. 815–818: Mangold. Beta. LINN. Gen. pl. n. 310. ed. nov. 338. Die Blume dieser Gattung umgiebt den Fruchtknoten; und hat einen bleibenden, fünfblätterichten Kelch; keine Blumenkrone; fünf Staubfäden; und einen Fruchtknoten mit zween Griffeln und spitzigen Narben 〈. . .〉 (S. 815). 1.) Gemeiner oder rother Mangold. Beta vulgaris (S. 816). 〈. . .〉 2.) Weißer Mangold. Beta Cicla. Mit Blumen, die zu drey beysammen sitzen. 〈. . .〉 (S. 817). Es sei ein gewöhnliches Sommergemüse 〈. . .〉. Die Wurzel ist süß, und giebt noch eine reichlichere Quantität Zuckers, als die von der vorhergehenden. (S. 818). Arnim zitierte vermutlich aus dem Gedächtnis; immerhin ließ sich aus der Beta Cicla Zucker gewinnen. 578,19 Häfensperre] Kontinentalsperre.

1325

Kommentar

Chamouni Entstehung Wie der vorhergehende Text Februar 1808. Vielleicht besteht ein satirischer Bezug auf das Morgenblatt, in dem im Vorjahr ein Artikel über Lawinen stand (Morgenblatt, Nro. 63. Sonnabend, 14. März, 1807, S. 250–252):

Die Schneelauwinen. Wenn wir schon in unsern Alpengegenden eben so wenig die zertrümmernden Folgen eines Erdbebens, als die zum Chaos umwandelnden Verheerungen, eines feuerspeienden Berges oder gar die alles vernichtenden Würkungen eines Orkans erfahren, so erinnern uns Bergstürze, unaufhaltsam daher brausende Waldströme und Schneelauwinen an die Vergänglichkeit unsers Lebens. 〈. . .〉 Lauvinen, Schneelähnen, Avalanches nennt der italiänische Alpenbewohner Lavina (Labina). Der Süditaliäner die aus den Vulkanen hervorströmende Materie Lava 〈. . .〉. Überlieferung H: BJ/VS 8; 1 Bl., 2 S.

Varianten Eine Vorstufe am Ende von Berlin. 578,32 Ganz] Duktuswechsel 578,34 ein halber] aus einen halben 578,35 wird,] aus bis auf zwey Hemmungspunkte 578,36 der] aus mit der

Erläuterungen 578,25 Chamouni] Chamouni ist der ältere Name von Chamonix in Savoyen, gelegen im Tal der Arve und überragt von der Mont blanc-Gruppe mit dem damals berühmten Gletscher Mer de Glace / Eismeer. Die Gletscher unterliegen Schwankungen; bis 1825 wuchs das Eismeer bedrohlich. Der Genfer Naturforscher Horace-Be´ne´dict de Saussure (1740–1799) untersuchte das Tal und den Mont blanc wissenschaftlich: 1760 bot er einen Preis für die Erstersteigung des höchsten Berges der Alpen, die 1786 erfolgen konnte; ein

1326

Handschriftliche Texte

Jahr später ging er selbst mit 18 Helfern hinauf. Er war ein Vorbild für den jungen Wissenschaftler Arnim, der schon seinem Roman Hollin’s Liebeleben dessen Biographie beifügte; Arnim schrieb darin (Hollin’s Liebeleben. Göttingen 1802, S. 137f.): Mächtiger zogen ihn wieder die Berge zu sich

hin. Eine alte Sage hatte die unbekannten Gletscher von Chamouny als ein Feenland dargestellt, man nannte sie die behexten Berge und erzählte sich schreckliche Geschichten davon. Saussure eilte im zwanzigsten Jahre dahin, aber die versprochenen Wunder verwandeln sich ihm in Aufgaben seiner künftigen Beobachtungen, in merkwürdige Naturerscheinungen, die beschränkte, abergläubige Dichtung wurde ihm in eine dauernde Aussicht in das Innere der dichtenden Natur herrlich aufgelöst. Auch Saussures Mont blanc-Besteigung erwähnt Arnim. Er besuchte Chamonix im Sommer 1802; am 1. September schrieb er an seine Tante Louise von Schlitz (Entwurf; Ihre Briefe haben mich sehr 〈. . .〉; WAA XXXI, S. 84, Nr. 248.K): Ich komme vom Eismeere zurück, aber es

war nicht das rechte, was ich gern sehen möchte, aber es mag wohl schöner seyn als jenes und die Gegend umher hat sehr viel Auszeichnendes, eine Menge scharfer Bergspitzen die wie Seulen eines alten Gebäudes zerstörte hohe Berge bezeichnen 〈. . .〉. 578,33 Tangentialkraft] Kraftkomponente, die in die jeweilige momentane Bewegungsrichtung eines Körpers wirkt. 579,2 mit dem Transscendentalen] Vermutlich humorvolle Verwendung des philosophischen Begriffs.

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Kommentar

〈Herr

von Kotzebue〉 Entstehung

Die Hs. liegt in einem Konvolut, in dem sich Texte und Notizen zur ZfE befinden. Daher ist zu vermuten, daß es sich um einen 1808 entstandenen fiktiven Brief für die ZfE handelt, der wie die anderen nicht gedruckt wurde.

Überlieferung H: GSA 03/174, Bl. 5, 1 Dbl., 1. S., ca. 17 x 10,8 cm, Wz: Wappen mit Baselstab, beschnitten.

Erläuterungen Es handelt sich um einen satirischen Text auf den Dramatiker August von Kotzebue (1761–1819) und den Journalisten Merkel, Mitherausgeber von dessen Zeitschrift Der Freimüthige (vgl. Erl. zu 〈Apfelhüterin Friedericke Baumannin〉). 580,1 Falstaff] Lächerliche Hauptfigur in Shakespeares Stück The merry wives of Windsor (Die lustigen Weiber von Windsor, 1597). 580,3 Döbbelinschen Theater] Der Schauspieler und Theaterleiter Karl Theophilus Doebbelin (1727–1793) spielte mit seiner 1767 gegründeten Gesellschaft zunächst in Weimar, ging 1775 nach Berlin, wo seine Bühne 1789 zum Königlichen Nationaltheater erhoben wurde. Zu Kotzebue siehe auch die Hs. GSA 03/86 Ueber Rezensionen, datiert: Regensburg den 26 Januar, worin es heißt: O Kotzebue, Sophokles der

Deutschen, Kenner aller Naturen, Dichter aller Nationen.

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Handschriftliche Texte

Clemens Brentano und Achim von Arnim

〈Apfelhüterin Friedricke Baumannin〉 Es handelt sich um einen Mischtext, dessen Zusammenhang erst spät bemerkt wurde, da die Handschriften seit der Henrici-Auktion von 1929 und der Übernahme des restlichen Arnim-Nachlasses durch das GSA in zwei Archiven liegen. Der Anfang stammt von Brentano; der Schluß der ersten Handschrift ist schon von Arnim für den Druck in der ZfE formuliert. Die Handschriften werden deshalb hier zusammen ediert.

Entstehung Der Beitrag Brentanos wurde zuerst von Steig 1894 aus dem ihm zugänglichen Arnim-Nachlaß in Privatbesitz ediert (s. u.), Friedhelm Kemp versah den Text bei seinem Wiederabdruck 1963 mit dem – aus einem Brief Brentanos abgeleiteten – griffigen Titel Brief einer Apfelhüterin (Brentano, Werke II, S. 1031 u. 1219). Keimzelle von Brentanos Aufsatz ist sein Brief an Arnim vom 7./8. Oktober 1802 (Wie traurig machte mich der 〈. . .〉; WAA XXXI, Nr. 260, S. 121–129), in welchem er auf einen in mehreren Anläufen geschriebenen Brief Arnims aus Genf mit der fiktiv-poetischen Ortsangabe Wellenblinkerburg bey Genf (Ich habe noch keinen Brief 〈. . .〉) antwortete; vgl. Schultz 1998, S. 46–59 und Härtls Kritik an dieser Edition (Härtl 2002); WAA XXXI, Nr. 253, S. 104–116. Arnim fügt – wie er ironisch meint – seinem Schreiben eine Zeichnung – In Aberlischer Manier – ein (WAA XXXI, S. 105); der Schweizer Johann Ludwig Aberli (1723–1786) hatte »in Umrissen radierte und getuschte oder dreifarbig kolorierte Schweizerprospekte angefertigt, die als Aberlische Manier bezeichnet wurden« (Härtl 2002, S. 203, vgl. WAA XXI, S. 105). Auch literarisch spinnt Arnim die Schweizermode des 18. Jhd.s weiter, indem er im Stil von Rousseaus Helden St. Preux aus dem Roman Julie ou La nouvelle He´loı¨se beginnt, einen Brief bzw. ein Tageblat zu schreiben (WAA XXXI, S. 105). Brentano geht in seiner Antwort auf Arnims übermütigen Stil ein, und auch er, der Städter, hat ein Freilufterlebnis zu bieten,

1329

Kommentar

das ihm im Park der Grünen Burg bei Frankfurt begegnet war; dieses – nicht mehr erhaltene – Gut (nur der Grüneburgpark erinnert noch daran) hatte »der Bankier Peter Heinrich von Bethmann-Metzler 1796 seiner Tochter Anna Sophia, verh. von Schwartzkopf, zur Hochzeit« geschenkt (Heinz Härtl [Hg.], Bettina von Arnim, Werke II: Die Günderode. Clemens Brentanos Frühlingskranz. Berlin-Weimar 1989, S. 860). Brentano hatte dort seine Schwägerin Toni sowie die Schwestern Bettine, Lulu und Meline, die sonst bei der Großmutter in Offenbach lebten, getroffen. Er schildert (Frankfurt/M., 8. Oktober 1802: Wie traurig machte mich der . . .):

Mein Genfer see ist in der lezten Zeit der Mistpudel auf der Burg gewesen, doch etwas, waß du nicht auf der Burg genoßen hast, ist. Da ich lezt ankam, waren die drei Schwesterchen von Offenbach in voller Genialität draußen, und den ganzen Tag saß Toni mit ihnen hundert schritte rechts von der Burg in der Aepfelallee, bei einem außerst genialischen Aepfelhüter der dort von Stroh sich einen Sommerpalast aufgeschlagen hatte und neben diesem einen sehr geraumigen Herd mit Bäncken rings, und einen Zaun mit Guirlanden von Pfaffenkopfchen, und Hagebutten, dieser Mann war voll kleiner – (Lauße? ei Gott behüte,) voll kleiner Künste, Lieder und Sprüchelchen, und in seinem ganzen Hauswesen zierlich, originell, und außerst erfindsam, ich habe bei wenig Menschen so viel poetschen Unschuldssinn gefunden, so viel Sitte und Artigkeit, nie war der Bauer mit dem Besuche Tonis und der Schwestern verlegen, er saß unter ihnen, und ließ sich von Betinen Pfannkuchen backen, und erzählte seine Abendtheuer, er ist katholisch und from, voll einfältiger Erinnerungen, fährt jährlich mit großen Flözzen nach Holland, worauf er den Künstler, Poet, Fischer und alles ist, waß man nicht aus dem System eines Handwerks mit auf das Floz packen kann. Er hütet im Herbst, dann die Aepfel und hat eine Menge der kleinen Volksbücher, die er alle doppelt hat, um wie er sagt sie Freunden zu leihen. Als die Schwestern ihm sagten sie müsten nun wieder nach Ofenbach, sagte er, ich werde ein Rosenfarbnes Band über den Weg spannen, das einen Zauber in sich hat, daß kein Pferd den Wagen vorüber ziehen kann. Der Mann hat damals gefehlt, du hättest sicher bei ihm in der Hütte geschlafen, er ist durch und durch eine poetische Natur. Ich mache deine Aberlische Manier nach, um dir den Aepfel pallast zu schildern, doch wer kann sie in ihrer Gottlichen Undeutlichkeit, und in ihrer Arnimschen Sorgenlosigkeit erreichen. Sieh. Wie verflucht objektiv, es sieht gewiß alles aus wie ich es nicht gedacht habe. – Alles ist jezt von der Burg. (WAA XXXI, Nr. 260, S. 128; 1330

Handschriftliche Texte

vorher in FBA 29, S. 536f., mit ergänzten Umlautzeichen). Auch Brentano fügt dem Brief – nach Sieh. – eine Zeichnung ein. Er könnte mit dieser Szene Arnim bewußt an den ersten Kuß erinnern, den dieser Bettine unter Apfelbäumen bei Frankfurt – wohl auf dem Rückweg von der Grünen Burg – gegeben hatte, wie Arnim ihm Ende August 1802 aus Bern geschrieben hatte (Ich lese Bettinens Brief 〈. . .〉; WAA XXXI, Nr. 241, S. 78). Vor allem aber hatte er in dem Apfelhüter einen Menschen getroffen, der dem Ideal des Poeten aus dem Volk entsprach, wie Brentano und Arnim ihn seit diesem Sommer mit ihrer Fahrt auf dem Marktschiff suchten. (Zu dieser Reise und ihrer Stilisierung im Aufsatz Von Volksliedern im 1. Bd. des Wh vgl. Ernst Erich Metzner, Eine entflammbar bewegte Welt: Das Marktschiff zwischen Frankfurt und Mainz. Zur frühen Wirkung der dichterischen Europa- und Deutschland-Perspektiven Jens Baggesens von 1789ff. auf Achim von Arnim vor 1806. In: Kuriosum als Erkenntnis. Hg. v. Andrea Hübener u. Erich Unglaub. Flensburg 2002, S. 103–118.) Nicht entscheidend ist, ob nun Arnim und Brentano 1807 in Kassel über den Apfelhüter gesprochen hatten; seine Person eignete sich wegen des einsiedlerisch-poetischen Lebens in der Strohhütte ausgezeichnet als Vorbild für eine Geschichte in der ZfE. Daß Brentano aus dem Bauern eine weibliche Figur macht, verwundert nicht, da man das Singen von Volksliedern eher von Mädchen erwartete. Doch verleiht Brentano seiner Apfelhüterin groteske Züge mit ihrer Begeisterung für das trockene Poetik-Buch eines Aufklärers. Arnim schweift zunächst in einer satirischen Fabel um zeitgenössische Literaturkämpfe von der Frage der Apfelhüterin etwas ab, um dann in der Antwort der Baumannin einen tragikomischen Schluß zu erfinden: Diese hat den Herzbruder – Brentano – geheiratet (wohl auch eine Anspielung auf dessen unglückliche Ehe), schreibt aber nun in angelernt halbgebildetem Stil und hat sozusagen ihre poetische Unschuld verloren. Brentano klebte auch ein Exzerpt Jacob Grimms aus der Neuen Leipziger Literaturzeitung in seinen Text ein (582,22–30), das dieser so komisch fand, daß er es auch Savigny abschrieb (10. April 1808; Schoof 1953, S. 42): Eine sehr köstliche Definition der Poesie habe ich gestern

dem Arnim für die Zeitung geschickt, ich kann sie aber Ihnen nicht so lang vorenthalten. Sie ist vor einigen Wochen von einem Recensent in der Leipz. Lit. Zeit. sehr ernstlich mitgeteilt worden und lautet also: »Poesie ist die Kunst, selige Inseln voll Schönheit, Harmonie und Zweckmäßigkeit, voll schöner großer und begeisternder Ideen und zarter, tiefer und heiliger Gefühle aus dem Ocean der Menschenbrust durch den Zauberstab des metrisch gebundenen und dennoch freien Worts mit Schöpferkraft ans Sonnenlicht emporzuheben und bei ihrem 1331

Kommentar

Anblick eine ganze Welt in süßes ungewohntes Staunen zu versetzen.« Diese macht es recht schwer, und verdient viele Gönner, vorausgesetzt, daß man sich auch streng danach richtet, denn sonst ist sie doch schlecht. Brentano erhoffte sich außer Arnims Fortsetzung eine Antwort von Görres, dem Sohn eines Holzhändlers, der sich bei Ihnen aufhält und der undeutlich zu schreiben pflegt (583,9/11). Es sollte sich also eine in scherzhaftem Ton geführte romantische Poesiediskussion entfalten. Brentano schickte den Text am 8. April 1808 aus Kassel (Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉) nach Heidelberg: Auch erhälst du meinen Brief

einer Apfelhüterinn, der eine Hübsche Antwort im Blatt möglich macht mit der Unterschrift H e r z b r u d e r , welches immer meine Unterschrift bei scherzhaften Aufsätzen sein soll. (FBA 32, S. 56f.) Zu Brentanos Pseudonym Herzbruder nach Grimmelshausen vgl. die Entstehung der ZfE insgesamt sowie zu ZfE22. Am 20. April 1808 (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉) antwortete Arnim aus Heidelberg: Die Aepfelhüterinn wirs〈t〉 du in einem sehr bunten Quodlibet über Poesie wiederfinden, das Dir mein ich gefallen soll. (UB Heidelberg 2110,7, Bl. 309r–310v.) Arnim plante also, den Text in das Scherzende Gemisch aufzunehmen. Wann er Brentanos Beginn fortsetzte und für den Druck einrichtete, ist unbekannt. Als er die Zeitung mit der letzten Nummer am 30. August schloß, machte er, wie schon Steig feststellte (Steig 1894b, S. 125), eine – allerdings sehr freie – Anspielung auf die Apfelhüterin, hier zum Gänsemädchen mutiert, und kündigt den Text versteckt an (ZfE37, 454,37–455,9): 〈. . .〉 als

die Wirthin 〈. . .〉 ihrem Mann erzählte, das Gänsemädchen, die am Ofen ihre Schürze getrocknet hätte, als der kleine Herr seine Versche vorgelesen, sey ganz toll; sie gehe mit einem langen Stabe in der Küche umher und sage alles in Verschen 〈. . .〉. Der Schulmeister meinte, der hätte er so eine Vorwitzigkeit wohl voraus gesagt, sie hätte zwar schnell gelernt, wär aber immer so dummlich gewesen, manchmal auch superklug. 〈. . .〉 Hier folgt ihre Beschreibung, ihre Unterredung die wir an einem andern Orte nachzuholen denken 〈. . .〉. Auch aus seinem eigenen Textanteil zitiert Arnim, wieder sehr frei. Er kommt auf die Journalistik (455,19) zu sprechen; und gegenüber dem als Parnassuskläffer (455,35) bezeichneten Schulmeister zitiert der Herzbruder eine ironische Bemerkung von Tieck (456,10–18; vgl. u. in Erl. zu 583,24–27): Auch

sagt schon Tieck, so wenig es sagen will ein Gedicht hervorzubringen, so viel hat es zu bedeuten, wenn man eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen im Stande ist und dazu haben wir auch die alten Classiker. – Euren Spott weiß ich auswendig, schrie der Schul1332

Handschriftliche Texte

meister dazwischen, macht mir einen König von Thule, und ich will schweigen. – Die Aufforderung ist von ihrer Seite bescheiden, denn sie haben nichts dabey zu thun, auch bin ich gewiß wenn der König von Thule nicht gemacht wäre, sie würden ihn gewiß machen, aber wie machen wir es nun, da er einmal gemacht ist. (Vgl. dazu: 583,24–27; 588,22–28.)

Überlieferung UB Heidelberg: Hs. 949, Bl. 33 (für 581,3–583,21; davon von Brentano: 581,3–582,22; 583,2–6 und 583,8–14; von Jacob Grimm: 582,23–30; von Arnim: 583,7 und 583,16–21). Von Arnim stammt auch die Anweisung vor dem Text: An den Setzer. (Der Brief wird ohne Absätze gedruckt), außerdem die Blattzählung 32 und 33. Größe: H: Clemens Brentano, 344 x 204 mm; Wz: Tannenbaum; H: Jacob Grimm, ca. 120 x 121 mm; Wz: Wappen beschnitten, darunter Name xxxBERG. D1: Steig 1894b, S. 124–128; D2: Brentano, Werke 2, S. 1031–1033. GSA 03/50 (für 583,22–589,29, alles von Arnim egh.) 2 Dbl. (Karikaturen), ca. 22,5 x 18,6 cm; Wz: 1. Dbl.: C & I HONIG im Falz; 2. Dbl.: C & I HONIG unter Wappen mit Posthorn, beide eingerissen. 1 Bl. (Gedicht), ca. 22,5 x 18,6 cm; Wz: 1801. Das Gedicht eine frühere Hs. Arnims, evtl. schon in England notiert und hier eingefügt. 1 Bl. (Antwort), ca. 22 x 18,5 cm; Wz: C & I HONIG im Falz. Am Kopf der ersten Seite ist ein Zettel aufgeklebt mit Varnhagens Notiz:

(Scheint zur Zeitung für Einsiedler bestimmt gewesen. Wie es hier ist, nicht zu benutzen.) Am Ende der 4. S., also des 1. Dbl.s, steht auf dem Kopf (d. h. der Bogen sollte erst für einen anderen Text verwendet werden): Nun Gottlob daß der Stimmer. D1: Wingertszahn 1990, S. 504–515; D2: FBA 21/1.

Varianten 581,9 vorgen] aus neul 581,11 unterschiedliche] aus 581,13 hätte] aus wäre

seltsame

1333

Kommentar

Abb. 28:

Apfelhüterin, S. 1: Clemens Brentano

Handschriftliche Texte

Abb. 29: Apfelhüterin, Zettel: Jacob Grimm Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 949, Bl. 33rv.

581,14 581,15 581,19 581,22 581,23 581,24 581,26 581,28 581,28

die] aus ich die Luft] aus lass Frucht] aus Frucht, er sollte] aus daß hat sollte 〈. . .〉 Bäumen] aus sollte mir in dem Band mitten habe] aus bin heist,] aus heist von Das] aus Da steht Das 〈. . .〉 gelernt] aus Das (1) will (2) wollte ich nun auswendig

lernen 581,31

gekommen,] danach gestr. denn ich hatte

1335

Kommentar

581,33 Waß] korrigiert von Arnim mit heller Tinte zu: Was 581,33 Poesie? aus Poesie, 581,35 Sache] aus Gedancken 582,4 eines] aus j 582,5 statt] aus Statt 582,7 substituten] aus Substi (in deutscher Schrift) 582,10 Waß] mit heller Tinte von Arnim korr. zu: Was 582,12 Inventionen] zuerst in deutscher Schrift, dann dasselbe Wort in lateinischer Schrift draufgeschrieben 582,20 das lautete] aus das sei 582,22 Waß ist Poesie?] auf dem Zettel von Jacob Grimm die 1. Z. von CB; Waß mit heller Tinte von Arnim korr. zu: Was 583,7 im freyen Dichtergarten mit heller Tinte geschrieben und gestr. 583,8 ihre Meinung] aus die So 583,16–21 Nun 〈. . .〉 Auge.] Von Arnim egh.; Anfang zwischen Brentanos Schluß und Herzbruder geschrieben 583,17 noch] üdZ eingefügt 583,20 viel] davor gestr. hier 583,22–23 Antwort 〈. . .〉 Poesie.] Titel quer gestr. 583,24–33 Tieck 〈. . .〉 Reisen.] Der Text wurde diagonal gestr., nachdem vorher Korrekturen vorgenommen worden waren. 583,29 Lehren] üdZ aus Stunden 583,30 gehe 〈. . .〉 Arbeit] üdZ aus mag ich ihn nicht mit der schweren

Arbeit einsperren 583,31–33 woraus 〈. . .〉 Reisen.] und zu loben, das einem Dichterfreunde geweihet war. 583,33–584,1 Da begegneten mir mehrere] (1) Ich begegnete zwischen Stettin und Königsberg im Sande mehreren (2) Im Sande begegnete ich einmal 584,2 grösten] aus grossen 584,5 Chasseur] aus Schasseur 584,6 an den einzelnen Wachholdersträuchen] aus an dem udZ 584,7–8 schwangen. Sie] aus schwangen, sie 584,8 da] üdZ eingefügt 584,8 bey] aus an 584,9–12 ferner 〈. . .〉 gehöre] aus sey (1) ,ich. (2) . Ich habe alle die sieben Sachen der Berliner Kunstkammer vermacht. 584,15 mir] üdZ aus mich 1336

Handschriftliche Texte

584,16 den] üdZ aus meinen 584,19 in den Wind] üdZ aus ergänzt, davor gestr. lauten Muths 584,20 gute Raupe] aus guter Schmetterling 584,20–21 du warst 〈. . .〉 ehrlich] üdZ eingefügt 584,24–25 auf jeden 〈. . .〉 konnte] aus nicht weit kommen konnte

aus

jeden Fall 584,28 auch danach] üdZ eingefügt 584,30 gekommen] aus get 584,35–36 war das Hochzeit-Locken 〈. . .〉 Freund] aus waren die Hochzeitglocken meines Freundes 584,37 bey dem alten Minnesänger] üdZ eingefügt 584,38 ich bat ihn] üdZ eingefügt 585,3 blickten] aus blickte 585,5 seiner Zeitung, die] seinem Zeitung, das aus seinem Buche, das 585,5 aller] aus allen 585,8 meine Zeitung] üdZ aus mein Journal 585,10–34 Dicht 〈. . .〉 gemacht).] diagonal gestr., vorher kleinere Korrekturen 585,10–11 mit seiner Wache zankte] aus mit Wache heftig sprach 585,18–19 Der starb 〈. . .〉 Kerl.] üdZ eingefügt 585,19 Gerede] aus Auge 585,24 mit] eingefügt 585,25 jezt zu] üdZ aus auch so 585,25–26 um den Krieg 〈. . .〉 führen] üdZ eingefügt 585,30 seine] aus die 585,33–34 (ich 〈. . .〉 gemacht).] üdZ eingefügt 585,34–36 In 〈. . .〉 der] aus Der 585,38 stopfte] aus propfte 585,38–39 Das 〈. . .〉 Poesie] üdZ eingefügt 586,1 ist] (1) danach gestr. der eine sagt (2) danach üdZ eingefügt und wieder gestr. ich bin in derselben Noth

wie sie geehrte Friedricke Bauman 586,1–3 In 〈. . .〉 der eine sagte] zwischen den Zeilen eingefügt 586,4–5 der andre sagte] üdZ eingefügt aus er sagt 586,5 mir. Da] aus mir, da 586,5 rief ich,] üdZ eingefügt 586,7 sehr] aus b 586,12 schaufle] aus P

1337

Kommentar

586,15 Lesen 〈. . .〉 las] am Ende der Seite hinzugesetzt 586,16–587,33 Der Strahlenkranz 〈. . .〉 Minnen!] Auf einem einzelnen Blatt, das dem Sinn nach in das Dbl. eingefügt werden muß. 586,19 Um das] aus Doch dem 587,6 Necken] aus Neckes 587,30 mit] üdZ aus und 587,31 blinket] aus blinken 587,32 Sinket] aus Sinkt und 587,33 Blinket Minnen!] aus So das Minnen? 588,5–6 vorüber] aus hinaus 588,9–10 Sie 〈. . .〉 hören Herr Schulmeister 〈. . .〉 Sie] aus ihr 〈. . .〉 ihr

〈. . .〉 liest 〈. . .〉 Sie

ich arbeite in Ihnen aus 〈. . .〉 Finger habe] aus (1) und ihr die (2) wenn Sie es wegwirft, (1) ihr seyd (2) Sie ist mir gewiß und ich arbeite in euch aus, was ich selbst zu schreiben allzuträge Finger habe 588,12–28 und 〈. . .〉 möglich.] diagonal gestr. nach kleineren Korrekturen 588,12 Ihnen dereinst] aus Ihr v 588,12–13 bey 〈. . .〉 im] aus in dem 588,13 Sie] aus sie 588,14 freyen Dichtergarten] aus Garten 588,14 Schreib und Druckfehler] aus Schreibfehler 588,21–22 das 〈. . .〉 Fußgestell] aus die ganz Vortreflichen sind Gläser ohne Boden 588,23–24 der hat 〈. . .〉 vollendet] üdZ eingefügt 588,24–26 Es 〈. . .〉 wirft] teils zwischen den Zeilen aus Der wirft 588,27–28 wie er gemacht ist 〈. . .〉 gestehe] üdZ aus ob nichts daran auszusetzen wäre ein Fuß daran oder ein Riß darin; doch gestehe ich 588,33 gar und] üdZ eingefügt 589,5 lauter] aus L 589,9 herzlich] aus v 589,9 gesonnen] aus entschlossen 589,12 Ihne] aus dich 589,13 dero] aus deinem 589,14 Torodea] danach gestrichen Schneiderer 589,14 Ihne] aus dich 589,15 möchtest] davor gestr. du 589,16 Sie 〈. . .〉 haben, seyn Sie 〈. . .〉 langen] aus du 〈. . .〉 hast, sey 〈. . .〉 lang 588,11

1338

Handschriftliche Texte

589,17 589,17

sollens] aus du solls seyn 〈. . .〉 schicken] aus sey 〈. . .〉 schick Erläuterungen

581,5 armes Mensch] Der Ausdruck »das Mensch« für eine Frau ist eigentlich umgangssprachlich despektierlich, im Sinne von »Dirne«, doch ist es bei Brentano mit Sicherheit eine Anspielung auf den Stil von Christian Reuters

Schelmuffsky. 581,25 Judenboth] Ein Jude, der Botengänge erledigte. 581,26–28; 581,33–582,14 Erdmann Uhsens 〈. . .〉 1715 / Waß ist die Poesie 〈. . .〉 beliebt.] Diese Poetik des Schulmanns und Polyhistors Erdmann Uhse (1677–1730) erwähnt Brentano auch in seiner 1811 vorgetragenen

Philister-Satire (vgl. Brentano, Werke 2, S. 984; FBA 21/1). Verglichen mit dem Exemplar der UB Heidelberg:

Erdmann Uhsens Rect. Gymn. Martisb. Wohl-informirter Poe¨t / worinnen Die Poe¨tischen Kunst-Griffe, vom kleinesten bis zum grösten durch Frag und Antwort vorgestellet, und alle Regeln mit Exempeln erkläret werden. 〈Figur: Apoll mit Lyra.〉 Mit Königl. Pol. u. Churfl. Sächs. gnädigstem Privilegio. Leipzig, verlegts Jacob Schuster. 1719. S. 7f. im Kapitel Vorbereitung: 1. Was ist die teutsche Poe¨sie? DIe teutsche Poe¨sie ist eine Geschicklichkeit, seine Gedancken über eine gewisse Sache zierlich, doch dabey klug und deutlich, in abgemessenen Worten und Reimen vorzubringen. 2. Muß denn einer nothwendig Verse machen können? Mancher kan diese Kunst ziemlich entbehren, der eben nicht grosse Ursach hat, sich durch ein Carmen bey andern beliebt zu machen, oder, so ihm ja eines solte abgefordert werden, schon seinen Mann weiß, der an seiner statt solchen Poe¨tische Arbeit auf sich nimmet: Wer aber seine Recommendation durch einen geschickten Vers erhalten soll, und keinen Substituten hat, der hierinnen seine Stelle verträte, der wird der Poe¨sie gar schwerlich entbehren können. Mancher muß andere in der Poe¨sie unterweisen, und also nothwendig dieselbe wohl verstehen. 3. Was nutzet aber eigentlich die Poe¨sie? Mehr, als vielleicht mancher dencken solte: Denn es bringet uns dieselbe auf allerhand artige Inventionen, manierliche Expressionen, verschaffet uns eine gute Copiam Verborum, belustiget unser Gemüthe, und machet uns bey andern Leuten offtmahls überaus beliebt. 1339

Kommentar

581,30 überhören] Abhören, abfragen wie bei Katechismusfragen. 582,3 Carmen] Lied, Gedicht. 582,7 substituten] Ersatzmann. 582,13 Copiam Verborum] Lat. Wortreichtum. 582,23–30 Poesie 〈. . .〉 565.] Zitat von der Hand Jacob Grimms aus: Neue Leipziger Literaturzeitung (36. Stück, 23. März 1808, Sp. 565); der Satz steht dort in einer anonymen, sehr kritischen Rezension der Gedichte von B.〈ernhard〉 S c h m i t z . Münster, in Commission bey Peter Waldeck. 1807: 〈. . .〉 was ist P o e s i e ? 〈. . .〉 Poe¨sie ist die Kunst, selige Inseln voll

Schönheit, Harmonie und Zweckmässigkeit, voll schöner, grosser und begeisternder Ideen und zarter, tiefer und heiliger Gefühle aus dem Ocean der Menschenbrust durch den Zauberstab des metrisch gebundenen und dennoch freyen Wortes mit Schöpferkraft ans Sonnenlicht empor zu heben, und bey ihrem Anblick eine ganze Welt in süsses, ungewohntes Staunen zu versetzen. 583,7 im freyen Dichtergarten] Arnim spielt in diesem Zusatz auf seine Gedichtfolge in den ersten beiden Nummern der ZfE an. 583,9 Sohn eines Holzhändlers] Gemeint ist Joseph Görres. 583,12 Holländerflotz] Brentano kannte Görres seit seiner Kindheit in Koblenz; daß er aber mit ihm auf einem Floß gefahren wäre, ist eher unwahrscheinlich. Wahrscheinlich bezieht sich Brentano – für den Leser nicht erkennbar – auf die männliche Urfigur der Apfelhüterin, der im Sommer als Flößer arbeitete. 583,24–27 Tieck in seinen Volksmährchen (III. B. S. 235) 〈. . .〉 Classiker.«] Tieck publizierte 1797 in Berlin unter dem Pseudonym Peter Leberecht 3 Bde. Volksmährchen (bei Karl August Nicolai, Buchhändler in der heil. Geiststraße im goldnen Arm). Arnims Zitat steht in der satirischen Denkwürdige〈n〉 Geschichtschronik der Schildbürger in zwanzig lesenswürdigen Kapiteln; in Caput I: So wenig es sagen will, ein Ge-

dicht hervorzubringen, soviel hat es zu bedeuten, wenn man eine Abhandlung über ein Gedicht zu verfertigen im Stande ist, und dazu haben wir auch die alten Classiker. (III, S. 235f.) Das Zitat findet sich auch auf einem Notizblatt mit »kritisch auf den Literaturbetrieb zielenden Auszügen« (Wingertszahn 1990, S. 512) im GSA (03/160). 583,27–30 Da ich ihn sehr lieb habe 〈. . .〉 lieb geworden] Arnim lernte 1799 Tieck durch dessen Schwippschwager Reichardt kennen. Er war der erste Dichter, der den damals noch in naturwissenschaftlichen Studien vertieften Arnim zur beginnenden Romantik und Naturlyrik hinleitete.

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583,30–31 mein folgendes Hochzeitgedicht] Sinnen spinnet Nebel innen 〈. . .〉 (586,16–587,33). 584,1 beflügelte Journalisten] Arnim nimmt die übertragene Bedeutung im folgenden spielerisch wörtlich. Er bezieht sich besonders auf zwei Zeitschriften, deren Hg. sich bekämpften: Die Zeitung für die elegante Welt, die von 1801–1804 von Karl Spazier (1761 – 19.1.1805) herausgegeben wurde, der selbst durch religiöse und pädagogische Schriften sowie Dichtungen und Liedvertonungen hervorgetreten war. Er war Berliner, lebte aber seit 1800 in Leipzig, wo seine Zeitung bei Voß und Compagnie erschien. Seinen Namen nahm er selbst wörtlich, denn er publizierte seine Autobiographie unter dem Titel: Karl Pilger’s Roman seines Lebens (1792–96). Als Schwippschwager Jean Pauls stand er der Dichtung Goethes und der Romantiker nahe. In seinen Wanderungen durch die Schweiz (1790) hatte er das Volkslied Ischt äben ä Mensch uf Erden, Simeliberg publiziert, das Arnim und Brentano allerdings schon früher kannten und 1808 in den 3. Bd. des Wh aufnahmen (vgl. FBA 9/3, S. 243–248 u. 767). Spaziers Hauptgegner in seiner Zeitung war August von Kotzebue. Kotzebue, der sich als gebürtiger Weimarer von Goethe nicht genug anerkannt fühlte, versuchte in der von ihm 1803 gegründeten Zeitung

Der Freimüthige oder Berlinische Zeitung für gebildete, unbefangene Leser, die in Berlin in Sanders Buchhandlung erschien, Goethe herabzusetzen und kritisierte auch die Werke sämtlicher Romantiker. Dabei verwickelte er sich in einen Streit mit Spazier, in welchem beide versuchten, kleine Triumphe zu feiern. Ab 1804 hieß die Zeitung Der Freimüthige und Ernst und Scherz und wurde von Kotzebue, der auf Reisen ging, zusammen mit Garlieb Merkel herausgegeben, mit dem er sich aber in der Folge überwarf. Die Zeitschrift wurde wegen oppositioneller Äußerungen gegen Napoleon 1806 verboten. Ab Anfang 1808 erschien sie wieder, von Kotzebue gemeinsam mit dem Redakteur August Kuhn herausgegeben. Das Morgenblatt brachte darüber eine Anzeige: Intelligenz-Blatt zum Morgenblatt für gebildete Stände 1807. Nro. 25. (31. Dezember 1807), S. 99f.

Ankündigung. Mit dem Anfange des Jahres 1808 wird der F r e y m ü t h i g e wieder erscheinen, der in den letzten Zeiten, o h n e m e i n e Z u s t i m m u n g , in ein zur Hälfte politisches Blatt sich verwandelt hatte, und deshalb gänzlich eingehen mußte. Da der zeitherige Herr Redakteur die vormals mit ihm bestandene Verbindung aufgehoben hat: so wird nunmehr an dessen Stelle Herr A u g u s t K u h n , ein durch seine Talente dem Publikum schon längst empfohlener Gelehrter, die Redaktion übernehmen. 〈. . .〉 A. von Kotzebue 1341

Kommentar

584,5 Chasseur] frz. Jäger. 584,7 Fahnen] Bildlich, wohl auch Anspielung auf Druckfahnen. 584,8–9 bey einem Roßkäfer lag da der Beweis, daß Göthe nicht deutsch schreiben könne] Über den Artikel August von Kotzebues Beweis, daß Herr von Göthe kein Deutsch versteht (in: Der Freimüthige oder Ernst und Scherz, 3. Jg., Berlin, 8. 11. 1805, Nr. 223) äußerte sich Arnim schon im Brief an Savigny aus Schwäbisch Hall am 26. November 1805 (Ich bin ins Schreiben gekommen 〈. . .〉): Nachher ein Blat vom Freymü-

thigen, worin ein Aufsatz von Kotzebue, daß Göthe kein Deutsch verstehe. Vgl. WAA XXXII, S. 96 u. 657f. 584,10–11 Streit zwischen Schlegel und Kotzebue] Kotzebue hatte in: Der hyperboreeische Esel oder Die heutige Bildung. Ein drastisches Drama, und philosophisches Lustspiel für Jünglinge, in Einem Akt (Leipzig 1799) Friedrich Schlegel lächerlich zu machen versucht, indem er ihn in der Rolle des Karl in Zitaten, vor allem aus dem Athenaeum und dem Roman Lucinde, sprechen läßt. Clemens Brentano schrieb dagegen seine Satire Gustav Wasa (Leipzig 1800). August Wilhelm Schlegel kritisierte Kotzebue und dessen Zeitschrift in Ehrenpforte und Triumphbogen für den

Theaterpräsidenten v. Kotzebue bei seiner gehofften Rückkehr ins Vaterland sowie in Paradiesgärtlein für Garlieb Merkel. In zahlreichen Artikeln im Freimüthigen bekämpfte Kotzebue die Brüder Schlegel. 584,11–12 ein Beweis, daß das Sonet kein Gedicht sey] Gegen die von den Frühromantikern gepflegten Sonette kämpfte Kotzebue häufig im Freimüthigen an. Schon 1803 beginnt ein Artikel Poetische Kleinigkeiten. Das poetische Joujou (30. Mai, Nr. 85, S. 337–339) mit der Bemerkung: Der Sonette giebt es im Deutschen eine so ungeheure Menge, daß man das ganze große Bedlam, E r d e , über und über damit tapezieren könnte; allenfalls blieben noch genug übrig zu einem Futteral von Papier mache´ für den Mond. Am 6. Oktober 1803 (Nr. 159, S. 633f.) wird unter dem Titel Der Deutsche Sonettismus das Sonett Goethes aus der Natürlichen Tochter kritisiert, das zuvor die Zeitung für die elegante Welt (11. August, Nr. 96, Sp. 766) abgedruckt hatte, es sei leerer, steifer Wortklang, wodurch man jede eigenthümliche Kraft der dramatischen Poesie einem kalten, nebelhaften, dem südlichen Leben nördlich nachäffenden Fantom aufopfert (gez. L.). Wenig später wird diese Form als künstlich, nicht kunstgemäß bezeichnet (14. Oktober 1803, Nr. 164, S. 654). An diese Kritik knüpft Voß in der JALZ und im Morgenblatt an. 584,13 Ephemeren] Eintagsfliegen, hier im übertragenen Sinn. 1342

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584,14 Kanonenkugel] Anspielung auf Gottfried August Bürgers erweiterte Übertragung Wunderbare Reisen zu Wasser und Lande, Feldzüge und lustige Abentheuer des Freyherrn von Münchhausen (1786/88 nach der engl. Vorlage von Rudolf Erich Raspe). 584,15–32 ein ganz dürrer Schatten 〈. . .〉 Spazierstock 〈. . .〉 ein sichtbares Nichts.] Gemeint ist Karl Spazier. 584,18 fliegenden Sommer] Es sind wohl Spinnenfäden gemeint, im übertragenen Sinne: Volkslieder. 584,23 Zitternadeln] Kopfschmuck der Frauen mit einem Edelstein an einer festgesteckten Nadel. 584,23–585,9 kleinen Kerl 〈. . .〉 poetische Poesie 〈. . .〉 eine freye Stimme 〈. . .〉 gesunken!«] Wiederholte Anspielungen auf Kotzebue und seinen Freimüthigen. Am 18. August 1803 (Nr. 131, S. 521f.) steht unter dem Titel Poetische Poesie der Verriß eines Dichters Nahmens G. K., aus Posen, der mit Novalis verglichen wird. – Zum Schluß Anspielung auf das Verbot des Freimüthigen. 584,34–37 Glockenziehen 〈. . .〉 Minnen] Das Gedicht Arnims in 586,16– 587,33. 585,8 Jubilatemesse] 3. Sonntag nach Ostern; das Datum der Frühjahrsmesse in Leipzig. 585,10–18 ein heftiger Mann 〈. . .〉 ein dummes Buch geschrieben 〈. . .〉 starb] Anspielung unklar. 585,20 fahlen Pferde] Nach der Offenbarung des Johannes 6,2. 585,35 Bierbutelje] Bierbouteille, Bierflasche. 585,37–38 Grätengeist mit einem grossen aber eleganten Propfen] Anspielung auf die Zeitung für die elegante Welt nach Spaziers Tod (1805– 1816 hg. von Mahlmann). Arnim publizierte selbst eine Widerlegung und Anzeige gegen die Angriffe im Morgenblatt in der Zeitung für die elegante Welt (Intelligenzblatt, Jg. 1808, Nr. 15, 25. März 1808). 586,16–587,33 Der Strahlenkranz 〈. . .〉 Sinnen spinnet Nebel innen 〈. . .〉 Minnen!] Arnim entwarf dieses Gedicht (Ricklefs Lyr.-Reg. 1352) zuerst in England; ein Entwurf steht in einem englischen Taschenbuch (GSA 03/183, Heft V, Bl. 25v–26v (H1)); er schrieb es Clemens Brentano – anläßlich der Heirat mit Sophie Mereau – in seinem Weihnachtsbrief (24./27.12.1803) ab (H2; vgl. WAA XXXI, S. 328f., Nr. 327; Werke V, S. 119–121). Nach seiner selbstironischen Verwendung in diesem Text nahm Arnim das Gedicht nirgendwo mehr auf. (In ZfE37 druckt er in der Parallelstelle, ebenfalls distanziert zu seiner frühen Dichtung, die Verse Blind blinket heller Schnee 〈. . .〉 ab (452,13–453,14)). Joh. Nikolaus Schneider widmet dem Gedicht in der

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Kommentar

Brieffassung einen Aufsatz (Hörerlebnis im Lesetext. Zur Rezeption, Poetik und Struktur lyrischer Gedichte um 1800. In: Jahrbuch der Rückert-Gesellschaft e.V. Reihe Rückert-Studien. Bd. XIV, 2002, S. 97–110). Schneider meint: »Der ’Strahlenkranz’ ist ein Musterbeispiel für das Einlösen frühromantischer Poetik«, nämlich der Bedeutung, die der Sprachklang für die Lyrik neben der Semantik habe. (S. 105f.) 588,1–2 war ich nicht in eine verliebt] Vmtl. Anspielung auf Auguste Schwinck. 588,15 Unkraut vergeht nicht] Sprichwort. 588,23 der König in Thule] Arnim schätzte ebenso wie Brentano Goethes Lied aus dem Faust I hoch. Im Freimüthigen erschien am 13. Mai 1803 (Nr. 76, S. 301) eine Parodie auf dieses Lied. Vgl. auch ZfE37, 456,14. 588,29–33 Baumannin 〈. . .〉 mit Dero Herzbruder in gesegneten Eheumständen mich befinde] In Arnims literarischem Spiel hat also Brentano eine Vertreterin der Volkspoesie geheiratet. 589,2 verliebt] Arnim läßt die Baumannin absichtlich fehlerhaft schreiben; sie übernimmt sich mit gehobenen Wendungen, hier ist gemeint: vorlieb; die Wortform verlieb tritt in alten Texten auf, was die Baumannin falsch interpretiert. 589,10 Bresend] Präsent. 589,20 Comoditet] Bequemlichkeit.

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Chronick der Universitäten Entstehung Durch Arnims Frage nach der Pape Döne-Sage im Brief an Brentano vom 24. Februar 1808 (Gottlob vier Bogen abgedruckt, also 〈. . .〉; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 293r/v) und dessen Antwort vom 1. März 1808 (Gestern erhielt ich deine Einlage 〈. . .〉; FBA 32, S. 35; UB Heidelberg 2110,7, Bl. 245r– 246v) ist die Handschrift frühestens auf die Heidelberger Zeit ab März 1808 zu datieren. Arnim mahnte: Auch auf meine Zeitungsnachrichten sagst

du kein Wort. Gieb mir doch die Nachricht von dem Räuber, der die Todtenköpfe immer als Rosenkranz schüttelte und dabey sang. Brentano drückte sich unbestimmt aus: Die Geschichte von dem Räuber der mit den Köpfen seiner erschlagnen Söhne rasselt, laß ich in einem Büchlein über Todentänze, in Dresden, daß Pr〈ofessor〉 Schreiber zu Heidelberg hat, angebunden an mehrere sächsische Miscellaren, dort steht aber nur der Vers, danzet mine löven Söne, dieses rath euch Pape Döne, die Geschichte selbst, ist keine andre, als die der D a n e e l s H ö h l e i n O t m a r s Vo l k s a g e n . Das von Arnim erwähnte Buch ist: Paul Christian Hilscher, Beschreibung des so genannten Todten-Tantzes Wie selbiger an unterschiedlichen Orten sonderlich an Hertzog Georgens Schlosse in Dreßden als ein kuriöses Denck-Mahl menschlicher Sterblichkeit zu finden. Dresden und Leipzig 1705, S. 117f. Überlieferung Handschrift GSA 03/258. 1 Dbl., 4 S., 11 x 17 cm; Wz: Anker, l. o.: I, r. o.: C, mittig: D, l. u.: R, r. u.: H; vermutlich: Johann Christof de Rudolf im Hof, Basel. Die Handschrift entspricht der damit zusammenliegenden Jacob Böhme-Abschrift (vgl. Komm. zu ZfE7) und dürfte gleichzeitig notiert worden sein, wofür das gleiche Papier und der Schriftduktus sprechen.

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Varianten 590,1 udZ gestrichen Lalen 590,2 in] aus an 590,4 lese] über gestrichen liest 590,6 Bürgern] aus Lalenb 590,8 durch Hunger] üdZ 590,13 trauerlich] aus sch 590,14 an das Leben] aus gestrichen 590,16 sich ablebenden] üdZ

da die Sterblichkeit, und

Erläuterungen Mit dem Anatomieprofessor dürfte auf den Streit zwischen Voß und Brentano um die alte Anatomie angespielt werden. Vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt. Zur Pape Döne-Sage vgl. Erl. zum Vorwort der Tröst Einsamkeit. Die makabren Züge des Textes zeigen seine Verwandtschaft mit dem Ne-

krolog.

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Nekrolog Entstehung Über die Entstehung läßt sich in Briefen oder sonstigen Zeugnissen nichts ermitteln, sie muß daher aus dem Text selbst erschlossen werden. Es handelt sich offenbar um einen satirischen fiktiven Brief, der sich gegen Johann Heinrich Voß und dessen Partei richtet. Arnim war seit 1808 mit ihm in eine Fehde um ZfE und Wh verwickelt (vgl. Kapitel Voß und Morgenblatt). Voß wird hier als bösartig geschildert in seinem monomanischen Hang, in allem Kritik an seiner Person zu vermuten. Arnims einzelne Anspielungen werden im Stellenkommentar soweit wie möglich entschlüsselt. Obwohl der Text der Form nach – mit fiktivem Ort und Datum – den fiktiven Briefen entspricht, die in der Anfangszeit der ZfE verfaßt wurden, ist er sicher später anzusetzen. Er hat nicht die spielerische Leichtigkeit der anderen Texte, sondern ist trotz des humoristischen Tonfalls von Haß diktiert. Nähme man zur Datierung das angegebene Datum, den 20 Februar, zu Hilfe, so käme man auf die Jahre 1809 oder 1810. Denn der Streit um die ZfE begann erst im März 1808. Ein Jahr später, im Februar 1809, hatte die öffentliche Diskussion zwischen Voß (nach seiner Wh-Rezension vom 25. und 26. November 1808) und Arnim schon ein (vorläufiges) Ende gefunden mit Arnims auf den 20. Januar 1809 datierten zweitem Brief An Hn. Hofrath Voß in Heidelberg, seiner Replik auf dessen Entgegenung vom 11. Januar 1809 am selben Druckort. Arnim stellte sich darin etwas gewaltsam als Sieger dar (FBA 8, S. 361f., FBA 9/3, S. 678–683). Daß Arnim die Angelegenheit seelisch noch nicht überwunden hatte, zeigt sein Brief an Brentano (der sich ebenfalls inzwischen öffentlich geäußert hatte) vom 2. März 1809 (Berlin, Wäre ich nicht in solchem 〈. . .〉; Schultz 1998, S. 569; Hs. verschollen), in dem er schreibt: Ich habe herzlichen Ekel an der Sache, ich konnte es

nicht vermeiden, sehr ernste Leute haben gebilligt, was ich gethan. Gegen eine Datierung auf Februar 1809 spricht allerdings die große Ähnlichkeit einiger Passagen mit den beiden damals unveröffentlichten Entwürfen Brentanos (FBA 9/3, S. 683–707) zu seiner Erwiderung gegen Voß, denn nur den dritten, publizierten, konnte Arnim damals kennen (FBA 8, S. 363f.).

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Brentano brachte die Texte mit nach Berlin, als er Ende September 1809 zu Arnim in die Mauerstraße 34 zog. Die Lektüre dieser brillanten Pamphlete und das gemeinsame Gespräch regten Arnim zu satirischen Passagen gegen Voß in seinen Erzählungen an: Laura und Olmetta sind wohl zu diesem Zeitpunkt entstanden, etwas später die Gräfin Dolores. Auch im Februar 1810 war Arnim noch einmal mit der Wh-Fehde beschäftigt, weil in der JALZ vom 10. bis 14. Februar die Rezension Friedrich Heinrich von der Hagens zum zweiten und dritten Band des Wh erschienen war. Von der Hagen erwähnt den bekannten, neuerlich zwischen Voß und den Herausgebern 〈. . .〉 erhobenen Streit. Arnim und Brentano kündigten daraufhin am 1. März 1810 (erschienen am 10. März) einen weiteren Wh-Band an mit der nie realisierten Versprechung, literarische Anmerkungen zur Geschichte des Volksliedes 〈. . .〉 hinzufügen (FBA 8, S. 367). Es ist durchaus denkbar, daß sich Arnim vor dieser, gemeinsam mit Brentano geschriebenen, gemäßigten Entgegnung in einem persönlich gefärbten satirischen Text abreagierte, der nicht zur Publikation vorgesehen war. Die Form des Nekrologs war überdies für die JALZ typisch. – Wahrscheinlicher ist aber, daß das Datum des 20 Februar nur fiktiv ist. Die Auseinandersetzung mit Voß ließ Arnim bis zum Landhausleben nicht los. Eine späte Datierung des Textes ist aber vom Schriftduktus her auszuschließen, wäre auch wegen der Anspielungen unwahrscheinlich. Vgl. Rölleke 1968, S. 283–328; ders., FBA 9/3, S. 665–712; Hartmut Fröschle, Der Spätaufklärer Johann Heinrich Voss als Kritiker der deutschen Romantik. Stuttgart 1985.

Überlieferung H: GSA 03/50, 1 Dbl., ca. 21,4 x 17 cm; Wz: Baselstab in Kartusche. D1: Wingertszahn 1990, S. 516–518; Werke 3, S. 536f.

Varianten 591,3 starb] aus platzte 591,5 war.] aus war welche im Sonntagsblatte aufgezählt werden. 591,13–14 durch die sie die Feinde ansähen] Nachträglich eingefügt. 591,23 am andern Morgen] Nachträglich eingefügt. 591,34 Makulatur] aus Dreck 592,1 Karfunkel] Nachträglich eingefügt.

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592,6 der alte Kommerzienrath] aus er 592,12–13 er hätte 〈. . .〉 Tafeln] Nachträglich eingefügt. 592,13 Eingeweide] aus Leibe

Erläuterungen 591,2 Burg] Es könnte sich um eine Anspielung auf das Wohnhaus von Voß handeln, die frühere Anatomie in Heidelberg (vgl. 592,10), in dessen Treppenturm sich das Arbeitszimmer von Voß befand. Rölleke schreibt unter Heranziehung von Zitaten: »Alsbald sollten die Heidelberger Romantiker diesen streitigen Turm mehr und mehr als Burg und Bollwerk gegen ihre Bestrebungen fürchten lernen, von wo herab manche Fehde den Ausgang nahm.« (Rölleke 1968, S. 289) Es gibt allerdings auch eine Stadt Burg. 591,3–7; 19–21 Gestern 〈. . .〉 möchte. 〈. . .〉 Da 〈. . .〉 hatte.] Der Einfall ähnelt Brentanos erstem Aufsatz gegen Voß, wo es über Voß und Arnim heißt: Nachmals erst ärgerte vösselte und radlöffelte er über die scherz-

hafte Annonce der Einsiedlerzeitung und rannte in die Falle, die für Seher und Riecher seiner Art aufgestellt war munter hinein, denn er ist einzig in seiner Art, die Lieder der ersten Blätter, der kranke König ect, welche theils noch tief in Preußen, ja manches in England gedichtet worden waren, zog er alle auf sich, er krönte sich selbst und erschuf sich die Welt zu Spöttern, die nie an ihn denckt, ich habe nur immer Sorge, er möge einmal in der gewaltigen Bemühung, sich zum Mittelpunckt aller Zugluft zu machen umkommen, diese seine Feindschaft gegen die Einsiedlerzeitung, die er nicht kapiren konnte 〈. . .〉, ist in seiner Kritick abermals aufgestoßen, denn er hat leider die Suppe, die er mit seinen Handlangern dem Einsiedler einbrockte, und dem Publickum vorsezte in seiner prickelnden Ungeduld allein hineingefressen, das hat ihm nun den Magen verdorben und er hat abermals öffentlich Grimmen 〈. . .〉. (FBA 9/3, S. 691f.) Im zweiten Aufsatz kürzt Brentano diese Passage (FBA 9/3, S. 703f.), davor hieß es: Aber so sehr es mich freut, ihn noch so munter zu sehen, so schade ist es doch, daß er seine schönen Kräfte und Säfte so in Bitterkeit verzehrt, da kann es dann nicht fehlen, daß er seine Tage kürzt und uns bald 〈. . .〉 das traurige Loos fallen muß, den herrlichen Mann wie ihn in der Blüthe seiner Jahre zu verliehren. (FBA 9/3, S. 703) Im dritten Aufsatz Brentanos sind diese Passagen ganz gestrichen. 591,3 Tabeldohte] Frz. table d’hoˆte, im Sinn von »Mittagstisch«.

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591,3 der bekannte gelehrte Dichter] Voß ist heute fast nur noch als Übersetzer des Homer bekannt, war aber zu Lebzeiten ein bewunderter klassizistischer Dichter, der seine Idylle Luise höher einschätzte als Goethes Hermann und Dorothea, – worüber sich Brentano in seinem Murmelthier-Märchen lustig machte (vgl. FBA 17, S. 563f.). Aber auch Arnim hatte Voß zu Beginn seines Heidelberger Aufenthalts noch geschätzt, zumal sich Voß in seiner Jugend um Volkslieder bemüht hatte, weswegen sein späterer Ausbruch für die Betroffenen um so überraschender war. 591,4 Kommerzienrath] Voß war Hofrat. 591,4 Brennpunkt] In der Gräfin Dolores schreibt Arnim aufgrund seiner Erfahrung mit Voß: Es sei uns hier vergönnt die Jugend ernstlich gegen

Menschen voll böser Erfahrung zu verwarnen, damit sie selbst Erfahrungen macht, statt sich jede Lebensaussicht durch gefärbte Gläser zu entstellen; fürchte jeden, der sich so zum Mittelpunkte der ganzen Welt macht 〈. . .〉 (Werke I, S. 139.). 591,5 aus dem goldnen Zeitalter] Bedeutet hier wohl: ein Klassizist. 591,6–7 an der Meinung, daß man über ihn stichele] Clemens Brentano verwendete in seiner ersten Erwiderung gegen Voß ein Wortspiel über Stichelei und Kupferstich: Hätten wir nicht gefürchtet der Herr Hofrath

mögte einige Stichelei auf sich darin finden, so würden wir nicht ermangelt haben 〈. . .〉, einige der Zänkischten Alten Weiber 〈. . .〉, denen wir manches treffliche Lied aus dem dürren Magen gerißen haben 〈. . .〉 in Kupfer stechen zu lassen 〈. . .〉. (FBA 9/3, S. 690.) »Voß fühlte sich 〈. . .〉 vor allem auch durch Abbildungen immer wieder getroffen.« (Rölleke 1968, S. 700) Der Kupferstich Ludwig Emil Grimms zur Beylage zur Zeitung für Einsiedler zeigt vermutlich Voß (mit einer Brille); vgl. Arnim-Kat. 1981, S. 51– 53. So ist auch hier bei Arnim eine Doppeldeutigkeit des Worts »sticheln« anzunehmen. 591,8 Schabbesbrillen] Voß benutzte vielleicht eine Lesebrille; vgl. Laura und Gräfin Dolores (Zitat oben zu 591,4). »Schabbes«: jiddisch Sabbat. 591,10–11 die Art Anstand die er sich einstudiert, um fremde Reisende zu empfangen] Brentano gestaltete eine solche Szene literarisch im Murmelthier-Märchen, wo das Mädchen die Klippen des Zugangs zu dem schrulligen Dichter geschickt meistert, indem sie auf keinen der aktuellen Streitpunkte eingeht (vgl. FBA 17, S. 283–285). 591,16 daß er es für lebendig hielt] Voß bezog mehrere romantische literarische Späße auf sich, die damit für ihn sozusagen lebendig wurden (vgl. Rölleke 1968, S. 289–291). Brentano begegnete dem Beziehungswahn von Voß elegant, als er in seiner Erwiderung der Wh-Rezension schrieb, daß man keine Kirchenlieder an ihn gedichtet. (FBA 9/3, S. 683.).

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Handschriftliche Texte

591,17–18 die gelehrten Klatschereien] Bezug auf einen Aufsatz Brentanos; vgl. Kommentar zum Umschlag des April-Hefts der ZfE. 591,22 Der Herr Professor der Literatur Geschichte] Wahrscheinlich ist damit Aloys Wilhelm Schreiber gemeint, der Ästhetikprofessor in Heidelberg war und sich nach anfänglicher Freundschaft mit Brentano auf der Seite von Voß am literarischen Kampf gegen die Romantiker beteiligte. Schreiber verfaßte die Romantikersatire Comoedia Divina, in der der Dichter Hornwunder auftritt, und beteiligte sich 1809 an der von Jens Baggesen herausgegebenen parodistischen Sammlung Der Karfunkel oder Klingklingel-Almanach. 591,26 ein gottähnlicher Mann] Brentano machte eher bemühte Wortspiele auf Gott und Voß: Gott (oder den Herrn Hofrath Voß) (FBA 9/3, S. 692); 〈. . .〉 wäre ich Voßens guter Sohn (S. 704), so lange Gottlob! Gott

noch gelobt wird, wird Voß Spott! Voß sich noch verspottet fühlen (ebd.), 〈. . .〉 allein zu grösserem Lobe Gottes, und keineswegs zum grösseren Spotte Vo s s e n s (FBA 8, S. 363); vgl. FBA 9/3, S. 698). 591,28 Peter Hammer] Das Pseudonym wurde von Görres gebraucht in seinen Schriftproben von Peter Hammer (Heidelberg 1807), die Voß als Angriff auf seine Person betrachtete. Die Gegenseite nahm den Namen auch auf im Titel: Comoedia Divina mit Drei Vorreden von Peter Hammer, Jean Paul und dem Herausgeber. O.O. (Sommer) 1808. Der Herausgeber, W.G.H. Gotthardt (Schreiber), zitiert aber nur Görres und Jean Paul. Brentano spielt im Murmelthier-Märchen ebenfalls auf den Namen an (vgl. FBA 17, S. 285). Mit Peter Hammer hatte Görres allerdings ein auch schon früher beliebtes Verlegerpseudonym aufgegriffen. 591,28–30 die erste Auflage 〈. . .〉 die dritte] Vielleicht Anspielung auf die Idylle Luise von Voß, die zuerst 1795 und dann in mehreren Auflagen erschien, 1807 dann bei Cotta in Tübingen in der vollendeten Ausgabe. Das Werk enthielt ein Glossar. Brentano spottete über die vermeintliche Verbesserung: 〈. . .〉 daß mir auch nie einer kommen und mehr verehrt werden soll, der mir nicht erst 〈. . .〉 die Luise luislicher vollende. (FBA 9/3, S. 687). 591,32 in ihrem Alter] »Voß ist seit seinem Eintreffen in Heidelberg für alle ’der alte Voß’, ’der Alte’, obwohl er seinerzeit erst 54 Jahre alt war.« (Rölleke, FBA 9/3, S. 696). 591,36 Der kälteste Tag] Görres klagte z. B. gegenüber de Villers über Voß am 1. August 1808: 〈. . .〉 so trat Kälte ein (vgl. Hartmut Fröschle, Der Spätaufklärer Johann Heinrich Voss als Kritiker der deutschen Romantik. Stuttgart 1985, S. 44).

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Kommentar

592,1 Karfunkel] Mit dem jungen Gelehrten Karfunkel spielt Arnim wahrscheinlich auf den Dichter Otto Heinrich Graf von Loeben (Isidorus Orientalis) an. Er hatte das schon von Novalis verwendete Motiv des Karfunkelsteins in seinem Roman Guido (1808) in den Mittelpunkt der Handlung gerückt; der violette Stein war der Sage nach der verlorene »Waise« der Kaiserkrone, wurde aber auch mit Christus in Verbindung gebracht. Vgl. Erl. zur Beylage. Loeben hatte aber zunächst Voß nachzuahmen versucht. Albertsen beschreibt seine Dichtungen: »Loeben, der noch im Jahre 1806 an seinem Idyll Maria gearbeitet hatte, das sich an die Luise von Voß anlehnte, und im Jahre 1808 auch Satiren auf die mystische Romantik verfaßte, hatte es nicht vermocht, zwischen den vielen Schreibarten seiner Epoche eine mit seiner Existenz zu durchdringen. Dafür wurde bei ihm der Novalismus mondän: Loebens Residenzromantik, von der Eichendorff später in Ahnung und Gegenwart ein warnendes Bild gab, wurde zur gesellschaftlichen Unterhaltung gesteigert-empfindsamer Kreise, von denen andere Heidelberger wie Arnim und Brentano sich bewußt fern hielten. Im Jerusalem hat Arnim manche Züge aus Guido ins Groteske umgebogen.« (Leif Ludwig Albertsen, Novalismus. In: GRM, N.F. 17, 1967, H. 3, S. 277f.). – Im Herbst 1809 sah sich dann Arnim in der von Jens Baggesen herausgegebenen Sammlung mit Sonettparodien Der Karfunkel oder Klingklingel-Almanach verspottet (vgl. Der Karfunkel oder Klingklingel-Almanach. Ein Taschenbuch für

vollendete Mystiker. Auf das Jahr 1810. Hrsg. von 〈Jens〉 Baggesen. Faks.-Druck nach der Ausgabe Tübingen: Cotta 1809 hg. u. mit einer Einleitung v. Gerhard Schulz. Bern-Frankfurt/M.-Las Vegas 1978). »Karfunkel« war also für ihn ein besonderes Reizwort. 592,5 ein Affe in Spiritus] Auch bei Brentano im Murmelthier gibt es in der Umgebung von Voß einen Affen: meinen Feind den Affen Sonneto (vgl. FBA 17, S. 285). Beide beziehen sich auf die Sonettparodie, mit der Voß sich an Goethe wendet, der selbst diese Gedichtform ausprobiert hatte: 〈. . .〉

Laß Freund, die Unform alter Truvaduren,〈. . .〉/ Und lächle mit, wo äffische Naturen/ Mit rohem Sang’ und Klingklang’ afterchristisch,/ Als Lumpenpilgrim, wallen nach Loretto. (Morgenblatt, s. o.) Gröber hieß es dann in der Divina Comoedia in der Kritik des Kupferstichs aus dem Maiumschlag der ZfE: 〈. . .〉 im Vordergrunde sitzt ein Affe mit der Theorie des Klangs beschäftigt, eine höchst sinnreiche Idee, da unter allen Wesen mit vier und zwei Beinen und ohne Beine dieses humoristische Geschöpf für den treuesten Repräsentanten der Romantik gelten kann 〈. . .〉 (Divina Comoedia, S. 26). 1352

Handschriftliche Texte

592,10 Anatom] Der persönliche Streit zwischen Brentano und Voß begann 1806, als Brentano das alte Heidelberger Anatomiegebäude, das Voß zu kaufen beabsichtigte, heimlich durch ein höheres Gebot erwerben wollte. Arnim spielt darauf auch in der Erzählung Olmetta an. 592,14 ein Laokoon] Anspielung auf Voß’ vergeblichen Kampf gegen die Romantiker.

Erläuterung zur Variante 1348 zu 591,5 im Sonntagsblatte] Das von Joseph Schreyvogel (1768– 1832) seit 1807 in Wien herausgegebene Sonntagsblatt erwähnte Arnim auch ironisch im Januar 1808 in der Ankündigung der ZfE.

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Kommentar

Architectonische Preisaufgabe Entstehung Arnim plante vor dem Erscheinen der ZfE bereits auch Abbildungen. Der vorliegende Text läßt vermuten, daß er die scherzhafte Ausschreibung zusammen mit einer derartigen Zeichnung aufgenommen hätte. Der Einsiedlerpalast wäre ein Pendant zu der Heidelberg-Darstellung zum Mai-Heft gewesen. – Arnim und Bettine hatten Ende 1807 den Kasseler Architekten Daniel Engelhard (1788–1856) kennengelernt; er wurde später das Vorbild des Architekten in Goethes Wahlverwandtschaften. Engelhard verliebte sich in Bettine, wovon seine Briefe zeugen (vgl. Reinhold Steig, Daniel Engelhard der Architekt der Wahlverwandtschaften. In: JbFDH 1912, S. 285–331). Am 16. Januar 1808 schrieb er an Bettine (ebd., S. 296): Ich sende Ihnen hierbey

eine Skizze von dem Grundrisse des Göthischen Landhauses (das ich bey Ihnen componirte) 〈. . .〉. Er hatte also einen phantastischen Wunsch Bettines erfüllt. Arnims Vorschlag schließt daran an; er schrieb Bettine am 24. Februar 1808 (Dein Brief, liebes Herz, kam 〈. . .〉; FDH 7245): Bringe doch

diesen Liebesbrieffabrikanten zu einem Plane des grossen Einsiedler Pallastes, worin viele tausend Gelehrte, Liebhaber, Sechswöchnerinnen, ungestört neben einander wohnen können, ein Pallast der immer noch als Babylonischer Thurm anwendbar wäre, das soll er aber bey tage zeichnen und nicht Nachts. Bettine bat in ihrer Antwort (FDH 7405, nach dem 24. Februar: Grad damals nahm ich recht 〈. . .〉) noch um nähere Informationen zum Einsiedlerpalast: ich werde meinem Liebesbriefler, den Plan des Palastes als erste herculische Arbeit auftragen, schreibe mir nur noch etwas deutlicher darüber. Am 27. Februar (FDH 7247: Ich habe zwey Briefe von 〈. . .〉) meinte Arnim dazu: 〈. . .〉 von meinem Einsiedler Pallast kann ich Dir aber nicht mehr sagen, als daß ich gelegentlich wie Du auf deinem Unterlegpapiere daran zu arbeiten denke, eigentlich beschäftigt mich aber ein andrer Plan nach dem Traume eines alten Gedichtes, ein weltliches Kloster, das aber der Mann nie wiederfinden konnte, ich denke das am 〈aus: im〉 Rhein zu erbauen, will auch mein Stuhl und Bett hinzutragen und zum Tisch tapfer 1354

Handschriftliche Texte

anrucken. Der Schluß bezieht sich auf Bettines Mitteilung, die BrentanoFamilie müsse für den Sommeraufenthalt im neu gekauften Haus in Winkel im Rheingau Möbel mitnehmen; Arnim war eingeladen, sie dort zu besuchen. Bettines Abneigung gegenüber dem Verehrer ließ sie den Plan des Einsiedlerpalasts nicht weiter verfolgen. Vgl. Moering 2009. Überlieferung H: FDH 7715,12, 1 Bl., ca. 215/222 x 170 mm; Wz: Anker unter spiegelbildlichen C unter Krone mit Kreuz; Am Anker: D E und R H. Dasselbe Papier wie bei den Aprilscherzen Marburg und Berlin.

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Kommentar

Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen Aman, Carl Aman studierte in Landshut Physik, verstritt sich aber mit den dortigen Gelehrten. Brentano berichtete darüber an Arnim (nach dem 14. November 1808: Das Papier liegt immer neben 〈. . .〉; FBA 32, S. 112f.; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 265r–267v): Die hiesigen todhungrigen Menschenfresser,

diese Afterwürmer der Allthiere haben mich Gott sei Danck nach dreimahligen Besuchen nicht wieder gestört, nachdem ich dem prahlenden lügenden Aman etwas ernsthaft zum Gegentheil gerathen habe. Dieser Aman war vor einem Jahr als arm und talentvoll der Akademie als Adjunkt vorgeschlagen, er sollte auch zur fernern Ausbildung seiner Physickalischen Laufbahn 600 fl jährlich haben im Ausland zu studieren, da er aber plötzlich sehr dumme Streiche machte, und zwischen Jakobi und Schelling Klätschereien erregte wießen ihm beide sehr unsanft die Thüre, und dennoch verwendete sich der gütige Jakobi, daß man ihn auf zwei Jahre in Werners Berginstitut nach Freiberg thun sollte, Aman fand dies unter seiner Würde, und fluchte dem nordischen Hund, der ihn, wie er sagt das südliche Schaf in ein Seminar stecken wolle, da er nun aus Hoffart dieses nicht annahm und sich sehr impertinent betrug, verlohr er alles und hat nun dafür jene Gesellschaft erzeugt, die mit ihm in ein Horn bläst, ohne es zu wissen, daß er blos aus Rache gegen Jakobi geschrieben und zwar wegen dem Seminar sagte er mir selbst, hieraus nun datirt sich alle Wuth gegen Norden. Aman sagte mir, du solltest nur nicht denken, als werde er dir auf deine Kritick seiner Schrift nicht antworten. Das bezieht sich auf Arnims Rezension von dessen Nachschrift über Etwas, was Fr. Heinrich Jacobi gesagt hat. Von Carl Aman, in: Heidelbergische Jahrbücher (1. Jg., 5. Abt., 1. Bd. H. 3, S. 362–372, Anfang Juli 1808; vgl. Werke VI, S. 243–245 u. 1170–1174). Jacobi hatte bei seiner Antrittsrede in der Akademie die Rückständigkeit Bayerns kritisiert. 33 (Gedicht Die Physiker)

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

Blumenbach, Johann Friedrich 1752 Gotha – 1840 Göttingen. Blumenbach studierte in Jena und Göttingen, wo er ab 1776 Professor der Medizin war. Begründer der vergleichenden Anatomie in Deutschland. Handbuch der Naturgeschichte, Göttingen 1779–1780; Handbuch der vergleichenden Anatomie und Physiologie, Göttingen 1804. Den Professor Johann Friedrich Blumenbach kannte Arnim persönlich aus seiner Göttinger Studienzeit, nachdem er schon in der Schule seine Werke benutzt hatte (vgl. WAA I, WAA XXXI passim). Vgl. auch dessen Eintrag in Arnims Stammbuch (WAA XXX, Nr. AI.32) Blumenbach war auch Wh-Beiträger (vgl. FBA 9/3, S. 799f.). Arnim besuchte ihn im August 1806 in Göttingen. 36 (Gedicht-Mitteilung) Böckh, Philipp August 1785 Karlsruhe – 1867 Berlin. Böckh studierte in Halle, wo er durch Friedrich August Wolf (1759–1824) zur Altertumswissenschaft geführt wurde. Ostern 1806 erhielt er eine Stelle am Seminar für gelehrte Schulen in Berlin. Er wurde 1807 in Heidelberg habilitiert und »durch Creuzers Befürwortung zunächst zum a. o. Professor ernannt« (Levin 1922, S. 16). Böckh stand 1808 zu den Romantikern in freundschaftlichem Verhältnis. 1811 ging er an die neugegründete Universität in Berlin. Am 5. Oktober 1810 schrieb Arnim an Zimmer, er freue sich die Heidelberger Böckh u. a. in Berlin zu sehen (GSA 03/246c) 26 (Gedicht) Brentano, Bettine 4. April 1885 Frankfurt am Main – 20. Januar 1859 Berlin. Clemens Brentanos jüngere Schwester, Arnims spätere Frau (Heirat am 11. März 1811). Der Taufeintrag im Taufbuch des St. Bartholomäus-Doms in Frankfurt steht unter der Rublik 1785 Aprilis und lautet: 4 5: Catharina

Elisabetha Ludovica Magdalena Legitima filia Praenobilis Domini Petri Antonii P r e n t a n o Serenissimi Electoris Trevirensis Consiliarii ac Residentis et Maximilianae natae La Roche Conjugum, Patrina fuit Domina Catharina Elisabetha Bethmann, Cui absenti Substituerunt Dominam Magdalenam Willemer natam Lang. Bettine wurde also am 4. April geboren und am 5. getauft. Als Würde ihres Vaters, des Kaufmanns Peter Anton Brentano (1735–1797), wird genannt, daß er Kurtrierischer Rat und Statthalter in Frankfurt war. Die Mutter war dessen zweite Frau Maxi-

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Kommentar

miliane von La Roche (1756–1793), Tochter des Kurtrierischen Kanzlers Georg Michael Anton Frank von La Roche (1720–1788) und der Schriftstellerin Sophie von La Roche geb. Gutermann (1731–1807), eine entfernte Cousine von Wieland (vgl. Claudia Bamberg, Sophie von La Roche. Mit einem Beitrag von Patricia Sensch. Frankfurt/M., Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum 2007). Bettine unterschrieb ihre Briefe mit der Namensform Bettine und wurde auch so angeredet. Erst im Alter wechselte sie bei einigen Buchtiteln zu Bettina Arnim. Da 1808 in den Quellen diese Form nicht auftaucht, ist es sinnvoller, sie im Kommentar als Bettine zu bezeichnen, statt die Namesform »Bettina« zu benutzen. – Nach dem Tod der Mutter (1793) wurde Bettine mit ihren Schwestern Gunda (später verh. v. Savigny), Lulu (verh. u. gesch. Jordis, verh. De Bordes) und Meline (verh. Guaita) in die Ursulinenschule in das kurmainzische Fritzlar gegeben, wo sie eine Zeit verbrachte, an die sie gern zurückdachte. Ihre Initialen BB mit dem Datum 1795 sind im Stamm einer Linde noch zu sehen. Bettine erhielt u. a. dort ihre erste musikalische Unterweisung, wovon Notenaufzeichnungen zeugen (Handschriften vor allem in der Pierpont Morgan Library, New York). Nach der Besetzung Fritzlars durch die Franzosen und dem Tod des Vaters in Frankfurt kehrten die Mädchen 1797 dorthin zurück. Bettine lebte mehrere Jahre bei ihrer Großmutter Sophie von La Roche in Offenbach, wo sie vor allem Literatur, Geschichte und Philosophie für sich entdeckte. Von Goethe las sie nicht nur seine Werke, sondern auch die Briefe, die er der Großmutter geschrieben hatte. Erst 1800 lernte Bettine bewußt ihren Bruder Clemens kennen, als er vom Studium in Jena romantische Ideen mitbrachte. Die Korrespondenz mit ihm wurde von ihr nach seinem Tod herausgegeben unter einem Titel, der sich bewußt gegen die katholischen Editionspläne ihres Bruders Christian Brentano wandte: Clemens Brentano’s Frühlingskranz aus Jugendbrie-

fen ihm geflochten, wie er selbst schriftlich verlangte. Charlottenburg, bei Egbert Bauer. 1844. Da die meisten Originalbriefe im Zweiten Weltkrieg verbrannten, ist nicht mehr genau festzustellen, inwieweit Bettine die Briefe überarbeitete, was durch Vergleich mit ihrem Goethe-Briefwechsel jedoch anzunehmen ist. Zum Kennenlernen Arnims und Bettines im Sommer 1802 vgl. WAA XXXI, S. 74–78. Bettine war auch Wh-Beiträgerin. – Literatur: Bettine-Kat. 1985; FBA 9/3, S. 797f.; Bettina von Arnim, Werke, hg. v. Heinz Härtl. Bd. 1: Goethes Briefwechsel mit einem Kinde. Berlin 1986; Bd. 2: Die Günderode. Clemens Brentanos Frühlingskranz. Berlin 1989; Schmitz/Steinsdorff. 7 (»Märchen vom Einsiedel« und Flucht nach Ägypten), 12 (Gedicht)

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

Brentano, Clemens 9. September 1778 Ehrenbreitstein – 28. Juli 1842 Aschaffenburg. Da Brentano zeitlebens den 8. September – Mariä Geburt – als seinen Geburtstag ansah, gab es trotz des eindeutigen Taufeintrags in Koblenz-Ehrenbreitstein über seinen Geburtstag lange Zweifel. Gesichert wird der 9. September durch einen Brief des Großvaters La Roche an dessen Schwiegersohn Peter Anton Brentano, der von der unmittelbar erfolgten Geburt berichtet (Ehrenbreitstein, 9. September 1778; vgl. Hartwig Schultz, Schlag zwölf Uhr am Festtag Mariae Geburt? Geburtstermin und Selbststilisierung Clemens Brentanos. Mit einem ungedruckten Brief von Michael von La Roche. In: Romantik und Exil. FS Konrad Feilchenfeldt, hg. v. Claudia Christophersen u. Ursula HudsonWiedenmann. Würzburg 2004, S. 113–121). Brentano wurde zwar in Ehrenbreitstein bei Koblenz geboren, weil die Mutter die Hilfe ihrer Mutter in Anspruch nehmen wollte, wuchs aber vor allem im Haus der Brentanos in Frankfurt, einem großen Handelshaus mit dem Namen Goldener Kopf auf und sollte nach den Schulbesuchen in Koblenz (1784–1790) und Mannheim (1791–1793) ebenfalls zunächst Kaufmann werden. Seit 1797 studierte er in Halle – offiziell – Kameralwissenschaften, von Sommer 1798 bis Sommer 1800 in Jena Medizin und nach einem Aufenthalt in Frankfurt noch im Sommer 1801 in Göttingen Philosophie. Über die enge Freundschaft mit Arnim seit diesem Sommer geben die Briefe Aufschluß. Von 1803 bis 1806 war er mit der Dichterin Sophie Mereau verheiratet, die im Kindbett starb. Von seiner 1807 überstürzt geheirateten zweiten Frau Auguste Bußmann trennte er sich schnell wieder (vgl. Moering 2003). Im Sommer 1805 hatte Brentano mit Arnim – mit zahlreichen Beiträgern – den 1. Band von Des Knaben Wunderhorn erarbeitet, der zu Michaelis (Herbstmesse) 1805 mit der Jahreszahl 1806 bei Mohr und Zimmer erschien. Die zügige Erarbeitung des 2. Bandes verhinderte der Napoleonische Krieg. Im Herbst 1807 stiegen die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm in Kassel in diese Arbeit mit ein. Die Bände 2 und 3, nur mit dem Titel Wunderhorn, erschienen zu Michaelis 1808, also nach dem Ende der ZfE. – Literatur: FBA; Brentano-Kat. 1978; Hartwig Schultz, Schwarzer Schmetterling. Zwanzig Kapitel aus dem Leben des romantischen Dichters Clemens Brentano. Berlin 2000. 3 (Briefzitat), 5 (Gedicht), 6 (BOGS-Zitat, Malespini-Übersetzung), 9 (Zingara: Einleitung nach Gori und Gedicht-Übersetzung), 10 (BOGS-Zitat, Froissart-Übersetzung), 11 (Froissart-Übersetzung, 17 (Sacchetti-Übersetzung), 18 (Gedicht, Froissart-Übersetzung), 26 (Der Einsiedler und das Klingding, Satire in Gedichten), 28, 29 (Froissart-Übersetzung), 32 (Bruder Claus), 27, 34, 36, 37 (Dialoganteil Scherzendes Gemisch).

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Kommentar

Creuzer, Georg Friedrich 1771 Marburg – 1858 Heidelberg. Nach einem Studium der Theologie in Marburg und Geisteswissenschaften in Jena habilitierte er sich 1799 in Marburg für die Altertumswissenschaften, wo er zunächst Professor für griechische Sprache und Beredsamkeit war. In Heidelberg lehrte er von 1804 bis 1845, wich aber 1808 vorübergehend wegen der Streitigkeiten mit Voß nach Leiden aus. Seine Symbolik und Mythologie der alten Völker, besonders der Griechen (1810–12) wurde von Voß in seiner Antisymbolik (1824–26) heftig kritisiert. Auf diesen Streit geht Arnim 1826 in seiner Erzählung Holländische Liebhabereien im Landhausleben dichterisch ein. Durch Creuzer wurde Brentano 1804 in die Heidelberger Gesellschaft eingeführt. Karoline von Günderrodes mythologische Gedichte regten seine Forschungen mit an (vgl. Barbara Becker-Cantarino, Mythos und Symbolik bei Karoline von Günderrode und Friedrich Creuzer. In: Strack 2008, S. 281–298). Sie beging 1806 aus unglücklicher Liebe zu ihm Selbstmord (vgl. Doris Hopp, Karoline von Günderrode. Frankfurt/M., Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum 2006). Creuzer trug auch 1808 mit einem Beitrag zu den Kinderliedern des Wh bei (vgl. FBA 9/3, S. 802). – Literatur: Friedrich Creuzer, Aus dem Leben eines alten Professors. Leipzig-Darmstadt 1848; Reinhold Steig, Zeugnisse zur Pflege der deutschen Litteratur in den Heidelberger Jahrbüchern. In: Neue Heidelberger Jahrbücher 11, 1902, S. 180–284; Levin 1922, bes. S. 69–71; Eva Kocziszky, ΧαλεπαÁ ταÁ καλα . Das Konzept und die Rolle des Orients in Creuzers Werk im Vergleich zu Görres, in: Strack 2008, S. 299–320; Ziolkowski 2009, passim. 10 (Aufsatz-Zitat) Docen, Bernhard Joseph 1782 Osnabrück – 1828 München. Docen hatte seit 1799 in Göttingen Medizin, Literatur und Archäologie studiert und war nach Aufenthalten in Jena und Nürnberg seit 1804 an der Münchner Staatsbibliothek beschäftigt. Seine zahlreichen Handschriftenfunde publizierte er seit 1807 (bis 1809) in seinen Miscellaneen zur Geschichte der teutschen Literatur. Bernhard Joseph Docen war Beiträger für das Wh (vgl. FBA 9/3, S. 407, 731f., 803f.). Brentano hatte schon am 2. April 1805 (Heute habe ich einen zweiten 〈. . .〉; FBA 31, S. 421; UB Heidelberg 2110,4 Bl. 79r–81v) Arnim auf ihn aufmerksam gemacht: Mein Freund Dotzen und Kochs Dozeececeen ist Akzessist bei der Bibliotheck dort 〈in München〉 geworden 〈. . .〉. Wir könnten durch ihn viel dort lernen 〈. . .〉. Später veröffentlichte Docen seine Funde in seinen eigenen Miscellaneen, was Brentano und Arnim ver-

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

ärgerte. – Literatur: ADB 5, S. 278–280; NDB 4, S. 8 f.; N. Nekrolog d. Deutschen 1828, S. 803–810; August Wilhelm Schlegels Sämtliche Werke, hg. v. Eduard Böcking. Bd. 12. Leipzig 1847, S. 288–321. 19 (Minnesang-Mitteilung) Fouque´, Friedrich Freiherr de la Motte 1777 Brandenburg a. d. Havel – 1843 Berlin. Fouque´ trat 1794 in die preußische Armee ein und nahm am Feldzug gegen Frankreich teil. Als Schriftsteller publizierte er 1803 in Friedrich Schlegels Europa. August Wilhelm Schlegel gab 1804 seine Dramatischen Spiele heraus. Am bekanntesten wurde Fouque´s Erzählung Undine (1811 in seiner Zeitschrift Die Jahreszeiten). Arnim publizierte später in seinem Frauentaschenbuch. 36 (Gedicht) Franken, W. (v.) Eventuell Johannes Wilhelm Hugo Franken (1784 Bonn – 1840 Godesberg), seit 1818 Bürgermeister in Godesberg. Er nannte sich Wilhelm von Franken; sein Sohn ist der Maler Paul (von) Franken (1818–1884). Vgl. Hans Kleinpass, Der Godesberger Bürgermeister Wilhelm Hugo Franken (1784–1840) – Adelstitel posthum gerichtlich untersagt, in: Godesberger Heimatblätter 34, 1996, S. 30–41. Daß dieser 1808 in Heidelberg lebte, ist allerdings nicht belegt. – Die erste Radierung der ZfE signierte der Stecher mit W.v.Franken, die beiden anderen ohne Adelsprädikat, vielleicht weil sein Verhalten in Heidelberg Verwunderung ausgelöst hatte. Als Kupferstecher ist ein W. Franken nicht nachweisbar; vermutlich war er künstlerischer Dilettant. Brentano erwähnt Franken das erste Mal im Brief an Johann Georg Zimmer (Frankfurt, 12. 5. 1807; FBA 31, S. 598); Zimmer soll für Brentano einen Dürer 〈. . .〉 von Franken durch Oelpapier genau durchzeichnen lassen; er wolle ihm gern waß dafür geben 〈. . .〉. Arnim teilte Goethe über Franken mit (1. April 1808: Nicht ohne Ängstlichkeit schreibe ich 〈. . .〉; BJ/VS 8; von Goethe am 21. empfangen): Der Nachstich von einem alten Holzschnitte ist der

erste Versuch eines jungen Menschen, der bis dahin nichts als mathematische Figuren in Kupfer gestochen hatte, ich denke noch manches von ihm kopiren zu lassen, besonders an alten Vignetten, von denen ich viele Zierliche besitze, so wie ich auch meiner jezigen Armuth zum Trotz viel hübsche Kupferstiche gesammelt habe. Die Vorlagen fand Franken also in Arnims Sammlung. Am 20. April 1808 (Auch Deine letzte Sendung ist 〈. . .〉; Hs. Heid. 2110,7 Bl. 309r–310v) schrieb Arnim an Brentano im Zusammenhang mit den ersten Stichen von Ludwig

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Kommentar

Emil Grimm: Die kleineren Arbeiten macht Franke, der wirklich Fortschritte macht. Auch Brentano erwähnt ihn noch einmal am 28. August 1808, als er sich bei Savigny auf Gut Trages aufhielt; er schrieb an Arnim (Gestern Abend bin ich auf 〈. . .〉; Hs. Heid. 2110,7 Bl. 259r–269v): Solltest

du Heidelberg ganz verlassen, ehe unsre Miethe (20. September) aus ist, so bitte den Zimmer den Grimm auf die paar Tage, biß er die Zeichnungen zum Leufried fertig hat, zum Francken zu quartieren. Radierungen: 1, May-Umschlag, 36 Görres, Joseph 1776 Koblenz – 1848 München. Brentano kannte Görres schon seit seiner Gymnasialzeit in Koblenz. In seiner Jugend war dieser Aufklärer und Anhänger der Französischen Revolution. In Heidelberg lehrte er von 1806–1808 als Privatdozert offiziell Medizin, behandelte aber auch ästhetische Themen. Als solchen hat ihn Eichendorff in seinen Erinnerungen Halle und Heidelberg anschaulich geschildert. Er stand im Oktober 1806 Brentano bei, als seine erste Frau Sophie im Kindbett gestorben war. Als Journalist wurde Görres schon von Napoleon gefürchtet. Seine spätere Kritik an Preußen im Rheinischen Merkur (1814–1816; auch Arnim schrieb darin) führte dazu, daß er steckbrieflich gesucht wurde. Auch während seiner Münchner Zeit als Professor für Geschichte, wohin er 1827 berufen worden war, konnte er Preußen nicht mehr betreten. In den Heidelberger Jahren interessierten ihn besonders Mythologie und Volksliteratur. Eine Satire gegen das Bürgertum stellt der BOGS dar: Die ersten und letzten Buchstaben der Namen Brentano und Görres bilden den Namen des skurrilen Helden: BOGS: Entweder wunder-

bare Geschichte von BOGS dem Uhrmacher, wie er zwar das menschliche Leben längst verlassen, nun aber doch, nach vielen musikalischen Leiden zu Wasser und zu Lande, in die bürgerliche Schützengesellschaft aufgenommen zu werden Hoffnung hat, oder die über die Ufer der badischen Wochenschrift als Beilage ausgetretene Konzert-Anzeige. Heidelberg: Mohr und Zimmer 1807. Im selben Jahr erschien: Die teutschen Volksbücher. Nähere Würdigung der schönen Historien-, Wetterund Arzneybüchlein, welche theils innerer Werth, theils Zufall, Jahrhunderte hindurch bis auf unsere Zeit erhalten hat. Von J. Görres, Professor der Physik an der Secondärschule zu Coblenz. Heidelberg, bey Mohr und Zimmer. 1807. Görres hatte dafür Brentanos reichhaltige Bibliothek benutzen können, dem das Buch daher auch gewidmet ist. – Literatur: Franz Schultz 1902; Levin 1922; Görres, Ges. Schriften, Bd. 3; Fritz Peter Knapp, Der Beitrag von Joseph Görres zum Mittelalterbild der Heidel-

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

berger Romantik, in: Strack 2008, S. 265–280; Strack 2008, passim; Ziolkowski 2009, passim. 3 (Schriftproben-Zitat), 5 (Siegfried), 6 (BOGS-Zitat), 8 (Siegfried), May-Heft-Umschlag, 10 (BOGS-Zitat), 12 (Siegfried), 19 (Hermes Trismegistus-Übersetzung), 21 (Siegfried), 26 (Sonnettenschlacht), Beylage (Des Dichters Krönung) Goethe, Johann Wolfgang von 1749 Frankfurt am Main – 1832 Weimar. Goethe hatte Arnim zuerst als Göttinger Studenten kennengelernt, der ihm ein – verbotenes – Vivat ausgebracht hatte, und mit ihm über naturwissenschaftliche Fragen gesprochen (vgl. WAA XXX, S. 166). Der junge Goethe war für Arnim, wie für die anderen Romantiker, Ansporn und Vorbild. Arnim nahm zwar kleine Texte von ihm auf und zitierte aus dem Faust, aber er erhielt keine Beiträge von Goethe selbst. Dennoch blieb Goethe ihm ein begleitender Gesprächspartner, seitdem Arnim ihm am 1. April die erste Nummer geschickt hatte (vgl. Kapitel Entstehung). Arnim teilte ihm auch seine Sorgen mit, so am 9. Mai (BJ/VS 8):

Ich sendete Ihnen, Verehrter, die ersten Blätter meiner Zeitung, was ich erwartete, traf ein, die Leutlein witterten bald, daß ich wirklich entschlossen sey in dieses tägliche Geschwätz andrer Zeitungen nicht einzugreifen, sondern mich nach Möglichkeit hinter alten Büchern dagegen zu verschanzen, mancher bestellte ab und das Morgenblat erhob sich triumphirend mit allerley lügenhaften Deutungen gegen mich, als wollte ich die berühmten Dichter unsrer Nazion todt treten lassen, nächstdem benutzten sie einige Druckfehler. Es ist ein Versuch, den ich mit Deutschland mache und ich wende alle Kräfte an um ihn belehrend zu endigen, ob wohl irgend ein Kunstinteresse vorhanden ist in der Mehrzahl, das keines besondern Interesse aus der Zeit bedarf; unter den Schriftstellern habe ich bey dieser Veranlassung manches Tröstliche vernommen, aber es scheint, daß alles Gute jezt Schriftsteller ist in Deutschland, die Lesewelt ist sehr trostlos. Ich verwundre mich nicht darüber, wenn ich die Geschichte übersehe, aber es macht mich doch traurig, so leicht ich es im Anfang nahm. Die meisten haben sich in solchen Unmuth verirrt, sich so jämmerlich durchgeschlichen, daß ihnen jedes freye selbsteigene Nachdenken Kopfweh macht, sie wünschen nur zu lesen, um nichts lesen zu brauchen; es giebt jezt schon Hunderte, die keinen Vers mehr lesen mögen, andre Hunderte die nichts Enggedrucktes lesen mögen, weil sie damit nicht schnell genug fertig sind, ich fürchte es wird bald den Poeten gehn wie 1363

Kommentar

den Malern, die darum auch mit dem besten Willen nicht gedeihen, weil kein Mensch etwas Gemaltes braucht und zu verstehen weiß. Mit welcher Sehnsucht denke ich oft Ihres Hauses 〈. . .〉. Clemens Brentano, der seine Frau zu einem Landprediger in Hessen in die Lehre gegeben, wohnt bey mir und in guter gesprächiger Stunde vergist sich so leicht Morgenblatt, Freymüthiger, daß ich es mir wohl denken könnte, wie Gott, die wunderlichen menschligen Plagen zuweilen sich aus den Sinn schlagend, als ein Neuling in die Welt handeln könnte, alle Menschen für vortreflich ansehen könnte und wo sie es nicht wären für muthwillig. Ich beziehe eine Wohnung am Schloßberge unter Apfelblüthen mitten im Grünen, unter mir ist da ein lustiges Bierhaus, nachher denke ich zu Brentanos auf ein Gut, nicht weit liegt es von der Stelle, wo sich die gute Günderode erstochen hat, so daß mir doch immer zumuthe wird, als wenn ich mir in schöner Gegend die Füsse durchgelaufen. Goethes Lob des ersten Wh-Bandes beim Besuch in Jena im Dezember 1805 und seine Rezension in der JALZ vom Januar 1806 berechtigten zu der Hoffnung auf weitere Anerkennung. Goethe wandte sich zunächst indirekt, über Bettine, an Arnim. Er schrieb ihr am 4. Mai 1808 aus Weimar (Schmitz/Steinsdorff, S. 606): Und nun, da Sie einmal wohl meine Dank-

trägerinn seyn wollen, so sagen sie Herrn von Arnim auch recht viel Schönes. Er hat mir seine wunderliche Zeitung geschickt, worin mich manches gar freundlich anspricht. Ich wünsche, daß er wohl damit fahren möge. Kritische Hinweise enthält Goethes Brief aus Karlsbad vom 22. Juni 1808 an Bettine, dessen Anfang sich auf Görres’ Artikel in ZfE5 bezieht (Schmitz/Steinsdorff, S. 615f.): Vielleicht ist Arnim bey Ihnen, wenn dieser Brief anlangt. Danken Sie ihm für das Heft, das er mir geschickt hat. Ob ich gleich den Nifelheimischen Himmel nicht liebe, unter welchem sich der Einsiedler gefällt; so weiß ich doch recht gut, daß gewisse Climaten und Atmosphärn nöthig sind, damit diese und jene Pflanze, die wir doch auch nicht entbehren mögen, zum Vorschein komme. 〈. . .〉 So haben auch mir gewisse Aufschößlinge dieser Flora recht wohl behagt. Wäre es dem Redacteur jederzeit möglich dergestalt auszuwählen, daß die Tiefe niemals hohl, und die Fläche niemals platt würde; so ließe sich gegen ein Unternehmen nichts sagen, dem man in mehr als einem Sinne Glückzuwünschen hat. Grüßen Sie Arnim zum schönsten und entschuldigen mich, wenn ich nicht direct schreibe. Goethe hielt sich aus den Streitigkeiten mit Voß bewußt heraus. Arnim reflektierte dies erläuternd und entschuldigend am 29. September

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

1808 gegenüber Goethe (GSA 28/167): Der gute Wunsch, den Sie verehrter Beschützer jeder treuen Bemühung, meiner angefangenen Zeitung durch B. Brentano sagen liessen, hat ihr noch einige Zeit das Leben gefristet, welches ihr das Publikum wohl gönnte aber nicht unterhielt. Die guten Leser in der Welt sind immer die, welche nichts kaufen. Die Polemick, die ich in den Beylagen, Anmerkungen, Vorrede gegen die allerverschiedensten Widersacher ausüben muste, machte mir das Unternehmen widrig, die Correcktur nahm meine Zeit und spickte mich in einer schönen Gegend fest, in der ich doch nach der Abreise meiner Freunde Görres uud Brentano wie in einem aussterbenden Kloster hause. So laufe ich denn lieber wieder in die Welt und sehe was da Gutes passirt und lasse das Vossische Haus mit seiner ganzen schreibseligen Anhängerschaft noch zehn divina Comoedia schreiben, wie sie gegen mich und meine Freunde ein dickes Buch geschrieben, das wie ein Frachtwagen mit Baumwollensäcken von einem Pferde zum allgemeinen Gelächter bequem fortgezogen wird. Ich habe es beygelegt, damit wenn Sie einmal einen Blick in diese Sachen thäten unser Spott Ihnen nicht ungerecht erschiene. Ich selbst bin unter dem Namen Hornwunder, aus Wunderhorn umgedreht, dargestellt, ich werde mit meiner Zeitung der Betteley beschuldigt; die Oberrechen=Kammer des Himmels mag bescheinigen, daß ich nie etwas dafür genommen, sondern manche Auslage dafür gehabt habe. Aber nicht meine Kränkung habe ich verfochten, mein Haß hat viel schönere Gründe und es scheint mir nach ruhiger Überlegung nur darin gefehlt, daß ich aus Rücksicht manches zu sagen unterlassen habe. Voß ging hier bey den Professoren herum, um den braven Görres von hier zu verbannen, warnte die angekommenen Studenten gegen ihn, als gegen einen Mystiker, da es doch keinen ärgern Feind von diesem willkührlichen Tiefthun unsrer Zeit giebt, als eben ihn, nur daß er freilich das Schwere muß schwer seyn lassen, was dann in einer Zeit, die Mühe und Arbeit nur auf Brodstudien verwenden mag, als Mystik ausgerufen wird. Ich lege sein klares und gelehrtes Werk über die Volksbücher bey, so wie sein sogenanntes Mystisches, die Schriftproben, aber so mystisch wie die sind doch wohl alle Scherze der Welt und wenn sie nicht so scherzten, wie hier geschehen, so dürfte wohl manches nicht öffentlich gesagt werden. Die Gewohnheit seinen Ausdruck einzig als Mittel, nie als einen Gegenstand eigner Aufmerksamkeit zu behandeln möchte ihm vielleicht Erinnerungen von Stylisten zuziehen, er gehört aber zu denen, welche die Natur bestimmt hat zu schreiben, wie sie

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Kommentar

wollen. Kein Philosoph seiner Art ist mir vorgekommen, der so recht eigentlich zu einer allgemeinen Gelehrsamkeit bestimmt wäre, ein Werk über die alten Mythen, worin er ihre Stammtafel aufzeichnet, wird dies zum Erstaunen seiner Gegner beweisen, die ihn von hier durch Mangel an Subsistenz und gänzliche Unwahrscheinlichkeit der Anstellung zu seinen Schulbuben nach Coblenz zurückgetrieben haben. Ich wünsche jeder Universität Glück, die ihn sich zueignet, denn er ist unter den Philosophen fast der einzige Selbstthätige und ein Feind aller leeren Anhängerey, so daß er hier niemand verdorben und manchem genützt hat. Ich hoffe in dieser Hinsicht viel von Savignys Verwendung für ihn, den ich bey seiner Auswanderung nach Landshut bis Aschaffenburg begleitete, in Landshut ist ein lustiger Kreis von frischen jungen Leuten, die zum allgemeinen Ärgerniß nichts von der neuen Weisheit halten. Vielleicht giebt es da mehr innres Leben als hier unter den von Nachbarschaft, Kriegen und Ausschweifung ziemlich dünn geschliffenen Pfälzern, ich habe selbst Lust dahin und Clemens Brentano, der neben Savigny dahin mitgeschwommen, soll mir wie fliegende Fische den Seefahrern, die Witterung verkünden. Goethe äußerte sich in der Zwischenzeit gegenüber Zelter kritisch über einige Romantiker, darunter Arnim und Brentano, ohne die ZfE direkt anzusprechen (30.10.1808). Arnim dankte er am 14. November 1808 (GSA 29/73): Ihre

Sendung, mein Lieber, war dießmal so reichlich, und von gar vielen Seiten mir angenehm, daß ich meinen Dank nicht länger zurückhalten will. Freylich kann ich nicht läugnen, daß mir darin, nach meiner Art zu sehen, auch manches verdrießlich fiel und deswegen wünschte ich, Sie wären nur gleich hier, damit man mündlich hin und wieder redete: denn schriftlich mag ich mich gar nicht mehr über dergleichen auslassen. Man theilt die Resultate mit, die gelegentlich etwas hart klingen, weil man nicht zugleich ausdrucken kann, wie sie aus dem Individuum entspringen, und wie sie mit unserer ganzen Weise zu seyn nothwendig zusammenhängen. Fördern Sie also nur so immerfort aus dem Berge was Sie dort von eingeborenen Naturschätzen, vergrabenen oder verschütteten Kunstschätzen auffinden. Ist ja in den Bergwerken auch nicht alles lauteres Metall und man muß, um sich Raum zu machen, mitunter taubes Gestein ans Tageslicht bringen. Kann ich einigermaßen mit mir selbst über diese Ihre neusten Dinge einig werden, so bezeige ich Ihnen meine Theilnahme öffentlich. Das persönliche Gespräch wurde bald möglich, als Arnim über Weimar nach Berlin zurückkehrte. Darüber berichtete er mehreren Freunden, zunächst Johann Georg

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

Zimmer am 23. Dezember 1808 (UB Johann Christian Senckenberg, Frankfurt/M.): Göthe behauptet, dass es kein Buch in der Welt gebe wie die

Trösteinsamkeit wo auf so wenigen Bogen so viel Gutes und Kurioses zusammengedrängt wäre. Bettine gegenüber teilte Arnim Goethes Lob am 25. Dezember 1808 mit (Weimar, FDH 7288, Weihnachtmorgen: Die längste Nacht ist nun 〈. . .〉): Er versicherte mir daß es wohl nie eine Zeitung gegeben haben, wo auf so wenigen Bogen solch eine Fülle von Gutem und Curiosen zusammengehäuft worden, er entdeckte täglich etwas Neues, das ihn erfreue, er hoffte auf eine zweyte Auflage, die Herzogin, die Princeß und alle am Hofe hätten das Aufhören bedauert u s. w. u. s. w. In der Streitigkeit mit Voß erklärte er sich ganz gegen ihn, sagte aber, ich hätte besser gethan gar nicht zu antworten, er wäre noch besser hineingelaufen. Es that mir leid, daß er gegen Görres sprach. Wieder in Berlin schrieb Arnim am 15. Januar 1809 an Savigny (Ich weiß nicht bestimmt, ob 〈. . .〉; SPK/NS): Von Göthe war es mir ein voller Ersatz für alle Kränkung die ich in Heidelberg über meine Zeitung erlitten, das oft wiederholte Interesse zu hören, wie er von allem Einzelnen darin sprach, er versicherte mir, es wäre längst darüber ein öffentliches Wort gesagt, wenn nicht ganze Institute, wie Jenaer Zeitung, Cotta als Buchhändler angegriffen wären, ich versicherte der Scherz wäre ganz unschuldig gewesen, er meinte aber mit Recht, wer mit den Gästen Händel anfinge, müste sich den Wirth zum Freunde halten. Schillers Frau sagte mir wiederholt soviel Schönes von meinem kleinen Drama den Ring, ich sollte durchaus mehrere schreiben. Göthe zeigte mir noch den lezten Abend sein Exemplar der Trösteinsamkeit, das ich ihm broschirt geschickt hatte, wie es gebunden, weil es ihm die Leute zerlesen. Die Herzogin hätte bedauert, daß es aufgehört u. s. w. Ich kann Dir versichern, daß ich es zuweilen beynahe für Ironie gehalten, wenn nur irgend Veranlassung gewesen, so gewöhnt war ich, daß die Leute, wenn sie nicht geradezu tadelten, gutmüthig entschuldigten daß es unter solchen Umständen nicht besser gerathen. In Weimar wird jezt durchaus die Kritik für schlechter Ton, Niederträchtigkeit und aller wahren Kunst entgegen gehalten. Ich schreib Dir das alles, weil ich weiß Du wirst das alles gern hören und mich nicht damit zur unrechten Zeit aufziehen, was zur Elendigkeit unsrer Zeit gehört daß immer einer dem andern zu verleiden sucht, was ihm Freude macht. Noch ein Wort muß ich Dir von Göthe wiederholen er versicherte einmal, er glaube nicht, daß es leicht sey eine Schrift von so wenigen Bogen, wie die Zeitung zu finden, in der so viel stände, er 1367

Kommentar

entdecke noch immer etwas, so oft er sie wieder in die Hände nehme. Am selben Tag schrieb Arnim auch an Brentano – alle drei hielten sich in Landshut auf (Du scheinst zufriedner, um so 〈. . .〉; GMD): Laß Dir von

Savigny erzählen, wie gut und reichlich mir Göthe alle Mühe vergolten, die ich mit der Zeitung gehabt, über Voß ist er einverstanden, doch bitte ich Dich herzlich bring mich mit allem dem nicht ins Gerede der Leute und zieh mich nicht damit auf, denn es machte mich ein Paar Tage sehr glücklich 〈. . .〉. In einem Gespräch mit Brentano am 8. August 1809 zeigte sich jedoch, wo Goethes Verständnis für die Romantik endete. Der Freund gab Arnim Goethes Worte über den Wintergarten und die ZfE wieder (Halle, um den 15. August; früher auf den 9. August datiert; vgl. FBA 32, S. 170f.: seit 5 Tagen bin ich 〈. . .〉): Selbst wir, die wir ihn

kennen und lieben leiden in dem Genuß seiner originellen trefflichen Arbeiten recht schmerzlich an dem plötzlichen abstrusen Wahn, und Traum, der ihn uns oft boshaft aus der angenehmen Gegenwart entzieht, daßelbe hat uns den Einsiedler entzogen, der das schönste Intresse bereits erregt hatte, und von dem ein ganz neuer Geist über Deutschland hätte ausgehen sollen und können. Brentano schrieb später an Görres (Berlin, Anfang 1810 [FBA 32, S. 237: nach dem 15. März 1810:

Um nicht lange mit der . . ., S. 242): In Jena fand ich G ö t h e beim Mittagessen 〈. . .〉, er war sehr freundlich, und sprach mit ungemeiner Hochachtung von der Einsiedlerzeitung und dem Wintergarten 〈. . .〉. – Literatur: Schüddekopf 1899; Heinz Härtl, Arnim und Goethe. Zum GoetheVerhältnis der Romantik im ersten Jahrzehnt des 19. Jhd. s. Diss. Halle/S. 1971 (Masch.); Goethe und die literarische Romantik. 1 (Consiliis), 4 (Zeder), 22 (Faust-Zitat), 29 (Faust-Zitat), Beylage nach Sonnet 59 (Faust-Zitat) Grimm, Jacob 1785 Hanau – 1863 Berlin. Jacob und Wilhelm Grimm waren Brentano als Schüler Savignys an der Universität Marburg bekannt geworden. Dieser begeisterte die jungen Juristen für die altdeutsche Literatur und regte auch ihre Märchensammlung Kinder und Hausmärchen (1. Bd. Berlin 1812) an. Seit Januar 1806 war Jacob Grimm Akzessist beim Sekretariat des Kriegskollegiums, seit 1808 Bibliothekar im Königreich Westphalen. Seit dem Frühjahr 1806 wurden die Brüder Grimm von Brentano an der Mitarbeit zur Fortsetzung des Wh beteiligt. Jacob Grimm publizierte im folgenden Jahr den Aufsatz Von Uebereinstimmung der alten Sagen in Aretins Neuem literarischen Anzeiger (Jg. 1807, Nr. 23, S. 568–571). Brentano schrieb Arnim

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Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

aus Kassel am 22. Oktober 1807 (Es ist so frischer Heller 〈. . .〉; FBA 31, S. 621): Es ist äußerst nothwendig, daß du mit mir zusammen und zwar

hierher kömmst, um den ewig auf geschobenen zweiten Theil des Wunderhorns zu rangiren 〈. . .〉, ich habe hier zwei sehr liebe, liebe altteutsche vertraute Freunde Grimm genannt, welche ich wie früher für die Alte Poesie interessirt hatte und die ich nun nach zwei Jahrelangem fleisigen sehr konsequentem Studium so gelehrt und so reich an Notizzen, Erfahrungen, und den vielseitigsten Ansichten der ganzen Romantischen Poesie wieder gefunden habe, daß ich bei ihrer Bescheidenheit über den Schatz den sie besitzen erschrocken bin, sie wissen, bei Weitem mehr als Tieck 〈. . .〉. Die Brüder Grimm schlugen bald eine wissenschaftliche Richtung des Sammelns ein und distanzierten sich von der künstlerischen Herangehensweise Arnims und Brentanos, wenn auch ihre eigenen Märchen- und Sagen-Sammlungen keineswegs ohne literarische Bearbeitung blieben. Die Beteiligung an der ZfE, besonders in der Planungsphase, dürfte beachtlich sein, zumal Brentano zu dieser Zeit bei ihnen wohnte. Auch von Heidelberg bat dieser noch (7. Mai 1808; FBA 32, S. 65: Schon oft ist es mir . . .): Vergessen sie den Einsiedler nicht in ihren Collectaneen. Und thun sie alles zu dessen Verbreitung. – Literatur: FBA 9/3, S. 811–813; Max Lüthi, Märchen. 1. Aufl. Stuttgart 1962; 8. Aufl. hg. v. Heinz Rölleke. Stuttgart 1990, bes. S. 51–58; Ludwig Denecke, Jacob Grimm und sein Bruder Wilhelm. Stuttgart 1971; Heinz Rölleke, Die Märchen der Brüder Grimm. Eine Einführung, München-Zürich 1986; ders.; Die Märchen der Brüder Grimm. Eine Einführung. Stuttgart 2004; ders., Die Märchen der Brüder Grimm. Quellen und Studien. Gesammelte Aufsätze. Trier 2000; DS; Briefwechsel der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Bd. 1/1: Briefwechsel zwischen Jacob und Wilhelm Grimm. Text. Hg. v. Heinz Rölleke. Stuttgart 2001. 1/3: Komm. hg. v. Stephan Bialas-Pophanken. 2013. 7 (Golem), 11 (Gorgias-Bearbeitung), 19, 20 (Sagen) Grimm, Ludwig (Louis) Emil 1790 Hanau – 1863 Kassel. Der jüngere Bruder von Jacob und Wilhelm Grimm begann seine künstlerische Ausbildung 1804 an der Kunstakademie in Kassel und lieferte schon von dort Radierungen für die ZfE und das Wh. Kurz vor Weihnachten 1807 saß ihm dort Bettine zu einem Aquararell. Die Fertigstellung verzögerte sich, wie Wilhelm Grimm entschuldigend an Friedrich Carl von Savigny schrieb (Kassel, 7. Mai 1808; Schoof 1953, S. 47):

Mein jüngerer Bruder Luis hat mir eine Bitte an Sie sehr ans Herz gelegt: ihn bei der Bettine zu entschuldigen, daß das Bild noch nicht 1369

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fertig, er macht sich ordentlich ein Gewissen daraus, da sie so gütig gegen ihn gewesen ist. Er hat so viel Nebenarbeiten für den Einsiedler und das Wunderhorn machen müssen 〈. . .〉. Am selben Tag kam Brentano gegenüber Jacob und Wilhelm Grimm auf den Vorschlag zurück, Louis zur Unterstützung nach Heidelberg zu holen; darüber hatte er vorher noch aus Kassel berichtet (an Arnim, 8. April: Meine lezten wenigen Zeilen mit 〈. . .〉; FBA 32, S. 57f.; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 254r–255v): Hast du Lust

mit mir zussammen in Hüsgens Auktion auf die ganze Dürersche Samlung zu bieten, seine treflichen Cataloge sind dabei, so wollten wir dann das beste davon nachstechen laßen und herausgeben, dazu könnten wir den Louis Grimm brauchen, da es nur in Umrissen Nöthig wär, und er täglich fleisiger wird und reiner arbeitet, er würde uns ganz nach Willen arbeiten, überhaubt können wir ihn den Sommer, blos um die Erhaltung und Reisekosten in Heidelberg haben, wo ihn die Brüder gern hingehen ließen, weil er vielleicht bei Weiße mancherlei profitiren könnte, und ein Wenig in die Welt käme, da Sie ihn jezt noch nicht auf einer Akademie zu unterhalten im Stande sind, er könnte stets fürs Einsiedlerblatt arbeiten. Er arbeitet jezt schon in dieser Hofnung sehr fleisig. Doch mehr davon wenn wir zusammen sind. Nach seiner Ankunft schrieb Brentano an Jacob und Wilhelm Grimm (Heidelberg, 7. Mai 1808; ebd., S. 63–65: Schon oft ist es mir . . .): Nun noch eine Bitte wegen Louis im Bezug auf meinen Vorschlag ihn auf einige Monate hierher zu nehmen, dies geht allerdings an und würde er gewiß Gelegenheit haben, manches zu lernen, und sich zu weiterem Fortkommen abzuhoblen, ich und Arnim können ihm frei Quartier und Bett geben Zimmer will ihm den Tisch geben, dafür müßte er uns freilich wacker für den Einsiedler arbeiten, und wäre für diesen keine Arbeit da, so müste er sich nach allen Seiten ununterbrochen in allen Arten von Zeichnung und Mahlerei s e h r f l e i ß i g üben, wir wollten uns eifrig bemühen, ihm solange er bei uns wäre, das beste, waß wir wissen, zu rathen, und ihn von bößer Gesellschaft abzuhalten, suchen, er wird wo nicht vor mir, doch vor Arnim Respeckt haben und wie vortheilhaft könnte es ihm nicht sein, auf seinem ersten Ausflug gleich von bessern Menschen geleitet zu werden. Weise, der das Wunderhorn gestochen, ist ein ganz miserabler Kerl 〈. . .〉 Louis hätte es gewiß besser gemacht. 〈. . .〉 Uebrigens 〈kann〉 Louis bei ihm recht gut einen Anfang im Stechen, waß er Ziemlich rein thut lernen, und auch sein Oehlmahlen fortsetzen, da hier ein Kaufmann ist, der schöne Gemälde sogar einen Raphael hat, der mein Freund ist und ihm das Kopiren 1370

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erlauben wird. Auch hätte er gelegenheit sich im Landschaftlichen zu üben, und überhaupt, wird er ohne Kosten und mit rechtem Nutzen für seine Seele und sein Gewerb bei uns sein können, ich bitte sie daher, da Zimmer jezt nach Leipzig geht, und in ein paar Wochen erst zurückkehrt, ihn in etwa 3 Wochen nach Marburg zu Kristian, von da nach Fft zu Savigny und dann zu uns zu spediren, dieß seien seine Stationen, haben Sie oder Wilhelm lust ihn zu begleiten, so sind sie herzlich willkommen. 〈. . .〉 Sobald Louis fertig 〈m〉it der Elisabet schikken sie dieselbe〈.〉 Weiter schrieb er (Heidelberg, 12. Mai 1808, Poststempel: 18. Mai; ebd., S. 67): Gestern liebe Freunde erhielt Arnim ihre Sendung für den Einsiedler, und dankt von Herzen hoffentlich haben sie nun meinen Brief, in welchem ich Sie besonders bitte, sich das, waß den Louis anbetrift angelegen sein zu laßen, es wäre uns lieb, wenn Sie ihn uns noch früher, als nach den anberaumten drei Wochen schicken könnten, das heist, sobald es ihnen irgend möglich, wir ziehen heute in einen anmuthigen Berggarten, wo er ein recht angenehm Arbeitzimmer haben wird, sein sie versichert, daß wir nichts versäumen werden, ihm seinen kurzen Aufenthalt für Kunst und Gemüth nüzlich und erweckend und für seine Sitten ersprießlich und ungefährlich zu machen, er kann bei Weise mancherlei erlernen, wir erwar〈ten〉 ihn mit Sehnsucht, die Elisabeth erwarten wir recht bald 〈mit〉 Freude 〈. . .〉. 〈. . .〉 die Sache mit Louis stellen sie nicht bei Seite, schreiben Sie gleich. Jacob Grimm berichtete Savigny also (Kassel, 21. Mai 1808; Schoof 1953, S. 48): Der Clemens will gern meinen Bruder Louis auf einige Zeit nach Heidelberg haben, und in acht Tagen reist er ab 〈. . .〉. Nach der Ankunft teilte Brentano den Brüdern Grimm mit (Heidelberg, vor 9. Juni 1808; vgl. FBA 32, S. 70–72; H: BJ): Vorgestern ist der Louis in der

Einsiedelei angekommen, die Reise und die frische Trauer über der guten Mutter Abschied hatten ihn etwas blas gemacht, und ich kannte ihn in dem ersten Augenblick nicht: Die Reise hat ihn beinahe gar nicht zerstreut, und seine Äußerungen von Erinnerung und kindlicher Liebe sind sehr unschuldig und rührend, von seinem Leicht sinn wäre nichts mehr zu fürchten, wenn er nur erst selbst erwacht, und einen Begriff von dem bekömmt, waß er zu thun hat, um in der Kunst fortzukommen. Görres hat ihn recht lieb, und er hat den Tisch bei ihm, ich bin schon viel mit ihm spaziert, seine Trauer scheint aber die Ursache, daß ihn die Gegend sehr wenig ergreift er ist sehr still und kindlich. 〈. . .〉 Louis soll Tiecks Bild, daß er in Kassel gemacht, für den Einsiedler radieren, wollen sie es uns sogleich schicken, und auch den 1371

Kommentar

Umriß davon aus seinem Portefeuille. 〈. . .〉 Louis sagte Wilhelm wäre so gern mit hierher gekommen, das wäre allerdings sehr herrlich gewesen, und hätte ihm gewiß sehr wohl gethan Platz haben wir die Menge 〈. . .〉. Waß den Louis anbetrift, so wäre es recht gut, wenn Sie jezt gleich schon den Savigny recht lebhaft für ihn interessirten, daß er ihn bei den vielen Connexionen, die er in München hat, dort gut bei der Akademie (Zeichnungs) anbringen könnte, er muß doch noch viel zeichnen und in eine rechte Werkstätte, schreiben Sie doch Savigny ernsthaft darüber, er thut es gewiß. Grimm selbst erwähnt in seinen Erinnerungen aus meinem Leben die Heidelberger Zeit nur kurz (Stoll, S. 88–91): So verließ ich denn Cassel und kam nach Heidelberg zu A c h i m v o n A r n i m und C l e m e n s B r e n t a n o , den Freunden von J a c o b und W i l h e l m . Ich wohnte bei ihnen unter dem Schloß in einem schönen Berggarten voller Weinreben; aber nichts war imstande, mich aufzuheitern, ich hatte das Heimweh, dachte nur an meine liebste M u t t e r und an Schwester L o t t e und war sehr unglücklich. A r n i m machte mit mir Reisen zu Fuß in den Odenwald, wir besahen die Mannheimer Galerie, es wurden Partien auf das alte Schloß gemacht: aber nirgends konnte ich’s aushalten; in den Schwetzinger Garten konnten sie mich durchaus nicht bringen; ich sagte ihnen, ich wolle die Theaterdekorationen nicht sehen. Zu Mittag aß ich bei G ö r r e s ’, die mir gut waren, und spielte, wenn ich aufgelegt war, mit ihren Kindern. Manchmal nahm mich der A r n i m zu der C. R u d o l p h i mit, die ein großes Erziehungsinstitut hatte, wo junge, schöne Mädchen aus allen Ländern zu sehen waren: aber ich hatte nur immer den Wunsch, wieder zu Haus zu sein. In Heidelberg unterrichtete mich ein Maler, dessen Namen ich aber ganz und gar vergessen habe; aber er gefiel mir nicht, und seine Arbeiten noch weniger; es kam mir vor, als könne er nicht viel; später sah ich dann ein, daß ich auch ganz richtig geurtheilt hatte. Dieser Maler war nach Stoll der Kupferstecher Adam Weise. Grimm ging im nächsten Jahr auf Empfehlung der Brentano-Familie und unterstützt von Savigny zum Studium nach München. Damals entstanden zahlreiche Porträtzeichnungen und -radierungen der Familie. – Literatur: Ludwig Emil Grimm, Erinnerungen aus meinem Leben, hg. v. Adolf Stoll. Leipzig 1911; Heinz Rölleke, Die Titelkupfer zu Des Knaben Wunderhorn. In: JbFDH 1971, S. 123–131; Bettine-Kat. 1985; Ingrid Koszinowski u. Vera Leuschner, Ludwig Emil Grimm. Zeichnungen und Gemälde. Werkverzeichnis. 2 Bde. Marburg 1990, bes. S. 8–20; FBA 9/3, S. 813; Renate Moering, Pfiffi und Sissi . . . kauten den Brief in 1000 Stücke. Ein unbekannter Brief

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Ludwig Emil Grimms an Clemens Brentano. In: FS Ludwig Denecke, hg. v. Heinz Rölleke. Kassel 1991, S. 184–189. Radierungen: 3, 9, 18, 22, 25, Beylage, Trösteinsamkeit-Titel. Grimms Blätter sind nicht signiert. Grimm, Wilhelm 1786 Hanau – 1859 Berlin. Wilhelm Grimm lebte zeitlebens mit seinem Bruder Jacob zusammen, mit dem er die meisten Werke gemeinsam publizierte. Die Übersetzung der Altdänischen Heldenlieder stammt nur von ihm. 6, 11, 22, 23, 30 (Altdänische Heldenlieder) Hardenberg, Gottlob Albrecht Karl von 1776 Weißenfels – 1813 Weißenfels. Der jüngere Bruder von Friedrich v. Hardenberg (Novalis) nannte sich Rostorf. 1804 publizierte er Die Pilgrimmschaft nach Eleusis (Berlin), ein Buch mit Märchen, Gedichten und naturphilosophischen Meditationen. 1807 wurde er katholisch; im selben Jahr gab er den – von Arnim rezensierten – Dichter-Garten heraus. – Literatur: Das Geschlecht von Hardenberg. Portraits, Bilder und Stammtafeln. 1139– 1983. Hg. v. Hans Adolf Graf von Hardenberg-Wolbrechtshausen und Alexandra Gräfin von Hardenberg geb. v. Lenthe, Wolbrechtshausen 1970; Novalis, Schriften. Hist.-krit. Ausgabe. Bd. 4: Tagebücher, Briefwechsel, Zeitgenössische Zeugnisse, hg. v. Richard Samuel in Zusammenarbeit mit HansJoachim Mähl u. Gerhard Schulz. Stuttgart 1975; Dichter-Garten, hg. v. Gerhard Schulz. Bern u. a. 1979; Kostbarkeiten der Adolf und Luisa HaeuserStiftung für Kunst und Kulturpflege im FDH – Frankfurter Goethe-Museum. Frankfurt/M. 1999, S. 58–63 (Renate Moering). 29 (Gedicht) Hölderlin, Friedrich 1770 Lauffen a. N.- 1843 Tübingen. Hölderlin studierte in Tübingen Theologie. Seine Bewunderung für Schiller, der ihm eine Hauslehrerstelle bei Charlotte von Kalb vermittelte, wurde nicht erwidert. Er begegnete in Frankfurt als Hauslehrer der Mutter seiner Zöglinge, Suzette Gontard, die als Diotima in seine Dichtungen einging. Hölderlin war seit 1806 psychisch krank. Arnim rezensierte 1828 seine 1826 bei Cotta erschienene Gedichtausgabe (vgl. Werke VI, S. 866–872). Hölderlin war mit den Teildrucken nicht einverstanden; vgl. Karl Philipp Conz an August Mahlmann (Wittkop 1993, S. 19f.; vgl. StHA Bd. 7/2, S. 399f.): Seiner Geistesverwirrung ungeachtet

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hat er immer noch die Grille, daß er von einer eignen Ausgabe seiner Werke spricht, und wo er hört, daß etwas von ihm gedruckt worden sey, ohne sein Vorwissen, wie z. B. Leo von Seckendorf – und ich glaube auch die Verfasser der Einsiedlerzeitung – manches, was sie aus den Händen seiner auswärtigen Freunde erhielten, unglücklicher Weise gerade aus der Periode, wo er schon über dem gegenwärtigen unglücklichen Zustande brütete – recht als ob sie in den Resultaten des beginnenden Irrsinnes die höchste Begeisterung und Weihe des Dichters witterten – wo er dies hört, ist er stets sehr ungehalten darüber und schreit über unbefugte Eingriffe in eigne Rechte. Vgl. zu Seckendorff: WAA XXXII, S. 1062f. 6, 10, 12 (Gedichtzitate) Jean Paul s. Richter Kerner, Justinus Andreas Christian 1786 Ludwigsburg – 1862 Weinsberg. Der erste Band von Wh (1805) wirkte prägend auf die Tübinger Romantiker Kerner und Uhland. Justinus Kerner, der in Tübingen Medizin und Naturwissenschaften studierte und später Arzt wurde, veröffentlichte seine ersten Gedichte in Leo von Seckendorfs Almanach für 1807 unter der Sigle C.K. und wieder in dessen Musenalmanach für das Jahr 1808 unter dem Pseudonym Justinus Wartenberg. Mit Ludwig Uhland war er weitläufig verwandt. Im Herbst 1807 versuchte Kerner, Brentano in Heidelberg zu besuchen, der damals allerdings in Kassel lebte. Ludwig Uhland schreibt an den gemeinsamen Freund Karl Mayer am 15. November 1807 aus Tübingen (Uhlands Briefwechsel, S. 48): Kerner war zwar in Heidelberg, Brentano hält sich aber nimmer dort auf. Am 26. Dezember 1807 teilt Uhland Mayer mit (ebd., S. 55): Brentano und Arnim sind, wie du aus dem Morgenblatte wissen wirst, in Cassel. Aus Opposition gegen das Cottasche Morgenblatt verfaßte Kerner mit Uhland und anderen Freunden von November 1807 bis März 1808 das handschriftliche Sonntags-Blatt für gebildete Stände. Kerner sandte Anfang März 1808 Gedichtbeiträge für das Wh an Brentano, der sie spätestens am 15. März aus Frankfurt an Arnim weiterschickte (vgl. FBA 9/3, S. 820f.; Ist es weil du lange 〈. . .〉; FBA 32, S. 54; UB Heidelberg 2110,7 Bl. 251r–253v): Auch ein Tübinger Christian

Kern〈er ha〉t mir allerlei übers Wunderhorn geschrieben und erzählt daß er durch Koelle und Nehrlich Reutlinger Volkslieder gesendet 〈. . .〉. – Literatur: Uhlands Briefwechsel; Das Leben des Justinus Kerner. Erzählt von seiner Tochter Marie, hg. v. Karl Pörnbacher. München 1967; Marbacher

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Magazin 39: Justinus Kerner, bearb. v. Friedrich Pfäfflin u. Reinhard Tgahrt. Marbach 1986. 14, 21 (Gedichte) Loe [Loe´], Friedrich Karl von 1786 Eichstätt – 1838 München. Wurde später Obermedizinalrat und königlicher Leibarzt. 33 (Gedicht) Löw, Joseph 1783 Eßlarn – 1809 Landshut. Mediziner. Savigny äußerte sich gegenüber Jacob und Wilhelm Grimm aus Landshut am 28. Februar 1809 kritisch über die Bayern, nahm aber die neuen Religionsmänner wie Joseph Löw davon aus (Stoll 1927–1929, Bd. I, S. 376). Er lobt ihn auch im Brief an Arnim vom 1. März 1809 (ebd., S. 378) sowie am 29. April 1809 (Deine Briefe hatten mir schon 〈. . .〉); vgl. Härtl 1982, S. 382. Bettine berichtete Arnim über dessen trauriges Schicksal, so aus München am 5. April 1809 (FDH 7479: Dieß eine thut mir recht 〈. . .〉): Der alte Jacobi kann mich nicht au-

stehen, doch hab ich ihm nichts getan; ich lasse es gut seyn denn es ficht mein Glück nichts an, aber der arme Lew von dem Du Gedichte im Einsiedler hast, daß dieser (dem alle Proffesoren in Landshut das Zeugniß eines sehr gescheuten fleißigen gelehrten Menschen geben) auch von den Launen dieses Menschens leiden muß, ist zu arg, man hat ihn nehmlich für unfähig erklärt, je eine Stelle Baiern zu erhalten, es ist sehr kränkend, für ihn der so echt bairisch gesinnt ist, er getraut sich nicht nach Hauße zu gehen weil seine Eltern die von dem dummen Wesen keinen Begriff haben, ihn für schlecht halten könnten, daß Jacobi schuld daran ist, glaub ich gewiß denn er hat einen Haß auf alle und vielleicht ist die Erscheinung im Einsiedler auch Schuld 〈. . .〉. Aus Landshut schrieb sie ihm am 17. Juli 1809 (FDH 7489: Ich sollte einen andern Tag 〈. . .〉): Der arme Loewe von dem Du die Lieder im Einsiedler hast, den ich in Landshuth näher kennen lernte, eine unendlich gute Seele, ein Mensch dessen irdische Speculationen, sich alle von selbst auflösten, als hätten sie voraus deuten mögen daß er bald von der Welt gehen würde, ist an dem Spitalfieber gestorben. Nachdem ihm höchst ungerechter Weise, nach dem Examen hier, von den Medizinalräthen eine Stelle war abgeschlagen worden, haben ihm die Landeshuter Proffesoren ein Spital von mehr denn Hundert Kranken übertragen, er arbeitete von Morgens 6 bis Abends 8, aß schlecht und 1375

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wenig aus Armuth; war sehr zur Melancholie geneigt Abends war er immer bei Savigny, wenn Leute da waren, so sprach er kein Wort; er fantasierte sehr schön auf dem Clavier wenn man ihm zuhörte freute es ihn, er sang auch viele von meinen Melodien; ein Abend den er in unserer Gesellschaft im Freyen zu brachte, war ihm ein Himmelreich er hatte Dich unendlich lieb, ich muste ihm deine ganze Gestaldt beschreiben, er dachte sich nichts ehrenvolleres als mit Dir gut Freund zu seyn, er war fromm treu unschuldig, und zugleich fest, obschon in einem beengten befangnen Zustandt. Nun er ist mit guter Gesellschaft in die andre Welt gegangen in einer Zeit, wo reiner Enthusiasmus, in göttlicher Verklärung gegen Himmel fährt. 33 (Gedichte) Müller, Friedrich (Maler) 1749 Kreuznach – 1825 Rom. Friedrich Müller ging vermutlich 1765 zur Ausbildung als Maler nach Zweibrücken, von 1768 bis 1771 nach Mannheim. Er bezeichnete sich selbst als Mahler Müller, schätzte also seine künstlerische Begabung höher ein als die dichterische. Von 1775–1778 war er kurpfälzischer Kabinettsmaler in Mannheim, wo er die Dichter des Sturm und Drang kennenlernte. Im Sommer 1778 ging er nach Rom, von wo er nie zurückkehrte. Neben seiner Malerei arbeitete er weiter an seinen Dichtungen. – Literatur: Dichter über ihre Dichtungen: Ludwig Tieck, hg. v. Uwe Schweikert. München 1971, Bd. 9/I, S. 195–210; Rolf Paulus, Maler Müllers Drama Golo und Genovefa; ders., Maler-Müller-Handschriften. In: Maler Müller Almanach 1983. Landau/Pfalz 1983, S. 49–65 u. 75–81. 13–15 (Golo und Genovefa) Müller, Johannes von 1752 Schaffhausen – 1809 Kassel. Müller, von Leopold II. 1791 als Edler von Müller zu Sylvelden in den Adelsstand erhoben, war ein schweizer Historiker, politischer Publizist und Staatsmann. Er lebte 1808 in Kassel, der Hauptstadt des Königreichs Westphalen, als Generaldirektor des Erziehungswesens. Sein Geschichtswerk wurde später Quelle für Arnims Drama Marino Caboga (vgl. Renate Moering, Quellen und Zeitbezug von Achim von Arnims Marino Caboga. In: Aurora 46, 1986 (1987), S. 262–280.). 14 (Villers-Übersetzung zu Universitäten)

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Nänny, Johann Conrad 1783 Herisau in Appenzell – 1847 Kreuznach. Der Schweizer Johann Conrad Nänny war damals Lehrer in Frankfurt und wurde später Gymnasiallehrer in Kreuznach. 8 (Gedicht) Richter, Johann Paul Friedrich 1763 Wunsiedel – 1825 Bayreuth. Pseudonym: Jean Paul. Der Romanschriftsteller, von dem 1810 Arnims Gräfin Dolores beeinflußt ist, lebte seit 1804 in Bayreuth. 3 (Friedenspredigt) Ringseis, Johann Nepomuk 1785 Schwarzhofen (Oberpfalz) – 1880 München), Arzt und Professor in München. Johann Nepomuk von Ringseis studierte Medizin bei dem Schellingianer Johann Andreas Röschlaub (vgl. Steinsdorff, S. 15). Er wurde später königlicher Leibarzt. Arnim schrieb später ein Gedicht auf ihn. Ringseis war 1814 in Berlin Pathe bei der Taufe von Friedmund von Arnim. Als er im Frühjahr 1815 als Arzt den Feldzug nach Frankreich begleitete, schenkte Arnim ihm zum Abschied einen eisernen Ring, »der auf einem am Kreuz befestigten Schilde den Stern des Glaubens umkreist«. (Steig 1904, S. 321) Er schrieb ihm am 22. März 1815 dazu das Gedicht: Die blutgen Flügel schlägt der Vogel Greif ins Stammbuch (Ringseis, Erinnerungen. Bd. 1, S. 338). Arnim schließt direkt an die früheren Gedichte von Ringseis an, indem er ihn als Kämpfer gegen Napoleon – nun in der Position des Arztes – besingt (zit. nach: Werke V, S. 872):

〈. . .〉

Des Wappenbildes starker E i s e n r i n g Magnetisch wird er in des Sternes Strahlen, Und wie der Ring die Weihung so empfing, So kann er künftig sie zu andern strahlen, Er heilt die Wunden, die der Greif bald schlägt, Nichts störet ihn, wie auch sein Herz sich regt. Wer höhern Ruf im eignen Leben ehrt Wird ihn im Weltgeschick nicht überhören, So horche treu, was er dir sagt und lehrt, Und laß dich nicht von raschem Glück betören, 1377

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Sieh auf dein Wappenschild im Siegelring, Wo dich des Zweifels böser Trug umfing. Den Wanderstab reicht dir die harte Zeit, Auf wandre froh in frischen Maientagen Durch Ring und Stab bist du zum Weg geweiht, Wir sehn uns wieder, ich erstick die Klagen, Du warst uns treu in einer dürren Zeit, Bald grünt der Wald in innrer Freudigkeit. Auch Bettine blieb Ringseis lebenslang verbunden, und Brentano festigte in seinen Münchner Jahren die Freundschaft zu ihm. – Literatur: Erinnerungen des Dr. Johann Nepomuk v. Ringseis. Gesammelt, ergänzt u. hg. v. Emilie Ringseis. 4 Bde. Regensburg-Amberg 1886–1891; Sigrid von Moisy, Von der Aufklärung zur Romantik. Geistige Strömungen in München. Ausstellung München. Katalog Regensburg 1984. 33 (Gedichte) Ringseis, Sebastian 1787 Schwarzhofen – 1814 Regensburg. Er studierte wie sein älterer Bruder Medizin und starb als Arzt an einer Typhusinfektion. 33 (Gedicht) Runge, Philipp Otto 1777 Wolgast (Pommern) – 1810 Hamburg. Der in Hamburg, Kopenhagen und Dresden ausgebildete Maler lebte seit 1804 in Hamburg. Obwohl er als Romantiker eine christliche Bildsymbolik entwickelte, gewann er durch seine Farbtheorie Goethes Achtung. Für die Romantiker wurde sein Zyklus von Kupferstichen Die Zeiten wichtig. Bettine besaß ein Exemplar (FDH), Görres hielt eine Vorlesung darüber (D: Die Zeiten. Vier Blätter, nach Zeichnungen von Ph. O. Runge. In: Heidelbergische Jahrbücher der Literatur 1. 5.Abt., 1808, S. 261–277). Louise Reichardt freundete sich mit ihm an, als sie 1809 nach Hamburg ging, und vertonte ein Lied von ihm. – Literatur: Jörg Traeger, Philipp Otto Runge oder Die Geburt einer neuen Kunst. München 1977; Verwandlung der Welt. Die romantische Arabeske. Hg. v. Werner Busch u. Petra Maisak. FDH/Hamburger Kunsthalle. Petersberg: Imhof 2013. 29, 30 (Machandelboom-Märchen)

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Schiller, Friedrich 1759 Marbach am Neckar – 1805 Weimar. Der Dramatiker und Dichtungstheoretiker gab in den 90er Jahren des 18. Jhd.s die Zeitschrift Die Horen und den Musen-Almanach heraus, worin er fremde Beiträge aufnahm. Dafür waren ihm auch Dichtungen von Frauen seiner Umgebung willkommen, so von seiner Schwägerin Caroline von Wolzogen, von Amalie v. Imhoff und eben auch von Sophie Mereau. 19 (Briefe an Sophie Mereau) Schlegel, August Wilhelm von 1767 Hannover – 1845 Bonn, geadelt 1815. Schlegel studierte seit 1787 in Göttingen, erst Theologie, dann Philologie bei Heyne. Er stand in persönlicher Beziehung zu Bürger, der ein Sonett auf ihn schrieb. 1791 ging er als Erzieher nach Amsterdam. Nach der Heirat mit Caroline, geb. Michaelis, verw. Böhmer, die 1803 von ihm geschieden wurde und später Schelling heiratete, ging er 1796 nach Jena, um in der Nähe von Schiller zu sein. An dessen Horen und am Musen-Almanach arbeitete er mit. Später wurde sein Verhältnis zu Schiller gespannt, vor allem durch die Kritik seines jüngeren Bruders Friedrich. 1798 wurde er in Jena Professor und lernte Ludwig Tieck, Schleiermacher und Novalis kennen. In Jena begann er mit seiner Shakespeare-Übersetzung, die vor allem Tieck fortsetzte. 1801 ging er nach Berlin, wo er Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst hielt, in denen er die mittelalterlichen Dichtungsformen als romantische den antiken gleichstellte. Seit 1804 begleitete er Mme de Stae¨l nach Coppet und bei Reisen in Europa. Dabei traf er in Heidelberg Arnim. Später wirkte er an der von Preußen neugegründeten Universität Bonn. 36 (Gedicht) Schlegel, Friedrich 1772 Hannover – 1829 Dresden, geadelt 1815. Friedrich Schlegel, der jüngere Bruder von August Wilhelm, begann 1790 ein Jurastudium in Göttingen, studierte 1791–1794 Philosophie und Philologie in Leipzig. Vom Sommer 1796 bis zum Sommer 1797 lebte er in Jena, wo es aufgrund der Diskussion über ästhetische Fragen zum Bruch mit Schiller kam. In Berlin lernte er Schleiermacher und Ludwig Tieck kennen. Von 1798 bis 1800 gab er die Zeitschrift Athenaeum heraus, in der er das Programm der romantischen Progressiven Universalpoesie entwickelte. Im Herbst 1802 ging er nach Paris, wo Arnim ihn 1803 besuchte. Dort gab er die Zeitschrift Europa heraus. Unter der Anleitung von Antoine de Che´zy beschäftigte er sich mit

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Sanskrit-Studien, woraus 1808 sein Buch Über die Sprache und Weisheit der Indier erwuchs. 1804 heiratete er seine Lebensgefährtin Dorothea Veit, geb. Brendel Mendelssohn und siedelte nach Köln über. 1808 konvertierten beide zum katholischen Glauben. Danach ging er nach Wien als Sekretär der Hof- und Staatskanzlei. Über den Druck von Über die Sprache und Weisheit der Indier korrespondierte Friedrich Schlegel in Köln ausführlich mit Zimmer in Heidelberg. Am 13. Februar 1808 fragte er bei ihm an (Jenisch 1921, S. 39): Mit steigender Ungeduld sehe ich den ersten Druckbogen

der S c h r i f t ü b e r I n d i e n entgegen, deren baldige Erscheinung für mich außerordentlich wichtig sein muß. Wieder sind so viele Tage vergangen, ohne daß mein Wunsch in Erfüllung gegangen ist! Lassen Sie mich doch bald eine Zeile Nachricht darüber vernehmen. Am 18. Februar bedankte er sich (ebd., S. 39f.): Mit dem größten Vergnügen empfing ich gestern den ersten Bogen von der Schrift über Indien; der mir um so mehr Freude [machte], da der Druck so geschmackvoll u. elegant ausgefallen ist. Statten Sie dem Hn. Prof. Wilken meinen vorläufigen verbindlichsten Dank ab, daß er so gütig war die Bemühung der Correktur zu nehmen. In Rücksicht der persischen Worte wäre also meine Besorgnis nun gänzlich gehoben. Dagegen sind doch in diesem ersten [Bogen] noch einige andere u. zwar b e d e u t e n d e Fehler. – Wollen Sie also hinführ mir keine Bogen zur Revision mehr schicken, so bitte ich wenigstens die Aufmerksamkeit der ersten Correktur zu verdoppeln. Können Sie mir aber, ohne daß dadurch Aufenthalt entsteht, noch einen Bogen zum Beweise [senden] daß meine Revision unnöthig sei, so soll es mir desto lieber sein. Um das doppelte Porto zu ersparen schicke ich nicht den Bogen selbst sondern nur das Ve r z e i c h n i s d e r D r u c k f e h l e r , die ich zu verbessern bitte. Die Vo r r e d e wird noch heute abgeschrieben und dann gleich übersandt. Doch mag ich mit der Zurücksendung des Druckfehlerverzeichnisses des ersten Bogens nicht darauf warten. 〈. . .〉 Lassen Sie die A n k ü n d i g u n g d e s We r k e s ü b e r I n d i e n doch gefälligst auch in das erste t h e o l o g . p h i l o s o p h . H e f t der Heidelberger Jahrbücher einrücken, nicht bloß in das aesthetische, da der Inhalt der Schrift sich auf jene Gegenstände eben so sehr bezieht als auf Litteratur, und manche der theologischen Orientalisten viell. sich nur jenes Heft halten. Am 4. März entschloß er sich (ebd., S. 40f.): Die Vorrede zu dem Werk über Indien sende ich lieber mit der nächsten R e c e n s i o n (über Fichtes Schriften) 〈. . .〉. Er fuhr mahnend fort: Der erste Bogen der Schrift über Indien hat mir ungemein große Freude gemacht, wegen der Eleganz 1380

Zeitgenössische Mitarbeiter und Quellen

und Schönheit des Drucks. Für die persischen Worte hat H. Prof. Wilken die Güte gehabt die Correctur zu übernehmen, dem ich dafür sehr dankbar bin. Ich hoffe, der Druck wird nun ununterbrochen vorgerückt sein. Ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie wichtig es für mich sein würde, das Werk bald vollendet zu sehn u es an einige Personen versenden zu können. Ich werde es als einen wahren Freundschaftsdienst ansehn, wenn Sie alles dazu beitragen, was nur irgend möglich ist. Für den Buchhandel ist es jetzt freilich gleichgültig, wenn es nur zu Ostern erscheint; f ü r m i c h aber sind jede acht oder 14 Tage früher oder später vielleicht von sehr entscheidender Wichtigkeit, da die Umstände so sind, daß ich an einige Orte hin nicht genug mit der Versendung eilen kann, um den rechten Augenblick nicht zu versäumen. Wieder klagte Schlegel am 13. März (ebd., S. 41f.): Soeben erhalte ich Ew Wohlgeb. Schreiben mit d e n b e i d e n A u s h ä n g e b o g e n der Schrift über Indien, wofür ich ergebenst danke, wenn es nur schon mehre wären, wenn es nur nicht so gar langsam mit dem Druck ginge! Ich bitte Sie nochmals, denselben so sehr als möglich zu beschleunigen. In diesem zweiten Bogen habe ich nichts als einige nicht bedeutende Kleinigkeiten zu bemerken gefunden. Schicken Sie mir daher gefälligst die übrigen Aushängebogen nur durch Gelegenheit, oder wenn das Ganze fertig ist; da es einzeln auf der reitenden Post zu viel Porto beträgt. Dies bezieht sich darauf, daß damals der Empfänger üblicherweise zumindest einen Teil des Portos zahlen mußte. So meinte Schlegel auch weiter: Die Vo r r e d e zu dem indischen Werk schicke ich um kein

doppeltes Porto zu verursachen, mit der R e c e n s . der Fichteschen Schriften, die in zwei Tagen abgeht. Schlegel sandte am 16. März die Vorrede ab und bedankt sich für den 3. und 4. Bogen der Schrift über Indien, u. freue mich sehr daß es vorwärts mit dem Drucke geht. 〈. . .〉 Wegen der Exemplare um deren Versendung ich bitten werde, das nächstemal. (Ebd., S. 42). Am 29. März hatte Schlegel schon die Druckfahnen bis zum 10. Aushängebogen erhalten und erwartete den Rest zusammen mit der fahrenden Post. Wieder mahnte Schlegel für höheres Tempo, denn es ging ihm um Empfehlung und schnelle Verbreitung des Werkes. (Ebd., S. 43). Sein Bruder, August Wilhelm Schlegel, solle drei Exemplare nach Wien gesandt bekommen, möglichst bis zum 24. April (S. 43): Da

mein Bruder sehr viele Bekanntschaften in Wien hat, u sich eigends angelegen sein läßt, die dortigen Gelehrten auf mein Werk aufmerksam zu machen, so wäre es nicht übel, wenn Sie Ihrer Seits noch vor der Messe eine Zahl Exemplare an diejenige dortige Buchhandlung, 1381

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mit der Sie etwa in Verbindung stehn, senden wollten. Man muß den Augenblick der ersten Aufmerksamkeit nicht ungenutzt vorbeigehen lassen. 〈. . .〉 Zum Ueberfluß lege ich den Titel des indischen Werkes noch bei. Schlegel wünschte sich weitere Ankündigungen des Werks in der JALZ und im Hamburger Korrespondenten (ebd.). Am 12. April schließlich bedankte er sich für die Nachricht Zimmers, daß das Buch in 8–10 Tagen ganz fertig gedruckt sein würde. Wie sehr ich deshalb in Unruhe und Ungeduld bin, kann ich nicht genug sagen; in der That ist dieser Aufschub für mich ein empfindlicher Verlust und ein nicht leicht zu ersetzender Schaden. (Ebd., S. 44). Inzwischen waren in der ZfE2 und ZfE3 die ersten Zitate erschienen, die auch für das Buch werben konnten. Schlegel wünschte sich, am 20. April die ganze Zahl der bestimmten Frei Exemplare bei der Durchreise in Frankfurt/M. bei Mohr vorfinden zu können. Am 20. April schrieb er jedoch noch einmal aus Köln. Da er am 24. oder 25. abzureisen hoffte, wollte er vorher die Exemplare in Empfang

nehmen. – Noch einige Exempl. wovon ich die Liste beilege, wünschte ich recht schnell versandt, besonders die mit * bezeichneten was auch für schnelle Anzeige u Bekantwerdung des Werks nützlich werden kann. Daß Sie dem H P r o f . W i l k e n , der so viel Mühe mit dem Werke hatte, 1 Ex. auf Ve l i n werden überreicht haben, bedarf wohl keiner Erinnerung, und ist vermuthlich schon geschehen. – Die Anzeige von einigen kleinen etwa noch sich findenden Druckfehlern kann ja wohl in der Folge in den Heidelb. Jahrb. geschehn. (Ebd.). Schlegel kritisierte weiterhin den teuern Briefversand der ZfE, von dem er durch Reinhard erfahren hatte (ebd., S. 45; vgl. Kap. Entstehung) und fuhr lobend fort (ebd.): Mit Vergnügen habe ich vieles in diesen ersten Blät-

tern gelesen und werde auch gern einige Beiträge senden. Für jetzt habe ich freilich noch viel für die Heidelb. Jahrb. zu thun. Um wenigstens meinen guten Willen zu beweisen, lege ich fürs erste ein Gedicht bei 〈vgl. ZfE 9〉. Vielleicht werden einige längere Stücke aus dem P r i m a l e o n e – ein Rittermärchen, nach einem alten Original bearbeitet 〈. . .〉 – einen schicklichen Beitrag abgeben. Dann stehen sie gern zu Diensten. Empfehlen Sie mich H von Arnim. In Dresden bat er Zimmer am 24. Mai 1808, ihm Exemplare der ZfE zu senden, denn die, welche er im Gepäck hätte, seien z. T. verloren oder im Koffer ganz zerrieben worden (ebd., S. 46). Am 8. Juni hoffte er, daß Zimmer ihm weitere Exemplare der ZfE nach Wien senden würde, wohin er nun übersiedelte (ebd., S. 47). Vgl. auch die Korrespondenz mit Arnim in WAA XXXI sowie hier das Kapitel ,Voß und Morgenblatt’. 2, 3, 7 (Indier), 9 (Gedicht)

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Schlosser, Christian Friedrich 1782 Frankfurt/M. – 1829 Rom. Christian Friedrich Schlosser, der jüngere Bruder von Fritz Schlosser und Neffe von Goethes Schwager Johann Georg Schlosser, studierte 1801–1803 in Jena, wo er Clemens Brentano kennenlernte, und ab 1804 in Göttingen, wo er bei Blumenbach am 30. August 1806 in Medizin promoviert wurde. Arnim begegnete ihm damals kurz. Er schrieb Brentano Anfang September 1806 (Symb: Wer des Vaterlandes Noth . . .; WAA XXXII, S. 314): Eine frohe Bekanntschaft war mir Schlos-

ser, aus Frankfurt, ein Vetter dessen der in Jena war und über Hundebellen dissertirte 〈Eduard, Sohn Johann Georgs〉, der unbefangenste, geniessendste in der neuen Manier, ein vollständiger Kerl 〈. . .〉. Der exzentrische Christian Schlosser wurde im kommenden Jahr von Brentano kritisch beurteilt. Dieser schrieb Arnim am 14. Juli 1807 (Heute den 〈14.〉 Juli erhielt ich 〈. . .〉; FBA 31, S. 609; UB Heidelberg 2110,6 Bl. 199r–204v): Christian Schlosser, den du in Göttingen gesehn und so

sehr gelobt, den ich deswegen troz früheren grosen Wiederwills recht liebe, ist hier, da ich ihn sah und um dich fragte, wollte er sich kaum auf dich besinnen, und entwikelte so anmaßendes Urtheil und Selbstzufriedenheit und Jakobische Vornehmigkeit, 〈. . .〉 daß er mir unerquiklich und unwohl thätig ist, auch spricht er so breit und siegreich – verzeih, wie ein Preusischer Fahnenjunker – 〈. . .〉 wie die guten Jungen, die sich prahlend die Zähne stocherten, wenn du noch zum Erstaunen der Welt, eine Portion Warmbier trankst. Arnim sah Christian Schlosser im Januar 1808 in Frankfurt wieder. Er war mit seinem Bruder Fritz anwesend, als in der Brentano-Familie Arnims Ankündigung am Teetisch vorgelesen wurde (vgl. Einleitung). 13, 34 (Gedichte) Schlosser, Johann Friedrich Heinrich (Fritz) 1780 Frankfurt/M. – 1851 Frankfurt/M. Schlosser entstammte einer Frankfurter Juristenfamilie – sein Onkel Johann Georg Schlosser war Goethes Schwager – und arbeitete nach einem Studium in Halle, Jena und Göttingen, wo er 1803 promoviert wurde, in Frankfurt als Advokat. Er hatte hier mehrere hohe Positionen inne: 1806 Stadtgerichtsrat, 1808 für den Verein Frankfurter Museum tätig, 1812 Oberschul- und Studienrat, 1814 Mitglied der Organisationskommission im Rat, 1815 Gesandter beim Wiener Kongress, bis er in Wien zum katholischen Glauben konvertierte. Später zog er sich mit seiner Frau Sophie, geb. du Fay, oft auf sein Gut Stift Neuburg bei Heidelberg zurück. Seit dem Frühjahr 1806 verkehrte Schlosser im Brentano-Haus Zum

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goldenen Kopf in Frankfurt. Bettine schrieb ein Rätsel-Gedicht auf ihn (Charade) und Schlosser antwortete darauf mit einem Sonett. Er beteiligte sich auch an der Lieder-Suche für das Wh. Von Fritz Schlosser erhielt Arnim wahrscheinlich den religiösen Text eines unbekannten Verfassers (Anhang zu Tauler). – Literatur: FBA 9/3, S. 838; Renate Moering, Fritz Schlosser und die Brentanos. In: Goethekult und katholische Romantik. Fritz Schlosser, hg. v. Helmut Hinkel. Mainz 2002, S. 45–104. 7 (Pseudo-Tauler) Schubart, Henriette 1769 Altenburg – 1831 Jena. Sie war die Schwester von Sophie Mereau und lebte in Altenburg und Jena. Sie arbeitete an mehreren von Sophie hg. Schriften mit. Arnim und Brentano plazierten die beiden Schwestern – nur für Eingeweihte erkennbar – in derselben Nummer der ZfE. 19, 30 (Scott-Übersetzung) Scott, Walter 1771 Edinburgh – 1832 Abbotsford. Der schottische Romantiker Scott lernte während seines Jurastudiums in Edinburgh deutsche Literatur kennen und übersetzte u. a. Goethes Götz und Erlkönig. Seine dichterische Laufbahn begann er mit der Herausgabe und Nachdichtung alter Balladen, die Arnim 1803 nach ihrem Erscheinen in England kennenlernte. Auch seine späteren Romane las Arnim und bezog sich darauf in seiner Zeiterzählung Metamorphosen der Gesellschaft im Landhausleben (1826). 19, 30 (Balladen) Sinclair, Isaak von 1775 Homburg v. d. Höhe – 1815 Wien; Anagramm Crisalin. Sinclair war seit seinem Studium in Jena (1794/95) mit Hölderlin befreundet und half ihm später nach dessen Erkrankung. 1795 trat er als Diplomat in die Dienste des Landgrafen von Hessen-Homburg. Seine republikanische Gesinnung brachte ihn 1805 vorübergehend in Haft. 16 (Gedicht) Tieck, Ludwig 1773 Berlin – 1853 Berlin. Tieck studierte in Halle und Göttingen. Arnim lernte den Mitbegrüder der Romantik durch dessen Schwippschwager Johann Friedrich Reichardt kennen und besuchte ihn schon als Student in Dresden. Seine Lyrik, insbesondere die kurzen melodischen Verse, beeinflußten Arnims

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dichterisches Frühwerk. Auch Tiecks erzählerisches Werk wirkte auf Arnims Dichtungen (z. B. auf Die Majoratsherren). – Literatur: Schriften. Bd. 13. Berlin 1829, S. 171–192. Roger Paulin, Die Rolle Ludwig Tiecks im Heidelberger Umfeld, in: Strack 2008, S. 41–52. 3–5 (König Rother) Uhland, Ludwig 1787 Tübingen – 1862 Tübingen. Uhland war Jurist und später als liberaler Politiker Paulskirchen-Abgeordneter. Auch Uhland war Wh-Beiträger (vgl. FBA 9/3, S. 840f.). »1819 nahm Arnim Uhlands Gedicht auf das Wunderhorn (Als Knabe stieg ich. . .), gemäß den dem Uhlandschen Erstdruck beigegebenen Initialen als Echo eines Lieben Unbekannten bezeichnet, in seine zweite Nachrede zum Wunderhorn auf« (Rölleke, ebd., S. 840); Arnim bezog sich damit auf einen Verriß, den Uhland 1807 für seine nur mit den Initialen L.U. gezeichneten Gedichte in Seckendorffs Musenalmanach für das Jahr 1807 erfahren hatte: Ein Unbekannter, L.U., hat einige nicht ganz zu verwerfende Versuche geliefert. (Vgl. Uhland an Christoph Friedrich Karl Koelle, 26. Januar 1807. In: Uhlands Briefwechsel, 1. T., S. 18). Vgl. auch zu Justinus Kerner. – Literatur: Uhland Briefwechsel; Kerner, Uhland, Mörike. Schwäbische Dichtung im 19. Jahrhundert. Ständige Ausstellung des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs. Kat.: Albrecht Bergold, Jutta Salchow, Walter Scheffler. Marbach a. N. 1980; Marbacher Magazin 42: Ludwig Uhland. 1787–1862. Dichter, Germanist, Politiker. Bearb. v. Walter Scheffler u. Albrecht Bergold. Marbach a. N. 1987. 14, 17, 24, 25, 31 (Gedichte) Villers, Charles Franc¸ois Dominique de 1765 Boulay-Moselle, Bolchen / Lothringen – 1815 Göttingen. Villers war 1793 nach Deutschland geflohen, wurde 1811 Professor in Göttingen, 1814 von der hannöverschen Regierung abgesetzt. Durch seine Schrift, die er am 1. Juni 1808 König Je´rome übersandte, erwarb er sich Verdienste um die Erhaltung der Universitäten Göttingen und Marburg. 14 (Zitat zu Universitäten) Werner, Zacharias 1768 Königsberg – 1823 Wien. Werner war zunächst in Warschau und Berlin Beamter. Berühmt wurde er durch seine Historiendramen. Arnim bezog sich später meist ironisch auf seine Schicksalsdramen (z.B. auf Der vierundzwanzigste Februar in der Erzählung Die Einquartierung im Pfarrhause

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Kommentar

und auf Luther oder die Weihe der Kraft in der Weihnachts-Ausstellung). Zu dieser Zeit lebte der 1810 in Rom katholisch gewordene Dichter schon als bewunderter Kontroversprediger in Wien. 19 (Gedicht) Wilken, Friedrich 1777 Ratzeburg – 1840 Berlin. Der Historiker und Orientalist Friedrich Wilken war damals Professor und Bibliothekar in Heidelberg. Arnim war noch im November 1808 beim Ehepaar Wilken zu Gast. Wilkens Frau, die Zeichnerin Caroline geb. Tischbein (1783–1843), fertigte das inzwischen verlorene Aquarellportrait von ihm an (Frontispiz in Steig 1913) und zeichnete einen Frauenkopf in Kreide in sein Stammbuch. Friedrich Wilken allerdings stand Arnim distanziert gegenüber, wie aus einem Brief von Fries von Anfang 1809 hervorgeht: Sein eigenes Treiben hat gar keinen Schwindel, am wenigsten

einen Einsiedlerischen. Von Teilhaberei an der Klicke kann nicht gesprochen werden mit Creuzer ist er gespannt. Nur mit Arnim war er die letzte Zeit, daß dieser hier war, in einigem Umgang. 〈. . .〉 Wilkens große Liebe zum Mittelalter gab ihm wohl mit Arnim Berührungen, aber die Einsiedler und Arnims abscheuliche Rezensionen in unsern Jahrbüchern findet er verächtlich. (Zit. bei Levin 1922, S. 89, nach: Rudolf Zöppritz, Aus F. H. Jacobis Nachlaß. Bd. 2. Leipzig 1869, S. 35). 7 (Dauletschah-Übersetzung) Auf eine Übersicht älterer Quellen wird verzichtet, weil das – z. B. bei Görres’ Siegfried-Aufsatz – ins Uferlose führen würde. Die Quellen werden so weit wie möglich im Einzelkommentar beschrieben und zitiert.

1386

Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE

Arnim, Achim von

Ach den armen Lipperle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ach ihr ernsten kühlen Winde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ach was hat man vom Spazieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alle sind mir fortgelaufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alles aus einem Gemüthe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Als der Olymp und Delphos ward zerstöret . . . . . . . . . . . . . . Als goldne Zeit von dieser Welt vertrieben . . . . . . . . . . . . . . Als kleiner Knabe ist mir heiß geworden . . . . . . . . . . . . . . . Auf ihr meine deutschen Brüder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auf meinen Knieen lag ich, bat um Zeichen . . . . . . . . . . . . Ausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Becherklang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Behexet ist das Haus, ich schwör’s Sonete . . . . . . . . . . . . . . . Blind blinket heller Schnee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das geht schon gut, der Meister ist zufrieden . . . . . . . . . . . . Das Jagdhorn schallt, es blinkt der Wald von Rossen . . . . . . Das Wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Abschied ist genommen, doch ich bleibe . . . . . . . . . . . . Der an der ganzen Natur verzweifelte Naturalist . . . . Der an der Liebe Verzweifelte auf verschiednen Poststazionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der an seinem Witz verzweifelte Jupiter . . . . . . . . . . . . . Der an seinen Schülern verzweifelte Philosoph auf verschiednen Standpuncten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der an seiner Heiligkeit verzweifelte Einsiedler . . . . . . Der Blinde schleicht am Wanderstabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Faden ruht vom schönen gelben Linnen . . . . . . . . . . . . Der freye Dichtergarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Gott löst die bestaubten Sohlenschuhe . . . . . . . . . . . . . . 1387

569 21 22 24 7 499 478 467 411 492 441 257 513 452 12 469 19 9 489 421 422 339 346 434 18 506 4 504

Kommentar

Der Kahn hat sie umschlossen, heilig Holz . . . . . . . . . . . . . . Der König ohne Volk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Liebe Lust und Tod, des Lebens Wähnen . . . . . . . . . . . Der Pfalzgraf von dem Rheine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Reime schwer zu reimend Bienensummen . . . . . . . . . . . Der Ring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Schwan in seines Todes tiefem Ringen . . . . . . . . . . . . . Der Strahlenkranz im Fakeltanz von Sinnen und Minnen Der Weihe Schlummer floß um meine Augen . . . . . . . . . . . Dichter Wald der Dichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die an der Arbeit Verzweifelten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die an ihrem Glücke verzweifelte Mutter . . . . . . . . . . . Die Besorgte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Brunst ist schon gelöscht, die kaum entglommen . . . . . . Die Flammen scheinen dir wie Kinder munter . . . . . . . . . . . Die Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Lieb ist glücklicher als jede Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Liebende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Männer summen wie Fliegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Mühle klapt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Müssige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Neigung nur kann freye Mädchen binden . . . . . . . . . . . Die Studierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verzweifelnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wirthliche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wolken ziehn, der Bachusstab entsinket . . . . . . . . . . . . . Diese beyden edlen Frauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dieses Buch Geht zu Wasser also lang . . . . . . . . . . . . . . . . . Drei Tage waren mir gegönnt zur Freude . . . . . . . . . . . . . . . Dreißig Jahr im hohlen Stamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Du rother Schein, ihr helllebend’gen Reben . . . . . . . . . . . . . Du stiller Raum, ihr hellenden Gedanken . . . . . . . . . . . . . . Ein König auf dem Throne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein recht Gemüth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ein Zimmermeister will so eben richten . . . . . . . . . . . . . . . . Eine thut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elegie aus einem Reisetagebuche in Schottland . . . . . . . . Er hat es mir gestanden der Bethörte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1388

479 259 519 441 463 192 519 586 516 20 419 431 22 513 507 19 496 21 558 554 22 446 23 20 24 506 560 501 511 434 504 508 259 15 465 558 100 492

Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE

Er ist gekommen, weh mir, wehe, wehe . . . . . . . . . . . . . . . . Es ist nun aufgepackt, trüg mich ein Stern . . . . . . . . . . . . . . Es ist so eigen mir, ich kanns nicht sagen . . . . . . . . . . . . . . . Es kreist das ganze Jahr für einen Abend . . . . . . . . . . . . . . . Es war ein schwüler Tag und lang der Ritt . . . . . . . . . . . . . Ferne Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ganz in allem gegenwärtig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Genua seh ich im Geist, so oft die unendlichen Wellen . . . . Geruht auf weichem Lager, halb erhoben . . . . . . . . . . . . . . . Geschichte des Herrn Sonet und des Fräuleins Sonete, des Herrn Ottav und des Fräuleins Terzine . . . . . . . . . . . Gestreckt vom Pfeil der Unlust auf den Rücken . . . . . . . . . . Ha wo beginnt die Welt, wo kann sie enden . . . . . . . . . . . . Hast du Verzweifelung schon scherzen hören . . . . . . . . . . . . Hat der Liebste nicht geschrieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hiebevor als wir Kinder waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hier ist des Fußsteigs nächtehelles Streifen . . . . . . . . . . . . . Ich flücht in meinen Garten wie in Wüsten . . . . . . . . . . . . . Ich fühl es wohl, ich hab mich ganz vergriffen . . . . . . . . . . Ich hab gefunden, was ich niemals glaubte . . . . . . . . . . . . . . Ich hab’s, ich hab’s, ich hab es nun vernommen . . . . . . . . . . Ich kann zu dir, ich kann auch an dich schreiben . . . . . . . . Ich kenne wohl ein Sommerschloß für immer . . . . . . . . . . . Ich ruhte vom Streite im Tannenhayn . . . . . . . . . . . . . . . . . Ich seh’s ihr ab, ich hab es wohl gemerket . . . . . . . . . . . . . . Ich trat einmal zu jenen Felsenklüften . . . . . . . . . . . . . . . . . Ich wandle um mit dir in deiner Jugend . . . . . . . . . . . . . . . Ihr rechter Arm in kühlen Rosen fingert . . . . . . . . . . . . . . . Ihr reinen Bildner stiller Luft in Tönen . . . . . . . . . . . . . . . . Im Mantel halb mit schnellem festen Schritte . . . . . . . . . . . Ist dies des Fußsteigs nächtehelles Gleiten . . . . . . . . . . . . . . Ist in der nackten Nacht nicht Sinnenkühlung . . . . . . . . . . . Ixion, der an seinen Studien verzweifelte Dichter . . . . . Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Könnet ihr nur wiederhallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kranker König laß nicht schließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Krankheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1389

482 517 505 481 485 21 18 222 100 512 463 515 469 488 22 17 512 484 514 498 466 508 486 419 482 518 490 510 470 476 510 477 341 15 20 4 16

Kommentar

Lang sind wir Freunde, noch seit jenen Jahren . . . . . . . . . . Langeweile aller Langeweile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lehrgedicht an die Jugend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leutselig leis hinaus aus dunkler Freye . . . . . . . . . . . . . . . . Lieben und geliebt zu werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mein bestäubtes Trauerzimmer leuchtet . . . . . . . . . . . . . . . . Mein lieber Sohn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mein Meister seht in solchen schönen Bildern . . . . . . . . . . . Mittel gegen das Kreutzweh . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nie müßig kann sie in die Hände gaffen . . . . . . . . . . . . . . . Nocheinmal willst du mich mit deinen Strahlen grüssen . . . O dieses süße lispelnde Vertrauen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O Herzensangst, du Gram, daß ich verloren . . . . . . . . . . . . . O starrend harrend, ärmlich härmend Leben . . . . . . . . . . . . O süßer May . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rauchen und rieseln die Winter vom Scheitel . . . . . . . . . . . Rundgesang gegen Unterdrücker des Werdenden in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sag du Kleiner in dem Stülchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sausend gerissen am Rade der Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlecht war meine Correctur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seit nun Gott die Welt durchschnitten . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstberuhigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstbescherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Selbstbeschwerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sie lag gewickelt in dem blauen Schleyer . . . . . . . . . . . . . . . Sie liebt ihn nicht, heut hat sie’s mir gesaget . . . . . . . . . . . . Sie staunt erwachend mit den Funkelaugen . . . . . . . . . . . . . Sie suchet ihn, den wilde Nacht verborgen . . . . . . . . . . . . . . Siehst du in den hohen Spiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sinnen spinnet Nebel innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . So sey mir denn aus meinen innern Sinnen . . . . . . . . . . . . . Soviel Sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Still müde von des Wissens wildem Streite . . . . . . . . . . . . . . Stille wirds in meinem Herzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ueber Stock, über Stein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Und es ward Licht, aus ihrer Augen Bläue . . . . . . . . . . . . . . Und wenns ein Schicksal giebt ists Leidenschaft . . . . . . . . . . 1390

514 558 222 474 9 501 9 478 416 468 571 472 487 509 7 421 411 520 341 643 257 8 7 7 502 493 511 518 72 586 497 552 516 429 422 500 488

Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE

Verbrennen soll ich deine Feuerzeilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergebung heil’ger Geist, ich konnt sie lästern . . . . . . . . . . . Verkündet ist das Spiel, die Hörer warten . . . . . . . . . . . . . . . Viel Knaben und Mädchen im Laufe hinauf . . . . . . . . . . . . Viel Schönere hab ich gesehn mit Ruhe . . . . . . . . . . . . . . . . Wär ich nicht schon verliebt, die möcht ich lieben . . . . . . . . Warnung und Ermunterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was flüstert Amor leise mir ins Ohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was Liebe heißt ist gar verwickelt Wesen . . . . . . . . . . . . . . . Was mir aus jener Zeit, wo meine Aeste . . . . . . . . . . . . . . . . Was war mir das, ich fand sie in der Laube . . . . . . . . . . . . . »Wehe, wehe, daß dem Schlechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weil schön sie sind und noch viel Schönres sagen . . . . . . . . »Weisse Metis, saugend Süsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiter hinauf ins spitze Haus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wenn des Frühlings Wachen ziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wenn Feuerkugeln droben tobend springen . . . . . . . . . . . . . Wenn in der heißen Zeit von Regen satt . . . . . . . . . . . . . . . Wenn Morgen weht, das Meer vom Abend blinket . . . . . . . . Wer klopft so spät? Kein Schwefelfaden . . . . . . . . . . . . . . . . Wer nie mit wilder Faust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wer schleichet dort so langsam still hinunter . . . . . . . . . . . . Wer schlich sich ein, wer schrieb die art’gen Zeilen . . . . . . . Wer wagt zu schaun, was einer Welt verborgen . . . . . . . . . . Wie alles still, nur Fliegen muthig schwärmen . . . . . . . . . . . Wie die Bäume vor dem Fenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie flammend eilt die Zeit in Lieb- und Freundschaftarmen Wie freundlich schon die Flammen mich umwinden . . . . . . Wie freust du dich, wie lachst du im voraus . . . . . . . . . . . . . Wie glücklich ist Ottav in seinem Leichtsinn . . . . . . . . . . . . Wie gräßlich sehn mich an die Schreckensbilder . . . . . . . . . Wie heiß erwacht an einem glühen Tage . . . . . . . . . . . . . . . Wie läppisch der den Leopard läßt springen . . . . . . . . . . . . . Wie muß ich doch in dem zerstörten Hause . . . . . . . . . . . . . Wie mußt du doch mit Liebesschlägen . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie schlecht hab ich gedämpft das alte Feuer . . . . . . . . . . . Wie sind wir erschlossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie übers Meer die Schiffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1391

517 494 471 416 473 476 72 503 499 503 473 16 464 339 346 12 480 474 515 431 439 509 465 475 480 23 495 461 471 494 483 490 505 491 139 486 21 8

Kommentar

Wie verlieren sich die Blätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie wacht mein Herz, wenn du den Flammen schauest . . . Wie wird mir alles lieb, was dir verbunden . . . . . . . . . . . . . Willst du dich ganz zurücke ziehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wo ist ein Meer, die Hände mir zu reinen . . . . . . . . . . . . . . Wo seh ich was, vor mir mag nichts bestehen . . . . . . . . . . . Wohl dem der frommen Stamm entsprossen ist . . . . . . . . . . Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

193 507 498 337 484 496 467 17

Andere Verfasser Aman, Karl

Die Physiker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie der Hebel sich beuget . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

408 408

Blumenbach, Johann Friedrich

Alte Aufschrift in Basel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Demuth hat mich lieb gemacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Böckh, August Μω ν οι σθα κει νον ι μερον κρα τιστον

.................... O kennst du jenes mächt’ge Sehnsuchtsleiden . . . . . . . . . . . .

437 437

323 324

Brentano, Bettine

Als Gott der Herr gebohren war (15. Jhd.) . . . . . . . . . . . . . . . Eine Flucht nach Aegypten (15. Jhd.) . . . . . . . . . . . . . . . . . Es schien der Mond gar helle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seelied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79 79 151 151

Brentano, Clemens

Aber ich will noch nicht ganz verzagen . . . . . . . . . . . . . . . . Auf einen grünen Zweig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bruder Claus (anonym 1620) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Jäger an den Hirten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Einsiedlerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Welt verfolgt mich nimmerhin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durch den Wald mit raschen Schritten . . . . . . . . . . . . . . . . . Ei seht mir doch den tollen Schelm von hinten . . . . . . . . . . Es pocht, ich fasse Muth, wer da? mir will schier grausen . . 1392

322 299 392 48 213 297 48 324 323

Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE

Gegrüßet seyst du Waldgebäu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 Klingdinger Seelchen seh ich gleich ägyptschen Plagen . . . . 321 La Zingara / Die Zigeunerin (ital.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Liebe Frau, daß Gott dich segne (ital.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 O Herr nimm von mir (anonym 1620) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392 O lasse Geliebter mich einsam leben! . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Rezensieren, kritisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Uhrmacher Bogs (Zitate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61; 120 Zur Fremde zog ein frommer Knabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 Fouque´, Friedrich Freiherr de la Motte

Ausfoderung. Spanisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »Wenn so wacker ist dein Herz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

438 438

Grimm, Wilhelm (altdän.)

Das Lied von der Frau Grimhild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das war die stolze Frau Griemhild, die ließ mischen Meth und Wein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der König eine Meerfrau greifen läßt . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der König Meister Dieterich, der wollt von Bern ausreiten . Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm Des Riesen Langbein und Wittich Wielands Sohn Kampf Die Meerfrau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klein Christel und ihre Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . König Dieterich sitzet dort in Bern, seine Macht rühmt alle Welt Mimmering Tand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mimmering war der kleinste Mann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Romanze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

288 288 279 70 70 377 279 131 377 291 291 131

Hardenberg, Carl von

An den Federn kennt man Vögel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lebensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359 359

Hölderlin, Friedrich

Denn schwer ist, zu tragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Rhein (Zitat) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu lang, zu lang schon ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nah’ ist Und schwer zu fassen der Gott . . . . . . . . . . . . . . . . 1393

61 61 121 142

Kommentar

Patmos (Zitate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121; 142 Kerner, Justinus

Abschied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geh’ ich einsam durch die schwarzen Gassen . . . . . . . . . . . . Zwey Särge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwey Särge einsam stehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

261 261 164 164

Loe, Friedrich

Ihr Geister, die in Grüften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zauberformel des Arztes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

410 410

Löw, Joseph

Auf Wellen spielt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fluth und Ebbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der Felsen Tiefen bin ich erzogen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

407 406 407 406

Golo und Genovefa) An Berg und Hügel hin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klarer Liebes-Stern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mein Grab sey unter Weiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was hüpft und geht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

162 167 160 164

Müller, Friedrich (Maler, aus

Nänny, Johann Conrad

Ach, wär ich daheim geblieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heimweh des Schweizers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86 86

Neidhart von Reuenthal

Der arge Winter will von hin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

244

Richey, Michael

De neegen oolen wisen Süstern (Musen) . . . . . . . . . . . . . . . .

318

Ringseis, Johann Nepomuk

An die Anderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ha warum, warum verachtest du mich . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1394

404 404 404

Gedichtanfänge und -überschriften in der ZfE

Ich hasse euch, ich kanns und will’s nicht bergen . . . . . . . . Offenbarungen des Neuen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schmach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schon wiederum hast du mich furchtbar gereitzet . . . . . . . . Warum muß ich den ungeheuern Drang . . . . . . . . . . . . . . . . Wenn von Versorgung und Brod, von der dicken Materie die Rede

402 401 403 403 401 404

Ringseis, Sebastian

Die Sonne gehet auf mit Pracht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die vier Jünglinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

405 405

Schlegel, August Wilhelm

Sieh diese heil’ge Waldkapell! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tells Kapelle bey Küssnacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

436 436

Schlegel, Friedrich

An den Ufern des Mayns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hier wo um weinbegränzte Hügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99 99

Schlosser, Christian

Apoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus goldnem Bronn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einst war ich ein Fremdling! – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Licht der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehnsucht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Senken die Sterne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wenn aus Aurorens Purpurgewölken . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153 414 415 415 414 413 413 153

Schubart, Heinriette (Walter Scott)

Die grausame Schwester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Es wohnten zwey Schwestern in einem Schloß . . . . . . . . . . . Graf Richard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . »O wiege länger dein Söhnlein jung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240 240 370 370

Sinclair, Eduard (auch John oder Isaak) von

An mein Vaterland (Zitat) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wohl hab’ ich solche gekannt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1395

191 191

Kommentar

Uhland, Ludwig

Der Königssohn und die Schäferin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Traum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Des Knaben Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die drey Lieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fräuleinswache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ich geh’ all Nacht die Runde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Im schönsten Garten wallten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In der hohen Hall’ saß König Sifrid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . In dieser Maienwonne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeuch nicht den dunkeln Wald hinab! . . . . . . . . . . . . . . . . .

301 203 202 165 382 382 203 165 301 202

Werner, Zacharias

Der steinerne Bräutigam und sein Liebchen . . . . . . . . . . . Ich muß den Todten an mein Leben binden . . . . . . . . . . . . .

239 239

Anonym (Wunderhorn)

Auf Triumph es kömmt die Stunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Da droben auf dem Hügel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Himmel ist mein Hut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wer bist du, armer Mann? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1396

323 311 282 282

Übersicht der Abbildungen Band 6.1 Seite 1

ZfE 1: Schäufelin / W. v. Franken, Altdeutsches Ehepaar Plattengröße 24,6 × 19 cm

13

2

ZfE 3: Sichem / L. E. Grimm, Plattengröße 17,6 × 13 cm

Faust und Mephistophiles

32

3

ZfE 9: Gori / L. E. Grimm, Altchristliche Särge und Gemme Plattengröße 23,2 × 15,2 cm

113

4

ZfE 18: H. Burgkmair d. Ä. / L. E. Grimm, Plattengröße 20,5 × 15,9 cm

225

5

May-Umschlag: Franken, Heidelberg

S Elsbeth

235

Plattengröße 15 × 21,2 cm 6

ZfE 22: J. Ammann / L. E. Grimm, Plattengröße 12,8 × 7,9 cm

7

ZfE 25: H. Bosch [Beschey] / L. E. Grimm,

der erste Bärnhäuter

281

313

Die Thiergesellschaft führt den Bärnhäuter in Versuchung Plattengröße 22,9 × 18,2 cm

/ W. Franken, Gelehrte

8

ZfE 36: Andrea da Firenze [Gaddi] Plattengröße 36,7 × 20,6 cm

9

Beylage: L. E. Grimm, Voß-Karrikatur

450

521

Plattengröße 17,4 × 13 cm 10

Tröst Einsamkeit: Lavater / L. E. Grimm, Kopf

534

Plattengröße 10 × 7,2 cm Alle Abbildungen nach dem Exemplar des Freien Deutschen Hochstifts: Sign. IX A 39 / G1/1.

1397

Kommentar

Band 6.2

11

Entstehung: Arnim, Titelliste. FDH Hs 13428, 1. Seite

12

ZfE 1:

Zeitung für Einsiedler, 1. April 1808, 1. Seite, FDH.

Seite 630 728

13a+b ZfE 1: Johann Friedrich Reichardt, O süßer May . . . In: Reichardt, Le Troubadour, S. 46f. (1805), Goethe-Museum Düsseldorf, Musikalien, Sign. 974.

740

14

746

ZfE 1: Fürst Anton Radzivil,

Lieben und geliebt zu

werden . . . In: Arnim, Gräfin Dolores, Musik-Beilage (1810). Exemplar FDH IX A 39 / E1. 15

ZfE 1: Louise Reichardt,

Wenn des Frühlings Wachen

752

ziehen . . . In: Op. 3 (1811/12). Exemplar FDH Not IX/R 11/2 16

17

ZfE 2: Louise Reichardt, Ein recht Gemüth . . . In: Op. 2 (1810). Exemplar FDH Not IX/R 11/4 (Foto)

755

ZfE 2: Louise Reichardt,

762

Der Blinde schleicht am

Wanderstabe . . . In: Op. 3 (1811/12). Exemplar FDH Not IX/R 11/2 18

ZfE 5: Louise Reichardt,

Durch den Wald mit raschen

786

Schritten . . . In: Op. 6: Sechs deutsche Lieder mit Begleitung des Pianoforte (1826). Exemplar Bayerische Staatsbibliothek München, Musikabteilung, 2 Mus.pr. 1005, S. 7. 19

ZfE 6: Fürst Anton Radzivil,

Siehst du in den hohen Spiegel . . . In: Arnim, Gräfin Dolores, Musik-Beilage.

842

Exemplar FDH Sign. IX A 39 / E1. 20

ZfE 7: Arnim, Druckfehlerliste GSA 03/174 Bl. 17

861

21

ZfE 7: Arnim, Golem-Notiz GSA 03/175 Bl. 11r

869

1398

Übersicht der Abbildungen

Seite 914

22

ZfE 12: Bettine Brentano, Seelied Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 2110,9,1.

23

ZfE 16: Arnim, Entwurf zu Ring Zerrissenes Doppelblatt, FDH Hs 18224 / 18517

24

ZfE 22/25: Clemens Brentano, Bärnhäuter-Skizze Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 2110,7, Bl. 248v.

1006

25

ZfE 29: Frohreich, GSA 03/260

Machandel Bohm

1138

26

Beylage zur ZfE: Was Liebe heißt ist gar verwickelt Wesen . . .

1253

942

Arnims Brief an Brentano, London, 24., 26. und 27. Dezember 1803, Handschrift FDH Hs 7358, Ausschnitt 27

Aprilscherze: Arnim, FDH Hs 13177

28

Apfelhüterin, S. 1: Clemens Brentano

Marburg

1323

1334

Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 949, Bl. 33rv. 29

Apfelhüterin, Zettel: Jacob Grimm Universitätsbibliothek Heidelberg, Heid. Hs. 949, Bl. 33rv.

1399

1335

Personenregister Namen von Sagen- und Legendenfiguren sind nur dann aufgenommen, wenn diese sich auf historische Personen beziehen, nicht aber ihre mutmaßliche Verwandtschaft und Umgebung. Auf mythologische Gestalten wird verzichtet, ebenso auf die Nennung biblischer Namen, zumal diese in den Texten der ZfE nicht die historischen Personen bezeichnen. Würde man alle fiktiv verwendeten Namen aufnehmen, so würde das Register auf den mehrfachen Umfang anschwellen und letztlich unergiebig sein. Recte stehende Zahlen verweisen auf Primärtexte, kursive auf Erläuterungen.

Abele, Matthias 894 Aberli, Johann Ludwig 1329, 1330 Abraham a Santa Clara 1054 Ackermann, Jakob Fidelis 694 Adelung, Johann Christoph 529, 1278 Adimari 210, 212, 952, 953 Ahl, Christoph 812 Aischylos 1245 Alberti, Karl 649 Albizzini, Gaetano 881 Alexander d. Große 294, 562, 1304 Alexander, der Wilde 757 Aman, Karl 409, 1193, 1195, 1197, 1356 Ammann, Jost 1045, 1061 Andre´, Johann Anton 665, 666, 764 Anna Amalia v. Sachsen, Weimar und Eisenach 928 Apin, Siegmund Jakob 535, 1283 Aspalter, Christian 726 Aretin, Johann Christoph v. 986, 1368 Aretino s. Leoni

Arezzo, Guido d‘ 713 Aristarch von Samothrake 246, 983 Aristoteles 1233 Arndt, Johann 848 Arnim, Carl Otto v. 661, 664, 673, 874, 875, 1189 Arnim, Friedmund v. 1377 Arnim, Gisela v. 1310 Arnim, Maximiliane / Maxe v. 1310 Arnold, Christoph 866 Arnold, Georg Daniel 667, 1181, 1182 Ast, Friedrich 1054 Attila 90–98, 143, 144, 148, 262, 264–266 August Emil Leopold, Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg 649, 652, 668 Augustin, Markus / Marx 568, 1310 Aventinus (Johannes Turmair) 265, 266, 809 Ayrer, Jakob 1032

1401

Personenregister

Baader, Franz v. 631, 632 Bach, Johann Sebastian 1309 Bacon, Francis 84, 864 Baehr (Pfarrer in Heidelberg) 694 Baggesen, Jens 720, 721, 1094, 1331, 1351, 1352 Ballantyne, James 968 Balthasar, Joseph Anton v. 723 Bandel, Joseph Anton v. 701 Bang, Johann Heinrich Christian 634, 642, 723 Basile, Giambattista 1127 Batt, Anton Georg 920, 921 Battberg s. Pattberg Bauer, Egbert 1358 Baumgarten, Alexander Gottlieb 84, 865 Bearn / Berne, Pierre de 219–221, 898 Bebel, Heinrich (Henricus Bebelius) 1026 Becker, Wilhelm Gottlieb 1309 Beer s. Ursinus Beethoven, Ludwig van 693 Benzel-Sternau, Christian Ernst Graf v. 628, 661, 662, 665, 689 Bernhardi, Sophie geb. Tieck 659, 685, 686, 1194 Bertuch, Carl 814 Beschey s. auch Bosch Beschey, Balthasar 1061 Besold, Christoph 853 Bethmann, Catharina Elisabeth 1357 Bethmann-Metzler, Anna, verh. v. Schwartzkopf 1330 Bethmann-Metzler, Peter Heinrich v. 1330 Beyreis, Gottfried Christoph 767 Binzer, Carl Christian 1083 Blücher, Gebhard Leberecht von, Fürst von Wahlstatt 1051 Blumenbach, Johann Friedrich 437, 666, 675, 682, 683, 758, 1215, 1216, 1357

Boccaccio, Giovanni 879 Bodin, Jean 927 Boeckh / Böckh, Philipp August 116, 634–636, 694, 892, 1090, 1098– 1101, 1104, 1105, 1357 Böhme, Jacob 74, 598, 696, 711, 843– 845, 848, 1309, 1345 Böhme, Johann August 751, 755 Boethius / Boezius, Severinus 448, 450, 1231, 1233 Bohlen, Caroline Elisabeth Agnes Sophie Gräfin Bohlen, geb. v. Walsleben 657 Boileau-Despre´aux, Nicolas 690 Boissere´e 659 Bonaiuto / Bonaiuti, Andrea (genannt da Firenze) 1232 Bonnier, Gerhard 1065 Bouquin, Pierre / Petrus Boquinus 1230 Bosch, Hieronymus 313, 1062 Bosio, Antonio 883 Bottari, Giovanni 951 Bourg d’Espagne, Ernaulton 123 Bouterwek, Friedrich 1054 Brahe, Tycho 150, 826, 1071 Brahms, Johannes 739 Brant, Sebastian 1304 Breitkopf, Christoph Gottlob 726 Brentano, Antonie / Toni, geb. v. Birckenstock 642, 1058, 1330 Brentano, Auguste, geb. Bußmann 814, 887, 896, 912, 928, 954, 957, 985, 1084, 1085, 1249, 1267, 1268, 1359, 1364 Brentano, Bettine / Bettina, verh. v. Arnim 152, 236, 336, 546, 598, 599, 632, 634, 638, 640–643, 645, 647, 648, 650, 651, 655–659, 662–667, 669, 672, 674–676, 698, 720, 723, 745, 746, 753, 758, 759, 762, 764, 773, 779, 781, 783, 786, 790, 801,

1402

Personenregister

814, 832, 840, 844, 849–852, 854, 857–859, 864, 871, 874, 911–914, 916, 966, 977, 1058, 1089–1091, 1103, 1105, 1107, 1109, 1120, 1126, 1181, 1182, 1188, 1192– 1194, 1204, 1207, 1208, 1210, 1211, 1219, 1239, 1248, 1258, 1263, 1280, 1310, 1315, 1316, 1321, 1330, 1331, 1354, 1355, 1357, 1358, 1364, 1365, 1367, 1369, 1378, 1384 Brentano, Christian 888, 894, 989, 1048, 1049, 1312, 1358, 1371 Brentano, Clemens Wenzeslaus (Pseudonym Maria) 50, 61, 104, 112, 118, 119, 218, 237, 301, 545, 546, 597, 599, 627, 628, 633, 634, 637–639, 641–653, 655–657, 664, 667–670, 674–677, 679, 680, 682, 689, 694, 695, 697, 699, 703–705, 719, 720, 723, 724, 729, 734–739, 741, 745, 747, 753–756, 759, 765, 770–772, 774–777, 779, 781, 783–790, 795– 801, 809–814, 826, 827, 829–832, 844, 849, 853, 857, 859, 860, 863, 866, 871, 872, 874, 875, 877, 881– 883, 886–888, 891–894, 896–899, 903, 904, 906, 911–913, 920, 928, 930–932, 951, 954, 955, 957, 958, 964–966, 968, 969, 977, 984, 985, 989, 1000–1013, 1016, 1017, 1031, 1032, 1045, 1048, 1049, 1051– 1063, 1070, 1084–1094, 1096– 1098, 1100–1105, 1107, 1109, 1111, 1113, 1124, 1125, 1127– 1129, 1131–1133, 1163, 1169, 1176, 1177, 1180, 1182, 1188, 1189, 1193, 1194, 1198, 1202, 1205, 1215, 1216, 1224, 1231, 1232, 1235, 1238, 1239, 1242– 1244, 1246, 1248, 1249, 1252, 1253, 1259, 1260, 1263, 1265–

1269, 1272, 1274, 1275, 1277, 1280–1282, 1285, 1286, 1291, 1292, 1294, 1298–1300, 1304, 1312, 1314, 1315, 1318, 1321, 1325, 1329–1334, 1336, 1339, 1340, 1342–1353, 1355–1362, 1364–1366, 1368–1372, 1374, 1383, 1384 Brentano, Emilie geb. Genger 785 Brentano, Franz 642 Brentano, Franziska 1058 Brentano, George 642 Brentano, Kunigunde / Gunda, verh. v. Savigny 814, 874, 1194, 1358 Brentano, Ludovica / Lulu 1330, 1358 Brentano, Marie geb. Schröder 642, 662 Brentano, Magdalena / Meline 1105, 1248, 1330, 1358 Brentano, Maximiliane, geb. von La Roche 781, 782, 1357, 1358 Brentano [Prentano], Peter Anton 1357, 1359 Brentano, Sophie, geb. Schubart gesch. Mereau 639, 694, 783, 879, 891, 951, 968, 976–983, 1048, 1124, 1266, 1343, 1359, 1362, 1379, 1384 Brentano, Sophie 955 Brockhaus, Friedrich Arnold 969, 970 Budde, Heinrich Wilhelm 794, 966, 1273, 1278 Bürger, Gottfried August 326, 463, 690, 691, 701, 712, 714–718, 1088, 1090, 1106, 1261, 1262, 1343, 1379 Büsching, Johann Gustav 686, 687, 776, 801, 969, 1071, 1123, 1125, 1128, 1132–1134 Buff, Lotte 781 Buffon, Georges-Louis Leclers, comte de 83 Burgkmair, Hans 956

1403

Personenregister

Calderon de la Barca, Pedro 1273 Carmer, Johann Heinrich Casimir Graf von 1320 Carolus, Johann 1030 Casaregi, Conte Giovanni Bartolomeo 881 Cato (Marcus Porcius Cato Censorius) 328, 1108 Catull (Gaius Valerius Catullus) 681 Chateaubriand, Franc¸ois-Rene´ de 1260 Che´zy, Antoine de 1379 Chimentelli, Valerio 105, 885 Christine von Norwegen 90 Cid / Rodrigo Diaz de Vivar, genannt El Cid 381, 1162 Claude Lorrain / Gelle´e 1220 Claudius, Matthias 1269, 1271 Claus, Bruder s. Flüe Clisson, Olivier 897 Cochlæus, Johannes 802, 806 Colbert, Jean-Baptiste 808 Collin, Heinrich Josef v. 690, 692, 693 Contile, Luca 62, 63, 815 Conz, Karl Philipp 1373 Corasse, Raymond de 350–354, 365 Corvinus, Antonius (Rabe) 445, 1231 Cotta, Johann Friedrich, Freiherr v. Cottendorf 597, 639, 678, 690–692, 695, 699, 712, 720, 831, 874, 931, 959, 980, 1004, 1052, 1054, 1057, 1063, 1084, 1125, 1162, 1278, 1351, 1352, 1367, 1373, 1374 Cranz, August 785 Creutzberg, Amadeus (Philipp Balthasar Sinold) 904 Creuzer [Creutzer / Kreutzer], Georg Friedrich 116, 122, 634–636, 643, 668, 673, 674, 690, 694, 720, 721, 724, 833, 892, 895, 933–935, 960, 1059, 1073, 1192, 1245, 1246, 1275, 1357, 1360, 1386

Creuzer, Sophie, geb. Müller verw. Leske 1245 Crisalin s. Sinclair Crusius, Siegfried Leberecht 861 Cuesta, Juan de la 1217 Cujacius / Cujas, Jacques 665 Cujas, Susanne 665, 667, 670 Dach, Simon 745 Dähnert, Johann Carl 1130 Dagmar, Gattin König Waldemars II. von Dänemark 1069 Dagobert I., fränkischer König 268, 809 Dalberg, Karl Theodor v., Fürstprimas des Rheinbundes 680 Dante Alighieri 210–212, 236, 546, 950–953, 964 Daub, Carl 673, 833, 863, 960, 1073 Dauletschah 81, 861–863 Daum, Carl 694 Demosthenes 713 Dieterich, Johann Christian 666, 683, 712, 795–797, 1216, 1262 Dietrich von Bern (Verona) 840 Dionysius Areopagita 450, 1233, 1234 Docen, Bernhard Joseph 243, 335, 975, 987, 1360 Doebbelin, Karl Theophilus 580, 1328 Dorat, Claude Joseph 1298 Dorothea Susanne, Tochter des Pfalzgrafen Friedrich III. 1230 Dorow, Wilhelm 688, 853, 1165–1168 Dümmler, Ferdinand 883 Dürer, Albrecht 655, 826, 1246, 1361, 1370 Dyk, Johann Gottfried 1057 Eckhart, Johann Georg v. 265, 809 Eckhart von Hochheim, genannt Meister Eckhart 1234

1404

Personenregister

Eichendorff, Joseph v. 678, 679, 727, 794, 795, 806, 807, 955, 1131, 1273, 1282, 1352, 1362 Eichendorff, Wilhelm v. 794, 795, 806, 807, 1273 Eichstädt, Heinrich Karl Abraham 318, 321, 1088 Eleonora von Österreich, verh. Herzogin von Mantua 61, 815 Elisabeth von Thüringen, hl. 218, 225, 226, 956–958, 1371 Emmel, Samuel 965 Engelhard, Daniel 655, 1354 Engelmann, Joseph 635, 639, 641, 703, 771, 772, 892, 1056 Erasmus von Rotterdam 646, 1107, 1108 Erastus, Thomas 1230 Eschen, Friedrich August 689 Eschenburg, Johann Joachim 706 Eschenmayer, D. Heinrich 116, 892 Ettinger 669 Euripides 916 Fahrunger 745 Falk, Johannes Daniel 16, 654, 668, 755, 756 Faust, Bernhard Christoph 646, 774 Feer, Jakob Rudolf 723 Feger, Theobaldus 806 Felßecker, Wolfgang Eberhard 1283 Fernow, Carl Ludwig 1264 Fichte, Johann Gottlieb 31, 679, 1265, 1380, 1381 Fionn Mac Chumhail (Fingal) 875 Firdausı¯ / Firdussi / Ferdoussi 145, 808 Fischart, Johann 927 Fischer, Friedrich Christoph Jonathan 262, 265, 798, 799, 808 Flaxman, John 1241, 1244 Fleischer, Ernst 888

Fleischmann, Ernst F. 986 Flemming, Paul 690 Flüe, Nikolaus von (Bruder Claus) 392– 394, 648, 1176–1180 Foix, Gaston III. Phöbus, comte de Foix und Vicomte de Be´arn 122–130, 133–135, 219, 236, 237, 349, 350, 352–357, 362, 364, 365, 541, 546, 646, 887, 896, 898, 899, 904 Foix, Gaston, dessen Sohn 122, 124, 127–130, 133–135, 219, 236, 364, 546, 898 Foix, Gracien, natürlicher Sohn von Gaston de Foix 364, 898 Foix, Yvain, natürlicher Sohn von Gaston de Foix 129, 355–358, 363–365, 898 Fouque´, Friedrich Freiherr de la Motte (Pellegrin) 439, 682, 1217, 1361 Franck, Sebastian 848 Franken, Paul (v.) 1362 Franken, W. (v.), evtl. Johannes Wilhelm Hugo (v.) 13, 235, 450, 660, 753, 964, 1231–1233, 1301, 1361, 1362 Franz I., König von Frankreich 268, 809 Freher, Marquard 267, 809 Frey, Jacob 1028 Freyberg, Max Prokop v. 1192 Freylinghausen, Anastasius 904 Freystein, Johann Hauge v. 806 Friederike Sophie Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth, geb. Prinzessin v. Preußen 631, 632 Friedrich II., Kaiser 90, 267 Friedrich II. von Preußen, König 632, 737, 739, 947, 1255 Friedrich III., Kaiser 268, 809 Friedrich III., König von Dänemark 804 Friedrich III. von der Pfalz [Pfalzgraf], Kurfürst 441–446, 1224–1230

1405

Personenregister

Friedrich Wilhelm II., König v. Preußen 1320 Friedrich, Theodor Heinrich 1310 Fries, Jakob Friedrich 615, 633, 694, 1386 Froben, Johannes 1108 Frölich, Henry / Heinrich 737, 1248 Frohreich 598, 779, 1103, 1132, 1133, 1137, 1138, 1146 Froissart, Jean 679, 896–899 Frommann, Carl Friedrich Ernst 692, 920, 926 Fürst Primas s. Dalberg, Karl Theodor v. Füssli, Johann Heinrich 1267 Gaddi, Taddeo 450, 1232 Gall, Franz Joseph 576, 810, 1321 Geiler / Gayler von Kaysersperg, Johann 219, 956 Geißler, Johann Georg 649, 668, 724 Genelli, Hans Christian 919 Geoffroy, Julien Louis 672, 704 Gerhardt, Paul 963 Gesner, Konrad 306, 1086 Gichtel, Johann Georg 843 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 670, 1284 Görres, Guido 1254, 1275 Görres, Joseph 54, 89, 118, 143, 234, 236, 239, 262, 335, 522, 545, 546, 597, 601, 632, 634–638, 642, 644, 647, 653, 659, 660, 664, 673–677, 682, 685, 686, 689, 690, 694, 696, 697, 699, 703, 707, 709, 710, 719, 721, 724, 735, 738, 771–773, 775, 786, 790, 794, 797–810, 812, 813, 828, 831, 833, 840, 893, 894, 930, 931, 933–936, 958–966, 1010, 1011, 1059, 1062, 1063, 1088– 1090, 1092, 1094, 1096, 1102, 1192, 1193, 1196, 1244, 1249, 1254, 1255, 1265, 1266, 1270,

1271, 1273–1277, 1279–1281, 1283, 1294, 1321, 1332, 1340, 1351, 1362, 1364, 1365, 1367, 1371, 1372, 1386 Görres, Marie 1275 Görres, Sophie 1275 Göschen, Georg Joachim 1125 Goethe, Katharina Elisabeth, geb. Textor 667 Goethe, Johann Wolfgang v. 31, 156, 226, 270, 335, 366, 539, 584, 598, 628, 634, 648, 650–652, 657–662, 667, 669, 676–678, 684, 691, 692, 697–699, 701, 745, 750, 752, 753, 760, 770, 771, 773, 779–782, 789, 794, 801, 802, 828, 829, 832, 874, 877, 910, 916, 917, 949, 966–968, 970, 980, 1000, 1002, 1003, 1007, 1008, 1091, 1094, 1104, 1125, 1127, 1145, 1163, 1195, 1208, 1209, 1238, 1243, 1249, 1262, 1265–1267, 1274, 1281, 1292, 1293, 1297, 1299, 1300, 1303, 1304, 1315, 1322, 1341, 1342, 1344, 1350, 1352, 1354, 1358, 1361, 1363–1368, 1378, 1383, 1384 Götz, Gottlob Christian 920 Gontard, Suzette 1373 Gonzaga, Guglielmo (Wilhelm), Herzog / Duca von Mantua 61, 64–69, 815, 819–821, 824, 825 Gonzaga, Ludwig (Luigi, Ludovico) 67, 821 Gorgias, Johann (Veriphantor) 903, 905 Gori, Antonio Francesco 104, 105, 598, 881–886 Gotthardt s. Schreiber Gottsched, Johann Christoph 31, 294, 771, 1056, 1087, 1304, 1306

1406

Personenregister

Gräter, David Friedrich 116, 584, 585, 826, 892, 1079, 1083, 1199 Grassini, Guiseppina 1120 Grellmann, Heinrich Moritz Gottlieb 910 Grimm, Dorothea, geb. Zimmer 984, 1372 Grimm, Herman 1310 Grimm, Jacob 85, 141, 249, 251, 271, 335, 628, 629, 642, 645, 647, 652, 653, 655, 658, 664, 670, 672, 675, 676, 697, 704, 718, 723, 754, 765, 776, 777, 785, 786, 795–800, 827, 828, 830–833, 865, 866, 903, 904, 906, 934–936, 948, 957, 970, 975, 983–987, 990, 1009, 1011–1013, 1016, 1049, 1051, 1052, 1070, 1107, 1127–1129, 1131–1133, 1144, 1281, 1309, 1331, 1333, 1335, 1336, 1340, 1359, 1368– 1371 Grimm, Lotte 1372 Grimm, Ludwig Emil 32, 113, 225, 281, 313, 521, 534, 646, 647, 651, 652, 660, 670, 672, 773, 774, 826, 882, 892, 957, 958, 1004, 1007, 1009, 1049, 1061, 1232, 1269, 1270, 1280, 1282, 1350, 1361, 1362, 1369–1373 Grimm, Wilhelm 70, 118, 132, 150, 236, 280, 288, 291, 335, 377, 545, 546, 599, 628, 629, 642, 646–648, 651–653, 655, 658, 664, 670, 672, 675, 676, 679, 697, 704, 723, 754, 765, 774, 776, 785, 786, 795–799, 805, 808, 825–833, 836, 839, 840, 865, 896, 900, 901, 934, 948, 957, 970, 975, 984–986, 990, 1011, 1013, 1016, 1049, 1052, 1063, 1065, 1070, 1071, 1073, 1075, 1078, 1079, 1081, 1083, 1107, 1125, 1127–1130, 1132, 1133,

1144, 1153, 1157, 1162, 1239, 1281, 1359, 1368–1373 Grimmelshausen, Hans Jacob Christoph v. 860, 991, 993, 1003–1005, 1010, 1037, 1045, 1051, 1056, 1061, 1093, 1109, 1332 Große, Verlag im Besitz von Reich 539, 1284 Grotefend, Georg Friedrich 1269 Grüneisen, Karl Christian 690 Gruner, G. Anton 116, 892 Gryphius, Andreas 1274 Günderrode, Karoline v. 694, 1245, 1246, 1263, 1330, 1358, 1360, 1364 Ha´kon Ha´konson / Hackan Hackanson, König von Norwegen 90, 806 Härtel, Gottfried Christoph 726 Hagen, Friedrich Heinrich von der 654, 671, 672, 686, 776, 794, 796, 797, 800, 803, 810, 828, 976, 1071, 1079, 1123, 1126–1128, 1132, 1348 Hagena, Franz Heinrich 937 Hahn, Friedrich II., Graf v. 1292 Hahn, Karl Graf v. 1292–1294, 1303, 1304, 1315 Haller, Albrecht v. 540, 701, 753, 1285 Hamann, Johann Georg 84, 118, 545, 863–865, 963 Happel, Eberhard Werner / Happelius, Everhardus Guernerus 1045 Hardenberg, Friedrich v. (Novalis) 686, 727, 788, 1094, 1272, 1273, 1299, 1315, 1343, 1373, 1379 Hardenberg, Gottlob Albrecht Karl v. (Rostorf) 362, 683, 727, 729, 1122, 1373 Haug, Friedrich 690, 692, 696, 723, 1008, 1062, 1279

1407

Personenregister

Haxthausen, August v. 785 Haydn, Joseph 235, 759, 964 Hechberg, Clara 442, 446, 1225, 1229 Heeren, Arnold Hermann Ludwig 446, 932 Heine, Heinrich 912, 1282 Heinse, Wilhelm 670, 1298 Hensel, Luise 784, 785 Herder, Johann Gottfried v. 827, 831, 860, 1162, 1163 Hermann, August 639 Heron von Alexandrien 1298 Herrmann, Friedrich Wilhelm 688 Herz, Marcus 1320 Heshusen, Tilemann 1230 Heyer, Konrad Friedrich 648 Heyne, Christian Gottlob 689, 932, 933, 1379 Hieronymus (Girolamo) 1233 Hilgard, Theodor 635, 637, 641, 960, 1098 Hilscher, Paul Christian 540, 590, 1285, 1345 Himburg 1062 Hitzig, Julius Eduard 873 Hölderlin, Friedrich 61, 121, 142, 688, 813, 894, 911, 1265, 1373, 1374 , 1384 Hölty, Ludwig Heinrich Christoph 701, 1058 Hofer, J. B. 116, 892 Hoffmann, Benjamin Gottlob 638 Hoffmann, Philipp Carl 665, 764 Hofmann s. Hoffmann, Philipp Carl Hofmannsthal, Hugo v. 910 Hohnbaum, Carl 683 Hoier s. Heyer Hopffner, P. M. 833 Hüsgen, Henrich Sebastian 1370

Iffland, August Wilhelm 573, 1031, 1051, 1317 Imhoff, Amalie von, verh. von Helvig 1379 Isidor von Sevilla 1272 Jacobi, Johann Friedrich Heinrich 116, 892, 1193, 1356, 1375 Jacobi, Johann Georg 780 Jacobs, Christian Friedrich Wilhelm 654, 667, 668 Jacobus de Voragine 1182 Jacopone da Todi 646 Jean Paul s. Paul, Jean Jennis, Lucas 854 Je´rome Bonaparte (Hieronimus Napoleon), König von Westphalen 175, 633, 932, 1385 Jerusalem, Karl Wilhelm 781, 782 Jobin, Bernhard 927 Johann I., König von Portugal 899 Johann Wilhelm, Herzog von SachsenWeimar 1230 Jordanis / Jordanes 91, 806 Jung-Stilling, Johann Heinrich 863, 927 Kämmerer, Ferdinand 116, 893 Kalb, Charlotte v. 1373 Kannegießer, Karl Ludwig 969, 1071 Kant, Immanual 576 Karl der Große 96, 150 Karl V., Kaiser 695, 910 Karl Friedrich Kurfürst von Baden 639 Kastner, Karl Wilhelm Gottlob 694, 809 Katte / Katt, Hans Hermann v. 631, 632 Katull s. Catull Kayser, Carl Philipp 694 Kerner, Justinus 164, 236, 261, 335, 546, 679, 812, 929, 932, 1001, 1164, 1282, 1374, 1375

1408

Personenregister

Kielmannsegg, Christian Albrecht Freiherr v. 782 Kind, Johann Friedrich 1190, 1191 Kipp, Heinrich 977, 981 Kircher, Athanasius 964 Kirchhof, Hans Wilhelm 1026 Klebitz, Wilhelm 1230 Kleist, Ewald Christian v. 540, 701, 1285 Kleist, Heinrich v. 89, 654, 680, 805, 910, 1005 Kleopatra 517, 1268 Klopstock, Friedrich Gottlieb 687, 698, 701, 1192 Klotzius, Christianus Adolphus 805 Knank s. Krause Knebel, Karl Ludwig v. 802 Knipperdolling, Bernd 646, 774 Knoblauch 956 Koch, Erduin Julius 1360 Koch, Johann Christian 535, 1283 Koelle, Christoph Friedrich Karl 1189, 1374, 1385 Königshofen, Jacob Twinger v. 399, 1182 Körte, Wilhelm 539, 670, 1104, 1284 Kohler, Kaspar 1059, 1060 Korte s. Koch Kotzebue, August v. 295, 573, 580, 584, 1057, 1061, 1243, 1274, 1284, 1293, 1299, 1305, 1314–1317, 1328, 1341–1343 Krause, Christoph 1017 Krause, Theodor 535, 1283 Kreutzer, Friedrich s. Creuzer Kreutzer [Creutzer], Johannes 1165 Krüdener, Juliane v. 745 Kruger, Hans 1017 Kuhn, August 1341 Kummer, Paul Gotthelf 1274 Kuntz, C[arl] 117, 893

La Fage / Lafage, Raymond de 116, 892 La Roche, Georg Michael Anton Frank von 1358, 1359 La Roche, Maximiliane s. Brentano La Roche / Laroche, Sophie von, geb. Gutermann 634, 779, 781, 782, 1145, 1209, 1358 Labes, Caroline v., geb. Daum 664, 666 Lami, Giovanni 105, 886 Langbein, August Friedrich Ernst 1309 Lassaulx, Maria Christine Clementine v. 673, 771, 794, 1274 Laurer, Johann Christian 866 Lavater, Johann Caspar 1282 Leoni, Leone (Lione) Aretino 61–66, 68–69, 815–824 Le Pique, Johann Philipp 919–921 Lessing, Gotthold Ephraim 31, 650, 770, 1008, 1268 Lianno, Alvaro Augustin de 654 Lichtenberg, Georg Christoph 543, 690, 697, 1008, 1062, 1272 Linder, Emilie 872 Linne´, Carl v. 1325 Lion / Lyon, Espaing de 122–124, 127, 335, 365, 898 Lips, Johann Heinrich 1282 Liscow [Liscov], Christian Ludwig 313, 543, 697, 1062 Locke, John 83, 864 Loe / Loe´, Friedrich Karl v. 410, 1192, 1195, 1197, 1375 Loeben, Otto Heinrich Graf (Isidorus Orientalis) 686, 1094, 1265, 1266, 1272, 1273, 1275, 1278, 1352 Löw, Joseph 408, 1195–1197, 1375 Loos, Johann Jacob 694 Louis Ferdinand, Prinz von Preußen 746

1409

Personenregister

Louise Auguste Herzogin von SachsenWeimar-Eisenach, geb. Prinzessin v. Hessen-Darmstadt 678, 801, 1367 Louise Auguste Amalia, Prinzessin von Sachsen-Weimar-Eisenach 801, 1367 Lucian 707 Lukrezius (Titus Lucretius Carus) 1304 Ludwig, Kronprinz von Bayern, später König Ludwig I. 1193 Ludwig, Landgraf v. Thüringen 958 Luise, Königin von Preußen, geb. Prinzessin v. Mecklenburg-Strelitz 1204, 1295 Luther, Martin 845, 1227, 1229–1231, 1243, 1386 Mabillon, Jean 265, 808 MacPherson, James 875 Madelung, Ernst 669 Mahlmann, August 1343, 1373 Malespini, Celio 61–69, 118, 545, 664, 786, 813–825 Mannel, Adam 954 Marheineke, Philipp Conrad 694, 960, 966 Marlowe, Christopher 774 Martens, Otto Johann Daniel 720, 1277 Martin von Cochem (Martin Linius) 917 Maurer, Friedrich 1010 Maximilian I. Joseph, König von Bayern 1193 Mayer, Karl 675, 813, 929–931, 950, 1085, 1374 Mechthild von Magdeburg 1168 Melanchthon, Philipp (Schwartzerdt) 1230 Mereau, Friedrich Ernst Karl 977 Mereau, Hulda 639, 694

Mereau, Sophie s. Brentano Merkel, Garlieb 31, 295, 580, 771, 1057, 1063, 1328, 1341, 1342 Messalinus Cotta 293, 294, 1009, 1084, 1275, 1277 Messerschmidt, Paul 1025 Meyer, Johann Friedrich v. 1113 Michaelis, Heinrich Salomo 641, 690, 699, 707, 719, 960, 1266, 1273, 1275, 1278, 1284 Michelangelo Buonarotti 767 Miethe, Johann Christoph 1008 Milbiller, Joseph Anton 1189 Milton, John 687 Mörlin, Maximilian 1230 Mohr, Jakob Christian Benjamin 3, 31, 54, 89, 114, 120, 227, 327, 533, 542– 545, 548, 628, 632, 633, 635, 638, 639, 641, 662, 666, 683, 686, 697, 701, 703, 707, 723, 754, 765, 766, 768, 771, 790, 812, 813, 826, 840, 892, 930, 955, 959, 966, 1070, 1216, 1286, 1321, 1362, 1382 Molie`re, Jean-Baptiste Poquelin 1316 Molitor, Joseph Frank 667, 871 Molter, Friedrich 262, 800, 808 Montanus, Martin 1016, 1025 Montag, Johann Leopold 813, 938 Morella, Juliana, s. auch Brentano, Bettine 657, 850 Mozart, Wolfgang Amade´ 1058, 1323 Müchler, Carl 1062 Müller, Adam 679, 1005 Müller, Anna Rosine 1048 Müller, Christoph Heinrich 757 Müller, Friedrich (Maler) 156, 157, 166, 177, 236, 546, 704, 807, 917– 922, 926, 1305, 1376 Müller, Johann Heinrich sen. 634 Müller, Johannes v. 174, 254, 666, 667, 670, 675, 682, 932–935, 987, 988, 1376

1410

Personenregister

Müller, Wilhelm 887, 1208 Muratori, Ludovico Antonio 265, 809 Musäus, Johann Karl August 400, 948, 1189, 1190, 1283 Musaios 736 Nachtigal, Johann Karl Christoph (Otmar) 627, 1285, 1345 Nänny, Johann Conrad 88, 118, 545, 871, 893, 1377 Napoleon I. Bonaparte, Kaiser der Franzosen 175, 730, 766, 876, 1088, 1192, 1220, 1283, 1293, 1298, 1303, 1304, 1341, 1359, 1362, 1377 Nathusius, Philipp 1103 Naubert, Christiane Benedicte Eugenie 1057, 1188–1190 Nehrlich, Carl 1374 Neidhart von Reuenthal [Rosenthal] 245, 975, 976 Neuser, Adam 1231 Newton, Isaac 83, 1322 Nieuwentyt, Bernard 83 Nicolai, Friedrich 31, 771, 1003 Nicolai, Karl August 1340 Niemann 935 Novalis s. Hardenberg, Friedrich v. Nyerup, Rasmus 832, 833, 1063, 1065, 1079, 1081, 1153, 1162 Odam, Girolamo 883 Oehlenschläger, Adam Gottlob 677 Olevianus, Caspar 1230, 1231 Olivier, Louis Henry Ferdinand 400, 1191 Opitz, Martin 714, 1097 Otmar s. Nachtigal Otmar, Johann / Hans 956 Otto, Christian 767 Otrokocsi, Fo´ris Ferenc 92, 803, 806

Papinius Statius 729 Paracelsus (Theophrastus Bombastus von Hohenheim) 848 Park, Mungo 577, 1322 Pattberg, Auguste 857 Paul, Jean 26, 117, 118, 271, 545, 652, 663, 667, 678, 703, 707, 723, 766–768, 772, 776, 893, 1052, 1214, 1247, 1266, 1286, 1310, 1321, 1341, 1351, 1374, 1377 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob 689 Pausias 495 Percy, Thomas 828, 831 Peringskiöld, Johan 90, 805, 806 Perthes, Friedrich Christoph 632, 638, 720 Pescara, Marchese de, Francesco Fernando d‘Avalos 61, 63–66, 815, 817–821 Pestalozzi, Johann Heinrich 400, 1191 Petrarca, Francesco 101, 470, 713, 879, 1264 Philippi, Johann Ernst 1062 Pichler, Anton 1092 Pietro Geremia da Palermo 888 Pietro Lombardo 450, 1233 Pinder, Ulrich 989 Pippin III., König der Franken 265, 809 Platon 325, 333, 813, 892, 1108 Plinius der Ältere (Gaius Plinius Secundus) 90, 293, 294, 313, 1009, 1013, 1054, 1062, 1084, 1272 Plutarch 1304 Primavesi, Georg 117, 893 Primisser, Alois 810 Printz, Wolfgang Kaspar 1008 Ptolemaeus (Claudius P.) 268, 809 Rabe [Rab] s. Corvinus Radlof, Johann Gottlieb 720, 1349 Radtolt, Erhard 806

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Personenregister

Radzivil / Radziwill, Fürst Anton 25, 746, 842 Raffael [Raphael] 1370 Rahbek, Knud Lyne 1065 Ramler, Karl Wilhelm 701 Raspe, Gabriel Nicolaus 1325 Raspe, Rudolf Erich 1343 Raßmann, Christian Friedrich 684 Raumer, Friedrich v. 743, 744 Rebman, Hans Rudolph 683, 1176, 1177 Rebman, Valentin 1176 Reclam, Carl Heinrich 133 Reichard, Heinrich August Ottokar 871 Reichardt, Friederike 755 Reichardt, Louise 25, 655, 704, 750– 752, 755, 756, 761, 762, 785, 786, 928, 1282, 1378 Reichardt, Johann Friedrich 25, 259, 628, 633, 649, 655, 661, 682, 688, 737, 738, 740–742, 747, 761, 763, 785, 786, 863, 928, 993, 1060, 1205–1207, 1273, 1295, 1297, 1340, 1384 Reimer, Georg Andreas 644, 661, 672, 681, 682, 831, 917, 1123– 1125, 1130–1133, 1217 Reinbeck, Georg Gottlieb Sigismund v. 295, 540, 672, 690, 694, 704, 712, 931, 959, 963, 964, 1057, 1063, 1235, 1266, 1276, 1277, 1285 Reinhard, Karl Friedrich 659, 1382 Reuter, Christian 638, 1004, 1005, 1010, 1048, 1049, 1201, 1205, 1238, 1239, 1339 Richey, Michael 318, 1087, 1088, 1146 Richter, Jean Paul Friedrich s. Paul, Jean Riedel, Friedrich Justus 633 Riepenhausen, Franz 650, 651, 926

Riepenhausen, Johannes 650, 651, 926 Ringseis, Johann Nepomuk v. 404, 1192, 1194, 1196, 1197, 1377, 1378 Ringseis, Sebastian 405, 1194, 1197, 1378 Robinson, Therese Albertine Luise geb. v. Jakob (Talvj) 975, 1069 Röschlaub, Johann Andreas 1377 Roos, Theodor 1254, 1255 Rossi, Gaetano 1266, 1325 Rottmanner, Karl v. 1197 Rousseau, Jean-Jacques 1329 Rousseau, Johann Baptist 1258 Rostorf s. Hardenberg, Gottlob Albrecht Karl v. Rubens, Peter Paul 876 Rudolphi, Caroline 638, 694, 1272, 1372 Runge, Daniel 1129 Runge, Gustav 1123 Runge, Philipp Otto 366, 631, 632, 667, 671, 680, 882, 1051, 1122– 1134, 1145, 1378 Saalfeld, Friedrich 117, 893 Sacchetti, Franco 951 Sachs, Hans 1011, 1013, 1014, 1016, 1017, 1022, 1025, 1036, 1055, 1300 Sadeler, Johann 655 Sämund / Sæmundr Frode 94, 149, 804 Sander, Levin Christian Friedrich 1065, 1068, 1341 Sannazaro, Jacopo 881, 883 Sauerländer, Johann David 871, 888 Saussure, Horace-Be´ne´dict de 1326, 1327 Savigny, Bettina v. 1291

1412

Personenregister

Savigny, Friedrich Carl v. 634, 638, 642, 643, 645, 648, 651, 653, 654, 658, 662, 663, 665, 667, 670, 672, 674, 677, 718, 723, 754, 765, 777, 799, 827–830, 932–936, 1009, 1011, 1048, 1053, 1081, 1192, 1194, 1239, 1249, 1284, 1291, 1295, 1301, 1315, 1331, 1342, 1362, 1366–1369, 1371, 1372, 1375, 1376 Saxo Grammaticus 58, 798, 805 Schäufelin, Hans Leonhard 753, 989, 1301 Schafberger, Franz 1197 Schelling, Friedrich Wilhelm 631, 632, 664, 772, 960, 1265, 1356, 1379 Schelver, Friedrich Joseph 694 Scherff, Balthasar 1032 Schickler, David jun. 1315 Schierstaedt, August Wilhelm v. 659 Schießl, J. 1197 Schikaneder, Emanuel 577, 1323 Schildtberger, Hans 683 Schiller, Charlotte v., geb. von Lengefeld 678, 1271, 1367 Schiller, Friedrich v. 246, 335, 701, 771, 976–983, 1215, 1249, 1264, 1265, 1271, 1272, 1373, 1379 Schilter, Johann 399, 1182, 1188 Schinderhannes (Johannes Bückler) 540, 1284, 1293, 1298 Schlegel, August Wilhelm 437, 642, 663, 675, 682, 685, 686, 689, 690, 692, 695, 696, 715, 727, 754, 795, 1094, 1214, 1215, 1217, 1248, 1265, 1273, 1275, 1342, 1361, 1379, 1381 Schlegel, Caroline, geb. Michaelis verw. Böhmer 1379 Schlegel, Dorothea, geb. Brendel Mendelssohn gesch. Veit 981, 1380

Schlegel, Friedrich 15, 26, 31, 81, 89, 100, 117–119, 270, 545, 546, 584, 642, 650, 658, 679, 683, 686, 689, 694, 695, 727, 754, 766, 770, 776, 801, 806, 828, 860, 873, 893, 981, 984, 1003, 1008, 1094, 1122, 1248, 1274, 1286, 1342, 1361, 1379– 1382 Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst 933, 937, 1379 Schlitz, Adele v. 1109 Schlitz, Hans Graf v., geb. v. Labes 1103, 1266, 1325 Schlitz, Louise Gräfin v. 1327 Schlosser, Christian Friedrich 156, 236, 415, 546, 642, 665, 669, 916, 1198, 1383 Schlosser, Eduard 1383 Schlosser, Johann Friedrich Heinrich (Fritz) 642, 663, 665, 810, 853, 854, 955, 1383, 1384 Schlosser, Johann Georg 1383 Schlosser, Sophie, geb. du Fay 1383 Schmidt, Georg Philipp 977 Schmidthammer, Karl 687 Schmitz, Bernhard 1340 Schneider, Christian 325, 1098, 1099, 1105 Schottel, Daniel 1165 Schreiber, Aloys Wilhelm (Pseudonym W. G. H. Gotthardt) 636, 637, 694, 707, 710, 719, 720, 812, 891, 1235, 1264, 1272, 1278, 1285, 1345, 1351 Schreyvogel, Joseph 1353 Schubart [Schubert], Henriette 240, 335, 374, 679, 831, 966, 968–970, 974, 1147, 1152 Schudt, Johann Jacob 866 Schütz, Christian Gottfried 643, 724 Schütz, Friedrich Karl Julius 726

1413

Personenregister

Schütz, Wilhelm v. (gen. Schütz-Lacrimas) 659, 686 Schütze, Johann Friedrich 1087, 1088 Schulz, Johann Abraham Peter 688 Schultz [Schulz], Christof Friedrich Ludwig v. 910, 1126 Schuster, Jacob 1339 Schwan, Christian Friedrich 920 Schwarz, Friedrich Heinrich [W] Christian 117, 694 Schwarz, Johanna Magdalena Margarethe, geb. Jung 1272 Schwenkfeld, Kaspar 848 Schwinck, Auguste 629, 633, 745, 1205, 1206, 1211, 1264, 1324, 1344 Schwinck, Charlotte 1206, 1207, 1211, 1223 Scott, Walter 968–970, 975, 1147, 1152, 1153, 1384 Seckendorf, Leo Freiherr v. 92, 191, 689, 806, 813, 894, 929, 938, 1005, 1374, 1385 Seuse / Suso, Heinrich 688, 853, 1164– 1166, 1168, 1169, 1172, 1234 Severano, Giovanni 883 Shakespeare, William 157, 565, 705, 706, 919, 1305, 1306, 1328, 1379 Sichem, Christoffel van 646, 660, 773, 774 Siegismund, König von Ungarn, römisch-deutscher Kaiser 272, 311, 1053 Sillem, Louise 750, 762 Sinclair, Isaak v. (Crisalin) 191, 688, 938, 1384 Snorri Sturluson 57, 150, 804 Sokrates 813 Solger, Karl Wilhelm Ferdinand 654, 671 Sophia, Königin v. Dänemark 826

Sophokles 671, 1206, 1316 Spangenberg, Wolfhart 1030, 1031, 1051, 1054 Spaur, Friedrich Franz Joseph Graf v. 645 Spazier, Karl 1341, 1343 Spee, Graf Friedrich v. 388, 883, 1168, 1169 Speer, Daniel 990 Spies, Johann 773 Stadeler s. Sadeler Stae¨l, Germaine de 663, 675, 682, 685, 753, 1214, 1259, 1260, 1379 Stahel, Joseph 727 Stagel, Elsbeth 1172, 1174 Steffens, Henrik / Henrich 631, 632, 785, 832 Stephanius, Stephan Hansen 798 Stössel, Johann 1230 Stolberg, Friedrich Leopold Graf zu 689 Stoll, Joseph Ludwig 806, 1005 Strauß, Gerhard Friedrich Abraham 794, 1278 Stuart, Charles (Karl) 969 Suso s. Seuse Svarez, Karl Gottlieb (Schwaretz) 1320 Sylvanus, Johannes 1231 Syv, Peder 805, 826, 833, 1065, 1153 Tacitus 1045 Talvj s. Robinson Teng, Josef v. 1197 Tantner, Anton 726 Tauler, Johann 77, 598, 688, 853, 854, 1165, 1384 Tell, Wilhelm 436, 1214, 1215 Tentzel, Wilhelm Ernst 865, 866, 868 Thibaut, Anton Friedrich Justus 638 Thomas von Aquin 1232, 1233 Theophrast 1272

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Personenregister

Thomann, Joseph 1054 Thwrocz (Thwortz) / Thuroczy, Ja´nos 91, 802, 806 Thym, Georg 927 Tischbein, Wilhelm 681 Tieck, Friedrich 650, 783 Tieck, Ludwig 31, 33, 38, 50, 118, 156–158, 319, 545, 565, 583, 633, 642, 648, 650, 651, 659, 703, 723, 765, 770, 775–777, 795–801, 807, 827, 917, 920–922, 926–928, 930, 931, 948, 962, 1008, 1049, 1052, 1059, 1094, 1124, 1125, 1189, 1193, 1194, 1238, 1243, 1273, 1286, 1305–1307, 1309, 1332, 1340, 1369, 1371, 1376, 1379, 1384, 1385 Uhland, Ludwig 165, 203, 236, 305, 317, 336, 383, 546, 675, 679, 812, 929, 931, 932, 950, 1085, 1086, 1164, 1189, 1282, 1374, 1385 Uhse, Erdmann 581, 583, 1339 Unger, Johann Friedrich 794, 1217 Ursinus, Zacharias (Beer) 1230, 1231 Valentin, Sire de 365 Valimicki 81, 860 Varnhagen von Ense, Karl August 681, 911, 912, 1217, 1333 Varrentrapp, Johann Friedrich 638, 926 Velleius, Andreas (Anders Sørensen Vedel) 58, 798, 802, 805, 826, 828, 833, 1065, 1071 Venino, Josef 1197 Veriphantor s. Gorgias, Johann Vetter, Carl Detlev 1010 Vieweg 1056 Villaume, Heinrich Ludwig 1088 Villers, Charles Franc¸ois Dominique de 174, 236, 546, 667, 767, 773, 932– 937, 1351, 1385

Voigt / Vogt, Niklas 667, 680 Voß, Fritz 1279 Voß, Heinrich 686, 720, 959, 1271, 1277, 1279 Voß, Johann Heinrich 539, 598, 632, 637, 638, 641–643, 645, 647, 650, 652, 654, 660, 661, 670, 672, 673, 676, 677, 681, 686, 688–690, 692– 699, 701, 704, 707, 710, 712–721, 723, 736, 770–773, 802, 812, 829, 874, 879, 880, 892, 955, 959, 961– 964, 983, 1003, 1008, 1011, 1060, 1063, 1086, 1088–1094, 1096– 1099, 1101–1105, 1107, 1110, 1235, 1243, 1246, 1248, 1249, 1261–1279, 1281, 1284, 1285, 1291, 1295, 1304, 1321, 1342, 1346–1353, 1360, 1364, 1365, 1367, 1368, 1382 Voß und Compagnie (Verlag) 1341 Waagen, Christian Friedrich Heinrich 917, 918 Wackernagel, Philipp 1282 Wagenseil, Johann Christoph 866 Waldeck, Peter 1340 Waller, H. 1197 Weckherlin, Georg Rodolf 714, 1097 Wedekind, Franziskus Ignatius 640, 719, 767, 775 Wedel s. Velleius Weidmann 987, 988 Weigel, Erhard 848 Weise, Adam 116, 892, 1370–1372 Weise, Christian 737 Weiße s. Adam Weise Weisser, Friedrich 690 Wenner, Johann Friedrich 638, 926 Wenzeslaus / Venzeslaus von Böhmen, Herzog von Luxemburg und Brabant 125, 898

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Personenregister

Werli, Abraham 1176 Werner, Abraham Gottlob 1356 Wesselhöft, Johann Karl 692 Wette, Wilhelm Martin Leberecht de 635, 636, 694 Weygand, Johann Friedrich 399, 1188, 1189 Werner, Zacharias 239, 240, 335, 677, 966, 967, 1385 Wickram, Georg 645 Wieland, Christoph Martin 1145 Wiering, Thomas v. 1045 Wilhelm, Herzog s. Gonzaga, Guglielmo, Herzog von Mantua Wilken, Caroline, geb. Tischbein 1386 Wilken, Friedrich 82, 118, 545, 679, 694, 860–862, 1380–1382, 1386 Willemer, Magdalena geb. Lang 1357 Willmanns / Wilmans, Gerhard Friedrich 686, 981 Wilson, Richard 656 Winkelmann, Stephan August 648, 844, 874, 1189 Wolf, Christian Theodor 694 Wolf, Friedrich August 681, 682, 1104, 1269, 1357 Wolff, Oskar Ludwig Bernhard 887, 888 Wolzogen, Caroline v. 1379

Zesen, Filip 714, 1097 Zeßler, Ernst Ludwig 638 Ziegler, Friedrich Wilhelm 1293 Zimmer, Johann Georg 3, 31, 54, 89, 114, 120, 227, 327, 533, 540, 542– 545, 598, 628, 629, 632, 634, 635, 637–639, 641, 644–646, 651, 658– 660, 663, 665, 666, 668, 670–673, 675, 676, 678, 683, 686, 697, 699, 701, 703, 707, 723, 754, 765, 766, 768, 771, 772, 774, 775, 786, 790, 796, 812, 813, 826, 831, 832, 840, 873, 882, 891, 892, 894, 921, 930, 935, 958, 959, 966, 985, 1009, 1052, 1070, 1123–1125, 1127, 1128, 1131–1133, 1214, 1216, 1280, 1281, 1286, 1321, 1357, 1361, 1362, 1366, 1367, 1370, 1371, 1380, 1382 Zimmermann, C. 694 Zimmermann, Johann Georg 1061 Zinserling, August Ernst 672, 704 Zinzendorf, Nikolaus Ludwig Reichsgraf von Zinzendorf und Pottendorf 1095 Zschokke, Heinrich 687

Zachariae, Karl Salomon 117, 893 Zelter, Friedrich 677, 698, 699, 1366

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