Stiftung und Verfassung: Strukturprobleme des Stiftungsrechts am Beispiel der »Stiftung Warentest« [1 ed.] 9783428469291, 9783428069293


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Stiftung und Verfassung: Strukturprobleme des Stiftungsrechts am Beispiel der »Stiftung Warentest« [1 ed.]
 9783428469291, 9783428069293

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 584

Stiftung und Verfassung Strukturprobleme des Stiftungsrechts am Beispiel der „Stiftung Warentest“

Von Rupert Scholz und Stefan Langer

Duncker & Humblot · Berlin

RUPERT SCHOLZ /STEFAN LANGER

Stiftung und Verfassung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 584

Stiftung und Verfassung Strukturprobleme des Stiftungsrechts am Beispiel der „Stiftung Warentest"

Von

Prof. Dr. Rupert Scholz und

Stefan Langer

Duncker & Humblot - Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Scholz, Rupert: Stiftung und Verfassung: Strukturprobleme des Stiftungsrechts am Beispiel der „Stiftung Warentest" / von Rupert Scholz u. Stefan Langer. — Berlin: Duncker u. Humblot, 1990 (Schriften zum Öffentlichen Recht; Bd. 584) ISBN 3-428-06929-3 NE: Langer, Stefan:; GT

Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fremddatenübernahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Druck: Alb. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-06929-3

Vorwort Das Stiftungsrecht hat lange im Schatten der rechtswissenschaftlichen Diskussion gestanden, vor allem hinsichtlich der längst evident gewordenen Möglichkeiten auch wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Nutzungsmöglichkeiten. Der Organisationstypus der „Stiftung" hat sich zwar seit langem in seinem historisch angestammten Anwendungsgebiet vor allem karitativer und sozialer Aufgabenstellungen bewährt. Darüber hinaus spielt die Stiftung vor allem im Bereich der Kulturund Wissenschaftsförderung eine zentrale Rolle. In der neueren Entwicklung erschließt sich die Stiftung aber auch die Funktionsbereiche von Wirtschaftsverwaltung bzw. Wirtschaftslenkung, Umweltschutz, Arbeits- und Sozialpolitik. Dies alles bedingt ein auch verfassungsrechtlich voll aufgehelltes Bild des Stiftungsrechts, das dieses also nicht nur in seinen tradierten rechtstatsächlichen Formen diskutiert. Zu dieser Diskussion sucht die vorliegende Schrift, die aus einem für die Stiftung Warentest erstatteten Rechtsgutachten hervorgegangen ist, ihren Beitrag zu leisten. Die Stiftung Warentest besteht inzwischen seit über 25 Jahren und hat sich in dieser Zeit zur bedeutendsten, mit vergleichenden Warentests befaßten Einrichtung in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt. Gerade an ihrem Beispiel lassen sich die vielfältigen Möglichkeiten des Stiftungsrechts auf dem Gebiet des realen Wirtschaftsverwaltungs- und Wirtschaftsverfassungsrechts verdeutlichen. Als Einrichtung des Verbraucherschutzes wie der Sicherung eines lauteren Wettbewerbs sieht sich die Stiftung Warentest im öffentlichen Bewußtsein längst fest verankert. Zugleich hat sie sich damit als stiftungsrechtlicher Form- und Gestaltungstypus vorgestellt, dem auch in allgemeinerer Hinsicht und im Hinblick auf die weiteren Entwicklungs- und Nutzungsmöglichkeiten des Stiftungsrechts gerade im Bereich von Wirtschaftsverwaltung und Wirtschaftspolitik besondere und exemplarische Bedeutung zukommt.

München, Juni 1990

R. Scholz S. Langer

Inhaltsverzeichnis Α. Problemstellung

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Β. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

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I. Stiftungstypus und Stiftungsidentität

16

1. 2. 3. 4.

„Stiftungszweck" als Sinnstiftung „Stiftungsorganisation" als Zurechnungseinheit „Stiftungsvermögen" als Selektionszwang Zusammenfassung: Konstitution der Stiftungsidentität

II. Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung 1. 2. 3. 4.

Stiftungsrealisation Stiftungsrealisation Stiftungsrealisation Zusammenfassung:

17 19 21 24 25

als final programmierter Prozeß als kompetenzgerechte Selbststeuerung als rationaler, kontrollierter Entscheidungsablauf .. Stiftungsrealisation als Stiftungsentwicklung

25 27 29 32

C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung

33

I. Eigenverantwortung unter dem Grundgesetz

33

1. Eigenverantwortung und „natürliche" Freiheit 2. Eigenverantwortung und sozialstaatlich konstituierte Freiheitsräume ... 3. Eigenverantwortung und organisierte Freiheitsausübung II. Grundrechtsschutz der Stiftung

38 4

1. Grundrechtssubjektivität und „personaler Durchgriff 2. „Personaler Durchgriff 4 und „Apersonalität" der Stiftung a) Rechtsprechung zur Grundrechtsfähigkeit der Stiftung b) Begründungen des Schrifttums aa) „Durchgriff' auf den Stifter bb) „Durchgriff" auf die Destinatäre cc) „Durchgriff '' auf die Stiftungsorgane 3. „Personaler Durchgriff' und kompetenzielle Eigenverantwortung III. Insbesondere: Funktionsbezüge und Schutzdimensionen der „Stiftung Warentest" 1. 2. 3. 4.

„Stiftung „Stiftung „Stiftung „Stiftung

Warentest" Warentest" Warentest" Warentest"

33 34 36

und Wettbewerbsordnung und „Wettbewerbsvorsorge" und Organisation des Wettbewerbs und Wettbewerbsfreiheit

38 41 41 44 45 46 48 49 52 53 56 59 62

8

Inhaltsverzeichnis

D. Stiftungsverantwortung im Stiftungsrechtsverhältnis I. Selbststeuerung der Stiftung 1. Grundstrukturen kompetenzieller Stiftungsverantwortung a) Öffentliche Aufgabe und private Trägerschaft b) Marktwirtschaftliche Selbststeuerung und Selbststeuerung der Stiftung c) Personales Organhandeln und funktionaler Organisationsschutz ... d) Stiftungsentwicklung und Wettbewerbsentwicklung 2. Stiftungsinterne Funktionengliederung a) Parallelen zur Verfassung der Aktiengesellschaft b) Funktionengliederung als Kompetenzfrage c) Funktionenabgrenzung und Stiftungstypus 3. Insbesondere: Das Anstellungsverhältnis zwischen Stiftung und Stiftungsvorstand a) Anstellung durch den Verwaltungsrat b) Inhaltliche Ausgestaltung des Anstellungsvertrags aa) Rückgriff auf staatliche Besoldungsordnungen? bb) Maßgaben des Stiftungstypus aaa) Perspektive des Vorstandsmitglieds bbb) Perspektive der Stiftung ccc) „Verhältnismäßigkeit" als Relation zweier Maßstäbe .... ddd) Einzelfragen cc) Steuerrechtliche Gesichtspunkte aaa) Anforderungen der Gemeinnützigkeit bbb) Klarstellung durch verbindliche Auskunft c) Kontrolle des Anstellungsvertrags aa) Vertragskontrolle durch den Verwaltungsrat bb) Vertragskontrolle durch die Stifterin cc) Vertragskontrolle durch die Stiftungsaufsicht II. Einwirkungsmöglichkeiten der Stifterin auf die Stiftungsrealisation 1. Staatliche Konkurrenz zur Stiftungsrealisation a) Funktionssichemde staatliche Verbraucherinformation und wettbewerbsfunktionale Stiftungsrealisation b) Funktionsbegründende staatliche Verbraucherinformation und wettbewerbsvermittelte Stiftungsentwicklung c) Staatliche Verbraucherinformation als Instrument des Stiftungseingriffs 2. Staatliche Steuerung der Stiftungsrealisation a) Satzungsvorbehalte und Stiftungstypus b) Vorbehaltsausübung und Verfassungsrecht aa) Vermittlung und Konstitution bb) Grundrechtseffektuierung und Kooperation cc) Kontinuitätsgewähr und Stiftungsentwicklung

66 66 66 67 68 70 74 77 78 80 82 85 85 89 89 92 92 93 94 96 98 98 101 102 102 103 105 106 107 107 109 110 111 111 113 114 114 115

Inhaltsverzeichnis

c) Insbesondere: Stiftungsfmanziening unter Haushaltsvorbehalt aa) Ordnungsrahmen staatlicher Subventionsvergabe bb) Stiftungsfinanzierung und Gesetzesvorbehalt aaa) Parlamentarisch-demokratisches Prinzip bbb) Bestimmtheitsgebot ccc) Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit des Staatshandelns ddd) Grundrechtsschutz der „Stiftung Warentest" eee) Konkurrentenschutz cc) Zuwendungsbescheid und Nebenbestimmungen aaa) Zulässige Nebenbestimmungen bbb) Unzulässige Nebenbestimmungen mit der Sache nach beachtlichem Inhalt ccc) Unzulässige Nebenbestimmungen 3. Staatliche Eingriffe in die Stiftungsrealisation a) Erscheinungsformen und Funktionen b) Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen Anhang: Satzung der „Stiftung Warentest"

116 116 119 119 120 120 121 122 122 124 127 129 131 132 132 135

Α. Problemstellung Die „Stiftung Warentest" wurde am 4. 12. 1964 in Berlin als rechtsfähige Stiftung des privaten Rechts von der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin errichtet. In den nunmehr 25 Jahren ihres Bestehens hat sie sich zur bedeutendsten, mit vergleichenden Warentests befaßten Einrichtung im Bundesgebiet entwickelt. Der Jahresetat der Stiftung stieg von 2 Millionen D M im Jahre 1965, die sich nahezu ausschließlich aus staatlichen Zuwendungen zusammensetzten, auf mehr als 55 Millionen D M mit einer Selbstfinanzierungsquote von mehr als 75 % im Jahre 1989. Über 1 800 Waren- und Dienstleistungstests wurden durchgeführt und veröffentlicht, der Absatz der — anzeigenfreien — Zeitschrift „test" erhöhte sich von einer Startauflage von 21 000 Exemplaren auf gegenwärtig rund 750 000 Hefte pro Monat. Das Instrument des vergleichenden Warentests und die Institution der „Stiftung Warentest" sind aus der wirtschaftlichen bzw. wettbewerblichen Realität nicht mehr hinwegzudenken. Infolgedessen geht es heute auch nicht mehr um die Grundsatzfragen, wie sie in den 50er und 60er Jahren im Vordergrund standen. Frühere prinzipielle Zweifel an der Zulässigkeit von Warentests sind einer differenzierten Beurteilung der Arbeitsmethoden und Wirkungsweisen gewichen. Auch die rechtliche Verfassung der Stiftung wurde der Entwicklung durch zwei Satzungsänderungen bzw. -neufassungen (1971, 1985) in Teilbereichen angepaßt. Expansion und Wandel der „Stiftung Warentest" haben jedoch eine Reihe noch offener — prinzipieller wie konkreter — Zweifelsfragen stiftungs- und verfassungsrechtlicher Art aufgeworfen, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind. Das Beispiel der „Stiftung Warentest" ist dabei auch vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungstendenzen des Stiftungswesens von besonderem Interesse. Die Stiftung als Organisationsform hat sich zwar seit langem aus ihrem historisch angestammten Anwendungsgebiet karitativer bzw. (in einem engeren Sinne) sozialer Aufgabenstellungen gelöst1; aber ihre vor allem in der Nachkriegszeit in verstärktem Maße vollzogene Ausdehnung in die Bereiche der Kultur- 2 und Wissenschaftsförderung 3 läßt doch noch die hergebrachte Trias der Stiftungszwecke „Kultus, Unterricht und Wohltätigkeit" erkennen. Erst in der jüngeren Vergangenheit hat die Stiftungspraxis die Aufgabenfelder von Wirtschaft und ι Vgl. etwa Schulze, Historischer Hintergrund des Stiftungsrechts, in: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Stiftungen (Hrsg.), Entwicklungstendenzen im Stiftungsrecht, 1987, S. 8 ff., bes. 18 ff.; Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 23 ff. 2 Vgl. bes. Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 29 ff. 3 Vgl. übersichtlich Flämig, Wissenschaftsstiftungen, in: Flämig u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 2, 1982, S. 1197 ff.

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Α. Problemstellung

Umwelt, Arbeit und Sozialem (in einem weiteren Sinne) erschlossen4 und damit dem Organisationstypus der Stiftung zu einer seiner zweckinhaltlichen bzw. thematischen Offenheit entsprechenden Anwendungsbreite verholfen. In demselben Maße, in dem das Stiftungswesen auf diese Weise Anschluß an die gesellschaftliche Entwicklung und ihre Problemstellungen gewann, hat es auch seinen Standort im rechtlichen Instrumentarium der Gesellschaftspolitik gefunden. Die Rechtsform der Stiftung erscheint aus heutiger Sicht in vielen Bereichen als ein besonders geeignetes organisatorisches Mittel, um der komplementären bzw. kooperativen Verantwortung von Staat und Gesellschaft für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben Rechnung zu tragen. Das Beispiel der „Stiftung Warentest" bietet angesichts ihrer mehr als 25-jährigen Tätigkeit — wie in vergleichbarer Weise allenfalls das der „Stiftung Volkswagenwerk" auf dem Wissenschaftssektor 5 — die Gelegenheit, Chancen und Gefährdungen, Funktionsweise und Spannungslagen einer derartigen arbeitsteiligen Aufgabenwahrnehmung am praktischen Fall und nicht nur am juristischen Reißbrett zu untersuchen. Diese Ausgangspunkte — die kontinuierliche Entwicklung der „Stiftung Warentest" zu einer im öffentlichen Bewußtsein fest verankerten, maßgeblichen Einrichtung des Verbraucherschutzes und der Wettbewerbssicherung wie auch das generelle Vordringen der Stiftungsform in Bereiche, die Flexibilität und Entwicklungsoffenheit erfordern bzw. voraussetzen — steht allerdings in deutlichem Kontrast zu dem Bild des Stiftungstypus, das die wenigen gesetzlichen Bestimmungen, ganz überwiegend aber auch das einschlägige Schrifttum entwerfen. Die Stiftung erscheint danach als starres, unflexibles Gebilde; Wandel und Anpassung sind — von der Möglichkeit der Satzungsänderung abgesehen — auf der Grundlage dieser Modellvorstellung nicht bzw. nur als Grenzfall erklärbar. Infolgedessen können auch Fragen, die sich gerade auf die Entwicklungsfähigkeit einer Stiftung beziehen bzw. aus ihr resultieren, keine befriedigende Antwort finden. Daneben sind aber auch die Verfassungsstrukturen in der Beziehung von öffentlichrechtlichem Stifter und privatrechtlicher Stiftung noch wenig durchleuchtet. Vorhandene verfassungsrechtliche Untersuchungen haben vor allem das — durch prinzipielle Distanz und staatliche Reserve geprägte — Verhältnis 4 Zahlreiche Beispiele bei Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 1 ff. Jüngstes und derzeit im Stadium der Gesetzgebung befindliches Vorhaben ist die Errichtung einer „Deutschen Stiftung Umwelt", die mit dem erwarteten Privatisierungserlös der Salzgitter AG (rund 2,5 Milliarden DM) ausgestattet werden soll (Regierungsvorlage, eingebracht am 23. 4. 90, BT-Drs. 11/6931). s Die dort aufgetretenen, mehr als 20-jährigen Streitigkeiten um das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofs und des Niedersächsischen Landesrechnungsrechnungshofs sind durch BVerwGE 74, 58 ff. entschieden; auf Fragen der Rechnungsprüfung wird daher hier nur noch allgemein im Rahmen der Kontrollbefugnisse von Stifterin und Stiftungsaufsicht (unten D.I.3.c) bb), cc)) eingegangen. Vgl. zu dem Urteil des BVerwG bes. Heuer, Zur Prüfungsbefugnis der Rechnungshöfe gegenüber der Stiftung Volkswagenwerk, DÖV 1986,516 ff.; Sauer, Wissenschaftsfreiheit und Rechnungsprüfung, DÖV 1986, 941 ff.; Redeker, Wissenschaftsfreiheit und Rechnungsprüfung, DÖV 1986, 946 ff.; Blasius, Wissenschaftsprozeß und Aufgaben des Rechnungshofs, VR 1986,11 ff.

Α. Problemstellung

zwischen Stifter und Stiftung auf der einen und staatlicher Stiftungsaufsicht auf der anderen Seite vor Augen 6 . Ihre Ergebnisse lassen sich nicht ohne weiteres auf die „innigere", auf Gleichgerichtetheit und Kooperation angelegte Beziehung zwischen Stifter und Stiftung übertragen. Dies gilt in besonderer Weise, wenn — wie im Falle der „Stiftung Warentest" — diese sich nicht auf das einmalige Stiftungsgeschäft beschränkt, sondern durch zahlreiche, satzungsmäßig vorbehaltene Mitwirkungsrechte der Stifterin perpetuiert ist. Keineswegs gesichert ist schließlich, in welcher Weise die wettbewerblichen Funktionen der "Stiftung Warentest" juristisch zu fassen sind. Das Schlagwort von der „Wettbewerbsförderung ohne Wirtschaftsdirigismus", das am Beginn der Stiftungsarbeit stand und nach wie vor unveränderte Gültigkeit besitzt, verweist auf einen Wirkungsmechanismus, dessen Einordnung in das System von gesellschaftlicher Wirtschaftsfreiheit bzw. marktwirtschaftlicher Selbststeuerung und staatlicher Wirtschaftsverfassung bzw. -politik nicht einfach, für den rechtlichen Status der „Stiftung Warentest" jedoch von elementarer Bedeutung ist. Die folgende Untersuchung kann sich darum auf keine fertigen, bereitliegenden Maßstäbe stützen, sondern muß diese in weiten Teilen erst entwickeln. In einem ersten Abschnitt (unten B.) wird es deshalb darum gehen, das begriffliche und systematische Instrumentarium herzuleiten, mit dessen Hilfe sich das Handeln und die Entwicklung einer Stiftung erfassen läßt. Wesentliches Ziel ist es dabei, die Stiftung als Typus aus der genannten, einseitig idealisierenden — statischen und unpersönlichen — Modellvorstellung herauszulösen und den Bezug zur sozialen und damit wandlungsfähigen Wirklichkeit wieder zum Vorschein zu bringen, der der Stiftung wie jedem Rechtsinstitut zukommt. Dabei werden auch die Ansatzpunkte der verfassungsrechtlichen Beurteilung deutlich, deren Grundstrukturen Gegenstand des zweiten Abschnitts (unten C.) sind. Im Mittelpunkt steht hier die Frage der Grundrechtsfähigkeit der Stiftung. Sie bedarf für die "Stiftung Warentest" einer nach Funktionsbezügen und grundrechtlichen Schutzdimensionen differenzierenden Antwort. Der dritte und umfangreichste Abschnitt (unten D.) schließlich führt die vorangehend entwickelten theoretischen Grundlagen zusammen und wendet sie auf die Tätigkeit der „Stiftung Warentest" in ihrem gesellschaftlichen und staatlichen Umfeld an. Behandelt werden zunächst jeweils die allgemeinen Fragen der Selbststeuerung der Stiftung und der Einwirkungsmöglichkeiten der Stifterin auf die Stiftungsrealisation. Exemplarisch vertieft werden jedoch auch zwei Problemkreise, die zu aktuellen stiftungs- und verfassungsrechtlichen Zweifelsfragen Anlaß gegeben haben. Zum einen geht es dabei — im „Innenverhältnis" — um den Handlungsspielraum, der der „Stiftung Warentest" in der Gestaltung ihrer Organisations- und Personalstruktur und deren 6 Vgl. aus neuerer Zeit/. Ipsen, Staat und Stiftung, in: Arbeitsgemeinschaft Deutscher Stiftungen (Hrsg.), Entwicklungstendenzen im Stiftungsrecht, 1987, S. 150 ff.; Andrick, Stiftungsrecht und Stiftungsaufsicht unter besonderer Berücksichtigung der nordrheinwestfälischen Verhältnisse, 1988; Schulte, Staat und Stiftung, bes. S. 77 ff., jeweils m. w. N.

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Α. Problemstellung

Anpassung an einen veränderten „Aufgabenzuschnitt" zur Verfügung steht. Eine Art Leitbildfunktion kommt in dieser Frage dem Anstellungsverhältnis des Stiftungsvorstands zu. Probleme treten zum anderen bei der staatlichen Bezuschussung der „Stiftung Warentest" hervor. Dabei geht es insbesondere darum, ob und inwieweit die Bundesrepublik Deutschland in ihrer „Doppelrolle" als Stifterin und als politisches, sozialstaatliches Gemeinwesen berechtigt ist, die satzungsmäßig geschuldete Bewilligung eines jährlichen Festbetrags „nach Maßgabe der Haushaltspläne" mit einer vornehmlich wirtschafts- und finanzpolitisch motivierten Steuerung und Lenjcung der „Stiftung Warentest" zu verbinden.

Β. System des Stiftungsrechtsverhältnisses Überblickt man das stiftungsrechtliche Schrifttum wie auch die — im Grundsätzlichen allerdings vereinzelt gebliebenen — Äußerungen in der Rechtsprechung 1 , so nehmen zwei Begriffe eine dominierende, das Wesen der Stiftung prägende Rolle ein. Es ist dies zum einen der Wille des Stifters, zum anderen der Zweck der Stiftung. Der Stifter — so wird einerseits erklärt — ist die zentrale Person des Stiftungsrechts 2. Der von ihm in Stiftungsgeschäft und Satzung artikulierte Stifterwille bleibe über die Stiftungsverfassung für die Geschäftstätigkeit der Stiftung wie für die Befugnisse der Aufsichtsbehörden bestimmend. Alle Aktivitäten der Stiftung und sogar das Verhalten der Aufsichtsbehörden ihr gegenüber fänden danach ihre letzte Grundlage und Grenze beim Stifter und seinem Willen. Der Stiftungszweck — so wird auf der anderen Seite festgehalten — verleiht der selbständigen Stiftung, insbesondere der des bürgerlichen Rechts, die dieser juristischen Person eigene Stabilität3. Mit der Genehmigung der Stiftung werde der Stiftungszweck endgültig der Disposition des Stifters und den Schwankungen des Stifterwillens entzogen. Er wirke nun als eigenständige Vorgabe in der Stiftung fort, als Programm, das mit besonderem Gewicht die organisatorische Ausgestaltung der Stiftung und die Mittelzuweisung durch den Stifter bestimme und auf beiden Wegen intensiv die Geschäftstätigkeit der Stiftung beeinflusse 4. Stifterwille und Stiftungszweck stehen freilich nicht unverbunden bzw. durch die Zäsur der Stiftungsgenehmigung dauerhaft getrennt nebeneinander. So absolut, unabhängig und unbedingt der Stiftungszweck die Maßstäbe für die stiftungsverwirklichenden Aktivitäten gebe, so sei er doch als Erscheinungsform des Stifterwillens von diesem getragen, von ihm abhängig, durch ihn bedingt und darum von diesem Willen her auszulegen und zu verstehen 5. Mit der bildhaften Bezeichnung des Stiftungszwecks als „Kristallisationspunkt des Stifterwillens" 6 und als „Brückenschlag vom Stifterwillen zur Stiftung" 7 wird die geschilderte ι Vgl. hierzu im Zusammenhang mit dem Grundrechtsschutz der Stiftung unten C.II.2.a). 2 Vgl. Seifart/Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 7 Rdnr. 4. 3 Vgl. Seifart l Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 3. 4 Vgl. Seif arti Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 21; ferner etwa Seif art / Seif art, a. a. Ο., § 1 Rdnr. 7 sowie Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, S. 16. 5 Vgl. Seifart ! Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 5. 6 Seifart/Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 21.

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

Auffassung, die man als die im Grundsatz weithin vorherrschende ansehen kann, treffend veranschaulicht und zusammengefaßt. Das so entworfene Bild wird allerdings, wie sich bei näherem Zusehen zeigt, weder der rechtlichen Prägung des Stiftungstypus noch der sie ausfüllenden und mitformenden Stiftungswirklichkeit gerecht. Die Verzerrungen, die aus ihm resultieren und eine differenzierte Betrachtung erschweren, werden in der folgenden Darstellung deutlicher werden. Vorausgeschickt seien jedoch deren Leitlinien. „Stiftung" ist danach nicht ein linearer Kausalablauf, der seinen Ausgangspunkt in einem natürlichen Stifterwillen nimmt, in der juristischen Person der Stiftung und ihrer Zwecksetzung „körperliche Gestalt" 8 annimmt und sich in den hierdurch vorgezeichneten Handlungen der Stiftungsorgane vollendet. „Stiftung" ist vielmehr eine organisierte soziale Wirkeinheit 9, die durch die Handlungen des Stifters, der Organe und Organwalter der Stiftung und — wenn auch auf einer zurückgezogenen Linie — der Behörden und Amtswalter der Stiftimgsaufsicht konstituiert wird und sich beständig neu konstituiert. Juristisch ist „Stiftung" so in erster Linie ein Rechtsverhältnis, also ein Gefüge von rechtlichen Beziehungen zwischen Personen (den Stiftungsbeteiligten), das durch die Verselbständigung der Stiftung zur juristischen Person seine besondere — organisationstypische — Prägung erhält. Die Identität der Stiftung wird dabei nicht nur bzw. nicht primär durch ihren Zweck, der ihr nach der herrschenden Auffassung eine „eigentümliche Starrheit" 10 verleihen soll, sondern durch eine bewegliche und entwicklungsoffene Relation von Zweck, Organisation und Vermögen der Stiftung umschrieben (dazu I.). Infolgedessen bedeutet Stiftungsrealisation, also der kontinuierliche Prozeß der Konkretisierung und Verwirklichung der Aufgaben und Ziele der Stiftung, stets auch Stiftungsentwicklung (dazu II.).

I. Stiftungstypus und Stiftungsidentität Stiftungszweck, Stiftungsorganisation und Stiftungsvermögen sind nach einhelliger und zutreffender Auffassung die typusbestimmenden Merkmale der Stiftung 1 . Ihrer Funktion und ihrem wechselseitigen Zusammenhang ist darum zunächst nachzugehen. 7 Seifart ! Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 5. s Seifart / Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 3. Ähnlich („verkörperte Aufgabenstellung") etwa auch Strickrodt, Stiftungsrecht, 1977, S. 334. 9 Vgl. zu dieser Betrachtungsweise und Begriffsbildung aus der zivilrechtlichen Literatur zur juristischen Person namentlich Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1/2, 1983, § 1. Ferner Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, § 2 V („Das Schuldverhältnis als Gefüge und als Prozeß"). 10 Seifart ! Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnr. 3. 1 Vgl. etwa Seif art / Seif art, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 1; Strickrodt, Stiftungsrecht, 1977, S. 21 ff., 158 ff.; Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, S. 15 ff.; SoergeU Neuhoff, BGB, Bd. 1, 12. Aufl. 1987, Rdnrn. 7 ff. vor

I. Stiftungstypus und Stiftungsidentität

17

1. „Stiftungszweck" als Sinnstiftung Wie bereits einleitend bemerkt, stellt nach der herrschenden Auffassung der Stiftungszweck das die Individualität der Stiftung prägende, die Stiftungspersönlichkeit formende Element des Stiftungsbegriffs dar. Der Zweck erscheint, nachdem er „objektiviert" und in der Stiftungsgenehmigung „beglaubigt" ist, als der Fixpunkt, zu dem alles Handeln von Stifter, Stiftungsorganen und Stiftungsaufsicht in Beziehung zu setzen ist. Zutreffend an dieser Vorstellung ist zunächst, daß der Stiftungszweck allen Beteiligten „entzogen" ist. Dem Stifter tritt die Stiftung mit Erteilung der Genehmigung als selbständige juristische Person gegenüber. Er hat, sofern er nicht — wie hier die Bundesrepublik Deutschland gegenüber der „Stiftung Warentest" — entsprechende Vorbehalte in der Satzung verankert hat, aus den gesetzlichen Bestimmungen der §§80 ff. BGB keine Ansprüche und keine Aufsichtsrechte gegenüber der Stiftung. Anders als bei der Auslegung des — einseitigen — Stiftungsgeschäfts ist daher die von der h. M . 2 befürwortete direkte oder analoge Anwendung der §§ 133 ff. BGB, also der Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen, auf die Ermittlung des Stiftungszwecks sehr zweifelhaft, weil sie alleine die Stifterperspektive einnimmt und die Verselbständigung der Stiftung übergeht. Ähnlich distanziert wie der Stifter stehen auch die übrigen Stiftungsbeteiligten dem „ Z w e c k " der Stiftung gegenüber. Denn in Abgrenzung zu den körperschaftlich verfaßten juristischen Personen3 verfügt die Stiftung über kein Organ, das — und dies gilt in besonderer Weise in bezug auf den Stiftungszweck — „autonom" zu handeln befugt wäre. Ohne der Erörterung der Schranken der Stiftungsaufsicht vorgreifen zu müssen, kann schließlich gesagt werden, daß auch deren Befugnisse jedenfalls ihre Grenze am gesetzlichen Typenbegriff der Stiftung und damit an der fehlenden Dispositionsbefugnis über den im Stiftungsgeschäft einmal „gesetzten" Zweck finden. Der Stiftungszweck ist damit allen Beteiligten des Stiftungsrechtsverhältnisses — dem Stifter, der Stiftung mit ihren Organen und der Stiftungsaufsicht — „entrückt". Er soll für einen jeden verbindlich sein, doch keiner soll ihn verbindlich interpretieren, geschweige denn gestaltend formieren können. Allgemeine Verbindlichkeit scheint auf diese Weise umzuschlagen in konkrete Unverbind§ 80; Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 2. Aufl. 1984, Rdnrn. 7 ff. vor § 80; Staudinger / Coing , BGB, Bd. 1,12. Aufl. 1980, Vorbem. zu §§ 80-88, Rdnr. 1. 2 Vgl. Seif arti Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 7 Rdnr. 10; SoergeU Neuhoff, BGB, Bd. 1, 12. Aufl. 1987, § 80 Rdnr. 2. 3 Vgl. zur Abgrenzung besonders klar Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1/2, 1983, S. 130 f.; Rittner, Die werdende juristische Person, 1973, S. 232 ff.; ferner (historisch und rechtsvergleichend) Eichler, Die Verfassung der Körperschaft und Stiftung, 1986; Kronke, Stiftungstypus und Unternehmensträgers tiftung, 1988, bes. S. 120 ff. 2 Scholz /Langer

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

lichkeit. Denn da der Stiftungszweck auf Verwirklichung angelegt ist, könnte prinzipiell jeder Akt der Konkretisierung und Realisation in gleichem Maße Authentizität für sich beanspruchen. Damit ist zum einen die Frage des „Quis iudicabit?", der Kompetenz zur letztverbindlichen Entscheidung aufgeworfen — eine Frage, die die h. M. im Grunde so gar nicht stellen könnte, weil sie durch den „objektivierten" Stiftungszweck schon beantwortet erscheint. Zum anderen und vor allem kann man fragen, ob mit dem geschilderten Verständnis des Stiftungszwecks dessen Funktion zutreffend erfaßt ist. Denn das — scheinbare — Dilemma bzw. Paradox ist eine Folge seiner Prämisse und es löst sich auf, sobald man sich von dieser Prämisse löst. Der Stiftungszweck ist nämlich kein rechtlicher „Fixpunkt " und er ist kein ausschließlicher Rechtszweck. Wie ein Blick auf die Wirklichkeit des Stiftungswesens ohne weiteres deutlich macht, ist „Stiftung" nicht primär Rechtsverwirklichung, sondern Verwirklichung außerjuristischer, wie ζ. B. kultureller 4 , karitativer, wissenschaftsfördernder oder — wie hier im Falle der „Stiftung Warentest" — wirtschafts- und wettbewerbsunterstützender Zwecke. „Stiftung" ist damit durch eine ausschließlich juristische Methodik nicht vollständig erfaßbar und durch die zweckinhaltliche Offenheit des Stiftungstypus auch nicht erfaßt. Die Auffassung, daß der Stiftungszweck „stabil" und folglich einer einzig richtigen Erkenntnis zugänglich sei, reduziert dagegen die Stiftungsrealisation schon im Ausgangspunkt auf eine disziplinär verengte, subsumtionsmäßige Rechtsanwendung, wie sie etwa die nachvollziehende, monodisziplinär-juristische Überprüfung einer Entscheidung durch ein Gericht 5 , nicht aber das Tätigkeitsspektrum einer Stiftung kennzeichnet. Selbstverständlich bedeutet „Stiftung" auch rechtlich verfaßte und verantwortete Zweckverwirklichung und insofern auch Rechtsverwirklichung. Aber die Rechtsverwirklichung läßt sich nicht von der metajuristischen Zweckverwirklichung ablösen und der Stiftungszweck nicht zum Rechtszweck isolieren und verabsolutieren. Die Frage ist dann, worin die spezifische „Normativität" und Funktion des Stiftungszwecks liegt. Die Antwort hierauf wird deutlicher, wenn man sich den zutreffenden Kern der herrschenden Auffassung noch einmal vor Augen hält. Der Stiftungszweck ist danach allen Beteiligten „entzogen" — und doch wird er erst in der Realisation der Stiftung „wirklich". Es ist das verbindende Glied, das der herrschenden Auffassung fehlt, weil sie dem Stiftungszweck eine geradezu substanzhafte Stabilität zumißt. Die stabilisierende Wirkung des Stiftungszwecks liegt jedoch gerade in der Verbindung, die er ermöglicht. Gerade weil sich das 4 Zur Einbettung der Stiftung in den Zusammenhang des Kulturverfassungsrechts vgl. Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 29 ff. 5 Vgl. hierzu grds. — in Gegenüberstellung von Verwaltung und Gerichtsbarkeit — Scholz, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 34 (1975), 145 ff., 149 ff., 154 ff., zum folgenden auch 163 ff.; zur diesbezüglichen prinzipiellen Vergleichbarkeit von öffentlicher Verwaltung und Stiftung vgl. näher noch unten D.I. l.a).

I. Stiftungstypus und Stiftungsidentität

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Handeln aller Stiftungsbeteiligten am Stiftungszweck orientiert und ihn doch zugleich erst „hervorbringt", wird dieses Handeln in einen sinnhaften Zusammenhang gestellt6. Das Handeln der Stiftungsbeteiligten konstituiert mit anderen Worten den Stiftungszweck wie umgekehrt der „vorausgesetzte" Stiftungszweck das stiftungsorientierte Handeln erst als solches ermöglicht und damit gleichfalls eine konstitutive Bedeutung erhält. Die Funktion des Stiftungszwecks liegt somit darin, das ansonsten disparate zweckverwirklichende Handeln einer Vielzahl unterschiedlich motivierter und interessierter Akteure in den sinnkonstituierenden und sinnkonstituierte« Bezugsrahmen der „Stiftung" bzw. des Stiftungsrechtsverhältnisses zu stellen und so die Stiftung als Organisations- und Wirkeinheit hervorzubringen. Diese wechselseitige Bedingtheit der Orientierung aller Beteiligten am Stiftungszweck und dessen simultaner Konkretisierung und Aktualisierung läßt sich allerdings mit der konditionalen Struktur des Rechts nicht in derselben Simultaneität erfassen. Das „Wechselseitig-sich-Bedingende" bzw. „Nur-zusammenMögliche" (TV. Luhmann)1 bedarf juristisch der Strukturierung in einem zeitlichen Nacheinander, kurz: in einem Verfahren, das den „abstrakt-generellen" Stiftungszweck in konkretisierende und aktualisierende Stufen und Schritte der Verwirklichung zerlegt, dabei aber nicht aus dem Auge verliert, daß der Stiftungszweck überhaupt nur in dieser Realisation Gestalt gewinnt. Bevor hierauf näher eingegangen wird 8 , sind jedoch die anderen Typusmerkmale der Stiftung zu untersuchen, die zugleich dem Verfahrenszusammenhang weitere strukturierende Merkmale hinzufügen. 2. „Stiftungsorganisation" als Zurechnungseinheit Was vorangehend für den Stiftungszweck entwickelt wurde, muß Konsequenzen auch für die Stiftungsorganisation als dem zweiten Typusmerkmal der Stiftung zeigen. Die herrschende Erklärung der Stiftungsorganisation nimmt hier ihren Ausgangspunkt an dem bereits erwähnten Fehlen „autonomer" willensbildender Organe, die den Stiftungstypus in Abgrenzung zur Körperschaft kennzeichnet. Stiftungsorganisation wird im Anschluß daran in Abhängigkeit vom Stiftungszweck gedeutet. Auf der einen Seite wird hervorgehoben, daß das Handeln natürlicher Personen für die Realisierung der Stiftung notwendig ist, daß die Stiftung als „juristische Person in Reinkultur... ohne soziales Substrat" 9 6 Vgl. zur Deutung des Schuldverhältnisses als einem „komplexen Sinngebilde" bzw. „sinnhaften Gefüge" Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, S. 26 ff.; dort auch zu der nachfolgend im Text behandelten Zeitstruktur des Schuldverhältnises, das juristisch eine prozedurale Auflösung erfordert. 7 In: Habermas / Luhmann, Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie — Was leistet die Systemforschung?, 1971, S. 25 ff., 30. s Vgl. unten Β. II. 9 Seif art! Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 9 Rdnr. 1. 2*

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einer personalen Grundlage für ihre Handlungsfähigkeit bedarf. Allerdings erscheinen diese „Hilfspersonen" 10 insoweit als bloße menschliche Werkzeuge, die ihre Determination alleine aus der Rationalität des Stiftungszwecks empfangen. Innerhalb der durch den Stiftungszweck abgesteckten Grenzen wird jedoch — auf der anderen Seite — eine „ungewöhnliche Handlungsfreiheit" 11 der Stiftungsorgane, insbesondere des Vorstands konstatiert. Insoweit scheinen die Organe also doch zu „autonomer", jedenfalls aber nicht kontrollierbarer und kontrollierter Willensbildung berufen. Faßt man beide Aspekte zusammen, so erweisen sie sich als die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Die Stiftungsorganisation erscheint danach als ein fixer Rahmen, der die als Organe handelnden Personen nach außen bindet und beschränkt und der ihnen nach innen Freiheit gewährt. Es ist dies im übrigen die konsequente Folgerung aus dem Verständnis des Stiftungszwecks als dem Fixpunkt der Stiftung, an den die Stiftungsorganisation nach der h. M. „angeseilt" ist. Wie bereits hinsichtlich des Stiftungszwecks stellt sich jedoch auch die Statik der Stiftungsorganisation bei näherem Zusehen als trügerisch heraus. Dies läßt sich an den zwei großen, die Diskussion des 19. Jahrhunderts bestimmenden Theorien der juristischen Person veranschaulichen, die auch heute noch — angesichts des bewußten Verzichts des Gesetzgebers des BGB auf eine eigene Theoriebildung12 — in im Grundsätzlichen nur gering modifizierter Gestalt als Vertretertheorie und Organtheorie fortwirken 13. Nach der Lehre Savigny' s sind nur Menschen, natürliche Personen willens- und handlungsfähig, während bei der juristischen Person ein „innerer Widerspruch" zwischen Rechtsfähigkeit einerseits und Handlungsunfähigkeit andererseits besteht; er wird überwunden dadurch, daß nach der Verfassung der juristischen Person ihr der Wille und die Handlungen bestimmter einzelner Menschen „in Folge einer Fiktion als ihr eigener Wille angerechnet wird". Diametral gegenüber steht Gierke's Theorie der realen Verbandspersönlichkeit. Nach ihr ist die juristische Person nicht bloß rechtsfähig, sondern auch willens- und handlungsfähig; der Wille ihrer Organe ist der eigene Wille der juristischen Person. Die heute vorherrschende Auffassung der Stiftungsorganisation setzt beide Theorien — bildlich gesprochen — nebeneinander und kumuliert so deren Schwächen, anstatt sie aufeinander zu zu führen und so ihre jeweils richtigen Ansatzpunkte zu verbinden: Innerhalb der Grenzen des Stiftungszwecks soll nämlich — so das herrschende Verständnis — der Wille der Organwalter der Stiftung im Sinne Savigny' s „angerechnet" werden; außerhalb dieser Grenzen sollen die Organwalter jedoch überhaupt keinen eigenen Willen haben können, sondern soll der Stiftungszweck als — im Gierke' sehen Sinne realer — objektivierter eigener Wille der Stiftung herrschen und durch die Organwalter lediglich erkannt und deklariert werden. io Seifart/Hof ebd. h Seifart ! Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 9 Rdnr. 41. ι 2 Vgl. allgemein aus den Gesetzesmotiven zur juristischen Person Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. 1, 1899, S. 395: „Den Begriff zu konstrui(e)ren und zu rechtfertigen ist Aufgabe der Wissenschaft". 13 Vgl. zum folgenden Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1/2, 1983, § 1; ferner bes. und differenzierter Wolff \ Organschaft und juristische Person, Bd. 1, 1933, §§ 1,2.

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Richtiger Ansatzpunkt Gierke's ist dabei die soziale Realität organisierten menschlichen Verhaltens, die jedoch — und hierin liegt der zutreffende Kern der Savigny* sehen Fiktionstheorie — der normativen (Zu-)Ordnung zu einer Zurechnungseinheit bedarf, um sich von einem lediglich kausalen Beziehungsverhältnis abzuheben14. Die jeweilige Schwäche beider Theorien liegt in der unvermittelten Ineinssetzung von sozialer Realität und juristischer Normativität und vice versa. Es fehlt — wie bereits oben beim Stiftungszweck — das verbindende bzw. vermittelnde Glied. Denn Organisation kommt durch normorientiertes Handeln und orientierungs- und damit handlungsermöglichender Normierung gleichzeitig zustande. Die Stiftungsorganisation ist also — wie der Stiftungszweck — nichts Fixes bzw. Absolutes, sondern wird vielmehr im Stiftungshandeln konstituiert. „Stiftungsorganisation" entsteht damit durch an der Stiftung als juristischer Person und damit als vorausgesetzter normativer Zurechnungseinheit orientiertem Handeln; und umgekehrt gibt der Begriff der juristischen Person und seiner Organisation dem Handeln der am Stiftungsrechtsverhältnis Beteiligten seine es zugleich ermöglichende Orientierung. Die juristische Erfassung dieses Verhältnisses des sich gleichzeitig und wechselseitig Bedingenden bedarf allerdings wiederum der rechtlichen Strukturierung. War es oben das Verfahren der Stiftungsrealisation, so ist es hier die Kompetenz. „Richtiges", das heißt organisationsgerechtes Handeln der Stiftungsorgane ist daher mit anderen Worten weniger im Sinne materialer Einzigrichtigkeit als im Sinne kompetenzieller Verbindlichkeit zu verstehen. Als solches läßt es sich nicht losgelöst von dem Verfahren der Stiftungsrealisation betrachten. „Stiftung" — so läßt sich nunmehr näher bestimmen — ist also nicht nur ein gestuftes, sondern auch ein kompetenziell gegliedertes Verfahren.

3. „Stiftungsvermögen" als Selektionszwang Das dritte und letzte Typusmerkmal der Stiftung schließlich ist nach allgemeiner Meinung das Stiftungsvermögen. Es ist nach h. M. an den Stiftungszweck bzw. an die im wesentlichen durch den Stiftungszweck definierte Stiftung gebunden, das heißt seiner Substanz nach zu erhalten und seinem Ertrag nach zur Erfüllung des Stiftungszwecks einzusetzen15. Die zweckgerechte Vermögensausstattung der Stiftung wird dabei als entscheidendes und unverzichtbares Element ihrer Eigenständigkeit angesehen16. Noch weitergehend wird generell (und nicht nur bezüglich der Stiftung) das Wesen der Rechtsfähigkeit juristischer Personen zuweilen mit deren Vermögensfähigkeit gleichgesetzt, ja die juristische Person ι 4 Vgl. hierzu instruktiv Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1/2, 1983, S. 3 ff., 18. 15 Zu dieser „stiftungsrechtlichen Grundregel" vgl. statt vieler Seifart / Seifart, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 10 Rdnr. 15. 16 Vgl. Seifart I Seifart, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 1 Rdnr. 17.

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als die Personifikation eines Sondervermögens bezeichnet17. Möglicherweise, so könnte man daraus schließen, ist also das Stiftungsvermögen der Fixpunkt der Stiftung, zumal es als eine rein ökonomische, bezifferbare Größe nicht einmal semantischen Zweifelsfragen ausgesetzt zu sein scheint. Aber auch dieser Eindruck trügt. Der relative Charakter des Stiftungsvermögens läßt sich bereits und zunächst „vermögensimmanent" begründen. Denn was die Stiftung „vermag", hängt schon im Ausgangspunkt nicht von ihrem substantiellen „Vermögen", sondern von ihren Vermögenserträgen ab. Die zentrale Bedeutung der Erträge und nicht der Vermögenssubstanz zeigt sich zunächst darin, daß zwar die sogenannte Hauptgeldstiftung 1 8 , das heißt die Ausstattung mit einem ertragbringenden Kapitalstock, der Regelfall ist, daß dem gleichgestellt jedoch die periodische Leistung eines Geldbetrags aufgrund eines hinreichend sicheren Anspruchs ist 1 9 . So leistet etwa in dem hier untersuchten Fall die Bundesrepublik Deutschland als Stifterin der „Stiftung Warentest" jährliche Zuwendungen nach Maßgabe des Haushaltsplans 20 . Darin alleine könnte man allerdings noch eine bloße Modifikation in der Durchführung ( — periodische Leistung als Ertrag eines zu fingierenden Kapitalstocks) und nicht ein Abweichen vom Prinzip sehen. Zu berücksichtigen ist jedoch weiter, daß zu den Erträgen — im Sinne der stiftungszweckgebunden zu verwendenden Mittel — auch die Einnahmen aus der Stiftungstätigkeit selbst zu rechnen sind. So besteht etwa der überwiegende Teil der „Erträge" der „Stiftung Warentest" aus Einnahmen aus der Veröffentlichung ihrer Untersuchungsergebnisse. Stiftungsertrag ist mit anderen Worten also nicht nur Eigentumsnutzung, sondern auch Arbeitsergebnis. „Stiftungsvermögen" in dem weiteren Sinne der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Stiftung, auf die es für ihre Realisation in erster Linie ankommen sollte, besteht damit nicht allein aus dem Stiftungsvermögen im engeren, rechtstechnischen Sinne des vom Stifter zugewendeten Kapitalstocks, sondern auch und vor allem aus dessen „Erträgen", die — sowohl als Eigentumsnutzung wie als Arbeitsergebnis — in der Stiftungstätigkeit (reproduziert werden. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stiftung wird darum im Stiftungshandeln konstituiert. Das Stiftungsvermögen ist aber weiter auch kein ausschließlich bzw. in erster Linie ökonomisch erfaßbarer Begriff. Bereits vom Standpunkt der h.M. aus wird das Vermögen durch seine Zweckgebundenheit definiert, als Funktion des Stiftungszwecks erklärt. So wenig wie sich nach dem oben Gesagten jedoch der 17

Vgl. hierzu etwa Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 1/2, 1983, S. 29 f.; Wolff, ; Organschaft und juristische Person, Bd. 1, 1933, §4, jeweils m. w. N. 18 Vgl. dazu etwa Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, S. 32 f. m. w. N. 19 Vgl. Seifart / Seifart, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 10 Rdnr. 12 m. w. N. 20 Hierzu näher unten D.II.2.c).

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Stiftungszweck juristisch verengen läßt , so wenig läßt er sich auch ökonomisch verengen. Wird das Stiftungsvermögen also — insoweit auch vom hiesigen Standpunkt aus zutreffend — in Abhängigkeit vom Stiftungszweck bestimmt, so muß sein Begriff auch dessen disziplinäre Offenheit mit aufnehmen. Das Verhältnis von Stiftungszweck und Stiftungsvermögen läßt sich darum auch nicht im Sinne der Zweck-Mittel-Relation des Wirtschaftlichkeitsprinzips deuten, das in seinen zwei Bestandteilen bzw. Ausprägungen besagt, daß ein bestimmtes Ergebnis mit möglichst geringem Einsatz von Mitteln (sog. Minimalprinzip) oder mit einem bestimmten Einsatz von Mitteln das bestmögliche Ergebnis anzustreben ist (sog. Maximalprinzip) 22 . Denn nicht nur „Zweck" und „Mittel" sind hier als „Stiftungszweck" und „Stiftungsvermögen" disziplinär offen, auch ihre konkrete „Relation" wird nicht durch das formale, inhaltlich offene Wirtschaftlichkeitsprinzip 23 , sondern (in der Stiftungstätigkeit) durch die konkrete Kompetenzausübung hergestellt. Bedenkt man weiter, daß Stiftungszweck, Stiftungsorganisation und auch Stiftungsvermögen (in dem obigen, weiteren Sinne) im Stiftungshandeln konstituiert werden und daß dieses Verhältnis der Konstitution juristisch nur in einem gestuften und kompetenziell gegliederten Verfahren faßbar wird, so kann es überhaupt nicht um ein Zweck-Mittel-Schema oder eine andere Relation zwischen den Typusmerkmalen der Stiftung gehen. Was zueinander in Beziehung gesetzt werden kann, sind die verschiedenen Stufen des Verfahrens, die den jeweils aktuellen „Stand" von Zweck, Organisation und Vermögen, also die aktuelle Identität der Stiftung darstellen. Die Frage bleibt dann, welche spezifische Funktion dem „Stiftungsvermögen" in diesem Verfahren bzw. Stufenvergleich zukommt. Die Antwort hierauf ist vergleichsweise trivial, hat aber dennoch eine nicht zu unterschätzende systematische und analytische Bedeutung. Die prinzipielle Begrenztheit des Stiftungsvermögens besagt, daß nicht alles „machbar" ist, was von den Stiftungsbeteiligten als dem Stiftungszweck dienlich erachtet wird, daß also eine — wertende und Prioritäten setzende — Wahl zwischen Alternativen vorzunehmen ist, kurz: daß Entscheidungen zu treffen sind. Der Begriff des „Stiftungsvermögens" beinhaltet daher Selektionszwang, Stiftungsrealisation bedeutet permanentes Entscheiden24. Von systematischer Bedeutung ist diese Feststellung zunächst, weil sie zeigt, daß und wie sich Stiftungszweck, -organisation und -vermögen in der Konstitution der Stiftungsidentität verbinden. Die „sinnstiftende" Funktion des Stiftungszwecks, der sinnhaftes Handeln ermöglicht und zugleich in ihm konstituiert

21 Vgl. oben B.I.l. 22 Vgl. aus der juristischen Literatur statt vieler etwa v. Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 1988, S. 19 ff. m. zahlr. Nachw. 23 Dazu Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 183 ff.; v. Arnim, Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip, 1988, S. 36 ff., jeweils m. w. N. 24 Vgl. hierzu und auch zum folgenden instruktiv Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 27 ff.

B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

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wird 2 5 , wird durch die „sinnbegrenzende" Funktion des Stiftungsvermögens ergänzt und hierdurch die Identität der Stiftung komplettiert. Sie wird jedoch nicht inhaltlich, sondern nur strukturell (und damit inhaltlich entwicklungsoffen) festgelegt, weil nur ein Zwang zu sinnhafter (und -konstituierender), nicht aber zu inhaltlich bestimmter Entscheidung besteht. Der Entscheidungszwang als solcher bindet schließlich auch die Stiftungsorganisation in die Konstitution der Stiftungsidentität ein, weil Entscheidung nur „kompetenzgerechte Entscheidung" bedeuten kann, sich die Stiftungsorganisation aber umgekehrt erst im auf die Stiftungsidentität bezogenem Handeln der Beteiligten konstituiert 26 . Von analytischer Bedeutung ist die Feststellung des Selektionszwangs, weil sie die Stiftungstätigkeit rationalisiert. Aus dieser Folgerung wird zugleich der zutreffende Kern der Auffassung deutlich, die in der zweckentsprechenden Vermögensausstattung und zweckgebundenen Vermögensverwendung das stabile oder zumindest stabilisierende Element der Stiftung sieht. Denn wenn dort das Vermögen an den „autonomer" Bestimmung entzogenen Zweck angebunden wird 2 7 , so bedeutet das nach hier vertretener Ansicht zwar nicht, daß Entscheidungen über die Art und Weise der Stiftungsrealisation aller personalen / willensmäßigen Bezüge entkleidet wären, wohl aber, daß sie nachvollziehbar, das heißt rational getroffen werden. Das gestufte und kompetenziell gegliederte Verfahren der Stiftungsrealisation muß daher auch ein rationales Verfahren sein.

4. Zusammenfassung: Konstitution der Stiftungsidentität Mit der h. M. ist davon auszugehen, daß die Typusmerkmale des Stiftungszwecks, der Stiftungsorganisation und des StiftungsVermögens die Identität der Stiftung bestimmen. Diese Identität läßt sich jedoch nicht als Resultante dreier fester Größen auffassen, die die Stiftung in Zeit und Raum unverrückbar fixieren und determinieren. Vielmehr werden Zweck, Organisation und Vermögen im stiftungsorientierten Handeln der Stiftungsbeteiligten, das sie zugleich ermöglichen, konstituiert. Die Identität der Stiftung ist damit Funktion dreier Variabler, die sie konkret bestimmbar machen, aber abstrakt entwicklungsoffen halten. In Rechtsform läßt sich die soziale Realität der Stiftung als gestuftes, kompetenziell gegliedertes und rationales Verfahren der Stiftungsrealisation erfassen. Um dieses geht es im nächsten Abschnitt.

25 Vgl. oben B.I.l. 26 Vgl. oben B.I.2. 27 Oben B.I.l.

II. Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung

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I I . Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung 1. Stiftungsrealisation als final programmierter Prozeß „Stiftung" ist — so wurde oben gesagt1 — primär Zweck- und nicht Rechtsverwirklichung. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf die Art und Weise, in der das im Stiftungsakt angelegte „Programm" der Stiftungsrealisation zu verstehen und zu beschreiben ist. Denn indem Stiftungsrealisation nicht primär Rechtsverwirklichung ist, läßt sich das Handeln der am Stiftungsverhältnis Beteiligten auch nicht (nur) auf einen Prozeß konkretisierender Rechtsanwendung bzw. subsumtionsmäßiger Rechtserkenntnis reduzieren. Die (komplementäre bzw. komplettierende) Verknüpfung von erkennendem Vollzug abstrakt-generellen Rechts und sachverhaltsbezogener Schöpfung konkret-individuellen Rechts2 entspräche zwar durchaus der hier vertretenen Auffassung, daß der Stiftungszweck erst im Stiftungshandeln konstituiert wird. Jedoch ist der Stiftungszweck nicht allein Rechtszweck und die „Wenn-Dann-" bzw. „Tatbestand-Rechtsfolge-" Struktur der ihm entsprechenden konditionalen Programmierung eröffnet dem Anwender nur die Setzung konkreten Rechts, erlaubt ihm aber nicht die der disziplinaren Offenheit des Stiftungszwecks entsprechende eigene Maßstabsbildung 3 . Die Normstruktur, die sowohl die (rechtsgebundene) Maßstabsbildung als auch maßstabskonforme (Rechts-)Entscheidung beinhaltet, ist jedoch die finale Programmierung 4. Die finale Programmierung teilt mit dem Konditionalsatz die Eigenschaft, daß sie die Konstitution des Stiftungszwecks im konkretisierenden und verwirklichenden Stiftungshandeln zutreffend erfaßt. Sie erhält diesem Vorgang darüber hinaus jedoch auch seine zweckinhaltliche Offenheit. Stiftungsrealisation läßt sich damit zunächst als ein final programmiertes Verfahren beschreiben. Näherhin handelt es sich bei der Verwirklichung des finalen Programmes um eine Abfolge konkretisierender Maßstabsbildung 5. Ein Generalmaßstab wird zum Spezialmaßstab „verdichtet", der aber seinerseits einer weiteren Konkretisierung zugänglich oder bedürftig sein kann 6 . Maßstabskonforme Entscheidung nach ι B.I.l. Vgl. hierzu Scholz, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 34 (1975), 145 ff., 161 f. m. umf. Nachw. der (insb. rechtstheoretischen) Literatur in Fußn. 68 bis 70. 3 Vgl. hierzu Scholz, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 34 (1975), 145 ff., 174 ff. 4 Zur Unterscheidung zwischen konditionaler und finaler Programmierung vgl. insb. Luhmann, Theorie der Verwaltungs Wissenschaft, 1966, S. 60 f.; der s., Zweckbegriff und Systemrationalität, 1968, S. 100 ff. 5 Zur Struktur dieses Vorgangs vgl. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971, S. 21 f., 35 ff.; ders., Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 34 (1975), 145 ff., 170 ff. 6 Vgl. hierzu auch Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 27 ff. 2

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

einem gebildeten generellen Maßstab kann mit anderen Worten in der Bildung eines spezielleren Maßstabs bestehen. Veranschaulichen läßt sich dies auch an dem Programm der Realisation der „Stiftung Warentest"7: Stiftungszweck ist die Verbraucherinformation mittels Durchführung und Veröffentlichung der Ergebnisse von Warentests (§ 21, II der Satzung). Dieser Generalmaßstab wird im Zusammenwirken von Vorstand und Kuratorium zum Untersuchungsvorhaben konkretisiert, dessenfinanzieller Rahmen vom Verwaltungsrat im Haushaltsplan festgestellt wird (§§ 61, 8 I, II, 121 der Satzung). Der so bestimmte Spezialmaßstab bildet die Grundlage für die vom Vorstand unter Beratung durch einen Fachbeirat zu treffende Auswahl des Untersuchungsgegenstands, der Wertmerkmale, der Prüfverfahren usw. (§§ 6 I, 9 I der Satzung). Erst die letzte Stufe des — noch weiter aufspaltbaren — Verfahrens ist die Zweckverwirklichung im Sinne einer Realhandlung. Veranschaulicht wird damit aber noch ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt. Die Abfolge zunehmend konkretisierter Maßstabsbildungen ist nicht als ZweckMittel-Definition etwa in der Weise zu verstehen, daß zunächst die Mittel zur Erfüllung eines generellen Zwecks bestimmt und sodann — in einem gedanklich hiervon zu trennenden Schritt — die „Mittel" ihrerseits als spezieller Zweck, dessen Erfüllung spezieller Mittel bedarf, betrachtet werden. Die Maßstabsbildung ist vielmehr — wie es auch die Satzung der „Stiftung Warentest" zutreffend auffaßt — stets Zweck- und Mittel-Bestimmung in einem. Diese Feststellung hat nicht nur terminologische Bedeutung. In ihr kommt nämlich zum Ausdruck, daß der Stiftungszweck nicht die Stiftungsidentität ist, sondern diese sich in der Realisation von Zweck, Organisation und Vermögen konstituiert 8. Die konkrete Maßstabsbildung stellt daher eine Momentaufnahme in der Konstitution der Stiftungsidentität dar und verbindet als konkrete „Zweck"- (aktualisierter Stiftungszweck) und „Mittel-" (aktuell eingesetztes Stiftungsvermögen) „Bestimmung" (aktuelles Organhandeln) alle drei (prinzipiell variablen) Elemente der Funktion zur aktuellen Identität. Und noch ein letzter, sich aus diesem Zusammenhang unmittelbar ergebender Aspekt wird deutlich. Finale Programmierung bedeutet nicht lineare Zielerreichung, sondern beinhaltet einen beständigen Prozeß der Identitätskonstitution. Charakterisierend hierfür ist also nicht die einmalige „Verdichtung" des Generalmaßstabs zum Spezialmaßstab und zu dessen Verwirklichung. Entscheidend ist vielmehr, daß die Stiftung in der Realisation ihre aktuelle Identität im konkreten Zusammenspiel von Zweck, Organisation und Vermögen findet. In der zeitlichen Offenheit dieser prozeduralen Vermittlung zeigt sich die Entwicklungsfähigkeit der Stiftungsidentität. Stiftungsrealisation ist insofern final programmierte, also gesteuerte Stiftungsentwicklung.

7 Vgl. hierzu näher Hüttenrauch, Zur Methodik des vergleichenden Warentests, in: Horn / Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, 1986, S. 13 ff. mit Schaubild S. 24. s Oben B.I., insb. 1. und 4.

II. Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung

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Von hier aus ergibt sich auch ein realistischeres Verständnis der Dauerhaftigkeit, die die h. M. von der Zweckbestimmung einer Stiftung fordert 9. Dauerhaftigkeit meint nach dieser Auffassung die „Beständigkeit der Zwecksetzung gegenüber dem Wandel der Verhältnisse" 10. Dies ist in der Tat die Folgerung daraus, den Stiftungszweck als den Fixpunkt der Stiftung zu deklarieren und die Stiftungsidentität an ihn „anzuseilen". Daß dieser Ausgangspunkt nicht zutrifft, wurde bereits dargelegt. Aber auch die Konsequenzen lassen sich kritisieren. Denn Stiftungszweck und „Verhältnisse" stehen einander nicht abstrakt gegenüber, sondern wirken in der Stiftungsrealisation aufeinander ein, und „Beständigkeit" kann sich demgemäß nicht auf einen isolierten Zweck, sondern muß sich auf diese Relation beziehen11. „Dauerhaftigkeit" der Stiftung meint daher die „Beständigkeit" ihrer in dieser Realisation konstituierten Identität, die sich darum weder in der — notwendig singulären — Aktion der Umsetzung eines normativ geschlossenen Zwecks erschöpfen noch in der bloßen Reaktion auf die „Verhältnisse" auflösen darf. Auf die differenzierte Organisation dieses Prozesses wird sogleich näher einzugehen sein. 2. Stiftungsrealisation als kompetenzgerechte Selbststeuerung Denn mit Hilfe der Aufschlüsselung der Stiftungsrealisation in einem final programmierten Prozeß gestufter Maßstabsbildung läßt sich nun auch die Konstitution der Stiftungsorganisation in diesem Prozeß präzisieren bzw. in ihrer — konkreten wie abstrakten — Abhängigkeit von der stiftungsrealisierenden Stiftungsentwicklung darstellen. Die Stiftungsorganisation wird so aus der Statik, in die sie die herrschende Deutung als „Handlungsrahmen" verweist, gelöst und in ein partiell-offenes „Handlungsgefüge" übergeführt. Die Stiftungsorganisation läßt sich nämlich nicht unabhängig von der jeweils aktuellen Maßstabskonkretisierung betrachten. Das Handeln (vornehmlich:) der Stiftungsorgane — allgemeiner gefaßt: der am Stiftungsrechtsverhältnis Beteiligten — äußert sich in dem finalen kontinuierlichen Prozeß der Maßstabsbildung, der den programmierenden („generellen") Maßstab aktualisiert und konkretisiert und gleichzeitig als gültiger („spezieller") Maßstab die Aktualisierung und Konkretisierung programmiert 12. Die aktuell-konkrete Kompetenz „entlädt" sich mit 9 Vgl. Seifart / Seifart, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 1 Rdnr. 10 m. w. N; vgl. aber andererseits auch Strickrodt, Stiftungen als urbildhaftes Geschehen im Gemeinwesen, 1984, S. 57 ff. 10 Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, S. 16. h Vgl. auch Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, 14. Aufl. 1987, S. 27: „Das, was sich bei solchem Wechsel erhält, ist eben das ,Gefüge 4, die sinnvolle Verknüpfung der verschiedenen Elemente des Ganzen, die bestehenbleibt, auch wenn einzelne dieser Elemente wechseln". ι 2 Zur Struktur dieses Vorgangs vgl. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971, S. 35 ff.; der sVerwaltungsverantwortung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, in: VVDStRL 34 (1975), 145 ff., 174 ff.

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

anderen Worten in der Maßstabsbildung wie umgekehrt die Aktualisierung und Konkretisierung der Maßstäbe Kompetenzen eröffnet. Kompetenz und Maßstabsbildung konstituieren sich wechselseitig. Dies ist die abstrakte Struktur der Stiftungsorganisation, so wie die konkrete kompetenzgerechte Maßstabsbildung ihren aktuellen Status angibt. In der (entwicklungsoffenen) Kontinuität dieses Prozesses hat die Stiftungsorganisation — wie der Stiftungszweck — teil an der „Dauerhaftigkeit" 1 3 der Stiftung. Von dieser „Einbettung" der Stiftungsorganisation in das Verfahren der Stiftungsrealisation her sind die Binnenstruktur der sich daraus ergebenden (jeweiligen) Kompetenz und die Maßstäbe kompetenzgerechten Handelns der Stiftungsorgane zu entwickeln. Sie resultieren unmittelbar aus der geschilderten konstitutiven Beziehung von Maßstabsbildung und Stiftungsorganisation. In der aktuell-konkreten Bildung eines Spezialmaßstabs verdichtet sich die Stiftungsrealisation zum normativ geschlossenen Konditional(rechts-)satz, der sich jedoch zugleich als Generalmaßstab zum zweckinhaltlich (partiell-) offenen Finalprogramm weitet. Die Kompetenz setzt sich also aus juristischen und außer- bzw. metajuristischen Bestandteilen zusammen. Juristisch beinhaltet die Kompetenz — bezogen auf den „generellen", kompetenzeröffnenden Maßstab — den Vollzug abstrakten Rechts und — bezogen auf die ihrerseits kompetenzeröffnende Wirkung des „speziellen" Maßstabs — die Setzung konkreten Rechts. Insoweit unterliegt die Ausübung der Kompetenz rechtlichen Bindungen und juristischer Kontrollierbarkeit. Außer- bzw. metajuristisch bedeutet die Kompetenz weiter die Verantwortung für die Stiftungsrealisation und zwar — bezogen auf den „generellen", final programmierenden Maßstab — als Aktualisierung und Konkretisierung der Stiftungsidentität sowie — bezogen auf die ihrerseits final programmierende Wirkung des „speziellen" Maßstabs — als „Re-Generalisierung" des Stiftungs„programms", kurz: als Stiftungsentwicklung. „Stiftungsverantwortung" in diesem Sinne bedeutet also nicht notwendig Freiheit von Bindungen oder Kontrolle. Der Bereich eigenverantwortlicher Aufgabenerfüllung wird jedoch wesentlich mitbeeinflußt von dem Funktionszusammenhang, in dem der handelnde Organwalter steht, und kann etwa als grundrechtliche Eigenverantwortung oder als Eigenverantwortung der Verwaltung unterschiedlich zu beurteilen sein. Die deswegen erforderlichen Differenzierungen werden hier zunächst noch zurückgestellt und später im Zusammenhang behandelt14. Was jedoch bereits deutlich hervorgetreten ist, ist die Vielschichtigkeit und -dimensionalität des Kompetenzbegriffs. Wäre die Stiftungsrealisation ein linearer bzw. kausaler Entscheidungsablauf, so ließe sich die jeweils aktuelle Kompetenz auf die einfache Formel rechtlicher Bindung an vorangegangene Entscheidungen und zweckmäßiger Gestaltung des künftigen Ablaufs bringen. Stiftungsrealisation π Vgl. oben B.II.l. (a. E.). i4 Vgl. unten C.

II. Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung

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ist nach dem Gesagten jedoch ein rückgekoppelter Prozeß. Stiftungszweck, -organisation und -vermögen konstituieren sich in der Realisation, so daß auch der „Generalmaßstab" der Stiftung der Entwicklung durch die Aktualisierung und Konkretisierung in „speziellen" Maßstäben zugänglich ist bzw. die Unterscheidung von „generellen" und „speziellen" Maßstäben entsprechend relativiert wird. Der Kompetenzbegriff muß darum — wie oben geschehen — die Einheit von Rechtsbildung (als Rechtsvollzug und Rechtssetzung) und außerrechtlicher Realisation (als Konstitution und Entwicklung der Stiftungsidentität) erfassen, aber zugleich ihre Bestandteile analytisch unterscheidbar halten. Die einzelne Kompetenz fügt sich so ein in ein komplexes Kompetenzgefüge. In der Wahrnehmung der Kompetenzen steuert sich die Stiftung selbst. Diese Selbststeuerung ist — wie sich im Grunde bereits aus dem Gesagten ergibt, aber zur Klarstellung noch einmal betont werden soll — jedoch nicht gleichzusetzen mit „Autonomie" der Stiftung bzw. der Stiftungsorgane. Selbststeuerung der Stiftung ist lediglich die treffendere Umschreibung für den nichtkörperschaftlichen Charakter der Stiftung, deren Steuerung weder durch individualistisch-„autonome" Willensbildung noch durch einen bis ins Detail determinierten Automatismus erfolgt, sondern im konstitutiven Zusammenhang des Stiftungshandelns und insofern „selbst" geleistet wird. Die sich hieraus ergebenden Maßgaben für die Wahrnehmung der jeweiligen Kompetenz lassen sich — soweit sie aus dem Stiftungstypus herzuleiten sind — verdeutlichen, wenn nun in einem letzten Schritt näher auf die Rationalität der Stiftungsrealisation eingegangen wird. 3. Stiftungsrealisation als rationaler, kontrollierter Entscheidungsablauf Denn mit der Beschreibung der Stiftungsrealisation als einem gestuften Verfahren konkretisierender und aktualisierender Maßstabsbildung und der Kompetenzausübung als einem sowohl maßstabs„vollziehenden" als auch maßstab„setzenden" Handeln, läßt sich auch die Rationalität dieses Prozesses weiter aufschlüsseln. Versteht man unter Rationalität Voraussehbarkeit und Nachvollziehbarkeit, so muß ein rationales Verfahren zu Entscheidungen führen, die einerrt Vergleich zugänglich sind 15 . Überträgt man den Begriff des Vergleichs bzw. Vergleichens in eine stärker juristische bzw. an juristische Begriffsbildung anschließbare Terminologie, so ist er gleichbedeutend mit Kontrolle bzw. Kontrollieren. Kontrolle meint dabei allgemein den Vorgang des Vergleichs eines Kontrollobjekts mit einem Kontrollmaßstab 16. In dieser allgemeinen Form setzt Kontrolle zunächst noch nicht Personenverschiedenheit zwischen Kontrolleur und Kontrolliertem 15 Zum Zusammenhang von Rationalität, Vergleich und Kontrolle bes. klar Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 14 ff., 34 ff. 16 Vgl. den Überblick über das Bedeutungsspektrum des Begriffs bei Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 4 ff. m. w. N.

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

voraus, umfaßt also auch die Selbst-Kontrolle. Kontrolle ist demnach — und sei es „nur" als Selbstkontrolle — notwendiger Bestandteil rationaler Verfahren; die Rationalität des Verfahrens ist eine von der Rationalität der Kontrolle abhängige Variable 17. Im Verfahren der Stiftungsrealisation können nun die aufeinanderfolgenden Maßstäbe verglichen werden, die die für die Stiftung handelnden Personen gebildet haben. Es bieten sich vor allem zwei Möglichkeiten an, den Vergleich bzw. die Kontrolle vorzunehmen 18. Gängiger ist die Methode, sich zunächst disziplinär festzulegen und dann entweder nur die juristische Richtigkeit (sogenannte Rechtmäßigkeitskontrolle) — Maßstabsbildung als Vollzug abstrakten und Setzung konkreten Rechts — oder aber auch die außerjuristische Zweckgerechtigkeit (sogenannte Zweckmäßigkeitskontrolle) — Maßstabsbildung auch als Aktualisierung/Konkretisierung und Entwicklung der Stiftungsidentität — zu überprüfen. Oder aber man legt sich zunächst perspektivisch fest und blickt entweder von einem „generellen" auf einen „speziellen" Maßstab — Maßstabsbildung als Vollzug abstrakten Rechts und Aktualisierung / Konkretisierung der Stiftungsidentität — oder von einem „höheren" Standpunkt auf die Wechselbezüglichkeit beider Maßstäbe — Maßstabsbildung auch als Setzung konkreten Rechts und Entwicklung der Stiftungsidentität. Gleichgültig nun, welche der beiden Möglichkeiten gewählt wird, muß man für die Stiftung als Organisationstypus zu demselben Ergebnis gelangen. Dieses Ergebnis läßt sich eindeutig benennen. Es wurde oben hergeleitet, daß der Selektionszwang zugleich die Rationalität der Stiftungsrealisation beinhaltet 19 . Diese durchgehende Rationalität beruht letztlich darauf, daß die Identität der Stiftung fortlaufend im Handeln aller Beteiligten konstituiert wird, ohne daß ein Beteiligter zu Handlungen berechtigt wäre, die nicht auf diese Konstitution, sondern etwa auf private („autonome") Zielsetzungen gerichtet ist. Durchgehende Rationalität bedeutet im hiesigen Zusammenhang aber nichts anderes als Totalität der Kontrolle 20. Die Kontrolle der Maßstabsbildung ist daher — stiftungstypisch — stets Zweckmäßigkeitskontrolle bzw. Kontrolle, die die Wechsel- und Rückwirkungen aller Maßstabsbildungen aufeinander umfaßt. Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick irreal bzw. unpraktikabel. Doch entspricht es — modelltheoretisch — exakt dem gesetzlichen Stiftungstypus. Das wird deutlicher, wenn man sich zunächst folgende Konstellation vor Augen hält:

17 Vgl. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 36 f., 47 ff. is Vgl. zum folgenden die Unterscheidungen oben B.II.2. 19 Vgl. B.I.3. 20 Zum Zusammenhang von Rationalität und Totalität der Kontrolle (sowie dem daraus resultierenden Ineinander-Übergehen von Kontrolle und Entscheidung) vgl. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 36 f.

II. Stiftungsrealisation und Stiftungsentwicklung

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Der gesetzliche Organisationstypus fordert von der Stiftung nur ein notwendiges Organ, den Vorstand (§ 86 i. V. m. § 26 BGB), der auch nur aus einer einzigen Person bestehen kann; dem Stifter stehen, soweit er sie sich nicht vorbehalten hat, keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Stiftung zu; die Ansicht, daß die staatliche Stiftungsaufsicht notwendiges Korrelat der Selbständigkeit der Stiftung ist, ist nicht unbestritten und muß jedenfalls die gesetzliche Ausnahme bestimmter Stiftungsarten von der Aufsicht anerkennen. Selbst in diesem Fall nun, in dem ein einziges Stiftungsorgan mit einem einzigen Organwalter ohne Beaufsichtigung durch Stifter oder Staat die Geschäfte der Stiftung betreibt, kann nicht davon ausgegangen oder behauptet werden, daß die Entscheidungen dieser Person irrational („autonom") bzw. unkontrolliert (beides bezogen auf die Identität der Stiftung) sein dürften. Kontrolle ist hier Selbstkontrolle, büßt aber nichts von ihrer Totalität ein. Ein und dieselbe Person handelt in unterschiedlichen Rollen- bzw. Funktionsbezügen. Das polare Gegenstück dieses Modellfalls ist die doppelte Rollenbesetzung, also die Bildung eines Gegenorgans zu jedem Organ („Entscheidungs-Vorstand" — „Kontroll-Vorstand" usw.)21. Kontrolle ist hier totale Fremdkontrolle. Damit wird nun aber der Blick auf das eigentliche Problem „totaler" Kontrolle gelenkt. Denn die Effizienz letztlich auf „Vertrauen" basierender totaler Selbstkontrolle kann ebenso bezweifelt werden wie die Effizienz totaler Fremdkontrolle, die die Handlungsfähigkeit der Stiftung zum Erliegen bringt. Selbst- und Fremdkontrolle müssen vielmehr in ein sinnvolles Maß wechselseitiger Zuordnung gebracht werden. Auf dieser Erwägung beruhen letztlich die Einwirkungsvorbehalte des Stifters und die Einrichtung der staatlichen Stiftungsaufsicht ebenso wie insbesondere auch die stiftungsinterne Funktionengliederung durch Schaffung zusätzlicher, gesetzlich nicht vorgeschriebener Organe (§ 86 i. V. m. § 30 BGB). Wesentlich dabei ist nur, daß die Totalität der Stiftungskontrolle insgesamt nicht in Frage gestellt wird. Damit wird zugleich deutlich, daß Kontrolle in erster Linie ein Kompetenzproblem, das heißt ein Problem der Zuordnung von Entscheidungs- und Kontrollkompetenzen ist. Die Unabhängigkeit eines Funktionsträgers, oder zutreffender formuliert: das Maß seiner Eigenverantwortlichkeit ist abhängig von der Freiheit von Fremdkontrolle und der ausschließlichen Unterworfenheit unter seine Selbstkontrolle 22 . Diese Frage wurde bereits oben bei der Betrachtung der Kompetenz berührt. Ebenso wie dort läßt sich auch hier nicht aus dem Begriff bzw. Typus der Stiftung beantworten.

Vgl. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 37, sowie — am Beispiel einer parlamentarischen „Gegen-Bürokratie" — anschaulich S. 167 f. Vgl. zum Verhältnis von Vorstand und Aufsichtsrat einer AG, auf das unten D.I.2. zurückzukommen sein wird, auch Rathenau, Vom Aktienwesen, 1918, S. 14: „Es müßte also ein Aufsichtsrat, wollte er seiner gesetzlichen Pflicht genügen, sich teilen ... und seine Mitglieder einzeln jedem Direktor den Tag lang gegenübersetzen. Dann aber wäre der Aufsichtsrat zum Vorstand geworden, und ... so müßte eine neue Behörde geschaffen werden, um nach Gesetzes Willen die aufgelöste Kontrollinstanz von neuem zu kontrollieren". 22 Vgl. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, 1984, S. 47 f.

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B. System des Stiftungsrechtsverhältnisses

4. Zusammenfassung: Stiftungsrealisation als Stiftungsentwicklung Die Identität der Stiftung wird in ihrer Verwirklichung (Stiftungsrealisation) fortlaufend konstituiert. Die Stiftungsrealisation ist dabei gekennzeichnet durch die Finalität ihrer Programmierung, die durchgehende Rationalität ihres Ablaufs und den konstitutiven Zusammenhang von Maßstabsbildung und Kompetenz. Indem die Kompetenzen Spielräume eigenverantwortlichen Handelns eröffnen, öffnen sie zugleich die Stiftungsrealisation zur Stiftungsentwicklung. Die konkrete Steuerung der Stiftungsentwicklung ist damit eine Frage kompetenzieller Eigenverantwortung. Sie läßt sich nicht mehr aus dem Organisationstypus der Stiftung beantworten, sondern — was das hier vorrangig interessierende Verhältnis von öffentlichrechtlichem Stifter und privatrechtlicher Stiftung betrifft — aus der verfassungsrechtlichen Strukturierung dieser Beziehung.

C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung Im folgenden wird darum der Frage nachgegangen, in welcher Weise und mit welchen Maßgaben das Verfassungsrecht auf das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin und der „Stiftung Warentest" als privatrechtlicher Stiftung einwirkt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage des Grundrechtsschutzes der Stiftung (dazu II.). Vorangeschickt wird eine Übersicht über den grundrechtlichen Schutz und die (verfassungs-)rechtliche Strukturierung der Eigenverantwortung, soweit sie für den hiesigen Zusammenhang von Bedeutung ist (dazu I.). Einen zusammenfassenden und verdeutlichenden Abschluß des verfassungsrechtlichen Teils und zugleich die Überleitung zur Anwendung der theoretischen Grundlagen auf die hier untersuchte Problemstellung stellt schließlich die Zusammenstellung der Funktionsbezüge und Schutzdimensionen dar, in die die Tätigkeit der „Stiftung Warentest" „eingebettet" ist (dazu III.).

I. Eigenverantwortung unter dem Grundgesetz Begriff und Grundrechtsschutz eigenverantwortlichen menschlichen Handelns lassen sich nach dem gegenwärtigen Stand der Dogmatik nicht mehr auf eine einzige bzw. hauptsächliche Wirkungs- und Gewährleistungsdimension, etwa im Sinne der rechtsstaatlich-liberalen Tradition, reduzieren. Andererseits liegt keine allgemein akzeptierte Theorie vor, die die Vielzahl der insbesondere von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfalteten Dimensionen systematisch vereinigen würde 1 . Die folgende Darstellung faßt deshalb die wesentlichen Bedeutungsgehalte des grundrechtlichen Schutzes eigenverantwortlichen Handelns vor allem nach Kriterien zusammen, die die hier vornehmlich interessierenden Gesichtspunkte deutlich machen.

1. Eigenverantwortung und „natürliche" Freiheit Eine erste und gleichsam „klassische" Bedeutungsschicht geht von der Vorstellung einer „ natürlichen " Freiheit aus; Freiheit wird danach durch den Staat nicht konstituiert, sondern liegt ihm, rechtlich gesehen, voraus 2. Grundrechte, die dem 1

Vgl. Böckenförde, Grundrechtstheorie und Grundrechtsinterpretation, NJW 1976, 1529 ff. mit einer auch heute noch gültigen Theorienübersicht. 2 Vgl. bes. G. Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 2. Aufl. 1919, S. 94 ff.; C. Schmitt, Verfassungslehre, 6. unv. Aufl. 1983 (1. Aufl. 1928), S. 126 f., 3 Scholz/Langer

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C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung

Schutz dieser Freiheit dienen, verkörpern deshalb gewissermaßen das Grundprinzip der — insoweit strikt individualistisch konzipierten — menschlichen Eigenverantwortung. Durch die Interpretation des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 21GG) als allgemeine Handlungsfreiheit 3 hat dieses Prinzip unter dem Grundgesetz eine alle denkbaren Handlungszusammenhänge erfassende thematische Wirkungsbreite erhalten. Grundrechtliche Eigenverantwortung in diesem Sinne ist mit Begriffen wie „Beliebigkeit" oder „Willkür" des Verhaltens 4 nur unzureichend umschrieben. Sie bedeutet vielmehr (selbst-kontrolliertes, das heißt an sinnhaften, wenn auch selbstgesetzten Maßstäben orientiertes Handeln. Erst hierdurch läßt sich menschliches „Handeln" vom bloßen „Verhalten" unterscheiden und findet das Prinzip grundrechtlicher Eigenverantwortung seine Grundlage in der von der Verfassung vorausgesetzten Würde des Menschen (Art. 1 I Satz 1 GG). Die Bedeutung der (Selbst-)Kontrolle (des „Vergleichens") ist nur vordergründig dadurch verdeckt, daß der einzelne über die Verbindlichkeit und „Zweckmäßigkeit" seiner Kontrollmaßstäbe ebenso eigenständig befindet wie über die seiner Entscheidungsmaßstäbe, Entscheidungs- und Kontrollkompetenz also in einer Hand vereinigt sind. Die Funktion der Freiheitsrechte liegt insoweit in der Abwehr staatlicher Eingriffe in die (vorstaatliche) Sphäre der Eigenverantwortung des einzelnen5, die (korrespondierende) Funktion des Gesetzes bzw. allgemeiner des Rechts ist die Sozialschrankenziehung 6, sowohl im Verhältnis der einzelnen zueinander, als auch im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Staat (rechtsstaatliches Verteilungsprinzip). Gegen unverhältnismäßige Rechtssetzung und unrichtige Rechtsanwendung steht dem betroffenen einzelnen ein subjektiver Abwehranspruch zu 7 . 2. Eigenverantwortung und sozialstaatlich konstituierte Freiheitsräume Eine zweite Bedeutungsschicht setzt an der — in der Terminologie E. Forsthoffs 8 — beständigen Verminderung des „beherrschten Lebensraums" bei gleichzeitiger Ausweitung des „effektiven Lebensraums" des einzelnen an. Denn eigenverantwortliches Handeln ist zunehmend auf staatliche Leistungen und auf einfachgesetzlich konstituierte Rechtspositionen angewiesen, die die Freiheitsausübung („reale Freiheit") ermöglichen und absichern, unterstützen und fördern, 158 f., 163 ff.; zu den diesbzgl. Konzeptionen vgl. näher Lübbe-Wolff \ Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988, S. 87 ff. m. w. N. 3 Vgl. grdl. BVerfGE 6, 32, 36 ff. — Elfes —. 4 Vgl. Stern, Staatsrecht III / 1, 1988, S. 628 m. zahlr. Nachw. 5 Vgl. übersichtlich Schlink, Freiheit durch Eingriffsabwehr — Rekonstruktion der klassischen Grundrechtsfunktion, EuGRZ 1984, 457 ff. m. w. N. 6 Vgl. (bes. zu Laband) Böckenförde, Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 2. Aufl. 1981, S. 233 ff. 7 Vgl. Stern, Staatsrecht III / 1, 1988, § 65 IV m. zahlr. Nachw. 8 Verfassungsprobleme des Sozialstaats, in: Forsthoff (Hrsg.), Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit, 1968, S. 145 ff.

I. Eigenverantwortung unter dem Grundgesetz

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strukturieren und effektuieren . Seine verfassungssystematische „Überhöhung" hat diese Entwicklung in der Positivierung des sozialen Staatsziels (Art. 20 I, 28 I Satz 1 GG) gefunden, das einen eigenständigen und deshalb inhaltlich offenen Politikauftrag des Staates begründet 10; es wird zum materialen Prinzip durch die Rückbindung aller staatlichen Politik an die Würde des Menschen (Art. 11 Satz 2 GG) und damit an das Prinzip menschlicher Eigenverantwortung. Eigenverantwortung ist hier individualistisch konzipiert bzw. individualrechtlich geschützt allerdings nur noch in ihrer Zuordnung, während die Maßstäbe ihrer Orientierung nicht mehr selbst gesetzt, sondern im Systemzusammenhang politischer (insbesondere legislativer, Regierungs-, Verwaltungs-) Verantwortung konstituiert werden. Entsprechend gewähren die vor allem von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalte — von den Fällen einer evidenten staatlichen Handlungspflicht abgesehen — subjektive Rechte nicht verfassungsunmittelbar, sondern prinzipiell und primär nur nach Maßgabe des einfachen Rechts 11. Ausgehend von einer Deutung der Grundrechte als „objektiver Wertordnung" bzw. „objektiver Prinzipien", deren Funktion in einer „prinzipiellen Verstärkung der Geltungskraft der Grundrechte" bestehe, hat das Bundesverfassungsgericht dabei verschiedene Wirkungsrichtungen der objektiv-rechtlichen Grundrechtsdimension entfaltet 12: Die Grundrechte haben danach eine Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Rechtsordnung und geben durch ihre Wertorientierung den staatlichen Funktionen Richtlinien und Impulse; sie vermitteln die (derivative) Teilhabe an staatlichen Leistungen und den Zugang zu staatlich geschaffenen Einrichtungen; sie begründen schließlich die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor die grundrechtlich geschützten Güter zu stellen und diese vor rechtswidrigen Eingriffen von seiten anderer zu bewahren. Aber auch dem Gesetz bzw. dem rechtsförmigen staatlichen Handeln kommt insoweit eine entsprechend gewandelte, nämlich nicht mehr „schrankenziehende", sondern vermittelnde (mediatisierende) und grundrechtseffektuierende Funktion zu. Einfachrechtliche Regelungskomplexe werden durch diese grundrechtliche „Unterfütterung" einer künftigen politischen Umgestaltung zwar nicht entzogen, diese aber an die freiheitsermöglichende und -sichernde Bedeutung des bestehenden Rechtszustands rückgebunden 13

9 Vgl. bes. Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, in: VVDStRL 30 (1972), 43 ff. 10 Vgl. Zacher, Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen?, in: FS Η. P. Ipsen, 1977, S. 207 ff. h Vgl. die Meinungsübersicht bei Stern, Staatsrecht HI/1, 1988, §69 VI m. umf. Nachw. 12 Vgl. bes. Jarass, Grundrechte als Wertentscheidungen bzw. objektivrechtliche Prinzipien in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: AöR 110 (1985), 363 ff. sowie die Darstellung bei Stern, Staatsrecht m / 1 , 1988, §§67 II, 69 Π,III,IV m. umf. Nachw. der kaum mehr überschaubaren Rspr. und Lit. 13 Vgl. dazu Lübbe-Wolff,; Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988, S. 103 ff. 3*

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C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung

3. Eigenverantwortung und organisierte Freiheitsausübung Noch einen Schritt weiter geht schließlich — drittens — der grundrechtliche Schutz des Organisationszusammenhangs der Freiheitsausübung. Er findet sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum einen darin, daß das Gericht Einwirkungen auch der (materiellen) Freiheitsrechte, also nicht nur der Verfahrens- und Prozeßgrundrechte im engeren Sinne, auf die Gestaltung von Organisation und Verfahren annimmt 14 ; diese eine Seite des Grundrechtsschutzes durch Organisation und Verfahren verstärkt die bereits geschilderten objektivrechtlichen Grundrechtsgehalte, aber auch die Abwehrfunktion der Grundrechte, indem sie deren „Verfahrens-" bzw. „Organisationsabhängigkeit" und ,,-prägung" 15 mit berücksichtigt. Ein zweiter und hier vornehmlich interessierender Aspekt des Schutzes organisierter Freiheitsausübung betrifft den Schutz der Organisation als solcher, der durch die Vereinigungs- (und Koalitions-) Freiheit des Art. 9 GG und die Grundrechtsfähigkeit der „juristischen Person" (Art. 19 III GG) gewährleistet ist. Das Verhältnis beider Vorschriften zueinander ist nach wie vor umstritten. Auf die sich dabei gegenüberstehenden grundsätzlichen Positionen soll näher eingegangen werden, weil ihre Argumentation für den nachfolgend behandelten Grundrechtsschutz der Stiftung von unmittelbarer Bedeutung ist. Die h. M. entnimmt Art. 9 GG ein Doppelgrundrecht im Sinne einer sowohl individualen als auch kollektiven Grundrechtsberechtigung 16. Art. 9 GG gewährleistet danach den einzelnen das Recht, sich in Vereinigungen zusammenzuschließen und in diesen tätig zu sein; darüber hinaus soll aber auch der Vereinigung als solcher eigener Grundrechtsschutz aus Art. 9 GG, gerichtet auf freien Bestand und freie Betätigung, zukommen. Diese extensive Interpretation des Art. 9 GG müßte gerade für den Grundrechtsschutz von Stiftungen zu Konsequenzen in der Auslegung des Art. 19 I I I GG führen. Denn Stiftungen kommen nicht durch verbandsmäßigen Zusammenschluß zustande und sind keine Vereinigungen im Sinne des Art. 9 GG 1 7 . Ihr Schutz kann sich daher alleine aus Art. 19 I I I GG ergeben. Sollen dem Verfassungstext keine unnötigen, unsystematischen Wiederholungen unterstellt werden, so müßte sich der Schutz des Art. 19 I I I GG gerade auf nichtkörperschaftliche bzw. nicht verbandsmäßige Organisationsformen wie insbesondere die Stiftung beziehen. Mit dieser Auslegung erhielte Art. 19 III GG 14 Grdl. und zugleich den damaligen Bestand an verfassungsgerichtlicher Rspr. referierend das Sondervotum zu BVerfGE 53,30, bes. 71 ff. (—Mülheim-Kärlich—); Nachweis der folgenden, kaum mehr überschaubaren Rspr. bei Stern, Staatsrecht III / 1, 1988, § 69 V 6. 15 Vgl. Ossenbühl, Grundrechtsschutz durch und im Verfahrensrecht, in: FS Eichenberger, 1982, 183 ff. 16 Vgl. — referierend — Scholz, in: Maunz / Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 9 Rdnrn. 22 ff., 43 ff., 239 ff. m. zahlr. Nachw. 17 Vgl. Scholz, in: Maunz / Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 9 Rdnr. 62.

I. Eigenverantwortung unter dem Grundgesetz

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in der Tat einen den Wirkungsbereich des Art. 9 GG komplementär ergänzenden Sinn. Diese Konsequenz wird allerdings nicht stets klar gezogen18. Überwiegend — und durchaus zurecht — wird jedoch auch bei Art. 19 III GG nach dem „personalen Substrat" der Organisation gefragt 19, so daß sich der Schutz der verbandsmäßigen Vereinigungen, bei denen der personale Bezug leicht nachzuweisen ist, nach Art. 9 und 19 I I I GG im Ergebnis verdoppelt, während der der nichtkörperschaftlichen Organisationen weiterhin zweifelhaft bleibt bzw. vom Boden der h. M. aus kaum plausibel begründbar ist. Die Frage ist dann allerdings, welche — insbesondere verfassungssystematische — Rechtfertigung die aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht ohne weiteres ableitbare Lehre vom Doppelgrundrecht des Art. 9 GG haben soll. Die — hier vertretene — Gegenauffassung sieht in Art. 9 GG alleine ein Individualrecht und die korrespondierende — einzige — Gewährleistung der Organisation als solcher in Art. 19 III GG20. Art. 9 GG gibt danach das subjektive Recht auf Bildung von Vereinigungen; Art. 19 I I I GG gibt den Vereinigungen selbst subjektive Rechte. Art. 9 und Art. 19 I I I GG verbinden sich damit zu einem Wirkungszusammenhang, der beide Rechte als Bestandteile eines gemeinsamen Gewährleistungssystems erscheinen läßt. Art. 19 I I I GG erfüllt dabei eine hauptsächlich dienende, den Schutz des Art. 9 GG „verlängernde" Funktion 21 . Eine solche Konzeption hat jedoch nicht nur systematische Vorzüge, sondern trägt vor allem auch dem grundrechtlichen Prinzip der Eigenverantwortung Rechnung. Denn Träger grundrechtlicher Eigenverantwortung kann nur das — menschenwürdebegabte und daher verantwortungsfähige — Individuum sein 22 . Nur der Schutz dieser grundrechtlichen Eigenverantwortung, die sich hier in einem organisierten Zusammenhang verwirklicht, kann daher Gegenstand sowohl des Art. 9 als auch des Art. 19 I I I GG sein. Art. 9 und Art. 19 I I I GG treffen sich damit in ihrem Garantieobjekt, auch wenn Garantiesubjekt einmal die natürliche, das andere Mal die juristische Person ist 23 . Man kann dies terminologisch so fassen, daß Grundrechtsirager in beiden Fällen (nur) das eigenverantwortliche Individuum ist, das im Falle des Art. 9 GG zugleich Grundrechtssubjekt ist, während im Falle des Art. 19 I I I GG Grundrechtssubjekt die juristische Person 18

So dezidiert insb. v. Mutius, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Zweitbearbeitung, 1974), Rdnrn. 23 ff., speziell zur Stiftung auch Rdnrn. 63 ff.; vgl. ferner densZur Grundrechtssubjektivität privatrechtlicher Stiftungen, in: VerwArch. 65 (1974), 87 ff. Im Anschluß an v. Mutius etwa auch Hendrichs, in: v. Münch (Hrsg.), Grundgesetzkommentar, Bd. 1, 3. Aufl. 1985, Art. 19 Rdnr. 36; Pieroth/ Schlink, Grundrechte. Staatsrecht II, 5. Aufl. 1989, Rdnrn. 183 f. 19 Vgl. näher unten C.II.l. und 2. 20 Vgl. bes. Scholz, Die Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 135 ff.; ders., in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 9 Rdnrn. 21 ff., bes. 25. 2 1 Vgl. Scholz, Die Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 140 f. 22 Vgl. hierzu im vorliegenden Zusammenhang Scholz, Die Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 69 ff., bes. 75 f. 2 3 Vgl. Scholz, Die Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 140.

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C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung

ist und Grundrechtsträgerschaft und -Subjektivität somit nicht übereinstimmen 24. Aber auch wenn man diese Terminologie ablehnt, so bedeutet die Frage nach dem „personalen Substrat " „hinter" der juristischen Person als Grundrechtssubjekt, die die h. M. zu Art. 19 I I I GG stellt, letztlich und inhaltlich nichts anderes als die Frage nach der Grundrechtsträgerschaft. Der Grundrechtsschutz organisierter Freiheitsausübung dient also, wie der Schutz „natürlicher Freiheit" und der Schutz konstituierter Rechtspositionen, dem Schutz menschlicher (personaler) Eigenverantwortung. Seine Besonderheit und Funktion liegt darin, den dem einzelnen zugeordneten Schutz der individualen Bezüge seines Handelns um den Schutz der spezifisch kollektiven bzw. organisationsmäßigen Bezüge zu ergänzen. Die (korrespondierende) Funktion des Rechts liegt darin, durch die „juristische Person" einen Bezugs- und Zurechnungspunkt dieses spezifischen Organisationsschutzes einzurichten und bereitzustellen.

I I . Grundrechtsschutz der Stiftung Die damit noch nicht beantwortete, vielmehr in besonderer Schärfe aufgeworfene Frage bleibt allerdings, wie sich die Grundrechtsfähigkeit der Stiftung gerade auf der Basis eines betont personalen Grundrechts Verständnisses begründen läßt. Denn auch mit Hilfe der vom Bundesverfassungsgericht konkretisierten Kriterien des „personalen Durchgriffs" (dazu 1.) läßt sich das — begriffliche — Dilemma von Personalität des Grundrechtsschutzes und — von der h. M. vorausgesetzter — Apersonalität des Stiftungstypus nicht überwinden (dazu 2.). Ein stimmiges und differenziertes Bild ergibt sich jedoch auf der Grundlage der hier entwickelten Konzeption des Stiftungsrechtsverhältnisses (dazu 3.).

1. Grundrechtssubjektivität und „personaler Durchgriff 6 Das Bundesverfassungsgericht geht — insbesondere in seiner frühen Rechtsprechung — davon aus, daß die Grundrechte prinzipiell auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar sind, dies jedoch nicht, zumindest nicht ohne weiteres, auf juristische Personen des öffentlichen Rechts übertragbar ist 1 . Das Bundesverfassungsgericht gewinnt damit einen formalen Ausgangspunkt, der von der Erwägung geleitet ist, daß Organisations-, Form- und Verfahrensfragen den sachinhaltlichen Zielen nachgelagert und auf diese abgestimmt sind. Diese Korrespondenz ist nach dem herrschenden Verfassungsverständnis jedoch nicht geboten, insbesondere die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in (Verwaltungs-)Privatrechtsform 2 24 Vgl. Scholz, Die Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 75 f., 139 f. ι Vgl. grdl. BVerfGE 21, 362, 368 f. — Sozialversicherungsträger —; ferner insb. BVerfGE 39, 302, 312; 53, 366, 386; 68, 193, 206; 75, 192, 196.

. Grundrechtsschutz der Stiftung

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ebenso zulässig wie die öffentlichrechtliche „Umhegung" gesellschaftlich-privater Aufgabenerfüllung 3. Das Bundesverfassungsgericht hat denn auch klargestellt, daß die Frage der Anwendbarkeit der Grundrechte auf juristische Personen nicht eine Frage der Rechtsform als solcher ist, der darum allenfalls indizielle Bedeutung zukommt. Maßgeblich sei vielmehr die Funktion, in der die juristische Person konkret-aktuell betroffen ist. Bestehe diese Funktion „in der Wahrnehmung gesetzlich" bzw. — wie zu ergänzen ist, allgemein: — rechtlich „zugewiesener und geregelter Aufgaben", so sei die juristische Person zumindest insoweit nicht grundrechtsfähig 4. Anders sei dies zu beurteilen — was das Bundesverfassungsgericht insbesondere für die bekannte „Ausnahmetrias" der öffentlich-rechtlich verfaßten Kirchen, Universitäten und Rundfunkanstalten angenommen hat —, wenn die juristische Person „unmittelbar einem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen" sei5. Denn — so faßt das Bundesverfassungsgericht das seine differenzierende Betrachtungsweise leitende Prinzip zusammen — „das Wertsystem der Grundrechte geht von der Würde und Freiheit des einzelnen Menschen als natürlicher Person aus . . . Von dieser zentralen Vorstellung her ist auch Art. 19 I I I GG auszulegen und anzuwenden. Sie rechtfertigt eine Einbeziehung der juristischen Personen in den Schutzbereich der Grundrechte nur, wenn ihre Bildung und Betätigung Ausdruck der freien Entfaltung der natürlichen Personen sind, besonders wenn der Durchgriff auf die hinter den juristischen Personen stehenden Menschen dies als sinnvoll oder erforderlich erscheinen läßt" 6 . Das Bundesverfassungsgericht bindet auf diese Weise — zum einen — die Frage der Grundrechtssubjektivität der juristischen Person letztlich und ganz im hier vertretenen Sinne an das in der Würde des Menschen (Art. 1 I Satz 1 GG) verankerte Prinzip grundrechtlicher Eigenverantwortung zurück, auf das sich alle Wahrnehmung politischer Verantwortung bezieht (Art. 1 I Satz 2 GG) 7 . Die juristischen Personen bilden dabei keine dazwischenliegende „dritte" Verantwortungsebene, sondern sie sind entweder Ausdruck organisierter grundrechtli2 Vgl. hierzu umfassend (und kritisch) Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, bes. S. 64 ff. m. w. N. 3 Vgl. unter den Aspekten des Grundrechtsschutzes zusammenfassend etwa Seidl, Grundrechtsschutz juristischer Personen des öffentlichen Rechts in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: FS Zeidler, 1987, Bd. 2, S. 1459 ff.; Broß y Zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts, in: VerwArch. 77 (1986), 65 ff., jeweils m. w. N. 4 Vgl. bes. BVerfGE 68, 193, 207 f. — Innungen —; 75, 192, 197 — öffentlichrechtliche Sparkassen —. 5 Vgl. grdl. BVerfGE 15, 256,262 — Universitäten und Fakultäten —; 18, 385,386 f. — Kirchen —; 31, 314, 322 — Rundfunkanstalten —; zsfd. zuletzt BVerfGE 75, 192, 196 f. 6 BVerfGE 21, 362, 369. 7 Zur Grundrechtskonzeption des BVerfG im Zusammenhang des Art. 19 III GG vgl. auch Bethge, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen — Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts — , in: AöR 104 (1979), 54 ff., 68 ff.

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C. Verfassungsstrukturen der Stiftungsverantwortung

cher Freiheitsausübung oder aber Ausdruck hoheitlicher Organisationsgewalt bei und im Rahmen der staatlichen Aufgabenwahrnehmung. Zum anderen ergibt sich aus den Kriterien der „Durchgriffstheorie" die Möglichkeit und Notwendigkeit, nicht pauschal von „der" Grundrechtssubjektivität der juristischen Person zu sprechen, sondern zwischen den einzelnen Funktionsbezügen bzw. Handlungszusammenhängen zu differenzieren*. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrechtsschutz und zur Grundrechtsfähigkeit politischer Parteien 9. Die Parteien sind frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen, die an der „Vorformung der politischen Willensbildung des Volkes" mitwirken; insoweit — praktisch geworden etwa bei der steuerlichen Begünstigung von Parteispenden — sind die Parteien grundrechtsfähig und verfassungsbeschwerdebefugt. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht die Parteien dort, wo es um ihre „organschaftliche Teilhabe am Verfassungsleben" — wie etwa in Fragen der Gestaltung des Wahl Verfahrens — geht, auf den Organstreit des Art. 93 I Nr. 1 GG verwiesen und damit implizit die Grundrechtssubjektivität der Parteien insoweit verneint. Instruktiv ist schließlich das Beispiel der Vergabe von Sendezeiten an Parteien durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die Parteien sind hier — so das Bundesverfassungsgericht 10 — in ihren grundrechtlichen Status betroffen bzw. insoweit grundrechtsberechtigt, auch wenn die Sendezeiten für Wahlkampfzwecke eingeräumt werden; dagegen sind die Rundfunkanstalten, ansonsten der Prototyp zwar öffentlich-rechtlich verfaßter, aber „grundrechtsumhegter Selbstverwaltung"11 ihrerseits hoheitlich-funktional gebunden, also nicht grundrechtsberechtigt, sondern aus den Grundrechten der Parteien, insbesondere dem Gleichheitssatz (Art. 3 I GG), verpflichtet. Ein dritter Aspekt schließlich eröffnet sich, wenn man eine vom Bundesverfassungsgericht vor allem in seiner neueren Rechtsprechung ergänzend herangezogene Argumentationsfigur hinzunimmt. Die juristischen Personen müßten — so das Gericht — als Voraussetzung eigener Grundrechtssubjektivität „dem Staat wie der einzelne Grundrechtsträger in der gleichen grundrechtstypischen Gefährdungslage gegenüberstehen" 12. Die „grundrechtstypische Gefährdungslage" bzw. (positiv gewendet) das grundrechtliche Schutzgut menschlicher Eigenverantwortung ist jedoch — wie gezeigt13 — nach dem Stand der heutigen Grundrechtsdogmatik nicht ein-, sondern mehrdimensional — insbesondere als subjektivrechtli8 Vgl. hierzu auch Achterberg, Die Bedeutung des Rechtsverhältnisses für die Grundrechtssubjektivität von Organisationen, in: Gedächtnisschrift F. Klein, 1977, S. 1 ff.; sowie mit Bezug auf die Rspr. des BVerfG zu juristischen Personen des öffentlichen Rechts Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 49 f. 9 Vgl. hierzu m. zahlr. Nachw. Bethge, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen — Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts —, in: AöR 104 (1979), 54 ff., 78 ff. 10 Vgl. BVerfGE 7, 99, 107 f. 11 Bethge, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen — Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts —, in: AöR 104 (1979), 54 ff., 265 ff., 280. 12 Vgl. grdl. BVerfGE 45, 63, 79; ferner bes. BVerfGE 61, 82, 105 — Sasbach — 13 Oben C.I.

II. Grundrechtsschutz der Stiftung

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ches Abwehrrecht und als Element objektiver Ordnung, weiter differenzierbar etwa in Leistungs-, Teilhabe-, Schutz- und Verfahrensgehalte — verfaßt. Der „Durchgriff 4 auf das „personale Substrat" und dessen „grundrechtstypische Gefährdungslage" muß darum nicht nur Rücksicht auf die „Zuordnung zu einem unmittelbar durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich" schlechthin, sondern auch auf die konkret-aktuell betroffene Grundrechtsdimension bzw. -funktion nehmen. Hieraus können sich wiederum Beschränkungen oder Erweiterungen in Schutzumfang oder -intensität ergeben. So geht es etwa in dem obigen Beispiel der Vergabe von Sendezeiten für Wahlkampfzwecke um objektivrechtliche Grundrechtsgehalte in Gestalt von (derivativen, einfachrechtlich und institutionell vermittelten) Teilhaberechten. Daraus folgt zugleich, daß einzelne Sendezeiten nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern „mit den übrigen den Parteien im Rahmen des Deutschen Fernsehens eröffneten Möglichkeiten zur Wahlwerbung zusammen gesehen und gewertet werden" 14 müssen.

2. „Personaler Durchgriff" und „Apersonalität" der Stiftung Die „Durchgriffstheorie" des Bundesverfassungsgerichts bietet somit ein differenziertes und flexibles Bild, das der Differenziertheit und Flexibilität der als juristische Personen rechtlich verfaßten sozialen Organisationszusammenhänge entspricht. Sie findet zudem im Primat der personalen menschlichen Eigenverantwortung (Art. 1 I GG) seine verfassungsrechtliche wie auch -systematische Grundlage. In der Anwendung auf die privatrechtliche Stiftung scheint die „Durchgriffstheorie" jedoch — folgt man der herrschenden Konzeption des Stiftungstypus — zu erheblichen Schwierigkeiten zu führen, die sich nur mit „einigein) Zugeständnisse(n) auf Kosten der Verfassungsdogmatik und -systematik" 15 überwinden lassen. a) Rechtsprechung zur Grundrechtsfähigkeit der Stiftung Grund hierfür ist die „Apersonalität", das „Fehlen eines unmittelbaren personalen Substrats" der Stiftung, die sich hierdurch wie geschildert 16 und kraft Definition von den körperschaftlich strukturierten Organisationsformen abhebt. Wenn das Bundesverfassungsgericht daher die Grundrechtssubjektivität einer rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts bejahte, so dürfte — wie mit einiger Berechtigung angemerkt wird —, „die sehr beiläufige Bezugnahme auf den Stiftungszweck 14 BVerfGE 13, 204, 206. 15 Dürig, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Bearb. 1959) Rdnr. 6; weniger skeptisch und auf den „Durchgriff ' auf Stifter und Destinatare abstellend jedoch ders a. a. O. (Bearb. 1977) Rdnr. 6. Vgl. hierzu noch unten C.II.2.b) aa) und bb). 16 Oben B.I.l. und 2.

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kaum darauf angelegt sein . . . , die angeblich erforderliche Personalität des Substrats im Sinne der Durchgriffslehre rudimentär aufrechtzuerhalten" 17. In der Tat ist die bislang einzige bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung, die unmittelbar die Grundrechtssubjektivität der Stiftung betrifft 18 , insoweit an lapidarer Kürze nicht zu übertreffen. Die einschlägige Passage lautet: „Als juristische Person kann die Stiftung Träger von Grundrechten sein (Art. 19 III GG). Der Stiftungszweck verlangt, daß sie sich in der organisatorischen Form eines Krankenhauses der Krankenversorgung widmet. In dieser ihrer Tätigkeit ist sie frei, soweit nicht verfassungskonforme Gesetze diese Freiheit einschränken; sie kann also bei ihrer Tätigkeit in einer mit den Freiheitsgarantien des Grundgesetzes unvereinbaren Weise behindert werden". Ähnlich lapidar formuliert das Bundesverwaltungsgericht in seiner insoweit grundlegenden, als „magna Charta des Stiftungsrechts" 19 apostrophierten Entscheidung20: „Gerade eine Stiftung, die als ständige Einrichtung bei der Gestaltung von Gegenwart und Zukunft mitwirken soll, bedarf für die Betätigung im Rahmen dieser ihr vom Stifter gesetzten Aufgabe des Schutzes der Grundrechte gegen unberechtigte Eingriffe des Staates". In seiner zweiten Grundsatzentscheidung zu Verfassungsfragen des Stiftungsrechts mußte das Bundesverwaltungsgericht die Frage der Grundrechtssubjektivi17 Bethge, Grundrechtsträgerschaft juristischer Personen — Zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts —, in: AöR 104 (1979), 54 ff., 70 f. ι» BVerfGE 46, 73 ff. (Zitat: S. 83) — Stiftung Wilhelm-Anton-Hospital —. Zuvor lediglich zur Abgrenzung zwischen privat- und öffentlich-rechtlicher Stiftung (in concreto letzteres) BVerfGE 15, 46 ff. — von Rohdich'scher Legatenfonds —. Zu Verfassungsfragen im Zusammenhang mit der Errichtung öffentlich-rechtlicher Stiftungen vgl. weiter BVerfGE 10, 20 ff. — Stiftung Preußischer Kulturbesitz — (siehe dazu auch Hofmann, Die Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" in Berlin, in: Die Verwaltung 21 [1988], 63 ff.). Hinzuweisen ist weiter insb. auf zwei obiter dicta : Zum einen die auch im stiftungsrechtlichen Schrifttum zuweilen herangezogene Stelle aus BVerfGE 3, 383, 391 — WahlvorSchläge politischer Parteien —: „Art. 19 Abs. 3 GG soll vielmehr klarstellen, daß nicht nur — wie es dem Ursprung der Grundrechte an sich entspräche — natürliche Personen grundrechtsfähig sind, sondern sogar juristische Personen, obwohl sie nicht notwendig Vereinigungen von natürlichen Personen sind". Dieser Satz bezieht sich in dem Zusammenhang, in dem er steht, jedoch nur auf die prinzipielle Möglichkeit der Grundrechtssubjektivität auch nichtrechtsfähiger „Personengruppen" (in concreto: nichtrechtsfähiger Landesverband einer politischen Partei) und ist für die Frage der Grundrechssubjektivität von Stiftungen deshalb wenig aussagekräftig. Zum anderen wurde eine — in ihrem konkreten Bezug unklare — Möglichkeit der Grundrechtssubjektivität öffentlich-rechtlicher Stiftungen angedeutet in BVerfGE 61, 82, 102 f. — Sasbach —: „Ob dies" (d. h. die Möglichkeit einer Ausnahme von der ansonsten prinzipiell abgelehnten Grundrechtsfähigkeit) „auch noch auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, etwa auf bestimmte Arten von Stiftungen zutrifft, bedarf hier nicht der Entscheidung"; vgl. hierzu und zu einem denkbaren Beispielsfall (im Ergebnis allerdings unentschieden) Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 58 ff. 19 Seifart/Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 11 Rdnr. 58. 20 BVerwGE 40, 347 ff. (Zitat: S. 348) — Landerziehungsheim Neubeuern —.

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tät der Stiftung erst gar nicht aufwerfen, weil selbst die unterstellte Anwendbarkeit des materiellen Freiheitsrechts (dort: Art. 5 III GG) nichts am Ergebnis der Klageabweisung geändert hätte 21 . Hinzuweisen ist schließlich auf die Rechtsprechung der Zivilgerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofs, zur Zulässigkeit und zu den rechtlichen Anforderungen an vergleichende Warentests 22. Sie bezieht sich zu einem großen Teil auf Untersuchungsvorhaben und Veröffentlichungen gerade der „Stiftung Warentest" 23 . Die danach vorzunehmende, aus den objektiv-rechtlichen Grundrechtsgehalten („Ausstrahlungswirkung" auf die Auslegung bürgerlichrechtlicher Vorschriften) hergeleitete Güter- und Pflichtenabwägung zwischen dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 141 GG) und der Meinungsund Pressefreiheit (Art. 5 I GG) setzt die prinzipielle Grundrechtsfähigkeit der „Stiftung Warentest" stillschweigend voraus, ohne sie allerdings zu problematisieren oder näher zu begründen 24. Die Rechtsprechung, so läßt sich zusammenfassen, bejaht damit durchweg die Grundrechtsfähigkeit der privatrechtlichen Stiftung, ohne aber den von ihr gleichzeitig und prinzipiell geforderten personalen Bezug deutlich machen zu können. Die genannten Entscheidungen müssen eher als Ausnahme von der „Durchgriffstheorie" angesehen werden, die — wenn man deren Begründung aus dem Prinzip der alleine verantwortungsfähigen bzw. menschenwürdebegabten „natürlichen Person" ernst nimmt — nicht plausibel zu begründen ist. Vom Standpunkt der gegenteiligen Auffassung, die — wie bereits oben 25 zum Verhältnis der Art. 9 und 19 I I I GG ausgeführt — den Anwendungsbereich des Art. 19 I I I GG gerade für die juristischen Personen ohne „personales Substrat" eröffnet sieht, stellt die Rechtsprechung dagegen eher eine Bestätigung ihres Ansatzes dar. Die Stiftung — so wird dort ausgeführt—befindet sich „im Verhältnis zum grundrechtsgefähr21 BVerwGE 74, 58 ff. (bes. 62, 67) — Stiftung Volkswagenwerk —. 22 Vgl. Horn / Staudenmeyer, Der vergleichende Warentest im Spiegel der Rechtsprechung (mit Rechtsprechungsübersicht), in: Horn / Piepenbrock (Hrsg.), Vergleichender Warentest, 1986, S. 67 ff., 91 ff.; Baumbach / Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 15. Aufl. 1988, § 1 UWG Rdnrn. 375 ff. 23 Vgl. (auch zum folgenden) bes. BGHZ 65, 325, 331 ff. — Warentest II —; seitdem st. Rspr., zuletzt etwa BGH NJW 1987, 2222. Auf den BGH Bezug nehmend auch BVerwGE 71, 183, 195 f. — Transparenzlistenurteil —. 24 Die jüngere Rspr. des BGH (NJW 1986, 981; 1987, 2222, 2224) schafft eher zusätzliche Unklarheiten. Denn dort wird zwar einerseits „die besondere Bedeutung der Meinungsfreiheit" hervorgehoben, andererseits und zugleich jedoch davon gesprochen, daß die „Stiftung Warentest" „in der Öffentlichkeit das Vertrauen als staatliche Einrichtung in Anspruch nimmt und sie deswegen im Besonderen zur Unparteilichkeit verpflichtet" sei. Nicht ohne Grund kritisch schon Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 34 ff.; zu der von ihm (zutreffend als für den grundrechtlichen Freiheitsschutz maßgeblich) gestellten, aber letztlich nicht beantworteten Frage, was sich hinter der „Fassade der bürgerlich-rechtlichen Organisationsform" der „Stiftung Warentest" verbirgt vgl. — differenzierend — unten C.III. 25 C.I.3.

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denden Staat. . . sogar in einer besonders schutzwürdigen Position, weil infolge der rechtlichen Verselbständigung und der fehlenden Mitglieder niemand vorhanden wäre, der die Verfassungswidrigkeit etwaiger Eingriffe des Staates... geltend machen könnte . . . Nicht obwohl, sondern eher weil der Stiftung das unmittelbare personale Substrat fehlt, ist ihre Grundrechtssubjektivität gem. Art. 19 Abs. 3 GG . . . zu bejahen" 26 . b) Begründungen des Schrifttums Um das Dilemma der — als solcher vorausgesetzten — „Apersonalität" der Stiftung einerseits und der — ebenso prinzipiell vorausgesetzten — Personalität der Grundrechtsträgerschaft andererseits aufzulösen, wird in der Literatur erwogen, das Feld des „Durchgriffs" auf die „hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen" weiter abzustecken. In Betracht gezogen werden als „personales Substrat" der Stiftung insbesondere der Stifter, die Destinatäre und schließlich die Organe, speziell der Vorstand der Stiftung. Gegen diesen Ansatz als solchen ist prinzipiell nichts einzuwenden, denn der verfassungsgebotene „Durchgriff' wird nicht notwendig durch den einfachrechtlichen Umfang der Mitgliedschaft oder vergleichbarer Beziehungen zur juristischen Person umrissen, ebenso wie ganz allgemein der Verfassungsbegriff der juristischen Person sich mit dem entsprechenden einfachrechtlichen terminus technicus nicht deckt, sondern über ihn hinausgehen kann 27 . Es wäre lediglich die — wiederum verfassungsrechtlich zu beantwortende — Frage zu stellen, wo die Grenze einer solchen Erweiterung zu ziehen ist. Zu dieser Anschlußfrage gelangt man allerdings nur dann, wenn man die Gründe, die für den Einbezug von Stifter, Destinatären oder Organen in das „personale Substrat" der Stiftung sprechen, für überzeugend hält. Vom Standpunkt der herrschenden „statischen" bzw. „mechanistischen" Auffassung der Stiftung ist dies jedoch nur schwer möglich, und zwar nicht aus verfassungs-, sondern aus stiftungsrechtlichen bzw. organisationstypischen Gründen. Es wird mit anderen Worten die richtige Frage nach der Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes der — hier: in einer Stiftung — organisierten Grundrechtsausübung gestellt, die — negative — Antwort aber durch die organisationstypisch 26 v. Mutius, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Zweitbearb. 1975) Rdnr. 65 (Hervorhebung im Original). Im gleichen Sinne insb. auch Seif art / Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 4 Rdnrn. 85 ff.; Schulte, Staat und Stiftung, 1989, S. 53 f. Ebenso im Ergebnis auch Ladeur, in: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Reihe Alternativkommentare), 2. Aufl. 1989, Art. 19 Abs. 3 Rdnr. 31, wenngleich nicht recht einleuchtet, warum das Abstellen auf das soziale „verselbständigte Handlungssystem der Organisation" den Blick oder den „Durchgriff 4 auf die handelnden Personen verstellen und nicht eher fördern soll. Vgl. dazu auch Teubner, „Unternehmenskorporatismus", KritV 1987, 60 ff.; Suhr, Organisierte Ausübung mediatisierter Grundrechte im Unternehmen, AuR 1988, 65 ff., 74 ff. 27 So schon BVerfGE 3, 383, 391; vgl. näher Stern, Staatsrecht III / 1, 1988, § 71 V m. w. N.

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vorausgesetzte „Apersonalität" bzw. ausschließlich formale Struktur der Stiftung im Grunde gleich mitgegeben. Bevor dem das hiesige Modell des Stiftungsrechtsverhältnisses gegenübergestellt wird, sollen die wesentlichen Argumente nicht gegen eine prinzipielle, wohl aber gegen eine auf dem Boden des herrschenden stiftungsrechtlichen Verständnisses vollzogene Erweiterung des „Durchgriffs" genannt werden. aa) „Durchgriff

" auf den Stifter

Gegen die Einbeziehung des Stifters in das „personale Substrat" der Stiftung 28 spricht zunächst die Selbständigkeit der Stiftung. Danach ist der Stifter mit der Genehmigung des Stiftungsgeschäfts grundsätzlich vollständig von der Stiftung als juristischer Person abgeschnitten; die Kontrolle geht auf die staatliche Stiftungsaufsicht über 29 . Aber auch der zum Stiftungszweck objektivierte und in ihm „fortwirkende" Stifterwille 30 kann nicht als „personales Substrat" gewertet werden. Dieser Gedanke klingt zwar in dem bereits genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts an und unterstützt dort die Begründung der Grundrechtssubjektivität der Stiftung: "Ganz besonders gilt das für eine Stiftung, deren Zweck in dem Betrieb einer nach ganz bestimmten pädagogischen Grundsätzen geprägten Privatschule besteht, weil ihr nur so die Wahrung des dem Stifterwillen entsprechenden individuellen Charakters ermöglicht wird" 31 . Aber man wird sich auf der Grundlage der herrschenden stiftungsrechtlichen Konzeption wohl zu entscheiden haben32: Entweder wirkt der Stifterwille als „aktueller natürlicher Wille"; dann hätte die Stiftung in Wahrheit einen "körperschaftlichen Einschlag", der die Begründung ihrer Grundrechtssubjektivität zwar erleichtern, aber im Widerspruch zur (Nominal-)Definition des Stiftungstypus stehen würde. Oder aber der Stifterwille ist „entpersonalisierter Wille", „Wille der toten Hand", eben: objektivierter, normativ geschlossener Stiftungszweck; dann verbleibt es bei dem schon Gesagten, daß nämlich die Grundrechtssubjektivität der Stiftung (insoweit) nur um den Preis des Verzichts auf eine durchgehende personale Grundrechtsträgerschaft zu erlangen ist. Eine „vermittelnde" Lösung ließe sich auf dieser Grundlage allenfalls in den Fällen annehmen, in denen der Stifter sich durch entsprechende Satzungsrechte aktuelle Einwirkungsmöglichkei28 So etwa Dürig, in: Maunz/Dürig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Bearb. 1977) Rdnr. 6. 29 Vgl. oben B.I.l. 3° In diesem Sinne etwa Oechsle, Zur wesensmäßigen Anwendung der Grundrechte auf juristische Personen des Zivilrechts, 1960, S. 103 ff. 31 BVerwGE 40, 347, 349. 32 Zutreffend und klar hier Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 2. Aufl. 1984, Rdnr. 9 vor § 80. Vgl. zur Argumentation mit einem „körperschaftlichen Einschlag" noch unten D.II.2.a).

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ten auf die Stiftung vorbehalten hat 33 . Hier könnte man — in dem Umfang der vorbehaltenen Rechte — zwar prinzipiell den „Durchgriff 4 auf ein „personales Substrat" bejahen. Jedoch ist der aktuelle Wille des Stifters, sofern dieser überhaupt Grundrechtsträger ist, bereits individual-grundrechtlich geschützt, ohne daß ein (nur) insoweit korrespondierender, partieller Grundrechtsschutz der Stiftung als juristischer Person dem individualrechtlichen Schutz spezifisch organisationsrechtliche Gehalte hinzufügen könnte. Neben diesen generellen Einwänden gegen den „Durchgriff 4 auf den Stifter stehen zwei weitere, die spezielle, aber nicht seltene Konstellationen betreffen. Zum einen gerät ein Verständnis, das die Grundrechtssubjektivität der Stiftung an die Aktualität des Stifterwillens koppelt, in Begründungsschwierigkeiten, wenn der Stifter, soweit er natürliche Person ist, stirbt (oder auch, soweit er juristische Person ist, aufgelöst wird). Selbstverständlich „wirkt" auch dann der Wille des Stifters „fort" — gerade hierin liegt das Motiv vieler Stiftungsgeschäfte —, aber eben nicht als aktueller Wille, sondern als Wille der „toten Hand" 34 . Zum anderen wäre die Grundrechtssubjektivität privatrechtlicher Stiftungen, die — wie hier die Stiftung Warentest" (aber etwa auch die „Alexander von Humboldt-Stiftung" oder die „Stiftung Volkswagenwerk") — auf ein Stiftungsgeschäft eines Trägers hoheitlicher Gewalt zurückgehen 35, generell zu verneinen. Das müßte — dies läge jedenfalls in der Konsequenz des „Durchgriffs" auf den Stifter — auch dann gelten, wenn die Stiftung einem „unmittelbar durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen" oder sonst gesellschaftliche und nicht staatliche Aufgaben erfüllte. Der „Durchgriff 4 auf den öffentlich-rechtlichen Stifter kollidiert so mit der vom Bundesverfassungsgericht gleichfalls — und zurecht — geforderten funktionalen Differenzierung — eine Kollision, die sich nur mit dem Vorrang des einen oder des anderen Prinzips auflösen ließe. bb) „Durchgriff

" auf die Destinatäre

Aber auch gegen den „Durchgriff 4 auf die Destinäre der Stiftung 36 lassen sich Einwände formulieren, die — obwohl die Problematik auf den ersten Blick 33 Zu den vorbehaltenen Einwirkungsmöglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland als Stifterin gegenüber der „Stiftung Warentest44 vgl. im einzelnen und näher unten D.II., bes. 2.a). 34 Vgl. im Ergebnis ebenso v. Mutius, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Zweitbearb. 1975) Rdnr. 64 m. w. N. Zu den allgemeinen Einwänden gegen den rechtlichen Schutz der sog. „toten Hand" vgl. auch Strickrodt, Stiftungsrecht, 1977, S. 72 ff. Zum „Grundrechtsschutz Toter" wären allerdings die — differenzierenden — Erwägungen insb. von BVerfGE 30, 173, 194 ff. — Mephisto / Gründgens — zu berücksichtigen. 3 5 Zur juristischen Person des öffentlichen Rechts als Stifter vgl. übersichtlich Seif art / Hof Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 4 Rdnrn. 82 ff. 36 Vgl. hierzu v. Mutius, in: Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Art. 19 Abs. 3 (Zweitbearb. 1975) Rdnr. 64 m. w. N.

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wesentlich anders und einfacher gelagert erscheint als beim „Durchgriff' auf den Stifter — sich mit den bereits genannten Einwänden strukturell decken. So trifft es im Ausgangspunkt ohne weiteres zu, daß die Nutznießer der Stiftungsleistungen allenfalls Gläubiger der Stiftung, nicht aber deren Mitglieder sind 37 . Selbst die Gläubigerstellung fehlt bei gemeinnützigen bzw. sogenannten „öffentlichen" Stiftungen in aller Regel, weil deren Satzung nicht bestimmte einzelne Empfänger nennt und sich der Kreis reflexartig Begünstigter weder eindeutig definieren noch sinnvoll begrenzen läßt 38 . Insoweit und in der Regel stehen die Destinatäre also ebenso „außerhalb" der selbständigen Stiftung wie der Stifter. Würde man auf sie „durchgreifen", um so die Grundrechtssubjektivität der Stiftung zu begründen, so würde der Stiftungstypus jegliche Konturen verlieren bzw. überdehnt werden. Zu einer anderen Beurteilung könnte man nur in den Fällen kommen, in denen einzeln bestimmte oder eindeutig bestimmbare Destinatäre einen in der Satzung verankerten Anspruch auf Stiftungsleistungen haben. Praktisch ist dies etwa bei rein privatnützigen, insbesondere Familienstiftungen. Die Annahme, daß hier die Destinatäre das „personale Substrat" der Stiftung bilden, läßt sich mit einer Parallele zur Unternehmensmitbestimmung veranschaulichen und begründen 39. Bekanntlich sind die Arbeitnehmer zwar organisationssoziologisch, nicht aber verfassungs- und Unternehmens rechtlich Mitglieder des Unternehmens (etwa einer Aktiengesellschaft), sondern mit diesem lediglich relativ, nämlich durch den Individualarbeitsvertrag als Schuldner der Arbeitsleistung und Gläubiger des Arbeitsentgelts verbunden. Dies folgt de constitutione lata aus der absoluten Rechtszuständigkeit des Anteilseigners, die durch, aufgrund oder mit Bezugnahme auf relative Schuldverhältnisse gegen den Willen des Eigentümers zwar im Rahmen der Sozialbindung in der Ausübung beschränkt, aber nicht beseitigt werden darf 40. Daraus ergibt sich zum einen die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit einer paritätischen Unternehmensmitbestimmung der Arbeitnehmer, weil sie die (alleinige) absolute Rechtszuständigkeit des Anteilseigners beseitigt, und zum anderen, daß nur die (juristischen) Mitglieder (Anteilseigner, Gesellschafter) das „perso37 So Rupp-v. Brünneck, Zur Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen, in: FS A. Arndt, 1969, S. 349 ff., 358. 38 Allgemein zur Rechtsstellung der Destinatäre instruktiv Seif art I Hof, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 8 Rdnrn. 111 ff. 39 Vgl. zum folgenden im Zusammenhang des Art. 19 III GG auch Dietmair, Die juristische Grundrechtsperson des Art. 19 Abs. 3 GG im Licht der geschichtlichen Entwicklung, 1988, S. 153 ff.; zur Übertragung (organisations-)soziologischer Ansätze in die juristische Unternehmenslehre insoweit grdl. Th. Raiser , Das Unternehmen als Organisation, 1969, bes. S. 93 ff., 153 ff.; speziell aus stiftungsrechtlicher Sicht vgl. auch Kronke, Stiftungstypus und Unternehmensträgerstiftung, 1988, S. 125 ff. 40 Vgl. BVerfGE 50, 290, 339 ff. — Mitbestimmungsurteil —. Umstritten ist, wie der Beschluß des Vorprüfungsausschusses BVerfG, NJW 1986, 1601 im Verhältnis zu dieser Grundsatzentscheidung zu sehen ist; vgl. dazu einerseits Scholz, Verdeckt Verfassungsneues zur Mitbestimmung?, NJW 1986, 1587, andererseits Suhr, Organisierte Ausübung mediatisierter Grundrechte im Unternehmen, AuR 1988, 65. Dazu jetzt auch Ossenbühl, Die Freiheiten des Unternehmers nach dem Grundgesetz, AöR 115 (1990), 1 ff., 25 f., 30.

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naie Substrat" des Unternehmens als (zivilrechtlicher) juristischer Person darstellen41. Die Stellung der Arbeitnehmer eines Unternehmens ist damit der Stellung der Destinatare einer Stiftung im allgemeinen vergleichbar. Anders verhält es sich jedoch in dem oben gebildeten Ausnahmefall eigener Satzungsrechte bestimmter Destinatare. Hier sind deren Gläubigerrechte in einer Weise in die Stiftung inkorporiert, daß sie die Verfügungsbefugnis der Stiftung bereits apriori nur zugunsten der Destinatare eröffnen, die Stiftung also lediglich als eine Art fremdnütziger Treuhand fungiert. Insoweit läßt sich sagen, daß die Destinatare — wie etwa auch Arbeitnehmeraktionäre in Bezug auf ihr Anteilseigentum — nicht nur Gläubiger, sondern auch „personales Substrat" der Stiftung bzw. des Unternehmens sind, der „Durchgriff 4 auf ihre Grundrechtsträgerschaft also die Grundrechtssubjektivität der juristischen Person begründet42. Doch läßt sich gegenüber der solchermaßen begründeten partiellen Grundrechtssubjektivität derselbe Einwand vorbringen wie gegenüber der partiellen Grundrechtssubjektivität, die sich auf den „Durchgriff ' auf den Stifter und dessen satzungsmäßig vorbehaltene Einwirkungsmöglichkeiten stützt. Denn der Anspruch des Destinatärs ist wie das Ingerenzrecht des Stifters bereits — sofern sie jeweils in den Händen Privater liegen — individual-grundrechtlich geschützt und es ist nicht erkennbar, welche spezifisch organisationsrechtlichen Gehalte dem individualrechtlichen Schutz durch die partielle Grundrechtssubjektivität der Stiftung hinzugefügt werden könnten. Es würde sich insoweit lediglich um eine inhaltsidentische organisationsrechtliche „Überhöhung" eines Individualanspruchs handeln. Mit diesem Ergebnis stimmt überein, daß einige Landesstiftungsgesetze43 rein privatnützige Stiftungen von der staatlichen Aufsicht mit der plausiblen Erwägung ausnehmen, daß die Durchsetzung letztlich individueller Rechtspositionen keine Angelegenheit kontinuierlicher staatlicher Überwachung und der staatliche Schutz als Gerichtsschutz mit der Bereitstellung der Gerichtsbarkeit ausreichend gewährleistet sei. cc) „Durchgriff

" auf die Stiftungsorgane

Die Einwände schließlich, die sich auf der Grundlage der herrschenden stiftungsrechtlichen Auffassung gegen einen „Durchgriff 4 auf die Stiftungsorgane als das „personale Substrat44 der Stiftung 44 formulieren lassen, entsprechen bzw. 41 Vgl. BVerfGE 50,290,340 f., 355 f. Zu dem aus der—zutreffenden—prinzipiellen Differenz von zivilrechtlicher juristischer Person und juristischer Person i. S. d. Art. 19 III GG sich ergebenden grundrechtspolitischen Spielraum vgl. Dietmair, Die juristische Grundrechtsperson des Art. 19 Abs. 3 GG im Licht der geschichtlichen Entwicklung, 1988, S. 155; die — zu verneinende — Frage ist allerdings, ob über Art. 19 III GG die Eigentümerbefugnisse (Art. 14 I GG) „ausgehebelt" werden können. 4 2 Mit einer gewissen Konsequenz „greift" dann im übrigen auch das Steuerrecht auf die „hinter der Stiftung stehenden Destinatare" durch; vgl. näher und im einzelnen Seifart / Pöllath, Handbuch des Stiftungsrechts, 1987, § 14 Rdnrn. 15 ff. 43 Vollständige Ausnahme der ausschließlich privatnützigen Stiftungen von der Staatsaufsicht durch Art. 34 i. V. m. Art. 1 III BayStiftG, teilweise Ausnahme der Familienstiftungen durch § 10 BlnStiftG, § 14 II HbgAGBGB, § 21 HessStiftG, § 27 RhPfStiftG und § 19 SchlHolstStiftG.

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ziehen die Konsequenz aus dem bereits eingangs zu dem Typusmerkmal der „Stiftungsorganisation" Gesagten45. Indem der Wille und die Handlungen der Organwalter eigener Wille und eigene Handlungen der Stiftung sind bzw. der Stiftung zumindest als solche „