Verwaltungsnetzwerke am Beispiel des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ) [1 ed.] 9783428547685, 9783428147687

Alisa Sommerfeld befasst sich im Lichte der (verwaltungs-)organisationsrechtlichen Netzwerkkategorie mit dem nunmehr sei

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German Pages 306 Year 2015

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Verwaltungsnetzwerke am Beispiel des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ) [1 ed.]
 9783428547685, 9783428147687

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1305

Verwaltungsnetzwerke am Beispiel des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ) Von

Alisa Sommerfeld

Duncker & Humblot · Berlin

ALISA SOMMERFELD

Verwaltungsnetzwerke am Beispiel des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ)

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1305

Verwaltungsnetzwerke am Beispiel des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ)

Von

Alisa Sommerfeld

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Freien Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahr 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14768-7 (Print) ISBN 978-3-428-54768-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-84768-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2014/2015 von der Juristischen Fakultät der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Oktober 2014 berücksichtigt. Sehr herzlich möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Markus Heintzen, für die wissenschaftliche Betreuung meiner Arbeit danken. Mit seiner offenen, auch humorvollen Art stand er mir stets mit Anregungen und leitenden Hinweisen zu Expertenkontakten als hochgeschätzter Ansprechpartner zur Verfügung. Herzlich danken möchte ich ebenfalls Herrn Prof. Dr. Thorsten Siegel für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Die Entstehung dieses Werks wurzelt ferner in der mentalen Unterstützung und interessierten Anteilnahme von guten Freunden und meiner Familie. Aus diesem Kreise danke ich besonders Herrn Dr. Puya Rezai Hariri für wertvolle Denkanstöße und erkenntnisreiche Diskussionen. Mein herzlichster Dank gilt meinen Eltern, Rosalie und Johny Sommerfeld, die mich sowohl während meiner schulischen Ausbildung als auch in der Studien- und Promotionszeit uneingeschränkt gefördert haben. Ihr unschätzbarer Rückhalt hat nicht nur diese Promotion ermöglicht. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im August 2015

Alisa Sommerfeld

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

1. Kapitel Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

19

A. Die organisatorische Erscheinung des Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Die Bedeutung der Verwaltungsorganisation für das Gemeinwesen „Staat“ . . . . 21 1. Begriff, Erscheinungsformen und Aufgaben von Organisation . . . . . . . . . . . . 21 2. Die zweite Gewalt im Staat: Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Die Verwaltung in der Funktionenordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . 26 b) Privatrechtliche Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3. Aufgabe der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4. Zusammenhang von Organisationsstruktur und Entscheidungsproduktion . . . 28 II. Zu den Bauteilen der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Träger der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Die (Binnen-)Organisation der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a) Organ und Organwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 b) Behörde und Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 aa) Die Behörde im funktionellen, verfahrensrechtlichen Sinn . . . . . . . . . 35 bb) Der organisatorisch-institutionelle Behördenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 36 cc) Organinterne Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3. Das Beziehungsgefüge zwischen Organisationseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Der Verwaltungsaufbau in der BRD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Organisationsgewalt in der Zuständigkeitsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 c) Das Verbot der Mischverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 III. Verfassungsrechtliche Grundnormen der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . 44 1. Föderal-verfassungsrechtliche Determinanten – Das viergliedrige Grundgerüst der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Verfassungsrechtliche Grundbestimmungen mit Organisationsbezug . . . . . . . 48 a) Demokratische und rechtsstaatliche Determinanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 b) Gesetzesvorbehalte als Basis einer Organisationsstruktur . . . . . . . . . . . . . . 50

10

Inhaltsverzeichnis c) Aufgabenbezogene Prägung der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . 52 IV. Die demokratische Legitimation der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 1. Grundlagen und Entwicklung der Verwaltungslegitimation . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Das klassische Modell der Verwaltungslegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 a) Legitimationssubjekt und Legitimationsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Die Formen der Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 aa) Die institutionell-funktionelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 bb) Die organisatorisch-personelle Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 cc) Die sachlich-inhaltliche Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 c) Legitimationsniveau und Legitimationsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Alternative Legitimationsansätze – Output-Legitimation verselbstständigter Verwaltungseinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 V. Kontrolle und Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Verfassungsrechtliche Eckpfeiler der Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Der Kontrollbegriff – Maßstab, Mittel und Arten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3. Grundformen verfassungsrechtlich verlangter Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Formen der Selbstkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Staatsaufsicht im weiten und engen Sinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 cc) Organaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 dd) Amts- und Dienstaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Formen der Fremdkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Parlamentarische Kontrollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 cc) Finanzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 dd) Die Wächterfunktion der Öffentlichkeitskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . 75 ee) Datenschutzkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 VI. Arten der Verwaltungskooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 1. Die Bedeutung der Kommunikation für sachgerechtes Verwalten . . . . . . . . . 76 2. Intrabehördliche Kommunikation: Binnenrecht und Informalität . . . . . . . . . . 78 3. Interbehördliche Informationsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 a) Bipolare Informationsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Die Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Sondervorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 cc) Informelle Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 b) Multipolare Informationsbeziehungen – Networking . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4. Ordnungsprinzipien interbehördlicher Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 a) Beachtung der Zuständigkeitsordnung als äußerste Grenze informeller Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Grundsatz der Verwaltungseffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

Inhaltsverzeichnis

11

c) Geheimnisschutz als Informationsschranke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 d) Datenschutzrechtliche Restriktionen der freien Informationszirkulation . . 89 aa) Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Datenspeicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Datenübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 e) Folgen der Schaffung informationeller Kooperationssysteme . . . . . . . . . . 91 C. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

2. Kapitel Verwaltungsnetzwerke

94

A. Das Netzwerk als (in-)formelles Kooperations- und Kommunikationssystem . . . . . . . 95 I. Netzwerkbegriffe und Rezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 1. Von der Metapher zum rechtswissenschaftlichen Netzwerkbegriff . . . . . . . . . 95 a) Die Netzwerkmetapher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 b) Allgemeinsprachlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Graphentheoretische Sicht auf das Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 d) Zur Rezeption von Begrifflichkeiten aus Nachbardisziplinen . . . . . . . . . . . 102 aa) Begriffsrezeption und Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) Rezeption normativer Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Rezeption positiver Theorie und Empirie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 e) Definitionsansätze ausgewählter wissenschaftlicher Disziplinen . . . . . . . . 108 2. Zur Definition des (verwaltungs-)rechtswissenschaftlichen Netzwerkbegriffs 109 3. Abgrenzung von Verbund und Vereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Verwaltungskooperation durch Netzwerkbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Rechtsdogmatische Dimensionen des Netzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) (Un-)Gleichberechtigte Kooperation inner- und außerhalb von Hierarchie. 114 b) Hoheitliche, privatrechtliche oder gemischt hoheitlich-privatrechtliche Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 c) Formelle und informelle Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 d) Intendierte Implementation versus Evolution – Wie entstehen Netzwerke? 117 2. Funktionsweise und Chancen von Verwaltungsnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . 118 3. (Verwaltungs-)Netzwerkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Politik- und Behördennetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Operative und Informationsnetzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Formelle und informelle Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

12

Inhaltsverzeichnis III. Verfassungsrechtliche und verwaltungspraktische Bewertung informeller Netzwerkstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Informelle Verwaltungsbetätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Begriff und Wirkung von Informalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 b) Vorteile und Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Zulässigkeit und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Grundsatz der Basislegitimation: Formell- und materiell-gesetzliche Grenzen der Fachgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Verfassungsrechtliche Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 aa) Kompetenzordnung und das Verbot der Mischverwaltung . . . . . . . . . . 140 bb) Demokratische Legitimation – Gefahr der Verselbstständigung durch Zurechnungsdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 cc) Gegenpart: Kontrolle und Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145

B. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

3. Kapitel Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder (GTAZ)

150

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 I. Überblick über die historischen Einflüsse auf die Entwicklung der Sicherheitsgesetzgebung und ihre Organisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 II. Die Errichtung und Entstehungsgeschichte des GTAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Arbeitsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 IV. Organisation und Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Die beteiligten Behörden und ihre Grundsatzbefugnisse im Überblick . . . . . 167 a) Die Beteiligung der Polizeien des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . 168 aa) Das Bundeskriminalamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Die Bundespolizei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Das Zollkriminalamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 dd) Die Landeskriminalämter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177

Inhaltsverzeichnis

13

b) Die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 aa) Das Bundesamt für Verfassungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 bb) Der Militärische Abschirmdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 cc) Der Bundesnachrichtendienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (1) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 dd) Die Landesämter für Verfassungsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 aa) Aufgaben und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 d) Die Generalbundesanwaltschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Formell-gesetzliche Vernetzung der Sicherheitsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 196 a) Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 b) Zentral-, Verbund- und gemeinsame (Projekt-)Dateien . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Informelle Vernetzung in Gemeinsamen Zentren: Die Arbeitseinheiten des GTAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Polizeiliche und nachrichtendienstliche Informations- und Analysestellen. 205 b) Die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 bb) Arbeitsgruppe „Operativer Informationsaustausch“ . . . . . . . . . . . . . . . 210 cc) Arbeitsgruppe „Gefährdungsbewertung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 dd) Arbeitsgruppe „Fallauswertung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 ee) Arbeitsgruppe „Strukturanalysen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 ff) Arbeitsgruppe „Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial“ . . . . . 212 gg) Arbeitsgruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ . . . . . . . . . . . . . 213 hh) Arbeitsgruppe „Deradikalisierung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 ii) Arbeitsgruppe „Transnationale Aspekte des islamistischen Terrorismus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 V. Rechtsform des GTAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Das GTAZ als institutionalisierte Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 2. Das GTAZ als Zentralstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 a) Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

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Inhaltsverzeichnis b) Rechtsform unter bereichsspezifischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 3. Das GTAZ als „Deutsche Agentur“ in Anlehnung an die europäische Einrichtung Europol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 4. Das GTAZ als eigenständige Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 5. Das GTAZ als Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 VI. Verwaltungsorganisationsrechtliche Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Umgehung des nachrichtendienstlichen Trennungsgebots? . . . . . . . . . . . . . . . 232 a) Historischer Ursprung und (verfassungs-)rechtliche Verankerung des Trennungsgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 b) Inhalt und Reichweite des Trennungsgebotes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Trennungsgebot als (funktionale) Befugnisabgrenzung . . . . . . . . . . . . 233 bb) Gebot der organisatorischen Trennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 cc) Informationsrechtliches Trennungsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 c) Trennung versus Vernetzung im GTAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 2. Transparenzgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 3. Gebot des effektiven Rechtsschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 VII. Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Gegenwärtige Kontrollmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Erfordernis einer GTAZ-spezifischen Kontrollinstanz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 VIII. Erfordernis einer eigenen Rechtsgrundlage des GTAZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Tragfähigkeit bestehender Übermittlungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Hinreichende Legitimation über spezialgesetzliche Regelungen der beteiligten Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 b) Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage und deren Reichweite . . . . 256 2. Stellungnahme: Netzwerke sind basislegitimiert – das GTAZ nicht (mehr)? . 258 a) Basislegitimation von Organisationseinheiten und Netzwerken . . . . . . . . . 258 b) Überschreiten der Legitimationsgrenzen de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 aa) Analysebefugnis und Informationsübertragungsdichte . . . . . . . . . . . . . 262 bb) Informell-kollegiale Kommunikation und faktische Bindung . . . . . . . 266 cc) Aufweichung des Trennungsgebots „von oben und unten“ . . . . . . . . . 268 dd) Transparenz und demokratische Legitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

B. Zusammenfassender Umsetzungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304

Einleitung Das Bild der Verwaltung gleicht angesichts ihrer fachspezifischen, föderalen Ausdifferenzierung und Pluralisierung mehr einem Netzwerk unterschiedlicher Verwaltungseinheiten je unterschiedlicher Binnenstruktur denn dem klassischen Bild der viel titulierten Einheit der Verwaltung.1 Doch trotz seiner immensen Bedeutung für das Funktionieren des Verwaltungsapparates und die sachangemessene Steuerung und Bewältigung von Aufgabenanforderungen durch die Administrative – gerade auch im sicherheitsrechtlichen Bereich – hat die Organisationsform des Verwaltungsnetzwerks vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit durch den rechtswissenschaftlichen Diskurs erfahren. Dies ist umso mehr verwunderlich, als dass die Wahl und konkrete Ausgestaltung von Organisationsformen wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der Aufgabenbewältigung und seine Qualität im Gemeinwesen „Staat“ erlangen können. Denn jede größere Zahl von Menschen, die sich der Bewältigung einer komplexen Aufgabe gegenübersieht, ist darauf angewiesen, die gemeinsamen Handlungen und Aktivitäten abzustimmen und ihnen Struktur zu verleihen.2 In diesem Zusammenhang benötigen der Staat – in Handlungsvertretung des Volkes als Souverän – und die Verwaltung – in ihrer Funktion als Ausführungsorgan – Werkzeuge, die sie dazu befähigen, sich zeitnah, flexibel und vorbereitet neuen Problemen zu stellen und diese im Sinne des Gemeinwohls zu lösen. Dass dem speziell im Bereich des Sicherheitsrechts nicht so war, führten die terroristischen Anschläge von New York, Madrid und London dem deutschen Gesetzgeber deutlich vor Augen. Auch vor dem Hintergrund des sich anschließenden „Global War on Terror“3 gegen ein radikal, zumeist islamistisch-motiviert vorgehendes „network of terrorists“ unter Zuwachs der sogenannten „Homegrown-Ter1

Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 61; so weist Schmidt-Aßmann in Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 34. auch darauf hin, dass der Einheitsgedanke weniger einem Bauprinzip der Verwaltung gleicht, Verselbstständigungen vielmehr eine verwaltungsrechtliche Tradition genießen; Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 4, der von einer „Abkehr vom ,Mythos‘ der Einheit der Verwaltung“ spricht; zur Ausdifferenzierung Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 211 ff. 2 Girschner, Theorie sozialer Organisationen, S. 45. 3 Vgl. Selected Speeches of President George W. Bush 2001 – 2008, S. 68, abrufbar unter http://georgewbush-whitehouse.archives.gov/infocus/bushrecord/documents/Selected_Spee ches_George_W_Bush.pdf (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014); zur sich unter Barack Obama veränderten Rhetorik der US-Regierung siehe Gruber, Kein Krieg mehr gegen den Terrorismus, Stand 28. 04. 2009, abrufbar unter http://www.focus.de/politik/ausland/tid-14082/barackobama-kein-krieg-mehr-gegen-den-terrorismus_aid_393723.html (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014).

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roristen“ und der Einzeltäterproblematik4 sah sich die Bundesrepublik nicht nur einer „weltweit […] neue[n] Dimension“5 terroristischer Bedrohung gegenüber. Vielmehr erforderte das hohe Maß an Gewaltbereitschaft, jüngst auch dokumentiert durch die neue Dimension der Brutalität des IS-Terrorismus, der sich zu einem nicht unerheblichen Teil aus westlichen „Terrortouristen“ rekrutiert, ein Umdenken in der Sicherheitspolitik. Aber auch die Ambivalenz innerhalb der einerseits vorhandenen logistischen Vernetzungen, operativ langfristig wie grenzüberschreitend angelegten Strategien und andererseits ausführenden Kleingruppierungen, Einzeltätern und mobilen „Terrortouristen“ ließ eine Anpassung der bisherigen Instrumente zur effektiven Terrorismusbekämpfung notwendig werden. Es zeigt sich so, dass die Gewährleistung innerer Sicherheit nach wie vor eine zeitlose, jedenfalls vom Staat der Neuzeit nicht wegzudenkende zu bewältigende Aufgabe darstellt.6 Der Strategie folgend, Netzwerken des Terrorismus Netzwerke der Bekämpfung und Sicherheit entgegenzusetzen, und der Erkenntnis Rechnung tragend, dass eine dauerhafte und effektive Terrorismusabwehr in sämtlichen Phänomenbereichen nur über umfassende Informationsgewinnung, -verarbeitung und -analyse sowie strukturierte Kooperation und koordinierte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden erreichbar ist, reagierte die Politik auf die neuen Formen der Bedrohung mit der Errichtung zwar nicht neuer, aber dennoch neu entdeckter Organisationsformen – den Verwaltungsnetzwerken. In der Folge wurde mit dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder (GTAZ) im Jahr 2004 das erste Gemeinsame Zentrum seiner Art als Plattform der Kommunikation und Kooperation in Berlin errichtet, das im Dezember 2014 nicht nur sein 10-jähriges Bestehen feiert, sondern auch eine erfolgreiche Bilanz interbehördlicher Zusammenarbeit im Bereich der Terrorismusabwehr vorweisen kann. Im Vordergrund der öffentlichen Debatte standen und stehen jedoch vielmehr die materiell-rechtlichen Änderungen des Sicherheitsrechts sowie die politischen Strategien zur Bekämpfung der Bedrohung durch den Terrorismus als die den Sicherheitsapparat tragenden Organisationsstrukturen in Form des Gemeinsamen Zentrums selbst. Dass der organisatorischen Struktur jedoch auch aus rechtswissenschaftlicher Sicht mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden sollte, wird einem nicht zuletzt durch zentrale Fragen vor Augen geführt, die mit der Wahl des Organisationstyps einhergehen: So stellen sich unter anderem die Fragen, was das Wesen und den Erfolg der Verwaltungsnetzwerke auszeichnet, wie sich Formalität und Informalität in diesen Strukturen zueinander verhalten und vor allem, woher die Netzwerke ihre demokratische Legitimation nehmen. In Beantwortung dieser Fragen bildet sodann die Herausarbeitung verfassungsund verwaltungsorganisationsrechtlicher Aspekte, die den Verwaltungsnetzwerken 4 Zu den Begriffen der „Homegrown-Terroristen“ und der Einzeltäterproblematik siehe Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 6 f. 5 BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 35. 6 Möstl, Sicherheitsgewährleistung im gewaltenteilenden Rechtsstaat, in: Demel et al. (Hrsg.), Funktionen und Kontrolle der Gewalten, S. 54.

Einleitung

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im Allgemeinen und dem GTAZ, sprich der sicherheitsrechtlichen Netzwerkpolitik, im Besonderen zugrunde liegen, den Kern der vorliegenden Arbeit. Die Untersuchung verfolgt dabei ein dreistufiges Konzept, in dessen Entsprechung die jeweils voranstehenden Kapitel das jeweils nachfolgende in einer inhaltlich allgemeineren Form vorbereiten. Im Einzelnen widmet sich das erste Kapitel daher zunächst den allen Organisationsformen der Administrative zugrunde liegenden verwaltungsorganisatorischen Grundlagen. Nach einer voranstehenden Erläuterung der Bedeutung der Verwaltungsarchitektur für die organisatorische Erscheinung des Volkes als Souverän der Bundesrepublik Deutschland und näheren Betrachtung der Bauteile der Administrative liegt ein erster Schwerpunkt auf der Erörterung der Funktion von Organisationsgewalt und Gesetzesvorbehalten, den Einflüssen föderaler Trennung des Verwaltungsraumes auf den Verwaltungsapparat sowie Gewährleistungsformen der Verwaltungslegitimation. Ein weiterer Schwerpunkt richtet sich auf die Untersuchung verschiedener Arten der Verwaltungskooperation, namentlich intra- und interbehördlicher sowie bi- und multipolarer Kommunikationsbeziehungen. Neben der Präsentation der Funktionsweise der administrativen Organisation werden so die Voraussetzungen herausgearbeitet, unter denen neue Verwaltungseinheiten und -strukturen, wie etwa Netzwerke, geschaffen werden dürfen. Die Ergebnisse aufgreifend, vertieft das zweite Kapitel, nach der Bestimmung des rechtswissenschaftlichen Netzwerkbegriffs, das Phänomen der Verwaltungskooperation durch Netzwerkbildung. In einem ersten Schritt werden die rechtsdogmatischen Dimensionen, Funktionsweisen, Chancen und Arten der Netzwerke dargestellt. Sodann richtet sich der Blick als Zweites auf die verfassungsrechtlich und verwaltungspraktisch bedeutsamen Einflussfaktoren einer effizienten und vor allem legitimen Errichtung von Netzwerkstrukturen. In diesem Rahmen wird der Herleitung und Grenzfindung der Basislegitimation von Verwaltungsnetzwerken besondere Aufmerksamkeit zu schenken sein. Im dritten und letzten Kapitel wird das Netzwerkphänomen sodann am konkreten Beispiel, an der Mutter aller Gemeinsamen Zentren auf Bundesebene – dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder – näher beleuchtet. Das 10-jährige Jubiläum des GTAZ sowie die mittlerweile phänomenbereichsübergreifende, weitreichende Präsenz Gemeinsamer Zentren innerhalb der Sicherheitsarchitektur der Bunderepublik bieten hierfür den passenden Rahmen. Um ein besseres Verständnis für die Materie und die sich stellenden Problemkreise zu schaffen, wird das GTAZ, nach einem einordnenden Überblick über die Entwicklung der Sicherheitsgesetzgebung und ihrer Organisationsformen, hinsichtlich seines Aufbaus, seiner Organisation und der an ihm beteiligten Akteure vorgestellt. Anschließend widmet sich die Arbeit der Begutachtung von vier Problemschwerpunkten. Zu beantworten sind mitunter die Fragen nach der Rechtsform des GTAZ, nach sicherheitsrechtlich determinierten verwaltungsorganisations-

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Einleitung

rechtlichen Konflikten, nach hinreichender Kontrolle und letztlich jene Frage nach ausreichender Legitimation des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums.

1. Kapitel

Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen Dieses Kapitel widmet sich den verfassungsrechtlich geprägten organisationsrechtlichen Grundstrukturen und -prinzipien der Administrative. In Vorbereitung auf die Darstellung des Netzwerkphänomens samt netzwerktypischer Problematiken in Kapitel zwei, soll es die Einordnung des Verwaltungsnetzwerks in das System der Verwaltungsorganisation und dessen rechtliche Erfassung erleichtern. Nach der Einordnung der Verwaltung in die Gewaltentrias des Grundgesetzes und dem Herausstellen der Bedeutung der Verwaltungsorganisation für das Gemeinwesen „Staat“ werden der Baukasten der Organisation, im Sinne der Organisationseinheiten der Binnenstruktur, zunächst allgemein vorgestellt und die einzelnen Bauteile sodann organisatorisch zueinander in Beziehung gesetzt. Im Anschluss widmet sich das Kapitel ausführlich den verfassungsrechtlichen Grundnormen der Verwaltungsorganisation, namentlich föderalen, demokratischen und rechtsstaatlichen Anforderungen an die interne Aufbau- und Ablauforganisation. Der Fokus liegt hier insbesondere auf der Bedeutung der demokratischen Legitimation, aber auch auf Formen der Kontrolle und Aufsicht für ein verfassungskonformes Etablieren neu- oder zumindest andersartiger Verwaltungsstrukturen. Anschließend fällt der Blick dieses Kapitels, unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Schranken, auf verschiedene intra- und interbehördliche Informationsund Kommunikationsformen, in die das Verwaltungsnetzwerk und darauffolgend das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder einzuordnen sein werden.

A. Die organisatorische Erscheinung des Volkes Nach Friedrich Carl v. Savigny hat das Rechtsregime des Öffentlichen Rechts „zum Gegenstand den Staat, das heißt die organisatorische Erscheinung des Volkes“1. Das deutsche Volk wählte mit Art. 20 Abs. 2 S. 1, 2 GG die rechtsstaatliche Demokratie zur politischen Form seiner Selbstorganisation.2 Demokratie bedeutet 1

v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, S. 22. Weiterführend zu dem sogenannten „Geburtsfehler“ und der Legitimation des Grundgesetzes siehe Isensee, Staat und Verfassung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 15 2

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

Herrschaft des Volkes über gesellschaftliche Steuerungsfragen. In einer so vielfältigen und pluralisierten Gesellschaft, wie die der Bundesrepublik Deutschland eine ist, kann das Volk zwangsläufig weder jede Entscheidung selbst vorbereiten und treffen noch jede Handlung in eigener Regie vornehmen. In der Konsequenz manifestiert das Grundgesetz, dass die vom Volk ausgehende Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung, ausgeübt wird. Leitgewalt dieser Trias ist die Gesetzgebung. Gebunden an die verfassungsmäßige Ordnung konstituiert sie nicht nur die Rechtsordnung, innerhalb derer sich die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG bewegen. Darüber hinaus schafft sie durch formelles Recht materielle Programme, mittels derer die Gemeinwohlziele der Gesellschaft selbstorganisatorisch erreicht werden sollen. Damit diese Programme nicht nur formelhaft oder gesetzestheoretisch existieren, sondern realiter umgesetzt, kommuniziert und gelebt werden, bedarf dieses Recht einer permanenten Organisation, um verwirklicht zu werden3. Als Teil der Staatsorganisation ist die Organisation ebendieser staatlichen Verwaltung Gegenstand des Verwaltungsorganisationsrechts. Die jeweiligen Programmziele ergeben sich aus dem jeweiligen Zusammenhang mit den sich stetig wandelnden an den Staat gerichteten und durch ihn zu erfüllenden Aufgaben. Zu den Antriebskräften dieses Wandels gehören, neben verfassungsrechtlichen wie europarechtlichen Faktoren politische und ökonomische Strömungen, die stetig zunehmende Internationalisierung und Globalisierung sowie Fortschritte und gesteigerte Herausforderungen in und aus dem Bereich der (gesellschaftlichen) Informationsund Kommunikationstechnologie. Dies gilt nicht zuletzt auch für den Bereich der nationalen wie internationalen Terrorismusabwehr. Als Instrument politischer Gestaltung zur Hervorbringung des Gemeinwohls wird auch die Organisation des Staates immer wieder durch die Aufgaben bestimmt, die dem Staat gestellt werden.4 Im Verlauf dieses dynamischen, materiellen wie organisatorischen Pluralisierungsprozesses werden der „Behörde“ und dem „Amt“ im klassischen Sinn stets auch neue Bauformen der Verwaltungsorganisation, wie beispielsweise Verwaltungsnetzwerke, an die Seite gestellt.

Rn. 31; Mußgnug, Zustandekommen des Grundgesetzes und Entstehen der Bundesrepublik Deutschland, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR I3, § 8 Rn. 96 f., 100 f. 3 Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 291. 4 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 14; Köttgen, Die rechtsfähige Verwaltungseinheit, S. 1.

B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit

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B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit Wenn der moderne Staat „als entscheidungs- und handlungsfähiges Subjekt nur nach Maßgabe des ihn konstituierenden Organisationsrechts“ existiert5, dann bedarf auch das programmbasierte Recht zu jeder Zeit einer staatlichen Organisation, um verwirklicht zu werden6. Mit dem Begriff der staatlichen Organisation oder auch der organisierten Staatlichkeit werden mehrere Aspekte erfasst: Der Staat ist keine präexistente, sondern eine große und komplexe Organisation, die durch Rechtsnormen konstituiert und strukturiert wird.7 Der größte Teil der Organisation ist dabei der Verwaltung zuzurechnen. In ihr treffen staatliche und gesellschaftliche Interessen, Kräfte und Akteure aufeinander, sodass sie gesteigerten Anforderungen an Effektivität, Verantwortungsklarheit und demokratischer Legitimation gegenübersteht. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund soll die Verwaltung so organisiert sein, dass durch mehrere institutionell und funktionell differenzierte Organe eine Arbeitsteilung unter gleichzeitig einheitsbildender Zurechnung ermöglicht wird.8 Die ersten Begriffe, denen die Wissenschaft von der Verwaltungsorganisation begegnet, und die dementsprechend zuerst bestimmt werden müssen, sind die der Organisation und Verwaltung.

I. Die Bedeutung der Verwaltungsorganisation für das Gemeinwesen „Staat“ 1. Begriff, Erscheinungsformen und Aufgaben von Organisation Der Begriff und die Aufgabe der Organisation können in drei ineinandergreifenden Arten verstanden werden. Dem vorangestellt, ist unter der Organisation in einem allgemeinsprachlichen Sinn eine planmäßig und systematisch gestaltete Ordnung und unter dem Organisieren eine in allen Einzelheiten planmäßige Vorbereitung, die einen bestimmten Ablauf sichert, zu verstehen.9 Bereits daraus wird 5 Ritter, Organisationswandel durch Expertifizierung und Privatisierung im Ordnungs- und Planungsrecht, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 207. 6 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). 7 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 1. 8 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). 9 Entlehnt aus dem Lateinischen organum bzw. aus dem Griechischen órganon (eqcamom) für „Werkzeug, Gerät“, siehe dazu Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www. dwds.de/?qu=Organisation&submit_button=Suche&view=1 %20sowie%20http://www.dwds.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

erkennbar, dass der Staat im Allgemeinen und die öffentliche Verwaltung im Besonderen selbst Produkte von Organisation sind, die sich innerhalb des Gemeinwesens formen.10 Anders als nachbarwissenschaftliche Disziplinen kann die rechtswissenschaftliche Literatur im Bereich der Organisationstheorie lediglich auf einen vergleichsweise dünnen Forschungsstand zurückgreifen. Aber auch im intra-rechtswissenschaftlichen Vergleich, beispielsweise zur Thematisierung des Verhältnisses von Bürger und Staat, offenbart sich eine geringe wissenschaftliche Behandlungsdichte. Dies mag insofern verwundern, als dass das Organisationsrecht „das Ausmaß an möglicher Grundrechtsverwirklichung, an Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“ wesentlich beeinflusst.11 Mit dem Begriff der Organisation befassen sich insbesondere die Sozialwissenschaften, die Psychologie und die Wirtschaftswissenschaften.12 So ist eine Organisation aus sozialwissenschaftlicher Sicht beispielsweise als eine dauerhafte Strukturbildung aus korporativen Akteuren zu verstehen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen und zu dessen Realisierung formale Handlungs- und Kommunikationszusammenhänge herausbilden.13 Zwar hat sich weder eine eindeutig allgemein gültige noch eine interdisziplinäre Definition der Organisation herausgebildet; hierfür fehlt, bedingt durch die Pluralität der Erkenntnisinteressen und Fragestellungen, schlicht die Einigkeit über die zu verwendenden Kriterien und Methoden. Dennoch wird in der Wissenschaft im Allgemeinen sowie in der Verwaltungsorganisationsrechtswissenschaft im Besonderen von drei verschiedenen de/?qu=organisieren&submit_button=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 20. 01. 2014); zur Ableitung des Wortes und Verwendung in der Alltagssprache siehe Becker, Zweck und Maß der Organisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.1 Rn. 3103 f.; zur Entwicklung des Organisationsbegriffs siehe Luhmann, Organisation und Entscheidung, S. 11 ff. 10 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 10 Rn. 371; Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 13 Rn. 5; Heller, Staatslehre, S. 259; Trute, Funktionen der Organisation und ihre Abbildung im Recht, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 253; diesbezüglich zum Staat im engeren Sinn in Abgrenzung zum Staat im weiteren Sinn Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 7 ff. 11 Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 2; ausführlich zur Bedeutung von Organisation und Verfahren für die Grundrechtsverwirklichung siehe Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 551 ff. 12 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 4; eingehend zum Begriff der Organisation in den Sozialwissenschaften Kieser/Kubicek, Organisation, S. 1 f.; Sanders/Kianty, Organisationstheorien, S. 15 ff.; aus psychologischer Sicht Nerdinger/Blickle/Schaper (Hrsg.), Organisationspsychologie, S. 42 f.; zu der wirtschaftswissenschaftlichen Organisationstheorie sowie dem institutionellen, instrumentellen und funktionalen Organisationsbegriff Grochla, Organisation I: Theorie, in: Albers (Hrsg.), HdWW VI, S. 1 ff.; einen Überblick nach wissenschaftlichen Disziplinen und Funktionen bietet Becker, Zweck und Maß der Organisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.1 Rn. 3106 ff. 13 Girschner, Theorie sozialer Organisation, S. 53 ff.; Kieser/Kubicek, Organisation, S. 2 ff.; Sanders/Kianty, Organisationstheorien, S. 15 ff.; des Weiteren zu Begriff und Ziel auch Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 107 f.

B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit

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Begriffsgrundverständnissen ausgegangen, in denen sich die drei Grundaufgaben der Organisation widerspiegeln: Organisation im institutionellen, strukturellen bzw. instrumentellen und funktionalen Sinn. Wird von der Verwaltung als Organisation im institutionellen Sinn gesprochen, soll sie als ein soziales, existentes und agierendes Gebilde oder System innerhalb ihrer Umwelt verstanden werden.14 Als Institution ist die Verwaltung eine Form der Organisation. Der strukturelle oder auch instrumentelle Organisationsbegriff beschreibt die Verwaltung über ihre institutionelle Existenz hinaus als ein System, das durch generelle und formale Regelungen einen Ordnungsrahmen für das konkrete Verwaltungshandeln schafft.15 Mittels dieses Rechtsnormenkomplexes werden die Rechtsträger, ihre Organe sowie deren Aufgaben und Kompetenzen eingerichtet und festgelegt. In der Folge spielt die Frage nach der Organisationsbefugnis bzw. -gewalt für die legitime Einrichtung neuer Verwaltungseinheiten eine zentrale Rolle.16 Mithin verfügt die Verwaltung selbst über eine Organisation; sie ist organisiert. Diese interne Organisation lässt sich wiederum in formelle und informelle Organisationsformen aufteilen. Mit dem Begriff der formell-strukturierten Organisation wird die Verwaltung allgemein als „beabsichtigte, legitimierte, dauerhafte und zielgerichtete“17 Institution bezeichnet, die über eine Aufbau- und eine Ablauforganisation verfügt. Die Aufbauorganisation, als eine Art Unterfall der institutionellen Organisation, umfasst einerseits die Zerlegung in und Verteilung von Kompetenzen und Aufgaben sowie Zuständigkeiten auf verschiedene Abteilungen, Referate und Ämter innerhalb der Gesamtorganisation, andererseits auch die Ausstrukturierung von Kommunikations- und Koordinationsmechanismen in Form von Verknüpfungen der einzelnen Arbeitseinheiten untereinander durch Weisungen und Vereinbarungen18, aber auch Netzwerkstrukturen, wie in den folgenden Kapiteln nachzuvollziehen sein wird. Auf den Punkt gebracht, bildet die Aufbauorganisation das institutionelle Gerüst der Verwaltung an sich sowie dasjenige der Ablauforga14 Näheres dazu bei Becker, Zweck und Maß der Organisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.1 Rn. 3108; Bull/Mehde, AllgVerwR, § 5 Rn. 372; Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 4; Eichhorn et al. (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 779; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 1; Siepmann/Siepmann, Verwaltungsorganisation, S. 3. Zur Beziehung der Verwaltung zu ihrer Umwelt und damit verbundenen Auswirkungen siehe auch Kapitel 1 B. I. 4. 15 Eichhorn et al. (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 779. 16 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 5; Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 4 f. Näheres zur Organisationsgewalt in der Zuständigkeitsordnung in Kapitel 1 B. II. 3. b). 17 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 4. 18 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 10 Rn. 373; Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 5; ausführlich Arp, Aufbauorganisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.2, Rn. 3201 ff.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

nisation, verstanden als konkrete zeitlich-räumliche Aufgabenerfüllung durch systemintern harmonisierend abgestimmte menschliche oder maschinelle Tätigkeit, im Sinne der Bewegung des Systems in Richtung auf das Ziel.19 Dieser formellen, sprich geplanten und beabsichtigten Organisation stehen informelle Organisationsformen gegenüber, die sich durch ein spontan oder auch evolutiv entstehendes Beziehungsund Kommunikationsgeflecht, das sich außerhalb der formell legitimierten Vorgaben entwickelt, auszeichnet. Auch in diesem Bereich ist das Netzwerkphänomen regelmäßig anzutreffen.20 Wird mithin von der Verwaltung im funktionellen Sinn gesprochen, ist damit die konkrete, zielgerichtete und tatsächliche Tätigkeit eines ihr zurechenbaren Organs auf Basis der Ablauforganisation gemeint. In Zusammenfassung institutioneller und funktionaler Organisation, wird die Verwaltung zu einem soziales Gebilde, das dauerhaft ein Ziel verfolgt und eine grundsätzlich formale, organisierte Struktur aufweist, mit deren Hilfe die Tätigkeit der Organisationsmitglieder auf das verfolgte Ziel ausgerichtet wird.21 Mit anderen Worten wird Verwaltung institutionell geschaffen, um als instrumentell genutztes Werkzeug funktional zu steuern. Verwaltungsorganisation bedeutet also nicht nur ein in der Lebenswirklichkeit gefundenes soziales Gebilde, sondern vielmehr eine durch das Recht (mit-)geformte Institution.22 Mit dieser ebengenannten Beschreibung der Organisation wird die doppelte Funktion des Begriffs deutlich23 : In seiner klassischen Konstitutionsfunktion erschafft sie die Verwaltung rechtlich als ein strukturiertes Handlungssystem mit administrativer Binnenstruktur. Durch sie wird die Verwaltung durch die Festlegung der Aufbau- und Ablauforganisation sowie von Verfahrensregeln zur soeben beschriebenen existenten Entscheidungs- und Wirkeinheit.24 Erst die Bereitstellung des In19 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 10 Rn. 373; Eichhorn et al. (Hrsg.), Verwaltungslexikon, S. 779; ausführlich zur Ablauforganisation Sadler, Ablauforganisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.3 Rn. 3301. 20 In diesem Sinne zur intendierten und evolutiven Entstehung von Netzwerken im Allgemeinen siehe Kapitel 2 B. II. 1. d); zur Entstehung des GTAZ-Netzwerkes im Besonderen Kapitel 3 A. II, V. 5. 21 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 4; Kieser/Kubicek, Organisation, S. 1 ff.; ähnlich Gebert/Rosenstiel, Organisationspsychologie, S. 22 ff.; Vahs, Organisation, S. 11 ff.; zu den Grundzügen der Organisation siehe auch den Überblick bei Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/HoffmannRiem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 139 ff. 22 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 4; Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 4 f.; Trute, Funktionen der Organisation und ihre Abbildung im Recht, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 253 ff.; Wolff/ Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 80 Rn. 1. 23 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 1. 24 Vgl. Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 14.

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struments macht die Aufgabenbewältigung möglich. In ebendieser Steuerungsfunktion dient der Verwaltungsapparat, als instrumentelles Werkzeug von Regierung und Parlament, der Bewältigung und Erfüllung von Staatsaufgaben. Mithin ist die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit nicht um ihrer selbst willen geschaffen, sondern primär Instrument der Hervorbringung des Gemeinwohls.25 Der Gegenstand des Gemeinwohls und dessen Steuerung wiederum, sind einerseits aus den Aufgabenvorgaben des Grundgesetzes abzuleiten, andererseits werden sie durch die zeitlichen Geschehnisse bestimmt und modifiziert, die an den Staat verschiedenste Aufgaben richten.26 Zu diesen Vorgaben, die maßgeblichen Einfluss auf die verwaltungsrechtliche Organisationsstruktur gewinnen können, zählen u. a. die aus den Grundrechten abzuleitende informationelle Gewaltenteilung27 und das nachrichtendienstliche Trennungsgebot, aber auch das Postulat wirtschaftlichen Haushaltens, die Festigung demokratischer Legitimation, die Sicherung der Rechtsstaatlichkeit sowie die Befriedigung der gegenwärtigen Grundbedürfnisse der Bürger.28 2. Die zweite Gewalt im Staat: Verwaltung Über den Begriff der Verwaltung wird seit vielen Jahrzehnten heftig diskutiert. Daher drängt es sich förmlich auf, den folgenden Abschnitt mit den Worten Forsthoffs zu beginnen: „Von jeher ist die Verwaltungswissenschaft um eine Definition ihres Gegenstandes, der Verwaltung, verlegen. Das hat seinen Grund nicht in einer mangelnden Durchbildung der Wissenschaft. Es handelt sich überhaupt nicht um einen behebbaren Mangel der Theorie. Vielmehr liegt es in der Eigenart der Verwaltung begründet, dass sie sich zwar beschreiben, aber nicht definieren lässt.“29 Eine erste Begriffseingrenzung ergibt sich aus der Beschränkung auf die öffentliche Verwaltung, d. h. auf die Verwaltungstätigkeit des Staates, und nicht in

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Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 14. Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 14; Köttgen, Die rechtsfähige Verwaltungseinheit, S. 1. Eingehend ferner Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 15 ff.; zu einzelnen zentralen Zielen der Verwaltung Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), S. 184 (196 ff.). 27 Bestimmte Grundrechte können nur dann zu voller Geltung kommen, wenn sie verwaltungsorganisationsrechtlich abgestützt werden, sodass diesbezüglich eine bestimmte Behördenstruktur notwendig werden kann. Ausführlich die Entdeckung der Grundrechtsrelevanz von Organisation und Verfahren durch das Bundesverfassungsgericht nachvollziehend Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 551 ff.; siehe auch Bull/Mehde, AllgVerwR, § 10 Rn. 376. 28 Ausführlich Becker, Zweck und Maß der Organisation, in: Becker/Thieme (Hrsg.), Handbuch der Verwaltung, Heft 3.1 Rn. 3124 ff.; zur Befriedigung des gegenwärtigen Sicherheitsbedürfnisses im Rahmen der Terrorismusbekämpfung die einleitenden Worte zu Kapitel 3 sowie Daase, in: Daase/Engert/Kolliarakis (Hrsg.), Politik und Unsicherheit, S. 19 ff. 29 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 1; vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 73. 26

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einem privaten, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Sinn.30 Nichtsdestotrotz bleibt der Begriff ebenso wie der der Organisation mehrdeutig. Denn zum Ersten umschreibt der Begriff der Verwaltung in einem organisatorischen Sinn, verstanden als Verwaltungsorganisation, die Gesamtheit aller Verwaltungsträger, ihrer Organe und sonstigen Einrichtungen. Zum Zweiten wird mit Verwaltung im materiellen Sinn diejenige staatliche Verwaltungstätigkeit bezeichnet, die die Wahrnehmung der Verwaltungsangelegenheiten zum Gegenstand hat. Während die Verwaltung im organisatorischen Sinn zwar in sich hoch komplex, nach außen hin jedoch klar abgrenzbar als staatliche Verwaltungsorganisation erkennbar und die Verwaltung im formellen Sinn durch ihre Bezugnahme zur organisatorischen Verwaltung deutlich umrissen ist, ist die begriffliche Einfriedung der Verwaltung im materiellen Sinn höchst umstritten. Hier stehen sich positive31, negative32 und kombinierte33 Umschreibungsansätze gegenüber, ohne dass sich einer von ihnen durchgesetzt hätte.34 Da die Reichweite der rechtlichen Bindung der Verwaltung maßgeblich von ihrem Anwendungsbereich abhängt, ist eine Abgrenzung von anderem staatlichen wie privatrechtlichen Handeln unverzichtbar. Auch wenn sich die Verwaltung aufgrund ihrer Eigenart, ihrer vielgestaltigen Tätigkeitsbereiche, der Aufgabenstellungen, ihrer Struktur und Handlungsformen nicht exakt definieren, wie die bisherigen wissenschaftlichen Bemühungen zeigen, sondern eben nur beschreiben lässt35, ist die öffentliche Verwaltung im Folgenden in der Funktionenordnung des Grundgesetzes zu verorten.36 a) Die Verwaltung in der Funktionenordnung des Grundgesetzes Die Verwaltung nimmt ihren verfassungsrechtlichen Ursprung in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG, durch den die Staatsgewalt in drei Funktionen ein- und aufgeteilt wird, 30

Maurer, VerwR, § 1 Rn. 1. Wolff/Bachof, VerwR I, § 2 III: „Öffentliche Verwaltung im materiellen Sinne ist also die mannigfaltige, konditional oder nur zweckbestimmte, also insofern fremdbestimmte, nur teilplanende, selbstbeteiligt entscheidend ausführende und gestaltende Wahrnehmung der Angelegenheiten von Gemeinwesen und ihrer Mitglieder als solcher durch die dafür bestellten Sachwalter des Gemeinwesens.“ In verkürzter Form Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR I, § 3 Rn. 9. 32 Mayer, VerwR I, S. 7; Jellinek, VerwR, S. 6. 33 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland II, S. 731 ff., insb. 736 ff. 34 Hoffmann-Riem, Eigenständigkeit der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 10 Rn. 38; Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 3 Rn. 4 f.; Poscher, Funktionenordnung des Grundgesetzes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 8 Rn. 56. Zu einem Überblick Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR I, § 3 Rn. 1 ff. 35 Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts I, S. 1. 36 Ausführlich zur Funktionenordnung des Grundgesetzes Poscher, Funktionenordnung des Grundgesetzes, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 8. 31

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namentlich: die Gesetzgebung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sowie deren besondere Organe, durch die die spezifischen Funktionen ausgeübt werden. Dies im Blick, zeigt, dass Verwaltung auf zwei Weisen verstanden werden kann. Zum einen als Teil der vollziehenden Gewalt, also als ausgeübte Funktion im materiellen Sinn, wie es auch in § 1 VwVfG angelegt ist.37 Zum anderen aber auch als leibhaftige Organisation, d. h. in einem formellen Sinn.38 Weder das Grundgesetz noch die Landesverfassungen, denen im Wesentlichen dasselbe Gewaltenteilungsprinzip zugrunde liegt, nehmen eine umfassende Zuordnung von Funktion und Organisation vor. Dennoch wäre die Unterscheidung zwischen den Funktionen und den Organen ohne Sinn, würde ihr kein bestimmbarer Inhalt zugrunde liegen. Jedenfalls für den Bereich der Leitgewalt und der Rechtsprechung enthält das Grundgesetz in den Art. 77 ff. GG und Art. 92 GG klare Aussagen zur Differenzierung zwischen den Funktionen und ihren Organen. Die Gesetzgebung obliegt dem Bundestag unter Mitwirkung des Bundesrates. Die Rechtsprechung ist dem gerichtlichen Instanzenzug anvertraut. Für die vollziehende Gewalt nimmt das Grundgesetz allerdings keine klare Zuordnung vor. Vielmehr muss eine Differenzierung unter Auslegung der Art. 65, 65a GG sowie Art. 86 ff. GG erreicht werden, wobei das Parlament und die Gerichte bei einer formellen, organisationsbezogenen Abgrenzung auszuklammern sind.39 Zwar ist anerkannt, dass auch diese beiden Gewalten funktional Verwaltungstätigkeit ausüben können.40 Da es sich dabei aber nicht um deren Hauptaufgabe handelt, können die Institutionen der ersten und dritten Gewalt verfassungsrechtlich nicht als Teil der vollziehenden Gewalt verstanden werden. Hingegen ist eine funktionale Unterscheidung zwischen der Regierung und der Verwaltung als die zwei Elemente der vollziehenden Gewalt nicht möglich, da es keine Teile der Staatsorganisation gibt, die ausschließlich die Regierungsfunktion wahrnehmen.41 Folglich umfasst die Verwaltungsorganisation alle Teile des Staates, die nicht Parlament oder Gericht sind. b) Privatrechtliche Verwaltungsorganisation Sowohl die Behörden der Europäischen Union, des Bundes und der Länder als auch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen gehören, unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit, zur staatlichen Verwaltungsorganisation. Im Gegensatz dazu bereitet die Zuordnung privatrechtlicher juristischer Personen, an 37

Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 165 ff. Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 159 ff. 39 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 8. 40 Hier ist beispielsweise an Justizvollzugsakte oder an Entscheidungen des Bundestagspräsidenten in Sachen Parteienfinanzierung zu denken, vgl. Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 8. 41 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 5. 38

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

denen ein staatlicher Verwaltungsträger beteiligt ist, einige Schwierigkeiten. Die Beantwortung dieser Abgrenzungsfrage ist aber nicht nur von staatstheoretischem, sondern auch praktischem Interesse, hängen doch von ihr Auswirkungen insbesondere für die Grundrechtsbindung und -berechtigung ab.42 Da das GTAZ jedoch ein Netzwerk von Sicherheitsbehörden bildet, ist auf ein weiteres Eingehen zur Abgrenzung im Sinne des Untersuchungsgegenstandes zu verzichten. 3. Aufgabe der Verwaltung Auch wenn sich die Begriffsdefinition als schwierig erweist, lassen sich einige Merkmale der Verwaltung herausstellen, die für ihr Wesen charakteristisch sind. Das zentrale Ziel der Verwaltung ist es, sozial- und gemeinwesengestaltend das „Spektrum zeitgenössischer […] Aufgaben in seiner Breite zu erfassen“ und umzusetzen.43 Die Verwaltung regelt das Zusammenleben in der Gemeinschaft durch eine aktive, in die Zukunft gerichtete Gestaltung der Angelegenheiten des Gemeinwesens.44 Die durch den Gesetzgeber geschaffenen materiellen, abstrakt-generellen Programme werden durch die Verwaltungstätigkeit realiter in konkreten Maßnahmen umgesetzt. In Konsequenz der sozialgestaltenden Funktion von Verwaltung muss ihre Tätigkeit dem öffentlichen Gemeinwohlinteresse folgen. Dieses wiederum ist nicht starr, sondern orientiert sich an den sich stets wandelnden pluralistischen und teils auch kontrovers diskutierten gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Interessenströmungen. Vor allem auf Grund der Pluralität des modernen Staatswesens erscheint es immer wieder fraglich, was dem öffentlichen Interesse angehört und welches Gewicht ihm insbesondere im Konflikt mit Individualinteressen beigemessen wird. Zusammengefasst liegt die Aufgabe der Verwaltung in der Planung und Lenkung staatlichen und gesellschaftlichen Handelns; sie trifft Entscheidungen, überwacht, ordnet, reguliert und steuert das Handeln von Individuen oder Interessengruppen, gewährt Leistungen, verteilt Mittel und fördert gesellschaftliche Aufgaben.45 4. Zusammenhang von Organisationsstruktur und Entscheidungsproduktion Neben ihrer allgemeinen Funktion als (Umsetzungs-)Gerüst zur Gestaltung des Gemeinwesens nimmt die Verwaltung auch in ihrer konkreten organisatorischen und 42 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 9. 43 Ähnlich Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 3. Kap. Rn. 78. 44 Übersichtsartig zur Vielgestaltigkeit der Verwaltungstätigkeit in: Maurer, VerwR, § 1 Rn. 13 ff. 45 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 1 Rn. 24; Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 1 f., der die Entscheidungsorientierung als eines der zentralen Merkmale öffentlicher Verwaltung bezeichnet.

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personellen Ausgestaltung eine zentrale Bedeutung für das Gemeinwohl ein. Im Sinn der Umsetzung von Gemeinwohlvorgaben ist die Produktion von Entscheidungen ein wesentliches Merkmal der Organisation.46 Gleichzeitig prägen die Art und Struktur der Organisation den Entscheidungs(findungs)prozess, die Art der Aufgabenerfüllung, den intra- und interorganisationalen Informationsfluss sowie letztendlich auch die einzelnen Entscheidungen.47 In diesem Zusammenhang spricht Wahl einerseits von „selektiver Aufmerksamkeit“ organisatorischer (Unter-) Einheiten, andererseits von „typischen System-Umwelt-Beziehungen“.48 Ihm zufolge bewirkt Organisation die Kanalisierung von Aufmerksamkeit. Diese Kanalisierung innerhalb der Verwaltungsorganisation findet sowohl auf einer übergeordneten Ebene durch die Beschreibung und Umgrenzung der Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche für bestimmte Themenkomplexe statt als auch in kleinteiligerer Aufschlüsselung durch eine behördeninterne, aber auch -übergreifende Arbeitsteilung. In Abhängigkeit von dem Aufgabenfeld, das einer konkreten Organisationseinheit obliegt, entsteht so für jede einzelne Einheit eine spezifische Perspektive, die darüber hinaus maßgeblich durch den Standort der Verwaltungseinheit im Gesamtsystem geprägt wird. Denn die strukturelle Positionierung innerhalb des Systems vor-, nach- und gleichgeordneter Behörden bestimmt zentral die auf die einzelne Verwaltungseinheit einwirkenden organisationssystematischen Einflussfaktoren, namentlich: konkrete (öffentlich- oder privatrechtlich organisierte) Partner wie Gegnerspieler sowie damit verbundene Herausforderungen und Handlungsrestriktionen. Der Verfahrens- und Entscheidungsprozess wird jedoch nicht nur durch die systemorganisatorisch bedingten Inputs aus der Umwelt einer Verwaltungseinheit geprägt, sondern auch auf organisationsinterner, personeller Ebene. Spezifisch aus- und vorgebildetes Personal wird die einzelne Verwaltungsentscheidung durch eben seine Aus- und Vorbildung zwar nicht letztbestimmend „determinieren“, innerhalb seiner Umweltbeziehungen aber systembezogen prägen.49 Darüber hinaus 46 Luhmann, Organisation und Entscheidung, S. 63; eingehend zur Steuerung durch Organisation und Verfahren Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 544 ff. 47 Die Bedeutung der Organisationsgliederung für die Aufgabenerfüllung anhand einer Studie zur Reorganisation des Bundesministeriums für Verkehr aufzeigend Scharpf, Does Organization Matter?, S. 1 ff. 48 Ausführlich zur Organisation als Entscheidungs- und Systemprämisse Wahl, Privatorganisationsrecht als Steuerungsinstrument bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 311 ff., insb. S. 313 f.; zu einem Beispiel negativer Kanalisation im Bereich der Zusammenarbeit innerhalb des Verfassungsschutzverbundes siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 456; Näheres dazu auch in Kapitel 3 A. VIII. 2. b) aa). 49 Relevanz hat diese Erkenntnis für die Zusammensetzung des Personals und den Arbeitsauftrag mehrerer Arbeitsgruppen des GTAZ, näher dazu Kapitel 3 A. IV. 3. b), dd) und ee) sowie c); allgemein Trute, Funktionen der Organisation und ihre Abbildung im Recht, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 272; Wahl, Privatorganisationsrecht als Steuerungsinstrument bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 315.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

entscheidet die Wahl der konkreten Organisationsrechtsform – zu nennen sind unter vielen die Organisationstypen (Bundes-/Ober-)Behörde, Zentralstelle, Anstalt, Netzwerke oder gesellschaftsrechtliche Organisationsformen – maßgeblich mit über die Steuerungsintensität und -kapazität der jeweils verwaltend tätig werdenden Einheit.50 Jede Organisationsrechtsform ist, so formuliert es Loeser prägnant, von einem sich aus der Rechtsordnung ergebenden „Satelliten-System der EinzelRechtsnormen [umgeben], das letztlich die Organisationsform überhaupt ausmacht“51. Dieses Satellitensystem steuert die Organisationsform auf mehreren Ebenen, indem es die Handlungsfähigkeit und damit auch die Beweglichkeit der Organisationseinheit gegenüber neuen Aufgaben, den Status und die Rechtsstellung gegenüber anderen Verwaltungseinheiten, über das Maß an Kontrollunterworfenheit und schließlich auch über die erforderliche Rechtsqualität der Gründungs- und Veränderungsakte unter eventuell erforderlicher parlamentarischer Mitwirkung und die damit verbundene Gesamtflexibilität der Organisation, bestimmt.52 In gewissen Grenzen bestehen so vorherseh- und -sagbare Interdependenzen zwischen der Aufgabe, der Art ihrer Bewältigung im Sinne eines Entscheidungsfindungsprozesses, der Entscheidungsart und der realiter vorhandenen Organisationsform.53 Auf Grund der hohen Komplexität der Kausalbeziehungen zwischen diesen Faktoren sind zwar weder abstrakte Aussagen noch eine Vorhersage der optimalen Organisationsform für bestimmte Aufgaben möglich.54 Es lassen sich aber bestimmte Grundaussagen über den Zusammenhang zwischen Aufgabenart und gewählter Organisationsform treffen: Sind komplexe Aufgaben zu bewältigen, stoßen strikt arbeitsteilige Strukturen einer bürokratischen Behörde rasch an ihre Grenzen.55 Produktivität durch Kreativität wird vor allem in teamartigen Arbeitsstrukturen gefördert.56 Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auch das 50

Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 585. Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 67. 52 Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 22. 53 Um ebendiese wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Organisation, Koordination und Entscheidung abbilden zu können, hat sich im Bereich der Sozialwissenschaften der Begriff des Governance etabliert; eingehend dazu Schuppert, Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 16 Rn. 20 ff.; Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 1 Rn. 68 ff. 54 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 11; Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 149. 55 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 12. 56 Treiber, Von der Programm(entwicklungs)-Forschung zur Netzwerkanalyse. Ein Literaturbericht, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Innovation, S. 376 ff.; Kieser/ Walgenbach, Organisation S. 408 ff. 51

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Netzwerk als neue, auf Kenn- und Vertrauensverhältnissen basierende Art der flexiblen und lernfähigen Arbeitsorganisation sowie als Management von Spannungsverhältnissen diskutiert.57

II. Zu den Bauteilen der Verwaltungsorganisation 1. Träger der Verwaltungsorganisation Die Rechtsfigur der juristischen Person, insbesondere die des Verwaltungsträgers, nimmt trotz Aufweichungen nach wie vor eine beherrschende Stellung in der Verwaltungsorganisationsrechtsdogmatik ein.58 Dies hat folgenden Grund. Nach den Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG ist die Verwaltung als vollziehende Gewalt an die Einhaltung von Gesetz und Recht, insbesondere auch die Grundrechte der Verfassung, gebunden. In Umsetzung dieses Gebots bedarf es neben Rechtssätzen, die die Verwaltung berechtigen und verpflichten, auch eines Subjekts, das Träger dieser Rechte und Pflichten ist. Es bedarf eines Subjekts, das parteifähig und prozessführungsbefugt ist, das entscheidungs-, vermögens- und haushaltsfähig ist und das anderen Akteuren gegenüber und demgegenüber andere Akteure inner- und außerhalb des Gemeinwesens in Fragen der Leistung oder auch Haftung verbindlichformell auftreten kann. Eben dieses Subjekt bildet der Verwaltungsträger zum einen als Anknüpfungspunkt organisatorischer Differenzierung, zum anderen als Endglied der organisatorischen Zurechnung.59 Besondere Bedeutung erlangen diese Aspekte insbesondere auch im Bereich von (Behörden-)Netzwerken, in denen auf Grund ihres hybriden Charakters eine eindeutige Zuordnung nicht immer leicht möglich ist. Wer Verwaltungsträger ist, kann abermals aus unterschiedlichen Perspektiven beantwortet werden. In einem politisch-staatsrechtlichen Sinn ist das Volk Verwaltungsträger. Von ihm geht nach Art. 20 Abs. 2 GG alle Staatsgewalt aus. Dies 57 Zu Funktionsweise und Chancen von Netzwerk-Organisation im Allgemeinen siehe Kapitel 2 B. II. 2. und zum GTAZ im Besonderen Kapitel 3 A. V. 5, des Weiteren Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 285 ff.; Schuppert, Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 16 Rn. 134 ff.; Sydow, Management von Netzwerkorganisationen – Zum Stand der Forschung, in: Sydow (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 373 ff.; Sydow/Windeler, Steuerung von und in Netzwerken – Perspektiven, Konzepte, vor allem aber offene Fragen, in: Sydow/Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 1 ff. 58 Trute, Funktionen der Organisation und ihre Abbildung im Recht, in: Schmidt-Aßmann/ Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 262; Wolff/Bachof/ Stober/Kluth, VerwR II, § 82 Rn. 22. 59 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 14 Rn. 19; Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. I, S. 149 ff., 187 ff., 369 ff.; Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. II, S. 248 ff.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

umfasst auch die vollziehende Gewalt, deren Element der Verwaltungsträger darstellt. Diese „Verwaltungsträgerschaft des Volkes“ vermittelt den Verwaltungsträgern im organisatorischen Sinn die notwendige demokratische Legitimation: Originärer Verwaltungsträger ist folglich der Staat, der die ursprüngliche Herrschaftsgewalt besitzt und seine Existenz von keiner anderen Instanz ableitet.60 Vom Verwaltungsträger zu unterscheiden ist der Träger einer Organisation. Als solcher kann angesehen werden, wer eine Organisation errichtet, finanziert, ihre Organwalter beruft, wessen Angelegenheiten verfassungsgemäß durch sie wahrgenommen werden und wer über Änderungen ihres Zwecks beziehungsweise ihre Auflösung bestimmen kann.61 Im Gegensatz dazu ist der Verwaltungsträger eine Verwaltungseinheit, die die Eigenschaft einer juristischen Person besitzt62 und in die weitere, nicht rechtsfähige Verwaltungseinheiten eingegliedert sind. Die Eigenschaft einer juristischen Person zu besitzen bedeutet wiederum, dass der Verwaltungsträger (voll-)rechtsfähig, d. h. dass er als Träger von Rechten und Pflichten Zurechnungssubjekt von Rechtsnormen ist.63 Von der Vollrechtsfähigkeit zu unterscheiden ist die sog. Teilrechtsfähigkeit, die darin besteht, dass einer Organisation nicht generell, sondern nur im Hinblick auf bestimmte Rechtsnormen Rechtsfähigkeit zugesprochen wird.64 Im Bereich des öffentlichen Verwaltungsrechts ist diese Differenzierung nicht zu überschätzen, als dass jeder Verwaltungsträger zwingend nur im Rahmen seiner gesetzlich begründeten Zuständigkeit rechtmäßig handeln und tätig werden kann und darf.65 Innerhalb dieser rechtsfähigen Verwaltungseinheiten können nichtrechtsfähige Verwaltungseinheiten eingegliedert sein, die zwar keine Rechtspersönlichkeit besitzen, aber zumindest über Rechtssubjektivität verfügen.66 Letztere zeichnet sich dadurch aus, dass die eingegliederte, nichtrechtsfähige Verwaltungseinheit quasi einen „Durchgangspunkt der Zurechnung“67 zu den rechtsfähigen Verwaltungsträgern als Zurechnungsendsubjekte bildet. Ob eine Verwaltungseinheit bloß Durchgangspunkt im Sinne einer „transitorischen Wahrnehmungszuständigkeit“ oder Zurechnungsendpunkt ist, ist nicht nur abstrakt zu bemessen. Vielmehr ist die Charakterisierung einer Verwaltungseinheit als juristische Person in Abhängigkeit des positiv-rechtlichen Maßstabes innerhalb

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Maurer, VerwR, § 21 Rn. 7, 18. Wolff/Bachof, VerwR II4, § 71 III b. 62 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 6; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 36 m. w. N. 63 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 4; Wolff/Bachof, VerwR II4, § 71 III c 1. 64 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 14 Rn. 20. 65 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 6. 66 Dies verdeutlichend Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 14 Rn. 20. 67 Kelsen, Allgemeine Staatslehre, S. 71. 61

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ihres Bezugsfeldes zu ermitteln.68 Das positive Recht verleiht dem Verwaltungsträger den Inhalt und Umfang seiner Rechtsfähigkeit. Der Vielfältigkeit der verwaltungsrechtlichen Rechtskreise entspricht auch die ausdifferenzierte Fähigkeit von Verwaltungseinheiten, als Zurechnungsendsubjekte verschiedenster Sachverhalte zu dienen. Hierbei ist es jedoch nicht erforderlich, dass dem Verwaltungsträger ein Mindestmaß bestimmter Fähigkeiten zugesprochen wird. Weil und insbesondere nur so weit einem Verwaltungsträger positivrechtlich die Eigenschaft als Verwaltungsträger zugesprochen wird, ist er Zurechnungsendpunkt genau dieser bestimmten Rechtssätze. Mit Blick auf die Bundesrepublik wird von einer gestuften Verwaltungsträgerschaft bzw. einem normativen Verwaltungsträgerbegriff gesprochen.69 Die grundgesetzliche, bundesstaatliche Kompetenzordnung vermittelt dem Bund und den Ländern rechtmäßige Verbandskompetenz und erhebt sie so zu rechtsfähigen Hauptverwaltungsträgern, denen einfache Verwaltungsträger mit wiederum integrierten Verwaltungseinheiten zugeordnet sind. 2. Die (Binnen-)Organisation der Verwaltung Der „klassische“ Verwaltungsträger ist als solcher zwar rechts-, aber nicht handlungsfähig.70 Folglich bedarf er, um der Bewältigung der ihm obliegenden Aufgaben und Zuständigkeiten Herr zu werden, einer innerorganisatorischen Struktur, die es ihm ermöglicht, die gesetzgeberischen Ziele realiter umzusetzen. Hierfür stützt er sich zentral auf die binnenstrukturellen Aufbauelemente in Form von Organen und Organwaltern sowie von Behörden und Ämtern. Hinsichtlich dieser Binnenstruktur ist der Aussagegehalt der gewählten Organisationsrechtsform gering.71 Der Verwaltungsträger kann im Rahmen seiner internen Organisationsgewalt weitestgehend frei gestaltend tätig werden, d. h. aus und mit den Grundbausteinen klassische oder moderne Organisationseinheiten, wie beispielsweise Gemeinsame Zentren, errichten.

68

Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 14 Rn. 23. 69 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 14 Rn. 23 f., 43. Zur Konzeption eines „normativen Verwaltungsträgerbegriffs“ Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 82 Rn. 102 ff.; zur bundesstaatlichen Dichotomie Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI3, § 126 Rn. 170 ff. 70 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 19 unter Hinweis auf die Ausnahme des Beliehenen. 71 Vgl. Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 22.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

a) Organ und Organwalter Nach der richtungweisenden Definition von Hans Julius Wolff ist ein Organ „ein durch die Organisation objektiv eingeräumter, durch seine Bezogenheit auf eine oder mehrere organisatorisch verbundene Pflichtsubjekte (die Organwalter) geeinter, aber unter Abstraktion von der Individualität (abstrakt, institutionell) bestimmter Komplex von Berechtigungen und Verpflichtungen i. w. S., d. h. von gegenständlich und oft auch modal normierter Geschäftsbesorgungs- und Vertretungsmacht für die Organisation geeinte Vielheit“72. Mit einfachen Worten ist ein Organ „ein durch die Organisation begründeter Zuständigkeitskomplex“73. Durch die Errichtung von Organen als Glieder, Werkzeuge oder Wirkeinheiten74 der Verwaltungsträger erlangt die Verwaltung ihre Willens- und Handlungsfähigkeit. Dabei nehmen die Organe aus organisationsinterner Sicht selbstständig und funktionsteilig Aufgaben des Verwaltungsträgers wahr, dem sie angehören.75 In diesem Zusammenhang wird auch von der „transitorischen Wahrnehmungszuständigkeit“ des Organs gesprochen, da es seine Zuständigkeiten nur vermittelnd für den endgültig verpflichteten oder berechtigten Verwaltungsträger wahrnimmt.76 Das Organ ist lediglich Durchgangspunkt der Zurechnung. Realiter kann aber auch das Organ nicht selbsttätig aktiv werden. Die konkrete und faktische Erfüllung der den Organen zugewiesenen Aufgaben erfolgt letztlich zwingend durch menschliches Verhalten eines Organwalters. Insofern sind die Existenz und Arbeitsweise von Organen und Organwaltern genuin miteinander verwoben. Demgemäß sind Organe aus organisationsexterner Sicht diejenigen Rechtssubjekte, denen das rechtserhebliche Verhalten und das Wissen ihrer Organwalter zugerechnet werden können.77 Insoweit bilden Organ und Organwalter in ihrer Gemeinschaft einen funktionellen „subjektivierten Zuständigkeitskomplex“.78 Das Organwalterverhalten entspricht dem Organverhalten und dieses wiederum dem Organisationsverhalten. Innerhalb dieser Kette ist das Verhalten der untergeordneten Stufe der jeweils übergeordneten Stufe zuzuordnen und zuzurechnen. Die Gewährleistung ordnungs- und sachgemäßer Ausübung der Organfunktion durch den jeweiligen Organwalter, der in dieser Stellung nicht selbst in seinen persönlichen Rechten berührt ist, erfolgt dadurch, dass ihm seine „Rolle als Amtswalter“ in Form einer dienstrechtlich sanktionierbaren

72

Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. II, S. 236. Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 34. 74 Zu den Begriffsvariationen siehe Wolff/Bachof, VerwR II4, § 74 I b – d. 75 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 34. 76 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 24. 77 Zum Begriff des Organwalters ausführlich Wolff, Organschaft und juristische Person, Bd. II, S. 224 ff. 78 Wolff/Bachof, VerwR II4, § 74 I f 1, 2. 73

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Pflicht auferlegt wird; insofern vereinen sich in der Person des Organwalters auch das Organisations- und Dienstrecht.79 Neben diesem rein funktionellen, auf Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung beruhenden Organbegriff kann das Organ auch organisatorisch-institutionell definiert werden. Diese Begriffsdefinition stellt nicht auf die Zurechnung kraft Kompetenzübertragung ab, sondern, in vergleichbarer Weise mit dem institutionellen Behördenbegriff, auf die organisatorische Einordnung in die Binnenstruktur eines Verwaltungsträgers und die Unabhängigkeit von seinen Inhabern.80 b) Behörde und Amt Die Behörde gehört zwar zu den „wichtigsten Organisationseinheiten der Gemeinwesen“81, ihre Begriffsbestimmung ist nichtsdestotrotz wie bei so vielen Begrifflichkeiten der Jurisprudenz „in der Lehre umstritten, in der Praxis mehrdeutig“82. Relevanz entfalten die folgenden Ausführungen dennoch insbesondere für die noch vorzunehmende Abgrenzung zur Organisationsform des Netzwerks und Zuordnung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums zu einer Rechtsform.83 Das Bundesverfassungsgericht definiert Behörden allgemein als „eine in den Organismus der Staatsverwaltung eingeordnete, organisatorische Einheit von Personen und Mitteln, die mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattet dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität für die Erreichung der Zwecke des Staates oder von ihm geförderter Zwecke tätig zu sein“84. Demgemäß sind Behörden jedenfalls eine besondere (Unter-)Form eines Organes eines öffentlich-rechtlich organisierten bzw. zum Einsatz öffentlich-rechtlicher Handlungsformen befugten Verwaltungsträgers.85 Im Detail sind sodann Behörden im funktionellen bzw. verfahrensrechtlichen Sinn und Behörden im organisatorischen bzw. organisatorisch-institutionellen Sinn voneinander zu unterscheiden. aa) Die Behörde im funktionellen, verfahrensrechtlichen Sinn Unter dem verfahrensrechtlichen Behördenbegriff, der auch § 1 Abs. 4 VwVfG zugrunde liegt, ist jede Stelle zu verstehen, die Aufgaben der öffentlichen Verwal79

Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 34. 80 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 23; Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rn. 97 f. 81 Rasch, VerwArch. 50 (1959), S. 1 (1). 82 Maurer, VerwR, § 21 Rn. 31 m. w. N. zu den verschiedenen Deutungen des Behördenbegriffs. 83 Dazu insb. Kapitel 2. B. I. 2., 3. sowie Kapitel 3 A. V. 4. 84 BVerfGE 10, 20 (48); BVerwG NJW 1991, S. 2980 (2980). 85 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 36; Maurer, VerwR, § 21 Rn. 32.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

tung wahrnimmt. Das VwVfG geht dabei von einem funktionellen, vom Organisationsrecht abweichenden Behördenbegriff aus.86 Unabhängig von ihrer konkreten Bezeichnung und dem Wechsel der in ihnen tätigen Personen, sind Behörden Einrichtungen, denen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung sowie entsprechende Zuständigkeiten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung, mit anderen Worten zum Handeln mit Außenwirkung in eigener Zuständigkeit und in eigenem Namen, übertragen worden sind.87 In diesem Rahmen verfügen sie jedoch weder über eine eigene Rechtspersönlichkeit, denn sie handeln stets für einen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger, noch kommt es auf ihren innerorganisatorischen Aufbau an.88 Gleichwohl bedarf auch die Behörde im funktionellen Sinn eines gewissen Maßes an organisatorischer Selbstständigkeit. Regelmäßiges Kennzeichen einer entsprechend hinreichenden Selbstständigkeit ist die Befugnis zu eigenverantwortlichem nach außen gerichtetem Handeln im eigenen Namen.89 Gemeint ist damit ein Handeln gegenüber anderen Behörden und regelmäßig, jedoch nicht zwingend, auch gegenüber Bürgern.90 Zwingend ist hingegen ein hoheitliches Handeln. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass Verwaltungseinrichtungen, die bloß intern und/oder fiskalisch tätig werden, zwar keine Behörden im verfahrensrechtlichen Sinn darstellen91, hingegen aber Behörden im organisatorischen Sinn sein können. bb) Der organisatorisch-institutionelle Behördenbegriff Unter Behörden im organisatorischen Sinn werden Organe verstanden, die in die Verwaltungshierarchie, also die Gesamtheit aller Verwaltungsträger einschließlich ihrer Untergliederungen, eingeordnet sind.92 Sie werden demjenigen Verwaltungsträger institutionell zugeordnet, der sie errichtet hat.93 Mithin sind sie ein Organ eben dieses Verwaltungsträgers. Diese institutionelle Zuordnung kann – entsprechend dem Organbegriff – nur einheitlich erfolgen, wohingegen sich die funktionelle, verfahrensrechtliche Zuordnung relativ an der konkret zugewiesenen Aufgabenzu-

86 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 1 Rn. 51; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 227. 87 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 1 Rn. 51 m. w. N. 88 Rasch, VerwArch. 50 (1959), S. 1 (19 f.); Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 228. 89 OVG Berlin, NJW 1983, S. 2156 (2156); Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 238, 231. 90 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 1 Rn. 53. 91 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 1 Rn. 53a; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 240. 92 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 29, § 7 Rn. 13; Maurer, VerwR, § 21 Rn. 32. 93 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 36.

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ständigkeit einer Verwaltungseinheit orientiert.94 Mit den Worten von Krebs „kann ein und dieselbe Verwaltungseinheit in der einen rechtlichen Beziehung ,Behörde‘ sein, in einer anderen nur Organ ohne Behördeneigenschaft“95. Darüber hinaus kann dieselbe Verwaltungseinheit in einem Rechtsverhältnis funktionell Behörde des einen Verwaltungsträgers und in einem anderen Rechtsverhältnis funktionell Behörde eines anderen Verwaltungsträgers sein.96 Den institutionellen Behörden- oder Organbegriff zugrunde gelegt, bedeutet letzteres den organisatorischen Verbleib der Behörde im Zurechnungsverbund des „verleihenden“ Verwaltungsträgers. Aus funktioneller Sicht des „entleihenden Verwaltungsträgers“ ist die geliehene Behörde hingegen eine eigene und keine fremde. cc) Organinterne Organisation Die interne Organisation einer Behörde oder im Allgemeinen auch eines Organs variiert in Abhängigkeit von Aufgabenzuweisung und in Relation zum haushaltsrechtlich gewährten Personal- und Sachbestand. Behörden sind je nach Größe hierarchisch absteigend in Abteilungen, Unterabteilungen, Referate, Arbeitsgruppen und Ämter gegliedert, an deren Spitze eine zumeist monokratisch ausgestaltete Behördenleitung steht.97 Das Amt stellt dabei die kleinste organisationsinterne Einheit dar. Es bezeichnet im organisationsrechtlichen Sinn die institutionalisierte, auf den einzelnen Amtswalter zugeschnittene Wahrnehmungszuständigkeit eines entsprechenden Aufgabenkreises.98 Das Amt ist quasi die einem einzelnen Amtswalter „anvertraute Herrschaft“99.

94 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 36. 95 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 43. 96 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 36. 97 Beispielhaft zu den jeweiligen Organigrammen von BKA, BPol, ZAK und BMAF, siehe Kapitel 3 in den entsprechenden Abschnitten zu Aufgaben und Zielen der Behörden, zu denen des BMI und verschiedener Landesministerien des Inneren Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 98 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 85; Maurer, VerwR, § 21 Rn. 37; zur abstrakt-funktionellen und konkret-funktionellen Dimension des Amtes siehe Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 82 Rn. 192 ff. Vom dogmatischen Amtsbegriff ist ebenfalls die namentliche Bezeichnung einer fachlich spezialisierten Behörde oder deren Untergliederungen als „Amt“ zu unterscheiden. Zu einem Überblick über Organisation und Aufgaben der am GTAZ beteiligten Behörden siehe Kapitel 3 A. IV. 1. 99 Zum Öffentlichen Recht als „Amtsrecht“ Burgi, Rechtsregime, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 18 Rn. 7 ff.; Hennis, Die mißverstandene Demokratie, S. 13 ff., 54 ff.; Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 15.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

3. Das Beziehungsgefüge zwischen Organisationseinheiten a) Der Verwaltungsaufbau in der BRD Die (binnen-)organisatorischen Grundzüge des Staats- und Verwaltungsaufbaus der Bundesrepublik Deutschland werden durch das Grundgesetz konstituiert. Wesentlich für den Verwaltungsaufbau sind die in Art. 20 Abs. 1, 2 GG verankerte Gewaltenteilung und Bundesstaatlichkeit sowie die aus Art. 28 Abs. 2 GG resultierende kommunale Selbstverwaltungsgarantie. Danach ist die Staatsgewalt horizontal zwischen den Staatsfunktionen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und Rechtsprechung mitsamt ihren jeweiligen besonderen Organen und vertikal zwischen dem Bund als Gesamtstaat und den Ländern als Gliedstaaten aufgeteilt. Sowohl dem Bund als auch den Ländern kommen originäre Hoheitsrechte und Zuständigkeiten zu. Das Grundgesetz verteilt die Staatsgewalt zwischen ihnen nach Aufgaben- und Funktionsbereichen insoweit, als das alles, was im allgemeinen Interesse liegt, einer einheitlichen Regelung bedarf, der Kompetenz des Bundes obliegt, während alle anderen Angelegenheiten grundsätzlich den Ländern zugeordnet sind. Konkret orientiert sich der Verwaltungsaufbau der Bundesrepublik am Modell einer abgeschwächten Gebietsorganisation100 und lässt sich grob in die drei Hauptverwaltungsebenen des Bundes, der Länder und der Kommunen unterteilen, wobei auf Bundes- und Landesebene mittelbare und unmittelbare Verwaltungsformen anzutreffen sind. Die unmittelbare Staatsverwaltung bezeichnet Verwaltung durch staatliche, nicht rechtsfähige Behörden.101 Rechtsträger der entsprechenden unselbstständigen Verwaltungseinheiten sind unmittelbar der Bund oder das Land, für den bzw. für das gehandelt wird (sog. Rechtsträgerprinzip). Soweit das Grundgesetz keine anderen Regelungen trifft, sind die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben nach Art. 30 GG Sache der Länder. Der traditionelle (drei-)stufige unmittelbare Verwaltungsaufbau ist für den Bund in Art. 87 Abs. 3 GG festgeschrieben und auch in vielen Ländern zu finden.102 Der Ober- oder Zentralstufe, bestehend aus obersten Bundesbehörden und Bundesoberbehörden, folgen die Mittelstufe, bestehend aus Bundesmittelbehörden, und die Unterstufe mit den unteren Bundesbehörden. Oberste Bundesbehörden sind solche, denen keine anderen Behörden übergeordnet und die für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind. Bundesoberbehörden, wie das am GTAZ beteiligte Bundesamt für Verfassungsschutz oder das Bundeskriminalamt, unterstehen direkt einer obersten Bundesbehörde, in diesem Fall dem Bundesministerium des Innern, und sind sachlich nur für bestimmte Gebiete, örtlich aber für das gesamte Bundesgebiet zu100

Eingehend zu den Modellen der Gebiets- bzw. Aufgabenorganisation und dem der abgeschwächten Gebietsorganisation siehe Bogumil/Jann, Verwaltung und Verwaltungswissenschaft, S. 85 ff. 101 Maurer, VerwR, § 22 Rn. 1. 102 Vgl. Maurer, VerwR, § 22 Rn. 17 ff.

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ständig. Bundesmittelbehörden sind solche Behörden, die ebenfalls einer obersten Bundesbehörde unterstellt sind, aber nicht nur sachlich, sondern auch örtlich auf einen Teil des Bundesgebietes beschränkt sind. Bundesbehörden der Unterstufe sind solche, die einer obersten Bundesbehörde unterstehen und räumlich begrenzt nur für ein bestimmtes Gebiet zuständig sind. Insbesondere die unmittelbare Bundesverwaltung verzichtet weitgehend auf einen eigenen Verwaltungsunterbau (Mittel- und Unterstufe). Der Grund hierfür liegt in der grundsätzlichen Vorherrschaft der Verwaltungstätigkeit der Länder.103 Der bundesdeutsche Gesamtaufbau der Verwaltung gewinnt dadurch an weiterer Komplexität, dass auf Landesebene drei- oder zweistufige Verwaltungsstrukturen und die Besonderheiten der Stadtstaaten vorkommen. Der dreigliedrige Aufbau entspricht dem auf Bundesebene, beim zweigliedrigen Aufbau in einigen Flächenund den Stadtstaaten entfällt die Mittelstufe. Die landesbehördliche Unterstufe der Flächenstaaten wird regelmäßig von den Kreis- und Gemeindebehörden gebildet, die neben ihren Angelegenheiten im Sinne des Art. 28 Abs. 2 GG auch die ihnen anvertrauten staatlichen Aufgaben im Wege der mittelbaren Staatsverwaltung übernehmen. Mittelbare Staatsverwaltung sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene besteht, wenn der Staat die ihm obliegenden Aufgaben nicht durch eigene Behörden wahrnimmt, sondern sich rechtlich selbstständiger Verwaltungsträger bedient. Zu diesen zählen neben Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts auch Beliehene. b) Organisationsgewalt in der Zuständigkeitsordnung Selbstverständlich ist der Staat befugt, seine eigene Organisation auf- und auszubauen. Der auf Maurenbrecher104 zurückgehende Begriff der Organisationsgewalt beschreibt die Verteilung der Befugnisse zu ebendieser Organisation. Organisationsgewalt im Bereich der Verwaltung ist die Rechtsmacht zur Gründung und Auflösung sowie (Aus-)Gestaltung der jeweiligen Organisationseinheit.105 Organisationsgewalt ist die Kompetenz oder auch Zuständigkeit106 zur Errichtung, Einrichtung und Bestimmung der (Verwaltungs-)Struktur, der Anzahl und der (Ein- wie Aus-)Gliederung von (Unter-)Einheiten, die Begründung von Zustän-

103

Vgl. Art. 30, 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, 87b Abs. 1 S. 1 GG. Maurenbrecher, Grundsätze des heutigen deutschen Staatsrechts, § 185, S. 324 ff. 105 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 58; zur Frage nach der Organisationsgewalt im Bereich der Gubernative und ihrer Verteilung zwischen Exekutive und Legislative siehe Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 1 m. w. N. 106 Regelmäßig werden „Zuständigkeit“ und „Kompetenz“ synonym verwandt, anders jedoch Wolff/Bachof, VerwR II4, § 72 I c 1, denen nach die Kompetenz den Gegenstand der Zuständigkeit ausmacht, also die wahrzunehmende Aufgabe ist. Eingehend dazu Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, § 2. 104

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

digkeiten sowie die Festlegung des Sitzes.107 Detailliert abgestellt auf die genannten Teilkompetenzen, erfasst die Einrichtungskompetenz die Schaffung von Organisationseinheiten, die Aufgabenzuweisung und Zuständigkeitsregelung sowie Etablierung der Grundstrukturen. Die Errichtungskompetenz umfasst die Zuständigkeit zur Bildung einer Binnenstruktur sowie die Ausstattung der jeweiligen Organisationseinheit mit Personal, Sach- und Finanzmitteln sowie die Wahl der Räumlichkeiten und des Standortes. Die Zuordnung der Organisationsgewalt zu ihrem jeweiligen Träger ist in Abhängigkeit der jeweiligen Maßnahme unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu bestimmen.108 Zentrale Beachtung fordern in diesem Rahmen nicht nur die föderale Kompetenzverteilung unter Berücksichtigung der Selbstverwaltungsgarantien sowie das Erfordernis der demokratischen Legitimation, sondern insbesondere auch der organisatorisch-institutionelle Gesetzesvorbehalt109. In Abhängigkeit von letzterem müssen bzw. können Organisationsakte in Form eines Parlamentsgesetzes oder auch als Verordnung bzw. Verwaltungsvorschriften erfolgen. Diesbezüglich finden sich sowohl im Grundgesetz als auch in den Landesverfassungen explizite institutionelle Zuordnungen. Mangels durchgängig ausgeprägten Dogmas auf grundgesetzlicher Ebene ist außerhalb expliziter Nennungen ein ungeschriebener organisatorisch-institutioneller Gesetzesvorbehalt anerkannt, dessen Grundlage der organisatorische Grundrechtsgehalt sowie der Gedanke der Wesentlichkeit der Verwaltungsorganisation für die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben als Steuerungsinstrument bilden.110 Daraus resultiert, dass die Verwaltung nicht über die (umfassende) Organkompetenz verfügt, über die Grundstrukturen der Organisation in einem weiten Sinn ohne legislative Mitwirkung in ihren Grundzügen zu entscheiden. Diese Aspekte im Blick, lässt sich jedoch Folgendes positiv festhalten: Die Einrichtung von Verwaltungsträgern und die Errichtung ihrer Binnenstruktur, insbesondere in Form von Behörden, bedürfen ebenso wie ihre Auflösung einer gesetzlichen Regelung, wenn diese ausdrücklich erforderlich ist oder die Verwaltungseinheit außenwirksam tätig sein wird.111 Der Bereich der internen Organisationsgewalt, verstanden als die Verteilung von Zuständigkeiten innerhalb einer 107

Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 58; grundlegend zu Begriff und Inhalt Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 21 ff., insb. S. 29 ff.; eingehend des Weiteren Butzer, DV 27 (1994), 157 (157 ff.); Schnapp, AöR, Bd. 105 (1980), S. 243 (261 ff.); Trautmann, Die Organisationsgewalt, S. 18 ff.; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 81 Rn. 1 ff. 108 Eingehend zu den Grundsätzen der Zuordnung der Organisationgewalt Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 250 ff., sowie Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 81 Rn. 20 ff. 109 Die ursprüngliche Aufgabe des institutionellen Gesetzesvorbehalts wird darin gesehen, eine der „Verfassungsorganisation adäquate Organisation der Verwaltung zu erzwingen“, eingehend dazu siehe Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 18 ff. 110 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 4; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 19. 111 BVerfGE 40, 237, 250 f.; Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 4; Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 24; Maurer, VerwR, § 21 Rn. 66.

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Behörde, unterliegt hingegen keinem Gesetzesvorbehalt.112 Dies gilt auch für den Fall der Verlagerung oder Neuaufteilung von Zuständigkeiten, soweit diese bereits bestanden. Außerhalb etwaiger Gesetzesvorbehalte ist die Verwaltung Trägerin ihrer Organisationsgewalt. Hinsichtlich der verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich determinierten Zuständigkeitsarten lassen sich einerseits die Verbands- von der Organkompetenz, andererseits die Sach- von der Wahrnehmungskompetenz sowie die sachliche, örtliche und instanzielle Zuständigkeit voneinander unterschieden. Das Grundgesetz weist die Verbandskompetenz und administrativen Aufgaben nach den Regelungen der Art. 30, 70 ff., 83 ff., 92 ff. und 104a ff. GG den beiden Hauptverwaltungsträgern – Bund oder Land – als Zurechnungsendsubjekt sachangemessen zu und vermittelt ihnen so Rechtsfähigkeit.113 Intraverbandlich werden die dem Verband obliegenden Aufgaben in Form von Organkompetenzen weiter auf spezifische Organe verteilt. Organisationsgewalt kann mithin auch als Zuständigkeit einer Verwaltungseinheit zur Schaffung von Zuständigkeitsregelungen bezeichnet werden. In einem organisationsrechtlichen Sinn definiert Wolff die Zuständigkeit sodann als Zuordnung von freiwillig übernommenen oder durch die Verfassung oder Gesetz auferlegten Aufgaben zu innerorganisatorischen Wahrnehmungssubjekten.114 Zuständigkeit weist einem konkreten (Haupt-)Verwaltungsträger oder einer sonstigen Verwaltungseinheit neben der Organkompetenz also auch bestimmte Verwaltungsaufgaben und deren Erledigung zu.115 Dies hat im Sinne der Gebote funktionsgerechter Organisation und funktionsgerechter Zuständigkeitsordnung in der Weise zu erfolgen, dass nicht nur eine Verwaltungsorganisation bereitsteht, die die ihr zugewiesenen Aufgaben sachangemessen erledigen kann, sondern auch eine Zuständigkeitsordnung, die die Aufgaben der dafür am vergleichsweise besten ausgestatteten Verwaltungseinheit zur Erledigung zuweist.116 In diesem Sinne spricht das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich davon, dass staatliche Entscheidungen „möglichst richtig, das heißt von den Organen [sic!] getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen“117. 112

Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 4. Statt vieler Oldiges, Verbandskompetenz, DÖV 1989, S. 873 (874); Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 43, zum Gebot funktionsgerechter Organisation Rn. 42, zur Sachund Wahrnehmungszuständigkeit Rn. 45 m. w. N. 114 Wolff/Bachof, VerwR II4, § 72 I b 2. 115 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 42. 116 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 42. 117 BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (252); BVerwGE 72, 300 (317). Näher zum Begriff der funktionsgerechten Organisationsstruktur siehe auch Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStRV3, § 101 Rn. 61; zu den Gründungsinteressen des GTAZ Kapitel 3 A. III. 113

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Mit der Zuweisung von Zuständigkeiten soll ein sachverständiges, gleichlaufendes und effektives Verwaltungshandeln ermöglicht werden, sodass durch Zuständigkeitsabgrenzungen nicht nur klare, eindeutige Verantwortlichkeiten festgelegt, sondern auch die Voraussetzungen für hinreichende Legitimation und Verwaltungskontrolle geschaffen werden.118 Verantwortungsklarheit wird durch drei Faktoren erreicht: Die Zuweisung einer Zuständigkeit legt dem Adressaten zum Ersten das Gebot auf, ausschließlich im zugewiesenen Rahmen tätig zu werden, zum Zweiten das Verbot, außerhalb seines Zuständigkeitsbereiches tätig zu werden, und zum Dritten das Gebot an alle anderen Verwaltungseinheiten, vorbehaltlich der eigenen Zuständigkeit, nicht in den Bereich eines anderen einzugreifen.119 c) Das Verbot der Mischverwaltung Grundsätzlich werden die Verwaltungsräume von Bund und Ländern durch die Art. 83 ff. GG organisatorisch und funktionell im Sinne von in sich geschlossenen Einheiten voneinander getrennt.120 Neben diesen auf strikte Trennung angelegten Vorschriften sieht das Grundgesetz jedoch auch Formen des föderalen Zusammenwirkens vor.121 Zudem haben sich ebenso in der Verwaltungspraxis zahlreiche Formen des Zusammenarbeitens zwischen dem Bund und den Ländern sowie unter den Ländern herausgebildet, die sich unter dem Begriff des „kooperativen Föderalismus“ zusammenfassen lassen.122 Diese informellen wie formellen Verflechtungen haben vielfach Grade einer institutionellen Verfestigung erreicht.123 Im Bereich der Sicherheitsarchitektur nehmen beispielsweise die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Verfassungsschutzämter der Länder im sogenannten Verfassungsschutzverbund oder im Bereich der Polizeien, die sogenannte polizeiliche Bund-Länder-Zusammenarbeit, zentrale Funktionen ein.124 Dieser Befund kann verfassungsrechtlich jedoch weder eine sture Aufgaben(erledigungs) trennung noch willkürlich freie Kooperation bedeuten. Ob eine „Mischverwaltung“ verfassungsrechtlich zulässig ist, hängt davon ab, was unter dem Begriff der Mischverwaltung zu verstehen ist. Diesbezüglich herrscht jedoch alles andere als 118

Eifert, Electronic Government, S. 178 f. Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 47; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 3 Rn. 5; eingehend zum „Verfassungsproblem“ bei Mehrfachzuständigkeiten siehe Oebbecke, in: Küper/Welp (Hrsg.), FS Stree und Wessels, S. 1119 (1119 ff.). 120 BVerfGE 55, 274 (318 ff.); 75, 108 (151); 119, 331 (364); ausführlich zum Verbot und zu Ausnahmen einer Mischverwaltung Isensee, Idee und Gestalt des Föderalismus im Grundgesetz, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI3, § 126 Rn. 188 ff. 121 Vgl. Art. 91a, 91b, 108 GG. 122 Ritgen, NdsVBl. 7/2008, 185 (186). Ausführlich zur Kooperation im Bundesstaat Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 IV Rn. 141 ff. 123 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 73. 124 Zu deren Aufgabe im GTAZ siehe Kapitel 3 A. IV. 3. a). 119

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Klarheit.125 In Betracht kommt hier ein normatives wie ein deskriptives Verständnis126 : Begreift man die Mischverwaltung normativ als verfassungsrechtlich unzulässigen Zusammenschluss von bundes- und landesrechtlicher Verwaltung, so liegt dem gleichzeitig die Wertung zugrunde, dass die entsprechende Organisationseinheit verfassungswidrig sei. Rein deskriptiv betrachtet wäre Mischverwaltung hingegen ein wertungsneutrales irgendwie geartetes Zusammenwirken von Bund und Ländern, das zulässig oder unzulässig sein kann.127 Die diesbezügliche Beantwortung der Frage, ob es sich bei der Mischverwaltung um eine zulässige oder unzulässige Verwaltungskooperation handelt, nahm das Bundesverfassungsgericht nicht einheitlich vor.128 In seiner älteren Rechtsprechung geht es ebenso wie das ältere Schrifttum wie selbstverständlich von einem verfassungsrechtlichen Verbot der Mischverwaltung aus.129 Nachdem es vorübergehend in deutlicher Distanzierung formulierte, dass es keinen verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz gebe, nach dem „Verwaltungsaufgaben ausschließlich vom Bund oder den Ländern wahrzunehmen sind, sofern nicht ausdrücklich verfassungsrechtliche Regelungen etwas anderes zulassen“130, geht es nunmehr unter Rückbezug auf die ältere Rechtsprechung davon aus, dass das Grundgesetz die Mischverwaltung, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, ausschließe.131 Zur Begründung führt es dazu Folgendes aus:132 Der organisatorische Spielraum sei durch den Regelungsgehalt der Art. 83 ff. 125 Maurer, VerwR, § 22 Rn. 43; zu Definitionen und Definitionsversuchen Loeser, Theorie und Praxis der Mischverwaltung, S. 53 ff.; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 21 ff. 126 Schnapp, Jura 2008, S. 241 (243); zur Verwendung des Begriffs in Literatur und Rechtsprechung m. w. N. siehe auch Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 83 Rn. 8 ff., neben der Begriffsbestimmung auch zur Ausgestaltung durch das Grundgesetz; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 7 f. 127 Zum „neutralen“ Gebrauch des Begriffs der Mischverwaltung Küchenhoff, Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Mischverwaltung, S. 19 ff. 128 Eine Übersicht über die Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage nach der Zulässigkeit der Mischverwaltung bieten Cornils, ZG 2008, S. 184 (185 ff.); Ritgen, NdsVBl. 7/2008, S. 185 (190 f.); zu einzelnen Entscheidungen siehe Schnapp, Jura 2008, S. 241 (243 f.). 129 „Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder, ohne daß die Verfassung dem Bund entsprechende Sachkompetenzen übertragen hat, verstoßen gegen das grundgesetzliche Verbot einer sog. Mischverwaltung“, vgl. BVerfGE 11, 105 (124); 32, 145 (156); 39, 96 (120); 41, 291 (311); Hebeler, Mischverwaltung, in: Bauschke et al. (Hrsg.), Pluralität des Rechts, S. 38 ff., 42 ff. m. w. N.; zur Mischverwaltung in Rechtsprechung und Literatur mit Leitschema zu der Zulässigkeit und den Grenzen der Mischverwaltung Loeser, Theorie und Praxis der Mischverwaltung, insb. S. 53 ff., 167 f.; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 255; siehe auch Burgi, in: Butzer/Kaltenborn/Meyer (Hrsg.), FS Schnapp, S. 15 (15 ff.). 130 BVerfGE 63, 1 (39). 131 BVerfGE 32, 145 (156); 108, 169 (182); 119, 331 (365). 132 BVerfGE 119, 331 (364 ff.). Weiterführend siehe auch Wißmann, Verfassungsrechtliche Vorgaben der Verwaltungsorganisation, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 15 Rn. 27a.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

GG begrenzt, d. h. Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Bereich der Länderangelegenheiten sind über die dortigen Regelungen hinaus ausgeschlossen. Auch sei eine Kompetenzverschiebung, selbst unter Zustimmung der Beteiligten, unzulässig. Insbesondere haben die Hauptverwaltungsträger ihre Aufgaben „durch eigene Verwaltungseinrichtungen – mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln“ – wahrzunehmen.133 Nur eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen gewährleiste im Bereich der Verwaltungszuständigkeiten die rechtsstaatlich geforderten Grundsätze der Normklarheit und Widerspruchsfreiheit. Das damit korrespondierende Gebot der Verantwortungsklarheit ist gleichzeitig Voraussetzung demokratischer Legitimation. Denn der Bürger müsse wissen, „wen er wofür – auch durch Vergabe oder Entzug seiner Wählerstimme – verantwortlich machen“ könne.134 Dies sei aber nicht möglich, sofern die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden würden, die eine klare Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen. Dementsprechend seien übergreifende Verwaltungskooperationen innerhalb des von den Art. 83 ff. GG gesteckten Rahmens im Sinne des „Strebens nach angemessenen Antworten auf neue staatliche Herausforderungen“ selbstverständlich zulässig.135 Koordinationsformen, die lediglich rechtlich unverbindlichen Absprachen dienen, sowie die Schaffung gemeinsamer Verwaltungseinrichtungen sind im Sinne des kooperativen Föderalismus jedenfalls insofern zulässig, als durch sie nicht die bundesstaatliche Gliederung oder die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung verschoben bzw. unterlaufen wird; für die Errichtung gemeinsamer Behörden des Bundes und der Länder ist jedoch zwingend eine verfassungsrechtliche Grundlage erforderlich.136

III. Verfassungsrechtliche Grundnormen der Verwaltungsorganisation Wie bereits mehrfach ausgeführt, wird das Recht der Verwaltungsorganisation in nicht unerheblichem Maße verfassungsrechtlich geprägt. Die Vorgabenerschließung gestaltet sich insofern als herausfordernd, als dass die verwaltungsorganisations- und 133 Dieser „Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung“ schließe die Inanspruchnahme von „Hilfe“, „auch soweit sie sich nicht auf die bloße Amtshilfe im Einzelfall beschränkt“, nicht aus, setzt ihr aber Grenzen, dazu BVerfGE 63, 1 (41). 134 BVerfGE 119, 331 (366). „Die Verantwortung ist eine zentrale Kategorie des gesamten öffentlichen Rechts. Die dem Trennungsmodell zugrundeliegende Vorstellung isolierbarer Mitwirkungshandlungen wird der zunehmenden Intensivierung der Zusammenarbeit nicht überall gerecht. Das Gebot der Verantwortungsklarheit verlangt in diesen Fällen, dass jedenfalls förmlich deutlich wird, welchen Belastungsgehalt Teilentscheidungen haben.“, so SchmidtAßmann, EuR 1996, S. 270 (296). 135 BVerfGE 119, 331 (365). 136 Maurer, VerwR, § 22 Rn. 43, 47; zum Erfordernis einer Rechtsgrundlage gemeinsamer Netzwerke oder Zentren siehe Kapitel 3 A. VIII.

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verfahrensleitenden Regelungen einerseits über das Grundgesetz verstreut sind, andererseits Verfassungsnormen regelmäßig der Interpretation und Konkretisierung durch einfaches Recht bedürfen.137 Zentrale Aspekte finden sich vornehmlich im VIII. Abschnitt des Grundgesetzes über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung sowie in den Staatsstrukturprinzipen aus Art. 20 GG. Diese und weitere Normkomplexe lassen den zuständigen Organen einen weiten Spielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung, „um den – verschiedenartigen und sich ständig wandelnden – organisatorischen Erfordernissen Rechnung zu tragen und damit eine wirkungsvolle und leistungsfähige Verwaltung gewährleisten zu können“.138 Der folgende Abschnitt widmet sich sogleich einer konzentrierten Darstellung der föderalen, demokratischen und rechtstaatlichen Organisationsdeterminanten des Grundgesetzes sowie der aufgabenbezogenen Prägung der Verwaltungsorganisation139, um auf diese in den folgenden Kapiteln für die rechtliche Einordnung von Netzwerken und dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in den Verwaltungs- und Sicherheitsapparat der Bundesrepublik Bezug nehmen zu können. 1. Föderal-verfassungsrechtliche Determinanten – Das viergliedrige Grundgerüst der Verwaltung Der Staats- und Verwaltungsaufbau der Bundesrepublik wird maßgeblich durch föderale Vorgaben des Grundgesetzes geprägt, die die Verwaltungsorganisation zunächst vertikal zwischen dem Bund und den Ländern aufteilen. Das Konstruktionsprinzip der Bundesrepublik zeichnet sich, prägnant formuliert, im Gegensatz zu dem des Einheitsstaats, als ein „Streben vom Mittelpunkt weg“140 aus. Die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Verwaltungsorganisation und des strukturellen Aufbaus der Verwaltung steht nach Art. 70 GG grundsätzlich den Ländern zu, soweit sie dem Bund nicht spezifisch durch das Grundgesetz verliehen wurde. Das System der Verteilung der Verwaltungskompetenzen auf den Bund und die Länder wird maßgeblich durch die Art. 83 ff. GG konstituiert. Neben der Verteilung der Verwaltungskompetenzen enthält der VIII. Abschnitt des Grundgesetzes wegweisende Ausdifferenzierungen für die Grundstrukturierung der Bundesverwaltung, die Verteilung der Organisationsgewalt sowie Aussagen zu institutionellen Gesetzesvorbehalten. Außerhalb des Abschnitts über die Ausführung von Bundesgesetzen und die Bundesverwaltung werden die organisationsspezifischen Determinanten durch die ebenfalls organisationsrechtlich geprägten Vorschriften der Art. 28, 65, 108, 115c Abs. 3, 120, 120a, 130 sowie 135 GG ergänzt. In der Gesamtschau wird so 137

Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 20. BVerfGE 63, 1, 34. 139 Zu den tragenden Bauprinzipien der öffentlichen Verwaltungsorganisation siehe auch Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn 53 ff. 140 Kübler, Organisation und Führung in Behörden, Rn. 48. 138

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

ein System aus vier Verwaltungstypen konstituiert, das, der Gesetzeschronologie folgend, wie im Weiteren dargelegt, ausgestaltet ist: Den ersten Eckpfeiler bildet die Eigenverwaltung der Länder als originäre Landesverwaltung. Soweit das Grundgesetz keine ausdrücklich abweichenden Regelungen beinhaltet, führen die Länder die Bundesgesetze nach Art. 83 GG als eigene Angelegenheit aus. In diesem Rahmen verfügen sie über originäre Organisationsgewalt, die sie dazu befugt, eigenständig über die Ausgestaltung der Verwaltungsform und -verfahrensweise zu bestimmen. Davon umfasst sind die Einrichtung und Errichtung des Organisations- und Behördenapparates, insbesondere aber auch die Ausgestaltung behördeninterner Strukturen und Abläufe sowie die Festlegung und Verteilung von Aufgaben und Befugnissen.141 Darüber hinaus verfügen sie über die Kompetenz, die Art und Weise des Verwaltungshandelns näher auszugestalten, sei es durch Festlegung der Vorbereitung und Form der Willensbildung, des Zustandekommens und der Prüfung von Entscheidungen oder Vorgabe von verwaltungsinternen Mitwirkungs- und Kontrollgängen.142 Die Organisationsgewalt im Bereich der eigenorganisatorischen Verwaltung von Bundesangelegenheiten obliegt den Ländern, aber nur vorbehaltlich der Kompetenz des Bundes, nach Art. 84 GG abzuweichen.143 Danach verfügt der Bund über drei zentrale Einwirkungsmöglichkeiten. Einerseits ist es ihm möglich, Regelungen über die Organisation, die Zuständigkeit und das Verfahren zu treffen. Andererseits verfügt der Bund nach Art. 84 Abs. 2 GG über die Kompetenz, allgemeine Verfahrensvorschriften zu erlassen und darüber hinaus die Rechtmäßigkeit des Verfahrens auf Landesebene mit den Mitteln des Art. 84 Abs. 3, 4 GG zu überprüfen. Auch im Rahmen der sog. Auftragsverwaltung – des zweiten Eckpfeilers des Verwaltungssystems – verfügen die Länder über die Behörden- bzw. Verwaltungseinheiten-Einrichtungskompetenz, soweit nicht nach Art. 85 Abs. 1 GG Bundesgesetze mit der Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Die Auftragsverwaltung ist ebenso wie die Aufsichtsverwaltung originäre Landesverwaltung.144 Allerdings verfügt der Bund hier im Gegensatz zur Verwaltung nach Art. 84 GG nicht nur über Mittel der Rechts-, sondern, weitreichender in Art. 85 Abs. 3, 4 GG normiert, auch über solche der Fachaufsicht.145 141

BVerfGE 105, 313 (331); Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 86 Rn. 154 f. m. w. N. BVerfGE 55, 274 (318 ff.); 75, 108 (152). 143 Pieroth, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG, Art. 84 Rn. 2; zur Abweichungskompetenz der Länder siehe Maurer, VerwR, § 21 Rn. 61. Wegen des Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung kann der Bund das Verfahren auch ohne Abweichungsmöglichkeit der Länder regeln. 144 BVerfGE 81, 310 (331); BVerwGE 100, 56 (58). 145 Zur Unterscheidung zwischen obligatorischer und fakultativer Bundesauftragsverwaltung Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 21 f.; Maurer, VerwR, § 22 Rn. 5 f.; ausführlich zum Vollzugsföderalismus Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 39 f.; Oebbecke, Verwaltungszuständigkeit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI3, § 136 Rn. 18 ff.; Schnapp, Jura 2008, S. 241 (241 f.). 142

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Die bundeseigene Verwaltung nach Art. 86 ff. GG bildet den dritten Eckpfeiler der Konzeption des Verwaltungssystems. Die Gesetzgebungskompetenz und Organisationsgewalt obliegen in diesem Rahmen dem Bund, der über die entsprechende Einrichtung von Behörden und Verfahrensabläufen bestimmt. Ebenso wie im Bereich der Bundesauftragsverwaltung ist im Rahmen der originären Verwaltungsbefugnisse des Bundes zwischen obligatorischen und fakultativen Verwaltungskompetenzen zu unterscheiden. Zu den erstgenannten, in bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau geführten Sachbereichen zählen unter anderen, neben der Bundesfinanzverwaltung der Auswärtige Dienst und die Bundeswehrverwaltung. Fakultativ können nach Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, für die Kriminalpolizei oder zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, durch Bundesgesetz eingerichtet werden. Im Umkehrschluss zu den voranstehenden verfassungsrechtlichen Normierungen obliegt den Ländern die Verwaltungszuständigkeit einerseits soweit keine Bundeskompetenz besteht, andererseits, als letzten Eckpfeiler des viergliedrigen Grundgerüsts, im Bereich des Vollzugs der Landesgesetze. Die Art. 83 ff. GG regeln, wie gesehen, nicht alle Einzelheiten der Verwaltungsorganisation, sondern belassen den zuständigen Organen einen weiten Spielraum bei deren Ausgestaltung, um den – verschiedenartigen und sich ständig wandelnden – organisatorischen Erfordernissen Rechnung tragen und damit eine wirkungsvolle und leistungsfähige Verwaltung gewährleiten zu können.146 Dieses viergliedrige, auf grundsätzliche Trennung ausgerichtete Verwaltungsgrundgerüst wird in der Verwaltungspraxis darüber hinaus durch gemeinsame informelle, formelle oder auch bereits institutionell verfestigte Zusammenarbeitsformen im Rahmen des kooperativen Föderalismus ergänzt.147

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„Lediglich soweit das Grundgesetz ausdrückliche Schranken für die Regelung der Verwaltungsorganisation enthält, ist der Gestaltungsspielraum bei der organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung begrenzt.“ BVerfGE 63, 1 (34), auch zum sogenannten Gebot optimaler Verwaltungsorganisation; zu den vier Regeltypen vgl. auch die Übersicht bei Schnapp, Jura 2008, S. 241 (242). 147 Zu den Formen dieser Zusammenarbeit siehe Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 22; ausführlich Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 IV Rn. 152 ff., zu gemeinsamen Vereinbarungen, Einrichtungen und Grenzen der föderalen Kooperation; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 7 ff.

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2. Verfassungsrechtliche Grundbestimmungen mit Organisationsbezug a) Demokratische und rechtsstaatliche Determinanten Die zweifache Betonung der Verfassungsbindung der Verwaltung in Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG äußert sich insbesondere in dem demokratische wie rechtsstaatliche Anliegen verfolgenden Gebot der Funktionengliederung, der entsprechenden Organisationsstruktur sowie Aufgabenverteilung. Auf den Punkt gebracht, definiert sich die Demokratie als Willensbildung „vom Volk zu den Staatsorganen“148. Diese Willensbildung, den Maximen aus Art. 20 Abs. 1, 2 GG folgend, vollzieht sich durch Wahlen. Die vom Staatsvolk ausgehende Staatsgewalt realisiert sich in einer von der Wahlentscheidung ausgehenden ununterbrochenen Legitimationskette hin zu (entscheidungsrelevantem) staatlichem Handeln. Das so eingesetzte parlamentarische Regierungssystem ist nicht nur zentrale politische Steuerungs- und Kontrollgewalt, sondern bildet zusammen mit dem durch das Parlament eingesetzten Verwaltungsapparat den entscheidenden demokratisch-legitimatorischen Zusammenhang: Das Volk muss einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch die Organe haben, deren Akte müssen auf den Willen des Volkes als Legitimationssubjekt rückführbar sein und ihm gegenüber verantwortet werden.149 Neben der Wahl des Parlaments aktualisiert sich das Legitimationsgebot in den durch das Parlament beschlossenen Gesetzen „als Maßstab der vollziehenden Gewalt, dem parlamentarischen Einfluss auf die Politik der Regierung sowie durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung“.150 Bezüglich der Enge oder Weite der Anbindung der Verwaltung an die politische Steuerungs- und Kontrollgewalt treffen die Art. 1 Abs. 3, 20 Abs. 3 GG keine konkreten Aussagen. Mit dem Bundesverfassungsgericht und Stimmen der Literatur ist die hierarchisch angelegte Ministerialorganisation zwar als Grundform der Verwaltungsorganisation anzusehen151, nichtsdestotrotz verschließt sich das Grundgesetz nicht vor atypischen Organisationsformen der Verwaltung. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, als dass die Anforderungen des Demokratieprinzips an die Verwaltungsstruktur mit der Eigenständigkeit der vollzie148

BVerfGE 20, 56 (99). BVerfGE 83, 60 (71 f.); 93, 37 (66). Teilweise mit dem Legitimationsgebot verschränkt, teilweise am Rande angelagert, teilweise mehr dem Verfahren denn der Organisation zuzuordnen sind die bei Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 102 ff. genannten weiteren Bestimmungsfaktoren eines demokratischen Verwaltungsrechts: Akzeptanz, Partizipation und Öffentlichkeit. Grundlegend: Schmidt-Aßmann, AöR, Bd. 116 (1991), S. 329 (329 ff.); Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, S. 5 ff; Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 138 ff.; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 353 ff. 150 BVerfGE 83, 60 (72); zur Sicherstellung der parlamentarischen Verantwortung durch Kontrolle siehe BVerfGE 93, 37 (67 f.); Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 483. 151 BVerfGE 83, 60 (71 ff.); 93, 37 (66 ff.); Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 135; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 337 ff. 149

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henden Gewalt innerhalb der Funktionengliederung und den damit einhergehenden eigenständigen verfassungsunmittelbaren Kompetenzen in Ausgleich zu bringen sind. Ob und inwieweit alternative Bauformen der Verwaltungsorganisation, die sich außerhalb oder in Grenzbereichen hierarchischer Strukturen bewegen – wie beispielsweise Netzwerke oder auch das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum –, verfassungsrechtlich legitimiert sind, ist eine Frage nach der Beurteilung des erforderlichen verfassungsrechtlichen Legitimationsniveaus und der Gesamtsaldierung152 aller für den Zurechnungszusammenhang relevanter Faktoren. Das Staatsstrukturprinzip übernimmt mithin lenkende Funktion für die Beantwortung der in Kapitel 3 gestellten Frage nach der Zulässigkeit neu- oder andersartiger Organisationsformen und -strukturen, wie das GTAZ eine ist. Unter welchen Voraussetzungen muss die Verwaltung klassisch hierarchisch strukturiert sein, oder anders gewendet, wann sind netzwerkartige Strukturen möglich? Welche Anforderungen sind an Aufsichtsstrukturen und -befugnisse in „Gemeinsamen Zentren“ zu stellen? Die Beantwortung hat wiederum mehreres zu berücksichtigen153 : Einerseits ist die Zergliederung der Verwaltung dort problematisch, wo sich die Verwaltung der Steuerung und Kontrolle zu entziehen beginnt. Andererseits hat die Ausdifferenzierung auch der Bedeutung der Aufgabenwahrnehmung zu folgen, d. h., die demokratische Verantwortung der Staatsleitung darf nicht durch die Wahl der Organisationsform mittels Exekutivvorbehalt ausgehöhlt werden. Das Bundesverfassungsgericht spricht in diesem Rahmen davon, dass es wohl Regierungsaufgaben gibt, „die wegen ihrer politischen Tragweite nicht generell der Regierungsverantwortung entzogen und auf andere Stellen übertragen werden dürfen, die von Regierung und Parlament unabhängig sind“.154 An der Grenze zwischen dem Exekutivvorbehalt der Verwaltung und dem Zugriffsrecht auf den Organisationsbereich des Gesetzgebers sind für die Anforderungen an das Legitimationsniveau im Sinne einer Konkordanz die beiden Legitimationsstränge der personell-organisatorischen und sachlich-inhaltlichen Absicherung zentral.155 In personell-organisatorischer Hinsicht sind Ernennungsakte auf den jeweiligen Minister zurückzuführen, der wiederum dem Parlament gegenüber verantwortlich ist und nach Art. 65 S. 2 GG die Verantwortung für seinen Geschäftsbereich innehat.156 Sachlich-inhaltlich legitimiert ist die Verwaltung(stätigkeit), soweit sie inhaltlich an die Vorgaben des Parlaments gebunden ist.

152 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (67); Bryde, VVDStRL 46 (1988), S. 181 (186 ff.); Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 29; Jestaedt, JuS 2004, S. 649 (650); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 58 f. 153 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 93, 97. 154 BVerfGE 9, 268 (282). 155 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 28. 156 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 28.

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Neben dem Demokratie- verfügt auch das Rechtsstaatsprinzip über nicht unerhebliche Prägekraft – wenngleich nicht als konkrete Struktur, so aber doch als Zielvorgabe, die die Aufbaustruktur der Verwaltung maßgeblich zu prägen vermag.157 Die Anforderungen des Demokratiegebots an die Verwaltungsstruktur sind – wie gesehen – mit dem eigenständigen Standort der Exekutive in der Funktionengliederung und den damit einhergehenden eigenständigen verfassungsunmittelbaren Kompetenzen in Einklang zu bringen. Das Rechtsstaatsprinzip prägt die Aufbaustruktur insbesondere durch das Gebot rationaler Organisation und das Verbot des Missbrauchs von Organisationsformen. Rationale Organisation bewirkt Vorhersehbarkeit, Kontrollierbarkeit sowie Nachvollziehbarkeit, schafft dadurch Verantwortungsklarheit und Berechenbarkeit und verhindert das Einschleichen von willkürlichen Mechanismen in den Verwaltungsbau und das Verwaltungshandeln.158 Das Gebot rationaler Organisation steht für die Klarheit der Kompetenzordnung und im Sinne eines Gebots optimaler Verwaltungsorganisation für eine sachangemessene, effektive, auch an verwaltungsökonomischen Aspekten ausgerichtete Aufgabengliederung.159 In seiner Ausprägung als Verbot des Missbrauchs der Organisationsform160 verbietet es das Rechtsstaatsprinzip, dass Zuständigkeitsverteilungen unterlaufen, Verantwortlichkeiten verwischt oder vermischt, materielle Rechtsbindungen gelockert oder Rechtsschutzmöglichkeiten verringert werden.161 Darüber hinaus bildet das Rechtsstaatsprinzip Pfeiler der Rechtsaufsicht und zwingt zur Sicherung der staatlichen Neutralität durch organisatorische Vorkehrungen.162 b) Gesetzesvorbehalte als Basis einer Organisationsstruktur An der Schnittstelle beider vorangestellten Staatsstrukturprinzipien stellt auch die Typologie der Gesetzesvorbehalte, die sich aus demokratischen und rechtsstaatlichen Quellen des Grundgesetzes speist, einen weiteren, nicht unwesentlich prägenden Faktor für eine funktionsgerechte Organisationsstruktur dar. Der Gesetzes157

Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 91. Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 90. 159 BVerfGE 63, 1 (34, 43); Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 40 f.; zum Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Verwaltungsrecht Burgi, in: Butzer (Hrsg.), Wirtschaftlichkeit durch Organisations- und Verfahrensrecht, S. 53 ff. 160 Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt, S. 92 f.; Leisner, in: Conrad et al. (Hrsg.), GS Hans Peters, S. 730 (746). 161 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 92. 162 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 30; vgl. Lange, VVDStRL 44 (1986), S. 169 (201); Schulze-Fielitz in: Dreier (Hrsg.), GGK II, Art. 20 Rn. 191 hinsichtlich der Eignung neuer Organisationsformen; ausführlich zur Neutralität im Sinne von Unparteilichkeit Fehling, Verwaltung zwischen Unparteilichkeit und Gestaltungsaufgabe, S. 1 ff. 158

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vorbehalt ist für die Verwaltung in zweifacher Hinsicht richtungsweisend163 : Zum Ersten geht es um die materiell ausgerichtete Frage, ob die Verwaltung einer parlamentarischen Grundlage bedarf, um handeln zu können, oder ob sie aus eigenem Entschluss heraus agieren darf. Zum Zweiten ist in institutioneller Hinsicht klärungsbedürftig, inwieweit der Aufbau und die Verwaltungskompetenzen parlamentarisch gesetzlich vorgezeichnet werden müssen bzw. dürfen. Als Oberbegriff umschreibt der Gesetzesvorbehalt jedenfalls denjenigen Bereich des staatlichen Handelns, der einer gesetzlichen Grundlage bedarf.164 Über die Anforderungen hinsichtlich der Reichweite und Intensität des Vorbehalts des Gesetzes ist damit freilich noch nichts gesagt. Diesbezüglich ist auf die ausgeformte Typologie der Gesetzesvorbehalte zurückzugreifen.165 Für die Basis der Organisation und des Verfahrens der Verwaltung sind neben dem institutionell-organisatorischen der grundrechtliche sowie allgemeine (ungeschriebene) Gesetzesvorbehalt maßgebende Strukturfaktoren. Das Grundgesetz hält eine große und breitgestreute Anzahl an sog. institutionellorganisatorischen Gesetzesvorbehalten vor.166 Für die Organisation und das Verfahren der Verwaltung sind insbesondere die Art. 84 Abs. 2, 85 Abs. 2, 87 Abs. 3, 87b Abs. 1 S. 3, 87d Abs. 2, 91a Abs. 2, 108 Abs. 1 S. 2 GG richtungsweisend. Sie enthalten (punktuelle) Aussagen über die Verteilung der Organisationsgewalt, ob und wie präzise die Organisation parlamentarisch vorgezeichnet sein muss, und schreiben für bestimmte Organisationsentscheidungen die Gesetzesform vor.167 Wie bereits erläutert, beschreiben die Art. 83 ff. GG jedoch nur ein verwaltungsorganisatorisches Grundgerüst, das ausbaubedürftig und vor allem auch -fähig ist. Soweit entsprechende Organisationsentscheidungen „wesentlich für die Verwirklichung von Grundrechten“ werden, wird die Verwirklichung der Grundrechte durch den grundrechtlichen Gesetzesvorbehalt gesichert, der wiederum für die Bereitstellung einer grundrechtskonformen Organisations- und/oder Verfahrensordnung sorgt.168 163

Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 83 Rn. 33. Kuhl, Der Kernbereich der Exekutive, S. 64 unter Verweis auf die erstmalige Begriffsverwendung durch Mayer, VerwR I, S. 71: Die Verwaltung „wirkt aus eigener Kraft, nicht aufgrund des Gesetzes. Wir nennen den Ausschluß ihres selbstständigen Vorgehens, der bezüglich jener besonders ausgezeichneten Gegenstände besteht, den Vorbehalt des Gesetzes“. 165 Übersichtsartig zu Gruppen verfassungsrechtlicher Gesetzesvorbehalte siehe Reimer, Das Parlamentsgesetz als Steuerungsmittel und Kontrollmaßstab, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 9 Rn. 32 ff. 166 Art. 21 Abs. 3, 28 Abs. 2, 33 Abs. 5, 38 Abs. 3, 41 Abs. 3, 45b S. 2, 48 Abs. 3 S. 3, 54 Abs. 7, 93 Abs. 2, 94 Abs. 2, 95 Abs. 3 S. 2, 98 Abs. 3 GG. 167 Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 83 Rn. 34; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 70 auch zur Abgrenzung vom grundrechtlichen und rechtsstaatlichen Gesetzesvorbehalt; ausführlich zum institutionellen Gesetzesvorbehalt siehe auch Burmeister, Herkunft, Inhalt und Stellung des institutionellen Gesetzesvorbehalts; Groß, Das Kollegialprinzip, S. 239 ff.; Köttgen, in: VVDStRL 16 (1958), S. 154 (161 ff.); Ohler, AöR, Bd. 131 (2006), 336 (337 ff.). 168 BVerfGE 47, 46 (79); 57, 295 (321); Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 85; zur Definition Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des 164

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Unabhängig von ausdrücklichen verfassungsrechtlich verankerten Organisationsvorgaben kann, im Sinne grundrechtlicher Aspekte und darüber hinaus, eine formellgesetzliche Regelung institutioneller Fragen im Sinne der Wesentlichkeitstheorie bzw. des allgemeinen (ungeschriebenen) Gesetzesvorbehalts erforderlich werden.169 Die Einstufung einer konkreten Entscheidung als „wesentlich“ ist freilich „ebenso rhetorisch[…] einprägsam[…] wie rechtlich unklar“.170 Jedenfalls ist eine solche Regelung in den Fällen erforderlich, in denen eigenständige Verwaltungsträger, Behörden oder weisungsfreie Verwaltungsorgane errichtet werden sollen.171 Die Beantwortung der Frage, wie viel durch den parlamentarischen Gesetzgeber, auch im Bereich des GTAZ, geregelt werden muss und darf, hat unter anderem die verfassungsrechtlich garantierte Eigenständigkeit der Gubernative und Administrative zu berücksichtigen. Mit anderen Worten: Es bedarf – auch nicht im Sinne der institutionellen Legitimation – keines totalen Gesetzes- und Parlamentsvorbehalts.172 c) Aufgabenbezogene Prägung der Verwaltungsorganisation Wie bereits unter der Überschrift „Zusammenhang von Organisationsstruktur und Entscheidungsproduktion“ ausgeführt, besteht ein nicht unwesentlicher Zusammenhang zwischen der Organisation und dem Aufbau der Verwaltung und der jeweiligen Aufgabenbetrauung. Aus verfassungsrechtlicher Sicht stellen vor allem grundrechtliche Aufgabenprofile Anforderungen an das Verfahren innerhalb und den Auf- und Ausbau der Verwaltung. Wurden die Grundrechte zu Beginn der siebziger Jahre noch wesentlich durch ihre Funktion als Abwehr-, Teilhabe- oder Leistungsrecht charakterisiert, wendete sich diese Sichtweise zu Beginn der achtziger Jahre, insbesondere im Rahmen bundesverfassungsgerichtlicher Entscheidungen, dahin, dass erkannt wurde, dass die Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 101 Rn. 36; ausführlich Bumke, Der Grundrechtsvorbehalt, S. 36 ff.; Wülfing, Grundrechtliche Gesetzesvorbehalte und Grundrechtsschranken, S. 26 ff. 169 Vgl. BVerfGE 49, 89 (126); ausführlich zur Wesentlichkeitstheorie Brenner, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 80 Rn. 32 f.; Koch/Rubel/Heselhaus, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 5 Rn. 42 ff.; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 101 Rn. 52 ff. 170 Kloepfer, JZ 1984, S. 685 (689). 171 Die Einrichtung sämtlicher Einheiten obliegt hingegen dem Grunde nach den entsprechenden Verwaltungsinstanzen, Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 283, inhaltlich zur Wesentlichkeitsdoktrin Art. 80 Rn. 32 f.; Maurer, VerwR, § 21 Rn. 66. 172 Ausführlich zu Grenzen des Vorbehalts des Gesetzes Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 29; Ossenbühl, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 101 Rn. 63 ff.; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 284. Zur begrifflichen Differenzierung und unterschiedlichen Verwendung von „Vorbehalt des Gesetzes“, „Gesetzesvorbehalt“ und Parlamentsvorbehalt Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 VI Rn. 75 f.; Kuhl, Der Kernbereich der Exekutive, S. 64 f.; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 273.

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Grundrechtsverwirklichung weitgehend von der Organisation und dem Verfahren innerhalb der Verwaltung abhängig ist und die Grundrechte umgekehrt zugleich das Organisations- und Verfahrensrecht formen.173 Aus verwaltungsorganisatorischer Sicht verlangen die Grundrechte mithin in ihrer objektiv-rechtlichen Wirkungsweise Beachtung.174 So sei an dieser Stelle bereits im Vorgriff auf die rechtliche Einordnung und Bewertung der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden im GTAZ auf das aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung folgende informationelle Trennungsgebot verwiesen, demzufolge Daten zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten grundsätzlich nicht ausgetauscht werden dürften.175 Mithin können nicht nur die Einrichtung und Errichtung von Verwaltungseinheiten im Einzelfall – auch im Sinne des Schutzes vor staatlicher Bevormundung – grundrechtlichen Restriktionen unterliegen, zur Sicherung von Orts- und Sachnähe können vielmehr auch dezentralisierte Verwaltungseinheiten oder besondere Formen der Selbst- oder Mitbestimmung erforderlich sein.176 Auch im Bereich der Gefährdungen durch die Nutzung von automatischen Datenverarbeitungsanlagen oder sogenannter „Gemeinsamer Dateien“ spielen neben verfahrensrechtlichen ebenso organisatorische Vorkehrungen eine zunehmende Rolle.177 Der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Aufgabe und der diese bewältigenden organisatorischen Struktur zwingt dazu, die aufgabenbezogenen (Verfassungs-)Normen mit in die Beurteilung der von Grundformen der Verwaltungsorganisation abweichenden Organisationsformen einfließen zu lassen. Neben der rechtsstaatlich geforderten Rationalität trägt die aufgabenbezogene Prägung der Verwaltungsorganisation so zur Schaffung der klaren Kompetenzordnung innerhalb der funktionsgerecht ausgerichteten Organisationsstruktur im Sinne der Sach- und Gemeinwohlrichtigkeit bei.178

173 Ausführlich zur „Entdeckung“ der Grundrechtsrelevanz des Verfahrens und der Organisation durch das BVerfG m. w. N. zur bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 552 ff.; zu weiteren Aspekten der Grundrechtsverwirklichung und -sicherung mittels Organisation und Verfahren siehe Bethge, NJW 1982, S. 1; Denninger, Staatliche Hilfe zur Grundrechtsausübung durch Verfahren, Organisation und Finanzierung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR IX3, § 193 Rn. 1 ff.; Groß, Das Kollegialprinzip, S. 209 ff. 174 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 30. Ausführlich zur bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung für die Sonderbereiche von Rundfunk- und Wissenschaftsfreiheit siehe Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 556 ff. m. w. N. 175 Vgl. BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. 176 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 81, 83 f., 91. 177 Vgl. BVerfGE 65, 1 (44). 178 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 30.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

IV. Die demokratische Legitimation der Verwaltung 1. Grundlagen und Entwicklung der Verwaltungslegitimation Legitimation fragt nach Rechtfertigung oder Berechtigung.179 Demokratische Legitimation fragt nach der Rechtfertigung von staatlicher Herrschaft. Eine Rechtfertigung ist in den Fällen notwendig, in denen sich ein Verhalten nicht aus sich selbst heraus berechtigt. Da nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, ist die Legitimation staatlichen Handelns überall dort notwendig, wo das Volk nicht unmittelbar selbst, sondern nur mittelbar durch besondere Organe handelt. Die Frage nach der demokratischen Legitimation (aus dem Griechischen de¯mos (d/lor) für ,Volk‘ und kratéin (jqate?m) für ,herrschen‘ als Gegenbegriff zu oligarchía (akicaqw_a) ,Herrschaft der wenigen‘180) der Verwaltung als für das Staatsvolk vollziehende Gewalt ist mithin ein Teil der grundsätzlichen Frage nach der Legitimation staatlicher Herrschaft. Sie stellt sich somit sowohl für Verwaltungsnetzwerke als auch für das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder. Anders als die Frage der Legitimation von politisch ausgeübter Herrschaftsgewalt, rückte diejenige nach der demokratischen Legitimation der Verwaltung erst in den Anfängen der 70er Jahre in den Fokus juristischen Interesses.181 Die bis dahin von Misstrauen geprägte „rechtsstaatliche Domestizierung der Verwaltung und ihre enge Anbindung an das Parlament“, einhergehend mit einer engen methodischen Vorstellung von der Gesetzesbindung der Verwaltung, ließ kaum einen Gedanken an eine eigenständige, gestaltende Verwaltung oder hybride Organisationsformen, wie Netzwerke es sind, zu.182 Mit der aufkommenden Erkenntnis, dass der Verwaltung ein maßgeblicher Part der Sozial- und Gemeinwohlgestaltung obliegt, erwies sich die Umsetzung gesellschaftlicher Entwicklungen und entsprechender gesetzgeberischer Programme durch eine stark gebundene Organisation als nicht dauerhaft praktikabel. 179 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=Legitimation&sub mit_button=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 18. 02. 2014). 180 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=Legitimation&sub mit_button=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 18. 02. 2014). 181 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 3 mit umfassenden Nachweisen zur Debatte um die Legitimation des Staates in der Verwaltung in Fn. 9 und 10. 182 Ausführlich zu den Hintergründen Hoffmann-Riem, Eigenständigkeit der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 10 Rn. 4, 11; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 3; Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 8; Wahl, Herausforderungen, S. 16 ff.

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In Konsequenz aus der sich daraus ableitenden Eigenständigkeit der Verwaltung stiegen die Anforderungen an die demokratische Rückbindung der verwaltenden Exekutive an das deutsche Volk – als Souverän, als Träger der Staatsgewalt der Bundesrepublik und als primäre Quelle ihrer Legitimation.183 Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1, 2 GG übt das Volk seine Staatsgewalt unmittelbar durch Wahlen und Abstimmungen sowie mittelbar durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung aus. Da das Volk auch außerhalb von Wahlen und Abstimmungen einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt durch die Organe haben muss184, muss das Handeln der Organe stets auf den Souverän rückführbar sein. Die Legitimation bildet somit das Bindeglied zwischen Staatsvolk und Staatsgewalt. Für das Recht der Verwaltungsorganisation bedeutet dies, dass sich die Organisationskompetenz der Exekutive insbesondere am sog. klassischen Modell der Verwaltungslegitimation zu orientieren hat.185 Denn erst durch die Schaffung normativer Legitimation entsteht Legitimität in Form sozialer Anerkennung von Herrschaft.186 Fehlt es umgekehrt an der Anerkennungsfähigkeit institutioneller Organisationsformen, wird gleichzeitig deren Legitimation in Frage gestellt. Mithin bedingen sich Legitimation und Legitimität. Die gesellschaftliche Anerkennungsfähigkeit richtet sich wiederum nach den dem Staatswesen gegenwärtig gestellten Aufgaben sowie den dynamischen und vielfältigen Interessendivergenzen der gesellschaftlichen wie staatlichen Akteure. Mithin hat das klassische Modell der Verwaltungsorganisation wandelbar, lernfähig und offen zu sein, um, in Grenzen verfassungsorganisatorischer Bestimmungen, dem administrativen Organisationssystem Anpassungsprozesse zu ermöglichen.187 Neben alternativen Legitimationsansätzen werden daher im Folgenden die vier Elemente des klassischen Modells der Verwaltungsorganisation vorgestellt. Zu diesen zählen namentlich: das Volk im Sinne von Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG als Legitimationssubjekt, die Staatsgewalt als Legitimationsobjekt, die Formen der Legitimation als Zurechnungszusammenhang zwischen Legitimationssubjekt und -objekt sowie das Legitimationsniveau.

183 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 61 ff., 78 ff.; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 144, 148 ff. 184 BVerfGE 83, 60 (71 f.). 185 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 82. 186 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 2. Zum Verhältnis von Legitimation und Legitimität im GTAZ siehe Kapitel 3 A. VI. 2., VII. 2., VIII. 2. b) dd). 187 BVerfGE 107, 59 (91).

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2. Das klassische Modell der Verwaltungslegitimation a) Legitimationssubjekt und Legitimationsobjekt Mit Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG wird der Gesellschaftsform der Bundesrepublik die Volkssouveränität zugrunde gelegt. Das deutsche Volk ist das Subjekt von Legitimation und Zurechnung188, die Herrschaftslegitimierenden sind gleichzeitig die Herrschaftsunterworfenen.189 Legitimationsobjekt ist die Staatsgewalt. Der Begriff ist weit zu verstehen190 und umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts neben sämtlichem Handeln der Verwaltung mit Entscheidungscharakter auch bloß vorbereitende wie konsultative Maßnahmen, die innerbehördlich für die sachangemessene Wahrnehmung von Amtsaufgaben und Mitentscheidungsbefugnissen einschließlich der Ausübung von Vorschlagsrechten erforderlich sind.191 In der Folge sind weniger bedeutsame Staatsaufgaben nicht von vornherein aus dem Bereich der Staatsgewalt herausgenommen192 ; es existiert kein entsprechender „Bagatellvorbehalt“. Demnach ist in allgemeiner Formulierung festzuhalten, dass dasjenige rechtserhebliche Handeln, welches den Organen nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG zugerechnet werden kann, auch legitimationsbedürftig ist.193 Dementsprechend ist grundsätzlich auch ein solches Handeln erfasst, das durch die Bahnen von Netzwerken gelenkt wird. Ob sich hingegen das Maß an demokratischer Legitimation nach der Bedeutung der zu erfüllenden Aufgabe richten kann, ist eine Frage nach dem Legitimationsniveau und nicht danach, ob überhaupt Staatsgewalt vorliegt.

188 BVerfGE 83, 37 (50 ff.); 83, 60 (71); Schnapp, in: v. Münch/Kunig, GGK I, Art. 20 Rn. 26. 189 Eingehend zum Grundsatz der Volkssouveränität und Subjekt der Legitimation Böckenförde, Demokratie und Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 24 Rn. 2 ff., 9 ff.; Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, S. 34 ff.; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, S. 322 ff.; Grawert, Staatsvolk und Staatsangehörigkeit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 16 Rn. 27 ff.; Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 60 ff.; Köller, Funktionale Selbstverwaltung und ihre demokratische Legitimation, S. 45 ff.; Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 148 ff.; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt -Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 17 ff.; zum Verständnis von Souveränität Randelzhofer, Staatsgewalt und Souveränität, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 17 Rn. 1 ff.; Unger, Das Verfassungsprinzip der Demokratie, S. 57 ff. 190 Sommermann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG II, Art. 20 Rn. 145. 191 BVerfGE 47, 253 (273); 83, 60 (73 f.); 93, 37 (68 ff.); 107, 59 (87). Eingehend zur Staatsgewalt als Legitimationsobjekt Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 II Rn. 89 ff.; Köller, Funktionale Selbstverwaltung und ihre demokratische Legitimation, S. 38 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 169 ff.; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 6. 192 Köller, Funktionale Selbstverwaltung und ihre demokratische Legitimation, S. 40; Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 175 ff. 193 Schnapp, in: v. Münch/Kunig, GGK I, Art. 20 Rn. 26.

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b) Die Formen der Legitimation Der effektiv-tatsächliche Einfluss des Legitimationssubjektes auf das Legitimationsobjekt wird durch das Zusammenspiel der Legitimationsarten sichergestellt. Außerhalb der Wahlentscheidung erfolgt die Zurechnung der Staatsgewalt zum Staatsvolk über die institutionell-funktionelle, organisatorisch-personelle und sachlich-inhaltliche oder auch materielle Legitimation.194 In ihrem unterschiedlichen Zusammenwirken formen die Legitimationsarten zugleich ein bestimmtes Legitimationsniveau. Trute weist bezüglich der Legitimation der Verwaltung auf Folgendes hin195 : Vor allem würden die personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation als Mittel des klassischen Modells fungieren. Transferiert in verwaltungsorganisationsrechtliche Terminologie fiele dabei auf, dass die Legitimationsleistung – für die Verwaltung(sorganisation) zentralen Kategorien – durch Organisation und Verfahren allenfalls einfließe, nicht jedoch eigenständig ausgeprägt sei. aa) Die institutionell-funktionelle Legitimation Die institutionell-funktionelle Legitimation kennt zwei Spielarten: Zunächst sichert sie die von der Verfassung in Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG vorgegebene Existenz der drei Gewalten als „gewollte“ Staatsfunktionen, durch die das Volk seine Staatsgewalt ausübt.196 Darüber hinaus umfasst sie die institutionelle Errichtung von Verwaltungseinheiten und Organen durch Parlamentsgesetz und weist ihnen funktionell in Verbindung mit weiteren Verfassungsnormen ihre spezifischen Kompetenzen und Aufgaben zu.197 So zeichnet sich diese Legitimationsart primär durch die verfassungsrechtliche Legitimation der Existenz dieser Institutionen und derer Kompetenzen aus und trifft weniger Aussagen über einen konkreten Zurechnungszusammenhang zwischen Souverän und Staatsgewalt.198 Mithin ist sie eher im Bereich der Gewaltenteilung angesiedelt und richtet sich explizit gegen eine einheitliche, nicht diversifizierte Funktionen- und Aufgabenverteilung. In diesem Sinne hebt die institutionell-funktionelle Legitimation auch die prinzipielle Eigenständigkeit der administrativen und gubernativen Exekutive neben den anderen beiden Gewalten hervor. Sie sichert die Verwaltung nicht nur hinsichtlich ihrer spezifischen Organisationsformen, ihrer autonomen Aufgaben, ihrer Perso194 Zur unterschiedlichen Bezeichnung als sachlich-inhaltliche oder materielle Legitimation siehe Köller, Funktionale Selbstverwaltung und demokratische Legitimation, S. 139 m. w. N. 195 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 42. 196 Schnapp, in: v. Münch/Kunig, GGK I, Art. 20 Rn. 27. 197 Windthorst, in: Gröpl/Windthorst/von Coelln, GG, Art. 20 Rn. 68. 198 Kritisch zur Bezeichnung der institutionell-funktionellen Legitimation als demokratische Legitimationsform Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, S. 357; Köller, Funktionale Selbstverwaltung und ihre demokratische Legitimation, S. 126 ff.; Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 179.

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nalhoheit und instrumentellen Repertoires.199 Zudem verbietet sie auch ihre Unterwerfung unter einen allumfassenden Parlaments- oder Gesetzesvorbehalt.200 bb) Die organisatorisch-personelle Legitimation Im Gegensatz zur institutionell-funktionellen Legitimation bezieht sich die organisatorisch-personelle Legitimation nicht auf das Organisationsganze, sondern auf die Legitimation des einzelnen Amtswalters (personelles Element) und seines Aufgabenbereichs (organisatorisches Element) nach dem „Prinzip der individuellen Berufung […] durch das Volk oder durch volksgewählte Organe“201. In ständiger Rechtsprechung betont so auch das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer ununterbrochenen Legitimationskette, ausgehend vom Volk, hin zu den mit den Staatsaufgaben betrauten Personen.202 Das personelle Element der Legitimation sichert die rechtmäßige Einbindung des Amtswalters in die jeweilige (Verwaltungs-)Organisationseinheit, ohne die die demokratische Legitimation unzureichend wäre.203 Die Einsetzung und individuelle Berufung eines Amtswalters der Exekutive erfordert daher zumindest eine mittelbare Legitimation durch eine ununterbrochene Legitimationskette, die über die Volksvertretung auf den Willen des Volkes zurückzuführen ist.204 Folglich steht die personelle Legitimation in engem Zusammenhang mit dem Ministerialprinzip, welches den Ministern im Rahmen ihrer Personal- und Organisationsgewalt die Verantwortung für die Auswahl und Ernennung der Amtswalter überträgt.205 Hinzu tritt das organisatorisch-legitimatorische Element, das verschiedene, aber konkrete Funktions- und Aufgabenzuweisungen an den Amtswalter vornimmt. Nicht gemeint ist damit eine Zuweisung im dienstrechtlichen Sinn, sondern die organi199 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 8, 31. 200 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 24 Rn. 15. 201 Herzog, Allgemeine Staatslehre, S. 210; zum Verhältnis beider Elemente zueinander siehe Köller, Funktionale Selbstverwaltung und ihre demokratische Legitimation, S. 129 f. 202 BVerfGE 47, 253 (275); 52, 95 (110 ff.); 83, 60 (71 f.); 93, 37 (66); 107, 59 (87); 119, 331 (366); 123, 39 (69). 203 Windthorst, in: Gröpl/Windthorst/von Coelln, GG, Art. 20 Rn. 70. Notwendig ist dabei eine konkrete und nicht nur abstrakte Legitimation, vgl. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 24 Rn. 16; eingehend zum personellen Element siehe auch Köller, Funktionale Selbstverwaltung und demokratische Legitimation, S. 130 ff. 204 Windthorst, in: Gröpl/Windthorst/von Coelln, GG, Art. 20 Rn. 71; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 9. 205 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 330 ff. Die Legitimationskette, beginnend mit der Wahlentscheidung, in Schritten nachvollziehend Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 180 f.

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satorische Entscheidung, den Betroffenen mit der Wahrnehmung einer konkreten Aufgabe zu betrauen.206 Diese Entscheidung wird durch gesetzliche oder administrative Normen des Verwaltungsorganisationsrechts getroffen, die die Akteure und Akteursstrukturen nicht nur konstituieren, sondern auch ausgestalten. Neben der Aufgabenzuweisung werden unter anderem Auswahl- und Zuständigkeitsregelungen implementiert, Organe und Kontrastorgane gebildet, Formen der Beteiligung bestimmt, hierarchische Verantwortungsbeziehungen und Kontrollrechte ausgeformt, Regelungen über Entscheidungsbildungsprozesse, Informationsgewinnung und - verteilung getroffen oder die Öffnung beziehungsweise Schließung der Organisation für verschiedene Interessen bestimmt.207 Wie bereits im Zusammenhang von Organisationsstruktur und Entscheidungsproduktion gesehen, haben die verwaltungsorganisationsrechtlichen Normen eine besondere Bedeutung: Sie bestimmen zwar nicht das konkret-individuelle Verhalten des Amtswalters, wirken sich aber durch die Ausgestaltung der administrativen Strukturen insgesamt auf die binnenorganisatorische Verfahrensweise und Umsetzung der gemeinwohlorientierten Programme aus.208 Der legitimatorischen Wirkung der Normen ist dies jedoch nicht abträglich. Ganz im Gegenteil bildet das Organisationsrecht „in seiner Ausrichtung auf die Verantwortungs- und Entscheidungsstrukturen […] eine komplementäre Form der Legitimation“, indem es der „Aktualisierung der Gemeinwohlverantwortung des Gesetzgebers“ dient.209 cc) Die sachlich-inhaltliche Legitimation Die dritte klassische Legitimationsform sichert die Bindung des Inhalts, des Umfangs und der Grenzen staatlichen Handelns an den Willen des Volkes und dessen Wahlentscheidung.210 In einer parlamentarischen Demokratie, wie die Bundesrepublik eine ist, fungiert das formelle Gesetz als „Garant rechtsstaatlich gebändigter Sozialgestaltung“ sowie als zentrales Legitimationsvermittlungselement.211 Es vermittelt aber nicht nur den Auftrag und die Grenzen staatlich legitimen Handelns, 206 Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 269; Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 84 m. w. N. 207 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 44. Zur prozeduralen Dimension der Legitimation siehe § 6 Rn. 47 f. 208 Vgl. Schulte-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 12 Rn. 150 f. 209 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 43. Ebenso Schmidt-Aßmann, Verwaltungsorganisationsrecht als Steuerungsressource – Einleitende Problemskizze, in: Schmidt-Aßmann/ Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 61 f. 210 Windthorst, in: Gröpl/Windthorst/von Coelln, GG, Art. 20 Rn. 72. 211 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 7, zu Leistungsfähigkeit und Leistungsgrenzen des Gesetzes siehe dort, Rn. 8 ff.; Schulze-Fielitz, Theorie und Praxis parlamentarischer Gesetzgebung, S. 206 ff.

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sondern formt darüber hinaus seine Handlungsweisen und Befugnisse und bestimmt die Grundzüge der Organisation.212 Dies gilt neben den speziellen Verwaltungsorganisations- und Verfahrensvorschriften auch für alle anderen Formen und Inhalte von Gesetzen.213 Die sachlich-inhaltliche Legitimation wirkt bezogen auf die Verwaltung im Wesentlichen über zwei ineinandergreifende Elemente: Auf der einen Seite stellt sie mittels Art. 20 Abs. 3 GG die Bindung der Verwaltung an das Gesetz sicher.214 Die inhaltliche Rückbindung an den Souverän wird durch die Verankerung des Gesetzgebungsrechts beim Parlament als unmittelbar demokratisch legitimiertes Organ gewährleistet.215 Die Gesetzesbindung wird auf der anderen Seite durch die demokratische Verantwortlichkeit der Volksvertreter und der Regierung gegenüber dem Volk und die sie begleitenden Instrumente der Weisung, Aufsicht, Kontrolle und Abberufung flankiert.216 So beinhaltet die sachlich-inhaltliche Legitimation auch Sanktionsformen zur Durchsetzung des Volkswillens. Unmittelbarstes Sanktionsmittel ist der periodisch wiederkehrende Wahlakt des Volkes selbst, an den die Verantwortlichkeit der Regierung und Minister anknüpft.217 Unmittelbare Verantwortlichkeit besteht dabei für regierungs- oder ministereigenes, mittelbare Verantwortlichkeit für das Handeln nachgeordneter Verwaltungseinheiten, die der entsprechenden Weisungs- und Aufsichtsgewalt unterliegen. Die Verantwortlichkeit selbst wird aus zwei verschiedenen Perspektiven gesichert: Zum einen ermöglichen verschiedenste parlamentarische Kontrollrechte eine Untersuchung und damit zumindest auch eine ex post wirkende Beeinflussung der Tätigkeit der Regierung und Verwaltung.218 Zum anderen wirken exekutivintern verschiedene Sicherungsmechanismen. Zu diesen zählen unter anderen das Weisungsrecht, administrativ erlassene Verwaltungsvorschriften oder Rechtsverordnungen, die Rechts- und Fachaufsicht sowie Selbsteintritts- und Letztentscheidungsrechte.219 Dem exekutivin212 Grundlegend Scheuner, DÖV 1969, S. 585 (585 ff.); Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 4. Kap. Rn. 7. Zu aus der Basislegitimation abzuleitenden Grenzen der Tätigkeit des GTAZ siehe Kapitel 3 A. VIII. 2. b). 213 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 11. 214 Eingehend zur Rechtsbindung der Verwaltung Reimer, Das Parlamentsgesetz als Steuerungsmittel und Kontrollmaßstab, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 9 Rn. 74 ff. 215 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR 3 II , § 24 Rn. 21; weitergehend zur legitimatorischen Leistung des Budgetrechts Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 85. 216 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 10. 217 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 24 Rn. 21. 218 Genannt seien neben dem Haushaltsrecht insbesondere die Rechte parlamentarischer Anfragen und Untersuchungen, Informations-, Zitier- und Interpellationsrechte sowie Misstrauensbekundungen. Ausführlich zur parlamentarischen Kontrolle siehe Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 187 f. 219 Ausführlich Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 189 ff.

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ternen Verantwortlichkeitsgedanken liegt die Annahme der Verankerung der Weisungsbefugnisse in Art. 65 S. 2 GG zugrunde, verbunden mit der weiteren Annahme, dass alle Verwaltungsbereiche ihrem jeweiligen Ressort unterstellt sind und dass jedem Minister bzw. der Regierung Instrumente zur Durchsetzung ihrer Verantwortung zustehen. Die sich daraus ergebende vertikale Kette von Weisungsgewalt und -gebundenheit fungiert somit als notwendige Ergänzung der parlamentarischen Verantwortung und trägt wesentlich zur Kreation des Grund- bzw. Idealtypus der demokratisch-hierarchisch strukturierten Verwaltung bei.220 Darüber hinaus ergänzen sich die beiden Elemente der sachlich-inhaltlichen Legitimation auf einer weiteren Ebene. Dort, wo sich staatliche Tätigkeit durch fragmentarische Formen demokratischer Verantwortlichkeit und Weisungsgebundenheit kennzeichnet, ist korrelativ eine engere Bindung an inhaltlich bestimmte Gesetze ohne eigene Gestaltungsspielräume erforderlich.221 Eine hinreichend konkrete Vorzeichnung durch Gesetz kann jedoch insofern Schwierigkeiten bergen, als dass sie in abstrakt-generalisierender Form eine Vielzahl konkret-individueller Sachverhalte zu regeln versucht. Um einer in diesem Rahmen drohenden zu schwachen inhaltlichen Legitimationsleistung vorzubeugen und gleichzeitig die administrative Flexibilität aufrechtzuerhalten, hat das formelle Gesetz zumindest die administrativen Konkretisierungszüge genau vorzuzeichnen.222 Umgekehrt ist in vollständig ausdifferenzierten Weisungssystemen keine derart strenge Gesetzesbindung nötig, vielmehr ermöglichen sie der Verwaltung großräumigere Handlungsspielräume. Dennoch ist dieser ausschließliche Wechselbezug nicht zwingend. Vielmehr kann der Gefahr übermäßiger Verselbstständigung auch durch die Schaffung von Berichtspflichten, Kontrastorganen, Evaluationen oder Kontrollverbünden von konkurrierenden Behörden, Beiräten oder Gremien entgegengewirkt werden.223

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Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 13, der darauf verweist, dass eine Abweichung von diesem Idealtyp nur dort gerechtfertigt sei, wo es zwingende sachliche oder verfassungsrechtliche Gründe gebe; siehe auch Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 329 ff. 221 Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 24 Rn. 22; aus der Sicht der Kontrolle formulierend Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 66 m. w. N. 222 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 84, der darauf hinweist, dass sich hierin auch die legitimatorische Bedeutung des für das Verwaltungsorganisationsrecht wichtigen institutionellen Gesetzesvorbehalts zeige. 223 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 68.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

c) Legitimationsniveau und Legitimationsverantwortung Wie soeben im Kleinen für die sachlich-inhaltliche Legitimation erläutert, verdeutlicht schon die Vielzahl der einzelnen Rückbindungsmöglichkeiten, dass die Legitimitätsherstellung nicht für alle Fälle der Ausübung von Staatsgewalt gleich ist, sein muss und sein kann.224 Zwingend ist stets eine hinreichende Legitimation der Ausübung staatlicher Tätigkeit. Ob ein hinreichender demokratischer Legitimationsgehalt erreicht wurde, ist, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgend, keine Frage der Form der demokratischen Legitimation, sondern vielmehr nach deren Effektivität.225 Für die Beurteilung des Legitimationsniveaus haben die Formen der institutionellen, funktionellen, sachlich-inhaltlichen und personellen Legitimation nicht je für sich, sondern nur in ihrem Zusammenwirken Bedeutung.226 Darüber hinaus ist das Legitimationsniveau nicht nur nicht einheitlich vorgegeben, sondern hat im Bereich der Exekutive auch „die Funktionenteilung zwischen der für die politische Gestaltung zuständigen, parlamentarisch verantwortlichen Regierung und der zum Gesetzesvollzug verpflichteten Verwaltung zu berücksichtigen“.227 Wird die hierarchische Ministerialverwaltung also zum Regeltypus erkoren, bestimmt sie auch das Legitimationsniveau, sodass Abweichungen in der Organisationsform begründungsbedürftig werden. Denn dann besteht eine Vermutung dahingehend, dass eine Abweichung von diesem Idealtypus auch die Effektivität des institutionellen Arrangements beeinträchtigt.228 Die Klärung, ob im konkreten Fall, insbesondere auch in Netzwerkstrukturen, also tatsächlich hinreichende Legitimation und Effektivität gewährleistet sind, erfordert mithin eine komplexe normative Bewertung des Einzelfalls.229 Diesbezüglich kommt dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung und Ausgestaltung der Organisationsformen und des hinreichend effektiven Zurechnungszusammenhangs eine Einschätzungsprärogative zu.230 In Korrelation obliegt ihm dann auch die Legitimationsverantwortung für die Einhaltung der soeben aufgeführten Legitimationsstandards, Effektivität und reellen Rückbindung an den Souverän. Diesbezüglich kommen dem Gesetzgeber Beobachtungs- und Nachbesserungspflichten zu, in deren Rahmen er Legitimationsstörungen oder -unterbrechungen zu beheben und für eine hinreichend wirksame Ausgestaltung des institutionellen Arrangements zu sorgen hat.231 Für das GTAZ wird sich die Frage nach hinreichender Legitimation und

224

Vgl. Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 197. BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (67). 226 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (66 f.). 227 BVerfGE 83, 60 (72); 93, 37 (66 f.); BVerwGE 106, 64 (74). 228 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 14. 229 Vgl. Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 1. Kap. Rn. 49. 230 Vgl. BVerfGE 107, 59 (99 f.). 231 BVerfGE 107, 59 (99 f.); 93, 37 (74). 225

B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit

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Erforderlichkeit einer eigenständigen Rechtsgrundlage gerade auch vor dem Hintergrund dieser Pflichten stellen. 3. Alternative Legitimationsansätze – Output-Legitimation verselbstständigter Verwaltungseinheiten Die Existenz des klassischen Legitimationsmodells verbietet jedoch nicht seine Ergänzung durch andere Formen der Verwaltungslegitimation. Neben die formelle Dimension tritt eine weitere, materielle Komponente, die eng mit der Frage nach sozialer Legitimität verknüpft ist.232 Gerade auch für die Beurteilung alternativer, im Sinne von nicht klassischen, Organisationsformen wie Netzwerken oder Gemeinsamen Zentren, kann diese Art der Legitimation stärkere Bedeutung erlangen. Gemeint ist die auf Scharpf zurückgehende sog. Output-Legitimation.233 Der Legitimation organisatorischer Strukturen ist nämlich nicht bereits durch die Schaffung bloß formaler Ableitungsketten, wie das klassische Modell sie dem Grunde nach vorgibt, Genüge getan. Vielmehr erfordert sie darüber hinaus reelle, tatsächliche Legitimation. Über den Bezugspunkt der Output-Legitimation besteht im Gegensatz zu deren grundsätzlicher Akzeptanz Uneinigkeit. So wird teilweise auf das Ergebnis des politischen Prozesses, die Bewährung einer Norm oder die Ausrichtung auf Herrschaftszwecke abgestellt.234 Auch die Akzeptanz durch den Bürger könne für die Qualität demokratischer Legitimation maßgeblich sein.235 Diesbezüglich betont Trute jedoch richtigerweise, dass es für die normative Legitimation weder auf faktische Bewährung, Akzeptanz noch konkrete Ergebnisse der politischen Tätigkeit ankommen könne.236 Legitimation und Legitimität bedingen zwar einander, dennoch sind sie streng voneinander zu unterscheiden. Output-Legitimation ist vielmehr als „Problemlösungsfähigkeit“ der Herrschaftsgewalt zu verstehen.237 Maßgeblich ist die „wünschbare Qualität von Entscheidungen“ und daher die Einrichtung ergeb232

Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 66 m. w. N. Zu weiteren Formen autonomer Legitimation siehe Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 90 ff.; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 55. 233 Vgl. Peters, Elemente einer Theorie der Verfassung Europas, S. 521 ff. m. w. N. 234 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 53. 235 Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, S. 27; Hermes, Legitimationsprobleme unabhängiger Behörden, in: Bauer/Huber/Sommermann (Hrsg.), Demokratie in Europa, S. 467, insb. 470; Luhmann, Legitimation durch Verfahren, S. 27 ff.; zur Verankerung des Steuerungsziels „Akzeptanz“ im Grundgesetz siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 80. 236 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 53. 237 Schliesky, Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, S. 601.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

nisorientierter Organisationsstrukturen, durch die diese bestimmte Qualität erreicht werden kann.238 Insofern findet die politische Tätigkeit als Aktualisierung der Förderung des allgemeinen Wohls im Gemeinwesen Eingang in den Legitimationsprozess.239 Diese Legitimationsform wirkt insbesondere im Bereich der Verselbstständigung und Pluralisierung der Verwaltung. Organisatorische Ausdifferenzierung und Pluralisierung, verstanden als Öffnung der Administration für Träger gesellschaftlicher Interessen, haben in der Verwaltung lange Tradition.240 Seit jeher sind sie nichts anderes als mehr oder minder adäquate, jedenfalls aber reelle Reaktion auf die Dynamik der vielfältigen politisch-gesellschaftlichen sowie europäisch-internationalen Umwelteinflüsse und -interessen.241 Für die Bewertung einer Verwaltungseinheit als selbstständig oder verselbstständigt kommt es dabei nicht maßgeblich auf ihre (nicht vorhandene) Rechtsfähigkeit an.242 Denn „gewollte oder ungewollte Ausgliederungseffekte“ können auch unterhalb dieser Schwelle durch andere organisationsrechtliche Elemente in Erscheinung treten.243 Verselbstständigungen sind in vielerlei Formen und Intensitätsstufen denkbar. Genannt sei etwa die Schaffung eigenständiger korporativer Akteure244 oder die Ausgliederung von Personal- und Sachmitteln245. In ablauforganisatorischer Hinsicht ist die Etablierung eigenständiger Kommunikations-, Willensbildungs-, Handlungs- und Entscheidungswege 238 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 53. Zu den Gründen der Einrichtung von Netzwerken siehe Kapitel 2 B. II. 2., im Besonderen für das GTAZ Kapitel 3 A. 239 Peters, Elemente einer Theorie der Verfassung Europas, S. 522. 240 So weist Schmidt-Aßmann in Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 34 auch darauf hin, dass der Einheitsgedanke weniger einem Bauprinzip der Verwaltung gleicht, als dass Verselbstständigungen vielmehr eine verwaltungsrechtliche Tradition genießen. Eingehend zu pluralisierten Verwaltungseinheiten siehe Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 41 ff.; zu Arten der Ausdifferenzierung siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 6 ff.; zum Verlust demokratischer Einheit und Kontrolle als Folgeproblem der Pluralisierung Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 283 ff.; Ladeur, DV 26 (1993), S. 137 ff. 241 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 60 f. Ausführlich zu Umwelteinflüssen auf die Organisation der Verwaltung Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbstständigte Verwaltungseinheiten, S. 191 ff.; mit Europarechtsbezug Schmidt-Aßmann, Verfassungsprinzipien für den Europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 5 Rn. 25 ff.; Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 24 f.; umfassend zur Internationalisierung der Verwaltung Tietje, Internationalisiertes Verwaltungshandeln, S. 29 ff. 242 Rechtfähigkeit kann gleichwohl ein Indiz für Verselbstständigung sein, vgl. Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 66. 243 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI3, § 108 Rn. 25. 244 Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 584. 245 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR VI3, § 108 Rn. 25.

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denkbar.246 Gemeinsamer Hintergrund aller Verselbstständigungen ist jedoch stets die Ausrichtung auf eine Organisationsstruktur, durch die Allgemeinwohlziele nicht nur erfolgreich umgesetzt werden können, sondern die auch eine hohe Qualität von staatlichen Entscheidungen gewährleisten kann.247 Trotz des legitimen Ziels der Optimierung der Staatsfunktion ist mit der Verselbstständigung von Verwaltungseinheiten stets auch die Gefahr einer „Verantwortungsdiffusion“ und eines Legitimationsdefizits verbunden,248 zumindest dann, wenn die Verselbstständigung das Entscheidungs- und Kontrollsystem der Verwaltung nicht nur unwesentlich betrifft, stellt sich die Frage nach dem institutionellen Gesetzesvorbehalt.249 Dennoch muss auch im Bereich weniger intensiver Verselbstständigungen die Rückbindung an den Souverän gewährleistet sein. Im Ausgangspunkt ist daher entscheidend, ob politisch motivierte „Sachgründe“, die die erwartbare Entscheidungsqualität berücksichtigen, vorliegen, die die Verselbstständigung durch gesteigerte Funktionalität rechtfertigen.250 Nichtsdestotrotz erfordert Ausgliederung ein gewisses Maß an legitimatorischer Reintegration und Rückbindung an den Souverän. Im Rahmen der Ermittlung des erforderlichen Legitimationsniveaus sind jedoch die konkreten Vorteile der Ausoder Umlagerung von Sachbereichen oder Konzentration gewisser Personal- und Sachmittel zu beachten, um deren positive Wirkung nicht zu boykottieren. Eine ausgleichende Reintegration verfügt im Wesentlichen über zwei Mittel:251 Ein (gesetzgeberischer) Akt der Institutionalisierung ermöglicht es, insbesondere die Binnengliederung, Personal- und Aufgabenstruktur sowie Verfahrens- und Entscheidungswege vorzuzeichnen und so Transparenz zu schaffen. In einem weiteren Schritt sind neben Mitteln der Ex-ante-Bindung vor allem solche der Ex-post-Kontrolle notwendig. Beide Aspekte werden auch im Rahmen der näheren Betrachtung der gegenwärtigen Ausgestaltung des GTAZ von besonderer Bedeutung sein.

246 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 63; Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 25. 247 Classen, Demokratische Legitimation im offenen Rechtsstaat, S. 39. Zu den Motiven von Verselbstständigung siehe Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch verselbstständigte Verwaltungseinheiten, S. 5 ff.; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 37 ff. 248 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 62. 249 Zumindest für die pluralistisch ausgelegte Verwaltung Reimer, Das Parlamentsgesetz als Steuerungsmittel und Kontrollmaßstab, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 9 Rn. 37; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 27, 46; Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 63. 250 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 66. 251 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 66.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

V. Kontrolle und Aufsicht „Ist die Verwaltung ihrem Sinne nach Vollziehung generell geformten Rechts, insbesondere der Gesetze, so besteht für jedes Verwaltungshandeln die Gefahr eines Widerspruches zu den Rechtssätzen, die in der Verwaltungshandlung angewendet werden sollen. […] Dazu kommt beim Verwaltungsbeamten – zum Unterschiede von der Stellung des Richters – […] die Gefahr einer – bis zu einem gewissen Grade sogar rechtlich zugelassenen – Beeinflussung der Verwaltungspraxis in einem dem objektiven Recht widersprechenden Sinne. Damit sind die Erklärungsgründe dafür angedeutet, daß, während der Verwaltung gewissermaßen mit der einen Hand eine Fülle von Verwaltungsgesetzen zur Handhabung überantwortet wurde, mit der anderen Hand eine Fülle von Kautelen aufgerichtet wurde, daß die Verwaltung die ihr mit den Verwaltungsgesetzes vorgezeichneten Schranken nicht durchbreche.“252 1. Verfassungsrechtliche Eckpfeiler der Kontrolle Die Existenz und Durchführung von Kontrollen ist sowohl aus verfassungsrechtlicher Sicht als auch unter dem Blickwinkel der Akzeptanz und Qualität der Verwaltung ein unverzichtbares Steuerungsmittel mit ebensolcher Tradition, wie sie die Ausdifferenzierung und Pluralisierung der Verwaltung haben.253 Sie fungiert in rechenschaftspflichtiger Weise als Gewährleistung von Maßstabs- und Rechtsnormentreue, ist informatives Kommunikationsmittel und dient der Geltendmachung von Verantwortlichkeiten sowie dem Lernen und der Förderung des Kontrollierten.254 Der Kontrolle liegen maßgeblich drei Verfassungsstrukturprinzipien zu Grunde: das Demokratieprinzip, das Rechtsstaatlichkeitsprinzip und die Grundsätze der Gewaltenteilung. In erster Linie bildet die Kontrolle das verfassungsrechtliche Korrelat der demokratischen Verantwortung. Wie bereits dargestellt, hat die Volksvertretung die Ausübung staatlicher Herrschaftsgewalt gegenüber dem Souverän und originären Träger der Herrschaftsgewalt zu rechtfertigen. Mithin handelt sie nicht eigen-, sondern im Ergebnis fremdverantwortlich, da sie die ihr anvertraute Kompetenz im

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Merkl, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 363. Vgl. Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 39; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 101 Rn. 1; eingehend zur historischen Entwicklung und Tradition siehe Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 37 ff., 253 ff.; ausführlich zur Steuerungsfunktion der Akzeptanz siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 78 ff. Zum GTAZ als Kontrollobjekt Kapitel 3 A. VII. 254 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 8; Stößenreuther, Die behördeninterne Kontrolle, S. 38 ff., 74 ff., 85 ff.; für die Öffentlichkeitskontrolle Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 75. 253

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Sinne des Gemeinwohls auszuüben hat.255 Ohne Kontrolle und sanktionierende Korrektur normabweichenden oder sogar machtmissbräuchlichen Verhaltens drohte diese Gemeinwohlpflicht leerzulaufen.256 Besondere Bedeutung hat die Kontrolle daher für die personelle und sachlich-inhaltliche Komponente der Legitimation. Sie wirkt gleichsam als letztes Bindeglied der Legitimationskette, beginnend mit der Bindung der Verwaltung an das formelle Recht über die Ministerverantwortlichkeit hin zur weiterführenden Weisungsgebundenheit der Amtsträger.257 Des Weiteren sichert Kontrolle die rechtsstaatlichen Gebote des Vorrangs der Verfassung und des Gesetzes.258 In diesem Sinne übernimmt sie im Rahmen der administrativ zu treffenden Entscheidungen eine Sachrichtigkeitsgewährleistungsfunktion als Ausfluss der Gemeinwohlbindung der Staatsgewalt.259 Schlagwortartig formuliert, schafft Kontrolle Rechtmäßigkeit im Sinne von Legalität, Zeitrichtigkeit, Effizienz, Flexibilität, Innovationsoffenheit und Akzeptabilität.260 In dritter und letzter Hinsicht verfügt Kontrolle über ein verbindendes und koordinierendes Element. Sie führt die über Art. 20 Abs. 2 GG sachgegliederte Staatsgewalt wieder zusammen, um die durch die Aufgabentrennung entstehenden Abstimmungsbedürfnisse, Steuerungsprobleme und Reibungsverluste im Sinne der Absicherung der demokratischen Legitimation und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auszugleichen.261 Die Gewaltenteilung, verstanden in einem internen und externen Sinn, schafft zudem die Basis der „checks and balances“. So werden verwaltungsexterne Kontrollen, insbesondere in Form der parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle, errichtet, darüber hinaus kreiert die Gewaltenteilung eine organadäquate und funktionsgerechte Zuordnung

255

Hierbei handelt es sich um eine sog. Prinzipal-Agent-Beziehung, siehe dazu Sacksofsky, Anreize, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 40 Rn. 45 ff. Zum Begriff der Verantwortung siehe eingehend Scheuner, in: Ritterspach/Geiger (Hrsg.), FS Gebhard Müller, S. 379 (384 f.). 256 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 71; vgl. BVerfGE 3, 225 (247); 7, 183 (188) und Jarass, Politik und Bürokratie als Elemente der Gewaltenteilung, S. 5 f. In diesem Sinne zur Beobachtungspflicht des Gesetzgebers bezüglich der Ausgestaltung des Sicherheitsapparates die einleitenden Worte in Kapitel 3. 257 Vgl. BVerfGE 83, 60 (72 f.); 93, 37 (67); Dreier, Hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 129 ff.; Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 65; Schmidt-Aßmann, AöR, Bd. 116 (1991), 329 (357 f.). 258 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 493 ff. 259 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 68. 260 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 69; im Einzelnen zu den genannten Begrifflichkeiten Pitschas, Maßstäbe des Verwaltungshandelns, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 42 Rn. 139 ff., 168 ff., 201 ff., 226 ff. 261 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 70.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

von Staatsgewalt durch gegenseitige Kooperation mit dem Ziel optimaler Gemeinwohlverwirklichung, Sachrichtigkeit, Rationalität und Effizienz.262 2. Der Kontrollbegriff – Maßstab, Mittel und Arten Unter dem (staatsrechtlichen) Begriff der Kontrolle (aus dem Französischen contre für „gegen“ und rôle für „Rolle“263) wird gemeinhin die unabhängige Überprüfung des Handelns einer staatlichen Stelle durch eine andere staatliche oder private Stelle verstanden, die auf einem Soll-Ist-Vergleich beruht.264 So unterschiedlich die Begriffsverständnisse und Verwendungskontexte von Kontrolle und Aufsicht auch sind265, so sehr herrscht wiederum Einigkeit darüber, dass sie einseitige Mittel der „Einwirkung auf eine Organisation zum Zwecke der Zielerreichung“266 darstellen, welche sich aus drei Phasen zusammensetzen: Beobachten, Prüfen und berichtigendem Einschreiten.267 Für das Verständnis ist eine grundsätzliche begriffliche Abgrenzung von Kontrolle, Aufsicht und Leitung unerlässlich. Mit der Differenztheorie kann Aufsicht als (praktisch wichtigste) Unterkategorie der Kontrolle angesehen werden.268 Kurz gefasst, besteht der Unterschied zwischen ihnen darin, dass die Berichtigung bei der Kontrolle ein fakultatives, bei der Aufsicht ein obligatorisches Begriffsmerkmal ist, die Kontrolle wiederum stärker auf einer Koordination der Beteiligten basiert, 262

Eingehend zum Grundsatz funktionsgerechter Organstruktur als Ausprägung des Gewaltenteilungsgrundsatzes siehe BVerfGE 68, 1 (86 f.); 95, 1 (15); 98, 218 (251 f.); Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 27 Rn. 10; Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 72; Möstl, Sicherheitsgewährleistung im gewaltenteilenden Rechtsstaat, in: Demel et al. (Hrsg.), Funktionen und Kontrolle der Gewalten, S. 58; von Danwitz, Der Staat 35 (1996), S. 329 (329 ff.). 263 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=Kontrolle (zuletzt aufgerufen am 07. 03. 2014). 264 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 101 Rn. 1; eingehend zum Begriff der Kontrolle siehe Püttner, Verwaltungslehre, S. 342 ff.; Schmidt-Aßmann, Verwaltungskontrolle: Einleitende Problemskizze, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 12 ff. 265 Dies verdeutlichen insbesondere die Ausführungen von Schmidt-Aßmann, Verwaltungskontrolle: Einleitende Problemskizze, in: ders./Hoffman-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 12 ff. und Stößenreuther, Die behördeninterne Kontrolle, S. 25; zum juristischen Verständnis von Verwaltungskontrollen siehe auch Schneider, Verwaltungskontrollen und Kontrollmaßstäbe in komplexen Verwaltungsstrukturen, in: Schmidt-Aßmann/HoffmannRiem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 273 ff. 266 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 356. 267 Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 59. 268 Ausführlich zum Verhältnis der Aufsicht zur Kontrolle Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 14 ff. mit weiterführenden Hinweisen zur Differenz- und Synonymitätstheorie.

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während Aufsichtsverhältnisse eher durch Subordinations- und Hierarchiestrukturen gekennzeichnet sind.269 Der Begriff der Leitung ist hingegen konträr zu verstehen. Kontrolle setzt Eigenständigkeit des zu Kontrollierenden voraus, Leitung ist nur im Bereich von Fremdverantwortung möglich.270 Des Weiteren ist zwischen dem Maßstab, den Mitteln und den Arten der (Verwaltungs-)Kontrolle zu unterscheiden. Die Bandbreite an Aufsichtsmitteln, -modi und -intensitäten ist nahezu unüberschaubar.271 Hinsichtlich des Kontrollmaßstabs findet sich die inhaltliche Differenzierung zwischen Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht. Rechtsaufsicht besteht gegenüber rechtlich verselbstständigten, sprich organisatorisch dezentralisierten Verwaltungseinheiten.272 Sie umfasst lediglich die Befugnis zur Überwachung der Rechtmäßigkeit des zu beaufsichtigenden Verhaltens.273 Im Gegensatz dazu beinhaltet die Fachaufsicht darüber hinaus auch die Prüfung der Zweckmäßigkeit von Verwaltungshandeln in hierarchisch angelegten Verwaltungsgebilden.274 Die Dienstaufsicht im Sinne einer allgemeinen Organaufsicht beschreibt dahingegen die Kontrolle über „administrativ-hierarchisch nachgeordnete Verwaltungseinheiten als Verwaltungskörper“.275 Zeitlich betrachtet, wird zwischen präventiven, repressiven oder kombiniert präventiv-repressiven Mitteln unterschieden.276 Zu den nach Intensität gestaffelten Aufsichtsmitteln gehören vor allem das Auskunftsverlangen, die Beanstandung, die Aufhebung der erfolglos beanstandeten Maßnahme, der Selbsteintritt, die Einsetzung eines Staatsbeauftragten und die aufsichtsbehördliche Auflösung von Vertretungen auf Körperschaftsebene.277 Der Einsatz der Aufsichtsmittel ist stets am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Welche Mittel konkret zum Einsatz kommen können oder sogar müssen, richtet sich in nicht unerheblichem Maß nach verfassungsrechtlichen 269 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 15; Schmidt-Aßmann, Verwaltungskontrolle: Einleitende Problemskizze, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 12 ff. 270 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 29, auch zum Begriff der Leitung Rn. 27 ff. 271 Nach Becker, Öffentliche Verwaltung, S. 872, sind 2880 unterscheidbare Varianten von Kontrolle möglich; eingehend zu den Kontrollformen siehe Lecheler, Verwaltungslehre, S. 215 ff.; Püttner, Verwaltungslehre, S. 353 ff.; Thieme, Verwaltungslehre, S. 330 ff. 272 Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 51. 273 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 102 f.; Wolff/Bachof/Stober/ Kluth, VerwR II, § 101 Rn. 13 f.; zu den Mitteln der Rechtsaufsicht siehe Maurer, VerwR, § 23 Rn. 19 ff. 274 Eingehend zur Fachaufsicht siehe Groß, DVBl 2002, S. 793 ff.; Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 99 f. Zur Fachaufsicht des BMI über das BfV und das BKA im GTAZ siehe Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 275 Innerbehördlich wird die Dienstaufsicht als Amtsaufsicht bezeichnet, siehe Loeser, System des Verwaltungsrechts II, § 10 Rn. 51. 276 Maurer, VerwR, § 23 Rn. 19 ff. 277 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 45 ff.

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Anforderungen, wie denen des Gebots demokratischer Legitimation, bundesstaatlichen Abstufungen oder Gewährleistungen kommunaler bzw. funktionaler Selbstverwaltung.278 Hinsichtlich der Arten der Kontrolle ist zwischen Eigen- und Fremdkontrollen zu unterschieden.279 Die Eigenkontrolle, teils auch Selbstkontrolle genannt, bezeichnet die Überprüfung von Verwaltungshandeln einer Verwaltungseinheit durch die erlassende oder eine ihr übergeordnete Verwaltungseinheit, jedenfalls aber durch die Verwaltung selbst.280 Sie orientiert sich an den Maßstäben der Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, wobei dem der Rechtmäßigkeit „als konkretisiertes Verfassungsrecht“ besondere Bedeutung zukommt.281 Zu den Aufsichtsobjekten der Selbstkontrolle gehören die Amtsaufsicht, die Behördenaufsicht, die Körperschaftsaufsicht, die Aufsicht über Anstalten und Stiftungen sowie verschiedene Formen der Sonderaufsicht.282 Auf der anderen Seite steht die Fremdkontrolle in Form der parlamentarischen, gerichtlichen und Finanzkontrolle sowie der Kontrolle durch Schaffung von Öffentlichkeit. 3. Grundformen verfassungsrechtlich verlangter Kontrolle Wie beschrieben, ist die Kontrolle stark verfassungsrechtlich determiniert. Zu den Grundformen verfassungsrechtlich verlangter Kontrollen gehören die Formen der Staatsaufsicht im engen Sinne als Selbstkontrolle sowie die parlamentarische, gerichtliche als auch Finanz- und Öffentlichkeitskontrolle. Diese werden im Folgenden in gebotener Kürze dargestellt. a) Formen der Selbstkontrolle aa) Staatsaufsicht im weiten und engen Sinn Die sog. Staatsaufsicht kennt zwei Spielarten. In einem weiten Sinn erfasst sie alle Formen der Aufsicht über öffentlich-rechtliche Verwaltungsträger und deren intern wirkende Amtswalter. Die Staatsaufsicht im engen Sinn, auch bezeichnet als Verwaltungs- oder Selbstverwaltungsaufsicht, befasst sich hingegen konkret mit der Kontrolle dezentralisierter Verwaltungseinheiten. Zu ihr zählen die Aufsicht über 278

Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 60. 279 Übersichtsartig Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III2, § 47 Rn. 37 ff. 280 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 101 Rn. 6. 281 Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 2. 282 Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 6; eingehend zu Formen der Sonderaufsicht Pieper, Aufsicht, S. 89, 430 f.

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Beliehene und die Kommunalaufsicht.283 Diese Aufsichtsform umfasst die Überwachung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns, nicht jedoch die Überprüfung der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz (Fachaufsicht).284 bb) Bundesaufsicht Mit dem Begriff der Bundesaufsicht werden die Aufsichtsbeziehungen zwischen den Hauptverwaltungsträgern „Bund“ und „Länder“ bezeichnet. Sie ist weniger Staatsaufsicht i. e. Sinn, als systematisch mehr dem Staatsrecht zuzuordnen.285 Die Vorgaben an Inhalt und Umfang dieser Rechts- bzw. Fachaufsicht sind im Einzelnen den Art. 83 ff. GG zu entnehmen. cc) Organaufsicht Die allgemeine Organaufsicht erstreckt sich als Form der Selbstkontrolle der Verwaltung über Rechtmäßigkeits- und Zweckmäßigkeitsfragen. Soweit das Initiativrecht des Beaufsichtigten gewahrt bleibt, ist sie keine Form der Leitung, sondern klassische Aufsicht.286 Zu ihr zählt als zentrale Unterkategorie die sog. Behördenaufsicht.287 Sie ist in hierarchiegeprägten Verwaltungssystemen zu finden und umfasst als behördenübergreifende Kontrollform die Aufsicht einer übergeordneten Behörde über eine ihr nachgeordnete.288 Auch die Behördenaufsicht kennt zwei Spielformen: die allgemeine und die besondere. Von der allgemeinen Behördenaufsicht wird die Kontrolle des Aufbaus und der Organisation, des allgemeinen Geschäftsganges sowie der Personalführung und -verwaltung erfasst, daneben betrifft sie das Verhältnis zwischen dem Dienstvorgesetzten und dem diesem unmittelbar nachgeordneten Organwalter.289 Im Gegensatz dazu überwacht die besondere 283 Näheres siehe Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 42; Jestaedt, Grundbegriffe des Verwaltungsorganisationsrechts, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 14 Rn. 59; zur Kommunalaufsicht m. w. N. siehe Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 99 ff. 284 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 42. 285 Dies näher erläuternd Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 43 sowie Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 123. 286 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 173, eingehend zur Stellung der Organ- und Behördenaufsicht siehe ebenda S. 394 ff. 287 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 91; Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 6. 288 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 44; Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 21. 289 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 44; Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 91.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

Behördenaufsicht (auch Fachaufsicht) die recht- und zweckmäßige Erledigung von Aufgaben innerhalb der Verwaltung.290 Sie richtet sich jedoch ausschließlich an den jeweiligen Rechtsträger der beaufsichtigten Behörde und nicht an das konkrete Organ oder den Organwalter.291 dd) Amts- und Dienstaufsicht Die Amts- oder auch Dienstaufsicht bildet den organinternen Gegenpart zur Organ- bzw. Behördenaufsicht. Im Sinne einer Personalaufsicht befasst sie sich mit der Kontrolle des persönlichen Verhaltens nachgeordneten Personals durch den Dienstherren und ist durch die Merkmale der beamtenrechtlichen Gehorsamspflicht und des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses gekennzeichnet.292 Mithin handelt es sich um eine Aufsichtsform von Amtswalter zu Amtswalter und nicht um Staatsaufsicht gegenüber einem öffentlich-rechtlichen Verwaltungsträger.293 Da die Amtsführung, vorausgesetzt, das Amt wird verstanden als „anvertraute Herrschaft“294, wesentlich für die Verpflichtung des Amtswalters hinsichtlich des Gemeinwohls ist, ist gerade die Dienstaufsicht als zentraler Pfeiler der personellen Legitimation anzusehen. Gerade das persönliche Fehlverhalten eines Amtswalters oder eine Unterbrechung der Weisungsgebundenheit am letztausführenden Ende der staatlichen Handlungskette birgt eine Einbuße an demokratischer Legitimation.295 Folglich ist die Amts- und Dienstaufsicht nicht nur notwendiges Gebot des Demokratie- sowie Rechtsstaatsprinzips und stellt das Recht auf eine gesetzmäßige Verwaltung sicher, sondern ist zugleich ein wichtiges Instrument zur Steuerung des Verwaltungspersonals.296

290 Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 8 Rn. 44; Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 91. 291 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 92. 292 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 90; Pieper, Aufsicht, S. 421; eingehend zum Begriff der Dienstaufsicht siehe Lecheler, Verwaltungslehre, S. 251 ff., 270 f.; Püttner, Verwaltungslehre, S. 353 f. 293 Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 394 m. w. N.; Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 90; Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 6. 294 Diesen Begriff prägend Hennis, Die mißverstandene Demokratie, S. 13 ff. 295 Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 15. 296 Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 15.

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b) Formen der Fremdkontrolle aa) Parlamentarische Kontrollen Die parlamentarische Kontrolle ist im Wesentlichen eine umfassend einsetzbare politische (Aufgabenerfüllungs- und) Erfolgskontrolle.297 Weder ist sie thematisch begrenzt noch hat sie bestimmten Maßstäben zu folgen. Sekundär fungiert sie auch als Finanz- und Rechtskontrolle.298 Sie bildet die Kehrseite der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung und erstreckt sich auf die gesamte, dem Parlament nachgeordnete Verwaltung, samt der sachlichen Verwaltungsarbeit und dem persönlichen Verhalten der Amtsträger, einschließlich der verselbstständigten Verwaltungseinheiten.299 Typisch ist eine punktuelle, ex post wirkende Einflussnahme auf die Verwaltungstätigkeit, die weniger Sanktionscharakter besitzt, als dass sie vielmehr der schlichten Sachverhaltsaufklärung dient.300 Ausgelöst wird sie insbesondere durch vielgelagerte Hinweise aus der Öffentlichkeit oder den Medien.301 Aufgrund ihrer Unspezifität verfügt die parlamentarische Kontrolle über ein breites Spektrum an Aufsichtsmitteln. Nicht zuletzt ist es dieser Form der Kontrolle, insbesondere in ihrer Ausprägung der Kleinen Anfragen, zu verdanken, dass über das GTAZ und die Gemeinsamen Zentren auf Bundesebene zunehmend mehr oder weniger substanzielle Existenz- und Funktionsumschreibungen zugänglich werden.302 Neben der sogenannten allgemeinen parlamentarischen Kontrolle303 existieren auch spezifisch ausgerichtete Kontrollformen. Genannt seien etwa die speziellen parlamentarischen Kontrollen durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), das Vertrauensgremium und die G-10-Kommission.304

297 Schmidt-Aßmann, Verwaltungskontrolle: Einleitende Problemskizze, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 20. 298 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 73. 299 Vgl. BVerfGE 67, 100 (139); Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 73; zum parlamentarischen Regierungssystem Badura, Die parlamentarische Demokratie, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 25 Rn. 10 ff. 300 Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 187. 301 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 74 f. 302 Dazu Kapitel 3 A. VI. 2. 303 Zu dieser zählen insbesondere Enquete-, Zitierungs- und Interpellationsrechte, Kleine und Große Anfragen nach §§ 100 ff. GOBT, Berichtspflichten, aktuelle Stunden nach § 106 GOBT, öffentliche Debatten, Beschlüsse oder die Bestellung von Parlamentsbeauftragten, siehe Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 73; Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, S. 187 f. 304 Eingehend zur Reform der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste und des Gesetzes nach Artikel 10 GG siehe Huber, NVwZ 2009, S. 1321 (1321 ff.).

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bb) Gerichtliche Kontrolle Historisch gesehen, entwickelte sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle als schrittweise Verselbstständigung aus den Formen der Eigenkontrolle der Verwaltung.305 Sie umfasst regelmäßig eine fremdinitiierte, nachträgliche Kontrolle und dient dazu, die „Selbstherrlichkeit“306 der Exekutive einzuschränken und die „rechtlich determinierte Objektivität und Rationalität staatlichen Handelns zu gewährleisten“.307 Neben der Sicherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung im Sinne von Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG dient sie insbesondere der Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den Bürger.308 cc) Finanzkontrolle Die Finanzkontrolle bildet einen besonderen, stark institutionalisierten Teil der parlamentarischen Kontrolle und wird durch die Rechnungshöfe und Rechnungsprüfungsämter ausgeführt.309 So unterliegt nach § 88 BHO die gesamte Haushaltsund Wirtschaftsführung des Bundes einschließlich seiner Sondervermögen und Betriebe der externen Kontrolle durch den Bundesrechnungshof. Maßgeblich erfolgt eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zielerreichung des Verwaltungshandelns unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit. Als Instrument staatlicher Sozialgestaltung, Wirtschaftslenkung und Machtausübung bildet diese Kontrollform die Grundlage allen finanzwirksamen Handelns.310

305

Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 101 Rn. 8 m. w. N. BVerfGE 10, 264 (267). 307 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 128. 308 Vgl. Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG. Eingehend zur gerichtlichen Kontrolle siehe Schoch, Gerichtliche Verwaltungskontrollen, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 50. 309 BVerfGE 70, 324 (356); eingehend zu Haushalts- und Finanzkontrollen siehe Birk, DVBl 1983, S. 865 (865 ff.); Hoffmann-Riem, Finanzkontrolle der Verwaltung durch Rechnungshof und Parlament, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 73 ff.; Schiedermair, Selbstkontrollen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 48 Rn. 36 ff. 310 Degenhart, VVDStRL 55 (1996), S. 190 (197 ff., 204); Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 82; Kirchhof, NVwZ 1983, S. 505 (505 ff.). Die Kontrollobjekte sind in § 2 PO-BRH zu finden. Demnach erstreckt sich die Prüfung – unter anderem – auf die unmittelbare Bundesverwaltung, die Sondervermögen des Bundes, die Bundesbetriebe (§§ 88 Abs. 1, 113 BHO), die bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§§ 111, 112 BHO), einschließlich der Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (§ 112 Abs. 2 BHO). 306

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dd) Die Wächterfunktion der Öffentlichkeitskontrolle Als sogenannte „vierte Gewalt“311 im Staat verfügt die „Öffentlichkeit“ über eine nicht unerhebliche verfassungsrechtlich fundierte Kontrollfunktion.312 Als Öffentlichkeit werden in einem weiten Sinn sämtliche soziale Kommunikations- und Interaktionsvorgänge und -systeme verstanden, in denen Informationen erzeugt, bewertet, ausgetauscht und verarbeitet werden.313 Die Kontrolle durch den öffentlichen Diskurs liegt im Wesentlichen außerhalb von rechtlicher Anordnung. Sie ist vielmehr geprägt durch ein hohes Maß an Eigendynamik und Eigengesetzlichkeit.314 Die Öffentlichkeit hat als Forum der Gesellschaft und damit in großer Schnittmenge auch als Forum des Souveräns zentrale Bedeutung für die demokratische Legitimation durch Schaffung von Legitimität und Anerkennung. Denn öffentliche Kommunikation führt zu einer sich an den gegenwärtigen, gesellschaftlich veränderlichen und teils gegenläufigen Maßstäben orientierenden, fortlaufenden (kritisierenden) Beobachtung des Staatswesens.315 Aufgrund ihres alternativen, das heißt insbesondere von positivrechtlichen Normen losgelösten Blickwinkels bildet sie eine effektive Ergänzung des administrativen, gerichtlichen und parlamentarischen Kontrollgefüges und eine weitere Absicherung der demokratischen Rückbindung der Ausübung der Staatsgewalt an das Volk.316 ee) Datenschutzkontrolle Eine weitere zentrale, verfassungsrechtlich geforderte Kontrolle resultiert aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstdarstellung und der Integrität informationstechnischer Systeme.317 Nach § 1 Abs. 1 BDSG soll der Einzelne davor ge311

Eingehend zu dieser Begrifflichkeit siehe Di Fabio, Gewaltenteilung, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HStR II3, § 27 Rn. 14 ff. 312 Eingehend zur verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Fundierung der öffentlichen Kommunikation siehe Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 13 ff. 313 Eingehend zum Begriff der (Verwaltungs-)Öffentlichkeit Rossen-Stadtfeld, Kontrollfunktion der Öffentlichkeit – ihre Möglichkeiten und ihre (rechtlichen) Grenzen, in: SchmidtAßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungskontrolle, S. 118 ff.; Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 1 f. 314 Kahl, Begriff, Funktionen und Konzepte von Kontrolle, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 47 Rn. 136; Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 11. 315 Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 124. 316 Scherzberg, Öffentlichkeitskontrolle, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR III, § 49 Rn. 125 f. 317 Ausführlich zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen des Datenschutzrechts, insbesondere zum Ursprung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und informationellen Selbstbestimmungsrechts, Brink, in: Wolff/Brink, DatenschutzR, Syst. C Rn. 1 ff.

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schützt werden, dass er durch den Umgang mit seinen personenbezogenen Daten negativ in seinem persönlichen Rechtskreis beeinträchtigt wird.318 Folglich unterliegen alle öffentlichen Stellen des Bundes der datenschutzrechtlichen Kontrolle durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI).319 Die Aufgabe des BfDI sowie der Datenschutzbeauftragten der Länder besteht darin, die Einhaltung aller allgemein- und spezialgesetzlichen Datenschutzvorschriften zu kontrollieren und sicherzustellen.320 Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ist daher immer dann eröffnet, wenn es um den (behördlichen) Umgang mit personenbezogenen Daten i. S. v. § 3 Abs. 1 BDSG geht, was in sicherheitsrechtlichen Informationssystemen häufig der Fall ist. Erfasst werden damit alle Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person.321 Zu betonen ist außerdem, dass auch behördeninterne Datenübermittlungen zwischen verschiedenen Aufgabenbereichen einer Organisationseinheit der Kontrolle durch den BfDI unterliegen und nur zulässig sind, soweit die Voraussetzungen von § 14 BDSG erfüllt sind.322

VI. Arten der Verwaltungskooperation 1. Die Bedeutung der Kommunikation für sachgerechtes Verwalten Verwalten bedeutet Gesetzesvollzug auf Grund einer Entscheidungsfindung. Sachgerechte Entscheidungen können wiederum nur auf Basis umfassender Information und umfassenden Wissens getroffen werden. Im Umkehrschluss bedeutet 318 Ebenfalls zu dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie dem Regelungszweck von § 1 Abs. 1 BDSG siehe Schmidt, in: Taeger/Gabel (Hrsg.), BDSG, Einführung Rn. 27 ff., § 1 Rn. 3 ff.; Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Bundesdatenschutzgesetz – Text und Erläuterung, S. 13 f., Stand März 2014, abrufbar unter http://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Publikationen/Infobroschueren/INFO 1_ Maerz_2014.pdf;jsessionid=4566C5774DCEDDFC4F44894358BFA33D.1_cid354?__bl ob= publicationFile (zuletzt aufgerufen am 12. 09. 2014). 319 Vgl. §§ 24, 25 BDSG. Zum Kontrollbereich und Kontrollgegenstand siehe Grittmann, in: Taeger/Gabel (Hrsg.), BDSG, § 24 Rn. 4 ff.; Hullen, in: Plath, BDSG, § 24 Rn. 4 f.; zu öffentlichen Stellen siehe Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 2 Rn. 1 ff. mit einer Auflistung öffentlicher Stellen des Bundes in Rn. 25 ff. 320 Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 103 Rn. 9 m. w. N. Neben den allgemeinen Datenschutzregelungen des BDSG sind spezialgesetzlich geregelte Datenschutzvorschriften insbesondere im BVerfSchG, BNDG, MADG und BKAG zu finden. Zu einer alphabetischen Auflistung der bereichsspezifischen Bundesgesetze siehe Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 24 Rn. 9. 321 Zum Begriff der personenbezogenen Daten siehe Plath/Schreiber, in: Plath (Hrsg.), BDSG, § 3 Rn. 4 ff.; zum Datenschutzregime der Nachrichtendienste und Polizeien Kapitel 3 A. IV. 2. a). 322 Buchner, in: Taeger/Gabel (Hrsg.), BDSG, § 2 Rn. 7, auch zu den Begriffen der öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen in Rn. 5 ff.

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dies, dass die Verwaltung ohne angemessene Information und Wissen ihre Aufgabe der Gemeinwohlgestaltung nicht effektiv wahrnehmen kann. Der grundgesetzlich bestimmte Aufbau der Bundesrepublik bewirkt jedoch eine Ungleichverteilung innerhalb der bundesweit tatsächlich vorhandenen Informationslage, bezogen auf eine einzelne Verwaltungseinheit. So bedingen zum einen das Bundesstaatsprinzip und die Selbstverwaltungsgarantie eine horizontale wie vertikale Informationsverteilung zwischen dem Bund, den Ländern und Kommunen mit ihren jeweils hierarchisch strukturierten Aufbauorganisationen. Zum anderen bestehen Informationsunterschiede auch auf Grund des Gewaltenteilungsgrundsatzes, insbesondere zwischen administrativ und judikativ tätigen Organisationsstrukturen. Darüber hinaus können die Knappheit personeller wie sachlicher Ressourcen oder rechtliche Schranken der Informationsbeschaffung oder das sogenannte nachrichtendienstliche Trennungsgebot Informationsdefizite verursachen.323 Sofern eine zuständige Verwaltungseinheit aus diesen Gründen im konkreten Fall nicht in der Lage ist, die Tatsachengrundlage einer Entscheidung durch Erheben, Zusammenführen und Verarbeiten von Informationen hinreichend zu ermitteln, ist sie auf Kooperation durch Kommunikation angewiesen. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass das reelle Bild der Verwaltung angesichts der Differenzierungen mehr einem „Netzwerk unterschiedlicher Verwaltungseinheiten je unterschiedlicher Eigenstruktur“324 gleicht und sich in zunehmendem Maß der Organisationsform des Netzwerks bedient. Mit der Öffentlichkeitsstruktur vergleichbar ist der Verwaltungsapparat nichts anderes als ein zwischen Menschen staatsintern angesiedeltes Beziehungs- und Kommunikationsnetzwerk, das die Belange des Gemeinwesens steuert.325 Verwalten bedeutet dann auch an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gebundene interne Behördenkommunikation und externe Kommunikation mit der Umwelt der Administrative, um die einseitigen Informationsdefizite der zuständigen Behörde und Informationsasymmetrien innerhalb des gesamten Verwaltungsapparates abzubauen.326 Die Verwaltung zeichnet sich deshalb in hohem Maße durch behördeninterne und -externe Informationserhebungs- und Informationsverarbeitungsprozesse aus. Wie diese ablaufen, ist sowohl durch formell-gesetzliche als auch binnenrechtliche Normen vorstrukturiert, die die Etappen der Erhebung und Selektion, der Bewertung und Gewichtung sowie der Einbringung und Speicherung der Daten, Informationen und des Wissens erfassen.327 Daneben existiert ein breitgefächertes Instrumentarium 323

Vgl. Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 2. 324 Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 61. 325 Vgl. Vesting, Information und Kommunikation, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 20 Rn. 2. 326 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 2. 327 Zu den Begriffen Daten, Informationen und Wissen und ihrem Verhältnis zueinander siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 49 ff.; Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informa-

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an informellen Kommunikations- und Steuerungsmitteln. Wie schon das materielle Verwaltungsrecht ist auch seine formell-kommunikative Seite durch die in zeitlicher Hinsicht dynamischen, politisch-gesellschaftlich zu bewältigenden Aufgaben und Interessen geprägt. Diesbezüglich sind insbesondere die Einflüsse der sogenannten „globalen Informationsgesellschaft“ auf die Verwaltungskommunikation zu nennen, deren Entwicklungsausmaß weder abzusehen noch zu unterschätzen ist und denen die Verwaltung in ihrer Gesamtheit nur durch dauerhafte Vernetzungen und behördenübergreifende Koordination und Kooperation entgegenzutreten vermag.328 So trägt beispielsweise die stetige Zunahme der elektronischen Datenverarbeitung zu einer Veränderung und Vereinfachung der Behördenbeziehungen bei, eröffnet sie doch die Möglichkeit der vermehrten Schaffung von gemeinsamen Informationssystemen wie Registern, Datenbanken oder sonstigen Archiven.329 Zudem prägen neue Formen des sogenannten Wissensmanagements330, die die Behördenarbeit unter zeit- und sachgerechten sowie kommunikativen Aspekten aufeinander abstimmen sollen, den Umgang der Verwaltung mit Informationen.331

2. Intrabehördliche Kommunikation: Binnenrecht und Informalität Da den Verwaltungseinheiten im Rahmen ihrer Organisationsgewalt die freiverantwortliche Ausstrukturierung ihrer Aufbauorganisation obliegt, ist die intrations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 200 ff.; Vesting, Information und Kommunikation, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 20 Rn. 11 ff. Beispiel einer binnenrechtlichen Regelung der Kommunikationsprozesse ist die Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom 26. 11. 1993 in der Fassung vom 07. 12. 2012 (Zusammenarbeitsrichtlinie – ZAR); Näheres zu deren Ausgestaltung siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus, Rn. 164 ff., 446 ff. 328 Zu den Auswirkungen der Informationsgesellschaft auf die Verwaltung siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 7; Kloepfer, Informationsrecht, § 1 Rn. 1 ff.; aus europarechtlicher Perspektive siehe von Bogdandy, Informationsbeziehungen im europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 25; zum Verhältnis der Begriffe Koordination und Kooperation siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 111 f. m. w. N. 329 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 6; eingehend zur Kommunikationsinfrastruktur der Verwaltung und Veränderung der verwaltungsinternen Arbeitsorganisation durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie Ladeur, Die Kommunikationsinfrastruktur der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 21. 330 Britz, Elektronische Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 26 Rn. 36 ff. 331 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 6 f.

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behördliche Kommunikation weniger durch formell-gesetzliche Vorgaben geprägt als vielmehr durch binnenrechtlich vorstrukturierte oder informell begründete Kommunikations- und Koordinationswege und -mechanismen. Die Arbeitseinheiten werden daher regelmäßig auf sämtlichen horizontalen wie vertikalen Verwaltungsebenen durch die Hausordnungen, Weisungen und Vereinbarungen miteinander verknüpft.332 Daneben besteht auf und zwischen allen Verwaltungsebenen eine Vielzahl an informellen Informationsbeziehungen, die insbesondere durch die jeweiligen örtlichen Gepflogenheiten und Verhältnisse, wie die räumliche und informationstechnische Ausstattung, geprägt sind und zu immer stärkerer Vernetzung der Behördenmitglieder untereinander führen.333 Mittel der Kommunikation sind – klassisch wie selbstredend – das Telefon, der E-Mail-Verkehr, Videokonferenzen, Arbeitsbesprechungen oder formlose Gesprächsrunden. Während sich die Informationsbeziehungen im vertikalen intrabehördlichen Verhältnis regelmäßig an der hierarchisch geprägten Einhaltung des Dienstweges orientieren, wodurch die Leitungsfunktion der Behördenspitze sichergestellt wird, gilt im Bereich des horizontalen Informationsaustausches der Grundsatz einer kooperativen Arbeits- und Informationsbewältigung.334 Die freie Wahl sämtlicher Kommunikationsmittel und -strukturen steht jedoch unter dem Vorbehalt der Gewährleistung der allgemein für den Informationsverkehr geltenden Vorschriften. Zu diesen zählen insbesondere Regelungen betreffend den Daten- und Geheimnisschutz. 3. Interbehördliche Informationsbeziehungen Im Kommunikationsverkehr zwischen verschiedenen Verwaltungseinheiten ist, ebenso wie im intrabehördlichen, zwischen formellen und informellen Regelungsgestaltungen zu unterscheiden. Darüber hinaus gliedern sich interbehördliche Informationsbeziehungen in bipolare und multipolare Strukturen.

332 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 10 Rn. 373; Burgi, in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 7 Rn. 5; Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 9; Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 3. Obwohl das Binnenrecht rein behördeninterne Wirkung hat und es regelmäßig nicht einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, kann es gleichwohl immense Regelungstiefen erreichen. Exemplarisch hierzu siehe die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) vom 26. Juli 2000 (GMBl. 2000, S. 526), zuletzt geändert durch Beschluss vom 17. August 2011 (GMBl. 2011, S. 576), abrufbar unter http://www.verwaltungs vorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_21072009_O11313012.htm. 333 Britz, Elektronische Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 26 Rn. 69 f.; Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 15; Ladeur, Umgang mit personenbezogenen Informationen und Daten, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 21 Rn. 105 f. 334 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 19.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

a) Bipolare Informationsbeziehungen Im Vergleich zu den intrabehördlichen Kooperationswegen finden sich im Bereich der bipolaren interbehördlichen Informationsbeziehungen deutlich mehr formell-gesetzliche Regelungen als binnenrechtliche Normen. aa) Die Amtshilfe Den wichtigsten und auch bekanntesten Regelungskomplex bilden die Vorschriften über die Amtshilfe aus Art. 35 Abs. 1 GG. Danach sind alle Behörden des Bundes und der Länder verpflichtet, sich gegenseitig Rechts- und/ oder Amtshilfe zu leisten.335 Darunter wird jede Tätigkeit einer Behörde verstanden, die diese auf Ersuchen einer anderen Behörde vornimmt, um die Durchführung der Aufgaben der ersuchenden Behörde zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern.336 Die Amtshilfe begründet unmittelbare verfassungsrechtliche Rechte und Pflichten für die Behörden aller Rechtsträger innerhalb des gesamten Staatsaufbaus und ist in den §§ 4 ff. VwVfG einfachgesetzlich näher ausgestaltet. Als Unterfall beinhaltet sie auch die sog. Informationshilfe.337 Letztere bezeichnet traditionell die auf den Einzelfall beschränkte Vermittlung bestimmter personenbezogener Daten.338 Der gesamte Regelungskomplex ist Ausdruck und Reaktion auf die vertikale sowie horizontale Trennung der Staatsgewalt339 und verdeutlicht im Sinne des Gebots der Bundestreue, der allgemeinen föderalen Treuepflicht und des bundesstaatlichen Rücksichtnahmegebots, dass die einer einzelnen Behörde zur Verfügung stehenden Ressourcen kein „Exklusivgut“ darstellen, sondern vielmehr für die Verwaltungsgesamtheit verfügbar sein müssen.340

335 Zur Terminologie: Gehören ersuchende und ersuchte Behörde der rechtsprechenden Tätigkeit an, liegt ein Fall der „Rechtshilfe“ vor. Hilfegesuche vollständig außerhalb der rechtsprechenden Tätigkeit sind Fälle der „Amtshilfe“. Wird hingegen ein Gericht durch eine andere Behörde um Hilfe ersucht, liegt Rechtshilfe vor, ersucht eine Behörde oder ein Gericht eine andere Behörde, Amtshilfe. Mithin kommt es für die terminologische Qualifizierung nicht auf die ersuchende, sondern auf die ersuchte Behörde an, vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35 Rn. 3; Kronisch, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, § 14 Rn. 6. 336 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35 Rn. 1. 337 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 21. Zur (Informations-) Amtshilfe im GTAZ siehe Kapitel 3 A. IV. 1. b) aa) (2) sowie V. 1. 338 Simitis, NJW 1986, S. 2795 (2803). 339 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 25. 340 BVerfGE 7, 183 (190); BVerwGE 38, 336 (340); 79, 339 (342); Simitis, NJW 1986, S. 2795 (2795); prägnant auch hier die Formulierung im Bereich der Zusammenarbeit innerhalb des Verfassungsschutzverbundes der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus im Rahmen ihres Abschlussberichtes in Rn. 456: „Es kann […] nicht um ,meine‘ oder ,deine‘, sondern nur um ,unsere‘ Informationen gehen“.

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Überblicksartig ist die Amtshilfe wie folgt ausgestaltet: Im Einzelnen ist ein Amtshilfeersuchen nach § 4 Abs. 2 VwVfG negativ von bestehenden Weisungsverhältnissen sowie von begehrten Hilfeleistungen, die in Handlungen bestehen, die der ersuchenden Behörde als eigene Aufgabe obliegen, abzugrenzen. Sodann darf die ersuchende Behörde zur Vornahme der begehrten Handlung aus einem in § 5 Abs. 1 VwVfG genannten rechtlichen oder tatsächlichen Grund nicht selbst in der Lage sein. Obligatorisch ausgeschlossen ist die Amtshilfe dann, wenn die ersuchte Behörde selbst aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist, die Handlung zu erbringen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG) oder durch die Hilfeleistung dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereitet werden würde (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG). Schließlich enthält § 5 Abs. 3 VwVfG Weigerungsgründe, § 5 Abs. 4 VwVfG stellt hingegen klar, wann eine Verweigerung der Amtshilfe nicht statthaft ist. Insgesamt richtet sich die Zulässigkeit einer Maßnahme im Rahmen der Amtshilfe nach dem für die ersuchende Behörde geltenden Recht, die Durchführung der Amtshilfe hingegen nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht. Dies zusammengefasst, kann Amtshilfe auf folgende charakteristische Wesenszüge festgelegt werden: Zum Ersten ist Amtshilfe stets nur eine subsidiäre und vor allem eine einzelfallbezogene Hilfstätigkeit. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sie in gleichen oder zumindest sehr ähnlich gelagerten Sachverhalten, die auf institutionell gefestigten und auf längere Dauer angelegten Zusammenarbeitsformen beruhen, wie es insbesondere im Bereich der Informationshilfe typisch ist, in der Regel nicht zulässig ist.341 Zum Zweiten wird sie nur auf Ersuchen und bei Vorliegen von Fremdnützigkeit, sprich nur zugunsten einer anderen, nie innerhalb derselben Behörde oder innerhalb von Weisungsverhältnissen, gewährt. Dies und die mittlerweile praktisch notwendige Informationsübermittlung im Wege eines direkten Online-Zugriffs auf verschiedene Informationssysteme verdeutlichen, dass für eine Vielzahl an Bereichen spezielle Informationsübermittlungsvorschriften erforderlich sind.342 Dementsprechend findet sich auch eine Vielzahl bereichsspezifisch nor-

341 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 28. Gegen die Zulässigkeit der Amtshilfe als Informationshilfe siehe Dreher, Die Amtshilfe, S. 25; Lehner, Der Vorbehalt des Gesetzes für die Übermittlung von Informationen im Wege der Amtshilfe, S. 119, 136 ff. Nach Einzelfällen differenzierend Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 4 Rn. 25 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 4 Rn. 11, wonach sich wiederholende Amtshilfeersuchen unschädlich sind, wenn sie nur gelegentlich stattfinden und keinen selbstständigen Charakter haben. Nicht erfasst von §§ 4 ff. VwVfG seien nach Kopp/Ramsauer aber Fälle der sog. erweiterten Amtshilfe, wie die „regelmäßige Übermittlung bestimmter Informationen über eine bestimmte Personengruppe oder hinsichtlich eines bestimmten Fragenkomplexes anfallender Informationen“. Zu den materiellen und organisatorischen Anforderungen an die Informationshilfe siehe Simitis, NJW 1986, S. 2795 (2798 ff.). 342 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 31; Simitis, NJW 1986, S. 2795 (2804).

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

mierter Mitteilungs-, Auskunfts-, Unterrichtungs-, Berichts- und Konsultationspflichten sowie Informationsbeschaffungspflichten.343 bb) Sondervorschriften Die Amtshilfe stellt, wie gesehen, eine auf den Einzelfall beschränkte Art der Verwaltungskommunikation dar. Da jedoch ein Informationsaustausch zwischen Behörden zu bestimmten Sachmaterien in regelmäßigerer Form erforderlich sein kann, hat sich eine Vielzahl an spezialgesetzlichen Sondervorschriften herausgebildet. Typologisch ist hierbei zwischen sog. Mitteilungs- und Informationsbeschaffungspflichten zu unterscheiden. Die Mitteilungspflichten, zu denen im Einzelnen Auskunfts-, Unterrichtungs-, Berichts oder Konsultationspflichten zählen, werden dadurch charakterisiert, dass sie eine Behörde lediglich dazu verpflichten, Information, über die sie bereits verfügt, weiterzugeben. Im Gegensatz dazu hat eine Verwaltungseinheit, um ihrer Informationsbeschaffungspflicht gerecht zu werden, nicht nur zu übermitteln, sondern zunächst auch selbst zu beschaffen.344 Zur Verdeutlichung sollen einige ausgewählte, auch in der Struktur des GTAZ relevant werdende Beispiele beitragen: Vorschriften, die das initiative Auskunftsersuchen von Behörden regeln, in denen die um Auskunft ersuchte Behörde nicht selbst aktiv werden muss, sind in §§ 17 ff. BVerfSchG zu finden. Daneben liegen im sicherheitsrechtlichen Bereich häufig auch spezialgesetzliche Regelungen zur gegenseitigen Unterrichtung vor, d. h., unabhängig von einer vorab gestellten Anfrage hat eine Unterrichtung an gesetzlich festgelegte Einrichtungen zu erfolgen, soweit die Kenntnis von bestimmten Informationen zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben erforderlich ist. So hat beispielsweise das BKA nach § 2 Abs. 2 BKAG in seiner Funktion als Zentralstelle für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen alle für die Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten und die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder unverzüglich über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten.345 Ähnliches ist in § 3 Abs. 3 MADG für das Verhältnis des MAD und des BfV zu finden oder insbesondere 343 Eingehend zu den Mitteilungs- und Informationsbeschaffungspflichten siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 32 ff. 344 Im Einzelnen zu den vorstehend genannten Pflichten siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 32 ff.; zur Informationsbeschaffung und -verarbeitung im Sinne eines Steuerungsziels Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 55 ff. 345 Umgekehrt besteht nach § 20x BKAG eine Übermittlungspflicht anderer öffentlicher Stellen an das BKA, soweit sie über Informationen verfügen, die zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder einer Sache von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, und zur Erfüllung der Aufgaben des BKA nach § 4a BKAG erforderlich sind.

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auch in § 18 BVerfSchG für die Übermittlung von Informationen an den Verfassungsschutz – unter anderen, aber insbesondere durch die Behörden des Bundes. Daneben sind weitere Unterrichtungspflichten dem MADG oder auch BNDG zu entnehmen. Im Gegensatz zu reinen Unterrichtungspflichten umfassen die Informationsbeschaffungspflichten, ihrer Bezeichnung entsprechend, darüber hinaus auch die vorhergehende Ermittlung von Informationen für andere Stellen. So sammeln beispielsweise die Landesbehörden für Verfassungsschutz Informationen, Auskünfte, Nachrichten und Unterlagen zur Erfüllung ihrer Aufgaben, werten sie aus und übermitteln sie dem BfV und den Landesbehörden für Verfassungsschutz, soweit es für deren Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Gleiches gilt nach § 5 Abs. 3 BVerfSchG für das BfV, das die Landesbehörden für Verfassungsschutz über alle Unterlagen, deren Kenntnis für das Land zum Zwecke des Verfassungsschutzes erforderlich ist, zu unterrichten hat.346 Ähnliches ergibt sich aus § 3 Abs. 2 BKAG. Im Gegensatz dazu legen Berichtspflichten regelmäßige Übermittlungsintervalle fest. So hat beispielsweise das BfV nach § 16 BVerfSchG das Bundesministerium des Innern in rhythmischen Abständen über seine Tätigkeit zu unterrichten. cc) Informelle Kommunikation Neben den gesetzlich vermittelten Informationsstrukturen steht es den Behörden im bipolaren interbehördlichen Bereich frei, ihr Informationsnetzwerk informell zu erweitern und zu vervollständigen. Auch hier sind das Telefon, der E-Mail-Verkehr, behördenübergreifende Arbeitsbesprechungen oder formlose Gesprächsrunden klassische Mittel informeller Kommunikation. Im Vergleich zur informellen intrabehördlichen Kommunikation sind der informellen interbehördlichen Kommunikation jedoch mehr Grenzen gesetzt. Dies liegt zum einen an der grundgesetzlich vorgegebenen Kompetenzordnung, zum anderen an den Erfordernissen des Geheimnisschutzes und dem grundrechtlich bedingten Datenschutz. Für einen Informationsaustausch kommen daher insbesondere anonymisierte Daten, allgemeine Einschätzungen sachlicher Natur oder technische Auskünfte in Betracht.347 b) Multipolare Informationsbeziehungen – Networking Im Bereich multipolarer Informationsbeziehungen sind horizontale und vertikale sowie formell-gesetzliche, binnenrechtliche und informelle Regelungsstrukturen anzutreffen. Die im vertikalen Bereich bestehenden binnenrechtlichen Regelungen 346 Zu Ausführung und Kritik der informationellen (Zusammen-)Arbeit im Verfassungsschutzverbund siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 1 ff. 347 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 41; Spieker gen. Döhmann, Informationsgewinnung im dezentralen Mehrebenensystem, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-Normative Steuerung in dezentralen Systemen, S. 257 ff.

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zu Vorlage- und Zeichnungsbefugnissen, Berichtspflichten und der Möglichkeit der unmittelbaren Kommunikation werden auf Grund ihrer reinen Binnenwirkung ebenso wie die intrabehördlichen Strukturen regelmäßig nicht der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.348 In formell-gesetzlicher Hinsicht werden die voranstehend beschriebenen horizontal wie vertikal bestehenden Mitteilungs- und Informationsbeschaffungspflichten in zunehmendem Maße durch gemeinsame Informationssysteme und im automatisierten Informationsaustausch ergänzt und institutionell intensiviert.349 Diese Systeme zeichnen sich durch eine dauerhafte Form der Zusammenführung von Verwaltungskenntnissen aus. Ihre Ausformung ist dabei ebenso vielgestaltig, wie es die Verwaltungsaufgabenkomplexe und Kommunikationsbeziehungen der Behörden an sich zueinander sind. Neben Dateien, Datenbanken, Registern und Listen finden sich unter anderem Aktensammlungen, Verzeichnisse, Bücher, Inventuren oder Archive.350 Ihr jeweiliger Bestimmtheits- und Formalisierungsgrad schwankt in Abhängigkeit der Personenbezogenheit und damit Grundrechtsrelevanz (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) der in ihnen enthaltenen Datenbestände. Insbesondere im sicherheitsrelevanten Bereich bedürfen die übergreifenden Informationssysteme einer spezialgesetzlichen Grundlage. Zu nennen sind vor allem das Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) aus § 6 BVerfSchG, das Polizeiliche Informationssystem (INPOL) aus §§ 2 Abs. 3, 11 Abs. 1 BKAG oder das Zollfahndungsinformationssystem nach §§ 3 Abs. 3, 11 Abs. 1 ZFdG.351 Je weniger sensible Daten und Informationen in den Kommunikationsfluss eingehen, desto größer wird der Spielraum der Verwaltung bezüglich der Befugnis zur Ausgestaltung des Kooperationsnetzes durch binnenrechtliche und informelle Regelungen. Neben diese informellen Regelungen treten die Mittel der intrabehördlichen Kommunikation, insbesondere institutionalisierte Foren, für einen behördenübergreifenden Informations- und Erfahrungsaustausch (Netzwerke), Workshops oder dauerhaft eingerichtete Arbeitsgemeinschaften.352 Die auf Dauer angelegten und stärker institutionalisierten Netzwerkplattformen verfügen häufig, jedoch nicht zwingend, über eigene Rechtsgrundlagen. Dabei betrifft der Regelungsgehalt weniger die Ausgestaltung der konkreten Informationsbeziehungen als 348 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 10, 43. 349 Zum Verfahren betreffend komplexe Verwaltungsentscheidungen über eine einheitliche Stelle nach §§ 71a ff. VwVfG als weitere dauerhafte Form der Zusammenarbeit siehe Schmitz/ Prell, NVwZ 2009, S. 1 (1 ff.) sowie die einschlägigen Kommentierungen, etwa in Kopp/ Ramsauer, VwVfG, §§ 71a ff. 350 Zu den einzelnen Typen der Informationsaufbewahrung siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 10 Rn. 89 ff. 351 Zu weiteren Beispielen unterschiedlicher Sachgebiete und Regelungsdichte siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 51 ff. 352 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 57 ff., auch zu ausgewählten Beispielen.

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vielmehr in transparenzrechtlicher Hinsicht die Organisation, also den Aufbau und die Verfahrensabläufe innerhalb der Organisation. Genannt seien hier beispielsweise die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten oder die Umweltministerkonferenz, deren Ziel in der effektiveren Koordination und dem Erfahrungsaustausch liegt.353 Außerhalb des Bereiches einer formell-gesetzlichen Fundierung liegen beispielsweise die fünf von der Bundesregierung seit dem Jahr 2004 sukzessiv gegründeten gemeinsamen behördenübergreifenden Kooperationsplattformen, „die das Ziel verfolgen, eine vertrauensvollere, engere und verstetigte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf der Grundlage eines optimierten Informationsflusses zu gewährleisten“354. Angesprochen sind damit das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ), das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ), das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) sowie das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (CYBER-AZ). Anhand voranstehender Beispiele wird die Bedeutung der Verwaltungstätigkeit im semi-formellen wie informellen Bereich des Arbeitens in Netzwerken deutlich, haben sie doch den immensen Vorteil, dass Informationsverteilungsdefizite in zügiger, unbürokratischer Weise überwunden werden können. An sich stellt die Vernetzung von Verwaltungseinheiten und Behörden zwar kein Novum dar, vielmehr ist sie sogar ein bekanntes Phänomen des Verwaltungsorganisations- und -kooperationsrechts.355 Vor dem Hintergrund des Anstiegs der Komplexität der zu bewältigenden Aufgaben, unter Zunahme der internationalen Bezüge und technischen Recherchemöglichkeiten ist allerdings eine Intensivierung des Netzwerkphänomens zu verzeichnen. 4. Ordnungsprinzipien interbehördlicher Kommunikation Wie beschrieben, besteht im intrabehördlichen sowie im bipolaren und multipolaren interbehördlichen Kommunikationsbereich eine große Bandbreite an informellen Informationsaustauschmöglichkeiten, die die Behörden weitestgehend selbst ausgestalten können. In der Zusammenfassung verfügt die Verwaltungskooperation namentlich über drei Ausprägungen: Neben informellen, gemeint im Sinne 353 Siehe im Einzelnen Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (Hrsg.), ZLG, Stand 28. 01. 2014, abrufbar unter https://www.zlg.de/zlg. html (zuletzt aufgerufen am 14. 03. 2014) sowie Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg.), Umweltministerkonferenz, abrufbar unter https:// www.umweltministerkonferenz.de/Willkommen.html (zuletzt aufgerufen am 14. 03. 2014); zu weiteren Kommunikationsstrukturen im Umweltrecht Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 199 ff. 354 BT-Drs. 17/14830, S. 2, auch zu weiteren Beispielen auf Landesebene. 355 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 150.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

einer Informationsbeschaffung und nicht bezogen auf ihren rechtlichen Ausformungsgrad, sind prozedurale und institutionelle Kooperationen denkbar.356 Das primäre Ziel des Datenaustauschs in punktueller Form oder durch auf Dauer angelegte Informationssysteme wird regelmäßig in prozeduraler Hinsicht durch Bemühungen um Verfahrensabstimmung oder sogar gemeinsame Ausführung flankiert. Als besonders effektiv gestaltet sich dabei die Einrichtung von institutionellen Kooperationen in Form von Gremien oder Behördennetzwerken, verstanden als verdichtete und verfestigte Zusammenarbeit, die wiederum meist durch elektronische Vernetzung unterstützt werden. Soweit der Verwaltung kein formell-gesetzlicher Handlungsrahmen vorgegeben ist und sie frei gestaltend tätig werden darf, sind ihr dort Grenzen in der Ausgestaltung informeller Informationsstrukturen gesetzt, wo andere schutzwürdige Belange, wie die verfassungsrechtlichen Strukturprinzipien, Grundrechte oder das Datenschutzrecht, entgegenstehen. Je nachdem, welcher Rechtsbereich durch ein informelles Kooperationsvorhaben betroffen ist, können bis zu vier im Folgenden vorzustellende „Grundregeln“ eine Restriktion der Kommunikationsstrukturen bedingen, die zusammen genommen auch als Informationsverkehrsrecht verstanden werden.357 a) Beachtung der Zuständigkeitsordnung als äußerste Grenze informeller Kooperation Die erste Grenze freier informeller Kooperation bildet die Beachtung der Zuständigkeitsordnung. Einer unbeschränkten fach- und ressortübergreifenden Informations- und Wissensfreiheit steht daher insbesondere das rechtsstaatliche Gebot der – klaren und eindeutigen – Zuständigkeitsordnung und Verantwortungszuteilung entgegen.358 Denn grundsätzlich darf eine Verwaltungseinheit lediglich in dem Bereich tätig werden, für den sie zuständig ist, da Zuständigkeitsregelungen nicht nur ein sachverständiges, gleichlaufendes und effektives Verwaltungshandeln ermöglichen sollen, sondern auch die Voraussetzungen für hinreichende Legitimation und Verwaltungskontrolle schaffen.359 Sofern eine Verwaltungsbehörde insoweit keine Organisationsbefugnis aufweist, kann sie weder über die Ausgestaltung des Infor-

356

Für die Zusammenarbeit im europäischen Verwaltungsverbund und zu den nachfolgenden Erläuterungen Schmidt-Aßmann, Verfassungsprinzipien für den Europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 5 Rn. 25 f. 357 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 61. 358 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 213; Scherzberg, Die öffentliche Verwaltung als informationelle Organisation, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsrecht in der Informationsgesellschaft, S. 213 ff. 359 Vgl. Eifert, Electronic Government, S. 178 f.

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mationssystems noch die Ausweitung ihrer Aufgaben disponieren.360 Eine veränderte Informationsbeschaffungsstruktur vermag freilich nicht die Zuständigkeit einer Verwaltungseinheit für einen bestimmten Entscheidungsfindungsprozess zu verändern.361 Allerdings haben Informationen und Kommunikation naturgemäß einen steuernden Einfluss auf diesen Prozess. So kann es dazu kommen, dass Akteure, die für das Treffen einer Entscheidung nicht zuständig sind, durch die Öffnung des Systems für informelle Kommunikation einen verstärkten Einfluss auf die Entscheidungsfindung erlangen.362 Besteht in der Folge die Gefahr, dass sich einzelne Kommunikationspartner auf Grund ihres Verantwortungsbereichs aus der Zusammenarbeit zurückziehen, ist der Gesetzgeber gehalten, über eine Normierung des entsprechenden Sachgebietes nachzudenken.363 Mithin bleibt festzuhalten, dass für den Ausbau der informellen Kooperation Selbiges gilt, wie es in den formell-gesetzlichen Informationsaustauschregelungen festgeschrieben ist. Jede Verwaltungseinheit darf nur diejenigen Daten erheben, speichern, nutzen oder übermittelt bekommen, für die sie bei ihrer Aufgabenwahrnehmung innerhalb ihres eigenen Zuständigkeitsbereiches einen konkreten Bedarf aufweist.364 b) Grundsatz der Verwaltungseffizienz Auch der Umgang der Verwaltung mit Informationen und Daten hat, wie jedes Verwaltungshandeln, ressourcensparsam, geordnet und zielorientiert zu erfolgen (Grundsatz der Verwaltungseffizienz). Zwar spricht § 10 S. 2 VwVfG lediglich 360

Eingehend zur verfassungsrechtlichen Verteilung der Organisationsgewalt siehe Eifert, Electronic Government, S. 186 ff.; Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 62 f. 361 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 213. 362 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 213; vgl. auch Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc) und dd). 363 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 213; in diese Richtung auch Britz, Reaktionen des Verwaltungsverfahrensrechts auf die informationstechnischen Vernetzungen der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Verwaltungsverfahren und Verwaltungsverfahrensgesetz, S. 273 ff. 364 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 64, der dies in Rn. 61 mittels der Amtshilfe-Normen belegt. Denn die grundsätzliche Unabdingbarkeit des Zuständigkeitsgefüges wird auch durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG verdeutlicht, wonach eine Behörde insbesondere dann um Amtshilfe ersuchen kann, wenn sie aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vornehmen kann, und § 7 Abs. 1 VwVfG, der besagt, dass sich die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Amtshilfe verwirklicht werden soll, nach dem für die ersuchende Behörde, die Durchführung der Amtshilfe nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht richtet, Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 64.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

davon, dass das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist, dennoch ist die Verfahrensökonomie als Leitlinie für die gesamte Tätigkeit der Verwaltung als verfassungsrechtlich abgesicherter allgemeiner Rechtsgedanke allgemein anerkannt.365 Das Effizienzgebot dient der Funktionsfähigkeit der Verwaltung und bestmöglichen Verwirklichung rechtsstaatlichen, demokratischen, sozialen, rationalen und vorhersehbaren Staatshandelns unter bestmöglicher Ausnutzung beschränkter Kapazitäten und Ressourcen.366 Im Bereich der Informationsgenerierung müssen die Behörden daher einen möglichst effizienten Informationsverkehr schaffen: Dies umfasst neben einer regelmäßigen Bedarfs- und Bestandsanalyse hinsichtlich der bereits archivierten Datenbestände auch die technische Feinjustierung und Harmonisierung der Datenbestände, Schnittstellen und Nutzungsstandards.367 Die Schranke des Grundsatzes der Verwaltungseffizienz kommt als Barriere gegen eine ausufernde Datenverarbeitung insbesondere dort zum Zuge, wo die Verwaltungseinheiten derartig weitreichende Zuständigkeiten haben, dass aus ihnen keine genügende Restriktion hinsichtlich der Informationserhebung, -verarbeitung und -speicherung resultiert.368 c) Geheimnisschutz als Informationsschranke Informationen, an denen ein besonderes Geheimhaltungsinteresse besteht, dürfen, wenn sie einer staatlichen Behörde bekannt sind, auf Grund der Restriktionen des Geheimnisschutzrechts nur dann in den bi- oder multipolar behördenübergreifenden Informationsverkehr übermittelt oder anderweitig verwendet werden, wenn eine gesetzliche Befugnisnorm dies vorsieht oder alle Berechtigten wirksam in die Weitergabe und/oder -verarbeitung eingewilligt haben.369 Dieser Schranke unterliegen all jene Daten und Informationen, an deren Geheimhaltung der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse hat, die nicht offenkundig, d. h. der Allgemeinheit bereits bekannt sind und die unbefugten Dritten nicht bekannt werden sollen.370 Neben 365

Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 10 Rn. 5a. Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 65; Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 66 f., mit Abgrenzung zur Effektivität S. 67 sowie S. 60 f. 367 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 68. 368 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 67. 369 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 72; zu den Folgen eines unbefugten Geheimnisbruches siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 9 Rn. 14 f. 370 Druey, Informationen als Gegenstand des Rechts, S. 255 f.; Kloepfer, Informationsrecht, § 9 Rn. 1; Knemeyer, NJW 1984, S. 2241 (2243) m. w. N. Der einfachgesetzliche Geheimnisschutz resultiert aus dem sogenannten subjektiv-öffentlichen Geheimhaltungsanspruch mit Offenbarungsvorbehalt des Betroffenen auf Wahrung seiner Privat-, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse aus Art. 1, 2, 12 und 14 GG, vgl. BVerwGE 74, 115 (119). 366

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spezialgesetzlichen Regelungen ist das Geheimnisschutzrecht positiv-verfahrensrechtlich in § 30 VwVfG verankert, darüber hinaus aber auch im Sinne eines allgemeinen Rechtsgedankens auf die gesamte Verwaltungstätigkeit analog übertragbar.371 d) Datenschutzrechtliche Restriktionen der freien Informationszirkulation Der freie Ausbau vernetzter und integrativer Kommunikations- und Kooperationsstrukturen trifft insbesondere auch auf datenschutzrechtliche Grenzen.372 Die vierte und wichtigste Schranke im Rahmen der Weitergabe von Informationen im behördlichen Kommunikationsverkehr bilden somit die allgemeinen und spezialgesetzlichen Datenschutzregelungen des Bundes und der Länder.373 Wie bereits angesprochen, dient das Datenschutzrecht innerhalb der öffentlichen Verwaltung dem Schutz des Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG im Umgang mit personenbezogenen Daten. Als Querschnittsmaterie wird es von mehreren Prinzipien geprägt. Zu diesen gehören der Zweckbindungsgrundsatz, der Grundsatz der Erforderlichkeit und Direkterhebung, das Gebot der anlassbezogenen Datenerhebung bzw. das Verbot der Vorratsdatenspeicherung, das Gebot der Datenvermeidung und -sparsamkeit, das Prinzip der Transparenz und des überwiegenden Informationsinteresses sowie das Gebot der Richtigkeit.374 Auf Bundesebene sind diese Grundsätze in den Regelungen des allgemeinen Datenschutzrechts des BDSG zu finden. Zu beachten ist jedoch, dass das Gesetz nach § 1 Abs. 3 BDSG nur über eine Auffangfunktion verfügt. Insbesondere im Bereich der Polizei- und Nachrichtendienstgesetze finden sich zum Teil erhebliche Abweichungen von den Prinzipen, Zwecksetzungen und -änderungen sowie allgemeinen Reglements des BDSG. Nichtsdestotrotz wird im Folgenden ein Überblick über die für den Informationsverkehr relevanten datenschutzrechtlichen Phasen gegeben.375

371 Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 30 Rn 5; zu den spezialgesetzlichen Regelungen zählen unter anderen § 10 Abs. 2 BImSchG, § 17a GenTG, § 7 Abs. 4 AtG, § 10 UVPG, § 9 KWG, § 35 SGB I i. V. m. §§ 67 ff. SGB X, § 16 BstatG oder § 30 AO; siehe zu weiteren Beispielen auch Kloepfer, Informationsrecht, § 9 Rn. 13. Zum Verhältnis von Geheimnisschutzrecht und Transparenz im Bereich der Nachrichtendienste siehe Kapitel 3 A. VI. 2. 372 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 213. 373 Zur Subsidiarität des BDSG siehe Schmidt, in: Taeger/Gabel (Hrsg.), BDSG, § 1 Rn. 33 ff. 374 Ausführlich zu den Prinzipien des Datenschutzes siehe Wolff, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. A Rn. 1 ff. 375 Zum Verhältnis von Datenschutzrecht und Geheimnisschutzrecht siehe Kloepfer, Informationsrecht, § 9 Rn. 4 ff; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, VerwR II, § 103 Rn. 14.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

aa) Datenerhebung Jede ursprüngliche Informationsgenerierung der Verwaltung beginnt mit der Erhebung von Daten. Datenerhebung meint das willentliche und aktive Tätigwerden der verantwortlichen Stelle durch Befragen, Unterlagenanforderung, Anhören und Beobachten.376 Unabhängig vom Informationssystem ist sie im Sinne der Zuständigkeitsordnung nur insofern zulässig, als dass der Behörde zur Aufgabenerfüllung verholfen wird; nicht möglich ist daher eine Erhebung auf Vorrat oder eine, die nicht direkt zur Beurteilung eines Sachverhaltes benötigt wird.377 Entgegen der Ausformung als Grundsatz in § 4 Abs. 2 S. 2 BDSG ist die offene Datenerhebung beim Betroffenen selbst, unter seiner Mitwirkung, die Ausnahme. Vielmehr sind die normierten „Ausnahmen“ vermehrt in besonderen gesetzlichen Regelungen der sicherheitsrelevanten multipolaren Informationssysteme anzutreffen, da eine offene Erhebung in diesen Bereichen oftmals nicht zweckmäßig erscheint.378 bb) Datenspeicherung Ebenso wie die Datenerhebung ist auch die Speicherung von Daten nur in dem Umfang zulässig, wie sie für die materiell zweckgebundene Aufgabenerfüllung der Verwaltungseinheit erforderlich ist (§ 14 Abs. 1 S. 1 und § 3 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 BDSG). Entsprechend der Aufgabenvielfalt innerhalb der Verwaltungsorganisation ist die Zahl der spezialgesetzlich normierten Speicherungs-, Veränderungs- und Nutzungsvorschriften kaum mehr überschaubar.379 Die Regelungen über die Datenspeicherung werden regelmäßig durch Berichtigungs-, Löschungs- oder Sperrungspflichten flankiert, die eingreifen, sobald die Speicherung von Daten unzulässig, zur Aufgabenerfüllung der Behörde nicht mehr erforderlich oder die Daten schlicht unrichtig sind.380

376

Plath/Schreiber, in: Plath (Hrsg.), BDSG, § 3 Rn. 30. Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 75; zur allgemeinen Zulässigkeit der Datenerhebung nach § 14 BDSG siehe Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 13 Rn. 5 ff. 378 So findet § 4 Abs. 1 S. 1 BDSG beispielsweise nach § 27 BVerfSchG, § 11 BNDG, § 13 MADG, § 37 BKAG, § 37 BPolG oder § 43 ZFdG keine Anwendung. Eingehend zu den Ausnahmetatbeständen des § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG siehe Bäcker, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, § 4 Rn. 33 ff; Plath, in: ders. (Hrsg.), BDSG, § 4 Rn. 10 ff. 379 Bergmann/Möhrle/Herb, BDSG, § 14 Rn. 4 ff. mit weiteren Beispielen. Zu nennen sind etwa §§ 10, 11 BVerfSchG, § 4 BNDG, § 6 MADG, § 29 BPolG oder § 25 BKAG. 380 Dazu Mester, in: Taeger/Gabel (Hrsg.), BDSG, § 20 Rn. 1 ff.; Worms, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, § 20 Rn. 1 ff.; insbesondere auch zum Verbot der Vorratsdatenspeicherung BVerfGE 125, 260 (260 ff.). 377

B. Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit

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cc) Datenübermittlung Auch das Netz an Datenübermittlungs- und Empfangsvorschriften ist über die allgemeine Regelung des § 15 BDSG hinaus breit gefächert. Um aber einen unkontrollierten und ungehemmten Informationsfluss zu verhindern und dem Erforderlichkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen, ist ausschließlich die Übermittlung in rechtmäßiger Weise gespeicherter Informationen zulässig. Eine Verfestigung etwaiger Rechtsverstöße soll in diesem hochsensiblen, grundrechtsrelevanten Bereich weitestgehend vermieden werden. Die Übermittlung von personenbezogenen Daten erfolgt regelmäßig zur Erfüllung eigener Aufgaben der übermittelnden Stelle oder solcher des Empfängers. Dabei ist sicherzustellen, dass die übermittelten Informationen auch nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie angefordert wurden. Eine Zweckänderung ist lediglich unter Beachtung zusätzlicher Voraussetzungen möglich.381 Die Verantwortlichkeit für den normgetreuen Ablauf eines Übermittlungsverfahrens kann sowohl bei der übermittelnden als auch bei der empfangenden Stelle liegen. Erfolgt eine Übermittlung eigeninitiativ, sprich von Amts wegen, durch die übermittelnde Stelle an eine andere inländische öffentliche Stelle, hat sie für die Rechtmäßigkeit des Verfahrensablaufs zu sorgen. Anders gewendet, obliegt der empfangenden Stelle die datenschutzrechtliche Verantwortung, soweit der Übermittlung ein Ersuchen zugrunde liegt.382 Aus den Grundsätzen der Zweckbindung und Erforderlichkeit eines Informationsabrufs folgt, dass der Kreis der Auskunftsberechtigten bezüglich personenbezogener Daten auf ein Minimum des Erforderlichen zu begrenzen ist. Im Bereich der übergreifenden multipolaren Informationssysteme sind daher regelmäßig spezielle Konkretisierungen dieser allgemeinen Regelung anzutreffen, da die den Behörden zustehenden Zugriffsberechtigungen aufgrund ihrer unterschiedlichen Aufgabenzuständigkeiten erheblich divergieren können.383 e) Folgen der Schaffung informationeller Kooperationssysteme Die Schaffung interbehördlicher, informationeller Kooperations- und Kommunikationssysteme fördert die Vernetzung, Dezentralisierung und Flexibilisierung der Verwaltung.384 Sie trägt positiv zur Überwindung hemmender Ressortgrenzen bei

381 Näheres bei Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, § 15 Rn. 20 f., 30 ff.; zu besonderen Vorgaben für Auskünfte im automatisierten Abrufverfahren siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 82. 382 Zur Verteilung der Verantwortlichkeit siehe Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, § 20 Rn. 22 ff. 383 Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 84. 384 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 214.

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1. Kap.: Verwaltungsorganisationsrechtliche Grundlagen

und stärkt die Selbstständigkeit der operierenden Einheiten.385 Gleichzeitig bilden sie einen Gegenpol zum traditionell hierarchisch geprägten Aufgabenbewältigungssystem der Verwaltung, das dadurch gekennzeichnet ist, dass es über eine vertikal bzw. horizontal gegliederte Aufgaben- und Weisungsstruktur verfügt. Wird unter der Hierarchie jedoch mehr als ein bloßes Organisationsaufbauelement verstanden, etwa ein verfassungsrechtlich vorgegebenes „Funktionserfordernis […], das zur Durchsetzung des Steuerungsanspruchs des Gesetzes und […] zur demokratischen Legitimation der Verwaltung“ wesentlich beiträgt, ist jede Relativierung des Hierarchieprinzips – zumindest – auf ihre Rechtfertigungsbedürftigkeit hin zu prüfen.386 In diesem Rahmen ist auf eine Balance zwischen hinreichend legitimierender Formalisierung, Opportunität und Gestaltungsoffenheit hinzusteuern.

C. Zusammenfassung Das erste Kapitel stellte die Frage nach den Charakteristika und grundlegenden Ausprägungen des Verwaltungsorganisationsrechts. „Verwaltung ist organisiertes staatliches Handeln; Organisation ist die Erscheinungs- und Verwirklichungsform von Verwaltung.“387 Mit diesen beiden Einleitungssätzen der Darstellung der Verwaltungsorganisation von Krebs kann eine pointierte Antwort auf eben diese Frage gegeben werden. Der verfassungsrechtlich determinierte Staat ist, auf sein Wesentlichstes reduziert, nichts anderes als die Gemeinschaft des (Staats-)Volkes in Form eines sozialen Gebildes. Dieses Gebilde verfolgt wiederum innerhalb seines Zusammenlebens unterschiedliche, gemeinschaftliche, aber auch individuelle Ziele, die einer Anpassung und Umsetzung an das und in das gemeinsame System bedürfen. Darüber hinaus ist die Gesellschaft nicht nur mit der möglichst effektiven Verfolgung ihrer Eigeninteressen konfrontiert, sondern in zunehmendem Maße auch mit Anforderungen und Aufgaben, die von Seiten europäischer oder internationaler Interessenvertreter gestellt werden. Hinzu kommt, dass sowohl die intra- als auch die internationalen Interessenströmungen zeitlichen und dynamischen Wechseln unterliegen. Will der Staat deren Bewältigung gerecht werden, bedarf er mithin einer flexiblen, effektiven und organisierten Bewältigungsstrategie. Bewältigung und Steuerung setzen wiederum notwendigerweise Kommunikation voraus. Ohne Kommunikation, Organisation und umfassende Kenntnis entscheidungsrelevanter Informationen ist die Bewältigung eines immensen Aufgabenprofils, wie es der Bundesrepublik als vorliegend betrachtetes soziales Gebilde gestellt ist, kaum möglich. Organisation und intra- wie interbehördliche Kommunikation rücken so in 385

Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 215. 386 Richter, Nachhaltigkeitsgerechte Informations- und Kommunikationsordnung, in: Lange (Hrsg.), Nachhaltigkeit im Recht, S. 215. 387 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 1.

C. Zusammenfassung

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das Zentrum der Betrachtung. Realiter werden die Anforderungen durch das Steuerungsinstrument „Verwaltung“ bearbeitet und umgesetzt. In der Folge ist eine funktionsfähige Verwaltungsorganisation nicht nur notwendige, sondern sogar verfassungsrechtlich gebotene Grundvoraussetzung des Regierens eines Staatswesens. Da innerhalb des sozialen Gebildes „Staat“ einige wenige für viele handeln, hat sich das deutsche Staatsvolk mit seinem Grundgesetz für die föderal-rechtsstaatlich geprägte Demokratie als politische Form seiner Selbstorganisation entschieden. Dementsprechend ist ein effektiver Einfluss des Volkes auf die Ausübung der Staatsgewalt, insbesondere durch die Organe der Verwaltung, sicherzustellen. Jeder Akt der Verwaltung muss zumindest mittelbar auf den Willen des Volkes als Legitimationsobjekt rückführbar sein und ihm gegenüber verantwortet werden. Da der Entscheidungs(findungs)prozess, die Art der Aufgabenerfüllung, der intra- und interbehördliche Informationsfluss sowie letztlich auch das einzeln-konkrete Verwaltungshandeln in nicht unerheblichem Maß durch die Aufbau- und Ablauforganisation der Administrative geprägt werden, haben sich auch die organisatorischen Vorgaben an den grundgesetzlichen Vorgaben zu orientieren. Daher bedürfen die wesentlichen Grundzüge der Verwaltungsstruktur ebenfalls einer legitimatorischen Absicherung. Denn erst die Schaffung von normativer Legitimation bildet die Basis der Legitimität und sozialen Anerkennung, die wiederum die Legitimation bestärkt. Den absichernden Gegenpart übernehmen diesbezüglich ausdifferenzierte Formen der Aufsicht und Kontrolle. Sie stellen sicher, dass die Legitimation nicht nur normativ existiert, sondern auch reell und wirksam umgesetzt ist. Isoliert betrachtet, sind sowohl der Verwaltungsapparat selbst als auch seine einzelnen Untergliederungen soziale Gebilde, die nicht strikt von ihrer Umwelt abgeschlossen sind, sondern auf intra- und interbehördliche Kommunikationsstränge angewiesen sind. Kommunikation bildet eine notwendige Voraussetzung der Steuerung. Folglich hat sich zur effektiven Umsetzung der in formelles Recht gegossenen materiellen Programme eine Vielzahl an Verwaltungskooperations- und Kommunikationsmechanismen herausgebildet. Die Ausformung von Interaktionszusammenhängen ist daher ein wesentliches Charakteristikum der Organisationsgestaltung. Inter- und intrabehördlich sind bipolare und multipolare Informationswege anzutreffen, die formell-gesetzlich fundiert sind oder sich in unterschiedlichen Informalitätsstufen in der Verwaltungspraxis etabliert haben. Insbesondere dort, wo hochkomplexe Verwaltungsentscheidungen unter Beteiligung unterschiedlicher Verwaltungseinheiten auf dynamischer Tatsachen- und Informationslage getroffen werden müssen, eignen sich besonders informelle Behördennetzwerke zur unbürokratischen Überwindung horizontaler und vertikaler Informationshemmnisse. Diesem sogenannten Netzwerkphänomen ist das folgende Kapitel gewidmet.

2. Kapitel

Verwaltungsnetzwerke Verwaltungsnetzwerke sind ein Mittel der Administrative, sich in besonders flexibler Weise an veränderte gesellschaftliche und politische Umweltbedingungen anzupassen. Ihr Erscheinen ist keinesfalls neu, vielmehr handelt es sich um eine „bekanntes Phänomen der Verwaltungskooperation“1, das sich jedoch im Zuge fortschreitender Globalisierung und der Bewältigung von an Komplexität gewinnenden Sachverhalten zunehmender Beliebtheit, sowohl im staatlichen als auch mit Berührungspunkten zum außerstaatlichen Bereich, erfreut. Gerade aus den Vorteilen der Flexibilität und Hybridität von Netzwerken resultieren auch die Nachteile dieser Organisationsform. Netzwerke sind schwer zu fassen. Ihre Zusammenarbeit geht weit über bilaterale Kooperationsbeziehungen hinaus, bleibt jedoch regelmäßig hinter einer formell-organisatorischen Eingliederung in Form einer Art übergreifenden Behörde zurück. Sie vereinen daher Elemente der Zentralisation und Dezentralisation. Gemeint ist damit das Phänomen der (zentralen) Ansammlung fachversierten Personals und Wissens innerhalb einer regelmäßig nicht ausdrücklich legitimierten Netzwerkplattform durch Entsendung dieser Ressourcen der teilnehmenden Akteure in das Netzwerk. Es erfolgt eine Zentralisation im Netzwerke durch Dezentralisation von behördeneigenen Referaten. Problematisch ist, dass dies als behördenübergreifendes Phänomen zu einer Art Verselbstständigung oder Parallelstruktur innerhalb des Verwaltungsapparates führen kann, insbesondere wenn dies außerhalb von eigenen Rechtsgrundlagen erfolgt. Die Einordnung und Beschreibung des Netzwerkphänomens sowie die Beantwortung der Frage, ob und inwiefern eine solche intrabehördliche Zusammenarbeit zulässig oder sogar wünschenswert und inwiefern diese Organisationsform im Allgemeinen legitimatorisch abgesichert ist, ist Gegenstand des folgenden Kapitels, dessen Ergebnisse in Kapitel 3 auf das Gemeinsame Terrorismusabwehr Zentrum des Bundes und der Länder übertragen werden.

1 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 150 m. w. N.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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A. Das Netzwerk als (in-)formelles Kooperations- und Kommunikationssystem I. Netzwerkbegriffe und Rezeption 1. Von der Metapher zum rechtswissenschaftlichen Netzwerkbegriff Mit Beginn der modernen Globalisierung und Schaffung weltweiter Daten- und Informationsströme in den 1980er Jahren avancierte das Netzwerk als „new paradigm for the ,architecture of complexity‘“2 zu einer zentralen Organisationskategorie sämtlicher wissenschaftlicher Disziplinen. Der ursprünglich in der Soziologie als Grundlagenkonzept entwickelte Netzwerkansatz hat aufgrund des kontinuierlichen Anstiegs der „Dichte und Reichweite sozialer Wechselwirkungen und de[r] daraus resultierenden komplexen gesellschaftlichen Dynamiken“, insbesondere in der Wirtschafts- und Politikwissenschaft ein gesteigertes wissenschaftliches Interesse erfahren.3 Dem Interesse entsprechend, korrespondierte auch die sich rasch (weiter-) entwickelnde Literatur der ökonomischen und sozialwissenschaftlichen Forschung.4 Das Netzwerk im rechtswissenschaftlichen Sinn blickt daneben auf eine vergleichsweise junge Geschichte zurück. Nichtsdestotrotz hat die Begriffsverwendung auch hier in das nationale wie internationale (Verwaltungsorganisations-)Recht Eingang gefunden.5 Das breite Spektrum ökonomischer wie sozialwissenschaftlicher Literatur zum Begriff, der Funktion und Theorie von Netzwerken bietet Anlass für die Rechtswissenschaft, sich näher mit ihr auseinanderzusetzen. Eine unreflektierte Übertragung der fremdwissenschaftlichen Erkenntnisse verbietet sich insofern, als dass sich die wissenschaftlichen Disziplinen sowohl in ihren Aufgaben und ihrem Fokus als auch in ihren methodischen Bedingungen und Vorgaben in wesentlichen Punkten unterscheiden. Freilich schadet der berühmte Blick über den Tellerrand in 2 Kenis/Schneider, Policy Networks and Policy Analysis, in: Marin/Mayntz (Hrsg.), Policy Networks, S. 25. 3 Kappelhoff, Der Netzwerkansatz als konzeptioneller Rahmen, in: Sydow/Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 25; zur Entstehungsgeschichte der sozialen Netzwerkanalyse eingehend Schnegg, Die Wurzeln der Netzwerkanalyse, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, S. 21 ff. 4 Zum Stand der Netzwerkforschung siehe statt vieler Mützel, Netzwerkansätze in der Wirtschaftssoziologie, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, S. 601 ff.; Sydow, Management von Netzwerkorganisationen – Zum Stand der Forschung, in: Sydow (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 373 ff.; Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 39 ff. 5 Kemmerer, Der normative Knoten, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 196; Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 285 m. w. N. in Fn. 1; zur frühen Bedeutung des Netzwerkgedankens im Recht siehe etwa Lange, Recht der Netzwerke, S. 33 ff; Möschel, AcP 186 (1986), S. 187 (211 ff.); Rohe, Netzverträge, S. 1 ff.; Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, S. 9 ff.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

ein anderes Wissenschaftsgebiet nicht: Ganz im Gegenteil kann er wertvolle Inspiration und Anregungen für das eigene Fach bieten. Dies erscheint auf Grund der vordergründigen Komplexität, Flexibilität und Hybridität von Netzwerken auch notwendig. Um das Netzwerk begrifflich und inhaltlich in rechtlicher Hinsicht fassen zu können, ist es dementsprechend zweckmäßig, Erkenntnisse fremder wissenschaftlicher Disziplinen näher zu betrachten, auf den Erkenntnisgewinn für eine rechtliche Bewertung hin zu untersuchen und geeignete Gedankenaspekte zu übertragen. Dies gilt insbesondere dort, wo das Recht selbst noch keine ausreichenden Erfahrungen gesammelt hat. Neben anderen, sind zentrale Mittel und Anknüpfungspunkte der wissenschaftlichen Übertragung die Metapher und die Rezeption. Der metaphorische Blickwinkel ermöglicht dem Betrachter die Übertragung eines Wortes in einen uneigentlichen, bildlichen Ausdruck, der das Auge für die vorliegende wertungsneutrale Realität öffnet. So kann mit der Begriffs- und Inhaltsbestimmung ungefärbt begonnen werden. a) Die Netzwerkmetapher Metaphorisch betrachtet, ergibt sich für das Netzwerk folgendes Bild: Im Kern besteht ein Netzwerk aus den Beziehungen und dem Geschehen zwischen dezentral angeordneten Netzknotenpunkten. Weder weist es ein „Oben und Unten“ im Sinne einer hierarchischen Struktur auf noch ein eindeutiges, steuerndes Zentrum.6 Vielmehr bildet es ein flächiges Konglomerat von vordergründig relativ gleichberechtigten Knoten.7 Das scheinbare Fehlen eines nicht offensichtlich erkennbaren, entscheidungsbegabten Subjekts – in Form eines Netzwerkzentrums oder hierarchisch übergeordneten Knotens – bedingt wiederum das Fehlen der Fähigkeit des Netzwerkes, sich selbst durch intendierte, zielführende Handlungen im Sinne eines gesetzgeberischen Zwecks zu bewegen. Wenn die Bewältigung von Aufgaben im Gemeinwesen sinnvoll nur durch Zusammenwirken herbeigeführt werden kann und geordnetes, richtiges Verhalten vieler im Rahmen dieses Zusammenwirkens der Abstimmung, Organisation und Koordination bedarf, stellt sich die Frage nach der konkreten Ausgestaltung der Netzknotenpunkte und der Regulierung ihrer Beziehungen zueinander.8 Zum einen können Netzknotenpunkte selbst klassische Rechtssubjekte, sprich Verwaltungseinheiten mit interner Struktur, sein, die über einfache Beziehungsli6 So kommt es auch, dass Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 287, vom Netzwerk als „institutionelles Arrangement ohne ein entscheidungsbegabtes Subjekt“ spricht. 7 Zur Eigenschaft von Knoten siehe Kemmerer, Der normative Knoten, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 220, danach sind Knoten schon metaphorisch keine Akteure, jedoch als Handlungsorte entscheidungsbegabter Subjekte mehr als bloße Standorte reflexiver Selbstbetrachtung. 8 Zur Ausgestaltung der Beteiligten des GTAZ als Netzknotenpunkte und der Regulierung ihrer Beziehung in den Arbeitsgruppen zueinander siehe insbesondere Kapitel 3 A. IV.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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nien, in Gestalt formeller oder informeller Kommunikations- und Kooperationswege, miteinander verbunden sind.9 Zum anderen ist es auch denkbar, dass durch die netzwerktypischen Strukturen nicht nur einfache Verbindungslinien und Kreuzungen zwischen diesen Rechtssubjekten entstehen. Vielmehr können sich diese bisher eher losen formellen oder informellen Verbindungen intensivieren und verfestigen und zu neuen anspruchsvollen Strukturen, neuen Netzknotenpunkten bzw. eigenständigen Netzwerken heranwachsen. Lässt man diese Form der Selbstläuferschaft zu, ist aber fraglich, wie es um deren Rechtssubjektivität beschaffen ist, insbesondere wenn sie nur rein evolutiv und nicht durch einen formell (bundes-)gesetzgeberischen Akt entstanden sind. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Beziehungen zwischen den Netzknotenpunkten im (evolutiv entstandenen) Netzwerk auch realiter auf heterarchischer Ebene10 im Sinne einer reinen Netzwerkmetapher verbleiben oder ob sich hinter dem Netzwerkbegriff (weiterhin) lediglich die verwaltungsrechtlich bestehenden hierarchischen Strukturen verbergen. Mittels dieser metaphorischen Spielart wird die schwere Greifbarkeit des Netzwerks in seiner Offenheit und Hybridität deutlich.11 Das Betrachten des Netzwerks als sogenannte „Metapher mit Leitbildcharakter“12 ermöglicht zunächst ein unbefangenes Herantreten und einfaches Begreifen dieses rechtlich zu fassenden Komplexes. Auf Grund seiner Offenheit und Plausibilität eignet sich das metaphorische Bild aber nur als Einstieg in die wissenschaftliche Analyse, wenngleich es ernstgenommen und weiterverarbeitet werden muss.13 Weitere Hilfestellungen zur Erfassung des Netzwerks in seinem rechtswissenschaftlichen Sinn bieten neben einem allgemeinsprachlichen Ansatz und einer graphentheoretischen Sicht auf das Netzwerk die Rezeption netzwerktheoretischer Erkenntnisse anderer wissenschaftlicher Disziplinen.

9 Dies wird man für die Arbeitsgruppen des GTAZ wohl annehmen können, hinter denen die Referate der beteiligten Behörden stehen, vgl. auch Kapitel 3 A. IV. 2. a). 10 Mit heterarchischer Koordination ist gemeint, dass „nicht mehr hierarchisch auf einen übergeordneten Zweck hin organisiert wird, sondern nur noch strategisch und situativ, ohne die Möglichkeit, zwischen allgemeinem Öffentlichen und partikularem Privaten zu unterscheiden“, vgl. Teubner, Netzwerk als Vertragsverbund, S. 30. 11 So auch Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 287. 12 Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42 Fn. 234; weiterführend zum opulenten Beschreibungsund Bedeutungsreservoir der Netzwerkmetapher siehe Kemmerer, Der normative Knoten, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 204 ff. 13 Ähnlich Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42; in diesem Sinne auch Voss, Darwins Bilder, S. 329 f., demnach schulen Bilder „die Beobachtung, ermöglichen Erkenntnis, erarbeiten Theorien und erlauben deren Weitergabe an andere“.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

b) Allgemeinsprachlicher Ansatz Der Begriff des Netzwerks ist kein klassischer Rechtsbegriff14, vielmehr eignet er sich als genereller Strukturbegriff zur Beschreibung einer Vielzahl von Phänomenen der (Rechts-)Wirklichkeit und verfügt insofern über einen Vermittlungs- oder Leitbildcharakter.15 Semantisch stellt das Netzwerk eine Wortneuschöpfung dar, die sich aus den althochdeutschen16 Begriffen für Netz „nezzi“ und Werk „werc“ zusammensetzt. Definitorisch bezeichnet das „nezzi“ ein aus Maschen bestehendes Gestrick oder Geflecht, das zu verschiedenen Zwecken unterschiedlich ausgeformt sein kann, namentlich stark, dünn, fein, eng, weit oder grob.17 Es ist ein „System aus vielen sich vielfältig kreuzenden, miteinander verbundenen Linien [und] Strecken“, ein „mehr oder weniger systematisch angelegtes Ganzes aus verstreut liegenden, meist untereinander verbundenen Punkten oder aus ineinander verwobenen Verbindungen“.18 Abermals metaphorisch formuliert: etwas sich Ausbreitendes oder

14 So ausdrücklich etwa Druey, KritV 89 (2006), 163 (166); Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 14 und Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 79; „Als ein technischer Rechtsbegriff ist ,Netzwerk‘ offensichtlich nicht geeignet.“ Der Begriff stünde quer zur Rechtsdogmatik, so Teubner, Netzwerke als Vertragsverbund, S. 9; ohne ausdrückliche Distanzierung von der Einordnung als Rechtsbegriff Britz, EuR 2006, 46 (47), nach der es sich bei dem Netzwerk „nicht um einen normativen Begriff“ handelt. „Zwar wird nicht eine eigene Organisation geschaffen, wohl aber ein funktional adäquates Netzwerk von […] Behörden“, so Trute, in: Osterloh et al. (Hrsg.), FS Selmer S. 565 (578); ausführlich zum Rechtsbegriff siehe Muthorst, Grundlagen der Rechtswissenschaft, § 10. 15 Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, S. 99; Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 151; das Netzwerk als „originär [und in einem allgemein Sinn] wissenschaftliche Metapher mit Leitbildcharakter“ beschreibend Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42 Fn. 234; zum organisationsrechtlichen Beschreibungsgewinn durch Beschreibungsverlust Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 295 ff. 16 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2013, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=netz&submit_but ton=Suche&view=1 sowie http://www.dwds.de/?qu=werk&submit_button=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 04. 12. 2013); F. A. Brockhaus (Hrsg.), Der Brockhaus – Enzyklopädie, Band 15, S. 454. 17 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2013, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=netz&submit_but ton=Suche&view=1; Trier Center for Digital Humanities (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Stand 2013, abrufbar unter http://woerterbuchnetz.de/ DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GN04491 (zuletzt aufgerufen am 04. 12. 2013). 18 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2013, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=netz&submit_but ton=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 04. 12. 2013).

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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Umschlingendes.19 Unter dem „werc“ ist in einem allgemeinsprachlichen Sinn die der Bewältigung einer (großen) Aufgabe dienende Tätigkeit, Wirksamkeit oder Arbeit, bezogen auf eine Einzelhandlung die Arbeitsleistung, Unternehmung oder einfache Tat zu verstehen.20 In der Zusammenfassung beider Begriffsmerkmale ergibt das „Netz-werk“ sodann das Bild einer verbindenden und verknüpfenden Tätigkeit innerhalb eines mehr oder weniger systematisch angelegten Gebildes zur Bewältigung einer (konkreten) Aufgabe.21 c) Graphentheoretische Sicht auf das Netzwerk Allen Definitionsansätzen ist ihre Rückführbarkeit auf ein bestimmtes Grundmuster, namentlich auf eine netzartige Grundstruktur aus miteinander verbundenen Objekten oder Subjekten, die nicht nur über einen gewissen Organisationsgrad verfügt, sondern sich auch zeichnerisch als Graph darstellen lässt, gemeinsam. In diesem Sinne schlüsselt die sog. Graphentheorie gemäß ihrer mathematischen Neutralität die Verbindungen und Beziehungen einzelner Netzwerkelemente zueinander auf.22 Dem folgend können die Netzwerkelemente selbst als „Knoten“, „Ecken“ oder „Punkte“ bezeichnet werden, die Verbindungslinien zwischen ihnen als „Kanten“. Ein geschlossener Weg auf beliebig vielen Kanten, bei dem jeder Knoten jedoch nur einmal durchlaufen werden darf, wird als „Masche“ bezeichnet. Von der „Vernetzung“ eines Knotens wird man wohl erst ab der Verbindung eines

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Trier Center for Digital Humanities (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Stand 2013, abrufbar unter http://woerterbuchnetz.de/DWB/? sigle= DWB&mode=Vernetzung&lemid=GN04491 (zuletzt aufgerufen am 04. 12. 2013). 20 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2013, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=werk&submit_but ton=Suche&view=1, Trier Center for Digital Humanities (Hrsg.), Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Stand 2013, abrufbar unter http://woerterbuchnetz.de/ DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GW17598 (zuletzt aufgerufen am 04. 12. 2013). 21 Zu den allgemeinsprachlichen Differenzen zwischen „Netz“ und „Netzwerke“ siehe Gießmann, Netze und Netzwerke, S. 16 ff. 22 Die Graphentheorie geht auf eine im Jahr 1736 erschienene Arbeit von Leonhard Euler über das sog. Königsberger Brückenproblem zurück. Ihre Popularität verdankt sie der Tatsache, „dass aus dem Zusammenspiel von Beziehungen zwischen Objekten, unabhängig von deren Art und Kontext, häufig ähnliche strukturelle Fragestellungen und Lösungsansätze erwachsen. In der reinen Graphentheorie werden deshalb keine Annahmen darüber gemacht, um was es sich bei den Objekten handelt und welche Bedeutung die Beziehungen haben. Indem von allem abstrahiert wird, was sich nicht als Konsequenz aus dem bloßen Vorhandensein paarweiser Beziehungen ergibt, beschränkt sich die Graphentheorie auf den strukturellen Kern einer Fragestellung. Dadurch ist es möglich, Konzepte und Verfahren (formal) in beliebige Anwendungskontexte zu übertragen oder sogar Lösungen für Probleme zu entwickeln, die bisher noch in keinem Kontext überhaupt als solche formuliert wurden.“, Brandes, Graphentheorie, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, S. 345 ff.; vgl. eingehend zur Graphentheorie auch Turau, Algorithmische Graphentheorie, S. 1, 19 ff.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Knotens über mehr als zwei Kanten sprechen können.23 Die konkrete Zeichnung („gerade oder geschwungen, disjunkt oder überkreuzt“) aller Netzwerkelemente ist eine Frage der Zweckmäßigkeit des abzubildenden Einzelfalls.24 Fehlt es im Rahmen der Verknüpfung von Knoten über Kanten an Maschen und auch an Vernetzungen, handelt es sich bei diesem Strukturgebilde nicht um ein Netzwerk. In diesem Fall liegt keine für das Netz typische flächige, sondern nur eine lineare Verbindung vor.25 Sodann sind im Einzelnen sog. ungerichtete von gerichteten Graphen zu unterscheiden.26 Im Fall der ungerichteten Graphen ist die Bezugsrichtung einer Kante hin zu ihren Knoten irrelevant. Innerhalb eines gerichteten Graphs kommt es hingegen gerade auf die Ausrichtung der Kanten an. Aus mathematischer Sicht versteht sich ein Netzwerk somit grundsätzlich als Ansammlung von – zumindest aber einzeln vorhandener – Maschen oder Vernetzungen.

Abbildung 1: Elemente eines Netzwerks

Mittels der Graphentheorie lässt sich eine Vielzahl von interdisziplinären, differierenden Problemen sowie komplexen und individuellen Beziehungen zwischen Objekten oder Subjekten visuell veranschaulichen. Dieser hohen Divergenz folgend, hat sich eine umfassende, wenn nicht grenzenlose Typologie27 an Netzwerken her-

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Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, S. 102. Diestel, Graphentheorie, S. 2. 25 Mittels dieser Beschreibung wird deutlich, weshalb nicht nur einzelne Organisationsstrukturen der Administrative, sondern bereits das gesamte Bild der Verwaltung als Netzwerk beschrieben werden kann, vgl. hierzu auch Kapitel 2 A. II. 2. 26 Eingehend zu diesen und weiteren Graphenformen Brandes, Graphentheorie, in: Stegbauer/Häußling (Hrsg.), Handbuch Netzwerkforschung, S. 346 ff. 27 Den Begriff der Typologie bezeichnen Sydow/Duschek/Möllering/Rometsch, Kompetenzentwicklung in Netzwerken, S. 48 als eine „systematische Darstellung und Anwendung von Unterscheidungsmerkmalen und die Gesamtheit der sich daraus ableitenden Typen, denen Untersuchungsobjekte zugeordnet werden können“. 24

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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ausgebildet.28 Herauszugreifen und vorzustellen sind insbesondere das voll- bzw. teilvermaschte Netz sowie die Stern- und Ringtopologie. Innerhalb eines sogenannten Maschennetzes ist jeder Knoten, sprich jedes Objekt oder Subjekt, mit mehreren (= teilvermascht) oder allen anderen Knoten (= vollvermascht) über direkte „Leitungen“ verbunden. Bei kompetenter Steuerung werden diese Strukturen zu einer besonderen Leistungskompetenz und Ausfallsicherheit befähigt; ihr Nachteil liegt jedoch bei einer hohen Verbindungsdichte in der aufwändigen Übertragungssteuerung zwischen den einzelnen Knoten.29 Die rein sternförmige Netzwerktypologie geht hingegen von einem zentralen Knoten aus, der mit jedem weiteren Knoten über eine Kante verbunden ist. Entsprechend hoch sind auch die Bedeutung und Funktionsfähigkeit des Zentrums im Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit des gesamten Netzwerks. Der Vorteil dieser Systematisierungsform liegt augenscheinlich in ihrer relativ leicht, da eben zentral, zu handhabenden Steuerung und Kontrolle.30 Ihr „Nachteil“ liegt jedoch in einer vergleichsweise starken Machtkonzentration. Je nachdem, ob dies vor dem Hintergrund des Standortes des Netzwerks als wünschenswert oder nicht eingestuft wird, bedarf ein solches Netzwerk stärkerer Kontrolle. Im Gegensatz zur zentralen Ausrichtung des sternförmigen Netzes ist jeder Knoten eines Ringnetzes mit seinen jeweils benachbarten beiden Knoten verbunden. Die Steuerung innerhalb eines solchen Netzwerks ist vergleichsweise aufwendiger, da beispielsweise eine Information von Knoten zu Knoten weitergeleitet wird, bis sie ihren Zielknoten erreicht hat.31 Diese reinen Netzwerkformen können, spieltheoretisch gedacht, in sämtlichen hybridisierten Typen gerichtet oder ungerichtet kombiniert werden.

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Einen Überblick über mehr als 100 in der Literatur vorgeschlagene interorganisationale Netzwerktypologien bieten Sydow, Management von Netzwerkorganisationen – Zum Stand der Forschung, in: ders. (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 380 ff. sowie Sydow/Duschek/Möllering/Rometsch, Kompetenzentwicklung in Netzwerken, S. 54 ff. 29 Wolter/Wolff/Freund, Das virtuelle Unternehmen, S. 180 mit graphischer Darstellung der wichtigsten Formen der Netzwerktypologie auf S. 179. 30 Vgl. auch Wolter/Wolff/Freund, Das virtuelle Unternehmen, S. 179. 31 Wolter/Wolff/Freund, Das virtuelle Unternehmen, S. 179.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Abbildung 2: Netzwerktypologien32

d) Zur Rezeption von Begrifflichkeiten aus Nachbardisziplinen Wie zuvor erwähnt, handelt es sich bei dem Begriff des Netzwerkes nicht um einen klassischen Rechtsbegriff. Das Netzwerkphänomen liegt vielmehr in einem Schnittbereich unterschiedlicher Wissenschaften mit jeweils unterschiedlichen Erkenntnisinteressen.33 Die Rechtswissenschaft ist auf der Suche nach Erkenntnissen über das „richtige Recht“, um, basierend auf der Unterscheidung von Recht und Unrecht, handfeste Entscheidungen zu treffen, die letztendlich steuernd in die Lebenswirklichkeit eingreifen.34 Diese Lebenswirklichkeit bedingt gleichzeitig den stetigen Wandel der an das Gemeinwesen „Staat“ gerichteten Aufgabenstellung und die diesem verwaltungsexekutorisch obliegende Aufgabenbewältigung. (Sozial-)Gesellschaftliche sowie technische Fortentwicklungen, aber auch neue europäische wie internationale Anforderungsprofile, fordern nicht nur ihre Beachtung, sondern auch ihre aktive Einbindung in das national-staatliche Regelungssystem. Insbesondere der mühelose Einbezug in ein traditionell eher behäbiges System35, wie das des Verwaltungs(organisations)apparates, fällt nicht immer leicht. Auch wenn oder gerade weil sich ein (nicht immer deutlicher, aber stets vorhandener) Vergangenheitsbezug juristischer Denkweise36 nicht von der Hand weisen lässt und das Sein sowie die Entwicklung der 32

Ähnliche Abbildungen bei Wolter/Wolff/Freund, Das virtuelle Unternehmen, S. 179. Frisch, Wesenszüge rechtswissenschaftlichen Arbeitens, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, S. 183; Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 268 führt hier beispielsweise die Politikwissenschaft, Soziologie, Ökonomik und Sozialanthropologie an. 34 Vgl. Ernst, Gelehrtes Recht, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, S. 22; Frisch, Wesenszüge rechtswissenschaftlichen Arbeitens, in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, S. 182. 35 Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 5. Kap. Rn. 2. 36 Eingehend zum Vergangenheitsbezug juristischer Argumentation Möllers, nach dem man das Recht „als einen Erfahrungsspeicher, ein institutionelles Gedächtnis von Lösungen für 33

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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Jurisprudenz – gleich einem Wesenskern – bestimmt, muss sich das Recht und seine Verwirklichung durch Organisation stets an der gesellschaftlichen Realität orientieren. Demnach korrespondiert, wenn auch in zeitlicher Verzögerung, der stetige Anpassungsbedarf der Rechts(normen- und formen)realität mit dem gesellschaftlichen Wandel.37 Ein Mittel der Umsetzung veränderter Realitäten in das Recht im Allgemeinen sowie das Verwaltungsorganisationsrecht im Besonderen stellt die Rezeption von Begriffen und/oder Theorien aus Nachbarwissenschaften dar. Geht es um den Anpassungsbedarf auf Grund von Wirklichkeitsveränderungen, kommt insbesondere eine Übernahme soziologischen Gedankenguts in Betracht, da die Verarbeitung der Wirklichkeitsbetrachtung Kern der Soziologie ist.38 Aufgabe und Ziel der Rezeption ist mehreres: Maßgeblich intendiert sie einen Erkenntnisgewinn durch einen sachgerechten Zugriff auf nachbarwissenschaftliche Erkenntnisse und deren reflektierte An- und Einpassung in die Bestände des Rechts.39 Die Ebene, der Umfang und die Genauigkeit der Rezeption hängen entscheidend davon ab, in welchem Maß ein rechtswissenschaftlicher Rezeptionsbedarf besteht. Grundsätzlich kommen nach Lüdemann drei abstrakte rechtswissenschaftliche Rezeptionsebenen mit unterschiedlichen Erkenntnismöglichkeiten in Betracht: die Ebene der Begriffsrezeption, die der Rezeption normativer Theorie sowie der Rebestimmte Typen von gesellschaftlichen Konflikten“ verstehen kann, in: Schmidt-Aßmann/ Hoffmann-Riem (Hrsg.), Methoden der Verwaltungsrechtswissenschaft, S. 131 f. m. w. N. sowie Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 286; zum Wandel des Zeitgeistes und dessen Prägekraft im Recht siehe Würtenberger, Zeitgeist und Recht, S. 33 ff. und passim. 37 In diesem Sinn sprechen sowohl das BKA als auch das BfV im Rahmen der Terrorismusbekämpfung davon, dass Netzwerken des Terrors Netzwerke der Sicherheitsbehörden gegen den Terror gegenübergestellt werden müssen, vgl. Bundeskriminalamt (Hrsg.), Netzwerke des Terrors – Netzwerke gegen den Terror – Vorträge anlässlich der Herbsttagung des BKA vom 2. bis 4. November 2004, S. 1, insb. S. 5 ff.; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung in Europa – Herausforderung für die Nachrichtendienste, S. 6 ff. Zur über die „normalen“ Anpassungsprozesse hinausgehenden Umbruchsphase des deutschen Verwaltungsrechts seit Ende der 1980er von der anwendungsbezogenen Interpretationswissenschaft zur rechtssetzungsorientierten Handlungs- und Entscheidungswissenschaft siehe Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 9 ff., 15 ff. 38 Zur Zurückhaltung der Rechtswissenschaft im Rahmen der Rezeption sozial- und politikwissenschaftlichen Gedankenguts (als „trojanisches Pferd“ „vor der Toren der Jurisprudenz“ stehend) siehe Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 267 f. m. w. N. 39 Ausführlich zur reflektierten und methodenbewussten Vorgehensweise im Rahmen der Rezeption siehe Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 275 ff.; so bereits von Gierke im Jahr 1874, in: Die Grundbegriffe des Staatsrechts, S. 70 ff., der mit Blick auf die terminologische Rezeption des naturwissenschaftlichen Organismusbegriffes für die Staatslehre vor dem Verlust der Eigenständigkeit des Rechts warnt; dies aufgreifend Di Fabio, in: Die Staatsrechtslehre und der Staat, S. 79, wenn er betont, dass Anregungen aus anderen Wissenschaften zwar übernommen werden können und teils auch müssen, die entsprechenden „Fertigwaren und terminologische[n] Versatzstücke“ aber nicht „leichthändig importiert“ werden dürfen.

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zeption positiver Theorie und Empirie.40 Sämtliche Erkenntnisse können für die verfassungsrechtliche und rechtspolitische Bewertung von Netzwerken fruchtbar gemacht werden und sind Gegenstand der folgenden Darstellung. aa) Begriffsrezeption und Begriffsbildung Die Schöpfung neuer Begrifflichkeiten gehört zu den zentralen Aufgaben der Rechtswissenschaft.41 Zur Erhaltung der Effektivität der normativen Ordnungsstruktur ist dies insbesondere dort erforderlich, wo sich andernfalls Lücken auftun und in der Rechtswirklichkeit auftretende Phänomene nicht mehr adäquat mittels herkömmlicher juristischer Termini beschrieben werden können.42 Das „Begreifen“ meint in diesem Zusammenhang, den richtigen Begriff von etwas zu haben, also etwas zu verstehen oder, mit anderen Worten, das Ausdrücken eines Zustandes, der „nicht sogleich vorhanden ist, sondern vielmehr das Ergebnis vorausgegangener Bemühungen darstellt“.43 Das Verstehen im Sinne eines „logischen Denkprozesses“ dient dabei dem Begrifflichen und geht diesem voraus, indem es ermöglicht, „etwas in seinem Zusammenhang, seinem Wesen, seiner Bedeutung, seinem Sinngehalt“ zu erkennen.44 Der (geschaffene) Begriff selbst ist sodann und schlussendlich nichts anderes als ein „stehendes Urteil, d. h. das in einem Ausdruck niedergelegte Ergebnis urteilenden Nachdenkens“.45 Ein Begriffsimport aus nachbarwissenschaftlichen Disziplinen bietet sich deshalb insbesondere in den Fällen an, in denen die Rechtswissenschaft ein tatsächliches Phänomen selbst noch nicht in seinem rechtswissenschaftlichen Wesen erfasst hat. Die Rezeption kann hier im Sinne des Verstehens und urteilenden Nachdenkens für die bisher nicht näher bezeichneten Phänomene des Rechts „nützliche Irritationen […] im eigenen Fach“ anregen46 und so das urteilende Nachdenken hin zum Produkt 40 Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 269 ff. 41 Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 3 Rn. 38. Zur Autonomie der juristischen Begriffsbildung Röhl/Röhl, Allgemeine Rechtslehre, § 6 I, § 4 I 2; Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 79 ff.; zu Mechanismen der Begriffsbildung im Allgemeinen siehe Foppa, Begriffsbildung, in: Ritter et al. (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie I, S. 787. 42 Nowrot, Föderalisierungs- und Parlamentarisierungstendenzen, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 17. 43 So Hatz, Rechtssprache und juristischer Begriff, S. 44, wenn er im Sinne Kelsens fragt: „Wer könnte ohne Begriffe begreifen?“. 44 Rickert, Zur Lehre von der Definition, S. 20 f., 46; Hatz, Rechtssprache und juristischer Begriff, S. 44. 45 Hatz, Rechtssprache und juristischer Begriff, S. 44; zurückgehend auf Aristoteles sind Begriffe als „Urteils(aussage)bestandteile aufzufassen, vgl. Ritter, Begriff, in: ders. et al. (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie I, S. 785. 46 Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 269.

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der rezeptiven Begriffsneubildung bereichern. Um durch den Netzwerkbegriff das Phänomen der Netzwerkbildung in seinem Wesen und seiner Bedeutung rechtswissenschaftlich verstehen zu können, ist im Rahmen ebendieses urteilenden Nachdenkens an eine – ggf. erst im Rahmen dieses Prozesses zu entwickelnde – eigene rechtswissenschaftliche Theorie anzuknüpfen.47 Denn ein simples Wort wird erst zum (Rechts-)Begriff, wenn es das, was abstrakt und kontextual durch es gedacht und begriffen wurde, auch bezeichnet.48 Mag das sozialwissenschaftliche Netzwerk bereits vielfach durchdacht sein, befindet sich der allgemeinsprachliche Begriff des Netzwerks noch auf dem Weg hin zu einem Rechtsbegriff. Zwar hat das Netzwerk, wie einleitend beschrieben, teilweise positivrechtlich sowie über rechtswissenschaftliche Publikationen Einzug in die Rechtswissenschaft gehalten49, nichtsdestotrotz fehlt es dem Begriff bis dato an einem „exakten rechtsdogmatischen Gehalt“.50 Die vorherrschende Form der Begriffsbildung sämtlicher wissenschaftlicher Disziplinen ist die sog. Typisierung. Für die Rezeption einer Begrifflichkeit bedeutet dies, wie gesehen, nicht nur die simple Übertragung von der einen in die andere Wissenschaft, sondern auch die Kreation eines wissenschaftsspezifischen Typus. Unter dem „Typisieren“ wird gemeinhin ein von individuellen Besonderheiten absehender, generalisierender Abstraktionsprozess verstanden51, der, bezogen auf das Recht, die „Sozialbezüge der Menschen zu ordnen hat […] [und diese] Sozialbeziehungen nicht in ihrer unübersehbaren Einzigartigkeit, sondern in ihrer Lebenstypizität, d. h. in ihren art- oder gruppenmäßig übereinstimmenden und darin immer wiederkehrenden Merkmalen“, erfasst.52 Die so entstehenden Fallgruppen oder Schlüsselbegriffe53 sind zunächst zwar nicht Teil des positiven Rechts, können aber 47

„Erst eine Theorie macht aus einem Wort einen Begriff“, Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 3 Rn. 39 Fn. 305 m. w. N.; Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 270, nach dem der Begriff des Netzwerks so lange ein „disziplinärer Fremdkörper“ in der Rechtswissenschaft bleiben muss, als dass er nicht durch eine eigenständige juristische Theorie unterfüttert wird. 48 Herbart, Lehrbuch zur Einleitung in die Philosophie, S. 21 f. 49 Frenzel, Vom Verbund zum Netzwerk, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 249 f. mit formell-normierten Beispielen in Fn. 7, 13. 50 Dass das „Netzwerk“ (noch) keinen Rechtsbegriff bildet, macht es hingegen keinesfalls rechtswissenschaftlich irrelevant, vielmehr deutet der Begriff über die reine Deskription hinaus juristische Problemfelder an, vgl. Schmidt-Aßmann, Verfassungsprinzipien für den Europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 5 Rn. 26. 51 Ausführlich zur Wortverwendung „Typus“ und „typisieren“ siehe Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 25 ff.; ausführlich zum Typusbegriff und der allgemeinen Begriffsformenlehre Wank, Die juristische Begriffsbildung, S. 123 ff. m. w. N. in Fn. 6. 52 Henkel, Rechtsphilosophie, S. 473. 53 Zum Wert und der Funktion von Schlüsselbegriffen und Leitbildern als besondere Ausprägung des Schlüsselbegriffs siehe Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in:

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trotzdem Unterscheidungen innerhalb des positiven Rechts verwischen.54 Ob dies für den wissenschaftlichen Diskurs tatsächlich mehr kritikwürdig als zuträglich ist, sei unter Beachtung der Aufgabe der Rechtswissenschaft zu beantworten, die in der Aufnahme der durch die gesellschaftlichen und geschichtlichen Entwicklungen hervorgerufenen Veränderungen liegt. Der Wert ebensolcher Schlüsselbegriffe findet sich gerade im überschießenden Deutungsgehalt und in der Suggestivkraft abstrahierender (metaphorischer Leit-)Bilder, die das „Denken und Verhalten des Adressaten auf ein bestimmtes Ziel hin“ lenken.55 Solche die Wirklichkeit widerspiegelnden Leitbilder mit metaphorischem Charakter eignen sich auf Grund ihrer Offenheit und vordergründigen Plausibilität zwar nur bedingt als analytische Werkzeuge, nichtsdestotrotz müssen sie im Sinne der Rechts(fort)entwicklung als „mächtige geistige Strömungen, die in alle Institute und Strukturen irgendwie einsickern“, ernst genommen und verarbeitet werden.56 Gerade auch der Netzwerkbegriff ist ein Beispiel für eine sich (möglicherweise) zum Rechtsbegriff hin entwickelnde Metapher mit Leitbildcharakter, die auf den ersten Blick die Struktur des positiven Rechts unterläuft, dafür aber Phänomene beschreiben kann, die sich dennoch innerhalb des Rechts abspielen – etwa durch die Verwischung der Grenzen zwischen Kooperation und Hierarchie oder öffentlichen und privaten Rechtsformen.57 Ob einem solchen Leitbild darüber hinaus auch der Wert einer dogmatischen Kategorie oder eines Rechtsbegriffs zukommt, bleibt sodann eine Frage nach dessen theoretischem Unterbau.58 bb) Rezeption normativer Theorie Der Erkenntnisgewinn der Rezeption normativer Theorie geht über den der Begriffsrezeption weit hinaus, kann aber nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass die Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 40 ff.; Voßkuhle, VerwArch 92 (2001), S. 184 (196). 54 Auf Kritik an dieser Art der Begriffsbildung verweisend Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 3 Rn. 39 m. w. N. in Fn. 294 f. 55 Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/ Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42. 56 So Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42 mit Verweis auf Starck, in: Eberle et al. (Hrsg.), FS Winfried Brohm, S. 567 (572). 57 Möllers, Methoden, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 3 Rn. 39; Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/SchmidtAßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 42 Fn. 234. So erwecken auch die Struktur und Funktion des GTAZ den Eindruck des Unterlaufens gefestigter, durch das Trennungsgebot geprägter Organisationsstrukturen von Polizeien und Nachrichtendiensten, dazu Kapitel 3 A. VI. 58 Zwar findet sich im Schrifttum verschiedentlich der Hinweis auf die Herausforderungen an die Rechtsdogmatik, die tatsächliche Ermittlung des theoretischen Bezugsrahmens gewinnt erst allmählich an Konturen und ließ bisher tendenziell zu wünschen übrig, vgl. Kemmerer, Der normative Knoten, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 197 m. w. N.

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Begriffsbildung auf einer theoretischen Basis beruht, mit letzterer in Zusammenhang stehen. Unter normativen Theorien sind solche theoretischen Ansätze zu verstehen, die einen bestimmten Zustand nicht nur darstellen und beschreiben, sondern darüber hinaus auch wissenschaftsspezifisch bewerten. Auch im Bereich dieser Rezeptionsebene können insbesondere sozialwissenschaftliche normative Wirklichkeitserkenntnisse einen Denkanstoß für die Rechtsentwicklung bieten. So finden sich in der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung unter anderem Ansätze, die das Netzwerk als moderne Erscheinungsform politischer Governance beschreiben oder es in bestimmten Konstellationen als vorzugswürdige Form der politischen Steuerung empfehlen.59 Dennoch obliegt es auch hier der Rechtswissenschaft, eigene normative Überlegungen anzustellen. Sozialwissenschaftlich-normative Ansätze können aber zur Eigenreflexion zwingen, Anregungen gewähren und Hilfsmittel auf dem Weg zu einer besseren rechtlichen Entscheidung sein. Dies gilt bezogen auf Netzwerke für alle denkbaren Kooperationsformen, die das Recht oder den Staat berühren. Nicht nur Netzwerke zwischen Staat und Privaten, vor allem auch die Zusammenarbeit innerhalb des Staates in Form von Verwaltungsnetzwerken, bedürfen, insbesondere vor dem Hintergrund demokratischer Legitimation und Verantwortungsklarheit, einer sorgfältigen rechtlichen Analyse.60 cc) Rezeption positiver Theorie und Empirie Die dritte Ebene der Rezeption betrifft die Übertragung von positiver Theorie und Empirie, die in der Rechtswissenschaft bislang eher weniger in Erscheinung getreten ist61. Positive oder auch deskriptive Theorien haben zur Aufgabe, die Wirklichkeit oder einen umgrenzten Teil davon zu verstehen und zu beschreiben sowie wertungsneutral zu erklären. Ihr Ziel liegt in der Deskription und/oder Prognose von Beziehungen zwischen Ursachen und deren Wirkung(en). Diese mittels positiver Theorie gewonnenen Modellergebnisse werden in einem weiteren Schritt anhand empirischer Analysen auf ihre Wahrhaftigkeit hin überprüft. Empirische Studien fokussieren zumeist einen Ausschnitt der entsprechenden positiven Theorie, sprich einen konkreten Einzelfall, der mittels Beobachtung, Datenerhebung und Statistik 59 Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 271 m. w. N. Zum Governancebegriff Voßkuhle, Neue Verwaltungswissenschaft, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 68 ff.; zum Governancebegriff aus der Perspektive der Wirtschaftsdisziplinen und zur Relevanz in der Verwaltungsrechtswissenschaft Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 21 ff.; zur Netzwerkgovernance Schuppert, Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 16 Rn. 135 ff. 60 Di Fabio, Das Recht offener Staaten, S. 126 f.; Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 272; Möllers, ZaöRV 65 (2005), S. 351 (351 ff.); Schmidt-Aßmann, Der Staat 45 (2006), S. 315 (323). 61 So zumindest Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 272.

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untersucht wird. Der Vergleich der empirischen mit den Modellergebnissen führt sodann zu einer Verifikation oder Falsifikation der aufgestellten positiven Theorie. Bezogen auf das Netzwerkphänomen fragen positive sozialwissenschaftliche Theorien nach dem Verhalten von Menschen innerhalb von Netzwerkorganisationen und ermöglichen so einen Einblick in die „Funktionslogik von Netzwerken“62. Das Verständnis um die Funktionsweise von Netzwerken, die wiederum die Vorteile und Risiken solcher Kooperationsformen implementieren, ist zwingende Voraussetzung für die Errichtung einer organisations- und verfahrensrechtlichen Netzwerkarchitektur.63 Das Verwaltungsnetzwerk kann folglich nur dann seine volle Wirkkraft entfalten, wenn ihm ein Unterbau zur Verfügung steht, der sowohl die realiter vorhandenen Funktionsweisen des Netzwerks hinreichend berücksichtigt, als auch die rechtlichen Erfahrungen und (verfassungs-)rechtlichen Voraussetzungen nicht ausblendet. e) Definitionsansätze ausgewählter wissenschaftlicher Disziplinen Wie bereits angerissen, ist der Netzwerkbegriff in den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen, über das allgemeinsprachliche Verständnis hinaus, unter Berücksichtigung des jeweiligen Forschungsschwerpunktes und damit auch theoretischen Unterbaus auszufüllen. So wird der Begriff in der Soziologie und Wirtschaftswissenschaft allgemein in den Zusammenhang mit einer mehr oder weniger „neu[en] Art der flexiblen und lernfähigen Organisation“ gebracht.64 Konkreter bezeichnet der soziologische Begriff des „Sozialen Netzwerks“ ein „specific set of linkages among a defined set of persons“65, also ein Beziehungsgeflecht zwischen Personen, das eine „eigenständige Form der Kooperation autonomer, aber interdependenter (wechselseitig voneinander abhängiger) [sozialer] Akteure [darstellt], die für einen begrenzten Zeitraum zu62 Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 273; näher zur Funktionslogik von Netzwerken im Verwaltungsorganisationsrecht siehe Kapitel 2 A. II. 2. sowie die Beiträge in Jansen/Schubert (Hrsg.), Netzwerke und Politikproduktion – Konzepte, Methoden, Perspektiven; Sydow/Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken – Konzepte und Praktiken; Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke – Konzepte und Methoden der sozialwissenschaftlichen Netzwerkforschung. 63 In diesem Sinne hat auch das GTAZ zum Ziel, die Funktionslogik der islamistisch motivierten Terrornetzwerke zu ergründen, um die Struktur und Strategien des Sicherheitsapparates der Bundesrepublik angemessen auszurichten, dazu Kapitel 3 A. IV. 3. b) dd) und ee). 64 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 12; Sydow, Management von Netzwerkorganisationen – Zum Stand der Forschung, in: Sydow (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 373 ff.; Sydow/Windeler, Steuerung von und in Netzwerken – Perspektiven, Konzepte, vor allem aber offene Fragen, in: dies. (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 1 ff. 65 Mitchell, Social networks in urban situations, S. 2.

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sammenarbeiten und dabei auf die Interessen des jeweiligen Partners Rücksicht nehmen, weil sie auf diese Weise ihre partikularen Ziele besser realisieren können als durch nicht-koordiniertes Handeln“.66 Hingegen umschreibt der in der Betriebswirtschaftslehre vielfach verwendete Begriff der „Netzwerkorganisation“ die „Kooperation in und/oder zwischen relativ autonomen, gleichwohl in ein Netz von Beziehungen eingebundenen Organisationen bzw. Unternehmungen oder Organisationseinheiten“.67 Aus systemtheoretischer Sicht bezeichnen Netzwerke wiederum „eine Menge miteinander auf definierte Weise verbundener, autonomer Objekte, die ein gemeinsames Ganzes, ein System, bilden“.68 2. Zur Definition des (verwaltungs-)rechtswissenschaftlichen Netzwerkbegriffs Die voranstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass die Schwierigkeit der rechtlichen Definition schon damit beginnt, dass über die verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen hinweg nicht eindeutig ist, was ein Netzwerk sein kann, sein darf und sein soll.69 Zwar zeichnet sich der interdisziplinäre Definitionsversuch durch verwandte Semantiken aus, die zumeist auf ein ähnliches Vokabular zurückgreifen, dennoch ist auch in rechtlicher Hinsicht keine trennscharfe und einheitliche Definition in Sicht.70 Möglicherweise ist eine solche netzwerkcharakteristisch aber auch gar nicht explizit gewollt. Denn das Netzwerk zeichnet sich über die Grenzen aller Forschungsrichtungen hinweg gerade durch seine strukturelle Flexibilität, Hybridität und Innovationsoffenheit aus. Dies verdeutlicht auch die „eindeutig uneindeutige Ikonographie des Netzwerks“71, die der Bildung „harter“ Begrifflichkeiten im Bereich des Netzwerkphänomens scheinbar entgegensteht.72 Das Netzwerk wehrt sich wesensimmanent gegen seine Fixierung durch Verrechtlichung. Folglich wird die 66

Kappelhoff, Der Netzwerkansatz als konzeptueller Rahmen für eine Theorie interorganisationaler Netzwerke, in: Sydow/Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 31; Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: ders. (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 49. 67 Sydow, Editorial – Über Netzwerke, Allianzsysteme, Verbünde, Kooperationen und Konstellationen, in: ders. (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 1. 68 Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, S. 99 f.; ausführlich zum Netzwerkbegriff in der Systemtheorie siehe Fuhse, Verbindungen und Grenzen – Der Netzwerkbegriff in der Systemtheorie, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 301 ff. 69 Ähnlich Kielmansegg, Netzwerke im Völkerrecht?, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 85. 70 Vgl. Gießmann, Netze und Netzwerke, S. 13. 71 Dies besonders anschaulich verdeutlichend Kemmerer, Der normative Knoten, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 195 ff. 72 Boysen et al., Netzwerke im öffentlichen Recht, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 291.

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Einbindung des Netzwerks in das Recht nicht ohne Änderung seiner Struktur bleiben73. Nichtsdestotrotz ist eine rechtsdefinitorische Annäherung an das Netzwerk nicht nur möglich, sondern aus Gründen der Rechtssicherheit, also Rechtsbestimmtheit und Rechtsklarheit, auch erforderlich. Was die Rechtswissenschaft gegenwärtig unter dem Begriff des Netzwerks versteht, soll eine Auswahl von Umschreibungsversuchen der Literatur aufzeigen: Bezogen auf das Verwaltungsorganisationsrecht nähert sich Trute unter Bezug auf Benz und Weick dem Netzwerkphänomen dogmatisch-abstrahierend. In Abkehr von der „beherrschenden Stellung der Rechtsfigur der juristischen Person in der Organisationsrechtsdogmatik“74 seien Netzwerke eine veränderte binnenorganisatorische Struktur in Form einer mehr oder weniger losen Koppelung von Organisationseinheiten, in der diese Einheiten „Knoten darstellen, die durch interorganisationale Beziehungen miteinander verbunden sind“ und ihrerseits weiter in interorganisatorische Strukturen aufgelöst werden können.75 Als „berechtigte Antwort auf veränderte Realitätsbedingungen“ beschreibt das Netzwerk nach Nowrot Organisationsund Akteursstrukturen, die sich hinsichtlich ihrer Entstehung und ihrer Verhaltensvorgaben nicht auf „klassische“ Normgebungsverfahren im engeren Sinn zurückführen lassen.76 In diese Richtung weiterführend, bezieht sich nach Siehr der Netzwerkbegriff in einem engen Sinn auch auf informelle Kooperationsstrukturen, die sich „traditionellen hierarchischen Steuerungsformen entziehen“77. In diesem Sinne interpretiert Weisser unter Verweis auf Schöndorf-Haubold das Netzwerk weiter als eine dauerhafte, nicht notwendig streng formalisierte Struktur, die durch Einbindung mehrerer Akteure, die selbst in einem hierarchiefreien Verhältnis zueinander stehen, ein gemeinsames Interesse verfolgt.78 Voraussetzung eines jeden Behördennetzwerkes sei dabei, dass die beteiligten Behörden selbst und ihre Ausstattung mit eigenen Zuständigkeiten und Kompetenzen unabhängig bleiben.79 Folglich ist das klassische Netzwerk heterarchisch strukturiert, was bei hierarchisch 73

Boysen et al., Netzwerke im Öffentlichen Recht, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 292. 74 Dreier, Die hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 211 ff.; Brohm, VVDStRL 30 (1972), S. 245 (261 ff.); Steinberg, Politik und Verwaltungsorganisation, S. 264 ff., weitergehend zur Effizienz der Verwaltungsorganisation und den Kriterien für die Wahl bestimmter Organisationsstrukturen. 75 Dreier, Die hierarchische Verwaltung im demokratischen Staat, S. 153; Trute, Funktionen der Organisation und ihre Abbildung im Recht, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 262. 76 Nowrot, Föderalisierungs- und Parlamentarisierungstendenzen in Netzwerkstrukturen, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 16. 77 Siehr, Europäische Raumentwicklung als netzbasierte Integrationspolitik, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 132. 78 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 151; Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). 79 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 151.

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rückgebundenen Verwaltungen jedoch nicht als Auflösung rechtsstaatlich erforderter und bestehender Legitimationszusammenhänge missverstanden werden dürfe.80 Das Merkmal der Dauerhaftigkeit aufgreifend, beschreibt Groß die Netzwerke ebengleich als dauerhafte Strukturen, die weder über Mehrheitsentscheidungen noch Hierarchie steuern, sondern sich durch gegenseitige Anpassung oder durch Verhandlung auszeichnen.81 In dieser Form sind sie innerhalb der Verwaltung als „Zunahme dialogischer Entscheidungsfindung“ anzutreffen, aber auch in der gesellschaftlichen Sphäre zwischen der Verwaltung und den korporativen Akteuren.82 Kennzeichnend für das Gros der Ansätze ist ihre Übereinstimmung hinsichtlich des Merkmals der Akteursmehrheit. So definieren sich Netzwerke auch nach Frenzel als Kommunikationszusammenhänge oder Personenmehrheiten, in denen einzelne Akteure mit mehr als zwei Akteuren auf Basis der Informalität und Gleichrangigkeit zueinander in einer Beziehung stehen.83 Goldmann beschreibt sie als Mechanismen zur gesellschaftlichen Steuerung, die durch ein dezentral angeordnetes Feld verschiedener Akteure gekennzeichnet sind und hinsichtlich ihrer Bewegung innerhalb der Rechtsgemeinschaft nicht nur rechtsförmige Instrumente verwenden.84 Mathematisch stellt Malzer das Netzwerk als ein graphisch modellierbares System dar, in dem eine Mehrzahl von Subjekten und/oder Objekten netzartig miteinander verbunden sind und das über eine über diese Verbindungen hinausgehende gewisse Organisation verfügt.85 Ein strukturell verdichtetes System, das sich aus mehreren Akteuren zusammensetzt, die wechselseitig zueinander in unmittelbarer, im Wesentlichen nichthierarchischer Beziehung stehen, ist ein Netzwerk im Sinne Kielmanseggs.86 Die Grenzen des Netzwerkbegriffs als Beziehungsgeflecht zwischen seinen Mitgliedern seien dort überschritten, wo es als Gesamtgebilde selbst als Akteur in Erscheinung tritt. Die voranstehenden Ansätze betonen neben der Akteursbezogenheit gleichfalls wieder die Abkehr von Formalität sowie Über- und Unterordnungsverhältnissen. Nichtsdestoweniger lässt der Netzwerkbegriff in einem weiten Sinn neben Heterarchien auch (in begrenztem Umfang) hierarchische Strukturen zu. In diesem Rahmen achten die Akteure jedoch mehr als in vergleichbaren Zusammenschlüssen „auf formal gleiche oder sachangemessene Teilhabechancen, sodass Asymmetrien 80

Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 151. 81 Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 148. 82 Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 148. 83 Frenzel, Vom Verbund zum Netzwerk, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 258. 84 Goldmann, Der Widerspenstigen Zähmung, oder: Netzwerke dogmatisch gedacht, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 226. 85 Malzer, Vertragsverbünde und Vertragssysteme, S. 544. 86 Kielmansegg, Netzwerke im Völkerrecht?, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 86, 88.

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bei Störungen und Dissonanzen immer wieder erfolgreich reduziert oder ausgeglichen werden können unter Beibehaltung relativer Autonomie in den einzelnen Segmenten und Teilsystemen“.87 Diese Aspekte im Blick, lassen sich für das Netzwerk folgende Wesensmerkmale festhalten: Ein Netzwerk verfügt regelmäßig über 1. eine polyzentrische Grundstruktur, die sich 2. durch eine Akteursdiversität und Interessenpluralität auszeichnet und auf Grund ihrer 3. Hybridität und 4. Flexibilität 5. optimierte, da problem-individuelle Lösungsmöglichkeiten bietet, indem es für eine 6. Verringerung von Informationsasymmetrien durch Wissensaustausch und -umverteilung sorgt.

3. Abgrenzung von Verbund und Vereinigung Der Begriff des Netzwerks umfasst so eine Vielzahl von Gestaltungsformen, nicht aber eine verbindlich strukturierte Organisation im engeren Sinn.88 Ob er neben dem beschreibenden auch einen analytischen Wert aufweist, erscheint noch insofern zweifelhaft, als dass Netzwerke zwar etwas anderes sind als keine Netzwerke, auf den ersten Blick begrifflich aber nichts anderes zu sein scheinen als ein Verbund oder eine Vereinigung.89 Dann wäre die Funktion des Begriffs, Unterscheidung zu sein, aber nicht erfüllt.90 Allgemeinsprachlich bedeutet Verbund so viel wie Zusammenhang oder Verbindung von verschiedenen Elementen zu einer stabilen Einheit oder Kooperation zwischen mehreren Bereichen.91 Für die Vereinigung gilt mit dem Zusammenfassen von Mehrerem zu einer Einheit im Wesentlichen dasselbe. Auch für den Verbund in der Rechtswissenschaft verhält es sich ähnlich: Ein Verbund ist eine Ordnungsidee, 87

Waschkuhn, Regimebildung und Netzwerke, S. 21. Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 148 f. 89 Groß, Grundzüge der organisationswissenschaftlichen Diskussion, in: Schmidt-Aßmann/Hoffmann-Riem (Hrsg.), Verwaltungsorganisationsrecht, S. 149. 90 Frenzel, Vom Verbund zum Netzwerk, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 258 f.; zur Funktion des Begriffs nochmals Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 388. 91 Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dwds.de/?qu=Verbund&submit_ button=Suche&view=1 (zuletzt aufgerufen am 17. 01. 2014); zu Herkunft, Begriff und Erscheinungsformen des europäischen sowie nationalen Verwaltungsverbunds siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 11 ff. 88

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mittels derer mindestens zwei Rechtsregime innerhalb einer Rechtsordnung funktionsgerecht miteinander verbunden werden sollen.92 Denkbar ist er auf verschiedenen Ebenen. Beispielsweise sind das öffentliche Recht und das Privatrecht als „Regime“ „Teile“ des nationalen Verbunds „Gesamtrechtsordnung“. Aber auch im Sinne der Integration nationaler Rechtsebenen in den europäischen Gedanken ist von der optimierenden Einbindung der Akteure in einen europäischen (Verwaltungs-) Verbund die Rede. Die Beschreibung der Tatsache, dass etwas miteinander verbunden ist, sagt aber noch nichts darüber aus, wie es miteinander verbunden wird. Eine Möglichkeit, den Verbund in seiner allgemeinen Bedeutung (als Zusammenschluss aufgrund eines übergeordneten Grundes praktisch zusammenzuführen) liegt in der Wahl der Strukturform und Funktionslogik eines Netzwerkes. Ein Netzwerk kann daher als (kommunikative, formelle oder informelle) Verbindung von und zwischen mehreren Einheiten verstanden werden, die einem übergeordneten Ganzen, nämlich dem „Verbund“, angehören. Mit anderen Worten: Die Elemente eines Verbundes können über ein Netzwerk miteinander verbunden sein. In diesem Sinne beschreibt „Verbund“ bloß die Zusammengehörigkeit verschiedener Akteure. Der Begriff des Netzwerks beinhaltet darüber hinaus ein „Mehr“. Er sagt etwas darüber aus, wie die Zusammengehörigkeit im Verbund ausgestaltet ist.

II. Verwaltungskooperation durch Netzwerkbildung 1. Rechtsdogmatische Dimensionen des Netzwerks Aus den voranstehenden Definitionen wird bereits ersichtlich, was Möllers in seiner Abhandlung über das Netzwerk als Kategorie des Organisationsrechts auf den Punkt bringt:93 „Die Hybridität des Begriffs bildet die Hybridität des Phänomens ab.“ Denn der Begriff des Netzwerks erfasst die „Herausbildung von Organisationsformen, die sich mit den Unterscheidungen zwischen hoheitlicher und privater, formeller und informeller, kooperativer und hierarchischer und spontaner oder entschiedener Struktur nicht vollständig erfassen lassen“. Er bietet sich demnach „gerade nicht als ein scharfer Gegenbegriff zu hierarchischer zentraler Steuerung, also der viel zitierten ,Pyramide‘, an“, sondern relativiert vielmehr die eben genannten Unterscheidungen. Diese Zwischenstellung des Netzwerks wird auch von Schmidt-Aßmann treffend umschrieben. Ihm gemäß besitzen sie einerseits nur selten schon die Stellung eines selbstständigen, mit Rechten und Pflichten ausgestatteten Verwaltungsträgers, andererseits lassen sich ihre Handlungen auch nicht (mehr) ohne weiteres vollständig individualisieren und den jeweils beteiligten Verwaltungsein-

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Ähnlich Burgi, Rechtsregime, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 18 Rn. 35 ff. 93 Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 285 ff., insb. S. 296, 300, 302.

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heiten zuordnen, sodass sie zu neuen Identifikationen führen und alte Kontrollbeziehungen lockern.94 Mit der soeben angesprochenen Relativierung der Kategorien gehen simultan drastische Beschreibungsverluste einher. Diese Entdifferenzierung beschreibt Möllers insbesondere vor dem Hintergrund als verwunderlich, als dass die Phänomene, die damit beschrieben werden, häufig sehr komplex sind und ihre Komplexität gerade eine sprachlich detaillierte Beschreibungsweise nahelegen würde.95 Allerdings steht dem Verlust an sprachlicher Präzision auch eine Zunahme der Vereinheitlichung des Beschreibungsgegenstandes und somit der Rechtswirklichkeit gegenüber. Die Hybridität des Begriffs bildet also tatsächlich die Hybridität des Netzwerkphänomens ab. a) (Un-)Gleichberechtigte Kooperation inner- und außerhalb von Hierarchie Zum Ersten findet eine Relativierung der Unterscheidung von klassisch gleichberechtigter Kooperation und Hierarchie statt, denn Netzwerke können ebendiese Grenze aufweichen. Sie sind sowohl in der Form gleichberechtigter Kooperation zwischen Akteuren als auch in der Form verdeckter Hierarchien vorstellbar. Die Verwischung dieser Grenze berührt daher wesentliche demokratisch-rechtsstaatliche Grundsätze. Denn die Unterscheidung von kooperativen und hierarchischen Steuerungselementen garantiert nachvollziehbare Verantwortungsstrukturen.96 Verfügt eine an sich institutionalisierte Netzwerkstruktur daher nicht über bindende Entscheidungsregelungen, sondern kommt es vielmehr zu einem informellen Konsens als Entscheidungsform, wirken sich Hierarchiegefälle oder Machtungleichgewichte direkt und asymmetrisch auf den Konsensfindungsprozess und die Ergebnispräsentation aus.97 Wie viel Machtgefälle ein kooperatives Arrangement verträgt, bis es aus der Kategorie des Netzwerks herausfällt und sich als klassische, hierarchische Organisationsformen wiederfindet, ist freilich schwer zu bestimmen.98 Daher wird teilweise auch angenommen, dass vertrauensvolle Kooperation in 94 Schmidt-Aßmann, Verfassungsprinzipien für den Europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 5 Rn. 26. 95 Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 300. 96 Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 301 m. w. N. 97 Ähnlich Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 296. 98 Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 56. Zum Verhältnis von Symmetrie und Asymmetrie in Netzwerken siehe auch Heidling, Strategische Netzwerke – Kooperation und Interaktion in asymmetrisch strukturierten Unternehmensnetzwerken, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 135 ff.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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Netzwerken nur möglich ist, wenn zwischen den Akteuren eine gewisse Gleichrangigkeit sichergestellt ist und so auch nachgeordneten Mitgliedern gleichberechtigtes Gehör verschafft wird.99 Denn nur dann sei es möglich, das konstruktive Lern- und Innovationspotenzial eines Netzwerks auszunutzen, welches durch eine strenge Einbindung in hierarchische Formen unterdrückt werden würde.100 Letzteres mag für den Bereich der rein unternehmerisch-sozialen Netzwerke durchaus zutreffen und auch für den Informationsaustausch in Behördennetzwerken, die letztlich auch auf sozialen Strukturen basieren und sozial-kommunikativen Mechanismen folgen, plausibel erscheinen. Der wesentliche Unterschied beider Netzwerktypen betrifft jedoch deren Einbindung in eine wesensunterschiedliche Regelungsumwelt. Das unternehmerisch geprägte Wirtschaftsnetzwerk folgt primär Marktgegebenheiten und -mechanismen. Behördennetzwerke und solche, in denen der Staat mit nichtstaatlichen Akteuren kooperiert, sind dagegen weniger gesellschaftlich integriert als vielmehr an verfassungsrechtliche und grundrechtliche Vorgaben gebunden. Diesen kommt bei der Ausformung des Netzwerks durch Berücksichtigung vorgegebener Hierarchieformen und Trennungsgebote ein stärkeres Gewicht zu als reinen Effektivitäts- und Plausibilitätserwägungen. b) Hoheitliche, privatrechtliche oder gemischt hoheitlich-privatrechtliche Netzwerke Wie soeben angedeutet, finden sich Netzwerke im rein hoheitlichen, rein privatrechtlichen oder gemischt hoheitlich-privatrechtlichen Bereich.101 Gerade die letztgenannten Mischnetzwerke erzeugen eine größere Nähe und intensivere Koppelung zwischen den entscheidenden Hoheitsträgern und den betroffenen Privatinteressen, was sie sowohl im europäischen als auch nationalen Bereich in ihrer sektorenübergreifenden Funktion interessant macht.102

99 Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 56 m. w. N. 100 Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 56. 101 Zu Beispielen rein hoheitlicher (europäischer) Behördenvernetzung m. w. N. siehe Schmidt-Aßmann, Verfassungsprinzipien für den Europäischen Verwaltungsverbund, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 5 Rn. 26, 45; für den Bereich der inneren Sicherheit auf Bundes- und Landesebene auch BT-Drs. 17/14766, S. 1 ff. m. w. N. sowie die einschlägigen Internetpräsentationen. Als Beispiel international-privatrechtlicher Netzwerke ist das Global Forest an Trade Network (GFTN) zu nennen, Näheres unter http://gftn.panda.org/about_gftn/ (zuletzt aufgerufen am 07. 04. 2014); daneben auch Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 39 ff. mit zahlreichen Beispielen. 102 Zu Beispielen sektorenübergreifender Vernetzung und Kooperation mit Privaten siehe Schulze-Fielitz, Grundmodi der Aufgabenwahrnehmung, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 12 Rn. 64 ff. sowie Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 392 ff. Zur Funktion der AG „Deradikalisierung“ siehe Kapitel 3 A. IV. 3. b) hh).

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

c) Formelle und informelle Steuerung Zum Dritten können Netzwerke über formelle, informelle oder kombiniert formell-informelle Steuerungselemente verfügen. Bereits die formell-gesetzlich geschaffenen Informationsaustausch- und Kooperationsvorschriften bilden netzartige Verbindungen zwischen den angesprochenen Verwaltungseinheiten. So verfügt die Verwaltung nicht nur über Netzwerke als Organisationseinheiten für bestimme Aufgabenfelder, sondern sie ist selbst mehr als Netzwerk konstituiert, als es auf den ersten Blick den Anschein nimmt. Da diese Normkomplexe regelmäßig an die Erforderlichkeit der Informationsweitergabe für die Aufgabenbewältigung der übermittelnden oder der empfangenden Behörde anknüpfen, handelt es sich bei ihnen um „gerichtete“, formell-gesetzlich vorgefasste Netzwerkstrukturen, denn die Informationsbezugsrichtung ist regelmäßig zentral. Die föderal geprägte Zuständigkeitsund Aufgabenverteilung gebietet es, dass nicht jede Information jeder interessierten Verwaltungseinheit zur Verfügung stehen darf. Eine dementsprechend ungerichtete Informationsübertragung würde regelmäßig datenschutzrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den Prinzipien der Erforderlichkeit und Zweckbindung, aber auch sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem Trennungsgebot oder Gewaltenteilungsgrundsatz, zuwiderlaufen. Ein „ungerichteter“ Austausch kommt daher überwiegend nur in der intrabehördlichen Netzwerkkommunikation und nur bei nicht datenschutzrelevanten Inhalten wie Erfahrungsberichten, formellen Koordinationsabsprachen oder Ähnlichem in Betracht. Aber auch hier handelt es sich meist um „gerichtete“ Netzwerke. Auch innerhalb eines Netzwerks als Organisationseinheit der Verwaltung sind diese formellen oder informellen bzw. gerichteten oder ungerichteten Kommunikations- und Koordinationswege anzutreffen bzw. zu berücksichtigen. Netzwerke können eine eigene formell ausgestaltete Infrastruktur aufweisen oder lediglich auf personellen Zusammenkünften beruhen.103 Dementsprechend verfügt ein Gros der Netzwerke über interne Organisationseinheiten wie Arbeitsgruppen, Vorstände oder Komiteestrukturen, die – gesetzlichen oder zumindest Verwaltungsvorschriften ähnlichen – Verfahrensvorschriften folgen. Oftmals ist zu beobachten, dass sich die Beteiligten darum bemühen zu betonen, dass diese Vorgehens- und Verfahrensweisen sowie die in den Netzwerken entwickelten Standards aus deren Sicht keinesfalls über eigene Rechtswirkung verfügen.104 Die gefundenen Arbeitsergebnisse verfügten weder über Rechtsverbindlichkeit noch würden sie zwingende Entscheidungsmuster in Folgeverfahren vorgeben. Auffällig ist demgegenüber aber, dass – praktisch gesehen – die gefundenen Arbeitsergebnisse regelmäßig eingehalten 103

Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 290 f. für das Basler Bankenkomitee und die International Organization of Securities Commissions (IOSCO); Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 168, für das GTAZ, in dem keine verbindlichen Entscheidungen getroffen, sondern nur operative Maßnahmen abgestimmt werden sollen. 104

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werden, die beteiligten Akteure nicht von diesen „Richtlinien“ abweichen und sie so eine faktische, nicht zu unterschätzende Bindungswirkung erzeugen. d) Intendierte Implementation versus Evolution – Wie entstehen Netzwerke? In absoluten Gegensatzpunkten ausgedrückt, kann ein Netzwerk entstehungsgeschichtlich auf einem bewussten (formellen oder informellen) Steuerungsakt beruhen oder Folge einer „nicht-intendierten Evolution“105 sein. Die Qualität der Basis des Netzwerks, namentlich formell-rechtlich, informell-rechtlich oder evolutiv, wirkt sich essentiell auf verfassungs- und verwaltungsorganisatorisch determinierte Fragen nach der Reichweite (auch des Tätigkeitsfeldes) und Erforderlichkeit eines Gesetzesvorbehalts aus.106 Dies gilt insbesondere für den Bereich der nicht-intendierten Netzwerkstrukturen und in den Fällen, in denen die Gründung eines Netzwerks rechtlich-informell vollzogen und der breiten Öffentlichkeit bloß im Wege einer Pressemitteilung bekannt gegeben wurde107. Denn die so geschaffenen Strukturen haben, wie bereits besprochen, einen erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung und Ergebnisproduktion des jeweiligen Arbeitsbereiches und sind somit relevant für Fragen der organisatorisch-personellen und sachlich-inhaltlichen Legitimation. Darüber hinaus können sich in jedem Netzwerk, gleich welcher Regelungsintensität es unterliegt, Eigendynamiken in praxisproduzierten Problembewältigungs- und Arbeitsstrategien entwickeln, die Konsequenzen hervorrufen, die im Zeitpunkt der Gründung so nicht absehbar waren. Erst die arbeitstägliche Praxis zeigt auf, welche konkreten Aufgaben Gegenstand der Bewältigung sind und ob die dem Netzwerk dafür zur Verfügung gestellten Mittel (überhaupt) erforderlich oder unzureichend sind. In dieser Hinsicht sind Netzwerkelemente auch als „nicht intendierte Resultate intendierter Handlungen“108 zu verstehen. Die materielle Tätigkeit des Netzwerks hat sich stets innerhalb desjenigen Rechtskreises zu halten, der durch die Regelungsdichte der netzwerkspezifischen und der durch die Akteure in das Netzwerk eingebrachten Normkomplexe vorgefasst ist. Nur dies entspricht ihrer Basislegitimation. Außerhalb dessen ist die Tätigkeit stets auf ein legitimatorisches Rechtfertigungsbedürfnis hin zu überprüfen. Dies kann unter Umständen auch dazu führen, dass bereits bestehende informelle Kooperations- und Koordinationsplattformen nachträglich zu formalisieren sind. 105

Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 298. 106 Vgl. Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 299. 107 So u. a. für das GTAZ; siehe Pressemitteilung des BMI vom 14. 12. 2004, abrufbar unter http://www.pressrelations.de/new/standard/result_main.cfm?r=%20176886&sid%20=&akti on=jour_pm&print=1&pdf=1 (zuletzt abgerufen am 08. 04. 2014). 108 Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nichtnormative Steuerung, S. 299.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

2. Funktionsweise und Chancen von Verwaltungsnetzwerken Die Errichtung von Netzwerken innerhalb der Verwaltung ist ein Element der Ausdifferenzierung der Verwaltung im Sinne einer sachadäquaten Aufgabenwahrnehmung. In Reaktion auf die sich wandelnde Umweltkomplexität passt die kooperierende Verwaltung nicht nur ihr Verhältnis zu ihren Handlungsadressaten stetig an, sondern formiert sich darüber hinaus auch interorganisatorisch den Strömungen der Zeit entsprechend. Um ebendiesen Strömungen gerecht gegenüberzutreten, ist die Verwaltung auf Organisationsstrukturen angewiesen, die es ihr ermöglichen, zeit- und sachgerecht neue Impulse aufzunehmen und umzusetzen. Der Komplexität der impulsgebenden Sachverhalte geschuldet, ist der Informationsbedarf des Staates enorm. Denn ohne die Ermittlung und Zugrundelegung qualitativ hochwertiger Informationen, erweisen sich die Entscheidungsproduktion und Staatslenkung im Sinne des Gemeinwohls als nicht optimal zielführend.109 Dieser Tatsache entspricht auch die Pflicht des Staates, stetig Informationen für ein „rationales und planvolles staatliches Handeln“ zu beschaffen.110 Auch und nicht zuletzt aus diesem Grund zeichnet der Verwaltungsapparat selbst das Bild von Netzwerken innerhalb eines Netzwerkes, namentlich das eines Gesamtnetzwerkes aus Behörden und Organisationseinheiten, die als Knotenpunkte durch interorganisationale Beziehungen miteinander verbunden sind und ihrerseits weiter in unterschiedlichste inter- wie intraorganisatorische Einheiten aufgeschlüsselt werden können, die ihre Beziehungen aufgabenbezogen ausbauen. Je nach individueller Ausgestaltung kann das Netzwerk daher als eigenständige Aufbaustruktur verstanden werden oder als Beschreibung von Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen innerhalb und zwischen Organisationen.111 Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass sich in den vergangenen Jahrzehnten innerhalb der Verwaltung verstärkt ein Netzwerkphänomen etabliert hat, das in dem Ruf steht, einer Vielzahl interdisziplinärer, differierender Probleme mittels der Zusammenführung komplexer und individueller Beziehungen besonders gut begegnen zu können. Für die vermehrte Bildung sicherheitsrechtlicher Informations- und Kooperationsnetzwerke, zu denen auch das GTAZ gehört, führt Schöndorf-Haubold etwa aus, dass die Ursache dafür in der „horizontale und vertikale Grenzen überschreitende[n] gemeinsame[n] Verantwortung für die Gewährleistung innerer […] Sicherheit“ zu sehen sei und die Netzwerkbildung die Chance biete, „zeitnah auf räumlich unbegrenzte Bedrohungen zu reagieren, ohne erst neue 109 Ähnlich Spieker gen. Döhmann, Staatliche Informationsgewinnung im Mehrebenensystem – ein Überblick, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung in dezentralen Systemen, S. 254 f. 110 BVerfGE 65, 1 (3). 111 Eingehend Eifert, Netzwerk, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 88 ff., 121 ff.; Hill, BayVBl 2002, S. 321 (321 ff.); Ladeur, DV 26 (1993), S. 137 ff.; Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 285 ff.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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[…] Behördenstrukturen schaffen zu müssen“.112 Für die internationale Ebene ist dies nicht nur gleichbedeutend mit der Möglichkeit, Fachkompetenzen enger zu bündeln, sondern auch gleichzeitig die Ab- bzw. Aufgabe von Souveränität zu vermeiden. Generell wird Netzwerkstrukturen die Eigenschaft zugesprochen, ihre Akteure für Problemlösungen zu sensibilisieren und zu motivieren, indem sie aus analytischsteuernder Perspektive handlungsrelevantes Wissen generieren und aktivieren und so Kooperations- und Koordinationsdefizite zu vermeiden helfen.113 Letzteren wird insbesondere dadurch vorgebeugt, dass die für Netzwerke typische engere persönliche oder auch institutionell-räumliche Anbindung der einzelnen Akteure und ihrer Mitarbeiter für eine Stabilisierung von Kommunikationswegen sorgt, die zu mehr gegenseitigem Vertrauen und Akzeptanz beiträgt. Durch die Steigerung intraorganisatorischen Vertrauens werden Zeitverzögerungen gemildert, Prüfungsredundanzen abgebaut und Offenheit im arbeitstäglichen Prozess gefördert. Neben dem erleichterten Austausch von Informationen trägt das Vertrauen in besonderem Maße zur Bildung solider und langlebiger Arbeitsbeziehungen bei und wirkt sich somit produktivitätssteigernd aus.114 Ein weiterer Stabilisationsmechanismus liegt in der Reduktion von Unsicherheiten. In neu auftretenden, problematischen oder sogar krisenhaften Sachverhalten erlauben Netzwerke einen zeitsparenden Zugang zu fremdem Wissen und Erfahrungssätzen, die die Entscheidungsproduktion frühzeitiger in die richtige Bahn lenken können. Die Steigerung der organisatorischen Komplexität mittels Errichtung einer polyzentrischen Grundstruktur trägt dazu bei, die aus der Situationskomplexität resultierenden Unsicherheiten zu verteilen und dadurch auch zu minimieren.115 Neben einer Stabilisierungswirkung verfügen Netzwerke gleichzeitig über einen hohen Flexibilitätsgrad, Hybridität, Lernfähigkeit und Innovationpotenzial. Die hohe Flexibilität von Netzwerken ist darin begründet, dass sie in ihrer Zusammensetzung variabel sind und ihre Akteure differenzierte (Wissens-)Ressourcen in den Arbeitsprozess einführen.116 Dementsprechend haben Netzwerke je nach dem kon112

Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 150. 113 Ähnlich Waschkuhn, Regimebildung und Netzwerke, S. 24; so dienen Netzwerke nach Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 14, gerade der Auflösung des „strengen Gegensatzes zwischen Separation und Konzentration durch [verbesserte] Kooperation und Koordination“. 114 Näheres zur Bedeutung des Vertrauens siehe Eifert, Netzwerk, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 98; Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 151. 115 Ähnlich Spieker gen. Döhmann, Staatliche Informationsgewinnung im Mehrebenensystem – ein Überblick, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung in dezentralen Systemen, S. 255. 116 Eifert, Netzwerk, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 95.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

kret zu bewältigenden Anforderungsprofil die Möglichkeit, unterschiedliche Quellen zu aktivieren. Dies gilt auch für solche Netzwerkstrukturen, die sich über einen geschlossenen Kreis an Akteuren definieren und nicht auf beliebige Erweiterung ausgelegt sind.117 Denn im Gegensatz zu formell-hierarchisch determinierten Organisationen sind dort eine Neu-Kombination der Arbeitseinheiten und -mittel sowie deren Gewichtung flexibler umsetzbar. Mithin beruht die Flexibilität zusammengefasst auf der hohen Anpassungsfähigkeit dieser Strukturform, sprich einem hohen Grad inter- und intranetzwerklicher Hybridität. Diese organisatorische wie inhaltliche Vielfalt begründet gleichzeitig das hohe Maß an Lernfähigkeit und Innovationspotenzial von Netzwerken. In Netzwerken werden Informationen und Wissen verschiedenster Quellen zusammengeführt und neu kombiniert. Durch diese Zusammenführung werden hintergründig vorhandene Strukturen offenbar, die für die einzelnen Akteure nicht aktiv und selbsttätig erkennbar sind und/oder bekannt waren. Neues oder Verdecktes wird so innovativ nutzbar und kann in den Bewältigungsprozess überführt werden. Durch die Schaffung eines sozialen Kontexts in Form kürzerer Kommunikationswege innerhalb des Netzes und engerer Anbindungen der Mitglieder untereinander wird auch die Übertragung sogenannten „stummen Wissens“ gefördert.118 Dies bedeutet, dass neben dem Austausch von arbeitstäglich relevanten Informationen auch ein solcher über Erfahrungswissen stattfindet. Dementsprechend ist es für das Netzwerk als Ganzes leichter, Fehlentwicklungen zu vermeiden oder diese durch (möglicherweise) in anderem Kontext bereits erprobte Problemlösungskonzepte auszuräumen. Dadurch wird die Reduktion von Unsicherheiten insgesamt vorangetrieben. Auf Grund der unterschiedlichen Perspektiven auf ein und dasselbe Arbeitsfeld ist jedenfalls das Fehlerpotenzial zeitnäher erkennbar und einschränkbarer. Diese Eigenschaften wirken sich insbesondere auch positiv auf eine effizientere Bewältigung von akuten Krisensituation aus, da auf einen größeren Erfahrungsschatz zurückgegriffen werden kann, die Analyse aus unterschiedlichen Perspektiven vor differenzierten Wertungsgesichtspunkten erfolgt und Fehlentwicklungen schneller entgegengesteuert werden kann. Festzuhalten ist demnach, dass der Lern- und Weiterentwicklungsprozess sowohl für den Referenten oder Sachbearbeiter als auch auf der Ebene der Interaktion der Akteure gewinnbringend stattfindet. Dennoch bergen Netzwerkstrukturen auch netzwerktypische Gefahren. Gerade in Netzwerken, in denen staatliche Akteure beteiligt sind, oder in ausschließlich staatsinternen Behördennetzwerken, können eine zu intensive Kommunikation und Kooperation zum Problem werden.119

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Staber, Steuerung von Unternehmensnetzwerken, in: Sydow/Windeler (Hrsg.), Steuerung von Netzwerken, S. 78 ff. 118 Ähnlich Eifert, Netzwerk, in: ders./Hoffmann-Riem (Hrsg.), Innovation und rechtliche Regulierung, S. 97. 119 Siehe dazu Kapitel 2 A. III. 1. b) und 2. sowie Kapitel 3 A. VIII. 2. b).

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3. (Verwaltungs-)Netzwerkarten Netzwerke finden sich auf allen Ebenen der Staatsgemeinschaft. Sie bestehen in der privaten Gesellschaft, im Wirtschaftssektor, in der öffentlichen Verwaltung, aber auch an sämtlichen Berührungspunkten der Akteure. Sie werden überall dort gebildet, wo die an ihnen Beteiligten eine Antwort auf Kooperations- und Abstimmungsbedürfnisse suchen.120 a) Politik- und Behördennetzwerke Zunächst ist das Politiknetzwerk, oder auch Policy-Netzwerk, das in engem Zusammenhang mit dem sogenannten Governancebegriff steht121, von klassischen Behördennetzwerken abzugrenzen. Es bildet ein funktionales Mittel der Rückkopplung partieller Volksinteressen an die staatliche Handlungsmacht innerhalb der föderal-rechtsstaatlich geprägten Demokratie als politische Form der Selbstorganisation des Volkes. Politiknetzwerke bilden daher einen Treffpunkt bzw. eine Plattform für die Kommunikation einer Vielzahl von Akteuren, unterschiedlichen Organisationsgrades und unterschiedlicher Herkunft, die in den politischen Prozess und dessen Entwicklung involviert sind.122 Im Sinne einer „democratic network governance“ tragen entsprechende Netzwerke als „modes of modern governance“123 dazu bei, einen effektiven und nicht nur formellen Einfluss des Volkes auf die Ausübung der Staatsgewalt beziehungsweise die Akte der Verwaltung sicherzustellen. Getreu einem Interessenausgleich haben zum einen die gesellschaftlichen Akteure die Chance, politische Entscheidungen mitauszuarbeiten und mitzutragen, zum anderen bieten diese „politischen Arenen“ dem Staat die Möglichkeit zur Informationsbeschaffung und fördern darüber hinaus öffentliche Zustimmung und Akzeptanz.124 Die 120 Vgl. Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 154. 121 Im Kern beschreibt der Governance-Begriff den Modus und die Qualität modernen Regierens komplexer Strukturen, vgl. Hoffmann-Riem, Governance im Gewährleistungsstaat, in: Schuppert (Hrsg.), Governance-Forschung, S. 197 ff.; zum Ganzen mit umfassenden weiteren Hinweisen siehe Voßkuhle, Neue Verwaltungsrechtswissenschaft, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 1 Rn. 68 ff. 122 Vgl. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 384; „the term ,network‘ […] denotes […] the fact that policy making includes a large number and wide variety of public and private actors from different levels and functional areas of government and society“, vgl. Hanf, Introduction, in: ders./Scharpf (Hrsg.), Interorganizational policy making, S. 12; Jordan/Schubert, European Journal of Political Research 21 (1992), S. 11. 123 Beide Begrifflichkeiten nach Schuppert, Verwaltungsorganisation als Steuerungsfaktor, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 16 Rn. 135; Näheres bei Torfing/Soerensen/Christensen, Nine Competing Definitions of Governance, Governance Networks and Meta-Governance. 124 Jansen/Schubert, Netzwerkanalyse, Netzwerkforschung und Politikproduktion: Ansätze zur „cross-fertilization“, in: dies. (Hrsg.), Netzwerke und Politikproduktion, S. 12; Mayntz, PVS-Sonderheft 24/1993, S. 41; Waschkuhn, Regimebildung und Netzwerke, S. 24.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

demokratische Legitimation erfährt so eine kontinuierliche Aktualisierung durch die inhaltliche Beteiligung des „pouvoir constituant“. Politiknetzwerke setzen sich folglich stets aus staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren zusammen und variieren im Übrigen bezüglich ihrer Größe, Stabilität und des politischen Sektors.125 Nehmen an ihnen Akteure aus unterschiedlichen Ebenen, namentlich der nationalen, internationalen oder europäischen Ebene, teil, wird auch von transnationalen Netzwerken gesprochen.126 Klassische, reine Behördennetzwerke verzichten hingegen regelmäßig auf eine Integration von privaten Akteuren. Sie sind nicht primär auf die gemeinsame Steuerung politischer Entscheidungsprozesse und die Überbrückung von Interessendifferenzen ausgelegt. Im Vordergrund stehen vielmehr eine Effektuierung verwaltungsinterner, behördenübergreifender Arbeitsprozesse, Ressourcenaustausch und regelmäßig auch der Abbau von Informationsasymmetrien.127 b) Operative und Informationsnetzwerke Sowohl Policy- als auch Behördennetzwerke verfolgen dieselben funktionalen Ziele: In dieser Hinsicht existieren einerseits Netzwerke zum Erfahrungsaustausch und Informationsnetzwerke, andererseits operative Entscheidungsnetzwerke im Sinne von Koordinations- und Planungsnetzwerken.128 Auch diese funktionellen Typen sind auf allen Ebenen der Staatengemeinschaft zu finden. Zumeist sind sie nicht in absoluter Reinform anzutreffen, sondern weisen neben ihrer schwerpunktmäßigen Funktionsausrichtung Berührungspunkte oder Schnittmengen zu den jeweils anderen Netzwerktypen auf. Netzwerke zum institutionalisierten Erfahrungsaustausch verfolgen mehrere Ziele. Hauptsächlich dienen sie der Vertrauens- und Akzeptanzbildung.129 Daneben stehen aber auch die personelle Vernetzung und der fachliche Austausch im Fokus der Tätigkeit. Bewährte Praktiken sollen erkannt und im Rahmen der Zusammentreffen publiziert werden, sodass sie (behörden-)übergreifend für die Mitarbeiter zugänglich sind und umgesetzt werden können.

125 Mayntz, PVS-Sonderheft 24/1993, S. 40 f.; Waschkuhn, Regimebildung und Netzwerke, S. 21; eingehend zur Konzeption und Typen des Politiknetzwerkes van Waarden, European Journal of Political Research 21 (1992), S. 29 ff. 126 Goldmann, Der Widerspenstigen Zähmung, oder: Netzwerke dogmatisch gedacht, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 226. 127 Diesbezüglich zum GTAZ und seiner AG „Deradikalisierung“ siehe Kapitel 3 A. V. 5. 128 Für deutsche und europäische Sicherheitsnetzwerke siehe Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 156 ff. 129 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 156 f.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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Ein Beispiel für ein Netzwerk zum Erfahrungsaustausch auf europäischer Ebene bildet das europäische Netz zur Kriminalprävention (EUCPN).130 Nach Art. 3 Abs. 2 des Errichtungsbeschlusses liegt sein Bestreben unter anderem darin, „die Zusammenarbeit, die Kontakte sowie den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen nationalen Stellen sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, den sonstigen Gremien des Rates und anderen auf Fragen der Kriminalprävention spezialisierten Sachverständigengruppen und Netzen“ zu fördern. In diesem Rahmen sammelt und analysiert es „Informationen über die bestehenden Maßnahmen zur Kriminalprävention, deren Evaluierung und die Analyse der bewährten Praktiken sowie die vorliegenden Daten zur Kriminalität und deren Entwicklung in den Mitgliedstaaten, um zu Überlegungen über künftige Beschlüsse auf nationaler und europäischer Ebene beizutragen“. Um insbesondere auch die personelle Vernetzung zu fördern, werden Konferenzen, Seminare, Sitzungen und andere Aktionen veranstaltet, innerhalb derer der Austausch von Erfahrungen und die Förderung und Verbesserung bewährter Praktiken im Vordergrund stehen. Durch seine Tätigkeit leistet es im Sinne der Lernfähigkeit von Netzwerkstrukturen einen wichtigen Beitrag zum Ausbau der Forschungs-, Ausbildungs- und Evaluierungspraxis auf dem Gebiet der Kriminalprävention. Als vergleichbares Beispiel für den Erfahrungsaustausch zwischen Behörden auf nationaler Ebene dient, neben dem im Kapitel 3 näher zu beschreibenden GTAZ, die im Jahr 2002 gestartete Veranstaltungsreihe „Behörden-Erfahrungsaustausch“ der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM). Im Rahmen jährlicher Zusammenkünfte werden hier aktuelle Fragen und Problemfälle in Bezug auf die öffentlich-technische Sicherheit und Gefahrenabwehrplanung mit Fachleuten anderer Behörden diskutiert.131 Den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der örtlichen 130 Ins Leben gerufen durch den Beschluss 2001/427/JI des Rates vom 28. 05. 2001, ABl. EG 2001 L 153/1 vom 08. 06. 2001; zum Ganzen siehe EUCPN Secretariat (Hrsg.), EUCPN – European Crime Prevention Network, Stand 2014, abrufbar unter http://www.eucpn.org/index. asp (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014); zu Struktur, Zielen und Aktivitäten im Besonderen siehe EUCPN Secretariat (Hrsg.), Thematic Paper No. 4 – European Crime Prevention Network (EUCPN): Crime prevention activities at the EU, national and local level, Stand Oktober 2013, abrufbar unter http://www.eucpn.org/pubdocs/EUCPN%20Thematic%20Paper%20no4_ EUCPN-Crime%20prevention%20activities%20at%20the%20EU,%20national%20and%20lo cal%20level.pdf (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014). 131 BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung „Qualitätssicherung und Informationsmanagement“ Fachbereich 3.1 (Hrsg.), Behörden-Erfahrungsaustausch, Stand 19. 03. 2014, abrufbar unter http://www.tes.bam.de/de/service/netzwerke/erfa_behoerden/index. htm (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014); zu den Tätigkeiten der BAM für die öffentlichtechnische Sicherheit BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (Hrsg.), Sicherheit in Technik und Chemie Aufgaben und Rolle der BAM, Stand Dezember 2011, abrufbar unter http://www.bam.de/de/ueber_uns/ueber_uns_medien/aufgaben_und_rolle_der_bam.pdf (zuletzt aufgerufen am 09. 10. 2014) sowie BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung „Gefahrgutverpackungen“ Fachbereich 3.1 (Hrsg.), TES Technische Sicherheit – Gefahrgutumschließungen, Stand 29. 08. 2014, abrufbar unter http://www.tes.bam.de/de/index. htm sowie. Zu weiteren Netzwerken siehe ders. (Hrsg.), Netzwerke, Stand 06. 10. 2011, ab-

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Vollzugbehörden soll unter anderem die Möglichkeit gegeben werden, sich über Fortentwicklungen der Datenbanken zu informieren und sich in das Expertennetzwerk der BAM zu integrieren.132 Netzwerke zum Erfahrungsaustausch finden sich regelmäßig aber auch außerhalb und losgelöst vom Staatsapparat. So verfolgt die im Jahr 1952 gegründete Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) das Ziel, Personalverantwortliche aus Unternehmen, Wissenschaft und Beratung zu einer unabhängigen Fachvereinigung für das Personalmanagement zusammenzuführen und zukunftsweisende Lösungsansätze zur nachhaltigen Professionalisierung des Personalmanagements zu entwickeln.133 In über 120 internen Austauschgruppen und über die Einbindung in die internationalen Netzwerke der European Association for People Management (EAPM) und World Federation of People Management Associations (WFPMA) werden umfassende Vernetzungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten geboten.134 Neben den Netzwerken zum Erfahrungsaustausch haben insbesondere auch Netzwerke mit dem Schwerpunkt „Informationsaustausch“ Hochkonjunktur. Unter dem Credo, dem „Netzwerk des Terrorismus und dem Netzwerk der Organisierten Kriminalität ein Netzwerk der Information entgegen[zu]setzen“135, erfuhr dieses Phänomen insbesondere im sicherheitsrechtlichen Bereich eine rasante Ausbreitung. Im Fokus steht hier ein stetiger, über die Amtshilfe hinausgehender „Echtzeit“-Informationsaustausch. Das Einbringen des den einzelnen Netzwerkmitgliedern zur Verfügung stehenden Informationsmaterials in das Netzwerk soll eine gemeinsame und umfassende Analyse des Sachstandes und, bezogen auf den Sicherheitssektor, Analyse eines möglichen Gesamtgefährdungspotenzials ermöglichen. Der Ausgleich des Informationsgefälles ermöglicht es den einzelnen Mitgliedern einerseits, ihre Tätigkeit auf Basis weitestgehend umfassender Sachkenntnis auszuüben. Andererseits dient der Informationsaustausch im Netzwerk auch der Koordination und vorbereitenden Abstimmung operativer Vorgehensweisen der einzelnen Netzwerkmitglieder. Durch eine informativ abgestimmte Vorgehensweise werden arbeitsallrufbar unter http://www.tes.bam.de/de/service/netzwerke/index.htm (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014). 132 Zu den kooperativ ausgestalteten Datenbanken der BAM siehe BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (Hrsg.), Datenbanken, Stand 05. 06. 2012, abrufbar unter http://www.bam.de/de/service/datenbanken/ (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014). 133 Zu Aufgaben und Zielen des Vereins siehe § 3 der Satzung sowie Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. (Hrsg.), Die DGFP, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dgfp.de/diedgfp sowie http://www.dgfp.de/netzwerke/community (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014). 134 Im Einzelnen EAPM Secretariat (Hrsg.), About EAPM, Stand 2014, abrufbar unter http://www.eapm.org/about-eapm/history-of-eapm (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014); WFPMA Secretariat (Hrsg.), World Federation of People Management Associations, Stand 2014, abrufbar unter http://www.wfpma.com/ (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014). 135 Zierke, zitiert nach Storn, Gestatten, BKA & Co. KG: Das Bundeskriminalamt will einen Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Organisierte Kriminalität – die Wirtschaft, Die Zeit 17/2006, abrufbar unter http://www.zeit.de/2006/17/BKA_und_Co (zuletzt aufgerufen am 14. 04. 2014).

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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tägliche Redundanzen abgebaut, Ressourcen eingespart und kontraproduktive, eventuell sogar gegenläufige Arbeitsweisen vermieden. Informationsnetzwerke weisen daher häufig auch Schnittmengen zu Koordinations- und Planungsnetzwerken auf.136 Als Beispiele solcher Informationszentren stehen insbesondere das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) und die ihm nachempfundenen weiteren gemeinsamen Zentren auf Bundesebene, namentlich das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ), das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM), das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) und das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ). Der Bundesregierung zufolge dienen diese Zentren in erster Linie „dem länder- und behördenübergreifenden Informationsaustausch, der Abstimmung gemeinsamer Konzepte sowie der persönlichen Vernetzung. Die [beteiligten] Behörden sollen in die Lage versetzt werden, sich schnell auszutauschen, die verfügbaren und relevanten Informationen zügig zu analysieren [sic!] und Entwicklungen frühzeitig erkennen [zu] können, um ihnen mit strategisch ausgerichteten und fundierten Maßnahmen entgegentreten zu können“137. Allesamt setzen sich die Zentren, organisatorisch vergleichbar, aus verschiedenen Arbeitsgruppen zusammen, die arbeitstäglich bzw. anlassbezogen zusammentreten. Über eigene informationstechnische Systeme verfügen sie jedoch nicht, die Kommunikation erfolgt vielmehr über die bestehenden gesetzlichen Regelungen.138 Zu den weniger organisatorisch-institutionell ausgeformten Informationsnetzwerken ist beispielsweise die am 23. 03. 2006 ins Leben gerufene sogenannte „Global Player Initiative“ des BKA zu zählen. Dieses „Netzwerk der Informationen“ zwischen BKA und nationalen, aber global agierenden Wirtschaftsunternehmen beruht auf der durch das BMI vorgegebenen Rahmenregelung für die Zusammenarbeit mit der gewerblichen Wirtschaft auf Bundesebene in Sicherheitsfragen. Diese gibt zum einen vor, unter welchen sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen die dem BMI nachgeordneten Bundesbehörden sicherheitsrelevante Informationen, wie aktuelle Gefährdungseinschätzungen, Kriminalitätstrends oder sonstige bedeutsame Entwicklungen, an die Wirtschaft weiterleiten.139 Zum anderen unterwirft sie die kooperierenden Unternehmen ihrerseits einer „Bringschuld“, da sich international aufgestellte Unternehmen in zunehmendem Maße mit regionalen Gefährdungspotenzialen auseinandersetzen.140 Auch diese Kooperation setzt auf eine Erleichterung 136

Zur sog. Task Force der europäischen Polizeichefs als Beispiel für ein informelles Koordinations- und Planungsnetzwerk siehe Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 157 f. 137 BT-Drs. 17/14830, S. 5. 138 BT-Drs. 17/14830, S. 11, zu einer Auflistung der verschiedenen Arbeitsgruppen siehe S. 7 ff. 139 Ziercke, Die Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes mit der Wirtschaft in Sicherheitsfragen, Stand 30. 09. 2012, abrufbar unter http://crisis-prevention.de/polizeiliche-gefahren abwehr/die-zusammenarbeit-des-bundeskriminal%C2 %ADamtes-mit-der-wirtschaft-in-sicher heitsfragen (zuletzt aufgerufen am 15. 04. 2014). 140 Ziercke, Die Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes mit der Wirtschaft in Sicherheitsfragen, Stand 30. 09. 2012, abrufbar unter http://crisis-prevention.de/polizeiliche-gefahren

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

der Arbeitsvorgänge durch Schaffung personeller Nähe und Vertrauen, indem der Kommunikationsprozess knotenpunktartig über zentrale Ansprechpartner abgewickelt wird.141 Gemeinsam ist den soeben vorgestellten Informationsnetzwerken, dass sie auf personellen Kontakten und arbeitsalltäglichen Zusammenkünften beruhen. Darüber hinaus existiert auch eine Bandbreite elektronischer Informationsnetzwerke und -datenbanken. Diese können die personellen Netze flankieren, aber auch für sich allein stehen. Die Zugriffsrechte der Verwaltungseinheiten richten sich den Grundsätzen der Erforderlichkeit und Zweckbindung entsprechend danach, ob die Daten und Informationen dem Arbeits- und Zuständigkeitsbereich der Behörde unterfallen. Zu den aktuell in der Diskussion befindlichen elektronischen Informationsverbünden gehört unter anderem die am 31. 12. 2006 in Kraft getretene, auf dem „Gemeinsame-Dateien-Gesetz“ beruhende sogenannte Antiterrordatei.142 Bei ihr handelt es sich um eine sogenannte Verbunddatei mit dem Ziel, eine Rechtsgrundlage für gemeinsame Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten zu schaffen, mittels derer der Informationsaustausch effektiver gestaltet, bewährte Formen der Zusammenarbeit ergänzt und Übermittlungsfehler verringert werden sollen.143 Die Datei enthält standardisierte Angaben zu sogenannten Grunddaten und erweiterten Grunddaten, die beschränkt oder verdeckt gespeichert werden können, sowie Angaben zur speichernden Behörde und deren Aktenzeichen.144 Ihre Funktionsweise abwehr/die-zusammenarbeit-des-bundeskriminal%C2 %ADamtes-mit-der-wirtschaft-in-sicher heitsfragen (zuletzt aufgerufen am 15. 04. 2014). 141 So wurden auf Seiten des BKA und der jeweiligen Global Player „Single Points of Contact“ eingerichtet. Dem BKA steht zudem die Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft e. V. (ASW) als zentraler Ansprechpartner zur Verfügung, die die sicherheitsrelevanten Informationen an die angeschlossenen Verbände und Unternehmen, auch außerhalb der Global Player Initiative Community, weiterreichen kann. Vgl. Blaumoser, Wirtschaftskriminalität mit Mafiamethoden, Stand 2014, abrufbar unter http://www.sius-consulting.com/presse/ (zuletzt aufgerufen am 15. 04. 2014); Glitza, Interview mit Jörg Ziercke, Informationsaustausch zwischen Behörden und Wirtschaft, Stand 07. 01. 2008, abrufbar unter http://www.sicherheit.in fo/SI/cms.nsf/si.ArticlesByDocID/1100809?Open&SessionID=4955962 – 124928 (zuletzt aufgerufen am 15. 04. 2014). Zur Arbeit der ASW siehe Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit der Wirtschaft e.V. (Hrsg.), Der Verband, abrufbar unter http://www.asw-online.de/verband/ (zuletzt aufgerufen am 15. 04. 2014); die Funktion eines zentralen Ansprechpartners beschreibend Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 119 f. 142 Der Entwurf des Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer (auch projektbezogener) Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (GemeinsameDateien-Gesetz) enthielt in seinem Art. 1 auch einen Entwurf für das „Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz – ATDG); vgl. BT-Drs. 16/2950, S. 5. 143 BT-Drs. 16/2950, S 12. 144 Mit der Standardisierung verfolgte die Bundesregierung das Ziel, die Recherchefähigkeit der Dateien zu erhöhen und die Verwaltungspraxis durch Vereinheitlichung zu erleichtern, vgl. BT-Drs. 16/2950, S. 17. Im Einzelnen zu Inhalt und Form der Datenspeicherung siehe Lang, Antiterrordateigesetz, S. 176 ff.; Näheres zu internen Sicherheitsmechanismen und Haftungsfragen in Informationssystemen bei Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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basiert auf dem Prinzip der Informationsanbahnung, das heißt, ein Treffer in der Suchauswahl führt nicht zu einem automatisierten Abgleich mit anderen Datenbanken, sondern eröffnet nur den Zugriff auf die einfachen Grunddaten zur Identifizierung einer Person, gegen die bereits durch die anfragende Behörde ermittelt wird.145 Der weitere Informationsaustausch richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Amtshilfeersuchen und fachgesetzlichen Übermittlungsvorschriften, die Datei begründet demnach keine neuen Datenerhebungsbefugnisse.146 Mit anderen Worten stellt die Antiterrordatei einen „vorgelagerten Teil des fachgesetzlichen Austauschs“ dar, der die ersuchende Behörde zeitnah und einfach darüber in Kenntnis setzen soll, ob bereits andere Sicherheitsbehörden zu bestimmten Personen recherchieren, um sodann eine zeitgerechte Kontaktaufnahme und Informationsersuchen an die richtige Behörde zu ermöglichen.147 Neu an der Antiterrordatei ist, dass sie erstmalig eine sicherheitsrechtliche Verbunddatei schafft, die sowohl die Nachrichtendienste als auch Polizei- und Zollbehörden informations-organisatorisch miteinander verknüpft. Die bisherigen Verbunddateien, vor allem das Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS) aus § 6 BVerfSchG, das Polizeiliche Informationssystem (INPOL) aus §§ 2 Abs. 3, 11 Abs. 1 BKAG und das Zollfahndungsinformationssystem (INZOLL) nach §§ 3 Abs. 3, 11 Abs. 1 ZFdG, schufen nur Verbindungen innerhalb der jeweiligen Fachbehörden.148 Darüber hinaus sind auch auf europäischer Ebene elektronische Informationsnetzwerke anzutreffen. Unter vielen ist aus dem sicherheitsrechtlichen Bereich an das Europol-Informationssystem TECS zu denken.149 Personelle Informationsnetzwerke ergänzen sich jedoch nicht nur häufig durch elektronische Informationssysteme. Um das volle Potenzial der Zusammenarbeit auszuschöpfen, weisen sie in ihren Strukturen oftmals auch Elemente der strategischoperativen Koordination und Planung auf. Strategische Komponenten zeichnen sich durch eine Fokussierung auf die Entwicklung von Leitlinien und Strategien aus, die die Ausrichtung der Netzwerkstruktur und gegebenenfalls auch deren Auf- und

und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 160 ff.; kritisch zur Entscheidung des BVerfG (Az. 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013) hinsichtlich der partiellen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes Arzt, NVwZ 2013, S. 1328 (1328 ff.). 145 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 61, 124. 146 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 61, 101, 106, 126; SchöndorfHaubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 161. 147 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 61, 106, 127. 148 Im Ganzen zu gemeinsamen Verbunddateien von Polizei und Nachrichtendiensten siehe Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 17 ff.; zu weiteren Informationsverbünden siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 51 ff. 149 Zu weiteren Beispielen europarechtlicher Prägung siehe Heussner, Informationssysteme im Europäischen Verwaltungsverbund, S. 1 ff.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Ausbau beeinflusst.150 Unter Rückgriff auf den gemeinsamen Erfahrungsschatz werden Handlungs- und Vorgehensmuster entwickelt und für die Tätigkeit im Netzwerk vorgegeben, die ressourcenschonend zu einer effizienten Bewältigungsstrategie beitragen sollen. Letzteres umschreibt sodann das operative Element, das ebenso wie das strategische Element innerhalb ein und desselben Netzwerks integriert oder als eigenständige Struktur bestehen kann. Die netzwerkspezifisch entwickelten Strategien werden in operativer Hinsicht am konkreten Fall erprobt und umgesetzt. Um eine hohe Praxistauglichkeit zu gewähren, ist eine enge Anbindung der strategisch und operativ tätig werdenden Komponenten erforderlich.151 Mittels eines gezielten Input-output-Informationsaustausches kann wiederum der Entwicklungsprozess positiv beeinflusst und das strategische Vorgehen effektiver gesteuert werden. Die so erreichte Feinsteuerung ermöglicht es der Netzwerkstruktur, sich passgenau auf das anvisierte Ziel auszurichten. Informationsnetzwerke stellen den wichtigsten Kooperationstyp im sicherheitsrechtlichen Bereich dar. Neben den bisher geschaffenen Systemen, wie dem Schengener und Zollinformationssystem, sind in jüngster Zeit im nationalen und europäischen Kontext neue Informationsnetzwerke hinzugekommen.152 c) Formelle und informelle Netzwerke Die Verzahnung der Netzwerkarten betrifft jedoch nicht nur die funktionale Ausrichtung von Netzwerken hinsichtlich informationeller, strategischer oder operativer Elemente. Der hybride Aspekt dieser Organisationsstruktur ist weitreichender. Neben formell-gesetzlich vorgefassten personellen oder elektronischen Netzwerken besteht eine Bandbreite an informeller Netzwerkkommunikation. Diese verschränken sich vielfach in inter- sowie intraorganisationaler Weise: Personellformelle Netzwerke werden durch elektronisch-formelle Datenbanken ergänzt. Innerhalb und um diese formell-gesetzlich ausstrukturierten Netzwerke siedeln sich informelle Netzwerkgruppierungen an. Binnen informeller Netzwerke bilden sich wiederum informelle Subnetzwerke, sie selbst greifen, in Abhängigkeit ihrer fortschreitenden Ausdifferenzierung, auf formal-organisatorische Netzwerkstrukturen zurück.153 Der Netzwerktypik entsprechend, ist demnach auch der Formalisierungs150

Vgl. Schulenberg, Vernetzen ohne sich zu verheddern, in: Regiestelle E&C der Stiftung SPI Sozialpädagogisches Institut Berlin „Walter May“ (Hrsg.), Netzwerkbildung im Quartier, S. 5. 151 Vgl. Schulenberg, Vernetzen ohne sich zu verheddern, in: Regiestelle E&C der Stiftung SPI Sozialpädagogisches Institut Berlin „Walter May“ (Hrsg.), Netzwerkbildung im Quartier, S. 5. 152 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 158. 153 Zu inter- und intraorganisationalen Netzwerken siehe Sydow, Management von Netzwerkorganisationen, in: ders. (Hrsg.), Management von Netzwerkorganisationen – Beiträge aus der „Managementforschung“, S. 379 f.

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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wie Institutionalisierungsgrad ein fließender. Formell geschaffene Strukturen beruhen auf Gesetz, völkerrechtlichem Vertrag, Verordnung oder eben sonstiger (Rechts-)Handlung.154 Sie können über eine unterschiedlich ausgeformte, aber feste Intrastruktur verfügen, an bestehende Organisationen angebunden sein oder auf schlichten personellen Zusammenkünften beruhen.155

III. Verfassungsrechtliche und verwaltungspraktische Bewertung informeller Netzwerkstrukturen Was sich zwischen den Zeilen bereits deutlich abzeichnete, sei nun explizit betont: Kooperativem, informellem (Verwaltungs-) Handeln und Netzwerken kommt eine ebenso hohe wie zentrale Bedeutung und Praxisrelevanz zu.156 An diese Feststellung schließt sich die weiterführende Fragestellung an, was genau unter dem Begriff des informellen Tätigseins zu verstehen ist. 1. Informelle Verwaltungsbetätigung a) Begriff und Wirkung von Informalität Die Bildung von (sozialen) Netzwerken ist nicht nur ein in der Wirtschaft und Gesellschaft weit verbreitetes Phänomen, es fasst auch zunehmend stärker im staatlichen Bereich Fuß. Seinen prägenden Eigenschaften der Flexibilität und Hybridität geschuldet, wehrt es sich gegen eine allzu strenge formell-rechtliche Einfriedung, die den Vorteilen des Netzwerkcharakters wesensimmanent entgegensteht. In der Folge ist es nicht verwunderlich, dass ein Großteil der Netzwerke auf informellen Bindungen beruht, die nur in ihren Grundzügen festgelegt, im Übrigen aber offen sind. Dass der Netzwerkbegriff die Art und Eigenschaften der konkreten Ausformung der Kooperation zwischen einer Vielzahl an Akteuren beschreibt, wurde bereits besprochen. In Abgrenzung zur Kooperationsform wird im Folgenden der „Aspekt der Strukturierung und Regelung“157, sprich das informelle Tätigsein, in den Blick genommen. So ist, vor einer Definition von Formalität und Informalität, zunächst darauf zu verweisen, dass die Begriffe Informalität und Kooperation kei154

Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 156. 155 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 156. 156 In diesem Sinne Benz, Die Verwaltung 23 (1990), S. 83 (84) auf Bulling verweisend: „Die Zukunftsentwicklung wird eine hochkompetente und hochqualifizierte Verwaltung erfordern, die vor dem Hintergrund einer mächtigen Wissenschafts- und Wirtschaftsentwicklung schnell, flexibel und sachgerecht agieren kann. […] Die Verwaltung wird deshalb zu immer mehr kooperativen Handlungsformen finden müssen“; prägnant zu konkreten Gründen ders., Die Verwaltung 23 (1990), S. 83 (86). 157 Benz, DV 23 (1990), S. 83 (84).

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

neswegs synonym verwandt werden können. Denn Handlungen oder Prozesse sind gemeinhin dann informell, wenn sie keinen „generell gültigen Verfahrensregeln oder organisatorischen Festlegungen“ folgen, sondern sich evolutiv aus den Gegebenheiten des einzelnen, konkreten Sachverhalts ergeben.158 Unter kooperativen Prozessen versteht man hingegen den auf „Verhandlungen beruhenden Prozess der Konsenssuche“ durch eine Einigung der beteiligten Parteien.159 Die kooperativ gefundene Lösung kann sodann, dem sie gebärenden Rechtsregime entsprechend, entweder durch traditionelle, formelle Mittel oder informelle Absprachen festgehalten werden.160 Übertragen bedeutet dies für informelle Netzwerke, dass es sich bei ihnen um Strukturregelungen handelt, die, ohne traditionell-rechtlich gefasst zu sein, einen sachbereichsspezifischen Konsens unter den Beteiligten anstreben. Trotz seiner immensen arbeitsalltäglichen Relevanz wurde der Begriff des informellen Verwaltungshandelns erst mit den beginnenden 1980er Jahren rechtswissenschaftlich aufgearbeitet.161 Dem klassischen Verständnis folgend, werden dem Begriff prinzipiell zwei Dimensionen zugeschrieben: zum einen das Zusammenwirken von Staat und Wirtschaft, zum anderen dasjenige von Staat und Bürger. Darüber hinaus existiert aber noch eine dritte, bislang weniger im Fokus stehende Dimension. Gemeint sind damit informelle Strukturen zwischen und innerhalb von verschiedenen Verwaltungseinheiten. Die moderne Verwaltungstätigkeit ist nicht nur von nicht mehr hinwegzudenkenden informellen Vorgehens-, Verfahrens- und Kommunikationsweisen geprägt, ihre Tätigkeit wird in zunehmendem Maße auch durch informelle organisatorische Bahnen gelenkt. Dem Begriff der Informalität steht zunächst sein positiver Komplementärbegriff der Formalität gegenüber. Nach der theorie- und damit begriffsbildenden Definition162 von Bohne werden alle „rechtlich geregelten tatsächlichen Verfahrenshandlungen und alle Entscheidungen, die auf die Bewirkung von Rechtsfolgen gerichtet sind“, als formell bezeichnet.163 Im Umkehrschluss sind alle „nicht geregelten Tathandlungen, die der Staat anstelle von rechtlich geregelten Verfahrenshandlungen oder Rechtsfolgenentscheidungen wählt, die jedoch zur Herbeiführung des beabsichtigten Erfolgs auch in den von der Rechtsordnung bereitgestellten […] Hand-

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Ähnlich Benz, DV 23 (1990), S. 83 (84). Benz, DV 23 (1990), S. 83 (84). 160 Ähnlich Benz, DV 23 (1990), S. 83 (85). 161 Remmert in: Erichsen/Ehlers, AllgVerwR14, § 37 Rn. 5 m. w. H. zur einschlägigen Literatur in Fn. 54, 55. 162 Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (244) m. w. N. in Fn. 11; Remmert in: Erichsen/ Ehlers, AllgVerwR14, § 37 Rn. 5 m. w. N. Fn. 54; Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 13. 163 Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (344); zur Begriffsherkunft und Bedeutung siehe auch Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, Stand 2014, abrufbar unter http://www.dwds.de/?view=1&qu=formell (zuletzt aufgerufen am 24. 04. 2014). 159

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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lungsformen hätten erfolgen können“, informell.164 Informelles Vorgehen ist damit ein solches, das außerhalb traditioneller Formen stattfindet. In erster Line handelt es sich dabei um Absprachen und sonstige Kontaktaufnahmen. Einen weiteren Aspekt stellen aber auch die administrative Regelbildung und Normsetzung dar.165 Informelle Beziehungen und Strukturen bahnen sich insbesondere dort an, wo Aufgabenund Problemstellungen auf Grund ihrer Komplexität nicht standardisiert lösbar sind, für die Verwaltung also ein erhöhter Koordinationsbedarf zwischen Sachbereichen besteht und sie auf wechselseitigen Informationsaustausch und gemeinsame Kompetenzentwicklung angewiesen ist.166 Daran wird erkennbar, dass informellen Vorgehensweisen zumeist Tauschbeziehungen der Beteiligten zu Grunde liegen. Dieser „Tausch“ ist in einem weiten Sinn zu verstehen und umfasst alle von den Beteiligten wechselseitig angestrebten Verhaltensweisen.167 Vordergründig lässt sich der Tausch auf den Verzicht auf rechtlich vorgegebene Handlungsbeziehungen zurückführen, denn, wer auf die Verbindlichkeit rechtlicher Formen und damit auch auf die entsprechenden Zwangsmittel verzichtet, muss etwas „anzubieten“ haben.168 Dies ist es auch, was die Wirkung der informellen Beziehungen und Strukturen ausmacht: Der gefundene Konsens begründet keine Rechtspflichten, sondern nur faktische Verhaltensabstimmungen, von denen man sich notfalls distanzieren kann.169 Die Bindung reicht nicht weiter als das Ausmaß „faktischer Interessenübereinstimmung“.170 Die Tätigkeit bewegt sich damit in einer Grauzone von rechtlicher Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit.171 Daher findet in informellen Netzwerken regelmäßig ein „Prozeß der Verdichtung“ von Informationen und Analysen statt, an den im Anschluss eine Abstimmung des künftigen Verhaltens der Netzwerkmitglieder folgt.172 Die rechtliche Unverbindlichkeit ermöglicht so einen flexiblen Umgang mit komplexen Anforderungs- und Bewältigungsprofilen. In Bereichen, in denen diese informellen Kommunikationswege des Öfteren beschritten oder in denen gesetzlich vorgefasste Kooperationsbeziehungen quantitativ intensiviert werden, stellt die Ausformung netzwerkartiger Organisationsstrukturen eine sich an die reine (informelle) Kommunikationsbeziehung anschließende zweite Stufe der Kooperation dar. 164

Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (344). Maurer, VerwR, § 15 Rn. 16. 166 Benz, DV 23 (1990), S. 83 (86); so insbesondere auch im Bereich der Zusammenarbeit des Bundesamtes und der Landesämter für Verfassungsschutz im sogenannten Informationsverbund Verfassungsschutz, dazu Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 1 ff. 167 Eingehend Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (344); Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 224 ff. 168 Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (344). 169 „Geräuschlosigkeit und weitgehende Sanktionslosigkeit informaler Arrangements“, Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 225. 170 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 125. 171 Hoffmann-Riem, VVDStRL 40 (1982), S. 187 (234); Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (262). 172 Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (263). 165

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Denn die losen bzw. informellen Beziehungen werden auf eine stärker strukturierte, nämlich organisatorisch-institutionell gefestigte Ebene gehoben. b) Vorteile und Gefahren Der Bildung informeller Handlungs- und Organisationsweisen liegen zwei Aspekte zu Grunde: Zum ersten sind sie „unvermeidbare Folge rechtlicher Formalisierungen menschlichen Zusammenwirkens“173. Ein hundertprozentiger „Dienst nach Vorschrift“ würde zu einer Lähmung des Verwaltungsapparates führen.174 Dies lässt sich gut am Beispiel der Doppelzuständigkeit im präventivrechtlichen Aufgabenbereich „Terrorismusbekämpfung“ der Nachrichtendienste und Polizei aufzeigen. Die Überschneidungen resultieren zum einen aus der föderalen Gliederung der Sicherheitsarchitektur und der Ausstrahlungswirkung der Sachverhalte in die Gefahrenabwehr durch Polizei, Nachrichtendienste und Strafverfolgungsbehörden. Zum anderen in der nicht unwesentlichen Erweiterung der präventivpolizeilichen Befugnisse, basierend auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a GG, sowie derjenigen der Nachrichtendienste im Zuge des Terrorismusbekämpfungsgesetzes.175 Befugnisse und Verfahren sind in diesem Sachgebiet nicht zuletzt auf Grund der Grundrechtsrelevanz und der damit einhergehenden rechtsstaatlichen wie demokratischen Legitimationsanforderungen stark formalisiert. Die Vorteile dieser Mehrfachzuständigkeiten lassen sich in folgenden vier auch allgemein gültigen Punkten zusammenfassen:176 Erstens haben unterschiedliche Behörden unterschiedliche Mittel und Möglichkeiten, Informationen zu beschaffen und zu gewinnen. Daraus resultieren zweitens auch unterschiedliche Befugnisse zum Tätigwerden. Drittens erlaubt eine doppelte Informationsgewinnung den Schluss auf eine besondere Verlässlichkeit der gewonnenen Informationen und ermöglicht viertens, bedingt durch die unterschiedliche Ausrichtung der Tätigkeit auf ein und dasselbe Ziel, die Schaffung eines Gesamtbildes. Diesen positiven Gesichtspunkten steht jedoch auch Nachteiliges gegenüber:177 Zum Ersten können sich überschneidende Zuständigkeitsbereiche zu einer Splittung von Informationen und Informationsbruchstücken führen. Dies kann ohne geeignete Gegenmaßnahmen schnell bewirken, dass ein Gesamtbild gerade nicht zustande kommt. Sowohl durch die doppelte Tätigkeit als auch durch sich anschließende Rückkopplungs- und Austauschprozesse können so unnötige, dop173

Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (372). Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (372), unter dem Stichwort Funktionsfähigkeit durch brauchbare Illegalität. Näheres dazu auch bei Bull/Mehde, AllgVerwR, § 4 Rn. 154 f. 175 Durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (BGBl. I 2006, S. 2034 ff.) sowie das Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BGBl. I 2008, S. 3083 ff.). 176 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 155. 177 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 155 ff. 174

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pelte Kosten verursacht werden. Zum Zweiten ist es möglich, dass eine Ressourcenkonzentration mehr Informationsgewinn bringen kann als eine Aufteilung auf verschiedene Verwaltungseinheiten. Wesentlich schwerer wiegt jedoch eine dritte Tatsache. Auf Grund unterschiedlicher politischer Vorgaben bzw. des institutionellen Eigeninteresses der jeweiligen Behörden, insbesondere derjenigen der Sicherheitsbehörden, kann es vorkommen, dass unterschiedliche Sachverhaltsaufklärungsstrategien verfolgt werden. Dies kann sich wiederum derart negativ auswirken, dass sich die Behörden in ihrer Arbeit – unwissend – gegenseitig behindern oder bei geheimem Vorgehen gegenseitig beobachten, was abermals zu einer Verschwendung von Ressourcen führen kann und der Informationsgewinnung und Aufklärung abträglich ist. Zum Vierten können sich Schwierigkeiten auf der Ebene der Aufsicht und Kontrolle des Behördenvorgehens ergeben. Einerseits kann das Vorhandensein mehrfacher Kontrollinstanzen die Gefahr eines mehrfachen Vertraulichkeitsbruches bergen, andererseits ist es keiner Kontrollinstanz auf Grund ihres abgesteckten Zuständigkeitsbereichs möglich, das gesamte Vorgehen zu überprüfen. Aus fünfter und letzter Perspektive des vom Behördenhandeln Betroffenen bergen Doppelzuständigkeiten die Gefahr additiver Grundrechtseingriffe, die zu einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Rundumüberwachung führen könnten.178 Diese als nachteilig empfundenen Gründe stellen zugleich den zweiten Aspekt dar, der der Bildung informeller Handlungs- und Organisationsweisen zugrunde liegt. So wird die Errichtung informeller Strukturen als funktional „zur Lösung von Führungsproblemen, Entschärfung oder Beilegung von Konflikten, Anpassung an Umweltveränderungen oder zur Verwirklichung von Organisationszielen“ angesehen.179 Erst der informelle Blick über die Grenzen des Gesetzes hinaus auf die Umwelt und Integration in die Umweltkomplexität lässt die materiell-rechtlichen Programmsätze der Gesetze zu voller Wirkung gelangen. Gerade im Bereich sich überschneidender Tätigkeitsfelder kann eine enge Abstimmung in der Vorgehensweise den genannten Schwierigkeiten vorbeugen oder ihnen Abhilfe schaffen. Dies ist grundsätzlich besser über informelle als formelle Kommunikation und Organisationsstrukturen erreichbar. Einen möglichen Lösungsansatz für eine dauerhaftere Form der gegenseitigen Unterstützung und Absprache bietet beispielsweise die Errichtung informeller gemeinsamer Zentren oder Plattformen. Diese verfügen im Gegensatz zur Errichtung neuer Behörden oder anderer formeller Verwaltungseinheiten über den Vorteil, dass sie die vorhandenen formell-komplexen Strukturen nicht weiter rechtlich verkomplizieren. Hinsichtlich 178 Verschiedene einzelne, für sich betrachtet geringfügige Eingriffe in grundrechtliche Positionen können in ihrer Gesamtwertung zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung führen, die das Maß an rechtsstaatlich hinnehmbarer Eingriffsintensität überschreiten; zum additiven Grundrechtseingriff BVerfGE 112, 304 (319 f.); 123, 186 (265 f.); Lücke, DVBl 2001, S. 1469 (1469 ff.). 179 Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 115, zu Grundproblemen formaler Organisation S. 118 – 125; Blau/Scott, Formal Organizations, S. 234 ff. zum gegenseitigen Einfluss formaler und informeller Organisation.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

des Kostenaspekts werden so auch Verwaltungskosten eingespart, die durch die Errichtung mit eigenen Mitteln und Personal ausgestatteter Behörden entstünden. Informelle Kommunikationsbeziehungen in informellen Netzwerkstrukturen können auch auf Grund ihrer vertrauensbildenden Funktion dabei helfen, formellrechtlich und hierarchisch bedingte „Kompetenzgerangel und institutionelle Eitelkeiten“180 abzubauen, die die Tätigkeit der Behörden andernfalls auch auf der nicht zu unterschätzenden personell-individuellen Ebene empfindlich stören können.181 Dies erklärt letztlich ebenso die eingangs erwähnte Beziehung und Anziehung von und zwischen Formalität und Informalität menschlichen Zusammenwirkens. Informalität gehört daher ebenso wie traditionelle Organisationselemente zu den Eckpfeilern eines funktionierenden Verwaltungsapparats. Auf den Punkt gebracht, verfügt die informelle Verwaltungsbetätigung über die folgenden Vorteile: An erster Stelle stehen Effektivitäts-, Praktikabilitäts- und Flexibilitätserwägungen. In der Rechtspraxis werden informell-kooperative Verwaltungsbetätigungen als zeit-, kosten- und aufwandssparende Instrumente der Problembewältigung angesehen.182 Das Vorhandensein von Überschneidungen innerhalb von Zuständigkeitsbereichen führt zu einem dauerhaften „Miteinander-auskommen-Müssen“ der Verwaltungseinheiten und ihrer Organisationsmitglieder untereinander. Da die jeweiligen Behörden die Bewältigung eines zwar gemeinsamen Ziels, jedoch vor dem Hintergrund ihres spezifischen Gesetzesauftrags, ihrer individuellen Regelungsrahmen, Befugnisse und Strategien, angehen, sind Ausführungsdifferenzen und Konfliktpotenziale vorprogrammiert. Dementsprechend ist ein gutes interbehördliches Kooperationsklima erforderlich, dem die Balance zwischen institutionellen Eigeninteressen unter gleichzeitiger Wahrung der dennoch notwendigen Distanz gelingt, denn ein gutes Klima wirkt sich wiederum konfliktvermeidend und damit effektivitätssteigernd aus. Die Förderung eines ein Sachgebiet umschließenden, sprich behördenübergreifenden, guten Klimas mittels der Einrichtung eines kooperativen Netzwerks intensiviert ein flexibles Eingehen auf die zu bewältigenden Sachverhalte und unkompliziertes, da auf praktische, kurze Wege angelegtes Vorgehen. Ein „gutes Klima“ durch formell-gesetzliche Normen vorzuschreiben, ist nicht möglich. Es ist vielmehr und grundsätzlich auf Evolution und Informalität angewiesen. Nichtsdestotrotz kann es sich als sinnvoll erweisen, diese Informalität durch organisatorisch-institutionell gefestigte Bahnen zu forcieren und zu lenken. Denn eine gewisse Festigung informeller Strukturen trägt dazu bei, die nötige personelle Nähe und Vertrauen zwischen den Akteuren zu schaffen. Diese fördern wiederum die notwendige Akzeptanz und das Verständnis um das spezifisch durch dessen „selektive Aufmerksamkeit“ geprägte Vorgehen des Gegenübers. Zusammengefasst entwickelt sich eine gute Basis des behördenübergreifenden 180

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 156. 181 Zu „offiziellen“ Verhaltenserwartungen und Rollenanforderungen der Organisationsmitglieder siehe Bohne, Der informale Rechtsstaat, S. 115. 182 Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (252 f.).

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Zusammenarbeitens also insbesondere dort, wo eine stetige Fluktuation der Ansprechpartner vermieden und keine zusätzliche Distanz durch den Aufbau formeller Kommunikationsstrukturen geschaffen wird. Diese Erwägungen sind an zweiter Stelle auch in engem Zusammenhang mit dem Abbau von (Rechts-) Unsicherheiten zu sehen.183 Der flexible, da weniger formell ausgeprägte Schnittstellenkontakt ermöglicht einen zeitnahen Zugriff auf einen Pool an Informationen und Erfahrungswissen. Die parallele Ermittlung von Sachverhaltsdaten lässt trotz und möglicherweise gerade aufgrund behördenintern unterschiedlicher Gewichtung eine präzisere Beurteilung der Gesamtlage zu. So werden präventiv oder zumindest noch während des Ausarbeitungsprozesses Fehler vermieden, deren Auswirkungen andernfalls im Nachhinein aufwendig behoben werden müssten. Trotz dieser positiven Erwägungen versprechen informelle Betätigung und Organisation nicht ausschließlich eine „schöne neue Welt“184. Die größte Gefahr informeller Betätigung liegt in der Relativierung oder sogar Umgehung gesetzlicher Regelungen und normativer Vorgaben.185 Denn die „Regelungsebenen kreuzende, verbindende oder gar untertunnelnde Funktion“186 von informell-organisatorischen Netzwerkstrukturen kann dazu verleiten, dass Informationen innerhalb des auf personelle Nähe und schnellen Zugriff angelegten Arbeitstages außerhalb der formell-gesetzlich normierten Kommunikationsregelungen (un-)gewollt weitergegeben werden. Dieser Prozess kann sich, so lehrt es die sozialpsychologische Forschung, sogar dahingehend verselbstständigen, dass informelle Strukturen unter bestimmten Voraussetzungen dafür empfänglich sein können, dass sich in ihnen auch Extremmeinungen durchsetzen oder Entscheidungsdefizite festigen können.187 Im Sinne einer auf die Verfolgung des Gemeinwohls angelegten Verwaltung kann dies kontraproduktiv sein. So wie das Recht aus der Rezeption sozial- und politikwissenschaftlicher Forschung etwas über Innovationsfähigkeit und vertrauensvolle Kommunikation lernen kann, hat es sich ebenso mit der Kehrseite, den dysfunktionalen Aspekten von Netzwerken, auseinanderzusetzen. Hierzu gehört beispielsweise der auf Irving Janis zurückgehende „Groupthink“-Effekt. Dieser Effekt ist ein Phänomen der Gruppendynamik, der die Neigung von Gruppenmitgliedern in Entscheidungs- oder Lösungsfindungsprozessen beschreibt, sich unter Vernachlässigung des eigenen Sachverstandes sowie reflektiert-kritischen Denkens der Grup183

Zur Zielverwirklichung durch Reduktion von Unsicherheiten siehe auch Bohne, Der informale Staat, S. 120 f. 184 Bezüglich organisatorischer Netzwerkstrukturen auf transnationaler Ebene Möllers, Netzwerke als Kategorie des Organisationsrechts, in: Oebbecke (Hrsg.), Nicht-normative Steuerung, S. 301, nach Slaughter, A New World Order, S. 261 ff. 185 Eingehend dazu Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (254) m. w. N. 186 Schuppert, Governance und Rechtsetzung, S. 333 f. 187 Zu einer klassischen Studie zu entsprechenden Tendenzen im Rahmen von Gruppenentscheidungen von Stoner, Journal of Experimental Social Psychology 4 (1968), 442 (442 ff.) m. w. N.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

pennorm zu unterwerfen. Zu den begünstigend wirkenden organisatorischen Rahmenbedingungen sind unter anderem die Isolation der Gruppe, zum Beispiel aus Geheimhaltungsgründen, das Fehlen eines zurückhaltenden bzw., anders gewendet, das Vorhandensein eines direktiven Führungsstils, das Fehlen festgelegter methodischer Arbeitsprozesse und Vorgehensweisen innerhalb der Arbeitsgruppen sowie eine starke Homogenität unter den Mitgliedern zu zählen.188 Verstärkend wirkt darüber hinaus hoher Leistungs- und Termindruck, der zur Folge hat, dass Gegenargumente weniger bis kaum Gehör finden und die Gruppenmitglieder Schutz in der subjektiv wahrgenommenen Sicherheit des Meinungskonsenses und der damit verbundenen Gruppenverantwortung suchen. Darüber hinaus schafft die wenn auch nur subjektiv empfundene Gruppenverantwortung in all jenen Situationen ein emotionales Gegengewicht für das einzelne Gruppenmitglied, in denen es sich aus individuellen Gründen der Aufgabenbewältigung nur bedingt gewachsen sieht oder die Last ethisch-moralisch problematischer Entscheidungen zu verteilen sucht.189 Symptomatisch führt das Gruppendenken dazu, dass im Sinne eines sich überschätzenden „das hat schon immer funktioniert“-Optimismus auch hohe Risiken eingegangen und Warnsignale im Sinn der Gruppennorm rationalisiert werden. Gerade unter der Führung starker Gruppenleiter intensivieren sich Selbstzensur und Konformitätsbestrebungen der Mitglieder, Kritiker werden von der automatisch als richtig vorausgesetzten Gruppennorm ausgegrenzt, Schweigen als Zustimmung aufgefasst. In der Konsequenz kann diese Dynamik zu mehreren Entscheidungsdefekten führen, namentlich zu unvollständiger Informationssammlung und -auswertung, unzureichender Zielbestimmung oder Alternativenberücksichtigung, fehlender Hinterfragung getroffener Entscheidungen oder entwickelter Konzepte sowie fehlender Ausweichmöglichkeiten. Darüber hinaus kann das soeben angesprochene relativ freie, ungeregelte Vorgehen, gerade wegen des Fehlens von Strukturen, eine Behinderung zügiger und effektiver Arbeit sowie eine Erschwerung von Kontrolle und Rechtsschutz nach sich ziehen.190 Dies gilt nicht zuletzt dann, wenn informelle Kommunikationsprozesse und Vorgehensabsprachen nicht oder nur unzureichend dokumentiert werden, sich der Beitrag des Einzelnen mithin in der (nicht detailliert nachvollziehbaren) Gruppenverantwortung auflöst. Das ambivalente Wesen von Netzwerken zeigt sich insofern auch dort, wo ein Ungleichgewicht in den Tauschbeziehungen und der faktischen Interessensübereinstimmung entsteht, sprich, wenn sich die selbstauferlegte Rücksichtnahme negativ auf behördeneigene Betätigungen auswirkt. Diesbezüglich können auch durch die Mitglieder in das Netzwerk eingebrachte „Machtverhältnisse“ negative Konsequenzen entstehen lassen. Darunter verstehen sich einerseits klassisch föderal188 Neben den begünstigend wirkenden Faktoren auch eingehend zu den Symptomen und Entscheidungsdefekten des „Groupthink“-Effekts nach Irving Janis siehe Hart, Political Psychology 1991, S. 247 (256 ff.). 189 Dies beispielhaft vertiefend Watzka, Personalführung 8/2012, S. 58 (60 f.). 190 Vgl. Lüdemann, Netzwerke, Öffentliches Recht und Rezeptionstheorie, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 273; Bauer, VerwArch 78 (1987), S. 241 (255 f.).

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staatliche Verwaltungshierarchien, die einer freien, gleichberechtigten Zusammenarbeit entgegenstehen können. Andererseits, und davon zu unterscheiden, ist damit auch faktische oder informelle Macht bzw. Kontrolle über „Entscheidungen“ bezüglich der Ausrichtung des Netzes191 gemeint, die auf anderen Eigenschaften der Akteure beruht, wie etwa „Informationsvorsprünge[n], Verhandlungsgeschick, charismatische[r] Ausstrahlung sowie günstigere[r] Ausstattung mit entscheidungsrelevanten Ressourcen“.192 Dementsprechend sind informelle Verwaltungsbetätigungen, wie sie beispielsweise in Netzwerken ablaufen, stets aufmerksam zu beobachten, um zu vermeiden, dass sie sich Recht und Politik entziehen. 2. Zulässigkeit und Grenzen Die Wahl zwischen den Handlungsformen „formell“ und „informell“ entscheidet über das Zum-Zuge-Kommen des entsprechenden Rechtsregimes: Gemeint sind damit die anzuwendenden Regelungen über das Verfahren, die Entscheidungsform, den Verbindlichkeitsgrad oder auch den Rechtsschutz.193 Informelle Vorgehensweisen werden von den betroffenen Verwaltungseinheiten insbesondere dann gewählt, wenn die vorhandenen rechtlichen Regelungen als „zu starr, zu umständlich, zu zeit- und kostenaufwendig, zu konfliktbeladen oder sonst wie unzweckmäßig“ erscheinen, um einerseits so den vorhandenen formalen Handlungsformen und möglicherweise auch Kontrollen zu entgehen194, andererseits der Bewältigung komplexer Verwaltungsaufgaben sachangemessen gerecht zu werden, indem neue und effiziente Wege beschritten werden. An eine Abkehr von kooperativen Verhaltensweisen (in) der Verwaltung ist, gemessen an ihrer weiten Verbreitung und stetigen Zunahme, nicht mehr zu denken. Dementsprechend stellt sich, insbesondere unter Berücksichtigung demokratischer und rechtsstaatlicher Eckpfeiler, die Frage nach der Zulässigkeit und den Grenzen informeller Vorgehensweisen der Verwaltung. Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass informelle Verwaltungsbetätigung nicht per se verboten ist. Darüber hinaus ist jedoch schon umstritten, ob solches Vorgehen stets einen „verfassungsrechtlichen Anfangsverdacht“195 begründet oder eben „nicht ohne weiteres rechtsstaatlich verdächtig“196 ist. Wenn auch Informalität als unabdingbare Kehrseite der Formalität nicht verboten ist, so muss sie jedenfalls Grenzen begegnen. Denn es wäre verfehlt, aus ihrer Unverbindlichkeit ihre uneingeschränkte Zulässigkeit abzuleiten. Dagegen spricht schon die zweifache Betonung der Verfassungsbindung der Verwaltung in Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG, von 191 Ähnlich Weyer, Zum Stand der Netzwerkforschung in den Sozialwissenschaften, in: Weyer (Hrsg.), Soziale Netzwerke, S. 60. 192 Thurner/Stoiber, Interministerielle Netzwerke, Arbeitspapiere – Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung, Nr. 37/2001, S. 15. 193 Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (346). 194 Bohne, VerwArch 75 (1984), S. 343 (346). 195 So Morlok, VVDStRL 62 (2003), S. 37 (40). 196 Bull/Mehde, AllgVerwR, § 4 Rn. 156.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

der auch die interne Behördenkommunikation und die externe Interaktion der Verwaltung(seinheit) mit ihrer Umwelt umfasst sind.197 Diese grundsätzliche Bindungsforderung stellt insbesondere die institutionell gefestigte Netzwerkkommunikation vor Herausforderungen, denn dort steht das formell-hierarchische Recht hinter der positiv wie negativ zu verstehenden Flexibilität des Netzes zurück.198 Ziel ist ja gerade die Heranziehung „guter Netzwerke“, sprich ungezwungener Beziehungen, deren Charakter durch eine Verrechtlichung verloren zu gehen droht.199 Als Organisationsformen der Verwaltungskooperation unterliegen Netzwerke jedoch den allgemeingültigen verwaltungsverfahrens-, organisations- und materiell-rechtlichen Maßstäben, das heißt, sie bewegen sich gerade nicht im rechtsfreien Raum.200 a) Grundsatz der Basislegitimation: Formell- und materiell-gesetzliche Grenzen der Fachgesetze Netzwerke sind grundsätzlich keine eigenständigen Akteure, sondern bilden ein Konglomerat aus selbstständigen Akteuren. Folglich stützt sich die rechtliche Regulierung ihrer Tätigkeit weniger auf eigene Rechts- und Handlungsgrundlagen, sondern vielmehr auf die den Akteuren zugrunde liegende Bandbreite landes- und bundesgesetzlicher Fachgesetze.201 Regelmäßig ist aufgrund der ausdifferenzierten fachspezifischen Rechtsgrundlagen keine weitere, explizite Grundlage für die Netzwerkbildung selbst nötig, denn diese Normen bilden die zweistufige Basislegitimation der Verwaltungsnetzwerke. Den ersten Baustein der Basislegitimation stellt die Organisationsgewalt der Verwaltungsträger, genauer die Errichtungskompetenz der am Netzwerk beteiligten staatlichen Akteure, dar. Dies liegt darin begründet, dass die Verwaltungsträger auf Bundes- und Landesebene samt ihren Unterbauten dazu verpflichtet sind, die durch den Gesetzgeber geschaffenen materiellen, abstrakt-generellen Programme realiter in konkrete Maßnahmen umzusetzen. In ihrer Funktion als Planungs- und Lenkungsorgan sowie Umsetzungsgerüst zur Gestaltung des Gemeinwesens hat die Verwaltung zu ihrer sachangemessenen Aufgabenerfüllung alle entscheidungsrelevanten Informationen und Tatsachen zusammenzutragen, um dem materiellen Recht zu bestmöglicher Geltung zu verhelfen. In diesem Rahmen ist die Verwaltung be197

Ähnlich Maurer, VerwR, § 15 Rn. 21. Frenzel, Vom Verbund zum Netzwerk, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 258. 199 Frenzel, Vom Verbund zum Netzwerk, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S 258. 200 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 164. 201 Zu diesen Regelungsmaterien zählen neben den allgemeinen Amtshilfevorschriften fachbereichsspezifische Normierungen im Bereich der Informationsverwaltung, des Datenschutzes, der Datensicherheit und -vertraulichkeit sowie Weiterverwendungsbefugnisse. Teilweise finden sich bereits gemeinsame Datenbanken als „umklammerndes Recht“, detaillierter dazu Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 166 f. 198

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rechtigt und auch verpflichtet, Kontakte und Umweltbeziehungen aufzubauen, erkannte Informationsdefizite zu beseitigen sowie ihre Tätigkeit insgesamt zeit- und kostensparend stetig zu optimieren. Da die Entscheidungsproduktion maßgeblich durch die Organisationsstruktur geprägt wird, durch deren Bahnen sie fließt, ist die Qualität der Aufgabenerledigung untrennbar mit der Qualität und Funktionalität des Verwaltungsapparates verknüpft. Diese „Gebrauchstauglichkeit“, sprich die Fähigkeit der Verwaltung zur Aufgabenwahrnehmung durch Ausgestaltung ihres konkreten Aufbaus, muss maßgeblich auch durch die Verwaltung selbst, als Ausführungsorgan, festzulegen sein. Aus demokratischer und rechtsstaatlicher Hinsicht werden lediglich das verwaltungsorganisatorische Grundgerüst und die kompetenziellen Grundzüge der Verwaltung, die als „wesentlich“ oder grundrechtsrelevant eingestuft werden, grundgesetzlich beziehungsweise parlamentarisch vorgezeichnet. Von einer solchen gesetzesvorbehaltlichen Regelung ist jedenfalls die Errichtung von eigenständigen Verwaltungsträgern oder Behörden erfasst. Andernfalls wäre die Grundrechtskonformität der Organisations- und/oder Verfahrensordnung in Frage gestellt. Diese Aufgabe erfüllt die entsprechende Bandbreite an öffentlichrechtlichen Fachgesetzen sowohl hinsichtlich der organisatorischen Grundstruktur als auch der Kommunikations- und Informationsaustauschregelungen. Außerhalb von (organisatorisch-institutionellen) Gesetzesvorbehalten muss es aber der Verwaltung belassen sein, ihre eigene Organisation auf- und auszubauen. Auf Grund ihrer Praxisnähe verfügt sie über die Einschätzungsprärogative hinsichtlich ihrer Funktionalität. So ist sie dementsprechend im Rahmen ihrer internen Organisationsgewalt beziehungsweise mittels ihrer Errichtungskompetenz auch dazu befugt, ihre Binnenstruktur sachangemessen auszubauen und Verwaltungsnetzwerke, die gerade keine eigenständigen Behörden darstellen, zu schaffen. Dem Verwaltungskörper ist es daher erlaubt, sich in informationsintensiven und sachübergreifenden Regelungsprozessen in behördenübergreifenden Netzwerken zu organisieren, wenn diese Organisationsform in einem bestimmten Sachgebiet als optimalste empfunden wird. Denn dann wird sie auch der Anforderung des Bundesverfassungsgerichts gerecht, wonach staatliche Entscheidungen „möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen [sic!] werden [sollen], die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen“.202 Im Rahmen komplexer Regelungsmaterien und Sachverhalte kann die Wahl daher auf die Errichtung eines behördenübergreifenden Netzwerks in Form eine Informations- und Kooperationsplattform fallen. Den zweiten Baustein der Basislegitimation bilden die jeweils für die Netzwerkakteure geltenden Befugnisse, insbesondere, da die Plattformen oftmals dem Wissensaustausch, der vereinfachten Kommunikation und Kooperation dienen, die einschlägigen fachgesetzlichen Informationsübertragungs- und - empfangsvorschriften. Auch und gerade weil sich Netzwerke als Schnittstellenphänomene regelmäßig dort bilden, wo Zuständigkeits-, Befugnis- und Kompetenzgrenzen auf202

Vgl. BVerfGE 68, 1 (86); 98, 218 (252).

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einandertreffen, die die Kooperation überhaupt erst erforderlich machen, darf die Tätigkeit der Netzwerkakteure im Netzwerk nicht außerhalb der sie berechtigenden Gesetze erfolgen. Kompetenzmängel dürfen weder durch die Errichtung eines Netzwerks unterlaufen noch fremde Kompetenzen anderer Akteure unter dem Deckmantel des Netzwerks usurpiert werden. Daher bilden die fachgesetzlichen Befugnisgrenzen der beteiligten Behörden auch die Grenzen der legitimierten Tätigkeit im Netzwerk. Freilich davon ausgenommen ist jede Tätigkeit, die außerhalb einer solchen liegt, die einen (grundrechtlichen) Gesetzesvorbehalt auslöst. Angesprochen ist damit die interbehördliche bi- und multipolare informell-kollegiale Kommunikation, die im Wesentlichen dem Erfahrungsaustausch und der Vermittlung „stummen Wissens“ gilt.203 b) Verfassungsrechtliche Grenzen Soweit sich die Ausgestaltung von netzwerkartigen Organisationeinheiten oder Kommunikationsbeziehungen außerhalb der angesprochenen Fachgesetze vollzieht, sich zunehmend über die Gesetzesgrenzen hinaus quantitativ oder qualitativ intensiviert oder sich in oder um gesetzlich gefasste Strukturen herum bildet, sind, wie angedeutet, verfassungsrechtliche Grenzen zu beachten. Denn die Verwaltungsträger sind nur im Rahmen ihrer ebenfalls (verfassungs-)rechtlich abgesteckten Organisationgewalt befugt, über die Errichtung und Einrichtung von Organisationseinheiten und Ausgestaltung der intra- und interbehördlichen Beziehungen zu bestimmen. aa) Kompetenzordnung und das Verbot der Mischverwaltung Mit dem Wissen darum, dass die Verwaltung dort auf Netzwerkorganisation zurückgreift, wo Zuständigkeitsgrenzen bestehen und zentrale Kompetenzen nicht geschaffen werden können, ist auch die Erkenntnis benannt, dass Netzwerke das Unterlaufen ebendieser Zuständigkeiten und Aufgaben- bzw. Befugnisverschiebungen hin zu einem Zentrum begünstigen können.204 Dementsprechend bildet die Einhaltung der föderal-rechtsstaatlich determinierten Zuständigkeitsordnung die äußerste Grenze für die Zusammenarbeit in Netzwerken und deren Basislegitimation. Das Grundgesetz setzt in den Art. 83 ff. GG eine grundsätzliche organisatorische wie funktionelle Trennung der Verwaltungsräume von Bund und Ländern voraus und verteilt in den Art. 70 ff. GG die materiell-rechtlichen Aufgabengebiete. Auch innerhalb der Hauptverwaltungsträger folgt die sachliche Aufgabenverteilung dem Prinzip der klaren und vollständigen Zuordnung von Kompetenzen. Denn in

203

Dazu bereits Kapitel 1 VI. 3. sowie Kapitel 2 II. 2. Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 164. 204

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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seiner Ausprägung als Verbot des Missbrauchs der Organisationsform205 verbietet es das Rechtsstaatsprinzip, dass Zuständigkeitsverteilungen unterlaufen, Verantwortlichkeiten verwischt oder vermischt, materielle Rechtsbindungen gelockert oder Rechtsschutzmöglichkeiten verringert werden.206 Bei der Zusammenarbeit im Netzwerk ist daher darauf zu achten, dass die an ihm beteiligten Behörden einerseits ihre Selbstständigkeit wahren und die Entscheidung sowie die Entscheidungsproduktion eindeutig zuordenbar bleiben. Andererseits darauf, dass sich die Mitglieder unter dem Deckmantel der Informalität nicht fremder Kompetenzen bedienen, um eigene Kompetenzmängel zu umgehen. Die Netzwerkbildung darf daher nicht als Zentralisierungsoption missverstanden werden, sondern soll eine die Eigenständigkeit der Netzwerkakteure und Kompetenz wahrende Alternative dazu bieten.207 Neben der organisatorisch und allgemein sachlichen Trennung der Verwaltungsräume können weitere fachspezifische Trennungsgebote Rücksicht gebieten. Vorab zu nennen sind für den sicherheitsrechtlichen Bereich, insbesondere auch den des GTAZ, das nachrichtendienstliche Trennungsgebot, auf das in Kapitel drei noch näher einzugehen sein wird.208 bb) Demokratische Legitimation – Gefahr der Verselbstständigung durch Zurechnungsdefizite Die Bildung informeller Netzwerke muss aber auch die Grundsatzanforderungen an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit erfüllen. Jedoch erzeugt sogleich das Wesen des Netzwerkes selbst ein nicht unerhebliches Spannungsverhältnis:209 Auf der einen Seite steht der Wunsch der öffentlichen Verwaltung nach nichtregelnder Informalität und möglichst spontanem, flexiblem Behördenaustausch. Dem gegenüber findet sich auf der anderen Seite die Forderung des Volkes als Souverän nach transparenter Einsicht in die Staatstätigkeit, zuverlässiger Vorhersehbarkeit und Zurechenbarkeit jedweden Handelns. Der tatsächlich vollzogene Verzicht auf Formalität, der in der Steigerung der Effizienz begründet liegt, führt jedoch realiter zu einer Reduzierung des durch den Souverän vorgetragenen Anliegens und verwischt klare Betätigungslinien zwischen den Behörden. Der Wunsch, die materiell-rechtlichen Defizite und Informationsgefälle im Sinne einer effizienteren Gesetzeszielverfolgung durch informelle Netzwerke abzubauen, berührt so zugleich den Grundpfeiler der repräsentativen, demokratischen Selbstorganisation: Die lineare organisatorisch-personelle und sachlich-inhaltliche Legitimation und damit Zurechnung zum Legitima205 Bullinger, Vertrag und Verwaltungsakt, S. 92 f.; Leisner, in: Conrad et al. (Hrsg.), GS Hans Peters, S. 730 (746). 206 Krebs, Verwaltungsorganisation, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR V3, § 108 Rn. 92. 207 Vgl. Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 164 f. 208 Vgl. Kapitel 3 A. VI. 1. 209 So auch Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 164.

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tionssubjekt wird gelockert; proportional zur Intensivierung der Kooperation droht eine Verselbstständigung des Netzes.210 Je engmaschiger und gefestigter sich die Kooperation also darstellt, desto intensiver rückt das Netzwerk selbst in den (öffentlichen) Fokus als Legitimationsobjekt und desto stärker tritt die Basislegitimation über die Akteure in den Hintergrund. Regelmäßig fehlt es informellen Netzwerken oder Kommunikationsplattformen an einer eigenen demokratischen Legitimation. „Allein die Bündelung von Expertenwissen, die Schaffung gegenseitigen Vertrauens oder der Verweis auf Effizienz vermögen demokratische Legitimation jedoch nicht zu vermitteln: Weder geht Effizienz Demokratie vor, noch kann Effizienz von Recht absehen.“211 Damit ist aber noch nicht gesagt, dass jedes Netzwerk auch tatsächlich einer eigenen Rechtsgrundlage bedarf. Die Bewertung eines hinreichenden effektiv-tatsächlichen Einflusses des Souveräns auf das Legitimationsobjekt „Netzwerk“ richtet sich auch hier nach dem Zusammenspiel insbesondere der organisatorisch-personellen und sachlich-inhaltlichen Legitimation. Dabei steht stets die Betrachtung des Einzelfalls im Mittelpunkt. Ein jedes Netzwerk ist anhand seiner individuellen Merkmale und Ausformungen auf ein hinreichendes Legitimationsniveau zu untersuchen. Daher ist auf Grund der schieren Vielfalt und Spezifität keine pauschale Aussage über die Erforderlichkeit beziehungsweise darüber hinaus über die Regelungsdichte einer Rechtsgrundlage möglich. In der Bewertung sind jedoch folgende drei Aspekte zu berücksichtigen: erstens die Wirkungsweise der Entscheidungsproduktion von Netzwerken, zweitens die Dauerhaftigkeit ihrer Einrichtung sowie drittens die Betroffenheit von Rechten Dritter. Sofern das Netzwerk selbst nicht als selbstständiger Akteur auftritt, das heißt ihm zurechenbare, eigene rechtserhebliche und rechtswirksame Entscheidungen trifft, ist die zuvor beschriebene, aus zwei Komponenten bestehende Basislegitimation über die an ihm beteiligten Akteure und deren Fachgesetze ausreichend. Denn diesen Verwaltungseinheiten beziehungsweise Behörden wurde im Rahmen ihrer formellgesetzlichen Errichtungsakte auch die Zuständigkeit zur Einrichtung, Errichtung und Bestimmung ihrer Binnenstruktur verliehen. Im Zusammenspiel mit der Pflicht des Staates und somit auch der einzelnen Verwaltungseinheiten als ausführende Komponenten, stetig Informationen für ein „rationales und planvolles staatliches Handeln“212 zu beschaffen, ist von der Organisationsgewalt auch die Kompetenz zur Bildung informeller Netzwerke erfasst und legitimiert. Im Bereich des Verfassungsschutzes besteht beispielsweise sogar eine in § 1 Abs. 2 BVerfSchG gesetzlich normierte Pflicht zur Zusammenarbeit der Bundes- und Landesbehörden im soge210 Dass so das Netzwerk selbst stärker in den Fokus als Legitimationsobjekt gerückt wird, verdeutlicht Trute, Die demokratische Legitimation der Verwaltung, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 6 Rn. 102 f., anhand der netzwerkartigen horizontalen und vertikalen Verflechtung der Verwaltungsträger innerhalb des Unionsraums. Die Linearität der Legitimation beschreibend Groß, VVDStRL 66 (2007), S. 152 (170 f.). 211 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 169 f. 212 BVerfGE 65, 1 (3).

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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nannten „Verfassungsschutzverbund“.213 Aus diesem Grund hat jedes Land gem. § 2 Abs. 2 BVerfSchG für die Zusammenarbeit mit dem Bund und den Ländern untereinander eine Behörde zur Bearbeitung der Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zu unterhalten.214 Dieser Zusammenarbeitsauftrag ist in gewissen Grenzen auch durch informelle Kooperationsmittel umsetzbar. Festzuhalten ist daher, dass die die einzelnen beteiligten Akteure legitimierenden Gesetze grundsätzlich ebenfalls eine Zusammenarbeit im Netzwerk legitimieren. Das Ausreichen der Basislegitimation eines Netzwerks hat jedoch im Rahmen der Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers auf Grund seines möglichen Entwicklungsweges regelmäßig auf dem Prüfstand zu stehen, denn Netzwerke verfügen über ein hohes Maß an Eigendynamik. Mit der Intensivierung der Netzwerkzusammenarbeit ist zu fragen, ob die ihm mittelbar zugrunde liegenden Fachgesetze auch die Art und Qualität der reellen Kommunikationsabläufe im Blick hatten oder ob ein Prozess eingeleitet wurde, der über die Intention oder den Wortlaut der Gesetze hinausgeht. An eine rechtliche Fassung des Netzwerks wäre beispielsweise dann zu denken, wenn der Prozess auf Grund der Zunahme seiner Eigendynamik und Reichweite über seine informelle Wirkungsweise hinaus eine faktische Bindung der beteiligten Behörden hervorrufen würde. In weiterer Konsequenz könnte aus dieser faktischen Bindung eine Quasi-Beteiligung eines Akteurs an Entscheidungen und Maßnahmen eines anderen Akteurs resultieren, für die dieser nicht über Zuständigkeit oder Befugnis verfügt. Insbesondere dann, wenn Interessen und (Grund-) Rechte Dritter betroffen sind, ist eine Überprüfung der Legitimationslage zwingend. Hinzu kommt, dass die Zuordnung einzelner Handlungen und Ergebnisse zu einzelnen Behörden umso schwieriger wird, je komplexer die Kooperationsbeziehungen werden. Das Kooperationsnetz hat aber dem Demokratieund Rechtsstaatsprinzip entsprechend hinreichend transparent zu sein, um den Handelnden und seine Handlungsbeiträge deutlich identifizieren zu können.215 Dies ist unter anderem auch Voraussetzung für die hinreichende Gewährung von Rechtsschutz, Haftung und Nachvollziehbarkeit der demokratischen Legitimation. Zu letzterem nun spezieller: Auch im Netzwerk gelten die Grundsätze der organisatorisch-personellen Legitimation des einzelnen Amtswalters und seines Aufgabenbereiches. Das personelle Element fordert an dieser Stelle eine feste Einbindung in die Organisationseinheit. Das heißt, es muss Klarheit darüber bestehen, dass der in ein Netzwerk integrierte oder entsendete Mitarbeiter in erster 213 Näheres dazu in Kapitel 3 A. IV. 1. b), IV. 2. b), VIII. 2. b), aa) und cc) sowie zur als „VS-NfD“ eingestuften Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom 26. 11. 1993 in der Fassung vom 07. 12. 2012 (Zusammenarbeitsrichtlinie – ZAR), Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-LänderKommission Rechtsterrorismus, Rn. 1 ff. 214 Zu den Landesämtern für Verfassungsschutz siehe Kapitel 3 A. IV. 1. b) dd). 215 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 165 f.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Linie der Entsendebehörde angehört und nicht hauptsächlich für das Netzwerk tätig wird. Denn das Netzwerk wird – der Regel entsprechend – nicht selbst institutionellfunktionell legitimiert sein, sodass es so zu einer schleichenden Auflösung des personellen Elements käme. Für die Wahrung des organisatorischen Elements ist es hingegen wichtig, dass der in die Plattform Entsandte in Vertretung seiner Behörde seine dortige Tätigkeit im Rahmen des Rechts, dem seine Entsendebehörde unterliegt, wahrnimmt. Denn dieses Legitimationselement stellt sicher, dass der betroffene Amtswalter mit der Wahrnehmung einer bestimmten Aufgabe betraut wird. Folglich ist zu beobachten, mit was genau der Entsandte im Netzwerk befasst ist und ob sich seine Tätigkeit, im Ganzen betrachtet, innerhalb des Rechtsrahmens der Entsendebehörde bewegt. Soweit beispielsweise lediglich eine Berechtigung durch Normen für den bloßen Informationsaustausch vorliegt, ist zu fragen, ob auch eine hinreichende Legitimation für eine darüber hinaus erfolgende gemeinsame Analyse oder Erstellung von Vollzugsplänen gegeben ist. Möglicherweise ist das Netzwerk sodann insofern regelungstechnisch abzusichern, als dass ihm neben einer ausdrücklichen Existenzberechtigung die Kompetenz zur gemeinsamen Analyse zugesprochen wird, aufgrund derer die Verwaltungsprozesse der einzelnen Akteure weitergeführt werden.216 Wie bereits angedeutet, ist mit der Frage nach ausreichender Legitimation auch diejenige nach Transparenz eng verknüpft.217 Angesprochen sind damit Aspekte der Output-Legitimation, also die Frage nach sozialer Legitimität, denn für legitimatorische Legitimität ist die Schaffung bloß formaler Ableitungsketten allein nicht ausreichend. Auch die tatsächliche Akzeptanz des Verwaltungsapparates und seines Vorgehens durch den Bürger ist maßgeblich für Legitimation und Legitimität, wenn auch nicht allein für die normative Rechtfertigung ausschlaggebend. Im Fokus steht hier die „Problemlösungsfähigkeit“, also die Steigerung der erwartbaren Entscheidungsqualität von Verwaltungstätigkeit, die eben auch durch unterschiedliche Formen der Ausgliederung von Ressourcen und deren Bündelung, wie dies in Netzwerken geschieht, zum Ausdruck kommen kann. So legitimiert sich die Ausgliederung durch gesteigerte Funktionalität. Im Gleichschritt gilt es aber, eine solche Ausgliederung hinreichend zu reintegrieren und legitimatorisch rückzukoppeln – vor allem dann, wenn die hierarchisch angelegte Ministerialorganisation als Grundform der Organisation angesehen wird. Das kann wiederum so geschehen, dass die informelle Ausgliederung – gerade auch dann, wenn sie dauerhaft bestehen soll – mittels eines Institutionalisierungsaktes förmlich verankert wird. Über die Regelungsdichte eines Rechtsrahmens ist damit wohlgemerkt noch nichts gesagt. Auch hier können die durch die ursprünglich informelle Betätigungsweise angestrebten Vorteile weitgehend berücksichtigt werden. Einer offen gestalteten Rechtsgrundlage ginge es primär um die Schaffung von Transparenz durch Klarstellung der Beteiligten, Nennung der Voraussetzungen hinsichtlich der Integration neuer Beteiligter, 216

Dazu auch Kapitel 3 A. VIII. 1., 2., insbesondere b) aa). Eingehend zur Zielausrichtung der Transparenz siehe Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 70 ff. 217

A. Das Netzwerk als Kooperations- und Kommunikationssystem

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Dokumentation(spflichten) bezüglich der Arbeitsabläufe und Gruppenbildung innerhalb des Netzes. Es würden lediglich der Zweck, das Ziel, der Tätigkeitsschwerpunkt und die sich in den Arbeitsgruppen treffenden Akteure offenkundig gemacht. Die zusätzliche Schaffung eines zentralen Ansprechpartners für Netzwerkexterne würde, unabhängig von dessen tatsächlicher Inanspruchnahme, allein durch seine Existenz wesentlich zur öffentlichen Vertrauensbildung beitragen. Damit wurde auch bereits ein weiterer Punkt angesprochen: die Dauerhaftigkeit der Einrichtung. Der Verweis auf eine formale organisatorische Trennung der Behördenstrukturen kann insbesondere bei Schaffung gemeinsamer, regelmäßiger Arbeitsabläufe in unmittelbarer, räumlicher Nähe bei festem Personalbestand zu einem bloßen Formalismus geraten.218 Dies gilt gerade auch dann, wenn die Arbeitsergebnisse der Kooperation nicht mehr eindeutig einzelnen Akteuren zugerechnet werden können, vom Netzwerk also selbstständige Impulse ausgehen. Sofern diese Impulse zusätzlich auch noch einen Berührungspunkt zur Betroffenheit von (Grund-)Rechten Dritter aufweisen, also über den reinen Erfahrungsaustausch hinausgehen und grundrechtsrelevante Vorgehensweisen der einzelnen Akteure vorbereiten, kann der Anknüpfung an die einzelnen Beteiligten und ihre Handlungsbeiträge nicht mehr Genüge getan werden.219 Dann ist nicht nur aus Gründen der Transparenz, sondern auch aus mittelbar eingriffsrechtlichem Aspekt eine formale Errichtungsgrundlage erforderlich. cc) Gegenpart: Kontrolle und Rechtsschutz Als Spiegelbild der Legitimation sichert die Kontrolle unter dem Blickwinkel der Akzeptanz und Qualität des Staatshandelns dessen Maßstabs- und Rechtsnormtreue, dessen Zeitrichtigkeit und Effizienz sowie Zweckmäßigkeit und Innovationsoffenheit. In ihrer Funktion als Steuerungsmittel dient sie dazu, Missstände, auch solche organisatorischer Art, aufzudecken und die Entwicklung der Verwaltung(stätigkeit) fortwährend auf die Vereinbarkeit mit ihren rechtlichen Grundlagen hin zu überprüfen, um so unter anderem auch Reformbedarf offenkundig werden zu lassen und geltend zu machen. Sowohl der Verzicht auf eine als auch die Tauglichkeit beziehungsweise die Reichweite einer vorhandenen Regelungsvorgabe mag im Errichtungszeitpunkt ausreichend gewesen sein. Im Zuge der Fortentwicklung der zu bewältigenden Sachverhalte kann sich eine Regelungsvorgabe jedoch im Nachhinein als erforderlich bzw. ungenügend und nachbesserungsbedürftig erweisen. Da Netzwerke regelmäßig nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit und damit Rechtssubjektqualität verfügen, liegt ein besonderes Augenmerk der Kontrolle auf der Sicherstellung und Wahrung der Unabhängigkeit der beteiligten Behörden als 218

Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 168. 219 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 168.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

selbstständige Akteure. Weil solche Strukturen auf Grund ihrer vertrauensfördernden und distanzüberbrückenden Wirkung auch zu einer schnelleren und möglicherweise unkontrollierteren Informationsweitergabe animieren, ist insbesondere die Einhaltung behördenspezifischer Informationsübermittlungsvorschriften zu überwachen. Aus den Merkmalen der Akteursdiversität und deren Selbstständigkeit resultiert für den Bereich der Kontrolle auch eine Vielzahl an Aufsichtsstellen. Denn die einzelnen Behörden und Amtswalter verbleiben in ihren organisatorischen Einbindungen und unterliegen weiterhin den sie überwachenden verschiedenen Kontrollorganen. Dies hat zur Folge, dass lediglich das jeweilige Handeln und Vorgehen des einzelnen Amtswalters als Behördenvertreter im Netzwerk anhand der für seine Entsendebehörde geltenden Fachgesetze überprüft wird. Die Vorgänge innerhalb des Netzwerkes werden so nur einzeln auf ihre Vereinbarkeit mit dem fachspezifischen Recht hin überprüft. Das Netzwerk selbst und die Netzwerktätigkeit sind in ihrer Gesamtheit jedoch nicht eigenständiges Aufsichtsobjekt. Ob sich das problematisch auswirken kann, stellt wiederum eine für das konkrete Netzwerk zu beantwortende Frage dar. Auf der einen Seite mag man argumentieren, dass eine Vielzahl an Kontrolleuren und Kontrolle zu einer besonders regelkonformen Verwaltungstätigkeit führt, da ein und derselbe Kommunikationsvorgang mindestens zwei Kontrollinstanzen unterliegt. Den Maximen der Klarheit und Transparenz kommt jedoch nicht nur bezüglich der Legitimation von Verwaltung maßgebliche Bedeutung zu, sie bilden auch Eckpfeiler im Rahmen der Kontrolle. Fehlt es nämlich, insbesondere in großflächigen, gefestigten Netzwerkstrukturen, an ausreichender Kommunikation zwischen den Kontrollorganen, bleibt der Blick auf das Netzwerkganze verschlossen; seine Ausdehnung und Wirkung wird möglicherweise nicht wahrgenommen. Mag der einzelne Kommunikationsprozess im Netzwerk von der Basislegitimation hinreichend erfasst sein, kann von verdichteten Netzwerkstrukturen bereits eine Eigendynamik ausgehen, die in ihrer Gesamtheit die Legitimationskraft ihrer informellen Basis bei weitem übersteigt. Mängel in der organisatorischen Struktur sind so ebenfalls nur schwer erfassbar. In der Folge kann die Errichtung einer netzwerkspezifischen Kontrollstruktur oder einer zentral zuständigen bzw. zusammenführenden Kontrollstelle auch legitimationsfördernd wirken.220 Mit den Überlegungen zur Kontrolle korrespondieren auch solche bezüglich des Rechtsschutzes gegen Maßnahmen, die – im weitesten Sinne – vom Netzwerk ausgehen. Nach dem Trennungsprinzip ist Rechtsschutz in Verwaltungskooperationsverhältnissen auf der Ebene des jeweiligen Akteurs zu suchen, denn mangels Rechtssubjektivität kommt eine Haftung des Netzwerks selbst nicht in Betracht.221 Hierfür sind die Handlungsbeiträge der Behörden im Netzwerk genau nach Verantwortungsbereichen aufzuschlüsseln, da andernfalls eine mögliche Haftung für 220 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 168 f. mit beispielhaften Erläuterungen. 221 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 167 f., auch zur Bedeutung gerichtlicher und datenschutzrechtlicher Kontrollen.

B. Zusammenfassung

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Fehlverhalten nicht gegenüber der „richtigen“ Fachbehörde geltend gemacht werden kann. Auch unter diesem Gesichtspunkt wäre die bereits erwähnte Errichtung eines zentralen Ansprechpartners für Netzwerkexterne sinnvoll und im Sinne der Transparenz legitimationsfördernd.

B. Zusammenfassung Verwaltungsnetzwerke sind Organisationsstrukturen, die über eine polyzentrische Grundstruktur verfügen, sich durch eine Akteursdiversität sowie Interessenpluralität auszeichnen und auf Grund ihrer Hybridität und Flexibilität optimierte, da problem-individuelle Lösungsmöglichkeiten bieten, indem sie für eine Verringerung von Informationsasymmetrien durch Wissensaustausch und -umverteilung sorgen. Ihrer Hybridität und Flexibilität entsprechend, haben sich Netzwerkstrukturen in mannigfaltigen Variationen auf allen Ebenen des staatlichen, gesellschaftlichen und privaten, aber auch nationalen wie internationalen und damit letztlich menschlichen Zusammenwirkens etabliert. Als Schnittstellenphänomene bilden sie sich überall dort, wo die an ihnen Beteiligten eine Antwort auf Kooperations- und Abstimmungsbedürfnisse suchen.222 Innerhalb des wirtschaftspolitischen und rein staatlichen Bereichs sind terminologisch auf der einen Seite sogenannte Policy-Netzwerke und auf der anderen Seite sogenannte (reine) Behördennetzwerke anzutreffen. Beide Formen können funktionell als Netzwerke zum Erfahrungsaustausch und Informationsnetzwerke oder auch als operative Entscheidungsnetzwerke im Sinne von Koordinations- und Planungsnetzwerken eingesetzt werden. Da die Verwaltung es zur Aufgabe hat, die durch den Gesetzgeber geschaffenen materiellen, abstrakt-generellen Programme und das „Spektrum zeitgenössischer […] Aufgaben in seiner Breite zu erfassen“ und konkret umzusetzen223, benötigt sie Organisationsformen, die sie dazu befähigen, zeit- und sachgerecht neue Impulse aus der sich wandelnden Umweltkomplexität aufzunehmen und umzusetzen. Die Errichtung von Netzwerken innerhalb der Verwaltung ist daher ein Element der Ausdifferenzierung der Verwaltung im Sinne einer sachadäquaten Aufgabenwahrnehmung. Der Rückgriff auf Netzwerkstrukturen eignet sich hierfür aus folgenden Gründen besonders gut: Netzwerke sind flexibel. Die Zusammensetzung der an ihnen beteiligten Akteure ist ohne großen bürokratischen Aufwand variabel. Die unterschiedlichen Beteiligten können differenzierte (Wissens-)Ressourcen in den Arbeitsprozess einführen, sodass je nach Anforderungsprofil geeignete Quellen aktiviert werden können. Dies hat wegen der Zeit- und Kostenersparnis auch eine Produktivitätssteigerung zur Folge. 222 Vgl. Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 154. 223 Ähnlich Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 3. Kap. Rn. 78.

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2. Kap.: Verwaltungsnetzwerke

Netzwerke reduzieren Unsicherheiten. Die Zusammenführung unterschiedlicher Perspektiven auf ein und dasselbe Arbeitsfeld in einer polyzentrischen Grundstruktur ermöglicht eine frühzeitigere und umfassendere Fehleranalyse und -vorbeugung. Neben dem Austausch arbeitstäglich relevanter Informationen bildet das Netzwerk einen Pool für den Austausch von Erfahrungswissen und Problemlösungskonzepten. Das Fehlerpotenzial wird gleichzeitig verteilt und minimiert. Netzwerke schaffen Vertrauen. Die enge persönliche und auch räumliche Anbindung der einzelnen Akteure stabilisiert die Kommunikationswege und sorgt auf Dauer für solide und langlebige Kennverhältnisse und Arbeitsbeziehungen. Die Konstanz in der Beziehung erzeugt Akzeptanz und Verständnis für die Besonderheiten sowie „selektive Aufmerksamkeit“ des Gegenübers und beugt so nicht nur personell-individuellen Divergenzen, sondern auch hierarchisch-institutionellem Kompetenzgerangel vor. Netzwerke sparen Zeit und Kosten. Der Rückgriff auf eine faktisch vorhandene polyzentrische Struktur vermeidet Kosten hinsichtlich der Errichtung neuer formeller Verwaltungseinheiten samt zugehöriger Ressourcen. Durch die Steigerung des interorganisatorischen Vertrauens werden Zeitverzögerungen gemildert, Prüfungsredundanzen abgebaut und Offenheit und Koordination im arbeitstäglichen Prozess gefördert. Informationen und Erfahrungswissen sind schneller abrufbar, da der geeignete „Informant“ bereits bekannt und in unmittelbarer Nähe ist. Netzwerke sind lern- und innovationsfähig. Ihre Flexibilität ermöglicht ihnen eine unkomplizierte Neu-Kombination der Arbeitseinheiten und -mittel sowie reflektierende Gewichtung in der Zusammenführung diverser Informationen und Erfahrungen. Erst dadurch entsteht ein Gesamtbild, das für die einzelnen Akteure weder selbsttätig produzierbar noch erkennbar ist. Neues und Verdecktes kann so für den Bewältigungsprozess nutzbar gemacht werden. Netzwerke steigern die Produktivität insgesamt. Die genannten Eigenschaften eines Netzwerkes greifen ineinander und beeinflussen sich gegenseitig positiv. Flexibilität reduziert Unsicherheiten und schont Ressourcen. Vertrauen baut ebenfalls Unsicherheiten ab und führt zu zeit- und kostensparender schnellerer Kontaktaufnahme. Diese bedingt eine erhöhte Lern- und Innovationsfähigkeit, die ebenfalls zur Reduzierung von Unsicherheiten führt. Mittels ihrer Ebenen kreuzenden, verbindenden oder untertunnelnden Funktion verfügen Netzwerke über die Eigenschaft, sachverhaltsindividuell auf eine Vielzahl unterschiedlicher, interdisziplinärer Problemstellungen angemessen einzugehen und flexible Lösungsalternativen auf Basis breitgefächerter und vergleichsweise fundierter Tatsachengrundlage anzubieten. Über diese Problemlösungsfähigkeit verfügen insbesondere informelle Netzwerke. Auch wenn die Existenz und Effektivität formell abgesicherter Netzwerke keinesfalls in Frage gestellt werden sollen, ist festzustellen, dass sich Netzwerke regelmäßig in Bereichen ansiedeln, in denen sich formelle Zuständigkeiten treffen, Zuständigkeitsgrenzen bestehen und Informationsdefizite und -asymmetrien abgebaut werden sollen. Denn gerade die Informalität

B. Zusammenfassung

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trägt dazu bei, die oftmals als formstreng, behäbig und bürokratisch-schwerfällig empfundene Verwaltungstätigkeit durch behördenübergreifende Kooperationen zu flexibilisieren und effektuieren. Formalität und Informalität bedingen sich daher. Neben formell-gesetzlich vorgefassten personellen oder elektronischen Netzwerken haben sich vielfach informelle Netzwerkstrukturen etabliert. Diese Strukturen bilden sich losgelöst aber auch innerhalb und um diese formell-gesetzlich ausstrukturierten Organisationseinheiten. In Abhängigkeit ihrer fortschreitenden Ausdifferenzierung nimmt jedoch auch der Formalisierungs- wie Institutionalisierungsgrad der informellen Netzwerke zu. Beginnend mit der rein informellen Kontaktaufnahme oder Intensivierung vorhandener Kommunikation über personelle Zusammenkünfte hin zur Bildung informeller Organisationseinheiten wie Arbeitsgruppen und -treffen, festigen sich auch diese informellen Strukturen organisatorisch und proportional zu ihrer Inanspruchnahme. Darüber, dass die Bildung informeller Netzwerke für einen funktionierenden Staats- und Verwaltungsapparat notwendig ist, besteht Einigkeit. Denn Verwaltungsnetzwerke sind regelmäßig keine eigenständigen Akteure, sondern vielmehr eine Kooperation von Behörden und Verwaltungseinrichtungen, deren Existenz sich auf die interne Organisationsgewalt der Akteure stützt und durch die den Akteuren zugrunde liegenden landes- und bundesrechtlichen Fachgesetze dem Grunde nach basislegitimiert wird. Die Bildung informeller Organisationsstrukturen findet jedoch ihre Grenzen in der Verfassung und verwaltungsrechtlichen Grundsätzen. Zwar wehrt sich das Netzwerk, seinen prägenden Eigenschaften der Flexibilität und Hybridität entsprechend, gegen eine allzu strenge formell-rechtliche Einfriedung, die den Vorteilen des Netzwerkcharakters wesensimmanent entgegensteht. Dennoch können nicht alle netzwerkspezifischen Rechtsfragen unter Bezugnahme auf den einzelnen Akteur und das für ihn geltende Recht beantwortet werden. Dann stellt sich die Frage nach der Schaffung netzwerkspezifischer Regelungen, Standards und Legitimation. Je engmaschiger und gefestigter die Kooperation wird, desto stärker rückt das Netzwerk selbst in den Fokus als Legitimationsobjekt und umso mehr tritt die Basislegitimation in den Hintergrund. Ob für ein Netzwerk ein hinreichend effektiver Legitimationszusammenhang besteht oder ob und inwieweit eine über die Basislegitimation hinausgehende (Rahmen-)Rechtsgrundlage erforderlich wird, ist anhand einer Gesamtschau und für jedes Netzwerk im Einzelnen zu bestimmen. Auf Grund der Typenvielfalt ist eine pauschale Bewertung des Legitimationserfordernisses nicht möglich. Im Rahmen der Abwägung sind jedoch die Rechtserheblichkeit und Wirkung der Netzwerktätigkeit, die Dauerhaftigkeit des Bestehens und die Betroffenheit von Rechten Dritter maßgeblich zu beachten.

3. Kapitel

Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder (GTAZ) „Security, in an objective sense, measures the absence of threats to acquired values, in a subjective sense, the absence of fear that such values will be attacked. […] Security after all is nothing but the absence of […] insecurity.“1 Sicherheit versteht sich demnach als Abwesenheit von Unsicherheit. Was aber Unsicherheit ausmacht, wandelt sich im engen wie weiten zeitlichen Kontext. Entscheidend sind daher die Praktiken und Strategien, mit Ungewissheiten umzugehen, sie mithin berechenbar und handhabbar zu machen.2 Mit Beginn des 21. Jahrhunderts, den Anschlägen von New York, Madrid und London, dem sich anschließenden „Global War on Terror“3 gegen ein radikal, zumeist islamistisch-motiviert vorgehendes „network of terrorists“ unter Zuwachs der sogenannten „Homegrown-Terroristen“ und Einzeltäterproblematik4 sah sich die Bundesrepublik Deutschland nicht nur einer „weltweit […] neue[n] Dimension“5 der terroristischen Bedrohung gegenüber. Denn das hohe Maß an Gewaltbereitschaft, aber auch die Ambivalenz innerhalb der einerseits vorhandenen logistischen Vernetzungen, operativ langfristig wie grenzüberschreitend angelegten Strategien und andererseits ausführenden Kleingruppierungen oder Einzeltätern erforderten ein Umdenken in der Sicherheitspolitik und Anpassen der bisherigen Instrumente zur effektiven Terrorismusbekämpfung.6

1

Wolfers, Discord and Collaboration, S. 150, 153. Daase, in: Daase/Engert/Kolliarakis (Hrsg.), Politik und Unsicherheit, S. 24. 3 Vgl. Selected Speeches of President George W. Bush 200 – 2008, S. 68, abrufbar unter http://georgewbush-whitehouse.archives.gov/infocus/bushrecord/documents/Selected_Spee ches_George_W_Bush.pdf (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014; zur unter Barack Obama veränderten Rhetorik der US-Regierung siehe Gruber, Kein Krieg mehr gegen den Terrorismus, Stand 28. 04. 2009, abrufbar unter http://www.focus.de/politik/ausland/tid-14082/barackobama-kein-krieg-mehr-gegen-den-terrorismus_aid_393723.html (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014). 4 Zu den Begriffen der „Homegrown-Terroristen“ und der Einzeltäterproblematik siehe Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 6 f. 5 BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 35. Kurz und bündig zur ungenügenden Wirkung traditioneller Bekämpfungsstrategien Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (142 f.). 6 Zur Definition des Begriffs des Terrorismus siehe Lutz, in: Koch (Hrsg.), Terrorismus – Rechtsfragen der äußeren und inneren Sicherheit, S. 9 (9 ff.). 2

3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

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Neben der formell-gesetzlichen Neuausrichtung der Befugnisse und Instrumente der mit der Terrorismusbekämpfung in Berührung kommenden Sicherheitsbehörden, insbesondere der Nachrichtendienste und Polizeien, im Zuge der Anti-Terror-Pakete I und II, war auch eine zunächst weit weniger im Fokus der Öffentlichkeit liegende informelle Änderung, nämlich diejenige der der Bekämpfung zugrunde liegenden Organisationsstruktur, maßgeblich für den Erfolg der „Neuen Sicherheitsarchitektur“7. So vollzog sich der Wandel von einer eher reaktiven zu einer mehr proaktiven Sicherheitspolitik spiegelbildlich zur Organisation der Aggressoren auf dem Rücken zwar nicht neuer, aber doch neu entdeckter Bauteile der Verwaltungsorganisation: Angesprochen sind damit Netzwerke innerhalb der Verwaltung zwischen Behörden. So nahm im Dezember 2004 – als Erstes seiner Art auf Bundesebene – das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum des Bundes und der Länder (GTAZ) in Berlin-Treptow seine Arbeit auf. Seine Funktionsweise beruht nicht auf dem Prinzip der Kompetenzerweiterungen einzelner Behörden, sondern als behördenübergreifende Kooperationsplattform auf dem der systematischen Vernetzung, die das Ziel verfolgt, „eine vertrauensvollere, engere und verstetigte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf der Grundlage [der geltenden Fachgesetze der beteiligten Akteure und] eines optimierten Informationsflusses zu gewährleisten“8. Bis heute wird der Wert seiner Funktionsweise von kaum einer Seite ernsthaft in Frage gestellt. Ganz im Gegenteil wurden die Vorzüge informeller Vernetzung phänomenbereichsspezifischer Referate unterschiedlicher Sicherheitsbehörden erkannt, das Konzept des GTAZ aufgegriffen und auf weitere „Gemeinsame Zentren“ übertragen. Insbesondere hinsichtlich einer „Optimierung des Informationsflusses zwischen Polizei und Verfassungsschutz, optimierten Möglichkeiten des persönlichen Austausches, [der] Bündelung von Phänomenexpertise [und] Stärkung der Analysekompetenz, Früherkennung möglicher Bedrohungen [sowie der] Erörterung operativer Maßnahmen“9 beschreiten die Zentren neue Wege der Kommunikation. In der Folge entstanden bis zum Jahr 2012 vier weitere Kooperationsplattformen: das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM), mit dem Ziel der Verwirklichung eines „ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes der illegalen Migration“ und der mit ihr verbundenen Kriminalitätsformen10, das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ) zur Sichtung und systematischen Auswertung des Internets im Bereich des islamistischen Terrorismus, das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (CYBER-AZ) zur Analyse von IT-Vorfällen und Erstellung entsprechender Handlungsempfehlungen und schließlich auch, in Reaktion auf die sogenannte „NSUMordserie“, das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum 7 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 1 f. m. w. N.; ausführlich zur neuen Sicherheitsarchitektur insbesondere Lange, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Sicherheitsarchitektur, S. 77 ff. und weitere Berichte in diesem Band. 8 BT-Drs. 17/14830, S. 2. 9 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GETZ, Stand 2014, abrufbar unter http://www. verfassungsschutz.de/de/das-bfv/getz (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014). 10 BT-Drs. 16/2420, S. 1; 17/14830, S. 5 auch zu GIZ, CYBER-AZ und GETZ.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

(GETZ) zur Bekämpfung von Ausländer-, Rechts- und Linksextremismus und -terrorismus sowie Spionage einschließlich proliferationsrelevanter Aspekte. Der „Neuen Sicherheitsarchitektur“ liegt der Gedanke eines ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes zu Grunde, der bei genauerem Hinsehen weniger die befugnis- und kompetenziellrechtliche Ebene tangiert als vielmehr auf informeller Vernetzung und Sachkompetenzbündelung beruht. Dieser Kern der Neuerung wird gerade auch in der Errichtung und Vorbildfunktion des GTAZ zur Bekämpfung des islamistisch-motivierten Terrorismus als erste interbehördliche Kommunikationsplattform deutlich. Denn das Zentrum webt innerhalb des Verwaltungsapparates ein informelles organisatorisches Netz aus den und um die Behörden verschiedener Fachgebiete, Ressorts und Ebenen.11 Noch stärker verdeutlichen die Ausführungen der 174. Innenministerkonferenz vom 08. 07. 2004 die Relevanz des Netzwerkansatzes für eine effektive Terrorismusbekämpfung, in denen von der Notwendigkeit gesprochen wird, „in einem ganzheitlichen Bekämpfungsansatz im Zusammenwirken von Polizei, Nachrichtendiensten, Justiz, Ausländer-, Einbürgerungs-, Sozial- und andere [sic!] Verwaltungsbehörden sowie anderen Stellen, wie Wirtschaft, Verbände [sic!], Vereine [sic!] u. a.[sic!] gegen die terroristische Bedrohung vorzugehen“12. Dabei werden die umfassende Beteiligung und das abgestimmte Vorgehen aller relevanten Stellen unter Ausschöpfung der jeweiligen rechtlichen Möglichkeiten sowie der Erfahrungsaustausch zwischen Bund und Ländern im Interesse eines möglichst einheitlichen effektiven Niveaus der Bekämpfung ausdrücklich begrüßt. Vom Ansatz des „gemeinsamen Ziehens an einem Strang“ über informelle Netzwerkbahnen auf der Grundlage des fachgesetzlich geregelten Informationsaustausches bis hin zum Schritt zur Bildung eines „gemeinsamen Dachs“ aller Zentren ist es nicht weit. Ein „Super-Sicherheitsdienste-Zentrum“13 durch Kooperation der Zentren ist in jedem Fall zu vermeiden. Andernfalls entstünde auf diesem Wege ein das Trennungsgebot auflösender „gemeinsamer Geheimbereich“14 der beteiligten Behörden, in dem sich die Informationsflüsse, Analysevorgänge und Abstimmung der operativen Maßnahmen auf Grund der Komplexität der phänomenbereichsübergreifenden Vorgänge – die Informalität dieses Gebildes vorausgesetzt – der Kontrolle entziehen würden. Dass dieser Schritt nicht fern liegt, gilt zum einen vor dem Hintergrund, dass zwischen den Zentren und innerhalb der Arbeitsgruppen der Zentren eine große Schnittmenge der beteiligten Akteure und räumliche 11

Vgl. Schily, in: Bundeskriminalamt (Hrsg.), Neue Allianzen gegen Kriminalität und Gewalt – Ganzheitlicher Ansatz zur Kriminalitätsbekämpfung, S. 11. 12 Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (Hrsg.), Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 174. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder, S. 3; eingehend zum neuen Denken im Bereich der Gefahrenabwehr siehe Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 13 ff.; Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 8 ff., 56 ff. 13 BT-Drs. 16/2420, S. 2. 14 BT-Drs. 16/2420, S. 2.

3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

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Nähe bestehen, zum anderen auch, weil bisher weder zwischen den Arbeitsgemeinschaften im Kleinen noch zwischen den Zentren im Großen ein strukturierter Austausch stattfindet, von allen Einheiten aber unter anderem das Ziel verfolgt wird, für sämtliche Fachbehörden und -referate phänomenologisches Fach- und Hintergrundwissen zu generieren. Bei aller Effektivität ist jedoch im demokratischen Rechtsstaat das Einhalten konzipierender staats- und verfassungsrechtlicher Grundprinzipien zu überprüfen und sicherzustellen. Sämtliche Präventions- und Bekämpfungsstrategien haben den Idealen zu entsprechen, die sie zu verteidigen suchen. Denn andernfalls implodiert die „Kraft des Vorwurfs, nicht nach den Regeln zu spielen“15. In den Worten Benjamin Franklins gesprochen: „They who can give up essential liberty to obtain a little temporary safety, deserve neither liberty nor safety“16 ; wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren. Die Grenze, die jedoch zwischen zulässiger und unzulässiger (in-)formeller Zusammenarbeit zu ziehen ist, verläuft fließend und ist nicht leicht auszumachen. Innerhalb dieser Abwägung stellt sich die grundsätzliche Frage nach ausreichender Legitimation und Kontrolle der gewählten Rechtsform, Transparenz und Rechtsschutz und auf Grund der Beteiligung von Polizeien und Nachrichtendiensten auch nach einer möglichen Umgehung des nachrichtendienstlichen Trennungsgebotes. Um einem „Verheddern im Netz der Dienste“17 vorzubeugen, ist durchaus auch an die nachträgliche Schaffung einer Rechtsgrundlage für das GTAZ zu denken. Um auf die bestehenden Konflikte und eine abschließende Bewertung der Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage eingehen zu können, wird im Folgenden ein Überblick über die historischen Einflüsse auf die Entwicklung der Sicherheitsgesetzgebung und ihrer Organisationsformen gegeben und die Entstehungsgeschichte des GTAZ, seine Zielsetzung und Organisation sowie seine Rechtsform näher dargestellt.

15 Lobo, Die verdorbenen Dienste, Stand 20. 08. 2014, abrufbar unter http://www.spiegel.de/ netzwelt/netzpolitik/bnd-und-tuerkei-deutsche-geheimdienste-agieren-ohne-kontrolle-a986909.html (zuletzt aufgerufen am 20. 08. 2014). 16 Franklin, Memoires of Life, S. 333 f. 17 Nach Gathmann/Gebauer/Wittrock, Angela Merkel und die BND-Affäre: Verheddert im Netz der Dienste, Stand 18. 08. 2014, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ bundesnachrichtendienst-affaere-merkels-regierung-in-der-defensive-a-986720.html (zuletzt aufgerufen am 19. 08. 2014).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk I. Überblick über die historischen Einflüsse auf die Entwicklung der Sicherheitsgesetzgebung und ihre Organisationsformen18 Die öffentliche Verwaltung ist das Produkt gesellschaftlicher Organisation innerhalb eines Gemeinwesens. Da sich die Organisation des staatlichen Gemeinwesens immer an den sich mit der Zeit wandelnden, zu bewältigenden Aufgaben orientiert, ist auch die Bekämpfung jeglicher Formen von Terrorismus durch Organisationsrecht seit den 1970er Jahren ein fester Bestandteil des sicherheitsrechtlichen Verwaltungsapparates. Die sich dabei aus der Trias Staat – Sicherheit – Bevölkerung ergebenden grundrechtlichen Konflikte von Bürgerfreiheit und Staatssicherheit werden ebenfalls seit jeher kontrovers diskutiert. Die Entwicklung der Sicherheitsgesetzgebung und ihrer Organisationsformen hin zum GTAZ und zu weiteren Gemeinsamen Zentren geht auf erste Impulse, ausgehend von den Gefährdungslagen der 1970er bis 1990er Jahren, zurück.19 Die damaligen linksterroristisch geprägten Aktivitäten der Rote Armee Fraktion (RAF) zeigten Mängel und Unklarheiten in der Behörden- und Zuständigkeitsorganisation der Sicherheitsarchitektur in Bund und Ländern auf, die im Jahre 1977 mitursächlich für den Verlust wichtiger Hinweise auf den Aufenthaltsort des entführten westdeutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer waren und schließlich in dessen Ermordung mündeten.20 Dies erkannt, reagierte der Gesetzgeber in den Folgejahren zunächst mit einer umfangreichen Aufstockung und Umgestaltung der personellen und materiellen Ressourcen auf der Ebene der Bundesbehörden.21 In diesem Rahmen wurden zum einen die gesetzlichen Aufgabenbefugnisse und Zuständigkeiten der Bundes- und Landesbehörden im Bereich der inneren Sicherheit deutlicher voneinander abgegrenzt, zum anderen wurde zunehmend der Aspekt der informationellen Zusammenarbeit der Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern stärker forciert.22 Zumeist zugunsten von Bundesbehörden, 18 Ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung der Sicherheitsstruktur in Deutschland, angefangen mit den Vorprägungen der ersten Nachkriegsjahre um 1945 bis zur Umsetzung des Sicherheitspakets 2, siehe Schmidt-Jortzig, Ermittlungskompetenzen des BKA, S. 2 ff. 19 Zu den historischen Einflüssen der 1970er, 1980er und 1990er Jahre auf die Organisation und Tätigkeit von Nachrichtendiensten, Polizei und Strafverfolgungsbehörden Lang, Antiterrordateigesetz, S. 39 ff., 89 ff. m. w. N. Zur weitreichenden Umstrukturierung der Sicherheitsbehörden siehe auch Dietl/Hirschmann/Tophoven, Terrorismuslexikon, S. 304 ff. 20 Baum/Schantz, ZRP 2008, S. 137 (140); Näheres zum sozialrevolutionären Terrorismus in Dietl/Hirschmann/Tophoven, Terrorismuslexikon, S. 69 ff. 21 Möllers/van Ooyen, APuZ 48/2008, S. 26 (28, 30); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1009). 22 BT-Drs. 10/5344 zum Entwurf eines Gesetzes über die informationelle Zusammenarbeit der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden des Bundes und der Länder in Angelegenheiten

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folgten in den 1990er Jahren weitere Novellierungen hinsichtlich kompetenzieller und institutioneller Befugnisse.23 Eine erste wesentliche Etappe auf dem Weg zum GTAZ wurde mit der Errichtung der Urform sämtlicher Terrorismusbekämpfungszentren, der sog. „Koordinierungsgruppen Terrorismusbekämpfung“ (KGT), auf Beschluss der Innenministerkonferenz (IMK) vom 03. 05. 1991 beschritten.24 Hintergrund der ausdrücklich nicht als Behörde errichteten KGT waren abermals Ermittlungsschwierigkeiten im Rahmen der der RAF zugeschriebenen Terroranschläge auf den deutschen Diplomaten Gerold von Braunmühl, die Staatssekretäre Hans Tietmeyer und Hans Neusel, Alfred Herrhausen sowie Detlev Rohwedder.25 Die Errichtung der KGT sollte die Koordination der bis dato nur anlassbezogenen Zusammenarbeit der beteiligten Akteure verbessern und zu einem schnellen und umfassenden Informationsaustausch, einer effektiveren Bewertung der Lagebilder, einer strukturierten Abstimmung von Maßnahmen, einem schonenden Einsatz von Ressourcen sowie der Fortschreibung bestehender und Entwicklung neuer Bekämpfungsstrategien führen.26 Ziel war es, mit den heutigen Zentren vergleichbar, unter der Führung des Bundeskriminalamtes die Intensivierung der Informationsbeziehungen zwischen BKA, BfV, den landesrechtlichen Pendants und der Generalbundesanwaltschaft (GBA) auf dem Niveau einer Kommunikations- und Interaktionsplattform voranzutreiben, nicht jedoch eigenständige Befugnisse oder gar Weisungsrechte gegenüber einer der teilnehmenden Behörden zu schaffen.27 Gleichsam für den Bereich des rechtsextremistisch motivierten Terrorismus beschloss die IMK im darauf folgenden Jahr 1992 die Gründung der „Informationsgruppe zur Beobachtung und Bekämpfung rechtsextremistischer/-terroristischer, insbesondere fremdenfeindlicher Gewaltakte“ (IGR). Diese bestand zunächst nur als Untergruppe der KGT, wurde alsbald aber als selbstständiges Gremium durch das BfV geleitet.28 Ziel der IGR war ebenfalls, den Erkenntnisaustausch zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Justiz, die Beobachtung und Analyse der Sicherheitslage sowie die Klärung konzeptioneller Grundfragen der Zusammenarbeit, des Staats- und Verfassungsschutzes und nachrichtendienstlicher Tätigkeit (ZAG); Baum/ Schantz, ZRP 2008, S. 137 (140); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1009). 23 So wurde sukzessiv die Erweiterung der Befugnisse des Bundesgrenzschutzes mit dem Gesetz zur Übertragung der Aufgaben der Bahnpolizei und der Luftsicherheit auf den Bundesgrenzschutz vorangetrieben (BGBl. I 1992, S. 178); zur Gesetzeskonzeption und deren und Inhalt eingehend Ronellenfitsch, VerwArch 90 (1999), S. 139 (147 ff.); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1009); Saurer, NVwZ 2005, S. 275 (280). Das Bundeskriminalamt wandelte sich, nicht zuletzt durch die erstmalige Einführung der sog. Rasterfahndung, zu „einer der modernsten Fahndungsinstitutionen in Europa“; eingehend zur Rasterfahndung Gusy, in: Koch (Hrsg.), Terrorismus – Rechtsfragen der äußeren und inneren Sicherheit, S. 93 (98 ff.). 24 BT-Drs. 12/973, S. 1; BT-Drs. 12/1033, S. 1; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010). 25 BT-Drs. 12/1033, S. 2. 26 BT-Drs. 12/1033, S. 2. 27 Vgl. BT-Drs. 12/973, S. 1; BT-Drs. 12/1033, S. 1 f.; BT-Drs. 16/11326, S. 1; BT-Drs. 16/ 11545, S. 1. 28 BT-Drs. 16/11545, S. 2.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Taktik und Operation zu intensivieren.29 Mitte der 90er Jahre waren so die Grundsteine der Gemeinsamen Zentren, zunächst im Phänomenbereich „Rechtsextremismus/-terrorismus, Linksextremismus/-terrorismus“ des heutigen GETZ, gelegt. Die Geschehnisse vom 11. September 2001 in New York bewirkten nicht nur einschneidende Zäsuren im innerdeutschen wie auch internationalen Sicherheitsrecht30, sondern läuteten auch die zweite wesentliche Etappe zur Ausformung des GTAZ und neuer Organisationsstrukturen ein. Zunächst jedoch traf die Bundesregierung in erster Reaktion auf die Ereignisse Sofortmaßnahmen in Form verstärkter Grenzkontrollen, verschärfter Kontrollen im Bereich der Flugsicherheit sowie erhöhte Überwachungsmaßnahmen von Bundeseinrichtungen und insbesondere von amerikanischen, britischen und jüdischen Einrichtungen.31 In formell-gesetzlicher Hinsicht folgte in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit Beschluss des Bundestages vom 09. 11. 2001 die Verabschiedung des sog. ersten Anti-Terror-Pakets. Denn abermals wurden durch die Anschläge Defizite im deutschen sicherheitsrechtlichen Verwaltungsapparat aufgedeckt. Zwar waren den nationalen Sicherheitsbehörden im Vorfeld der Anschläge bereits mehrere Hauptakteure bekannt. Es blieben jedoch wichtige Rückschlüsse auf das entsprechende Gefährdungspotenzial aus, deren Fehlen insbesondere auf die Eigenheiten der föderal geprägten Sicherheitsstruktur der Bundesrepublik zurückgeführt wurde.32 Das erste Anti-Terror-Paket bewirkte zum einen die Entschärfung strukturell-monetärer Defizite, indem den vorhandenen Sicherheitsbehörden, namentlich den Nachrichtendiensten, der Bundeswehr, dem Bundesgrenzschutz (BGS), dem BKA und der GBA, eine jährliche finanzielle Unterstützung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro bzw. drei Milliarden Mark zuteilwurde.33 Zum anderen sah das Paket unter repressiven Gesichtspunkten neben der 29

BT-Drs. 12/7008, S. 22 f. Eingehend zur historischen Entwicklung der deutschen Sicherheitsgesetzgebung seit den Anschlägen vom 11. 09. 2001 siehe Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 16 ff. 31 Dietl/Hirschmann/Tophoven, Terrorismuslexikon, S. 308; Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Luftsicherheit, Stand 2013, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/ Sicherheit/Bundespolizei/Luftsicherheit/luftsicherheit_node.html (zuletzt aufgerufen am 04. 11. 2013); zur unmittelbaren Reaktion der Bundesregierung siehe auch Abbühl, Der Aufgabenwandel des Bundeskriminalamtes, S. 224 ff. 32 Lang, Antiterrordateigesetz, S. 93; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010); Schulz, Gemeinsames Abwehrzentrum Rechts (GAR) eingerichtet – Wo bleibt eigentlich das Gemeinsame Abwehrzentrum Links?, abrufbar unter http://www.bdk.de/der-bdk/aktuelles/derkommentar/gemeinsames-abwehrzentrum-rechts-gar-eingerichtet-2013-wo-bleibt-eigentlichdas-gemeinsame-abwehrzentrum-links/?searchterm=schulz%20gemein%20sames%20 %20ab wehrzentrum%20rechts (zuletzt abgerufen am 17. 09. 2013). 33 Grundlage der Finanzierung bildete das Gesetz zur Finanzierung der Terrorbekämpfung vom 10. 12. 2001 (BGBl. I 2001, S. 3436; mit Beschluss des Bundestages vom 09. 11. 2001 vgl. BRat-Drs. 894/01), das auf den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zurückgeht (BT-Drs. 14/7062) und am 30. 11. 2001 durch Beschluss des Bundesrates zusammen mit der Abschaffung des sog. Religionsprivilegs gebilligt wurde (BRat-Drs. 894/01; 30

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Aufhebung des sog. Religionsprivilegs aus § 2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG a. F.34 die Ausdehnung der Strafbarkeit im Bereich terroristischer Vereinigungen durch eine Erweiterung des (Täter-)Kreises von bisher nationalen terroristischen Vereinigungen in §§ 129, 129a StGB auf ausländische Vereinigungen in § 129b StGB35 vor. Darüber hinaus umfasste das Sicherheitspaket I auch Änderungen im Bereich des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG), deren rechtliche Umsetzung im Zuge des Sicherheitspakets II erfolgte.36 Ebendiesem zweiten Anti-Terror-Paket stimmte der Bundesrat am 20. 12. 2001 trotz teils massiver Kritik seitens juristischer Berufsverbände und Datenschützer zu.37 Materiell-rechtlich bewirkte dieses Paket in Form BRat-Drs. 943/01). Am Rande erwähnt, erfolgten Steuererhöhungen in drei Bereichen: Die Tabaksteuer wurde in zwei Etappen um jeweils einen Cent pro Zigarette, der Steuersatz der Schadens- und Unfallversicherung von bisher 15 % auf nunmehr 16 % und derjenige der Feuerversicherung um einen Prozentpunkt auf 11 % angehoben, vgl. dazu Abou-Taam, APuZ 27/2011, S. 9 (10); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010). 34 Nach der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VereinsG a. F. waren (alle, insbesondere aber auch extremistische) Religionsgemeinschaften und Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung im Rahmen von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 WRV zur Aufgaben machten, vom Anwendungsbereich des Vereinsgesetzes und somit auch von der Verbotsmöglichkeit nach § 3 VereinsG ausgenommen. Dieses sog. Religionsprivileg hob das erste Gesetz zur Veränderung des Vereinsgesetzes vom 04. 12. 2001 (BGBl. I 2001, S. 3319) auf, sodass religiöse Vereinigungen, deren Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten, künftig nicht mehr unter dem Deckmantel der Religiosität der staatlichen Kontrolle entgehen. Zur Gesetzesbegründung der Bundesregierung eingehend BTDrs. 14/7026, S. 6; vgl. auch Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Der 11. September 2001 und seine Folgen, S. 28 f.; Abou-Taam, APuZ 27/2011, S. 9 (10 f.). 35 Die Strafbarkeit wegen der Bildung (nationaler) terroristischer Vereinigungen wurde bereits am 18. 08. 1976 durch das Gesetz zur Änderung des StGB, der StPO, des GVG, der BRAO und des StVollzG (BGBl. I 1976, S. 2181, sog. Anti-Terrorgesetz) als Qualifikation zu § 129 StGB eingeführt. Eingehend zur Historie der Norm einschließlich ihrer kontrovers diskutierten Genese siehe MüKoStGB/Schäfer, § 129a Rn. 7 ff. m. w. N. Wiederum zur Genese des § 129 StGB siehe Gräßle-Münscher, Der Tatbestand der kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) aus historischer und systematischer Sicht, S. 3 ff. Nach ständiger Rechtsprechung erforderte eine Tat nach §§ 129, 129a StGB bis zur Einführung der Regelung des § 129b StGB durch das 34. StrÄndG vom 22. 08. 2002 (BGBl. I 2002, S. 3390) einen Bezug zu einer Vereinigung, die zumindest teilorganisatorisch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bestand; zu den Gründen des Erfordernisses dieses organisatorischen Inlandsbezuges siehe LK/ Krauß § 129 Rn. 36 m. w. N. Mit der Neuregelung in § 129b StGB ist nunmehr auch die Gründung, Mitgliedschaft oder Unterstützung ausländischer Vereinigungen bei Strafe untersagt, die die Tatbestande der §§ 129, 129a StGB erfüllen. Eingehend zur Historie und kriminalpolitischen Bedeutung der Norm siehe MüKO/Schäfer, § 129b Rn. 5 m. w. N. Im Einzelnen zur Genese der Norm siehe Netz, Die Strafbarkeit ausländischer terroristischer Vereinigungen, S. 53 ff. 36 Zu den Einzelheiten der Regelungen des SÜG im Rahmen des Anti-Terror-Pakets I eingehend Abou-Taam, APuZ 27/2011, S. 9 (11). 37 BRat-Drs. 1059/01; zur Kritik an den Terrorismusbekämpfungsgesetzen siehe die Presseinformation von BRAK und DAV Nr. 29, Stand 26. 10. 2001, abrufbar unter http://www. brak.de/fuer-journalisten/pressemitteilungen-archiv/2001/presseinformation-29 – 2001/; Nr. 35, Stand 04. 12. 2001 abrufbar unter http://www.brak.de/fuer-journalisten/pressemitteilungen-ar-

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

des Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz/TBG)38 zum einen eine umfassende Änderung des BVerfSchG, des MADG, des BNDG, des BGSG, des BKAG sowie des Ausländergesetzes und weiterer ausländerrechtlicher Vorschriften, mit dem Ziel 1. „den Sicherheitsbehörden die nötigen gesetzlichen Kompetenzen zu geben, 2. den Datenaustausch zwischen den Behörden zu verbessern, 3. bereits die Einreise terroristischer Straftäter nach Deutschland zu verhindern, 4. identitätssichernde Maßnahmen im Visumverfahren zu verbessern, 5. Grenzkontrollmöglichkeiten zu verbessern und 6. bereits im Inland befindliche Extremisten besser zu erkennen“39. Zum anderen beinhaltete es auch Änderungen im Bereich des SÜG, des PassG, des Gesetzes über Personalausweise, des VereinsG, des BZRG, des Zehnten Sozialgesetzbuchs, des Luftverkehrsgesetzes und des Energiesicherungsgesetzes, um „die Überprüfung bei sicherheitsempfindlichen Tätigkeiten zu verstärken, Rechtsgrundlagen für die Aufnahme biometrischer Merkmale in Pässe und Personalausweise zu schaffen, Aktivitäten extremistischer Ausländervereine in Deutschland rascher unterbinden zu können, die Sozialdaten wirkungsvoller bei der Rasterfahndung zu verwenden, den Gebrauch von Schusswaffen in zivilen Luftfahrtzeugen Polizeivollzugsbeamten vorzubehalten und die uneingeschränkte Energieversorgung sicherzustellen“40. Parallel dazu, aber weit weniger beachtet, beschritt der Arbeitskreis II der IMK am 18. 09. 2001 mit Beschluss den Weg, die Nachteile, die aus den Eigenheiten der föderalen Sicherheitsstruktur resultierten, durch die Einrichtung der sog. „Koordinierungsgruppe Internationaler Terrorismus“ (KG-IntTE) stärker auszugleichen als durch bisherige Kooperationsformen. Die Koordinierungsgruppe verfolgte unter Führung des BKA und Mitwirkung des BND, des MAD und des Zentrums für chiv/2001/presseinformation-35 – 2001/(zuletzt aufgerufen am 16. 10. 2013); Internetredaktion Verlag C. H. Beck (Hrsg.), Anwaltschaften warnen vor unverhältnismäßiger und übereilter Gesetzgebung bei Terrorismusbekämpfung, Stand 05. 12. 2001, abrufbar unter http://beck-on line.beck.de/Default.aspx?typ=reference&bcid=Y-300-Z-becklink-N-39582 (zuletzt aufgerufen am 16. 10. 2013). 38 BGBl. I 2001, S. 361 ff., ber. 3142 zuletzt geändert durch Art. 2 TerrorismusbekämpfungsergänzungsG vom 05. 01. 2007; Beschluss des Bundestages vom 14. 12. 2001 und Beschluss des Bundesrates vom 20. 12. 2001 BRat-Drs. 1059/01; zur Gesetzesbegründung BTDrs. 14/7386, S. 1 ff. 39 BT-Drs. 14/7386, S. 1. Zu den gesetzlichen Befugnisänderungen im Bereich der Nachrichtendienste und Polizei siehe Abou-Taam, APuZ 27/2011, S. 9 (11 ff.); Möllers/van Ooyen, APuZ 48/2008, S. 26 (30 f.). 40 BT-Drs. 14/7386, S. 1. Zusammenfassender Überblick über die wesentlichen Inhalte der Änderungen siehe bei Internetredaktion Verlag C. H. Beck (Hrsg.), Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen im neuen Jahr, Stand 21. 12. 2001, abrufbar unter becklink 41317 (zuletzt aufgerufen am 17. 10. 2013).

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Nachrichtenwesen der Bundeswehr (ZNBw)41 das Ziel, „Empfehlungen für bundesweit abgestimmte Polizeimaßnahmen zur Terrorismusbekämpfung im Bereich Prävention und Repression“ zu erarbeiten.42 Die Gründung sämtlicher bis zu diesem Zeitpunkt entstandener Koordinierungsgruppen, unter denen die Bundesregierung Gremien versteht, „in denen Geschäftsbereichsbehörden ressortübergreifend in institutionalisierter Form zusammenarbeiten“,43 reihte sich in das durch den damaligen Präsidenten des BKA, Klaus Ulrich Kersten, im Rahmen der Tagung „Nachrichtendienste und Sicherheitsdienste im Zeitalter der Globalisierung“44 vorgestellte Modell der „institutionalisierten Informationsboard[s]“45 ein. Im Rahmen dieses Modells sollten die beteiligten Sicherheitsbehörden ihre Erkenntnisse nicht nur kontinuierlich und themenbezogen zusammentragen und sachkundig austauschen, sondern dabei auch unter Abbau von Redundanzen und der Nutzung von Synergieeffekten eine Informationsfragmentierung vermeiden und einem (organisatorisch bedingten) Informationsverlust vorbeugen.46 Ziel war es, durch kürzere Informations- und Entscheidungswege vollständige und sichere Entscheidungsgrundlagen zu schaffen, kooperationshemmende (behördliche) Partikularinteressen zu überwinden und dadurch Abschottungsverhältnisse zu vermindern.47 Das Bestreben der sachgerechten Informationsströme findet sich heute auch in den Arbeitsgemeinschaften des GTAZ, insbesondere in der AG „Tägliche Lagebesprechung“, wieder. Die mit der tagesaktuellen Regulierung der Informationsströme ausgelasteten Informationsboards stießen jedoch insofern alsbald an ihre Grenzen, als dass die Regulierung analytischer Vorgänge in den Hintergrund zu rücken drohte, sodass sie durch sogenannte Analyseboards ergänzt wurden, die der erleichterten Koordination von Gemeinschaftsprojekten der beteiligten Behörden dienen sollten.48 Deren Aufgabe lag im Wesentlichen, vergleichbar mit derjenigen der AGs Fall- und Strukturanalyse des GTAZ, in der Erarbeitung von Strukturanalysen, konkreten Fragestellungen und

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Das Zentrum wurde zum 31. 12. 2007 aufgelöst. BT-Drs. 16/11326, S. 1, BT-Drs. 16/11545, S. 2. 43 BT-Drs. 16/11545, S. 3. 44 Zur Dokumentation der Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung am 21./22. 05. 2001 siehe Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden, insbesondere jedoch den Beitrag von Klaus Ulrich Kersten auf S. 59 ff., 64 f. 45 Zum Hintergrund der Entwicklung dieser „Informationsboards“ siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 577 Fn. 1825. 46 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 577 f. 47 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 578, für eine beispielhafte Aufzählung einiger Informationsboards S. 577 Fn. 1826. 48 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 578. So wurde beispielsweise neben dem und für das Informationsboard „Netzwerke arabischer Mujaheddin“ zur vertieften Beobachtung einzelner Aspekte des islamistischen Terrorismus (z. B. Ausbildungslager) ein Analyseboard eingerichtet, vgl. hierzu Eisvogel, Terroristische Bedrohungspotentiale, in: Graulich/Simon (Hrsg.), Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, S. 57 (63); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010). 42

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Bearbeitungsvorgaben.49 Bereits zum damaligen Zeitpunkt betonte die Bundesregierung, wie heute für die Gemeinsamen Zentren, dass die Einrichtung dieser Kooperationsforen im Stil der Informations- und Analyseboards lediglich die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden strukturiere, „ohne deren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu verändern oder neue Kompetenzträger zu schaffen“.50 Auch der interbehördliche Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit ausländischen Sicherheitsbehörden fänden ausschließlich auf Grundlage des geltenden Rechts und unmittelbar zwischen den zuständigen Behörden statt.51 Bis zu jenem Zeitpunkt erfolgten eine derartige Behördenzusammenarbeit und ein derartiger Informationsaustausch nur äußerst punktuell und anlassbezogen im Rahmen der informationellen Amtshilfe.52 Das Modell des Informations- und Analyseboards hingegen ermöglichte eine Kooperation durch „Permanenz und Institutionalisierung“.53 In Kombination von Informations- und Analysebausteinen innerhalb einer Koordinierungsgruppe war zunächst die zweite Etappe auf dem Weg zum GTAZ geschafft. Doch trotz der erfolgreichen und vermehrten Einrichtung von Informations- und Analyseboards stieß deren Effektivität über kurz oder lang an ihre Grenzen.54 Denn der Vorläufer der heutigen sicherheitsrechtlichen Verwaltungsnetzwerke blieb in seiner Arbeitsweise vergleichsweise punktuell, da die beteiligten Behörden weiterhin räumlich voneinander getrennt waren, lediglich anlassbezogen zusammentrafen und die Beteiligung der landesrechtlichen Verfassungsschutzämter und Polizeibehörden allenfalls mittelbar erfolgte, was einen nicht (all-)umfassenden Informationsstand bedingte.55 Der Wert der kollegial-persönlichen Kennverhältnisse und Arbeitsbeziehungen stand weder im Fokus noch wurde er vollständig ausgeschöpft. In der Konsequenz beschloss die IMK am 08. 07. 2004 im Rahmen der Umsetzung der „Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“ die Einrichtung eines zentralen Lage- und Analysezentrums zur Terrorismusabwehr.56 Als Teil dieser Strategie nahm schließlich das Gemeinsame Terrorismusabwehr49 Vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 578; zum Gegenstand des Informationsaustauschs innerhalb eines Analyseboards siehe dies., Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 579. 50 BT-Drs. 16/11545, S. 3. 51 BT-Drs. 16/11545, S. 3. 52 Lang, Antiterrordateigesetz, S. 94. 53 Ungenau insofern Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 577 und Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010), die die Informationsboards trotz ihrer kontinuierlichen, auf Dauer angelegten und gerade nicht einzelfallbezogenen Ausrichtung als Mittel der informationellen Amtshilfe bezeichnen. 54 Zu einer Auflistung einiger Informations- und Analyseboards siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 577 Fn. 1826. 55 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 580. 56 Saurer, NVwZ 2005, S. 275 (280); eingehend zum neuen Denken im Bereich der Gefahrenabwehr siehe Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 8 ff., 56 ff.; Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 13 ff.

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zentrum – als erstes Informations- und Analysezentrum seiner Art – seine Arbeit am 14. 12. 2004 in Berlin-Treptow auf.57 In ihm, genauer in der Arbeitsgruppe „Operativer Informationsaustausch“ des GTAZ, ging auch das vormals dem BfV zugehörige Analyseboard „Arabische Mujaheddin/Islamistischer Terrorismus“ auf.58 Unter Federführung des Bundesministeriums des Innern und Geschäftsführung des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sind insgesamt 40 Bundes- und Landesbehörden untereinander vernetzt. Auf dem Fundament von zwei voneinander getrennten Auswertungs- und Analysezentren, PIAS und NIAS, arbeiten die beteiligten Akteure, insbesondere die Spezial- und Analyseeinheiten der Polizei und Geheimdienste, dauerhaft mit dem Ziel „der Gefährdungsbewertung, des operativen Informationsaustauschs, der Fallauswertung, der Erstellung von Strukturanalysen sowie der Aufklärung des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials“ zusammen.59 Im Vergleich zu den vormalig bestehenden Informations- und Analyseboards intensiviert das GTAZ als interbehördliches, behörden- und landesübergreifendes, auch räumlich vernetztes Informationsnetzwerk die Behördenzusammenarbeit erheblich. Dabei ist es versucht, den Spagat zwischen den aus der föderalen Struktur der Bundesrepublik resultierenden Nachteilen und Vorteilen zu überwinden und, mehr noch, die Struktur gezielt zu nutzen. Denn, wie erfahren, kann sich zu starke (föderale) Dezentralisation nachteilig auf den Blick für die Gesamtlage auswirken, wie die Attentate des 11. 09. 2001 und der RAF belegten. Vorteilhaftes der föderalen Struktur ist jedoch in der weitgefächerten Präsenz und Beteiligung der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern zu erblicken, sodass der „notwendige Blick auf regionale oder örtliche Gegebenheiten“ geschärft bleibt, der den zentralen Großbehörden leicht verloren geht.60 Die umfassende Zusammenarbeit im GTAZ ermöglicht so eine Optimierung der Terrorismusbekämpfung im Konzept Bundesstaat. Dem Vorbild des GTAZ folgend, nahm, dessen Vorteile im Blick, eine ganze Reihe solcher Zentren im Sinne des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes61 ihre Arbeit auf: darunter das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) im Juli 200662, das Ge57

Pressemitteilung d. BMI vom 14. 12. 2004, abrufbar unter http://www.pressrelations.de/ new/standard/result_main.cfm?r=%20176886&sid%20=&aktion=jour_pm&print=1&pdf=1 (zuletzt abgerufen am 17. 09. 2013). 58 BT-Drs. 16/11326, S. 1; BT-Drs. 16/11545, S. 1. 59 BT-Drs. 16/9833, S. 1; 16/10007, S. 1. 60 Eisvogel, Terroristische Bedrohungspotentiale, in: Graulich/Simon (Hrsg.), Terrorismus und Rechtsstaatlichkeit, S. 57 (63). 61 Bundesverwaltungsamt – Zentralstelle für Zivilschutz (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 9; Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (Hrsg.), Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland, S. 20; Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166. 62 Zum Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) siehe BT-Drs. 16/2365, S.1 ff.; BT-Drs. 16/2432, S. 1 ff.; zum Sachstand im Jahr 2011 siehe BTDrs. 17/6608, S. 1 ff. und BT-Drs. 17/6720 sowie eine allgemeine Dokumentation in ZAR 2006, S. 300.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

meinsame Internetzentrum im Januar 200763, das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) im April 201164, das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) im Dezember 201165 und zuletzt auch das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Extremismus und Terrorismus (GETZ)66. Dieser Trend zu neuen informell-rechtlich angelegten Institutionen, beginnend mit den Koordinierungsgruppen, deren Hauptaugenmerk dem Informationsaustausch und der Stärkung der gemeinsamen Analysekompetenz galt, kann daher auch zu Recht als „Paradigmenwechsel in den Bekämpfungsstrategien“67 oder „Systemwechsel weg von der föderalen hin zur zentralistischen Sicherheitsstruktur“68 bezeichnet werden.69

II. Die Errichtung und Entstehungsgeschichte des GTAZ „Offenbar sollte die Bildung der [Gemeinsamen] Zentren so intern und so inoffiziell bleiben wie irgend möglich.“70 Zu diesem Schluss gelangte anscheinend das 63

Zum Gemeinsamen Internetzentrum (GIZ) siehe BT-Drs. 16/11943, S. 1 ff.; BT-Drs. 16/ 12089, S. 1 ff.; BT-Drs. 17/5557, S. 1 ff.; BT-Drs. 17/5695, 1 ff.; Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Das Gemeinsame Internetzentrum, S.1 ff. 64 Zum Nationalen Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) siehe Internetredaktion Verlag C. H. Beck (Hrsg.), Bundesinnenminister eröffnet Nationales Cyber-Abwehrzentrum, Stand 16. 06. 2011, abrufbar unter http://beck-online.beck.de/Default.aspx?vpath=bibdata/reddok/becklink/1 014096.htm&pos=0&hlwords=Bundesinnenminister %C3 %90er%26 %23246 %3bffnet% C3 %90er%C3 %B6ffnet%C3 %90Nationales%C3 %90Cyber-Abwehrzentrum%C3 %90+bun desinnenminister%2ceroeffnet%2cnationales%2ccyber-abwehrzentrum+%C3 %90+bund+% C3 %90+innenminister+%C3 %90+eroeffnet+%C3 %90+national+%C3 %90+cyber+% C3 %90+abwehr+%C3 %90+zentrum+%C3 %90+bundesinnenminister eroeffnetnationalescyberabwehrzentrum+#xhlhit (zuletzt aufgerufen am 22. 10. 2013). 65 Zum Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Gemeinsames Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) – Handout, Stand 16. 12. 2011, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Kurzmeldungen/gar_handout.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 22. 10. 2013). 66 Zum Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Extremismus und Terrorismus siehe BTDrs. 17/11623, S. 1 ff.; BT-Drs. 17/11857, S. 1 ff.; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Presseinformation des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Start des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums zur Bekämpfung des Rechtsextremismus/-terrorismus, des Linksextremismus/-terrorismus, des Ausländerextremismus/-terrorismus und der Spionage/Proliferation (GETZ), abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Down loads/DE/Themen/Sicherheit/Extremismus/getz.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 22. 10. 2013); Kutscha, NVwZ 2013, S. 324 (324 ff.) im Hinblick auf die Problematik des Trennungsgebots für Polizei und Nachrichtendienste. 67 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (142). 68 Lange, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Sicherheitsarchitektur, S. 78. 69 Ähnlich Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012). 70 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Mitglied der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland Burkhard Hirsch. Denn eigene Feststellungen zur Errichtung des GTAZ hat selbst die Regierungskommission, mangels Vorlage von Dokumenten, nicht treffen können. Erstmalig aber wurde die Genese des GTAZ – im Rahmen der Erarbeitung einer Bestandsaufnahme für den Bericht der Regierungskommission zumindest verbal – durch das Kommissionsmitglied Stefan Kaller als Vertreter des Bundesministeriums des Innern in ihren Grundzügen nachvollzogen. Dieser führte zur Entstehungsgeschichte des Zentrums Folgendes aus:71 Der Aufbau des Gemeinsamen Zentrums beruht auf einer internen Ministervorlage des BMI vom 14. 06. 2004 und verfolgt ein 3-stufiges Grundkonzept. Danach sollte 1. ein polizeiliches Analysezentrum „Islamistischer Terrorismus“ beim Bundeskriminalamt und 2. ein nachrichtendienstliches Analysezentrum „Islamistischer Terrorismus“ beim Bundesamt für Verfassungsschutz eingerichtet werden, die 3. in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander in Berlin-Treptow ihren Standort haben sollten, um – auch ad hoc – einen intensiven Informationsfluss zu ermöglichen. Den Hintergrund dieses Konzepts bildeten die positiven Erfahrungen aus der Vorgehensweise in den Informations- und Analyseboards, durch die ein „Qualitätssprung […] in der Zusammenarbeit durch einen intensiven Informationsaustausch, begünstigt durch enge räumliche Nähe“72, erreicht wurde. Wichtig war es den Gründungsparteien zu betonen, dass die Analysezentren trotz ihrer engen Verzahnung durch gemeinsame Gefahrenbewertungen und -analysen unter Beachtung des organisatorischen Trennungsgebotes „strikt voneinander getrennt bleiben“73. Jedoch erschien es ihnen weder nötig noch erforderlich, eine neue, eigenständige Behörde zu formen beziehungsweise die Tätigkeit durch eine rechtliche Grundlage abzusichern. Die Zusammenarbeit sollte vielmehr im Wege eines „Informationsaustausches eigenständiger Behörden“74 auf Grundlage der jeweils für die Behörden geltenden Vorschriften erfolgen und keine möglicherweise sogar grundrechtstangierenden verbindlichen Entscheidungen über operative Maßnahmen umfassen. Wohl aber wurde die Abstimmung operativer Maßnahmen der Behörden bezweckt. Das daraufhin von BKA und BfV erarbeitete Feinkonzept, das Einzelfragen in der Behördenzusammenarbeit klären und die konkreten Tätigkeitsprofile der späteren Mit71 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166 ff. 72 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 167. 73 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 167. 74 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 168.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

arbeiter herausbilden sollte, wurde am 28. 10. 2004 unter Mitwirkung des Bundeskanzleramtes und des BND verabschiedet. Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily billigte dieses Konzept Anfang November 2004 mit dem Ziel der Arbeitsaufnahme zum Ende selbigen Jahres. Die Beteiligung der Bundespolizei, damals noch Bundesgrenzschutz75, wurde im Wege BMI-interner Besprechungen vollzogen, die des Militärischen Abschirmdienstes, des Zollkriminalamtes und weiterer Stellen im Rahmen von Ressortbesprechungen. Die Beteiligung der Landesbehörden wiederum vollzog sich informell im Zuge eines Kamingesprächs der Innenministerkonferenz am 18. 11. 2004. Am 14. 12. 2004 nahm das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum auf der Liegenschaft B 1 des Bundeskriminalamtes in BerlinTreptow seine Arbeit auf.76 Als Einrichtung des Bundes trägt selbiger den Großteil der Kosten.77

III. Arbeitsziel Das Tätigkeitsprofil des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums basiert auf der Erkenntnis, dass die beste Abwehr mit einer ausreichend fundierten Informationsbeschaffung, -lage, -verarbeitung und -verteilung beginnt.78 Mit der Einrichtung des GTAZ wurde das Ziel verfolgt, die Fach- und Schnittstellenkompetenz der beteiligten Behörden ohne die Schaffung einer neuen Zentralbehörde zu bündeln.79 So sollte eine praktische Grundlage für die Aufgabenbewältigung im Phänomenbereich der islamistischen Terrorismusbekämpfung eingerichtet werden, der die jeweils einzelnen Akteure der im Zentrum zusammenwirkenden Behörden allein nicht gerecht wurden.80 Ganz im Sinne des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes soll durch 75 Als Polizei des Bundes war die Aufgabe des Bundesgrenzschutzes längst nicht mehr auf den klassischen Schutz der Grenzen beschränkt, sodass die Bezeichnung als „Bundesgrenzschutz“ dem Tätigkeitsprofil des BGS nicht mehr gerecht wurde. Siehe hierzu den Entwurf eines Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in Bundespolizei in BT-Drs. 15/ 5217, S. 1 ff. sowie BGBl. I 2005, S. 1818 ff. 76 Dem Beispiel des GTAZ folgend, wurden nicht nur auf Bundesebene weitere Gemeinsame Zentren eingerichtet, sondern auch auf Landesebene. Zu einer Zusammenstellung landesrechtlicher Foren der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Nachrichtendiensten siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 580 Fn. 1829. 77 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010); Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 112. 78 Vgl. Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). 79 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, S. 3, Flyer auch abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Si cherheit/Terrorismus/gtaz.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 25. 08. 2014). 80 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166. Anders als es nach seiner offiziellen Bezeichnung den Anschein nimmt, befasst sich das GTAZ ausschließlich mit der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus. Vgl. hierzu BT-Drs. 16/ 10007, S. 6; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010).

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Bündelung, Bewertung, Verdichtung und Analyse der jeweils vorliegenden Informationen ein neues Maß an Effektivität erreicht werden, das sich aus einem umfassenden Informationspool, der Minimierung von Informationsverlusten, Vermeidung von arbeitstechnischen Redundanzen und koordinierten Abstimmung von operativen Maßnahmen speist.81 Durch die länder- und bundesbehördenübergreifende Kooperationsplattform soll eine „vertrauensvollere, engere und verstetigte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf der Grundlage eines optimierten Informationsflusses“82 gewährleistet werden. Mit ihrer unmittelbaren Anbindung an ihre Stammbehörde sollen die Vertreter der jeweiligen Mitgliedsbehörde in die Lage versetzt werden, mittels täglicher Lagebesprechungen, ständigen operativen Informationsaustauschs, Fallauswertungen und -analysen, aber auch mittels Absprachen über Ressourcenbündelungen, aktuellste Informationen in den Maßnahmenkatalog, den sie in behördeneigener Zuständigkeit und im Rahmen der für sie geltenden Gesetze umsetzen, einfließen zu lassen.83 Der Fokus liegt daher auf einem übergreifenden „Informationsaustausch, der Abstimmung gemeinsamer Konzepte sowie der persönlichen Vernetzung“84. „Die Behörden sollen in die Lage versetzt werden, sich schnell auszutauschen, die verfügbaren und relevanten Informationen zügig zu analysieren [sic!] und Entwicklungen frühzeitig erkennen [zu] können, um ihnen mit strategisch ausgerichteten und fundierten Maßnahmen entgegentreten zu können“.85

IV. Organisation und Aufbau In der Zusammenfassung bildet das GTAZ eine Schnittstelle für insgesamt 40 Bundes- und Landesbehörden, in der die beteiligten Behörden trotz arbeitsteiliger Zusammenarbeit organisatorisch und rechtlich selbstständig bleiben.86 Aufgrund seiner Organisationsstruktur verfügt das Zentrum nicht über einen „GTAZ-Leiter“, sondern vielmehr über Behördenvertreter „auf Augenhöhe“.87 Dies verdeutlichend 81

(143). 82

Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 581; Weisser, NVwZ 2011, S. 142

BT-Drs. 17/14830, S. 2. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 168; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamis mus-und-islamistischer-terrorismus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 23. 10. 2013); Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 581. 84 BT-Drs. 17/14830, S. 5. 85 BT-Drs. 17/14830, S. 5. 86 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010) m. w. N. 87 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/ af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 23. 10. 2013). 83

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

sei betont, dass über die Plattform des Zentrums lediglich die mit der Bekämpfung islamistisch motivierten Terrorismus betrauten Referate der beteiligten Behörden vernetzt sind. Das GTAZ dient insofern dem strukturierten und gefestigten Austausch zuständiger, in ihre jeweiligen Verbände und Organisationsstrukturen eingegliederter Fachreferate. Insofern mag auch der Begriff des „Zentrums“ – anders als eine Bezeichnung als Netzwerk – irreführend sein. Zentral ist zunächst der Standort. Das Gemeinsame Zentrum steht unter der zentralen Führung des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Die Führungsrolle von BKA und BfV ist ein Ausfluss ihrer Zentralstellenfunktion innerhalb ihrer Verbände und äußert sich im GTAZ darin, dass ihnen die Geschäftsführung über die allermeisten Arbeitsgruppen zukommt.88 Ebenfalls dauerhaft am Gemeinsamen Zentrum beteiligt sind der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD), die Bundespolizei (BPOL), das Zollkriminalamt (ZKA), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die Generalbundesanwaltschaft (GBA), die jeweils 16 Landeskriminalämter (LKA) und die Landesämter für Verfassungsschutz (LfV). Im Jahr 2008 vereinigte das GTAZ unter seinem Dach bereits 229 Mitarbeiter, von denen 31 aus Landes- und 198 aus Bundesbehörden entsandt wurden.89 Grundsätzlich werden die beteiligten Behörden in der AG „Tägliche Lagebesprechung“ mit jeweils einem Vertreter in den Sitzungen vertreten. In den übrigen Arbeitsgruppen nehmen vom BKA und BfV regelmäßig zwei bis fünf Mitarbeiter, Entsandte der GBA, des BND und des ZKA nur themen- oder anlassbezogen an den Sitzungen teil.90 In der Tagespraxis ist die Anzahl der Mitarbeiter jedoch nicht so exakt und konkret auszumachen. Die voranstehenden Angaben sind eher als Richtwerte zu verstehen. Das Zentrum schöpft „seine“ Mitarbeiter vielmehr je nach konkretem Arbeitsaufkommen und Bedarf aus dem gesamten Bestand an Personal derjenigen Fachreferate, die PIAS, NIAS oder den Arbeitsgruppen Daten und Informationen zusteuern. Dies gilt auch für die Vertreter der Landesbehörden. Grundsätzlich wird ein Hauptvertretender von LKA und LfV des jeweiligen Landes an das GTAZ entsandt, bedarfs- und fachspezifisch können jedoch weitere Vertreter hinzugezogen werden. Ausländische Sicherheitsbehörden oder Sicherheitsnetze, wie beispielsweise Europol, zählen nicht zu aktiven Teilnehmern des GTAZ, zu ihnen unterhält das Zentrum nach Auskünften des BfV keine spezifischen Kontakte.91 Das Gemeinsame Zentrum agiert insofern nur im Bereich nationaler Be88 Zur genauen Verteilung der Geschäftsführung siehe die Ausführungen zu den jeweiligen Arbeitsgruppen in Kapitel 3 A. IV. 3. 89 BT-Drs. 16/10007, S. 5. 90 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 6. 91 So ergab der Besuch der Verfasserin vor Ort im BfV am 14. 08. 2014, dass ein Austausch zwischen den nationalen und ausländischen Sicherheitseinrichtungen nur auf Basis der gängigen Informationsvorschriften stattfände. Für die Beteiligung von Europol dazu widersprüchlich BT-Drs. 17/14830, S. 6; die Beteiligung ausländischer Partnerbehörden ebenfalls bejahend BT-Drs. 16/10007, S. 1 sowie Abbühl, Der Aufgabenwandel des Bundeskriminalamtes, S. 228; weiterführend zum Beitrag von Europol zur Bekämpfung des Terrorismus siehe

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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hördenzusammenarbeit und weist keine bi- oder trinationalen Koordinationszüge auf.92 Die Binnenorganisation des Zentrums gliedert sich in zwei verbundsinterne, d. h. inhaltlich getrennte Informations-, Auswertungs- und Analysestellen, die zwar auf einer Liegenschaft, aber räumlich in getrennten Gebäuden untergebracht sind. Durch das BKA wurde die „Polizeiliche Informations- und Analysestelle“ (PIAS), durch das BfV die „Nachrichtendienstliche Informations- und Analysestelle“ (NIAS) eingerichtet.93 Ziel beider Einheiten ist die Zusammenführung von Analysespezialisten und Wissen innerhalb der Verbünde. Dort separat vorgefiltert, werden die nachrichtendienstlichen und polizeilichen Erkenntnisse in den täglichen Lagebesprechungen zusammengeführt und abgeglichen, sodass das insgesamt verfügbare Informationsaufkommen der Nachrichtendienste und Polizeien kontinuierlich auf den aktuellsten Stand gebracht wird.94 Zwar haben die jeweiligen Verbindungsbeamten ausschließlich nur Zugriff auf die Daten ihrer Entsendebehörde, durch ihre Zusammenarbeit schaffen sie jedoch ein Gesamtbild über die aktuelle Sicherheitsund Gefährdungslage.95 1. Die beteiligten Behörden und ihre Grundsatzbefugnisse im Überblick Mit seinen insgesamt 40 Behörden zählt das GTAZ zu einer der größten Analyseeinheiten für die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus96 und zeichnet sich im Vergleich zu ausländischen Terrorismusbekämpfungsstrukturen auf Grund des Fehlens einer spezifischen GTAZ-internen Hierarchie als besonders flexibel aus. Zum besseren Verständnis und als unabdingbare Voraussetzung für die noch vorzunehmende organisatorische Einordnung des Komplexes „GTAZ“ in die Verwaltungslandschaft der Bundesrepublik und dessen (verfassungs-)rechtliche Bewertung werden im Folgenden die an ihm beteiligten Akteure in ihren Wesenszügen vorgestellt. Baldus, in: Koch (Hrsg.), Terrorismus – Rechtsfragen der äußeren und inneren Sicherheit, S. 121 (121 ff.). 92 Anders dagegen die Gemeinsamen Zentren im Bereich grenzüberschreitender polizeilicher und zollrechtlicher Zusammenarbeit, dazu Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Polizeiliche Zusammenarbeit, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/DE/Themen/Si cherheit/Internationale-Zusammenarbeit/Polizeiliche-Zusammenarbeit/polizeiliche-zusammen arbeit_node.html (zuletzt aufgerufen am 10. 09. 2014); Stein-Müller/Gruschinske/Hirschmann, Grenzüberschreitende Zusammenarbeit: Das gemeinsame Zentrum für deutsch-polnische Polizei- und Zollzusammenarbeit in S´wiecko (Polen) aus der Sicht polizeilichen Wissensaustausches, abrufbar unter https://www.internetwache.brandenburg.de/fm/141/zusammenar beit.pdf (zuletzt aufgerufen am 10. 09. 2014); Wagner, Jura 2009, S. 96 (100). 93 Zu Aufbau, Beteiligungsstruktur und Funktion siehe Kapitel 3 A IV. 3. a). 94 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 580. 95 Siehe auch Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010); Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143). 96 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (143).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

a) Die Beteiligung der Polizeien des Bundes und der Länder Zu den innerhalb des GTAZ aktiven Behörden zählen zunächst die Polizeien des Bundes und der Länder. Neben dem Bundeskriminalamt, mit Hauptsitz in Wiesbaden, und zwei weiteren Standorten in Berlin und Meckenheim bei Bonn sind die Bundespolizei und die Landeskriminalämter involviert. Allgemein vorangestellt, weist das Recht der Polizeien in der Bundesrepublik in organisatorischer Hinsicht eine Doppelstruktur auf. Zwar ist die Polizeihoheit grundsätzlich dezentral den Ländern zugewiesen, wobei dem Bund lediglich spezielle Zuständigkeiten zukommen, dennoch überschneiden sich die Aufgabenbereiche der Bundes- und Länderpolizeien, sodass sich vielfach enge Zusammenarbeitsformen im Rahmen der sogenannten „Bund-Länder-Zusammenarbeit“ herausgebildet haben.97 Gleichwohl vollzieht sich mit dem Ausbau der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Errichtung neuer Kooperationseinheiten auch im Bereich der Polizeien ein Wandel in der Aufgabenwahrnehmung durch die Länder und den Bund hin zu einer Zentralisierung.98 In diesem Zuge wurde beispielsweise das Bundeskriminalamt, begonnen als lediglich Informationen sammelnde und auswertende Serviceeinheit für die 97

Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 65; zu den Aufgaben der Polizeien führt das BVerfG in 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 120 f. Folgendes aus: Den Polizeien des Bundes und der Länder „obliegt die Verhütung, Verhinderung und Verfolgung von Straftaten sowie die Abwehr von sonstigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Ihre Aufgaben sind geprägt von einer operativen Verantwortung und insbesondere der Befugnis, gegenüber Einzelnen Maßnahmen erforderlichenfalls auch mit Zwang durchzusetzen. Dabei sind ihre Aufgaben gesetzlich differenziert umgrenzt und durch ein materiell wie verfahrensrechtlich vielfältig abgestuftes Arsenal von Handlungsbefugnissen unterlegt. Unbeschadet gewisser Aufgaben auch dieser Behörden schon im Vorfeld von Gefahren, sind ihnen Befugnisse gegenüber Einzelnen grundsätzlich nur aus konkretem Anlass verliehen; Voraussetzung ist in der Regel, dass Anhaltspunkte für einen Tatverdacht oder eine Gefahr vorliegen. Diesem Aufgabenprofil entsprechen auch die Datenerhebungs- und -verarbeitungsbefugnisse dieser Behörden. Sie sind, da sie letztlich Zwangsmaßnahmen bis hin zu Eingriffen in die persönliche Freiheit vorbereiten und begründen können, gesetzlich wesentlich enger und präziser gefasst als diejenigen der Nachrichtendienste sowie vielfältig voneinander abgegrenzt. Entsprechend setzen grundsätzlich auch diese auf den Umgang mit Daten bezogenen Befugnisse – bei vielfältigen Abstufungen im Einzelnen – einen konkreten Anlass, etwa eine Gefahr oder einen Tatverdacht voraus. Soweit der Gesetzgeber die Erhebung personenbezogener Daten ausnahmsweise anlasslos vorsorglich oder zur bloßen Verhütung von Gefahren oder Straftaten erlaubt, ist dies besonders rechtfertigungsbedürftig und unterliegt gesteigerten verfassungsrechtlichen Anforderungen […]. Entsprechend handelt die Polizei grundsätzlich offen und folgt auch ihr Umgang mit Daten ganz überwiegend dem Grundsatz der Offenheit. Zwar setzt die Aufgabenwahrnehmung der Polizeibehörden in erheblichem Umfang auch Ermittlungen voraus, die gegenüber den Betroffenen zunächst verdeckt erfolgen. Jedoch werden damit nur bestimmte, durch konkrete Verdachtsmomente unterlegte Aufklärungsmaßnahmen oder -phasen abgeschirmt, die die prinzipielle Offenheit der polizeilichen Arbeit unberührt lässt [sic!]. Vor allem werden insofern die ermittelten Daten bei sich anschließenden Maßnahmen gegenüber Einzelnen – wie der Erhebung der Anklage oder dem Erlass einer Polizeiverfügung – offengelegt und wird dem Betroffenen Gelegenheit gegeben, sich hierzu zu verhalten. Auch die Ermittlungen selbst werden, soweit möglich, offen geführt.“ 98 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 5.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Polizeien der Länder, mit seinem heutigen Aufgaben- und Organisationsprofil zu einer „Polizeibehörde eigener Art“ oder auch „multifunktionale[n] ,IntelligenceBehörde‘“ ausgebaut.99 aa) Das Bundeskriminalamt (1) Aufgaben und Ziele Dieser zuletzt genannten Bezeichnung gerecht werdend, übernimmt das BKA neben dem BfV auch eine der beiden zentralen Führungspositionen innerhalb des GTAZ. Dem Amt kommt, wie bereits betont, auch über den Rahmen dieser Kooperationsform hinaus grundsätzlich im Bereich der Polizeien des Bundes und der Länder eine zentrale Funktion zu. Denn gegründet am 15. 03. 1951100, fungiert die dem Bundesinnenministerium nachgeordnete Bundesoberbehörde101 als Zentralstelle i. S. v. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG, § 2 BKAG102 für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen und für die Kriminalpolizei, indem sie Daten und Informationen sammelt und auswertet sowie Dateien und Informationssysteme für eine übergreifende Zusammenarbeit bereithält. Das BKA hat auf der Grundlage des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) die Aufgabe, als Informations- und Kommunikationsplattform die Polizeien des Bundes und der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder sonst erheblicher Bedeutung koordinierend zu unterstützen.103 Dementsprechend fungiert es gem. § 3 BKAG auch als nationales Zentralbüro für die internationale Zusammenarbeit; nach § 4 BKAG erstrecken sich seine Aufgaben sogar auf bestimmte Gebiete der Strafverfolgung. Insbesondere wird sein Aufgabenfeld auch durch die präventiven Befugnisse im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus nach § 4a BKAG geprägt. In zuletzt genanntem Bereich bewegt sich ebenfalls seine Tätigkeit im GTAZ. Seit dem 26. 02. 2004 obliegt die Amtsleitung dem Präsidenten Jörg Ziercke, unterstützt durch seine beiden Vizepräsidenten Jürgen Stock und Peter Henzler. Die über 5.500 Mitarbeiter verteilen sich seit Januar 2005

99

Abbühl, Der Aufgabenwandel des Bundeskriminalamtes, S. 353 ff., auch ausführlich zum Aufgabenwandel; Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 5; Roggan, NJW 2009, S. 257 (262) spricht von einer „Polizeibehörde eigener Art“. 100 Die Gründung des BKA basiert auf den Art. 73 Abs. 1 Nr. 10, Art. 87 Abs.1 GG, die die Grundlagen für die Schaffung eines Bundeskriminalamtes kodifizieren und dem Gesetz über die Gründung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamt) BGBl. I 1951, S. 163. 101 Mangels negativer Sperrwirkung des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG kann das BKA zugleich Bundesoberbehörde und Zentralstelle sein; vgl. Ahlf, Bundeskriminalamt, S. 96; Gröpl, Nachrichtendienste, S. 278 Fn. 31; zur Abgrenzung von negativer und positiver Sperrwirkung i. R. v. Art. 87 Abs. 2 S. 1 GG Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 112 ff., 127. 102 Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 123. 103 Vgl. hierzu § 2 Abs. 1 BKAG.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

auf neun Abteilungen104. Zu diesen zählen die Abteilung IK, Internationale Koordinierung, Abteilung SO, schwere und organisierte Kriminalität, Abteilung ZD, Zentrale kriminalpolizeiliche Dienste, Abteilung KT, Kriminaltechnisches Institut, Abteilung ZV, Zentral- und Verwaltungsaufgaben, Abteilung IT, Informationstechnik, Abteilung KI, Kriminalistisches Institut, Abteilung ST, polizeilicher Staatsschutz sowie die Abteilung SG, Sicherheitsgruppe. Im Netz des GTAZ wirkt die Gruppe ST 3 der Abteilung ST polizeilicher Staatsschutz mit. Hervorzuheben sind insbesondere die Arbeitsgemeinschaften GTAZ/PIAS-Zentralstelle, GTAZ/PIAS-Analysen-Lage-Gefährdung in den Referaten ST 32/33, die am Berliner Standort beheimatet sind.105 Das Referat ST 32 bildet innerhalb des PIAS die Zentralstelle für die polizeiliche Zusammenarbeit von Bund und Ländern und sorgt durch die Bearbeitung des nationalen und internationalen Schriftverkehrs, der Sondermeldedienste und die Erstellung von Personagrammen für einen schnellen und kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen der Bundes- und Landespolizei.106 Das Referat ST 33 hingegen umfasst die drei Bereiche Phänomenauswertung, Projekte/Sonderauswertungen und die Geschäftsführung PIAS BKA. Die Phänomenauswertung befasst sich mit übergreifenden Analysen zu einzelnen (terroristischen) Gruppierungen, der Auswertung und Begleitung laufender Ermittlungsverfahren sowie der Überwachung und Überprüfung des Internets und der Medien im Allgemeinen auf islamistisch-terroristische Aktivitäten.107 Als Beispiel für ein Projekt im Rahmen der Sonderauswertung sei das Projekt LOGIS genannt: Der Fokus liegt hier auf Ermittlungen im Kooperationsbereich von islamistisch-terroristischen Strukturen mit der organisierten Dokumenten- und Schleuserkriminalität.108 Die dritte und letzte Arbeitsgruppe PIAS BKA ist direkt in die neun Arbeitsgemeinschaften des GTAZ involviert, ihr obliegt auch die Geschäftsund Federführung der AG „Tägliche Lagebesprechung“. An den übrigen Sitzungen innerhalb des GTAZ nehmen bedarfsabhängig zwei bis fünf Vertreter teil.109

104 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Organisation/Aufbau des Bundeskriminalamtes, Stand 2013, abrufbar unter http://www.bka.de/DE/DasBKA/Organisation/organisation__node.html? __nnn=true (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013). Zu einem Organigramm siehe Bundeskriminalamt (Hrsg.), Organigramm, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bka.de/nn_206344/ DE/DasBKA/Organisation/Organigramm/organigramm__node.html?__nnn=true (zuletzt aufgerufen am 22. 05. 2014). 105 Für eine Beschreibung der weiteren nationalen wie internationalen Aufgaben des Bundeskriminalamtes im Bereich Ermittlungen, internationale Funktion, Schutzaufgaben, Verwaltungsfunktionen und Zentralstelle siehe http://www.bka.de/nn_206368/DE/DasBKA/ Aufgaben/aufgaben__node.html?__nnn=true (zuletzt aufgerufen am 24. 10. 2013). 106 Würz, Kriminalistik 2005, S. 10 (11). 107 Würz, Kriminalistik 2005, S. 10 (11). 108 Würz, Kriminalistik 2005, S. 10 (11). 109 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 6.

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(2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Für seine Tätigkeit innerhalb des GTAZ verfügt das BKA nicht über besondere Befugnisse. Vielmehr richten sich seine Handlungsbeiträge nach den Vorschriften des BKAG. Seinen Aufgaben entsprechend sind dem BKA jeweils gesonderte Befugnisse in eigenen Unterabschnitten zugeordnet. So richtet sich beispielsweise seine Tätigkeit als Zentralstelle nach den §§ 7 – 13 BKAG oder bezüglich der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus nach den §§ 20a – 20x BKAG. Nach § 7 Abs. 10 BKAG kann das BKA die bei der Zentralstelle gespeicherten Daten, soweit erforderlich, auch zur Erfüllung seiner Aufgaben nach den §§ 4 bis 6 BKAG und damit auch innerhalb des und für das GTAZ nutzen. Soweit es also „zur Erfüllung seiner jeweiligen Aufgabe“ als Zentralstelle „erforderlich“ ist, kann das BKA gemäß den §§ 7 ff. BKAG personenbezogene Daten selbst erheben, speichern, verändern und nutzen. In diesem Rahmen führt es eine Vielzahl kriminalpolizeilicher Sammlungen in Form von Verbund-, Zentral- und Amtsdateien.110 So unterhält das BKA neben der spezialgesetzlich geregelten AntiTerror-Verbunddatei im Rahmen des polizeilichen Informationssystems (INPOL, §§ 2 III, 11 I 1 BKAG) zur Erfüllung seiner Zentralstellenfunktion mittlerweile mehr als 50 Verbund- und sonstige Dateien mit etwa 30 Mio. Datensätzen.111 Da der Aufgabenbereich des Amtes als Zentralstelle jedoch sehr weit gefasst ist, werden die Art der Daten und deren Speicherung, Veränderung und Nutzung näher in den §§ 8 ff. BKAG sowie in der dazugehörigen Bundeskriminalamt-Daten-Verordnung112 bestimmt. Unter den Voraussetzungen des § 9a BKAG kann das Bundeskriminalamt des Weiteren für die Dauer einer befristeten projektbezogenen Zusammenarbeit mit den Bundes- und Landesverfassungsschutzbehörden, dem MAD, dem BND, der Bundespolizei, den Länderpolizeien und dem ZKA gemeinsame projektbezogene Dateien errichten.113 Im Jahr 2008 wurden dem BKA mit dem Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt erstmals originäre, präventiv-polizeiliche Befugnisse zugewiesen.114 Nach § 4a BKAG hat das Amt nun110 Zu den Begriffen Verbund-, Zentral- und Amtsdatei siehe Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, BKAG, § 11 Rn. 29 ff.; Schoch, in: Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 50. 111 Zu einer Auflistung sämtlicher Dateien siehe BT-Drs. 17/2803, S. 1 ff.; Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 50; Arzt/Eier, DVBl 2010, S. 816 (816 ff.). 112 Näheres zu dieser Verordnung siehe auch Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. G Rn. 78 ff.; Arzt, NJW 2011, S. 352 (352). 113 Näheres dazu bei Abbühl, Der Aufgabenwandel des Bundeskriminalamtes, S. 236 ff.; Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 157 ff. 114 BGBl. I 2008, S. 3083. Diese Gesetzesinitiative beruht letztlich auf den Geschehnissen in New York, London und Madrid und dem sich anschließenden Bedürfnis, das Bundeskriminalamt nicht nur mit Kompetenzen im Bereich der Strafverfolgung, sondern auch im Bereich der Prävention auszustatten. Vgl. hierzu Ziercke, Polizei-heute 5/2005, S. 156 ff.; im Rahmen der Föderalismusreform I wurde, diesem Gedanken folgend, mit Art 73 Abs. 1 Nr. 9a GG die

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mehr die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus in den Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht. Zur Erfüllung dieser neuen Aufgabe wurden ihm die Befugnisse aus §§ 20a – 20x BKAG115, zu denen solche zur eigenen Datenerhebung, zu dem Einsatz besonderer Ermittlungsmethoden oder zum Datenerhalt gehören, an die Hand gegeben. Diese Befugnisse orientieren sich nicht nur an den Regelungen der landesgesetzlichen Gefahrenabwehr, sondern berücksichtigen reaktiv auch die bis dato neuste verfassungsrechtliche Rechtsprechung.116 Nichtsdestotrotz verbleibt die Polizeihoheit grundsätzlich bei den Ländern, es sei denn, es liegt eine andere gesetzliche Bestimmung vor.117 Hinter der Neuregelung stand unter anderem die Intention, dass nicht in allen Fällen, in denen beispielsweise Hinweise zu terroristischen Aktivitäten aus dem Ausland kamen, eine örtliche Zuständigkeit einer deutschen Polizeibehörde erkennbar gewesen war, eine Sachaufklärung dennoch veranlasst wurde.118 Zwar trägt die Regelung des § 4a BKAG der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern Rechnung – ein Tätigwerden des BKA zur alltäglichen Gefahrenabwehr verbietet sich weiterhin –, jedoch führt die Kompetenzerweiterung um Gefahrenprävention auf bundespolizeilicher Ebene zu nicht unerheblichen Aufgabenüberschneidungen.119 Neben diesen Befugnissen tritt das BKA aber auch in Kommunikation mit anderen Behörden und Verwaltungseinrichtungen. Das Amt selbst übermittelt (personenbezogene) Daten im innerstaatlichen Bereich120 an andere Polizeien des Bundes und der Länder nach § 10 Abs. 1 BKAG. Dies ist zulässig, soweit die rechtliche Basis für die präventive Gefahrenabwehrbefugnis des BKA geschaffen; zur Einordnung und Charakterisierung der Kompetenz aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a GG näher Heintzen, Die Charakteristika der Ländergesetzgebung und der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes nach der Föderalismusreform, in: ders./Uhle (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Kompetenzrecht, S. 60 ff. 115 Eingehend zu den Normen des Unterabschnitts 3a des BKAG siehe Stüwe, Strafprozessuale und präventive Eingriffe im Lichte der Verfassung, S. 308 ff. 116 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 45 ff., 79; Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 26. 117 Vgl. § 1 Abs. 3 BKAG. 118 Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Präventive Aufgaben und Befugnisse für das BKA, Stand 2013, abrufbar unter http://www.bfdi. bund.de/DE/Schwerpunkte/Terrorismusbekaempfung/Artikel/PraeventionBKA.html?nn=4 09954 (zuletzt aufgerufen am 28. 10. 2013). 119 BRAK (Hrsg.), Stellungnahme-Nr. 29/2008 der Bundesrechtsanwaltskammer zum Gesetzentwurf zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG-E), S. 3; eingehend zu den Überschneidungen der Aufgabenbereiche zwischen und innerhalb der Nachrichtendienste und der Polizei siehe Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 146 ff. Siehe auch Kapitel 2 B. III. 1. b). 120 Regelungen zur internationalen Zusammenarbeit sind in §§14 f. BKAG zu finden.

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Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder der des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung an andere nationale Behörden und sonstige öffentliche wie nicht-öffentliche Stellen ist nach § 10 Abs. 2, 3 BKAG zulässig, soweit dies in anderen Rechtsvorschriften vorgesehen oder zur Erfüllung seiner Aufgaben nach dem BKAG oder für Zwecke der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung, des Strafvollzugs und der Gnadenverfahren oder für Zwecke der Gefahrenabwehr oder zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner erforderlich ist und Zwecke des Strafverfahrens nicht entgegenstehen. Eine Übermittlungsbefugnis an exterritoriale Organisationen besteht nicht. Neben dem Datenabgleich über das polizeiliche Informationssystem INPOL121 regelt § 13 BKAG den Informationsfluss hin zum BKA. Für die Polizeien des Bundes und die Landesämter besteht insofern eine Unterrichtungspflicht für die zur Erfüllung der Aufgaben als Zentralstelle erforderlichen Informationen. Anderen Behörden und öffentlichen Stellen wird lediglich ein Unterrichtungsermessen auferlegt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Bundeskriminalamtes als Zentralstelle erforderlich ist.122 Für den Bereich der Abwehr von Gefahren, ausgehend vom internationalen Terrorismus, besteht mit § 20x BKAG eine Sonderregelung. Danach können öffentliche Stellen von sich aus dem BKA Informationen einschließlich personenbezogener Daten übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgabe des Bundeskriminalamtes nach § 4a BKAG erforderlich ist. Eine Übermittlungspflicht besteht hingegen auch für sie, wenn die Informationen zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder einer Sache von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, erforderlich sind. Die Vorschriften der Strafprozessordnung, des Artikel 10-Gesetzes, des Bundesverfassungsschutzgesetzes, des BNDGesetzes und des MAD-Gesetzes bleiben dabei unberührt. Die voranstehende Darstellung macht deutlich, dass das Bundeskriminalamt – ebenso wie die anderen Polizeien des Bundes, was auch noch zu zeigen sein wird – weitestgehend über ein gegenüber dem BDSG eigenständiges Rechtsregime an Datenschutz-, Informationserhebungs-, Nutzungs- und Übermittlungsvorschriften verfügt. Denn der Umgang mit und die Festlegung der Verwendungszwecke von personenbezogenen Informationen und Daten knüpfen regelmäßig daran an, dass der entsprechende Vorgang zur Erfüllung der jeweiligen polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Aufgaben- und Befugnisnormen weisen so einen sehr starken Zusammenhang auf, der auch aus datenschutzrechtlicher Sicht seine Aufmerksamkeit verlangt.123 121

Näheres zu INPOL bei Abbühl, Der Aufgabenwandel des Bundeskriminalamtes, S. 148 ff. 122 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 78. 123 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 59 ff. mit einer allgemeinen Übersicht zu bereichsspezifischen Datenschutzregelungen für die Polizeien des Bundes.

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bb) Die Bundespolizei (1) Aufgaben und Ziele Neben dem BKA ist auch die am 16. 03. 1951 als Bundesgrenzschutz (BGS) gegründete Bundespolizei (BPOL) fester Bestandteil des GTAZ. Im Zuge der kontinuierlichen Tätigkeitsveränderung und -erweiterung war die Aufgabe des BGS längst nicht mehr auf den klassischen Schutz der Grenzen beschränkt, sondern glich eher der einer „Polizei des Bundes“, sodass die Bezeichnung als „Bundesgrenzschutz“ dem Tätigkeitsprofil des BGS nicht mehr gerecht und infolgedessen am 30. 07. 2005 in Bundespolizei geändert wurde.124 Nach der Reform durch das Gesetz zur Änderung des Bundespolizeigesetzes und anderer Gesetze vom 26. 02. 2008 ist die Bundespolizei nunmehr eine „Bundesbehörde mit Unterbau“.125 Demnach gliedert sie sich organisatorisch in die dem Bundesministerium des Inneren (Abteilung B – Angelegenheiten der Bundespolizei innerhalb des BMI) unmittelbar nachgeordnete Oberbehörde des Bundespolizeipräsidiums mit Sitz in Potsdam und neun weitere Bundespolizeidirektionen sowie eine Direktion Bundesbereitschaftspolizei.126 Dem seit dem 01. 08. 2012 amtierenden Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums Dieter Romann unterstehen in etwa 40.269 Beschäftigte.127 Nachgeordnet und ausgelagert sind die bundespolizeilichen Anteile des GTAZ.128 In den täglichen Lagebesprechungen innerhalb des GTAZ ist die BPol stets mit einem Mitarbeiter vertreten129, im Übrigen anlassbezogen. Abermals zu betonen ist, dass das Grundgesetz, dem Prinzip der Bundesstaatlichkeit folgend, in Art. 30, 70 GG grundsätzlich den Ländern die sog. Polizeihoheit zuordnet. Das Recht der Gefahrenabwehr kommt dem Bund daher nur in gesondert geregelten Bereichen der öffentlichen Sicherheit zu. Dementsprechend wurde die BPol auf Grundlage der Art. 73 Abs. 1 Nr. 5, 87 Abs. 1 S. 2 GG als Fach- oder Sonderpolizei des Bundes eingerichtet. Als Verbindungselement zwischen innerer 124 Hierzu der Entwurf eines Gesetzes zur Umbenennung des Bundesgrenzschutzes in „Bundespolizei“ in BT-Drs. 15/5217, S. 1 ff. sowie BGBl. I 2005, S. 1818 ff.; überblicksartig zum Wandel der Aufgabenwahrnehmung durch die BPol siehe Middel, Innere Sicherheit und präventive Terrorismusbekämpfung, S. 62 ff.; Walter, innenpolitik 8/2011, S. 4 ff. 125 BGBl. I 2008, S. 215 ff.; ausdrücklich Baumbach/Pfau, Kriminalistik 2011, S. 771 (773); BT-Drs. 16/6291, S. 1 ff. 126 Nach § 57 Abs. 2 BPolG unterstehen dem Bundespolizeipräsidium als Bundesoberbehörde die Bundespolizeidirektionen als Unterbehörden und die Bundespolizeiakademie. Das Bundespolizeipräsidium untersteht wiederum unmittelbar dem Bundesministerium des Innern. Im Einzelnen zur Organisation und einem Organigramm siehe Bundespolizei (Hrsg.), Organisation der Bundespolizei, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bundespolizei.de/DE/06DieBundespolizei/Organisation/organisation_node.html (zuletzt aufgerufen am 26. 05. 2014). 127 Bundespolizeipräsidium (Hrsg.), Jahresbericht 2012, S. 9. 128 Dies gilt ebenso für die bundespolizeilichen Anteile des GASIM und die für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit eingerichteten Gemeinsamen Zentren, vgl. Walter, innenpolitik 8/2011, S. 4 (7). 129 BT-Drs. 17/14830, S. 6.

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Sicherheit und grenzpolizeilichem Schutz bildet sie jedoch einen wesentlichen Eckpfeiler im Sicherheitssystem der Bundesrepublik. Zu den zentralen Aufgaben der BPol gehören der Grenzschutz, die Bahnpolizei und die Luftsicherheit (§§ 2 ff. BPolG). In diesem Bereich wehrt die Bundespolizei Gefahren des (unerlaubten) grenzüberschreitenden Verkehrs und die damit verbundene Kriminalität ab, die sich auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit innerhalb der Bunderepublik negativ auswirken können.130 Zu diesem Zweck arbeitet die BPol innerhalb sogenannter Sicherheitskooperationen eng mit den Polizeibehörden der Länder, zum Teil auch unter Einbezug der Zollverwaltung, zusammen.131 Je nach aktueller, sachgelagerter Gefährdungseinschätzung werden entsprechende Informationen auch in die AG „Tägliche Lagebesprechung“ des GTAZ oder zur weiteren Analyse und Verarbeitung in die fachspezifischen AGs getragen. Hierauf ist ihre Tätigkeit jedoch nicht begrenzt. Der BPol werden auch durch zahlreiche Fachgesetze Aufgaben zugewiesen.132 So wirkt sie unter anderem ebenfalls international am Krisenbewältigungsmanagement der EU und der Vereinten Nationen mit und operiert beispielsweise innerhalb der Netzwerke FRONTEX, RAILPORT und BSRBCC. (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Die Befugnisse zur angemessenen Aufgabenwahrnehmung werden der BPol vornehmlich durch das Bundespolizeigesetz (BPolG), aber auch durch andere Vorschriften, wie beispielsweise aus dem AufenthG, dem AsylVfG oder dem LuftSiG, vorgegeben. Als Akteur des GTAZ verfügt die BPol ebenso wie das BKA nicht über besondere GTAZ-spezifische Befugnisse, sondern wird auf Grund ihres eigenen Rechtsregimes tätig. Dazu zählen neben allgemeinen Befugnissen in den §§ 14 ff. BPolG insbesondere solche zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung aus den §§ 21 ff., 29 ff. BPolG. Im Regelfall ist eine Informations- und Datenerhebung daher insoweit zulässig, als dass dies zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe erforderlich ist. Die darauf folgende Speicherung, Veränderung und Nutzung der gewonnenen personenbezogenen Daten richten sich grundsätzlich ebenfalls nach deren Erforderlichkeit zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe.133 Als Teil des gesamten Verwaltungsnetzwerkes ermöglicht § 32 BPolG die kommunikative Integration der BPol in ihre intra- und interbehördliche Umwelt. Soweit es zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist, kann die BPol personenbezogene Daten zwischen ihren eigenen Behörden und denjenigen des Polizeivollzugsdienstes und, wenn sie Aufgaben nach § 2 Abs. 2 BPolG oder Aufgaben auf dem Gebiet der 130

BVerfGE 97, 198 (214). Zum Begriff der Sicherheitskooperationen m. w. N. siehe Schütte, Sicherheitskooperationen, in: Lange (Hrsg.), Wörterbuch zur Inneren Sicherheit, S. 292 ff. 132 Zu einem Überblick siehe Drewes/Malmberg/Walter, BPolG, § 1 Rn. 29; weitere originär grundgesetzliche Aufgaben ergeben sich aus Art. 35 Abs. 2, 3, Art. 91 Abs. 1, 2 und Art. 115 f. Abs. 1 Nr. 1 GG. 133 Zur Zweckbindung und -änderung siehe § 29 Abs. 1 S. 3, 4, Abs. 2 BPolG. 131

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Strafverfolgung wahrnimmt, denjenigen der Zollverwaltung übermitteln. Maßgeblicher für die Betätigung im GTAZ ist jedoch die Befugnis nach § 32 Abs. 2 BPolG, wonach die Bundespolizei personenbezogene Daten an andere inländische öffentliche Stellen übermitteln kann, soweit dies entweder zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe, zur Abwehr von Gefahren, zur Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte einzelner, Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Strafvollstreckung und zum Strafvollzug oder zur Erledigung besonderer Ersuchen nach § 17 Abs. 2 BVerfSchG erforderlich ist.134 cc) Das Zollkriminalamt (1) Aufgaben und Ziele Als dritte und letzte im GTAZ bundespolizeilich wirksame Behörde sei das Zollkriminalamt (ZKA) vorgestellt.135 Das im Jahr 1992 gegründete ZKA untersteht mit Sitz in Köln als Mittelbehörde dem Bundesministerium der Finanzen.136 Es koordiniert die Tätigkeit der ihm nachgeordneten acht Zollfahndungsämter, denen im Wesentlichen die Verhütung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zuständigkeitsbereich der Zollverwaltung obliegen. Dem seit dem 24. 04. 2012 amtierenden Präsidenten des ZKA Norbert Drude, unterstützt durch seinen Vizepräsidenten Werner Turek, sind rund 400 Mitarbeiter unterstellt. In den Sitzungen der sachorientierten Arbeitsgemeinschaften des GTAZ ist lediglich ein Mitarbeiter des ZKA, dies auch nur anlass- oder themenbezogen, vertreten.137 Vergleichbar mit dem BKA, bildet auch das Zollkriminalamt eine (doppelte) Zentralstelle, die jedoch im Bereich des Zollfahndungsdienstes und zugleich für das Auskunfts- und Nachrichtenwesen der Zollverwaltung verantwortlich ist.138 In dieser Funktion unterhält es nach §§ 11 ZFdG das Zollfahndungsinformationssystem INZOLL, koordiniert und überwacht die Ermittlungen im strafrechtlich bzw. ordnungswidrig relevanten Bereich des Steueraufkommens sowie die Ein- und Ausfuhr sämtlicher (Verkehrs-)Güter. Dabei stellt es einzelfallunabhängige Marktbeobachtungen im Bereich des innerstaatlichen, innergemeinschaftlichen, grenzüberschreitenden und internationalen Waren-, Kapital- und Dienstleistungsverkehrs an 134

Für die Übermittlung an öffentliche Stellen anderer Staaten sowie an über- oder zwischenstaatliche Stellen siehe § 29 Abs. 3 BPolG, an nicht-öffentliche Stellen § 29 Abs. 4 BPolG sowie §§ 32a-33a BPolG. 135 Zu einer knappen Übersicht über die Bundesinstitutionen im Recht der Polizeien siehe Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 3 ff., 8 ff. 136 Vgl. § 1 Abs. 1 ZFdG. Das ZKA ist der Nachfolger des 1952 gegründeten Zollkriminalinstituts (ZKI). Vgl. BT-Drs. 17/11499, S. 9. Zu Organisation und Organigramm siehe Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Organisation der Zollverwaltung, Stand 2014, abrufbar unter http://www.zoll.de/DE/Der-Zoll/Struktur/_functions/organisationsplaene_faq.html (zuletzt aufgerufen am 26. 05. 2014). 137 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 6. 138 Vgl. § 2 ZFdG.

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und trifft geeignete Maßnahmen zur Verhütung und Aufdeckung von Zuwiderhandlungen.139 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Die Befugnisse des ZKA stützen sich auf die im Jahre 2002 eingeführte gesetzliche Grundlage in Form des Gesetzes über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (ZFdG). Das Gesetz vermittelt dem ZKA im Rahmen seiner Ermittlungen dieselben Rechte und Pflichten wie Behörden und Beamten des Polizeidienstes nach der StPO.140 Die Übermittlung personenbezogener Daten innerhalb der Zollverwaltung, an andere öffentliche nationale Stellen sowie ins Ausland, an über- und zwischenstaatliche Stellen sowie Mitgliedstaaten der Europäischen Union richtet sich nach §§ 33 ff. ZFdG.141 Allgemein wird auch hier auf die Erforderlichkeit der Übermittlung zur Erfüllung ihrer Aufgaben für Zwecke der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung, des Strafvollzugs oder für Zwecke der Gefahrenabwehr abgestellt. dd) Die Landeskriminalämter Wie bereits anklang, bedingt die föderale Struktur der Bundesrepublik im Bereich der polizeilichen Kriminalitätsbekämpfung ein Mehrfaches. Die Polizeihoheit ist in der Bundesrepublik dezentral den Ländern zugewiesen. Damit verfügt der Bund lediglich über bestimmte sonderpolizeiliche Kompetenzen. Diese Aufteilung gehört zu den „charakteristischen Grundentscheidungen der Sicherheitsarchitektur des deutschen Bundesstaates“.142 Folglich bestehen neben dem Bundeskriminalamt auf Länderebene 16 weitere Landeskriminalämter. Da die Länder grundsätzlich auch über die Verwaltungskompetenz und im Bereich des allgemeinen Polizeirechts über die Gesetzgebungskompetenz verfügen, differiert die Aufbauorganisation innerhalb der Länderpolizeien. Obwohl demgemäß markante Unterschiede in der Organisation festzustellen sind, weisen sie auf Grund der Vergleichbarkeit von Aufgabenanforderungen und Verfügbarkeit an Ressourcen dennoch eine ähnliche Struktur auf.143 139

Vgl. §§ 3, 4 ZFdG. Näheres bei Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 76 ff. 140 Zur Erfüllung seiner Aufgaben ist es dementsprechend befugt, offen ebenso wie verdeckt und auch langfristig personenbezogene Daten zu erheben, zu speichern, zu verändern und zu nutzen. 141 Die Übermittlung von Informationen, die im Bereich der präventiven Telekommunikations- und Postüberwachung gewonnen wurden, an mit polizeilichen Aufgaben betraute Behörden, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, den BND und den MAD, richtet sich nach § 23d ZFdG. 142 Möstl, Verw 2008, S. 309 (311). 143 Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 42; Groß, APuZ 48/2008, S. 20 (22).

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Dementsprechend verfügt jedes Bundesland über eine dem jeweiligen Innenministerium unmittelbar nachgeordnete Landesoberbehörde mit der Bezeichnung „Landeskriminalamt“. Der Aufgabe und Funktion des Bundeskriminalamtes entsprechend, fungieren die LKÄ regelmäßig als zentrale Dienststellen für die Kriminalitätsbekämpfung, dies jedoch in doppelter Weise:144 Einerseits ist ihnen ein breites Spektrum an operativen Tätigkeitsbereichen zugeordnet. Andererseits werden sie vorsorgend, vorbereitend und unterstützend tätig, indem sie unter anderem überörtliche Maßnahmen koordinieren oder kriminalpolizeiliche personenbezogene Datensammlungen führen. Darüber hinaus sorgen die LKÄ für die notwendige informative Schnittstelle zum BKA und führen so die Landes- und Bundesebene zueinander, denn trotz aller „föderaler Kompetenzteiligkeit innerer Sicherheitsgewährleistung“ wird die Bundesrepublik vom Grundgesetz als ein länderübergreifender gemeinsamer Raum innerer Sicherheit konzipiert.145 „Zusammenarbeit ist daher das Schlüsselthema jeder kompetenzteiligen Sicherheitsgewährleistung.“146 Dies zeigt sich auch in der der „Neuen Sicherheitsarchitektur“ zugrundeliegenden Organisation und der Errichtung Gemeinsamer Zentren auf Bundes- und Landesebene. So entsteht über die LKÄ, das BKA und die jeweiligen landesrechtlichen Kommunikationsvorschriften eine horizontale und vertikale Verklammerung der Polizeien des Bundes und der Länder. Für das GTAZ als eine neue Form der BundBund-Länder-übergreifenden Kooperation bedeutet dies, dass die LKÄ in Abhängigkeit des konkreten Sachverhaltes anlassbezogen Mitarbeiter in die Arbeitsgemeinschaften und Sitzungen des GTAZ entsenden.147 b) Die Nachrichtendienste des Bundes und der Länder Neben den Polizeien des Bundes und der Länder bilden die Nachrichtendienste den zweiten Eckpfeiler der deutschen Sicherheitsarchitektur und der Kooperation im GTAZ. Zu den Nachrichtendiensten des Bundes zählen das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst als Inlandsnachrichtendienste sowie der Bundesnachrichtendienst als Auslandsnachrichtendienst. Im Rahmen des sogenannten Verfassungsschutzverbundes oder auch Informationsverbund Verfassungsschutz besteht eine enge Kooperation mit den Landesämtern für Verfassungsschutz, die ebenfalls Mitglieder des GTAZ sind. Im Gegensatz zu den Polizeien des Bundes und der Länder liegt die klassische Aufgabe sämtlicher Nachrichtendienste in der Beschaffung, Auswertung und Übermittlung von Informationen (an die jeweilige Regierung) und weniger in der

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Ausführlich Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 63. Möstl, Verw 2008, S. 309 (314). Möstl, Verw 2008, S. 309 (311). Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 3.

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Vornahme sonstiger aktiver Maßnahmen.148 Gleichwohl vollzieht sich auch hier wie im Bereich der Polizeien ein Tätigkeitswandel. Über ihre klassische Rolle hinaus, entwickeln sich die Nachrichtendienste zunehmend zu „Informationsschaltstellen im Verbund der Sicherheitsbehörden“.149 Neben einer voranschreitenden Aufgabenüberschneidung von Nachrichtendiensten und Polizeien150 beziehen die Nachrichtendienste zentrale Stellung in Formen institutionalisierter, informationeller Zusammenarbeit wie beispielsweise im Bereich der Verbund- oder gemeinsamen Dateien sowie im GTAZ. Vor dem Hintergrund ihrer traditionellen Aufgabe und der daran ausgerichteten Befugnisse – „lediglich sachbezogenes Interesse an Gefährdungslagen – Verwendung erlangter Informationen für die Information der Regierung – […] niedrige Eingriffsschwellen, niedrige Grenzen bei der Inanspruchnahme von Personen, Heimlichkeit des Vorgehens“ – gewinnen die so erlangten Informa148 Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 85 f. Zu den unterschiedlichen Aufgabenprofilen von Polizeien und Nachrichtendiensten siehe auch Lange, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Sicherheitsarchitektur, S. 87 ff. Zu den Aufgaben der Nachrichtendienste und des Verfassungsschutzes führt das BVerfG in 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 116 ff. Folgendes aus: „Den Nachrichtendiensten kommt die Aufgabe zu, Aufklärung bereits im Vorfeld von Gefährdungslagen zu betreiben. Ihr Datenzugriff dient dabei zugleich verschiedenartigen und weit gefassten Zielen wie dem Schutz vor verfassungsfeindlichen Bestrebungen im Inland und vor innerstaatlichen Tätigkeiten ausländischer Geheimdienste, dem Schutz vor gewaltbereiten Bestrebungen, die den gesamten Bereich der ,auswärtigen Belange‘ gefährden, oder dem Schutz vor Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung oder das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind (vgl. § 3 Abs. 1 BVerfSchG, § 1 Abs. 2 BNDG, § 1 Abs. 1 MADG sowie § 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 G 10). Sie haben mannigfaltige Bestrebungen auf ihr Gefahrenpotenzial hin allgemein zu beobachten und sie gerade auch unabhängig von konkreten Gefahren in den Blick zu nehmen […]. Diesem vorfeldbezogenen Aufgabenspektrum entsprechend haben die Nachrichtendienste weitreichende Befugnisse zur Datensammlung, die weder hinsichtlich der konkreten Tätigkeitsfelder spezifisch ausdefiniert noch hinsichtlich der jeweils einzusetzenden Mittel detailscharf ausgestaltet sind. […] Überdies sammeln die Nachrichtendienste Daten grundsätzlich geheim. […] Unbeschadet näherer Differenzierungen zwischen den verschiedenen Diensten beschränkt […] sich [die Zielrichtung der Aufklärung] im Wesentlichen darauf, fundamentale Gefährdungen, die das Gemeinwesen als Ganzes destabilisieren können, zu beobachten und hierüber zu berichten, um eine politische Einschätzung der Sicherheitslage zu ermöglichen. Ziel ist nicht die operative Gefahrenabwehr, sondern die politische Information. So ist Aufgabe der Tätigkeit des Bundesnachrichtendienstes nicht die Bekämpfung von Straftaten als solchen, sondern übergreifend die Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind. In Form von Lageberichten, Analysen und Berichten über Einzelerkenntnisse soll die Bundesregierung in den Stand gesetzt werden, Gefahrenlagen rechtzeitig zu erkennen und ihnen – politisch – zu begegnen […]. […] Dieser auf die politische Vorfeldaufklärung beschränkte Auftrag der Nachrichtendienste spiegelt sich auch in einer Beschränkung ihrer Befugnisse […].“ 149 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L C Rn. 7. 150 Dazu bereits oben unter Vorteile und Gefahren informeller Verwaltungsbetätigung in Kapitel 2 B. III. 1. b) sowie ausführlich Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 146 ff.

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tionen und deren Eingabe in die neuen Kooperationsplattformen ein neues Gewicht.151 aa) Das Bundesamt für Verfassungsschutz (1) Aufgaben und Ziele Wie bereits angesprochen, steht das GTAZ neben der des BKA unter der zentralen Führung des Bundesamtes für Verfassungsschutz.152 Das am 07. 11. 1950 gegründete Bundesamt für Verfassungsschutz mit (Haupt-)Sitz in Köln und Berlin steht seit dem 01. 08. 2012 unter der Leitung des Präsidenten Hans-Georg Maaßen und ist als Bundesoberbehörde dem Bundesministerium des Innern nachgeordnet. Neben dem BND und dem MAD zählt das BfV zu den drei Nachrichtendiensten der Bundesrepublik. Seine Zuständigkeit ist ausschließlich auf die zivile inländische Geheimdiensttätigkeit gerichtet – für die militärische inländische Spionageabwehr ist der Militärische Abschirmdienst der Bundeswehr zuständig.153 Neben dem BKA ist das BfV die einzige weitere Zentralstelle i. S. v. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG.154 Die zentrale Aufgabe der 2.776 Mitarbeiter des BfV155 besteht darin, gemeinsam mit den Verfassungsschutzbehörden der Länder, Informationen über Bestrebungen im Geltungsbereich des BVerfSchG zu sammeln und auszuwerten, die gemäß § 3 Abs. 1 BVerfSchG gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder oder die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht zum Ziel haben, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder die gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet sind. Dazu zählen insbesondere auch die Ermittlungen im Bereich des islamistisch-terroristischen Bedrohungspotenzials durch die Abteilung 6 „Islamismus und islamistischer Terrorismus“, in der auch die für das GTAZ 151

Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 7; anlässlich des „Skandal[s] um die rechtsextreme Terrorgruppe NSU“ zur Verbesserung der Organisations- und Kooperationsstrukturen und Kontrolle Gusy, ZRP 2012, S. 230 (230 ff.). 152 Worin sich diese Rolle äußert siehe im Folgenden unter 3. b). 153 Zu den Begriffen Nachrichtendienst und Geheimdienst siehe Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. C Rn. 86. Zur Aufgabenabgrenzung von BfV, MAD und BND siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 654 f. 154 Entgegen der einfachgesetzlichen Bezeichnung als „Bundesoberbehörde“ in § 2 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG ist das BfV eine Zentralstelle i. S. des Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG, vgl. hierzu Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 123, 146; zu Unterschieden, Gemeinsamkeiten und zur Abgrenzung von Zentralstellen mit selbstständigen Bundesoberbehörden siehe eingehend Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 111 ff. m. w. N. 155 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2013, S. 13; ausführlich zu den Aufgaben des BfV siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 86 ff.

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relevanten Referate angesiedelt sind.156 Da das GTAZ auch unter der zentralen Führung des BfV steht, nehmen regelmäßig zwei bis fünf Vertreter des BfV an den Sitzungen innerhalb des GTAZ teil.157 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Im Rahmen der Erfüllung voranstehender Aufgaben ist das BfV, auch im Rahmen seiner Tätigkeit für das GTAZ, an die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG), des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG), des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (G10-Gesetz) sowie das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) gebunden. Das BfV ist durch seine zentrale Befugnisnorm des § 8 Abs. 1 BVerfSchG dazu berechtigt, die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten zu erheben, zu verarbeiten, zu speichern und zu nutzen, soweit nicht das BDSG oder spezialgesetzliche Regelungen aus den §§ 10 ff. BVerfSchG entgegenstehen. Diese Informationserhebung erfolgt nach eigenen Angaben des BfV regelmäßig und zum großen Teil in offener Form aus allgemein zugänglichen Quellen. Namentlich gemeint sind damit zum einen Druckerzeugnisse wie Zeitungen, Flugblätter, Programme und Aufrufe, zum anderen besuchen Mitarbeiter des BfV aber auch öffentliche Veranstaltungen und befragen Personen auf sachdienliche Hinweise.158 Reichen diese Mittel nicht aus, ist es dem Amt gestattet, sogenannte nachrichtendienstliche Ermittlungsmethoden einzusetzen. Instrumente dieser heimlichen Informationsbeschaffung sind gemäß § 8 Abs. 2 BVerfSchG der Einsatz von V-Leuten und Gewährspersonen, Observationen, Bildund Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere sowie Tarnkennzeichen. Die verdeckte Informationserhebungskompetenz ist an die Voraussetzungen der besonderen Form der Datenerhebung aus § 9 BVerfSchG geknüpft. Wichtig zu betonen ist, dass dem BfV nach § 8 Abs. 3 BVerfSchG weder polizeiliche (Weisungs-)Befugnisse zustehen noch es die Polizei im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen darf, zu denen es selbst nicht befugt wäre. Die Übermittlung personenbezogener Daten durch das Bundesamt für Verfassungsschutz an inländische öffentliche Stellen richtet sich nach § 19 Abs. 1 BVerfSchG und ist zulässig, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist 156 Aus Geheimschutzgründen ist die Binnenstruktur der Abteilung 6, ebenso wie diejenige der anderen Abteilungen, als „VS-NfD“ eingestuft. So sollen Rückschlüsse auf Vorgehensweise und Arbeitsstruktur vermieden werden. 157 BT-Drs. 17/14830, S. 6. 158 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Was genau macht der Verfassungsschutz?, Stand 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/das-bfv/aufgaben/was-genaumacht-der-verfassungsschutz (zuletzt aufgerufen am 28. 10. 2013); ausführlich zu den Befugnissen siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 222 ff.

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oder der Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Nach Abs. 2 ist im Gegensatz zu den Befugnissen des BKA159 eine Übermittlung an überund zwischenstaatliche Stellen zulässig, wenn die Übermittlung zur Erfüllung der Aufgaben des BfV oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Sie unterbleibt hingegen, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Die Norm des § 19 Abs. 1 BVerfSchG stellt die wesentliche Grundlage für Übermittlungen seitens des BfV im Rahmen der Kooperation innerhalb des GTAZ dar.160 Die Übermittlung von Informationen durch das BfV an Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden in Angelegenheiten des Staats- und Verfassungsschutzes richtet sich nach § 20 BVerfSchG. Umgekehrt statuieren § 18 Abs. 1 und 2 BVerfSchG in bestimmten Sachverhalten sowohl eine Pflicht zur Unterrichtung des BfV als auch ein Unterrichtungsermessen anderer Bundesbehörden. So haben die Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeien, die Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie andere Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundespolizeigesetz wahrnehmen, nach § 18 Abs. 1 BVerfSchG von sich aus das BfVoder die Verfassungsschutzbehörde des jeweiligen Landes über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen zu unterrichten, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 BVerfSchG genannten Schutzgüter gerichtet sind. Weitergehende Unterrichtungspflichten nach dem MADG oder BNDG bleiben unberührt. Für das BAMF gilt nach § 18 Abs. 1 a BVerfSchG eine solche Pflicht für ihm bekannt gewordene Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. Hingegen legt § 18 Abs. 2 BVerfSchG den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeien, den Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie anderen Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem Bundespolizeigesetz wahrnehmen, und dem BND die Übermittlung aller anderen ihnen bekanntgewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten über Bestrebungen nach § 3 Abs. 1 BVerfSchG ins Ermessen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben der Verfassungsschutzbehörde erforderlich ist. Ersucht das BfV um Informationen, hat 159

Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. C Rn. 77; VG Wiesbaden, Urteil vom 06. 10. 2010 – 6 K 280/10, in: NVwZ-RR 2011, S. 151 (151). 160 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 173.

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es die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 6 des § 18 BVerfSchG einzuhalten. Umgekehrt ist die Zulässigkeit von Ersuchen, die an das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtet sind, wie solche der Verfassungsschutzbehörden, des BND und des MAD, an die Voraussetzungen aus § 17 BVerfSchG geknüpft.161 bb) Der Militärische Abschirmdienst (1) Aufgaben und Ziele Der oft als „geheimster aller Geheimdienste“162 bezeichnete bundesdeutsche Nachrichtendienst, der Militärische Abschirmdienst (MAD), wurde am 30. 01. 1956 gegründet.163 Die Leitung dieser Dienststelle des Bundesministeriums der Verteidigung obliegt seit dem 01. 07. 2012 dem Präsidenten Ulrich Birkenheier, unterstützt durch seinen Vizepräsidenten Wolfgang Hein. Auf seine sieben Standorte innerhalb der Bundesrepublik verteilen sich 1.135 Mitarbeiter in fünf Abteilungen.164 Der MAD verfügte – wie der BND – bis 1990 nicht über eine eigene gesetzliche Grundlage und besitzt ebenso wenig eine Zentralstelleneigenschaft i. S. v. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG.165 Seine zentrale Aufgabe besteht nach § 1 Abs. 1 S. 1 MADG darin, Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des MADG für eine fremde Macht betreffen. Voraussetzung ist jedoch, dass sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen Personen, Dienststellen oder Einrichtungen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung richten und von Personen ausgehen (sollen), die diesem Geschäftsbereich angehören oder in ihm tätig sind.166 Hinzu kommt neben der Auslandseinsatzabschirmung nach § 14 MADG noch die Beteiligung an Sicherheitsüberprüfungen nach §§ 1 Abs. 4, 3 SÜG. Mit anderen 161

Im Ganzen zur Zusammenarbeit des BfV mit Stellen außerhalb des Verfassungsschutzes siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 472 ff. 162 Jungholt/Müller, MAD – der geheimste aller Geheimdienste, Stand 2013, abrufbar unter http://www.welt.de/politik/deutschland/article13396754/MAD-der-geheimste-aller-Geheim dienste.html (zuletzt aufgerufen am 31. 10. 2013); Siems, Aufgaben eines militärischen Nachrichtendienstes, DÖV 2012, S. 425 (425). 163 Die Gründung basiert auf einem Erlass des Verteidigungsministers Theodor Blank, vgl. Hirsch, Die Kontrolle der Nachrichtendienste, S. 32. 164 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2012, S. 13. 165 Vgl. Art. 3 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20. 12. 1990 (BGBl. I 1990, S. 2954 (2977)); zu den (Verfassungs-) Rechtsgrundlagen Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 648. 166 Eingehend zu den gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen des MAD siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 649 ff.; Siems, Aufgaben eines militärischen Nachrichtendienstes, DÖV 2012, S. 425 (427 ff.); zur fehlenden Zentralstelleneigenschaft Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 158 m. w. N.

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Worten besteht die zentrale Aufgabe des MAD in der Informationssammlung und -auswertung zum Zwecke der Extremismus- und Terrorismusabwehr sowie der Spionage- und Sabotageabwehr im militärischen Bereich. Er übernimmt mithin die Tätigkeit eines Inlandsgeheimdienstes im Bereich der Streitkräfte und ist in dieser Funktion dem BfV ähnlich. Diese sachliche Aufgabenbeschränkung kennzeichnet den MAD jedoch als Teil der Streitkräfte.167 Da der MAD – abgesehen von ebendieser Beschränkung – ähnliche Aufgaben wie das BfV wahrnimmt und „Stellen, die mit verdeckten oder geheimen Befugnissen handeln, permanent auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen“168 sind, steht die Selbstständigkeit des MAD in regelmäßigen Abständen auf dem Prüfstand.169 Zur eigentlich zwingenden Notwendigkeit der fachlichen Integration eines speziellen Geheimdienstes in der Bundeswehr führt der Gesetzgeber jedoch Folgendes, weiterhin Gültige, aus:170 „Nur ein militärischer Nachrichtendienst ist in der Lage, diesen Auftrag zu erfüllen. Obwohl bei der Aufstellung der Bundeswehr schon Nachrichtendienste des Bundes und der Länder bestanden, ergab sich aus der Eigenart des militärischen Dienstes und aus der Erkenntnis, daß die Bundeswehr ein Hauptangriffsziel gegnerischer Nachrichtendienste werden würde, die Notwendigkeit, einen militärischen Abschirmdienst zu errichten. Insbesondere die eigenständigen organisatorischen Gliederungsformen der Bundeswehr, ihre Zugehörigkeit zum Nordatlantischen Bündnis und die damit 167 Mithin ist der MAD auf Grund seiner verfassungsrechtlichen Grundlage in Art. 87a GG, der die Verwaltungskompetenz des Bundes für die Streitkräfte begründet, keine Zentralstelle i. S. v. Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG; zum MAD als Teil der Streitkräfte Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 158; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 647 ff.; Pieroth, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 87 a Rn. 4; zur fehlenden Zentralstelleneigenschaft vgl. Burgi, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG III, Art. 87 Rn. 49; Dittmann, Bundesverwaltung, S. 236 f.; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GGK III, Art. 87 Rn. 31; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87 Rn. 7. 168 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 116. 169 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BND ohnehin – außerhalb des Anwendungsbereichs von § 14 MADG – für die nachrichtendienstliche Tätigkeit mit Auslandsbezug tätig ist. Mithin stellt sich die Frage, ob die Aufgaben des MAD nicht gänzlich durch das BfV bzw. den BND übernommen werden können. Überzeugend gegen die Aufgabenübertragung an das BfV bzw. den BND die Bewertungen und Empfehlungen von Harms/Kaller, strenger hingegen Bäcker/Giesler/Hirsch/Wolf in Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 119 ff. bzw. S. 118. Für die Abschaffung des MAD als selbstständige Behörde siehe FDP-Bundestagsfraktion (Hrsg.), Positionspapier – Mit einer transparenten und föderalen Sicherheitsstruktur die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit stärken, Stand 06. 11. 2012, abrufbar unter http://old.fdp-fraktion.de/files/1228/Pos.Papier-Si cherheitsarchitektur.pdf (zuletzt aufgerufen am 31. 10. 2013). Siehe auch BT-Drs. 17/8800, S. 6; Jungholt/Müller, MAD – der geheimste aller Geheimdienste, Stand 2013, abrufbar unter http:// www.welt.de/politik/deutschland/article13396754/MAD-der-geheimste-aller-Geheimdienste. html (zuletzt aufgerufen am 31. 10. 2013); Weiland, Reform des Sicherheitsapparats: Koalition zankt über Zukunft der Terrorjäger, Stand 24. 11. 2012, abrufbar unter http://www.spiegel.de/po litik/deutschland/reform-des-sicherheitsapparats-koalition-zankt-ueber-zukunft-der-terrorjae ger-a-730693.html (zuletzt aufgerufen am 31. 10. 2013). 170 BT-Drs. 11/4306, S. 66.

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verbundenen organisatorischen und personellen Verflechtungen einschließlich der besonderen Sicherheitserfordernisse integrierter Bereiche schaffen für die Erfüllung des nachrichtendienstlichen Auftrages Bedingungen, die von denen eines zivilen Nachrichtendienstes erheblich abweichen. So ist es unerlässlich, den MAD entsprechend der Dislozierung der Bundeswehr zu gliedern und damit bundesweit einzusetzen; er verfügt über das vor- und ausgebildete Personal, das mit den militärischen Verhältnissen der Bundeswehr und des Bündnisses vertraut ist. Zivile Verfassungsschutzbehörden wären nur bedingt in der Lage, Aufgaben eines militärischen Nachrichtendienstes zu erfüllen.“ Unabhängig von dem weiteren Fortgang dieser Diskussion ist der MAD gegenwärtig im Bereich der Extremismus-/Terrorismus-/Spionage- und Sabotageabwehr mit den Mitarbeitern seiner Abteilung II in die Zuarbeit und die Arbeitsgruppen des GTAZ eingebunden.171 An den Sitzungen selbst nimmt der MAD mit jeweils einem Vertreter teil.172 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Im Allgemeinen, im Bereich der Extremismus- und Terrorismusabwehr sowie der Spionage- und Sabotageabwehr sind die Befugnisse des MAD an diejenigen des BfV angelehnt.173 In der Folge finden sich in §§ 4 – 8 MADG entsprechende Verweise auf das BVerfSchG. Anknüpfungspunkt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten und Information ist auch hier grundsätzlich die Erforderlichkeit zur Aufgabenerfüllung, soweit keine Sonderregelungen bestehen. Weder stehen dem MAD in diesem Rahmen polizeiliche (Weisungs-) Befugnisse zu, noch darf er – ebenso wie das BfV – die Polizei im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen er selbst nicht befugt ist. Selbiges Verweisungssystem gilt auch für den Bereich der Kommunikation und Informationsübermittlung. So unterrichten die Behörden des Bundes nach § 10 Abs. 1 MADG den MAD von sich aus über die ihnen bekanntgewordenen Tatsachen, die sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht oder Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes erkennen lassen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 2 MADG genannten Schutzgüter gerichtet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Unterrichtung zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 1, 2 MADG erforderlich ist. Nach § 10 Abs. 2 MADG ist es ihm unter Verweis auf das BVerfSchG wiederum selbst im Rahmen der Erfüllung seiner Aufgaben möglich, andere 171 Zu einer Aufgabenbeschreibung der Abteilungen siehe Bundesministerium der Verteidigung der Leiter des Presse- und Informationsstabes (Hrsg.), Struktur des Amtes, Stand 26. 02. 2014, abrufbar unter: http://www.kommando.streitkraeftebasis.de/portal/a/kdoskb/!ut/p/c4/04_ SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK94uyk-OyUfL3y1MySlOKS4hK93MQUvZ T88ryc_MQU_YJsR0UA2lBoRg!!/ (zuletzt aufgerufen am 22. 08. 2014). 172 BT-Drs. 17/14830, S. 6. 173 Ausführlich zur informationellen Zusammenarbeit des MAD mit inländischen Behörden und ausländischen Stellen siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 652 ff.

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Behörden um Informationen zu ersuchen. Umgekehrt richtet sich die Informationsübermittlung durch den MAD gemäß §§ 11, 12 MADG im Allgemeinen nach §§ 19 f. BVerfSchG. Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten an Staatsanwaltschaften, Polizeien und den Bundesnachrichtendienst ist nach § 11 Abs. 2 MADG der § 20 BVerfSchG anzuwenden. cc) Der Bundesnachrichtendienst (1) Aufgaben und Ziele Der Bundesnachrichtendienst wurde am 01. 04. 1956 als deutscher Auslandsgeheimdienst gegründet174 und vereinigt – im Gegensatz zum Bereich der Inlandsspionage – die weltweite militärische, politische und zivile Geheimdiensttätigkeit. Neben seiner Zentrale in Pullach bei München und seinem zukünftigen Hauptsitz in Berlin-Mitte verfügt er über eine Vielzahl weiterer Standorte im In- und Ausland. Seit dem 01. 01. 2012 steht Präsident Gerhard Schindler, unterstützt durch seine Vizepräsidenten Géza Andreas von Geyr, Norbert Stier und Guido Müller, an der Spitze der Bundesoberbehörde des Geschäftsbereichs des Bundeskanzleramtes175. Mit dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BNDG)176 erhielt der BND erst im Jahre 1990 eine gesetzliche Grundlage, die in ihrem § 1 Abs. 2 dessen Aufgabe mehr oder weniger genau umschreibt.177 Danach sammeln seine ca. 6.500 Mitarbeiter178 zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die er174 Die Gründung geht auf einen Kabinettbeschluss der Bundesregierung unter Konrad Adenauer vom 11. 07. 1955 zur Einrichtung einer Dienststelle „Bundesnachrichtendienst“ zurück, abgedruckt in Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands, S. 45, Stand April 2013, abrufbar unter http://www.bnd.bund.de/DE/_Home/Start seite/Downloads/BND_Broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013). 175 Vgl. § 1 Abs. 1 BNDG. Anders als die Einordnung des BfV, stößt die Einordnung des BND als Bundesoberbehörde i. S. v. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG größtenteils auf Zustimmung, vgl. Burgi, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG III, Art. 87 Rn. 49; Gusy, DVBl 1993, S. 1117 (1120 Fn. 27); Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GGK III, Art. 87 Rn. 28 (Fn. 113); Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 157; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87 Rn. 7; Wagner, DÖV 2009, S. 66 (66). 176 Vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des Datenschutzes vom 20. 12. 1990 (BGBl. I 1990, S. 2954 (2979)). Der Erlass des BNDG beendete den Streit über die Frage, ob der BND einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, vgl. hierzu u. a. Gusy, DV 17 (1984), S. 273 (276 f.); Rieger, ZRP 1985, S. 3 (6 ff.). Daneben wurde so die Diskussion um eine mögliche Zentralstelleneigenschaft des BND beendet. Vgl. hierzu Ibler, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 87 Rn. 157. 177 Die Vagheit kritisierend Lange, in: Möllers/van Ooyen (Hrsg.), Sicherheitsarchitektur, S. 90. 178 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands, S. 35, Stand April 2013, abrufbar unter http://www.bnd.bund.de/DE/_Home/Startseite/Downloads/ BND_Broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013).

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forderlichen Informationen und werten sie aus. Dies dient in erster Linie dazu, die Bundesregierung, die Ressorts, aber auch die Bundeswehr „zur richtigen Zeit bedarfsgerecht mit belastbaren Informationen umfassend zu versorgen“.179 Dem entspricht sodann auch die in § 12 BNDG normierte Berichtspflicht gegenüber dem Bundeskanzleramt und den Bundesministerien. Im Einzelnen bedeutet dies, dass der BND die Bundesregierung bei ihren sicherheits- und außenpolitischen Entscheidungen durch Bereitstellung von Erkenntnissen über das Ausland unterstützt, der Bundeswehr informatorische Unterstützung im Rahmen ihrer Auslandseinsätze gewährt und Ministerien und Behörden zu bestimmten Fragestellungen unterrichtet.180 Organisatorisch gliedert sich der BND in zwölf Fachabteilungen. Im Bereich der internationalen Terrorismusabwehr ist er mit seiner Abteilung TE Internationaler Terrorismus und Organisierte Kriminalität nicht nur in die Arbeitsabläufe des GTAZ und weitere nationale Sicherheitskooperationen integriert, sondern unterhält auch enge Verbindungen zu zahlreichen ausländischen Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden.181 Herauszuheben an dieser Abteilung TE ist, dass in ihr sowohl die Beschaffung als auch die Auswertung der gewonnenen Erkenntnisse in denselben Arbeitseinheiten stattfinden.182 So ist es dann auch ein Mitarbeiter der Abteilung TE, der den BND in den Sitzungen der AG „Tägliche Lagebesprechung“ des GTAZ vertritt; dieser nimmt jedoch im Übrigen nicht regelmäßig, sondern nur themen- bzw. anlassbezogen teil.183 (2) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Um seine Aufgabe sachgerecht erfüllen zu können, ist es dem BND, vergleichbar dem BfV, gestattet, Informationen aus öffentlich und nicht-öffentlich zugänglichen Quellen zu beschaffen. Die entsprechenden Befugnisse orientieren sich partiell unter Verwendung von Verweisungstechniken am BVerfSchG.184 Zum Schutz seiner Mitarbeiter, Einrichtungen, Gegenstände und Quellen gegen sicherheitsgefährdende 179 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Aufgaben, Stand 2012, abrufbar unter http://www. bnd.bund.de/DE/Arbeitsfelder/Aufgaben/aufgaben_node.html (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013). 180 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Aufgaben, Stand 2012, abrufbar unter http://www. bnd.bund.de/DE/Arbeitsfelder/Aufgaben/aufgaben_node.html (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013). 181 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Abteilung TE, Stand 2012, abrufbar unter http://www. bnd.bund.de/DE/Einblicke/Aufbauorganisation/TE/te_node.html (zuletzt aufgerufen am 12. 06. 2014). 182 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Abteilung TE, Stand 2012, abrufbar unter http://www. bnd.bund.de/DE/Einblicke/Aufbauorganisation/TE/te_node.html (zuletzt aufgerufen am 12. 06. 2014). 183 BT-Drs. 17/14830, S. 6. 184 Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 98.

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oder geheimdienstliche Tätigkeiten, für die Sicherheitsüberprüfung von Personen, die für ihn tätig sind oder tätig werden sollen, für die Überprüfung der für die Aufgabenerfüllung notwendigen Nachrichtenzugänge und über Vorgänge im Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, ist es dem BND nach § 2 Abs. 1 BNDG möglich, erforderliche Informationen einschließlich personenbezogener Daten zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit nicht das BDSG oder besondere Regelungen des BNDG selbst entgegenstehen. Reichen diese Mittel nicht aus, darf der BND nach § 2a BNDG besondere Auskunftsverlangen nach den §§ 8a, b BVerfSchG vornehmen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 BNDG im Einzelfall erforderlich ist. Die Voraussetzungen des BVerfSchG werden durch § 2a BNDG insofern leicht modifiziert. Darüber hinaus verfügt er gemäß § 3 BNDG über die Mittel nach §§ 9, 8 Abs. 2 BVerfSchG, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Die Anforderungen an die Speicherung, Veränderung und Nutzung sowie die Berichtigung, Sperrung und Löschung personenbezogener Daten sind in den §§ 4 und 5 BNDG zu finden. Die interbehördliche Kommunikation und der Informationsaustausch finden, ebenfalls unter Bezugnahme auf Normen des BVerfSchG, über die §§ 8, 9 und 10 BNDG statt. Danach verfügen die Behörden des Bundes über ein Unterrichtungsermessen bezüglich ihnen bekannt gewordener Informationen einschließlich personenbezogener Daten, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Eigensicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 BNDG oder im Rahmen seiner Aufgaben nach § 1 Abs. 2 BNDG zur Sammlung von Informationen über die in § 5 Abs. 1 S. 3 des Artikel 10-Gesetzes genannten Gefahrenbereiche erforderlich ist. Übermittlungsbefugnisse der Staatsanwaltschaften, der Polizeien, der Behörden des Zollfahndungsdienstes sowie anderer Zolldienststellen, soweit diese Aufgaben nach dem BPolG wahrnehmen, richten sich nach § 8 Abs. 2 BNDG. Ersuchen des BND selbst richten sich nach § 8 Abs. 3 BNDG i. V. m. § 18 Abs. 3 BVerfSchG. Für die aktive Eigenkommunikation innerhalb des GTAZ ist wiederum § 9 BNDG relevant, wonach der BND Informationen einschließlich personenbezogener Daten an inländische öffentliche Stellen übermitteln darf, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder wenn der Empfänger die Daten für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten an andere Stellen ist nach § 9 Abs. 2 BNDG der § 19 Abs. 2 – 5 BVerfSchG entsprechend anzuwenden, wobei die Übermittlung nach Absatz 4 dieser Vorschrift nur zulässig ist, wenn sie zur Wahrung außen- und sicherheitspolitischer Belange der Bundesrepublik Deutschland erforderlich ist und das Bundeskanzleramt seine Zustimmung erteilt hat. Für die Übermittlung von Informationen einschließlich personenbezogener Daten an die Staatsanwaltschaften, die Polizeien und den MAD gilt § 20 BVerfSchG entsprechend.

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dd) Die Landesämter für Verfassungsschutz Wie im Bereich der Polizeien für die Landeskriminalämter, gilt Gleiches für die Landesämter für Verfassungsschutz im Bereich der Nachrichtendienste: Die föderale Struktur der Bundesrepublik bedingt ein Nebeneinander von BfV und 16 weiteren Landesämtern für Verfassungsschutz (vgl. § 2 Abs. 1, 2 BVerfSchG). Die gemeinsame Aufgabe, relevante verfassungsfeindliche und sicherheitsgefährdende Informationen zu sammeln, zu analysieren und an die staatlichen Entscheidungsträger sowie die Öffentlichkeit weiterzuleiten, ist zwischen Bund und Länder über das Grundgesetz und weitere Spezialgesetze aufgeteilt. Ziel war es so, einerseits eine Konzentration der Kompetenzen in einer Behörde zu vermeiden, andererseits eine enge Kooperation mit der Polizei auf Landesebene zu gewährleiten.185 Denn gerade die doppelte Aufteilung bzw. Trennung von Nachrichtendiensten und Polizeien auf Bundes- und Landesebene erfordert ein engmaschiges Konzept der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches, um der Konzeption der Bundesrepublik als länderübergreifendem gemeinsamem Raum innerer Sicherheit gerecht zu werden.186 Sowohl im Bereich der Polizeien des Bundes und der Länder als auch bezüglich der Nachrichtendienste des Bundes und der Länder sowie zwischen beiden Behördenverbänden gilt der Grundsatz der Zusammenarbeit trotz oder gerade wegen der kompetenzteiligen Sicherheitsgewährleistung.187 Entsprechende zentrale Regelungsquellen finden sich neben Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 b, c und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG unter anderem im Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVerfSchG), den ländereigenen Verfassungsschutzgesetzen, dem Gesetz zur Ausführung des Gesetzes zu Art. 10 Grundgesetz, dem Gesetz zur Beschränkung des Post- und Fernmeldegeheimnisses sowie dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz. Dennoch kam die Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus in ihrem Abschlussbericht vom 30. 04. 2013 nach umfassender Analyse der gesetzlichen Regelungen zum Informationsaustausch zu dem Ergebnis, dass die entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit des BfV als Zentralstelle nach dem derzeit geltenden Recht nicht gegeben sind. Kritisiert wird insbesondere, dass eine Zusammenarbeit des BfV mit den LfV auf dem Gebiet des Informationsaustauschs und der gemeinsamen Auswertung der in den Verfassungsschutzbehörden angefallenen Informationen bislang nicht ausreichend bezie-

185 Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Hrsg.), Struktur der Abteilung Verfassungsschutz, Stand 2014, abrufbar unter http://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/grundla gen/struktur/ (zuletzt aufgerufen am 16. 06. 2014); Näheres zu Arten und Wirkung der Konzentration bei Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 122 ff. 186 Vgl. Möstl, Verw 2008, S. 309 (314). 187 Vgl. Möstl, Verw 2008, S. 309 (311). Ausführlich zur Zusammenarbeit des BfV mit den Landesbehörden siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 48 ff.

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hungsweise ausdrücklich formell-gesetzlich vorgesehen ist, sondern lediglich untergesetzlich in den §§ 3 ff. der Zusammenarbeitsrichtlinie.188 Organisatorisch bestehen die Verfassungsschutzbehörden der Länder entweder als eigenständige Landesoberbehörden unter Fachaufsicht der jeweiligen Innenministerien oder bilden zum Zwecke der intensiveren Anbindung und Rückkopplung eigene Abteilungen des jeweiligen Innenressorts.189 Für das GTAZ ist insbesondere die Tätigkeit der Landesämter für Verfassungsschutz im „Informationsverbund Verfassungsschutz“ in Flankierung der Nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle NIAS von Relevanz. Über die in § 1 Abs. 2 BVerfSchG allgemein statuierte Zusammenarbeitspflicht und die soeben beschriebenen Ausformungen fließen Daten, Informationen und Gefährdungseinschätzungen der LfÄ über die Zentralstelle des BfV in NIAS und so auch in die Arbeitsgruppen des GTAZ ein. Die Beteiligung in den bereichsspezifischen Arbeitsgruppen selbst ist anlassbezogen,190 für die Mitwirkung an der AG „Tägliche Lagebesprechung“ ist nach eigenen Angaben des BfV ein Verbindungsbeamter fest zugeteilt. c) Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aa) Aufgaben und Ziele Außerhalb von polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit ist auch das am 12. 01. 1953 als Bundesdienststelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gegründete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) innerhalb des GTAZ tätig.191 Dem seit dem 01. 12. 2010 amtierenden Präsidenten Manfred Schmidt unterstehen sein Vizepräsident Michael Griesbeck sowie in etwa 200 Mitarbeiter, 188

Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom 26. 11. 1993 in der Fassung vom 07. 12. 2012 (Zusammenarbeitsrichtlinie – ZAR); Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus, Rn. 449, 461 ff., insbesondere 466; zur Bedeutung dieser Einschätzung für die Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage des GTAZ siehe auch Kapitel 3 A. VIII. 1. b) und 2. b) aa). 189 Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Hrsg.), Struktur der Abteilung Verfassungsschutz, Stand 2014, abrufbar unter http://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/grundla gen/struktur/ (zuletzt aufgerufen am 16. 06. 2014). 190 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 3 191 Die Gründung der Bundesdienststelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erfolgte im Rahmen der Übernahme der Genfer Konvention mit anfangs 40 Mitarbeiten. Am 28. 04. 1965 wurde sie in Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge umbenannt. Die starke Fluktuation der Stellung von Asylanträgen in den 1990er Jahren führte zu einer weitreichenden Umstrukturierung und Wandlung der Behörde von einer reinen Asylbehörde hin zu einem Kompetenzzentrum für Migration und Integration. Dies spiegelt sich auch in der letztmaligen Umbenennung in Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wider, vgl. hierzu Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Von der Dienststelle zum Bundesamt, Stand 18. 01. 2011, abrufbar unter http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Chronik/Bundesamt/bundes amt-node.html (zuletzt aufgerufen am 06. 11. 2013).

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verteilt auf die Nürnberger Zentrale, 22 Außenstellen und vier weitere externe Standorte.192 Insbesondere auf Grund seiner Funktion als „Kompetenzzentrum für Migration und Integration“193 und damit Informationsquelle für mehr als 6.500 Partnerbehörden194 ist es auch für das GTAZ als Informationsschnittstelle von besonderer Bedeutung. Denn zur Gewährleistung einer optimalen Aufgabenerfüllung unterhält das BAMF neben dem Ausländerzentralregister (AZR) nach § 1 Abs. 1 S. 1 AZRG das „Informationszentrum Analyse und Migration“ (IZAM). Kurz gefasst, werden dort die wesentlichen Informationen aus sämtlichen Informationsquellen über Herkunfts- und Transitländer sowie das Weltflüchtlings- und Migrationsgeschehen samt seiner Ursachen zusammengetragen.195 Im Detail bedeutet dies, dass das Zentrum, angesiedelt in den Referaten 223 – 225 und ergänzt durch die Referate 221 und 222,196 zuständig ist für die „Gewinnung umfassender Informationen über die Situation in den Herkunftsländern von Migranten und deren Lebensverhältnisse in Deutschland, [die] Erschließung, Aufbereitung, Dokumentation, Analyse und Vernetzung der Informationen mit Quellennachweisen, [die] Bereitstellung und Vermittlung der Informationen für Sachbearbeiter und sonstige in- und externe Bedarfsträger [sowie die] Zusammenarbeit mit EU-Partnerbehörden auf dem Gebiet der Informationsgewinnung“.197 So ist das BAMF auf europäischer und internationaler Ebene u. a. in die Gremien des EURASIL und Europäischen Migrationsnetzwerks, aber auch in die des Intergovernmental Consultations on Migration, Asylum and Refugees (IGC) und der Internationalen Organisation für Migration

192 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Von der Dienststelle zum Bundesamt, Stand 18. 01. 2011, abrufbar unter http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Chronik/Bundesamt/bun desamt-node.html (zuletzt aufgerufen am 06. 11. 2013). 193 So die Selbstbeschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Von der Dienststelle zum Bundesamt, Stand 18. 01. 2011, abrufbar unter http://www.bamf.de/ DE/ DasBAMF/Chronik/Bundesamt/bundesamt-node.html (zuletzt aufgerufen am 07. 11. 2013). 194 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Ausländerzentralregister, Stand 18. 01. 2011, abrufbar unter http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Aufgaben/FuehrungAZR/ fu ehrungazr-node.html (zuletzt aufgerufen am 07. 11. 2013). 195 Bundesverwaltungsamt (Hrsg.), Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bund.de/DE/Behoerden/B/BAMF/Bundesamt-fuer-Migration-undFluechtlinge.html (zuletzt aufgerufen am 16. 06. 2014). 196 Namentlich erfasst sind dies das Referat 223 Bibliothek, Literatur- und Pressedokumentation, Geschäftsstelle Expertenforum, das Referat 224 Rechtsprechungsanalysen, das Referat 225 Länderanalysen (Europa, Asien, Afrika) sowie ergänzend das Referat 221 Aufenthaltsrecht, Standard X-Ausländer, Geschäftsstelle Erfahrungsaustausch Härtefallkommission und schlussendlich das Referat 222 Ausländerzentralregister. Zu deren Einordnung und einem Organigramm des BAMF siehe Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Stand 01. 02. 2014, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/ Sonstige/organigramm.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 17. 06. 2014). 197 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Informationszentrum Asyl und Migration (Flyer), Stand April 2014, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/ Publikationen/Flyer/flyer-informationszentrum-asylundmigration-dt.pdf?__blob=publicationFi le (zuletzt aufgerufen am 17. 06. 2014).

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(IOM) eingebunden.198 Für den Bereich des GTAZ dürfte auch die Arbeit der im Informationszentrum beheimateten Analysereferate der Abteilung II von besonderem Interesse sein. Denn in Zusammenarbeit mit über 250 mit Asyl, Ausländerrecht und Migration befassten Stellen (namentlich vor Ort ansässiges länderspezifisches Verbindungspersonal, das Auswärtige Amt, internationale Partnerbehörden, NGOs oder Sachverständigen) werden die politischen, kulturellen und religiösen Verhältnisse in den Herkunftsländern der Asylbewerber und Flüchtlinge analysiert sowie umfassende Dateien zu asyl-, migrations- und integrationspolitisch relevanten Themen erstellt.199 Insbesondere werden über das Referat „Analyse islamischer Herkunftsländer“ auch sicherheitsrelevante Aspekte innerhalb des Informationsgenerierungsprozesses berücksichtigt.200 Dass das Informationszentrum Analyse und Migration ergänzende Ausländerzentralregister komplettiert den Blick auf das Land und den einzelnen Ausländer insofern, als dass es in Form einer bundesweit personenbezogenen Datei aus allgemeinem Datenbestand und gesondert geführter Visadatei Informationen über Grundpersonalien und weitere Personalien, Informationen zum Zuzug, Fortzug und aufenthaltsrechtlichen Status von Ausländern bereithält. Auf Grund der Möglichkeit der Hinzusteuerung sowohl von Hintergrund- als auch von Individualinformationen entsendet das BAMF regelmäßig einen Vertreter an die Sitzungen innerhalb des GTAZ.201 Nach seinem selbstgegebenen Leitbild „Den Menschen im Blick. Schützen. Integrieren.“202 hat das BAMF darüber hinaus folgende zentrale gesetzliche Aufgaben, auf die jedoch nicht näher einzugehen sein wird: Es entscheidet gemäß § 5 Abs. 1 AsylVfG über Asylanträge, einschließlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Zudem ist das BAMF maßgeblich an der Förderung und Weiterentwicklung des sog. bundesweiten Integrationsprogramms beteiligt, dessen Ziel in der kontinuierlichen Optimierung der Integrationspraxis liegt.203 Unter Hinzuziehung des BAMF zum Netz wird so auch innerhalb des GTAZ der ganzheitliche Bekämpfungsansatz umgesetzt. Neben dem Fokus auf den (operativen) Informationsaustausch zur Abwendung konkreter Gefahren ergänzt die AG 198 Zur europäischen Vernetzung des IZAM und internationalen Aktivitäten siehe auch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren, S. 25 f. 199 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren, S. 24 f. 200 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Das deutsche Asylverfahren, S. 25. Ausführlich zu den Länder- und Rechtsdokumentationen durch das Informationszentrum siehe ders. (Hrsg.), Benutzermerkblatt Länderdokumentationen, S. 2 ff. und ders. (Hrsg.), Benutzermerkblatt Rechtsprechungsdokumentation, S. 3, beides Stand April 2009, abrufbar unter https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe?func=ll&objId=16475605&objAction=brows e&sort=name&viewType=1 (zuletzt aufgerufen am 17. 06. 2014). 201 BT-Drs. 17/14830, S. 6. 202 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Unser Leitbild, Stand 8/2008, abrufbar unter http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Flyer/flyer-leitbild. pdf?_ _blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 06. 11. 2013). 203 Das bundesweite Integrationsprogramm beruht auf der Regelung des § 45 S. 2 AufenthG. Eingehend dazu siehe Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Hrsg.), Bundesweites Integrationsprogramm: Angebote der Integrationsförderung in Deutschland – Empfehlungen zu ihrer Weiterentwicklung, S. 7 ff.

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„Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ unter Geschäftsführung des BAMF das Zentrum um einen 3608-Blick hinsichtlich status- und asylrechtlicher Fragen und Maßnahmen bezogen auf das relevante Personenpotenzial. bb) Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen Außerhalb der Informationserhebungs- und -übermittlungsvorschriften im Rahmen des Asylverfahrens204 richtet sich die Datenkommunikation auf Grund der Vorschrift aus § 8 Abs. 4 AsylVfG nach den einschlägigen spezialgesetzlich normierten Vorschriften. Zu diesen zählen unter anderem die teils bereits vorgestellten Regelungen in §§ 13, 20x BKAG, § 18 Abs. 1a BVerfSchG, § 10 Abs. 1 MADG, § 8 BNDG oder § 33 ZFdG. Für die Informationsabfrage innerhalb des Informationszentrums für Asyl und Migration gelten die Zugangs- und Anfragevoraussetzungen der eigens in diesem Sinne erstellten Datenbank MILo.205 Innerhalb der Verwaltung des AZR richten sich die Datenerhebung, -speicherung, -verarbeitung, -nutzung und -übermittlung gesondert nach dem komplexen Regelungsgefüge der §§ 6 – 27, 31 ff. AZRG. Das BAMF übermittelt die in § 14 Abs. 1 AZRG genannten Grunddaten auf Ersuchen an alle öffentlichen Stellen.206 Hierbei gilt für sämtliche Datenübermittlungen auf Grund des AZRG der Grundsatz, dass ebendiese Übermittlung von Daten an eine öffentliche Stelle nur zulässig ist, wenn die Kenntnis der Daten zur Erfüllung der Aufgaben der ersuchenden Stelle erforderlich ist (§ 10 Abs. 1 S. 1 AZRG). Für die Übermittlung von Registerinformationen u. a. an das BAMF selbst, an die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden, an die mit ausländer- und asylrechtlichen Aufgaben betrauten sonstigen Polizeivollzugsbehörden der Länder, an die BPol, soweit sie zur Gewährleistung des grenzpolizeilichen Schutzes des Bundesgebiets tätig ist, sowie an die Polizeien des Bundes und der Länder und die Staatsanwaltschaft, wenn sie zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung sowie zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit tätig werden, gelten die Anforderungen des § 15 AZRG. Die Übermittlung an das ZKA und deren Inhalt ist an § 17 AZRG gebunden. Die Datenübermittlung an das BfV sowie die Verfassungsschutzbehörden der Länder, den MAD und den BND ist nach § 20 Abs. 1 AZRG zulässig, soweit sie zur Erfüllung der ihnen durch Gesetz 204 Im Rahmen des Asylverfahrens darf das BAMF nach § 7 AsylVfG zum Zwecke der Ausführung desselben personenbezogene Daten erheben, soweit dies „zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich“ ist. In Erfüllung dieses Rechts haben andere Behörden auf ein entsprechendes Ersuchen des BAMF ihnen bekannt gewordene Umstände mitzuteilen, soweit besondere gesetzliche Verwendungsregelungen oder überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen nach § 8 AsylVfG nicht entgegenstehen. 205 Die Datenbank ist zu finden unter https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe?func= llworkspace. 206 Zu diesen Grunddaten gehören die Grundpersonalien nach § 3 Nr. 4 AZRG, ein Lichtbild, ein Hinweis auf die aktenführende Ausländerbehörde, Angaben zum Zuzug oder Fortzug, ggf. das Sterbedatum sowie etwaige bestehende Übermittlungssperren.

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übertragenen Aufgaben erforderlich ist und nicht aus allgemein zugänglichen Quellen, ohne übermäßigen Aufwand bzw. ohne stärker belastende Maßnahmen erhoben werden können. Zum Datenabruf im automatisierten Verfahren können nach § 22 AZRG u. a. das BAMF, die BPol und Stellen eines Landes oder der Zollverwaltung, soweit sie grenzpolizeiliche Aufgaben wahrnehmen, sonstige Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, die Staatsanwaltschaften, das ZKA, die Behörden der Zollverwaltung, das BfV sowie die Verfassungsschutzbehörden der Länder für die in § 18 Abs. 4 des BVerfSchG bezeichneten Aufgaben207, der MAD für die in § 10 Abs. 3 MADG bezeichneten Aufgaben208 und der BND zugelassen werden. Im Gegenzug sind nach § 6 Abs. 1 AZRG u. a. die mit grenzpolizeilichen Aufgaben betrauten Behörden wie die BPol, insbesondere in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 7, 7a, Abs. 3 Nr. 7 AZRG209, das BAMF, das BKA, die Landeskriminalämter, das ZKA sowie sonstige ermittlungsführende Polizeivollzugsbehörden der Länder, insbesondere in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 7, 7a, Abs. 3 Nr. 7 AZRG, soweit es der Stand des Verfahrens zulässt, zur Datenübermittlung verpflichtet. Das BfV und die Verfassungsschutzbehörden der Länder sowie die Staatsanwaltschaften hingegen dürfen in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 7, 7a, Abs. 3 Nr. 7 AZRG Daten an die Registerbehörde übermitteln. d) Die Generalbundesanwaltschaft Den im Großen und Ganzen mehr im Bereich der Prävention oder Gefahrenabwehr tätig werdenden, bereits vorgestellten Akteuren ist mit dem seit dem Jahr 1950 in Karlsruhe ansässigen Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (im Folgenden auch Generalbundesanwaltschaft, GBA) ein aus einer repressiven Perspektive agierendes Mitglied beigeordnet. Mit der Einbindung einer Anklagebehörde unterscheidet sich das GTAZ sodann auch von vergleichbaren ausländischen Ein207 Zu diesen Aufgaben gehören die Beobachtung terroristischer Bestrebungen, sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeiten für eine fremde Macht, von Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, sowie von Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG), gerichtet sind. 208 Hierbei handelt es sich ebenfalls um Abwehrmaßnahmen im Geltungsbereich des MADG gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten für eine fremde Macht, Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind. 209 Gemeint sind Sachverhalte, in denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass ein Ausländer Straftaten nach § 95 Abs. 1 Nr. 8 des AufenthG, §§ 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 BTMG, §§ 129, 129a, 129b Abs. 1 StGB oder andere Straftaten mit terroristischer Zielsetzung, insbesondere Straftaten der in § 129a des Strafgesetzbuches bezeichneten Art, plant, begeht oder begangen hat oder er selbst durch Straftaten mit terroristischer Zielsetzung gefährdet ist. Auch erfasst sind solche Fälle, in denen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht bestehen, dass Ausländer eine Straftat nach §§ 89a, § 89b StGB begehen oder begangen haben.

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richtungen, wie beispielsweise dem britischen Joint Terrorism Analysis Centre (JTAC).210 Dennoch ist die GBA in den Sitzungen des GTAZ nicht regelmäßig, sondern nur anlass- und themenbezogen mit einem Mitarbeiter vertreten.211 Dem seit November 2011 amtierenden Generalbundesanwalt Harald Range unterstehen in etwa 200 Behördenmitarbeiter, unter ihnen circa 90 Staatsanwälte.212 Als einzige Staatsanwaltschaft auf Bundesebene obliegen dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die erstinstanzliche Verfolgung von Staatsschutzdelikten, die die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik berühren, sowie die Verfolgung von Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Grundsätzlich kommt die Gewalt der Justiz zwar den Ländern zu (vgl. Art. 30, 92, 95, 96 GG), im Bereich der inneren und äußeren Sicherheit hat der Gesetzgeber aber mit Art. 96 Abs. 5 GG, §§ 142a, 120 GVG originäre und evokative Zuständigkeiten des Bundes geschaffen. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist damit in den Fällen der §§ 142a, 120 Abs. 1 GVG originär und abschließend zur Strafverfolgung befugt. In diesen Bereich fallen neben den Straftatbeständen der Spionage, des Landesverrats und der Zuwiderhandlungen gegen das Vereinigungsverbot nach § 129a StGB auch Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch. Die evokative Zuständigkeit erfasst die sog. gekorenen Staatsschutzdelikte aus §§ 142a, 120 Abs. 2 GVG, wonach der Bundesanwalt wegen der besonderen Bedeutung des Falles die Verfolgung übernehmen und an sich ziehen kann. Darüber hinaus ist die GBA an Revisions- und Beschwerdeverfahren vor dem BGH beteiligt. Als oberste Strafverfolgungsbehörde im Bereich der Staatsschutzdelikte agiert der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof entsprechend den anderen Staatsanwaltschaften. Der GBA führt Ermittlungsverfahren durch, erhebt Anklage, stellt Verfahren ein, nimmt an der Hauptverhandlung teil und vollzieht die Strafvollstreckung nach Eintritt der Rechtskraft eines Urteils.213 Im Rahmen seiner Ermittlungen, vor allem im terroristischen Phänomenbereich, ist der GBA auf Informationen seitens der Landesstaatsanwaltschaften214 und des BKA angewiesen. Gemäß § 161 StPO kann die GBA zu diesem Zweck das BKA, die LKÄ sowie die sonstigen Polizeibehörden des Bundes und der Länder in die Ermittlungen einbin210 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 581 Rn. 1830. Näheres zum JTAC siehe Security Service (Hrsg.), Joint Terrorism Analysis Centre, Stand 2014, abrufbar unter https://www.mi5.gov.uk/home/about-us/who-we-are/organisation/joint-terrorism-analysis-cent re.html (zuletzt aufgerufen am 17. 06. 2014). 211 BT-Drs. 17/14830, S. 6. 212 Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (Hrsg.), Aufgaben und Organisation, Stand o.A., abrufbar unter http://www.generalbundesanwalt.de/de/organisation.php (zuletzt aufgerufen am 07. 11. 2013). 213 Eingehend zu den Aufgaben und deren Erledigung, der Rechtsstellung, Organisation und Zuständigkeit siehe Kühne, Strafprozessrecht, § 6 Rn. 130 ff. 214 Aus diesem Grund sind die Landesstaatsanwaltschaften nach Nr. 202 Abs. 1 der Richtlinie für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) angehalten, Vorgänge, aus denen sich der Verdacht einer zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug gehörenden Straftat (insbesondere § 120 GVG) ergibt, zu melden.

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den. In diesem Sinne ist das BKA auch nach § 163 Abs. 2 StPO und § 4 Abs. 3 BKAG dazu verpflichtet, den Generalbundesanwalt unverzüglich über betreffende Sachverhalte zu informieren, insbesondere auch dann, wenn das BKA im Rahmen von präventiven Tätigkeiten nach § 4a BKAG Erkenntnisse im Sinne eines Anfangsverdachts gewonnen hat und polizeiliche Maßnahmen der Strafverfolgung einleitet.215 Die Bestimmung des genauen Informationszeitpunkts der GBA gestaltet sich jedoch als schwierig. Zunächst obliegt es dem BKA, im Rahmen seiner eigenen Ermittlungen zu prüfen, ob eine konkrete Gefahr im Sinne der Gefahrenabwehrmaßnahmen nach §§ 20a ff. BKAG oder bereits ein Anfangsverdacht vorliegt, der nach § 4a Abs. 1 S. 2 BKAG zu straftatverhütenden Maßnahmen berechtigt. Die Zusammenarbeit von BKA und GBA ist in diesem Grenzbereich zwischen Gefahrenund Straftatverdacht nicht unumstritten. Insbesondere die Erweiterung ebendieser eigenen und originären Präventiv-Kompetenzen nach §§ 4a, 20a ff. BKAG, neben der strafverfolgenden Tätigkeit unter der Leitung der GBA, kann zu einer Beeinträchtigung der Sachleitungskompetenz des Generalbundesanwalts im Ermittlungsverfahren führen. Dem BKA kommt durch seine präventivpolizeiliche Gefahrenabwehrtätigkeit ein Informationsvorsprung zu, der es der GBA zumindest erschwert, ihre eigene Zuständigkeit zu überprüfen.216 2. Formell-gesetzliche Vernetzung der Sicherheitsbehörden a) Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften Wie sich bereits aus der soeben vorgenommenen Vorstellung der Akteure des GTAZ und ihrer Grundsatzbefugnisse im Umgang mit (personenbezogenen) Daten und Informationen ablesen lässt, sind die 40 beteiligten Bundes- und Landesbehörden auf einer ersten Stufe über formell-gesetzliche Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften miteinander vernetzt. In gleichzeitiger Zusammenfassung des oben Dargestellten ergeben sich unter partieller Ausklammerung von BAMF und GBA zunächst vier grundsätzliche Kommunikationskomplexe:217 namentlich der Austausch zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten, ausgehend von den Nachrichtendiensten an die Polizeien, sowie jeweils innerhalb der Rechtsregime von Nachrichtendiensten und Polizeien des Bundes und der Länder. Zunächst ist für den Informationsverkehr der Sicherheitsbehörden und damit auch für die überwiegende Kommunikation innerhalb des GTAZ festzuhalten, dass die allgemeine Daten215 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 209 f. 216 Mit der Verbesserung der Zusammenarbeit der beiden Behörden und Stärkung der Stellung der GBA hat sich insbesondere die Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung intensiv auseinandergesetzt. Siehe hierzu Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 214 ff. 217 Dies klar verdeutlichend Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 105 ff.

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übermittlungsnorm des § 15 BDSG auf Grund der Regelungen in § 37 BKAG, § 37 BPolG, § 43 ZFdG, § 27 BVerfSchG, § 13 MADG und § 11 BNDG nicht gilt, die einschlägigen Gesetze vielmehr über spezielle Datenschutzregime und Übermittlungsvorschriften verfügen. Für sämtliche Kommunikationsvorgänge gilt darüber hinaus der Grundsatz, dass sie stets zur Erfüllung von eigenen Aufgaben oder derjenigen der empfangenden Stelle erfolgen müssen. Es wird unterschieden zwischen eigenveranlasster Informationsübermittlung und Fremdersuchen, die beide sowohl als obligatorische Übermittlungspflicht oder fakultatives Übermittlungsermessen ausgestaltet sein können. Im Bereich der Informations- und Datenübermittlung zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten spielen die Regelungen der §§ 18 Abs. 1 und Abs. 2 BVerfSchG, § 10 Abs. 1 MADG sowie § 8 Abs. 1 und Abs. 2 BNDG eine zentrale Rolle. Wie angerissen, stellen diese Vorschriften eine Mischung aus Datenschutzregelungen und Zusammenarbeitsvorgaben dar.218 Die jeweiligen Absätze 1 von § 18 BVerfSchG, § 10 MADG und § 8 BNDG enthalten für alle Behörden des Bundes und damit auch für die Polizeien, das BAMF (vorbehaltlich § 18 Abs. 1a BVerfSchG219) und die GBA eine Übermittlungspflicht bzw. ein Übermittlungsermessen für Daten und Informationen über im weiten Sinne gefährliche verfassungsschutzrelevante Tatbestände.220 Die Absätze 2 von § 18 BVerfSchG und § 8 BNDG sind hingegen weiter formuliert und erfassen ein Übermittlungsermessen hinsichtlich anderer, weniger gefährlicherer Informationen, die gleichwohl nur zur bestimmten Aufgabenerfüllung des jeweiligen Nachrichtendienstes erforderlich sein müssen. Für Übermittlungen von Informationen einschließlich personenbezogener Daten durch die Staatsanwaltschaften, Polizeien und den Zoll gilt des Weiteren die Regelung des § 22 BVerfSchG. Die Übermittlungsverbote aus § 23 BVerfSchG sind nach § 12 MADG und § 10 BNDG auch im Bereich des Militärischen Abschirm- und Bundesnachrichtendienstes zu berücksichtigen. Jedoch sind die Polizeien und Behörden des Bundes nicht nur (auch im Rahmen ordnungsgemäß ausgeübten Ermessens) verpflichtet, den Nachrichtendiensten Daten und Informationen zukommen zu lassen, vielmehr sind sie nach §§ 18 Abs. 3, 20 Abs. 2 BVerfSchG, § 10 Abs. 2 MADG i. V. m. § 18 Abs. 3 BVerfSchG und § 8 Abs. 3 BNDG i. V. m. § 18 Abs. 3 BVerfSchG dazu berechtigt, die Nachrichtendienste zur Erfüllung ihrer jeweiligen Aufgaben um Auskünfte zu ersuchen. Für die Zulässigkeit solcher Ersuchen sind jedoch die Voraussetzungen des § 17 BVerfSchG zu beachten. Damit ist sodann auch der zweite Kommunikationsregelungskomplex angesprochen: die Informationsübermittlung von den Nachrichtendiensten an die Polizeien und andere inländische öffentliche Stellen. Auch sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Wesentlich zu nennen sind daher die Ermächtigungsgrundlagen aus §§ 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 218

Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 106. Ausführlich zur Übermittlungspflicht des BAMF siehe Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 513 ff. 220 Vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 506 ff., insbesondere eingehend auf die Übermittlungspflicht nach § 18 Abs.1 BVerfSchG. 219

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BVerfSchG, § 11 MADG und § 9 Abs. 1 und Abs. 3 BNDG. Auch in diesem Bereich wird zwischen Übermittlungspflichten und Übermittlungsermessen unterschieden. Ebenso gelten hier die genannten Übermittlungsverbote. Diese beiden ineinandergreifenden formell-gesetzlichen Regelungskomplexe bilden einen ersten und wesentlichen Schritt hinsichtlich der Zusammenführung der an sich materiell wie organisatorisch getrennten Regime von Polizeien und Nachrichtendiensten, ohne die eine Sicherheitsgewährleistung innerhalb der Bundesrepublik als einheitlicher Sicherheitsraum nicht denkbar wäre. Den zweiten Schritt zur Überwindung der föderal bedingten Informationsverteilungsgrenzen bilden die Kommunikationsregelungskomplexe zwischen den Nachrichtendiensten und zwischen den Polizeien. Demgemäß sind die Inlandsdienste nach §§ 3 Abs. 3, 14 Abs. 6 MADG zur gegenseitigen Unterrichtung über alle Angelegenheiten, deren Kenntnis für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, verpflichtet, da sie laut Absatz 1 zur Erfüllung ihrer Aufgaben zusammenzuarbeiten haben und diese Zusammenarbeit auch in gegenseitiger Unterstützung und Hilfeleistung besteht. Gegenüber dem BND als Auslandsgeheimdienst sind sie nach § 20 Abs. 1 S. 3 BVerfSchG und § 11 Abs. 2 MADG verpflichtet, die ihnen bekannt gewordenen Informationen einschließlich personenbezogener Daten zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des BND erforderlich ist. Letzterer ersucht wiederum um Informationen nach § 20 Abs. 2 S. 2 BNDG und übermittelt nach § 9 Abs. 1 und Abs. 3 BNDG. Im Bereich der Polizeien ist unter anderem auf die Vorschriften des BPolG sowie BKAG zurückzugreifen. Das BKA übermittelt unter Berücksichtigung der Übermittlungsverbote nach § 27 BKAG unter anderem an andere Polizeien des Bundes und der Länder personenbezogene Daten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben oder denen des Empfängers erforderlich ist. Die Polizeien des Bundes sowie die Landeskriminalämter sind auf Grund der Zentralstellenfunktion des BKAwiederum nach § 13 BKAG dazu verpflichtet, die entsprechend der Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen an das BKA zu senden. Für den spezifischen Bereich der Terrorismusbekämpfung ist § 20x BKAG relevant, wonach ein Übermittlungsermessen besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgabe des BKA nach § 4a BKAG erforderlich ist, und eine Pflicht, wenn die Informationen zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder einer Sache von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, erforderlich sind. Die Übermittlungsbefugnisse der Bundespolizei richten sich im Wesentlichen nach § 32 BPolG. Festzuhalten bleibt damit, dass die Sicherheitsarchitektur bereits über ein formellgesetzlich ausgeformtes Kommunikationsnetzwerk verfügt, das es den einzelnen Behörden und damit auch der Bundesrepublik ermöglicht, föderal bedingte, formellorganisatorisch wie materiell trennende Informationsgewinnungs- und -verteilungsgrenzen zwar nicht aufzuheben, sie jedoch näher aneinander heranzuführen. Ob so auch die Kommunikation innerhalb des GTAZ vollständig erfasst ist, sprich eine

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hinreichende Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Zentrums oder (überhaupt) ein Bedarf an (weiterer) Regelung besteht, wird noch zu hinterfragen sein. b) Zentral-, Verbund- und gemeinsame (Projekt-)Dateien Neben der Vernetzung über die formell-gesetzlichen Kommunikationsvorschriften sind die Sicherheitsbehörden untereinander zudem über Zentral- und Verbunddateien sowie seit dem Erlass des Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer (auch projektbezogener) Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (Gemeinsame-Dateien-Gesetz) vom 22. 12. 2006 auch über gemeinsame Projektdateien miteinander verknüpft.221 Bis zu jenem Zeitpunkt bestanden im Sicherheitsbereich lediglich solche Dateien, die die Zusammenarbeit innerhalb der jeweiligen Rechtsregimes erleichtern sollten und nur eine Verbindung innerhalb der jeweiligen Fachbehördenkomplexe schufen. Genannt seien hier vor allem die Verbunddateien Nachrichtendienstliches Informationssystem (NADIS) aus § 6 BVerfSchG, das Polizeiliche Informationssystem (INPOL) aus §§ 2 Abs. 3, 11 Abs. 1 BKAG, aber auch das Zollfahndungsinformationssystem (INZOLL) nach §§ 3 Abs. 3, 11 Abs. 1 ZFdG.222 Dies vorangestellt, nun zu einer näheren Umschreibung dieser Arten von Dateien. Im Rahmen ihrer Zentralstellenfunktion wird sowohl beim BKA als auch beim ZKA eine Vielzahl an Verbund- und Zentral-, aber auch sogenannter Amtsdateien geführt.223 Demgemäß definieren sich Verbunddateien als von einer Zentralstelle geführte Datei, in „die die Teilnehmer selbst auf Stromwegen unmittelbar einspeichern und aus denen sie Dateien abrufen können“.224 Es handelt sich bei ihnen also um Datensammlungen bzw. integrierte Informationssysteme, die die bei den einzelnen Behörden vorhandenen Datenbestände zusammenführen und auf die die Beteiligten zumeist im automatisierten Onlineverfahren ohne die Anrufung Dritter jederzeit Zugriff haben.225 Im Gegensatz dazu werden die Informationen und Daten im Rahmen von Zentraldateien nicht dezentral auf Grund eigener Zuständigkeit und 221

Der Entwurf des Gesetzes zur Errichtung gemeinsamer (auch projektbezogener) Dateien von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder (GemeinsameDateien-Gesetz) enthielt in seinem Art. 1 auch einen Entwurf für das „Gesetz zur Errichtung einer standardisierten zentralen Antiterrordatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern (Antiterrordateigesetz – ATDG); vgl. BT-Drs. 16/2950, S. 5. 222 Im Ganzen zu gemeinsamen Verbunddateien von Polizei und Nachrichtendiensten siehe Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 17 ff.; zu weiteren Informationsverbünden siehe Holznagel, Informationsbeziehungen in und zwischen Behörden, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR II2, § 24 Rn. 51 ff. 223 Mittlerweile unterhält das BKA mehr als 50 Verbund- und sonstige Dateien mit etwa 30 Mio. Datensätzen Zu einer Auflistung sämtlicher Dateien siehe BT-Drs. 17/2803, S. 1 ff. 224 Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. G Rn. 77. 225 Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 19; Heußner, in: Brandt et al. (Hrsg.), FS Helmut Simon, S. 231 (232); zu Dateneingabe und -übermittlung siehe Arzt/Eier, DVBl 2010, S. 816 (818).

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Rechtsgrundlage wie bei den Verbunddateien durch die beteiligten Behörden eingegeben, sondern zentral von der die Datei führenden Behörde.226 Von der Zentralität ist jedoch lediglich die Dateneingabe erfasst, die Datenerhebung erfolgt weiterhin entweder durch die Zentralstelle selbst oder durch die beteiligten Behörden, die die Daten zur Eingabe in das System an die Zentralstelle weiterleiten. Soweit es sich dabei um bundesweit geführte Dateien handelt, fungiert regelmäßig das BKA als Zentralstelle für den elektronischen Datenverbund zwischen Bund und Ländern, auf Landesebene hingegen die LKÄ. In Abgrenzung dazu handelt es sich bei den sogenannten Amtsdateien um solche Dateien des BKA, die weder zentral noch im Verbund, sondern lediglich intern geführt werden, und für die Externe nicht über eine Zugriffsberechtigung verfügen.227 Die beim BKA angesiedelte, als elektronisches Bund-Länder-Informationssystem betriebene Verbunddatei INPOL ist für eine effektive und zeitsparende Ermittlungstätigkeit mittlerweile „unentbehrlich“ geworden228, dient sie doch der „Verhütung und Verfolgung von Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung und als Fahndungssystem“229. Sie besteht aus verschiedenen Anwendungen, zu deren wichtigsten insbesondere der Kriminalaktennachweis, die Personenfahndung, die Sachfahndung, die Haftdatei, die Datei für erkennungsdienstliche Daten und die DNA-Analyse-Datei zählen.230 Zugriffsberechtigt sind neben dem BKA die BPol, die Zollbehörden, die LKÄ und übrigen Landespolizeidienststellen. Verbunddateien existieren aber auch innerhalb des sogenannten Verfassungsschutzverbundes von Bund und Ländern, denn auch hier besteht eine gegenseitige Unterrichtungspflicht nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 BVerfSchG. Zur Erfüllung dieser Pflicht führten sie beim BfV das aus den 1970er Jahren stammende Nachrichtendienstliche Informationssystem (NADIS), welches trotz vielfacher Modernisierungen als veraltet empfunden wurde, sodass die IMK im Jahr 2005 beschloss, „eine fachliche und technische Neuentwicklung“ unter den Namen NADIS WN (Wissensnetzwerk) und NADIS-neu 226 Zu Definitionen beider Dateitypen siehe auch die „Richtlinien für die Errichtung und Führung von Dateien über personenbezogene Daten beim Bundeskriminalamt, Dateienrichtlinien“, in: GMBl. 1981, S. 114 ff. 227 Vgl. GMBl. 1981, S. 115. 228 Bundeskriminalamt (Hrsg.), Elektronische Fahndungs- und Informationssysteme, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bka.de/DE/ThemenABisZ/ElektronischeFahndungssysteme/ elektronischeFahndungssysteme__node.html?__nnn=true (zuletzt aufgerufen am 19. 06. 2014). 229 Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Datenschutz bei der Polizei, Stand März 2014, abrufbar unter http://www.tlfdi.de/imperia/md/con tent/datenschutz/themen/polizei/bfdi_datenschutz_polizei.pdf (zuletzt aufgerufen am 19. 06. 2014). 230 Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Datenschutz bei der Polizei, Stand März 2014, abrufbar unter http://www.tlfdi.de/imperia/md/con tent/datenschutz/themen/polizei/bfdi_datenschutz_polizei.pdf (zuletzt aufgerufen am 19. 06. 2014); Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Polizeiliches Informationssystem – INPOL, Stand 2014, abrufbar unter http://www.bfdi. bund.de/ cln_030/nn_531474/DE/Themen/InnereSicherheit/Bundeskriminalamt/Artikel/DasPolizeiliche Informationssystem-INPOL.html__nnn=true (zuletzt aufgerufen am 19. 06. 2014).

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voranzutreiben, die im Jahr 2012 umgesetzt wurde.231 Wie bei INPOL handelt es sich auch bei NADIS um ein elektronisches Datenverbundsystem, das Daten zu „Personen, Objekten und Sachverhalten“ zum unmittelbaren Zugriff der angeschlossenen Verfassungsschutzbehörden bereithält.232 So gesehen bestanden bis in das Jahr 2006 hinein lediglich elektronisch-informationelle Verbundnetze innerhalb der Polizeien des Bundes und der Länder und innerhalb des Verfassungsschutzes und der Nachrichtendienste. Um den Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus gerecht zu werden und die bis dato bestehende Lücke in den Kommunikationswegen zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten zu schließen, wurden auf Veranlassung der Bundesregierung gesetzliche Grundlagen für die Errichtung einer gemeinsamen standardisierten Zentralen Antiterrordatei sowie von gemeinsamen Projektdateien von Polizeien und Nachrichtendiensten geschaffen, mit dem Ziel, den Informationsaustausch zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten über die Wirkung von INPOL und NADIS hinaus weiter zu verbessern.233 Neu an der sogenannten Antiterrordatei war, wie bereits erwähnt, dass sie erstmalig eine sicherheitsrechtliche Verbunddatei schuf, die sowohl die Nachrichtendienste als auch Polizei- und Zollbehörden informationsorganisatorisch miteinander verknüpfte. Die Rechtsgrundlage dient der Übertragung und Umsetzung der bereits im polizeilichen und nachrichtendienstlichen Bereich bewährten Formen der Zusammenarbeit und soll den Informationsaustausch unter anderem dadurch effektiver gestalten, dass die Verbunddatei Übermittlungsfehler zu verringern vermag.234 Bei der Antiterrordatei handelt es sich um eine sogenannte erweiterte Indexdatei. Dies bedeutet, dass sie neben standardisierten Angaben zu sogenannten Grunddaten, die der Identifizierung einer Person dienen, auch „erweiterte Grunddaten“ beinhaltet, die den Behörden „eine fachliche Erstbewertung im Sinne einer zuverlässigen Gefährdungseinschätzung ermöglichen sollen“.235 Die Speicherung ist beschränkt oder 231

BT-Drs. 17/8800, S. 5. Vgl. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Im Visier des Verfassungsschutzes – Der gläserne Bürger?, S. 18, Stand März 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/ oeffentlichkeitsarbeit/publikationen/allgemeine-publikationen/broschuere-1303-der-glaesernebuerger (zuletzt aufgerufen am 20. 06. 2014). Näheres ist zu NADIS und NADIS-WM aus Geheimschutzgründen öffentlich nicht erfahrbar. 233 Vgl. BT-Drs. 16/2950, S. 1. 234 Vgl. BT-Drs. 16/2950, S 12. 235 Petri, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. G Rn. 112 m. w. N. Mit der Standardisierung verfolgte die Bundesregierung das Ziel, die Recherchefähigkeit der Dateien zu erhöhen und die Verwaltungspraxis durch Vereinheitlichung zu erleichtern, vgl. BTDrs. 16/2950, S. 17; im Einzelnen zu Inhalt und Form der Datenspeicherung siehe Lang, Antiterrordateigesetz, S. 176 ff.; Näheres zu internen Sicherheitsmechanismen und Haftungsfragen in Informationssystemen bei Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 160 ff.; kritisch zur Entscheidung des BVerfG (Az. 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013) hinsichtlich der partiellen Verfassungswidrigkeit des Gesetzes Arzt, NVwZ 2013, S. 1328 (1328 ff.). 232

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verdeckt möglich, zudem werden Angaben zur speichernden Behörde und deren Aktenzeichen erfasst. Einen sogenannten „lesenden und schreibenden Zugriff“236 haben nach § 1 Abs. 1 ATDG das BKA, das Bundespolizeipräsidium, die LKÄ, die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, der MAD, der BND und das ZKA, um der Erfüllung ihrer jeweiligen gesetzlichen Aufgaben zur Aufklärung oder Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland gerecht zu werden. Gegebenenfalls sind – noch – weitere Polizeivollzugsbehörden unter den Voraussetzungen des Abs. 2 zur Teilnahme am Verbund berechtigt.237 Die Funktionsweise der Datei basiert auf dem Prinzip der Informationsanbahnung, das heißt, ein Treffer in der Suchauswahl führt nicht zu einem automatisierten Abgleich mit anderen Datenbanken, sondern eröffnet nur den Zugriff auf die einfachen Grunddaten zur Identifizierung einer Person, gegen die bereits durch die anfragende Behörde ermittelt wird.238 Der weitere Informationsaustausch richtet sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Amtshilfeersuchen und fachgesetzlichen Übermittlungsvorschriften, die Datei begründet demnach keine neuen Datenerhebungsbefugnisse.239 Mit anderen Worten stellt die Antiterrordatei einen „vorgelagerten Teil des fachgesetzlichen Austauschs“ dar, der die ersuchende Behörde zeitnah und einfach darüber in Kenntnis setzen soll, ob bereits andere Sicherheitsbehörden zu bestimmten Personen recherchieren, um sodann eine zeitgerechte Kontaktaufnahme und Informationsersuchen an die richtige Behörde zu ermöglichen.240 Inhaltlich sind in den §§ 2 – 4 ATDG diejenigen Personen, Inhalte und Datenarten sowie deren Hinterlegungsform aufgelistet, die in der ATD gespeichert werden dürfen. In Teilen wurde der Regelungsgehalt des ATDG seit dessen Erlass vielfach kritisiert.241 Die Kritik betraf insbesondere zwei Aspekte: Zum einen tangiere die Antiterrordatei das Trennungsprinzip von Nachrichtendiensten und Polizei, da die Rechtsordnung der Bundesrepublik zwischen einer grundsätzlich offen arbeitenden, auf eine operative Aufgabenwahrnehmung ausgerichteten Polizei und grundsätzlich verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten unterscheidet, die im Gegensatz dazu auf die Vorfeldbeobachtung und -aufklärung zur politischen Information und Beratung fokussiert ist.242 Beide Rechtsregime werden mit der ATD eng aneinander herangeführt. Zum anderen wurde die Regelung in Bezug auf die Einbeziehung von 236

BT-Drs. 16/10007, S. 2. Vgl. hierzu BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 139 ff. 238 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 61, 124. 239 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 61, 101, 106, 126; SchöndorfHaubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 161. 240 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 4. 2013, Absatz-Nr. 61, 106, 127. 241 Lang, Antiterrordateigesetz, S. 174 ff.; Petri, ZD 2013, S. 3 (5 ff.); Ruhmannseder, StraFo 2007, S. 184 (188 ff.); Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, insb. S. 214 ff.; Wolff/Scheffcyk, JA 2008, S. 81 (83 ff.). 242 Zu einer Aufgabenbeschreibung beider Verbände siehe Kapitel 3 A. IV. 1. a) und b). 237

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Kontaktpersonen nach § 2 ATDG als zu unbestimmt und unverhältnismäßig kritisiert. In seiner wegweisenden Entscheidung zur Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Datei vom 24. 04. 2013243 stellte das Bundesverfassungsgericht zunächst deren grundsätzliche Zulässigkeit fest. Ihm zufolge sei die „Errichtung der Antiterrordatei als Verbunddatei verschiedener Sicherheitsbehörden zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die im Kern auf die Informationsanbahnung beschränkt ist und eine Nutzung der Daten zur operativen Aufgabenwahrnehmung nur in dringenden Ausnahmefällen vorsieht“, in ihrer Grundstruktur mit der Verfassung vereinbar. Zwar seien Regelungen, die den Austausch von Daten der Polizeibehörden und Nachrichtendienste ermöglichen, hinsichtlich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gesteigert verfassungsrechtlich rechtfertigungsbedürftig, ein Austausch sei jedoch, wenn auch nur ausnahmsweise, zulässig. Allerdings bedürfe eine „Verbunddatei zwischen Sicherheitsbehörden wie die Antiterrordatei […] hinsichtlich der zu erfassenden Daten und ihrer Nutzungsmöglichkeiten einer hinreichend bestimmten und dem Übermaßverbot entsprechenden gesetzlichen Ausgestaltung“. Dem BVerfG zufolge genüge das ATDG dieser Anforderung jedoch nicht vollständig, „nämlich hinsichtlich der Bestimmung der beteiligten Behörden, der Reichweite der als terrorismusnah erfassten Personen, der Einbeziehung von Kontaktpersonen, der Nutzung von verdeckt bereitgestellten erweiterten Grunddaten, der Konkretisierungsbefugnis der Sicherheitsbehörden für die zu speichernden Daten und der Gewährleistung einer wirksamen Aufsicht“. Zudem seien Art. 10 Abs. 1 und Art. 13 Abs. 1 GG durch „uneingeschränkte Einbeziehung von Daten in die Antiterrordatei, die durch Eingriffe in das Brief- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung erhoben wurden, verletzt.“ Insbesondere zum Informationsaustausch zwischen den Nachrichtendiensten und den Polizeien führt das Gericht Folgendes aus:244 „Die den verschiedenen Sicherheitsbehörden jeweils eingeräumten Datenerhebungs- und -verarbeitungsbefugnisse sind, soweit es um personenbezogene Daten geht, auf ihre spezifischen Aufgaben zugeschnitten und durch sie begrenzt. Entsprechend unterliegen die Daten von Verfassungs wegen hinsichtlich ihrer Verwendung Zweckbindungen und können nicht ohne weiteres an andere Behörden übermittelt werden. Die Aufgliederung der Sicherheitsbehörden nach fachlichen und föderalen Gesichtspunkten entfaltet damit für den Datenschutz auch eine besondere grundrechtliche Dimension. Dass Informationen zwischen den verschiedenen Sicherheitsbehörden nicht umfassend und frei ausgetauscht werden, ist nicht Ausdruck einer sachwidrigen Organisation dieser Behörden, sondern von der Verfassung durch den datenschutzrechtlichen Grundsatz der Zweckbindung grundsätzlich vorgegeben und gewollt.“ Das diesem Grundsatz zugrundeliegende informationelle Trennungsgebot besagt folglich, dass Daten und Informationen grundsätzlich nicht zwischen den Polizeien und den Nachrichtendiensten ausgetauscht werden dürfen. „Allerdings schließt der verfassungsrechtliche Grundsatz der Zweckbindung von Daten Zweckänderungen durch den Gesetzgeber 243 244

Vgl. im Folgenden die Leitsätze in BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013. BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 112 ff.

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nicht aus, wenn diese durch Gemeinwohlbelange gerechtfertigt sind, die die grundrechtlich geschützten Interessen überwiegen.“ Für die Bedeutung und Zulässigkeit der ATD ist deshalb „das große Gewicht einer effektiven Bekämpfung des Terrorismus für die demokratische und freiheitliche Ordnung zu berücksichtigen“, denn dem Gesetzgeber müsse es erlaubt sein, insbesondere auch wegen der Vielzahl an mit den Aufgaben der Terrorismusbekämpfung betrauten Behörden, Informationsproblemen entgegenzuwirken, die „in einem föderalen Staat mit Gewaltenteilung jedenfalls nicht vollständig auf organisatorischer Ebene gelöst werden“ können. Soweit er demnach die formell-gesetzlichen Grundlagen der einzelnen Informationsübermittlung für unzureichend erachte, sei es ihm erlaubt, eine Verbunddatei zur Informationsanbahnung zu schaffen. Denn dadurch würde das Problem abgemildert, dass international hoch konspirativ organisierte, strafrechtlich und verfassungsschutzrechtlich relevante Verhaltensweisen oftmals nur als diffuse Einzelerkenntnisse über die Behördenlandschaft verteilt sind. Durch das Zusammenführen und Abgleichen der verschiedenen Datenquellen könnten so zeitnaher ein aussagekräftiges Lagebild und eine zuverlässige Gefahrenprognose geschaffen werden. Ähnliche Ziele werden mit den sogenannten befristeten projektbezogenen Dateien verfolgt. Deren Rechtsgrundlagen sind in den § 22a BVerfSchG, § 9a BNDG und § 9a BKAG vorgesehen. Alle drei ermöglichen die phänomenbezogene Zusammenarbeit von Verfassungsschutz des Bundes und der Länder, MAD, BND, den Polizeibehörden des Bundes und der Länder und dem ZKA im Bereich der Analyse und Entwicklung neuartiger Bekämpfungsansätze.245 Im Gegensatz zum ATDG ermächtigen die voranstehenden Normen auch zur Errichtung sogenannter Volltextdateien.246

3. Informelle Vernetzung in Gemeinsamen Zentren: Die Arbeitseinheiten des GTAZ Neben der Vernetzung der Sicherheitsbehörden über formell-gesetzliche Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften sowie Zentral-, Verbund- und gemeinsame (Projekt- Dateien wird die Bildung sogenannter Gemeinsamer Zentren als „zeitgemäße Ausformung einer Informations- und Kommunikationsplattform“247 angesehen, die auf informellem Wege und „auf konzeptionell-analytischer Ebene […] im operativen Bereich“248 einen Echtzeit-Informationsaustausch der beteiligten Behörden erstrebt. Innerhalb des GTAZ erfolgt dies über die polizeilichen und nachrichtendienstlichen Auswertungs- und Analysestellen PIAS und NIAS sowie weitere neun Arbeitsgruppen (AG) mit teils unterschiedlichen Tagungsrhythmen. In den AGs findet die eigentliche und zentral erstrebte „informationelle Verzahnung der 245 246 247 248

BT-Drs. 16/10007, S. 2 f. BT-Drs. 16/10007, S. 3. Bundesministerium des Inneren (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2013, S. 19. Albers, in: Wolff/Brink (Hrsg.), DatenschutzR, Syst. L Rn. 114.

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nachrichtendienstlichen und polizeilichen Elemente“ von PIAS und NIAS statt.249 Weitere eigene interorganisatorische (Kontroll-)Einheiten besitzt das Zentrum nicht. a) Polizeiliche und nachrichtendienstliche Informationsund Analysestellen Die Zusammenarbeit innerhalb des GTAZ vollzieht sich auf mehreren Ebenen und ist gekennzeichnet durch das Zusammentragen des aufgrund polizeilicher und nachrichtendienstlicher Ermittlungstätigkeit gewonnenen Informations- und Datenmaterials. Dem entsprechend beginnt die Arbeit für das GTAZ auf Seiten der Polizeien bereits „vor Ort“ mit der „Polizeilichen Bund-Länder-Zusammenarbeit“ und auf derjenigen der Nachrichtendienste mit dem „Informationsverbund Verfassungsschutz“. Diese beiden Zusammenarbeitsformen bilden sowohl die Flanken der polizeilichen Informations- und Analysestelle PIAS beim BKA und der nachrichtendienstlichen Informations- und Analysestelle NIAS beim BfV als auch die auskunftsbeschaffenden Grundlagen des GTAZ. Aufgabe beider Stellen ist es, dem verfassungsrechtlichen Trennungsgebot folgend250, für ihre jeweils im Verbund attachierten Behörden die engere Zusammenarbeit im Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus zu strukturieren.251 Dementsprechend setzt sich PIAS aus den für den Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus zuständigen Staatsschutzreferaten des BKA, denjenigen der BPol, des ZKA, der LKÄ sowie der GBA zusammen252; die Zusammenführung „unter einem Dach“ erfolgt in den Referaten ST 32 GTAZ/ PIAS-Zentralstelle und ST 33 GTAZ/ PIAS-Analysen-Lage-Gefährdung des BKA mit Standort Berlin-Treptow. Der „Bund-Länder-Zusammenarbeit“ wird hier insofern Rechnung getragen, als dass bei ST 32 Verbindungsbeamte der Polizeien der Bundesländer angebunden sind, um einen schnellen Informationsaustausch zwischen BKA und Länderpolizeien zu gewährleisten.253 Für die NIAS werden die zuständigen Referate der Abteilung 6 „Islamismus und islamistischer

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BT-Drs. 17/14830, S. 8. Landtag Brandenburg-Drs. 4/2097, S. 2. 251 Für das GETZ, das nach dem Vorbild des GTAZ gebildet wurde siehe BT-Drs. 17/ 11857, S. 2. 252 BT-Drs. 17/14830, S. 7; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 581, nach der auch Vertreter des BfV und BND und des BAMF in PIAS integriert sein sollen. Für das BfV und den BND ist diese Aussage jedoch nicht zutreffend, vgl. Bundesministerium des Innern/ Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 168. Nach persönlicher Auskunft des BfV vor Ort sind das ZKA und der GBA, nicht jedoch das BAMF, dem eine Sonderrolle zukommt, in PIAS integriert. Vgl. auch Presseinformation des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zum Start des GETZ, S. 3, abrufbar unter https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/The men/Sicherheit/Extremismus/getz.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 30. 06. 2014). 253 Würz, Kriminalistik 2005, S. 10 (11). 250

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Terrorismus“ des BfV sowie diejenigen von MAD, BND und die der LfÄ aktiv.254 Auch die nachrichtendienstliche Informations- und Analysestelle hat ihren Standort in Berlin.255 Zusammengefasst handelt es sich bei PIAS und NIAS um die normalen, auf den Fachgesetzen beruhenden verbundsinternen Informationsströme im Phänomenbereich der Abwehr islamistisch-motivierten Terrorismus, die, der Zentralstellenfunktion von BKA und BfV entsprechend, in den PIAS- und NIAS-Referaten von BKA und BfV zusammenlaufen. Die Arbeit von PIAS und NIAS ist nicht nur zentral für eine geordnete Zusammenarbeit von Bund und Ländern in den jeweiligen Verbünden im Phänomenbereich sowie den Verbünden untereinander im GTAZ, sondern verdeutlicht zugleich die zentrale Rolle von BKA und BfV im GTAZ. Angesprochen ist damit deren „Führungsrolle“ im gemeinsamen Zentrum. Mittels PIAS und NIAS fungieren das BKA und das BfV als zentrale Schaltstellen der Informationssammlung und -aufbereitung und so letztendlich auch -weitergabe an das Zentrum. Denn die PIAS- und NIAS-Kopfreferate bilden die zentralen Anlauf- und Sammelstellen für die schnelle und kontinuierliche Verarbeitung und Auswertung der phänomenbezogenen Daten und Informationen zwischen den jeweiligen Bundesund Landesbehörden. Vor der Tätigkeit in den Arbeitsgruppen des GTAZ können mithin ein verbundsinterner Vorabaustausch und eine Vorabanalyse stattfinden. Auf Seiten von PIAS werden die Ermittlungsergebnisse von BKA, BPOL, ZKA und den LKÄ, auf Seiten von NIAS diejenigen von BfV, MAD, BND und den LfÄ zusammengetragen und entsprechend den eigenen Möglichkeiten vor dem Hintergrund der eigenen Blickwinkel und Aufgabenprofile analysiert und ausgewertet. In diesem Rahmen gilt es, nicht nur spezifische Analysen zu einzelnen terroristischen Gruppierungen und Personenpotenzial zu erzielen, sondern geht es auch um die Schaffung eines zwar bereichsspezifischen, aber möglichst umfassenden Bildes unter Einbeziehung laufender Ermittlungsverfahren sowie die Überwachung und Überprüfung des Internets und der Medien im Allgemeinen auf islamistisch-terroristische Aktivitäten.256 Im Anschluss an diese (nicht zwingend dort vorgenommene) Erstbewertung erfolgt das Einbringen der vorgefilterten und strukturierten Ergebnisse in die Prozesse der neun Arbeitsgruppen des GTAZ. Jeder Akteur hat jedoch auch im Rahmen seiner Befugnisse die Möglichkeit, sich direkt an das Forum einer Arbeitsgruppe zu wenden, ohne einen verpflichtenden „Umweg“ über PIAS oder NIAS zu nehmen. 254 Vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 581; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Die Organisation des Amtes ist kein Geheimnis, Stand 2014, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/das-bfv/aufgaben/die-organisation-des-amtes-ist-keingeheimnis (zuletzt aufgerufen am 30. 06. 2014). 255 Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), BfV – Dienstsitz Berlin, Stand 2014, abrufbar unter: http://www.bbr.bund.de/BBR/DE/Bauprojekte/Berlin/Sicherheit/Bundes amtfuerVerfassungsschutz/bfv.html (zuletzt aufgerufen am 30. 06. 2014). 256 Für PIAS vgl. Würz, Kriminalistik 2005, S. 10 (11). PIAS und NIAS speisen jedoch nicht nur das GTAZ, sondern spiegeln die Ergebnisse und den eventuell gefundenen Handlungsbedarf auch in die bestehenden Kooperationsforen der Polizeien und Nachrichtendienste zurück, vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 7.

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Dies gilt insbesondere auch für das BAMF, das weder an PIAS noch an NIAS angegliedert ist, sondern direkt in den Arbeitsgruppen wirkt. Dort werden alle Beteiligten, die Polizeien des Bundes und der Länder, mit den Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder, der GBA und dem BAMF, „unter einem Dach“257 an einen Tisch geführt.

Abbildung 3: Binnenstruktur des GTAZ258

b) Die Arbeitsweise der Arbeitsgruppen Das GTAZ verfügt derzeit über neun Arbeitsgruppen, deren Tätigkeit im folgenden Abschnitt näher umrissen wird. Aus Gründen der Beteiligung von Nach257 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GTAZ, Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terroris mus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 30. 06. 2014). 258 Zu einer entsprechenden Graphik des BfV siehe Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), Stand 2014, abrufbar unter http:// www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/ge meinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 16. 09. 2014).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

richtendiensten und strategisch-taktischen Überlegungen hinsichtlich der Maßnahmen der Akteure, ausgehend vom Zentrum, ist selbstredend nur wenig über die konkret-inhaltliche Tätigkeit der AGs bekannt. Vielfach sind Analyseergebnisse als „VS-NfD“ eingestuft. Die Beschreibung wird daher eine mehr abstrahierende sein. Zunächst jedoch zu einem Überblick der gemeinsamen Aspekte Struktur und Arbeitsweise aller Arbeitsgruppen:259 Jede AG ist einer geschäftsführenden Behörde zugeordnet, die in Abstimmung mit den teilnehmenden Akteuren auf elektronischem Wege zu den Sitzungen einlädt. Grundsätzlich werden die AGs daher durch ebendiese Behörde „aktiviert“. Regelmäßig sind das das BKA oder das BfV, aber auch BND und BAMF führen je eine Arbeitsgruppe. Darüber hinaus ist jedoch auch jeder Akteur dazu berechtigt, mit einem Anliegen – bei Bedarf ad hoc – an die geschäftsführende Behörde heranzutreten und um Einberufung einer Sitzung zu bitten. Im Übrigen verfügen die Arbeitsgruppen, mit Ausnahme der AG „Deradikalisierung“, nicht über eine eigene Binnenstruktur. Ihre Zusammensetzung und Arbeitsweise sind flexibel und grundsätzlich abhängig von der konkret zu bewältigenden Aufgabe. Lediglich in der AG „Tägliche Lagebesprechung“ ist jede Behörde mit einem Vertreter anwesend. In personeller Hinsicht orientiert sich die Struktur im Übrigen daran, welche Behörden an einem zu erforschenden Sachverhalt im Rahmen ihrer Aufgabenzuständigkeit interessiert oder unmittelbar betroffen sind. Insbesondere im Bereich der Abstimmung konkreter, auch operativer Gefahrenabwehrmaßnahmen sind im Sinne eines zügigen Voranschreitens nur diejenigen Akteure anwesend, die einen unmittelbaren Bezug zum Gefährdungssachverhalt aufweisen. So soll zum einen sichergestellt werden, dass zeitraubende Störfaktoren minimiert werden, und zum anderen, dass nur diejenigen Akteure anwesend sind, die zum Empfang der entsprechenden Daten und Informationen berechtigt sind. Der Austausch in den AGs findet in der Regel mündlich statt und folgt regelmäßig einer vorab festgesetzten Tagesordnung, zu der jeder Akteur im Vorfeld Tagungsordnungspunkte beisteuern kann. Auch schriftliche Abstimmungsprozesse sind denkbar. Zwischen den Arbeitsgruppen selbst findet jedoch kein fixierter oder strukturierter Informationsaustausch statt. Dies ist aber insofern weder schädlich noch ausschlaggebend, als dass hinsichtlich der personellen Besetzung der einzelnen AGs zu Teilen eine gewisse Personenidentität besteht und so Informationen und Arbeitsergebnisse in andere AGs getragen werden. Im Übrigen werden aus gegebenem Anlass Ergebnisoder Thesenpapiere an diejenigen behördlichen Bedarfsträger übermittelt, für die die erarbeiteten Ergebnisse für die Bewältigung oder Erleichterung der jeweiligen Tagespraxis von Relevanz oder als Hintergrundinformation vonnöten sind. So werden regelmäßig auch das Bundeskanzleramt sowie das BMI als die über BfV und BKA Fachaufsicht führende Behörden über aktuelle Sachstände und Vorgehensweisen informiert. Auch ist bei allgemeingültigem Bedarf einer Information oder Ausarbeitung eine Verbreitung über die AG „Tägliche Lagebesprechung“ denkbar. 259 Die folgenden Ausführungen beruhen unter anderem auf Angaben im Rahmen eines Besuchs der Verfasserin vor Ort im BfV am 14. 08. 2014 sowie den daraus gewonnenen Erkenntnissen.

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Eine förmliche Protokollierung der Sitzungen und Besprechungsergebnisse findet, außer in der AG „Tägliche Lagebesprechung“, jedoch nicht statt.260 Die gemeinsam gefundenen Arbeits- und Besprechungsergebnisse werden von jedem Akteur separat und den jeweiligen Standards entsprechend innerhalb des eigenen Aktenführungssystems gespeichert. Gemeinsame Dateien existieren im GTAZ nicht. Insofern stellt auch die ATD keine gemeinsame Datei des Zentrums dar. Zum einen sind bereits nicht alle GTAZ-Beteiligten zu einem Zugriff auf die Datei berechtigt. Zum anderen bildet sie eher das Personenpotenzial ab, das für die Arbeit im GTAZ von Relevanz werden kann, als dass sie Grundlage des Zentrums wäre. aa) Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“ Die Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“ bildet das zentrale Gremium der Zusammenarbeit im Zentrum. Hier findet der vielseitig angesprochene Informationsaustausch „in Echtzeit“ statt. Die Geschäftsführung obliegt dem BKA, das vor Beginn der Besprechungen die Tagungsordnung ankündigt. An den täglichen Lagebesprechungen nehmen alle im GTAZ beteiligten Behörden teil, die dem BKA wiederum vorab Tagesordnungspunkte anmelden können. In den Sitzungen werden nicht nur die Erstbewertungen aller assoziierten Behörden sowie aus PIAS und NIAS in das GTAZ eingebracht, vielmehr finden dort die zwischen fünf bis 30-minütigen, in der Regel 15-minütigen Besprechungen zu sämtlichen aktuellen nationalen und internationalen Sachverhalten statt, die bei den beteiligten Behörden in den vergangenen 24 Stunden aufgelaufen sind.261 Neben der retrospektiven Berichterstattung sind auch zeitnahe Ereignisse Gegenstand der Berichterstattung, wie beispielsweise den Phänomenbereich betreffende (Gegen-)Demonstrationen, polizeiliche Aktionen, Gerichtsurteile oder Verurteilungen sowie gesellschaftliche Anlässe, die Aktionen des entsprechenden terroristisch-motivierten Personenpotenzials begründen könnten. Ziel ist es, das Gefährdungsbewusstsein zu schärfen, umfassende länder- und behördenübergreifende Sach- und Lagezusammenhänge zu erkennen, um vorbereitet und zeitnah auf mögliche Gefahrenpotenziale reagieren zu können. Insofern wohnt der AG „Tägliche Lagebesprechung“ auch ein operatives Element inne. Neben der Präsentation der entsprechenden Berichte aus den jeweiligen behördeninternen Fachreferaten der Akteure durch die einzelnen Behördenvertreter werden auch weitere Veranstaltungen oder Tagungen im entsprechenden Phänomenbereich angekündigt.262

260 Insofern sind die Ausführungen in BT-Drs. 17/14380, S. 10, wonach die „Ergebnisse der Sitzungen in den übrigen Arbeitsgruppen […] in Protokollform festgehalten“ werden, zu hinterfragen. 261 Vgl. auch Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 168 f. 262 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 8.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Im Gegensatz zum Tagungsrhythmus der AG Lage tagen die acht übrigen Arbeitsgruppen nur anlass- und bedarfsbezogen und in unterschiedlicher Besetzungsstärke.263 Vertreter von PIAS und NIAS, genauer gesagt der Nachrichtendienste und Polizeien, sind jedoch stets in den Arbeitsgruppen vertreten.264 Aus der AG „Tägliche Lagebesprechung“ gewonnene Erkenntnisse können sodann zur näheren Aufbereitung und Erörterung konkreter Einzelfragen in den anderen Arbeitsgruppen aufgegriffen und vertieft werden.265 bb) Arbeitsgruppe „Operativer Informationsaustausch“ Der Nachfolger des Analyseboards „Arabische Mujaheddin/Islamistischer Terrorismus“, die Arbeitsgruppe „Operativer Informationsaustausch“, bildet nach eigenem Empfinden des BfV das „Herzstück“ des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums. Denn im Fall der Fälle, nämlich der Verhinderung eines (konkret) geplanten Anschlags in der Bundesrepublik, gilt es, möglichst sachgerecht und zeitnah polizeiliche Gefahrenverhinderungsmaßnahmen zur richtigen Zeit am richtigen Ort in optimaler Art und Weise einzuleiten. Die detaillierte Ausrichtung ist oftmals jedoch nur auf Grund oder zumindest im Zusammenspiel mit dem fundierten Wissen der Nachrichtendienste möglich. Der Erkenntnisaustausch von polizeilich und nachrichtendienstlich erworbenen Informationen findet daher in der AG „Operativer Informationsaustausch“ „strukturell fixiert“ und auf eine schnelle und adäquate Einsatzplanung hin gerichtet statt.266 Unter Leitung des BKA werden in den bis zu zweistündigen Sitzungen das Informationsaufkommen in den beteiligten Behörden gesammelt und vertieft, anlassbezogene Ermittlungsansätze identifiziert und operative Maßnahmen aufeinander abgestimmt.267 Obwohl seitens der Begründer des GTAZ mehrfach betont wird, dass dem GTAZ gerade keine Kompetenzen übertragen wurden und werden, die beteiligten Behörden die Abwehrmaßnahmen vielmehr souverän ausführen, erscheint die von der AG ausgehende faktische Bindungswirkung, insbesondere aufgrund ihrer Eingriffsintensität, nicht unproblematisch. Im Ergebnis wird doch die Entscheidung über den vorzunehmenden Maßnahmenkatalog in der Diskussion der Arbeitsgemeinschaft getroffen und somit faktisch durch das GTAZ. Dass die tatsächlich handelnde und ausführende Behörde entgegen dem vorbesprochenen Plan vorgeht, erscheint, auch im Rahmen zeitlich eng gesetzter Grenzen, zumindest fraglich und würde darüber 263 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 169. 264 Siehe Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GTAZ, Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terro rismus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 03. 07. 2014). 265 Für das GETZ siehe BT-Drs. 17/11857, S. 3. 266 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 169. 267 Vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 8.

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hinaus das Konzept des GTAZ unterlaufen, das in der besagten verbesserten Abstimmung und Kooperation, gerade auch im Ernstfall, liegt. Das Fehlen einer Rechtsgrundlage des GTAZ ist so unter anderem vor dem Hintergrund eines möglichen Grundrechtseingriffs durch die von der Einzelbehörde ausgeführten Maßnahmen überlegenswert, denn die Entscheidungsfindung selbst liegt in einem interbehördlichen Bereich.268 cc) Arbeitsgruppe „Gefährdungsbewertung“ Die Geschäftsführung der Arbeitsgruppe „Gefährdungsbewertung“ obliegt auf Grund der Nähe der inhaltlichen Arbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr dem BKA. Der Tagungsrhythmus der AG ist anlassabhängig. In ihr werden die aus PIAS und NIAS eingehenden Informationen gemeinsam analysiert und bewertet. Grundsätzlich sollen die in diesem Forum ermittelten Ergebnisse einen zuverlässigen Aufschluss über einen möglichen Handlungsbedarf und die aktuelle Gefährdungslage bieten.269 Bei „zeitunkritischen Sachverhalten“ werden die bis zu zweistündigen Sitzungen zunehmend durch einen schriftlichen Abstimmungsprozess ersetzt270, in diesen Zeiträumen werden nur bei Vorliegen eines Dissenses Präsenzsitzungen einberufen. Diese, aber auch die gemeinsamen Sitzungen, werden inhaltlich durch diejenigen zuständigen Referate der beteiligten Behörden initiiert, in denen sich die aktuellen Gefährdungssachverhalte widerspiegeln. Dies bedeutet, dass die entsprechenden Informationen und referatsspezifischen Gefährdungsbewertungen an das Gefährdungs-„Dachreferat“ bei PIAS (auch auf Anfrage) gesandt, dort zusammengefasst und anschließend an alle Bezugsberechtigten weitergeleitet werden. In akuten Gefährdungssituationen ermöglicht die AG hingegen eine essentielle Beschleunigung in der Abstimmung von Gefährdungsbewältigungsmaßnahmen der einzelnen Behörden. dd) Arbeitsgruppe „Fallauswertung“ Die Arbeitsgruppe „Fallauswertung“ beschäftigt sich eingehend mit Fragen der einzelfallübergreifenden Lagebewertungen und Analyse von Einzelaspekten des islamistischen Terrorismus mit Bezug zur Bundesrepublik.271 Von der Tätigkeit sind solche „Teilaspekte terroristischer Aktivitäten“ einschließlich sekundärer Straftaten 268

Zur Frage nach dem Erfordernis einer Rechtsgrundlage des GTAZ siehe Kapitel 3 A. VIII. 269 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 169. 270 Beispielsweise wird den beteiligten Behörden eine Datei zur Lagefortschreibung zur Abstimmung zugesandt und anschließend das Ergebnis an den entsprechenden Verteiler verschickt, Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 169. 271 BT-Drs. 17/14830, S. 8.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

erfasst, die für die Bearbeitung sämtlicher Sachverhalte durch sämtliche Sicherheitsbehörden in gleicher Form relevant werden können, wie beispielsweise illegale Ausweispapierbeschaffung und -fälschung oder die Beschaffung von Waffen und Sprengmitteln“.272 Unter der Geschäftsführung des BfV treffen anlassbezogen Vertreter von BKA, BND und BfV mit Vertretern der LKÄ und Landesverfassungsschutzämter zusammen, um die tägliche Arbeit der einzelnen Sicherheitsbehörden durch das Zurverfügungstellen entsprechend aufbereiteter Informationen auf eine verdichtete Basis zu heben. Die Sitzungen tagen drei- bis viermal im Jahr zwischen zwei bis fünf Stunden oder ganztägig, je nach dem, in welchem Umfang sich die entsprechend auszuarbeitenden Maßnahmenkataloge und Präventionsstrategien darstellen.273 ee) Arbeitsgruppe „Strukturanalysen“ Ähnlich wie die AG „Fallauswertung“ dient auch die AG „Strukturanalysen“ unter Führung des BfV der Generierung von Hintergrundinformationen für die tägliche Arbeit der Sicherheitsbehörden. Inhaltlich gehen die „Strukturanalysen“ im Vergleich zur bloßen „Fallauswertung“ tiefer und sind weniger ad hoc, sondern auf einen längeren Zeitraum angelegt. Die Analysen dienen abstrakt gesehen in erster Linie der Aufdeckung der Funktionsweise von islamistischen Netzwerken sowie der Erkennung und Einordnung von Arbeits- und Vorgehensweisen der international operierenden terroristischen Gruppierungen.274 Denn ohne umfassende Kenntnisse über die Strategien und Vorgehensweisen des Opponenten ist die Ausrichtung auf dessen Bekämpfung schlicht suboptimal und nicht stringent zielführend. Die Durchführung von Grundlagenprojekten zu Strukturen und Funktionsweisen islamistischer Netzwerke ermöglicht somit eine optimierte Herangehensweise in der Bekämpfungsstrategie.275 ff) Arbeitsgruppe „Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial“ Auch die Arbeitsgruppe „Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial“ untersteht mit ihrem eher analytischen denn operativen Schwerpunkt der Geschäftsführung des BfV. Ihre Tätigkeit fasst die polizeilichen und nachrichtendienstlichen Bewertungen des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials zusammen, gleicht 272

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170. 273 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170. 274 BT-Drs. 17/14830, S. 8. 275 Die Erarbeitung der Analysen findet ausschließlich anlassbezogen in ca. drei- bis vierstündigen Sitzungen statt. Vgl. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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sie ab und wertet sie aus.276 Ziel ist es, in allen Bereichen auf der Grundlage geltenden Rechts einen gleichen Informationsstand, insbesondere über die Größe des Potenzials, zu erreichen. Hierzu zählt auch die Aufklärung im Bereich relevanter Gruppierungen und potenzieller Rekrutierungs- und Unterstützungsstrukturen in der Bundesrepublik.277 Einen wesentlichen Input der Besprechungen bietet in diesem Rahmen die Antiterrordatei, über die der Informationsaustausch angebahnt wird, der auf der Plattform des GTAZ strukturiert stattfinden kann. gg) Arbeitsgruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ Die Arbeitsgruppe untersteht aufgrund ihrer Spezialisierung und ihres Zuständigkeitsbereichs weder dem BKA noch dem BfV, sondern dem BAMF. Unter der Hinzuziehung dieses Themenfeldes zum GTAZ wird der ganzheitliche Bekämpfungsansatz im Sinne eines 3608-Blicks deutlich, denn von den „Statusrechtlichen Begleitmaßnahmen“ sind Personen betroffen, die auf Grund ihres islamistisch-terroristischen Hintergrunds und damit verbundener Aktivitäten an der Ein- bzw. Wiedereinreise gehindert werden sollen, deren Aufenthalt zu beenden ist oder gegen die ausländerrechtliche Auflagen erwirkt werden sollen.278 Das GTAZ befasst sich so neben der Generierung von Wissen für die tägliche Arbeit des Sicherheitsapparats und operativen Abstimmung betreffend konkreter Großsachverhalte auch mit dem einzelnen opponierenden Individuum. Dementsprechend beschäftigt sich die Arbeitsgruppe mit dem Datenabgleich und der Analyse der ausländerrechtlichen Melderegister, um die entsprechenden statusrechtlichen Maßnahmen im Asyl-, Ausländer- und Staatsangehörigkeitsrecht zu treffen und gleichzeitig das frühzeitige „Erkennen rechtlich möglicher Präventionsmaßnahmen“ zu ermöglichen.279 Die Arbeitsgruppe wurde im Juni 2005 durch das BMI eingerichtet und tagt anlassbezogen in einer Besetzungsstärke von mindestens drei Mitarbeitern des BAMF, jeweils zwei Mitarbeitern des BfV und BKA sowie ebenfalls anlassbezogen Vertretern der BPol, der LKÄ, der LfÄ und der zuständigen Ausländerbehörden.280 Aufhorchen 276

BT-Drs- 17/14830, S. 8. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170. 278 BT-Drs. 17/14830, S. 9. Näheres zur Tätigkeit und Bedeutung des Einbezugs des BAMF in das GTAZ in BT-Drs. 17/13782, S. 2 ff. sowie Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Terrorismusbekämpfung in Europa – Herausforderung für die Nachrichtendienste, S. 9. 279 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170; zu einer detaillierteren Aufgabenbeschreibung mit Stand von Ende 2006 siehe BT-Drs. 16/8119, S. 1 ff. 280 Vgl. BT-Drs. 16/8119, S. 1, 4 f.; ob die Arbeitsgruppe nur etwa alle acht Wochen oder mindestens einmal im Monat tagt, ist unklar, für eine Tagung mindestens einmal im Monat siehe BT-Drs. 17/14830, S. 9, für eine Sitzung nur etwa alle acht Wochen siehe Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170. 277

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

lässt an dieser Stelle, dass nicht nur die in den zentralen Bundestagsdrucksachen und Internetpräsenzen der geschäfts- und federführenden Behörden ausdrücklich benannten Sicherheitsbehörden an den Sitzungen des GTAZ teilnehmen, sondern gegebenenfalls auch weitere Behörden mit Bezug zum entsprechenden Sachverhalt.281 hh) Arbeitsgruppe „Deradikalisierung“ Die Arbeitsgruppe „Deradikalisierung“ ist die einzige der neun AGs des GTAZ, die über eine eigene Binnenstruktur verfügt. Die sogenannte Lenkungsgruppe setzt sich aus den Bundesoberbehörden und dem BMI zusammen, das „Plenum“ umfasst weitgehende gesellschaftliche Bereiche, vertreten u. a. durch die Bundeszentrale für politische Bildung, Vertreter des Justizvollzugs und eine Vielzahl an nicht näher benannten Nichtregierungsorganisationen.282 Außerhalb eines gesetzlichen Auftrags und unter Führung des BfV arbeitet die AG an der Entwicklung geeigneter sicherheitspolitischer Deradikalisierungs- sowie Handlungs- und Interventionsmaßnahmen im Bereich des islamistischen Terrorismus.283 Vom Arbeitsauftrag der AG werden ganz im Sinne des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes neben einer umfassenden Bestandsaufnahme und Fortschreibung bewährter Methoden Erfahrungen und Informationen mit und über bisher erprobte Strategien ausgetauscht.284 Mit der Beteiligung der Lenkungsgruppe verfügt das Zentrum so auch über ein nach außen hin, insbesondere auch außerhalb des behördlichen Sicherheits- und Verwaltungsapparates, wirksames integratives Element. Das Netz des Zentrums reckt seine Fühler so in relevante Bereiche der Gesellschaft, um bereits in den kleinsten gesellschaftlichen Zellen, quasi vor Ort, präventiv steuernd wirken zu können und seine 281

Die Teilnahme konkreter Behörden ist nicht erfahrbar, vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 5; Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GTAZ, Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter: http:// www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/ge meinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz; Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, S. 1. 282 Auch hier ist die Beteiligungsstruktur nicht näher nachvollziehbar, insbesondere sind die Teilnehmerstruktur der Lenkungsgruppe und die Voraussetzungen zur Teilnahme nicht transparent einsehbar; so sind in diesem Sinne auch weder der Sachstandsbericht „Aktuelle Konzepte und Materialien, die im Bereich der Islamismusprävention und Deradikalisierung eingesetzt werden – VS-NfD“, mit Stand vom 15. 07. 2013, sowie der „Sachstandsbericht der Beratungsstelle ,Radikalisierung‘ beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – VS-NfD“, mit Stand vom 31. 07. 2013 noch das Aufzeigen konkreter Handlungsfelder der Deradikalisierungsarbeit und die Empfehlungen der Lenkungsgruppe für die Erstellung und Umsetzung der Konzepte freigegeben, vgl. Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 198. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 04.12 – 06. 12. 2013 in Osnabrück, S. 8, abrufbar unter http://www.innenministerkonferenz.de/ IMK/DE/termine/to-beschluesse/13 – 12 – 06/Beschluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt aufgerufen am 25. 08. 2014). 283 BT-Drs. 17/14830, S. 8. 284 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Strategien realitätsnah zu entwickeln. Die AG tagt nur anlassbezogen, zumeist jährlich, wenn, dann aber bis zu einem ganzen Tag.285 ii) Arbeitsgruppe „Transnationale Aspekte des islamistischen Terrorismus“ Mit der Arbeitsgruppe „Transnationale Aspekte des islamistischen Terrorismus“ richtet das GTAZ seinen Blick nicht nur wie mittels der AG „Deradikalisierung“ auf nationales Gefährdungspotenzial, sondern über die Staatsgrenze hinweg auch auf transnationale Aspekte. Seiner Funktion als Auslandsgeheimdienst gerecht werdend, führt daher auch der BND die Geschäftsführung im Bereich der GTAZ-internen interdisziplinären Aufklärung und Bewertung der Ländergrenzen übergreifenden Einflüsse und Ausbildungen internationaler islamistisch-terroristischer Netzwerke. Die anlassbezogenen Tagungen finden vierteljährlich statt.286 c) Zusammenfassung Die Geschäftsführung des Zentrums ist im Wesentlichen im Sinne ihrer verbandsinternen Zentralstellenfunktion auf das BKA und das BfV, orientiert an ihren gesetzlichen Aufgabenzuständigkeiten, verteilt. Polizeilich-operativ geprägte AGs werden vom Bundeskriminalamt, analytisch versierte AGs durch das BfV geführt. Aufgrund ihrer jeweiligen Fachexpertise im Vergleich zu BKA und BfV wird das BAMF als „Kompetenzzentrum für Migration und Integration“ geschäftsführend für die AG „Deradikalisierung“ tätig und der BND für den Bereich der Transnationalität. Teils wäre sicher auch eine andere Verteilung dieser Aufgabe denkbar gewesen. Die Arbeit innerhalb des GTAZ verdeutlicht den mit dem Zentrum verfolgten „ganzheitlichen Bekämpfungsansatz“ in mehrfacher Hinsicht. Zum einen werden die Behörden der Polizeien und Nachrichtendienste, flankiert durch das „Kompetenzzentrum für Migration und Integration“ sowie die GBA, näher aneinander herangeführt und über PIAS und NIAS in den Arbeitsgruppen miteinander verzahnt. Dies trägt auf Grund der föderal und historisch bedingten trennenden Faktoren wesentlich zur Verwirklichung eines einheitlichen Sicherheitsraumes der Bundesrepublik Deutschland bei. Die Identifizierung der gegenseitigen Ermittlungsansätze und Abstimmung der operativen Maßnahmen ermöglichen so ein präziseres und effektiveres Gesamtvorgehen. Unnötige Redundanzen werden abgebaut. Der Einbezug beider Perspektiven gewährt jedoch gleichzeitig ein Mehr an Sicherheit in der Lagebeurteilung. Zum anderen fördert die Tätigkeit nicht nur eine ad hoc notwendige und/oder am Einzelfall ausgerichtete Vorgehensweise. Denn mittels Fallauswer285 BT-Drs. 17/14830, S. 8; Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 170. 286 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 171.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

tungen und Strukturanalysen wird eine Kumulation spezifischen Fach- und Hintergrundwissens erreicht, das für eine künftige Verbesserung der Bekämpfungsstrategien und Prävention fruchtbar gemacht werden kann. Erst durch das Wissen um den Aufbau und die Funktionsweise, insbesondere im Bereich der Rekrutierung und Ausbildung sowie der Arbeits- und Vorgehensweisen, können adäquate Maßnahmepakete zusammengestellt werden. Einen nicht zu vernachlässigenden Aspekt bildet daher auch der Einbezug ländertypischer, kultureller oder religiöser Besonderheiten, Denkweisen und deren Vermischung innerhalb international agierender terroristischer Gruppierungen. Ein fehlendes Verständnis darum oder gar das unreflektierte, unangepasste Zugrundelegen eigener Logik und Verhaltensweisen würde die angemessene Reaktionsfähigkeit schmälern. In diesem Rahmen sind auch die Länder- und Hintergrundanalysen des BAMF, unter Einbezug eines interdisziplinären Expertenforums zur Situation in den Herkunftsländern von Migranten und deren Lebensverhältnissen in der Bundesrepublik, von vergleichbar nicht unerheblichem Wert wie die Rückkopplung des Zentrums über die AG „Deradikalisierung“ an gesellschaftliche Bezüge und Instrumente. An dieser Stelle entsteht gleichsam ein Netz innerhalb des Netzes des GTAZ zwischen dem Sicherheitsapparat und gesellschaftlich aktiven Akteuren. Die umfassende polizeiliche und nachrichtendienstliche Bestandsaufnahme und Fortschreibung der Informationen einerseits und Erfahrungen über bisher erprobte Strategien auch aus nichtstaatlichen Organisationen andererseits tragen so zu einem Lernen des gesamten Sicherheitsapparates bei und ebnen Wege der Innovationen hin zu einem effektiven, da flexiblen Präventionsund Bekämpfungsmechanismus. Die soeben benannte Flexibilität wird insbesondere in der Funktionsweise und Beteiligungsstruktur deutlich. So ist die Beteiligungsstruktur am Zentrum und in den Arbeitsgruppen alles andere als fixiert. Denn über PIAS und NIAS können sämtliche Fachreferate der Polizeien und Nachrichtendienste an die Arbeitsgruppen herantreten. Darüber hinaus ist weder eine verbindliche Aussage über die Beteiligung der Akteure des Netzwerks an einer AG, mit Ausnahme der Geschäftsführung, noch über eine feste Zahl an Behördenvertretern in den AGs möglich. Die Beteiligungsstruktur hinsichtlich des „Ob“ und „Wie“ ist abhängig von der Lagerung des konkreten Sachverhaltes. Darüber hinaus ist ebenfalls die Einbeziehung nicht ausdrücklich genannter Akteure denkbar.287 Auch die Errichtung neuer Arbeitsgruppen zu sachangemessenen Themen scheint nicht von vornherein ausgeschlossen.288

287

Vgl. Kapitel 3 A. IV. 3. b) gg) und hh). Dies zeigt die Errichtung der AG „Deradikalisierung“, die im Gegensatz zu den übrigen Arbeitsgruppen nicht mit Beginn der Arbeitsaufnahme des Zentrums im Dezember 2004, sondern erst im Juni 2005 ihre Arbeit aufnahm. 288

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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V. Rechtsform des GTAZ Nach Auffassung der Gründungsmitglieder des GTAZ und der Bundesregierung handelt es sich bei dem GTAZ um eine „behördenübergreifende Informations- und Kooperationsplattform“, die das Ziel verfolgt, „eine vertrauensvollere, engere und verstetigte Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf der Grundlage eines optimierten Informationsflusses zu gewährleisten“.289 Dieser Formulierung zufolge ist eine klassische verwaltungsorganisatorische Rechtsform nicht vorgesehen worden. Vielmehr wurde diese nur negativ und dahingehend bestimmt, dass es sich bei dem GTAZ gerade nicht um eine „eigenständige Behörde“ handele, sondern um „eine Form der Zusammenarbeit der beteiligten Behörden“.290 Aus diesem Grund ist die Einordnung des Gemeinsamen Zentrums in die gewohnten Bausteine und Kategorien des Verwaltungsorganisationsrechts nicht selbsterklärend. 1. Das GTAZ als institutionalisierte Amtshilfe Bei der gerade angesprochenen besonderen Form der Zusammenarbeit der beteiligten Behörden, die insbesondere einen optimierten Informationsfluss gewährleisten soll, könnte es sich um eine Form der institutionalisierten Amtshilfe handeln.291 Würde sich die Tätigkeit des GTAZ als ebensolche qualifizieren lassen, wäre zudem eine Debatte um die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage im Allgemeinen und einer Regelung der Organisation und Verfahrensweise im Besonderen hinfällig. Die Verfahrens- und Kommunikationsstrukturen würden sich dann nach den Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 1 GG und § 4 Abs. 1 VwVfG richten. Zusammengefasst beinhaltet die Pflicht zur Amtshilfe jede Tätigkeit einer Behörde, die diese auf Ersuchen einer anderen Behörde vornimmt, um die Durchführung der Aufgaben der ersuchenden Behörde überhaupt zu ermöglichen oder zumindest zu erleichtern.292 Hierzu zählt nach bundesverwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung neben der gegenseitigen Aktenvorlage unter bestimmten Voraussetzungen auch die Übermittlung personenbezogener Daten.293 Die Sitzungen der Arbeitsgruppen „Gefährdungsbewertung“, „Operativer Informationsaustausch“, „Fallauswertung“, „Strukturanalysen“, „Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial“, „Statusrecht289

Dies gilt neben dem GTAZ auch für die vier weiteren durch die Bundesregierung gegründeten gemeinsamen Zentren, namentlich für das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ), das Gemeinsame Internetzentrum (GIZ), das Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration (GASIM) sowie das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (CYBER-AZ). Ausdrücklich BT-Drs. 17/14830, S. 2; BT-Drs. 17/11857, S. 1 f. für das GETZ sowie BT-Drs. 17/10585, S. 2 zu seinem Vorgänger GAR; BT-Drs. 16/12089, S. 6 für das GIZ; BT-Drs. 16/2432, S. 2 für das GASIM sowie BT-Drs. 17/5694, S. 2 für das CYBER-AZ. 290 BT-Drs. 16/10007, S. 6. 291 So angedacht von Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011). 292 Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 35 Rn. 1. 293 BVerwGE 50, 301 (310 f.).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

liche Begleitmaßnahmen“, „Deradikalisierung“ und „Transnationale Aspekte des islamistischen Terrorismus“ tagen bei Bedarf und anlassbezogen bzw. zweimonatlich bis vierteljährlich. Im Übrigen findet die Recherchetätigkeit in den geschlossenen Systemen von PIAS und NIAS nebst BAMF statt. Die soeben genannten Arbeitsgruppen könnten noch am ehesten als Form der institutionalisierten Amtshilfe gesehen werden, obgleich sie sich wegen der in den Arbeitsgruppen bearbeiteten gleichen oder zumindest stets sehr ähnlich gelagerten Sachverhalte schon schwer unter den Begriff der subsidiären und vor allem einzelfallbezogenen Hilfe subsumieren lassen. Vielmehr scheinen auch sie bereits unter den Begriff der nicht mehr von §§ 4 ff. VwVfG erfassten erweiterten Amtshilfe zu fallen, denn in ihnen findet eine vergleichsweise regelmäßige „Übermittlung bestimmter Informationen über eine bestimmte Personengruppe oder hinsichtlich eines bestimmten Fragenkomplexes anfallende[r] Informationen“294 statt. Ebenschon gegen die Einordnung als Amtshilfe spricht überdies, dass auch in diesen Arbeitsgruppen teils Präventionsstrategien geplant und enge Abstimmungen über die weitere mögliche Vorgehensweise getroffen werden. Mithin finden beispielsweise in den Arbeitsgruppen „operativer Informationsaustausch“, „Fallauswertung“, „Strukturanalysen“ und „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ gemeinsame planerische Prozesse statt, die zu weiteren Maßnahmen auf Ebene der einzelnen Behörden führen bzw. Handlungsprämissen im interbehördlichen Feld des GTAZ herausbilden. Jedenfalls aber sprengt die Tätigkeit des GTAZ in seiner Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“ die formellen Grenzen der Amtshilfe. Ziel der AG, an der alle involvierten Behörden teilnehmen, ist der kontinuierliche und umfassende Informationsfluss zwischen diesen. Der Fokus liegt auf der Verbesserung der Kooperation und Kommunikation durch die Schaffung einer kontinuierlichen „Echtzeit“-Informationsplattform zwischen den beteiligten Bundes- und Landebehörden und geht weit über die für die Zulässigkeit der Amtshilfe gebotene punktuelle Einzelfallhilfestellung hinaus. Ein regelmäßiges Zusammenwirken mehrerer Behörden ist nach bundesverfassungsrechtlicher Rechtsprechung jedoch nicht von Art. 35 Abs. 1 GG erfasst.295 2. Das GTAZ als Zentralstelle a) Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG Des Weiteren könnte die Errichtung des GTAZ auf die sogenannte Zentralstellenkompetenz des Bundes aus Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG gestützt werden.296 Danach ist es dem Bundesgesetzgeber gestattet, für das polizeiliche Auskunfts- und Nach294 295 296

Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 4 Rn. 11. BVerfGE 63, 1 (32). Ebenso angedacht durch Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011).

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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richtenwesen, die Kriminalpolizei und zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und des Schutzes gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, sogenannte Zentralstellen einzurichten. Zentralstellen wiederum sind durch Bundesgesetz errichtete Verwaltungseinrichtungen der unmittelbaren (nichtministeriellen297) Bundesverwaltung, die über keinen eigenen Verwaltungsunterbau verfügen.298 Sie sind einem Bundesministerium nachgeordnet, das die Rechts- und Fachaufsicht über sie ausübt.299 Die Aufgabe dieses eigenständigen Behördentyps liegt in der bundesweiten, horizontalen und vertikalen Koordination des Verwaltungshandelns und -vorgehens der Bundes- und Länderbehörden i. R. d. in Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG genannten Materien.300 In diesem Rahmen sind sie im Wesentlichen mit der Informationssammlung, -verarbeitung und -weitergabe betraut.301 Da mit dem BfV und dem BKA zwei dieser Zentralstellen am GTAZ beteiligt sind und ihnen ebenfalls die Geschäftsführung obliegt, mag diese Einordnung auf den ersten Blick auch für das Zentrum passend erscheinen. Zwar werden die durch PIAS und NIAS gesammelten Informationen an die zentralistisch angelegten Arbeitsgruppen des GTAZ weitergeleitet, in denen eine Weiterverarbeitung und tiefergehende Analyse erfolgt, die Einordnung des GTAZ als Zentralstelle ist jedoch gleich aus mehreren Gründen abzulehnen. Zum Ersten beruht die Errichtung des gemeinsamen Zentrums lediglich auf der Billigung des durch das BKA und BfV entwickelten Feinkonzepts durch das BMI Anfang November 2004.302 Entgegen dem Erforderniss eines institutionellen Gesetzesvorbehalts aus Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG wurde die Errichtung des GTAZ durch Bundesgesetz, wie bereits erwähnt, ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten. Zum Zweiten ist das GTAZ als gewollt informell gegründete interbehördliche Vermittlungsplattform keinem Bundesministerium direkt nachgeordnet, das zentral die Rechts- und Fachaufsicht über das Zentrum ausüben würde. Zwar verfügt das BMI als den geschäftsführenden Behörden, BKA und BfV, übergeordnete Behörde im Rahmen seiner steuernden Fachaufsichtsfunktion über nicht unerheblichen 297

Teilweise wird vertreten, dass Zentralstellen der sog. nichtministeriellen Verwaltung angehören. Ob sie ihrerseits einem Ministerium unterstellt sein müssen und inwieweit sie der Direktionsmacht eines Ressortministerns unterliegen, ist demnach umstritten, vgl. hierzu Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 116, Art. 86 Rn. 53 ff.; Gusy, DVBl 1993, S. 1117 (1124 f.). 298 Burgi, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG III, Art. 87 Rn. 32; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 214; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 87 Rn. 47; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland II, S. 825 f. 299 Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 116, 122; Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 87 Rn. 47. 300 Die Aufgabe der horizontalen und vertikalen Koordination wird mit Blick auf Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 GG deutlich, vgl. Haratsch, in: Sodan (Hrsg.), GG, Art. 87 Rn. 10; Hermes, in: Dreier (Hrsg.), GGK III, Art. 87 Rn. 47; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 87 Rn. 5; Gusy, DVBl 1993, S. 1117 (1125, 1128); Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 87 Rn. 40 ff., 47. 301 Becker, DÖV 1978, S. 551 (555); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011). 302 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 167.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Einfluss. Dennoch unterliegt das GTAZ hinsichtlich sämtlicher Kontrollformen nicht nur derjenigen des BMI, sondern der jeweiligen Kontrollzuständigkeit der Aufsichtsstellen, die über alle anderen im GTAZ beteiligten Behörden wachen.303 Zum Dritten ist auch die Einordnung des GTAZ als Behörde fraglich.304 b) Rechtsform unter bereichsspezifischer Perspektive Auch kann das GTAZ entgegen der Auffassung von Weisser nicht etwa deshalb als Zentralstelle kategorisiert werden, weil unter seinem Dach mit dem BKA und dem BfV Behörden involviert sind, die selbst Zentralstellen sind.305 Diese Begründung ist auch dann nicht tragfähig, wenn man bedenkt, dass das GTAZ gerade unter der zentralen Führung des BKA und des BfV steht. Denn aufgrund seiner Organisationsstruktur gibt es nicht einmal einen „GTAZ-Leiter“, sondern vielmehr eine nur schwer zu überschauende Anzahl an Behördenvertretern „auf Augenhöhe“.306 Diese Argumentation ist auch nicht dahingehend verallgemeinerungsfähig, als dass es möglicherweise auf die jeweilige behördenspezifische Perspektive ankäme. Ein und dasselbe verwaltungsorganisationsrechtliche Gebilde kann nicht bis zu sieben beliebig austauschbare Rechtsformen innehaben. Dann wäre das GTAZ aus Sicht des BKA und des BfV eine Zentralstelle i. S. v. Art. 87 Abs. 2 S. 1 GG, aus Sicht des BND, des Bundespolizeipräsidiums und des BAMF eine Bundesoberbehörde i. S. v. Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, aus Sicht des ZKA eine Mittelbehörde, aus Sicht des MAD ein Teil der Streitkräfte, aus Sicht des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof eine oberste Bundesstrafverfolgungsbehörde sowie aus Sicht der Landesverfassungsschutzbehörden und der Landeskriminalämter entweder eine Landesoberbehörde oder gehörte einer untergeordneten Abteilung des jeweiligen Innenministeriums an. Nicht nur, dass gegen eine beliebige Austauschbarkeit der Organisationstypen schon deren unterschiedliche Bezeichnung spricht, hinzu kommt, dass ebenfalls die jeweiligen formellen Errichtungsvoraussetzungen nicht gegeben waren. Insbesondere die von Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG ausgehende positive Sperrwirkung, wonach der Bundesgesetzgeber die in Art. 87 Abs. 2 S. 1 GG genannten Aufgaben zwingend durch Zentralstellen erfüllen muss, gibt Anlass zu Bedenken, ob das GTAZ (aus Sicht des BKA und BfV) Zentralstelle und zugleich (aus Sicht des BND, der BPol und des BAMF) Bundesoberbehörde sein kann. Zudem führt dieser Ansatz zu einem hohen Maß an Intransparenz und Unübersichtlichkeit, woraufhin 303

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 183 f. 304 Vgl. dazu Kapitel 3 B. V. 4. 305 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (145), dem ohne Begründung widersprechend Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011). 306 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ), Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/ af-islamismus-und-islamistischer-terrorismus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 23. 10. 2013).

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung des Gebots der Verantwortungsklarheit als Voraussetzung demokratischer Legitimation folgen würde. Festzuhalten ist, dass das GTAZ einen interbehördlichen Treffpunkt darstellt. Zwar sind die in das GTAZ entsendeten Mitarbeiter organisatorisch und dienstrechtlich mit ihrer jeweiligen Entsendebehörde verbunden und in diese eingebunden. Auch richtet sich die eigene ursprüngliche Informationsbeschaffung und -verarbeitung sowie Informationsweiterleitung an das gemeinsame Zentrum grundsätzlich nach dem für die jeweilige Behörde geltenden Recht. Die Analyse- und Informationsverarbeitungstätigkeit innerhalb der behördenübergreifenden Arbeitsgruppen des GTAZ findet aber außerhalb der intrabehördlichen Arbeitsabläufe statt. Damit muss auch das Wesen des Zentrums außerhalb der beteiligten Behörden liegen. Seine Rechtsform ist nicht in diffusem Maße von den Organisationsformen der Entsendebehörden abzuleiten. 3. Das GTAZ als „Deutsche Agentur“ in Anlehnung an die europäische Einrichtung Europol Die Rechtsform des GTAZ könnte jedoch dem Vorbild der europäischen Agenturen entlehnt sein und – wie teilweise erwogen wird307 – eine Art „Deutsche Agentur“ sui generis darstellen. Fraglich ist aber bereits, ob überhaupt ein einheitliches Vorbild einer europäischen Agentur existiert. Denn die europäischen Agenturen haben von Anfang an „erhebliche rechtliche Probleme“308 und Divergenzen aufgeworfen. Die Europäische Kommission versteht unter europäischen Agenturen Einrichtungen des europäischen öffentlichen Rechts, die zwar weder in den Verträgen zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften noch im Vertrag über die Europäische Union vorgesehen waren, im Rahmen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts aber mit dem Ziel errichtet werden konnten, technische, wissenschaftliche oder Verwaltungsaufgaben zu übernehmen.309 Mangels primärrechtlicher Rechtsgrundlagen wurden die ersten europäischen Agenturen unter Berücksichtigung der sog. Meroni-Rechtsprechung errichtet, nach der die Europäische Kommission einzelne ihrer Aufgaben unter Beachtung strikter Beschränkungen an andere selbstständig bzw. unabhängig von klassischen EU-Institutionen arbeitende Einrichtungen delegieren durfte.310 Lange Zeit galt daher für die zumeist auf sekun307 So Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012) und Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (145), im Ergebnis jedoch ablehnend. 308 Gundel, Verwaltung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 3 Rn. 33. 309 Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Die Agenturen der Europäischen Union, S. 5. 310 Hrbek, Rechtsgrundlagen für die Einrichtung von Agenturen, in: Bergmann (Hrsg.), Handlexikon der Europäischen Union, A. Agenturen IV; zur Reichweite der Kompetenzübertragung auf Grund der Meroni-Rechtsprechung siehe Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union, § 5 Rn. 466. Kritisch Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 66 ff.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

därrechtlichen Verordnungen, aber auch auf Entscheidungen, Übereinkommen und Beschlüssen beruhenden Agenturen der mittelbare Anknüpfungspunkt der sog. Reserve- oder Vertragsabrundungskompetenz nach Art. 235 EWGV bzw. Art. 308 EGV (nunmehr Art. 352 AEUV).311 Grund hierfür war, dass die jeweiligen sachkompetenziellen Normen nicht als ausreichend für die Schaffung eigenständiger institutioneller Strukturen angesehen wurden.312 Nach einem Kurswechsel der Europäischen Kommission bezüglich der Rahmenbedingungen für die europäischen Regulierungsagenturen beruhen die jüngeren Agenturen mittlerweile auf den für das jeweilige Sachgebiet einschlägigen Rechtsgrundlagen.313 Teilweise wurden einzelne Agenturen, wie beispielsweise Europol mit Art. 88 AEUV, i. R. d. Vertrages von Lissabon mit eigenen Rechtsgrundlagen versehen. Gemeinsam ist allen Agenturen nicht nur das Ziel, die Verwaltung insgesamt zu effektivieren und die Zusammenarbeit der nationalen und gemeinschaftlichen Behörden zu stärken, sondern auch politischen Einfluss zur Verteidigung professioneller Standards von ihnen abzuschirmen.314 Hierzu erfüllen die Agenturen im Groben Koordinations- und Unterstützungsaufgaben und treffen – zumindest teilweise – fachspezifische verbindliche Entscheidungen.315 Auch besitzen sie alle als weisungsunabhängige Organe eine eigene Rechtspersönlichkeit, verfügen über eine eigene vollständige und organisatorisch unabhängige Binnenstruktur, Personalhoheit sowie finanzielle Autonomie.316 Zu eben genannter innerorganisatorischer Binnenstruktur zählen im Allgemeinen ein Verwaltungsrat, ein Direktor als rechtlicher Vertreter der Agentur sowie ein wissenschaftlicher Ausschuss.317 Nichtsdestotrotz überwiegen die den Agenturen eigenen Unterschiede die Gemeinsamkeiten bei weitem. Dies gilt insbesondere für ihre binnenrechtlichen Strukturen, ihre Beziehungen zu anderen EU-Organen sowie ihre Aufgaben und damit verbundenen Handlungsbefugnisse.318 Mit den Worten der Europäischen Kommission: „Es gibt kein Einheitsmodell für EU-Agenturen, sondern mehrere Modelle.“319 311 Kilb, EuZW 2006, 268 (269). Ablehnend Remmert, EuR 2003, 134 (137 ff.), die eine ausdrückliche Errichtungsgrundlage auf primärrechtlicher Ebene verlangt. 312 Gundel, Verwaltung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 3 Rn. 33. 313 Zur Begründung dieses Kurswechseln siehe KOM (2002) 718 endg. vom 11. 12. 2002, S. 8. 314 Koch, Die Externalisierungspolitik der Kommission, S. 29 f. m. w. N. 315 Groß, Die Verwaltungsorganisation als Teil organisierter Staatlichkeit, in: HoffmannRiem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle (Hrsg.), GVwR I2, § 13 Rn. 72; vgl. zu den Entscheidungsbefugnissen beispielsweise die Aufgabenstellung der Europäischen Agentur für Flugsicherheit, ABl. EU Nr. L 79/14, S. 1 ff., 14 ff. 316 Fischer-Appelt, Agenturen der Europäischen Gemeinschaft, S. 38; Gundel, Verwaltung, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 3 Rn. 34; KOM (2002) 718 endg. vom 11. 12. 2002, S. 3; Sydow, Verwaltungskooperation in der Europäischen Union, S. 65. 317 Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Die Agenturen der Europäischen Union, S. 17 f. 318 Der Grund für diese Unterschiede liegt in den unterschiedlichen Gründungszeitpunkten und den damit variierenden Rahmenbedingungen. Siehe dazu KOM (2002) 718 endg. vom

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Wenn man nach dem bereits Gesagten überhaupt noch einen Vergleich des GTAZ zu einer Europäischen Agentur ziehen wollen würde – denn dem GTAZ mangelt es schon an eigener Rechtspersönlichkeit, wohingegen Europäische Agenturen stets über eine solche verfügen320 –, käme als naheliegendste Agentur das Europäische Kriminalpolizeiamt (Europol) in Betracht. Europol gehört zu den sog. Regulierungsagenturen. Diese haben es zur Aufgabe, „durch Handlungen, die zur Regulierung eines bestimmten Sektors beitragen, aktiv an der Wahrnehmung der Exekutivfunktion mitzuwirken […]“, wobei sie zumeist „zum Zwecke größerer Kohärenz und Effizienz der Regulierung Tätigkeiten, die eigentlich in den nationalen Zuständigkeitsbereich fallen, auf Gemeinschaftsebene zusammenlegen und miteinander vernetzen“.321 Nach Art. 3 des Beschlusses des Rates vom 6. 04. 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes (Europol-Beschluss) hat Europol zum Ziel, die Tätigkeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie deren Zusammenarbeit bei der Prävention und Bekämpfung von organisierter Kriminalität, Terrorismus und anderen Formen schwerer Kriminalität zu unterstützen und zu verstärken, wenn zwei oder mehr Mitgliedstaaten betroffen sind. Dabei hat Europol ebenfalls wie das GTAZ keine originären Operationsbefugnisse322, sondern leistet nach Art. 5 Europol-Beschluss hauptsächlich analytische, technische und operationelle Ermittlungsunterstützung durch die Sammlung, Speicherung, Verarbeitung und den Austausch von Informationen und Erkenntnissen. Zu diesem Zweck unterhält Europol auch mehrere eigene Datenbanken und Arbeitsdateien.323 Zwar sind in Europol ähnlich wie im GTAZ unterschiedliche Einzelbehörden involviert. Entscheidender Unterschied zwischen beiden ist aber, weswegen die Agentur im Gegensatz zum GTAZ schwer als „Konglomerat unterschiedlicher Einzelbehörden“324 zu bezeichnen ist, das Vorhandensein eines eigenen „EuropolPersonals“325, eigener Finanz- und damit auch eigener Sachmittel. Das Gemeinsame Zentrum ist weder finanziell autonom, denn ihm stehen keine eigenen behörden11. 12. 2002, S. 3. Zu den Gründungswellen siehe Gundel, Verwaltung, in: Schulze/Zuleeg/ Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 3 Rn. 25 ff. 319 KOM (2002) 718 endg. vom 11. 12. 2002, S. 3. 320 KOM (2002) 718 endg. vom 11. 12. 2002, S. 8; Kirchhof, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 83 Rn. 75; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012); Ruffert, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EGV/ AEUV, Art. 298 Rn. 5. 321 KOM (2002) 718 endg. vom 11. 12. 2002, S. 4. Neben den Regulierungsbehörden bestehen noch weitere sog. Exekutivagenturen und solche Agenturen, die keiner der beiden Kategorien zuzuweisen sind. 322 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012). 323 Vgl. Art. 8 Abs. 4 f des Beschlusses 2009/371/JI des Rates vom 06. 04. 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes (Europol), Abl. 2009 L 121/37. Zu den Befugnissen, insbesondere den automatisierten Informationssammlungen und den analytischen Arbeitsdateien siehe, Wandl, Europol, S. 96 ff. 324 So aber Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (145). 325 Erwägungsgrund 9 des Beschlusses 2009/371/JI des Rates vom 06. 04. 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes (Europol), Abl. 2009 L 121/37.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

ähnlich im Haushaltsplan des Bundes ausgewiesenen Finanzmittel zu326, noch verfügt es über eigene Personalhoheit. Vielmehr werden die Mitarbeiter des GTAZ auf dienstrechtlicher Basis aus den jeweiligen beteiligten Behörden in das Zentrum entsandt, unterstehen aber weiterhin den jeweiligen Aufsichtsstellen ihrer Entsendebehörden und verfügen lediglich über die jeweils fachgesetzlich normierten Befugnisse. Im Gegensatz dazu unterliegen die Europol-Bediensteten der Kontrolle und Weisungsbefugnis durch den Europol-Direktor bzw. die unabhängige gemeinsame Kontrollinstanz (GKI) nach Art. 30 Abs. 2, 24 Abs. 1 des Europol-Übereinkommens.327 Ein entsprechendes Pendant in Form eines „GTAZ-Leiters“ existiert hingegen ebenso wenig wie eine der gemeinsamen Kontrollinstanz entsprechende GTAZ-interne Kontrollform. Auch unterhält das GTAZ gerade keine eigenen zentralen Datenbanken, auf deren gespeicherte Erkenntnisse und Informationen die Akteure des GTAZ innerhalb des Zentrums gleichberechtigten und gemeinsamen Zugang hätten.328 Denn das GTAZ soll nach dem Willen der Begründer gerade nicht wie Europol zentralisiert, sondern „nur“ als interbehördliche Kommunikationsplattform fungieren. Inwiefern sich die praktische Analyse, Bewertung, Planung und Informationsverarbeitungstätigkeit im GTAZ, ausgehend von der reinen interbehördlichen Vermittlungsfunktion, weiterentwickelt haben und ob die fachgesetzlichen Übermittlungsvorschriften dieser Tätigkeit noch gerecht werden oder vielmehr bereits eine selbstständige Aufgabe erfüllt wird, die über die Fähigkeiten der Einzelbehörden weit hinausgeht, ist eine weitere, an anderer Stelle zu beantwortende Frage der Rechtswirklichkeit. Eine „Deutsche Agentur“ sui generis stellt das gemeinsame Zentrum jedenfalls nicht dar. 4. Das GTAZ als eigenständige Behörde Mithin könnte das Gemeinsame Zentrum verwaltungsorganisatorisch aber als (Sicherheits-)Behörde (sui generis) einzuordnen sein.329 Dann müsste das GTAZ zumindest die Erfordernisse des allgemeinen, funktionellen oder organisatorischen Behördenbegriffs erfüllen. Zusammenfassend zeichnet sich eine Behörde im funktionellen Sinn durch folgende Merkmale aus: namentlich die eigenverantwortliche und transitorische 326

Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 159 f.; Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (146). 327 ABl. C 316 vom 27. 11. 1995; Srock, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung von Europol, S. 76, 78 m. w. N. zu den Einzelheiten der Beziehung zwischen dem Europol-Direktor und den Bediensteten in Fn. 221. 328 So haben aber alle nationalen Stellen von Europol unmittelbaren Zugriff auf alle Daten des Europol-Informationssystems, um unnötige Verfahren zu vermeiden. Siehe dazu Erwägungsgrund 10 des Beschlusses 2009/371/JI des Rates vom 06. 04. 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamtes (Europol), Abl. 2009 L 121/37. Zu den einzelnen Voraussetzungen und Beschränkungen bezüglich Zugriff, Eingabe und Abruf siehe Wandl, Europol, S. 101 ff. 329 Dies ablehnend Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 582.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unter Wahrung einer gewissen organisatorischen Selbstständigkeit bei Fehlen eigener Rechtspersönlichkeit und Unerheblichkeit des innerorganisatorischen Aufbaus.330 Jedenfalls scheitert die Einordnung des Gemeinsamen Zentrums in die organisationsrechtliche Form der Behörde nicht wie die Einordnung als „Deutsche Agentur“ an dessen fehlender Rechtspersönlichkeit und vergleichsweise wenig ausgereiften Organisations- und Strukturdichte. Auch nimmt das GTAZ die Erfüllung staatlich geförderter öffentlich-rechtlicher Ziele wahr.331 Allerdings handelt das Zentrum nicht eigenverantwortlich auf Grund von eigenen, ihm übertragenen Zuständigkeiten und auch nicht im eigenen Namen. Das nach außen wirkende Verwaltungshandeln und die Weitergabe von Informationen und persönlichen Daten gehen stets von den beteiligten Behörden im Rahmen von deren Zuständigkeiten aus. Auch verfügt das Zentrum über keine rechtsverbindliche Weisungskraft gegenüber seinen Mitgliedsbehörden. Vielmehr bildet es nur eine Begegnungsplattform, auf der lediglich interbehördliche, die Entscheidungen und Maßnahmen der Einzelbehörden vorbereitende Prozesse stattfinden. Sein Einrichtungsziel liegt außerhalb von operativen Befugnissen in der internen Synchronisation fragmentarischer Informationen.332 Mithin fehlt es ihm an hoheitlichen, nach außen gerichteten Handlungsbefugnissen und damit an der organisatorischen Selbstständigkeit. Zwar liegt der Fokus der Begriffsdefinition einer Behörde im organisatorischen Sinn auf der Einordnung der in Frage stehenden Verwaltungseinheit in die Verwaltungshierarchie unter einheitlicher institutioneller Zuordnung zum errichtenden Verwaltungsträger. Nichtsdestoweniger müssen hier die Voraussetzungen der allgemeinen Behördendefinition des BVerfG erfüllt sein, zu denen u. a. auch das Vorhandensein einer gewissen Selbstständigkeit, die durch außenwirksames Handeln hervortritt, gehört. Einzig und allein ist insofern anzuführen, dass das Zentrum mit seiner AG „Deradikalisierung“ in Form der Lenkungsgruppe in gewisser Weise nach außen an Dritte, namentlich die Beteiligten des Plenums herantritt. In Erinnerung gerufen gehören zu letzterem auch dem Sicherheitsapparat ferne Behörden sowie NGOs. Im Wesentlichen scheint die Betätigung von Lenkungsgruppe und Plenum jedoch darauf beschränkt zu sein, den gemeinsamen Erfahrungsaustausch im Bereich der Bekämpfung islamistisch-motivierten Terrorismus, insbesondere im Umgang mit sich radikalisierenden oder bereits radikalisierten Personen, zu bewegen. Es geht vordergründig um den Austausch von Deradikalisierungsmethoden und Ausstiegshilfen, der sich, ohne Rechtsverbindlichkeit begründend, auf der Ebene reiner Informalität bewegt und einen von konkretem Personenpotenzial losgelösten allgemeinen Austausch bezweckt, der die Arbeit des verwaltungsrechtlich tätig werdenden GTAZ an die reell vorzufindenden Situationen rückkoppelt.

330 331 332

Ausführlich zu den Behördenbegriffen Kapitel 1 B. II. 2. b). So auch Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (145). Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011); Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (145).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Festzuhalten bleibt daher: Bereits die konkrete Ausgestaltung des Zentrums steht der Einordnung als Behörde entgegen, denn die „Kompetenzen und (gesetzlichen) Beschränkungen aller beteiligten Behörden“ sind durch die Einrichtung des GTAZ nicht tangiert worden.333 Das GTAZ ist keine eigenständige Behörde334, sondern vielmehr eine Organisationsmaßnahme, die im interbehördlichen Verhältnis verbleibt.335 5. Das GTAZ als Netzwerk Wie soeben nachvollzogen, lässt sich das GTAZ nicht unter eine organisationsrechtliche Rechtsform im klassischen Sinn subsumieren. So bleibt zu prüfen, das Zentrum unter den Begriff des Verwaltungsnetzwerks zu fassen. Verwaltungsnetzwerke sind nach der in Kapitel zwei gefundenen Definition Organisationsstrukturen, die über eine polyzentrische Grundstruktur verfügen, sich durch Akteursdiversität sowie Interessenpluralität auszeichnen und auf Grund ihrer Hybridität und Flexibilität optimierte, da problem-individuelle Lösungsmöglichkeiten bieten, indem sie für eine Verringerung von Informationsasymmetrien durch Wissensaustausch und -umverteilung sorgen. In den Formen des Policy- oder reinen Behördennetzwerks336 fungieren sie entweder als Netzwerke zum Austausch von Informationen und Erfahrungen oder als operative Entscheidungsnetzwerke im Sinne von Koordinationsund Planungsnetzwerken337. Oftmals sind sie nicht in absoluter Reinform anzutreffen, sondern weisen entsprechend ihrem hybriden Charakter neben ihrer schwerpunktmäßigen Funktionsausrichtung Berührungsprunkte zu den jeweils anderen Netzwerkarten auf. Die Verzahnung der Netzwerktypiken betrifft, wie gesehen, jedoch nicht nur deren funktionale Ausrichtung, sondern auch deren rechtliche Ausgestaltung: Neben formell-gesetzlich vorgefassten personellen oder elektronischen Netzwerken besteht eine Bandbreite an informeller Netzwerkkommunikation. Auch hier setzt sich die Verschränkung weiter fort. Personell-formelle Netzwerke werden durch elektronisch-formelle Datenbanken ergänzt. Innerhalb und um diese formell-gesetzlich ausstrukturierten Netzwerke siedeln sich informelle Netzwerkgruppierungen an. Binnen informeller Netzwerke bilden sich wiederum informelle Subnetzwerke; sie selbst wiederum greifen, in Abhängigkeit ihrer fortschreitenden Ausdifferenzierung, auf formal-organisatorische Netzwerkstrukturen zurück. Der Netzwerktypik entsprechend ist demnach auch der Formalisierungs- wie Institutionalisierungsgrad ein fließender. Allen Netzwerkarten ist jedoch der Ort ihrer Bildung gemein: Als Schnittstellenphänomene geben sie Antworten auf Kooperations- und Abstimmungsbedürfnisse. 333 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 582; dem folgend Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011). 334 BT-Drs. 16/10007, S. 6 zum GTAZ. 335 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1011). 336 Siehe dazu Kapitel 3. A. II. 3. a). 337 Siehe dazu Kapitel 2 A. II. 3. b).

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Das GTAZ bildet ein Konglomerat aus Bundes- und Landesbehörden, deren Aufgaben – zumindest in einem weiten Sinn – dem sicherheitsrechtlichen Bereich angehören oder in ihn hineinstrahlen. An dem gemeinsamen Zentrum sind überwiegend Bundes- und Landesbehörden beteiligt. Die Integration gesellschaftlicher, nichtstaatlicher Akteure und deren Interessen ist (bisher) ausschließlich i. R. d. Plenums der AG „Deradikalisierung“ vorgesehen. Der Fokus liegt aber auf der Effektivierung verwaltungsinterner, behördenübergreifender Arbeitsprozesse, dem Ressourcenaustausch und Abbau von Informationsasymmetrien im Bereich der Terrorismusbekämpfung. Folglich wäre das GTAZ als (fast) reines Behördennetzwerk einzustufen, sofern auch weitere Voraussetzungen des Netzwerkbegriffs vorlägen. Als länder- und bundesbehördenübergreifende Kooperationsplattform sucht das GTAZ Antworten auf Kooperations- und Abstimmungsbedürfnisse im Phänomenbereich der Bekämpfung islamistischen Terrorismus. Denn auf Grund föderal und verfassungsrechtlich verankerter Trennung der Informationsräume sollen die Behörden in die Lage versetzt werden, „sich schnell auszutauschen, die verfügbaren und relevanten Informationen zügig zu analysieren [sic!] und Entwicklungen frühzeitig erkennen [zu] können, um ihnen mit strategisch ausgerichteten und fundierten Maßnahmen entgegentreten zu können“.338 Diesem Prozess liegt de lege lata keine spezifische Rechtsgrundlage zugrunde. Vielmehr stützt sich die Arbeit von PIAS und NIAS sowie diejenige innerhalb der Arbeitsgruppen des GTAZ auf das formell-gesetzliche Netz der Datenübermittlungs- und - empfangsvorschriften, die den jeweiligen Behörden in ihren Fachgesetzen zugeordnet sind. Auch die Vorschriften des elektronischen Netzwerks der Anti-Terror-Verbunddatei tragen zu einer weiteren formell-gesetzlichen Vernetzung der Sicherheitsbehörden bei. Sämtlichen Vorschriften ist dabei gemein, dass sie nicht spezifisch auf den Phänomenbereich der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus innerhalb des GTAZ zugeschnitten sind. Über sie ist auch eine Kommunikation außerhalb der Tätigkeit des Zentrums möglich. Dennoch formen sie die Abläufe innerhalb des GTAZ formell vor. Die Einrichtung der neun Arbeitsgruppen bündelt und fasst die bundesweite Tätigkeit der Sicherheitsbehörden in einem zweiten Schritt organisatorisch in einem Grundgerüst aus Knotenpunkten339 zusammen. Da der Aufbau des gemeinsamen Zentrums auf einer internen Ministervorlage des BMI vom 14. 06. 2004 und einem 3-stufigen Feinkonzept beruht, erarbeitet durch BKA und BfV, entstand das Netzwerk nicht evolutiv, seine Einrichtung folgte einer bewussten Intention. Gleichwohl beruht es auf einer informellen Basis. Denn ein formeller Gesetzgebungsakt wurde nicht für nötig erachtet. Mithin ist festzuhalten, dass ein Bereich formell-gesetzlicher Kommunikationsvorschriften mittels informeller Organisationsakte eingefasst wurde. Die AG „Deradikalisierung“, als Schnittstelle des Erfahrungsaustausches zwischen staatlicher Präventionsarbeit und umgesetzter gesellschaftlicher Wirklichkeit, bewegt sich sogar völlig im Bereich der Informalität. Denn diesbezüglich besteht für keine der beteiligten Sicherheitsbehörden ein gesetzlicher Auftrag. In ihrer 338 339

BT-Drs. 17/14830, S. 5. Siehe dazu Kapitel 2 A. I. 1. a) sowie II. 2.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Schnittstellenfunktion aber bildet die AG auf Grund ihrer Binnenstruktur gleichsam ein weiteres informelles Netzwerk innerhalb des GTAZ-Netzes. Aus graphentheoretischer Sicht340 lassen sich die Struktur sowie die Verbindungen und Beziehungen zwischen den am GTAZ beteiligten Behörden wie folgt verdeutlichen: Die Akteure innerhalb des gemeinsamen Zentrums, also die Vertreter der beteiligten Behörden, bilden über die Zusammenfassung in den Arbeitsgruppen als Netzwerkelemente „Knoten“, die über „Kanten“ miteinander verbunden sind. Mit „Kanten“ sind dabei die Verbindungslinien zwischen den Behörden gemeint, die über die formellen Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften sowie weitere elektronische Datenbanken zustande kommen. Da jede Behörde jedoch nicht nur einmal linear durchlaufen wird, sondern über mehr als zwei Kanten mit den anderen Behörden verbunden ist, liegt auch eine für das Netzwerk typische flächige Ausbreitung vor. Hierbei ist es im Sinne des Datenschutzes und der Grundrechte relevant zu betonen, dass die Bezugsrichtung der Kanten hin zu ihren Knoten von zentraler Bedeutung ist. So knüpfen die Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften sämtlicher am GTAZ beteiligter Behörden zumindest an die Erforderlichkeit der Übermittlung zur Aufgabenerfüllung, wenn nicht sogar an strengere Voraussetzungen an. Im graphentheoretischen Sinn sind die formell-gesetzlichen Kommunikationsvorschriften demnach gerichtet. Ungerichtete Kommunikation ist, wie in der gesamten Verwaltung, auch im GTAZ nur in begrenztem Umfang, insbesondere im Bereich des Erfahrungsaustauschs, möglich. Insofern entsteht im Zentrum ein Nebeneinander von formeller, sich an den Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften orientierender und informeller, den Erfahrungsaustausch betreffender Kommunikation.341 Des Weiteren sind die Bundesbehörden in ihrer Kommunikation untereinander vollvermascht. Neben speziellen Vorschriften, die den Informationsaustausch zwischen bestimmten Akteuren regeln, finden sich regelmäßig auch solche, die die „Behörden des Bundes“ zu einer Informationsweitergabe verpflichten oder ihnen zumindest ein Übermittlungsermessen zuteilwerden lassen. Bei kompetenter Steuerung vollvermaschter Strukturen werden diese zu einer besonderen Leistungskompetenz und Ausfallsicherheit befähigt; ihr Nachteil liegt jedoch, wie bereits in Kapitel zwei ausgeführt, aufgrund der hohen Verbindungsdichte in der aufwändigen Übertragungssteuerung zwischen den einzelnen Knoten. Eine Abmilderung dieser Nachteile bzw. eine kompetente Steuerungsform wurde durch die Einrichtung des GTAZ in seinem 3-stufigen Konzept erreicht, das das Netzwerk um die Elemente der Sterntypologie ergänzt. Diese Netzwerktypologie geht von einem zentralen Knoten aus, der mit jedem weiteren Koten über eine Kante verbunden ist. Bezogen auf das gemeinsame Zentrum bildet das GTAZ mit seinen neun Arbeitsgruppen und insbesondere der AG „Tägliche Lagebesprechung“ und der AG „Operativer Informationsaustausch“ zwei zentrale Knoten, in die bzw. aus denen jeder Akteur, auch über PIAS und NIAS, Informationen einfließen lässt und ent340

Siehe dazu Kapitel 2 A. I. c). Im Rahmen der entsprechenden Arbeitsaufträge bietet jede Arbeitsgruppe Raum für den Erfahrungsaustausch. Insbesondere gilt dies jedoch wieder für die AG „Deradikalisierung“. 341

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nimmt bzw. operativ abstimmend wirkt. Für die Effizienz der Terrorismusbekämpfung und die Zusammenarbeitsfähigkeit hat das Zentrum eine entsprechend hohe Bedeutung.342 Die Schaffung eines zentralen Netzknotenpunktes für den tagesaktuellen Echtzeitaustausch bzw. für die operative Vorgehensabstimmung bringt den Vorteil mit sich, ein Zentrum ohne Zentralisierung schaffen zu können. Die Steuerung und – theoretisch – auch die Kontrolle des Gesamtgebildes werden so leichter. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das GTAZ die Netzwerkstruktur einer formell-informell, vermaschten, doppel-kernigen Sterntypologie aufweist, die intendiert informell errichtet wurde und deren Arbeits- und Kommunikationswege zu einem überwiegenden Teil auf formell-gesetzlichen, jedoch nicht ausdrücklich für das GTAZ geschaffenen Vorschriften beruht.343 Aber auch hinsichtlich seiner Arbeitsweise in den Arbeitsgruppen, gespeist über PIAS und NIAS, weist das Gemeinsame Zentrum zentrale Merkmale der Arbeit in Netzwerken auf. Das GTAZ ist flexibel. Die Vereinigung von PIAS und NIAS unter einem Dach führt polizeirechtlich und nachrichtendienstlich erworbene Wissensressourcen, ergänzt um asyl- und ausländerrechtliche sowie strafermittlungsrechtliche Informationen, in den Arbeitsprozess ein. Je nach Anforderungsprofil werden unterschiedliche Behördenvertreter in die einzelnen Arbeitsgruppen berufen. Durch den Verzicht auf eine klar geregelte Binnenstruktur wird erreicht, dass stets die geeigneten Quellen aktiviert und gebündelt an einen Tisch gebracht werden. Das GTAZ reduziert mittels seiner polyzentrischen Struktur Unsicherheiten. Zunächst werden in den beiden dem gemeinsamen Zentrum zugrundeliegenden Informations- und Analysestellen zentrale Informationen und Daten aus Bund und 342

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 171 „Die Arbeit im GTAZ wird von keinem […] grundsätzlich in Frage gestellt“; zum Effizienzbegriff Röhl, DVBl 2006, S. 1070 (1070 f.); Siegel, Entscheidungsfindung im Verwaltungsverbund, S. 66 ff. 343 Die Netzwerkeigenschaft des GTAZ mehr oder weniger argumentativ bejahend, siehe Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 158 („informelles, aber organisatorisch verfestigtes Netzwerk mit einem formalisierten Informationsnetz“); Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (146). Oftmals offengelassen bzw. nur negativ abgrenzend siehe BT-Drs. 17/14380, S. 2 („behördenübergreifende Kooperationsplattform“); Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, S. 1 f. („neue Form für die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden“, „bündelt die Fachkompetenz der beteiligten Behörden, ohne durch die Errichtung einer weiteren Behörde neue Schnittstellen zu schaffen“); Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166 („Bei den Zentren handelt es sich nicht um neue Behörden“); Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 582 („keine Sicherheitsbehörde sui generis“); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1010) („dauerhafte Schnittstelle für Behörden“).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Ländern zusammengeführt, katalogisiert, analysiert und verarbeitet. Aus den 16 polizeirechtlich und nachrichtendienstlich überwachten Räumen wird unter der Führung von BKA und BfV jeweils ein erstes Gesamtbild innerhalb der Polizeien bzw. der Nachrichtendienste geschaffen. Gleichzeitig ist es jedem Akteur möglich, sich bei Bedarf ad hoc an die Geschäftsführung einer AG zu wenden. Innerhalb des GTAZ erfolgt sodann die Zusammenführung beider Perspektiven, wiederum unter Berücksichtigung asyl- und ausländerrechtlicher sowie strafermittlungsrechtlicher Aspekte, sodass aus den föderal-fragmentarisch vorliegenden Informationsbruchstücken gemeinsam ein vollständiges Lagebild gezeichnet und Informationsasymmetrien abgebaut werden können. Innerhalb des Zentrums werden die Themenschwerpunkte auf differenzierte Arbeitsgruppen verteilt, deren Zusammensetzung sich am entsprechenden Informations- und Analysebedarf orientiert und dementsprechend auf fachversiertes Personal setzt. Die Fachexpertise wiederum wird durch eine Kombination aus grundsätzlich fester Abstellung des Personals sowohl in Teilals auch Vollzeit sowie mittels anlassabhängiger Hinzuziehung weiteren, spezialisierten Personals sichergestellt. Neben dem Austausch arbeitstäglich relevanter Informationen in der Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“ ermöglicht diese AG auch eine frühzeitigere und umfassendere Fehlererkennung und damit auch -vorbeugung. Durch den regelmäßigen Austausch, auch in den Arbeitsgruppen „Gefährdungsbewertung“ und „Operativer Informationsaustausch“, wird es möglich, einen vergleichsweise zuverlässigen Schluss über möglichen Handlungsbedarf und die aktuelle Gefährdungslage zu ziehen. Die Zuverlässigkeit resultiert dabei aus der Gemeinsamkeit: Sowohl die Informations- und Datenlage als auch die Erfahrungsschätze und Bewältigungsstrategien umfassen mehrere Perspektiven. Dies ist es auch, was eine weitere Reduzierung von Unsicherheiten mit sich bringt. Innerhalb des Zentrums wird nicht nur einzelfallbasiertes Wissen analysiert und getauscht, es geht, insbesondere in den Arbeitsgruppen „Fallauswertung“ und „Strukturanalysen“, ebenfalls um eine langfristige Entwicklung von Problemlösungskonzepten. Das GTAZ ist somit auch lern- und innovationsfähig. Die gezielte Aufklärung von Handlungsmustern im Bereich relevanter terroristischer Gruppierungen, von potenziellen Rekrutierungs- und Unterstützungsstrukturen, aber auch die Durchführung von Grundlagenprojekten zu Strukturen und Funktionsweisen islamistischer Netzwerke, ermöglichen eine in Zukunft optimierte Herangehensweise in den Bekämpfungsstrategien durch alle GTAZ-Mitglieder. Vor allem durch die Fähigkeit zur flexiblen Neu-Kombination des in den Arbeitsgruppen zusammenarbeitenden Personals sowie der Arbeitsmittel wird eine reflektierende Gewichtung diverser Informationen und Erfahrungen möglich. Erst dadurch entsteht ein Gesamtbild, das für die einzelnen beteiligten Behörden oder für PIAS und NIAS weder selbsttätig produzierbar noch erkennbar war. Im Zusammenschluss kann Verdecktes so für den Bewältigungsprozess nutzbar gemacht werden.

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Das GTAZ schafft mittels Überbrückung von Raumdistanzen Vertrauen. Denn die neun Arbeitsgruppen sowie die Informations- und Analysestellen PIAS und NIAS befinden sich in räumlicher Nähe zueinander auf dem Gelände des BKA in BerlinTreptow. Ein erfolgreiches Arbeitsergebnis setzt ein nicht zu unterschätzendes Maß an positivem arbeitsalltäglichem Miteinander voraus, das den Einzelnen zu Höchstleistungen motivieren kann. Ein schlechtes Arbeitsklima hingegen verhindert die Stabilisierung von Kommunikationswegen und reduziert die persönliche wie statusrechtliche Akzeptanz, das Verständnis für Besonderheiten und die „selektive Aufmerksamkeit“ des Gegenübers. Die persönlichen Kennverhältnisse tragen wesentlich zum Mehrwert des Zentrums bei. Die Errichtung des GTAZ spart Zeit und Kosten. In diesem Sinne wurde auf die Errichtung und Einrichtung einer neuen Behörde verzichtet, die gleichzeitig das Einstellen eigenen Personals sowie das Zurverfügungstellen eigener Sach- und Finanzmittel bedingt hätte. Der Rückgriff auf eine faktisch vorhandene polyzentrische Grundstruktur über das Zusammenfassen der bereits bestehenden „Terrorismusreferate“ der beteiligten Behörden auf dem Gelände des BKA in Berlin-Treptow steigert die Produktivität insofern, als dass Informationen und Erfahrungswissen schneller abrufbar sind, da der geeignete „Informant“ bereits (persönlich) bekannt und in unmittelbarer Nähe ist. Der schnelle und zuverlässige Zugriff erhöht wiederum das interorganisatorische Vertrauen, mildert Zeitverzögerungen, baut unnötige Prüfungsredundanzen ab und sorgt für mehr Offenheit und Koordination im Arbeitsprozess. So wird deutlich, dass die Netzwerkstruktur des GTAZ die Produktivität insgesamt steigert. Auch hier gilt, wie für Netzwerke im Allgemeinen, dass sich seine Eigenschaften gegenseitig beflügeln. Der zentrale Austausch innerhalb der AG „Tägliche Lagebesprechung“ sorgt für eine umfassende Informationsbasis aller beteiligten Akteure. In der Folge wird jede einzelne Behörde dazu befähigt, ihre jeweiligen Maßnahmen zielgerichteter zu steuern. Insbesondere auch durch das Abstimmen der jeweiligen Vorgehensweisen können unnötige Redundanzen abgebaut, allerdings auch erforderliche, sich überschneidende Parallelvorgehen effektiv aufeinander abgestimmt und aneinander angepasst werden. Insofern weist das Informationsnetzwerk GTAZ auch Elemente der operativen Planung und Koordination auf. Der reibungslose Arbeitsablauf wird abermals durch die enge Zusammenarbeit und persönlichen Beziehungen harmoniert. Da der Fokus jedoch nicht nur auf der akuten Krisenbewältigung liegt, sondern auch auf der gemeinsamen Analyse und Bereitstellung von Hintergrundwissen und Bewältigungsstrategien, steigt wiederum die Effektivität der künftig zu bewältigenden Aufgaben sowohl im GTAZ selbst als auch innerhalb der einzelnen Akteure, die das gesammelte Erfahrungswissen gleichfalls für ihr eigenes Vorgehen nutzbar machen können. Mithin verfügt das GTAZ über eine erhöhte Lern- und Innovationsfähigkeit, die für weitere Bereiche des Sicherheitsapparats als Vorbild dient.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

VI. Verwaltungsorganisationsrechtliche Konflikte Obwohl die Existenz der gemeinsamen Zentren im Allgemeinen und die des GTAZ im Besonderen für den Phänomenbereich der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus weitgehend unbestritten für erforderlich gehalten wird344, wirft sie nicht unerhebliche verwaltungsorganisatorische Streitfragen auf. Im Fokus der Aufmerksamkeit stehen insbesondere der Vorwurf der Umgehung des Trennungsprinzips, der relativen Intransparenz, verbunden mit einem Mangel an effektivem Rechtsschutz, sowie Fragen des ausreichenden Datenschutzes in informellen Organisationsstrukturen. On top der Diskussion steht die Frage nach dem Erfordernis einer GTAZ-spezifischen Kontrollinstanz, auf die gesondert im nachfolgenden Abschnitt eingegangen wird. 1. Umgehung des nachrichtendienstlichen Trennungsgebots? Da innerhalb des GTAZ eine Vielzahl an Polizei- und Verfassungsschutzbehörden sowie zivile wie militärische Nachrichtendienste informatorisch miteinander verknüpft sind, ist der Verdacht einer Umgehung des nachrichtendienstlichen Trennungsgebotes zumindest nicht fernliegend. Für eine dementsprechende Begutachtung werden im Folgenden zunächst die Grundrisse des Trennungsgebotes aufgezeigt. a) Historischer Ursprung und (verfassungs-)rechtliche Verankerung des Trennungsgebotes Seinen historischen Ursprung hat das Trennungsgebot im sogenannten Polizeibrief der Alliierten Militärgouverneure vom 14. 04. 1949 in Reaktion auf „den Terror der Gestapo des NS-Regimes“.345 Mit diesem wurden der damaligen Bundesregierung Befugnisse im Bereich der inneren Sicherheit, genauer zur Einrichtung von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten, zugestanden. Im Wortlaut wurde es der Bundesregierung gestattet, „eine Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten

344 „Das GTAZ ist ohne Frage ein Erfolgsmodell“, Kommission „Evaluierung Sicherheitsbehörden“ (Hrsg.), Kooperative Sicherheit – Die Sonderpolizeien des Bundes im föderalen Staat, S. 125, jedoch zu grundlegender Kritik am Modell GASIM und zu der Übertragung des GTAZ-Modells auf andere Sicherheitsbereiche S. 125 ff., insbesondere S. 127. 345 Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 47; ausführlich zur historischen Herleitung, den Rechtsgrundlagen und der Frage des Verfassungsranges des Trennungsgebotes siehe Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 25 ff.; einen historischen Rückblick bietend, Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 21 ff.; zu den Gründen der Implementierung des Trennungsgebotes siehe Baumann, DVBl 2005, S. 798 (799 f.); Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3290).

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einzurichten“.346 Aus dem zweiten Satz der Nr. 2, im Englischen „This agency shall have no police authority“, wird eine organisatorische und eine funktionelle Trennung von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten gefolgert.347 Als dritte Komponente tritt die informationelle Dimension des Trennungsgebotes hinzu. Mit Erlangung der vollen Souveränität der Bundesrepublik ist auch die Bindungswirkung des Polizeibriefes erloschen.348 Die Frage nach dem Fortwirken des Trennungsgebots, genauer gesagt, ob ihm auf Bundesebene dennoch ein umfassender Verfassungsrang zukommt, wird uneinheitlich beantwortet. Sofern einer Ableitung aus Art. 73 Abs. 1 Nr. 10, Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG mit Bedenken entgegengetreten wird, ließe sich das Gebot jedenfalls auf das Rechtsstaats- und Bundesstaatsprinzip sowie auf den Schutz der Grundrechte stützen.349 In jedem Fall ist es einfach-gesetzlich verankert. b) Inhalt und Reichweite des Trennungsgebotes Das nachrichtendienstliche und militärische Trennungsgebot „wirkt der Entstehung eines allmächtigen [politischen] Überwachungsstaates entgegen“ und zielt darauf ab, die „Kumulation nachrichtendienstlicher Aufgaben und polizeilicher Exekutivbefugnisse zu verhindern“.350 In seiner Reichweite erfasst das Gebot, wie bereits angedeutet, organisatorische, funktionelle sowie informationelle Aspekte. Vorweggenommen sei auch der Grundsatz, dass das Trennungsgebot zwar einen Grundstock an separater Aufgabenerfüllung, gleichzeitig aber nicht die hermetische Abschottung der Behörden voraussetzt, denn: Trennung setzt wesensimmanent Zusammenarbeit voraus. aa) Trennungsgebot als (funktionale) Befugnisabgrenzung Das soeben geschilderte wesentliche Anliegen des Verhinderns der Entstehung zentraler Kompetenzzentren wird maßgeblich durch die funktionale Komponente des Trennungsgebotes bestimmt. Danach ist (historisch gesehen) eine strenge Be346 Vgl. Nr. 2 des Schreibens, abgedruckt etwa bei Roewer, DVBl 1986, S. 205 (206 Fn. 11); Gusy, ZRP 1987, S. 45 (45 Fn. 6); in der englischen Originalfassung etwa bei Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 232 f. sowie König, Trennung und Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 70 f. 347 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (799); Albert; ZRP 1995, S. 105 (105 ff.); Kutscha, ZRP 1986 S. 194 (194 ff.) auch zum Problem der informationellen Zusammenarbeit. 348 Ausdrücklich BVerfGE 110, 33 (52); Näheres auch bei Baumann, DVBl 2005, S. 798 (799 f). 349 Ausführlich Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 47 ff.; Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 48 m. w. N.; Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 27 ff. 350 Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3289); Baumann, DVBl 2005, S. 798 (800 m. w. N. in Fn. 20).

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fugnisbegrenzung zwischen den Sicherheitsbehörden gewollt. Diese wirkt in zwei Richtungen: Weder dürfen Nachrichtendienste über exekutiv-polizeiliche Mittel verfügen noch die Polizeien über investigative der Nachrichtendienste. Dies gilt auch für die parallele Ebene der Amtshilfeersuche.351 Mit anderen Worten soll der nachrichtendienstliche Informationserhebungsanspruch nicht mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden können, ohne dass die Schwelle des polizeirechtlichen Gefahrenbegriffs überschritten wurde. Gleichermaßen sollen den Polizeibehörden nicht zusätzlich zu ihren exekutiven Mitteln solche der verdeckten Vorgehensweise zustehen. Denn dies würde wiederum zu einer Aushöhlung ihrer eigenen Eingriffsbefugnisse führen, da sie so Informationen erhielten, die sie aufgrund ihrer Befugnisse nicht selbst hätten gewinnen können. In der Praxis ist jedoch eine verstärkte Funktionenvermischung, insbesondere im Bereich der Abwehr terroristischer Gefahren und der Telekommunikationsüberwachung, zu beobachten, in deren Folge sich das BVerfG – in Bestätigung des organisatorischen Trennungsgebotes – scheinbar veranlasst sah zu betonen, dass „Zentralstellen für Zwecke des Verfassungsschutzes oder des Nachrichtendienstes – angesichts deren andersartiger Aufgaben und Befugnisse – nicht mit einer Vollzugspolizeibehörde zusammengelegt werden dürfen“.352 bb) Gebot der organisatorischen Trennung Das Gebot der funktionalen Trennung setzt das Gebot organisatorischer Trennung zwingend voraus. Denn andernfalls kann das Ziel, das Einsickern polizeilicher Befugnisse in den Bereich nachrichtendienstlicher Informationsbeschaffung im Vorfeld des Gefahrenbereichs zu verhindern, nicht effektiv gewährleistet werden.353 Eine organisatorische Vermengung oder gar Zusammenlegung der Behörden würde dies konterkarieren. Mithin bildet dieser Aspekt die Basis aller Trennung zwischen den Fachbehörden.354 Einfachgesetzlich wird dies durch § 1 Abs. 1 S. 2 BNDG, § 2 Abs. 1 S. 3 BVerfSchG und § 1 Abs. 4 MADG umgesetzt, wonach weder BND noch BfV und MAD einer polizeilichen Dienststelle angegliedert werden dürfen. Landesrechtliche Angliederungsverbote sind in den Verfassungsschutzgesetzen der 351 Vgl. § 2 Abs. 3 BNDG, § 8 Abs. 3 BVerfSchG, § 4 Abs. 2 MADG; zum Ganzen näher siehe Denninger, Amtshilfe im Bereich der Verfassungsschutzbehörden, in: BMI (Hrsg.), Verfassungsschutz und Rechtsstaat, S. 19 ff.; Evers, Verfassungsschutz und Polizei, in: BMI (Hrsg.), Verfassungsschutz und Rechtsstaat, S. 68 ff.; Gusy, DV 24 (1991), S. 467 (467 ff.); Lang, Antiterrordateigesetz, S. 110 ff.; Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3294). 352 Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 48 m. w. N. in Fn. 212; vgl. auch Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144), der für die deutsche Sicherheitsarchitektur darauf verweist, dass die Ausweitung der Aktivitäten der Nachrichtendienste im Bereich der Strafprävention als auch die Intensivierung der Vorfeldaufklärung durch die Polizei sowie die Zunahme an Zentren wie dem GTAZ das Trennungsgebot mit der Folge antasten würden, dass die strikte Trennung auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung immer mehr zu schwinden scheint. 353 Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 47. 354 Vgl. Wolff, DÖV 2009, S. 597 (601).

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Länder zu finden.355 Anders gewendet ist aber auch die Vereinigung der Behörden in einer Art zentralen, gemeinsamen Sicherheitsbehörde nicht zulässig. So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Trennungsgebot es verbiete, Sicherheitsbehörden derart miteinander zu verschmelzen, dass sie mit Aufgaben befasst werden, die mit ihrer verfassungsrechtlichen Stellung unvereinbar wären.356 Maßgebender Begriff für die Beurteilung einer organisatorischen Zusammenarbeitsform auf dem Gebiet der Sicherheitsbehörden ist daher derjenige der „Angliederung“. Ob ein gemeinsames Vorgehen darunter zu subsumieren ist, ist für den Einzelfall und nicht immer leicht zu bestimmen. Eine vollständige Verflechtung oder personelle Integration ist unstreitig nicht mehr rechtens.357 Auch faktisch darf das Trennungsgebot nicht durch eine zahlenmäßig hohe oder eine Abordnung auf hoher Hierarchiestufe unterlaufen werden.358 Anders sieht es für den Bereich lockerer Zusammenarbeitsformen unterhalb der Schwelle der Vollintegration aus, sofern die jeweiligen Zuständigkeiten gewahrt bleiben und die Zusammenarbeit der Amtshilfe ähnlich punktuell erfolgt.359 Die Grenzen der Vereinbarkeit einer Zusammenarbeitsform mit dem Trennungsprinzip sind hier fließend. cc) Informationsrechtliches Trennungsgebot Ob dem Trennungsgebot auch ein informationeller Charakter innewohnt, wird, im Gegenzug zu den anderen beiden Aspekten, in der Literatur nicht einheitlich beantwortet.360 Zum einen wird angeführt, die Einhaltung der vorhandenen Datenschutzvorschriften würde genügen, um eine effektive Trennung der Fachbehörden zu gewährleisten.361 Weniger restriktiv vertreten Roggan/Bergmann die Ansicht, dass das Trennungsgebot zwar auch informationelle Wirkung entfalte, eine Datenübermittlung zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten jedoch nicht grundsätzlich unzulässig, sondern auf gesetzliche Einzelfälle beschränkt sei.362 Eine „planmäßige 355 Vgl. §§ 2 Abs. 1 S. 1, 2, 8 Abs. 7 VSG Bln.; zu einer Auflistung sämtlicher landesgesetzlicher Regelungen siehe Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013 in Fn. 62). 356 BVerfGE 97, 198 (217). 357 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (800); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 358 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 359 Gusy, DV 24 (1991), S. 467 (484); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 360 Für eine informationelle Komponente des Trennungsgebotes siehe Baumann, DVBl 2005, S. 798 (800 f.); Gusy, DV 24 (1991), S. 467 (487 ff.); Gusy, ZRP 1987, S. 45 (49 f.); Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 132; Kutscha, in: Roggan/Kutscha (Hrsg.), Handbuch zum Recht der inneren Sicherheit, S. 81; Mehde, JZ 2005, 815 (818 ff.); dagegen siehe Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3295), ohne ausdrückliche Nennung von Gründen, lediglich mit dem Hinweis, dass Datenschutzvorschriften selbstverständlich einzuhalten seien; Roewer, DVBl 1986, S. 205 (207 f.); differenzierend Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 49; Roggan/Bergemann, NJW 2007, S. 876 (876 ff.); Stubenrauch, Gemeinsame Verbunddateien, S. 48 f. 361 So scheinbar Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3295). 362 Roggan/Bergemann, NJW 2007, S. 876 (876 f.).

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Zusammenführung von jeweils vorhandenen Erkenntnissen“ würde jedoch dem Grundgedanken des Trennungsgebotes widersprechen.363 Mit seiner wegweisenden Entscheidung zur Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Antiterrordatei vom 24. 04. 2013 führt das BVerfG in diesem Rahmen nunmehr aus, dass aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein informationelles Trennungsprinzip folge, wonach zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten Daten grundsätzlich nicht ausgetauscht werden dürften.364 Einschränkungen der Datentrennung seinen nur ausnahmsweise zulässig und auch nur, soweit der Austausch – insbesondere für ein operatives Tätigwerden – einem herausragenden öffentlichen Interesse diene, das den Zugriff auf Informationen unter den erleichterten Bedingungen, wie sie den Nachrichtendiensten zu Gebot stehen, rechtfertigt.365 Dies müsse wiederum mittels hinreichend konkreter und qualifizierter Eingriffsschwellen auf Grundlage normklarer gesetzlicher Regelungen gewährleistet werden.366 Klar wird damit zweierlei: Weder kennt das geltende (Verfassungs-)Recht ein striktes informationelles Trennungsgebot noch darf die Kommunikation zwischen den Fachbehörden überborden. Die organisatorische Ausdifferenzierung von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten auf Bundes- und Landesebene würde aber leerlaufen, wenn mittels neuartiger Informationsaustausch- und Kooperationsformen ein Zustand hervorgerufen werden würde, der die Trennung nicht der Form, aber der Sache nach aufheben würde.367 Denn ein ungehinderter Informationsfluss würde das Trennungsgebot insofern praktisch aushebeln, als dass die Befugnisse der Fachbehörden faktisch zusammengelegt würden.368 Gleichzeitig bedingt die funktionale Trennung deren informationelle Zusammenarbeit, um einen hohen einheitlichen Standard in der Bundesrepublik als einheitlichen Sicherheitsraum zu gewährleisten.369 Insbesondere von Seiten des BfV und der Verfassungsschutzbehörden der Länder wird angeführt, dass eine vollständige informationelle Trennung unter gleichzeitigem Ausschluss jeglicher Zusammenarbeit wenig sinnvoll sei370, da sich die Nachrich363

Roggan/Bergemann, NJW 2007, S. 876 (876 f.). BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. Eingehend zu den Auswirkungen der Entscheidung siehe den Bericht des Bundesministeriums des Innern zu den Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 24. 04. 2013, 1 BvR – 1215/07 (ATDG), auf die Zusammenarbeit und den Austausch von personenbezogenen Daten zwischen der Polizei und dem Verfassungsschutz, abrufbar unter http://www.innenministerkonferenz.de/ IMK/DE/termine/to-beschluesse/13 – 12 – 06/Anlage4.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt aufgerufen am 04. 08. 2014), zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze siehe BRat-Drs. 153, 14, S. 1 ff.; BT-Drs. 18/1565, S. 1 ff. 365 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. 366 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. 367 Vgl. Gusy, ZRP 1987, S. 45 (49). 368 Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Nachrichtendiensten und Polizei, S. 132; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1014). 369 Schoch (Hrsg.), BVerwR15, 2. Kap. Rn. 49; Götz, Innere Sicherheit, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HStR IV3, § 85 Rn. 40. 370 Vgl. Borgs/Ebert, Das Recht der Geheimdienste, § 3 Rn. 131 f.; Roewer, Nachrichtendienstrecht in der Bundesrepublik Deutschland, § 3 BVerfSchG Rn. 193 ff. 364

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tendienste, gerade weil sie nicht über polizeiliche Exekutivbefugnisse verfügen, mit den Polizeibehörden austauschen müssten, um ihre Erkenntnisse umsetzen zu lassen, andernfalls wären sie dazu gezwungen, eine sich weiter entwickelnde Gefährdungslage sehenden Auges hinnehmen zu müssen.371 Der Informationsaustausch ist daher eine notwendige Konsequenz der organisatorischen Trennung, also „funktionale Kehrseite“ des Trennungsgebots.372 c) Trennung versus Vernetzung im GTAZ Als wesentlich für den Erfolg des GTAZ nennt das Bundesamt für Verfassungsschutz die Kooperation von Polizeien und Nachrichtendiensten „unter einem Dach“.373 Nach Lange bewegt sich das GTAZ hingegen „hart am Rande dessen, was mit dem Trennungsgebot noch zu vereinbaren ist“.374 Denn das Zentrum biete potenziell den Kern dafür, ein „gemeinsames Dach der Sicherheitsbehörden“ zu errichten, mit dem die Grenze sodann überschritten wäre375, was dem BfV zufolge jedoch bereits der Wirklichkeit entspricht und auch entsprechen soll. In ihrer Zusammenschau öffnen beide Perspektiven den Blick für die vorliegende Problematik: Trennung versus Vernetzung im GTAZ. Dem soeben Ausgeführten folgend, steht fest, dass eine „Angliederung“ nachrichtendienstlicher Stellen an Polizeibehörden verboten ist. Ob eine Vermischung der Fachbehörden unterhalb der Vollintegration „unter einem Dach“ bereits eine unzulässige Angliederung darstellt, ist damit noch nicht gesagt. Allenfalls deutet diese Formulierung eine Richtung an.376 Mit der Schaffung eines Daches in Behördenform wäre diese Grenze mit Sicherheit organisationsrechtlich überschritten. Bei dem GTAZ handelt es sich jedoch – auch auf Grund des Fehlens eines formellen Gesetzgebungsaktes – nicht um eine Behörde, sondern um ein prinzipiell informelles, interbehördliches Netzwerk. Die Wahl dieser Organisationsform macht deutlich, dass die Schaffung von Behörden mit allumfassenden Kompetenzen im Sinne des Trennungsgebotes gerade vermieden werden sollte.377 Innerhalb von (Sicherheits-) 371

Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1014). Nehm, NJW 2004, S. 3289 (3294); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (2014). Teilweise wird deshalb vertreten, die Datenübermittlung zwischen Nachrichtendiensten und Polizei sei bereits als „Auswertung“ i. S. v. § 3 Abs. 1 BVerfSchG gerechtfertigt, so Scholz/Pitschas, Informationelle Selbstbestimmung und staatliche Informationsverantwortung, S. 194. 373 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GTAZ, Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terroris mus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 23. 07. 2014); für das GETZ siehe https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Sicherheit/Extre mismus/getz.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 23. 07. 2014). 374 Lange, in: Möllers/van Ooyen, Sicherheitsarchitektur, S. 100. 375 Lange, in: Möllers/van Ooyen, Sicherheitsarchitektur, S. 100. 376 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (804). 377 Vgl. Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 372

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Netzwerken bleibt vielmehr der einzelne Akteur Anknüpfungspunkt rechtlicher Regulierung. Dies entspricht auch der Basislegitimation von Netzwerken. Des Weiteren führt das BfVaus, dass die Einrichtung von zwei getrennten Säulen, nämlich NIAS und PIAS, Voraussetzung für die Kooperation der Fachbehörden „unter einem Dach“ war.378 Folge der Einrichtung der beiden Analysestellen ist, dass das GTAZ nicht über eigene personelle Ressourcen verfügt. Die Mitarbeiter sind organisatorisch vielmehr an die für die Tätigkeit im GTAZ zuständigen Fachreferate oder Arbeitsgruppen ihrer Entsendebehörde gebunden. Für die leitenden Behörden wären das unter anderem in etwa die Referate ST 32 GTAZ/PIAS-Zentralstelle und ST 33 GTAZ/PIAS-Analysen-Lage-Gefährdung der Abteilung „Polizeilicher Staatsschutz“ innerhalb des BKA sowie die im BfV zuständigen Referate der Abteilung 6 „Islamismus und islamistischer Terrorismus“, deren genaue Bezeichnung als „VS- nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft ist. Die polizeiliche und nachrichtendienstliche Tätigkeit wird also nicht in Personalunion vorgenommen.379 Zwar erfolgt die Tätigkeit zentral am Standort des GTAZ in Berlin-Treptow auf demselben Grundstück des BKA und nicht ferngesteuert von den jeweiligen Behördenstandorten aus. Dennoch sind die Analysestellen in voneinander getrennten Gebäuden untergebracht, sodass nur die Arbeitsgruppen gemeinsame Berührungspunkte darstellen.380 Rhythmus und Dauer der Arbeitsgruppen sind jedoch weitgehend vergleichbar mit sonstigen Arbeitstreffen informeller Art innerhalb der Verwaltung. Fünf der neun AGs treffen sich lediglich anlassabhängig ohne bestimmten Rhythmus. Dazu zählen die AGs „Gefährdungsbewertung“, „Operativer Informationsaustausch“, „Strukturanalysen“, „Islamistisch-terroristisches Personenpotenzial“ und die AG „Deradikalisierung“. Auch der in etwa vierteljährliche Rhythmus der AGs „Fallauswertung“ und „Transnationale Aspekte des islamistischen Terrorismus“ sowie der ein- bis zweimonatliche der AG „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ sind nicht außergewöhnlich. Einzig die AG „Tägliche Lagebesprechung“ trifft, wie ihr Name verheißt, täglich zusammen. Die Dauer sämtlicher Sitzungen liegt mit 30-minütigen, zwei- bis fünfstündigen oder eintägigen Zusammentreffen in der arbeitsalltäglichen Norm. Die duale Binnenstruktur des Zentrums macht deutlich, dass es sich bei dem GTAZ nicht um eine einheitliche Stelle mit zentraler Führung handelt381, die Tätigkeit innerhalb des Zentrums vielmehr eine Form der „üblichen“ formell-informellen Zusammenarbeit darstellt. Sie geht jedoch insofern über das „bisher Übliche“ hinaus, als dass sie strukturell fixiert mittels räumlicher Annäherung und der Errichtung der Arbeitsgruppen organisatorisch gefestigt wurde. Für die 378 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), GTAZ, Stand 04. 03. 2013, abrufbar unter: http://www.verfassungsschutz.de/de/arbeitsfelder/af-islamismus-und-islamistischer-terroris mus/gemeinsames-terrorismusabwehrzentrum-gtaz (zuletzt aufgerufen am 23. 07. 2014). 379 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (804); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013); Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 380 Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, S. 582. 381 So auch Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 113.

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organisationsrechtliche Komponente des Trennungsgebotes ist damit Folgendes festzuhalten: Innerhalb des Netzwerkes behalten die Behörden ihren selbstständigen Status. Das Trennungsgebot wird jedoch durch die permanente und institutionelle Einrichtung der Arbeitsgruppen deutlich relativiert382, da gerade die zentral bedingten persönlichen Kennverhältnisse den Mehrwert des Zentrums bilden. Rhythmus und Dauer der Zusammentreffen mögen zwar üblichen Gepflogenheiten der Verwaltung entsprechen, dennoch werden die Fachbehörden durch die auf Dauer angelegten Strukturen näher aneinander herangeführt, als dies ohne das Zentrum möglich wäre. Darüber hinaus muss auch die funktionelle Eigenständigkeit der Akteure im GTAZ-Netz gewahrt bleiben. Eng verknüpft mit dieser befugnisrechtlichen Komponente des Trennungsprinzips ist im Bereich der Sicherheitsarchitektur auch diejenige der informationellen Befugnisse. Denn das Sicherheitsrecht lebt im Bereich der Terrorismusbekämpfung quasi von präventiver Informationserhebung und präventivem Informationsaustausch. Umfassende Analysen auf möglichst sicherer Datenlage sollen Gefahrensituationen frühestmöglich eindämmen. Dennoch haben die Akteure im Zentrum keinen direkten Zugriff auf die Behördendaten der jeweils anderen Beteiligten.383 Auch die Speicherung gemeinschaftlich erarbeiteter Analysen und Strategien erfolgt separat innerhalb der jeweiligen Behördenstränge und ihrer Aktenführungssysteme. GTAZ-spezifische gemeinsame Dateien existieren nicht. Das Zentrum bietet den beteiligten Behörden vielmehr den örtlichen Treffpunkt und Raum dafür, auf Grund der ihnen zustehenden fachspezifischen Übermittlungsvorschriften miteinander in Kontakt zu treten und auf dieser Basis Informationen und Daten auszutauschen. Die Befugnisse innerhalb des GTAZ korrespondieren daher grundsätzlich mit der Basislegitimation des Netzwerkes. GTAZspezifische Befugnisse sind nicht vorgesehen. Dies gilt sowohl für die Plattformen PIAS und NIAS als auch für die einzelnen Arbeitsgruppen. Daher sind die Kommunikationsvorschriften direkter Anknüpfungspunkt der befugnisrechtlichen Trennung und weniger das GTAZ selbst. Den entsprechenden Normen aus dem BKAG, BPolG und ZFdG, des BVerfSchG, MADG und BNDG sowie denjenigen des BMAF, der GBA und der landesgesetzlichen Vorschriften stehen insofern grundsätzlich keine Bedenken gegenüber.384 Auch die Vorschriften des Terrorismusbekämpfungsgesetzes vom 09. 01. 2001 sowie der ATDG genügen dem BVerfG zufolge

382 So auch Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 165; ebenso für eine Relation außerhalb einer Verletzung Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1014). 383 Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 384 Vgl. Bergemann, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. H Rn. 110; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015). Zur Frage, ob diese Normen auch die gemeinsame Analyse decken bzw. diese nicht doch das funktionelle Trennungsgebot berührt, siehe Kapitel 3 A. VIII, insbesondere aa).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

dem informationellen Trennungsgebot.385 Das GTAZ folgt in seiner Arbeitsweise diesen vorgegebenen netzartigen Kommunikationswegen. Eine funktionale Angliederung im Sinne eines Eingreifens in den Zuständigkeitsbereich einer anderen beteiligten Behörde scheidet so aus. Zwar divergieren die Aufgabenbereiche und Perspektiven der beteiligten Akteure teils erheblich386, nichtsdestotrotz schließt dies eine Schnittmenge nicht aus, auf der die Kommunikation im Netzwerk letztlich auch aufbaut. Zusammengefasst obliegen den Polizeien des Bundes und der Länder Aufgaben der Abwehr (konkreter) Gefahren, der Verhütung von Straftaten und Mitwirkung an Strafverfolgung.387 Die drei bundesdeutschen Nachrichtendienste sind dagegen bereits im Vorfeld konkreter Gefahren mit der Sammlung von Informationen über Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung beziehungsweise von außen- und sicherheitspolitischem Gewicht befasst.388 Der Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus kann in seiner Wirkung jedoch nationales wie internationales Gefährdungspotenzial entfalten, das sowohl politische Dimensionen als auch konkrete Schutzgutverletzungen erreichen und bezwecken kann.389 Auf Grund dieser Breitenwirkung fällt die Bekämpfung entsprechender Bestrebungen in den Zuständigkeitsbereich sämtlicher Sicherheitsbehörden, aber auch in denjenigen des BAMF, sofern in diesem Zusammenhang aufenthalts- oder asylrechtliche Fragen betroffen sind, oder denjenigen des ZKA, soweit Ermittlungen im strafrechtlich bzw. ordnungswidrig relevanten Bereich des Steueraufkommens sowie bei Ein- und Ausfuhr sämtlicher (Verkehrs-) Güter erforderlich sind. Mit der Befugniserweiterung des BKA im Rahmen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes wurde die entsprechende Schnittmenge nicht nur normativ bestätigt, sondern auch zentral erweitert. Da sich die Tätigkeit im GTAZ auf diese Schnittstellenzuständigkeit beschränkt, ist das Trennungsgebot insofern nicht berührt. In einem Zwischenfazit lässt es sich so festhalten, dass die einzelnen Prozesse innerhalb des GTAZ für sich genommen mit den fachgesetzlichen Rechtsgrundlagen und dem Trennungsgebot vereinbar sind.390 In den Worten des damaligen Bundesministers des Inneren Hans-Peter Friedrich: „Jede Behörde im Zentrum hat für ihre

385 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 203, anders der BfDI in AbsatzNr. 73; Abou-Taam, APuZ 27/2011, S. 9 (10). 386 Siehe Kapitel 3 A. IV. 1. a) und b). 387 Vgl. § 1 Abs. 5 BPolG, § 1 Abs. 1, 3 ASOG Bln, §§ 158, 161, 163 StPO, § 152 Abs. 1 GVG; für die Staatsanwaltschaften §§ 160 Abs. 1, 161 Abs. 1 S. 1 StPO. 388 Vgl. § 3 Abs. 1 BVerfSchG, § 1 Abs. 1MADG, § 1 Abs. 2 BNDG. 389 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (805). 390 Zur Frage der Legitimation der gemeinsamen Analysebefugnis sei erneut auf Kapitel 3 A. VIII. verwiesen.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Datenerfassung und die Datenübermittlung eine gesetzliche Grundlage. Im GTAZ werden nur die bestehenden Gesetze vollzogen.“391 Dieselbe Aussage für die Gesamtheit der Arbeitsabläufe zu treffen, lässt jedoch zögern. Denn mit der fortschreitenden Vernetzung von einem informellen Zusammenschluss zu einer hochfrequentierten, institutionell gefestigten Zusammenarbeitsform, die im Phänomenbereich der Bekämpfung islamistischen Terrorismus ihren Ursprung nahm und mittlerweile auch in anderen Bereichen des Sicherungsapparates Einzug gehalten hat, könnte eine Grenze überschritten worden sein.392 Zwar bleiben die Akteure in ihrer rechtlichen Selbstständigkeit bestehen, und ihre Mitarbeiter verfügen auch nur über die jeweiligen Exekutivbefugnisse ihrer Entsendebehörde. Insofern fungiert das GTAZ lediglich als „Impulsgeber für konkrete Ermittlungsmaßnahmen, oftmals auch operative Schritte der zuständigen Behörde“.393 Schwierig wird es für teilformalisierte und dauerhafte Informationskooperationen aber, wenn man unter dem Begriff der Angliederung eine der Amtshilfe ähnliche punktuelle Zusammenarbeit erfasst.394 Um einen Verstoß gegen das Trennungsprinzip zu vermeiden, böte es sich insofern an, nicht nur auf die Quantität der Vorgänge, sondern auch insofern auf die Aufgabenzuständigkeit der Akteure abzustellen.395 In diesem Zusammenhang ergibt sich die netzwerktypische Gefahr der Überschreitung der eigenen Kompetenz unter Ausnutzen des Vorhandenseins fremder Befugnisse netzwerkbeteiligter Behörden.396 Gerade in einem Zentrum, wie dem GTAZ, das die Bündelung von Information und Analyse sowie den schnellen Austausch zum Ziel hat, ist diese Gefahr nicht von der Hand zu weisen. Denn grundsätzlich soll eine Behörde nur über diejenigen Befugnisse verfügen, die sie zu ihrer Aufgabenbewältigung benötigt. Gleiches gilt auch für den Bereich der Information; nur „benötigte“ oder „erforderliche“ Informationen sollen im Netzwerk zirkulieren. Eine unzulässige Angliederung läge demnach vor, wenn ein Akteur in unzulässiger Weise in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Beteiligten eingreifen würde oder Informationen erhielte, die nicht für die Bewältigung seiner Aufgabenzuständigkeit erforderlich wären.397 Dies ist, wie beschrieben, auf Grund der thematischen Schnittstelle jedoch grundsätzlich nicht der Fall, da alle am GTAZ beteiligten Behörden mit dem Phänomenbereich der Bekämpfung islamistischen Terrorismus Berührungspunkte aufweisen. Problematisch ist jedoch, dass trotz der Überschneidungen Sachverhalte auftreten können, in denen eine Informations- und 391

So im Rahmen der Vorstellung des Berichts der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetze vom 28. 08. 2013, abrufbar unter www.taz.de/Ueberpruefung-der-Si cherheitsgesetze/!122717/ (zuletzt aufgerufen am 30. 07. 2014). 392 Vgl. Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 393 Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 115. 394 Vgl. Kapitel 3 A. VI. 1. b) bb) am Ende. 395 Vgl. Baumann, DVBl 2005, S. 798 (804); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 396 Vgl. Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 397 Baumann, DVBl 2005, S. 798 (804 f.); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Datenübertragung auf Grund der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen der verschiedenen Übermittlungsvorschriften nicht an alle Akteure weitergeleitet werden darf. Dieses Problem wird insbesondere in den Sitzungen der Arbeitsgruppen akut, in denen Behördenvertreter anwesend sind, die die Informationen erfahren dürfen, und solche, denen dies verwehrt werden müsste. Zwar wird der Gesprächsverlauf in Grundzügen vorbereitetet sein, gleichwohl liegt ihm auch eine (gewollte) Spontaneität zugrunde. Denn das Lagebild kann sich durch die gemeinsame Besprechung unvermittelt ändern, die Diskussion eine andere Richtung einnehmen. Teils wird vorgeschlagen, dieses Problem zu lösen, indem die gemeinsame Datenanalyse auf die Schnittmenge der von allen beteiligten Behörden im engeren Sinn „benötigten“ Informationen beschränkt wird beziehungsweise auf solche, die die empfangenden Behörden auch selbst mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln hätten erlangen können.398 Dem steht jedoch Folgendes entgegen: Zum einen ließe sich dieser Ansatz nicht mit den realiter vorhandenen Fachgesetzen vereinbaren, die neben dem Unterrichtungsermessen teils auch Unterrichtungspflichten statuieren und darüber hinaus gerade nicht auf die Art der Informationsgewinnung abstellen oder eine spiegelbildliche Befugnis zur Erhebung auf Empfängerseite vorsehen, sondern nur auf den Inhalt der Erkenntnisse. Auch sieht das geltende Recht keinen Ausschluss der Nachrichtendienste von solchen Informationen vor, die durch polizeiliche Ermittlungen aufgrund entsprechender Befugnisse erhoben wurden und umgekehrt. Das macht auch deshalb Sinn, weil die Nachrichtendienste durch die zeitlich später folgende Nutzung der polizeilich gewonnenen Kenntnisse keinen Einfluss auf die Exekutivbehörden erlangen und ihre Kompetenzen auch nicht unzulässig erweitert werden.399 Es wäre folglich widersinnig, diese weiterreichenden Befugnisse durch eine GTAZ-interne Regelung zu kürzen.400 Dennoch stellt sich in diesem Rahmen die Frage, ob das Gesamtvolumen der im Schnittstellenbereich übertragenen Daten und Informationen mit den zugrunde liegenden Fachgesetzen vereinbar ist oder ob diese nicht eine weit geringere Übertragungsrate und vor allem keine anschließende gemeinsame Analyse im Sinn hatten.401 Daran schließt sich die Frage an, ob so nicht gemeinsam neue Datenbestände geschaffen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Merkmal der Schnittmenge im Phänomenbereich der islamistischen Terrorismusbekämpfung einen sehr weiten Bereich umfasst.402 Unstreitig birgt die Errichtung des GTAZ aber das Risiko, dass das Trennungsgebot und die fachgesetzlichen Voraussetzungen durch die Bildung intern-kolle398

Baumann, DVBl 2005, S. 798 (801); Gusy, DV 24 (1991), S. 467 (487 f.). Mehde, JZ 2005, S. 815 (819); Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015); vgl. Gusy, DV 24 (1991), S. 467 (488). 400 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015). 401 Dazu VIII. 1. 402 Vgl. Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (2014). 399

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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gialer Informationsflüsse unterlaufen werden. Denn „selbst wenn organisatorisch einiges dafür getan wurde, die Trennung von Polizei und Verfassungsschutz sicherzustellen, so ist doch die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass […] mehr besprochen wird, als es nach Recht und Gesetz zulässig ist. Dass diese Befürchtung nicht absolut abwegig ist, zeigt die Lebenserfahrung. Wenn Menschen einander täglich begegnen und miteinander arbeiten, kann die gebotene Distanz schnell verschwinden.“403 Zwar wird diesbezüglich durch das GTAZ oder Netzwerke im Allgemeinen kein neues Risiko geschaffen – Besprechungen zwischen Nachrichtendiensten und Polizeien sind gängige Praxis –, die institutionelle Festigung macht aber nicht nur den anvisierten Austausch effizienter, sondern bevorteilt auch den (un-)erlaubten Austausch außerhalb gesetzlicher Normen.404 Gleiches gilt für die Annahme, dass die beteiligten Akteure durch intendiert-selektive Informationsweitergabe mittelbar steuernd in fremde Befugnisse eingreifen. Dieses Gefahrenpotenzial ist jedoch weder GTAZ- noch netzwerkspezifisch, da es auch außerhalb dieser Strukturen vorkommen kann.405 Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das GTAZ das Trennungsgebot in allen seinen Formen nicht unerheblich berührt. In organisatorischer Hinsicht werden die Sicherheitsbehörden an einem Standort, in den vorgegebenen Arbeitsgruppen zusammengeführt. Da es sich bei dem Zentrum um eine verbandsübergreifende Kommunikationsplattform der Sicherheitsbehörden handelt, ist selbstredend auch der informationsrechtliche Aspekt betroffen. Dem Zentrum geht es gerade um einen effektiven Austausch zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten. Insbesondere mittels der Arbeitsgruppen „Tägliche Lagebesprechung“ und „Operativer Informationsaustausch“ werden die Nachrichtendienste insofern auch näher an den Bereich der polizeilichen Exekutivbefugnisse herangeführt, als dass sie im Phänomenbereich islamistisch motivierter Terrorismusbekämpfung in systematischer Abstimmung in die polizeiliche Vorgehensweise einbezogen werden. Um das GTAZ aus diesem Graubereich heraus auf solide legitimierte Füße zu stellen, erscheint die nachträgliche Schaffung einer Rechtsgrundlage mehr als erwägenswert. 2. Transparenzgebot Offenbar sollte lange Zeit nicht nur die Bildung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums so intern und so inoffiziell wie irgend möglich bleiben406, 403

VIII. Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt vom 01. 04. 2005 – 31. 03. 2007, Ziffer 24.2, S. 182, Drs. 5/750 des Landtages von SachsenAnhalt. 404 Vgl. Lange, Das Antiterrorgesetz, S. 17; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015). Zu Ausführungen, wie dem entgegengewirkt werden könnte, siehe VII. 2. Erfordernis einer GTAZspezifischen Kontrolle. 405 Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1014). 406 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 166.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

sondern anscheinend auch die Binnenstruktur und Tätigkeit des GTAZ. Weder findet sich bis heute eine eigene oder ausführliche Internetpräsenz des Zentrums, noch waren vor der Antwort auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Volker Beck (Köln), Jerzy Montag, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18. 07. 2008, der Antwort auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Heidrun Dittrich, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Die Linke vom 21. 10. 2013407 sowie dem Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland vom 28. 08. 2013 Einzelheiten zum Aufgabenfeld der jeweiligen Arbeitsgruppen im GTAZ näher nachvollziehbar. Ausführliche öffentliche Informationen über eine Existenzumschreibung hinaus zu Aufgabe, Binnen- und Mitarbeiterstruktur finden sich nur für die Arbeitsgruppe „Statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ mit dem Sachstand von 2007.408 Über eine allgemeine Beschreibung des Gründungszwecks und Zielvorgaben des GTAZ hinaus, verbleibt seine Tätigkeit im Dunkeln.409 Sicher ist, dass die Beteiligung der drei bundesdeutschen Nachrichtendienste des BfV, MAD und BND am Gemeinsamen Zentrum einen gewissen Grad der Geheimhaltung bedingt und berechtigterweise auch zukünftig stets verlangen wird. Der Grund hierfür liegt im sogenannten Geheimnisschutzrecht der Nachrichtendienste. Haben die Nachrichtendienste als Verfügungsberechtigte ein berechtigtes Interesse daran, dass einzubringende Informationen, ausgenommen die unmittelbaren Adressaten, anderen nicht zugänglich gemacht werden, unterliegen diese Informationen als Geheimnisse besonderem Schutz.410 Dem BVerfG entsprechend hat die Einstufung einer Information als Geheimnis in Zusammenhang mit öffentlichrechtlichen Staats- oder Dienstgeheimnissen Grenzen sowohl des Informations- als auch des Kontrollrechts zum Wohle des Bundes oder der Länder zur Folge, würde das Geheimnis durch Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen ansonsten gefährdet werden.411 Die Forderung nach vollkommener Transparenz und Offenlegung der Tätigkeit des GTAZ stünde diesem Bedürfnis diametral entgegen.412 Dessen ungeachtet ver407

BT-Drs. 16/10007, S. 1 ff.; 17/14830, S. 1 ff. Vgl. BT-Drs. 16/8119, S. 1 ff. 409 Dementsprechend finden sich auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur lediglich zwei Aufsätze, namentlich die von Weisser, NVwZ 2011 und Rathgeber, DVBl 2013, die sich eingehend und über die erweiterte Existenzbeschreibung hinaus mit der Thematik des GTAZ befassen. 410 Vgl. Wolff, JZ 2010, S. 173 (175). 411 BVerfG, 2 BvE 3/07 vom 17. 06. 2009, Absatz-Nr. 128 ff.; BVerfG, 2 BvE 5/06 vom 01. 07. 2009, Absatz-Nr. 123. 412 Frieshahn, Kontrolle der Dienste, in: BMI (Hrsg.), Verfassungsschutz und Rechtsstaat, S. 97 ff., der darauf verweist, dass die „Arbeit der Dienste [dennoch] nicht in ein totales Dunkel gehüllt“ bleiben darf; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015); Singer, Die Kriminalpolizei 4/ 2008, S. 123 (127), „Transparente Nachrichtendienste sind ein Widerspruch in Sich, ein Paradoxon.“ 408

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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langen das Rechtsstaats- und Demokratieprinzip für jede Form staatlicher Organisation ein Mindestmaß an transparenten und nachvollziehbaren Zuständigkeitsstrukturen. Grund dafür ist neben der Nachvollziehbarkeit demokratischer Legitimation und Verantwortungsklarheit auch die Gewährung effektiven Rechtsschutzes.413 Im Bereich komplexer und dazu noch informeller Organisationsstrukturen, wie des GTAZ-Netzwerkes, kann eine Einzelzuordnung von Analysebeiträgen zu den jeweiligen Akteuren erschwert werden.414 Gerade auch in Zeiten der Verunsicherung des Bürgers durch eine technisch machbare, subjektiv teils als allgegenwärtig empfundene Präsenz von (inter-)nationalen Nachrichtendiensten und Kritik am „Überwachungsstaat“ muss das Werben um Akzeptanz und Verständnis der Bevölkerung für erforderliche Organisationseinrichtungen innerhalb des Sicherheitsapparates fundamentaler Beitrag zur Sicherheitsgewährleistung sein. Denn – in Erinnerung gerufen – Akzeptanz, Legitimität und Legitimation bedingen einander nicht unwesentlich. Hierzu gehört auch ein gewisses Maß an offenlegender Transparenz. Mit Blick auf den sensiblen Bereich der Sicherheitspolitik muss Transparenz jedoch nicht gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Geheimhaltung sein.415 Ihre Reichweite hat daher mehreres zu berücksichtigen: Einerseits mag die Ausgestaltung des GTAZ als auf Fachgesetzen aufsetzendes, interbehördliches, informelles Netzwerk die Anforderung an Transparenz mindern. Denn Informalität wohnt ein gewisses Maß der Intransparenz naturgemäß inne, fungiert sie doch ausgleichend als Antagonist der berechenbaren, klaren Linien folgenden Formalität. Andererseits dienen das GTAZ und seine Funktionsweise zunehmend als Vorbild vergleichbarer Sicherheitszentren verschiedener Phänomenbereiche auf Bundes- und Landesebene, deren Errichtung einen auf absehbare Zeit nicht endenden Zuwachs verzeichnet. Auch vor dem Hintergrund der Relativierung des Trennungsgebotes durch den strukturellen Aufbau und die Funktionsweise des Zentrums brächte eine legitimatorische Absicherung mehr Stabilität. Ein einfaches Lösungsmittel böte daher die Schaffung einer (nachträglich) klarstellenden Rechtsgrundlage. Dementsprechend geht es der Transparenz auch nicht um die Offenlegung des konkreten Inhaltes des Austauschs in den Arbeitsgruppen. Das Gebot bezieht sich insofern vielmehr auf die deskriptive Darstellung des Kooperationsverhältnisses, sprich den Aufbau des Zentrums, seine organisatorisch gefestigte Binnenstruktur, die einzuhaltenden Standards innerhalb der Arbeitsprozesse, aber auch seine Akteure und die Beteiligung der Akteure innerhalb der Arbeitsgruppen.416 Gerade auch mit der Offenlegung der Beteiligten des Plenums der AG „Deradikalisierung“ und möglicherweise auch in gewissen Grenzen transparenten Kontaktbereitstellung könnte ein beiderseitiger Gewinn erzielt werden. 413

Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). Vgl. Röhl, DV 29 (1996), S. 487 (497); Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 415 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 166. 416 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 166. Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (144). 414

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Für das GTAZ besteht ein Transparenz schaffender Rechtsrahmen hingegen nicht. Das informelle Netzwerk mag seine grundsätzliche Existenzberechtigung zwar seiner Basislegitimation über die Fachgesetze entnehmen. Für den Rechtskörper ist es trotz seiner wesentlichen Funktion jedoch nicht greifbar und bleibt unsichtbar. Sowohl die jeweiligen Kommunikationsvorschriften der beteiligten Behörden als auch das Gemeinsame-Dateien-Gesetz sichern nur die einzelnen Kommunikationsvorgänge ab. Die Struktur und Analysetätigkeit werden aus diesen Regelungen jedoch nicht offenbar. Denn zum einen bilden diese Normen sämtliche Kommunikationsprozesse der beteiligten Akteure, d. h. auch außerhalb des Informationsaustauschs, im Zentrum ab. Zum anderen sind das BAMF und die GBA von der auf der Antiterrordatei basierenden Kommunikation ausgenommen, sodass auch die Datei keinen GTAZ-spezifischen Rechtsrahmen darstellen kann.417 3. Gebot des effektiven Rechtsschutzes Neben dem Transparenzgebot ist auch das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG zentraler Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips. Es besagt, dass jeder belastende, in die dem Bürger verfassungsgemäß verbürgten Rechte eingreifende Hoheitsakt der (gerichtlichen) Kontrolle und Überprüfbarkeit unterliegt. Dies gilt grundsätzlich auch für jedes Agieren innerhalb eines staatlichen Netzwerkes. Da das GTAZ jedoch weder über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt noch eine ausdrückliche Rechtsschutzmöglichkeit gegen Vorgehensweisen des GTAZ normiert wurde, knüpfen Rechtsschutzmaßnahmen unmittelbar an die durch die einzelnen Akteure vorgenommenen, auf deren Fachgesetzen beruhenden Maßnahmen an. Dies ist aus folgendem Grund nicht nur unschädlich, sondern zweckmäßig: Zum einen handelt das GTAZ selbst in engem Sinn nicht mit Außenwirkung. Es analysiert und wertet lediglich diejenigen Informationen aus, die die Akteure über ihre jeweiligen Informationsübertragungsvorschriften in die gemeinsamen Arbeitsgruppen einbringen. Auf Basis der dort gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse trifft jedoch der einzelne Akteur – teils in Absprache mit den übrigen Beteiligten – die konkreten nach außen wirkenden Entscheidungen und Maßnahmen. Die Arbeit des GTAZ setzt also im Vorfeld der zu überprüfenden Entscheidung an. Sie trägt zum Entscheidungsfindungsprozess bei, indem sie für eine umfassende Entscheidungsgrundlage sorgt. Die zu überprüfende Entscheidung wird demnach nur mittelbar durch das GTAZ initiiert oder beeinflusst, die Verantwortlichkeit verbleibt im Zuständigkeitsbereich der sie erlassenden Behörde. Das GTAZ operiert nicht selbst.418 Dennoch können auch die Übermittlung und Analyse im Vorfeld einer konkreten Entscheidung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG berühren. Allerdings wird man sich nicht ohne Weiteres auf den Standpunkt stellen 417

Anders jedoch Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 169, die in der Antiterrordatei ein geeignetes Rahmenrecht für das GTAZ sieht. 418 BT-Drs. 16/2432, S. 4 zur GASIM; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1016).

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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können, dass die aufgrund der Tätigkeit im GTAZ vorgenommenen Eingriffe nur indirekt von diesem beeinflusst werden, vielmehr ist auch eine Kontrolle dieses vorausgehenden Ablaufs notwendig.419 Da das GTAZ, wie bereits erwähnt, aber nicht über Rechtssubjektsqualität verfügt, richten sich etwaige Rechtsbehelfe auch insofern gegen die einzelne Behörde.

VII. Kontrolle 1. Gegenwärtige Kontrollmechanismen Das GTAZ ist keine Behörde, sondern ein Informationsnetzwerk. Aus dieser Feststellung resultiert auch die Tatsache, dass die Tätigkeit im Zentrum keiner eigenständigen Kontrolle unterliegt. Vielmehr beruht sie auf der Kontrolle der beteiligten Behörden. Ob dies zu einer Vervielfachung der Kontrolldichte führt oder der Blick für das Ganze mangels spezifischer Kontrolle verloren geht, kann unterschiedlich beantwortet werden. Zunächst ist jedoch ein Überblick über die vorhandenen Kontrollstrukturen zu schaffen. Die Kontrollzuständigkeit über die Vorgänge innerhalb des GTAZ kann grob in verschiedene Zuständigkeitsbereiche eingeteilt werden. Den ersten Bereich bildet die Fachaufsicht auf Bundesebene. So führt die Abteilung ÖS Öffentliche Sicherheit des Bundesministeriums des Inneren die Dienstund Fachaufsicht sowohl über das BKA als auch das BfV.420 Die Bundespolizei wird diesbezüglich durch die Abteilung B des BMI kontrolliert, während die Fachaufsicht über das BAMF der Abteilung M zugeordnet ist. Der BND unterliegt der Dienst- und Fachaufsicht der Abteilung 6 des Bundeskanzleramtes421, der MAD derjenigen des Bundesministeriums der Verteidigung. Das ZKA ist dem Bundesministerium der Finanzen nachgeordnet und die GBA dem Bundesministerium der Justiz. Den zweiten Bereich bildet die Fachaufsicht auf Landesebene über die 16 Landeskriminalämter und Landesbehörden für Verfassungsschutz durch die jeweiligen obersten Landesinnenbehörden. In datenschutzrechtlicher Hinsicht unterliegen die Vorgänge im Zentrum der Aufsicht durch den Datenschutzbeauftragten der beteiligten Behörden, der Kontrolle des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie der Kontrolle der Landesdatenschutzbeauftragten. So fallen alle öffentlichen Stellen des 419 Bergemann, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, Kap. H Rn. 109; Evers, Verfassungsschutz und Polizei, in: BMI (Hrsg.), Verfassungsschutz und Rechtsstaat, S. 75; Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 166; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1016). 420 Zu Einzelheiten siehe auch Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 421 Bundesnachrichtendienst (Hrsg.), Der Auslandsnachrichtendienst Deutschlands, S. 35, Stand April 2013, abrufbar unter http://www.bnd.bund.de/DE/_Home/Startseite/Downloads/ BND_Broschuere.pdf?__blob=publicationFile&v=6 (zuletzt aufgerufen am 01. 11. 2013).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Bundes i. S. v. § 2 Abs. 1 BDSG gemäß § 24 Abs. 1 BDSG unter die Kontrolle durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI). Hierbei sind sie verpflichtet, den BfDI und seine Beauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Sinne des § 24 Abs. 4 S. 2 BDSG zu unterstützen. Stellt der BfDI Verstöße gegen das BDSG oder sonstige datenschutzrelevante bereichsspezifische Vorschriften fest, beanstandet er dies nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BDSG gegenüber der zuständigen obersten Bundesbehörde.422 In diesem Zusammenhang ist u. a. die neue (Bundes-) Kompetenz aus § 4a BKAG datenschutzrechtlich beachtenswert: Die Aufgaben und Befugnisse zwischen BKA und den weiteren Polizeien des Bundes müssen klar und deutlich voneinander abgegrenzt sein, damit es nicht zu Doppelzuständigkeiten und dadurch wiederum zu „mehrfachen Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht Betroffener wegen identischer Sachverhalte kommt“.423 Des Weiteren unterliegen die Bundesbehörden der unmittelbaren Staatsverwaltung gem. § 88 Abs. 1 BHO, § 2 Abs. 1 Nr. 1 PO-BRH der Finanzkontrolle des Bundesrechnungshofes.424 Die LKÄ und LfV unterliegen hingegen der Finanzkontrolle der Rechnungshöfe der Länder. Wichtige Funktionen der Kontrolle übernehmen insbesondere im Bereich der inneren Sicherheit das Vertrauensgremium des Deutschen Bundestages, das Parlamentarische Kontrollgremium sowie der Innenausschuss des Deutschen Bundestages. Sämtliche Bundesbehörden sind über Mittel der allgemeinen parlamentarischen Kontrolle wie beispielsweise kleine und große Anfragen, schriftliche Fragen, Fragestunden, Debatten oder aktuelle Stunden im Bundestag oder auch Sonderausschüssen überprüfbar.425 Für das BfV, den MAD und den BND gilt jedoch Besonderes. Denn alle drei Behörden leisten einen „unverzichtbaren Beitrag zur Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik“.426 „Dabei ist in einer parlamentarischen, rechtsstaatlichen Demokratie die Einrichtung besonderer Kontrollmechanismen für die Arbeit der Nachrichtendienste wegen der verdeckten Sammlung von Informationen und des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel, die erheblich in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen können, ebenfalls unabdingbar.“427 Dementsprechend bezeichnet sich das BfV selbst 422 Siehe hierzu die Beanstandung des BfDI im Rahmen der Tätigkeit des GTAZ mit dem 21. Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 2007 in BT-Drs. 16/4950, S. 65 f. In den Folgejahren wurden keine Beanstandungen ausgesprochen, die nicht kurzfristig behoben werden konnten, vgl. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 185. 423 Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.), Präventive Aufgaben und Befugnisse für das BKA, Stand o. A., abrufbar unter http://www.bfdi. bund.de/DE/Schwerpunkte/Terrorismusbekaempfung/Artikel/PraeventionBKA.html?nn=4 09954 (zuletzt aufgerufen am 28. 10. 2013). 424 Die Auskunfts- und Mitwirkungspflichten richten sich nach § 95 BHO, § 28 PO-BRK. Die Mitteilung des Prüfergebnisses richtet sich nach § 96 BHO. Für die Nachrichtendienste ist zudem § 10a BHO von Relevanz, nicht jedoch für die Polizeien. 425 Dazu auch Kapitel 1 B. V. 3. b) aa). 426 BT-Drs. 16/12411, S. 1. 427 BT-Drs. 16/12411, S. 1.

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als kontrolliert „wie kaum eine andere Behörde“ des Bundes.428 Die Immanenz des Sicherheits- und Geheimhaltungsanspruchs, den die Nachrichtendienste im Rahmen ihrer Tätigkeit verfolgen, setzt sich auch in den Kontrollinstanzen fort. Neben der allgemeinen parlamentarischen Kontrolle unterliegt das BfV speziellen parlamentarischen Kontrollen durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), das Vertrauensgremium und die G-10-Kommission.429 Die erste Säule der besonderen parlamentarischen Kontrolle bildet deshalb das PKGr, dessen Beratungen im Geheimen erfolgen.430 Aufgabe des PKGr ist es, die Tätigkeit des BfV, des MAD und des BND mit den Mitteln der §§ 5, 8 PKGrG zu kontrollieren.431 Über die Ergebnisse der laufenden Kontrolltätigkeit erstattet das PKGr dem Deutschen Bundestag nach § 13 PKGrG mindestens in der Mitte und am Ende jeder Legislaturperiode Bericht. Daneben wählt der Deutsche Bundestag im Fall des § 10a BHO aus den Mitgliedern des Haushaltsausschusses das sog. Vertrauensgremium als zweite Säule. Dessen Hauptaufgabe ist es, im Zuge des jährlichen Haushaltsverfahrens die Wirtschaftspläne der drei bundesdeutschen Nachrichtendienste zu beschließen und im laufenden Jahr zu kontrollieren. Auch dieses Gremium tagt geheim und verfügt hinsichtlich der Kontrolltätigkeit über dieselben Kontrollmethoden und -verfahrensweisen wie das PKGr.432 Die Kontrolltätigkeit des Vertrauensgremiums steht eigenständig neben der des PKGr. Damit es zwischen beiden nicht zu Kontrolllücken kommt, bestehen zwischen ihnen gemäß § 9 PKGrG wechselseitige Mitberatungsrechte: Danach können der Vorsitzende, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied des PKGr mitberatend an den Sitzungen des Vertrauensgremiums, in gleicher Weise der Vorsitzende des Vertrauensgremiums, dessen Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied mitberatend an den Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums teilnehmen. Im Rahmen der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof werden neben dem PKGr und dem Vertrauensgremium auch das Bundesministerium des Innern und das Bundesministerium der Finanzen über die Ergebnisse der Finanzprüfung unterrichtet.433 Die dritte und letzte Säule im Kanon der besonderen parlamentarischen Kontrollen bildet die durch das PKGr bestellte G-10-Kommission, 428 Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Aufsicht und Kontrolle, Stand 2013, abrufbar unter http://www.verfassungsschutz.de/de/das-bfv/aufsicht-und-kontrolle (zuletzt aufgerufen am 30. 10. 2013). 429 Eingehend zur Reform der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste und des Gesetzes nach Artikel 10 GG siehe Huber, NVwZ 2009, S. 1321(1321 ff.). 430 Vgl. § 10 PKGrG. 431 Der Erlass des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes beruht auf dem grundgesetzlichen Auftrag an den Bundestag, ein Gremium zur Kontrolle der nachrichtendienstlichen Tätigkeit des Bundes zu bestellen. Nach § 1 Abs. 1 PKGrG ist davon die Tätigkeit des BfV, des MAD und des BND ausdrücklich erfasst. Auf Grund des Gesetzeswortlauts in Art. 45d GG, der von „nachrichtendienstlicher Tätigkeit“ und nicht von Nachrichtendiensten als solchen spricht, ist der Einbezug der Tätigkeit des BKA i. R. v. § 4a BKAG zumindest überlegenswert. 432 Vgl. § 10a Abs. 2 S. 2 BHO i. V. m. §§ 5, 6, 7, 8, 12, 13 PKGrG. 433 Vgl. hierzu §§ 10a Abs. 2, 3, 88 Abs. 1 BHO, §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 55 Abs. 2 PO-BRH.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

deren Beratungen ebenso wie die der anderen beiden Gremien im Geheimen stattfinden.434 Die G-10-Kommission entscheidet und wacht zum einen über die Zulässigkeit und Notwendigkeit von Maßnahmen der drei bundesdeutschen Nachrichtendienste zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. In diesem Rahmen erstrecken sich ihre Kontrollbefugnisse gemäß § 15 Abs. 5 Artikel10-Gesetz auf die gesamte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der nach diesem Gesetz erlangten personenbezogenen Daten durch Nachrichtendienste des Bundes einschließlich der Entscheidung über die Mitteilung an Betroffene. Zum anderen umfasst die Kontrollkompetenz nach §§ 8a Abs. 5, 9 Abs. 4 BVerfSchG auch bestimmte Befugnisse, die den Nachrichtendiensten im Zuge der Terrorismusbekämpfungsgesetze im weiten Sinn übertragen worden sind. Bemerkenswert ist, dass die Tätigkeit des BKA im Rahmen seiner Befugnis zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus nach § 4a BKAG nicht der speziellen parlamentarischen Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) unterliegt.435 Eine Kontrolle durch die G10-Kommission findet ebenfalls nicht statt.436 Für die LKÄ und LfV ist die Kontrolle durch die entsprechenden Gremien der Volksvertretungen der Länder zu nennen.437 Im Wege des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes sind die durch die beteiligten Behörden vorgenommenen Handlungen auf Grund der Rechtsweggarantie aus 434

Zur Wahl und Zusammensetzung des Gremiums siehe § 15 Artikel 10-Gesetz. Im Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes war dies unter der Voraussetzung, dass ein „Vorgang seinen Schwerpunkt im Bereich der Nachrichtendienste hat und die Bundesregierung deshalb in den Fachausschüssen des Deutschen Bundestages zu diesem Vorgang die Auskunft berechtigt verweigert“, in dessen § 1 Abs. 2 noch vorgesehen, vgl. BT-Drs. 16/12411, S. 4. Die Streichung dieses Absatzes wurde als Konsequenz aus einer Sachverständigenanhörung vom 25. 05. 2009 gezogen. Vgl. BT-Drs. 16/13220, S. 6. Zum Einbezug des BKA in die besondere parlamentarische Kontrolle siehe auch Singer, Die Kriminalpolizei 4/2008, S. 123 (123 ff.), nach dem eine Erweiterung des PKGr auf das BKA nicht erforderlich sei; Wolff, JZ 2010, S. 173 (173) m. w. N. in Fn. 5, 6, der auf Grund der Wahrnehmung materiell zumindest auch nachrichtendienstlicher Aufgaben durch das BKA eine Einbeziehung in die entsprechende parlamentarische Kontrolle in zumindest verminderter Form für rechtens erachtet. 436 Vgl. § 1 Abs. 1 Art. 10-Gesetz. 437 Vgl. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 184. So übt im Land Berlin die Senatsverwaltung für Inneres und Sport gem. §§ 9 Abs. 2, 5 Abs. 1 ASOG Bln die Dienst- und Fachaufsicht über das Landeskriminalamt Berlin aus. Die Verfassungsschutzbehörde des Landes Berlin unterliegt der politischen Verantwortung des Senators für Inneres, der nach § 2 Abs. 1, 3 VSG Bln durch eine besondere Revision für den Verfassungsschutz unterstützt wird. Zur Einbettung des Berliner Verfassungsschutzes in weitere Kontrollinstanzen siehe den Überblick bei Senatsverwaltung für Inneres und Sport (Hrsg.), Wer kontrolliert, dass der Verfassungsschutz diese Regeln auch befolgt?, Stand 2014, abrufbar unter http://www.berlin.de/sen/inneres/verfassungsschutz/grundlagen/faq/artikel.18755.php (zuletzt aufgerufen am 27. 10. 2014). 435

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Art. 19 Abs. 4 GG überprüfbar. Eine im Vergleich für das GTAZ wesentlichere Kontrolle erfolgt aber auch über die Mittel der Öffentlichkeit. So haben Medien, die behördeneigene Öffentlichkeitsarbeit438, aber auch Auskunftsansprüche von Betroffenen oder sonstige Bürgeranfragen oftmals einen intensiveren Wirkungsgrad. 2. Erfordernis einer GTAZ-spezifischen Kontrollinstanz? Festzuhalten ist, dass das GTAZ mittelbar durch mehr als 125 Aufsichtsstellen kontrolliert wird.439 Damit könnte man meinen, dass das Zentrum hinreichend überwacht wird. Es wird jedoch bemängelt, dass trotz der Vielzahl an parlamentarischen und inneradministrativen Kontrollmöglichkeiten keine der Kontrollstellen in der Lage ist, das „Spezifische der Zusammenarbeit vollständig zu erfassen“.440 Hinzu kommt, dass zum einen die Kontrolltätigkeit von PKGr, Vertrauensgremium und G10-Kommission durch die Zusammenarbeit im GTAZ erschwert wird441, zum anderen die sterntypologische Form des Netzwerks zu einer gewissen Machtkonzentration führt. Dementsprechend weisen Matthias Bäcker, Burkhard Hirsch und Heinrich Amadeus Wolff in ihrer Funktion als extern hinzugezogene Experten der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland sowie Volkmar Giesler als Vertreter des Bundesministeriums der Justiz auf ein strukturelles Problem hin: „Bei der Zusammenarbeit reichen die jeweiligen Kontrollen immer nur zu dem jeweiligen Handeln der Behörden. Es existiert keine spezifische innerbehördliche Kontrolle, die in der Lage ist, gerade den systematisch angelegten behördenüberschreitenden Verkehr auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Informationen fließen über die Grenzen der unterschiedlichen Behörden bzw. über die Grenzen von Bund und Land bzw. zwischen Land und Land, die Kontrolle endet aber mit der geographischen und behördlichen Zuständigkeit.“442 Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der überwiegenden Mündlichkeit und des informellen Charakters. In diesem Sinne kann eine ortsanwesende oder zumindest eigene Kontrollstelle mäßigend wirken. Denn die über 125 externen, nicht anwesenden Stellen haben keinen Einblick in das Tagesgeschehen, sondern nur in die jeweiligen Dokumente der GTAZ-Vertreter sowie in die ergänzten Tagesordnungen der AG Lage und – soweit vorhanden – in die Ergebnispapiere der Arbeitsge438 Zu nennen ist beispielsweise der Verfassungsschutzbericht nach § 16 Abs. BVerfSchG, aber auch sonstige Informationsmaterialien. 439 Vgl. Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 184. 440 So die Mitglieder der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung Bäcker, Giesler, Hirsch und Wolff in Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 175 f. 441 Dazu Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1015 f). 442 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 175.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

meinschaften. Im Übrigen wird in den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften kein förmliches Protokoll geführt. Ein Gefühl für das Gebilde „GTAZ“ entsteht so nicht. Dementsprechend wird empfohlen, eine übergreifende Kontrollinstanz zu schaffen, der die spezifische Aufsicht über die Schnittstellen hinsichtlich der Effizienz und Rechtmäßigkeit obliegt. Das soeben beschriebene strukturelle Problem würde sich jedoch auch auf der nächsten Ebene fortsetzen. Denn Aufsicht und Kontrolle sind für den Fall, dass Nachbesserungsbedarf gesehen wird und nachgesteuert werden muss, mit Weisungsbefugnis und -unterworfenheit verbunden. Dies wiederum ist eng mit der Frage nach Hierarchiegefällen und Zuständigkeitsbefugnissen verknüpft. In einem Zentrum, dessen Tätigkeit in der Zusammenarbeit von Bund- und Länderbehörden liegt, kann dies – je nach Ausgestaltung der Kontrollstelle – auf Grund der föderalen Eigenständigkeit und Verwaltungshoheit zu Zuständigkeitskollisionen führen.443 In diesem Sinne befürworten die Regierungskommissionsmitglieder Monika Harms, als externe Expertin, und Stefan Kaller, Vertreter des Bundesministeriums des Innern, auch ein Ausschöpfen der vorhandenen Kontrollbefugnisse gegenüber der Einrichtung einer neuen Kontrollstelle und bessere aufgabenbezogene Vernetzung der vorhandenen Aufsichtsstellen.444 Ihnen zufolge garantiere das gegenwärtig bestehende, differenzierte und umfassende System eine hohe Qualität der Kontrolle, da die „Prüfung, ob eine Information den Bereich einer der beteiligten Behörden in Richtung einer anderen beteiligten Behörde verlassen bzw. von der empfangenden Behörde erhoben werden darf, […] der innerbehördlichen und externen Datenschutzkontrolle sowohl der übermittelnden als auch der empfangenden Behörde“ unterliegt.445 Für die sekundäre Ebene der Kontrolle gilt jedoch – insbesondere in einem sensiblen Bereich wie dem des Sicherheitsrechts – dasselbe wie auf primärer Ebene: Das bundesnationale Sicherheitsnetz mag höchst differenziert und den zu überwachenden Raum vollständig abdeckend gestaltet sein. Dennoch komplettiert erst der Blick durch die Lupe der Gemeinsamen Zentren das Gesamtbild der Sicherheitslage bezüglich des Phänomenbereichs des islamistischen Terrorismus. Die Bedeutung der föderal-fragmentarischen Informationsbruchstücke wird erst in ihrer Zusammenführung im GTAZ sichtbar. Gerade auch in dieser Funktion wird die Unverzichtbarkeit aller Gemeinsamen Zentren gesehen. Spiegelbildlich muss dies ebenso für die gemeinsame, zentrale Kontrolle des GTAZ gelten. Zwar existieren, ebenso wie auf Primärebene zahlreiche Informationserhebungs- und -verarbeitungsstellen sowie unterschiedliche Verbindungswege bestehen, entsprechend viele einzelne Kontrollstellen und -vorgänge. Ohne eine GTAZ-eigene Kontrollinstanz fehlt aber auch 443 Dies als „verfassungsrechtliches Hindernis“ näher beschreibend Monika Harms, in: Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 185. 444 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 185. 445 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 184.

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auf der Sekundärebene der Blick für das übertragene Gesamtdatenvolumen und das gesamte Informationsübermittlungsaufkommen. Denn es kommt nicht nur darauf an, ob der einzelne Übermittlungsprozess mit seinen Rechtsgrundlagen vereinbar ist, sondern auch darauf, ob das Gesamtbild von den spezifischen Rechtsgrundlagen abgedeckt ist. Kontrolle versteht sich nicht nur als Suche nach konkreten Gesetzesverstößen. Unter dem Blickwinkel der Akzeptanz und Qualität sie auch Bedeutung für die personelle, sachlich-inhaltliche und Output-Komponente der Legitimation, sie dient nicht nur der Geltendmachung von Verantwortlichkeiten, sondern auch dem Lernen und der Förderung des Kontrollierten. Eine Kontrollstelle, die jedoch nur einen spezifischen von vielen generellen Kommunikationsvorgängen im GTAZ nachvollzieht, wird niemals in der Lage sein, eine Empfehlung über den individuellen Informationsaustausch hinaus abzugeben. Lernen und Förderung sind aus der Perspektive der Kontrolle so nur eingeschränkt möglich. Auf Grund des großen öffentlichen Sicherheitsinteresses an der (Zusammen-)Arbeit von Nachrichtendiensten und Polizeien sowie der Grundrechtssensibilität rückt auch die Akzeptanz durch den Bürger in den Fokus demokratischer Legitimität. Außerhalb normativer Legitimation sind faktische Bewährung und Akzeptanz maßgebliche Eckpfeiler des Funktionierens des Staatswesens. Aus Sicht eines nicht rechtswissenschaftlich Bewanderten kann der Aufbau des GTAZ – ohne eigene Rechtsgrundlage – ohne konkrete Beschreibungen der Arbeitsabläufe – als intern-informelle Informationsschnittstelle von Polizeien und Nachrichtendiensten – ohne spezifische Kontrolle – den Eindruck erwecken, dass eine konkrete Gefahr der „Verantwortungsdiffusion“ und damit eines Legitimationsdefizits besteht. Da Akzeptanz demokratische Legitimation in einem nicht rechtlichen Sinn intensiv fördert, gewinnt so auch die Output-Legitimation im Sinne der „Problemlösungsfähigkeit“ der Herrschaftsgewalt an Bedeutung. Das GTAZ ist eine solche Einrichtung einer ergebnisorientierten Organisationsstruktur, durch die im Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus eine bestimmte Qualität an Entscheidungen erreicht werden kann. Dem Eindruck der Verselbstständigung kann und sollte zur Durchsetzung eines auf allen Ebenen zu gewährleistenden und sicherzustellenden Transparenzgebots durch eine eigene Kontrollform entgegengewirkt werden. Dies würde nicht nur das Lernen des Zentrums aus einer Ex-post-Perspektive stärken, sondern auch seine Akzeptanz fördern. Wie eine solche eigene Kontrollform aussehen mag, steht auf einem anderen Blatt. Möglicherweise liegen beide Ansichten jedoch gar nicht allzu sehr auseinander. Zwar lehnen Monika Harms und Stefan Kaller die Einrichtung einer zusätzlichen Kontrollinstanz ab, dennoch sprechen sie von einer „aufgabenbezogene[n] Verbesserung der Vernetzung“ der bestehenden Kontrollinstanzen.446 Insofern könnte auf der Ebene der Kontrolle auf die Erfahrungen aus dem Zentrum selbst zurückgegriffen werden. In Übertragung der GTAZ-Struktur wäre es denkbar, die 446 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 185.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

125-fache Kontrollexpertise bestehen zu lassen und sie um ein „Kontrollzentrum“ netzartig zu ergänzen, in dem die einzelnen Kontrollergebnisse nicht nur zusammengetragen, sondern auch hinsichtlich eines Optimierungsbedarfs gemeinsam analysiert werden.447

VIII. Erfordernis einer eigenen Rechtsgrundlage des GTAZ 1. Tragfähigkeit bestehender Übermittlungsvorschriften Mehrfach wurde darauf verwiesen, dass für das GTAZ keine eigenen gesetzlichen Vorschriften geschaffen wurden. Auch binnenrechtliche Regelungen existieren nach eigenen Abgaben des BfV nicht. Die Tätigkeit beruht vielmehr auf von außen schwer nachvollziehbaren behördeninternen Akten.448 Der Informationsaustausch innerhalb des Zentrums basiert auf den jeweiligen fachgesetzlichen Kommunikationsvorschriften der beteiligten Akteure. Dies ist für ein interbehördliches Netzwerk, das sich regelmäßig um ein solches Gesetzessystem spannt, typisch und grundsätzlich von der Basislegitimation solcher Strukturen umfasst. Mit fortschreitender und sich institutionell verfestigender Vernetzung in allen Gemeinsamen Zentren stellt sich jedoch die Frage, ob die entsprechenden Rechtsgrundlagen für eine derart intensive Zusammenarbeit, wie sie unter anderem im GTAZ stattfindet, ausgelegt sind oder ob bei deren Schaffung nicht ein erheblich geringeres Übertragungsvolumen angedacht war. Dieser Frage sind auch die Mitglieder der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland nachgegangen. Ob überhaupt eine gesetzliche Regelungsgrundlage erforderlich sei und falls ja, in welchem Umfang, wurde durch die Mitglieder der Kommission jedoch unterschiedlich bewertet. Insgesamt wurden mehrere Ansichten vertreten, die im Folgenden dargestellt und einer anschließenden Würdigung unterzogen werden. a) Hinreichende Legitimation über spezialgesetzliche Regelungen der beteiligten Akteure Die Mitglieder Generalbundesanwältin a. D. Monika Harms, als unabhängig und weisungsfrei tätige externe Expertin der Kommission, und Ministerialdirektor Stefan 447 In diese Richtung wirkt bereits die Neuorganisation der Fachaufsicht des BMI über das BKA und das BfV. Die praktische Umsetzung ist jedoch vor dem Hintergrund des (organisatorischen) Trennungsgebotes nicht unbedenklich. Die Zusammenführung der Aufsichten nicht auf derselben, sondern einer übergeordneten bzw. neutralen Ebene wäre in diesem Sinne ratsamer. Dazu auch Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 448 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 172.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Kaller, Vertreter des Bundesministeriums des Innern und gleichzeitig Leiter der Abteilung ÖS des BMI, lehnen die Forderung nach einer spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage jedweder Form für das GTAZ mit Nachdruck ab.449 Ihnen zufolge genügen die bestehenden Fachgesetze, um die Legitimation des Zentrums und seiner Tätigkeit abzusichern. Dies begründen sie wie folgt:450 Zum Ersten stellen sie voran, dass das Zentrum einen nicht wegzudenkenden Beitrag dazu erbringe, einen sachgerechten Informationsaustausch in der historisch wie verfassungsrechtlich angelegten Aufgliederung der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik zu gewährleisten. Sodann würden die vorhandenen Kommunikationsvorschriften den gesamten Tätigkeitsprozess innerhalb des GTAZ abdecken. Denn sämtliche Fachgesetze verfügen über Vorschriften, die sowohl die datenschutzgerechte Weiterleitung, den Empfang als auch die Übermittlungsverbote abschließend regeln. Hierbei sind einerseits Übermittlungspflichten, andererseits auch Ermessensregelungen berücksichtigt. Zum Dritten würden in der Praxis nicht dasjenige Maß und diejenige Dichte an Kommunikation und Zusammenarbeit entstehen, die die Bezeichnung als Gemeinsames Zentrum nahelegen würde. Wörtlich führen sie dazu aus, dass „keinesfalls […] täglich, eventuell sogar rund um die Uhr, gemeinsame Arbeit mehrerer Behörden unter laufendem Austausch personenbezogener Daten geleistet [werden würde]. Vielmehr dauern die werktäglichen Lagebesprechungen teils nur einige Minuten an; ansonsten finden Jour-Fixe und Arbeitstreffen in unterschiedlichen Rhythmen, überwiegend höchstens einmal monatlich, statt“.451 Hinzu käme, dass auch die im Zentrum praktizierte Mündlichkeit der Zusammenarbeit im gesamten Verwaltungsapparat der Bundesrepublik an der Tagesordnung sei und keinesfalls etwas GTAZ-spezifisches darstelle. Gleiches gelte ebenfalls für die Abstimmung operativer Maßnahmen von Polizeien und Nachrichtendiensten. Diese seien auf Grund der Gefahr doppelter Maßnahmen und damit verbundener doppelter Grundrechtseingriffe für jedwedes Vorgehen der beteiligten Behörden geboten. Für den Phänomenbereich der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus würde das GTAZ lediglich eine diesen Prozess erleichternde Plattform darstellen. Mithin habe der Gesetzgeber auch mit der Normierung der Befugnis zur Einrichtung gemeinsamer Projektdateien die grundsätzliche Zulässigkeit gemeinsamer Projekte bestätigt. Dies alles solle jedoch nicht bedeuten, dass das GTAZ über Gremien verfüge, in denen die Mitarbeiter verbindliche Entscheidungen über ein operatives Vorgehen träfen oder auch nur treffen dürften. Abschließend stellt sich für Monika Harms und Stefan Kaller die Frage, welchen „Mehrwert“ die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für das GTAZ überhaupt haben sollte, vor allem wenn diese nur formelle, aber keine materiellen Regelungen 449 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 180 ff. 450 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 180 ff. 451 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 181.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

hinsichtlich GTAZ-spezifischer Kommunikations- und Datenschutzvorschriften beinhalten sollte. Denn es würde keinen Unterschied machen, ob die einmonatlichen Besprechungen unter Inkaufnahme von Dienstreisen aufgrund der geltenden Kommunikationsvorschriften stattfänden oder in den Räumlichkeiten des GTAZ. b) Erforderlichkeit einer gesetzlichen Grundlage und deren Reichweite Die Mitglieder Ministerialdirektor a. D. Volkmar Giesler, Vertreter des Bundesministeriums der Justiz, sowie die externen Experten, Matthias Bäcker, Burkhard Hirsch und Heinrich Amadeus Wolff, befürworten hingegen die nachträgliche Schaffung einer gesetzlichen Grundlage. Die Reichweite der Rechtsgrundlage wird von ihnen jedoch unterschiedlich bewertet. Grund für den Reformbedarf sei die Schaffung eines angemessenen Ausgleichs zwischen den mit dem Zentrum verfolgten Zielen des intensiveren Austausches unter gleichzeitiger Wahrung der Untergliederung der Sicherheitsbehörden.452 Dies im Blick, werden zwei Reformpunkte benannt.453 Zum einen habe die Zusammenarbeit einen Verfestigungsgrad, ein Ausmaß und eine Bedeutung erlangt, die eine über die Fachgesetze hinausgehende Legitimation erfordern würden. Zum anderen bedürfe eine intensive informationelle Zusammenarbeit einer korrespondierenden, ebenfalls behördenübergreifenden Kontrolle. Im Einzelnen führen sie erklärend Folgendes dazu aus:454 Zunächst werden Zweifel am – zukünftigen – Ausreichen sämtlicher Informationsübermittlungsvorschriften für die Tätigkeit im GTAZ geäußert, da die Fachgesetze in ihrer jetzigen Form eine derart intensive und verdichtete Zusammenarbeit im jeweiligen Erlasszeitpunkt nicht vorgesehen haben. Dies wird am Beispiel der für das BfV im GTAZ wesentlichen Übermittlungsvorschrift des § 19 Abs. 1 BVerfSchG für alle Vorschriften näher dargelegt. Danach ist eine Informationsübermittlung grundsätzlich nur zulässig, soweit sie für die Aufgabenerfüllung des Übermittelnden oder des Empfängers „erforderlich“ ist und die übermittelten Informationen vom Empfänger auch „benötigt“ werden. Problematisch sei es jedoch, unter dem Tatbestandsmerkmal „benötigen“ das mit dem GTAZ verfolgte Ziel, Informationen offenzulegen, um den beteiligten Behörden ein „Herausgreifen“ der für die Aufgabenerfüllung benötigten Daten zu ermöglichen, zu vereinbaren. Soweit es um die Übermittlung von Informationen zur Erfüllung von Aufgaben des Empfängers geht, mache der Wortlaut vielmehr deutlich, dass primär Übermittlungen auf Ersuchen dieser Behörde zugeschnitten sind und weniger auf eine „fortdauernde[…] Über452 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 172. 453 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 172. Zum Erfordernis einer GTAZ-spezifischen Kontrolle siehe bereits oben Kapitel 3 A. VII. 2. 454 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 173 ff.

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mittlungspraxis auf eigene Initiative des BfV“455. Dies gelte umso mehr, als dass das BfV nicht dauerhaft und zuverlässig beurteilen könne, was andere Behörden zu ihrer Aufgabenwahrnehmung benötigen würden. Darüber hinaus wird das Ausreichen der Übermittlungsvorschriften auch insofern bezweifelt, als dass im GTAZ über die reine Kommunikationsanbahnung und Informationsübertragung hinaus eine gemeinsame Analyse- und Auswertungsarbeit betrieben wird, die weder der bloßen Übermittlung noch der Datenweiterverarbeitung allein durch die Empfangsbehörde entspricht.456 Schließlich erhöhe die institutionelle Festigung der Arbeitsgruppen an einem Standort das strukturelle Risiko, dass Informationen schneller und möglicherweise auch unreflektiert weitergegeben werden. Das Prinzip der Mündlichkeit hat in diesem Sinne sowohl begrenzende als auch fördernde Auswirkung. Jedenfalls aber begründen die Zentren die Gefahr, dass der Datenfluss so nicht mehr im Einzelfall an der konkreten Norm überprüft werde. Die gezielte und intensive Heranführung der polizeilichen und nachrichtendienstlichen Behörden aneinander lege eine parlamentarische Absicherung zumindest nahe. Wie diese parlamentarische Absicherung aussehen solle, wird von den Mitgliedern der Kommission nicht einheitlich beantwortet. Einigkeit besteht jedenfalls hinsichtlich der folgenden Punkte: Zunächst soll eine zu schaffende Rechtsgrundlage die Existenz des Zentrums und die Festschreibung eines bestimmten Aufgabenbereichs manifestieren. Diese Forderung ergebe sich bereits aus der Wesentlichkeitstheorie. Dies gelte insbesondere dann, wenn das Zentrum sicherheitsbereichübergreifend – gemeint ist eine Zusammenarbeit von Ermittlungsbehörden, Polizeien und Nachrichtendiensten – und/oder bund-länderübergreifend arbeite. Sodann seien die beteiligten Behörden, die zeitliche Dauer der Errichtung sowie eine zentrenspezifische Kontrolle festzuschreiben. Darüber hinaus empfehlen die Mitglieder Volkmar Giesler, Vertreter des Bundesministeriums der Justiz, sowie die externen Experten, Matthias Bäcker, Burkhard Hirsch, die Einführung GTAZ-spezifischer Informationsfluss- und -verarbeitungsvorschriften. Das Erfordernis dafür sehen sie insbesondere in der gemeinsamen Analysetätigkeit von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten, der das mit der ATDG-Entscheidung durch das BVerfG herausgearbeitete informationelle Trennungsgebot entgegenstünde. Die Entscheidung des BVerfG entfaltet auch insofern für das GTAZ mittelbare Bedeutung, als dass das Gericht dem Gesetzgeber eine „großzügige Frist ein[…]räumt, die es ihm ermöglicht zu prüfen, ob er im Zusammenhang mit der Neuregelung des Antiterrordateigesetzes auch eine Überarbeitung von Bestimmungen anderer Gesetze, die den angegriffenen 455

Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 173. 456 In diesem Sinne für den Bereich des Informationsaustauschs und der Informationsverarbeitung im Verfassungsschutzverbund ebenfalls kritisierend siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 450 ff.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Vorschriften dieses Verfahrens ähnlich sind“457 voranbringt. Da die Gemeinsamen Zentren wie die Antiterrordatei Strukturen darstellen, die die Entscheidung über operative Maßnahmen erleichtern sollen, stehen auch ihre Fundamente auf dem Prüfstand. Der Austausch von Informationen für ein mögliches operatives Tätigwerden zwischen den Polizeien und Nachrichtendiensten muss der Entscheidung zufolge „grundsätzlich einem herausragenden Interesse dienen, das den Zugriff auf Informationen unter den erleichterten Bedingungen, wie sie den Nachrichtendiensten zu Gebot stehen, rechtfertigt“.458 Dies müsse durch „hinreichend konkrete und qualifizierte Eingriffsschwellen auf der Grundlage normklarer Regelungen gesichert sein; auch die Eingriffsschwellen für die Erlangung der Daten dürfen hierbei nicht unterlaufen werden“.459 Aus diesen Vorgaben schlussfolgern die Mitglieder, dass für das GTAZ eigene Regelungsgrundlagen erforderlich seien, da das Zentrum den Austausch gerade erleichtern solle, den Vorschriften in ihrer aktuellen Verwendung ein materiell verändertes Gewicht zukomme, sie in ihrer Formulierung dennoch diffus seien. Auch dies wird durch die Mitglieder am Beispiel des § 19 Abs. 1 BVerfSchG verdeutlicht. Die Begriffe der „inländischen öffentlichen Stelle“, unter die auch die Behörden der Polizeien fallen, und „öffentlichen Sicherheit“ würden – gerade auch als wesentliche Übermittlungsgrundlage des BfV im GTAZ – den hohen Anforderungen an Klarheit, Bestimmtheit und Eingrenzbarkeit für den Informationsaustausch zwischen Polizeibehörden und Nachrichtendiensten nicht gerecht. 2. Stellungnahme: Netzwerke sind basislegitimiert – das GTAZ nicht (mehr)? a) Basislegitimation von Organisationseinheiten und Netzwerken Das GTAZ hat sich seit seiner formlosen Errichtung im Jahr 2004 zu einer – wenn nicht zu der – zentralen Relaisstelle der Bund-Bund-Länder-Zusammenarbeit im Phänomenbereich des islamistisch motivierten Terrorismus entwickelt. Seine Bedeutung für die Bekämpfung derartiger Bedrohungen wird von kaum einer Seite in Frage gestellt. Vielmehr werden die Effektivität, Produktivität und Flexibilität des Netzwerkansatzes als sicherheitsrechtliche Antwort auf das ebenfalls netzwerkartig strukturierte Gefährdungspotenzial lobend hervorgehoben. Kritik wurde vielfach mit Hinweis auf die herausragende Bedeutung der behördenübergreifenden Zusammenarbeit für die innere Sicherheit der Bundesrepublik beiseitegeschoben. Im Zuge der Offenbarung sämtlicher „Geheimdienstaffären“460 finden jedoch immer mehr 457

BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 232. BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. 459 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123. 460 Zur gesellschaftlichen Kritik Lobo, Die verdorbenen Dienste, Stand 20. 08. 2014, abrufbar unter http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/bnd-und-tuerkei-deutsche-geheimdiens 458

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Stimmen Gehör, die nach einer strengeren Anbindung nachrichtendienstlicher Tätigkeit oder zumindest aktualisierten Überprüfung entsprechender Strukturen und Vorgehensweisen rufen. In diesem Rahmen rücken auch das Interesse an der Tätigkeit im Zentrum und seine rechtliche Absicherung wieder näher in den Blick des öffentlichen Forums. In Reaktion auf die Geschehnisse des 11. September 2001 wurde das GTAZ unter Federführung des Bundesministeriums des Innern461 am 14. Dezember 2004 als Kooperationszentrale in Berlin-Treptow auf der Liegenschaft B 1 des BKA ins Leben gerufen. Sowohl die Gründungsmitglieder als auch die Bundesregierung hielten weder die Errichtung einer neuen Behörde noch überhaupt eine explizite Regelung der Zusammenarbeit mittels einer eigenen Rechtsgrundlage für nötig.462 Auch fehlt es an einer zentral regelnden Verwaltungsvereinbarung zwischen den beteiligten Behörden.463 Lediglich für die Entsendung und den Einsatz von Ländervertretern liegen als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD) – gekennzeichnete Vereinbarungen vor, die die Aufgaben der Ländervertreter und die Rahmenbedingungen beschreiben.464 Im Übrigen beruht die Zusammenarbeit auf den jeweiligen Fachgesetzen der beteiligten Behörden, die als rechtliche Rahmenbedingung und Zuständigkeitsbeschreibung durch den Betrieb des Zentrums nicht verändert werden würden. Die Berechtigung hierzu folgt aus der Basislegitimation von Netzwerkstrukturen. So findet die Errichtung des GTAZ auf dem Rücken von PIAS und NIAS innerhalb der Binnenstruktur der Zentralstellen BKA und BfV, unter Rückgriff auf die polizeiliche Bund-Länder-Zusammenarbeit beziehungsweise den Verfassungsschutzverbund, und die auf die Stellen aufsetzenden Arbeitsgruppen in den Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a, 10, Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG den ersten Baustein ihrer Basislegitimation. Danach verfügt der Bund über die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz hinsichtlich der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das BKA in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht, sowie bezüglich der Ausgestaltung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern auf dem Gebiet der Kriminalpolizei und des Verfassungsschutzes. Auf Basis dieser Kooperationskompetenz, sprich der Verknüpfung von Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz, wird eine Zusammenarbeit über die punktuelle te-agieren-ohne-kontrolle-a-986909.html (zuletzt aufgerufen am 20. 08. 2014); in diesem Sinne auch Singer, Die Kriminalpolizei 4/2008, S. 123 (127), der auf die „lange Geschichte der Skandale“ hinweist. 461 Hamburger Senat Drs. 20/9232, S. 4. 462 Bundesministerium des Innern/Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland, S. 169; BT-Drs. 16/2432, S. 2, 17/14830, S. 5. 463 Vgl. Klee, Neue Instrumente der Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten, S. 115; Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012). 464 Jedenfalls für das Land Hamburg siehe die landesrechtliche Drs. 20/9232, S. 4.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Amtshilfe hinausgehend in auch auf Dauer organisatorisch angelegter Form ständiger Kooperation möglich.465 Sie umfasst zum einen die laufende gegenseitige Unterrichtung und Auskunftserteilung, wechselseitige Beratung, Unterstützung und Hilfeleistung, zum anderen die planvolle Abstimmung der in Eigenzuständigkeit zu treffenden Maßnahmen und schließlich auch die Einrichtung gemeinsamer Organisationseinheiten.466 Hiervon ist auch die Implementation einer netzwerkartigen Zusammenarbeit erfasst. Den zweiten Baustein der Basislegitimation des GTAZ bilden sodann die einschlägigen fachgesetzlichen Informationsübertragungs- und -empfangsvorschriften. Gemeint sind damit die verbundsinternen und -übergreifenden formell-gesetzlichen Regelungen, insbesondere aus §§ 1, 5, 6, 18, 19, 20, 23 BVerfSchG, §§ 3, 14, 10, 11, 12 MADG, §§ 8, 9 10 BNDG, §§ 10, 13, 20x BKAG, § 32 BPolG, die Näheres zur interbehördlichen Kommunikation in Form des Ersuchens, ermessens- oder pflichtgemäßen Übertragens und Empfangens ausführen. Dabei beschreiben die Normen die Kommunikationsvorgänge abstrakt und losgelöst von konkreten Phänomenbereichen. Keine dieser Normen ist konkret auf die Tätigkeit im GTAZ ausgerichtet oder verweist auch nur auf das Zentrum. Das GTAZ setzt vielmehr auf diesen Normen auf und bildet ein institutionell gefestigtes, dennoch informelles Netz um die durch sie für den Phänomenbereich der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus häufig beschrittenen Kommunikationswege. Entsprechend ihrer weiten Fassung – im Sinne einer Nichtfestlegung auf einen konkreten Phänomenbereich – bilden diese Normen die rechtliche Grundlage sämtlicher netzartiger Informationssysteme im Sicherheitsbereich.467 Da die Schaffung einer zentralen Behörde zur Bündelung sicherheitsrechtlichen Sachverstandes und sicherheitsrechtlicher Kompetenzen vom Grundgesetz auch nicht gestattet wird,468 sich daraus gleichzeitig aber Zusammenarbeitserfordernisse und -pflichten ergeben, um einen einheitlich hohen Standard der Sicherheitsgewährleistung im gesamten Raum der Bundesrepublik sicherzustellen, ist die Bildung zunächst informeller Netzwerkstrukturen logische Konsequenz und bereits in den Kommunikationsvorschriften angelegt. Ob und inwiefern solche informellen Strukturen einer nachträglichen, formellen Rechtfertigung bedürfen, steht auf einem anderen Blatt und ist für jedes Netzwerk 465 Heintzen, Die Charakteristika der Ländergesetzgebung und der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes nach der Föderalismusreform, in: ders./Uhle (Hrsg.), Neuere Entwicklungen im Kompetenzrecht, S. 61; Kunig, in: v. Münch/Kunig, GGK II, Art. 73 Rn. 40 ff.; Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 73 Rn. 231; vgl. auch Ibler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 87 Rn. 117; zum Verhältnis der Art. 73 Abs. 1 Nr. 9a, 10 GG und Art. 87 Abs. 1 S. 2 GG siehe Broß/Mayer, in: v. Münch/Kunig, GGK II, Art. 87 Rn. 14 GG. 466 Kunig, in: v. Münch/Kunig, GGK II, Art. 73 Rn. 41; Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 73 Rn. 231. 467 Vgl. für verbundinterne Informationssysteme Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 73 Rn. 231. 468 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 160.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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einzeln zu überprüfen. Denn auch wenn jede Formalität ein gewisses Maß an Informalität bedingt, müssen Struktur und Ausgestaltung der Verwaltungsorganisation in einem rechtsstaatlich geordneten Staatswesen klar, eindeutig, transparent, funktionsgerecht, ausgewogen und tendenziell dauerhaft geregelt sein.469 Über eine formelle Rechts- und Errichtungsgrundlage verfügt das GTAZ de lege lata nicht. Aus dem Verzicht auf traditionelle Verwaltungsstrukturen ergeben sich jedoch gewisse Unsicherheiten.470 Dies kann eine gesetzliche Regelung erfordern. Auf den Punkt gebracht, gehören zu den Gefahren informeller Organisation im GTAZ die folgenden: Das Zentrum führt die Tätigkeit von Polizeien und Nachrichtendiensten in das Trennungsgebot berührender Weise näher aneinander heran. Dies erhält auch vor dem Hintergrund der BMI-internen Umstrukturierung der Fachaufsicht über BKA und BfV durch die Abteilung ÖS Öffentliche Sicherheit ein anderes Gewicht.471 Insbesondere ist die gemeinsame Analysetätigkeit der Fachbehörden von keiner bestehenden Rechtsgrundlage ausdrücklich erwähnt. So stellt sich die Frage, ob die dadurch bedingte Qualitätssteigerung durch die bestehenden Rechtsgrundlagen abgesichert ist.472 Dass sich aufgrund der engen, vertrauensvollen kollegialen Zusammenarbeit, insbesondere auch aufgrund der Mündlichkeit missbräuchliche Tendenzen entwickeln können, ist in der Natur der Sache angelegt und jedenfalls nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Zwar verfügt das GTAZ selbst nicht über eigene operative Entscheidungsbefugnisse, eine faktische Bindungswirkung, insbesondere aufgrund der Vielzahl der beteiligten Behörden und der – gemeinsam – gefundenen Bekämpfungsstrategien lässt sich kaum abstreiten. Darüber hinaus fällt ein Einblick in die Tätigkeit des GTAZ, obwohl es sich bei dem Zentrum um eine dauerhaft angelegte Einrichtung mit relativ fest abgestelltem Personal handelt, schwer, da die Tätigkeit auf nicht leicht nachvollziehbaren behördeninternen Akten beruht und die Außenkommunikation aus der Sache heraus reduziert ist. Letzteres scheint aus Sicht der Beteiligten symptomatisch für den Bereich des Sicherheitsrechts zu sein. So führt Jörg Ziercke im Zusammenhang mit der Global-Player-Initiative aus, dass man „kein Erfordernis [sehe], die […] guten Fortschritte in der Sicherheitskooperation ,an die große Glocke zu hängen‘. Wichtig ist doch, dass wir in der Sache vorankommen“.473 Für das GTAZ scheint Selbiges zu gelten. Nicht nur die Gründung des GTAZ wurde verdeckt gehalten, auch über die Tätigkeit der Zentren auf Bundesebene ist vergleichsweise wenig bekannt.474 Diese Aspekte im 469

Maurer, VerwR, § 21 Rn. 66. Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1012). 471 Näheres dazu in Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 472 So auch Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (146). 473 Interview mit Jörg Ziercke vom 07. 01. 2008, abrufbar unter http://www.sicherheit.info/ SI/cms.nsf/si.ArticlesByDocID/1100809?Open&Channel=SI-PS-KB (zuletzt aufgerufen am 07. 08. 2014). 474 So fällt ein Großteil der Arbeitsergebnisse des GTAZ unter VS-NfD, vgl. Sammlung der zur Veröffentlichung freigegebenen Beschlüsse der 198. Sitzung der Ständigen Konferenz der 470

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Blick scheinen den nachträglichen Erlass einer Rechtsgrundlage für das GTAZ und seine Tätigkeit erforderlich zu machen. b) Überschreiten der Legitimationsgrenzen de lege lata aa) Analysebefugnis und Informationsübertragungsdichte Da es dem GTAZ an hoheitlichen, nach außen gerichteten Handlungsbefugnissen und damit an organisatorischer Selbstständigkeit fehlt, erfüllt es weder die Voraussetzungen des funktionellen noch organisatorischen Behördenbegriffs. In der Folge ist den Gründungsmitgliedern zuzustimmen, dass das Zentrum zumindest aus diesem Grunde keiner Rechtsgrundlage bedarf. Die gewählte Organisationsform ist, wie bereits erläutert, basislegitimiert, sofern sich die Tätigkeit innerhalb der Grenzen der Basislegitimation bewegt. Dies scheint für das GTAZ jedoch fraglich zu sein. Denn das GTAZ ist nicht nur eine Kommunikations- und Informationsplattform, sondern faktisch auch eine gemeinsame Analysestelle, in der die Polizeien gemeinschaftlich mit den Nachrichtendiensten Informationen auswerten und analysieren und daraufhin gemeinschaftlich Konzepte und operative Vorgehensweisen beraten und wohl auch abstimmen. Gerade die gemeinsame Betrachtung und Bewertung ist es aber, die den Mehrwert des Zentrums ergeben, durch den Sachverhalte und Zusammenhänge offenbar werden, die den einzelnen Behördensträngen andernfalls unbekannt bleiben würden. Auf den ersten Blick ist insofern auch der Auffassung der Kommissionsmitglieder Monika Harms und Stefan Kaller zuzustimmen, wonach die vorhandenen Vorschriften und höchstrichterliche Rechtsprechung die Tätigkeit des Zentrums abdecken, denn die fachgesetzlichen Kommunikationsvorschriften umfassen datenschutzgerechte Übermittlungs-, Empfangs- und Speicherungsvorschriften. Richtig ist auch, dass der Gesetzgeber mit der formellen Normierung der Befugnis zur Errichtung gemeinsamer Projektdateien die Zusammenarbeit von Polizeien und Nachrichtendiensten für die Dauer einer befristeten projektbezogenen Zusammenarbeit ausdrücklich gebilligt hat. Wichtig zu erkennen ist jedoch, dass diese Form der Zusammenarbeit gerade ausdrücklich legitimiert wurde und im Wortlaut davon spricht, dass die projektbezogene Zusammenarbeit nach Maßgabe der Aufgaben und Befugnisse der beteiligten Behörden auch „den Austausch und die gemeinsame Auswertung von polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Erkenntnissen“ im Hinblick auf ein näher bezeichnetes Themenfeld bezweckt.475 Im Sinne einer gesetzessystematischen Auslegung sind im Umkehrschluss eine gemeinsame AusInnenminister und -senatoren der Länder vom 04.12 – 06. 12. 2013 in Osnabrück, S. 8, abrufbar unter http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/13 – 12 – 06/Be schluesse.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (zuletzt aufgerufen am 07. 08. 2014. Teils sind auch Angaben über die Mitarbeiterzahl, Zusammensetzung und Arbeitsgruppen als VS-NfD eingestuft, so für GIZ und CYBER-AZ vgl. BT-Drs. 17/14830, S. 6, 10. 475 Vgl. § 22a Abs. 1 S. 2 BVerfSchG, § 9a Abs. 1 S. 2 BNDG, § 9a Abs. 1 S. 2 BKAG.

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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wertung und Analyse nicht von den „allgemeinen“ fachgesetzlichen Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften des Sicherheitsrechts erfasst. Dem materiellen Trennungsgebot folgend, haben die Fachbehörden die selbst ermittelten und die ihnen übermittelten Informationen grundsätzlich in Eigenregie zu bewerten und zu verarbeiten. Insofern ist den Bedenken der Kommissionsmitglieder Volkmar Giesler, Matthias Bäcker, Burkhard Hirsch und Heinrich Amadeus Wolff hinsichtlich des Ausreichens dieser Vorschriften zuzustimmen. Für Netzwerke außerhalb des Sicherheitsbereiches, in denen die Zusammenarbeit keinem Trennungsgebot zu folgen hat, ist es hingegen eher möglich, dass sich an den Sinn und Zweck einer formellen oder informellen Informationsübermittlung auch eine weitere gemeinsame informelle Aussprache und Bewertung des konkreten Sachverhaltes anschließen. Um das sachgerechte Funktionieren der Entscheidungsproduktion zu gewährleisten, kann die informelle gemeinsame Weiterverarbeitung sogar unter Umständen erforderlich sein. Für den Sicherheitsbereich muss jedoch insbesondere vor dem Hintergrund der Entscheidung des BVerfG zur Antiterrordatei beachtet werden, dass aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein informelles Trennungsprinzip folgt, wonach bereits der Austausch von Daten zwischen Polizeien und Nachrichtendiensten nur ausnahmsweise zulässig ist und, soweit er zur operativen Aufgabenwahrnehmung erfolgt, einen besonders schweren Eingriff begründet.476 Die Arbeit im GTAZ geht aber, wie bereits gezeigt, einen Schritt weiter: Während die ATD lediglich auf Informationsanbahnung beschränkt ist und den Informationsaustausch über die einschlägigen Fachgesetze einleiten soll, finden im Zentrum darüber hinaus gemeinsame Analysen und teils auch Absprachen bezüglich operativer Vorgehensweisen auf Basis der zusammen erstellten Bewertungsgrundlage statt. Das GTAZ durchbricht die Trennung von Polizeien und Nachrichtendiensten mithin auf zwei Ebenen – erstens auf der der Informationsübertragung, zweitens auf der der gemeinsamen Arbeit. Dies ist jedoch nicht dahingehend misszuverstehen, dass die Zusammenarbeit unzulässig wäre. Sie bedarf vielmehr legitimierender Rechtfertigung. Bedenkt man des Weiteren, dass bereits für die befristete Zusammenarbeit im Rahmen der gemeinsamen Projektdateien die gemeinsame Analyse ausdrücklich legitimiert wird, muss dies für das GTAZ erst recht gelten, denn das Zentrum besteht gegenwärtig dauerhaft. Zwar ist es möglich, das Zentrum auf Grund seiner Zusammensetzung aus verschiedenen Behördenreferaten und informellen Arbeitsgruppen binnen kurzer Zeit aufzulösen, dies ist angesichts der weiterhin bestehenden Gefährdungslage und seiner Effizienz, dem entgegenzutreten, langfristig gesehen, weder sinnvoll noch gewollt. Auch kann die Speicherungsform der gemeinsamen Arbeitsergebnisse nicht ausschlaggebend für die Normierung der gemeinschaftlichen Analysebefugnis sein. Denn im Kern geht es sowohl dem GTAZ als auch den Projektdateien um die gemeinsame Auswertung. Es kann daher nicht darauf ankommen, dass die Arbeitsergebnisse in projektbezogenen Dateien ge476 Das BVerfG leitet seine Ausführungen dazu sogar mit der Negativformulierung ein, dass Daten „grundsätzlich nicht ausgetauscht werden“ dürfen. BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 123.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

meinsam gespeichert werden, im GTAZ auf Grund der vorgeschobenen Trennung hingegen bei jeder beteiligten Behörde. Bedenkt man weiterhin die Forderung des BVerfG nach normklaren gesetzlichen Regelungen, zu denen im Rahmen der ATD auch die ausdrückliche Nennung aller an der über die Datei stattfindenden Informationsanbahnung beteiligten Behörden gehört477, wird die Schaffung einer Rechtsgrundlage für das GTAZ unumgänglich. Denn das GTAZ dient funktionell ebenso wie die ATD, insbesondere mit seiner Arbeitsgruppe „Tägliche Lagebesprechung“, der Systematisierung und Beschleunigung des Informationsaustauschs der beteiligten Behörden478 und darüber hinaus der gemeinsamen Analyse. Insbesondere wenn die ATD als (Teil der) Rechtsgrundlage des Informationsaustauschs im GTAZ angesehen wird479 und die Regelungen über die teilnehmenden Behörden den Kern des spezifisch grundrechtlichen Gefährdungspotenzials der ATD begründen480, ist auch die Normierung der am Gemeinsamen Zentrum, welches auf der ATD aufsetzt, beteiligten Behörden notwendig. In die gleiche Richtung weisen auch die Ausführungen der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus in ihrem Abschlussbericht zur Analyse der Zusammenarbeitsformen der Sicherheitsbehörden der Länder mit den Bundesbehörden insbesondere im Bereich der Bekämpfung des gewaltbereiten Extremismus. Denn innerhalb des Verfassungsschutzverbundes werden ähnliche Kritikpunkte, wie voranstehend für die Zusammenarbeit im GTAZ, geäußert. Danach hält es die Kommission für sehr problematisch, dass zentrale Regelungen der informationellen Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund, „die in ihrem materiellen Gehalt teilweise deutlich über die im Gesetz festgehaltenen Befugnisse und Verpflichtungen zur Informationsübermittlungen hinausgehen“, nur untergesetzlich in der Zusammenarbeitsrichtlinie481 und nicht ausdrücklich formell-gesetzlich bzw. für die koordinierte Zusammenarbeit des BfV und der LfV bei der gemeinsamen Auswertung sogar gar nicht ausdrücklich geregelt sind.482 Einer dementsprechend vorgeschlagenen und diesem Problem abhelfenden gesetzlichen Normierung der gemeinsamen Analysebefugnis des Bundesamtes und der Landesämter für Verfassungsschutz ginge es auch nicht darum, den Behörden ihre „ureigenste Aufgabe, nämlich die 477

BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 141. Vgl. BT-Drs. 17/12665, S. 4 ff., das „Antiterrordateigesetz […] schafft für den Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland die Rechtsgrundlage […] den gegenseitigen Informationsaustausch zu systematisieren und zu beschleunigen“; BT-Drs. 17/14830, S. 2, Zusammenarbeit im GTAZ „auf der Grundlage eines optimierten Informationsflusses“. 479 So Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 169; Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (146). 480 BVerfG, 1 BvR 1215/07 vom 24. 04. 2013, Absatz-Nr. 141. 481 Richtlinie für die Zusammenarbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz und der Landesbehörden für Verfassungsschutz gemäß Beschluss der Innenministerkonferenz vom 26. 11. 1993 in der Fassung vom 07. 12. 2012 (Zusammenarbeitsrichtlinie – ZAR). 482 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 461 ff., insb. 466. 478

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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Auswertung von ihnen gesammelte[r] Informationen“, zu nehmen, sondern um die zielführende Schaffung einer weiteren Analyseebene, die den Blick der Lokalität mit einer Gesamtsicht verbindet.483 Wenn aber die Kommission, mit dem Wesentlichkeitsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG argumentierend, bereits eine formell-gesetzliche Grundlage für die verbundsinterne gemeinsame Auswertung von BfV und den LfV fordert, muss dies erst recht für die verbundsübergreifende, zusätzlich vom Trennungsgebot geprägte, analytische Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und Polizeien gelten. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Zweck und Funktion des GTAZ mit denen des BfV für den Verfassungsschutzverbund ähnlich sind. Auch dem GTAZ geht es um die zentrale Zusammenführung phänomenbereichsspezifischer Informationen mit dem Ziel der Gewinnung eines Gesamtlagebildes unter Ausnutzung der gemeinsamen Analysekompetenz. Zusammenfassend kann daher bereits an dieser Stelle festgehalten werden, dass die nachträgliche Normierung einer gemeinsamen Analysebefugnis und der an der Analyse beteiligten Behörden erforderlich ist. Auch aus Gründen der Informationsübertragungsdichte ist die Tätigkeit im Zentrum nicht unangreifbar. Sämtliche Übermittlungsvorschriften sehen ein Übermittlungsermessen vor, soweit dies zur Erfüllung der eigenen Aufgaben „erforderlich“ ist. Darunter fallen nur solche Daten und Informationen, deren Kenntnis notwendig ist, d. h. diejenigen, die benötigt werden, um die rechtmäßige und vollständige Erfüllung konkreter Aufgaben zu gewährleisten.484 Anliegen des Erforderlichkeitsprinzips ist es mithin, einen ungefilterten, unbegrenzten Informationsstrom zu vermeiden und für eine funktionsgerechte Übermittlung zu sorgen. Die Übermittlungsvorschriften der bundesdeutschen Nachrichtendienste sehen hingegen noch eine weitere Tatbestandsalternative vor, nach der es den Behörden gestattet ist, Daten zu übermitteln, wenn der Empfänger die Daten für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigt. Hier findet also eine ausdrückliche Differenzierung zwischen der Übermittlung zu eigenen Zwecken und der Übermittlung zugunsten anderer öffentlicher Stellen statt. Diese Tatbestandsalternative des § 19 Abs. 1 BVerfSchG ist es auch, die die Kommissionsmitglieder Volkmar Giesler, Matthias Bäcker, Burkhard Hirsch und Heinrich Amadeus Wolff aufgrund ihres Wortlauts „benötigen“ kritisieren. Wegen der Wortlautgleichheit gilt die Kritik auch für die Parallelvorschriften der anderen beiden Nachrichtendienste aus § 9 Abs. 1 S. 1 BNDG und § 11 MADG, der auf § 19 BVerfSchG verweist. Aus der vorangestellten Definition der Erforderlichkeit lässt sich ableiten, dass die Worte „erforderlich“, „benötigen“ und „notwendig sein“ synonym zu verstehen sind485 und über ein Element des „Nichtentbehrlich-Seins“ verfügen. Dieses Element ist, wie von den Kommissionsmit483 Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsextremismus, Rn. 463. 484 Ahlf/Daub/Lersch/Störzer, BKAG, § 10 Rn. 7, § 7 Rn. 6; § 2 Rn. 37. 485 Siehe hierzu auch die Ausführungen des Dudens, abrufbar unter http://www.duden.de/ rechtschreibung/benoetigen und http://www.duden.de/rechtschreibung/notwendig (zuletzt aufgerufen am 11. 08. 2014).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

gliedern zutreffend konstatiert, nicht ohne weiteres mit dem Arbeitsmechanismus des GTAZ zu vereinbaren. Denn trotz Vorfilterung dient das Zentrum in Anbahnung weiterer Kommunikation als Plattform, mittels der die Brauchbarkeit, Relevanz und konkrete Benötigung der fragmentarisch vorliegenden Informationen erst gemeinsam ermittelt werden sollen. Ähnlich der ATD verfolgt das GTAZ, wie die Kommissionsmitglieder es betonen, das Ziel, den Behörden ein „Herausgreifen“ der Informationen zu ermöglichen, und folgt weniger dem von der Norm zugrunde gelegten Prinzip des Übermittelns auf Ersuchen. Auch in diesem Sinne ist daher den Kritikpunkten zuzustimmen. Zumindest ein Teil der das Netzwerk basislegitimierenden Vorschriften ist nicht auf eine fortdauernde eigeninitiative Übermittlungspraxis ausgelegt. bb) Informell-kollegiale Kommunikation und faktische Bindung Die für das Zentrum wesentliche Arbeit findet in den Arbeitsgruppen statt. Das Prinzip der dort praktizierten Mündlichkeit hat auf die Frage nach der Erforderlichkeit einer Rechtsgrundlage ambivalente Auswirkungen. Einerseits begrenzt diese Kommunikationsform das übertragene Volumen an Informationen und Wissen. Das gesprochene Wort ist zudem flüchtiger als ausformulierte Dokumente. Andererseits begünstigt die Mündlichkeit einen schleichenden Prozess mangelnder Kontrolle der einzelnen Datenübertragung anhand der konkreten Norm. Dies gilt zu guter Letzt vor dem Hintergrund, dass in acht von neun Arbeitsgruppen kein Sitzungsprotokoll geführt wird. Dieses Phänomen kann insbesondere auch durch das informell-kollegiale und vertrauensvolle Klima der Arbeitsgruppen verstärkt werden. Im Bereich des durch das Trennungsgebot geprägten Sicherheitsrechts ist diese Tendenz besonders problematisch. Hier zeigt sich auch der beschriebene Konflikt, der sich im Rahmen informeller Organisations- und Handlungsweisen ergeben kann, am konkreten Beispiel. In positiver Hinsicht baut Informalität Brücken zwischen formal und organisatorisch getrennten Arbeitsbereichen. Die nähere informelle Heranführung verschiedener Organisationsbereiche und deren Personal aneinander erzeugt ein besseres Verständnis auf persönlicher wie arbeitsalltäglicher Ebene, durch das Dissonanzen abgebaut und ein effizientes Miteinander hergestellt werden können. Dem gegenüber steht jedoch das in der menschlichen Natur angelegte Potenzial, auf Grund der Näheverhältnisse Zuständigkeits- und Gesetzesgrenzen zu überschreiten. Eine Möglichkeit, diesem negativen Effekt präventiv entgegenzuwirken, läge in der bereits angesprochenen Einrichtung einer am Standort des GTAZ ansässigen GTAZspezifischen Kontrolleinheit. Neben dem Lernen des Zentrums aus einer Ex-postPerspektive und der Stärkung seiner Akzeptanz würde die Kontrolle auf einer dritten Ebene wirken. Denn allein aufgrund der örtlichen Präsenz eines netzwerkartig gespeisten Kontrollzentrums würde eine solche Stelle mäßigend auf potenzielle mündliche Gesetzesübertritte wirken. Vor Ort wäre sie nicht nur in der Lage, den systematisch angelegten behördenüberschreitenden Verkehr zu erfahren und auf seine Rechtmäßigkeit hin im Blick zu behalten. Darüber hinaus würde ein ent-

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sprechendes Kontrollzentrum mit der Einbindung in das GTAZ automatisch auch an dem kollegial-informellen Kommunikations- und Arbeitsalltag teilhaben können und so sogar außerhalb der ihm formell zugestandenen Rechte im kollegial-informellen Austausch kontrollierend mitwirken. Mit dem Prinzip der Mündlichkeit ist ebenso das Prinzip der Informalität eng verknüpft. Die Lebenswirklichkeit zeigt, dass es auch für die Akteure des Sicherheitsrechts, insbesondere wegen ihrer Separierung innerhalb eines dennoch einheitlich angelegten Sicherheitsraumes, notwendig ist, informelle Absprachen über den rein formell-gesetzlich geregelten Informationsaustausch hinaus zu treffen. Aus diesem Grund wurde das GTAZ als informelle Struktur in einem Bereich eingerichtet, für den aufgrund seiner hohen Komplexität ein erhöhter Koordinationsbedarf besteht und in dem die Behörden zur effektiven Terrorismusabwehr auf eine gemeinsame Kompetenzentwicklung angewiesen sind. So schafft sich das Zentrum mittels umfassender Gefährdungsbewertungen, Fallauswertungen, Strukturanalysen und Herausarbeitung des islamistisch-terroristischen Personenpotenzials selbst geeignetes Hintergrundwissen, Herangehensweisen und Bewältigungsstrategien, die über tägliche Lagebesprechungen und den operativen Informationsaustausch in das gemeinsam erstrebte Gesamtkonzept für den mit dem Phänomen des islamistisch motivierten Terrorismus befassten Teil des Sicherheitsapparates einfließen und zur konkreten Ausführung in die Bahnen der Einzelbehörden gelenkt werden. Dass Vorgehensweisen der Einzelbehörden gemeinsam abgesprochen werden, ist grundsätzlich auch richtig. Auf Grund der Vielzahl der mit der Terrorismusabwehr im weiten Sinn befassten Behörden und der zugrundeliegenden wie daraus resultierenden Sachverhaltskomplexität sind informelle Absprachen notwendig, um ein gegenseitiges Behindern zu vermeiden und effektiver und zielführender zu arbeiten. Problematisch wird es aber dort, wo die Zusammenarbeit derart eng miteinander verwoben ist, dass über bloße „Arbeitsabsprachen“ hinaus gemeinsame Analyseergebnisse zu einer faktischen Bindung der Einzelbehörde führen. Zwar begründen die in den Arbeitsgruppen gemeinsam entwickelten Standards keine Rechtpflichten, sondern, wie bereits ausgeführt, nur faktische Verhaltensabstimmungen, von denen sich der einzelne Akteur notfalls noch distanzieren kann. Dennoch werden die Arbeitsergebnisse praktisch gesehen regelmäßig eingehalten, da die „faktische Interessenübereinstimmung“486 der beteiligten Behörden die gesamte Tätigkeit im Zentrum erfasst. Dies gilt insbesondere in Eilfällen. Die unverbindliche, eigene Kreation von Anforderungs- und Bewältigungsprofilen ermöglicht es dem GTAZ so, auf die konkret zu bewältigenden Sachverhalte flexibel einzugehen. Dies bedeutet jedoch, dass Behörden der getrennten Sicherheitssparten, insbesondere diejenigen der Polizeien und Nachrichtendienste, maßgeblichen Einfluss auf die grundsätzliche Art des Vorgehens nehmen und demnach auch mittelbaren Einfluss auf die konkrete Entscheidung eines Kooperationspartners erlangen, die nicht im unmittelbar eigenen Befugnisbereich liegt. Mithin bewegt sich dieses Vorgehen, insbesondere die enge 486

Bohne, Der informale Staat, S. 125.

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Zusammenarbeit in der AG „Operativer Informationsaustausch“, in einer Grauzone zwischen berechtigter informeller Absprache und nicht gerechtfertigter Durchbrechung des auf dem Trennungsgebot fußenden Zuständigkeitsbereichs. Auch diesem Folgeproblem könnte mittels Legitimierung einer gemeinsamen Analysebefugnis abgeholfen werden. Hinzu kommt, dass eine informell-kollegiale Organisationsstruktur bereits im Allgemeinen und somit auch die Funktionsweise des GTAZ und seiner Arbeitsgruppen potenziellen Raum für die Einnistung des „Groupthink“-Effekts bieten.487 Dies gilt für das Gemeinsame Zentrum insbesondere vor dem Hintergrund, dass die beteiligten Akteure, dem Errichtungszweck des GTAZ entsprechend, ständig unter öffentlichem Erfolgs- und im Ernstfall hohem Zeitdruck stehen. Auf Grund der Beteiligung der Nachrichtendienste und der damit verbundenen Geheimschutzgründe ist das GTAZ zudem relativ isoliert. Denn außerhalb der AG „Deradikalisierung“ – und selbst hier ist bisher nicht erfahrbar, welche Akteure innerhalb des Plenums aktiv wirken – werden behördenexterne Experten und damit alternative Lösungskonzepte nur wenig hinzugezogen. Auch ist die Arbeit des Zentrums in weiten Teilen der öffentlichen Kontrolle entzogen und insofern von gesellschaftlichen Perspektiven isoliert. Dieser Effekt der eingeschränkten Berücksichtigung von Alternativen wird zudem durch die Zusammenführung der Fachaufsicht von BKA und BfV, als zentral geschäftsführende Behörden innerhalb des GTAZ, gestärkt, da mit ihr auf Steuerungsebene die zuvor parallel arbeitenden Stränge zu einer Perspektive zusammengeführt werden. In der Folge unterliegt das Zentrum faktisch einer einheitlich-gestaltenden direktiven Führung.488 Problematisch ist, dass unter allen Arbeitsgruppen gerade auch der rechtlich sensibelste Bereich, das „Herzstück“ des GTAZ, die AG „operativer Informationsaustausch“, auf Grund zeitlichen Drucks von diesem Effekt betroffen sein kann. Hinzu kommt, dass den Vorgehensweisen innerhalb der Arbeitsgruppen keine, nicht einmal eine intern geregelte methodische Vorgehensstruktur zu Grunde liegt und die Arbeitsprozesse innerhalb der Sitzungen auf Grund des Fehlens der Protokollführung auch nicht nachvollziehbar sind. Inwiefern unterschiedliche Perspektiven und Alternativen in den Diskurs, insbesondere den der operativ und analytisch tätigen Arbeitsgruppen, einbezogen wurden oder von vornherein nur einseitig gearbeitet wurde, kann so, gerade auch im Sinne des Lernens und Vermeidens von Fehlern des Netzwerks, nicht festgestellt werden. cc) Aufweichung des Trennungsgebots „von oben und unten“ Wie bereits mehrfach beschrieben, tangieren sowohl die Analysebefugnis als auch die informell-kollegiale Kommunikation das nachrichtendienstliche Trennungsgebot in informationeller wie organisatorischer Hinsicht. Auch wenn organi487

Dazu bereits Kapitel 2 A. III. 1. b). Näheres zur Neugestaltung der Fachaufsicht über BKA und BfV und den Auswirkungen auf den „Groupthink“-Effekt in Kapitel 3 A. VIII. 2. b) cc). 488

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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satorisch mit der Unterbringung der Analysestellen PIAS und NIAS in verschiedenen Gebäuden am Standort B 1 des Berliner BKA einiges getan wurde, so ist doch festzuhalten, dass die das GTAZ prägende Tätigkeit von gemeinsamen Besprechungen, Bewertungen und Analysen in den gemeinsamen Arbeitsgruppen durch prinzipiell dauerhaft abgestelltes Personal ausgeübt wird. Für die Arbeitsgruppen und Behördenvertreter macht es jedoch keinen Unterschied, ob sich PIAS und NIAS im selben Gebäude befinden oder nicht. Natürlich ist es von Vorteil, dass sämtliche Behörden im selben Gebäudekomplex untergebracht sind und die einzelnen Behördenvertreter so schnelleren Zugriff auf ihre Befugnisse, Ressourcen sowie behörden- beziehungsweise GTAZ-spezifischen Informationen, Analysen und Strategien haben und damit in beiden Organisationskomplexen – GTAZ und Entsendebehörde – räumlich wie inhaltlich vernetzt sind. Die räumliche „Trennung“ auf demselben Grundstück wirkt allerdings allenfalls formal. Des Weiteren tangieren auch die gemeinsamen Besprechungen und Analysen in den Arbeitsgruppen das Gebot der Trennung von Polizeien und Nachrichtendiensten. Zwar gewinnen die Nachrichtendienste keinen unmittelbaren Einfluss auf die Zwangsbefugnisse der Polizei, ebenso wenig wie die Polizeien umfassenden Zugriff auf die Informationen der Nachrichtendienste erhalten, dennoch wird die Trennung durch die Erarbeitung gemeinsamer Strategien und Bekämpfungsmethoden insofern aufgeweicht, als dass beide Behördenstränge ihre Arbeit im Sinne des über die Jahre gemeinsam geschärften Vorgehenskonzepts ausrichten. Hinzu kommt, dass die Aufweichung der Trennung auf Arbeitsebene „von unten“ durch eine organisatorische Umstrukturierung der Fachaufsicht über BfV und BKA innerhalb des Bundesministeriums des Innern quasi auch „von oben“ aufzuweichen droht. Bis zur Entscheidung des Bundesinnenministers Thomas de Maizière gliederte sich die Abteilung ÖS Öffentliche Sicherheit des BMI in die Unterabteilung ÖS I Polizeiangelegenheiten, den Stab ÖS II Terrorismusbekämpfung und die Unterabteilung ÖS III Angelegenheiten des Verfassungsschutzes.489 Die Rechts- und Grundsatzangelegenheiten im Bereich der Polizei, der Terrorismusbekämpfung und des Verfassungsschutzes zusammen mit der Bund-Länder-Zusammenarbeit im Verfassungsschutzverbund waren über die jeweiligen Kopfreferate ÖS I 1, ÖS II 1 und ÖS III 1 organisatorisch deutlich voneinander getrennt. Zudem verfügte der Stab ÖS II mit seinem Referat ÖS II 4 über eine weitere Organisationseinheit, die für nationale Angelegenheiten der Terrorismusbekämpfung zuständig war. Eine zentrale Fachaufsicht über BKA und BfV gab und gibt es nicht. Vielmehr führt jedes zuständige Referat für seinen Aufgabenbereich eine Teilaufsicht über die nachgeordneten Behörden. Es drängt sich auf, dass mit der Umorganisation der Abteilung ÖS zum Juli 2014 die organisatorische Trennung der Polizeien, des Phänomenbereichs des Terrorismus und des Verfassungsschutzes und damit auch die Trennung im Bereich der Fachaufsicht von Polizei und Verfassungsschutz nahezu aufgehoben 489 Zu einem Organigramm des BMI mit Stand vom 1. März 2012 siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationsplan, abrufbar unter http://www.swr.de/-/id=9591542/pro perty=download/nid=233454/qeqm95/index.pdf (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

wurde. Seit dem 01. 07. 2014 verfügt die Abteilung ÖS nunmehr über die Unterabteilungen ÖS I Rechts- und Grundsatzangelegenheiten der öffentlichen Sicherheit, Unterabteilung ÖS II Terrorismusbekämpfung, Extremismus, organisierte Kriminalität sowie den Stab ÖS III Cybersicherheit im Bereich der Polizeien und des Verfassungsschutzes.490 Von besonderem Interesse sind hier die Referate ÖS I 2 und ÖS II 5. Das Referat ÖS I 2 vereint nunmehr Rechts- und Grundsatzangelegenheiten der Terrorismusbekämpfung und des Verfassungsschutzes sowie die Zusammenarbeit Bund-Länder im Verfassungsschutzverbund in einer Hand. Für den Bereich der Terrorismusbekämpfung umfassen die Aufgaben insbesondere auch Terrorismusbekämpfungsstrategien sowie die Fachaufsicht über BKA und BfV in diesem Segment der Terrorismusbekämpfung. Vormals waren diese Aufgaben auf die „alten“ Referate ÖS II 1, ÖS II 4 und ÖS III 1 verteilt. Das neue Referat ÖS II 5 vereint nunmehr den Geheim- und Sabotageschutz sowie sämtliche phänomenübergreifende Aufgaben der Terrorismus- und Extremismusbekämpfung, zu denen auch die Gemeinsamen Zentren wie das GTAZ oder GETZ gehören. Gleiches gilt für die Referate ÖS II 2, ÖS II 3 und den Stab ÖS III. Mithin werden auch in diesem Bereich das BKA und BfV nicht nur näher aneinander herangeführt. Zwar steht diese behördeninterne Umorganisierung nicht einer Änderung der Fachaufsicht gleich, mittels der die Kontrolle über eine Entsendebehörde auf eine andere verlagert wird.491 Dem Bundesinnenminister steht es vielmehr im Rahmen seiner Organisationsgewalt frei, die Binnenstruktur des Ministeriums den Erfordernissen der Zeit anzupassen.492 Besondere Brisanz kommt dieser Änderung aber deshalb zu, weil von ihr die Fachaufsicht über die beiden Akteure des GTAZ betroffen ist, die in sämtlichen Arbeitsgruppen vertreten sind und denen die Führungsposition im Zentrum zukommt: BKA und BfV. Denn nach den Grundsätzen zur Ausübung der Fachaufsicht der Bundesministerien über die nachgeordneten Geschäftsbereiche handelt es sich realiter nicht um eine dem klassischen Wortverständnis folgende akribische Nachprüfung der einzelnen Vorgänge, sondern vielmehr um einen fortlaufenden Prozess vertrauensvoller Zusammenarbeit, strategischer Ausrichtung und Nachsteuerung. Im Detail bedeutet dies, dass zwischen den die Aufsicht führenden Referaten des BMI und der jeweiligen Geschäftsbereichsbehörde in Abhängigkeit der Fachaufgaben von BKA und BfV unter anderem Leitbilder, fachliche oder fachpolitische Zielvorgaben entwickelt, aber auch strategischen Programme und Ziele festgesetzt werden. Der Fachaufsicht 490 Zu einem Organigramm des BMI mit Stand vom 1. Juli 2014 siehe Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Organisationsplan, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Ministerium/PDF_Organigramm_BMI.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014). 491 Vgl. Rathgeber, DVBl 2013, S. 1009 (1013). 492 Vgl. § 4 Abs. 1 Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien mit Stand vom 1. September 2011, „Die Bundesministerien gestalten ihre Organisation so, dass sie den sich ändernden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen flexibel gerecht werden können.“

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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geht es so neben der Sicherstellung der rechtmäßigen Rechtsanwendung durch den Geschäftsbereich um die Erreichung einer hohen Qualität der Aufgabenerfüllung im Sinne der Zielvorstellungen des Ressorts. Dies wird insbesondere durch einen regelmäßigen oder auch anlassbezogenen Informationsaustausch in Form vom Erlassen, Berichten, Dienstbesprechungen, Konferenzen oder auch Workshops erreicht. Die Zusammenführung der Fachaufsicht über BKA und BfV in ein und denselben Referaten und sogar ein und denselben Referenten oder Sachbearbeitern führt jedoch dazu, dass eine von zuvor zwei Korrektivperspektiven verloren geht. Das reine Korrektiv aus der Sicht des Verfassungsschutzes und das reine Korrektiv aus der Sicht des BKA aus ihren jeweiligen Aufgaben- und Strategieperspektiven fallen weg und werden zu einer realiter schwer trennbaren einheitlichen Steuerung vermengt. Klar ist, dass die Fachaufsicht sowohl über das BKA als auch über das BfV vom BMI geführt wird und werden muss, denn beide Zentralstellen sind als Bundesoberbehörden dem Innenministerium nachgeordnet. Klar ist insoweit ebenfalls, dass sich beide Stränge spätestens auf Ministerebene in dessen politischer Verantwortung treffen. Ein Vergleich mit den Strukturen der Innenministerien der Länder zeigt jedoch auch, dass sogar schon die Zusammenfassung von Polizeien und Verfassungsschutz in einer Abteilung wie der der ÖS Öffentliche Sicherheit besonders ist. Auf Länderebene finden sich regelmäßig eigene Abteilungen für den Bereich des Verfassungsschutzes und der öffentlichen Sicherheit.493 Das Phänomen der Terrorismusbekämpfung ist zumeist untergeordnet in Referaten mit Zuständigkeit für den Verfassungsschutz anzutreffen. Dort treffen sich die Perspektiven von Polizei und Verfassungsschutz daher regelmäßig erst knapp unterhalb der Ebene der politisch Verantwortlichen, die so auch auf zwei Korrektive zurückgreifen können, und nicht bereits in Personalunion innerhalb desselben Referates. Mithin trägt die Umstrukturierung der Abteilung ÖS in Zusammenspiel mit dem vom GTAZ erzielten Zweck der Zusammenführung der Sicherheitsbehörden auf Arbeitsebene zu einer Aufweichung des Trennungsgebotes „von oben und unten“ bei. Hinzu kommt, dass sich die Zusammenführung der Fachaufsichten darüber hinaus auch negativ und damit zugunsten des „Groupthink“-Effekts auswirken kann, zu dessen Abwehr insbesondere in komplexen und bedeutsamen Sachverhalten regelmäßig auf die Gegenmaßnahme der Parallelarbeit und, zur Sicherung vielfältiger Perspektiven, erst anschließenden Zusammenführung auf neutralem Boden gesetzt

493

Zu den Organigrammen der Landesinnenministerien siehe für das Land Berlin, Stand 01. 07. 2014, abrufbar unter http://www.berlin.de/sen/inneres/_assets/sonstiges/organigramm_in neres_und_sport_07.2014.pdf (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014); für das Land NordrheinWestfalen, Stand August 2014, abrufbar unter http://www.mik.nrw.de/fileadmin/user_upload/ Redakteure/Dokumente/Ueber_Uns/1408organisationsplan.pdf (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014); für das Land Bayern, Stand Juni 2014, abrufbar unter https://www.stmi.bayern.de/assets/ stmi/min/organisation/stmi_organisationsplan08_2014_gross.pdf (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014); für das Land Baden-Württemberg, Stand 01. 08. 2014, abrufbar unter https://im.badenwuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-im/intern/dateien/pdf/ORGANIGRAMM_01082014. pdf (zuletzt aufgerufen am 13. 08. 2014).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

wird.494 Mithin wird gerade auch aus dieser Perspektive das Erfordernis einer GTAZspezifischen Kontrollinstanz deutlich, die im Sinne eines Netzes den Blick auf das Zentrum komplettiert und aus externer, sowohl von den Einzelakteuren als auch von der GTAZ-internen Norm losgelösten Sicht Defekten im Bereich der Lösungsfindung vorbeugen kann. Eigens vor dem Hintergrund der Errichtung und des Ausbaus weiterer Gemeinsamer Sicherheitszentren auf Bundesebene lässt sich eine Tendenz hin zu weiteren und intensiveren Anbindungen sämtlicher Sicherheitsstrukturen und Phänomenbereiche unter einem Dach erkennen, die zwar äußerst effektiv, produktiv und auch erforderlich sein mag, in ihrem Umfang jedoch die Grenzen des Trennungsgebotes zu überschreiten droht beziehungsweise im Umkehrschluss eine legitimatorische Absicherung notwendig werden lässt. In dieser Tendenz verdeutlicht sich darüber hinaus der Aufgabenwandel der Nachrichtendienste, ausgehend von der klassischen Funktion der Information der Regierung hin zu mehr gemeinsamer Analyse und Abstimmung mit den Behörden der Polizeien. Gegen eine solche legitimatorische Absicherung trotz im Kern gleichlautender Kritik wird teils votiert, dass mit der Schaffung einer Rechtsgrundlage für das GTAZ, als verfassungsrechtlich nicht vorgesehener Knotenpunkt, der damit verbundene Verstoß gegen das Trennungsprinzip „auch noch rechtlich“ legitimiert werden würde.495 Diese Argumentation verkennt jedoch, dass es einer Rechtsgrundlage nicht um die Legitimation eines Verstoßes geht, sondern im Lichte der ATDG-Entscheidung vielmehr um die rechtsklare Absicherung der unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise zulässigen operativen Abstimmung von Polizei und Nachrichtendiensten.

494

Vgl. Watzka, Personalführung 8/2012, S. 58 (62). So die Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dag˘delen, Heidrun Dittrich und die Fraktion Die Linke in BT-Drs. 17/14766, S. 1 f. und 17/14830, S. 1 f. [Hervorh. d. Verf.], „Die enge und institutionalisierte Zusammenarbeit von Behörden, die auf der einen Seite mit der Strafverfolgung und Gefahrenabwehr betraut sind und in relativ engen rechtlichen Grenzen Zwangsmaßnahmen einsetzen dürfen und auf der anderen Seite die Aufgabe der politischen Berichterstattung, Vorfeldaufklärung und ,Frühwarnung‘ haben und weit im Vorfeld der Gefahrenabwehr verdeckt, mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen erheben dürfen, birgt das erhebliche Risiko einer Vermischung von Aufgaben und Befugnissen und einer weiteren Erosion des Trennungsgebotes von Polizeibehörden und Geheimdiensten. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich neben den regulären Formen der Kooperation, wie sie über die Zentralstellen BKA und Bundesamt für Verfassungsschutz und die Gremien der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) stattfindet [sic!] eine unkontrollierte und möglicherweise unkontrollierbare Parallelstruktur in der alltäglichen Zusammenarbeit der Mitarbeiter unterschiedlicher Sicherheitsbehörden etabliert, in der Daten und Informationen jenseits der rechtlich vorgesehenen Meldewege weitergegeben oder sogar das operative Vorgehen abgesprochen werden. Würde, wie es im Bericht der Regierungskommission zur Überprüfung der Sicherheitsgesetzgebung in Deutschland gefordert wird, das GTAZ eine eigene Rechtsgrundlage erhalten, würde dieser in der Verfassung nicht vorgesehene Knotenpunkt für den Austausch auf unterschiedlicher Rechtsgrundlage erhobener Daten und bewusst voneinander geschiedener operativer Befugnisse auch noch rechtlich legitimiert.“ 495

A. GTAZ – Terrorismusabwehr im Netzwerk

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dd) Transparenz und demokratische Legitimation Aus dem engen räumlichen Zusammenschluss, der fehlenden Normierung einer gemeinsamen Analyse und Bewertung, die realiter in den Arbeitsgruppen informell stattfindet, und der zunehmend vereinheitlichten Führung der Fachaufsicht über BfV und BKA folgt des Weiteren das Problem der relativen Intransparenz des Zentrums. Gerade auch die Umstrukturierung im Bereich der Fachaufsicht hat weniger zu struktureller Klarheit im Sinne der Aufgabensteuerung beigetragen. Auch die Möglichkeit, dass Informationen innerhalb eines Netzwerkes umfangreicher und teils auch verdachtsunabhängiger ausgetauscht werden können, kann Bedenken wecken.496 An dieser Stelle sei zunächst jedoch zu betonen, dass eine enge Kooperation und Information von Nachrichtendiensten und Polizeien für den Erfolg islamistischer Terrorismusabwehr erforderlich und keineswegs grundsätzlich in Frage zu stellen sind. Effektives, reaktionsschnelles Handeln der Behörden erfordert in der Prävention und im Ernstfall organisationsrechtliche Bahnen, die flexibel auf den individuell gelagerten Sachverhalt eingehen und zeitnah auf möglichst vorbereitetes, sachgeschultes Personal und fundierte Wissensressourcen sowie Bewältigungsstrategien zurückgreifen können. Die Konstruktion des Zentrums als interbehördliche, auf persönlichen Kennverhältnissen beruhende Vernetzung der im gesamten Verwaltungsapparat verteilt angelegten, mit der Terrorismusbekämpfung in Berührung kommenden Abteilungen und Referate ist genau auf diesen Zweck an- und ausgelegt. Insofern vermittelt die Bezeichnung des GTAZ als „Zentrum“, gerade auch vor dem Hintergrund, dass es keinen „GTAZ-Leiter“, sondern vielmehr konsensual angelegte, voneinander relativ autonom bestehende Arbeitsgruppen gibt, ein zumindest ungenaues Bild von Struktur und Tätigkeit desselben. „Zentral“ ist lediglich die örtliche Zusammenfassung von Behördenvertretern der zuständigen Referate, die jedoch ihrem Verband, ihrer Organisationsstruktur und ihren Befugnissen zugehörig bleiben. Die Konzeption des Zentrums dient vielmehr der geordneten Zusammenführung der beteiligten Behörden auf einer Plattform unter Rückgriff auf die Flexibilität von Netzwerkstrukturen. Ebenso wie der Erfolg und die Sachdienlichkeit der Organisationsstruktur ihre Existenz im Sicherheitsbereich wie kaum an anderer Stelle zu rechtfertigen vermögen, ist auch die transparente, demokratische Rückbindung an den Souverän in besonderem Maße zentral. Auf der einen Seite ist zwar das „in der Sache Vorankommen“ wesentlich, relevant dafür sind wiederum aber Legitimation, Legitimität und die nicht zu unterschätzende Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft. In diesem Rahmen ergibt sich aber ein strukturelles Problem. Die erfolgreiche Tätigkeit von Nachrichtendiensten beruht auf dem Prinzip der Geheimhaltung und des grundsätzlich verdeckten Vorgehens. Mittels der Aufklärungsarbeit soll den politischen Entscheidungsträgern fundiertes Wissen, betreffend die innere und äußere Sicher496

Weisser, NVwZ 2011, S. 142 (146).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

heit, zur Verfügung gestellt werden, das allein über offene Informationsbeschaffung nicht zu erhalten wäre. Ein auf lückenhaftem Fundament basierendes politisches Agieren soll nach größter Möglichkeit vermieden werden. Diese Eigenschaft der Nachrichtendienste hat ein gewisses Maß an Intransparenz nicht nur hinsichtlich der Mittel und Strategien, sondern auch hinsichtlich organisatorischer Grundstrukturen zur Folge. So ist auch im Bereich der Terrorismusabwehr die Binnenorganisation der Abteilung 6 „Islamismus und islamistischer Terrorismus“, mit der das BfVam GTAZ beteiligt ist, als „VS- nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Dies findet vor dem Hintergrund Rechtfertigung, dass Rückschlüsse auf die Art und Weise wie Kraft des Analysepotenzials erschwert werden sollen, kann jedoch den Mangel an Akzeptanz nach sich ziehen. Als Träger originärer Legitimationsgewalt spielt eine mögliche Selbstbetroffenheit für den Einzelnen insofern auch eine untergeordnete Rolle. Diesen durch Öffentlichkeitsarbeit auszugleichen, gestaltet sich jedoch insofern schwierig, als dass ein Zeigen des (Verhinderungs-) Erfolgs der Tätigkeit nach außen nicht einfach und überzeugend gelingen kann, da er sich im Bereich der Terrorismusbekämpfung gerade durch ein Verhindern äußert, mithin keine Außenwirkung hat. So wird aber die Wirkung eines wichtigen Pfeilers für die Akzeptanzwirkung geschmälert. Folge einer zu starken Offenlegung wäre wiederum die Schmälerung der Erfolgsaussichten der Vorgehensweisen der Nachrichtendienste. Möglicherweise damit verbundene Misserfolge würden die Akzeptanz wiederum verringern. Im Sinne des Rechtsstaats- und Demokratieprinzips ist jedoch ein Weg aus diesem Dilemma zu suchen. Denn Erfolg allein rechtfertigt nicht die Errichtung von Netzwerkstrukturen. Gerade dort, wo Kooperationsbeziehungen mit der Zeit an Komplexität gewinnen, wird die Zuordnung einzelner Handlungen und Ergebnisse zu einzelnen Akteuren schwieriger. Im Sinne hinreichender Gewährung von Haftungsverantwortung, Rechtsschutz und Nachvollziehbarkeit demokratischer Legitimation sind transparente Strukturen unerlässlich. Für die Tätigkeit der Nachrichtendienste muss Transparenz jedoch nicht gleichbedeutend mit (weitgehendem) Verzicht auf Geheimhaltung sein. Als unabdingbares, regelmäßig auch gesetzlich zulässiges Element der Sicherheitspolitik ist der Geheimhaltungsanspruch vielmehr mit dem Transparenzgebot hinsichtlich Organisation, Verfahren, Beteiligter und einzuhaltender Standards, nicht jedoch hinsichtlich des konkreten Inhalts des Austauschs in Einklang zu bringen.497 Auch kann in diesem Rahmen das Interesse an einer bloß geminderten Preisgabe von Organisationsstrukturen berücksichtigt werden. Jedenfalls aber gilt es, einem Vertrauens(ab)bruch vorzubeugen, der für beide Seiten, namentlich die der Dienste und der Gesellschaft, fatal wäre. Folglich kann sich für informelle Verwaltungsnetzwerke die Erforderlichkeit der Errichtung einer Rechtsgrundlage im Sinne eines transparenten Rahmenrechts ergeben.498 Die Rah497 Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 166. 498 So auch Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 169, die eine solche im GemeinsameDateien-Gesetz für den Informationsaustausch im GTAZ sieht.

B. Zusammenfassender Umsetzungsvorschlag

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menrechtsgrundlage würde dem Zweck dienen, der bisher für den Bereich des GTAZ bestehenden „Undurchsichtigkeit des Entscheidungsgefüges und seiner normativen Grundlagen“499 entgegenzuwirken und so die Kette aus Akzeptanz, Legitimität und Legitimation zu stärken. Existenz und Tätigkeit des Zentrums würden so aus einem intrabehördlichen Graubereich gehoben. Von Gegnern der Schaffung einer Rechtsgrundlage wird angesichts der fachgesetzlich normierten Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften derweil in Frage gestellt, welchen Mehrwert eine solche bringen würde, die lediglich Aussagen über Zweck, Beteiligte, Organisation und Vorgehensweisen, nicht jedoch über materiell-rechtliche Aspekte träfe.500 Die Antwort darauf lautet klar: In einen Bereich der Unsicherheit bringt sie abhelfende, absichernde, umfassende, demokratische Legitimation als Grundpfeiler verfassungskonformer Verwaltungsorganisation. Mit dieser Antwort werden auch Anliegen und Umfang einer Rechtsgrundlage klar. Es geht gerade nicht um eine deutliche Änderung der Praxis in der Zusammenarbeit von Polizeien und Nachrichtendiensten unter Reduzierung der Vorteile und Flexibilität der zugrundeliegenden Netzwerkstruktur. Es geht vielmehr um deren Sicherung durch Sicherstellung von deren Akzeptanz, Kontrolle und Rückbindung an den Souverän durch einen geordneten Rechtsrahmen.

B. Zusammenfassender Umsetzungsvorschlag Die Existenz und Tätigkeitsweise des GTAZ strapazieren die Regelungen de lege lata, wie soeben dargestellt, in vielerlei Hinsicht. Dennoch ist und bleibt es für eine sachgerechte und effektive Sicherheitsgewährleistung innerhalb der Bundesregierung unentbehrlich. Vernetzten, global agierenden Bedrohungen muss in Folge der föderal-verfassungsrechtlich bedingten Untergliederung des Sicherheitsapparates mit vernetzten Organisationsstrukturen und Bekämpfungsstrategien entgegengetreten werden. Auch bleiben die Aspekte der räumlichen Nähe und der vertrauensvollen Kennverhältnisse wichtig. So hat die Zeitersparnis durch bessere Vernetzung, intra- und interbehördliche Vertrauens- und Akzeptanzbildung zentralen Wert für eine effektive Gefahrenabwehr und -bekämpfung im Bereich islamistisch motivierten Terrorismus innerhalb der Bundesrepublik. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Bundesrepublik mit ihrer relativ schwerfälligen, da großen und umfassend formalisierten Verwaltungslandschaft und Vielzahl an möglicherweise zuständigen Behörden ein deutlich flexiblerer und wendigerer Antagonist gegenübersteht. Um ein „Hinterherhinken“ und lediglich repressiv wirkendes Tätigwerden des Staates zu verhindern und dies vielmehr durch effektive, d. h. auch präventive Sicherheitsgewährleistung zu ersetzen, wird ein netzwerkartiger „Echtzeit“-Informationsaustausch nötig. Dieser ist grundsätzlich auch über die 499 500

Schmidt-Aßmann, Ordnungsidee, 2. Kap. Rn. 104. Dazu u. a. Kapitel 3 A. VIII. 1. a).

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3. Kap.: Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum

Datenübermittlungs- und -empfangsvorschriften der beteiligten Behörden basislegitimiert. Für das GTAZ aber sind, wie eben erläutert, Grenzen der Basislegitimation erreicht, die die Schaffung einer nachträglichen Rechtsgrundlage im Sinne eines Rahmenrechts und einer Legitimation gemeinsamer Analysebefugnis notwendig werden lassen. Sicherlich würde eine noch intensivere Zusammenführung, sofern man von der fehlenden verfassungsrechtlichen Verankerung des Trennungsprinzips ausgeht, von Polizeien und Nachrichtendiensten die Bekämpfung des Terrorismus noch mehr effektivieren. Dennoch sind auch die die Einführung des Trennungsgebots begründenden Erfahrungen nicht unberücksichtigt zu lassen. Im Sinne eines Ausgleichs von legitimierender Formalität und flexibel-vorteilhafter Informalität, Vertrauensbildung und Distanzwahrung ist die Rechtsgrundlage daher auf die Normierung folgender Aspekte zu begrenzen: 1. Beteiligte Behörden 2. Ziel und Zweck des Zentrums 3. Organisatorischer Aufbau 4. Analysebefugnis 5. Spezifische Kontrolle. In Anlehnung an die Vorschriften aus § 22a BVerfSchG, § 9a BNDG, § 9a BKAG und § 5 Art. 10-Gesetz sowie BT-Drs. 17/14830 sind folgende Inhaltspunkte für eine Rechtsgrundlage zu berücksichtigen: • Das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, das Zollkriminalamt, die Landeskriminalämter, das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst, der Bundesnachrichtendienst, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und die Generalbundesanwaltschaft können unbefristet ein gemeinsames Zentrum zur Abwehr islamistisch motivierten Terrorismus (Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum) errichten. Das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum ist keine eigenständige Behörde, sondern eine behördenübergreifende Kooperationsplattform, die das Ziel verfolgt, eine vertrauensvollere, engere und verstetigte Zusammenarbeit der benannten (Sicherheits-) Behörden auf der Grundlage eines optimierten Informationsflusses zu gewährleisten. Das Zentrum verfügt über selbstgebildete Arbeitsgruppen, die anlass- und bedarfsabhängig aus Vertretern der beteiligten Behörden gebildet werden. Weisungsbefugnisse bestehen nicht. • Die Zusammenarbeit im interbehördlichen Netzwerk bezweckt nach Maßgabe der Aufgaben und Befugnisse der vorgenannten Behörden den Austausch und die gemeinsame Analyse und Auswertung von polizeilichen oder nachrichtendienstlichen Erkenntnissen 1. zu Bestrebungen, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die freiheitlich demokratische Grundord-

B. Zusammenfassender Umsetzungsvorschlag

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nung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind und Bezüge zum internationalen islamistischen Terrorismus aufweisen, 2. um die Gefahr der Begehung internationaler, islamistisch-terroristischer Anschläge mit unmittelbarem Bezug zur Bundesrepublik Deutschland oder 3. eines bewaffneten terroristischen Angriffs auf die Bundesrepublik Deutschland rechtzeitig zu erkennen und einer solchen Gefahr angemessen zu begegnen. • In allen Arbeitsgemeinschaften wird ein formelles Sitzungsprotokoll geführt. Eine Ausnahme von der Protokollführungspflicht gilt für den Fall der ausschließlich schriftlichen oder elektronischen Abstimmung. • Bei dem Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum wird standortintern ein unabhängiges Kontrollgremium gebildet. Das Gremium dient der zusammenführenden Auswertung der Fachaufsichten, sonstigen Kontrollstellen und Berichten der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder und stellt die Eigenständigkeit501 der beteiligten Behörden sicher. Das Gremium kann Empfehlungen aussprechen. Die Empfehlungen sind durch die jeweils Aufsicht führenden Behörden zur Kenntnis zu nehmen. • Näheres regeln Verwaltungsrichtlinien. In diesen können konsensual nähere Ausführungen zu Geschäftsführung und Teilnehmerstruktur der Arbeitsgruppen zur Hinzuziehung der Vertreter der Länderbehörden oder auch Einzelheiten zur Protokollführungspflicht geregelt werden. Die rechtstechnische Umsetzung der genannten Regelungsaspekte kann entweder durch die Schaffung eines eigens dafür konzipierten Gesetzes oder durch die Integration in die einzelnen Fachgesetze, ähnlich der Regelung der projektbezogenen Dateien, erfolgen.

501 Eine solche Kontrolle könnte nach Schöndorf-Haubold, Netzwerke in der deutschen und europäischen Sicherheitsarchitektur, in: Boysen et al. (Hrsg.), Netzwerke, S. 169, auch durch spezielle Gremien wie das parlamentarische Kontrollgremium übernommen werden.

Resümee Ungeachtet der Schwierigkeit, den Begriff und das Wesen des Verwaltungsnetzwerks exakt einzufrieden, betrifft das Phänomen der sich zumeist informell vollziehenden Bündelung fachversierten Personals und Wissens auf dem Boden einer gemeinsamen Behördenplattform weite Bereiche des verwaltungsrechtlichen Organisationsapparates. Grund hierfür ist, dass die Administrative der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Funktion als für das Parlament und den dahinterstehenden Souverän handelndes Ausführungsorgan auf Werkzeuge und Strukturen angewiesen ist, die sie dazu befähigen, sich zeitnah, flexibel und vorbereitet neuen Herausforderungen zu stellen und diese im Sinne des Gemeinwohls zu lösen. Da Verwaltungsnetzwerke über ebendiese Lenk- und Steuerungskraft verfügen, vollzog sich das Einhalten des Bausteins „Netzwerk“ in den Verwaltungskörper – dem Zusammenspiel von Formalität und Informalität folgend – gleichsam natürlich wie still. Netzwerke ermöglichen es der Verwaltung, insbesondere in von Zuständigkeitsgrenzen wie -überschneidungen geprägten Schnittstellenbereichen, systematische und phänomenspezifische Maschengewebe zu installieren, die eine vertrauensvollere, engere und gefestigtere Zusammenarbeit der Behörden und Behördenmitarbeiter sowie einen optimierten Informationsfluss und eine fundierte Wissensanalyse gewährleiten. Sämtliche Netzwerkformen – seien es formell oder informell ausgestaltete Informations-, Entscheidungs-, Koordinations- oder Planungsnetzwerke – offerieren hierbei diejenige Flexibilität, Hybridität, Reduktion von Unsicherheiten, Schaffung von Vertrauen, Einsparung von Zeit und Kosten, Lern- und Innovationsfähigkeit sowie Produktivität, die zur Herbeiführung problem-individueller Lösungen erforderlich sind. Soweit diese Organisationsstruktur im Einzelfall keine ausdrückliche formelle Absicherung erfahren hat, fußen Netzwerke auf zwei Legitimationseckpfeilern: Den ersten Baustein dieser Basislegitimation bildet die Errichtungskompetenz als Teil der Organisationsgewalt der Verwaltungsträger, der am Netzwerk beteiligten staatlichen Akteure. Den zweiten Baustein stellen die jeweils für die Netzwerkakteure geltenden fachgesetzlichen Informationsübertragungs- und -empfangsvorschriften dar, die gleichzeitig die Grenzen der legitimierten Tätigkeit im Netzwerk abstecken. Beginnt sich ein Netzwerk vom Bereich des arbeitsalltäglich-kollegialen Zusammenarbeitens und der alleinigen Weitergabe sogenannten stummen Wissens zu entfernen, oder anders gewendet, entwickelt es sich hin zu einer einen (grundrechtlichen) Gesetzesvorbehalt auslösenden Kommunikations- und Kooperationsplattform, die außerhalb der bestehenden basislegitimierenden Fachgesetze agiert,

Resümee

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wird eine eigene Rechtsgrundlage erforderlich. Dass es mithin möglich ist, dass ein Netzwerk einen Entwicklungsprozess durchläuft, der die Erforderlichkeit des Erlasses einer eigenen Rechtsgrundlage erst in Zeitverzögerung zur Arbeitsaufnahme deutlich werden lässt, zeigt die Entstehungsgeschichte des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder paradigmatisch. Zwar soll die Arbeitsweise des GTAZ – als Element des ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes der „Neuen Sicherheitsarchitektur“ – weniger die befugnis- und kompetenziellrechtliche Ebene tangieren und vielmehr auf informeller Vernetzung und Sachkompetenzbündelung beruhen. Gleichwohl fungiert das GTAZ nicht nur als Kommunikations- und Informationsplattform, sondern auch als gemeinsame Analysestelle, in der die Polizeien gemeinschaftlich mit den Nachrichtendiensten Informationen auswerten, analysieren und daraufhin gemeinschaftlich Konzepte und operative Vorgehensweisen beraten sowie abstimmen. Diese gemeinsame Auswertungs- und Analysekompetenz ist jedoch nicht von den „allgemeinen“ fachgesetzlichen Datenübermittlungs- und - empfangsvorschriften des Sicherheitsrechts, auf denen die Tätigkeit der Akteure des GTAZ basiert, erfasst. Auch verkörpern die Vorschriften mehr das Prinzip der Übermittlung auf Ersuchen, denn ein – wie praktiziertes – „Herausgreifen“ der Informationen. Die Tätigkeit des Gemeinsamen Zentrums bewegt sich so einerseits außerhalb seiner Basislegitimation, andererseits tangiert sie das informationelle und organisatorische Trennungsgebot von Polizeien und Nachrichtendiensten nicht unerheblich. Hinzu kommt, dass eine Aufweichung der Trennung auf Arbeitsebene „von unten“ durch eine organisatorische Umstrukturierung der Fachaufsicht über BfV und BKA innerhalb des Bundesministeriums des Innern auch „von oben“ droht. In Folge des daraus resultierenden Mangels an Transparenz sowie aus demokratischen und rechtstaatlichen Gründen ist die Tätigkeit des Zentrums außerhalb seiner Basislegitimation allein auf der Grundlage reiner Erfolgslegitimation nicht dauerhaft hinnehmbar. Gerade die gemeinsame Analyse und Bewertung sind es jedoch, die den Mehrwert des Zentrums ausmachen, mittels derer Sachverhalte und Zusammenhänge aufgedeckt werden, die den einzelnen Behördensträngen andernfalls unbekannt blieben. Es ist damit am Gesetzgeber, den erforderlichen und erfolgreichen Echtzeit-Informationsaustausch innerhalb des Verwaltungsnetzwerks GTAZ ausdrücklich gesetzlich zu legitimieren.

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Sachwortverzeichnis Abgeschwächte Gebietsorganisation 38 Amtsdatei 171, 199 f. Amtshilfe 80, 124, 160, 217, 235 Analysebefugnis 262, 268, 276 Antiterrordatei 126, 201, 213, 236, 258, 263 Arbeitsgruppen 207 Arbeitsziel des GTAZ 164 Arten der Kontrolle 70 Aufgabe der Organisation 21, 29 Aufgabe der Verwaltung 28 Basislegitimation 117, 138, 142 f., 146, 149, 239, 246, 258 f., 262, 276, 278 Begriff der Kontrolle 68 Begriff der Verwaltung 25 Behörde 35, 224 Behördennetzwerk 93, 110, 115, 121, 226 Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 182, 190, 196, 205, 208, 213, 220, 246 Bundesamt für Verfassungsschutz 155, 180, 200, 205, 208, 219, 227, 237, 254, 256, 264 Bundeskriminalamt 82, 125, 155, 169, 205, 208, 219, 227, 259 Bundesnachrichtendienst 186, 208, 220 Bundespolizei 174 CYBER-AZ

151, 217, 262

Datenschutzkontrolle 75, 252 Datenschutzrecht 75, 89 Demokratie 19, 48, 59, 141, 245, 274 Deutsche Agentur 221 Effektiver Rechtsschutz 136, 146, 232, 245 f. Einrichtungskompetenz 40, 46 Einzeltäterproblematik 150 Errichtungsgrundlage 145, 261 Errichtungskompetenz 40, 138 f. Europol 221 f.

Fachaufsicht 69, 72, 208, 247, 261, 268 f., 273 Formen der Legitimation 57 Fremdkontrolle 73 Funktion von Netzwerken 118 GASIM 125, 151, 217, 232 GBA 196 Geheimhaltung 88, 244 f., 249, 273 f. Geheimnisschutz 83, 88 f. Gemeinsame Dateien 53, 209 Gemeinsame Zentren 49, 73, 162, 232 Generalbundesanwaltschaft 194, 196, 246 Gesetzesvorbehalt 40, 51, 139 GETZ 125, 156, 217, 270 GIZ 125, 151, 162, 217, 262 Graphentheorie 99, 228 Groupthink-Effekt 135, 268, 271 GTAZ-Leiter 165, 220, 224, 273 Homegrown-Terroristen

150

Informalität 78, 111, 129, 134, 137, 141, 227, 245, 266 Informationsnetzwerk 83, 122, 161 Informelle Netzwerke 128, 130, 141 INPOL 84, 127, 199 Interbehördliche Kommunikation 79, 85 Intrabehördliche Kommunikation 78 Juristische Person

31

Kommunikation 76 Kommunikationsplattform 142, 152, 169, 204, 224 Kontrolle 145 Kooperation 114 Kooperationsplattform 85, 151, 165

Sachwortverzeichnis Landesämter für Verfassungsschutz 264 Landeskriminalämter 177 Legitimation 54, 143, 273 Legitimationsniveau 62 Legitimationsobjekt 56 Legitimationssubjekt 57 Legitimationsverantwortung 62 Militärischer Abschirmdienst Mischnetzwerke 115 Mischverwaltung 42, 140

189,

183, 220

Nachrichtendienstliches Trennungsgebot 232 NADIS 84, 127, 199 NCAZ 125 Networking 83 Netzwerkbegriff 95, 109 Netzwerkmetapher 96 Neue Sicherheitsarchitektur 151, 279 NIAS 161, 167, 204, 219, 269 Öffentlichkeitskontrolle 75 Operatives Netzwerk 122 Organ 33 Organinterne Organisation 37 Organisationsgewalt 39, 138, 270 Organwalter 33 Output-Legitimation 63, 144, 253 PIAS 161, 167, 204, 219, 269 Politiknetzwerk 121

305

Polizeiliche Bund-Länder-Zusammenarbeit 42, 205, 259 Rechtsform des GTAZ 217 Rechtsgrundlage 254, 261 f. Rezeption 95 Selbstkontrolle 70 Selektive Aufmerksamkeit Steuerung 116 Struktur des GTAZ 82

29, 134, 231

Träger der Verwaltungsorganisation 31 Transparenz 144, 146, 243, 273 Trennungsgebot 141, 152, 202, 261, 263 Übermittlungsvorschriften 254, 257, 265

127, 197, 239,

Verbund 112 Verbunddatei 126 f., 199 Vereinigung 112 Verfassungsschutzverbund 143, 178, 200, 205, 259, 264, 269 Verwaltungsaufbau 38, 45 Verwaltungseffizienz 87 Verwaltungskooperation 76, 113, 138 Zentraldatei 199 Zentralstelle 166, 169, 171, 176, 180, 183, 199, 218 Zollkriminalamt 176