Schutz der Stiftung: Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen 9783161579516, 3161491009

Nach der Reform des Stiftungsprivatrechts vom 1.9.2002 hat das Stiftungsrecht wieder Hochkonjunktur in Wissenschaft und

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German Pages 601 [603] Year 2020

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Table of contents :
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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Verzeichnis wichtiger Abkürzungen
Einleitung
1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung
1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht
A. Der traditionelle Stiftungsgedanke und seine Emanzipation – neue Anforderungen an eine alte Rechtsfigur
I. Von den Ursprüngen
II. Die Metamorphosen
1. Reformation und Aufklärung
2. Von der Entstehung des BGB bis zum 21. Jahrhundert
III. Das deutsche Stiftungsrecht im aktuellen Gewand
1. Reform des Stiftungssteuerrechts
2. Reform des Stiftungsprivatrechts
3. Landesstiftungsrecht
IV. Zwecke, Aufgaben und Anforderungen
B. Gedanken zum Stiftungsbegriff
I. Der klassische Stiftungsbegriff
1. Allgemeine Definition
a. Die Stiftung der §§ 80 ff BGB
b. Andere Rechtsordnungen
c. Abgrenzungen: Körperschaften und unselbständige Stiftungen
2. Verwebung von bürgerlichem und öffentlichem Recht
3. Die Trias der Stiftungsmerkmale
a. Stiftungszweck
aa. Konturen und Grenzen
bb. Einfluss des Stifterwillens
cc. Schutz von Willen und Zweck
b. Stiftungsvermögen
aa. Bedeutung des Stiftungsvermögens innerhalb des Stiftungsbegriffs
bb. Inhalt und Anforderungen
cc. Schutz des Stiftungsvermögens
c. Stiftungsorganisation
aa. Bedeutung der Organisation innerhalb des Stiftungsbegriffs
bb. Organisationsrechtliche Brennpunkte
cc. Bedeutung der Organisationsstruktur für den Schutz der Stiftung
4. Zwischenergebnis
II. Tatsächliche Erscheinungsformen der Stiftung
1. Herkömmliche Unterscheidung nach Stiftungstypen
a. Privatrechtliche versus öffentlichrechtliche Stiftungen
b. Private versus öffentliche Stiftungen
c. Kirchliche Stiftungen
d. Kommunale Stiftungen
e. Bürgerstiftungen
f. Familienstiftungen
g. Unternehmensverbundene Stiftungen
2. Weitere stiftungsartige Rechtsformen (»Ersatzformen«) – Grenzen der Studie
a. Stiftungsartige Körperschaften
b. Trusts und unselbständige Stiftungen
3. Folgen für die vorliegende Arbeit
III. Möglichkeiten einer begrifflichen Neuordnung
C. Zwischenresümee: Das zu schützende Stiftungskonzept
2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stifung
A. Problemstellung – Die Stiftung als Interessenkonflikt
I. Die Abstraktion von Vermögen
II. Das abstrahierte Vermögen im Spannungsfeld widerstreitender Interessen
III. Schutzdefizite
1. Fehlen verbandsmäßiger Regulierungseffekte
2. Fehlen einer synallagmatischen Bindung
3. Begrenzte Kraft des Marktes
4. Staatliche Eingriffsrechte und Missbrauchsgefahr
5. Rolle der Stiftungssatzung
IV. Zwischenergebnis
B. Lösungsansatz – Die Stiftung als Interessenkonkordanz
2. Teil: Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht
1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis zur Stiftung
A. Der Stifter
I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung
1. Systematik des Stiftungsrechts
a. Theoretischer Unterbau – Stifter und Stiftung als eigenständige Rechtspersonen
b. Beredtes Schweigen des Gesetzes
2. Vorgaben des Verfassungsrechts
a. Grundrecht des Stifters auf Stiftungserrichtung
b. Grundrecht des Stifters auf Stiftungsbestand
3. Positiver Regelungsbestand
a. Normen des Stiftungsrechts
b. (Analoge) Anwendung des Schenkungsrechts?
aa. Stiftung als Schenkung?
bb. §§ 530 ff BGB analog?
cc. §§ 519, 528 f BGB analog?
dd. §§ 521 ff BGB analog?
ee. Abschließende Wertungen
4. Resümee
II. Leitlinien des Verhältnisses
1. Stifterwille als Dogma
a. Bedeutung des Stifterwillens im Stiftungsrecht
b. Die »Willenstheorie«
c. Zeitpunkt des Willens
2. Stiftungsgeschäft und Satzung
3. Rechte des Stifters gegenüber der Stiftung
a. Rechte des Stifters aus dem stiftungsrechtlichen Grundverhältnis
b. Rechte des Stifters über Satzungsvorbehalte – Reichweite des Stifterwillens
aa. Satzungsänderung, Aufhebung, Widerruf
bb. Sonstige Rechte
c. Rechte der Stiftung gegenüber dem Stifter
III. Personelle Anforderungen an den Stifter
1. Die Stiftereigenschaft
a. Stifterfähigkeit
b. Disponibilität von Stifterrechten?
aa. Übertragbarkeit
bb. Einmaligkeit
2. Die Mehrzahl von Stiftern und ihr Verhältnis zur Stiftung sowie untereinander
a. Mehrzahl von Stiftern
b. Verhältnis mehrerer unabhängiger Stifter
c. Verhältnis vertraglich gebundener Stifter
d. Ausübung von Stifterrechten
3. Spender und Zustifter
IV. Zwischenergebnis
B. Die Destinatäre
I. Destinatäre und Satzung
1. Klagbarer Destinatärsanspruch oder Akt der Ermessensausübung
a. Legitimität des Anspruchs
b. Rechtsnatur des Anspruchs
c. Einräumung des Anspruchs
d. Prozessuale Durchsetzung des Anspruchs
e. Exkurs: Anwendung des Schenkungsrechts
2. Mitwirkungsrechte
a. Mitwirkungsrechte aus dem gesetzlichen Grundverhältnis
b. Satzungsmäßige Mitwirkungsrechte
c. Prozessuale Durchsetzung von Mitwirkungsrechten
d. Schadensersatzansprüche
3. Ansprüche der Stiftung gegen die Destinatäre
II. Personelle Anforderungen an die Destinatärseigenschaft
1. Destinatärsauswahl
2. Veräußerung der Destinatärsstellung?
III. Zwischenergebnis
C. Der Vorstand
I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Vorstands zur Stiftung
1. Gesetzliche Grundlagen
2. Vertretung und Geschäftsführung
3. Vorstand und Stifterwille
a. Reichweite der Vorstandsautonomie
b. Principal-agent-Problem
c. Der Stifter als Vorstand
II. Rechte und Pflichten des Vorstands
1. Inhalt der Vorstandspflichten
2. Klagemöglichkeiten der Stiftung gegen ihre Organe
a. Haftung für Verletzungen des stiftungsrechtlichen Organverhältnisses
b. Delikt und Geschäftsführung ohne Auftrag
c. Geltendmachung des Anspruchs
d. Klage auf Tun oder Unterlassen
3. Klagemöglichkeiten der Organe gegen die Stiftung
III. Anforderungen an die Vorstandseigenschaft
1. Personelle Anforderungen
a. Ausstattung des Vorstands
b. Inkompatibilitätsvorschriften
2. Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern
IV. Zwischenergebnis
D. Das Zweitorgan – Der Beirat
I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Beirats zur Stiftung
1. Legitimation eines Zweitorgans im Stiftungsrecht
a. Deutsche Rechtslandschaft
b. Ausländische Rechtsordnungen
2. Grundlagen des Rechtsverhältnisses
II. Rechte und Pflichten des Beirats
1. Genuine Beiratsaufgaben
2. Notvertretungsrechte
3. Ansprüche der Stiftung gegen den Beirat
4. Ansprüche des Beirats gegen die Stiftung
III. Anforderungen an die Beiratseigenschaft
IV. Kontrolle der Kontrolleure
V. Zwischenergebnis
E. Die staatliche Aufsichtsbehörde
I. Verhältnis der Stiftungsaufsicht zur Stiftung
1. Legitimation und Bedürfnis für die Einschränkung der Stiftungsautonomie
2. Aufsichtsrechtlicher Normenbestand
3. Qualifikation des Rechtsverhältnisses
a. Merkmal der Zweigleisigkeit
b. Rechtsschutz gegen Aufsichtshandeln
c. Amtshaftung
II. Rechte und Pflichten der Stiftungsaufsicht
1. Funktionen der Stiftungsaufsicht
2. Maßnahmen und Mittel der Stiftungsaufsicht
3. Kontrolle der Kontrolleure
III. Reform des verwaltungsrechtlichen Konzessionssystems
1. Registersystem versus Konzessionssystem
2. Abstufung der Aufsicht nach Art der Stiftung
3. Freiwilligkeit der Aufsicht
4. Variation des Kontrollkörpers
5. Zwischenergebnis
F. Der übrige Rechtsverkehr
I. Spender und Zustifter
II. Erben und Pflichtteilsberechtigte des Stifters
1. Verhältnis der Erben des Stifters zur Stiftung
a. Stiftungserrichtung von Todes wegen
b. Stiftungserrichtung unter Lebenden
aa. Stiftungserrichtung als Zuwendung
bb. Zuwendungen an eine bereits errichtete Stiftung
cc. Ausländische Rechtsordnungen
c. Pflichtteilsverzicht
d. Angriffs- und Feststellungsmöglichkeiten vor dem Erbfall
2. Kontroll- und Mitwirkungsrechte
a. Erbrechtliche Befugnisse
b. Stiftungsrechtliche Befugnisse
c. Verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz
3. Zwischenergebnis
III. Stiftung und Gläubiger
1. Beziehung der Stiftung zu Gläubigern des Stifters
a. Allgemeine Durchgriffshaftung
b. Insolvenz- und Anfechtungsrecht
aa. Absichtsanfechtung
bb. Besondere Insolvenzanfechtung
cc. Schenkungsanfechtung
c. Bereicherungsrecht
2. Beziehung der Stiftung zu eigenen Gläubigern
a. Haftung der Stiftung
b. Mitwirkungsrechte der Gläubiger
c. Haftung anderer Stiftungsbeteiligter für Schulden der Stiftung?
aa. Haftung des Stifters
bb. Haftung der Stiftungsorgane
cc. Haftung der Destinatäre
3. Zwischenergebnis
IV. Stiftung und Ehegatte
G. Die Anfallberechtigten
H. Die Steuerbehörde
2. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis untereinander
A. Das Verhältnis des Stifters zu den übrigen Stiftungsbeteiligten
I. Allgemeines
II. Verhältnis des Stifters zur Aufsichtsbehörde
1. Errichtungsphase
2. Operationsphase
a. Grundverhältnis
b. Satzungsvorbehalte
3. Amtshaftung
III. Verhältnis des Stifters zu den Destinatären
1. Anwendung des Schenkungsrechts
2. Sonstige Ansprüche zwischen Stifter und Destinatär
IV. Verhältnis des Stifters zu den Stiftungsorganen
V. Verhältnis des Stifters zum übrigen Rechtsverkehr
B. Das Verhältnis der Destinatäre zu den übrigen Stiftungsbeteiligten
I. Allgemeines
II. Verhältnis der Destinatäre zu den Stiftungsorganen
1. Mitwirkungsrechte am Organhandeln – Satzungsgestaltung des Stifters
2. Gerichtliche Durchsetzung von Mitwirkungsrechten
a. Klagen aus eigenem Recht
b. Klagen aus der Stiftung zustehendem Recht
3. Bestellung eines Notvorstands
4. Schadensersatzanspruch der Destinatäre direkt gegen die Stiftungsorgane
a. »Stiftungsrechtlicher« Schadensersatzanspruch
aa. Verletzung eines Rechtsverhältnisses zwischen Organ und Destinatär
bb. Verletzung eines Rechtsverhältnisses zwischen Organ und Stiftung mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
b. Deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch
5. Begründung von Destinatärsansprüchen im Ausland
a. Österreich
b. Schweiz
c. Liechtenstein
III. Verhältnis der Destinatäre zur Aufsichtsbehörde
1. Phase der Stiftungserrichtung
a. Antragsrechte auf Anerkennung der Stiftung gegenüber der Anerkennungsbehörde
b. Gerichtliche Durchsetzbarkeit der Anerkennung
2. Phase des Stiftungsbetriebs
a. Anfechtung von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die klagbare Ansprüche gegenüber der Stiftung betreffen
b. Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen die (untätigen) Stiftungsorgane, sofern klagbare Ansprüche vorhanden sind
c. Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde nach den Grundsätzen der Amtshaftung
d. Destinatärsrechte auf Aufsichtshandeln im Ausland
IV. Verhältnis der Destinatäre untereinander
V. Zwischenergebnis
C. Das Verhältnis der Stiftungsorgane zu den übrigen Stiftungsbeteiligten
I. Allgemeines
II. Verhältnis der Stiftungsorgane zur Aufsichtsbehörde
1. Rechtsschutz gegen Aufsichtshandeln
a. Eigene Rechtsverletzung durch Direktmaßnahmen
b. Doppelwirkung des Verwaltungsakts
c. Öffentlichrechtliches Notvertretungsrecht
2. Kontrolle der Kontrolleure
III. Verhältnis der Stiftungsorgane untereinander
1. Verhältnis von Vorstand und Zweitorgan
2. Verhältnis der Organmitglieder untereinander
D. Das Verhältnis der Aufsichtsbehörde zu den übrigen Stiftungsbeteiligten
3. Kapitel: Resümee und Zwischenergebnis
3. Teil: Interessenkonflikte im Stiftungsrecht und ihre Lösungsmöglichkeiten
1. Kapitel: Strukturierung der Stiftungsinteressen und typische Gefährdungslagen
A. Interessengruppen
B. Interessengegensätze
I. Genuine Stiftungsinteressen und andere legitime Interessen
II. Stiftungsfremde Sonderinteressen
C. Stiftungstypische Gefährdungslagen
I. Einzelkonflikte in der stiftungsrechtlichen Rechtsprechung
II. Streitgruppen
2. Kapitel: Strukturierung der Schutzmöglichkeiten und typische Stiftungsklagen
A. Außergerichtliche Schutzmöglichkeiten
I. Errichtungsrecht
II. Widerrufsrechte
III. Anfechtungsrechte
IV. Einsichts-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte
B. Gerichtliche Rechtsbehelfe
I. Stiftungsinnenklagen
1. »Klagebefugnis« von Gesetzes wegen
2. »Klagebefugnis« kraft Satzungsvorbehalt
3. Zivilprozessuale Besonderheiten
II. (Zivilrechtliche) Schadensersatzklagen
III. Stiftungsaußenklagen
1. Konstellationen
2. Zivilprozessuale Besonderheiten
IV. Stiftungsaufsichtsklagen
1. Konstellationen
2. Verwaltungsprozessuale Besonderheiten
V. Amtshaftungsklagen
1. Konstellationen – Drittbezogenheit der Amtspflicht
2. Sonstige Voraussetzungen
3. Kapitel: Gefährdungslagen und Schutzmöglichkeiten – Zuordnung und Auswertung
A. Zuordnung der Schutzmöglichkeiten – Kongruenzen und Lücken
I. Errichtungsstreit
1. Kongruenzen
2. Lücken
II. Erstdotierungsstreit
1. Kongruenzen
2. Lücken
III. Bestandsstreit
1. Kongruenzen
a. Beendigungsrechte
b. Angriffsrechte
2. Lücken
IV. Zweck- und Satzungsänderungsstreit
1. Kongruenzen
a. Änderungsrechte
b. Angriffsrechte
2. Lücken
V. Geschäftsführungsstreit
1. Kongruenzen
a. Geschäftsführungsrechte
b. Angriffsrechte
2. Lücken
VI. Mitwirkungs- und Kompetenzstreit
1. Kongruenzen
a. Mitwirkung an Stiftungsentscheidungen
b. Kompetenzeingriff durch Stiftungsentscheidung
c. Kompetenzeingriff durch Aufsichtsentscheidung
2. Lücken
VII. Unterfall: Interessenkollisionsstreit
1. Kongruenzen
a. Suspendierung und Abberufung
b. Angriff von Entscheidungen
2. Lücken
VIII. Informationsstreit
1. Kongruenzen
2. Lücken
IX. Handlungsunfähigkeitsstreit
1. Kongruenzen
a. Notvorstandsbestellung
b. Sachwalterbestellung
2. Lücken
X. Schadensersatzstreit
1. Kongruenzen
a. Pflichtverletzungen durch die Stiftung
b. Pflichtverletzungen durch die Stiftungsorgane
c. Pflichtverletzungen durch die Destinatäre
2. Lücken
XI. Amtshaftungsstreit
1. Kongruenzen
2. Lücken
XII. Vermögenszugriffsstreit
1. Kongruenzen
a. Zugriffsmöglichkeiten
b. Verteidigungsmöglichkeiten
2. Lücken
XIII. Zwischenergebnis
B. Unechte Schutzlücken – Satzungsgestaltung des Stifters
I. Prävention und stifterliche Gestaltungsverantwortung
II. Gestaltungsfreiheit des Stifters – Spielräume und Grenzen
III. Konfliktvermeidung und Konfliktlösung durch Satzungsgestaltung
1. Einrichtung eines Zweitorgans
2. Beendigungs- und Änderungsvorbehalte
a. Zielvorgaben des Stifters
b. Vorbehalte zugunsten des Stifters oder anderer Beteiligter
3. Zustimmungsvorbehalte zu sonstigen Stiftungsentscheidungen
4. Notvertretungsrechte
a. Kompetenzen des Zweitorgans
b. Rechte der Destinatäre
5. Leistungsanspruch und/oder Mitwirkungsrechte für Destinatäre
a. Leistungsanspruch
b. Mitwirkung
6. Inkompatibilitätsvorschriften
a. Organübergreifende Inkompatibilität
b. Persönliche Inkompatibilität
7. Auskunftsansprüche und Transparenz
8. Richtlinien für Vermögensanlage und Vermögensverwaltung
IV. Zwischenergebnis
C. Echte Schutzlücken – Einschreiten des Gesetzgebers?
I. Echte Schutzlücken: deutsches Stiftungsrecht und ausländische Rechtsideen
II. Legislative Gestaltungsmöglichkeiten
1. Stiftungsaufsichtsbeschwerde
2. Modifikation der Aufsicht
a. Konzessions- oder Registersystem
b. Behördliche oder gerichtliche Stiftungsaufsicht
c. Abstufung der Aufsicht
d. Freiwilligkeit der Aufsicht
e. Zwingendes Zweitorgan
3. Stärkung der Stifterrechte
4. Stärkung der Destinatärsrechte
5. Inkompatibilitätsvorschriften
a. Organübergreifende Inkompatibilität
b. Persönliche Inkompatibilität
aa. Nähe zum Stifter
bb. Destinatäre oder Nähe zu Destinatären
c. Zwischenergebnis
6. Gläubigerfestigkeit gemeinnütziger Zuwendungen
7. Offene Stiftungsmodelle
III. Adaption in den deutschen Rechtsbestand
D. Zwischenergebnis
4. Kapitel: Corporate Governance im Stiftungsrecht – Foundation Governance
A. Materielle Regeln stiftungsrechtlicher Governance
B. Institutioneller Ordnungsrahmen
5. Kapitel: Der Weg zu einem geschlossenen Schutzsystem
A. Balance of powers und praktische Konkordanz
I. Ebene der Konfliktlösung
II. Ebene der Konfliktverhinderung
B. Geschlossenes Schutzsystem durch Kohärenz der Schutzmechanismen 537 Ergebnisse und Ausblick
Literaturverzeichnis
Sachregister
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Schutz der Stiftung: Die Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen
 9783161579516, 3161491009

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JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 111

ARTI BUS

Dominique Jakob

Schutz der Stiftung Stiftung und ihre Rechtsverhältnisse im Widerstreit der Interessen

Mohr Siebeck

Dominique Jakob, geboren 1971; 1991-1996 Studium der Rechtswissenschaften in Augsburg, Lund (Schweden) und München; akademische Auslandsaufenthalte in Italien, Spanien, Frankreich, Schweden, der Schweiz, Österreich, Thailand und den USA; 1997 Master of International Law (M.I.L.) der Universität Lund; 1997-1999 Stipendiat, 1999-2002 freier Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht in München; seit 1999 wissenschaftlicher Assistent am Institut für Internationales Recht - Rechtsvergleichung der Universität München; 2001 Promotion, Dissertation zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft im Internationalen Privatrecht; 2004-2006 Forschungsstipendiat der DFG; 2006 Habilitation, Privatdozent an der Universität München; 2006/2007 Lehrstuhlvertretung an der Universität Regensburg.

978-3-16-157951-6 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

ISBN 3-16-149100-9 ISBN-13 978-3-16-149100-9 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum)

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliohttp://dnb.d-nb.de graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über abrufbar. © 2006 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Satzpunkt Ewert in Bayreuth aus der Garamond gesetzt, von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Für meine Frau Julia Und unseren Sohn Johann Nepomuk, auf dass er Gutes in der Welt vorfinden möge!

Vorwort Die deutsche rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts leidet unter einer rechtsformtypischen Schwäche. Ein Vermögen wird auf Dauer zu einem bestimmten Zweck eingesetzt und zu einer juristischen Person abstrahiert. Als derart beschaffenes Zweckvermögen ist es verschiedenen Handlungsträgern ausgeliefert, die im Rahmen ihrer eigenen Interessen den Zweck und den Bestand der Stiftung gefährden können. Und sie werden dies umso eher tun, als ihre Interessen nicht mit denjenigen der Stiftung oder der anderen Stiftungsbeteiligten übereinstimmen. Welche Interessen der Stiftungsbeteiligten sind es also, die typischerweise kollidieren können? Welche Auswirkungen haben derartige Interessenkonflikte auf die Stiftung? Und wie lässt sich die Stiftung im Widerstreit dieser Interessen schützen? Aus diesen Fragestellungen heraus ist ein Habilitationsthema entstanden, das sich vornahm, einen innovativen Blick auf ein Nischenrechtsgebiet zu werfen und gleichzeitig einem dogmatisch reizvollen und praktisch relevanten Anliegen zu dienen. Während der Arbeit fand ich diese Vorstellungen weitgehend bestätigt. Von einer »Nische« jedoch kann heute kaum mehr gesprochen werden: Den Aufschwung, den das Stiftungsrecht in den letzten Jahren in Wissenschaft und Praxis genommen hat, hätten sich wohl nur wenige träumen lassen. Stiftungsrecht ist in Mode gekommen - um so größer war mir das Bedürfnis, diese Arbeit zügig abzuschließen und zur Veröffentlichung zu bringen, um einen Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion leisten zu können. Zahlreiche Publikationen sind während der letzten Jahre erschienen, haben die wissenschaftliche Diskussion verändert und auch den Fortgang dieser Arbeit geprägt. Zwar ist es gerade das Anliegen der Studie, ein breites Spektrum zu verfolgen und verschiedene relevante Schauplätze zu einem Gesamtbild zu vereinen. Dennoch konnten nicht alle Handlungsstränge ins Detail und bis zum Ende verfolgt werden - Schwerpunktsetzung und Justierung der Perspektive waren gefragt, und dies sind auch die Kriterien, die der Arbeit ihre persönliche Note verleihen sollen. Ich hoffe, dass die gewählte Konzeption der Studie auf Gefallen stößt, der wissenschaftlichen Diskussion standhalten und die Praxis befruchten kann. Und natürlich hoffe ich, dass die Arbeit ihr Ziel zu erreichen vermag: Stiftungen und ihre Zwecke zu schützen, indem Interessenkonflikte leichter zu durchschauen, besser aufzulösen und im Idealfall vielleicht ganz zu verhindern sind.

Vili

Vorwort

Die Arbeit lag im WS 2005/2006 der Juristischen Fakultät der LudwigMaximilians-Universität München als Habilitationsschrift vor. Für die Drucklegung konnte das Manuskript soweit möglich auf den Stand von Frühjahr 2006 gebracht werden. Zu danken habe ich vielen: Prof. Dr. Volker Behr für die Inspiration bei der Themenwahl; Prof. Dr. Olaf Werner für wichtige Gespräche und die Aufnahme in den Gesprächskreis »Stiftungsprivatrecht« an der Universität Jena; Dr. Wolfram Backert für wertvolle Auskünfte aus Sicht der bayerischen Stiftungsaufsicht; Prof. Dr. Hans Michael Riemer für die Ermöglichung eines Forschungsaufenthalts an der Universität Zürich; Prof. Dr. Peter Doralt (und dem gesamten Institut für Bürgerliches Recht) für die freundliche Aufnahme während meines Forschungsaufenthalts an der Wirtschaftsuniversität Wien; dem Max-Planck-Institut in Hamburg für die Möglichkeit, einige Thesen im Rahmen des dortigen Habilitandenkolloquiums zu präsentieren und kritisch zu diskutieren. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für ein zweijähriges Forschungsstipendium sowie einen Druckkostenzuschuss. Für einen weiteren Druckkostenzuschuss bedanke ich mich bei Dr. Peter Lex und der Dr. Leo ¿Wöhren-Stiftung. Tiefste Dankbarkeit gebührt meiner Habilitationsmutter und akademischen Lehrerin, Frau Prof. Dr. Dagmar Coester-Waltjen, an deren Lehrstuhl ich diese Arbeit als wissenschaftlicher Assistent erstellen durfte. Sie hat meinen wissenschaftlichen Werdegang nachhaltig gefördert, inhaltlich geprägt und mir durch wertvolle Ratschläge oder schlicht ihre Vorbildfunktion stets den Weg gewiesen. In wichtigen Phasen, auch vor und nach meiner Stipendienzeit, hat sie mir die notwendigen Freiräume zur eigenständigen Forschung gegeben, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können. Prof. Dr. Helmut Köhler danke ich für die Übernahme und die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Meinem Kollegen Peter Picht sei für das rekordzeitverdächtige Korrekturlesen des Manuskripts gedankt. Von Herzen verbunden bin ich schließlich meiner Familie und all denjenigen, die mich im Laufe der letzten Jahre bei frohem Mut gehalten haben. Meinem Vater, Prof. Dr. Wolfgang Jakob, sei dabei eigens gedankt: Er stand mir stets mit persönlichem und auch fachlichem Rat zur Seite. Mein größter Dank gilt jedoch wieder einmal meiner lieben Frau Julia Jakob - meiner härtesten Kritikerin und konstruktivsten Förderin zugleich. Sie hat mir nicht nur in all der Zeit den Rücken freigehalten und meine Motivation gestärkt, sondern buchstäblich bis zum Tage der Geburt unseres Sohnes mit Humor, Enthusiasmus und Zielstrebigkeit die Schlussredaktion dieser Arbeit vorangetrieben. Auch sie ist damit maßgeblich dafür verantwortlich, dass es mir gelungen ist, meine Habilitationsschrift zeitgleich mit der Geburt unseres ersten Kindes zum Abschluss zu bringen, um wichtigen Freiraum für väterliche Freuden und Aufgaben zu gewinnen. Nachdem die turbulente und emotionale Abschlussphase der Arbeit immer mit diesem einmaligen Erlebnis

Vorwort

IX

verbunden sein wird, ist dieses Buch meiner Frau Julia und unserem Sohn Johann Nepomuk in Freude, Liebe und Dankbarkeit gewidmet. München, im Juli 2006

Dominique Jakob

Inhaltsübersicht

Verzeichnis wichtiger Abkürzungen Einleitung

XXV 1

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

11

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

11

2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stiftung

89

2. Teil: Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht

103

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis zur Stiftung

103

2. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis untereinander

329

3. Kapitel: Resümee und Zwischenergebnis

386

3. Teil: Interessenkonflikte im Stiftungsrecht und ihre Lösungsmöglichkeiten

387

1. Kapitel: Strukturierung der Stiftungsinteressen und typische Gefährdungslagen

387

2. Kapitel: Strukturierung der Schutzmöglichkeiten und typische Stiftungsklagen

401

3. Kapitel: Gefährdungslagen und Schutzmöglichkeiten Zuordnung und Auswertung

420

4. Kapitel: Corporate Governance im Stiftungsrecht Foundation Governance

528

5. Kapitel: Der Weg zu einem geschlossenen Schutzsystem

535

Ergebnisse und Ausblick

539

Literaturverzeichnis Sachregister

545 569

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

11

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Wirtschaft und Recht

11

Gesellschaft,

A. Der traditionelle Stiftungsgedanke und seine Emanzipation neue Anforderungen an eine alte Rechtsfigur I. Von den Ursprüngen II. Die Metamorphosen 1. Reformation und Aufklärung 2. Von der Entstehung des BGB bis zum 21. Jahrhundert III. Das deutsche Stiftungsrecht im aktuellen Gewand 1. Reform des Stiftungssteuerrechts 2. Reform des Stiftungsprivatrechts 3. Landesstiftungsrecht IV. Zwecke, Aufgaben und Anforderungen

11 11 14 14 16 20 21 23 29 35

B. Gedanken zum Stiftungsbegriff

36

I. Der klassische Stiftungsbegriff 37 1. Allgemeine Definition 37 a. Die Stiftung der §§ 80 ff BGB 37 b. Andere Rechtsordnungen 38 c. Abgrenzungen: Körperschaften und unselbständige Stiftungen 42 2. Verwebung von bürgerlichem und öffentlichem Recht 45 3. Die Trias der Stiftungsmerkmale 48 a. Stiftungszweck 49 aa. Konturen und Grenzen 49 bb. Einfluss des Stifterwillens 59 cc. Schutz von Willen und Zweck 61 b. Stiftungsvermögen 61

XIV

Inhaltsverzeichnis

aa. Bedeutung des Stiftungsvermögens innerhalb des Stiftungsbegriffs bb. Inhalt und Anforderungen cc. Schutz des Stiftungsvermögens c. Stiftungsorganisation aa. Bedeutung der Organisation innerhalb des Stiftungsbegriffs bb. Organisationsrechtliche Brennpunkte cc. Bedeutung der Organisationsstruktur für den Schutz der Stiftung 4. Zwischenergebnis II. Tatsächliche Erscheinungsformen der Stiftung 1. Herkömmliche Unterscheidung nach Stiftungstypen a. Privatrechtliche versus öffentlichrechtliche Stiftungen b. Private versus öffentliche Stiftungen c. Kirchliche Stiftungen d. Kommunale Stiftungen e. Bürgerstiftungen f. Familienstiftungen g. Unternehmensverbundene Stiftungen 2. Weitere stiftungsartige Rechtsformen (»Ersatzformen«) Grenzen der Studie a. Stiftungsartige Körperschaften b. Trusts und unselbständige Stiftungen 3. Folgen für die vorliegende Arbeit III. Möglichkeiten einer begrifflichen Neuordnung C. Zwischenresümee: Das zu schützende Stiftungskonzept

2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stifung A. Problemstellung - Die Stiftung als Interessenkonflikt I. Die Abstraktion von Vermögen II. Das abstrahierte Vermögen im Spannungsfeld widerstreitender Interessen III. Schutzdefizite 1. Fehlen verbandsmäßiger Regulierungseffekte 2. Fehlen einer synallagmatischen Bindung 3. Begrenzte Kraft des Marktes 4. Staatliche Eingriffsrechte und Missbrauchsgefahr 5. Rolle der Stiftungssatzung IV. Zwischenergebnis B. Lösungsansatz - Die Stiftung als Interessenkonkordanz

Inhaltsverzeichnis

XV

2. Teil: Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht

103

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und, ihr Verhältnis zur Stiftung

103

A. Der Stifter I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung 1. Systematik des Stiftungsrechts a. Theoretischer Unterbau - Stifter und Stiftung als eigenständige Rechtspersonen b. Beredtes Schweigen des Gesetzes 2. Vorgaben des Verfassungsrechts a. Grundrecht des Stifters auf Stiftungserrichtung b. Grundrecht des Stifters auf Stiftungsbestand 3. Positiver Regelungsbestand a. Normen des Stiftungsrechts b. (Analoge) Anwendung des Schenkungsrechts? aa. Stiftung als Schenkung? b b . § § 530 ff B G B analog? cc. §§519, 528 f B G B analog? dd.§§ 521 ff B G B analog? ee. Abschließende Wertungen 4. Resümee II. Leitlinien des Verhältnisses 1. Stifterwille als Dogma a. Bedeutung des Stifterwillens im Stiftungsrecht b. Die »Willenstheorie« c. Zeitpunkt des Willens 2. Stiftungsgeschäft und Satzung 3. Rechte des Stifters gegenüber der Stiftung a. Rechte des Stifters aus dem stiftungsrechtlichen Grundverhältnis b. Rechte des Stifters über Satzungsvorbehalte - Reichweite des Stifterwillens aa. Satzungsänderung, Aufhebung, Widerruf bb. Sonstige Rechte c. Rechte der Stiftung gegenüber dem Stifter III. Personelle Anforderungen an den Stifter 1. Die Stiftereigenschaft a. Stifterfähigkeit b. Disponibilität von Stifterrechten? aa. Übertragbarkeit bb. Einmaligkeit 2. Die Mehrzahl von Stiftern und ihr Verhältnis zur Stiftung sowie untereinander a. Mehrzahl von Stiftern

103 103 104 104 105 108 108 110 115 115 118 119 121 121 125 127 128 129 129 129 130 134 135 140 140 142 142 147 148 148 148 148 150 150 153 155 155

XVI

Inhaltsverzeichnis

b. Verhältnis mehrerer unabhängiger Stifter c. Verhältnis vertraglich gebundener Stifter d. Ausübung von Stifterrechten 3. Spender und Zustifter IV. Zwischenergebnis B. Die Destinatäre I. Destinatäre und Satzung 1. Klagbarer Destinatärsanspruch oder Akt der Ermessensausübung a. Legitimität des Anspruchs b. Rechtsnatur des Anspruchs c. Einräumung des Anspruchs d. Prozessuale Durchsetzung des Anspruchs e. Exkurs: Anwendung des Schenkungsrechts 2. Mitwirkungsrechte a. Mitwirkungsrechte aus dem gesetzlichen Grundverhältnis . . . b. Satzungsmäßige Mitwirkungsrechte c. Prozessuale Durchsetzung von Mitwirkungsrechten d. Schadensersatzansprüche 3. Ansprüche der Stiftung gegen die Destinatäre II. Personelle Anforderungen an die Destinatärseigenschaft 1. Destinatärsauswahl 2. Veräußerung der Destinatärsstellung? III. Zwischenergebnis C. Der Vorstand I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Vorstands zur Stiftung 1. Gesetzliche Grundlagen 2. Vertretung und Geschäftsführung 3. Vorstand und Stifterwille a. Reichweite der Vorstandsautonomie b. Principal-agent-Problem c. Der Stifter als Vorstand II. Rechte und Pflichten des Vorstands 1. Inhalt der Vorstandspflichten 2. Klagemöglichkeiten der Stiftung gegen ihre Organe a. Haftung für Verletzungen des stiftungsrechtlichen Organverhältnisses b. Delikt und Geschäftsführung ohne Auftrag c. Geltendmachung des Anspruchs d. Klage auf Tun oder Unterlassen 3. Klagemöglichkeiten der Organe gegen die Stiftung III. Anforderungen an die Vorstandseigenschaft 1. Personelle Anforderungen

156 158 162 163 166 166 167 167 167 169 173 175 178 184 184 186 187 190 193 194 194 196 199 199 199 199 202 204 204 206 208 210 210 214 214 217 217 218 219 220 220

Inhaltsverzeichnis a. Ausstattung des Vorstands b. Inkompatibilitätsvorschriften 2. Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern IV. Zwischenergebnis D. Das Zweitorgan - Der Beirat I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Beirats zur Stiftung 1. Legitimation eines Zweitorgans im Stiftungsrecht a. Deutsche Rechtslandschaft b. Ausländische Rechtsordnungen 2. Grundlagen des Rechtsverhältnisses II. Rechte und Pflichten des Beirats 1. Genuine Beiratsaufgaben 2. Notvertretungsrechte 3. Ansprüche der Stiftung gegen den Beirat 4. Ansprüche des Beirats gegen die Stiftung III. Anforderungen an die Beiratseigenschaft IV. Kontrolle der Kontrolleure V. Zwischenergebnis E. Die staatliche Aufsichtsbehörde I. Verhältnis der Stiftungsaufsicht zur Stiftung 1. Legitimation und Bedürfnis für die Einschränkung der Stiftungsautonomie 2. Aufsichtsrechtlicher Normenbestand 3. Qualifikation des Rechtsverhältnisses a. Merkmal der Zweigleisigkeit b. Rechtsschutz gegen Aufsichtshandeln c. Amtshaftung II. Rechte und Pflichten der Stiftungsaufsicht 1. Funktionen der Stiftungsaufsicht 2. Maßnahmen und Mittel der Stiftungsaufsicht 3. Kontrolle der Kontrolleure III. Reform des verwaltungsrechtlichen Konzessionssystems 1. Registersystem versus Konzessionssystem 2. Abstufung der Aufsicht nach Art der Stiftung 3. Freiwilligkeit der Aufsicht 4. Variation des Kontrollkörpers 5. Zwischenergebnis F. Der übrige Rechtsverkehr I. Spender und Zustifter II. Erben und Pflichtteilsberechtigte des Stifters 1. Verhältnis der Erben des Stifters zur Stiftung a. Stiftungserrichtung von Todes wegen

XVII 220 223 225 227 227 227 227 227 229 232 232 232 235 236 237 237 238 239 240 240 240 246 248 248 252 257 258 258 259 262 262 263 266 268 269 272 272 273 275 276 276

XVIII

Inhaltsverzeichnis

b. Stiftungserrichtung unter Lebenden aa. Stiftungserrichtung als Zuwendung bb. Zuwendungen an eine bereits errichtete Stiftung cc. Ausländische Rechtsordnungen c. Pflichtteilsverzicht d. Angriffs- und Feststellungsmöglichkeiten vor dem Erbfall . . . 2. Kontroll- und Mitwirkungsrechte a. Erbrechtliche Befugnisse b. Stiftungsrechtliche Befugnisse c. Verwaltungsrechtlicher Rechtsschutz 3. Zwischenergebnis III. Stiftung und Gläubiger 1. Beziehung der Stiftung zu Gläubigern des Stifters a. Allgemeine Durchgriffshaftung b. Insolvenz- und Anfechtungsrecht aa. Absichtsanfechtung bb. Besondere Insolvenzanfechtung cc. Schenkungsanfechtung c. Bereicherungsrecht 2. Beziehung der Stiftung zu eigenen Gläubigern a. Haftung der Stiftung b. Mitwirkungsrechte der Gläubiger c. Haftung anderer Stiftungsbeteiligter für Schulden der Stiftung? aa. Haftung des Stifters bb. Haftung der Stiftungsorgane cc. Haftung der Destinatäre 3. Zwischenergebnis IV. Stiftung und Ehegatte G. Die Anfallberechtigten H. Die Steuerbehörde 2. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten untereinander

278 278 283 285 287 289 292 293 294 295 299 300 301 301 302 303 304 305 314 315 315 316 316 316 317 317 321 322 325 327

und ihr Verhältnis

A. Das Verhältnis des Stifters zu den übrigen Stiftungsbeteiligten I. Allgemeines II. Verhältnis des Stifters zur Aufsichtsbehörde 1. Errichtungsphase 2. Operationsphase a. Grundverhältnis b. Satzungsvorbehalte 3. Amtshaftung III. Verhältnis des Stifters zu den Destinatären

329 329 329 330 330 330 330 332 333 333

Inhaltsverzeichnis

1. Anwendung des Schenkungsrechts 2. Sonstige Ansprüche zwischen Stifter und Destinatär IV. Verhältnis des Stifters zu den StiftungsOrganen V. Verhältnis des Stifters zum übrigen Rechtsverkehr

XIX 334 337 339 340

B. Das Verhältnis der Destinatäre zu den übrigen Stiftungsbeteiligten . . . . 341 I. Allgemeines II. Verhältnis der Destinatäre zu den Stiftungsorganen 1. Mitwirkungsrechte am Organhandeln - Satzungsgestaltung des Stifters 2. Gerichtliche Durchsetzung von Mitwirkungsrechten a. Klagen aus eigenem Recht b. Klagen aus der Stiftung zustehendem Recht 3. Bestellung eines Notvorstands 4. Schadensersatzanspruch der Destinatäre direkt gegen die Stiftungsorgane a. »Stiftungsrechtlicher« Schadensersatzanspruch aa. Verletzung eines Rechtsverhältnisses zwischen Organ und Destinatär bb. Verletzung eines Rechtsverhältnisses zwischen Organ und Stiftung mit Schutzwirkung zugunsten Dritter b. Deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch 5. Begründung von Destinatärsansprüchen im Ausland a. Osterreich b. Schweiz c. Liechtenstein III. Verhältnis der Destinatäre zur Aufsichtsbehörde 1. Phase der Stiftungserrichtung a. Antragsrechte auf Anerkennung der Stiftung gegenüber der Anerkennungsbehörde b. Gerichtliche Durchsetzbarkeit der Anerkennung 2. Phase des Stiftungsbetriebs a. Anfechtung von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde, die klagbare Ansprüche gegenüber der Stiftung betreffen b. Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zum Einschreiten gegen die (untätigen) Stiftungsorgane, sofern klagbare Ansprüche vorhanden sind c. Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde nach den Grundsätzen der Amtshaftung d. Destinatärsrechte auf Aufsichtshandeln im Ausland IV. Verhältnis der Destinatäre untereinander V. Zwischenergebnis

341 343

C. Das Verhältnis der Stiftungsorgane zu den übrigen Stiftungsbeteiligten

375

I. Allgemeines

343 344 344 345 348 351 351 352 353 355 358 358 359 360 361 361 361 363 365 366

369 370 371 373 375 375

XX

Inhaltsverzeichnis

II. Verhältnis der Stiftungsorgane zur Aufsichtsbehörde 1. Rechtsschutz gegen Aufsichtshandeln a. Eigene Rechtsverletzung durch Direktmaßnahmen b. Doppelwirkung des Verwaltungsakts c. Offentlichrechtliches Notvertretungsrecht 2. Kontrolle der Kontrolleure III. Verhältnis der Stiftungsorgane untereinander 1. Verhältnis von Vorstand und Zweitorgan 2. Verhältnis der Organmitglieder untereinander

376 376 376 377 379 381 382 382 384

D. Das Verhältnis der Aufsichtsbehörde zu den übrigen Stiftungsbeteiligten

384

3. Kapitel: Resümee

386

und Zwischenergebnis

3. Teil: Interessenkonflikte i m Stiftungsrecht u n d ihre L ö s u n g s m ö g l i c h k e i t e n 1. Kapitel: Strukturierung Gefährdungslagen

387

der Stiftungsinteressen

und

typische 387

A. Interessengruppen

388

B. Interessengegensätze

392

I. Genuine Stiftungsinteressen und andere legitime Interessen II. Stiftungsfremde Sonderinteressen C. Stiftungstypische Gefährdungslagen I. Einzelkonflikte in der stiftungsrechtlichen Rechtsprechung II. Streitgruppen 2. Kapitel: Strukturierung der und typische Stiftungsklagen

395 395 399

Schutzmöglichkeiten

A. Außergerichtliche Schutzmöglichkeiten I. II. III. IV.

392 394

Errichtungsrecht Widerrufsrechte Anfechtungsrechte Einsichts-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte

B. Gerichtliche Rechtsbehelfe I. Stiftungsinnenklagen 1. »Klagebefugnis« von Gesetzes wegen 2. »Klagebefugnis« kraft Satzungsvorbehalt 3. Zivilprozessuale Besonderheiten

401 402 402 402 402 403 405 405 405 406 407

Inhaltsverzeichnis

XXI

II. (Zivilrechtliche) Schadensersatzklagen III. Stiftungsaußenklagen 1. Konstellationen 2. Zivilprozessuale Besonderheiten IV. Stiftungsaufsichtsklagen 1. Konstellationen 2. Verwaltungsprozessuale Besonderheiten V. Amtshaftungsklagen 1. Konstellationen - Drittbezogenheit der Amtspflicht 2. Sonstige Voraussetzungen

3. Kapitel: Gefährdungslagen und Schutzmöglichkeiten Zuordnung und Auswertung

411 412 413 414 415 415 416 418 418 420

-

420

A. Zuordnung der Schutzmöglichkeiten - Kongruenzen und Lücken . . . . 420 I. Errichtungsstreit 1. Kongruenzen 2. Lücken II. Erstdotierungsstreit 1. Kongruenzen 2. Lücken III. Bestandsstreit 1. Kongruenzen a. Beendigungsrechte b. Angriffsrechte 2. Lücken IV. Zweck- und Satzungsänderungsstreit 1. Kongruenzen a. Änderungsrechte b. Angriffsrechte 2. Lücken V. Geschäftsführungsstreit 1. Kongruenzen a. Geschäftsführungsrechte b. Angriffsrechte 2. Lücken VI. Mitwirkungs- und Kompetenzstreit 1. Kongruenzen a. Mitwirkung an Stiftungsentscheidungen b. Kompetenzeingriff durch Stiftungsentscheidung c. Kompetenzeingriff durch Aufsichtsentscheidung 2. Lücken VII. Unterfall: Interessenkollisionsstreit 1. Kongruenzen a. Suspendierung und Abberufung

421 422 423 424 424 426 427 428 428 429 431 433 434 434 435 436 438 439 439 440 442 443 444 445 446 447 448 448 449 449

XXII

Inhaltsverzeichnis b. Angriff von Entscheidungen 2. Lücken Informationsstreit 1. Kongruenzen 2. Lücken Handlungsunfähigkeitsstreit 1. Kongruenzen a. Notvorstandsbestellung b. Sachwalterbestellung 2. Lücken Schadensersatzstreit 1. Kongruenzen a. Pflichtverletzungen durch die Stiftung b. Pflichtverletzungen durch die Stiftungsorgane c. Pflichtverletzungen durch die Destinatare 2. Lücken Amtshaftungsstreit 1. Kongruenzen 2. Lücken Vermögenszugriffsstreit 1. Kongruenzen a. Zugriffsmöglichkeiten b. Verteidigungsmöglichkeiten 2. Lücken Zwischenergebnis

451 451 452 452 453 454 455 455 456 459 460 461 461 462 464 464 465 466 467 468 469 469 471 472 472

B. Unechte Schutzlücken - Satzungsgestaltung des Stifters

474

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

I. Prävention und stifterliche Gestaltungsverantwortung II. Gestaltungsfreiheit des Stifters - Spielräume und Grenzen III. Konfliktvermeidung und Konfliktlösung durch Satzungsgestaltung 1. Einrichtung eines Zweitorgans 2. Beendigungs- und Anderungsvorbehalte a. Zielvorgaben des Stifters b. Vorbehalte zugunsten des Stifters oder anderer Beteiligter . . . . 3. Zustimmungsvorbehalte zu sonstigen Stiftungsentscheidungen . . 4. Notvertretungsrechte a. Kompetenzen des Zweitorgans b. Rechte der Destinatäre 5. Leistungsanspruch und/oder Mitwirkungsrechte für Destinatäre a. Leistungsanspruch b. Mitwirkung 6. Inkompatibilitätsvorschriften a. Organübergreifende Inkompatibilität b. Persönliche Inkompatibilität

474 475 476 476 476 477 479 480 481 481 483 484 484 485 487 488 488

Inhaltsverzeichnis

XXIII

7. Auskunftsansprüche und Transparenz 490 8. Richtlinien für Vermögensanlage und Vermögensverwaltung . . . 492 IV. Zwischenergebnis 496 C. Echte Schutzlücken - Einschreiten des Gesetzgebers?

497

I. Echte Schutzlücken: deutsches Stiftungsrecht und ausländische Rechtsideen II. Legislative Gestaltungsmöglichkeiten 1. Stiftungsaufsichtsbeschwerde 2. Modifikation der Aufsicht a. Konzessions- oder Registersystem b. Behördliche oder gerichtliche Stiftungsaufsicht c. Abstufung der Aufsicht d. Freiwilligkeit der Aufsicht e. Zwingendes Zweitorgan 3. Stärkung der Stifterrechte 4. Stärkung der Destinatärsrechte 5. Inkompatibilitätsvorschriften a. Organübergreifende Inkompatibilität b. Persönliche Inkompatibilität aa. Nähe zum Stifter bb. Destinatare oder Nähe zu Destinatären c. Zwischenergebnis 6. Gläubigerfestigkeit gemeinnütziger Zuwendungen 7. Offene Stiftungsmodelle III. Adaption in den deutschen Rechtsbestand D. Zwischenergebnis 4. Kapitel: Corporate Governance Foundation Governance

497 498 498 503 503 505 507 508 510 510 512 514 515 515 515 517 518 519 522 525 526

im Stiftungsrecht

528

A. Materielle Regeln stiftungsrechtlicher Governance

529

B. Institutioneller Ordnungsrahmen

532

5. Kapitel: Der Weg zu einem geschlossenen Schutzsystem

535

A. Balance of powers und praktische Konkordanz I. Ebene der Konfliktlösung II. Ebene der Konfliktverhinderung

535 536 537

B. Geschlossenes Schutzsystem durch Kohärenz der Schutzmechanismen 537 Ergebnisse und Ausblick

539

Literaturverzeichnis Sachregister

545 569

Verzeichnis wichtiger Abkürzungen a. A. a. a. O . a. F. ABGB

Abs. AcP AG AktG ALR AnfO Anm. AnwBl. AO Art. AS AStG AVBayStiftG Az BadWürttStiftG BayObLG BayObLGZ BayStiftG BayVBl. BayVerfGH BayVGH BayVGHE BB BB1. Bearb. Begr. BerlStiftG BFH BFH/NV BFHE BG BGB BGBl.

anderer Ansicht am angegebenen Ort alte Fassung (Österreichisches) Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch v. 1.6.1811 (in Liechtenstein eingeführt aufgrund Verordnung v. 18.2.1812) Absatz Archiv für die civilistische Praxis Die Aktiengesellschaft Aktiengesetz Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten v. 1794 (Osterreichische) Anfechtungsordnung v. 10.12.1914 Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Artikel Sammlung der eidgenössischen Gesetze Außensteuergesetz Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Stiftungsgesetzes Aktenzeichen Baden-Württembergisches Stiftungsgesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungssammlung des B a y O b L G in Zivilsachen Bayerisches Stiftungsgesetz Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Betriebsberater (Schweizerisches) Bundesblatt Bearbeitung Begründer Berliner Stiftungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Schweizerisches) Bundesgericht Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt

XXVI BGE

Verzeichnis wichtiger

Abkürzungen

BW

Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts; amtliche Sammlung Bundesgerichtshof Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bürgerschafts-Drucksache Der Bernische Notar Brandenburgisches Stiftungsgesetz Bremer Stiftungsgesetz Bundessteuerblatt (Österreichisches) Bundesstiftungs- und Fondsgesetz v. 27.11.1974 Bundestags-Drucksache (Schweizerisches) Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge v. 25.6.1982 Burgerlijk wetboek (niederländisches Bürgerliches Gesetzbuch)

CC CHF

(Italienischer) Codice Civile Schweizer Franken

DB DBG

Der Betrieb (Schweizerisches) Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer v. 14.12.1990 Deutsche Notar-Zeitschrift Die öffentliche Verwaltung Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt

BGH BGHR BGHZ Bgschft-Drs. BN BrandbgStiftG BremStiftG BStBl. BStFG BT-Drs. BVG

DNotZ DOV DStR DVB1. ecolex EDI EFC EFL EFSlg EheG Einf ELG ErbStG EStG EWiR ExekutionsO FamRZ FFL FG FGG FL O G H

(Osterreichische) Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht Eidgenössisches Department des Inneren European Foundation Centre Lov om erhvervsdrivende fonde v. 18.11.1991 (Dänisches Gesetz über gewerbetreibende Stiftungen) Ehe- und familienrechtliche Entscheidungen (österreichische Entscheidungssammlung) (Österreichisches) Ehegesetz v. 6.7.1938 Einführung Entscheidungen der Liechtensteinischen Gerichtshöfe von 1947 bis 1978 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Einkommensteuergesetz Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Österreichische) Exekutionsordnung v. 27.5.1896 Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Lov om fonde och visse foreninger v. 6.6.1984 (Dänisches Gesetz über Stiftungen und gewisse Vereine) Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fürstlicher Liechtensteinischer Oberster Gerichtshof

Verzeichnis wichtiger FLFP Fn. GenG

Abkürzungen

XXVII

Fundamental Legal and Fiscal Principles des European Foundation Centre Fußnote

GG GmbH GmbHG GmbHR GVB1.

Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Osterreichische) Zeitschrift für Gesellschafts- und Steuerrecht Der Gesellschafter - Zeitschrift für Gesellschafts- und Unternehmensrecht Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gesetz- und Verordnungsblatt

h. M. HambStiftG HessStiftG HessVGH HGB Hrsg. Hs.

herrschende Meinung Hamburgisches Stiftungsgesetz Hessisches Stiftungsgesetz Hessischer Verwaltungsgerichtshof Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz

i. E. i. S. d. i. S. v. i. V. m. IPRspr. IStR

im Ergebnis im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts Internationales Steuerrecht

J. Econ. Lit. J. Fin. Econ. J. Pol. Econ. JA JB1. JGS JHR JR JuS JW

Journal of Economic Literature Journal of Financial Economics Journal of Political Economy Juristische Arbeitsblätter (Osterreichische) Juristische Blätter Osterreichische Justizgesetzsammlung (1780-1848) (Schweizerisches) Jahrbuch des Handelsregisters Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift

KG KGaA KO KöStDi KStG

Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Österreichische Konkursordnung v. 10.12.1914 Kölner Steuerdialog Körperschaftsteuergesetz

LES Lfg. LG

Liechtensteinische Entscheidungssammlung Lieferung Landgericht

GeS GesRZ

XXVIII

Verzeichnis wichtiger

Abkürzungen

LGB1. LJZ LT-Drs. LZ

(Liechtensteinisches) Landesgesetzblatt Liechtensteinische Juristen-Zeitung Landtags-Drucksache Leipziger Zeitschrift für deutsches Recht

m. Anm. MDR MecklVPStiftG MittRhNotK MünchKomm MvT

mit Anmerkung Monatsschrift für Deutsches Recht Stiftungsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer Münchener Kommentar Memorie van Toelichting

n.F. n.v. NdsStiftG Neubearb. NJOZ NJW NRWStiftG NVwZ NWVB1. NZ NZG

neue Fassung nicht veröffentlicht Niedersächsisches Stiftungsgesetz Neubearbeitung Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Osterreichische Notariatszeitung Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

ÖBA OGH OLG OLGR O L GZ östBGBl. ÖStZ OVG OVG NRW O V G E MüLü

Österreichisches Bankarchiv (Österreichischer) Oberster Gerichtshof Oberlandesgericht OLG-Report Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Österreichisches) Bundesgesetzblatt Österreichische Steuerzeitung Oberverwaltungsgericht Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte in Münster und Lüneburg

PGR preußisches A G B G B PSG

(Liechtensteinisches) Personen- und Gesellschaftsrecht v. 20.1.1926 Preußisches Ausführungsgesetz zum B G B (Österreichisches) Privatstiftungsgesetz v. 1.9.1993

RdW RG RGBl. RGRK RGZ RhPfStiftG RIW rkr. Rn. Rpfleger RSO

(Österreichisches) Recht der Wirtschaft Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Rheinland-Pfälzisches Stiftungsgesetz Recht der Internationalen Wirtschaft rechtskräftig Randnummer Der Deutsche Rechtspfleger (Liechtensteinische) Rechtssicherungsordnung v. 9.2.1923

Verzeichnis wichtiger Rspr.

Abkürzungen

XXIX

Rechtsprechung

S.

Satz

SaarlSiftG SächsStiftG SchKG

Saarländisches Stiftungsgesetz Sächsisches Stiftungsgesetz (Schweizerisches) Bundesgesetz v. 11.4.1889 über Schuldbetreibung und Konkurs Schleswig-Holsteinisches Stiftungsgesetz Schweizerische Juristenzeitung Stiftungen in der Rechtsprechung strittig Steuer und Wirtschaft

SchlHStiftG SJZ StiftRspr. str. SWI TrUG

(Liechtensteinisches) Gesetz über das Treuunternehmen v. 10.4.1928

u. a.

und andere

v.

vom

VAG VGH VGH BW Vorbem VwGO VwVfG

Versicherungsaufsichtsgesetz Verwaltungsgerichtshof Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Vorbemerkung Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz

WM WRV WuR

Wertpapiermitteilungen Weimarer Reichsverfassung Wirtschaft und Recht (Schweiz, bis 1990)

ZBJV ZErb ZEV ZGB ZGR ZHR ZInsO ZIP zit. ZRP ZSt

Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zeitschrift für die Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (Schweizerisches) Zivilgesetzbuch v. 10.12.1907 Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift zum Stiftungswesen

Einleitung Stiftungen werden errichtet, weil Stifter aus »traditionellem Bürgerstolz und philanthropischem Bürgersinn«, wie Karsten Schmidt1 formuliert, eine Rechtsform suchen, um darin mit ihrem Vermögen zur Lösung gemeinnütziger Aufgaben beizutragen und gleichzeitig ihren Willen und ihren Namen zu perpetuieren. Dem Stiftungsgedanken haftet daher seit jeher etwas Edles, gar Aristokratisches an. Stiftungen werden aber auch errichtet, um eigennützige Zwecke zu verfolgen, etwa um undankbare Verwandte nach Möglichkeit von der Erbfolge auszuschließen oder um für ein Wirtschaftsunternehmen eine erbrechtlich, steuerrechtlich und haftungsrechtlich geschickte Gestaltung zu finden. Letzteres zeugt nicht von altruistischem Edelmut. Es wird daher weitläufig diskutiert, wo die Grenzen zulässiger Stiftungszwecke und Stiftungsmodelle liegen sollen. Eines ist all diesen Situationen gemein: Wer ein großes Vermögen sein eigen nennt und sich dessen freiwillig entäußert, hat ein verständliches Interesse daran, dass dieses Vermögen auch dem gewünschten Zwecke dient. U m ein derartiges Interesse auf möglichst dauerhafte Fundamente zu stellen, bieten viele Rechtsordnungen und so auch das deutsche Recht das Institut der (rechtsfähigen) Stiftung an, mit welcher sich der gewählte Zweck prinzipiell ewig perpetuieren lässt. Das Rechtsinstitut Stiftung lässt sich jenseits der mannigfachen Verästelungen verschiedener Stiftungskonzepte allgemein durch drei Merkmale charakterisieren: Zweck, Vermögen und Organisation. Mit dieser Begriffstrias deutet sich bereits das Spannungsfeld an, das seit jeher das Wesen der Stiftung charakterisiert und gerade die rechtsformtypische Problemlage ausmacht. Es geht um ein rechtlich als juristische Person verselbständigtes Vermögen, das zu einem gewissen Zweck eingesetzt worden ist. U m »handeln« zu können, ist es ausgestattet mit einer externen Organisationsstruktur, welche die jeweilige Zweckbindung verwirklichen und überwachen soll. Gleichzeitig haben die »Handlungsbevollmächtigten« aber recht weite Handlungsfreiheiten: Sie können den Stiftungszweck hintergehen und das Vermögen entfremden. Das leblose, künstlich verselbständigte Geschöpf »Stiftungsvermögen« kann daher zum Objekt werden, ausgeliefert der von menschlichen Interessen geleiteten Organisation, allein und nur unvollkommen geschützt durch den - vielleicht schon vor langer Zeit - vorgegebenen Zweck.

1 Brave New World: Deutschland und seine Unternehmenserben auf dem Weg in ein Stiftungs-Dorado?, Z H R 166 (2002), 145.

2

Einleitung

Deutschland war bisher im internationalen Vergleich keine H o c h b u r g der Stiftungstätigkeit. Mit heute über 13.000 rechtsfähigen Stiftungen 2 ist die R e c h t s f o r m hierzulande 3 zwar ein vornehmer Außenseiter (was manche Stifter durchaus schätzen), aber - betrachtet man allein das dort gebundene Vermögen 4 und den jährlichen Zuwachs an Stiftungen 5 - durchaus kein »Mauerblümchen« mehr 6 . A u c h in rechtlicher Hinsicht hat sich die Stiftung in Deutschland emanzipiert. N a c h d e m Stimmen aus Rechtswissenschaft und Politik über Jahrzehnte hinweg eine R e f o r m des seit der Kodifizierung des B G B unveränderten Stiftungsrechts gefordert hatten 7 , hat der Gesetzgeber im Jahre 2 0 0 2 reagiert: Das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts v o m 1 5 . 7 . 2 0 0 2 8 ist am 1.9.2002 in Kraft getreten. Es hat das Stiftungsprivatrecht modernisiert und v o r allem die Stiftungserrichtung bundesweit vereinheitlicht. Schon z u v o r hatte die Stif2 Der Bundesverband Deutscher Stiftungen nennt in seiner Pressemitteilung v. 23.2.2006 die Zahl von 13.490 bürgerlichrechtlichen Stiftungen. Die im März 2005 erschienene 5. Aufl. des »Verzeichnisses Deutscher Stiftungen« des Bundesverbandes geht für das Jahr 2004 von 12.940 Stiftungen aus. Mecking, Konsolidierung auf hohem Niveau: 784 neue Stiftungen in 2003, ZSt 2004, 112, nennt für das Jahr 2003 12.193 Stiftungen. Im Bericht der Enquete-Kommission »Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements« des Deutschen Bundestags v. 3.6.2002, BT-Drs. 14/8900, 117, wird bereits von »rund 12.500« Stiftungen gesprochen. Wernicke, Vorstandskontrolle in der Stiftung, ZEV 2003, 301, hat im Jahr 2002 11.292 gezählt. 3 Erheblich mehr Stiftungen - dies zum Vergleich - gibt es im Zwergstaat Liechtenstein. Hier ist die genaue Anzahl an Stiftungen wegen fehlender Registrierung und der Verschwiegenheitspflicht der Behörden zwar nicht bekannt. Die Stiftung ist dort jedoch die »beliebteste Gesellschaftsform« und die Anzahl wird als »immens« bezeichnet; siehe Lampert/Taisch, Stiftungen im liechtensteinischen Recht, in: Hopt/Reuter (Hrsg.), Stiftungsrecht in Europa, 2001, 522 f. Laut Schauer, Die liechtensteinische Stiftung im internationalen Vergleich unter besonderer Berücksichtigung der Familien- und Unterhaltsstiftung, in: Marxer & Partner (Hrsg.), Aktuelle Themen zum Finanzplatz Liechtenstein, 2004, 67 ff, dürfte es sich bei einem Großteil der derzeit ca. 80.000 juristischen Personen in Liechtenstein um Stiftungen handeln. In der Schweiz gibt es derzeit etwa 20.000 im Handelsregister eingetragene Stiftungen. Gut die Hälfte sind so genannte Personalvorsorgestiftungen, ein Sondertypus des schweizerischen Rechts, der zur Absicherung von Arbeitnehmern privater Arbeitgeber dient und vor allem hinsichtlich des dort gebundenen Vermögens von immenser Bedeutung ist. Klassische, d.h. gemeinnützige und gemischte Stiftungen gibt es damit ca. 9.000 bis 10.000, mit einem darin gebundenen Vermögen von ca. 30 Milliarden CHF. Siehe hierzu Jakob, Das neue Stiftungsrecht der Schweiz, RIW 2005,669 f m.w.N. 4 Das »Verzeichnis Deutscher Stiftungen« des Bundesverbandes spricht für 2004 von einem Gesamtvermögen in Höhe von 60 Milliarden Euro. Allgemein zur Vermögensbewertung Doppstadt/Koss/Toepler, Vermögen von Stiftungen - Bewertung in Deutschland und den USA, 2002, passim. 5 Der Bundesverband Deutscher Stiftungen spricht in seiner Pressemitteilung v. 23.2.2006 von 880 Neugründungen und damit von einem Rekord bei Stiftungserrichtungen im Jahre 2005. Vgl. auch die Ubersicht über die Neuerrichtungen von 1960 bzw. 1990 bis 2004 im »Verzeichnis Deutscher Stiftungen« des Bundesverbandes oder unter www.stiftungen.org. Siehe außerdem Schiffer, Zur Entwicklung des Stiftungszivilrechts in den Jahren 2000 bis 2003, NJW 2004, 2497, und die Tabelle bei Mecking, Zur Situation der Stiftungen in Deutschland, in: Stiftungsrecht in Europa, 42. 6 So K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 145. 7 Im Uberblick MünchKomm/Reuter, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 1, 4. Aufl. 2001, Vor §80 BGB Rn. 110 ff. 8 BGBl. 2002 I, 2634.

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tung im Bereich des Steuerrechts durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen v. 14.7.2000 9 Vergünstigungen erfahren. Und auch einige landesrechtliche Stiftungsgesetze waren zu diesem Zeitpunkt bereits modernisiert und haben so dem Bundesgesetzgeber einen zeitgemäßen Boden bereitet 10 , wie etwa das Bayerische Stiftungsgesetz v. 1.9.2001 n . Zwar ist gerade die Neufassung des bundesrechtlichen Stiftungsprivatrechts weit hinter den (teilweise hochgesteckten) Erwartungen zurückgeblieben 12 . Dennoch haben diese Reformen den Stellenwert des Stiftungsrechts in Deutschland weiter erhöht - schon allein durch die besondere Aufmerksamkeit, die dem Rechtsinstitut nun verstärkt in Wissenschaft und Praxis gewidmet wird. U m die Besonderheiten der beutigen Stiftungskonzeption zu verstehen, muss ein kurzer Blick auf ihre Entwicklungsgeschichte geworfen werden. Ihr Ursprung liegt im menschlichen Charakter und der menschlichen Gesellschaft selbst 13 . In seinem Streben nach dem Tun von Gutem sowie in der Sorge um das eigene Schicksal nach dem Tode hat der Mensch schon in frühesten Zeiten nach einem Weg gesucht, die Bedeutung seines Lebens und seines Schaffens in die Zeit nach dem Tode hinein zu verlängern - oder einfacher ausgedrückt: Es ist das ureigenste Bedürfnis des Menschen, etwas Bleibendes zu schaffen 14 . Dieses Streben nach Unsterblichkeit wurde ursprünglich durch Förderung religiöser Zwecke verwirklicht. Nach einer langen und interessanten Entwicklung durch die Jahrhunderte und damit auch einer Evolution menschlicher Bewusstseinsstufen 15 ging der Stiftungsgedanke jedoch zunehmend einher mit einer Übernahme von staatlichen oder zumindest staatsnahen Aufgaben zum Wohle und im Interesse der Allgemeinheit. Das Stiftungswesen wurde somit zu einem gewichtigen Bestandteil des »Dritten Sektors« 1 6 , der gemeinwohlorientierten Metaebene zwischen dem staatlichen und dem privatwirtschaftlichen Bereich.

BGBl. 2000 I, 1034, rückwirkend zum 1.1.2000 in Kraft getreten. Für die Landesstiftungsgesetze bestand nach Inkrafttreten der bundesrechtlichen Novelle freilich Anpassungsbedarf; vgl. Andrick/Suerbaum, Das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts, NJW 2002, 2905 und ausführlich 1. Teil 1. Kap. A.III.3. 11 BayGVBl. 2002,10, in der Fassung der Neubekanntmachung v. 19.12.2001. 12 Mit MünchKomm/Äeaier, Band la, 4. Aufl. 2003, Vorbem vor §§ 80-88 BGB, ist die Reform als »geringfügig« zu bezeichnen. Gerade Reuter, Stiftung und Staat, in: Stiftungsrecht in Europa, 158, hatte im Vorfeld (auch mit Blick auf das Steuerrecht) deutlich darauf hingewiesen, dass eine Reform, die lediglich »chirurgische Eingriffe« oder »kosmetische Veränderungen« vorsehe, »die Verhältnisse auf den Kopf stelle«. 13 Hondius, Foundations, in: International Encyclopedia of Comparative Law, 2000, 9 4,3. 14 So zu den ursprünglichsten Anfängen des Stiftungswesens im vorchristlichen Altertum Liermann, Handbuch des Stiftungsrechts, I. Band: Geschichte des Stiftungsrechts, 1963, 1. 15 Siehe zur Geschichte der Stiftung, insbesondere auch zu ihrem »Zeitsprung« in der Aufklärung, ausführlich 1. Teil 1. Kap. A.II. Außerdem Schulze, Zu Stand und Aufgaben der Stiftungsrechtsgeschichte, in: Stiftungsrecht in Europa, 57 ff; Liermann, passim. 1 6 So auch das Resümee im Bericht der Enquete-Kommission »Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements« des Deutschen Bundestags v. 3.6.2002, BT-Drs. 14/8900, 116. 9

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In jüngster Zeit hat sich das Bild erneut gewandelt 17 : Stiftungen werden vermehrt als attraktive und moderne Rechts- und Gestaltungsformen genutzt, um individuelles geschäftliches Engagement jenseits von kollektiver Bindung zu ermöglichen. Die Stiftung als Rechtsfigur hat sich zunehmend von ihren ideologischen (religiösen oder gemeinnützigen) Zwängen befreit. Man kann daher von einer »Metamorphose des Stiftungsgedankens« sprechen 18 : Die Stiftung ist nicht mehr Sklavin ihres ideologisch gebundenen Vermögens, sondern zu einem modernen Instrument wirtschaftlicher Initiative des Stifters geworden. In Deutschland ist diese Veränderung spätestens seit dem 1.9.2002 besonders sichtbar geworden. Das bereits erwähnte Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts v. 15.7.2002 19 schreibt ausdrücklich fest, dass in Deutschland eine Stiftung zu jedem beliebigen Zweck errichtet werden kann, solange dieser gemeinwohlkonform ist, also nicht gegen die Rechtsordnung verstößt. Die Bindung an die Gemeinnützigkeit, also die Förderung des Gemeinwohls, ist nunmehr auch de lege lata entfallen. Etwas zynisch hat Karsten Schmidt die deutsche gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung, auf deren Errichtung ein Rechtsanspruch besteht 20 , als »Discount-Rechtsform« bezeichnet, die wohl zu einer Vermehrung der juristischen Personen in Deutschland, nicht aber zur Wiederbelebung des genuinen Stiftungsgedankens führen werde 21 . Die Veränderung des ideellen Stiftungskonzepts sowie des positiven Rechtszustands kann die Stiftungsvielfalt heute in bisher unbekannte Ausmaße treiben. Dies hat Konsequenzen: Neue Stiftungszwecke schaffen neue Interessen, neue Interessen schaffen neue Interessengegensätze und diese neuen Spannungsfelder werden neue Probleme für die Stiftungsgestaltung und Stiftungsführung nach sich ziehen. Damit wird ein eigentlich altes Problem neu belebt und um weitere Facetten angereichert: der Interessenausgleich im Stiftungsrecht. Die Frage nach den Stiftungsinteressen hängt dabei mit den spezifischen Eigenheiten der Rechtsform Stiftung zusammen. Grundsätzlich ist der Stifter bei Errichtung und Ausgestaltung seiner Stiftung frei (Stiftungsautonomie). Die Stiftung verfügt als zweckgebundene Dauereinrichtung mit eigener Vermögensgrundlage und eigener Organisation im Vergleich zu anderen juristi1 7 Siehe Hopt/Reuter, Stiftungsrecht in Europa: Eine Einführung, in: Stiftungsrecht in Europa, 3. 1 8 So etwa Zoppini, Vier Thesen für ein Uberdenken der Regelungen des Stiftungsrechts, in: v. Campenhausen/Kranke/Werner (Hrsg.), Stiftungen in Deutschland und Europa, 1998, 403. 1 9 BGBl. 2002 I, 2634. 2 0 Dazu Burgard, Das neue Stiftungsprivatrecht, NZG 2002, 698; Schwarz, Zur Neuregelung des Stiftungsprivatrechts (Teil I), DStR 2002, 1720. Kritisch hat MünchKomm//?e»ter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 4, angemerkt, dass sich der dem Grundrecht auf Stiftung entstammende Anspruch auf Stiftung nicht mit den verbliebenen Uberprüfungskompetenzen der Anerkennungsbehörde nach § 80 Abs. 2 BGB vertrage. Siehe dazu und zu den begleitenden Problemkreisen 1. Teil 1. Kap. A.III.2. 21 K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 148 f.

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sehen Personen sogar über relativ hohe Unabhängigkeit gegenüber allen Arten von Fremdeinflüssen. Zugleich bietet aber das sich selbst gehörende Vermögen wegen seiner Anonymität und seiner fehlenden Zugehörigkeit zu einer natürlichen Person den Beteiligten den Anreiz, Vorteile zu ziehen. Und je mehr Stiftungsbeteiligte kollidierende Interessen generieren, desto angreifbarer wird die Stiftung. Folgende Interessenträger kommen in Betracht. Am Anfang steht der Stifter, der die Entscheidung trifft, zumeist beträchtliche Teile seines Vermögens einem bestimmten Zweck zu widmen. Durch seine Zwecksetzung bestimmt er die Identität der Stiftung. Er wird in der Regel alles daran setzen wollen, eine möglichst weitgehende Kontrolle darüber zu behalten, dass seine Zweckbestimmung auch über seinen Tod hinaus eingehalten wird. Andererseits mag er aber in dem Fall, dass sich seine Stiftung oder die sie umgebende Realität anders als erwartet entwickeln, den Stiftungszweck ändern oder das Vermögen gar gänzlich aus seiner Bindung »erlösen« wollen. Die Destinatare sind eventuell eine kleine, möglicherweise aber auch eine völlig unüberschaubare Gruppe von Begünstigten, denen das Stiftungsvermögen zu Gute kommen soll. Ihr Interesse ist darauf gerichtet, dass ihnen dieser Zufluss erhalten bleibt und der einmal festgelegte »Gnadenakt« durch den Stifter nicht mehr geändert oder rückgängig gemacht werden kann. Außerdem wird ihnen die ordnungsgemäße Verwaltung des Stiftungsvermögens durch die Stiftungsorgane am Herzen liegen, die sie eventuell auch prozessual durchsetzen wollen. Notwendiges Verwaltungsorgan ist der Vorstand. Auch sein Verhältnis zur Stiftung und der Umfang seiner Rechte werfen Fragen auf. In der Regel wird er eine möglichst selbständige Entscheidungsbefugnis generieren wollen und ungebetene Einflussnahmen seitens des Stifters oder der Destinatäre zu verhindern suchen, womit sich auch das aus der ökonomischen Analyse des Gesellschaftsrechts bekannte »principal-agent«-'Prob\em stellt. Seine genauen Befugnisse sind von der Satzungsgestaltung des Stifters abhängig. Kontrolliert werden kann dieser Vorstand durch ein Zweitorgan, meist Beirat genannt. Zwischen beiden Organen müssen die Kompetenzen justiert und die (gegenseitigen) Einsetzungs- und Abberufungsmöglichkeiten geklärt werden. Darüber, dass die Stiftungsorgane ihre Geschäftsführungsaufgaben ordnungsgemäß erfüllen, wacht die Stiftungsaufsicht als Teil des staatlichen Verwaltungsarmes. Bereits bei der Errichtung der Stiftung hat sie mitgewirkt und die Gestaltungsvorstellungen des Stifters kontrolliert. Die Frage ihrer Existenzberechtigung oder doch ihrer Rolle im stiftungsrechtlichen Handlungssystem ist in der aktuellen Diskussion hoch umstritten. So wird vorgeschlagen - und dies auch noch nach der zum 1.9.2002 in Kraft getretenen Reform - , die Aufsicht völlig aus der staatlichen Verwaltung herauszunehmen und auf ein staatsunabhängiges Organ zu übertragen 22 , was die Interessen und Befugnisse 2 2 So etwa MünchKomm/Äe«ter-, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 17. Dazu unten 2. Teil 1. Kap. E.III.l., 4.

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des Aufsichtsorgans erheblich verändern könnte. In diesem Zusammenhang wird ein Blick auf andere Rechtsordnungen von besonderem Nutzen sein, welche die hier auftretenden Fragen anders gelöst haben. Jenseits dieser direkt Stiftungsbeteiligten steht der übrige Rechtsverkehr, seien es Pflichtteilsberechtigte, Ehegatten oder sonstige Gläubiger, die ebenfalls Ansprüche auf das Stiftungsvermögen erheben können und als Partner der Stiftung im Rechtsverkehr ein (Dritt-) Interesse daran haben, dass die Stiftungsorgane ihre Pflichten ordnungsgemäß erfüllen. All diese Stiftungsbeteiligten stehen zwar untereinander nicht grundsätzlich im Wettbewerb 2 3 . Jedoch können sie das Leben der Stiftung erschweren, gefährden und damit gleichsam stören - Aigner24 hat sie daher »Störer« genannt. Indes: In der Regel wird keiner dieser Beteiligten ein genuines Interesse daran haben, der Stiftung zu schaden. Je nach Interessenrichtung wird er lediglich versuchen, seine Interessen, sei es für die oder gegenüber der Stiftung, geltend zu machen - weil ein solcher Beteiligter kein shareholder ist, könnte man aus ökonomischer Sicht von einem stiftungsrechtlichen stakeholder sprechen 25 . Die verschiedenen Beteiligten wirken daher eher als von unterschiedlichen Interessen geleitete Kräfte auf die Stiftung ein, wie Vektoren gerichtet auf einen Mittelpunkt: das an sich schutzlose Stiftungsvermögen. Nun stehen diese Stiftungskräfte, wie man bereits erkennen konnte, in keinem selbstverständlichen oder automatischen Gleichgewicht. Im Gegenteil werden spezifische rechtsformtypische Schutzdefizite deutlich. Da es an Mitgliedern fehlt, entfaltet keine verbandsmäßige Körperschaftsstruktur ihre selbstregulierenden Wirkungen, wie etwa in Vereinen oder Kapitalgesellschaften. Anders als in einem gegenseitigen Vertragsverhältnis besteht kein »Do-ut¿es-Effekt«, der geeignet wäre, die jeweiligen Interessenpole synallagmatisch zu binden. U n d auch die ökonomischen Kräfte des Marktes werden - anders als bei rein wirtschaftlichen Unternehmensformen - die nicht ausschließlich marktpolitisch orientierten Kräfte nicht regulieren können. Die Leitorgane haben sich eben zuvorderst nach dem Stiftungszweck zu richten, was beispielsweise einem wirtschaftlich denkenden Destinatär (etwa einem Unternehmen) missfallen kann. Schließlich: Zwar ist die staatliche Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde auch und gerade dazu da, solche Interessenkonflikte der Stiftungsbeteiligten zu verhindern; doch sie kann ihrerseits selbst mit dem vorherrschenden Prinzip der Stiftungsautonomie kollidieren, wenn sie in die Gestaltungsfreiheit des Stifters eingreifen will. Streiten sich die Stiftungsbeteiligten untereinander, kann dies zu einer Lähmung der Stiftung führen und die Verwirklichung des Stiftungszwecks gefährden. Diese aus den Interessenkonflikten resultierenden stiftungstypischen So Hof, Stifter, Stiftung, Stiftungsaufsicht, Stiftung & Sponsoring 3/2003, 22. 2t A.a.O., 25. 25 Zu den stakeholder-Ansätzen, nach welchen die unternehmensrechtliche Corporate Governance-Diskussion vermehrt auf weitere Bezugsgruppen (»stakeholder«) ausgedehnt wird, im Uberblick Saenger/Veltmann, Corporate Governance in Stiftungen, ZSt 2005, 67 m.w.N. 23

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Gefährdungslagen werden umso zahlreicher, je weiter sich das sensible Rechtsinstitut Stiftung von seinen überkommenen Aufgaben entfernt. Je ungewohnter das Betätigungsfeld der Stiftung, desto größer das Einfallstor für ineffektive Verwaltung oder gar pflichtwidrige Einflussnahme. Vor diesem Szenario muss die Stiftung geschützt werden, eine Tatsache, die eigentlich selbstverständlich ist. Die schwierige Frage aber lautet, was dieser Schutz der Stiftung inhaltlich besagt oder besagen soll und wie er verwirklicht werden kann. Betrachtet man die Schutzrichtung, aus welcher der Schutz kommen und in welche er gehen soll, wird sogleich ein Dilemma deutlich. Es wäre kurzsichtig zu sagen, die Stiftung müsse vor einem herrschsüchtigen Stifter, vor gierigen Destinatären, vor separatistischen Vorstandsmitgliedern oder vor einer übertriebenen Stiftungsaufsicht geschützt werden. Denn die Kräfte, vor deren negativem Einfluss die Stiftung bewahrt werden soll, sind zugleich diejenigen, die zum Schutz derselben in die Verantwortung genommen werden müssen. Schutz der Stiftung vor diesen Kräften kann nur durch diese Kräfte geschehen, also durch einen weitsichtigen Stifter, durch moderate Destinatäre, durch einen pflichtbewussten Vorstand und durch eine erfahrene Stiftungsaufsicht. Die oben als Vektoren beschriebenen Stiftungskräfte stellen sich damit als Vektoren mit zwei Zugrichtungen dar. Und so kann es von vorneherein keine Lösung sein, eine Zugrichtung auch nur eines Kräftevektors vollständig zu kappen. Ebenso wenig scheint es ratsam, den übrigen Rechtssubjekten Rechte zu nehmen, die ihnen die Rechtsordnung grundsätzlich zugesteht, wie etwa Pflichtteilsberechtigten ihr Pflichtteilsrecht26. Es kann nur um eine Integration der Kräfte gehen, durch welche die widerstreitenden Interessen zum Ausgleich gebracht oder - um im Bild zu bleiben - die Richtungsvektoren in ein Kräftegleichgewicht geführt werden. Auch die Schutz^e/Ze« sind unterschiedlich. So kann es Kontrolle von außen bzw. von oben herab geben. Klassisches Beispiel für eine solche Kontrolle ist die staatliche Stiftungsaufsicht durch die Verwaltungsbehörden. Die Kontrolle kann aber auch von innen her kommen, wenn die stiftungsinterne Organisation gestrafft wird. Es scheint dabei einzuleuchten, dass staatliche Aufsicht zurückgefahren werden kann, wenn die stiftungsinterne Aufsicht effektvoll gestärkt wird. Im Idealfall könnte sich das Verhältnis von Eigenund Fremdkontrolle so ordnen lassen, dass sich beide Kräfte gegenseitig selbst steuern27. Gesucht werden muss nach alledem ein Ausgleich der auf die Stif-

2 6 Das Stiftungsrecht steht nicht alleine »auf einer grünen Wiese«, sondern muss sich in das System der Rechtssätze und Wertentscheidungen unserer Privatrechtsordnung einfügen; siehe dazu auch Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 149; Rawert, Der Stiftungsbegriff und seine Merkmale - Stiftungszweck, Stiftungsvermögen, Stiftungsorganisation, in: Stiftungsrecht in Europa, 130; Hof, Stiftungen im deutschen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 328. 2 7 Siehe Schulte, Die Mehrfachkontrolle von Stiftungen, D Ö V 1996, 498.

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tung w i r k e n d e n Kräfte, kurz: eine praktische K o n k o r d a n z der Stiftungsinteressen, die d u r c h gegenseitige K o n t r o l l e aufrecht erhalten wird. Z u der Stellung der einzelnen stiftungsrechtlichen Beteiligten oder Interessenträger gibt es bereits einige Dissertationen 2 8 . D a s Zusammenspiel tungskräfte u n d die daraus resultierenden Gefahren

der Stif-

u n d Möglichkeiten

sind

aber bisher - soweit ersichtlich - nicht untersucht w o r d e n . Diese L ü c k e soll d u r c h die vorliegende A r b e i t geschlossen werden. N u n kann eine grundlegende A r b e i t z u m Stiftungsrecht nicht geschrieben w e r d e n , ohne den Blick auch auf andere R e c h t s o r d n u n g e n zu werfen, und z w a r insbesondere auf diejenigen, in denen das Stiftungsrecht eine gewisse gesellschafts- u n d rechtspolitische Rolle spielt. Gegenstand genauerer Betrachtung ist das Stiftungsrecht Liechtensteins. Es folgt einer politischen Intention, ausländisches Kapital anzuziehen, und zeichnet sich durch besondere Liberalität und Vertraulichkeit aus - diese Umstände haben die privatrechtliche Stiftung dort zur mit Abstand beliebtesten »Gesellschaftsform« gemacht 2 9 . Aus einem ähnlichen Grund ist das neue österreichische Recht interessant: Neben der auf gemeinnützige Zwecke beschränkten Bundesstiftung wurde 1993 die Privatstiftung ins Leben gerufen, um Investitionswilligen einen Anreiz für stifterische Betätigung in Osterreich zu schaffen. So haben attraktive Gestaltungsfreiheit und steuerliche Begünstigung dazu geführt, dass heute das »,Who is W h o ' österreichischer Unternehmen in Stiftungen geparkt ist« 3 0 . Ebenfalls erhebliche Anziehungskraft übt das Stiftungsrecht der Schweiz aus, das mit der bekannten Attraktivität der Schweiz als Wirtschaftsstandort korreliert 3 1 und durch seine jüngste Reform weitere Liberalisierung erfahren hat 3 2 . Ein weiterer moderner Stiftungsstandort sind die Niederlande, deren flexibles, der staatlichen Mitwirkung zum großen Teil entzogenes Stiftungsrecht ein außergewöhnlich breites Spektrum von Stiftungen in der Stiftungspraxis beherbergt 3 3 . Ähnliche Aspekte charakterisieren das Recht Schwedens als Vertreter Skandinaviens 34 . Italien und Frankreich werden als die beiden »Mutterrechtsordnungen« 3 5 des romanischen Rechtskreises beleuchtet, der sich - im Gegensatz zu den soeben erwähnten Ländern - durch besondere staatliche Einflussnahme auf die Stiftungserrichtung und Stiftungsführung hervortut 3 6 . Anderes gilt aber wiederum für Spanien, das sein 1994

28 Jeß, Das Verhältnis des lebenden Stifters zur Stiftung, Dissertation, 1991; Blydt-Hansen, Die Rechtsstellung der Destinatare der rechtsfähigen Stiftung Bürgerlichen Rechts, Dissertation, 1998; Schwintek, Vorstandskontrolle in rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts, Dissertation, 2001; Kilian, Die Stellung des Beirats in der Stiftung, Dissertation, 2002; Aigner, Der Schutz der Stiftung vor Einflussnahme Dritter, Dissertation, 2001. 2 9 Siehe Lampert/Taisch, in: Stiftungsrecht in Europa, 522. Siehe zum Wesen des liechtensteinischen Stiftungsrechts auch Böckle, Gründung, Verwaltung, Auflösung von Stiftungen und Abgrenzung zu anderen Verbandspersonen, LJZ 2001, 63 f. 30 Doralt/Kalss, Stiftungen im österreichischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 420,439. 31 Riemer, Stiftungen im schweizerischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 512. 3 2 Siehe dazu Jakob, RIW 2005, 669 ff. 3 3 Siehe van der Ploeg, Stiftungen im niederländischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 406. 34 Dazu Hemström, Foundations in Swedish Law, in: Stiftungsrecht in Europa, 455 ff. 3 5 Dazu Kronke, Stiftungstypus und Unternehmensträgerstiftung, 1988, 5, auch zur Gleichwertigkeit des italienischen Rechts mit dem französischen. 3 6 Dazu De Giorgi, Stiftungen im italienischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 381 ff; Capitant, Stiftungen im französischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 343 ff.

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neu gefasstes Stiftungsrecht zum 1.1.2003 ein weiteres Mal überarbeitet hat: Behördliche Mitwirkung und Kontrolle wurden herabgesetzt und das Recht flexibler und einfacher gemacht 37 . Schließlich werden die USA und England als Staaten des angloamerikanischen Rechtskreises betrachtet, in welchem der »Dritte Sektor« blüht, eine eigenständige Rechtsform der privatrechtlichen Stiftung aber streng genommen fehlt. Stiftungsrechtliche Aufgaben werden dort von gemeinnützigen Körperschaften oder trusts wahrgenommen38. Im Schwerpunkt - dies sei vorweggenommen - wird der rechtsvergleichende Blick auf die Rechtsordnungen des deutschsprachigen Raumes fallen, also auf Liechtenstein, Osterreich und die Schweiz. Dies hat zum einen mit der Stiftungswirklichkeit zu tun, binden doch die meisten deutschen Stifter, wenn sie sich für das Ausland entscheiden, ihr Stiftungsvermögen in einer dieser (aus deutscher Sicht attraktiven) Rechtsordnungen. Auf der anderen Seite bieten sie sich deswegen zum Vergleich an, weil sie der deutschen Rechtsordnung in der Systematik zumindest ähnlich sind und die gewonnenen Ergebnisse auch konstruktiv in das deutsche Recht übertragen werden könnten. Osterreich und Liechtenstein sind für Deutschland nicht zuletzt deshalb interessant, weil sie Privatstiftungsmodelle bieten, welchen auch in Deutschland teilweise das Wort geredet wird. Eine Privatstiftung offeriert das schweizerische Recht zwar nicht. Dort wurde aber mit der kürzlich abgeschlossenen Reform ein klassisches Stiftungsmodell weiter liberalisiert und in Richtung einer Privatstiftung verschoben - ein Ansatz, der auch in Deutschland gangbar erscheint. Und so wird im österreichischen Recht der Schwerpunkt nicht auf der seit jeher bestehenden Stiftung nach dem Bundesstiftungsund Fondsgesetz (BStFG) liegen, sondern auf der Privatstiftung nach dem Privatstiftungsgesetz (PSG), da gerade ihre wissenschaftliche Aufarbeitung erhebliches Anschauungsmaterial für das deutsche Recht bietet. Es erstaunt tatsächlich, dass dort trotz (oder aufgrund?) der Einführung eines neuen Gesetzes innerhalb der ersten zehn Jahre seines Bestehens einige Problembereiche in Rechtsprechung und Literatur ausführlicher diskutiert zu sein scheinen als in Deutschland. Auch in Liechtenstein sind derzeit Reformbestrebungen im Gange, im Zuge derer über grundlegende Fragen nachgedacht wird 39 . In der Summe bieten die Rechtsordnungen des deutschsprachigen Raumes damit gerade für die Stiftungsdogmatik fruchtbares Vergleichspotenzial, wohl mehr als etwa das viel gelobte und häufig herangezogene Recht der USA, worauf an verschiedenen Stellen zurückzukommen sein wird. Ausgehend von rechtsvergleichenden Betrachtungen beschäftigt sich die stiftungsrechtliche Forschung in Deutschland zur Zeit vornehmlich mit den Fragen, ob stiftungsrechtspo/itocÄ neue Wege zu gehen sind und es sinnvoll erscheint, in das deutsche Recht der deutschen Stiftungssystematik fremde Fak37 Siehe Fischer, Das neue spanische Stiftungsgesetz, RIW 2003, 278 ff; Grabau/Castello/ Hundt, Stiftungen in Spanien, ZSt 2004, 306 ff. Zum alten Recht Linares Andrés, Stiftungen im spanischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 475 ff. 38 Im Uberblick Hansmann, A Reform Agenda for the Law of Nonprofit Organizations; in: Stiftungsrecht in Europa, 241 ff; Fries, Foundations in British Law, in: Stiftungsrecht in Europa, 371 ff. 39 Dazu Wagner/Hepberger, Neues Stiftungsrecht in Liechtenstein (Teil I): Schritte zur Reform, RIW 2005, 279 ff; Santo-Passo, Die Liechtensteinische Stiftung - Hausgemachte Probleme im Lichte der Stiftungsreform, LJZ 2005, 1 ff.

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toren Einzug halten zu lassen - beides vor allem mit Blick auf das »Erfolgsmodell« der USA. Außerdem geht ein Trend zur Entwicklung von Verhaltenscodices, die auf diese Weise einzelne Regeln der Corporate Governance in das Stiftungsrecht einführen sollen, sowie neuerdings zu supranationalen Rechtsformen wie das Projekt der European Foundation. Ohne Zweifel handelt es sich dabei um bedeutende Fragen und verdienstvolle Studien. Allein: Die Grundlagenforschung zur deutschen Stiftung bürgerlichen Rechts der §§ 80 f f BGB sowie die ihr bereits immanenten Möglichkeiten der Optimierung dieser de lege lata bestehenden Rechtsform kommen dabei zu kurz. Und dies zu Unrecht: Denn die Stiftung des BGB ist nicht nur das Gestaltungsmedium des heutigen Rechts, sondern auch die Basis, von der alle Entwicklungen in Deutschland ihren Ausgang nehmen müssen. In Teil 1 der Arbeit werden nun die Entwicklung der Stiftung, des Stiftungsrechts und des Stiftungsbegriffs dargestellt, und zwar mit einem speziellen Blick darauf, wie sich die damit einhergehenden Stiftungsinteressen gewandelt und sich die Anforderungen an den Schutz der Stiftung geändert haben. In Teil 2 werden die Verhältnisse aller Stiftungsbeteiligten sowohl zur Stiftung als auch untereinander durchleuchtet und die jeweils spezifisch auftretenden Interessenkonflikte konkret herausgearbeitet. In Teil 3 erfolgt schließlich eine Gesamtschau der Stiftungsinteressen. Sie verfolgt das Ziel, die gefundenen Interessenkonflikte zu strukturieren und etwaige Schutzlücken bei den einzelnen Stiftungsbeteiligten aufzuspüren. Um diese Lücken zu minimieren, wird gegen Ende aufgezeigt, welche Gestaltungsmöglichkeiten für den Stifter und welche Handlungsoptionen für den Gesetzgeber bestehen.

1. Teil

Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung 1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht Das Konzept der Stiftung ist komplex. Will man über modernes Stiftungsrecht nachdenken, muss der Blick zunächst hinter die Kulissen des geltenden Rechtsbestandes gehen. Dabei ist die Stiftung weniger als Rechtsinstitut, sondern eher als Phänomen zu begreifen, das - durch gesellschaftliche Bedürfnisse entstanden - einen rechtlichen Rahmen bekommen hat und schließlich seinen Platz im ökonomischen Gefüge der einzelnen Staaten fand. Diesem Phänomen des Stiftens muss in seiner Natur auf die Spur gekommen werden, um daraus rechtliche Konsequenzen zu ziehen. Die Aufmerksamkeit gilt zunächst dem Stiftungsgedanken selbst. Dieser »Stiftungsgedanke« wird in der stiftungsrechtlichen Diskussion gerne als Schlagwort in die Waagschale geworfen. Er ist ein schwer zu fassender Begriff, eine Art Begriffsphantom, dem hier Konturen gegeben werden sollen. Nur wenn der Stiftungsgedanke klar umschrieben ist, kann er effektiv geschützt werden. A. Der traditionelle Stiftungsgedanke und seine Emanzipation neue Anforderungen an eine alte Rechtsfigur /. Von den

Ursprüngen

Die Ursprünge des Stiftungsgedankens reichen so weit zurück, dass man sagen möchte, es habe die Stiftung immer gegeben. Dabei meint dies nicht die Stiftung als Rechtsfigur in einer der heutigen ähnlichen Form1, sondern den Drang der menschlichen Natur, Komplexe ihres Vermögens einem Zweck zu widmen, der über den eigenen Tod hinaus gehen soll: Selbstverwirklichung durch Streben nach Unsterblichkeit und Ewigkeit oder zumindest nach Fortwirken über den eigenen Tod hinaus. Dieser Gedanke ist so allgemeingültig, dass Schulze2 ihn mit Recht als ein »viele Kulturen übergreifendes Phänomen« beschreibt3 - ein 1 Jedenfalls im vorchristlichen Altertum war die Stiftung als »Rechtsform« nicht bekannt; siehe Liermann, 2. 2 In: Stiftungsrecht in Europa, 55. 3 Neben der europäischen Kultur gilt dies vor allem für das islamische Recht; so Seifart/v. Campenhausen!Coing, Handbuch des Stiftungsrechts, 2. Aufl. 1999, § 5 Rn. 1. Zum islamischen Stiftungsrecht siehe Schwarz/Werner, Waqf als soziale, rechtliche und religiöse Institution der Islamischen Welt, Der Islam 80 (2003), 30 ff; Schlüter, Stiftungsrecht zwischen Privatautonomie und Gemeinwohlbindung, 2004, 36.

12

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

Gedanke, der sich nach Strickrodt4 als »urbildhaftes Geschehen im Gemeinwesen« verwirklicht. Seine Erforschung fordert nicht nur die Rechtsgeschichte heraus, sondern auch Religionsgeschichte, Rechtsethnologie und A n t h r o p o l o gie 5 . So hat dieser Zug der menschlichen N a t u r bereits in der griechisch-römischen Antike stiftungsartige Gebilde hervorgebracht. Sie entsprangen primär dem Totenkult und hatten n o c h keinerlei Ausgestaltung als Rechtspersonen 6 . Dabei ist noch nicht einmal selbstverständlich, dass sich die Stiftung überhaupt durch das Medium des Rechts kanalisieren muss. So hatte der Stiftungsgedanke im vorchristlichen Altertum überwiegend religiöse Züge, und es war wohl auch die religiöse Ehrfurcht oder zumindest die abergläubische Angst, die die frühen Stiftungen schützten und ihnen zur Durchsetzung verhalfen - anders gesagt fand die »Stiftungsaufsicht durch die Gottheit« 7 statt, um den hier bedeutsamen Zusammenhang herzustellen. Es gilt allerdings als gesicherte Erkenntnis, dass es gerade das Verdienst von Recht und Rechtswissenschaft war, die religiösen und moralischen Normensysteme zu konsolidieren und somit im Zeitenlauf die Stiftung als gesellschaftliches und rechtliches Institut zu schaffen 8 . D e r Stiftungsgedanke in seiner für unser Verständnis ursprünglichen F o r m begegnet E u r o p a in der christlichen Kaiserzeit, die allgemein durch eine Verbindung von Recht und Religion lebte und die Nachwelt durch den C o d e x Justinians (um 5 3 0 n. Chr.) entscheidend beeinflusste 9 . D o r t wurde es Teil der Lehre, dass der fromme Christ von Todes wegen einen Teil seines Vermögens für kirchlich-soziale Zwecke hinterlassen solle, u m für das eigene Seelenheil zu sorgen - »Sohnesteil Christi« wurde diese A r t freiwilliger postmortaler Kirchenabgabe genannt 1 0 . Das Recht ebnete diesem Gedanken durch zahlreiche Erleichterungen den Weg und bereits im C o d e x Justinians wurde für solche Verfügungen der Begriff pia causa., also etwa u m der Frömmigkeit oder Gottgefälligkeit wil-

Stiftungen als urbildhaftes Geschehen im Gemeinwesen, 1984. Mit Recht Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 55. Uberhaupt wird die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Phänomen des gemeinnützigen Handelns aktuell verstärkt als interdisziplinäre Forschung verstanden, die neben der Rechtswissenschaft auch ökonomisches, soziologisches, psychologisches, politologisches und historisches Denken erfordert. So etwa der Ansatz des interdisziplinären Tagungsbandes von Hopt/v. Hippel/Walz (Hrsg.), Nonprofit-Organisationen in Recht, Wirtschaft und Gesellschaft, 2005. 6 Siehe etwa Liermann, 1 ff; Staudinger/Rawert, BGB, 13. Bearb., 1995, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 29. 7 So Liermann, 9. 8 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 56 f; Luhmann, Rechtssoziologie, 3. Aufl. 1987, 217 ff, der vom »Ausdifferenzieren« der Normensysteme spricht. 9 Siehe Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 4; Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 57 f; Liermann, 24 ff. 10 Seifart/v. Campenhausen/Coing, §5 Rn. 5; v. Campenhausen, Die Geschichte des Stiftungswesens, in: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Handbuch Stiftungen. Ziele - Projekte - Management - Rechtliche Gestaltung, 1998, 27 f; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 30; Schmid, Stiftungen für das Seelenheil, in: ders. (Hrsg.), Gedächtnis, das Gemeinschaft stiftet, 1985, 57 ff; Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 58, stellt plastisch heraus, dass solch ein theologischer »Zwang« in seiner Wirkungskraft mit heutigen steuerlichen Anreizen vergleichbar ist. 4 5

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

13

len, verwendet11. So entstand eine institutionalisierte Grundform des dauerhaften Erhalts und der Verwendung von Vermögen zu frommen Zwecken, noch nicht als Rechtsinstitut mit eigener Identität12, doch zumindest mit erkennbaren Linien und Privilegien13. Den Ortsbischöfen oblag die Aufgabe, die Ausführung dieser Verfügungen pia causa, zu überwachen - man findet bereits eine Urform der Stiftungsaufsicht, gelegt in die Hände der Kirche14. Im Folgenden lebte die römische pia causa fort, musste sich allerdings einem Jahrhunderte langen Zusammenprall mit dem germanischen Stammesdenken erwehren, der ihr ihre typischen mittelalterlichen Konturen gab: Die Stiftung wurde zum fortdauernden Personenverband (universitas) der Gemeinschaft der Lebenden und der Toten (und damit des Stifters)15. In diesem mittelalterlichen Stiftungsbild ist der korporative Personenverband konstitutiv16. Neben der Stiftung pia causa traten zu dieser Zeit auch weltliche Stiftungen hervor (etwa zur Führung von Spitälern), was bereits auf die Ausweitung des Kreises zulässiger Stiftungszwecke hindeutet17. Je später das Mittelalter, desto stärker versuchten auch weltliche Institutionen wie Stadtverwaltungen Einfluss auf das Stiftungswesen zu gewinnen18. Nicht selten kam es dabei zur Entfremdung des Stiftungsvermögens vom ursprünglich religiösen Stiftungszweck19. Den städtischen Räten, die die Stiftungsgeschicke führten, kam insoweit besondere Bedeutung zu - unter ihrer Leitung bildete sich ein eigenes Verwaltungsorgan der Stiftung heraus, das sich durchaus mit einem heutigen Vorstand vergleichen lässt20. Auch die bürgerlichen Stiftungen verfolgten überwiegend karitative Zwecke, orientierten sich also an der pia causa21. Schließlich entstanden Familienstiftungen, die den Unterhalt der eigenen Angehörigen sichern wollten22.

Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 6. Schlüter, 220, weist darauf hin, dass die stiftungsrechtlichen Urformen unselbständige Stiftungen sind. 13 Schuhe, in: Stiftungsrecht in Europa, 58; Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 6. 14 Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 58; Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 6. 1 5 Dazu Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 59 f; dort auch zu seiner Ausgestaltung durch die spätmittelalterliche Kanonistik, die durch eine fast »katalogmäßige« Eingrenzung der frommen Zwecke die Privilegien und die rechtliche Sonderbehandlung der Stiftungen rechtfertigte; a. a. O., 62. Dieses Stiftungsverständnis hinterfragend Theisen, Mittelalterliches Stiftungsrecht, 2002,250 ff. 1 6 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 60, 69. 17 Liermann, 93 ff; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 30; Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht: Geschichte der Rechtsformen, 1938, 12 ff. 18 Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 60; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 31; Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 30, 33; Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht, 22 ff. 1 9 Siehe Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 31. 2 0 Dazu Liermann, 98 ff. 2 1 Siehe Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 30, 33. Als Beispiel dient die Stiftung des Jakob Fugger von 1521; siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 60, und den Abdruck des Stiftungsbriefs bei Liermann, 312. 2 2 Als Beispiel hierfür dient die Stiftung der Welser von 1539; siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 60, und den Abdruck der Stiftungsurkunde bei Liermann, 316. 11 12

14 II. Die

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Metamorphosen

1. Reformation

und

Aufklärung

So war der ursprüngliche Stiftungsgedanke ein kirchlich-religiöser, der sich langsam in einen weltlich-karitativen zu wandeln begann. Im Zuge der Reformation im 16. Jahrhundert beginnt seine erste »Krise« - oder sie tritt zumindest in den Staaten, die sich der Reformationsbewegung angeschlossen haben, am deutlichsten hervor23. Die genuin-religiösen Stiftungszwecke wurden zunehmend hinterfragt, immer stärker von reinen Vermögensinteressen überlagert und schließlich zu politischen Zwecken instrumentalisiert. So begannen insbesondere die territorialen Kleinstaaten und ihre Herrscher, das Stiftungsrecht territorial zu kodifizieren, eine staatliche Stiftungsaufsicht einzurichten und sich so das Stiftungswesen für ihre eigenen Zwecke nutzbar zu machen24. Der »gemeine Nutzen« wurde zu einem dehnbaren allgemeinen Stiftungszweck eingesetzt25 und in diesem Zuge wurden nicht selten kirchliche Stiftungen liquidiert und ihre Vermögen zu staatlichen Zwecken umgewidmet26. Damit ist der Ubertritt des Stiftungsrechts vom kirchlich-kanonischen Recht in das weltlichstaatliche Recht vollzogen. Die Aufklärung setzte dieser Entwicklung den philosophischen Unterbau hinzu: die Kraft der Vernunft. Das neu erkannte Recht des Individuums auf freie Entfaltung der Persönlichkeit musste die metaphysisch geprägten Fesseln abschütteln27. Politische, aber auch wirtschaftlich-liberalisierende Entwicklungen in Europa verstärkten diese Tendenz. So wurde der bisherige Stiftungsgedanke in zweierlei Hinsicht verdammt. Diz private Perpetuierung von Vermögenswerten wurde mit dem Bild der »toten Hand« gleichgesetzt, die Wirtschaftsgüter umklammere, die der gegenwärtige Wirtschaftskreislauf zu seiner Entfaltung benötige 28 . Und die Legitimation der gemeinnützigen Stiftung wurde dadurch untergraben, dass man die allgemeine Wohlfahrt zunehmend als ausschließliche Staatsaufgabe ansah oder zumindest ihre Übernahme durch den Staat forderte 29 . Die pia causa trat endgültig hinter den umfassenden Zweck des »gemeinen Nutzens« zurück 30 , und dieser konnte im Zeitalter der Vernunft nur etatistiscb verwaltet werden 31 . Gemeinnützige Stiftungen mussten sich daher vermehrt der staatlichen Überprüfung stellen. Es entstand 23 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 63; Seifart/v. Campenhausen/Coing, §5 Rn. 34; v. Campenhausen, in: Handbuch Stiftungen 1998, 31 ff. 2 4 Vgl. Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 63; Liermann, 124 ff; Schiller, Stiftungen im gesellschaftlichen Prozess, 1969, 28; Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 34; Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 31. 2 5 Dazu Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 63. 2 6 So Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 34. 2 7 Dazu Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 63. 2 8 Siehe Liermann, 122; Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 64. 2 9 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 63; Seifart/v. Campenhausen/Coing, §5 Rn. 36. Vgl. auch Liermann, 172 ff; Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht, 271 ff. 30 Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 64. 31 Ahnlich Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 64.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

15

das System der staatlichen S t i f t u n g s g e n e h m i g u n g verbunden mit f o r t w ä h r e n der staatlicher Aufsicht32.

D i e F o l g e w a r die i m m e r weiter schreitende Säkula-

risierung g r o ß e r Stiftungsvermögen, einerseits d u r c h ideell geprägtes aufklärerisches und republikanisches R e v o l u t i o n s - u n d R e f o r m s t r e b e n , andererseits d u r c h absolutistische M o n a r c h e n , die sich diese E n t w i c k l u n g opportunistisch zu eigen m a c h t e n 3 3 . A m E n d e dieses Prozesses in E u r o p a stand damit ein Stiftungsgedanke, der sich v o n seinen archetypischen religiösen W u r z e l n und Bindungen weitgehend gelöst hatte, freiheitlich-modernistischen A n s c h a u u n g e n fast schutzlos ausgeliefert w a r und nicht zuletzt zu Z w e c k e n staatlicher M a c h t a u s ü b u n g instrumentalisiert w u r d e . Vielleicht w a r es das Verdienst der Rechtswissenschaft, dass die Stiftung überhaupt überlebt hat. D a s StiftungsrecÄt jedenfalls hat sich n a c h dieser Säkularisierung - jetzt überwiegend partikular in nationalen B a h n e n -

neu

g e f o r m t und damit den Stiftungsgedanken gefestigt 3 4 . So hat die deutsche Rechtswissenschaft u m Heise

und Savigny35

die selbständige Stiftung als die

eigenständige R e c h t s f o r m definiert, als die sie bis heute fortlebt, u n d die jedenfalls in ihrer dogmatischen T h e o r i e 3 6 - als »Allzweckstiftung« u n a b h ä n gig v o n religiösen und politischen Grundlagen bestehen kann 3 7 . Die Zweckwidmung

dauerhafte

eines Vermögens hat damit den korporativen Personenverbund

3 2 Musterbeispiel ist das preußische ALR v. 1794 (II, 19 §§33 ff): Eine selbständige Stiftung, die den Zwecken der Fürsorge dient, kann zwar vom Stifter organisiert werden; sie bedarf zur Gründung aber der Genehmigung (genannt »Privileg«) und unterliegt der staatlichen Oberaufsicht; die genehmigte Stiftung ist dann eine »moralische Person«. Weitere Einzelheiten bei Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 37. 3 3 Siehe dazu auch Liermann, 169 ff. 34 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 64, 69; v. Campenhausen, in: Handbuch Stiftungen 1998, 39 ff. 3 5 Das »Urheberrecht« an dem Konzept der Stiftung als durch einen Zweck definierte juristische Person ist bis heute nicht völlig geklärt. So hat jedenfalls Heise, Grundriß eines Systems des gemeinen Civilrechts, 1816, bereits die Stiftung als Rechtsperson neben dem Personenverband installiert. Mühlenbruch, Rechtliche Beurtheilung des Städel'schen Beerbungsfalles, 1828, kam in Reaktion auf den heute berühmten »Städelfall« (siehe dazu jetzt Richter, Rechtsfähige Stiftung und Charitable Corporation, Dissertation, 2001, 49 ff) zu einem »Inbegriff von Vermögensrechten in Beziehung auf einen bestimmten Zweck«, der ebenso wie ein korporativer Personenverband als Rechtspersönlichkeit angesehen werden könne. Schließlich gelangte v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, 1840, zur Begründung der Stiftung als Rechtsinstitut und als juristische Person mit Hilfe der »Fiktionstheorie«, die die juristische Person als fingierte (natürliche) Person ansieht und die auch heute noch im Wesentlichen maßgeblich ist. Siehe zur Ausformung dieses modernen deutschen Stiftungsbegriffs im Uberblick Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 65 (auch zu weiteren Protagonisten der Zeit) sowie ausführlich Richter, 40 ff, 269 ff. Außerdem den Kurzüberblick zu den »Theorien der Rechtspersönlichkeit« bei Jeß, 13 ff; Soergel/Hadding, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 B G B Rn. 8 ff; Klostermann, Die niederländische privatrechtliche Stiftung, Dissertation, 2003, 45 ff. Grundlegend zur juristischen Person schließlich Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Band 1/2, 1983,1 ff. 3 6 Die Art des Zwecks war natürlich weiterhin als Kriterium für die Genehmigung entscheidend; siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 67. 3 7 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 67, der auch darauf hinweist, a. a. O., 71, dass dieses für damalige Verhältnisse sehr freiheitlich anmutende Konzept mit einer »guten Portion

16

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

als konstitutives Stiftungsmerkmal abgelöst38. Diese Definition liegt in ihrer Grundform verschiedenen Kodifikationen des späteren 19. Jahrhunderts39 zugrunde und ist auch die Mutter der bürgerlichrechtlichen Stiftung des BGB. Die erste Metamorphose des Stiftungsgedankens lässt sich damit - mit den Worten Schutzes40 - bezeichnen als der Ubergang vom »alteuropäischen« über das »aufklärerische« bis hin zum »rechtlich-formalen« Stiftungsmodell. Mit diesen unterschiedlichen Ausprägungen des religiösen, philosophischen und rechtlichen Unterbaus der Stiftung hat sich auch die Richtung verändert, aus der ein Schutz der Stiftung kommen und in die er gehen muss. Stand am Anfang der Schutz der Stiftung durch die Gottheit, der gleichzeitig durch die Angst der Menschen vor der höheren Macht als ein absoluter manifestiert wurde, wurde die Schutzaufgabe zunehmend auf die kirchlichen und später die staatlichen Instanzen verlagert, was gleichzeitig bedeutete, dass die Stiftung auch vor diesen Instanzen und dem ihnen innewohnenden Missbrauchspotenzial geschützt werden musste. Der Schutzgedanke hatte somit eine zweite und gewissermaßen doppelte Richtung bekommen, die ihn zu einem reziproken Phänomen machen sollte - es waren nicht nur Instanzen entstanden, die die Stiftung schützten, sondern die Stiftung musste gleichzeitig vor diesen Instanzen geschützt werden. Als die Stiftung endlich als abstrakt-rechtliches Gebilde angesehen wurde, konnte sie ihren Schutz auch in rechtlicher Form erhalten, sei es durch ein modernes zivilrechtliches Konzept als selbständige juristische Institution, sei es durch verwaltungsrechtliche (Aufsichts-) Maßnahmen - jene bereits erwähnten zwei Richtungen, also der Schutz der Stiftung durch die und vor der jeweiligen Aufsichtsinstanz, sind damit in diesem Modell erstmals gegenwärtig. 2. Von der Entstehung des BGB bis zum 21.

Jahrhundert

Allein, die Stiftungswirklichkeit stellte die sich allmählich konsolidierende rechtliche Stiftungskonzeption vor anspruchsvolle Aufgaben: War das ehemals religiöse und in der Folge zumindest karitative Institut tatsächlich zur »Allzweckstiftung« geworden? In Deutschland traten jedenfalls zunehmend Stiftungen auf, die mit den ursprünglichen Gedanken nur noch wenig gemeinsam

Etatismus« verbunden war: Nach der »Fiktionstheorie« sollte die Wirksamkeit der Stiftung zwingend von der staatlichen Genehmigung abhängen, wobei ungeklärt war, ob dem Staat insoweit ein freies Ermessen zustehen sollte, oder dieses - wie auch immer - gebunden war. 3 8 Siehe Schulze, in: Stiftungsrecht in Europa, 66 f, auch zu den damaligen Mindermeinungen3 9 So etwa dem Privatrechtlichen Gesetzbuch für den Kanton Zürich (1854-1856), dem Sächsischen Gesetz, die juristischen Personen betreffend v. 15.6.1868 sowie dem Badischen Gesetz, die Rechtsverhältnisse und die Verwaltung der Stiftungen betreffend v. 14.5.1870. Siehe dazu Seifart/v. Campenhausen/Coing, § 5 Rn. 39. 4 0 In: Stiftungsrecht in Europa, 70 f.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht hatten. Als Beispiel sei die Carl-Zeiss-Stiftung U r t y p der deutschen Unternehmensstiftung.

17

v. 1889 4 1 lediglich erwähnt, der

Bei den Vorarbeiten z u m deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch war es daher auch einhellige Meinung, dass diese potenzielle Allzweckstiftung, die sich längst von ihrer internen Reglementierung durch die pia causa gelöst hatte, für den Staat eine Gefahr darstellen könne und daher zwingend einer - wie auch immer ausgestalteten 4 2 - staatlichen Genehmigung bedürfe 4 3 . Als Begründung diente das Argument, die Perpetuierungsmöglichkeit von Vermögen zu einem frei wählbaren Z w e c k über den Tod hinaus stelle eine solche Erweiterung der klassischen Eigentümerbefugnisse dar, dass der Staat das Urteil über Wert oder U n w e r t dieses Zweckinhalts sprechen müsse 4 4 . Das zwingend ausgestaltete reichseinheitliche Erfordernis der Genehmigung, die dem E n t w u r f der »Zweiten B G B - K o m m i s s i o n « entsprach, wurde dann auch in das B G B übern o m m e n 4 5 - allerdings, so bald der Vorwurf, in einer durch die pauschale Gleichbehandlung aller möglichen Stiftungsvarianten »engherzigen« 4 6 G e staltung, die auch in ihrer Ausarbeitung der sonstigen geistigen H ö h e des B G B nicht gerecht geworden sei 4 7 . In der Folge musste die deutsche Stiftung eine weitere, Jahrzehnte andauernde Krise meistern, die ihr zwei Inflationen und Währungsreformen sowie zwei Weltkriege bereiteten 4 8 und in deren Sog ein Großteil der zur Jahrhundertwende bestehenden Stiftungen erstarb 4 9 . Aus den T r ü m m e r n Nachkriegs41 Dazu ausführlich Heuel, Die Entwicklung der Unternehmensträgerstiftung in Deutschland, Dissertation, 2001, 19 ff; Heintzeler, Der Fall »Zeiss«, Dissertation, 1972, passim. Allgemein zur Entwicklung der Unternehmensstiftung in Deutschland Heuel, passim, sowie zur aktuellen und zukünftigen Situation Kronke, Familien- und Unternehmensträgerstiftungen, in: Stiftungsrecht in Europa, 162 ff. 4 2 Im Einzelnen war die Rolle des Staates bei der Stiftungserrichtung aufgrund des Theorienstreits um das Wesen der juristischen Person weiterhin umstritten; siehe Einzelheiten und Nachweise bei StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 33. 4 3 Siehe Schubert (Hrsg.), Die Vorlage der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Allgemeiner Teil 1876-1887, Band 1, 1981, 694 f, und StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 33. 4 4 Siehe den Bericht der Reichstagskommission bei Mugdan, Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, 1899, Band I, 961 f. Dazu auch Schwintek, Stiftungsförderung durch Normativsystem, ZRP 1999, 25 f; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 34. 4 5 § 80 S. 1 BGB. Die Voraussetzungen der Genehmigung und die Einzelheiten zur Aufsicht blieben freilich dem Landesrecht vorbehalten; siehe dazu Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 35; Saenger/Arndt, Reform des Stiftungsrechts: Auswirkungen auf unternehmensverbundene und privatnützige Stiftungen, ZRP 2000,14. 4 6 So Pleimes, Irrwege der Dogmatik im Stiftungsrecht, 1954, 93 f. 4 7 Zum Ganzen Pleimes, Irrwege, 92 ff; Seifart/v. Campenhausen/Seifart, § 6 Rn. 1; Schlüter, 81. Zur rechtsdogmatischen Kritik an der Ausgestaltung des Rechtsgebiets auch Reuter, Neue Impulse für das gemeinwohlorientierte Stiftungswesen, in: Kötz/Rawert/Schmidt/Walz (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2001, 2002, 59 ff. 48 Dazu Liermann, 285 ff; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 36; v. Campenhausen, in: Handbuch Stiftungen 1998, 41 ff. 4 9 Im Vergleich zu den um das Jahr 1900 bestehenden 100.000 Stiftungen handelt es sich bei der heute bestehenden Anzahl von ca. 13.000 Stiftungen um eine »dramatische« Reduzierung um fast 90 %; vgl. Mecking, in: Stiftungsrecht in Europa, 36; siehe auch Leonhard, Gesell-

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

deutschlands stieg sie dann allerdings phönixgleich empor: Sie nutzte den allgemeinen Aufschwung zu einem neuen Frühling, der bis heute anzuhalten scheint und der ihr eine neue, bisher ungekannte Dimension gab. Die öffentlichen Kassen waren leer, die staatliche Gemeinwohlpflege stieß an ihre Grenzen, und so änderte sich das Bild der Stiftung alsbald von einer Gefahr für das Gemeinwesen in eine A r t Heilsbringer: Privates Vermögen wurde als staatspolitische Chance begriffen, die den Staat »entlasten und befruchten« 5 0 könne. D e m Stiftungswesen wurde gewissermaßen eine »Komplementärfunktion« 5 1 zuteil, die einer »Partnerschaft« 5 2 mit dem Staat nahe kam. Es bildete sich ein neuer gleichberechtigter »dritter« Sektor heraus, eine gemeinwohlorientierte Metaebene zwischen dem staatlichen und dem privatwirtschaftlichen B e reich 5 3 , in dem das Stiftungswesen eine zentrale Rolle einnahm. Diese neue Wertschätzung betraf jedenfalls solche Stiftungen, die sich der F ö r d e r u n g des öffentlichen Wohls verschrieben hatten. In deren Windschatten wuchsen jedoch auch »eigennützige« Stiftungen mit, denen zumindest nach der herrschenden Meinung solange keine Grenzen gesetzt waren, wie sie gemeinwohlkonform blieben 5 4 . Diese neue Stiftungswirklichkeit löste bereits zu Anfang der sechziger Jahre einen R u f aus nach einer R e f o r m des Stiftungsrechts des B G B 5 5 , weil die bestehende Gesetzeslage »zersplittert, lückenhaft,

schaftliche Verantwortung - Politische Herausforderung, Mitteilungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen 3/1999, 38. 5 0 Vgl. MünchKomm//?e»£er, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 4; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37. 51 So Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37. 52 Wiederum Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37. Vgl. auch Schlüter, 81. Grundlegend zur »Partnerschaft« von Nonprofit-Organisationen und Staat Friller, Nonprofit-Organisationen als Partner und »verlängerter Arm« des Staates?, in: Nonprofit-Organisationen, 325 ff. 53 Zu Begriff, Bedeutung und Entwicklung des »Dritten Sektors« Graf Strachwitz, Einführung: Der Dritte Sektor, in: Kadgien/Deml, Neue Wege zum Stiftungsziel, 1998, 5 ff; Mecking, in: Stiftungsrecht in Europa, 33; Walz, Stiftungsreform in Deutschland: Stiftungssteuerrecht, in: Stiftungsrecht in Europa, 212 ff. Grundlegend außerdem, aus überwiegend sozioökonomischer Sicht, die Beiträge bei Anheier/Priller/Seibel/Zimmer (Hrsg.), Der dritte Sektor in Deutschland: Organisationen zwischen Staat und Markt im gesellschaftlichen Wandel, 2. Aufl. 1998; Graf Strachwitz (Hrsg.), Dritter Sektor - dritte Kraft: Versuch einer Standortbestimmung, 1998; Friller/Zimmer (Hrsg.), Der dritte Sektor international: mehr Markt weniger Staat?, 2001; dies., Der dritte Sektor: Wachstum und Wandel: aktuelle deutsche Trends, 2001; Salomon, Der dritte Sektor: aktuelle internationale Trends — eine Zusammenfassung - the John Hopkins Comparative Nonprofit Sector Project, Phase II, 1999. 5 4 Konzept der so genannten »gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung«; zum Uberblick über den Meinungsstand nach altem Recht Burgard, NZG 2002, 699 f; Schwarz, Zur Neuregelung des Stiftungsprivatrechts (Teil II), DStR 2002, 1767; MünchKomm/Äe^ier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 8 (kritisch); Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 13. Siehe außerdem Bundesministerium der Justiz, Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 37 ff. 55 Siehe Nachweise, insbesondere auch zu den Verhandlungen des 44. DJT bei Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37; Seifart/v. Campenhausen/Seifart, § 6 Rn. 3; MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 110 ff; 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 4 ff; Schlüter, 82. Zur interministeriellen Arbeitsgruppe aus dem Jahre 1974 siehe Schlüter, 82.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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uneinheitlich und veraltet«56 sei. Um die 40 Jahre später wurde diese Reform mehr oder weniger wunschgerecht - vollzogen und trat zum 1.9.2002 in Kraft. Unabhängig von diesem gesetzlichen Kodifikationsprojekt hat sich in diesen Jahrzehnten der Stiftungsgedanke von der reinen Erfüllung staatlicher Aufgaben zwar nicht gelöst, aber emanzipiert. So kann bei der Errichtung einer Stiftung neben der klassischen altruistischen Motivation der Förderung des öffentlichen Wohls oder -pia causal - eines religiösen Zwecks ein ganzes Potpourri von Triebkräften an der Tagesordnung sein, die meist in einer Gemengelage zusammenfinden. Etwa veranlasst das Fehlen eigener Nachkommen, verbunden mit einem gewissen Pioniergeist, Stifter zunehmend, auch »profane« Projekte zu perpetuieren. Stiftungen werden vermehrt als attraktive und moderne Rechts- und Gestaltungsformen benutzt, um individuelles geschäftliches Engagement jenseits von kollektiver Bindung zu ermöglichen. Die Stiftung als Rechtsfigur hat sich damit zunehmend von ihren ideologischen (religiösen oder gemeinnützigen) Zwängen befreit. Man kann von einer (zweiten) »Metamorphose des Stiftungsgedankens« sprechen 57 : Die Stiftung ist nicht mehr Sklavin ihres ideologisch gebundenen Vermögens, sondern zu einem modernen Instrument wirtschaftlicher Initiative des Stifters geworden 58 . Diese Triebkräfte wirken gegenwärtig auch auf ehemals starre und klassische Stiftungszwecke ein, die nun verstärkt der flexiblen (wirtschaftlichen) Motivationslage eines (noch lebenden) Stifters oder eines handelnden Stiftungsvorstands ausgesetzt sein können. Zumindest werden Anreize deutlich, welche die Gefahr eines Missbrauchs vor Augen rufen. Und schließlich sind weitere Trends im Stiftungssektor zu beobachten, etwa dass sich mehrere Stifter zusammenschließen und Gemeinschaftsstiftungen gründen oder als beachtenswerte Sonderform - Bürgerstiftungen ins Leben rufen 59 . Die Stiftung »genießt« ihre neue Freiheit heute gleichsam »grenzenlos« 60 . Dies geht einher mit einer Modernisierung des erwähnten dritten Sektors, dem heute eine eigenständige Rolle in der Gesellschaft zukommt 61 . So kann 5 6 So Ballerstedt/Salzwedel, Soll das Stiftungsrecht bundesgesetzlich vereinheitlicht und reformiert werden, gegebenenfalls mit welchen Grundzügen? Gutachten, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 44. Deutschen Juristentages Hannover 1962, Band 1, 1962, 31; siehe auch Seifart/v. Campenhausen/Seifart, § 6 Rn. 4. 5 7 So etwa Zoppini, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 403. 5 8 Das Entstehen eines breiten Spektrums unternehmensverbundener Stiftungen macht dies deutlich. Zur Kritik an dieser Entwicklung siehe Münch Komm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7 ff; Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 17 ff; 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 77 ff. 5 9 Vgl. etwa die Feststellung bei Janitzki, Bewirkt die notwendige Reform des Stiftungsrechts auch eine Neubelebung des Stiftungsgedankens?, ZRP 2000, 25. Siehe auch den Bericht der Enquete-Kommission »Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements« des Deutschen Bundestags v. 3.6.2002, BT-Drs. 14/8900, 117, 119, wo empfohlen wird, die bisherige Anzahl von »etwa 35« Bürgerstiftungen zu erweitern und die Bürgerstiftung als rechtliches und gesellschaftliches Institut zu fördern. 6 0 So Zoppini, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 403. 61 Dazu Graf Strachwitz, in: Neue Wege, 5 ff; Mecking, in: Stiftungsrecht in Europa, 33; Walz, in: Stiftungsrecht in Europa, 212 ff sowie die bereits oben genannten Beiträge. Ausführlich zur »Dritter Sektor«-Forschung auch Schlüter, 29 ff.

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1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

das Stiftungswesen tatsächlich anstreben, was es im modernen Gemeinwesen idealerweise tun soll: staatliche Initiativlücken aufzufinden und auszufüllen62. Neben dieser »Renaissance« der »Kultur des Gebens« 63 ist der anstehende vermögensmäßige Generationenwechsel von Bedeutung, mit dem geschätzte 200 Milliarden Euro jährlich bei einer Gesamtmasse privaten Vermögens von 7,5 Billionen Euro auf die Nachfolgegeneration übergehen werden64. Zwar spiegelt sich dieser Wandel in der Gesellschaft und in der stiftungsrechtlichen Anschauung zahlenmäßig noch immer nur in einem relativ langsamen Ansteigen der deutschen Stiftungszahlen wider65. Er wurde jedoch lange als positive Entwicklung gutgeheißen und politisch sowie jetzt auch rechtlich gefördert. Auf der anderen Seite regen sich Stimmen, die dem kritischer gegenüberstehen. Denn die Stiftung kann nun auch zu eigennützigen und fragwürdigen Zielen zweckentfremdet werden. Zudem laufe sie Gefahr, zur »DiscountRechtsform« 66 zu verkommen, die ihren ursprünglichen Zweck sowie ihre Legitimation selbst untergraben könne. Wir werden also Zeuge einer zweiten, neuzeitlichen Metamorphose des Stiftungsgedankens. Sie lässt sich mit dem »Wandel von einer staatspolitischen Gefahr zu einer staatspolitischen Chance«67 kennzeichnen und ist bereit, dem Institut der Stiftung so viele Freiheiten einzuräumen, dass es daran auch zugrunde gehen könnte. An den Schutz der Stiftung sind durch diese Entwicklungen wiederum neue Aufgaben gestellt. Dieser Schutz muss einen Mittelweg gewährleisten zwischen dem konservativen Erhalt des ursprünglichen Stiftungsgedankens und einem modernen, realitätsnahen und funktionellen Stiftungskonzept. Er muss einerseits den stifterischen Verwirklichungsdrang auch in seiner modernen freiheitlichen Ausprägung stützen, andererseits überzogene, rechtsformfremde Wirtschaftsinitiative von Seiten des Stifters oder des handelnden Vorstandes einbremsen. Diese Anforderungen sind ebenso elementar wie ambivalent und werden derzeit nur unzureichend erfüllt. III. Das deutsche Stiftungsrecht im aktuellen

Gewand

Der jahrzehntelange Ruf nach einer Reform des Stiftungsrechts68 ist vom Gesetzgeber in den Jahren 2000 respektive 2002 erhört worden. Davor haben 62 So Ralf Dahrendorf., zit. nach Bischoff Auf dem Weg zu einer Reform des Stiftungsrechts, ZRP 1998, 391. 6 3 So Dietlein/Thiel, Ringen um eine »Kultur des Gebens« - Renaissance des Stiftungswesens, ZRP 2001, 72. Zu den »Theorien des Gebens« an sich siehe in diesem Zusammenhang die Beiträge bei Hopt/v. Hippel/Walz (Hrsg.), Nonprofit-Organisationen in Recht, Wirtschaft und Gesellschaft, Teil 1, 4. Kap., 139 ff. 6 4 Zu den Zahlen ebenfalls Dietlein/Thiel, ZRP 2001, 72, unter Berufung auf eine Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde aus dem Jahre 2000. 6 5 Siehe zu den Errichtungszahlen bereits oben in der Einleitung sowie im »Verzeichnis Deutscher Stiftungen« des Bundesverbandes. 6 6 So K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 148 f. 6 7 So MünchKommAReHter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 5. 6 8 Zur Reformdebatte siehe im Überblick die Nachweise bei MünchKomm//?e«fer, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 110 ff; 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 4 ff; Staudinger/Rawert, Vorbem zu

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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fast alle Bundesländer69 ihre landesrechtlichen Stiftungsgesetze modernisiert und so dem Bund einen zeitgemäßen Boden bereitet70. Hier sollen nur die Linien nachgezeichnet werden, die das »reformierte« Stiftungsrecht von dem der Jahrhundertwende unterscheidet. 1. Reform des Stiftungssteuerrechts Am 1.1.2000 ist das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen v. 14.7.2000 71 (rückwirkend 72 ) in Kraft getreten. Aus der Stiftungssteuerrechtsreform 73 lassen sich folgende Eckpfeiler herausheben.

§§ 80 ff B G B Rn. 36 ff. Gegen ein Reformbedürfnis mit verneinendem Ergebnis seiner Titelfrage Härtl, Ist das Stiftungsrecht reformbedürftig?, Dissertation, 1990, passim-, sehr kritisch dazu MünchKomm/Re»ier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 117. Siehe außerdem folgende Beiträge zu den einzelnen Gesetzesentwürfen: Zum in Kraft getretenen Regierungsentwurf Pluskat, Auf dem Weg zur Modernisierung des deutschen Stiftungsprivatrechts: der aktuelle Regierungsentwurf als Resultat jahrelanger Reformdiskussion, DStR 2002, 915 ff. Insbesondere zu den Gesetzesentwürfen von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP Saenger/Arndt, ZRP 2000, 13 ff; Crezelius/Rawert, Stiftungsrecht - quo vadis?, ZIP 1999, 337 ff; Wochner, Rechtsfähige Stiftungen - Grundlagen und aktuelle Reformbestrebungen, BB 1999, 1441 ff; Muscheler/ Schewe, Die Reform des Stiftungsrechts und die Stiftungserrichtung von Todes wegen, WM 1999,1693 ff; Schwintek, ZRP 1999, 25 ff; Bischoff, ZRP 1998, 391 ff; Andrick/Suerbaum, Das Konzessionssystem - Hindernis oder Garant eines leistungsfähigen Stiftungswesens?, NWVB1. 1999, 329 ff; Schauhoff, Neue Entwicklungen im Stiftungs- und Stiftungssteuerrecht, ZEV 1999, 121 ff; Schiffer/v. Schubert, Unternehmensnachfolger als Gründer - Einsatz unternehmensverbundener Stiftungen?, DB 2000, 437 ff; K. Schmidt, Konzessionssystem und Stiftungsrecht, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 229 ff. 6 9 Die letzte Ausnahme war Hamburg mit dem seit 1958 unveränderten AGBGB; so Burgard, NZG 2002, 698. 7 0 Freilich hat die Reform des Bundesrechts erneute Novellierungen der Landesstiftungsgesetze nach sich gezogen. Siehe dazu unten 1. Teil 1. Kap. A.III.3. 7 1 BGBl. 2000 I, 1034. Ausführlich zu diesem Gesetz Mecking, Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, NJW 2001, 203 ff; Walz, in: Stiftungsrecht in Europa, 197 ff; Dietlein/Thiel, ZRP 2001, 72; Maier, Die Besteuerung der Stiftung nach der Reform, BB 2001, 494 ff. Davor bereits Hüttemann, Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, DB 2000, 1584; Mecking, Das neue Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, AnwBl. 2000, 547 f; Schindler, Auswirkungen des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, BB 2000,2077 ff; Crezelius/Rawert, Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, ZEV 2000,421 ff; Lex, Steuerliche Änderungen für Stiftungen und Spender durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen, DStR 2000, 1939 ff. Monografisch: Zeininger, Die deutsche Stiftung nach der Reform des Stiftungssteuerrechts durch Gesetz vom 14. Juli 2000 und ihre transnationale Offenheit an Hand eines Vergleichs mit dem Stiftungsrecht in Osterreich, Dissertation, 2003, 64, 67 ff. Zur Familienstiftung Knörzer, Die Familienstiftung im deutschen Steuerrecht, SWI 2003, 17 ff. 7 2 Die politische Einigung über die Modernisierung des Stiftungssteuerrechts allein war schon ein schwieriges Unterfangen. Das hinter den Vorstellungen von FDP (BT-Drs. 14/336) und C D U (BT-Drs. 14/2029) zurückbleibende Gesetz v. 14.7.2000 musste noch zu Überarbeitungszwecken den Vermittlungsausschuss passieren (vgl. BT-Drs. 14/2340, 14/3010; BT-Prot. 14/96, 8119, BR-Drs. 205/00) und wurde rückwirkend zum 1.1.2000 in Kraft gesetzt. 73 Zu den Reformschritten vor dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen v. 14.7.2000 siehe Zeininger, 60 ff.

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1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Das Gesetz sieht - zusätzlich zu den bereits bestehenden Höchstbeträgen nach § 10b Abs. 1 S. 1 und S. 2 E S t G für den Spendenabzug im Allgemeinen - einen Sonderausgabenabzug für Zuwendungen an öffentlichrechtliche Stiftungen und an steuerbegünstigte Stiftungen des Privatrechts von bis zu 20.450 Euro vor 7 4 . Dieser Spendenabzug gilt auch im Bereich der Körperschaft- und Gewerbesteuer 7 5 . Betreffen Zuwendungen den Vermögensstock einer neu gegründeten Stiftung, können sie von natürlichen Personen im Jahr der Zuwendung und den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einer Höhe von 307.000 Euro abgesetzt werden 7 6 . Mit dieser Regelung soll die Vermögensanfangsausstattung einer Stiftung gezielt gefördert werden, so dass neu errichtete Stiftungen in finanzieller Hinsicht schneller handlungsfähig werden können. Wird ein Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen unentgeltlich auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen, kann eine solche Entnahme künftig mit dem Buchwert angesetzt werden (so genanntes Buchwertprivileg). Die aufgelaufenen stillen Reserven müssen damit nicht mehr aufgedeckt und versteuert werden 7 7 . Wird ein Betrieb allerdings aufgegeben oder veräußert, unterliegt die Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung wie bisher auch dann der Besteuerung, wenn der Erlös ausschließlich und unmittelbar dem steuerbegünstigten Zweck einer Stiftung gewidmet ist. Auch die Möglichkeiten einer Stiftung selbst, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit dauerhaft zu sichern, sind erweitert worden. So rechnet es prinzipiell zu den andauernden Voraussetzungen steuerlicher Gemeinnützigkeit, dass das privilegierte Gebilde seine laufenden Einnahmen für seine steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet 78 . Dieser zeitnahen Mittelverwendung konnten schon bisher bestimmte Teile der Mittel durch die Bildung einer Rücklage ohne steuerschädliche Folgen entzogen werden. Diese Möglichkeiten der Rücklagenbildung wurden für alle gemeinnützigen Körperschaften (zu denen steuerrechtlich auch Stiftungen zählen) erweitert: Sie dürfen jetzt maximal ein Drittel (bisher 25 % ) der Einnahmen über die »Unkosten« aus der Vermögensverwaltung einer freien Rücklage zuführen 7 9 . Darüber hinaus und für die Zwecke steuerlicher Förderung von gemeinnützigen Körperschaften, die über keine relevanten Einkünfte aus Vermögen verfügen, kann eine gemeinnützige Körperschaft noch höchstens 1 0 % (bisher 5 % ) ihrer sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Rücklage zuführen 8 0 . Daneben können speziell (gemeinnützige) Stiftungen heute eine so genannte Ansparrücklage bilden 8 1 und im Jahr ihrer Errichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren Uberschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben 8 2 ganz oder teilweise thesaurieren, was kapitalschwachen Stiftungen den Aufbau des notwendigen

§ 10b Abs. 1 S. 3 EStG. § 9 Nr. 5 KStG, § 9 Abs. 1 Nr. 2 GewStG. 7 6 § 10b Abs. la EStG. Der Abzugsbetrag von 307.000 Euro kann allerdings der Höhe nach innerhalb des Zehnjahreszeitraums nur einmal in Anspruch genommen werden; er kann jedoch auf mehrere Zuwendungen »gestückelt« verteilt werden. 77 § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 5 EStG. 7 8 § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO (so genannter Grundsatz zeitnaher Mittelverwendung). 7 9 § 58 Nr. 7a Alt. 1 AO. 8 0 § 58 Nr. 7a Alt. 2 AO. Die Rücklagenbildung setzt einen förmlichen Beschluss des zuständigen Organs voraus und kann - da es sich um ein auszuübendes Wahlrecht handelt nicht nachgeholt werden. In der Regel wird der Beschluss im Rahmen der Feststellung der Vermögensaufstellung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr gefasst. Damit gelten die Mittel in dem Jahr, für das der Beschluss gefasst wird, der Rücklage zugeführt; Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 2000, § 8 Rn. 98 i. V. m. Rn. 91. « § 58 Nr. 12 AO. 8 2 Vgl. dazu § 14 AO. 74

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1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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Stiftungsvermögens und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit erleichtern soll 8 3 . Aus dem Zusammenspiel all dessen ergibt sich, dass eine Stiftung im Jahr ihrer Errichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren 100 % ihrer Uberschüsse aus der Vermögensverwaltung und danach ein Drittel der Uberschüsse aus der Vermögensverwaltung einer Rücklage zuführen kann. Des Weiteren kann sie ebenfalls im Jahr ihrer Errichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zu 100 % einer Rücklage zuführen und danach zu höchstens 10 % . Schließlich: Bereits veranlagte Schenkung- oder Erbschaftsteuer erlischt rückwirkend, wenn unter Lebenden oder von Todes wegen zugewendetes Vermögen binnen 24 Monaten an eine steuerbefreite Stiftung weitergeben wird. Schon geleistete Beträge werden zurückerstattet. Diese bereits für Zuwendungen an Kultur- und Wissenschaftsstiftungen existierende Privilegierung wird damit auf nahezu sämtliche gemeinnützige, namentlich auch kirchliche Zwecke erweitert 84 . Grundsätzlich beziehen sich diese neuen Vergünstigungen nun auf nahezu alle gemeinnützigen Stiftungen 85 . Ausgenommen sind lediglich solche, die so genannten Freizeitzwecken im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 4 A O gewidmet sind.

2. Reform des Stiftungsprivatrechts Die Novelle des Stiftungsprivatrechts, das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts v. 15.7.2002, ist am 1.9.2002 in Kraft getreten 8 6 . Im Mittelpunkt des Artikelgesetzes steht eine Neufassung der stiftungsrechtlichen Vorschriften des BGB87.

83 Der ursprüngliche Vorbehalt einer entsprechenden Satzungsklausel fehlt. Hüttemann, DB 2000, 1596, weist darauf hin, dass schon nach den allgemeinen Grundsätzen eine entsprechende Rücklagenbildung steuerlich nur dann zulässig sein dürfte, wenn sie dem Stifterwillen entspricht, so dass hier eine entsprechende Dokumentation des Stifterwillens, soweit möglich, in der Satzung ratsam erscheint. Siehe dazu auch unten 3. Teil 3. Kap. B.III.8. 84 § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. 85 Im Gesetzesbeschluss des Bundestages waren ursprünglich nur die privatrechtlichen Stiftungen begünstigt. Erst auf Intervention des Bundesrates wurde das Gesetz auf seinen jetzigen Adressatenkreis erstreckt und eine Benachteiligung öffentlichrechtlicher Stiftungen vermieden. 8 6 BGBl. 2002 I, 2634. Siehe eine Zusammenstellung der Materialien des Gesetzgebungsprozesses bei Zeininger, 36 Fn. 81. Zum Überblick über das Gesetz statt vieler Nissel, Das neue Stiftungsrecht, 2002, 26 ff. 87 Zur diesbezüglichen, nicht unumstrittenen Gesetzgebungskompetenz des Bundes siehe Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2906 (bejahend); Achilles, Stiftungsrechtsreform und Gesetzgebungskompetenz des Bundes, ZRP 2002, 23 ff (zweifelnd). Siehe außerdem den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 63 f, und dazu Nissel, 34 f. Zur Frage, ob der Bundesgesetzgeber - rückblickend - mit dem Reformgesetz gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG von seiner Regelungskompetenz für das bürgerliche Recht abschließend Gebrauch gemacht hat Peiker, Modell für ein Landesstiftungsgesetz, ZSt 2003, 48. Backert, Fragen zur Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die neu gefassten §§ 80, 81 BGB, ZSt 2004, 51 ff, lehnt schließlich im Hinblick auf den Anspruch auf Anerkennung der Stiftung und die diesbezüglichen Anerkennungsvoraussetzungen sowohl die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG als auch das Gesetzgebungsrecht nach Art. 72 Abs. 2 GG ausdrücklich ab, letzteres insbesondere mit Blick auf BVerfG v. 24.10.2002, NJW 2003, 41.

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Das Stiftungsrecht des BGB - dies sei einführend vorausgeschickt - bestand aus neun Vorschriften. § 80 BGB schrieb neben dem Stiftungsgeschäft die staatliche Genehmigung vor (»Konzessionssystem«), § 81 BGB regelte die Form des Stiftungsgeschäfts unter Lebenden und dessen Widerruf, § 82 BGB den Ubergang des Stiftungsvermögens auf die Stiftung und §§ 83, 84 BGB die Stiftungserrichtung von Todes wegen. Nach § 85 BGB sollte die Stiftungsverfassung, soweit sie nicht auf Bundes- oder Landesgesetz beruht, durch das Stiftungsgeschäft bestimmt werden. § 86 BGB erklärte einige Vorschriften des Vereinsrechts f ü r anwendbar, § 87 BGB enthielt Regelungen zu Zweckänderung und Aufhebung und § 88 BGB f ü r den Vermögensanfall nach Erlöschen der Stiftung. Daneben enthielten freilich die jeweiligen Landesstiftungsgesetze unterschiedliche Vorschriften über die Stiftungsgenehmigung sowie detaillierte Vorgaben für die Verwaltung von Stiftungen, die laufende Stiftungsaufsicht und die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde. Außerdem bestanden zahlreiche landesspezifische Sonderregelungen im Hinblick auf einzelne Stiftungstypen. D a s bisherige S t i f t u n g s r e c h t sah sich also einer z e r s p l i t t e r t e n G e m e n g e l a g e v o n R e c h t s v o r s c h r i f t e n ausgesetzt. A n die G r ü n d u n g einer S t i f t u n g w u r d e n l a n d e s a b h ä n g i g u n t e r s c h i e d l i c h e A n f o r d e r u n g e n gestellt. I h r E n t s t e h e n w a r a b h ä n g i g von der konstitutiven G e n e h m i g u n g der Aufsichtsbehörde. Diese entschied n a c h p f l i c h t g e m ä ß e m E r m e s s e n . D a s E r m e s s e n w a r z w a r g e b u n d e n , es w a r a b e r u m s t r i t t e n , o b u n d u n t e r w e l c h e n V o r a u s s e t z u n g e n es sich auf N u l l r e d u z i e r e n u n d z u e i n e m Anspruch auf S t i f t u n g s g e n e h m i g u n g v e r d i c h t e n k o n n t e 8 8 . L e t z t e res e n t s p r a c h i m m e r h i n d e r i n z w i s c h e n w o h l h e r r s c h e n d e n A n s i c h t 8 9 , h a t t e sich aber w e d e r in allen L a n d e s s t i f t u n g s g e s e t z e n n o c h in R e c h t s p r e c h u n g u n d G e n e h m i g u n g s p r a x i s als klare Leitlinie d u r c h g e s e t z t 9 0 . I m E r g e b n i s b e s t a n d eine gewisse R e c h t s u n s i c h e r h e i t , w a s die S t i f t u n g s e r r i c h t u n g z u einer A r t Verh a n d l u n g s s a c h e des Stifters m i t d e r G e n e h m i g u n g s b e h ö r d e m a c h t e . D i e s w i e d e r u m w u r d e v o n einigen g u t geheißen 9 1 , v o n a n d e r e n missbilligt 9 2 . U m d i e s e n alten R e c h t s b e s t a n d r a n k t e n sich die u n t e r s c h i e d l i c h s t e n R e f o r m g e d a n k e n 9 3 , d i e sich teilweise a u c h in u n t e r s c h i e d l i c h e n G e s e t z e s e n t -

88 Für einen Anspruch auf (lediglich) fehlerfreie Ermessensausübung Andrick/Suerhaum, NJW 2002, 2910; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 11. Für freies Ermessen noch Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Band, 15. Aufl. 1959,721. 89 Siehe etwa Staudinger/Rawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 48 m. w. N.; Rawert, Die Genehmigungsfähigkeit der unternehmensverbundenen Stiftung, Dissertation, 1990, 61 ff; MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 15 ff, 79 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 4 Rn. 6 ff; Palandt! Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, § 80 BGB Rn. 2; Erman/Westermann, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band I, 10. Aufl. 2000, § 80 BGB Rn. 4; Schwarz, DStR 2002, 1720; Schwintek, ZRP 1999, 26; Zeininger, 36. 90 Dazu Burgard, N Z G 2002, 698 m. w.N.; MünchKomm/Äe«ier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 12. 91 So die Quintessenz von Härtl, 168. 92 So vor allem MünchKomm/i?e«ier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 117, jetzt MünchKomm/ Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 12; Staudingerl Rawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 39. 93 Siehe allgemein, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Pluskat, DStR 2002, 915 ff; Dietlein/Thiel, ZRP 2001, 72 ff; Muscheler/Schewe, WM 1999, 1693 ff; Wochner, BB 1999, 1441 ff; Bischoff, ZRP 1998, 391 ff; Härtl,passim.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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würfen niederschlugen 9 4 : Diskutiert wurde v o r allem die Rolle der Stiftungsaufsicht - ihre (radikale) Umgestaltung war einer der Hauptpunkte der Reformdiskussion 9 5 . Im Hinblick auf die Stiftungsentstehung wurde die Forderung laut, das Genehmigungssystem durch ein Register- oder Normativsystem zu ersetzen, und dieses Desiderat wurde gelegentlich sogar verfassungsmäßig überhöht: Allein ein Normativsystem sei in der Lage, das Genehmigungserfordernis vor dem Hintergrund der grundrechtlich verbürgten Stifterfreiheit überhaupt aufrecht zu erhalten 9 6 . Deshalb solle man auch die Aufsicht generell auf andere Organe, etwa auf die der (freiwilligen) Gerichtsbarkeit übertragen 9 7 . M a n plädierte außerdem dafür, die Voraussetzungen für die Errichtung einer Stiftung bundeseinheitlich zu normieren 9 8 , eventuell sogar in einem umfassenden Bundesstiftungsgesetz 9 9 , und forderte in der Sache entweder die Beschränkung 1 0 0 der zulässigen Stiftungszwecke oder ihre völlige Freigabe 1 0 1 . Das wiederum zielte auf die praktisch relevante Frage ab, ob man unternehmensverbundene

Deutschland, in: Stiftungsrecht in Europa, 220. Zu Konsolidierung dieser parlamentarischen Aktivitäten wurde im Juli 2000 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt, die den Reformbedarf »ergebnisoffen« prüfen sollte und ihren Abschlussbericht am 19.10.2001 vorlegte. Zu dieser Arbeitsgruppe und ihrem Bericht siehe Nissel, 22 ff; weitaus kritischer MünchKomm/ Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 21 ff. 95 Siehe etwa Muscheler, Normativ- oder Konzessionssystem im Stiftungsrecht, in: MeckingtSchulte (Hrsg.), Grenzen der Instrumentalisierung von Stiftungen, 2003, 139 ff; Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 139 ff; ders., Konzessions- oder Normativsystem für Stiftungen, in: Hönn/Konzen/Kreutz (Hrsg.), Festschrift für Alfons Kraft zum 70. Geburtstag, 1998, 493 ff; Schwintek, ZRP 1999, 25 ff; Andrick! Suerbaum, NWVB1. 1999, 329 ff; K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 229 ff. 9 6 So etwa Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 152 f; MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7, 9 ff, 118, allerdings seinerseits verbunden mit der Forderung nach einer Einschränkung der Stiftungszwecke unter Anlehnung an die Vereinsklassenabgrenzung nach §§ 21, 22 BGB. Die verfassungsmäßige Notwendigkeit eines Normativsystems wird von Reuter auch nach der (»so genannten«) Reform hochgehalten; MünchKomm/Äe«ter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 7. Außerdem Muscheler, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 166 ff. Vgl. dazu auch Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37; Burgard, NZG 2002, 697; Dietlein/ Thiel, ZRP 2001, 75 f; Schwintek, 384 ff; ders., ZRP 1999, 25 ff; Bischoff, ZRP 1998, 393; Funke, in: Stiftungsrecht in Europa, 222. 97 Siehe Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 152 f; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37; Muscheler, in: Grenzen der Instrumentalisierung von Stiftungen, 166 ff. Dagegen Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 332. 98 Siehe Dietlein/Thiel, ZRP 2001, 77; Funke, in: Stiftungsrecht in Europa, 223. 9 9 Siehe MünchKommAReaier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 118; Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 37; Schwarz, DStR 2002, 1719; Bischoff, ZRP 1998, 393; Härtl, 101. 100 So insbesondere MünchKommAReater, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7 ff, 34 ff, 43 ff; Staudinger/ Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 83 ff, 122 ff. 101 In diese Richtung Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 306; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 7, 52 ff.

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

Stiftungen 1 0 2 , Familienstiftungen 1 0 3 oder auch eine Kombination beider 1 0 4 zulassen oder verbieten solle. Schließlich wurde angemahnt, das Stiftungsgeschehen durch neue Publizitäts- und Rechnungslegungserfordernisse transparenter erscheinen zu lassen 1 0 5 . Von diesen F o r d e r u n g e n hat das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts v. 15.7.2002, streng genommen, nur eine erfüllt. Sie liegt in der K o n k r e tisierung der Mindestvoraussetzungen für den Inhalt einer Stiftungssatzung, der in § 80 Abs. 2 B G B i. V . m . § 81 Abs. 1 B G B festgeschrieben wurde und jetzt bundeseinheitlich gilt. Das Genehmigungsverfahren wurde im G r u n d satz beibehalten. Die Genehmigung ist allerdings durch die so genannte Anerkennung ersetzt worden, auf die bei Vorliegen der Errichtungsvoraussetzungen ein Anspruch besteht 1 0 6 . Materielle Änderungen im »Mitwirkungsverfahren« der Aufsichtsbehörde waren mit dieser Änderung nicht verbunden 1 0 7 . 102 Dazu MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7 ff; Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 17 ff; Schiff er/v. Schubert, Stiftung und Unternehmensnachfolge - Verständnis und Missverständnisse, BB 2002, 265 ff; Schwarz, Die Stiftung als Instrument der mittelständischen Unternehmensnachfolge, BB 2001, 2381 ff; Schiffer, Die unternehmensverbundene Stiftung ist im Gerede, ZEV 1999, 424 ff; Rawert, passim; ders., Der Einsatz der Stiftung zu stiftungsfremden Zwecken, ZEV 1999, 294 ff; Löwer, Stiftungen und Unternehmen im Spannungsverhältnis, in: Handbuch Stiftungen 1998, 401 ff. Siehe ausführlich zur unternehmensverbundenen Stiftung 1. Teil 1. Kap. B.II.l.g. 103 Dazu etwa v. Löwe, Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, Dissertation, 1999; Deischl, Familie und Stiftung, Dissertation, 2000. Siehe ausführlich zur Familienstiftung unten 1. Teil 1. Kap. B.II.l.f. 104 Dazu Nietzer/Stadie, Die Familienstiftung & Co. KG - eine Alternative für die Nachfolgeregelung bei Familienunternehmen, NJW 2000, 3457 ff; Hennerkes/Binz/Sorg, Die Stiftung als Rechtsform für Familienunternehmen, DB 1986, 2217 ff, 2269 ff; Lehleiter, Die Familienstiftung als Instrument zur Sicherung der Unternehmenskontinuität bei Familienunternehmen, Dissertation, 1996, passim. 105 Dazu Burgard, NZG 2002, 697; Schwintek, 394; Funke, in: Stiftungsrecht in Europa, 222; Nissel, 77; Schlüter, 85 f, 424 ff, 430 ff. Aus postreformatorischer Sicht Mattheus, Eckpfeiler einer stiftungsrechtlichen Publizität, DStR 2003, 254 ff; Kußmaul/Meyering, Die Rechnungslegung der Stiftung, DStR 2004, 371 ff. Aus europäischer Sicht Hommelhoff Stiftungsrechtsreform in Europa, in: Stiftungsrecht in Europa, 228 ff. Allgemein zum Nonprofit-Recht Walz, Rechnungslegung für Nonprofit-Organisationen, in: Nonprofit-Organisationen, 259 ff; im Vergleich zum englischen Recht Koss, Anforderungen an die Rechen-schaftspflicht von gemeinnützigen Organisationen - Der UK-SORP als Alternative zu den deutschen Regelungen, in: Kötz/Rawert/Schmidt/Walz (Hrsg.), Non Profit Law Yearbook 2003, 2004,113 ff; siehe außerdem die Beiträge in Walz (Hrsg.), Rechnungslegung und Transparenz im Dritten Sektor, 2004. 106 Dazu Burgard, NZG 2002, 698; Schwarz, DStR 2002, 1720. Kritisch hat allerdings MünchKomm/i?e«ter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 4, angemerkt, dass sich der dem Grundrecht auf Stiftung entstammende Anspruch auf Stiftung nicht mit den verbliebenen Uberprüfungskompetenzen der Anerkennungsbehörde nach § 80 Abs. 2 BGB vertrage. Dazu auch im Folgenden. 107 Siehe statt vieler MünchKomm/Reuter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 1 (»Eine Änderung in der Sache ist nicht beabsichtigt«) und Burgard, NZG 2002, 698, der von einer »Umbenennung (...) allein kosmetischer Natur« spricht. Ebenso Schwarz, DStR 2002, 1720; Andrick! Suerhaum, NJW 2002, 2906 f; Hüttemann, Das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts, ZHR 167 (2003), 39. Schlüter, 393, allerdings sieht bereits den Übergang vom Konzessions- zum Normativsystem vollzogen, obwohl auch er anerkennt, dass sich die Situation hauptsächlich terminologisch geändert habe. Ebenso wohl Schulte/Risch, Die Reform der Landesstiftungsgesetze - Eine Zwischenbilanz - , DVB1. 2005 9 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, 'Wirtschaft und Recht

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Freilich hat der Gesetzgeber den Anspruch auf Anerkennung deutlicher normiert, w o v o n man sich hauptsächlich einen psychologischen Effekt versprach 1 0 8 . N i c h t zuletzt ist das bislang noch umstrittene Leitbild der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung 1 0 9 gesetzlich festgeschrieben worden - eine Stiftung muss nicht gemeinwohlw^fzzg sein, jeder Stiftungszweck ist zulässig, der das Gemeinwohl nicht gefährdet (§ 80 Abs. 2 B G B ) 1 1 0 . Immerhin ergibt sich damit eine nicht zu unterschätzende Veränderung der Perspektive und eine U m k e h r der Beweislast 1 1 1 .

108 Dazu Burgard, NZG 2002, 698; Andrick/Suerhaum, NJW 2002, 2906; siehe auch den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 26. Teilweise wird aber auch darauf hingewiesen, dass dieser Effekt noch hätte verstärkt werden können, wenn ein solches Recht ausdrücklich aufgenommen worden wäre. So geht Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2907, die gesetzliche Formulierung nicht weit genug, da sich der »Rechtsanspruch des Stifters auf Anerkennung der Stiftung erst aus der Kombination von Gesetzeswortlaut und der ihn flankierenden Gesetzesbegründung ablesen lässt. Es wäre der Rechtsklarheit dienlich gewesen, wenn die Konturen des Rechtsanspruchs normativ schärfer gezeichnet worden wären und der >(Rechts)Anspruch< - wie im Bayerischen Stiftungsgesetz - ausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen worden wäre. Gesetzessystematische Hindernisse des BGB hätten dem nicht entgegengestanden, da in § 194 Abs. 1 BGB der Begriff des Anspruchs Verwendung findet«. Freilich: Angesichts der unstrittigen Auslegung des Gesetzes mag dieser Einwand marginal erscheinen. 1 0 9 Die »gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung« wurde zwar schon bisher von der herrschenden Meinung akzeptiert. Diese über den ursprünglichen Stiftungsgedanken hinausgehende Ausweitung der Stiftungszwecke wurde aber von gewichtigen Stimmen in der Literatur in Frage gestellt, siehe etwa MünchKomm/7?e»£er, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 8 ff, und auch einige Landesgesetze sahen insoweit Beschränkungen vor. Ausführlich zum so genannten Prinzip der Neutralität des Stiftungszwecks des neuen Rechts und zum bisherigen Meinungsstand Hüttemann, ZHR 167 (2003), 56 ff; Burgard, NZG 2002, 699 f; Schwarz, DStR 2002, 1767. Schiffer, Fortsetzung der Diskussion zur unternehmensverbundenen Stiftung trotz des neuen Stiftungszivilrechts? - Ein Ruf aus der Praxis, ZSt 2003, 252 ff, hat den Streit um die Zulässigkeit der »gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung« und insbesondere der unternehmensverbundenen Stiftung nun einseitig erga omnes für beendet erklärt. Aus rein positivrechtlicher Sicht wird dem zuzustimmen sein. Die Bedenken der Gegenmeinung lassen sich durch ein derartiges apodiktisches Urteil freilich nicht ausräumen. Darauf hat Rawert, Stiftung und Unternehmen, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 14, bereits hingewiesen und auch MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 43, gibt sich auf diese Weise nicht geschlagen. 110 Die genaue Bedeutung der Gemeinwohlkonformität ist weiterhin umstritten. Die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/8765, 9, verweist auf die Rechtsprechung des BVerwG zur »Schönhuber-Stiftung«, welche Gemeinwohlgefährdung »jedenfalls bei einer Gefährdung von Verfassungsgütern durch die geplante Stiftung« bejaht, BVerwGE 106, 177 ff. Zutreffend weist MünchKomm/i?e«ter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 16, darauf hin, dass diese Entscheidung mit dem Grundrecht auf Stiftung unvereinbar sei und ihr die fehlgehende Vorstellung zugrunde liege, dass die Stiftungsaufsicht eine Mitverantwortung begründende Mitverwaltung sei. Es bestehe insoweit die Gefahr des Handelns nach politischer Opportunität, weshalb Gemeinwohlgefährdung mit Gesetzwidrigkeit gleichzusetzen sei. Ausführlich jetzt MünchKomm/Rexter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 44 f, §§ 80, 81 BGB Rn. 47 ff. Er schlägt die Formulierung »und die Erfüllung des Stiftungszwecks rechtlich möglich ist« vor. Auch Hüttemann, ZHR 167 (2003), 58 ff, und Burgard, NZG 2002, 699 f, empfehlen, den unbestimmten Rechtsbegriff der Gemeinwohlgefährdung einschränkend auszulegen und ihn als Verstoß gegen die Rechtsordnung bzw. das Gesetz zu verstehen. Siehe auch Nissel, 46 ff, und ausführlich Muscheler, Stiftung und Gemeinwohlgefährdung, NJW 2003, 3161 ff, die ebenfalls eine restriktive Auslegung befürworten. 111 Ein Stiftung kann also nur noch versagt werden, wenn die Aufsichtsbehörde den Nachweis führt, dass der geplante Zweck das Gemeinwohl gefährdet; siehe Schlüter, 332.

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Die Reaktionen auf die R e f o r m des Stiftungsprivatrechts waren angesichts der heterogenen Erwartungshaltungen und der Meinungsvielfalt naturgemäß geteilt 1 1 2 . W ä h r e n d manche A u t o r e n die R e f o r m - angesichts des politisch und kompetenzrechtlich 1 1 3 Möglichen - als sachgerechte 1 1 4 oder zumindest pragmatische L ö s u n g loben, die das Stiftungswesen jedenfalls fördern w e r d e 1 1 5 , fürchten andere den Verfall der Stiftungskultur durch die Diskreditierung des Stiftungsgedankens 1 1 6 . Wieder anderen geht die R e f o r m nicht weit genug 1 1 7 . Zahlreiche A u t o r e n nehmen zu Details der R e f o r m kritisch Stellung 1 1 8 . F ü r die vorliegende Arbeit, die auf keiner der dargestellten E x t r e m p o s i t i o nen beruht, können die Konsequenzen der R e f o r m letzten Endes wertfrei ausklingen. Die Tatsache, dass der »Anspruch auf Stiftung« neu erstarkt ist, berührt den Schutz der Stiftung - ein »Anspruch auf die Errichtung« wird sich möglicherweise in einem »Anspruch auf Bestand« fortführen lassen 1 1 9 . Aus dem U m s t a n d , dass die Stiftungssatzung künftig einen Mindestinhalt aufweisen muss, wird man ferner v o n einem einheitlichen, wenn auch rudimentären Grundtypus der Stiftungsverfassung ausgehen können, so dass sich auch die Möglichkeit ergibt, einzelne Satzungsregelungen besser zu positionieren. Darauf aufbauend wird man an die Entwicklung einiger privatautonom

112 Siehe zum Überblick über das Reformgesetz MünchKomm//?e«ier, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 1 ff; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 35 ff; K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 145 ff; Burgard, NZG 2002, 699 ff; Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2905 ff; Schwarz, DStR 2002, 1718 ff; den., DStR 2002,1767 ff; Nissel, 26 ff, 36 ff. 113 Schlüter, 89, weist darauf hin, dass die Meinungsverschiedenheiten über die gegenseitige Kompetenzabgrenzung zwischen Bundesjustizministerium und Ländervertretern ein zentraler Grund für die geringe Reichweite der Reform gewesen sei. Siehe auch Hüttemann, ZHR 167 (2003), 38 f. 114 So Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2909. » 5 So Burgard, NZG 2002, 698, 702; Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2910. 116 So K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 148 f. Noch ärger wäre diese seine Kritik wohl ausgefallen, wenn der im Hinblick auf die Stiftungserrichtung vorgeschlagene Wechsel vom Konzessions- zum Registrierungssystem mit dem damit verbundenen Wegfall jeglichen verwaltungspolitischen Mitspracherechts realisiert worden wäre, für welchen - wie soeben beschrieben - andere plädiert hatten. 117 Siehe etwa Hüttemann, ZHR 167 (2003), 38, 65, der die kosmetische »Modernisierung« anstelle einer grundlegenden »Reformierung« kritisiert. MünchKomm/i?e«£er, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 17 ff, 25, spricht vom »so genannten« Modernisierungsgesetz. Nach Lex, Das neue Stiftungsrecht: Reform, Modernisierung oder Kosmetik?, ZEV 2002, 408, ist das Stiftungsrecht »nicht reformiert, sondern behutsam, aber keinesfalls nur kosmetisch modernisiert worden«. 118 Siehe etwa Mattheus, DStR 2003, 254 ff, die sich über die Nichtumsetzung der Forderungen zur stiftungsrechtlichen Publizität beschwert; ebenso Hüttemann, ZHR 167 (2003), 43 f. Nach Ansicht Muschelers, § 84 BGB und die lebzeitige Stiftungsgründung, DNotZ 2003, 661 ff, 687, hätte § 84 BGB beseitigt und die anstelle der Genehmigung eingeführte Anerkennung generell mit Rückwirkung (analog § 184 BGB) ausgestattet werden sollen. Wiederum Muscheler, NJW 2003, 3161 ff, hält das zentrale, zu den Annerkennungsvoraussetzungen zählende negative Merkmal der »Gemeinwohlgefährdung« für verfehlt; dazu auch MünchKomm/ Reuter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 16,2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 47 ff; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 58 ff; Burgard, NZG 2002, 699 f und Nissel, 46 ff. 119 Siehe dazu 2. Teil 1. Kap. A.I.2.b.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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gestaltbarer »Idealbestimmungen« denken können, die den Schutz der Stiftung möglichst weitgehend verwirklichen 120 . Und nicht zuletzt: Das klare Votum für die gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung - richtig oder nicht hat Schutzbereich und Schutzgegenstand der Stiftung erweitert: Sind alle nicht gemeinwohlgefährdenden Stiftungszwecke erlaubt, müssen auch all diese den Schutz der Rechtsordnung verdienen. Freilich wird noch zu entscheiden sein, ob - abhängig vom jeweiligen Stiftungszweck - Abstriche in der Schutzwürdigkeit einer Stiftung gemacht werden sollten. 3. Landesstiftungsrecht Das Stiftungsrecht vor der Reform des Stiftungsprivatrechts zeichnete sich durch eine Gemengelage bundes- und landesrechtlicher Vorschriften aus. Daran hat sich im Grundsatz nichts geändert. Zwangsläufig hat die Umarbeitung der zentralen Vorschriften des BGB aber Auswirkungen auf die existierenden Landesstiftungsgesetze. Denn sicherlich wird nach Art. 31 GG abweichendes Landesstiftungsrecht vom Bundesrecht »gebrochen« und tritt damit außer Kraft 121 . Außerdem ergeben sich aus Art. 72 Abs. 1 GG Grenzen der landesrechtlichen Regelungskompetenz122, die nicht immer klar zu ziehen sind 123 . Gerade die modernen Stiftungsgesetze, die ihre Reformbemühungen unabhängig vom Bundesrecht vorangetrieben und die bundesrechtliche Reform teilweise antizipiert hatten (wie etwa das zum 1.9.2001 in Kraft getretene BayStiftG 124 ), sehen sich nun Unsicherheiten gegenüber125. Der Versuch, die landesrechtlichen Bestimmungen möglichst maßgeschneidert an die reformierte bundesrechtliche Gesetzeslage anzupassen, mündete in verschiedenen Modellentwürfen für ein

Näheres dazu 3. Teil 3. Kap. B.I.3. Siehe etwa MünchKomm/Re«rer, Band la, §§ 80, 81 B G B Rn. 2; Nissel, 99 f; Hüttemann/Rawert, Der Modellentwurf eines Landesstiftungsgesetzes, ZIP 2002, 2019 f. 122 Die problematische Frage, ob dem Bundesgesetzgeber überhaupt die Kompetenz zum Erlass der in den §§ 80 ff B G B getroffenen Regelungen zustand, soll an dieser Stelle nicht mehr aufgerollt werden; siehe dazu die Verweise oben. 123 Siehe die detaillierte Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit einzelner landesrechtlicher Vorschriften neben dem reformierten Bundesrecht bei Schwarz, Zur Zulässigkeit landesrechtlicher Vorschriften über die Familien- und Unternehmensstiftung, ZEV 2003, 306 ff; Muscheler, Bundesrechtliche Vorgaben und Grenzen für eine Reform der Landesstiftungsrechte, ZSt 2004, 3 ff; ders., Vorrang des Bundesstiftungsrechts vor dem Landesstiftungsrecht, NJW 2004, 713 ff. 124 BayGVBl. 2002, 10, in der Fassung der Neubekanntmachung v. 19.12.2001. Die bayerische Stiftungsrechtsreform sollte unabhängig davon geschehen, ob und inwieweit die bundespolitische Diskussion tatsächlich in eine Überarbeitung der bundesgesetzlichen Stiftungsnormen münden würde; siehe LT-Drs. 14/5498, 2. Das novellierte BayStiftG hatte in seinem Art. 5 S. 1 bereits ein Jahr vor dem Bundesgesetzgeber einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung kodifiziert. Zum bayerischen »Recht auf Stiftung« ausführlich Backert, Maßvolle Neuerungen im bayerischen Stiftungsrecht - Anmerkungen zur Novelle des bayerischen Stiftungsgesetzes vom 1. September 2001 - , BayVBl. 2002, 682 ff; Lex, Das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Stiftungsgesetzes vom 24.7.2001, ZEV 2001, 389 ff. 125 Siehe dazu Risch, Die Zukunft der Landesstiftungsgesetze, in: Grenzen der Instrumentalisierung von Stiftungen, 208 f. 120 121

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Landesstiftungsgesetz 1 2 6 . Bislang hat sich keiner dieser Entwürfe als »herrschend« durchgesetzt, und es ist auch fraglich, ob es eines Modellentwurfs überhaupt bedarf 1 2 7 . I m Hinblick auf das BayStiftG hat Backert die Meinung artikuliert, dass keine »nennenswerten Auswirkungen« auf die bayerische Rechtslage zugek o m m e n seien 1 2 8 . Lediglich der in A r t . 5 BayStiftG verankerte Rechtsanspruch auf Erteilung der Stiftungsgenehmigung sei nur noch von deklaratorischer B e d e u t u n g 1 2 9 . Eine gegensätzliche Meinung vertritt Muscbelerna, wenn er jedenfalls für das Errichtungsstadium einer Stiftung den Landesstiftungsgesetzen nur noch die Benennung der zur Anerkennung zuständigen B e h ö r d e überlassen will 1 3 1 . Diese divergierenden Ansichten lassen sich für alle Landesstiftungsgesetze verallgemeinern und werfen die Frage nach den Spielräumen und Grenzen des Landesgesetzgebers im Verhältnis z u m Bundesgesetzgeber im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung auf. Dies ist das Regime des Art. 72 Abs. 1 G G . Art. 72 Abs. 1 G G schließt die Länder von der Gesetzgebung aus, »solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat«. Und Gebrauch gemacht hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz, wenigstens grundsätzlich, jedenfalls insoweit, als er seine Kompetenzmaterie abschließend regeln wollte 1 3 2 . Deshalb äußert Art. 72 Abs. 1 G G eine Art Sperrwirkung für den Landesgesetzgeber. Diese bezieht sich nach nicht unstrittiger, aber wohl richtiger Ansicht nicht nur auf einen Norm Widerspruch im engeren Sinne 1 3 3 , wie er auch schon von Art. 31 G G erfasst wird und die widersprechende landesrechtliche Norm derogiert. Sondern sie hindert wohl auch gleichlautende oder das Bundesrecht lediglich ergänzende Vorschriften prinzipiell an ihrer Wirksamkeit 1 3 4 . Unter diese Sperrwirkung fallende Nor-

126 Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019 ff. Dazu: Backert/Carstensen, Nochmals: Der Modellentwurf eines Landesstiftungsgesetzes, ZIP 2003, 284 ff; Peiker, ZSt 2003, 47 ff; Schulte/Risch, Quo vadis, Landesstiftungsrecht? Gedanken zur Reform der Landesstiftungsgesetze der Länder, ZSt 2004, 11 ff. Siehe außerdem Schiffer, Die Stiftung in der anwaltlichen Praxis, 2003, 78 f. Zu weiteren Regelungen möglicher Landesstiftungsgesetze auch Hof, Stiftung & Sponsoring, 3/2003, 24. 127 Eine zurückhaltendere Alternative wäre, den Ländern unverbindliche Anhaltspunkte zur Hand zu geben. So hat etwa — um ein Beispiel zu nennen — am 2.12.2003 der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft einen Forderungskatalog mit fünf »Prüfsteinen« für die Novellierung der Stiftungsgesetze der Länder vorgelegt (einsehbar unter http://www.stifterverband.de). 128 So Backert, BayVBl. 2002, 681 f. 129 Backert, BayVBl. 2002, 681 f; Risch, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 194, hält die Vorschrift für in terminologischer Hinsicht überarbeitungsbedürftig. 130 NJW 2004, 715; ZSt 2004, 5, freilich nicht speziell mit Blick auf das BayStiftG. 131 Ähnlich jetzt tatsächlich das NdsStiftG v. 23.11.2004, das RhPfStiftG v. 19.7.2004 und das BrandbgStiftG v. 20.4.2004. 132 Siehe statt aller Jarass/Pieroth/Pieroth, GG, 6. Aufl. 2002, Art. 72 GG Rn. 2. 133 Nur auf Art. 31 GG abstellend MünchKommAReaier, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 2; Mattheus, DStR 2003, 254; Burgard, NZG 2002, 697 f; ausdrücklich auch Backert!Carstensen, ZIP 2003, 284; Risch, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 193. 134 So etwa Schwarz, ZEV 2003, 307; Muscheler, NJW 2004, 715. Siehe auch Sachs/Degenhardt, GG, 3. Aufl. 2002, Art. 72 GG Rn. 26, 30, der darauf hinweist, dass Art. 31 GG für sich genommen nicht die Frage klärt, ob die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG auch gleichlau-

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

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men sind wegen fehlender Landeskompetenz nichtig, wobei es keinen Unterschied macht, ob die betroffenen Normen bereits vor oder erst nach der Sperrwirkung des Bundesgesetzes erlassen worden sind 1 3 5 . Außerdem wird darauf hingewiesen, dass aus dem »Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit« eine Verpflichtung für die Landesgesetzgeber resultiere, die obsolet gewordenen Vorschriften aus den Landesgesetzen zu entfernen und letztere in Aufbau und Inhalt an das neue Stiftungsprivatrecht anzupassen 136 . Nach alledem stehen die Länder vor der schwierigen Aufgabe, den Inhalt des Bundesgesetzes zu extrahieren und dabei auch auf den Willen des Bundesgesetzgebers zu achten, um zu ersehen, wie weit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht hat und wo die ihnen verbliebenen Spielräume liegen. Inhaltlich sollten durch die bundesrechtliche Reform nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers jedenfalls die Voraussetzungen zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Stiftung bundeseinheitlich und abschließend geregelt werden 1 3 7 . »Solange und soweit« 1 3 8 sind damit landesrechtliche Eigenregelungen sicherlich ausgeschlossen 139 . N a c h diesen Grundsätzen sind zwar der Rechtsanspruch auf Anerkennung i.S.d. Art. 5 Abs. 1 BayStiftG und die in Art. 5 Abs. 2 BayStiftG normierten, dem Bundesrecht gleichlautenden Anerkennungsvoraussetzungen v o m Sinngehalt her lediglich deklaratorisch. Sie müssten aber aus Kompetenzgesichtspunkten strenggenommen aus dem Gesetz eliminiert werden 1 4 0 . Im Übrigen ergibt sich für das weitere Nebeneinander von Landesrecht und Bundesrecht nach der Reform ein Bild, das hier nur auszugsweise in Bezug auf einige typische Landesregelungen dargestellt werden kann 1 4 1 . So sind die landesrechtlichen Befreiungen von der Stiftungsaufsicht für Familienstiftungen (etwa Art. 18 Abs. 1 S. 1 i. V. m. 1 Abs. 3 BayStiftG 1 4 2 ) auch unter dem Gesichtspunkt der ausdrücklichen Entscheidung

tendes Landesrecht ausschließt, da Art. 31 GG inhaltsgleiches Landesrecht nicht »bricht«. Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 72 GG Rn. 5 bezeichnet Art. 72 Abs. 1 daher als lex specialis zu Art. 31 GG. A.A. Risch, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 193. 135 Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 72 GG Rn. 4, 5. Auch wenn das Landesgesetz zunächst wirksam zustande gekommen ist, ist kein Rückgriff auf Art. 31 GG notwendig, da Art. 72 Abs. 1 GG dem Landesgesetzgeber die Kompetenzgrundlage entzieht, ohne dass es auf einen Normwiderspruch i.S.d. Art. 31 GG ankäme, siehe Sachs/Degenhardt, Art. 72 GG Rn. 30. A.A. aber Backert/Carstensen, ZIP 2003, 284. Die Sperrwirkung tritt grundsätzlich mit der Verkündung des Bundesgesetzes ein, vgl. Sachs/Degenhardt, Art. 72 GG Rn. 27; Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 72 GG Rn. 7. 136 Siehe Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019; Schwarz, ZEV 2003, 307; Schlüter, 205. 137 RegE, BT-Drs. 14/8765, 9; Schwarz, ZEV 2003, 307. 138 Zu diesem Kriterium Jarass/Pieroth/Pieroth, Art. 72 GG Rn. 4, 5. 1 3 9 Siehe auch Schwarz, ZEV 2003, 307. 140 So Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019. A.A. Backert/Carstensen, ZIP 2003, 284; Backert, BayVBl. 2002, 681 f. Es bleibt mit Spannung zu sehen, wie der für 2006 zu erwartende Neuentwurf des BayStiftG diese Fragen angehen wird. 141 Orientiert an der sich auf die Familien- und Unternehmensstiftung konzentrierenden Darstellung von Schwarz, ZEV 2003, 306. 142 Weitere vergleichbare landesrechtliche Regelungen, die die Aufsicht über Familienstiftungen zumindest einschränken, finden sich in § 10 Abs. 2 BerlStiftG, § 4 Abs. 3 S. 2 BrandbgStiftG, § 17 BremStiftG, § 5 Abs. 1 S. 2 HambStiftG, § 21 Abs. 2 HessStiftG, §§ 14 Abs. 2,27

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

welchem alle zulässigen Stiftungen im Grunde gleich behandelt werden müssen. Die Reichweite dieses Prinzips bezieht sich aber nur auf die Stiftungsemd? i«»g und die Süitungsbeendigung1**. Die Geschäftstätigkeit der Stiftung wird nicht von der bundeseinheitlichen, abschließenden Vorgabe erfasst. Demnach kann die von § 80 Abs. 2 B G B geforderte Gleichbehandlung von Stiftungen nach der Errichtung im Bereich der Operationsphase durch den Landesgesetzgeber modifiziert werden 1 4 5 . § 10 Abs. 2 BerlStiftG a. F. dagegen, der die Anerkennung einer Familienstiftung von der zwingenden Errichtung eines Zweitorgans neben dem Stiftungsvorstand abhängig machte, war nach diesen Grundsätzen nichtig 1 4 6 und musste entfernt werden 1 4 7 . Ebendies gilt für Vorschriften, die spezifische Versagungsgründe gegen die Anerkennung einer Unternehmensstiftung vorsehen 1 4 8 . Eine Ausnahme ist aber in dem Versagungsgrund zu erblicken, dass das Stiftungsvermögen mit einem zu großen unternehmerischen Risiko verbunden und vor der Haftung für Unternehmensschulden nicht sicher ist. Dies stellt wohl eine zulässige Konkretisierung des Anerkennungserfordernisses der »Gewährleistung der dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung« (§ 80 Abs. 2 B G B ) dar, die als Prognoseentscheidung den Landesstiftungsbehörden vorbehalten bleibt 1 4 9 .

In der Literatur wurden weitere Vorschläge zur Anpassung der Landesstiftungsgesetze gemacht 150 . Neben dem durch seine Kürze bestechenden Modellentwurf von Hüttemann/Rawert151 sind vor allem die Folgerungen bemerkenswert, die Muscheler152 aus den bundesrechtlichen Vorschriften zieht. Zusätzlich zu der bereits erwähnten Eliminierung aller Vorschriften des Errichtungsverfahrens bis auf die Benennung der zuständigen Behörde fordert er, einige lan-

Abs. 2 MecklVPStiftG, § 10 Abs. 2 NdsStiftG, § 6 Abs. 3 NRWStiftG, § 19 SchlHStiftG, § 10 Abs. 3 SaarlStiftG. Nach § 13 Abs. 3 BadWürttStiftG kann für Familienstiftungen die Anzeigepflicht für bestimmte Rechtsgeschäfte entfallen. 143 Dazu Burgard, NZG 2002, 697, 700. 144 Vgl. Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/8894, 10; Schwarz, ZEV 2003, 310. 145 Schwarz, ZEV 2003, 310. 1 4 6 Vgl. Schwarz, ZEV 2003, 308; Andrick/Suerhaum, Stiftung und Aufsicht, 2001, 135 (bereits nach alter Rechtslage). Siehe auch Richter, Die Reform des Stiftungsrechts auf Landesebene, ZEV 2003, 314; allgemein Schulte/Risch, DVB1. 2005, 12. 147 Der neue § 10 Abs. 2 des novellierten BerlStiftG in der Fassung v. 22.7.2003, GVB1. 2003, 293, belässt es bei der beschränkten Aufsicht der Familienstiftung. Die Aufsichtsbehörde solle aber darauf hinwirken, dass der Stifter ein internes Uberwachungsorgan vorsehe. Richter, ZEV 2003, 315, sieht es als Nachteil des vereinheitlichten Bundesrechts an, dass dieses »sinnvolle« Erfordernis des obligatorischen Zweitorgans bei Familienstiftungen nicht aufrecht erhalten werden kann. 148 Dazu im Einzelnen Schwarz, ZEV 2003, 310 ff m. w. N.; Schlüter, 328. 1 4 9 So jedenfalls Schwarz, ZEV 2003, 312 f. 1 5 0 Siehe etwa Risch, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 195, zum BayStiftG, der in Art. 9 Abs. 2 S. 1 BayStiftG die Angaben über die »Verwendung des Stiftungsertrags« entfernen möchte. Auch Art. 27 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BayStiftG hält er für nichtig, möchte Art. 11 Abs. 2 S. 2, 22 und 27 BayStiftG streichen und sieht bei Art. 3, 4, 5, 6, 7 S. 1, 8 Abs. 2, 3, 9 Abs. 2 S. 3, 17 Abs. 2 und 30 BayStiftG sprachlichen Anpassungsbedarf; a.a.O., 208 f. Siehe außerdem Peiker, ZSt 2003, 47 ff. 151 ZIP 2002, 2019 ff. NJW 2004, 714 ff; ZSt 2004, 4 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

33

Zulegung der Stiftung sowie N o r m e n , die Satzungsregelungen über Satzungsänderungen betreffen, zu streichen 1 5 3 ; denn solche Vorschriften seien nicht v o m »Verfassungsbegriff« des § 85 B G B erfasst, welcher restriktiver zu interpretieren sei, als dies allgemein getan werde 1 5 4 . Z u m andern sollten die Regelungen z u m Insichgeschäft, zur Haftung der Stiftungsorgane und zur unselbständigen Stiftung entfernt werden, da sie wegen abschließender bundesrechtlicher Regelungen obsolet seien. Schließlich müssten die Genehmigungskataloge im R a h men der Stiftungsaufsicht überarbeitet und zumindest verschlankt werden. Ein eigenständiger Diskussionsgegenstand und eine gleichzeitig höchst intrikate Frage, die nicht unmittelbar mit der Reform des Landesrechts zusammenhängt, ist die in diesem Zusammenhang von Muscheler155 angestoßene und von Reuter156 aufgegriffene Problematik, ob § 85 B G B mit landesrechtlichen Vorschriften kollidiere, welche die Stiftungsorgane zu Änderung und Austausch des Stiftungszwecks sowie zur Auflösung der Stiftung ermächtigen oder die Zweck-änderung durch die Stiftungsbehörden unter geringeren Voraussetzungen zulassen, als dies von § 87 B G B vorgesehen ist. Beide Autoren kommen im Ergebnis zu dem Schluss, dass die §§ 85, 87 B G B Sperrwirkung für derartige Regelungen entfalteten157. Ohne der Diskussion zum Stiftungsbegriff vorgreifen zu wollen, scheint dies bereits aus sich heraus dogmatisch überzeugend. Denn die beschriebenen Landesregelungen können sowohl die § 85 B G B zugrundeliegende Vorbehaltswirkung des Stiftungsgeschäfts 158 als auch den vom Bundesgesetzgeber als abschließende Regelung konzipierten § 87 B G B 1 5 9 unterlaufen und müssten daher streng genommen entfernt werden. Überblickt man nun die seit 1.9.2002 reformierten Landesgesetze, haben bis Mitte 2 0 0 5 Baden-Württemberg 1 6 0 , Berlin 1 6 1 , Brandenburg 1 6 2 , H a m b u r g 1 6 3 , Hessen 1 6 4 , Niedersachsen 1 6 5 , Nordrhein-Westfalen 1 6 6 , Rheinland-Pfalz 1 6 7 , das 153 Angewandt werden könne § 2065 Abs. 2 Alt. 1 BGB analog. Dazu jetzt ausführlich Muscheler, Nachträgliche Änderung der Stiftungssatzung, ZErb 2005, 7 ff. 154 Nach der h.M. setzt sich die Verfassung der Stiftung »aus den materiellen und organisatorischen Grundentscheidungen zusammen, die Gestalt und Zielrichtung (= die Identität) der Stiftungsorganisation bestimmen«; so etwa MünchKomm/Re«ter, 2. Lfg., §85 BGB Rn. 1. Außerdem Seifart/v. Campenhausen/Hof § 3 Rn. 11 f; Soergel!Neuhoff, §85 BGB Rn. 4; Ebersbach, Handbuch des deutschen Stiftungsrechts, 1972, 39. 155 ZSt 2004, 5 ff; ders., ZErb 2005, 7. 156 Der Vorbehalt des Stiftungsgeschäfts, NZG 2004, 939 ff. Reuter diskutiert neben der Ansicht Muschelers außerdem die Stellungnahmen von Staudinger/Rawert, § 87 BGB Rn. 2, 19, 21, von Seifart/v. Campenhausen/Hof § 11 Rn. 303 und Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 337, sowie von LG Mainz v. 23.5.2002, NZG 2002, 738; OLG Koblenz v. 17.12.2001, NZG 2002, 135 und BVerwG v. 29.11.1990, NJW 1991, 713. Siehe außerdem MünchKomm/Äeaier, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 1 ff, § 87 BGB Rn. 4. A.A. Jeß, 80 f. Wohl auch Soergel/Neuhoff § 87 BGB Rn. 5; Ebersbach, 79. 158 Dazu Reuter, NZG 2004, 941 ff; MünchKomm/i?e«ter, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 1 ff. Muscheler, ZSt 2004, 5 ff, ders., ZErb 2005, 7, interpretiert den »Verfassungsbegriff« i.S.d. § 85 BGB bereits so restriktiv, dass Zweckänderungen o.ä. gar nicht unter § 85 BGB fallen und derartige Regelungen bereits an der fehlenden landesrechtlichen Regelungskompetenz scheitern. 1 5 9 Siehe bereits Mugdan, Materialien I, 962 f. 160 Gesetz v. 16.12.2003, GBl. 2003, 720. 161 Gesetz v. 22.7.2003, GVBl. 2003, 293. 162 Gesetz v. 20.4.2004, GVBl. 2004 1,150. 163 Gesetz v. 14.12.2005, GVBl. 2005, 521. 164 Gesetz v. 26.11.2002, GVBl. 2002 I, 700. 165 Gesetz v. 5.11.2004, GVBl. 2004, 394, und v. 23.11.2004, GVBl. 2004, 514.

34

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Saarland 168 und Schleswig-Holstein 169 ihre Landesstiftungsgesetze novelliert 170 . Die Umsetzung der diskutierten Vorgaben erfolgte naturgemäß auf unterschiedliche Weise. Eine umfassende Auswertung der Einzelgesetze muss an dieser Stelle unterbleiben. Verwiesen sei auf Schulte/Risch171, die zusammengefasst folgende Zwischenbilanz ziehen. Der zwingende Reformbedarf sei von allen Ländern weitgehend erfüllt worden. Die Umstellung auf die »Anerkennung« sei eingearbeitet, zusätzliche Errichtungsvoraussetzungen für einzelne Stiftungen seien vor dem Hintergrund der »Allzweckstiftung« entfernt worden 172 . Der Ausbau der Publizitätsvorschriften sei vorangeschritten. In einigen Ländern sei auch die Stifterfreiheit gestärkt worden, indem etwa Vermögenserhaltungsvorschriften nicht mehr erwähnt oder dispositiv ausgestaltet worden seien. Bei der Stiftungsaufsicht gehe der Trend zur Vereinheitlichung der Instrumente. Insgesamt würden die Eingriffsbefugnisse zurückgenommen und die Organverantwortung gestärkt. Privatnützige Stiftungen unterlägen fast überall nur einer reduzierten Aufsicht, die sich auf eine Sicherung der Gemeinwohlverträglichkeit und der Handlungsfähigkeit beschränke. Im Ergebnis bestünde eine »Einheit in der Vielfalt«. Die Landesgesetze hätten jedenfalls eine derartige Entwicklung genommen, dass kein Raum mehr für die Idee eines umfassenden Bundesstiftungsgesetzes bleibe. Zu weit würde es vor diesem Hintergrund gehen, die unterschiedlichen Wege einzelner Länder zu begrüßen, weil dies ein »Forum-Shopping« zugunsten des Stifters ermögliche 173 . Dies erscheint ein allzu opportunistischer Ansatz 1 7 4 . Nichts spricht jedoch dagegen, dass die Länder die ihnen verbliebenen Spielräume im Sinne eines fruchtbaren föderalen Wettbewerbs nutzen.

Gesetz v. 15.2.2005, GVB1. 2005, 52. Gesetz v. 19.7.2004, GVB1. 2004, 385. 168 Gesetz v. 9.8.2004, ABl. 2004, 1554. 169 Gesetz v. 7.10.2003, GVB1. 2003, 516, und v. 15.6.2004, GVB1. 2004, 153. 170 Siehe im Überblick zu einigen dieser Gesetze Richter, Die Reform der Stiftungsgesetze der Länder, ZSt 2004,19 ff; den., ZEV 2003, 314 ff; Schulte/Risch, DVB1. 2005, 12 ff. 171 DVB1. 2005, 9 ff. Weitaus kritischer MünchKommAReafer, 2. Lfg., Vor §80 BGB Rn. 40: Das Grundrecht auf Stiftung werde ignoriert, eine Vereinheitlichung des Landesstiftungsrechts sei nicht in Sicht. Vermittelnd Andrick, Das modernisierte Stiftungsprivatrecht eine Zwischenbilanz, ZSt 2005, 159: Jedes Gesetz bemühe sich auf seine Weise, zu dem gemeinsamen Ziel beizutragen, die Stiftungsfreudigkeit zu stärken und dem Stiftungswesen zu dienen. Vgl. schließlich Richter/Sturm, Stiftungsrechtsreform und Novellierung der Landesstiftungsgesetze, NZG 2005, 655 ff. 172 Lediglich § 4 Abs. 1 BerlStiftG hält weiterhin fest, dass die Satzung, wenn sie über den Vorstand hinausgehende Organe vorsehe, auch Regeln über deren Bildung, Aufgaben und Befugnisse enthalten müsse. Diese Vorschrift ist nach Schulte/Risch, DVB1. 2005, 12, eine unzulässige Ausformung des bundesrechtlich abschließend festgelegten Mindest-Satzungsinhalts. 173 In diese Richtung aber Schulte/Risch, DVB1. 2005, 12. 174 K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 235, hat die Tendenz zum »Stiftungs-Shopping« bereits vor dem Hintergrund der alten Rechtslage als »unbefriedigend« deklariert. 166

167

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht IV. Zwecke, Aufgaben

und

35

Anforderungen

Andern sich Stiftungszwecke über die Jahrhunderte, gewinnt ein solcher Wandel zwangsläufig eine Mehrdimensionalität. Die Verwirklichung neuer Zwecke stellt neue Aufgaben an die Rechtsfigur der Stiftung, aber auch an den Stifter selbst und seine später handelnden Organe. Auch die Stiftungsaufsicht wird ihre Prüfungsmittel und Kapazitäten anpassen müssen. Ziehen wir zwei extrem gegensätzliche Beispiele heran. Aurelius Aristeas aus Akmonia stiftet im 3. Jahrhundert n. Chr. ein Grundstück an einen nicht näher bekannten Personenkreis, verbunden mit der Auflage, das Grab seiner Lebensgefährtin Aurelia solle alljährlich mit Rosen geschmückt werden, andernfalls die Destinatäre »der Gerechtigkeit der Gottheit anheimfallen« möchten 175 . Auch hier wird bereits ein Vermögen zu einem gewissen Zweck perpetuiert. Es handelt sich um ein einzelnes Grundstück, an das an sich keine Beschränkungen gekoppelt sind; lediglich eine Auflage steht im Raum, die (wohl) nur einmal im Jahr von einer Person an einem Tag erledigt werden kann. Die »Stiftung« bedarf keiner Organisation, sondern der oder die Begünstigten können die Aufgabe selbst wahrnehmen. Und sie werden es auch tun, sei es aus Ehrfurcht oder Angst vor der Gottheit, welche die »Stiftungsaufsicht« führt und damit die Erfüllung der Aufgabe überwacht. Wenn auf der anderen Seite der am 30.7.1967 verstorbene Alfried Krupp von Bohlen und Halbach seiner Stiftung sämtliche Anteile der Friedrich Krupp GmbH vererbt, mit dem Zweck, das Großunternehmen als seine Nachfolgerin zu leiten 176 , ist diese Aufgabe eine ungleich größere. Die »ÄV»^-Stiftung« bekam nicht nur den Zweck, die »Einheit des Unternehmens dem Willen seiner Vorväter entsprechend auch für die ferne Zukunft zu wahren«, sondern muss (aufgrund der Anforderungen der Gemeinnützigkeitsverordnung) auch philanthropische Ziele verfolgen, wie die Förderung der Wissenschaft in Forschung und Lehre, des Erziehungs- und Bildungswesens, des Gesundheitswesens, des Sports, der Literatur, der Musik und der bildenden Kunst. Die Stiftung wird durch einen mehrköpfigen Vorstand geleitet, dem ein mehrköpfiges Kuratorium beigeordnet ist. Die Pflege des vielfältig gefächerten Zwecks einer solchen »gemeinnützigen mittelbaren Unternehmensträgerstiftung« ist selbstredend nicht nur eine anspruchsvolle Aufgabe für den handelnden Vorstand und das Kuratorium, sondern stellt auch eine große Herausforderung für die Stiftungsaufsicht dar, die Einhaltung dieser Ziele - auch in den möglichen Grenzbereichen - zu kontrollieren. Diese Bilder haben wie die obige historische Kurzanalyse gezeigt, dass sich der Schutz der Stiftung und ihrer Zwecke im Laufe der Zeit von Schulter zu Schulter weiter verlagert hat. Göttliche Macht, Kirche, Fürsten, Recht und Verwaltung - idealiter war und ist allen das Ziel gemeinsam, dem Willen des Stifters zur Durchsetzung zu verhelfen und den Stiftungszweck zu schützen, der von ihm festgelegt worden ist. Mit der quantitativen und qualitativen Erweiterung der Stiftungszwekke und der damit einhergehenden Potenzierung möglicher Interessenkonflikte haben sich diese Schutzaufgaben heute vervielfältigt. An interne Schutzmechanismen sowie an die externe Schutzkraft des Aufsichtsgaranten sind gegenwärtig erheblich höhere Anforderungen gestellt als dies früher

175 176

Beispiel nach Liermann, 9, beruhend auf einer aus Akmonia stammenden Grabinschrift. Siehe dazu und zum Folgenden Heuel, 123 f.

36

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

der Fall war - und dies sowohl im Sinne von Kapazität als auch von Expertise. Es bedarf einer neuen Schutzqualität. Gleichzeitig wird deutlich, dass mit Zunahme der Stiftungszwecke und Stiftungsarten der Schutz der Stiftung in mancherlei Hinsicht ein relativer geworden ist. Dies betrifft gleichermaßen die Schutzbedürftigkeit wie die Schutzwürdigkeit. So kann die Art des Stiftungszwecks Einfluss darauf haben, inwiefern die Stiftung im Rechtsverkehr als schutzwürdig angesehen wird. Ein gemeinnütziger Zweck wird in der Gesellschaft eine andere Schutzmentalität freisetzen als ein eigennütziger. Je näher der Stiftungszweck an staatliche Aufgaben heranreicht und diese unterstützt, desto höher wird das Interesse der entlasteten Staatsverwaltung sein, diesen Zweck möglichst unverändert beizubehalten. Je weiter auf der anderen Seite eine Stiftung mit bloßer wirtschaftlicher Betätigung befasst ist, um so eher kann man sie den Kräften des Marktes aussetzen und sie im extremen Fall auch untergehen lassen - wie dies für ein schlecht geführtes Unternehmen selbstverständlich ist. Dies alles bezieht seine Rechtfertigung nicht zuletzt daraus, dass zumindest staatlicher Schutz unter Verwendung öffentlicher Ressourcen verwirklicht und durch Steuergelder bezahlt werden muss. Eine rein privatnützige Stiftung verdient diesen allgemeinheitsgetragenen Schutz jedenfalls nicht selbstverständlich. Schlagwortartig also gilt: Je hehrer der Zweck der Stiftung ist, desto höher sind die Anforderungen an ihren Schutz und desto eher hat sie den Schutz auch verdient. Folge hiervon ist, dass die Schutz mittel variieren können und vielleicht sogar müssen, je nachdem, welche Schutzintensität vom Stifter angestrebt wird und stiftungspolitisch angezeigt ist. So kann es sinnvoll sein, einige Stiftungen bereits durch eine straffe mehrorganige Organisation einer starken internen Kontrolle zu unterwerfen, wie es bei wirtschaftlich tätigen Stiftungen ohnehin häufig der Fall sein wird. In einem solchen Fall könnte die externe staatliche Kontrolle weit moderater ausfallen als bei einem altruistisch gewidmeten Vermögen, das in schwach ausgeprägter Organisationsform wehrlos daniederliegt. Als erstes Zwischenresümee drängt sich auf, dass sich mit dem Wesen der Stiftung auch die Aufgaben eines wirksamen Stiftungsschutzes und die an ihn gestellten Anforderungen verändert haben. Allein: Wie diese Anforderungen zu definieren sind und wie sie wirksam mit der bestehenden rechtlichen und empirischen Stiftungswirklichkeit in Einklang gebracht werden können, ist damit noch nicht gesagt - es ist ein Desiderat dieser Arbeit, darauf eine Antwort zu finden. B. Gedanken zum Stiftungsbegriff Bei den Überlegungen zu den Ursprüngen und Entwicklungen des Stiftungsgedankens und der Veränderung der Stiftungszwecke ist eine genauere Definition der Stiftung bisher auf der Strecke geblieben. Dabei ist der »Stiftungsbegriff«

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

37

seit jeher ein zentraler Punkt allen stiftungsrechtlichen Denkens. Was ist die Stiftung und durch welche Merkmale zeichnet sie sich aus? Diese Frage ist hier in dreierlei Hinsicht relevant. Einmal, u m Forschungsbereich und umfang dieser Arbeit festzulegen. Außerdem, u m tatsächlich eine allgemeingültige Definition der Stiftung zu finden oder gar die hergebrachten Definitionen zu überdenken. U n d schließlich: N u r wenn die Stiftung als Rechtsfigur klar umrissen ist, können sie und ihre elementaren Bestandteile effektiv geschützt werden. Überlegungen z u m Stiftungsbegriff rühren an die Grundlagen des Stiftungsrechts. Bereits die Diskussion dieser Grundlagen wird jedoch auf den eigentlichen Gegenstand der Untersuchung ausgerichtet sein: den Schutz der Stiftung im Hinblick auf Interessenkonflikte im Stiftungsrecht. I. Der klassische 1. Allgemeine

Stiftungsbegriff Definition

ct. Die Stiftung der $§ 80 f f BGB Die Frage, was die Stiftung ist, ist gleichzeitig diejenige nach ihrer Definition. Das B G B der Jahrhundertwende hat eine solche nicht festzuschreiben gewagt und auch die reformierten Passi halten nur einen Katalog ihrer Gründungsvoraussetzungen bereit 1 7 7 , keine Legaldefinition. Aus Sicht der heutigen herrschenden Meinung ist die Stiftung der §§ 80 ff B G B eine rechtsfähige Organisation, die bestimmte, durch ein Stiftungsgeschäft festgelegte Zwecke mit Hilfe eines ihr dazu dauerhaft gewidmeten Vermögens verfolgt 1 7 8 . Manche Stimmen betonen zusätzlich das organisatorische Substrat und nehmen als Negativvoraussetzung in die Definition auf, dass eine Stiftung nicht aus einem Personenverband bestehe 1 7 9 . Auch findet man Umschreibungen, die die Zweckbindung des Vermögens in eine noch zentralere Position rücken und zumindest die gemeinwohlfördernde rechtsfähige privatrechtliche Stiftung als ein Rechtsinstitut begreifen, das kraft Rechtsform das Ausschüttungsverbot und die Bindung des Vermögens an den von den Gründern im Rahmen der Stifterfreiheit gesetzten Zweck grundsätzlich unabänderlich festlege 180 . Schließlich kann man auf den Errichtungsakt des Stiftungsgeschäfts abstellen und fordern, dass ein Stifter (oder eine Mehrzahl von Stif-

177 Siehe dazu nur §§ 80 und 81 BGB sowie Burgard, NZG 2002, 698 f; Schwarz, DStR 2002,1720 ff; Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2907 f. 178 So die ursprüngliche Definition der Rechtsprechung, etwa BayOblG v. 25.10.1972, NJW 1973, 249. Aus der Literatur siehe StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 4; ders., Der Stiftungsbegriff und seine Merkmale - Stiftungszweck, Stiftungsvermögen, Stiftungsorganisation, in: Stiftungsrecht in Europa, 109; HK-BGB/Dörner, Bürgerliches Gesetzbuch, 2001, Vor §§ 80-88 BGB Rn. 1; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9. Aufl. 2004, § 219 f; Erman/Werner, Band I, 11. Aufl. 2004, Vor §80 BGB Rn. 7; Pues/ Scheerbarth, Gemeinnützige Stiftungen im Zivil- und Steuerrecht, 2001, 1. 179 So etwa Palandt/Heinrichs, Vorbem v § 80 BGB Rn. 1; MünchKomm/Äeater, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 46. Siehe außerdem BFH v. 25.4.2001, BFH/NV 2001, 1457 ff = IStR 2001, 589 ff. 180 So Richter, IM.

38

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

tern) in einem Stiftungsgeschäft förmlich den Willen bekunde, zur Verwirklichung eines bestimmten Zwecks auf Dauer eine Stiftung zu errichten und diese mit den hierzu benötigten Mitteln (Vermögen) und einer zweckentsprechenden Organisation (Vorstand) auszustatten 181 . Entscheidende Unterschiede im materiellen Gehalt der Definition sind mit solchen Differenzierungsnuancen in der Regel nicht verbunden. Die Stiftung des deutschen B G B zeichnet sich aus als personifiziertes und verselbständigtes Zweckvermögen ohne Mitglieder, gebildet aus drei konstitutiven Grundmerkmalen, die noch näher zu bestimmen sein werden: dem Zweck, dem Vermögen und der Organisation 1 8 2 . b. Andere

Rechtsordnungen

Ahnlicher N a t u r ist der Stiftungsbegriff in der Schweiz. Die schweizerische Stiftung der Art. 80 ff Z G B 1 8 3 wird als personifiziertes Zweckvermögen bezeichnet, das keine Mitglieder oder Teilhaber hat, und über deren Urkunde, Existenz und Vermögen keiner der Beteiligten verfügen darf 1 8 4 . Interessanterweise werden zu den konstitutiven Stiftungsmerkmalen Errichtungswille, Z w e c k und Vermögen gezählt, nicht jedoch die Organisation, die auch nach einer Errichtung von der Stiftungsbehörde nachgeholt werden könne 1 8 5 . Im System der juristischen Personen wird die Stiftung dort als privatrechtliche Anstalt bezeichnet (Art. 52 Z G B ) , in Abgrenzung zu den körperschaftlich organisierten Personenverbindungen 1 8 6 . Das schweizerische Stiftungsrecht - dies zur Einführung - wurde mit Gesetz v. 8.10.2004 1 8 7 grundlegend reformiert 188 . Eckpfeiler der am 1.1.2006 in Kraft getretenen Reform waren die Einführung einer obligatorischen Revisionsstelle und einer Buchführungspflicht grundsätzlich für alle Stiftungen sowie die Ermöglichung eines Zweckänderungsvorbehalts für den Stifter. Dazu kam die Anpassung etlicher weiterer

181 182

sieht.

So Seifart/v. Campenhausen/Seifart, 1987, § 1 Rn. 3. Anders allerdings Kronke, 8 f, der im Vermögen kein elementares Strukturmerkmal

Schweizerisches Zivilgesetzbuch v. 10.12.1907, BS 2, 3. So etwa Riemer, in: Stiftungsrecht in Europa, 512; Braun, Die steuerpflichtige und gemeinnützige Stiftung aus der Betrachtung zweier Rechtsordnungen, Dissertation, 2000, 1. Ausführlich zum Stiftungsbegriff auch Kiinzle, Konturen des Stiftungsbegriffs aus schweizerischer Sicht, in: Caspers/Wagner/Künzle, Die Liechtensteinische Stiftung, 2002, 1 ff. 1 8 5 Siehe Riemer, Personenrecht des ZGB, 2. Aufl. 2002, 263. 186 Siehe dazu BernKomm/Riemer, Band 1, 3. Abteilung, 3. Teilband, 1975, SysT Rn. 16; Riemer, Personenrecht, 261 f; BaslKomm/Grüninger, Art. 80 ZGB Rn. 2. 187 Siehe zum Text des am 19.10.2004 veröffentlichten Erlasses BB1. 2004, 5435, AS 2005, 4545. 188 Siehe zu dieser Reform und zu weiteren das Stiftungsrecht beeinflussenden Entwicklungen ausführlich Jakob, RIW 2005, 671 ff, mit umfassenden Nachweisen. Außerdem jetzt Sprecher, Die Revision des schweizerischen Stiftungsrechts, 2006, passim; Aehersold, Das neue Stiftungsrecht, BN 2005, 73 ff; Wächter, Schweiz: Änderungen des Stiftungsrechts zum 1.1.2006, ZErb 2006, 11 ff; ders., Reform des Stiftungsrechts in der Schweiz, ZErb 2004, 378 ff; Riemer, Entwicklungen im Gesellschaftsrecht, SJZ 2005, 497 f. 183

184

1. Kapitel: Die Stiftung ah Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

39

Bestimmungen des Z G B sowie des Stiftungssteuerrechts 189 . Auswirkung auf das Stiftungsrecht hat außerdem das neue Fusionsgesetz v. 3.10.2003 1 9 0 , das am 1.7.2004 in Kraft getreten ist 191 . In Liechtenstein versteht man unter der Stiftung der Art. 552 ff P G R 1 9 2 eine mitgliederlose juristische Person mit eigener Organisation, die zu dem Ziel eingesetzt wird, mit Hilfe des gewidmeten Vermögens einen bestimmt bezeichneten Z w e c k zu erreichen 1 9 3 . Das »Einwanderungsland« Liechtenstein zählt derzeit neben 32.000 natürlichen ca. 80.000 juristische Personen; mangels Publizität existieren keine genauen Zahlen, es dürfte sich jedoch bei einem Großteil um Stiftungen handeln 194 . Dem liechtensteinischen Stiftungsrecht eilt noch immer ein fast legendärer Ruf voraus. Und in der Tat nimmt es im internationalen Vergleich eine herausragende Stellung ein, weil die Summe seiner Eigenschaften das ebenfalls liberale Recht anderer Staaten übertrifft: »Die Kombination aus den Merkmalen Rechtspersönlichkeit, möglicher Anreicherung mit körperschaftlichen Elementen durch starke Stifterrechte und Einflussmöglichkeiten der Begünstigten, dauerhafter Bestand, voraussetzungsloser Stiftungsgenuss, Vermeidung der Regierungsaufsicht, Vermeidung der Publizität bei hinterlegten Stiftungen und Begünstigtenschutz gegenüber Gläubigerzugriffen sind in derselben Weise bei keiner Stiftung vorhanden« 195 . Gleichzeitig warnt man - auch de lege ferenda - vor unehrlichen Mischgebilden zwischen Stiftung und Körperschaft, die vom Stifter manipuliert und zu Geldwäschezwecken missbraucht werden können, sowie vor inakzeptablen Haftungsexklaven. Andernfalls »liefe die Rechtsform Stiftung Gefahr, gläubigerschädigenden Missbrauch institutionell geradezu zu fördern« 1 9 6 . Es nimmt nicht Wunder, dass auch in Liechtenstein seit kurzem über eine Reform des Stiftungsrechts nachgedacht wird 1 9 7 . Das Schicksal der im Juni 2004 in Form eines 189 Zur Neuregelung des Steuerrechts siehe Jakob, RIW 2005, 676 f. Allgemein zum schweizerischen Stiftungssteuerrecht siehe Braun, 25 ff; Koller, Maecenas ante portas? - Die steuerliche Behandlung von privatrechtlichen Stiftungen gemäß der Parlamentarischen Initiative Schiesser, in: Riemer/Schiltknecht (Hrsg.), Aktuelle Fragen zum Stiftungsrecht, unter Einbezug der geplanten Gesetzesrevision, 2002, 17 ff; ders., Stiftungen und Steuern, in: Riemer (Hrsg.), Die Stiftung in der juristischen und wirtschaftlichen Praxis, 2001, 39 ff. 190 Bundesgesetz v. 3.10.2003 über Fusion, Spaltung, Umwandlung und Vermögensübertragung (FusG), BB1.2003, 6691. 191 Zu Vorgeschichte und Gesetzgebungsverfahren siehe Riemer, Stiftungen und Fusionsgesetz, in: Die Stiftung in der juristischen und wirtschaftlichen Praxis, 101 ff; Plüss, Stiftungsrechtsreform in der Schweiz - ein Überblick, JHR 2002 (2003), 21 ff. Zu den Regelungen mit Auswirkungen auf das Stiftungsrecht siehe Riemer, Die Behandlung von Vereinen und Stiftungen im Fusionsgesetz, SJZ 2004, 201 ff;.Jakob, RIW 2005, 677. 192 Personen- und Gesellschaftsrecht v. 20.1.1926, LGBl. 1926 Nr. 4. 193 Siehe Lampert/Taisch, in: Stiftungsrecht in Europa, 523; Böckle, LJZ 2001, 63; Hepberger, Die Liechtensteinische Stiftung - Unter besonderer Berücksichtigung der Rechte des Stifters nach deren Errichtung, 2003, 49 f; Kneller, Die Haftung für die Verwaltung einer liechtensteinischen Stiftung, Dissertation, 1993, 9. Zur Geschichte des PGR und des liechtensteinischen Stiftungsrechts siehe Kneller, 1 ff. Ausführlich zum liechtensteinischen Stiftungsrecht jetzt auch Bosch, Liechtensteinisches Stiftungsrecht, 2005, passim. 194 Siehe Schauer, in: Aktuelle Themen, 67 ff. 195 So Schauer, in: Aktuelle Themen, 115. 196 So Bosch, Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Pflichtteilsberechtigten gegenüber einer liechtensteinischen Stiftung, LJZ 2003, 61 ff. 197 Dazu Bosch, 773 ff; ders., LJZ 2003, 61 ff; Wagner/Hepberger, RIW 2005, 279 ff; SantoPasso, LJZ 2005, 1 ff.

40

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Vernehmlassungsentwurfs vorgelegten Änderungsvorschläge ist derzeit noch offen. In Grundzügen enthält der Entwurf folgende Eckpunkte, die im Einzelnen über den hier diskutierten Stiftungsbegriff hinausgehen. So sollen Unklarheiten in Bezug auf den Stiftungszweck ausgeräumt werden, indem auch die »Verwaltung und Verwendung von Vermögen für Begünstigte« und damit die »voraussetzungslose Ausschüttung« sowie die »Erhaltung und Förderung von Unternehmen« als zulässige Stiftungszwecke festgeschrieben werden. Betreibt die Stiftung ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe, muss dieses unmittelbar der Verwirklichung des nichtwirtschaftlichen Zwecks dienen. Die Möglichkeit der Errichtung reiner Familienunterhaltsstiftungen wird beibehalten; »gemischte Familienstiftungen«, die ebenfalls die Privilegien von Familienstiftungen genießen, werden nur noch als solche anerkannt, wenn der außerhalb der Familie liegende Zweck ein untergeordneter ist. Die Hinterlegung der Stiftungsdokumente soll im Hinblick auf die Uberprüfbarkeit der statuarischen Zweckbestimmung neu geregelt werden; die entscheidenden Vertraulichkeitskriterien (keine Hinterlegungspflicht für die Beistatuten, keine Pflicht zur Offenlegung von Stifter und Begünstigten) werden allerdings nicht angetastet. Die Möglichkeit des Vorbehalts freier Widerrufs- und Änderungsrechte des Stifters bleibt bestehen; explizit soll aber verankert werden, dass diese Rechte unübertragbar und unabänderlich sind. Die Abänderung des Stiftungszwecks durch Stiftungsorgane oder die Aufsichtsbehörde ist nur noch unter gewichtigen, im Gesetz beispielhaft genannten Gründen zulässig. Um die Regierungsaufsicht zu stärken, sollen der Aufsicht unterstehende Stiftungen verpflichtet werden, eine unabhängige Revisionsstelle einzusetzen, die der Aufsichtsbehörde jährlich Bericht erstatten muss; zusätzlich wird der Katalog der aufsichtsbehördlichen Befugnisse klarstellend geregelt. Ausdrücklich sollen die Gründe festgelegt werden, wann eine Stiftung aufzulösen ist. Die Umwandlungsmöglichkeiten der Stiftung sollen auf die Rechtsinstitute des Trust sowie des Treuunternehmens beschränkt, die Umwandlungsmöglichkeit in eine Anstalt abgeschafft werden. D e r diesen Rechtsordnungen zugrunde liegende Definitionsansatz ist jedoch nicht selbstverständlich, wie etwa ein Blick nach Osterreich zeigt. Dort gilt für die allgemeine Stiftung nach dem B S t F G 1 9 8 ein engerer, nämlich zwingend gemeinwohlbezogener Begriff 1 9 9 : Die Stiftung nach §§ 1 Abs. 1, 2 BStFG wird als Rechtssubjekt 2 0 0 beschrieben, das durch die Widmung eines Vermögens durch den Stifter aufgrund eines Rechtsgeschäfts unter Lebenden oder von Todes wegen zu gemeinnützigen Zwecken auf Dauer und durch Annahme dieser Widmung durch die Stiftungsbehörde entsteht 201 . Diese rein gemeinnützige Stiftung nach dem B S t F G bedarf also der Genehmigung durch eine verwaltungsrechtliche Stiftungsbehörde (§§ 3, 39 BStFG) 2 0 2 und untersteht der fortlaufenden Stiftungsaufsicht ( § 1 3 Bundesstiftungs- und Fondsgesetz v. 27.11.1974 (BStFG), östBGBl. 1975,11. Siehe aber auch Böhler, Die Stiftung in Osterreich, 1996, 23, die beiden österreichischen Stiftungsarten einen »Grundtypus« zugrundelegt, der konsequenterweise auf den Gemeinwohlbezug verzichtet und an die »gesamtdeutschsprachige Stiftungsdogmatik« angelehnt ist. 2 0 0 Zur Rechtssubjektivität der Stiftung Hermritt, Das österreichische Stiftungsrecht, 1896, 4 ff. 2 0 1 Vgl. Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 420 f; Rummel/Welser, Kommentar zum ABGB, Bd. 1, 3. Aufl. 2000, § 646 ABGB Rn. 1; Schwimann/Eccher, Praxiskommentar zum ABGB, Bd. 3, 2. Aufl. 1997, § 646 ABGB Rn. 1. Zum Überblick über die Grundlagen der Stiftung nach dem BStFG siehe Kalss, Zehn Jahre österreichisches Privatstiftungsrecht - Ein Blick auf die Stiftung in Osterreich, in: First Advisory Group (Hrsg.), Festschrift zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Dr. Herbert Batliner, 2004, 140 f; Schwar, Gemeinnützige Stiftungen und Fonds in Österreich, GeS 2003,192 ff. 198

199

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

41

BStFG) 2 0 3 . Insgesamt ist sie eine Stiftung der »alten Schule« und stellt sich nicht als sonderlich attraktive Gestaltungsform dar, insbesondere wenn es darum geht, Familienvermögen zugunsten einer Familie zusammen zu halten 2 0 4 . Seit 1.9.1993 existiert allerdings die eigenständige Rechtsfigur der Privatstiftung nach dem Privatstiftungsgesetz (PSG) 2 0 5 : Nach der Legaldefinition des § 1 P S G 2 0 6 ist die Stiftung eine inländische Rechtspersönlichkeit, der vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen. Dazu muss kommen, dass sie keine gewerbsmäßige Tätigkeit ausübt, die über eine bloße Nebentätigkeit hinausgeht 207 , nicht die Geschäftsführung einer Handelsgesellschaft übernimmt und nicht persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft des Handelsrechts oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft ist 2 0 8 . Mit gemeinnützigem Handeln hat diese Privatstiftung nur noch wenig zu tun. Vielmehr ist sie als offenes Modell konzipiert, das etwa als Perpetuierungsstelle für (Familien-) Vermögen mit Holdingfunktion eingesetzt werden kann 2 0 9 . I m romanischen Rechtskreis ist es dagegen weiterhin üblich, den Stiftungsbegriff an das Merkmal der Gemeinnützigkeit zu binden. Die Gemeinnützigkeit zur zwingenden Voraussetzung machen das französische, das italienische, das spanische (auch nach der Reform v. 1.1.2003) 2 1 0 und das portugiesi-

2 0 2 Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hat die Behörde allerdings kein Ermessen; siehe Kalss, in: Festschrift Batliner, 141 m. w. N. 2 0 3 Konsequenterweise gibt es daher auch in Osterreich Landesstihungsund Fondsgesetze, die das BStFG flankieren; siehe zum Uberblick über diese gesetzlichen Regelwerke Gassauer-Fleissner/Grave, Stiftungsrecht, 2005, 97 ff. 2 0 4 Siehe Kalss, Stiftungsrecht in Osterreich, Discussion-Paper zu einem Vortrag am 7.10.2004 in der Bucerius Law School, zitiert mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin,

10.

2 0 5 ÖstBGBl. 1993, 694. Nach letzten Erhebungen beträgt die Anzahl derzeit in Österreich registrierter Privatstiftungen 2527, gegenüber lediglich 220 Stiftungen nach dem BStFG; siehe die Zahlen bei Kalss, Discussion-Paper, 2 f, die sich auf eine Auskunft des Bundesministeriums des Inneren v. 14.9.2004 bezieht. 2 0 6 Zur österreichischen Privatstiftung siehe die umfangreichen Literaturnachweise vor Arnold, Privatstiftungsgesetz, 2002, § 1 PSG Rn. 1. Außerdem Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 423 ff; Doralt, Die österreichische Privatstiftung - Ein neues Gestaltungsinstrument für Unternehmen, ZGR 1996, 1 ff; Rummel/Weiser, § 646 ABGB Rn. 1; Schwimann/ Eccher, § 646 ABGB Rn. 2. Für einen Kurzüberblick vgl. Kalss, in: Festschrift Batliner, 141 ff. Zum österreichischen Stiftungssteuerrecht siehe statt vieler Knaus, Steuerliche Aspekte der Privatstiftung, in: Doralt/Kalss (Hrsg.), Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts, 2001, 327 ff. 2 0 7 Zulässig sind etwa ein Museumsshop oder ein Schlosscafe; vgl. Csoklich, Anwendungsbereich und Gründung einer Privatstiftung, in: Csoklich/Müller/Gröhs/Heibich (Hrsg.), Handbuch zum Privatstiftungsgesetz, 1994, 15 f; Arnold, § 1 PSG Rn. 17; Kalss, DiscussionPaper, 14. 208 n j e ; n Deutschland umstrittene Bildung einer Stiftung & Co. KG ist nach dieser Begriffsdefinition verboten. 2 0 9 Siehe hier statt aller Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 428; Kalss, Die Privatstiftung als Baustein des Gesellschaftsrechts, in: Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts, 37 ff. Auf diesen grundlegenden Unterschied zum deutschen Recht wird an einigen Stellen zurückzukommen sein. 2 1 0 Dazu Fischer, RIW 2003,279.

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1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

sehe Recht, letzteres jedenfalls bei Stiftungen von Privatpersonen 2 1 1 . Auch in Belgien war durch das Gesetz v. 27.6.1921 die Stiftung per definitionem auf den öffentlichen N u t z e n (établissement d'utilité publique/instelling van openbaar nut) beschränkt 2 1 2 . Mit der Stiftungsrechtsnovelle v. 2.5.2002 213 ist dort allerdings - dem modernen Trend entsprechend - die Errichtung einer Privatstiftung (fondation privée/private stichting) zu privaten Zwecken zugelassen worden 2 1 4 . E i n e n d i a m e t r a l e n U n t e r s c h i e d z u m d e u t s c h e n Stiftungsbegriff w e i s t schließlich das a n g l o a m e r i k a n i s c h geprägte S t i f t u n g s r e c h t auf. D o r t existiert die Stiftung nicht als eigenständige Rechtsform des bürgerlichen Rechts, sondern als steuerrechtliches Phänomen: Eine »normale« corporation wird zur Stiftung, wenn sie bestimmte gemeinnützige und damit steuerlich privilegierte Zwecke verfolgt. Konsequenterweise kann nach geltendem US-amerikanischen Recht eine nonprofit corporation auch mit Mitgliedern gegründet werden, also einen Personenverband im klassischen Sinne darstellen 215 . Im englischen Recht fällt unter den Begriff der charity - also des Gemeinnützigkeitswesens - auch die »Stiftungsform« der charitable companylxb, eine Art Stiftungsgesellschaft mit beschränkter Haftung. N e b e n dem trust, der mit einer unselbständigen Stiftung vergleichbar ist 217 , sind diese »Stiftungskorporationen« der Grundtypus des angloamerikanischen Rechts 2 1 8 . c. Abgrenzungen:

Körperschaften

und unselbständige

Stiftungen

D e r d e m d e u t s c h e n R e c h t u n d dieser A r b e i t z u g r u n d e liegende Stiftungsbegriff g r e n z t die S t i f t u n g gleichzeitig v o n z w e i ä h n l i c h e n R e c h t s f o r m e n ab, die e b e n falls s t i f t u n g s ä h n l i c h e Z w e c k e v e r f o l g e n k ö n n e n , a b e r keine S t i f t u n g e n i m R e c h t s s i n n e sind: Körperschaften u n d unselbständige Stiftungen. A u c h eine K ö r p e r s c h a f t lässt sich z w a r s t i f t u n g s a r t i g s t r u k t u r i e r e n 2 1 9 . I n d e s s e n z e i c h n e t sie sich d a d u r c h aus, dass d e r k ö r p e r s c h a f t l i c h e Wille w a n d e l b a r ist u n d stets a u f s n e u e z u r D i s p o s i t i o n d e r M i t g l i e d e r s t e h t - d i e K ö r 211

Siehe im Überblick Hopt/Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 3. Siehe Wymeersch, Stiftungen im belgischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 275. 213 Siehe das neue belgische Stiftungsgesetz v. 2.5.2002, Loi sur les associations sans but lucratif, les associations internationales sans but lucratif et les fondations/Wet betreffende de verenigingen zonder winstoogmerk, de internationale verenigingen zonder winstoogmerk en de stichtingen, Belgisch Staatsblad v. 11.12.2002, 55696, welches das belgische Stiftungsgesetz v. 27.6.1921, Loi accordant la personnalité civile aux associations sans but lucratif et aux établissements d'utilité publique/Wet waarbij aan de verenigingen zonder winstgevend doel en aan de instellingen van openbaar nut rechtspersoonlijkheid wordt verleend modifiziert. 214 Siehe Wächter, Das neue belgische Stiftungsrecht, ZErb 2003, 373 ff; European Foundation Centre (EFC), Country Profile Belgium, April 2002, 1, einsehbar unter http:// www.efc.be. 215 Die Mitgliederrechte sind in diesen Fällen freilich eingeschränkt. Einzelheiten und Nachweise bei Richter, 229 ff; Schlüter, 276 ff; ders., Das US-amerikanische Stiftungsrecht eine Einführung, ZSt 2005, 4 f; Hansmann, in: Stiftungsrecht in Europa, 243 ff. 216 Siehe Fries, in: Stiftungsrecht in Europa, 373; Schlüter, 281 f. Ausführlich Brauch, Die charitable Company im englischen Recht, Dissertation 2001, passim. 217 Dazu ausführlich 1. Teil 1. Kap. B.II.2.b. 218 Siehe zum Ganzen den rechtsvergleichenden Überblick der globalen »Stiftungsbegriffe« und Definitionsansätze bei Hondius, Foundations, 9-30 ff. 219 Dazu allgemein und umfassend Riehmer, Körperschaften als Stiftungsorganisationen, Dissertation, 1993, passim. Siehe auch Schlüter, 258 ff; Schwintek, 45 ff m. w. N. 212

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen

in Gesellschaft,

Wirtschaft

und Recht

43

perschaft ist verbandsmäßig strukturiert, definiert sich durch ihre Mitglieder und ist von ihnen abhängig. Die Stiftung hingegen lebt von der festen Zweckbestimmung durch den Stifter und ist eine reine Verwaltungsorganisation 220 , mit der dieser Zweck erfüllt werden soll. Die Beteiligten der Stiftung sind keine Mitglieder. Kommt ihnen das Stiftungsvermögen zugute, sind sie Destinatäre, vertreten sie die Stiftung nach außen, sind sie Organmitglieder 221 . Die zweite abzugrenzende Rechtsform ist die unselbständige Stiftung. Von diesen fiduziarischen Stiftungen, also der auch so genannten Stiftungsire«hand222, unterscheidet sich die selbständige Stiftung durch ihre eigene Rechtspersönlichkeit. Ahnlich dem angloamerikanischen trust223 ist die Stiftungstreuhand eine unselbständige, nicht rechtsfähige Figur, die in die Verwaltung eines anderen Rechtsträgers eingegliedert werden muss. Nur dieser kann für sie im Rechtsverkehr auftreten, während die selbständige Stiftung als eigenständiges Rechtssubjekt mit eigener Organisation vollständige Rechts- und Handlungsfähigkeit besitzt 224 . D a s s das Fehlen von Mitgliedern als Bestandteil des ü b e r k o m m e n e n S t i f t u n g s b e g r i f f s auch aus deutscher Perspektive nicht als s a k r o s a n k t angesehen wird, zeigt Richter225 als E r g e b n i s seiner historisch-rechtsvergleichenden Studie mit B l i c k auf das U S - a m e r i kanische Recht. D i e U S - a m e r i k a n i s c h e charitahle corporation habe den »Vorteil u m g e s e t z t « , der - nach A n s i c h t Richters - auch der deutschen Stiftung d u r c h ihre P e r s o n i f i z i e r u n g als juristische P e r s o n o f f e n gestanden h ä t t e 2 2 6 : sich eine mitgliedschaftliche A u s g e s t a l t u n g z u geben. Z w a r sei das Fehlen v o n Mitgliedern seit der L e h r e Savignys ein W e s e n s m e r k m a l deutscher Stiftungstradition. K o n s t i t u t i v sei es d a g e g e n nicht. A u c h heute bestehe ein B e d ü r f n i s nach mitgliedschaftlicher A u s g e s t a l t u n g mancher S t i f t u n g e n (insbesondere solcher, die v o n Z u s t i f t u n g e n leben und den ansonsten rechtlos gestellten Z u s t i f t e r n 2 2 7 M i t b e s t i m m u n g s b e f u g n i s s e einräumen w o l l e n ) 2 2 8 . D e n Stiftern sollte daher selbst die E n t s c h e i d u n g überlassen werden, o b ihre Stiftung Mitglieder haben solle oder nicht 2 2 9 . De lege lata - so ist z u widersprechen - besteht diese

So B G H v. 22.1.1987, B G H Z 99, 344 = N J W 1987, 2364. Siehe zur Abgrenzung von Stiftung und Körperschaft etwa StaudingerlRawert, Vorbem §§ 80 ff B G B Rn. 4; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 110; MünchKomm/.Re»fer, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 46 ff, 106 ff; Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 1 Rn. 7, § 2 Rn. 19 ff; Pues/Scheerbarth, 1 f. 2 2 2 Dazu ausführlich Westebbe, Die Stiftungstreuhand, Dissertation, 1993, passim; Koos, Fiduziarische Person und Widmung, 2004, passim-, Herzog, Die unselbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts, Dissertation, 2006, passim. 2 2 3 D a z u Westebbe, 50 ff m. w. N . ; Richter, 260 ff; Schlüter, 135 f, 172 f; den., ZSt 2005, 4. 2 2 4 Zur Differenzierung von selbständiger und unselbständiger Stiftung Westebbe, 38 ff; StaudingerlRawert, Vorbem §§ 80 ff B G B Rn. 4, 151 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 110; MünchKomml Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 84 ff; Seifart/v. Campenhausenlv. Campenhausen, § 2 Rn. 4 f; H K - B G B / D ö r o e r , Vor §§ 80-88 B G B Rn. 2. 2 2 5 A. a. O., 445 ff. Siehe auch Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht - Zur Einführung korporativer Strukturen bei der Stiftung, 2006, bei Abschluss des Druckmanuskripts noch n.v. 226 Richter, 446. 2 2 7 Zu den geringen Einflussmöglichkeiten der Zustifter nach heutigem Recht siehe A. Werner, Die Zustiftung, Dissertation, 2003, 117 ff. Außerdem unten 2. Teil 1. Kap. F.I. 228 Richter, 445 f, 453. 229 Richter, 449, 453. 220 221

44

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

Entscheidungsfreiheit allerdings schon heute - allein, die geeignete Rechtsform ist in diesen Fällen nicht die Stiftung, sondern die Körperschaft. Richter blickt dagegen in die Zukunft und definiert de lege ferenda die »gemeinwohlfördernde rechtsfähige Stiftung privaten Rechts« als ein Rechtsinstitut, das »kraft Rechtsform das Ausschüttungsverbot und die Bindung des Vermögens an den von den Gründern im Rahmen der Stifterfreiheit gesetzten Zweck grundsätzlich unabänderlich festlegt« 2 3 0 . Eine verbandsmäßige Organisation steht diesem Stiftungsbegriff nicht mehr entgegen. In eine ähnliche Richtung geht der Ansatz Schlüters231. In seiner rechtsvergleichenden Studie gelangt er zu dem von ihm so genannten »funktionalen Stiftungsbegriff«, der alle vorgenannten gemeinnützigen Gebilde umfasst: Der »Funktionstypus der Stiftung bezeichnet eine privatrechtliche, auf Dauer angelegte, nicht auf Gewinnerzielung gerichtete eigenständige Organisation, die mit eigenem Vermögen ausgestattet ist, dessen Erträge für festgelegte Zwecke im allgemeinen Interesse verwendet werden« 2 3 2 . Dieser Ansatz liegt - blickt man nach oben - im Trend 233 . Indes: Er ist schon für sich genommen bedenklich, da er schlussendlich nicht auf einen Stiftungsbegriff, sondern auf einen für das Stiftungsrecht zu weiten Begriff der gemeinnützigen Organisation hinausläuft und so die Grenzen des höchst eigenständigen Rechtsinstituts der Stiftung zu verwischen droht. Auf der anderen Seite ist er zu eng, weil er privatnützige Stiftungen völlig ausschließt 234 . Der »funktionale Stiftungsbegriff« mag rechtsvergleichend geboten sein; er beschreibt jedoch die Möglichkeiten des gemeinnützigen Handelns, nicht das Stiftungsrecht des BGB. Für die vorliegende Arbeit taugt ein solcher Stiftungsbegriff nicht. Völlig unzweifelhaft gibt es weitere Formen gemeinnützigen Handelns und auch diese anderen Formen können durch das stiftungsspezifische Dreigetirn Zweck, Vermögen und Organisation charakterisiert sein. Grundform des bürgerlichen Stiftungsrechts im engeren Sinne ist jedoch die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts, und diese in allen ihren Spielarten, die es in einem Stiftungsbegriff einzufangen gilt. Es ist gerade diese Grundform, die sich durch diejenigen spezifischen Interessenkonflikte auszeichnet, die hier behandelt werden sollen. Es ist nicht Gegenstand der vorliegenden Studie, ob eventuelle stiftungsspezifische Eigenheiten durch Wahl einer anderen Rechtsform durch die Eigenheiten dieser Rechtsform ersetzbar sind. Blickt man auf die genannten Denkansätze, ist eines klar zu konstatieren: E s zeigt sich ein verstärkt zu beobachtender Trend, das überkommene Stiftungsrecht des B G B aufzulösen und (zumindest in der rechtspolitischen Diskussion) zu einem allgemeinen Gemeinnützigkeitsrecht zu verändern. Insbesondere das US-amerikanische Stiftungsrecht wird hierbei als Vorbild herangezogen 2 3 5 . Unstreitig sind die U S A das von vielen beschriebene Stiftungsparadies 2 3 6 . U n d unzweifelhaft ist es dort leichter, gemeinnützig tätig zu werden. Dies liegt aber nicht an der Qualität des US-amerikanischen Stiftungsrec^is. D e n n ein Stiftungsprivatrecht gibt es dort strenggenommen gar nicht. Eine »normale« Gesellschaft oder Unternehmung kann zur Stiftung werden, wenn sie gemein230

Richter, 453. Siehe etwa Schlüter, 21, 27, 73, 556. Schlüter, 27. 233 Vgl. auch die Formulierung des US-amerikanischen Foundation Center, wiedergegeben bei Richter, 27 Fn. 130. 234 Schlüter, 27. 235 Siehe etwa den methodischen Ansatz von Schlüter, 91, oder Richter, 445 ff. 236 Siehe dazu Schlüter, 127 m. w. N. 231

232

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

45

nützig tätig wird 237 . Dadurch sichert sie sich steuerliche Privilegien. Die USamerikanische Stiftung ist damit eigentlich ein steuerrechtliches Phänomen238. Man könnte auch die Perspektive wechseln und sagen: Das US-amerikanische Stiftungsrecht ist unterentwickelt, nicht das hochabstrahierte Stiftungsrecht des deutschen BGB. Allzu leicht verwechselt wird nämlich ein blühender Stiftungsstandort (USA) mit einem qualitativ hochwertigen Stiftungsrecht. Zum einen ist in den USA die Stiftungsmentalität eine andere239, zum anderen ist in den USA das Stiften leicht, weil das Stiftungsrecht dogmatisch unterentwickelt ist und daher gemeinnützige Tätigkeiten aller Art auch ohne besondere Rechtsgrundlage respektiert240. Ein allzu kompliziertes, steifes Stiftungsrecht mag zwar mit zu hohen Hürden auch vom Stiften abhalten. Hier muss in der Tat Abhilfe geschaffen werden. Ein hoch entwickeltes Recht allerdings aufzulösen und »herunterzuentwickeln«, um zum Stiften anzuregen, sollte weder Ziel noch Ansatz sein. Deutschland ist im Vergleich zu den USA kein stiftungsrechtliches Entwicklungsland241, sondern hat Nachholbedarf im Stihungsbewusstsein. Die »Veramerikanisierung« des deutschen Stiftungsrechts kann als Denkanstoß dienen. Zum Programmpunkt erhoben werden sollte sie nicht. 2. Verwebung von bürgerlichem

und öffentlichem

Recht

Ein traditioneller Unsicherheitsfaktor in der Behandlung von Stiftungen, der zur mangelnden »Griffigkeit« einer Stiftungsdefinition beiträgt und auch die Neuorientierung des Stiftungsrechts erschwert (hat)242, ist ihre Zwitterstellung zwischen öffentlichem und bürgerlichem Recht. Geregelt und gegründet nach bürgerlichrechtlichen Vorschriften ist die Entstehung einer Stiftung in Deutschland (wie in vielen Rechtsordnungen243) von einem staatlichen Genehmigungsoder Anerkennungsakt abhängig und ihre laufende Tätigkeit mit einer verwaltungsrechtlichen Aufsicht verwoben. Das BGB regelt den privatrechtlichen 2 3 7 In umgekehrter Richtung zeigt das zunehmende Phänomen der charitable conversion, dass US-amerikanische Stiftungen zum Teil keine Stiftungen, sondern Wirtschaftsunternehmen sind. »Stiftungen«, also nonprofit organizations, werden unter Verzicht auf ihre steuerliche Begünstigung in forprofit organizations umgewandelt und als solche weiter geführt. Auch im Gemeinnützigkeitsland USA verschafft sich also der Gedanke Geltung, dass der Vorteil des steuerlichen Sonderstatus durch den nachteiligen Ausschluss der Stiftung von der Finanzierung durch den Kapitalmarkt überwogen werden kann. Dazu Schlüter, 155 ff; ders., ZSt 2005, 10 f. 2 3 8 Siehe Schlüter, 130, 196 ff; ders., ZSt 2005, 3 ff. 2 3 9 Dazu Schlüter, 127. 2 4 0 Siehe Schlüter, 127. Allgemein zur verfassungsmäßigen Legitimation der privatrechtlichen Stiftung in den USA Richter, Das US-amerikanische Stiftungsmodell, in: Non Profit Law Yearbook 2001, 230 ff. 2 4 1 So aber Reuter, in: Non Profit Law Yearbook 2001, 59, dem freilich in allgemeiner Hinsicht zuzustimmen ist; Reuter scheint die hier vertretenen Ausführungen zumindest insoweit zu teilen, als er das US-amerikanische Stiftungsrecht im Steuerrecht »mehr schlecht als recht« verwirklicht sieht; MünchKomm/Äeater, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 38. Siehe auch Schlüter, ZSt 2005, 3. 2 4 2 Siehe Saenger/Arndt, ZRP 2002, 14. 243 Vgl. nur Schlüter, 388 ff.

46

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Teil, die Landesstiftungsgesetze den öffentlichrechtlichen Teil des Stiftungsrechts. Beide Teile stehen in »direktem Gegenbezug« zueinander 244 . Auch das Steuerrecht kann eine entscheidende Rolle spielen, etwa wenn fiskalische Kriterien die Frage der Gemeinnützigkeit 245 bestimmen und so möglicherweise Bestandteil der - eigentlich zivilrechtlichen - Stiftungsdefinition 246 oder anderer rein bürgerlichrechtlicher Problemkreise werden 247 . Mithin muss man sich im deutschen Stiftungsrecht bisher auf eine A r t »autonomen Rechtsbereich« einstellen, dem - anders als im US-amerikanischen (nicht stiftungsspezifischen) law of trusts, das als ausgefeiltes Sonderprivatrecht regiert 248 - noch die klaren Konturen fehlen. Im angloamerikanischen Recht ist die Entstehung und Betätigung der »Stiftung« eine rein privatrechtliche Domäne. Dort werden ein trust oder eine Corporation völlig normal nach allgemeinen Vorschriften errichtet. Besonderheiten treten nur und erst ein, wenn das privatrechtliche Gebilde einen gemeinnützigen Zweck verfolgt - erst das charitable purpose löst die stiftungsspezifischen privatrechtlichen und steuerrechtlichen Sonderrechte aus. Demgemäß beschränkt sich die Aufgabe des Staates auch im Wesentlichen auf die Kontrolle, ob der gemeinnützige Zweck tatsächlich verfolgt wird 249 . Anders in Deutschland. Das deutsche stiftungsspezifische »Sonderrecht« ist deswegen problematisch, weil es nicht an einen bestimmten, etwa gemeinnützigen Zweck der Vermögenswidmung anknüpft, sondern an die Rechtsform »Stiftung« selbst 250 - letztendlich eine Konsequenz der hohen Abstraktionskunst der deutschen Rechtswissenschaft und des BGB. Das Sonderrecht kann und muss also - anders als in den U S A - bereits aufgrund der abstrakten Rechtsformhiille zum Zuge kommen, auch ohne dass der an sich privilegierungswürdige Lebenssachverhalt tatsächlich gegeben ist 251 . Dies ist ein Grund für die So Peiker, ZSt 2003, 47. Zum Begriff der Gemeinnützigkeit aus deutscher und rechtsvergleichender Sicht siehe Schlüter, 26; Braun, 184 ff (dort insbesondere auch ausführlich zum Gemeinnützigkeitsbegriff nach schweizerischem Recht, 104 ff). 246 Siehe als Beispiel Zeininger, 26 f, der aus der Regelung des § 58 Nr. 5 AO die Zulässigkeit der »Stiftung für den Stifter« ableiten will. 247 Illustres Beispiel ist die Entscheidung des OLG Dresden v. 2.5.2002, NJW 2002, 3181, in welcher das OLG den Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Stiftung Frauenkirche Dresden mit der Begründung abweist, dass u. a. deshalb keine für §§ 2325, 2329 BGB notwendige Bereicherung i.S.d. §§ 516, 517 BGB vorliege, weil die Spende an die Stiftung gemeinnützigen Zwecken zugedacht gewesen sei, die sich nach den steuerrechtlichen Kriterien der §§ 51 ff AO bestimmten. Das Bestehen eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs würde nach dieser Argumentation also von der ausschließlich fiskalisch motivierten Entscheidung über die Steuerbegünstigung eines Zweckes abhängen. Zur Kritik an dieser Entscheidung siehe Rawert, Charitable Correctness - Das OLG Dresden zu Spenden und Pflichtteilsergänzung, NJW 2002, 3151 ff, und unten 2. Teil 1. Kap. F.II.l.b.bb. Die Entscheidung ist zu Recht vom BGH aufgehoben worden; siehe BGH v. 10.12.2003, NJW 2004, 1382. Dazu Schiffer, Die Dresdner Frauenkirche, die Stiftung und der Pflichtteil, NJW 2004, 1565 ff. 248 Vgl_ Richter, 450; siehe auch Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 139. 249 Siehe Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 139; Kronke, 155. 250 Dazu allgemein K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, 173 ff. 251 Vgl. Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 140. 244

245

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

47

zwingende Verflechtung der Rechtsform mit der staatlichen Aufsicht, welch letztere nicht lediglich die Einhaltung des privilegierten Zwecks kontrollieren soll, sondern die Stiftung als solche aufgrund ihrer rechtsformtypischen Schwäche umsorgen und insbesondere die stiftungseigenen Interessen gegenüber den Stiftungsorganen wahrnehmen muss. Und so lässt sich gleichermaßen die traditionelle Art der staatlichen Beteiligung bei der Errichtung einer Stiftung erklären: Hängt die Fürsorgelast des Staates ausschließlich an der Rechtsform, so will er die Entstehung solcher Stiftungen verhindern können, die seiner Fürsorge nicht würdig sind 252 . Daraus folgt auch, dass die staatliche Fürsorge in den Landesstiftungsgesetzen zum Teil eher als Fürsorge für das Gemeinwohl und gegen den Stifter und die Stiftung ausgestaltet worden ist und letzteren gegenüber gleichsam als polizeiliche Aufsicht figuriert253. Das Stiftungsrecht bildet also einen autonomen Rechtsbereich 254 zwischen bürgerlichem und öffentlichem Recht. Oder anders gesagt: Der Stiftungsbegriff und mit ihm das Stiftungsrecht verklammern bürgerlichrechtliche und öffentlichrechtliche Rechtskomponenten zu dem einheitlichen Phänomen »Stiftung«. Richter255 scheint darin einen großen Nachteil etwa gegenüber dem angloamerikanischen Recht zu sehen. Wenn man allerdings wertfrei anerkennt, dass die verwaltungsrechtliche Komponente bei der Gründung einer Stiftung und der Aufsicht über ihre Tätigkeit seit Jahrhunderten zu den elementaren Bestandteilen des deutschen Stiftungsrechts und demjenigen anderer civil /¿w-Länder 2 5 6 gehört, scheint es fehl am Platze, über dieses Phänomen zu lamentieren. Vielmehr sollte man - zumindest de lege lata - diese Verwebung als festen Bestandteil des Stiftungsbegriffs begreifen, der ihm seine heute typischen Konturen gerade erst verleiht. Freilich ist auch in der aktuellen Reformdebatte gefordert worden, das überkommene Aufsichtssystem abzuschaffen oder elementar zu verändern 2 5 7 , ebenso wie auf der anderen Seite ausdrücklich für die staatliche Aufsicht eingetreten worden ist 258 . Das am 1.9.2002 in Kraft getretene Recht hat das verwaltungsrechtliche Ermessen bei der Stiftungsbegründung beseitigt und durch den Anspruch auf Anerken-

Wiederum Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 140. Ahnlich Andrick/Suerbaum, 56; Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 141. Dazu 2. Teil 1. Kap. E.I.l. 2 5 4 So Richter, 450. 2 5 5 A . a . O . , 450. 2 5 6 Dazu nur Schlüter, 388 ff. 2 5 7 Siehe dazu oben 1. Teil 1. Kap. A.III.2. Außerdem Muscheler, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 139 ff; Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 139 ff; ders., in: Festschrift Kraft, 493 ff; Schwintek, ZRP 1999, 25 ff; Andrick/Suerbaum, NWVB1. 1999, 329 ff; K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 229 ff. 2 5 8 »Das bewährte staatliche Aufsichtswesen darf nicht abgeschafft werden«, wie etwa v. Campenhausen, Mitteilungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen 2/2000, 4, gefordert hat. Siehe auch Andrick/Suerbaum, 56. Nach Richter, 453, bleibt die staatliche Stiftungsaufsicht - trotz aller seiner Bedenken - »unverzichtbar«. Siehe dazu ausführlich unten 2. Teil 1. Kap. E.I.l. 252

253

48

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

nung gebunden, aber dadurch die staatliche Mitwirkung bestätigt und nicht in Frage gestellt 259 .

3. Die Trias der

Stiftungsmerkmale

D e r Umstand, dass die deutsche rechtsfähige Stiftung aus heutiger Sicht aus drei konstitutiven Merkmalen besteht, soll an dieser Stelle nicht mehr hinterfragt werden: Es geht u m Zweck, Vermögen und Organisation. In allgemeiner Umschreibung folgt dies daraus, dass ein Vermögen ohne feste Zweckbestimmung zwar organisatorisch festgelegt werden kann. Ist der Verwendungszweck aber nicht bestimmt oder beliebig wandelbar, kommen dafür nur die körperschaftlichen Rechtsformen der Gesellschaft oder des Vereins in Betracht. Wird ein Zweck zwar festgelegt und organisatorisch manifestiert, aber nicht mit einem Vermögen zu seiner Ausführung ausgestattet, wird diese Zweckbestimmung schon tatsächlich leer laufen 260 . Davor soll eine Stiftung bereits definitionsmäßig geschützt werden. Und ein zweckgebundenes Vermögen, dem keine Organisationsform gegeben wird, liegt ähnlich hilflos danieder, weil es aus sich selbst heraus im Rechtsverkehr nicht handlungsfähig ist. Als juristische Person läge es gleichsam »im Koma« und auch so würde der Sinn der Rechtsfigur gegen Null tendieren. Jede Stiftung muss alle diese drei Strukturmerkmale besitzen, um eine Stiftung im hier verstandenen Sinne zu sein. J e nach A r t der Stiftung können die Merkmale allerdings unterschiedlich ausgeprägt sein, was für die Identifizierung der Stiftung als solche grundsätzlich unschädlich ist 2 6 1 . Innerhalb der Einzelheiten dieser Merkmale herrschen freilich erhebliche Meinungsunterschiede. Sie sind zum großen Teil zurückzuführen auf den »Schulenstreit« zwischen einem instrumentalistischen und einem konservativen Stiftungsverständnis, welch letzteres zwingend eine Gemeinwohlbezogenheit des Stiftungszwecks für geboten hält. Schon die weit überwiegende Meinung zur alten Rechtslage 262 war der Ansicht, dass die Stiftung eine zweckneutrale Rechtsform sei, der das dazu schweigende B G B einen weiten Spielraum lasse und der auch bei Verfolgung anderer als gemeinwohlbezogener Zwecke keine Bedenken gegenüber stünden, solange sie keine Zwecke verfolge, die gemeinwohlgefährdend oder unmöglich sind (so genannte »gemeinwohlkonforme All259 Dies begrüßen Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2906 ff. Hüttemann!Rawert, ZIP 2002, 2021, stellen sachlich fest, dass die staatliche Aufsicht »auch künftig zu den unverzichtbaren Elementen der rechtsfähigen Stiftung des privaten Rechts« gehört. 260 Zwecke, die gar kein Vermögen benötigen und sich in reiner Funktionsträgerschaft verwirklichen, sind mit MünchKommARmer, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 53, §§ 80, 81 BGB Rn. 9, spätestens seit § 81 Abs. 1 S. 2 BGB n. F. ausgeschlossen. 261 Vgl. Andrick/Suerbaum, 16; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 112. 262 Siehe u. a. Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 56; Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 306; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 11; Palandt/Heinrichs, Vorbem v § 80 BGB Rn. 2; K. Schmidt, Stiftungswesen - Stiftungsrecht - Stiftungspolitik, 1987, 17 f; Riehmer, 21; Andrick/Suerbaum, 17 (»nicht gemeinwohlgefährdende Allzweckstiftung«). Siehe außerdem die Nachweise bei Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 113 Fn. 27; Staudinger!Rawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 13; MünchKomm/Äewier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 8; Schlüter, 327. Speziell zur unternehmensverbundenen Stiftung: Schiffer, ZEV 1999, 424 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

49

zweckstiftung«). Die Gemeinnützigkeit einer Stiftung sei damit keine Voraussetzung für ihre Existenz, sondern lediglich für das Erhalten bestimmter (etwa steuerlicher) Privilegien 263 . Nach der Reform v. 1.9.2002 ist aufgrund der Einführung eines Anspruchs auf Anerkennung der Stiftung, wenn sie das Gemeinwohl nicht gefährdet, und der beredten Auslassung der Gemeinwohlförderung (§ 80 Abs. 2 B G B ) diese Meinung erst recht zur geltenden geworden 264 . Dagegen wenden sich vornehmlich Reuter265 und Rawert266, die der völligen Instrumentalisierung des Stiftungsgedankens trotz Anerkennung der verfassungsrechtlich verbürgten Privatautonomie des Stifters u. a. entgegenhalten, der Stiftungszweck dürfe nicht anderen Wertentscheidungen der Rechtsordnung entgegentreten und vor allem nicht die Normativbestimmungen des Gesellschafts- und Erbrechts unterlaufen 267 . Die Zulässigkeit nichtgemeinnütziger Zwecke müsse daher begrenzt sein. Hier soll keine grundsätzliche inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Meinungsstreit aufgenommen werden. Das hat schon den praktischen Grund, dass sich die vorliegende Arbeit an alle Stiftungen richten möchte, die unter den gefundenen Begriff der selbständigen rechtsfähigen Stiftung fallen - unabhängig davon, ob man diesen weit und instrumentalistisch oder eng und konservativ versteht. Aber auch aus rechtspositivistischer Sicht ist heute zu konstatieren, dass der Gesetzgeber in seiner Stiftungsrechtsreform mit der jetzt auch formellen Einführung der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung die erstere Ansicht gesetzlich verankert hat - und dies allen berechtigten Bedenken z u m Trotz. Schließlich beruhigt der rechtstatsächliche Befund, dass 95 % der deutschen privatrechtlichen Stiftungen als gemeinnützige Einrichtungen anerkannt sind 2 6 8 . a.

Stiftungszweck

aa. Konturen

und

Grenzen

D e r Stiftungszweck ist das die Stiftung prägende und ihre Identität formende Merkmal des Stiftungsbegriffs. E r steht in der F o r m , in der er durch die Aufsichtsbehörde anerkannt und damit verobjektiviert wird, der Stiftung zeit ihres Wirkens als verbindliche Konstante bei und seine Verfügbarkeit ist allen an der 2 6 3 Man kann insoweit davon sprechen, dass sich der deutsche Stifter »die sanktionslose Perpetuierung seines Willens nicht durch charitable purposes erkaufen« muss; so Staudinger/ Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 13. Siehe auch Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 115 f; Riehmer, 21; Kronke, 71 f. 2 6 4 Siehe Hüttemann, ZHR 167 (2003), 57; Burgard, NZG 2002, 700; Schwarz, DStR 2002, 1767; Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2908; Zeininger, 36. Siehe außerdem die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 14/8765, 9. 2 6 5 MünchKomm/Äe«ten Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7 ff; 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 74 ff, 79 ff. 266 Staudingerl Rawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 83 ff, 122 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 113 f; ders., Der Einsatz der Stiftung zu stiftungsfremden Zwecken, ZEV 1999, 294. 2 6 7 Kritisch auch K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 149 (»Wie ärmlich kann falsch verstandene Freiheit doch sein!«), der befürchtet, dass das verheißene »Stiftungs-Dorado« eher zu Beliebigkeit und damit zu einer Abwertung des Stiftungsgedankens führt. 2 6 8 So jedenfalls Schlüter, 43.

50

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Stiftung Beteiligten prinzipiell entzogen. Mit der Festlegung des konkreten Stiftungszwecks bestimmt der Stifter die Leitlinien, w o z u und auf welche A r t und Weise das abstrahierte Stiftungsvermögen während der Wirkzeit der Stiftung eingesetzt werden soll 2 6 9 . Diese Bestimmung hat klar und eindeutig zu erfolgen, u m dem stiftungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz Genüge zu t u n 2 7 0 und den Handlungsorganen nicht faktisch eine körperschaftliche Willensbildung zu ermöglichen 2 7 1 . M ö c h t e man nicht an der gesetzlichen Realität vorbei gehen, ist dem Stiftungsbegriff - wie oben gesehen - das Leitbild der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung zugrunde zu legen, mit allen seinen Auswirkung. Dieses Bild der relativen stifterlichen Zweckfreiheit ist auch dem Stiftungsrecht anderer Rechtsordnungen eigen. Das Recht der Schweiz ist geprägt durch das dominierende Merkmal der Stifterfreiheit, also der Freiheit, eine Stiftung zu errichten und deren Zweck frei zu bestimmen, die einhergeht mit einer weitgehenden Gestaltungsund Organisationsfreiheit des Stifters 272 . In Liechtenstein wird der Stiftungsbegriff traditionell freizügig gehandhabt, mit der einzigen Einschränkung, dass der Stiftungszweck kein rein wirtschaftlicher sein darf. Das Gesetz bestimmt, dass die Stiftung ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe 2 7 3 nur betreiben dürfe, wenn es der Erreichung ihres nichtwirtschaftlichen Zweckes diene oder Art und Umfang des Haltens von Beteiligungen einen kaufmännischen Betrieb erforderten (Art. 552 Abs. 1 P G R ) 2 7 4 . In Osterreich kann neben der rein gemeinwohlbezogenen allgemeinen Stif2 6 9 Allgemein zu Sinn und Bedeutung des Stiftungszwecks StaudingerlRawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 6 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 115; Seifart/v. Campenhausen/ Hof, § 8 Rn. 1 ff; MünchKomm/Äeaier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 47 ff; Soergel/Neuhoff Vorbem zu § 80 BGB Rn. 10 ff; hinterfragend Scholz/Langer, Stiftung und Verfassung, 1990, 17 ff. 2 7 0 Dazu Bamberger/Roth/Schwarz, Band 1, 2003, § 81 BGB Rn. 9; MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., § 80 BGB Rn. 21 f; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 9 ff. 2 7 1 Vgl. Staudinger/Rawert, § 85 BGB Rn. 9. Siehe aber auch Schwarz, Flexibilität und Vermögensbindung bei der Unternehmensstiftung, ZSt 2004, 64 ff, der mit Blick auf die Unternehmensstiftung anrät, dem Stiftungszweck durch seine Formulierung und seine begrifflich weit gehaltene Ausgestaltung so viel Flexibilität zu lassen, dass die Stiftung auf Marktentwicklungen angemessen reagieren könne, die Handlungsfähigkeit des Unternehmens stets erhalten bleibe und spätere Satzungsänderungen erst gar nicht erforderlich würden. Indessen: Zwar verleiht die Flexibilität der Zwecksetzung der Stiftung Beständigkeit gegenüber dem Wandel der Verhältnisse und auch in gestaltungspraktischer Hinsicht ist dem sicherlich zuzustimmen; man gelangt auf diese Weise allerdings sehr nahe an die äußersten Grenzen des Stiftungsbegriffs. 2 7 2 Siehe BG v. 14.12.1994, BGE 120 II, 374. Außerdem Pedrazzini/Oberholzer, Grundriss des Personenrechts, 4. Aufl. 1993, 255; Riemer, Personenrecht, 262 ff; Braun, 6; Aigner, 119. Zum Problemfall der Stiftung mit rein wirtschaftlichem Zweck siehe sogleich. 273 Dazu Quaderer, Die Rechtsstellung des Anwartschaftsberechtigten bei der liechtensteinischen Familienstiftung, Dissertation, 1999, 60 ff; Bosch, 216 ff. 274 Vgl Kneller, 10; Lampert/Taisch, in: Stiftungsrecht in Europa, 524. Außerdem Bosch, 108 ff, 216 ff; Hier, Die Unternehmensstiftung in Liechtenstein, 1995, 22 ff; Aigner, 136. Anders aber offenbar Böckle, LJZ 2001, 68, der rein wirtschaftliche Zwecke ohne Einschränkung als zulässig ansieht. Auch die Grenzen des liberalen liechtensteinischen Stiftungsbegriffs können jedoch gesprengt werden. Man geht dann von einem Scheingeschäft aus, mit der Folge, dass es zu einer Durchbrechung des Trennungsprinzips und zu einem Durchgriff auf den »Stifter« bzw. die »Stiftung« kommen kann; siehe dazu Hepberger, 123; Hoop, Liechtensteinische Stiftung: Rechtliche Aspekt e und Grenzen der Flexibilität, in: Die Liechtensteinische Stiftung, 67 ff; Schauer, in:

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

51

tung nach dem B S t F G 2 7 5 die zusätzliche Sonderform der Privatstiftung grundsätzlich zu jedem erlaubten Zweck errichtet werden 2 7 6 , was den Stiftungsstandort Osterreich erheblich gestärkt hat 2 7 7 . Eingeschränkt ist die Zweckwahl dagegen im angloamerikanischen Recht 2 7 8 , im romanischen Rechtskreis 2 7 9 und in den neuen Rechten einiger osteuropäischer Staaten 2 8 0 - dort muss die Anerkennung der Perpetuierung des Stifterwillens durch gemeinwohlfördernde Zwecke erkauft werden 2 8 1 . Indes: Die Zulässigkeit eines jeden nicht gemeinwohlgefährdenden heißt nicht zugleich, dass die der Stiftung zugrundeliegenden

Zwecks

Grundgedanken

pervertiert werden dürften - das Schweigen des Gesetzgebers zu zweifelhaften stiftungsrechtlichen Sonderformen ist vielmehr so zu deuten, dass sich deren Zulässigkeit ausschließlich am Stiftungsbegriff und am Gemeinwohlvorbehalt zu orientieren h a t 2 8 2 . Die G r e n z e n des Stiftungsbegriffs sind damit gleichzeitig die G r e n z e n der stifterlichen Gestaltungsfreiheit. Einige Stiftungsformen haben v o r diesem Hintergrund traditionell Diskussionen ausgelöst. N a m e n t l i c h sind dies die »Stiftung für den Stifter«, die »Selbstzweckstiftung«, die Familienstiftung, die unternehmensverbundene Stiftung und die »Stiftung auf Zeit«. D i e »Stiftung für den Stifter« muss nach deutschem Stiftungsverständnis auch n a c h der R e f o r m 2 8 3 - unzulässig sein, w e n n sie ausschließlich zugunsten des Stifters selbst w i r k t u n d gar keine fremdnützigen Ziele m e h r v e r f o l g t 2 8 4 .

Aktuelle Themen, 102 f. Zu den Überschreitungen von zulässigen Grenzen der Typendehnung und den diesbezüglichen Reformtendenzen siehe Wagner/Hepberger, RIW 2005, 279 ff. 2 7 5 Bundesstiftungs- und Fondsgesetz (BStFG), östBGBl. 1975, 11. 2 7 6 Dazu Böhler, 46 f; Aigner, 95; Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 426. Siehe auch § 1 Abs. 1 PSG. Freilich kann auch die PrcWistiftung zu einem gemeinnützigen Zweck errichtet werden; dazu W. Jud, Die Privatstiftung zur Begünstigung der Allgemeinheit, JBl. 2003, 771 ff. 2 7 7 Siehe Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 419. 2 7 8 Dazu Fries, in: Stiftungsrecht in Europa, 371 f; Westebbe, 49 ff; Riehmer, 167 ff; Kronke, 69 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 115. 2 7 9 Siehe etwa für Italien De Giorgi, in: Stiftungsrecht in Europa, 381 ff, 386; Schlüter, 113 ff, 117; für Frankreich Capitant, in: Stiftungsrecht in Europa, 343 ff, 347; Schlüter, 91 ff; für Spanien Linares Andrés, in: Stiftungsrecht in Europa, 475 ff, 483; für Portugal Sinde Monteiro/Videira Henriques, Stiftungen im portugiesischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 444; außerdem Kronke, 58 f; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 115. 2 8 0 Siehe Drohnig, Grundzüge des Stiftungsrechts in Mittel- und Osteuropa, in: Stiftungsrecht in Europa, 541 ff, 545. 2 8 1 Siehe Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 115 f; Kronke, 71 f; Blydt-Hansen, 33. 2 8 2 Zu Recht Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 6; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 60.

2 8 3 So auch Burgard, NZG 2002, 700; MünchKomm/Äeaier, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 42, 50. A.A. aber wohl Schlüter, 330, der aufgrund der neuen Rechtslage lediglich auf eine zielgerichtete Gefährdung von Gläubigerinteressen abstellt und eine Stiftung anerkennen möchte, die der Versorgung des Stifters und nach seinem Tode der Wahrung seines Andenkens gewidmet ist. 2 8 4 Allgemeine Meinung; siehe Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff B G B Rn. 9; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 116; MünchKomm//?e«ter, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 50; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 8; Riehmer, 22. A.A. aber wohl Kronke, 140, 225; Schlüter, 330; ebenso Zeininger, 26, der aber verkennt, dass ein uneigennütziger Zweck nicht automatisch ein gemeinwohlorientierter sein muss; siehe aber auch - in sich widersprüchlich a. a. O., 28.

52

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Die gegenteilige Auffassung würde dem Stifter gestatten, ein eigenes Sondervermögen zu schaffen, das grundsätzlich jedem Zugriff des Rechtsverkehrs entzogen wäre - hier steht der Missbrauch der Stiftung als Rechtsform warnend im Raum. Das Gleiche muss für die so genannte »Selbstzweckstiftung« gelten. Ein Vermögen, das ausschließlich sich selbst und seiner eigenen Verwaltung gewidmet ist, erfüllt schon das Grundmerkmal der Zweckwidmung nicht, da der Zweck begriffsnotwendig ein anderer sein muss als das Vermögen selbst. Denn wenn Vermögen zu einem Zweck eingesetzt wird, muss dieser Zweck ein außerhalb des Vermögens liegender, also dem Vermögen fremdnütziger sein. Sonst fallen die Begriffe Zweck und Vermögen in einer Art Konfusion zusammen und erfüllen nicht mehr den Stiftungsbegriff. Solchen Anfängen sollte man wehren, soll die Stiftung nicht zum »Perpetuum mobile« und zur Scheinfigur degenerieren 285 . Praktische Bedeutung erlangt die Frage vor allem bei der »Unternehmensselbstzweckstiftung«, deren alleiniger Zweck die Erhaltung eines von ihr gehaltenen Unternehmens bildet. Pointierter gesagt beißt sich auch hier die Katze in den Schwanz: Eine Rechtsfigur, die sich selbst unterhält, ist nichts anderes als die gleiche Rechtsfigur in anderem Gewand. Mithin ist die Unternehmensselbstzweckstiftung nichts anderes als das Unternehmen selbst 286 , jedoch in einer von der Rechtsordnung nicht vorgesehenen Form. Ihre Errichtung sprengt die Grenzen der Privatautonomie und ist daher - auch nach neuem Recht 287 - nicht zulässig. Wird neben diesen Selbstzwecken freilich ein uneigennütziger, außerhalb der eigenen Stiftungssphäre liegender 288 Zweck erfüllt, kann das Ergebnis möglicherweise anders ausfallen.

2 8 5 So mit mehr oder weniger ähnlicher Begründung auch die überwiegende Ansicht; siehe Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff B G B Rn. 8, 17; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 117 f; MünchKomm/Äewier, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 42, 50; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 B G B Rn. 70; Andrick/Suerbaum, 129; Riehmer, 21. A.A. aber etwa Kranke, 140; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 71 ff. 2 8 6 Ebenso MünchKommARexier, Band 1, Vor § 80 B G B Rn. 17, 52; 2. Lfg., §§ 80, 81 B G B Rn. 79 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 118. 2 8 7 D a z u Rawert, in: N o n Profit Law Yearbook 2003, 6 ff; Burgard, N Z G 2002, 700. Vgl. auch den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 37; dort wurde eine Definition der »Gemeinwohlkonformität«, die reine »Selbstzweckstiftungen« und »Stiftungen für den Stifter« begrifflich ausschließen würde, nicht für notwendig erachtet, weil »diese beiden Stiftungsformen bereits aufgrund des Wesens der Stiftung, die immer einem äußeren Zweck gewidmet ist, ausgeschlossen werden«. A.A. aber wohl Schlüter, 330, der ausschließlich auf die Gemeinwohlgefährdung abstellt und daher auch zu anderen Ergebnissen kommen kann. 288 Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 117 f, weist zu Recht darauf hin, dass auch solche Nebeneffekte, die durch Führung eines Unternehmens in Form einer Stiftung auftreten, wie etwa die Erhaltung von Arbeitsplätzen, letztlich nicht als fremdnützig oder gemeinwohlfördernd angesehen werden können, da sie die Sphäre der Stiftung bzw. des Unternehmens nicht verlassen. Die gleiche Wirkung wäre durch einfache Unternehmensfortführung in einer dafür vorgesehenen Rechtsform erreicht.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

53

Rawert2*1* sieht - ausgehend vom grundsätzlichen Verbot der Selbstzweckstiftung auch nach der Reform - das eigentliche Problem im Phänomen der verdeckten Selbstzweckstiftung, einer Unternehmensstiftung, die in Form einer »idealistischen Überhöhung« ihres unternehmerischen Führungsauftrags auch Ziele fördert, die außerhalb ihres Unternehmenszwecks liegen. Ein solches Gebilde könne das Verbot der Selbstzweckstiftung unterlaufen. Zur Kontrolle entwickelt er zwei widerlegbare Indizien, die auf eine Umgehung des Verbots hindeuten: Erstes Indiz sei die unauflösliche Bindung einer Stiftung mit einem nicht unternehmensbezogenen Zweck an ein bestimmtes Unternehmen. Zweites Indiz sei die rechtliche oder faktische Identität von Stiftungsorganen und Unternehmensführung. Nur bei Widerlegung dieser Indizien könne diese Art von Stiftung ausnahmsweise zulässig sein. Auf der Grundlage dieses Ansatzes wäre die reine Unternehmensperpetuierung kein zulässiger Stiftungszweck. Sonstige unternehmensbezogene Zwecke, die nicht auf reinen Selbsterhalt zielen, wären zulässig, wenn sie offen gelegt werden. Eine lediglich »idealistische Überhöhung« des Unternehmenszwecks durch nur vorgeblich verfolgte fremdnützige Zwecke wäre indessen unzulässig 290 . Reuter291 geht noch einen Schritt weiter: Um eine Selbstzweckstiftung zu vermeiden, müsse das Vermögen Mittel zur Zweckverfolgung sein, nicht umgekehrt Mittel zur Erhaltung des Unternehmens, aus welchem die überschüssigen Erträge für gemeinnützige Zweck verwendet werden (können). Nicht die Stiftung dürfe dem Unternehmen, sondern das Unternehmen müsse der Stiftung dienen. Maßstab für die Fähigkeit zur dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks sei demnach nicht, dass die Stiftung ihre Vermögenssubstanz (unternehmerisch) vermehren, sondern dass sie ihre (gemeinnützigen) Aufgaben nachhaltig erfüllen könne. Und so sei eine (offene oder verdeckte) Selbstzweckstiftung immer dann anzunehmen, wenn die Stiftung ihr Unternehmen oder ihre Beteiligung nicht als Mittel zur Verwirklichung der außerhalb des Unternehmens liegenden Stiftungszwecke nutzen dürfe, sondern das Interesse an der Erhaltung und Weiterentwicklung des Unternehmens vorrangig behandeln müsse. Dies sei schließlich dann der Fall, wenn die Satzung den Vorrang des Unternehmens ausdrücklich befehle oder das Wohl der Stiftung unlösbar mit dem Wohl des Unternehmens verknüpfe. Für letzteres seien satzungsmäßige Umschichtungsverbote und vorgeschriebene Personalunionen kein widerlegbares Indiz, sondern ein unwiderlegbarer Beweis. Im Übrigen könne das Vorhandensein eines zulässigen Zwecks die Unzulässigkeit eines weiteren Zwecks nicht heilen 2 9 2 . I m A u s l a n d sind die z u d e n b e i d e n v o r a n g e h e n d e n S t i f t u n g s f o r m e n b e z o g e n e n P o s i t i o n e n unterschiedlich. Die »Stiftung für den Stifter« wird in den Staaten, die die Gemeinnützigkeit zum Dogma erhoben haben, begriffsnotwendig abgelehnt 293 . Ebenso, und nicht mehr selbstverständlich, in der Schweiz, die ansonsten einen freiheitlichen Stiftungsbegriff

In: Non Profit Law Yearbook 2003, 9 ff. So Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 15, als Resümee. Kritisch zu einer solchen »Indizienlösung« aber Muscheler, Familienstiftungen (unter besonderer Berücksichtigung der unternehmensverbundenen Stiftungen), in: Muscheler (Hrsg.), Stiftungsrecht Gesammelte Beiträge, 2005, 359 ff. 291 MünchKomm/Reaier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 77 ff, 87 ff. 2 9 2 MünchKommAReater, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 9. 293 Vgl Löwe, 108 f; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 116. 289 290

54

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

zum Leitbild hat 2 9 4 . Das österreichische P S G 2 9 5 und das liechtensteinische Recht 2 9 6 lassen diese Form der Stiftung zu, was a maiore ad minus mit der hier wie dort freien Widerruflichkeit der Stiftung durch den Stifter 2 9 7 begründet wird, aus der erst recht die Möglichkeit der Selbstbegünstigung folgen solle. Die reine Selbstzweckstiftung wird dagegen in Osterreich 2 9 8 , Liechtenstein 2 9 9 und in der Schweiz 3 0 0 nicht zugelassen, wobei gerade für die Unternehmensselbstzweckstiftung eine Ausnahme gemacht werden soll 3 0 1 . Dazu wird sogleich Stellung genommen. I m Gegensatz zu eigennützigen

stehen privatnützigen

Stiftungszwecken grund-

sätzlich weniger Bedenken entgegen. Landesrechtliche Stiftungsgesetze stellten z w a r teilweise spezifische Anforderungen an die Genehmigung derartiger Stift u n g e n 3 0 2 . N a c h allgemeiner Ansicht und wenn man das Bild der gemeinwohlk o n f o r m e n Allzweckstiftung zugrunde legt, muss die privatnützige Stiftung und mit ihr eine ihrer Haupterscheinungsformen, die Familienstiftung,

grund-

sätzlich zulässig sein 3 0 3 . Daraus wird überwiegend geschlossen, dass privatnützige Stiftungen uneingeschränkt genehmigungsfähig seien 3 0 4 , was andere A u t o ren - Resultat des erwähnten Schulenstreits - für die voraussetzungslos gende

Familienstiftung

berechti-

wiederum in F r a g e stellen. Letztere Ansicht wird mit

2 9 4 Argumente sind auch dort, dass es an der zweckgerichteten Vermögenshingabe fehle, da die Stiftung nichts leiste, was nicht schon das Vermögen bewirke, und das Gebilde daher funktionslos sei; die Vollstreckungsvereitelung als Singulärzweck schütze die Rechtsordnung nicht; siehe Grüninger, Die Unternehmensstiftung in der Schweiz und ihr vergleichbare Erscheinungsformen im angloamerikanischen Rechtsraum, WuR 1985, 15 ff; Spielvogel, Die schweizerische und österreichische Privatstiftung im Vergleich, Dissertation, 1998, 61; Kronke, 224; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 116. 2 9 5 Siehe Kalss, in: Festschrift Batliner, 16; Stern, Der Einfluss des Stifters auf die Verwaltung der Stiftung, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 264; Aigner, 99 m. w. N. Ist der Stifter Begünstigter der Stiftung, ist er allerdings in der Mitwirkung an der Stiftungsverwaltung beschränkt (§ 15 Abs. 2 PSG). 2 9 6 Vgl. Hier, 57; Bosch, 613 ff. 2 9 7 Dazu § 34 PSG und Art. 559 PGR; zum Ganzen Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa,

116.

2 9 8 Dazu Arnold, § 1 PSG Rn. 13; Doralt/Nowotny/Kalss/Kalss, Privatstiftungsgesetz, 1995, § 1 PSG Rn. 33; Böhler, 121 f; v. Löwe, 68 m.w.N.; Stern, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 261. 2 9 9 Dazu Hier, 54. 3 0 0 Dazu Riemer, in: Stiftungsrecht in Europa, 511, 517; siehe auch Rawert, 171 Fn. 26. 301 Kritisch dazu und m. w. N. Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 117 f. 3 0 2 Etwa das Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 9 AV BayStiftG a. F. (in der Fassung v. 15.7.1999 formell nicht mehr enthalten; vgl. dazu Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 118, auch zur kompetenzrechtlichen Problematik). Zur Frage der Nichtigkeit solcher landesrechtlichen Eigenheiten nach der Reform siehe 1. Teil 1. Kap. A.III.3. 3 0 3 Siehe etwa Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 14 Rn. 28 ff; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 B G B Rn. 57 ff; MünchKomm/Äeaier, 2. Lfg., §§ 80, 81 B G B Rn. 74. 3 0 4 Siehe etwa Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 14 Rn. 29; Palandt/Heinrichs, Vorbem v § 80 B G B Rn. 9; Erman/Westermann, 10. Aufl., Vor § 80 BGB Rn. 6; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 57 ff; Kronke, 60 f; Sorg, Die Familienstiftung, 1984, 32 f. Dies soll auch für die neue Rechtslage gelten; siehe Burgard, NZG 2002, 700; Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 44 ff. Siehe Hintergründe bei Saenger/Arndt, ZRP 2000, 15 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

55

einer Parallele zum Vereinsrecht 3 0 5 und mit dem Hinweis auf eine Umgehung des »Fideikommissverbots« 3 0 6 begründet 3 0 7 . Andere Stimmen stellen im Wege einer Gesamtanalogie zu den erbrechtlichen Regelungen auf den Grundsatz der Unzulässigkeit dauerhaft privat gebundenen Sondervermögens ab 3 0 8 . Einig mahnt diese ernstzunehmende (Minder-) Meinung jedenfalls an, dass sich der Z w e c k einer privatnützigen Stiftung nicht ausschließlich in reinen Unterhaltsleistungen für eine Personengruppe oder in reiner Vermögensverwaltung im Interesse einer solchen erschöpfen dürfe. Vielmehr müsse der Stiftungsertrag den Begünstigten für einen darüber hinausgehenden Zweck (etwa die Ausbildungsförderung) gewidmet werden 3 0 9 . In anderen Rechtsordnungen werden die Bedenken der deutschen Mindermeinung geteilt. Für Länder, die ohnehin nur öffentliche Zwecke gelten lassen, ist dies selbstverständlich 310 . Doch auch in der Schweiz sind - trotz des gesetzlichen Votums für die Familienstiftung in Art. 335 Abs. 1 Z G B - reine Unterhaltsstiftungen unzulässig 311 , was ebenfalls mit dem Verbot von Fideikommissen (Art. 335 Abs. 2 Z G B ) und dem Gleichklang mit erbrechtlichen Wertungen begründet wird. Einen eigenen Weg geht das österreichische PSG: Stiftungen, deren überwiegende Aufgabe die Versorgung privater Personen ist (Familienstiftungen), sind zwar zulässig, aber einhundert Jahre nach der Genehmigung aufzulösen, falls nicht alle Destinatare einstimmig eine Verlängerung für einen weiteren Zeitraum von höchstens einhundert Jahren beschließen 3 1 2 . Im Ergebnis handelt es sich dabei um eine perpetuity period ähnlich wie im angloamerikanischen Recht 3 1 3 . Lediglich in Liechtenstein stößt die Figur der reinen Unterhaltsstiftung auf keine Bedenken - dort allerdings lebt auch noch der Fideikommiss 3 1 4 . Zu betonen ist jedoch, dass Stiftungen, die voraussetzungslose Ausschüttungen zulassen, nicht in Form von Familienstiftungen i.S.d. Art. 553 Abs. 2 PGR, sondern nur als »gewöhnliche« Stiftungen i.S.d. Art. 552 Abs. 1 P G R zugelassen werden können, was

3 0 5 So MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 35 ff, der auch bei der Familienstiftung für eine Stiftungsklassenabgrenzung anhand § 22 BGB analog plädierte. Vgl. jetzt 2. Lfg, §§ 80, 81 BGB Rn. 74 ff. 3 0 6 Zur Entwicklung des Fideikomisses und seiner Auflösung siehe v. Trott zu Stolz, Erbrechtlose Sondervermögen, Dissertation, 1999, 21 ff. Außerdem Edenfeld, Lebenslange Bindungen im Erbrecht?, DNotZ 2003, 5 ff; Martin, Sicherungsmaßnahmen nach dem Recht zur Auflösung der Familienfideikommisse, in: Waldner/Künzl, Erlanger Festschrift für Karl Heinz Schwab, 1990, 59 ff. 3 0 7 Vgl. MünchKomm/i?e«ier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 75; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 122 ff, 132 ff. 3 0 8 So insbesondere StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 122 ff, 127 ff; auch Däubler, Zur aktuellen Bedeutung des Fideikommiß Verbots, JZ 1969, 499 ff. 3 0 9 Zusammenfassend Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 119 f. 310 Uberblick bei Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 120. 311 Siehe Braun, 11; v. Löwe, 107 ff; Riemer, in: Stiftungsrecht in Europa, 514; MünchY^omm/Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 125. 312 § 35 Abs. 2 Nr. 3 PSG. Siehe dazu auch Müller, Änderung, Widerruf, Beendigung, Auflösung und Abwicklung der Privatstiftung, in: Handbuch zum Privatstiftungsgesetz, 286 ff; Arnold, § 35 PSG Rn. 12 ff; Böhler, 128 f; DoraltlKalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 426 ff, 438. Die Regelung gutheißend im Vergleich zu Liechtenstein Schauer, in: Aktuelle Themen, 113. 313 Dazu MünchKomm/Äeaier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 41 Fn. 163; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 121. Vgl. auch Kronke, 74 f. 3 1 4 Siehe Lampert/Taisch, in: Stiftungsrecht in Europa, 521; Bosch, 113 ff.

56

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

durchaus Konsequenzen hat (etwa das Fehlen der automatischen Befreiung von der Registereintragung und der Regierungsaufsicht) 315 . Schließlich sei nochmals auf die fortwährende Diskussion u m die Zulässigkeit der unternehmensverbundenen Stiftung hingewiesen, die eine eigene F o r schungsarbeit rechtfertigen würde und schon einige solcher ausgelöst hat 3 1 6 . Es ist schon fraglich, ob man sie als ein Problem des Stiftungszwec&s oder der Stiftungstätigkeit ansehen will 3 1 7 . Jedenfalls ist ein grundlegender und teilweise verbissen geführter Meinungsstreit zu konstatieren, ob Stiftungen, die wirtschaftlichen Betätigungen nachgehen, grenzenlos zulässig sein sollen 3 1 8 , oder ob in entsprechender Anwendung von § 22 B G B zwischen genehmigungsfähigen und nicht genehmigungsfähigen Varianten unterschieden werden muss 3 1 9 . Insbesondere in der Reformdebatte zum neuen Stiftungsrecht fanden sich Gedanken zu diesem Thema an oberster Stelle 3 2 0 - spiegelt die unternehmensverbundene Stiftung doch die Interessen einer breiten L o b b y wieder. In die endgültige Gesetzesneufassung ist indessen kein W o r t eingegangen. E s ist daher anzunehmen, dass der Gesetzgeber damit die generelle Zulässigkeit der unternehmensverbundenen Stiftung als Status der herrschenden Meinung festschreiben wollte 3 2 1 , jedenfalls solange die stiftungsrechtlichen Grundvoraussetzungen des Stiftungsbegriffs und des Gemeinwohlvorbehalts gewahrt sind 3 2 2 . Dieses Votum des Gesetzgebers hat die Diskussion freilich nicht beendet, sondern wie oben bereits gesehen - auf Grenzbereiche verlagert 3 2 3 .

Siehe Schauer, in: Aktuelle Themen, 74 f. Siehe Rawert, passim; Heuel, passim; Kronke, passim. Außerdem Kronke, in: Stiftungsrecht in Europa, 162 ff. Siehe auch die Nachweise in 1. Teil 1. Kap. B.II.l.g. 3 1 7 So Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 122; auch Kronke, 65 ff. 318 So die wohl h.M.; siehe etwa Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 13 Rn. 1 ff, 136; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 65 ff; Palandt/Heinrichs, Vorbem v § 80 BGB Rn. 11; Erman/Westermann, 10. Aufl., Vor § 80 BGB Rn. 8; Kronke, 62; Stengel, Stiftung und Personengesellschaft, Dissertation, 1993, 26 ff. Siehe außerdem die weiteren Nachweise bei Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 92. 3 1 9 So vor allem MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 43 ff; Staudinger/ Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 94 ff. Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 5 Fn. 21, gibt jedenfalls seine zur Anwendung des § 22 BGB analog vertretene Meinung jetzt unter Zugrundelegung des reformierten Rechts ausdrücklich auf - nicht jedoch ohne Kritik an der Tatenlosigkeit des Gesetzgebers. MünchKomm/i?e«ier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 79 ff, hält an seiner Meinung fest: § 22 BGB sei eine gesetzliche Konkretisierung des Gemeinwohlvorbehalts; seine analoge Anwendung sei kein gescheitertes rechtspolitisches Desiderat, sondern weiterhin ein rechtliches Gebot. 320 Vgl. Muscheler/Schewe, WM 1999, 1694 ff; Schwintek, ZRP 1999, 29; Bischoff, ZRP 1998, 393; MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 110 ff, 112, 119 ff; Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 36 ff. 321 Vgl. Burgard, NZG 2002, 700; Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 47 ff, 51. Siehe Hintergründe bei Saenger/Arndt, ZRP 2000, 15 ff. 3 2 2 Vgl. Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 6; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 60. 323 Siehe etwa die bereits beschriebenen Ansätze von Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 9 ff, sowie MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 87 ff, zur »verdeckten Selbstzweckstiftung«. Der »Ruf aus der Praxis«, mit dem Schiffer, ZSt 2003, 252 ff, den Streit zu seinen Gunsten für beendet erklären will, wird die akademische Diskussion kaum zum Verstummen bringen. 315

316

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

57

A u c h im Ausland stehen einigen Typen unternehmensverbundener Stiftungen erhebliche Bedenken gegenüber 3 2 4 - wie in Deutschland hat sich vielerorts der Gedanke Geltung verschafft, dass solche Institute, die im genuinen Geschäftsbereich von Gesellschaften operieren, zu Umgehungsversuchen und als »Gläubigerfallen« 3 2 5 missbraucht werden können. D e n n o c h wird in den Privatstiftungsmodellen von O s t e r r e i c h 3 2 6 und Liechtenstein 3 2 7 die unternehmerische Tätigkeit von Stiftungen - t r o t z des Verbots der Selbstzweckstiftung - befürwortet. In der Schweiz hat das T h e m a kürzlich einen vorerst abschließenden H ö h e p u n k t erfahren. Auch dort wurde lange Zeit streitig diskutiert, ob die Konturen des schweizerischen Stiftungsbegriffs erlauben, dass eine Unternehmensstiftung328 einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen dürfe 329 . Insbesondere Riemer hatte sich vehement gegen die Zulässigkeit solcher Stiftungen gewandt 330 . Als Hauptargumente brachte er vor, rein wirtschaftlich orientierte Stiftungen rechtfertigten zum einen keine staatliche Stiftungsaufsicht. Zum andern ließen sie sich als »Fluchtburgen« instrumentalisieren, um zwingenden Normen für andere juristische Personen auszuweichen. Andere Stimmen hatten dagegen stets die Zulässigkeit solcher Erscheinungsformen befürwortet 3 3 1 , und so war auch im Detail ein recht breites Meinungsspektrum anzutreffen 332 . Mit seiner Entscheidung v. 18.5.200 1 3 3 3 hat das Bundesgericht nun erstmalig ein ausdrückliches

324

124.

Zum rechtsvergleichenden Blick in das Ausland Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa,

Begriff bei Reuter, in: Festschrift Kraft, 504. Zur Zulässigkeit nach dem österreichischen PSG ausführlich Böhler, 122 ff, 148 ff; dies., Unternehmensstiftung - Selbstzweckstiftung?, GesRZ 1992, 187 ff; Kalss, in: Festschrift Batliner, 143, die allerdings darauf hinweist, dass in Osterreich das Verbot der Selbstzweckstiftung »einfach durch den zusätzlichen Zweck des Unternehmenserhalts unterlaufen werden« könne. Krejci, Zur Zulässigkeit von AG-Stiftungen, GeS 2004, 331 ff, untersucht in diesem Zusammenhang die Gestaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf AG-Stiftungen. 3 2 7 Siehe Bosch, 292 ff; v. Löwe, 168; Hier, 54 ff; Böckle, LJZ 2001, 68. Nach der Reformvorlage zum liechtensteinischen Stiftungsrecht soll die »Erhaltung und Förderung eines Unternehmens« nun sogar ausdrücklich als zulässiger Stiftungszweck festgeschrieben werden; Wagner!Hepberger, RIW 2005, 282. 3 2 8 Siehe zur Unternehmensstiftung an sich BernKomm/Riemer, SysT Rn. 186 ff. 3 2 9 Entgegen weitläufiger Meinung betraf der Streit nicht die Unternehmensstiftung an sich. Unternehmensstiftungen mit idealem Zweck sind seit jeher als grundsätzlich zulässig angesehen worden, jedenfalls in den Schranken des objektiven Rechts. Siehe dazu Riemer, Unternehmensstiftungen, in: Die Stiftung in der juristischen und wirtschafdichen Praxis, 179; liernKomm/Riemer, SysT 399 ff. Ebenfalls umstritten war dagegen (und gleichsam die Grundlage der Diskussion), was überhaupt unter einem wirtschaftlichen Zweck zu verstehen sei; vgl. dazu Schweizer, Zulässigkeit der Stiftung mit wirtschaftlichem Zweck, in: Aktuelle Fragen, 65 ff. 3 3 0 Siehe etwa Riemer, in: Die Stiftung in der juristischen und wirtschaftlichen Praxis, 179 f; ders., in: Stiftungsrecht in Europa, 517; den., Wie man den Wolf aus dem Schafspelz schält Aktuelle Revisionsbestrebungen im Vereins- und Stiftungsrecht, in: Gysin/Schumacher/Strebel, Festschrift 96 Jahre ZGB, 2003, 71; BernKommIRiemer, SysT Rn. 403 ff. In dem von Riemer ausgearbeiteten Reformentwurf 1993 war demnach auch deren Abschaffung vorgesehen. Zum Ganzen auch Jakob, RIW 2005, 678. 331 Vgl. statt vieler BaslKomm/Gränzrcger, Art. 80 ZGB Rn. 19 m. w. N. 332 Siehe zum Meinungsstand BaslKomm/Grüninger, Vor Art. 80-89 bls Rn. 20 ff; Schweizer, in: Aktuelle Fragen, 65 ff; Schmid, Die Unternehmensstiftung, Dissertation, 1997, 91 ff. 333 BGE 127 III, 337 ff. Siehe zu dieser Entscheidung ausführlich Schweizer, in: Aktuelle Fragen, 59 ff; BaslKomm/Graraznger, Vor Art. 80-89 bis Rn. 25. 325

326

58

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Grundsatzvotum für die Zulässigkeit von wirtschaftlich tätigen Unternehmensstiftungen abgegeben. Zunächst weist das Gericht darauf hin, dass die Rechtsfrage zwar in der Literatur kontrovers diskutiert werde, die bisher ergangene bundesgerichtliche Rechtsprechung aber keine Einschränkung der Stiftungszwecke auf ideale Zwecke vorgesehen habe. Die Rechtswirklichkeit zeige, dass Stiftungen in der Regel ohnehin meist ideale Zwecke verfolgten und Unternehmensträgerstiftungen keine zentrale wirtschaftliche Rolle spielten. Lediglich Holdingstiftungen seien verbreitet. Wegen der Existenz der staatlichen Stiftungsaufsicht, der mangelnden Flexibilität der Rechtsform und insbesondere der (aufgrund des nichtgemeinnützigen Zwecks) fehlenden steuerlichen Privilegierung seien Neugründungen von Stiftungen zu wirtschaftlichen Zwecken in jüngerer Zeit selten geworden 3 3 4 . Allein: Die Rechtsgeschäftsfreiheit im Allgemeinen und die Stiftungsfreiheit im Besonderen lasse eine Beschränkung auf ideale Zwecke nicht zu. Zwar erscheine es fraglich, ob die Staatsaufsicht über solche Stiftungen sowie die starre Kapitalbindung sinnvoll seien - Fragen, die allerdings der Gesetzgeber beantworten müsse. In der Praxis - so scheine es - würde jedenfalls mitunter das Bedürfnis der dauerhaften Zweckwidmung diese Nachteile überwiegen. Die in der Literatur gegen die Stiftungsfreiheit vorgebrachten Argumente überzeugten indessen nicht. Insbesondere müsse man die Rechtswirklichkeit bei der Auslegung älterer Vorschriften berücksichtigen 3 3 5 , welche subjektiv-historische Auslegungselemente überwiege. Und schließlich zeigten die erfolglosen Bemühungen, mit dem Reformentwurf aus dem Jahre 1993 eine Beschränkung der Unternehmensstiftung auf nichtwirtschaftliche, ideale Zwecke herbeizuführen, dass die Stiftungsfreiheit nach geltendem Recht nicht beschränkt sei. Das Bundesgericht stellt in einer eher positivistischen Argumentationsweise die Gegebenheiten der Rechtswirklichkeit über stiftungsdogmatische Bedenken. Es hat die Stiftungsfreiheit gestärkt und den Ball dem Gesetzgeber zugeworfen, den dieser allerdings - blickt man auf die kürzlich abgeschlossene Gesetzesnovelle 3 3 6 - nicht zu fangen bereit war. Es ist daher davon auszugehen, dass die Zulässigkeit der wirtschaftlich tätigen Unternehmensstiftung in der Schweiz grundsätzlich festgeschrieben ist. O b allerdings gewisse Konstellationen von dem Entscheid nicht erfasst wurden und daher die Zulässigkeitsfrage in Teilbereichen weiter offen gehalten wurde, ist Gegenstand der in Zukunft einsetzenden Diskussion und kann hier nicht weiter vertieft werden 3 3 7 . Betrachtet man diese K o n t u r e n des Stiftungszwecks, die sich als überraschend ungriffig erweisen, erscheint es fast selbstverständlich, dass auch über die che

Dauer

zeitli-

von Stiftungsgestaltungen nachzudenken ist. Muss die Stiftung

-

zumindest dem Grundsatz nach - auf Ewigkeit ausgerichtet sein, oder kann sie zu einem v o n vorneherein zeitlich begrenzten Z w e c k errichtet werden? I m Ausland sind hier pragmatische Wege gegangen worden. M a n denke an die holländische »Stichting

Euro 2000«,

einzig und allein errichtet, u m das Ereignis der

Fußballeuropameisterschaft in Holland und Belgien durchzuführen 3 3 8 . I m alten B G B wird z u m zeitlichen R a h m e n einer Stiftung keine Stellung g e n o m m e n . E i n systematischer Blick auf das Vereinsrecht, dessen Grundstrukturen zeigen, dass

Siehe dazu auch Brückner, Das Personenrecht des ZGB, 2000, 399. Siehe auch BG v. 10.11.1964, BGE 90 II, 333. 3 3 6 Dazu ausführlich Jakob, RIW 2005, 671 ff. 3 3 7 Siehe dazu ausführlich Schweizer, in: Aktuelle Fragen, 62 ff. 3 3 8 Siehe Hondius, A Panorama of Trends and Developments of Foundation Law in Europe, in: Stiftungsrecht in Europa, 577. 334

335

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

59

der Zeitablauf ein anerkannter Auflösungsgrund ist (§ 74 Abs. 2 BGB) 3 3 9 , hat im Gegenschluss allerdings schon immer ergeben, dass die Stiftung im Grundsatz auf Ewigkeit angelegt sein muss. Dennoch wurde eine gewisse zeitliche Begrenzung für zulässig erachtet, wenn der gesetzte Zeitraum die rechtliche Verselbständigung der Zweckverfolgung in der besonderen Organisationsform einer Stiftung erforderlich erscheinen ließ 340 . Im neuen Recht ist nun das Erfordernis der dauerhaften und nachhaltigen Sicherung des Stiftungszwecks in § 80 Abs. 2 BGB kodifiziert 3 4 1 . Damit wollte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen, dass Stiftungen zwar nicht ganz kurzfristigen Vorhaben dienen sollen, aber auch nicht auf Ewigkeit angelegt sein müssen. Stiftungen können also auch einen Zweck verfolgen, der sachlich beschränkt oder zeitlich befristet ist 342 . In solchen Fällen kann dann auch die Stiftungsvermögensverwendung so gestaltet werden, dass sich das Vermögen mit Erfüllung des Zwecks erschöpft (so genannte Verbrauchsstiftungen) 3 4 3 . Musterbeispiel ist etwa eine Stiftung zum Wiederaufbau eines kulturhistorischen Ensembles. Auch heute ist jedoch vor dem Hintergrund des Stiftungsbegriffs anzumahnen, dass die Organisation des betreffenden zeitlich begrenzten Projekts gerade in der Rechtsform Stiftung funktional erforderlich erscheinen muss. Allein der subjektive Wunsch eines »Stifters«, einen (gemeinnützigen) Zweck über einen gewissen Zeitraum in der Rechtsform einer Stiftung erfüllen zu wollen, reicht dafür nicht aus. Für derartige Projekte stellt das deutsche Recht andere Rechtsformen zur Verfügung. bb. Einfluss des Stifterwillens Von all diesen Fragestellungen abgesehen, die dem Thema »Grenzen der Stiftung als Gestaltungsobjekt« zugeordnet werden können, richtet sich der Stiftungszweck insbesondere nach einer Größe: dem Stifterwillen 344 . Der Wille ist nicht nur Garant und Maßstab der Stiftungsautonomie 345 , sondern bestimmt vor allem Wesen und Identität der Stiftung 346 . Als solcher hilft er, den StiftungsDazu Soergel/Hadding, Vor § 41 BGB Rn. 2, 9; Staudinger/Weick, § 41 BGB Rn. 5 ff. Siehe Schwintek, 33; MünchKomm/Äewter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 16; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 7 Rn. 32; Zeininger, 27. 341 Dazu ausführlich Nissel, 43 ff. 3 4 2 Siehe Burgard, NZG 2002, 699; Schwarz, DStR 2002, 1724 f; Nissel, 44; Schlüter, 308 ff; Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 40 f. Vgl. außerdem die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 14/8765, 8, sowie die Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drs. 14/8765, 13. 343 Dazu Burgard, NZG 2002, 699; Schlüter, 308 ff; MünchKomm/Äe«£er, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 12, § 8 5 BGB Rn. 11; Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001,41. 3 4 4 Zur Frage eines eigenständigen Merkmals der »Stiftungsabsicht« im Sinne einer »général charitable intention« siehe Soergel/Neuhoff Vor § 80 BGB Rn. 8 f; Kronke, 7; Heinzelmann, Die Stiftung im Konzern, Dissertation, 2003, 27 f. 3 4 5 So Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 306. 3 4 6 Dazu Werner, Stiftung und Stifterwille, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 247; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 6; Schwintek, 32; Richter, 343. Siehe aber auch Scholz/ Langer, 15 ff. 339

340

60

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

gedanken auch nach Ableben des Stifters in die kommenden Generationen zu transportieren, was - je nach dem gewählten Stiftungszweck - zur Perpetuierung hehrer Gedanken und Ziele, aber auch zu einer knebelnden Bindungswirkung für die Nachwelt führen kann. Die Macht des Willens, die mittels Stiftung das menschliche Leben überdauert und nachfolgenden Generationen Mittel durch deren endgültige Zweckbindung entzieht, kann sich - überspitzt formuliert - zu einer »Tantalustortur für die Menschheit« 3 4 7 entwickeln. D e m Bild von der Macht der toten Hand haftet daher seit jeher etwas Mystisches an, als o b die nachfolgende Generation wie bei einer »göttlichen Erbrache« für die Sünden der vorhergehenden büßen müsste. Dieser Anachronismus hat sich bis heute gehalten - zunehmend aber verschafft sich die Einsicht Geltung, dass Willensperpetuierung eines von verschiedenen gesellschaftlichen und rechtlichen Gestaltungsmodellen ist, und dem perpetuierten Entzug von Wirtschaftsgütern, der nachfolgende Generationen belastet, schon durch aktuelle marktwirtschaftliche Zwänge Grenzen gesetzt sind 3 4 8 .

Stifterwille und Stiftungszweck gehen damit eine gegenseitige Beziehung ein. Der Stiftungswille bestimmt den Stiftungszweck, und letzterer schlägt die Brücke vom Stiftungswillen zur Stiftung selbst 349 . Der Stiftungszweck wird vom Stifterwillen getragen und ist aus diesem Willen heraus auszulegen und zu verstehen - der Zweck ist damit Kristallisationspunkt des Willens 350 . Gemeinsam ergeben sie das Gesamtbild Stiftung. Dieses »Bild« ist indessen kein starres, durch einen einmaligen Willensakt unveränderlich zementiertes, wie es den Anschein zu haben vermag. Die Bindung an einen menschlichen Willen hält den Zweck vielmehr flexibel. Denn die Zweckbestimmung kann allen Arten von Auslegungen unterworfen werden, wie sie für Willenserklärungen bekannt sind. Der Zweck ist nichts anderes als die oft unzureichende, aus der ex antePerspektive zu treffende Festschreibung eines Willens, den der Stifter realisiert sehen will. Diese Festschreibung ist notwendig, um dem eigentümlichen Gefüge eines juristisch personifizierten Zweckvermögens seine Prägung zu geben. Diese Prägung führt zur Identität der Stiftung, die letztere allerdings in der Stiftungsrealisation durch eine flexible Relation von Zweck, Vermögen und Organisation konkretisieren und stets aufs Neue entwickeln muss, um dem Willen des Stifters Genüge zu tun 351 . Scholz/Langer^2 bezeichnen die stiftungstypische Zweckrelation damit treffend als Süh\m%sentwicklung und widersprechen dem Gedanken, der Stiftungszweck sei vom Stiftungswillen fest gemeißelt und damit für immer unabänderlich. Dies ist jedoch kein Gegensatz zum Primat des Stifterwillens, sondern gerade dessen Konsequenz.

So Zoppini, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 411. Ähnlich MünchKommARewter, Band 1, Vor § 80 B G B Rn. 8. 3 4 9 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 6. 3 5 0 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 8 Rn. 6; Scholz/Langer, 15. 3 5 1 So Scholz/Langer, 16. Kronke, 356, spricht in einem ähnlichen Zusammenhang von (vom Stifter) »geplanter Flexibilität«. A . a . O . , 16. 347 348

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

61

er. Schutz von Willen und Zweck Auch ein wirksamer Schutz der Stiftung kann daher nur ein flexibler sein. Er muss der Stiftung einen Rahmen gewähren, in dem sie sich zweckentsprechend entwickeln kann. Und wie dieser Zweck in seinen oben angezeichneten unterschiedlichen Verästelungen und Motivationslagen differieren kann, so muss auch der Schutz ein anpassungsfähiger sein, der jede Stiftung in der ihr eigenen flexiblen Identität bewahrt. Dazu muss der wirkliche Wille des Stifters ermittelt werden. Mit seiner Hilfe muss der Zweck ausgeleuchtet und möglichst naturgetreu in seiner dem Stifterwillen in der jeweiligen Situation am nächsten kommenden Gestalt verwirklicht werden. Ist der gefundene Zweck von der Rechtsordnung als »schützenswerter« anerkannt - wozu hier allen Meinungsunterschieden zum Trotz jeder Zweck zählt, der nicht das Gemeinwohl gefährdet - , muss für ihn jedenfalls ein Schutz vorhanden sein. Eine andere Frage ist es, ob alle erlaubten Stiftungszwecke einen gleich intensiven Schutz verdienen, die gleichen öffentlichen Mittel für ihren Schutz zur Verfügung haben sollen, sich auch durch interne Mechanismen behelfen oder sich gar die staatliche Aufsichtstätigkeit durch Beitragszahlungen erkaufen müssen. Jedenfalls darf die Freiheit der Zweckauswahl, wie sie nun einmal vom Gesetz bestimmt worden ist, nicht »durch die Hintertür« beeinträchtigt werden, indem einzelne private Stiftungszwecke mangels ausreichender Schutzmöglichkeiten nur unzureichend verwirklicht werden können. Ziel muss es sein, die Stiftung als Rechtsfigur zu stärken und so allen erlaubten Stiftungstypen das passende Schutzsystem zur Seite zu stellen. b.

Stiftungsvermögen

aa. Bedeutung des Stiftungsvermögens

innerhalb des

Stiftungsbegriffs

Die Notwendigkeit des Begriffsmerkmals Stiftungsvermögen liegt in der Natur der Sache selbst: Ein rechtlich personifiziertes Zweckvermögen ohne Mitglieder, die es finanzieren könnten, macht nur Sinn, wenn tatsächlich ein Vermögen zugrunde liegt, mit dem der gewidmete Zweck auch sinnvoll zu erfüllen ist. Ohne Vermögen kann der vom Stifter instrumentalisierte Zweck - zumindest in der rechtlichen Konstruktion einer Stiftung - nicht realisiert werden, da er gewisser Mittel bedarf, um seine dauerhafte Durchführung zu gewährleisten353. Die Rolle des Stiftungsvermögens ist also ambivalent: Einerseits ist es ein scheinbar untergeordnetes Merkmal, weil es seine einzige Rolle ist, dem übergeordneten Merkmal Stiftungszweck zu dienen. Andererseits ist es von zentraler Bedeutung, da die Erfüllung des Stiftungszwecks erst durch das Vermögen zu realisieren ist. Auch Stiftungszweck und Stiftungsvermögen gehen daher eine 353 Siehe dazu in unterschiedlicher Ausdrucksweise Kawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 125; StaudingerlRawert, § 80 BGB Rn. 17; Seifart/v. Campenhausen/Hof § 7 Rn. 30 ff, § 10 Rn. 1 ff; Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 307; MünchKommARettier-, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 53 ff; Schwintek, 34; Andrick/Suerbaum, 18; Blydt-Hansen, 44.

62

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

A r t symbiotische Beziehung ein, da sie sich gegenseitig bedingen und nur gemeinsam zu sinnvollem Leben erstarken. Geprägt werden die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Stiftung durch die Gebote der Vermögenserhaltung354 und der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung?55. Gleichzeitig kann die Stiftung ihren Z w e c k nur durch möglichst optimale Mittelverwendung verwirklichen, so dass die Grundspannung zwischen Vermögenserhaltung und Mittelverwendung die Stiftung und ihre Organe fortlaufend auf einem schmalen Grat zwischen Skylla und C h a rybtis balancieren lässt 3 5 6 . F o r d e r t man von der Stiftung ein Optimalverhalten 3 5 7 , so besteht dieses aus einer dualen Zielsetzung, nämlich der O p t i m i e rung des Vermögens auf der einen und gleichzeitig der Optimierung der Zweckförderung auf der anderen Seite. D o c h bei allem Streben nach Vermögensoptimierung als Ziel darf die Notwendigkeit der Vermögenserhaltung nicht aus den Augen verloren werden. U n d so entsteht - unabhängig davon, wie diese Vermögenserhaltung aus ökonomischer Sicht im Detail zu verstehen ist 3 5 8 - im Hinblick auf die korrekte Anlage des Stiftungsvermögens ein weiterer Zielkonflikt, nämlich derjenige zwischen risikoreicher, renditebezogener und spekulativer Vermögensvermehrung und konservativer Erhaltung der Leistungskraft 3 5 9 .

3 5 4 Siehe dazu Carstensen, Vermögensverwaltung, Vermögenserhaltung und Rechnungslegung gemeinnütziger Stiftungen, 2. Aufl. 1996, 42 ff, dort auch zu den unterschiedlichen Literaturmeinungen 58 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 10 Rn. 34 ff; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 17; Schwarz, ZSt 2004, 68 f. Insbesondere zu den Konsequenzen des Vermögenserhaltungsgebots Rödel, Rechtsfolgen einer verlustbringenden Anlage des Stiftungsvermögens in Aktien, NZG 2004, 754 ff; Rodloff/Drabe, Die Verwaltung von Stiftungsvermögen durch Vorstand und Vermögensverwalter, ZIP 2003, 2284 ff. Zum Spezialproblem der bilanziellen Wertberichtigung bei ungewollten Wertverlusten siehe Schauhoff, Wertberichtigungen im Stiftungsvermögen - Stiftungsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, bilanzielle Darstellung, DStR 2004, 471 ff. 3 5 5 Dazu Carstensen, 73 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 10 Rn. 32 ff; Schlüter, 298 ff. 3 5 6 Siehe Schauhoff, DStR 2004, 471 ff; Carstensen, Vorgaben für die Vermögensverwaltung der Stiftung nach Gesetz, Satzung und Rechtsprechung, ZSt 2005, 90. 3 5 7 Dazu aus ökonomischer Sicht Carstensen, ZSt 2005, 90 f, für welchen das »ökonomische Zielsystem der Stiftung aus der Zielsetzung Einkommenserzielung durch Vermögensverwaltung mit den Nebenbedingungen Erfüllung des Stiftungszwecks, Erhaltung des Stiftungsvermögens und Erhaltung der Steuerbegünstigung« besteht. Aus juristischer Sicht erscheint die Unterordnung der Zweckerfüllung als Nebenzweck unter den Hauptzweck der Einkommenserzielung freilich zweifelhaft. 358 p{j r r e a le Vermögenserhaltung im Sinne einer Kaufkrafterhaltung gemessen in realen Geldeinheiten insbesondere Carstensen, ZSt 2005, 90 ff; Rodloff/Drabe, ZIP 2003, 2285; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 10 Rn. 35 m. w. N. Kritisch MünchKomm//?e«£er, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 14. Siehe zum Uberblick über die verschiedenen Ansätze Rödel, NZG 2004, 755; Hüttemann, Der Grundsatz der Vermögenserhaltung im Stiftungsrecht, in: Jakobs (Hrsg.), Festgabe für Werner Flume zum 90. Geburtstag, 1998, 60 ff. Schwarz, ZSt 2004, 68 f, plädiert für Werterhaltung im Gegensatz zu konkret-gegenständlicher Objekterhaltung. 3 5 9 Dazu Schindler, Vermögensanlage von Stiftungen im Zielkonflikt zwischen Rendite, Risiko und Erhaltung der Leistungskraft, DB 2003, 297 ff. Mit dem State of the art von der Stiftung geziemenden Anlageformen beschäftigen sich auch Wächter, Rechtliche Fragen bei der Anlage von Stiftungsvermögen, Stiftung & Sponsoring 6/2002, Die Roten Seiten, 1 ff; Rodloff/Drabe , ZIP 2003, 2286 f; mit speziellem Blick auf Hedge Fonds Richter/Sturm, Hedge

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen

in Gesellschaft,

Wirtschaft

und Recht

63

Das Dogma der Vermögenserhaltung ist demnach kein statisches Prinzip, sondern eine täglich neu zu realisierende Aufgabe. Auch im Hinblick auf den Stiftungsbegriff macht diese Feststellung Sinn. Bereits der Stiftungszweck - so wurde oben hergeleitet - ist von dynamischer Natur. Um einem so gestrickten Herren wirksam dienen zu können, muss auch dem Begriff des Vermögens eine flexible Struktur innewohnen. Idealerweise sollte die Vermögensstruktur dem Stiftungszweck in seiner jeweiligen Identität gerecht werden können, und so muss auch die Zweck-Vermögens-Relation um eine anpassungsfähige Vermögenskomponente bereichert werden. Je nach der konkreten Ausgestaltung des Zwecks können damit andere Anforderungen an das Vermögen zu stellen sein, und zwar solche quantitativer wie qualitativer Art. Anders gewendet: Nicht jede Ausgestaltung des Stiftungszwecks erfordert die gleichen Vermögensentscheidungen. Nicht jede aktuelle Aufgabe innerhalb eines Stiftungszwecks wird gleichermaßen mit den vorhandenen Vermögensmitteln erfüllt werden können oder im Gegensatz dazu die gesamten verfügbaren Mittel erfordern - »Stiftungsvermögen« als Teil des Stiftungsbegriffs heißt also auch, die vermögensmäßigen Verhältnisse so zu gestalten, dass dem Stiftungszweck die jeweils größtmögliche Wirksamkeit verliehen wird. Der Begriff Stiftungsvermögen enthält damit einen Selektionszwang - Stiftungsrealisation heißt, permanent vermögensmäßige Abwägungsentscheidungen zu treffen 360 . bb. Inhalt und

Anforderungen

Das Stiftungsvermögen umfasst alle Vermögenswerte der Stiftung. Dazu gehören die Grundausstattung der Stiftung, also das ihr bei Errichtung zugedachte Grundstockvermögen 361 , das - dauerhaft gewidmet - nicht zum Verbrauch bestimmt ist und aus dem sie ihre Erträge zieht 362 . Ebenfalls dazu rechnen so genannte Zustiftungen, mit welchen der Stifter oder Dritte den Vermögensgrundstock nachträglich erhöhen 363 (während Spenden zum zeitnahen Ver-

Fonds: Eine interessante Kapitalanlage für Stiftungen?, ZSt 2005, 26 ff. Außerdem zu den Vorgaben für die Vermögensverwaltung nach Gesetz, Satzung und Rechtsprechung Carstensen, ZSt 2005, 91 ff. 3 6 0 So Scholz/Langer, 23. Siehe auch Schauhoff, DStR 2004, 472, der von einer »Daueraufgabe« spricht. Das von Carstensen, 210 ff, 299, hergeleitete Theorem des »dynamischen Gleichgewichts«, das das Gebot der Vermögenserhaltung »operationalisieren« soll, kann damit als (ökonomisches) Pendant zur Dynamik des Stiftungszwecks gesehen werden. 3 6 1 Dazu Carstensen, 69 f. 3 6 2 Zu diesem Vermögensbegriff Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 307; Zeininger, 28 f. 3 6 3 Dazu Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 308; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 10 Rn. 9; Zeininger, 30 f; Carstensen, 57 f. Ausführlich zum Begriff der Zustiftung und zur Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten A. Werner, 36 ff. Unterliegt die Zustiftung einer anderen Zweckbestimmung als die Stiftung selbst, so kann sie als unselbständige Stiftung zu verwalten sein; siehe Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 308. Nach MünchKomm//?e»ier, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 10, kann die (Haupt-) Stiftung ihre Trägerschaft indes nur übernehmen, wenn sie sich damit im Rahmen ihrer eigenen Zweckbestimmung hält. A.A. A. Werner, 84 ff.

64

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

brauch bestimmt sind 3 6 4 ), sowie eventuelle Rücklagen 3 6 5 . Z u m Stiftungsvermögen zählen ebenso die aus dem Grundvermögen stammenden Erträge 3 6 6 , die zeitnah zur Erfüllung des Stiftungszwecks eingesetzt werden sollen und zumindest im Grundsatz - nicht dem Vermögensstamm zufließen dürfen (Admassierungsverbot 3 6 7 ). Dazu kommen alle sonstigen Einkünfte der Stiftung 3 6 8 . D e r Begriff Stiftungsvermögen soll hier also weit verstanden werden und umfasst »alle Komponenten ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit« 3 6 9 . Die Vermögensausstattung muss - dies ist seit dem 1.9.2002 im Gesetz ausdrücklich festgeschrieben (§ 80 Abs. 2 B G B ) 3 7 0 - die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks ermöglichen. Sinn dieser Regelung ist es, die Anerkennung unterkapitalisierter Stiftungen von Beginn an zu verhindern. Genügt das Anfangsgrundvermögen diesen Anforderungen nicht, soll allerdings ausreichen, wenn mit gewisser Sicherheit Zuwendungen in ausreichender H ö h e zu erwarten sind 3 7 1 . In diesem K o n t e x t sollen auch Sammel-, E i n k o m m e n s - und Vorratsstiftungen generell zulässig sein, die allesamt natürlich in jeweils unterschiedlicher Struktur - darauf angelegt sind, ihr zur Zweckerfüllung notwendiges Vermögen erst nachträglich in voller H ö h e zu erwerben 3 7 2 . Die ursprüngliche Vermögensausstattung muss die Stiftung lediglich in die Lage versetzen, Maßnahmen zu ergreifen, die eine erfolgreiche Mitteleinwerbung erwarten lassen 3 7 3 . U m missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern, sind Stifter und Anerkennungsbehörden gehalten, an derartige »Finanzierungspläne« bei ihrer Prognoseentscheidung hohe Anforderungen zu stellen 3 7 4 .

Zum Spendenbegriff Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 308; Zeininger, 31. 365 Vgl Schwintek, 34. Umfassend zur Rücklagenbildung, vornehmlich aus ökonomischer Sicht Wagner, Die Rücklagenbildung als Problem einer ökonomischen Theorie gemeinnütziger Stiftungen, in: Wagner/Walz (Hrsg.), Zweckerfüllung gemeinnütziger Stiftungen durch zeitnahe Mittelverwendung und Vermögenserhaltung, 1997, 11 ff. 3 6 6 Siehe zum Ertragsbegriff Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 308; Seifart/v. Campenhausen/Hof § 10 Rn. 7 f; Zeininger, 31. 3 6 7 Dazu Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 17; Carstensen, 50 ff. Ausführlich zu diesem stiftungstypischen Spannungsverhältnis Walz, Das Verhältnis von Bestandserhaltungsgebot und Thesaurierungsverbot bei gemeinnützigen Stiftungen - Stiftungsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verfassungsrecht - , in: Zweckerfüllung, 65 ff, 79 ff. Außerdem aus betriebswirtschaftlicher Sicht Schindler, DB 2003, 297 ff. 368 Siehe Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 308. 3 6 9 So auch Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 307. Nicht unstrittig, a.A. etwa mit engerem Vermögensbegriff Stengel, Hessisches Stiftungsgesetz, 1994, § 6,1.1; Carstensen, 71 ff. 3 7 0 Nach Schwarz, DStR 2002, 1724, mit nur klarstellender Funktion. 371 Dazu Burgard, NZG 2002, 699; Schwarz, DStR 2002, 1724 f; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 49; Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drs. 14/8765, 8. 3 7 2 Dazu Burgard, NZG 2002, 699. Teilweise kritisch MünchKomm/Äc«ier, Band 1, § 80 BGB Rn. 11 f; 2. Lfg., Vor §80 BGB Rn. 52 und im Einzelnen abweichend Staudingerl Rawert, § 80 BGB Rn. 18 f. Gänzlich ablehnend Muscheler, Zur Verbindlichkeit des Verbindlichen im Stiftungsakt, J R 2003, 442. 3 7 3 So Schlüter, 289. 3 7 4 In diese Richtung auch Backert, Anforderungen an die Vermögensausstattung rechtsfähiger Stiftungen bürgerlichen Rechts, ZSt 2003, 129 ff, der insbesondere darauf hinweist, dass das neue Recht - entgegen anderer Verlautbarungen - die Gestaltungsspielräume in Bezug auf 364

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

65

Streitbare Frage in diesem Zusammenhang ist diejenige nach der oft erhobenen Forderung eines gesetzlich festgeschriebenen Mindestkapitals175. Rechtspositivistisch gesehen kann diese Forderung insofern als zunächst gescheitert betrachtet werden, als sie in der Gesetzesnovelle v o m 1.9.2002 mit keinem W o r t bedacht wurde und auch während der Reformberatungen keine ernsthafte Rolle spielte 3 7 6 . Aber auch teleologisch ist sie zweifelhaft 3 7 7 . Z w a r steht außer Frage, dass die Rechtsform Stiftung nicht z u m »Statussymbol für jede gutgemeinte Kleininitiative« 3 7 8 werden darf und Ministiftungen den Schutz der Rechtsordnung nicht zwingend verdienen 3 7 9 . Starre Grenzen können jedoch dem Stiftungsgedanken auch abträglich sein - zumindest im Zeitalter einer funktionierenden Stiftungsaufsicht. Diese hat über die funktionsfähige Einhaltung der Zweck-Mittel-Relation in jedem Einzelfall zu entscheiden, und dies ist sachgerecht, da jedem Stiftungsprojekt eine eigene Struktur, D y n a m i k und Mittelabhängigkeit zugrunde liegt und sich somit schematische Lösungen verbieten. M a n könnte eventuell mit mathematischen F o r m e l n arbeiten, die gewisse Größenordnungen mit Multiplikatoren sichern 3 8 0 . D o c h es gibt Bereiche, in denen eine zu große Regelungsdichte abschreckend wirken kann 3 8 1 . U n d so scheint aus Sicht der F ö r d e r u n g des Stiftungsgedankens eine starre Grenze weiterhin entbehrlich, zugunsten einer flexiblen Einzelfallentscheidung bei der Anerkennung. D o r t ist zu bestim-

die Vermögensausstattung von Stiftungen nicht erweitert, sondern die Bedeutung der Vermögenswidmung mit § 81 Abs. 1 S. 2 BGB vielmehr unterstrichen hat. Gegen Backert aber MünchKomm/Äe«ier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 11. Er betont zudem, die Behörde dürfe lediglich die Prognoseentscheidung des Stifters auf ihre Vertretbarkeit überprüfen; MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 44, 65. 3 7 5 In diese Richtung etwa MünchKomm/Reuter, Band 1, § 80 BGB Rn. 10 (bis dahin analoge Anwendung der GmbH-Grenze); K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 241. Nach der Reform hält MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 13, eine entsprechende gesetzliche Regelung weiterhin für verfassungsrechtlich möglich, da sie durch den Gesetzesvorbehalt für Art. 2 Abs. 1 GG gedeckt sei. Nachdem die Voraussetzung eines Mindestkapitals allerdings in den nun abschließend normierten Anerkennungsvoraussetzungen der §§ 80 Abs. 2, 81 Abs. 1 BGB nicht enthalten sei, sei eine gegenteilige Praxis der Anerkennungsbehörden unzulässig. 3 7 6 Dazu Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 126. 3 7 7 Gleicher Ansicht Andrick/Suerhaum, 19; Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 BGB Rn. 16; Blydt-Hansen, 45; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 10 Rn. 13; Muscheler, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 166; wohl auch Schlüter, 565 f. 3 7 8 So K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 241. 379 Vgl X. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 241. Siehe aber auch MünchKomm/Äcaier, 2. Lfg., § 80 BGB Rn. 13. 3 8 0 Als Beispiel mag die norwegische Formel dienen, die (nur) für die Unternehmensträgerstiftung gilt: »für die Aktiengesellschaft erforderliches Grundkapital x 4«. Siehe dazu Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 126; Kronke, 86. Statt dem »Grundkapital der Aktiengesellschaft« sind als Bemessungsgrundlagen auch empirische Werte je nach Stiftungszweck denkbar. 381 Siehe - zum Entwurf von Bündnis 90/Die Grünen - Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 126.

66

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

tung bei einer unternehmerisch tätigen Stiftung - schon aus dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes - erheblich höher liegen müssen als bei einer ideellen 3 8 2 . Solange aber das Gesetz alle Stiftungszwecke erlaubt, die nicht das Gemeinwohl gefährden, wird man derzeit - zumindest de iure - auch kleinere Stiftungsvorhaben anerkennen müssen, wenn sie vermögensmäßig gesichert sind 3 8 3 . O b diese nach ihrer Entstehung weniger Schutz durch die Rechtsordnung verdienen, steht auf einem anderen Blatt. Anerkennungsi»0ritzisse£zzi«g ist aber alleine die Z w e c k - V e r m ö g e n s - R e l a t i o n . Wirft man einen Blick auf andere Rechtsordnungen sind festgeschriebene Mindestkapitalgrößen selten, wenngleich ein gewisser Trend hierzu erkennbar ist. Gerade vergleichsweise neuere Stiftungsrechte haben begonnen, feste Mindestsummen festzuschreiben, etwa die dänischen Gesetze 3 8 4 über Stiftungen und gewisse Vereine v. 6.6.1984 (§ 8) 3 8 5 und über gewerbetreibende Stiftungen v. 18.11.1991 (§ 9) 3 8 6 , das norwegische Stiftungsgesetz v. 23.5.1980 (§§ 24 Abs. 1 Nr. 1, 25, nur für Unternehmensträgerstiftungen) 387 oder das schon genannte österreichische PSG aus dem Jahre 1993 (1 Mio. Schilling, jetzt 70.000 Euro 3 8 8 , § 4 PSG). Auffällig ist aber zugleich, dass bei diesen Rechtsordnungen die staatliche Genehmigung bei der Stiftungserrichtung nur rudimentär ausgeprägt ist (Osterreich 3 8 9 ) oder gar völlig fehlen kann (Dänemark 3 9 0 ), so dass die Mindestkapitalvoraussetzung dort als notwendiges Korrektiv verständlich und erforderlich ist. In Liechtenstein ergibt sich das notwendige Mindestkapital i.H.v. 30.000 C H F aus Art. 122 Abs. 1 P G R . In der Schweiz steht die Höhe des gewidmeten Stiftungsvermögens grundsätzlich im Belieben des Stifters; die Vermögensausstattung muss allerdings - ähnlich wie in Deutschland - dem Zweck angemessen sein 3 9 1 . Der Begriff der Angemessenheit ist jedoch weder kantonal noch bundesrechtlich definiert, so dass sich Probleme ergeben können. Als Regulativ kann die Aufsichtsbehörde Einfluss nehmen, als ultima ratio kann bei eintragungspflichtigen Stiftungen die Eintragung verweigert werden 3 9 2 . Uberraschend erscheint vor diesem Hintergrund die vorgefundene Praxis: Das Eidgenössische Department des Inneren (EDI) als regelmäßige eidgenössische (Bundes-) Aufsichtsbehörde scheint derzeit - ohne ersichtliche gesetzliche Grundlage - ein Anfangsmindestkapital von 50.000 C H F in bar zu verlangen 393 . Dies widerspricht der Stifterfreiheit und dem Normativsystem des schweizerischen Rechts, das gerade keine Zulässigkeitsprüfung und keine behördliche Genehmigung vorsieht 3 9 4 .

Dazu Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 127. Ahnlich Burgard, NZG 2002, 699, auch mit Hinweisen auf die »rechtswidrige« Anerkennungspraxis einzelner Länder. 3 8 4 Siehe zu diesen Gesetzen ausführlich Hansen, Stiftungen im dänischen Recht, in: Stiftungsrecht in Europa, 287 ff. 385 Lov omfonde och visse foreninger Nr. 300 (im Folgenden FFL), mit späteren Änderungen. 386 Lov om erhvervsdrivende fonde Nr. 756 (im Folgenden EFL), mit späteren Änderungen. 387 Lov om stiftelser Nr. 11/1980, Norges Lover, 2131 ff. 388 BGBl. I 2001 Nr. 98. 3 8 9 Dazu Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 427. 3 9 0 Einzelheiten bei Hansen, in: Stiftungsrecht in Europa, 290. 391 Vgl. BG v. 30.9.1982, BGE 108 II, 263; v. 17.5.1973, BGE 99 II, 261. 3 9 2 Vgl. BaslKomm/Gräm'rager, Art. 89 ZGB Rn. 7. 393 So jedenfalls Spring, Elemente einer Stiftungsurkunde nach Art. 80 ff ZGB, 1995, 7; Braun, 5; BaslKomm/Graranger, Art. 89 ZGB Rn. 8. 382

383

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen

cc. Schutz des

in Gesellschaft,

Wirtschaft und Recht

67

Stiftungsvermögens

Auch das Stiftungsvermögen muss geschützt werden, um die Stiftung funktionsfähig und damit am Leben zu erhalten. Dies geschieht zum einen durch einen Schutz von außen. Darunter fällt der bereits beschriebene Genehmigungs- bzw. Anerkennungsvorgang, der im Idealfalle nur solche Stiftungen entstehen lassen wird, deren Finanzierung zumindest aus einer ex ante-Prognose gesichert erscheint. Die Stiftungsaufsicht kann außerdem gewisse bedeutende Vermögenstransaktionen der Stiftungsorgane an Zustimmungsvorbehalte knüpfen, wobei sie sich im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht grundsätzlich eines Urteils über die Wirtschaftlichkeit der Organentscheidungen zu enthalten hat 395 . Zum anderen ist Stiftungskontrolle von innen gefragt, etwa durch ein Zweitorgan, das auch Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vermögensmäßiger Entscheidungen überprüfen kann. Dies wird auf satzungsmäßige gegenseitige Kontrollmechanismen der Stiftungsorgane hinauslaufen müssen und eventuell die Hilfe spezialisierter dritter Dienstleistungsbetriebe umfassen 396 . Dass mit dem Merkmal Stiftungsvermögen erhebliche Interessenkonflikte verbunden sein können, vor deren Auswirkungen wiederum die Stiftung geschützt werden muss, liegt auf der Hand. Hier wird sich das nämliche Kontrollsystem von Nutzen erweisen. Ziel des Schutzes des Stiftungsvermögens wird es sein, das Stiftungsvermögen zu erhalten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass es in Form seiner Erträge zur möglichst weitreichenden, sachgerechten und zeitnahen Verwirklichung des Stiftungszwecks eingesetzt wird. Ist dies - aus welchen Gründen auch immer - nicht (mehr) möglich, muss der Stiftungszweck im Einzelfall geändert oder die Stiftung gar beendet werden können. Ansonsten würde der Stiftungszweck ebenfalls verraten werden - Schutz einer Stiftung kann im Einzelfall eben auch ihr Ende bedeuten. Dies soll jedoch nicht heißen, dass eine Stiftung im ersten Moment, in dem die Vermögensausstattung nicht mehr gesichert ist, beendet werden sollte oder dürfte. Es muss der Stiftung zu verzeihen sein, wenn ihre Vermögensstruktur kurzzeitig unterdeckt ist oder das Vermögen zeitweilig fehlt 397 . Entscheidend ist die Aussicht, ob sich diese Vermögenslücke in absehbarer Zeit verlässlich decken lässt, so dass die Erfüllung des Stiftungszwecks wieder dauerhaft gesichert scheint, oder ob der Stiftungszweck eventuell in gewandelter Form weitergeführt werden kann. Auch der Umstand also, für 3 9 4 Dazu Braun, 5; BaslKomm/Grüninger, Art. 89 Z G B Rn. 8 sowie unten 2. Teil 1. Kap. E.III.l. Zum Verbot einer Zulässigkeitsprüfung siehe B G v. 14.12.1994, B G E 120 II, 374 ff. Spring, 7, weist außerdem auf den interessanten Gedanken hin, dass der in der Schweiz zuweilen vorkommenden deutlichen ¿/¿erkapitalisierung ebenso wenig Bedenken gegenüberstünden, eine reziproke Angemessenheitsprüfung also fehle. 3 9 5 Näheres dazu unten 2. Teil 1. Kap. E.I.3.a. Zu den diesbezüglichen Haftungsrisiken der Aufsichtsbehörde siehe Saenger/Veltmann, Reichweite und Haftungsrisiken der Stiftungsaufsicht bei Vermögensumschichtungen von unternehmensverbundenen Stiftungen, ZSt 2005, 281 ff. 3 9 6 So auch Carstensen, ZSt 2005, 98. Zu den Konsequenzen siehe unten 2. Teil 1. Kap. D. 3 9 7 Ebenso Schwintek, 34; Andrick!Suerhaum, 19 (auch zum Landesrecht); Blydt-Hansen, 44; Erman/Westermann, 10. Aufl., Vor § 80 B G B Rn. 2. Dazu auch Schauhof, D S t R 2004, 471 ff; Rödel, N Z G 2004, 754 ff.

68

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

zeitweilige Unterdeckungen des Stiftungsvermögens wirksame Mechanismen zur Vermeidung des Endes der Stiftung zu installieren, gehört zum vermögensmäßigen Schutz der Stiftung. Schließlich: O b der S c h u t z des Stiftungsvermögens das V e r m ö g e n in seinem k o n k r e t - g e g e n s t ä n d l i c h e n B e s t a n d erhalten muss oder o b ein abstrakter E r h a l t der V e r m ö g e n s w e r t e genügt 3 9 8 , wird auf die A r t einer Stiftung u n d die Vorgab e n in der Satzung a n k o m m e n 3 9 9 . B e s t e h t das Stiftungsvermögen ausschließlich aus einer in sich geschlossenen S a m m l u n g Picassos, wird der A u s t a u s c h eines Vermögensgegenstands n u r in engst m ö g l i c h e n Ausnahmefällen zulässig sein. E b e n s o wie etwa bei der Stiftung einer I m m o b i l i e als W o h n h e i m für B e d ü r f tige 4 0 0 . B e i einem diversifizierten o d e r in G e l d w e r t bestehenden Stiftungsverm ö g e n wird indessen sein realer Werterhalt genügen u n d V e r m ö g e n s u m s c h i c h tungen w e r d e n grundsätzlich zulässig sein 4 0 1 .

c. Stiftungsorganisation aa. Bedeutung der Organisation innerhalb des Stiftungsbegriffs D a s M e r k m a l der O r g a n i s a t i o n e r w e c k t die Stiftung z u m L e b e n . Sie m a c h t die Stiftung handlungsfähig u n d gibt ihr die M ö g l i c h k e i t , das V e r m ö g e n dem vorgegebenen Z w e c k entsprechend zu verwenden. J e d e Stiftung ist v o n ihrer O r g a nisation abhängig u n d w i r d d u r c h sie gelenkt. I n s o f e r n ist auch die O r g a n i s a tion ein identitätsprägendes M e r k m a l der Stiftung 4 0 2 . D i e Q u a l i t ä t der V e r w i r k lichung des Stiftungszwecks ist v o n der Q u a l i t ä t der

Stiftungsorganisation

abhängig, oder anders gesagt: J e d e Stiftung ist so gut wie ihre O r g a n i s a t i o n . Dass in dem Merkmal der Organisation höchst relevante Fragen des Stiftungsschutzes tangiert werden, liegt auf der Hand, ist es doch die jeweilige Organisationsform, die über Kompetenzen und Kontrolle und damit auch die Möglichkeiten des Missbrauchs und der Entfremdung des Stiftungsvermögens entscheidet. Das Organisationsmerkmal ist damit ambivalent: Es sind die Stiftungsbeteiligten, von denen Gefahr für die Stif-

398 pü r letzteres eindringlich Schwarz, ZSt 2004, 68 ff m. w. N. 399 Siehe dazu unten 3. Teil 3. Kap. B.III.8. 400 Jenseits eines derartigen Zweckverwirklichungsbetriebes möchte Reuter jetzt aus dem Gebot der dauernden und nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszwecks das Recht und sogar die Pflicht des Vorstands ableiten, auch entgegen etwaiger stifterlichen Vorgaben Vermögensumschichtungsmaßnahmen vorzunehmen, die die Ertragkraft der Stiftung steigern. Andernfalls wäre der Erhalt des Stiftungsvermögens der Primärzweck und die Stiftung schon gar nicht zulässig. Dieses »zweckorientierte Verständnis von Vermögensverwaltung und -erhaltung« sieht er als Korrektur des Ansatz Hüttemanns, in: Festgabe Flume, 68 ff: Nicht der Stifterze>î7/e bestimme den Inhalt der Vermögenserhaltungspflicht, sondern der Stiftungszm>ec£. Siehe zum Ganzen MünchKomm/Äe»ier, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 13 sowie Reuter, Stiftungsrechtliche Vorgaben für die Verwaltung des Stiftungsvermögens, NZG 2005, 649 ff. 401 Ebenso Schwarz, ZSt 2004, 68 ff. 402 In der schweizerischen Lehre wird das Merkmal der Organisation nicht als zwingender Bestandteil des Stiftungsbegriffs angesehen. Fehle eine funktionstüchtige Organisation der Stiftung, könne sie auch von der Aufsichtsbehörde nachgeholt werden; siehe Riemer, Personenrecht, 263.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

69

tung ausgeht - und es sind dieselben Beteiligten, die die Stiftung v o r Ubergriffen schützen müssen.

Bei der Sensibilität der organisatorischen Ausgestaltung von Stiftungen verwundert es nicht, dass auch dieses dritte Stiftungsmerkmal fortdauernden Meinungsstreitigkeiten und unterschiedlichen Reformbestrebungen ausgesetzt ist. Vor allem stellt sich die elementare Frage, ob man die Organisationsform Stiftung als traditionellen, zumindest grundsätzlich am Gemeinnutz ausgerichteten Körperschaftstypus sui generis bewahren will oder die Grenzen zu wirtschaftlich tätigen Unternehmens- und Gesellschaftsformen auf der einen und kollektiven Körperschaftsformen auf der anderen Seite lockern möchte. bb. Organisationsrechtliche

Brennpunkte

Vorgegeben wird die Stiftungsorganisation durch Stiftungsgeschäft und Satzung. Es ist der Stifter, der die Art und Weise der Geschäftsführung seines prinzipiell aus der Hand gegebenen Zweckvermögens bestimmt, freilich reglementiert durch die (wenigen) Vorgaben des Bundes- und Landesrechts. So muss der Stifter etwa nach deutschem Recht einen Vorstand einsetzen (§§ 86 S. 1 i. V. m. 26 Abs. 1 S. 1 BGB), kann dessen Kompetenzen aber individuell ausgestalten403. Dennoch ist höchst umstritten, wo die einzelnen Gestaltungsgrenzen de lege lata liegen und de lege ferenda liegen sollen. Und diese Fragestellungen werden verstärkt, wenn man einen rechtsvergleichenden Blick auf andere Stiftungsrechtsordnungen wirft. Ausländische Stiftungsrechte lösen die organisatorischen Stiftungsfragen in teilweise völlig unterschiedlicher Weise und zeigen Wege auf, die von der deutschen Konzeption schon dem Grunde nach abweichen. Möglicherweise erklärt dies, warum gerade im Bereich der Stiftungsorganisation erhebliche Unsicherheiten bestehen. Fraglich ist zum einen die Stellung des Stifters selbst. Der Stifter gibt nach der deutschen Konzeption sein Vermögen rechtlich aus der Hand, verselbständigt es als juristische Person und benötigt damit den Vorstand zwingend als Handlungsorgan für das nunmehr personifizierte Vermögen. Er hat von diesem Zeitpunkt an grundsätzlich keine andere Position als ein außenstehender Dritter. Im Regelfall wird er aber versuchen, Einfluss auf die Geschicke der Stiftung zu bewahren, indem er sich (oder anderen) satzungsmäßig Einwirkungsrechte vorbehält, und/ oder sich selbst als Organmitglied oder gar als alleiniges Organ einsetzt. Hier ist problematisch, welche Änderungen der Stiftungssatzung und welche sonstigen Befugnisse (alleinige Auslegungskompetenz?, Recht zu Vermögensverfügungen?, gar Änderung des Stiftungszwecks?) sich ein Stifter vorbehalten darf 4 0 4 . Einigkeit scheint zumindest darin zu bestehen, dass der Stifter nicht seinen aktuellen subjektiven Willen an die Stelle des ursprünglichen objektivierten Willens setzen und die Stiftung auf diese

403 404

Dazu im Detail unter 2. Teil 1. Kap. C. Siehe zu den Rechten des Stifters ausführlich 2. Teil 1. Kap. A.II., C.I.3.C.

70

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Weise zu einer Ein-Mann-GmbH degenerieren darf 4 0 5 , ein Grundsatz, der in anderen Rechtsordnungen nicht (mehr) selbstverständlich ist 4 0 6 . Überhaupt ist die Änderungsmöglichkeit der ursprünglichen Stiftungssatzung (und damit des perpetuierten Stifterwillens) einer der Brennpunkte der Stiftungsorganisation, besteht doch dadurch eine Einwirkungsmöglichkeit auf den grundsätzlich unabänderlich konzipierten Stiftungszweck. Dass einer Stiftung keine frei abänderliche kollektivkörperschaftsähnliche Zweckstruktur zugrundegelegt werden soll, wird nur von einigen wenigen angezweifelt 4 0 7 . Inwieweit allerdings unterhalb dieser Schwelle Gestaltungsmöglichkeiten bestehen, ist unklar und problematisch 4 0 8 . H i e r schließen sich weitere Fragen an, die sich im Kern darum drehen, ob der Stiftung bereits in ihrer Organstruktur die Möglichkeit einer korporativen Willensbildung gegeben werden darf. So wird es z u m einen von manchen für zulässig erachtet, den bestehenden O r g a n e n Vorstand und Beirat eine aktuelle, flexible und kollektive Willensbildung zu ermöglichen 4 0 9 . Z u m andern könnte man an ein Destinatärsorgan denken, das den Destinatären mitgliedschaftsähnliche Rechte ähnlich denen von Vereinsmitgliedern geben soll. Diese Ansätze kollidieren damit, dass es nach der Grundstruktur der Stiftung auf den ursprünglichen, einmal objektivierten Willen des Stifters ankommen soll und der Stiftung das personale Substrat fehlt, u m einen autonomen Willen zu bilden 4 1 0 . Schließlich ist eine in Zukunft weiter zu präzisierende Frage diejenige nach der Rolle eines Zweitorgans411. In Deutschland ist die Einrichtung einer K o n trollstelle für das Handlungsorgan Vorstand bisher rein fakultativ. E s scheint

Siehe Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 130. Im österreichischen Privatstiftungsrecht kann der Stifter sich ausdrücklich Änderungen des Stiftungszwecks in der Satzung vorbehalten. Er hat dann ein grundsätzlich freies Abänderungsrecht, dessen Grenzen nur im Rahmen der Sittenwidrigkeit und Erlaubtheit bestehen. Daneben kann er sich das Recht vorbehalten, die Stiftung frei zu widerrufen. Im Ergebnis gibt der Stifter hier weder die Herrschaft über die Stiftung noch seine Vermögensrechte aus der Hand und kann seine Stiftung damit praktisch als Ein-Mann-Körperschaft ausgestalten; siehe Aigner, 97 f; Stern, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 261 ff; Hopt/Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 12. Siehe außerdem unten 2. Teil 1. Kap. A.II.3.b.aa. 4 0 7 Vgl. etwa Staudingerl Going, BGB, 12. Aufl. 1980, § 80 BGB Rn. 14; Soergel/Neuhoff § 85 BGB Rn. 16. Sehr kritisch Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 128 f. Schlüter, 21, 27, 73, 556, möchte die Grenzen insofern aufheben, als er die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts und andere »Stiftungsformen« (Stiftungskörperschaften, Vereine) zu einem funktionalen Stiftungsbegriff vereint. Dazu schon 1. Teil 1. Kap. B.I.l.c. 4 0 8 Dazu Näheres unten 2. Teil 1. Kap. A.II.3.b.aa., C.I.3.a. 4 0 9 Siehe etwa Hof in: Stiftungsrecht in Europa, 336 f. Vgl. auch die Rechtslage in den Niederlanden, wo einem Stiftungsorgan die satzungsmäßige Kompetenz zur Satzungsänderung einschließlich der Zweckänderung übertragen werden kann; vgl. van der Ploeg, in: Stiftungsrecht in Europa, 408; Aigner, 97; Klostermann, 169 f. Mangels Verbindlichkeit des Gründerwillens ähneln diese stichtingen eher Vereinen; so auch Hopt/Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 5. 410 Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 129; MünchKommAReater, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 52. 411 Dazu ausführlich unten 2. Teil 1. Kap. D. 405

406

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, "Wirtschaft und Recht

71

sich jedoch zunehmend der Gedanke Geltung zu verschaffen, dass die Einrichtung eines internen Kontrollorgans die Notwendigkeit oder zumindest die Intensität einer externen Aufsicht reduzieren kann oder können sollte 412 . Auch muss weiter über die bereits oben aufgeworfene Frage nachgedacht werden, ob unterschiedliche Stiftungstypen unterschiedliche Kontrollstandards benötigen. So ist der Gedanke, etwa bei wirtschaftlich tätigen Stiftungen eine (interne) Kontrollstelle obligatorisch vorzusehen413, nicht von vorneherein von der Hand zu weisen 414 . Und auch die Möglichkeit, etwa rein privatnützige Stiftungen lediglich einer eingeschränkten Stiftungsaufsicht zu unterstellen, wurde bereits in den Raum gestellt 415 . cc. Bedeutung

der Organisationsstruktur

für den Schutz der Stiftung

All diese Fragen sind für die vorliegende Thematik elementar und müssen später vertieft werden. Neben ihrer Bedeutung für Identität und Qualität der Stiftung ist die Organisation das Merkmal, das den größten Gestaltungsspielraum enthält (und damit auch das größte Konflikt- und Beratungspotenzial birgt). Kleine Unterschiede in der Organisationsstruktur können große Unterschiede in der Zweckverwirklichung zeitigen. Und vor diesem Hintergrund zeichnet sich die schlussendlich entscheidende Frage ab, auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen das Stiftungsmerkmal »Organisation« in die Verwirklichung des Schutzes der Stiftung eingebunden werden soll. Es ist die Grundaufgabe der Organisation der Stiftung, einerseits für die Verwirklichung ihres Zwecks zu sorgen und sie andererseits vor Interessenkonflikten ihrer Beteiligten und daraus folgenden Nachteilen zu schützen. Dazu muss sie einen Rahmen bieten, der den handelnden Personen nach außen wie nach innen angemessene Kompetenzen zuweist 416 . Es wurde bereits angedeutet, dass die Kräfte, vor deren negativem Einfluss die Stiftung 4 1 2 Vgl. etwa Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 311, der auf die bei Härtl, 166, wiedergegebene Behördenbefragung verweist; Richter, 453; Schulte, DÖV 1996, 498, 501. Kritisch allerdings Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 127 f. Gegen die Aufnahme einer solchen Idee in die zu reformierenden Landesstiftungsgesetze Hiittemann/Rawert, ZIP 2002, 2021. Ebenfalls ablehnend der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 56, sowie MünchKomm/Aeater, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 78. 4 , 3 So übrigens schon de lege lata in Liechtenstein: Stiftungen, die zur Erreichung ihres (ideellen) Zwecks ein nach kaufmännischer Art betriebenes Gewerbe führen, haben zwingend eine so genannte Kontrollstelle zu errichten. Diese entspricht in ihrer Funktion etwa einem mit Kontrollfunktion ausgestatteten Beirat. Bei anderen Stiftungen ist dessen Einrichtung fakultativ; siehe Lampert/Taisch, in: Stiftungsrecht in Europa, 530; Quaderer, 60 ff. Gleiches gilt nun auch nach dem reformierten Recht der Schweiz; dazu Jakob, RIW 2005, 671. 4 1 4 So aber Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 128, der von seinem Standpunkt konsequent für die Beschränkung der Stiftung auf wirtschaftliche Nebentätigkeiten plädiert, wodurch der Mangel an unternehmerischen Standards durch die ideelle Haupttätigkeit kompensiert werde. 4 1 5 Vgl. etwa 1. Teil 1. Kap. A.IV., B.I.3.a.cc. Befürwortend der Bericht der Bund-LänderArbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 56 f. Mit guten Gründen ablehnend Hüttemann/ Rawert, ZIP 2002, 2021. 4 1 6 Ähnlich Scholz/Langer, 20.

72

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

bewahrt werden soll, zugleich diejenigen sind, die zum Schutz derselben in die Verantwortung genommen werden müssen. Schutz der Stiftung vor den an der Organisation beteiligten Kräften kann nur durch diese Kräfte selbst geschehen. Eine gesunde Organisation der Stiftung muss also gleichzeitig den Versuch unternehmen, die widerstreitenden Interessen der an der Organisation Beteiligten zum Ausgleich zu bringen, darin zu bewahren und dadurch den Schutz der Stiftung zu verwirklichen. Oder anders gewendet: Es ist das Geheimnis einer kompetenten Stiftungsgestaltung, bereits bei den Organisationsvorgaben die strukturellen Interessenkonflikte und die Gefahren, die daraus entstehen können, zu erkennen und durch entsprechende Regeln zu antizipieren 417 . 4.

Zwischenergebnis

Der »Stiftungsbegriff« ist ein historisch gewachsener Begriff, der sich aus den Merkmalen Zweck, Vermögen und Organisation zusammensetzt. Diese drei Merkmale können in sich variieren, sind als solche allerdings unabdingbar und müssen jeweils zu dritt vorhanden sein. Die bisherige Untersuchung hat ergeben, dass der Begriff der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts vorsichtig und tendenziell konservativ interpretiert werden muss. Ansätze mit allzu funktionaler Zielsetzung stoßen an die Grenzen des Stiftungsbegriffs und gehen teilweise darüber hinaus. Besteht ein Begriff aus drei zwingenden Komponenten, müssen alle diese drei Bestandteile geschützt werden - zumindest insoweit, dass die Stiftung innerhalb ihrer Begriffsbestimmung fortbesteht. Versteht man den Stiftungsbegriff als eine Art Typusbegriff, dessen Einzelmerkmale variieren können und bedingt miteinander kompensierbar sind, kann diese Sichtweise auf den Schutz der Stiftung übertragen werden. Die einzelnen Stiftungskomponenten können je nach Situation unterschiedlich stark geschützt werden, solange sich der Schutz der Einzelbestandteile zu einem Schutz der Gesamtheit der Stiftung zusammenfügt. Dabei wird der Stiftungszweck zum Schutzziel, das Vermögen zum Schutzgegenstand und die Organisation zum Schutzmittel. Wenn sich alle drei Merkmale schließlich zu einer Einheit ergänzen, gelangt man zum Idealzustand: dem vollkommenen und daher idealen Schutz der Stiftung. II. Tatsächliche Erscheinungsformen

der Stiftung

Dem Stiftungsrecht des BGB liegt das Bild der Einheitsstiftung zugrunde418. Dennoch wird zwischen verschiedenen Erscheinungsformen und Stiftungstypen unterschieden, die alle mehr oder weniger nahe an diesem klassischen Stiftungsideal stehen. Um am Ende festlegen zu können, welche dieser verschiede-

417 418

Siehe auch Schlüter, 351. Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 110.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

Tb

nen Stiftungstypen der Fokus der vorliegenden Arbeit umfasst, ist deshalb ein Überblick angezeigt. 1. Herkömmliche

Unterscheidung

nach

Stiftungstypen

So wird grob unterteilt in öffentlichrechtliche und privatrechtliche Stiftungen sowie - davon streng zu unterscheiden - in öffentliche und private Stiftungen. Es gibt kirchliche Stiftungen, kommunale Stiftungen und so genannte Bürgerstiftungen. In einer eigenen Kategorie findet man regelmäßig die Familienstiftungen und - mit im Detail divergierender Terminologie 4 1 9 - die unternehmensverbundenen Stiftungen. a. Privatrechtliche

versus öffentlichrechtliche

Stiftungen

Zuerst sind privatrechtliche und öffentlichrechtliche Stiftungen auseinander zu halten. Beide Arten sind Stiftungen im institutionellen Sinn und weisen die konstitutiven Grundelemente (dauerhafter Zweck, Vermögen, Organisation) auf. Offentlichrechtliche Stiftungen sind allerdings in die öffentliche Ordnung einbezogen 4 2 0 und derart mit der Staatsgewalt verwoben 4 2 1 , dass sie in der Sache mittelbare Staatsverwaltung darstellen 4 2 2 . Sie gehören zum öffentlichen Recht, welches ihnen die entscheidende Prägung gibt 4 2 3 . Die Abgrenzung dieser Stiftungsform von der privatrechtlichen Stiftung kann schwierig sein 424 . Für unsere Zwecke soll sie dahinstehen. Zwar handeln die Normen der §§ 80 ff B G B nur von den Stiftungen des privaten Rechts und auch bei der Novellierung der Vorschriften sind öffentlichrechtliche Formen außen vor geblieben. Auf der anderen Seite haben aber - wie bereits gesehen - einige Landesstiftungsgesetze 425 auch diese Stiftungsform in ihren Anwendungsbereich eingeschlossen und sie der staatlichen Stiftungsaufsicht unterstellt 426 . Für den Zweck der vorliegenden Studie ist damit Siehe dazu nur Rawert, 22 ff; ders., in: Stiftungsrecht in Europa, 112. Siehe Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 16 Rn. 5; Ebersbach, 185. 421 Art. 1 Abs. 2 BayStiftG sagt dazu: »Stiftungen des öffentlichen Rechts im Sinn dieses Gesetzes sind Stiftungen, die ausschließlich öffentliche Zwecke verfolgen und mit dem Staat, einer Gemeinde, einem Gemeindeverband oder einer sonstigen Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts in einem organischen Zusammenhang stehen, der die Stiftung selbst zu einer öffentlichen Einrichtung macht«. Diese Definition beruht auf der Rechtsprechung des BayVGH und ist nicht nur als für die bayerische Stiftung gültig anzusehen, sondern gibt vielmehr im Wesentlichen die allgemeinen Vorstellungen über den Begriff der Stiftung des öffentlichen Rechts wieder; BayVerfGH v. 5.2.1974, BayVBl. 1974, 405 unter Hinweis auf BVerfG v. 6.11.1962, DÖV 1963, 262 ff. Zum Ganzen Voll/Störle, Bayerisches Stiftungsgesetz, 4. Aufl. 2003, Art. 1 BayStiftG Rn. 4. 422 Vgl. Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 2 Rn. 1. Zum Ganzen auch MünchKomm/Reuter, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 54 ff. 4 2 3 Zur Diskussion über die Brennpunkte staatlichen Engagements im Stiftungsrecht siehe Fiedler, Staatliches Engagement im Stiftungswesen zwischen Formenwahlfreiheit und Formenmissbrauch, Dissertation, 2004, passim. 424 Ygj i n s o w e i t Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 16 Rn. 4 ff m. w. N. 4 2 5 Siehe die Nachweise bei Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 16 Rn. 3. 4 2 6 Auch in dem Fall, dass öffentlichrechtliche Stiftungen keine ausdrückliche Erwähnung in einem Landesstiftungsgesetz finden, muss der Grundsatz gelten, dass jede öffentlichrechtli419 420

74

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

zu konstatieren: Wenn und soweit eine öffentlichrechtliche Stiftung die stiftungsrechtlichen Grundmerkmale enthält und unter der staatlichen Stiftungsaufsicht steht, dann können die hier getroffenen Feststellungen für sie gelten. Offentlichrechtliche Stiftungen werden aber nicht im Mittelpunkt stehen; vielmehr wird sich die Studie auf privatrechtliche Erscheinungsformen konzentrieren. Auf instruktive Besonderheiten wird gegebenenfalls hinzuweisen sein.

b. Private versus öffentliche

Stiftungen

Diese Unterscheidung zwischen privat und öffentlich erfolgt anhand des Stiftungszwecks: Private Stiftungen verfolgen privatnützige Ziele, öffentliche Stiftungen öffentliche, also gemeinnützige Ziele. N a c h der Definition des A r t . 1 Abs. 3 S. 1 BayStiftG sind öffentliche Stiftungen rechtsfähige Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die nicht ausschließlich private Z w e c k e 4 2 7 verfolgen sowie rechtsfähige Stiftungen des öffentlichen Rechts, wie sie soeben beschrieben wurden 4 2 8 . Öffentliche Stiftungen können also durchaus solche des Privatrechts und damit der §§ 80 ff B G B sein. U n d bei dieser Kombination hat man sogar den Grundtypus des deutschen Stiftungsrechts vor Augen: die privatrechtliche Stiftung mit gemeinnützigem Zweck. Zugleich ist auch das Gemeinnützigkeitsrecht der Abgabenordnung, in der die steuerlich privilegierte Stiftung umschrieben wird (§§ 51 ff A O ) , auf diesen Grundtypus zugeschnitten 4 2 9 . Die privatnützige Stiftung verfolgt dagegen Zwecke, die einem durch Familien-, Betriebsoder Vereinszugehörigkeit begrenzten Kreise dienen 4 3 0 .

che Stiftung wesensnotwendig staatlicher Aufsicht unterworfen ist; ausdrücklich Ebersbach, 210; Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 21 Rn. 2; Achilles, Die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen der evangelischen Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland, Dissertation, 1986, 57 ff, 66. Zur Aufsicht bei öffentlichrechtlichen Stiftungen gibt es indessen auch Sonderregelungen: In Bayern sind etwa die »staatlich verwalteten« Stiftungen nach Art. 18 Abs. 1 Hs. 1 BayStiftG von der Normalaufsicht ausgenommen. Für sie gelten die allgemeinen Regeln des Behördenaufbaus, anstelle der Stiftungsaufsicht tritt die weitergehende Dienstaufsicht (umfassende Rechts- und Zweckmäßigkeitskontrolle) durch die vorgesetzte Behörde. Staatlich verwaltet ist eine Stiftung, wenn sie unmittelbar durch eine weisungsgebundene Behörde verwaltet wird oder durch Personen, die den unmittelbaren Weisungen einer Behörde unterstehen. Der Begriff deckt sich also nicht mit dem der »Stiftung des öffentlichen Rechts« i.S.d. Art. 1 Abs. 2 BayStiftG. Zum Ganzen Voll/Störle, Art. 18 BayStiftG Rn. 2. 4 2 7 Als öffentliche Zwecke gelten nach Art. 1 Abs. 3 S. 2 BayStiftG diejenigen Zwecke, die der Religion, der Wissenschaft, der Forschung, der Bildung, dem Unterricht, der Erziehung, der Kunst, der Denkmalpflege, der Heimatpflege, dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, dem Sport, den sozialen Aufgaben oder sonst dem Gemeinwohl dienen. 4 2 8 Diese Definition beschränkt sich nicht auf bayerische Stiftungen, sondern kodifiziert einen allgemeinen Rechtsgedanken des deutschen Stiftungsrechts; vgl. Sontheimer, Das neue Stiftungsrecht, 2002, 18. 4 2 9 Gleichzusetzen sind die Begriffe freilich nicht. Zu Unterschieden aus bayerischer Sicht Voll/Störle, Art. 1 BayStiftG Rn. 8. Außerdem MünchKomm/tfeater, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 51; StaudingerlRawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 12. 430 Ygj Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 2 Rn. 3; Dewald, Die privatrechtliche Stiftung als Instrument zur Wahrnehmung öffentlicher Zwekke, Dissertation, 1990, 41 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

75

F ü r die vorliegende Studie ist diese Unterscheidung nach Stiftungszwecken insoweit irrelevant, als der jeweils verfolgte (private oder öffentliche) Zweck ein erlaubter ist u n d damit den Schutz der R e c h t s o r d n u n g verdient. Dies wird im Hinblick auf die privatnützige Stiftung zwar in einigen Bereichen bestritten 4 3 1 . D e r überwiegenden Mein u n g folgend hat aber die B u n d - L ä n d e r - A r b e i t s g r u p p e eine Beschränkung des A n wendungsbereichs der §§ 80 ff B G B auf rein gemeinnützige Zwecke in der R e f o r m d i s kussion abgelehnt 4 3 2 u n d der Gesetzgeber hat die gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung in das neue Recht ausdrücklich ü b e r n o m m e n . So viel Gesetzespositivismus muss daher erlaubt sein, u m - allen berechtigten Zweifeln z u m T r o t z - auch die privatnützige Stiftung in den Anwendungsbereich dieser G e d a n k e n miteinzubeziehen. Relevanz k o m m t der Unterscheidung aber insoweit zu, als einzelne Landesstiftungsgesetze rein private Stiftungen aus der Stiftungsaufsicht herausnehmen (wie etwa Art. 18 BayStiftG 4 3 3 ). Ü b e r Sinn u n d Zweck solcher Regelungen wird an anderer Stelle n o c h zu diskutieren sein 4 3 4 .

c. Kirchliche

Stiftungen

Zu einer stiftungsrechtlichen Sonderform gehören die so genannten kirchlichen Stiftungen 435 . Sie blicken - wie in der historischen Rückblende gesehen - auf eine lange Tradition zurück und unterstehen teilweise landesrechtlichen, teilweise kirchenrechtlichen Sonderregeln 436 . Kirchliche Stiftungen k ö n n e n öffentlichrechtlich oder privatrechtlich ausgestaltet sein u n d richten sich letzterenfalls ebenso nach den §§ 80 ff BGB. Abweichende landesrechtliche Bestimmungen gehen hier jedoch vor (§ 80 Abs. 3 S. 1 BGB) 4 3 7 . Insbesondere muss die Stiftungsaufsicht der verfassungsrechtlich verankerten Garantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art. 140 G G i. V. m. 137 Abs. 3 S. 1 WRV) u n d dem Schutz des Kirchenguts (Art. 140 G G i. V. m. 138 Abs. 2 WRV) Rechung tragen. Die kirchliche Stiftung fällt daher aus dem herkömmlichen Aufsichtssystem heraus. Die meisten Stiftungsgesetze enthalten Sonderregelungen u n d wollen damit d e n A u s gleich zwischen der Verantwortung f ü r den weltlichen Rechtsverkehr u n d der verfassungsrechtlichen Garantie der kirchlichen Eigenständigkeit gewährleisten 4 3 8 . Schon 431 Siehe dazu bereits oben 1. Teil 1. Kap. B.I.3. sowie insbesondere MünchKomm/Äe»ier, Vor § 80 BGB Rn. 7 ff; 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 74 ff, 79 ff; Staudinger/Rawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 83 ff, 122 ff; ders., in: Stiftungsrecht in Europa, 113 f. 432 Vgl. Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 38 ff. 433 Dazu Voll/Störle, Art. 18 BayStiftG Rn. 2. 434 Siehe 3. Teil 3. Kap. C.II.2.C. 435 Dazu im Uberblick Krag, Kirchliche Stiftungen: Tradition mit Zukunft, in: Handbuch Stiftungen 1998, 225 ff; MünchKomm//?e«£er, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 60 ff. Zu kirchlichen Stiftungen in der Schweiz siehe Riemer, Personenrecht, 285 ff. 436 Siehe etwa die Rechtslage in Bayern, wo neben den einschlägigen Bestimmungen der Art. 29 bis 37 BayStiftG die Regeln der Ordnung für kirchliche Stiftungen (KiStiftO), des Kirchengesetzes über kirchliche Stiftungen (KirchlStiftG), der Kirchengemeindeordnung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (KGO) und der Verordnung über die Aufhebung von Kirchenstiftungen (KiStiftAufhV) gelten, aber nach Art. 2 Nr. 1 KiStiftO auch die Bestimmungen des Codex Iuris Canonici. 437 Damit hat auch die Novellierung des Stiftungsprivatrechts für kirchliche Stiftungen keine eigenständige Bedeutung; vgl. den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001,51 f. 438 Siehe im Überblick Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 28 Rn. 1 ff; Nissel, 60 f.

76

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

aus diesem G r u n d taugen die kirchlichen Stiftungen nur bedingt als Anschauungsbeispiele für die vorliegende Studie und werden daher allenfalls am Rande betrachtet. d. Kommunale

Stiftungen

D i e k o m m u n a l e S t i f t u n g z e i c h n e t sich d a d u r c h aus, dass sie einer k o m m u n a l e n G e b i e t s k ö r p e r s c h a f t z u g e o r d n e t ist, ihr Z w e c k i m R a h m e n d e r ö f f e n t l i c h e n A u f g a b e n dieser K ö r p e r s c h a f t liegt 4 3 9 u n d sie (in d e r Regel) v o n O r g a n e n dieser Körperschaft verwaltet wird440. Sie kann öffentlichrechtlich oder privatrechtlich organisiert sein, was sodann die jeweiligen, schon dargestellten Konsequenzen zeitigt. Als Stifter kann nicht nur die Kommune selbst auftreten, sondern jede natürliche und juristische Person, wenn die genannten Definitionsmerkmale erfüllt sind 4 4 1 . Ihre eigentümliche Prägung erhält die kommunale Stiftung durch die Einbindung in das Gefüge der kommunalen Verwaltung, wobei das Zusammenwirken von Stiftungsrecht und Kommunalrecht je nach Landesrecht unterschiedlich ausgestaltet sein kann 4 4 2 . Anders als bei kirchlichen Stiftungen gehen in diesem Fall die §§ 80 ff BGB den landesrechtlichen Regeln vor 4 4 3 . Dennoch ist diese Verwebung von Stiftungsrecht und kommunalem Verwaltungsrecht atypisch und lässt die kommunale Stiftung nur als bedingt tauglichen Gegenstand unserer Betrachtungen erscheinen. e.

Bürgerstiftungen

E b e n f a l l s f ü r d e n v o r l i e g e n d e n Z u s a m m e n h a n g a t y p i s c h ist die B ü r g e r s t i f t u n g , die k o m m u n a l e o d e r regionale Z w e c k e v e r f o l g t u n d d a m i t a u c h als U n t e r f a l l d e r k o m m u n a l e n S t i f t u n g gesehen w e r d e n k a n n . Sie ist eine g e m e i n n ü t z i g e Stift u n g v o n B ü r g e r n f ü r B ü r g e r m i t meist sehr b r e i t e m S t i f t u n g s z w e c k , die sich n a c h h a l t i g u n d d a u e r h a f t f ü r das G e m e i n w e s e n in e i n e m g e o g r a p h i s c h b e g r e n z t e n R a u m engagiert u n d in d e r Regel f ö r d e r n d u n d o p e r a t i v f ü r alle B ü r g e r ihres festgelegten E i n z u g s g e b i e t e s tätig ist 4 4 4 . 439 Wobei gerade die Frage der örtlichen Radizierung dieses Stiftungszwecks schwierige kommunalrechtliche und auch verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen kann. 440 Siehe Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 30 Rn. 1 ff, 7; StaudingerIRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 147; MünchKomm/Äeater, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 69 ff; Andrick/Suerhaum, 51. Vgl. auch die Definition in Art. 28 Abs. 1 BayStiftG: »Ortliche, kreiskommunale und bezirkskommunale Stiftungen (kommunale Stiftungen) sind solche, deren Zweck im Rahmen der jeweiligen kommunalen Aufgaben liegt und nicht wesentlich über den räumlichen Umkreis der Gebietskörperschaft hinausreicht«. 441 Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 32 Rn. 3. 442 Einzelheiten bei: Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 31 Rn. 1 ff, zur (Kommunal-) Aufsicht § 35 Rn. 1 ff. Zur bayerischen Kommunalstiftung siehe Voll/Störle, Art. 28 BayStiftG Rn. 1 ff. 443 Dies folgt bereits aus der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes: Nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG steht dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Art. 72 Abs. 1 GG) zu, von der er im Rahmen der §§ 80 ff BGB Gebrauch gemacht hat. 444 Siehe zu dieser Stiftungsform ausführlich die Beiträge in Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Handbuch Bürgerstiftungen. Ziele, Gründung, Aufbau, Projekte, 2000, passim. Außerdem Wächter, Stiftungen, 2001,177 ff; Andrick!Suerhaum, 36; Nissel, 61 f; Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 336 f; Schlüter, 252 f. Monografisch jetzt Kaper, Bürgerstiftungen, Dissertation, 2006, passim.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

77

Unbehagen bereitet die Bürgerstiftung zum einen wegen ihrer breiten Anlage von Stiftungszwecken, die dem Dogma der Verbindlichkeit eines im Vorfeld präzise festgelegten Stiftungszwecks widersprechen kann 4 4 5 . Zum andern deswegen, weil sie zumeist aus einer Beteiligung vieler Stifter mit kleinem Vermögen besteht. Denn diese Donatoren, die im Wege eines »dynamischen Vermögensaufbaus« für die Vermögensausstattung sorgen, möchten in der Regel zumindest irgendeine Mitbestimmungsfunktion wahrnehmen; sie werden damit fast zwangsläufig in einer Art Stifterversammlung gebündelt, die einer Mitgliederversammlung ähneln kann 4 4 6 . Damit wird die Organisationsstruktur um korporative Elemente angereichert, die eigentlich für das Vereinswesen typisch sind und dogmatisch nicht in das Bild der deutschen Stiftung passen 4 4 7 . Hier wird zunächst mit dem Gesetzgeber von der Zulässigkeit solcher Stiftungstypen ausgegangen, wenn und soweit sie die stiftungsrechtlichen Grundmerkmale erfüllen. Das Für und Wider korporativer und anderer »systemfremder« Elemente wird allerdings noch Thema dieser Studie sein.

f.

Familienstiftungen

Die Familienstiftung ist in der Praxis von gemäßigter 4 4 8 , in der Literatur von überragender Bedeutung 4 4 9 . Sie ist der P r o t o t y p der privatnützigen Stiftung, ist sie doch ganz oder zumindest in erster Linie für das Wohl einer oder mehrere

4 4 5 Dazu kritisch MünchKomm/i?e«ter, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 101. Offener jetzt Kaper, 82 ff. 4 4 6 So machen etwa v. Holt/Koch, Stiftungssatzung, 2004, 22, 82 f, sogar den allgemeinen Gestaltungsvorschlag, eine größere Zahl von (Zu-) Stiftern in einer Stifterversammlung zu organisieren, um den Stiftern ein exklusives Forum für Information, Willensbildung (!), Einflussnahme auf die Stiftung und öffentliches Auftreten zu geben. 4 4 7 Konsequenzen hieraus sind heftig umstritten. Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 337, hält solche Gebilde angesichts der Wandlungsfähigkeit des deutschen Zivilrechts und seiner nicht sakrosankten Strukturen vor dem Hintergrund der Stiftungsfreiheit für genehmigungsfähig. Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 129, bekämpft dies scharf mit dem Hinweis auf einen numerus clausus der Rechtsformen im Privatrecht und dem Schutz des Rechtsverkehrs; er hält solche »Mischformen« im Übrigen auch rechtspolitisch für nicht wünschenswert. Reuter, NZG 2004, 994, weist darauf hin, dass die an sich begrüßenswerten Funktionen von Bürgerstiftungen auch in der Rechtsform des (eingetragenen) Vereins wahrgenommen werden können. Siehe außerdem MünchKomm/Äe»ier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 52, §§ 80, 81 BGB Rn. 97 ff; Kaper, 132 ff. Der Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001,43 f, hat indessen festgehalten, dass es für die Bürgerstiftung keiner Sonderregelungen bedürfe und sie damit auch in ihrer derzeitigen Form für zulässig erachtet. Dem ist der Gesetzgeber gefolgt. 4 4 8 Der Anteil der Familienstiftungen an der Gesamtzahl der Stiftungen bürgerlichen Rechts in Deutschland wird auf ca. 6 % geschätzt; siehe Nissel, 63. 4 4 9 Ihre Behandlung würde eine eigenständige Studie rechtfertigen und hat bereits eine Reihe solcher ausgelöst; ausführlich etwa Muscheler, in: Stiftungsrecht, 317 ff; Fröhlich, Die selbständige Stiftung im Erbrecht, Dissertation, 2004, 26 ff; v. Löwe, passim-, Sorg, passim-, Deischl, passim-, Lehleiter, passim-, Blydt-Hansen, 35 ff; v. Trott zu Stolz, 113 ff; Kronke, in: Stiftungsrecht in Europa, 160 f; Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 14 Rn. 1 ff; Staudinger/ Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 122 ff. Zur Familienstiftung in Liechtenstein siehe Marxer, Die liechtensteinische Familienstiftung, Dissertation, 1990, passim-, Quaderer, 34 ff; Kneller, 15; Schauer, in: Aktuelle Themen, 73 ff. Zur Familienstiftung in der Schweiz siehe Riemer, Personenrecht, 282 ff; Brückner, 433 ff; Spielvogel, 39 ff. Zu Österreich siehe Bruckner/Fries/ Fries, Die Familienstiftung im Zivil-, Steuer- und Handelsrecht, 1994, passim.

78

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Familien bestimmt. Die §§ 80 ff B G B gelten hier ohne Einschränkung 4 5 0 , im Steuerrecht 4 5 1 und Landesrecht 4 5 2 finden sich allerdings Sonderregelungen. Insbesondere rein privatnützige Familienstiftungen werden mangels öffentlichen Interesses zuweilen v o n der Stiftungsaufsicht ausgenommen 4 5 3 . Die Familienstiftung ist aufgrund ihrer zentralen Stellung in der Stiftungslandschaft einer der Adressaten dieser Studie.

g. Unternehmensverbundene

Stiftungen

Zu guter Letzt ist die unternehmensverbundene Stiftung zu betrachten 4 5 4 . Sie ist eine Stiftung, zu deren Vermögen ein Unternehmen oder eine Beteiligung an einem Unternehmen gehört - sei es in der Form, dass sie selbst ein Unternehmen betreibt (Unternehmensträgerstiftung 4 5 5 ), sei es dass sie eine Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft hält (Beteiligungsstiftung oder Holdingstiftung). Nicht selten werden familiäre und unternehmerische Zwecke miteinander kombiniert 4 5 6 . Zivilrechtlich gelten die §§ 80 ff B G B 4 5 7 , im 450 Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte geprüft, ob die Zulässigkeit der Familienstiftung eingeschränkt oder besonderen Regeln unterworfen werden sollte und dies im Ergebnis verneint; siehe den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 44 ff. Dem ist auch der Gesetzgeber gefolgt und hat im Rahmen der Novellierung der §§ 80 ff BGB keine besonderen Vorschriften für die Familienstiftung aufgenommen. 451 Zur steuerrechtlichen Behandlung Knörzer, SWI 2003, 17 ff; Seifart/v. Campenhausen/ Pöllath, § 14 Rn. 43 ff. 452 Dazu Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 14 Rn. 30 ff. Siehe auch die tabellarische Übersicht bei Nissel, 64 f. 453 Siehe etwa Art. 18 Abs. 1 S. 1 BayStiftG, der allerdings allein auf die Privatnützigkeit, nicht auf die »Familiennützigkeit« abstellt; vgl. Voll/Störle, Art 18 BayStiftG Rn. 2. Zu den Regelungen der übrigen Länder bereits 1. Teil 1. Kap. A.III.3. Grundsätzlich gegen derartige Regelungen Nissel, 89 f. 454 Auch die unternehmensverbundene Stiftung war bereits Gegenstand zahlreicher ausführlicher Studien; siehe etwa Heinzelmann, 37 ff; Heuel, passim; Schurr, Die Stiftung mit unternehmerischer Verantwortung, Dissertation, 1998, passim-, Herrmann, Die Unternehmenskontrolle durch Stiftungen, Dissertation, 1996, passim; Stengel, 26 ff; Rawert, passim; Kronke, passim; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, 1973, 257 ff, 446 ff; Steuck, Die Stiftung als Rechtsform für wirtschaftliche Unternehmen, Dissertation, 1966, passim. Außerdem Richter/Sturm, Die Unternehmensstiftung nach der Stiftungsrechtsreform, ZErb 2006, 75 ff; Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 1 ff; Kronke, in: Stiftungsrecht in Europa, 162 f; Schwintek, 48 ff; Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, § 13 Rn. 1 ff; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 83 ff; Schwarz, BB 2001, 2381 ff; ders., ZSt 2004, 64 ff. Zur Unternehmensstiftung in der Schweiz siehe Schmid, Unternehmensstiftung, passim\ Riemer, Personenrecht, 287 f. 455 Stets gern genanntes Beispiel ist die Carl-Zeiss-Stiftung; zu dieser vgl. Heuel, 19 ff; Heintzeler, passim. Außerdem Neuhoff, Grundsätzliches zur Anfechtung einer Statutenänderung bei der Carl-Zeiss-Stiftung, ZSt 2003, 56 ff. 456 Siehe etwa Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2217 ff, 2269 ff; Nietzer/Stadie, NJW 2000, 3457 ff. 457 Wiederum hatte die Bund-Länder-Arbeitsgruppe ausführlich geprüft, ob die Zulässigkeit der unternehmensverbundenen Stiftung beschränkt werden oder gar ein besonderes »Unternehmensstiftungsrecht« geschaffen werden solle. Auch dies hat sie im Ergebnis verneint; siehe Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 47 ff. Wiederum ist dem der Gesetzgeber gefolgt. Dazu Nissel, 69 ff, 72 f. Siehe dort, 69, außerdem die Ubersicht zu einzelnen landesrechtlichen Regelungen.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

79

Einzelfall können Sonderpflichten etwa nach dem H G B und dem Publizitätsgesetz hinzukommen 4 5 8 . Wie schon erwähnt besteht hier ein grundsätzlicher Streit über die (voraussetzungslose) Anerkennungsfähigkeit solcher Stiftungen 459 . Von allen dogmatischen Bedenken abgesehen werden stiftungsrechtliche Unternehmensformen deswegen mit Argwohn betrachtet, weil sie im Geschäftsbereich der klassisch-körperschaftlichen wirtschaftlichen Unternehmensformen operieren und zumindest die Möglichkeit der Umgehung zwingender, etwa gesellschaftsrechtlicher Normen im Raum steht 460 . Nachdem der Gesetzgeber aber von der Zulässigkeit der unternehmensverbundenen Stiftung ausgeht und sie empirisch zur Normalität gehört, wird auch sie eine Rolle in dieser Studie spielen, zumal die verschiedenen Interessenrichtungen der einzelnen Stiftungsbeteiligten bei einer unternehmensführenden Stiftung häufig besonders exemplarisch zu Tage treten: Stiftung und Unternehmen können sich sowohl ergänzen als auch gegenseitig behindern 461 . 2. Weitere stiftungsartige Rechtsformen (»Ersatzformen«) Grenzen der Studie a. Stiftungsartige

-

Körperschaften

Nicht unter den hier zugrunde gelegten Stiftungsbegriff fallen diejenigen Gebilde, die zwar stiftungsartige Zwecke verfolgen (können), nicht aber die Anforderungen an die Rechtsform »Stiftung« im bürgerlichrechtlichen Sinne erfüllen 4 6 2 . Namentlich geht es bei diesen Ersatzformen um stiftungsrechtliche Körperschaften 4 6 3 , wie etwa einen stiftungsartigen (Ideal-) Verein oder eine (Stiftungs-) GmbH 4 6 4 . Wesensmäßig unterscheiden sich diese Rechtspersonen von der Stiftung vor allem dadurch, dass die Verbindlichkeit des Gründerwillens, wenn sie nicht ganz entfällt, so doch zumindest stark gelockert ist: Ihre Fähigkeit zur aktuellen kollektiven Willensbildung kann über den »historischen« Stifterwillen dominieren. Zwar vermag ein »Stifter« diese kollektive Willensbildung zu erschweren, etwa durch hohe Mehrheitsquoren oder durch eine überlegt zusammengesetzte, stiftungsloyale Mitgliederschaft.

458 Dazu StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 116 ff; Saenger/Veltmann, ZSt 2005, 70. 459 Siehe dazu 1. Teil 1. Kap. B.I.3.a.aa. 460 Im Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Stiftungsrecht v. 19.10.2001, 49 ff, wird die Missbrauchsgefahr zumindest in ihrer praktischen Relevanz verneint. Jedenfalls sei einem potenziellen Missbrauch im jeweiligen hintergangenen Rechtsgebiet zu begegnen. Siehe auch

Nissel, 68.

Vgl. Rawert, in: Non Profit Law Yearbook 2003, 2. Zu den Ersatzformen auch Schlüter, 46 ff, der die Unterscheidungskriterien der möglichen stifterischen Konzepte und Ersatzformen in der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, den Einflussrechten auf die Stiftungsarbeit und der nachträglichen Veränderbarkeit sieht. 463 Dazu K. Schmidt, »Ersatzformen« der Stiftung - Unselbständige Stiftung, Treuhand und Stiftungskörperschaft - , in: Stiftungsrecht in Europa, 190 ff; Riehmer, passim; Schlüter, 461 462

66 ff, 258 ff; Schwintek, 45 ff; MünchKomm/Äe«ier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 106 ff; Woch-

ner, Der Stiftungs-Verein, Rpfleger 1999, 310 ff. 464 Schlüter, 71, 265 f, prüft außerdem die Stiftungsaktiengesellschaft.

80

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Gegen eine »meuterische« Mitgliedergesamtheit sind einem Gründer aber die Hände gebunden 465 . Zwar können diese Rechtsfiguren höchst gemeinnützige Zwecke unterstütz e n 4 6 6 und sich auch »Stiftung« nennen 4 6 7 . Sie fallen damit unter das Gesamtgebiet des Gemeinnützigkeitsrechts und in den »Dritten Sektor«. Z u m Stiftungsrecht im engeren Sinne gehören sie aber nicht. E s ist gerade ein Charakteristikum des deutschen Rechtsverständnisses 4 6 8 , dass das Prädikat »Stiftung« an die spezifische, als eigenständige Rechtsfigur abstrahierte Sonderrechtsform Stiftung geknüpft ist, und nicht eine andere Rechtsform (etwa eine Körperschaft) dadurch zur Stiftung wird, dass sie einen gemeinnützigen Z w e c k verfolgt, wie dies etwa bei einer charitable Corporation des angloamerikanischen Rechts m ö g lich ist 4 6 9 . b. Trusts und unselbständige

Stiftungen

A u c h der trust470 und alle mit ihm zusammenhängenden Figuren haben höchste Bedeutung in der Landschaft des Gemeinnützigkeitsrechts. Diese Figuren entsprechen - auf das deutsche Rechtsverständnis übertragen - aber eher 4 7 1 so genannten unselbständigen Stiftungen 4 7 2 .

4 6 5 Über diesen Wesensunterschied scheint Einigkeit zu herrschen, national wie international; so jedenfalls das Resümee von Hopt/Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 18. Schlüter, 21, 27, 73, 556, jedoch vereinigt alle diese Formen trotz der genannten Wesensunterschiede in seinem funktionalen Stiftungsbegriff; siehe dazu bereits 1. Teil 1. Kap. B.I.l.c. 4 6 6 Siehe als Beispiel die Robert Bosch Stiftung GmbH, die jährlich etwa 40 Millionen Euro für Förderprogramme in den Bereichen Gesundheit, humanitäre Hilfe, Jugend, Bildung, Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stellt; vgl. Nissel, 38 f. 4 6 7 Zur namensrechtlichen Problematik Nissel, 38 f, der dazu bemerkt, dass jedenfalls im Fall der Robert Bosch Stiftung GmbH aufgrund des Zusatzes »Stiftung« im Namen der GmbH kein Imageschaden für das Rechtsinstitut Stiftung zu befürchten sei. 4 6 8 In den USA dagegen sind die stiftungsrechtlichen Körperschaften die Normalform stiftungsrechtlichen Handelns; siehe Hansmann, in: Stiftungsrecht in Europa, 243. 4 6 9 Siehe zu diesen nochmals Brauch, passim; Hansmann, in: Stiftungsrecht in Europa, 243 ff; Schlüter, 276 ff. 4 7 0 Zum trust siehe Westebbe, 50 ff; Richter, 260 ff; Schlüter, 135 f, 172 f. Außerdem - mit Blick auf seine Rezipierbarkeit - Koos, 15 ff. 471 Der so genannte charitable trust wird allerdings - ohne hier Einzelheiten auszubreiten auch mit der deutschen selbständigen Stiftung verglichen; siehe Reuter, Die unselbständige Stiftung, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 208, 217. Wollte man hier eine genaue rechtsvergleichende Abgrenzung treffen, welche Arten von möglichen trust-Konstruktionen aus deutscher Sicht noch den selbständigen Stiftungen zugerechnet werden können, öffnete man eine Pandorra-Büchse, die wiederum eine eigene Studie erfordern würde. Der komplexen Problemlage des trust kann hier also keine Gerechtigkeit angetan werden - dennoch wird im Einzelfall auf instruktive Bezüge zum ir«si-Recht hingewiesen. 4 7 2 Ausführlich dazu Schlüter, 56 ff; Koos, 52 ff; Westebbe 33 ff; Herzog, 17 ff; K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 177 ff; Reuter, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 203 ff; Wochner, Die unselbständige Stiftung, ZEV 1999, 125 ff. Zur Schweiz siehe Riemer, Personenrecht, 288 ff. Teilweise finden tr»st-Konstruktionen ihr deutsches Pendant auch im Testamentsvollstreckungsrecht, was wiederum zeigt, dass der teleologische Bogen der vorliegenden Studie mit der Einbeziehung des trust überspannt wäre.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht

81

Die unselbständige Stiftung ist keine juristische Person, sondern ein vom Stifter übertragenes Sondervermögen mit dauerhafter Zweckbindung, aber ohne Rechtspersönlichkeit, das eines Trägers in Gestalt einer natürlichen oder juristischen Person bedarf. Derartige Stiftungsformen spielen zwar in der Rechtswirklichkeit eine imposante Rolle 473 und mögen gar die Urform allen stiftungsmäßigen Handelns gewesen sein 474 . Sie sollen hier aber ebenfalls außen vor bleiben, weil sie sich gerade nicht durch die hier relevante rechtsformtypische Problemlage auszeichnen, die dadurch eintritt, dass ein Vermögen zu einem bestimmten Zweck als juristische Person verselbständigt worden ist und dadurch den Interessen verschiedener Beteiligter ausgesetzt wird. Wie auch immer die unselbständige Stiftung konstruiert werden soll (»Treuhandmodell« oder »Auflagenlösung« 4 7 5 ) - es ist gerade dieser Unterschied zur selbständigen Stiftung, der einzelne Autoren anmahnen lässt, die unselbständige Stiftung nicht zu einem Sondervermögen mit eigenem rechtlichen Schicksal fortzuentwickeln und dadurch einer unzulässigen Umgehung der Prämissen des Stiftungsrechts die Hand zu reichen 476 . Andere beurteilen dies zumindest insoweit unterschiedlich, als sie die unselbständige Stiftung nicht als Gefahr für die selbständige Stiftung ansehen, sondern als Chance, letztere besser zu verstehen. D i e unselbständige Stiftung könne als Lehrmeisterin für das Stiftungsrecht dienen, da man bei der Ausgestaltung dieser nicht gesetzlich vorgeformten Figur weit mehr über die stiftungstypischen Problemfelder nachdenken müsse 4 7 7 . Karsten Schmidt möchte sogar noch weiter gehen und eine so verstandene unselbständige stiftungsrechtliche Ersatzform zu einer virtuellen oder fiktiven juristischen Person erheben: Immerhin gebe es ein Sondervermögen, dessen Führung und Verwendung durch ein Stiftungsgeschäft organisatorisch ausgestaltet worden sei und dessen Organe verpflichtet seien, zu handeln, »als wären sie Stiftungsorgane« - eine solche Figur verdiene es daher, auch in rechtlicher Hinsicht eine Aufwertung zu erfahren 4 7 8 . D e m ist zugute zu halten, das auch andere ehemals rechtlose Sondervermögen »eine Karriere bis hin zur Rechtsträgerschaft absolviert« 4 7 9 haben und eine virtuelle Rechtsfigur (bis dahin) durchaus »Denkmodell für die Benennung von Interessen und Pflich-

4 7 3 Dass dem in einer stiftungsrechtlichen Landschaft nicht so sein muss, lehrt indessen der Blick auf das niederländische Recht, dem die unselbständige Stiftung als solche fremd ist; vgl. Klostermann, 46 m. w. N. 4 7 4 Siehe Schlüter, 220 ff. 4 7 5 Siehe Einzelheiten und Diskussionsstand bei K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 180 ff; Reuter, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 208 ff, 219 ff; Schlüter, 57 ff; Koos, 72 ff; Herzog, 37 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 36 Rn. 22 ff; Wochner, ZEV 1999, 126 f. 4 7 6 So etwa Reuter, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 207, der auch die damit einhergehende Vorstellung eines »Rosinenpickens« verurteilt. 4 7 7 So K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 176 f. 478 K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 177 ff. In eine ähnliche Richtung geht das Ergebnis von Koos, 281 ff, 353 ff, der die fiduziarische Stiftung zu einer »fiduziarischen Person« personifizieren möchte. Auch diese dogmatisch wie teleologisch streitbare Konstruktion kann hier keine tiefere Auseinandersetzung erfahren. Siehe dazu MünchKomm//?e«ter, 2. Lfg., Vor § 80 B G B Rn. 101 ff. 479 K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 178, mit Blick auf den nichtrechtsfähigen Verein und die Gesamthands-BGB-Gesellschaft.

82

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

ten« 4 8 0 sein kann. Andererseits kann ein »simulierter Rechtsträger« 481 einem tatsächlichen durch Nachahmung lediglich nahe kommen, ihm gleichkommen kann er ohne Eingriff in die gesetzliche Systematik nicht. Ob es des Kunstgriffs der Erschaffung einer virtuellen juristischen Person tatsächlich bedarf, erscheint zweifelhaft 482 . Einer tieferen Diskussion und einer endgültigen Bewertung muss sich ein solcher Ansatz in dieser Arbeit aber entziehen: Auch als virtuelle Rechtsfigur steht die unselbständige Stiftung nicht in dem Spannungsfeld, dem die selbständige Stiftung des B G B durch ihre Verselbständigung als (echte) juristische Person mit den weiteren prägenden (gesetzlichen) Merkmalen wie etwa der Stiftungsaufsicht ausgesetzt ist. Sie versucht dies ja gerade durch ihre Unselbständigkeit zu umgehen. Diese Studie will aber Wege und Lösungen für die (eventuell in der Tat umgehungswerten) Eigenarten der selbständigen Stiftung entwickeln. Möglicherweise können ihre Ergebnisse dann sogar, wenn auch nicht Lehrmeister, so doch Beispiel oder Vorbild für eine ohne gesetzliche Zwänge grundsätzlich frei ausgestaltbare unselbständige Stiftung sein. 3. Folgen für die vorliegende

Arbeit

Im zurückliegenden Abschnitt ging es nicht u m eine genaue Abgrenzung der bestehenden Stiftungsformen 4 8 3 . A u c h sollte kein endgültiges Urteil über die teilweise sehr umstrittene - Zulässigkeit oder Anerkennungsfähigkeit der einzelnen Varianten getroffen werden. Alle der vorhandenen Erscheinungsformen und auch ihre Kombinationsmöglichkeiten und Mischformen 4 8 4 entsprechen der Stiftungsrealität und sollen damit wenigstens grundsätzlich zu Adressaten dieser Arbeit werden. Daneben kann es prinzipiell keinen Unterschied machen, ob das jeweilige Stiftungsmodell unter Lebenden oder von Todes wegen errichtet worden ist 4 8 5 . Beide Stiftungstypen sind Bestandteile der Problematik, mit

480 Vgl. K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 180. 481 Vgl. K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 178. 4 8 2 Siehe auch Schlüter, 64 f, der den Nutzen der Rechtsfigur hinterfragt. Außerdem MünchKommAReaier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 94 f. 4 8 3 Dass die genaue Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann und auch einzelne Gerichte bei der Beurteilung ein und derselben Stiftung zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen können, illustriert Andrick, Im Dickicht des Rechts, ZSt 2004, 191 ff, am Fall einer 1858 gegründeten Stiftung, die u.a. der Entscheidung des OVG NRW v. 23.6.2004, DVB1. 2004,1500, sowie des BFH v. 29.1.2003, BFHE 201,287 = NVwZ 2003, 1020, zugrunde lag. Er nennt es eine Schwachstelle des Rechts, dass »ein etabliertes Rechtsgebilde wie die Stiftung bei der Vielfalt von Stiftungsarten und -typen keine gesicherte Heimat hat, vielmehr als Spielball der Rechtsprechung orientierungslos nach einem festen Standort sucht«. Als Konsequenz plädiert er für eine »stiftungsgesetzliche Regelung, nach der die Rechtsnatur einer Stiftung mit bindender Wirkung über die unmittelbar am Verwaltungsverfahren Beteiligten hinaus geklärt werden kann«. Zum Urteil des BFH siehe auch Neuhoff, Zur steuerrechtlichen Umwidmung von Stiftungen des öffentlichen Rechts zu solchen des privaten Rechts - Zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 29. Januar 2003, DÖV 2004, 289 ff. 4 8 4 Dazu Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 112. 4 8 5 Ausführlich zur Stiftung von Todes wegen Steffek, Die Anforderungen an das Stiftungsgeschäft von Todes wegen, Dissertation, 1996, passim; Schewe, Stiftungserrichtung von Todes wegen (Teil 1), ZSt 2004, 270 ff, (Teil 2), ZSt 2004, 301 ff. Außerdem Muscheler, Das vertragliche Stiftungsgeschäft, ZEV 2003, 41 ff.

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen in Gesellschaft, Wirtschaft und Recht dem Unterschied, dass es bei ersterer einen lebenden Stifter als Interessen tragenden Beteiligten noch während der Stiftungstätigkeit gibt. Im Ergebnis sollen also so lange keine Einschränkungen in Bezug auf den Adressatenkreis dieser Studie gemacht werden, wie die stiftungsrechtlichen Grundmerkmale der selbständigen Stiftung gegeben sind. Damit ist zugleich die Grenze gezogen. Das hier zu untersuchende Spannungsfeld zeichnet sich durch das Vorliegen der klassischen Stiftungsmerkmale aus: Voraussetzung ist ein zur juristischen Person verselbständigtes (und damit keiner anderen Person subjektiv zugeordnetes) Vermögen, das prinzipiell ewig zu einem zum Stiftungszeitpunkt als grundsätzlich unabänderlich festgelegten Stiftungszweck bereitgestellt worden ist. Zu dessen Verwirklichung und Auskostung ist ein Netzwerk von Beteiligten eingesetzt worden, das die typischen Interessen und Spannungslagen generiert. Dies ist im Grundsatz das Bild der klassischen (gemein- oder privatnützigen) Stiftung bürgerlichen Rechts, um die es daher im Schwerpunkt gehen wird. Andere Stiftungen können rechtspolitisch wünschenswert und in der Praxis vielleicht praktikabler sein (wie etwa aus Sicht mancher Autoren die unselbständige Stiftung) oder ein stiftungsrechtliches Ziel auf andere Weise oder in anderer Rechtsform ebenso gut oder sogar besser verwirklichen (wie etwa eine Stiftungs-GmbH oder ein Stiftungs-Verein). Sie haben damit fraglos ihre Legitimation und ihren Anteil an der erfreulicherweise zunehmenden Bedeutung des »Dritten Sektors«. Sie fallen aber aus dem Anwendungsbereich dieser Arbeit heraus. III. Möglichkeiten

einer begrifflichen

Neuordnung

Geht man von diesem Arbeitsziel aus, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob man von der herkömmlichen Untergliederung stiftungsrechtlicher Erscheinungsformen abweichen kann, um die Stiftungsvielfalt aus dem hier relevanten Blickwinkel neu zu beleuchten. Denn die Problematik, wie eine Stiftung vor den Auswirkungen der sie gefährdenden Interessenkonflikte ihrer Beteiligten geschützt werden kann, ist nicht so sehr eine Frage ihres Oberbegriffs als vielmehr ihres Tätigkeitsbildes und ihrer organisatorischen Ausgestaltung. So kann eine klassische gemeinnützige Stiftung des Privatrechts, deren ausschließlicher Zweck die Förderung eines gewissen ideell-gemeinnützigen Ziels ist (etwa die Krebsforschung), zumindest in Teilen das gleiche Tätigkeitsbild haben wie eine unternehmensverbundene Stiftung, die sich - etwa neben der Führung eines Pharmabetriebes - ebenfalls die Krebsforschung als N e b e n z w e c k z u m Programm gemacht hat. Beide stellen einen gewissen Geldbetrag zur Verfügung, der nach möglichst sinnvollen Kriterien für Forschungsvorhaben zugeteilt werden muss. Werden die falschen Personen oder Einrichtungen gefördert, sind Stiftungsziel und Stiftungsvermögen in Gefahr. Beide bedürfen zu ihrem Schutz daher typischerweise eines wissenschaftlichen medizinischen Fachgremiums als Zweitorgan, das die Krebsforschung überblickt. Dieses kontrolliert die Ausschüttungen, welch letztere von einem möglicherweise in marktökonomischen Dingen versierten, die täglichen Geschäfte der Stiftung leitenden Vorstand vorgenommen werden.

83

84

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

Ebenso kann eine rein privatnützige Stiftung, etwa eine Familienstiftung, vergleichbare Maßnahmen erfordern wie eine gemeinnützige. Man stelle sich einen Künstler vor, der von Todes wegen seinen Bildernachlass für kleine Ausstellungen zur Verfügung stellt und dazu einen Einzelvorstand bestimmt. Hier ist die Organisationsstruktur und die Interessenlage so überschaubar wie bei einer Familienstiftung, in der ein Familienmitglied von Todes wegen einen Betrag stiftet, mit dem jeder Nachkomme, der gewisse Voraussetzungen erfüllt, bei seinem Hochschulstudium unterstützt wird, was ein Einzelvorstand zu arrangieren hat. Die Einsetzung eines zweiten Kontrollorgans würde in beiden Fällen die Interessenlage unnötig verkomplizieren und nicht der Stiftungseffektivität entsprechen. Vor der Analyse der einzelnen Interessenkonflikte bietet es sich daher an, nach Kriterien zu suchen, anhand derer die verschiedenen stiftungsrechtlichen »Realtypen« 4 8 6 nach interessenleitenden Gesichtspunkten kategorisiert werden können. Ausgeklammert werden hier diejenigen Ansätze, die eine neue Typologie für den Gesamtbereich der Nonprofit-Organisationen an sich suchen. So unterteilt etwa v. Hippel aus ökonomischer Sicht Nonprofit-Organisationen in drei Idealtypen, nämlich Spendenorganisationen, mitgliedernützige Organisationen und kommerzielle Nonprofit-Organisationen, die im theoretischen Ansatz unterschiedlich behandelt werden und dies auch in rechtlicher Hinsicht werden sollten 487 . Die Weiterentwicklung dieser Ansätze darf mit Spannung erwartet werden. Für das vorliegende Forschungsziel sind sie zu weit und haben lediglich anschauliche Bedeutung. Unterscheidung nach Aufgabenstellung und Art der Zweckverwirklichung: Förderstiftung und operativ tätige Stiftung. Oben wurde anhand des Stiftungszwecks gegliedert, insbesondere nach Privatnützigkeit und Gemeinnützigkeit. Diese Zwecke lassen sich weiter anhand der damit verbundenen Aufgabenstellung unterscheiden. So gibt es Förderstiftungen488 (angelehnt an den angloamerikanischen Begriff der grant-makingfoundation489), die ihrem Zweck entsprechend die Tätigkeit Dritter, also Einrichtungen und Vorhaben anderer finanziell unterstützen und damit fördern. Auf der anderen Seite gibt es Anstaltsstiftungen oder operativ tätige Stiftungen490 (operating-foundatio»s 491 ), welche ihren Zweck durch eigene Einrichtungen verfolgen und damit am Markt operieren 492 .

486 487

So Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 111. V. Hippel, Typologie der Nonprofit-Organisationen, in: Nonprofit-Organisationen,

87 ff. 488 Vgl Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 111; Schwintek, 42; Schlüter, 342 f; Graf Strachwitz, Operative und fördernde Stiftungen: Anmerkungen zur Typologie, in: Handbuch Stiftungen 1998, 684 ff. 489 Dazu Seif art, Vermögensverwaltung bei Stiftungen, BB 1987,1890; Schlüter, 346 ff. 490 Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 111; Schwintek, 42; Andrick!Suerbaum, 32; Schlüter, 342 (der Anstaltsstiftungen und operative Stiftungen allerdings trennt); Graf Strachwitz, in: Handbuch Stiftungen 1998, 689 ff und 692 f zum Unterfall der Projektträger- und Preisstiftung. 491 Dazu Seifart, BB 1987, 1890; Schlüter, 346 ff. 492 Teilweise wird in diesem Zusammenhang der Begriff der »Funktionsträgerstiftung« ins Spiel gebracht; vgl. Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 111 f. Dieser geht zurück auf Strickrodt, Stiftungen als urbildhaftes Geschehen im Gemeinwesen, 1984, 44 ff; ders., Stiftungsrecht, 1977, 18, hat sich wegen seiner mangelnden Transparenz aber nicht durchgesetzt. Andere verwenden diesen Begriff als Form der Unterteilung nach Stiftungsvermögen; so Andrick/Suerbaum, 33; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 23 (ablehnend).

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen

in Gesellschaft,

'Wirtschaft und Recht

85

Dieser relativ groben Unterteilung kommt deswegen Bedeutung zu, weil das Führen und Unterhalten einer stiftungseigenen Einrichtung nicht nur einer anderen Organisations- und Kompetenzstruktur bedarf als die Förderung fremder Einrichtungen oder Personen, sondern auch zusätzliche Eigeninteressen der Stiftungsbeteiligten generiert 493 . Fließend sind die Ubergänge dieser Unterscheidung nach der Aufgabenstellung, wenn nunmehr nach Tätigkeitsbildern unterschieden wird. Unterscheidung nach Tätigkeitsbild: Handlungsstiftung und Verwaltungsstiftung. Das Tätigkeitsbild einer Stiftung ist deswegen von Interesse, weil es das tägliche Leben der Stiftung repräsentiert. Dieses Tagesgeschäft wiederum bestimmt einen Großteil der Stiftungsinteressen bzw. richtet sie in eine bestimmte Richtung aus. So könnte man unter dem Begriff Handlungsstiftung solche Erscheinungsformen erfassen, deren Tätigkeit durch fortlaufende Handlung und vor allem auch flexible Handlungs/ä&zg£ezf gekennzeichnet ist. Darunter würden wohl die meisten unternehmensverbundenen Stiftungen fallen, aber auch solche, die auf irgendeine andere Weise am Markt tätig sind. Kennzeichen all dieser Stiftungsbilder ist es, dass in ihren Handlungsbereichen ein relativ schneller und unkomplizierter Entscheidungsprozess gewährleistet sein muss, möchte man nicht die Tätigkeit der Stiftung lähmen und damit den Stiftungszweck gefährden. Dies würde auf der anderen Seite gegen die Einführung allzu weitreichender Kontrollmechanismen sprechen. Gegenbild dazu ist die Verwaltungsstiftung, deren Tätigkeit sich im Großen und Ganzen im Halten von Vermögen erschöpft, sei es Geldvermögen, dessen Erträge zu einem bestimmten Zwecke ausgeschüttet werden (hier ähnelt sie der Förderungsstiftung), sei es Sachvermögen, das selbst den Stiftungszweck repräsentiert (wie etwa das Halten und Verwalten einer Kunstsammlung). Hier liegt das Charakteristikum nicht in der Flexibilität, sondern in der Kompetenz der zuständigen Personen, diese Verwaltungsgeschäftsführung sachgerecht und effektiv zu erledigen, was mit einer möglichst wirksamen Kontrolle gewährleistet werden könnte. In Osterreich und Liechtenstein hat die Verwaltungsstiftung noch größere Bedeutung als in Deutschland, da die dortigen Privatstiftungen schon von ihrer Grundstruktur zu reinen Holding-Stiftungen verwendet werden dürfen 494 . Das Tätigkeitsbild besteht dann überwiegend im Halten von Vermögen zu unterschiedlichen Zwecken 495 . Freilich kann bei diesen Stiftungstypen der Wunsch nach hoher Kontrolldichte weniger stark ausgeprägt sein, was dann möglicherweise extern kompensiert werden müsste. Bei der schon genannten Gruppe der Förderstiftungen, die ein Vermögen halten und dieses zur Förderung dritter Einrichtungen und Personen verwenden, prägt diese Förderung nicht nur das Aufgabenfeld, sondern auch das Tätigkeitsbild. Die Tätigkeit solcher Stiftungen zeichnet sich durch die Zuteilung von Mitteln an ausgewählte Perso493 Muscheler, Die Rechtsstellung der Stiftungsdestinatäre, WM 2003, 2213, leitet hieraus sogar eine Unterscheidung in der Destinatärsstellung ab: Erstere seien Fruchtdestinatäre, an welche die Früchte des Stiftungsvermögens in Form von Erträgen weitergegeben werden, letztere Gebrauchsdestinatäre, weil sie das Stiftungsvermögen (oder die Anstalt) gebrauchen dürfen, was ihnen zumindest einen ideellen Vorteil bringt. Zugleich kann hier die Unterscheidung in Individualdestinatäre und Publikumsdestinatäre zutreffend sein. 494 Siehe dazu nur Doralt/Kalss, in: Stiftungsrecht in Europa, 428; grundlegend Kalss, in: Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts, 37 ff. 495 So werden Holdingstiftungen beispielsweise zur steueroptimierten Gestaltungen von Unternehmensverkäufen genutzt. Das Unternehmen wird - vereinfacht gesagt -steuerlich begünstigt in eine Stiftung eingebracht, die es hält. Anschließend wird es wiederum steuerlich begünstigt verkauft und das Stiftungsvermögen schließlich nach den jeweiligen privatautonomen Zielen verteilt. Dazu im Überblick Gröhs, Unternehmensveräußerungen über Privatstiftungen, in: Gassner/Göth/Gröhs/Lang (Hrsg.), Privatstiftungen, 2000, 267 ff.

86

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

nen oder Einrichtungen aus. Neben der effektiven Mittelverwaltung steht daher vor allem der Auswahlprozess der Empfänger im Vordergrund, für den regelmäßig eine eigenes, nach wissenschaftlichen Kriterien zusammengesetztes Fachgremium erforderlich sein wird. Auch hier dürfte der Nutzen effektiver Kontrolle höher sein als der Nachteil durch Verlangsamung der Entscheidungsprozesse. Unterscheidung nach Stiftungsklassen: Idealstiftungen und wirtschaftliche Stiftungen. Einen anderen Ansatz verfolgt die von Reuter496 vorgenommene Stiftungsklassenabgrenzung. Diese war ursprünglich als rechtspolitisches Programm konzipiert mit dem Ziel, Idealstiftungen (einschließlich solcher mit wirtschaftlicher Nebentätigkeit) bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen einen Anerkennungsanspruch zuzuerkennen, wirtschaftliche Stiftungen dagegen in Anlehnung an die Vereinsklassenabgrenzung anhand von §§ 21, 22 BGB analog nur dann zuzulassen, wenn ein förderungswürdiger Zweck auf andere Weise nicht verwirklicht werden kann 497 . Diesem Programm hat der Gesetzgeber mit der Reform v. 1.9.2002 wohl eine Absage erteilt 498 . Jedoch: Eine derartige Differenzierung beschreibt auch Erscheinungsformen der Stiftungsrealität. Zudem sind die grundsätzlichen, von Reuter herausgearbeiteten Wertungswidersprüche bestehen geblieben 499 . Demnach können die beiden Stiftungsklassen in verschiedenen Bereichen weiterhin eine unterschiedliche Behandlung nach sich ziehen, so dass sich die Unterscheidung als solche nicht erübrigt hat. Unterscheidung nach Funktion der Stiftung: Klassische und funktionale Stiftungen. Die Unterscheidung in klassische und funktionale Stiftungen stammt aus dem schweizerischen Recht 500 . Die klassische Stiftung dient dem Bild, das der historische Gesetzgeber des ZGB vor Augen hatte, nämlich in (meist) gemeinnütziger Weise einem Personenkreis Stiftungsleistungen zukommen zu lassen, die aus dem Ertrag oder der Nutzung des vom Stifter zur Verfügung gestellten Anfangsvermögens erbracht werden 501 . Funktionalen Zwecken dient die Stiftung dagegen, wenn zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe oder Funktion im Interesse Dritter eine selbständige Rechtsträgerschaft benötigt wird, die Rechtsform Stiftung also gerade zur Erfüllung dieser Funktion herangezogen wird. Dies kann der Fall sein, wenn die Stiftung als politisch neutrale und wirtschaftlich unabhängige Rechtsträgerin von Institutionen eingesetzt wird, auf die niemand einen eigentümerähnlichen Einfluss nehmen soll. Die funktionale Stiftung hat damit auch Integrationsfunktion und dient dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen 502 . Beispiele sind etwa eine Personalvorsorgestiftung des schweizerischen Rechts, welche gleichermaßen den Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern dienen soll 503 , oder eine Stiftung

496 Siehe MünchKommAReaier, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7; Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 17. 497 Vgl. MünchKomm/Reuter, Band 1, Vor § 80 BGB Rn. 7; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 13 f. 498 Siehe aber MünchKomm/Äe«ter, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 83. 4 9 9 Vgl. MünchKommAReaier, Band la, §§80, 81 BGB Rn. 17; 2. Lfg., §§80, 81 BGB Rn. 79 ff. soo Brückner, 389 ff. Vgl. aber auch die von Strickrodt, 44 ff; ders., Stiftungsrecht, 18, geschaffene »Funktionsträgerstiftung«, die sich in Deutschland indessen nicht als eigenständige Kategorie durchgesetzt hat; dazu Andrick!Suerbaum, 33; Staudingerl Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 23. 501 Vgl. Brückner, 392 f, 397 ff. 502 Brückner, 393 ff, 399 f. 503 Die Personalvorsorgestiftung ist eine in Deutschland nicht existierende stiftungsrechtliche Sonderform des schweizerischen Rechts, die zur Absicherung von Arbeitnehmern privater Arbeitgeber dient und in der Schweiz (auch hinsichtlich des dort gebundenen Vermögens)

1. Kapitel: Die Stiftung als Phänomen

in Gesellschaft,

Wirtschaft und Recht

87

zur Führung einer gemeindeübergreifenden Schule oder eines Museums, in welcher keine der Gemeinden ein eigentümerähnliches Sagen haben soll. Diese Unterscheidung setzt andere Akzente als die herkömmliche Differenzierung in klassische Stiftungen und etwa Unternehmensstiftungen. Die Funktionalität der Stiftung geht nicht zwingend einher mit ihrer Tätigkeit, sondern mit ihrer Abhängigkeit von denjenigen Institutionen, für die sie ihre Funktion erfüllt. Zudem enthält sie ein vermögensmäßiges Kriterium. Denn bei der funktionalen Stiftung spielt das gewidmete Anfangsvermögen in der Regel nur eine untergeordnete Rolle; die Stiftung wird aus laufend erhobenen Beiträgen und Subventionen finanziert504. Genügen also die Anfangsdotierung und die daraus stammenden Erträge, um die Stiftungstätigkeit zu finanzieren, liegt eine klassische Stiftung vor. Genügen diese Mittel nicht und ist die Stiftung auf laufende Zuwendungen bestimmter Drittpersonen angewiesen, um ihre Tätigkeit zu finanzieren, wird es sich um eine funktionale Stiftung handeln. Denn - so die diesem Gedanken immanente Begründung - Dritte werden ihr Geld nur geben, wenn die Stiftung eine Funktion in deren Interesse erfüllt. Eine klassische kann schließlich in eine funktionale Stiftung übergehen, wenn die ursprüngliche Dotierung wegen einer Änderung der Verhältnisse nicht mehr ausreicht. Aus der hiesigen Perspektive sind funktionale Stiftungen vor allem deswegen interessant, weil es neben den Stiftern häufig weitere Drittdonatoren geben wird, die ihre Interessen in der Operationsphase der Stiftung möglicherweise aktiv verfolgen wollen. Unterscheidung nach Vermögensstruktur: Kapital-, Anstalts- und Einkommensstiftung. Nach der Vermögensausstattung lassen sich die Kapitalstiftung und die Anstaltsstiftung differenzieren. Die Kapitalstiftung50i hat einen grundsätzlich unantastbaren Grundstock an Vermögen, aus dem sie Erträge erwirtschaftet und daraus die Zweckerfüllung finanziert. Bei der Anstaltsstiftung50b ist es gerade der Grundstock an Vermögen (etwa die Bildersammlung oder das Krankenhaus), den sie zur Realisation des Stiftungszwecks einsetzt. In die gleiche Richtung geht die von Kronke507 mit Verweis auf Pleimesi0i getroffene Unterscheidung von Anstalts- und Hauptgeldstiftungen: Die Hauptgeldstiftung entspricht der Kapitalstiftung, die eine ungegliederte Gütermasse zum Objekt hat, Kapital verwaltet und auszahlt. Die Anstaltsstiftung ist eine zweckgerichtete Güterorganisation mit starker Eigengesetzlichkeit in einem geschlossenen Anstaltskörper. Daneben ist u. a. die Einkommensstiftung509 existent: Ihr Grundvermögen ist so klein, dass sie ihren Zweck primär aus laufenden Zuwendungen des Stifters oder eines Dritten erfüllen muss (was an die schweizerische funktionale Stiftung erinnert). Diese Differenzierung nach Vermögensstruktur ist deswegen von Relevanz, weil es einen Unterschied macht, ob Vermögen nur verwaltet und ausgekehrt werden, oder ob

von überragender Bedeutung ist. Siehe dazu Riemer, Personenrecht, 280 ff; Spielvogel, 45 ff; Braun, 3 ff. 504 Brückner, 393 f. 505 Dazu Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 21; Andrick! Suerbaum, 33; Schwintek, 42. 506 Dazu StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 21 f; Andrick!Suerbaum, 32; Schwintek, 42. 507 A.a.O., 12, 106. 508 Pleimes, Weltliches Stiftungsrecht, 9 f. 509 Staudinger!Rawert, § 80 BGB Rn. 20; ders., in: Stiftungsrecht in Europa, 111.

1. Teil: Schutzzweck

88

und Schutzgegenstand

Stiftung

es erwirtschaftet und vermehrt werden muss. Je nachdem müssen die wirtschaftlichen Handlungsfähigkeiten der zuständigen Personen weiter oder enger gezogen werden. Bei der Kapitalstiftung wird es primär auf die Bindung der Verwaltung ankommen, welche die Vergabeentscheidungen trifft. Bei der Anstaltsstiftung besteht das Problem, der ohnehin zweckabhängigen Güterverwaltung einen den Eigen- wie Verkehrsinteressen entsprechenden organisatorischen Rahmen zu geben. Unterscheidung nach Organisationsform: Übergreifendes Organisationsgefüge oder interne Organisationsstruktur. Auch die Organisationsform einer Stiftung selbst bietet sich als Unterscheidungskriterium an. Zunächst könnte man kirchlich, öffentlichrechtlich oder kommunalverwaltungsrechtlich verwobene Konstruktionen erfassen. Denn all diese Erscheinungsformen stehen in einem organischen Zusammenhang mit einem übergreifenden Organisationsgefüge oder Hoheitsträger, der eine gesonderte stiftungsrechtliche Behandlung rechtfertigt 510 . Zum andern gibt die tatsächlich vorhandene interne Organisationsstruktur der Stiftung Aufschluss darüber, wie die Interessen der Beteiligten ausgestaltet und gegeneinander abgewogen sind. Etwa spricht die Errichtung eines internen Zweit- und damit Kontrollorgans dafür, dass die Kompetenzen des geschäftsführenden Organs beschränkt werden sollen. Je stärker die innere (Kontroll-) Struktur ausgestaltet ist, desto weniger externer Kontrolle könnte es bedürfen. Schon aus diesem Gesichtspunkt bietet es sich an, zwischen Stiftungen mit straffer und weniger straffer innerer Organisation bzw. solchen mit oder ohne internem Kontrollorgan zu unterscheiden. Unterscheidung nach Größe: Groß- und Kleinststiftungen. Schließlich muss man die Realität im Auge behalten. Es gibt Stiftungen, deren Vermögen oder Zweck so begrenzt ist, dass gewisse Organisationsstrukturen überverhältnismäßig wären. Mag man solche Miniaturstiftungen auch rechtspolitisch verurteilen 511 , sie sind (in begrenztem Maße) Teil der Stiftungsrealität und müssen daher auch als Gruppierung erfasst werden. Mag eine Stiftung daher auch in eine der oben genannten Kategorien fallen, so kann sie aus Schutzgesichtspunkten dennoch anders zu behandeln sein, wenn sie wegen ungewöhnlich kleiner oder auch ungewöhnlich umfangreicher Größe einer anderen Handhabung bedarf. Unterscheidung nach Destinatärsauswahl: Freies Ermessen oder klagbarer Anspruch. Zuletzt: Es macht für das innere Gefüge der Stiftung - wie wir noch ausführlich sehen werden 512 - einen erheblichen Unterschied, ob die Begünstigten der Stiftung ein unbestimmter Personenkreis sind (weil sachliche oder allgemeine persönliche Kriterien gefördert werden), sie nach bestimmten Kriterien beschrieben werden oder so konkret eingesetzt worden sind, dass ihnen ein klagbarer Anspruch auf die Stiftungsleistung zusteht 513 . Denn letzterenfalls ergeben sich für die Destinatäre eine ganze Reihe von Rechten und Einwirkungsmöglichkeiten. Diese Wesensverschiedenheit in der inneren Organisation der Stiftung rechtfertigt es, bereits an dieser Stelle die Stiftungen nach der Stellung ihrer Destinatäre zu unterscheiden.

Vgl. Andrick/Suerbaum, 39. Siehe etwa K. Schmidt, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 241. 512 Näheres zum Ganzen 2. Teil 1. Kap. B.I. 513 Zu den personellen Anforderungen an die Destinatärseigenschaft und eine daraus folgende weiterführende Einordnung in vier Stiftungsgruppen siehe unten 2. Teil 1. Kap. B.II.l. Siehe außerdem zur Unterscheidung in verschiedene Destinatärsarten Muscheler, WM 2003, 2213 f. 510 511

2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stiftung

89

Mit einem Blick auf Österreich kann man vor dem Hintergrund der dort bestehenden Gegebenheiten im Hinblick auf die Einräumung von Rechten an die Begünstigten noch weiter gehen und in fürsorglich-entmündigende und mitwirkungsoffene Stiftungen unterteilen 514 . Denn bei Fragen der Mitwirkung von Destinataren, insbesondere an der Geschäftsführung und im Hinblick auf ihren Einfluss auf die Kontrolle der Stiftung, tun sich Konfliktfelder auf, die einer eigenen Dynamik unterliegen und später differenziert behandelt werden müssen 515 .

Alle der hier getroffenen Unterscheidungen haben einen ihnen eigenen Sinn. Hier soll nicht die eine zutreffende Differenzierung herausgefunden werden und die Ansätze werden auch nicht abschließend bewertet. Vielmehr sollten sie vorab als Denkanstöße und Möglichkeiten dargestellt werden, um die nachfolgenden Problemlagen zu erkennen und zu strukturieren. So werden alle hier getroffenen Unterscheidungstypen an verschiedenen Stellen wieder zum Vorschein kommen. Die Begriffe sind hiermit eingeführt. Ihr tieferer Nutzen wird sich später erweisen müssen. C. Zwischenresümee: Das zu schützende Stiftungskonzept Inhalt dieser Arbeit ist also der Schutz der selbständigen Stiftung. Diese zeichnet sich aus durch ein spezifisches Spannungsfeld, das auf die rechtliche Verselbständigung eines Vermögens zu einem bestimmten Zweck und dessen »Ausstattung« mit einer externen Organisationsstruktur zurückzuführen ist. Darunter fallen alle solche Stiftungen, die dem Bild der rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts der §§ 80 ff BGB zumindest im Grundsatz entsprechen und von der Trias der Stiftungsmerkmale Zweck, Vermögen und Organisation geprägt sind. Zugrunde gelegt wird das seit 1.9.2002 geltende neue Stiftungsrecht. Dessen Neuerungen hatten indes auf so viele Bereiche des Stiftungsrechts keine Auswirkungen, dass die meisten der kommenden Ausführungen wohl für das deutsche Stiftungsrecht in seiner zeitlosen Gestalt Geltung beanspruchen können.

2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stiftung A. Problemstellung - Die Stiftung als Interessenkonflikt Die Analyse der Interessenkonflikte im Stiftungsrecht hat das Ziel, die Stiftung vor den Auswirkungen derartiger Konflikte zu schützen. Eine Arbeit, die sich mit dem Schutz der Stiftung befasst, muss Klärung bieten, warum gerade die Rechtsfigur Stiftung eines besonderen Schutzes bedarf - eines Schutzes, der

514 Siehe dazu Kalss, in: Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts, 37 ff; außerdem bereits Doralt, Zur Bestellung der Vorstandsmitglieder und des Stiftungsprüfers bei Privatstiftungen durch Begünstigte oder ein von Begünstigten gebildetes Gremium, GesRZ 1997,126 ff. 515 Vgl. 2. Teil 1. Kap. B.I.2.a., C.III.2.

90

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

über den Schutz anderer Rechtsformen hinausgeht. Warum schützen wir nicht die GmbH? Bei anderen juristischen Personen, etwa den Körperschaften des Gesellschaftsrechts, finden wir zwar ebenfalls Studien, die sich über den Schutz einzelner Faktoren oder Interessen im Zusammenhang mit der jeweiligen Körperschaftsform Gedanken machen 516 , Arbeiten über den Schutz der G m b H oder den der Aktiengesellschaft als solcher und in ihrer Gesamtheit suchen wir jedoch - wenn nicht alles täuscht - vergeblich. Schutzbedürftigkeit ist eben der Rechtsform Stiftung eigentümlich, weil es gerade diese Rechtsform ist, die ein stiftungstypisches Spannungsfeld begründet. I. Die Abstraktion

von

Vermögen

Grundlage dieses Spannungsfeldes ist der Umstand, dass eine Vermögensmasse zu einer juristischen Person abstrahiert wird. Vermögen ist im Normalfall einer (natürlichen oder juristischen) Person zugeordnet. Durch diese Zuordnung erhält es ein persönliches Substrat und teilt damit das Schicksal seines Herrn, bis es auf einen anderen Herren übertragen wird. Das Vermögen einer G m b H wird etwa bei deren Liquidierung einem anderen Rechtsträger zugewiesen, das Vermögen einer natürlichen Person geht bei ihrem Tode auf die Erben über. Eigene rechtliche Persönlichkeit erlangt das Vermögen nicht und dies würde auch nicht den Interessen der jeweiligen Rechtsträger entsprechen. Anders ist die Lage allerdings dann, wenn ein Vermögen keinen Rechtsträger hat oder haben soll. Anlass einer Stiftungsgründung ist oftmals die Existenz eines Vermögens, dessen künftige Zuordnung zu einem Rechtsträger offen ist - Beispiel ist der kinderlose Erblasser 517 . Lässt sich kein persönliches Zuordnungssubjekt finden (und soll es nicht dem Rechtsträger Fiskus anheim fallen), kann dieses Vermögen durch das Medium Stiftung verselbständigt werden. Gleiches gilt in einer ähnlichen Situation: Es sind zwar potenzielle Rechtsträger vorhanden, die in die verwaiste Position nachfolgen könnten; dem ursprünglichen Rechtsträger würde diese Nachfolge aber missfallen und er wählt Vermögensverselbständigung gerade deswegen, um diese Kandidaten von der Nachfolge auszuschließen. Andere Fälle eines verselbständigten Vermögens kennt das Gesetz in einer derartigen Reinform nicht. Zwar gibt es juristische Personen, die ebenfalls einen Mangel an persönlichem Substrat aufweisen und daher der Stiftung nahe kommen. So aus dem

5 1 6 So z. B. Laute, Der Schutz des Stammkapitals der G m b H , Dissertation, 1941; Möhring, Schutz der Gläubiger einer konzernabhängigen G m b H , Dissertation, 1992; Speth, Die rechtliche Stellung und der Schutz des Aktionärs während des Bestehens der Aktiengesellschaft nach deutschem Recht, Dissertation, 1914; Martin, Die Minderheitsrechte bei der Aktiengesellschaft und deren Schutz, Dissertation, 1929; Müller, Der Schutz der Aktiengesellschaft vor unzulässigen Kapitalentnahmen, Dissertation, 1997 (zum schweizerischen Recht). 5 1 7 So auch Seifart/v. Campenhausen/v. Campenhausen, § 1 Rn. 12.

2. Kapitel: Notwendigkeit

des Schutzes einer Stiftung

91

Bereich der Körperschaften die »Einmann-GmbH« 5 1 8 , die »Keinmann-GmbH« 5 1 9 oder der mitgliederlose Verein 520 . Diesen Formen fehlt ebenfalls mangels kollektiver Verbandsstruktur eine körperschaftliche Voraussetzung. Dennoch existiert ein personales Substrat. Bei der »Einmann-GmbH« hält der eine Gesellschafter die Verbandsrechte gegenüber »seiner« Körperschaft in einer Hand. Bei der »Keinmann-GmbH« fällt zwar wie bei der Stiftung die Zuordnungsperson weg. Dadurch entsteht aber lediglich ein Vakuum, das sich füllen lässt bzw. gefüllt werden muss 5 2 1 , falls die juristische Person mangels Mitglied nicht ohnehin erlischt, wie etwa der mitgliederlose Verein 5 2 2 . »Normale« Vereine oder Gesellschaften, die sich durch ihre verbandsmäßige Struktur auszeichnen, wurden von der Stiftung bereits abgegrenzt. Ebenfalls unvergleichbar ist die Stiftung schließlich mit einem »Sammelvermögen« i.S.d. § 1914 B G B , da diesem die Rechtspersönlichkeit fehlt 5 2 3 . Und dies ist auch und gerade der Unterschied zur unselbständigen Stiftung, bei der zwar ein Vermögen dauerhaft einem festgelegten Zweck gewidmet wird, aber einem anderen Rechtsträger zugeordnet und damit nicht als Rechtsperson abstrahiert wird. Diese Abstraktion geht zurück auf die deutsche Rechtslehre im 19. Jahrhundert. Hier wurden unterschiedliche Theorien entwickelt, die jeweils auf ihre A r t die Existenz der Stiftung als juristische Person rechtfertigen 5 2 4 . Jenseits dieser dogmatischen Unterlegung, die hier nicht mehr aufgegriffen werden soll, ist jedenfalls als gesicherte Erkenntnis festzuhalten, dass durch die Erhebung des Stiftungsvermögens zur juristischen Person ein Gebilde geschaffen worden ist, das

518

230 f.

Grundlegend John, Die Gründung der Einmann-GmbH, 1986, passim; Jeß, 43 ff; Koos,

5 1 9 Dazu nur Steding, Die gesellschafterlose GmbH - eine rechtlich zulässige Unternehmensvariante?, NZG 2003, 57 ff; Bretschneider, Die gesellschafterlose Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Dissertation, 1994, passim (zum Vergleich mit der Stiftung insbesondere 297 ff); Paulick, Die GmbH ohne Gesellschafter, 1979, passim-, Oldenburg, Die Keinmann-GmbH, Dissertation, 1985, passim', Jeß, 45 ff; Schlüter, 267 f; Koos, 232 f. 520 Dazu Staudinger/Weick, § 41 BGB Rn. 12; Jeß, 49 f. 521 Nach Steding, NZG 2003, 60, ist die gesellschafterlose GmbH »höchstens als Interimslösung« akzeptabel, falls man nicht sogar von einer automatischen Auflösung auszugehen hat. Manche Autoren lehnen sie gänzlich ab; siehe etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 995 f m. w. N.; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 118. Die Zulässigkeit dieser GmbH-Variante als »echte Alternative (...) im Rahmen von Überlegungen zur optimalen Rechtsform«, so Bretschneider, 313, ist jedenfalls bisher strittig und noch nicht geklärt. Möglicherweise hat indessen der Gesetzgeber auf diese Frage bereits insoweit eine Antwort gegeben, als er die juristische Person ohne Mitglieder dem Stiftungsrecht vorbehalten hat; so Steding, NZG 2003, 60. 522 Siehe zum Ende eines Vereins aufgrund Wegfalls oder Austritts aller Mitglieder BGH v. 17.11.1955, BGHZ 19, 51; v. 30.9.1965, BB 1965, 1247; Erman/Westermann, § 42 BGB Rn. 2; § 73 BGB Rn. 1. Strittig sind allerdings die genauen Rechtsfolgen, ob der Verein also ipso iure erlischt (so die überwiegende Meinung, vgl. BGH v. 17.11.1955, BGHZ 19, 51, 57; BAG v. 28.1.1986, JZ 1987, 420 f; Palandt/Heinrichs, §41 BGB Rn. 2; Staudinger/Weick, §41 BGB Rn. 12; Soergel/Hadding, Vor § 41 BGB Rn. 11) oder aufgelöst und liquidiert werden muss (so etwa Erman/Westermann, § 41 BGB Rn. 3; MünchKomm/Äe«ier, § 41 BGB Rn. 4; K. Schmidt, Erlöschen eines eingetragenen Vereins durch Fortfall aller Mitglieder?, JZ 1987, 394, 399). Grundlegend jetzt auch Lieder, Der mitgliederlose Verein (Teil 1), ZSt 2004, 330 ff, (Teil 2), ZSt 2005, 16 ff, der sich letzterer Ansicht anschließt. 523 Statt vieler Palandt!Heinrichs, Vorbem v § 80 BGB Rn. 11; Laux, Sammelvermögen Rechtsnatur und steuerliche Behandlung, JZ 1953, 214. 5 2 4 Siehe dazu bereits l.Teil 1. Kap. A.II.l. sowie im Uberblick Jeß, 13 ff, und Klostermann, 45 ff.

92

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

ohne Mitglieder, ohne verbandsmäßige Struktur und damit ohne jegliches personelles Substrat

besteht.

Einmal v o m

Stifter geschaffen und mit

einem

bestimmten Z w e c k in die Welt gesetzt, ist es aus sich heraus handlungs«wfähig. Handlungsfähig wird es erst durch eine externe (wiederum v o m Stifter eingesetzte) Organisationsstruktur, die - gleichsam als Ersatz für das personelle Substrat - für die Stiftung handeln muss, u m diese im Rechtsverkehr zu vertreten, u m als Sachwalter des Stifters den Stifterwillen zu verwirklichen und u m als Stiftung zu handeln. Das Stiftungsvermögen ist der Leib, die für ihn handelnden Vertreter sind künstlich geschaffene Gliedmaßen.

Beide sind in einer E x i s t e n z -

gemeinschaft zwangsvereint. D e r Leib braucht die Gliedmaßen notwendigerweise z u m Handeln. Stirbt aber der Leib, ist auch die Existenzgrundlage der Gliedmaßen weggefallen 5 2 5 . U n d da die Stiftung eben ausschließlich

durch diese

Vertreter handeln kann, kann sie sich nur schwer aus sich heraus v o r Fehlvertretungen durch eben diese Vertreter schützen (was wiederum die N o t w e n d i g k e i t einer Stiftungsaufsicht begründet und legitimiert). Dies ist die notwendige K o n sequenz aus der Abstraktion v o n Vermögen zu einer juristischen Person. Unterschiedlich wird bewertet, ob man dogmatisch sauber davon sprechen kann, dass das Vermögen selbst zur juristischen Person abstrahiert wird. Nach Ansicht einiger Autoren ist nicht das Vermögen selbst mit Rechtsfähigkeit ausgestattet, sondern die Organisation. Das Vermögen sei nur Rechtsobjekt 5 2 6 . Einem Argument, das dabei angeführt wird, kann man sich tatsächlich nicht verschließen: Unstreitig besteht die Möglichkeit, dass die Vermögensmasse selbst erst nach der Vermögenswidmung und der daraus folgenden wirksamen Stiftungserrichtung zur Verfügung gestellt wird, die Rechtsfigur Stiftung also zumindest zeitweise auch ohne Vermögen bestehen kannb27. Dennoch ist das Vermögen unverzichtbares Element - lässt sich der Mangel nicht über absehbare Zeit beheben, muss er zur Aufhebung der Stiftung führen 5 2 8 . Die Aussage, die Rechtspersönlichkeit hänge an der Organisation, ist aber zumindest insoweit irreführend, als der Stiftungsorganisation gerade das personale Substrat fehlt, das andere Organisationen mit Rechtsfähigkeit auszeichnet. Anders als beim Verein ist es gerade nicht die Organisation, die die Identität der Stiftung bestimmt. Sie ist ausschließlich der »überindividuellen Zweckwidmung« 5 2 9 verschrieben. Damit bleibt die Organisation dienender Vertreter der Stiftung. Die Stiftung ist von den konkret handelnden natürlichen und juristischen Personen gelöst und damit nicht in ihrer Existenz von

5 2 5 Beispiel frei nach Agrippa Memenius Lanatus, der damit die auf den mons sacer ausgezogene Plebs im Jahre 494 v. Chr. zur Rückkehr nach Rom bewogen haben soll; vgl. Livius, Ab urbe condita, II 32 f. 5 2 6 So R G R K / S t e f f e n , Vor § 80 B G B Rn. 2. Auch Kranke, 50, sieht in der Betonung der Organisation die »modernere, vorzugswürdige Konzeption«. Nach Schlüter, 72, 209, 557, ist die Stiftung eine juristische Person, die ein Vermögen hat. Mit durchaus beachtlichen Argumenten stellt er daher die These auf, die Stiftung sei als selbständige Vermögensmasse von ihrem Träger zu unterscheiden. 5 2 7 Siehe Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff B G B Rn. 15; Jeß, 27. In den Niederlanden kann eine Stiftung sogar gänzlich ohne gewidmetes Vermögen zur Entstehung gelangen; siehe Klostermann, 114 ff; Kronke, 26 f, dort auch rechtsvergleichend zur Vermögenswidmung. 528 Soergel/Neuhoff, Vorbem zu § 80 B G B Rn. 14; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff B G B Rn. 15. 529 Jeß, 14 m. w. N.

2. Kapitel: Notwendigkeit des Schutzes einer Stiftung

93

diesen abhängig, s o l a n g e ü b e r h a u p t eine O r g a n i s a t i o n ihre H a n d l u n g s f ä h i g k e i t gewährleistet. A m ehesten ist es daher w o h l z u t r e f f e n d , die Stiftung als »Organisationsgefüge« z u m Träger der Rechtspersönlichkeit z u machen, das sich aus der Trias der S t i f t u n g s m e r k m a l e z u s a m m e n s e t z t : ein zu einem b e s t i m m t e n Z w e c k eingesetztes Verm ö g e n , d e m z u r Verwirklichung des Z w e c k s eine externe O r g a n i s a t i o n beigeordnet wird. D i e Rechtspersönlichkeit hängt damit an der Stiftung im Sinne des klassischen Stiftungsbegriffs. In der Sache ändert sich mit dieser Klarstellung freilich nichts.

Gerade das eben angedeutete Verhältnis von Stiftungsvermögen und Organisation soll nun in den Fokus gerückt werden. Denn zumindest der Bestandteil der Stiftung, der als personifizierte Vermögensmasse zu bezeichnen ist, kann dieser seiner Organisation wehrlos ausgeliefert sein: Er steht - wie man sich bildlich vor Augen halten kann - in der Mitte zwischen dem Stifter (oder seinem perpetuierten Willen), dem Vorstand, dem Beirat, den Destinatären und dem Staat als Aufsichtsbehörde. Das Vermögen ist sozusagen anonym und kann den Beteiligten einen Anreiz geben, sich entgegen ihrer ursprünglichen Aufgabenstellung auch persönliche Vorteile zu verschaffen. Die Stiftung und ihr Vermögen stehen also in einem Spannungsfeld verschiedener Stiftungsbeteiligter, die ihre (legitimen und illegitimen) Interessen der Stiftung gegenüber geltend machen wollen und damit als Kräfte auf die Stiftung einwirken. II. Das abstrahierte

Vermögen im Spannungsfeld widerstreitender

Interessen

Das soeben Gesagte eröffnet eine zwiespältige Situation. Zum einen verfügt die Stiftung als zweckgebundene Dauereinrichtung mit eigener Vermögensgrundlage und eigener Organisation - im Vergleich zu anderen juristischen Personen - eigentlich über ein Höchstmaß an Unabhängigkeit gegenüber allen Arten von Einflüssen. Zum andern aber liefert sich das sich selbst gehörende Vermögen wegen der Anonymität seiner Interessen und seiner fehlenden Zugehörigkeit zu einer natürlichen Person dem Anreiz der Beteiligten aus, Vorteile hieraus zu ziehen. Die Vermögensmasse weckt die Begehrlichkeiten und kann somit zum Spielball aller möglichen Interessen werden 530 . Und je mehr Stiftungsbeteiligte widerstreitende Interessen generieren, desto angreifbarer wird die Stiftung. »Angriffs«-Motivation ist zum einen die meist große Ansammlung von Geld, das in der Regel durch relativ wenige Hände geht und an bestimmte Personen oder Einrichtungen ausgeschüttet wird, ein Prozess, der nicht immer von ausreichender Transparenz gekennzeichnet ist. So kann es vorkommen, dass nicht alle die Stiftung verlassenden Gelder auch bei den Destinatären ankommen oder dass die Begünstigten nach sachfremden Kriterien ausgewählt werden. Neben einem Streben nach persönlicher Bereicherung geht es bei solchen Vorgängen immer auch um Macht 531 . Die Verteilung von Geldern ist ein gesellschaftspolitisches Lenkungsinstrument und verschafft

530 Vgl Andrick/Suerbaum, 531

Zutreffend Aigner, 25.

54 m. w. N .

94

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand

Stiftung

die Möglichkeit, durch gezielte Auswahl von Begünstigten gewisse Interessen zu fördern und bestimmte gesellschaftliche Gruppen zu privilegieren. Die als »Störer« in Betracht kommenden Protagonisten wurden bereits kurz vorgestellt. Stifter, Destinatäre, Vorstand, Beirat können versuchen, die Stiftung für ihre Z w e c k e zu instrumentalisieren und Vorteile aus ihr zu ziehen. Dritte wie Gläubiger, E r b e n oder ein enttäuschter Ehegatte mögen es auf das Vermögen der Stiftung abgesehen haben. Spender und Zustifter schließlich können nachträglich Einfluss auf die Stiftung gewinnen wollen. Alle diese Personen können damit der Stiftung schaden, jede auf ihre Weise. Dass die Gefahr solch opportunistischen Handelns nicht nur abstrakten Gedanken entspringt, kann an Extremfällen aus der Praxis der Nonprofit-Organisationen illustriert werden, wie an folgendem Fall aus Frankreich. Gerade das Stiftungsrecht der romanischen Rechtsordnungen wird von extremer staatlicher Kontrolle und Abhängigkeit geprägt; es besteht eine besonders strenge Stiftungsaufsicht und Stiftungen können ausschließlich bei streng kontrollierter Gemeinnützigkeit errichtet werden, was darüber hinaus in einem langwierigen Genehmigungsverfahren festgestellt wird. Dennoch kann es bei solchen »ehrenvollen« gemeinnützigen Gebilden zu Abwegen kommen. So jedenfalls Ende der neunziger Jahre im Fall der Krebsforschungsgesellschaft ACR, in welchem der Präsident und 12 Komplizen der Veruntreuung von Millionen Francs überführt wurden - nach Hondius »the biggest charity fraud ever« 5 3 2 . In diesem Fall (und anderen) wird deutlich, dass auch in einem System straffer Aufsicht eine Mischung aus einem charismatischen und autokratischen Führer, einem ansonsten schwach besetzten Vorstand oder Beirat und einem undurchsichtigen Transparenzsystem einen Stiftungsgedanken auf Abwege führen kann. Ein anderes Beispiel ist die grundsätzlich höchst gemeinnützige schweizerische Pfarrer Sieker-Stiftung, welche durch ständige Einflussnahme des Stifters beinahe in den Ruin getrieben wurde; bei der aktuellen finanziellen Sanierung und Restrukturierung der Stiftung wurden einzelne Spenden schließlich mit dem Austritt des Ehepaars Sieber aus dem Stiftungsrat verbunden 533 . Und auch bei öffentlich verwalteten Stiftungen kann missbräuchliche Geschäftsführung im Raum stehen, etwa wenn kommunale Stiftungen beginnen, Stiftungsgrundstücke mit unterschiedlich wertvollen Gemeindegrundstücken zu tauschen 5 3 4 . Vor dem Hintergrund dieser Gefahren hat der Staat die Aufgabe, solche Phänomene im Wege der Stiftungsaufsicht zu verhindern und das ungestörte Wirken der Stiftung im Rahmen der grundrechtlich gewährten Stiftungsfreiheit 535 zu garantieren. Savigny536 sieht in der Rolle der Stiftungsaufsicht sogar noch den alleinigen Heilshringer zur Vermeidung und Lösung von Interessenkonflikten. Privatrechtsimmanente Instrumentarien im Sinne justiziabler Rechtspflichten der Leitungsorgane muss er daher nicht benennen. Auch das römische Recht, so führt er an, habe zu derartigen 532 Siehe dazu Hondius, in: Stiftungsrecht in Europa, 586. Außerdem zu weiteren Fällen Liermann, Die Staatsaufsicht über Stiftungen - ihre Aufgaben und ihre Grenzen, in: Deutsches Stiftungswesen 1948-1966, 212. 533 Vgl. die NZZ v. 3.12.2004. 5 3 4 Zu solchen Fällen Andrick, ZSt 2004,191; Andrick/Suerhaum, 54 Fn. 53. 5 3 5 Dazu näher unten 2. Teil 1. Kap. A.I.2.a. 5 3 6 System II, 348.

2. Kapitel: Notwendigkeit

des Schutzes einer Stiftung

95

Fragen »ungemein wenig« enthalten 5 3 7 . Die Lösung von Interessenkonflikten im Sinne einer Systematik zwischen den Stiftungsbeteiligten selbst - wie sie hier erforscht werden soll - ist daher von der deutschen Rechtsdogmatik vor Entstehung des B G B nicht vorgezeichnet 5 3 8 .

Aber auch im Hinblick auf die Stiftungsaufsicht besteht Konfliktpotenzial. Zum einen, wenn der Staat zu stark in die Stiftungsautonomie eingreifen möchte, was aus verschiedenen Motivationslagen denkbar ist. Zum andern, wenn sich der Staat selbst aufgrund leerer Kassen aus einem Stiftungsvermögen bedienen möchte. Letzteres scheint in der heutigen Zeit und unter den heutigen demokratischen Bedingungen zwar in den meisten Staaten kaum noch denkbar. Blickt man auf die Geschichte zurück, gehörte dies allerdings zur Realität539. III.

Schutzdefizite

Die von den Stiftungsbeteiligten ausgehenden Kräfte stehen - soviel wurde bereits vorweggenommen - in keinem selbstverständlichen oder automatischen Gleichgewicht. Im Gegenteil werden einige spezifische, rechtsformtypische Schutzdefizite deutlich540. 1. Fehlen verbandsmäßiger

Regulierungseffekte

Da es der Stiftung an Mitgliedern fehlt, entfaltet keine verbandsmäßige Körperschaftsstruktur ihre selbstregulierenden Wirkungen, wie dies etwa in Vereinen oder Kapitalgesellschaften der Fall ist. Insbesondere der Vorstand als Handlungsorgan der Stiftung hat bei der Führung seiner Geschäfte im Rahmen von Stiftungszweck und -Satzung erstaunliche Handlungsbefugnisse. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften oder Vereinen ist er einer Kontrolle durch Gesellschafter oder Mitglieder nicht unterworfen. Auch eine Kontrolle durch Destinatare findet nicht statt, jedenfalls wenn diesen in der Satzung keine Rechtsansprüche durch den Stifter eingeräumt worden sind. Und schließlich kann der Stifter zwar ein Zweitorgan zur Kontrolle des Vorstandes einrichten - ein solches ist allerdings lediglich fakultativ und es muss selbst, einmal eingerichtet, kontrolliert werden. Alles in allem besitzen die Stiftungsorgane einen Machtspielraum, der so bei anderen juristischen Personen des Privatrechts nicht vorhanden ist 541 . Und dies ist einer der Gründe, warum bei der Rechtsform Stiftung das Faktum staatlicher Aufsicht, die für sich genommen eigentlich einen unmittelbaren Ein-

System II, 358. Dazu Richter, 246 f, der auch auf die hier bestehenden Unterschiede zur angloamerikanischen Lehre hinweist. 539 Gutzschebauch, Umwandlung und Aufhebung von Stiftungen infolge der Geldumstellung, BB 1949, 119; Aigner, 24. 5 4 0 Zur ähnlichen Problematik im Großverein siehe Segna, Vorstandskontrolle im Großverein, Dissertation, 2002, 21 ff; dazu Fritsche, Entscheidungskompetenzen und Kontrollrechte in Groß vereinen, ZSt 2004, 336 ff. 5 4 1 Zum Ganzen Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 4 Rn. 113. 537 538

96

1. Teil: Schutzzweck und Schutzgegenstand Stiftung

griff in die P r i v a t a u t o n o m i e darstellt, a k z e p t i e r t u n d a u c h heute n o c h g r u n d sätzlich b e g r ü ß t w i r d 5 4 2 . Auf der anderen Seite verwundert es nicht, dass Überlegungen angestellt werden, ob man der Stiftung nicht doch eine Art verbandsmäßige Struktur zugrundelegen könnte und welche Auswirkungen ein solcher Einschnitt in die deutsche Stiftungssystematik hätte. Naturgemäß drängt sich der Blick zu den angloamerikanischen Rechtsordnungen auf, in welchen sich die Rechtsform Stiftung gerade durch eine solche Verbandsstruktur auszeichnet 5 4 3 . U n d so hat unlängst Richter - wie schon erwähnt - die U S amerikanische charitable Corporation durchleuchtet und gefragt, wie der deutschen Stiftung derartige Ansätze zu Gesicht stünden. Dabei hat er festgestellt, dass auch die Existenz von Mitgliedern nach angloamerikanischem Vorbild die Stiftungsaufsicht jedenfalls nicht entbehrlich machen würde. Ein privatrechtlicher Interessenausgleich wäre allein dadurch nicht gewährleistet, denn auch die Mitglieder sind an die von den Gründern vorgegebene treuhandrechtliche Struktur der Stiftung und den Stiftungszweck gebunden 5 4 4 . Dennoch - dies zeige schon die Existenz der körperschaftlichen Ersatzformen der Stiftung - bestehe ein Bedürfnis nach gemeinwohlfördernden Stiftungsorganisationen mit der Möglichkeit der Mitgliedschaft545. Eine solche Möglichkeit sei ein Vorteil 5 4 6 und sollte der freien Entscheidung der Stifter überlassen werden 5 4 7 . Auch nach Schlüter548 sind mitgliedschaftliche Strukturen keine stiftungsfremden Gestaltungsformen; bei der rechtsfähigen Stiftung des B G B sieht er aber immerhin Grenzen gesetzt. S o l c h e Ü b e r l e g u n g e n h a b e n in einer o f f e n e n D e b a t t e ü b e r die z w i s c h e n I n n o v a t i o n u n d T r a d i t i o n s t e h e n d e S t i f t u n g d u r c h a u s ihre B e r e c h t i g u n g u n d sie werden a u c h n o c h an a n d e r e n Stellen dieser A r b e i t z u r S p r a c h e k o m m e n . B l e i b t m a n aber bei der Realität d e s S t i f t u n g s r e c h t s , s o ist z u k o n s t a t i e r e n , d a s s g e r a d e das F e h l e n dieser a n g e d a c h t e n V e r b a n d s s t r u k t u r e n » ü b e r a l l « z u m S t i f t u n g s b e griff g e h ö r t 5 4 9 . M i s c h f o r m e n sind natürlich d e n k b a r u n d in der Stiftungsrealität a n z u t r e f f e n . D o g m a t i s c h ist allerdings Vorsicht g e b o t e n , w a s v o n einigen A u t o ren mit lauter S t i m m e in E r i n n e r u n g g e r u f e n w i r d 5 5 0 .

Dazu 2. Teil 1. Kap. E.I.l. 543 Vgl. dazu Richter, 229 ff; Hansmann, in: Stiftungsrecht in Europa, 243 ff; Fries, in: Stiftungsrecht in Europa, 373; Brauch, 125 ff. 544 Richter, 368. 545 Richter, 445 f. 546 Richter, 445. 547 Richter, 449, 453. Vgl. außerdem die Ausführungen von Schlüter, 256 f, sowie die Studie von Burgard, Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht - Zur Einführung korporativer Strukturen bei der Stiftung, 2006, bei Abschluss des Druckmanuskripts noch n.v. 5 4 8 A.a.O., 559. 5 4 9 So das rechtsvergleichende Resümee von Hopt/Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 11. Die US-amerikanische charitable corporation und die englische charitable Company sind zwar im Gegensatz dazu definitionsgemäß von Mitgliedern getragene Körperschaften; diese können ihren Willen allerdings nicht autonom bilden, sondern sind in der Ausübung ihrer Befugnisse an die ursprüngliche Bestimmung des Zwecks und die vorgegebene Vermögensverwaltung gebunden. 5 5 0 So etwa Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 128 f; K. Schmidt, ZHR 166 (2002), 148 f. Siehe auch Reuter, N Z G 2004, 943 ff. 542

2. Kapitel: Notwendigkeit 2. Fehlen

einer synallagmatischen

des Schutzes einer Stiftung

97

Bindung

Anders als im Grundmodell des gegenseitigen Vertrags fehlt bei der Stiftung die klassische Einteilung in Anspruch und Verpflichtung, welche durch ihre gegenseitige und synallagmatische Verbindung in der Regel einen Interessenausgleich zwischen den Parteien herbeiführen: Ein Do-ut-des-EHekt regelt die Beziehungen. K o m m t eine Partei ihren Pflichten nicht nach und verletzt damit die Rechte der anderen, kann die verletzte Partei ihre Rechte (notfalls gerichtlich) geltend machen. Das Stiftungsverhältnis kennt eine solche vertragstypische oder zumindest vertragsähnliche Bindung nicht 5 5 1 . Richter weist darauf hin, dass ein Grund darin liege, dass es sich im Stiftungsrechtsverhältnis um ein Rechtsverhältnis zwischen mindestens drei Parteien handele: dem Stifter, dem Verwalter der Stiftung und den Begünstigten. Es lasse sich mit einem Vertrag zu Gunsten Dritter vergleichen 552 . Der Vergleich mit einem »dreiseitigen Rechtsverhältnis« - welcher Art auch immer - ist, von allen dogmatischen Bedenken abgesehen 553 , aber schon insofern problematisch, als der Stifter durch sein Ableben als Rechtsperson wegfallen kann oder die Stiftung schon von Todes wegen errichtet 554 . Und auch die Destinatäre sind als Rechtsperson nicht immer eindeutig zu fassen. Oft bestehen sie in einer unbegrenzten Anzahl natürlicher Personen oder sind über das Medium eines Zwecks abstrahiert (wie etwa als »Förderung der Kunst« oder als »Schutz der Zwergwale«). Man muss sich daher fragen, ob ein so gestalteter Empfänger überhaupt als Rechtsperson subjektive Rechte und Pflichten haben kann. Wie soll er diese gegenüber den anderen Beteiligten durchsetzen können? Bei der Antwort auf diese Frage schwankt die Konsequenz zwischen der Skylla mangelnder Rechenschaft der Stiftungsverwaltungsorgane und der Charybdis von Bagatellklagen 555 . Klar wird daraus, dass es zumindest schwer fällt, die Destinatäre generell als Partner eines (mehrseitigen) Vertragsverhältnisses anzusehen. Die einzige grundsätzlich dauerhafte Person des Stiftungsrechtsverhältnisses ist der Stiftungsvorstand, der die Stiftung - möglicherweise in wechselnder personeller Besetzung - als notwendige Handlungsinstitution verwaltet. A u c h seine Rolle wird nicht durch gegenseitige Rechte und Pflichten, vielmehr durch den verobjektivierten Stifterwillen geprägt. Möglicherweise wird seine Stellung durch einen Anstellungsf ertrag flankiert, der in gewissen Bereichen Gegenseitigkeit mit der anstellenden Stiftung herstellen kann 5 5 6 . Gegenüber den anderen Stiftungsbeteiligten greift diese gegenseitige Pflichtenbindung freilich nicht. Alles in allem fehlt jedenfalls in aller Regel der Do-ut-des-Effekt, der die jeweiligen Interessenpole synallagmatisch bindet, was ebenfalls als stiftungstypische

551 Als Ausnahme könnte man die nach § 82 S. 1 BGB bestehende Vermögensübertragungspflicht des Stifters sehen: Insoweit besteht ein Anspruch der Stiftung und eine Verpflichtung des Stifters. Diesem Anspruch steht jedoch kein synallagmatischer Anspruch im Gegenseitigkeitsverhältnis gegenüber, so dass auch hier ein Do-ut-des-Effekt ausscheidet. 552 Richter, 238. 553 Siehe dazu 2. Teil 1. Kap. B.I.l.b. 5 5 4 So auch Richter, 238 f. 555 Vgl. Richter, 239. 5 5 6 Siehe dazu 2. Teil 1. Kap. C.I.l.

98

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Gefährdungslage angesehen werden kann und auch als Begründung für den korrelierenden staatlichen Kontrollanspruch dient557. 3. Begrenzte Kraft des Marktes Auch die ökonomische Kraft des Marktes wird - anders als bei rein wirtschaftlichen Unternehmensformen - die nicht ausschließlich marktpolitisch orientierten Kräfte kaum regulieren können. Diese Aussage ist häufig anzutreffen558 und sie entbehrt auch nicht eines Wahrheitsgehalts. Das betrifft bereits das Tätigkeitsbild der Stiftung an sich, weil sie in aller Regel keine marktwirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Und selbst wenn die Stiftung Marktprodukte oder Dienstleistungen anbietet, sollte dies nicht ihr Hauptzweck sein - sie wendet sich dem Markt jedenfalls nicht ausschließlich zu 559 . Übertragen auf die Interessen der Stiftungsbeteiligten muss dies heißen: Zwar können marktwirtschaftliche Ziele in die Motivationslage der Stiftung einfließen; sie werden jedoch nicht Leitmotiv ihres Handelns sein. Die Leitorgane haben sich eben zuvorderst nach dem Stiftungszweck zu richten. Werden die Motive der verschiedenen Beteiligten damit nicht automatisch nach Marktgrundsätzen gebündelt, können Interessenkonflikte entstehen, wenn eine stiftungspolitisch richtige Entscheidung einem wirtschaftspolitisch denkenden Destinatar (etwa einem Unternehmen) missfällt. des Marktes nicht ein Zudem greifen viele Selbstregulierungsmechanismen beispielsweise drohen einer Stiftung keine feindlichen Ubernahmen, in deren Verlauf das Management normalerweise ausgewechselt wird, was einen nicht zu unterschätzenden Disziplinierungsfaktor darstellt560. Und zu guter Letzt existieren - wie bereits beim Fehlen verbandsmäßiger Strukturen erwähnt keine Anleger oder Mitglieder, denen die Stiftung zu gefallen hat und die bei Missfallen auf die Stiftung einwirken können. Indes: Die Aussage, die Marktregulierung versage bei der Rechtsform Stiftung völlig, ist nicht ganz zutreffend, worauf auch Hopt5bx in einem größeren Zusammenhang und mit Blick auf den Gesamtbereich der Nonprofit-Organisationen hinweist. Es sind Ansätze marktlicher Kontrolle vorhanden, die zumindest mittelbar eingreifen können. So gibt es etwa einen eigenen Markt für Führungskräfte nicht nur im Bereich des Managements von Unternehmen, es existiert gleichermaßen ein Markt für Stiftungsvorstände, die sich darin zu beweisen haben. Falls die Stiftung Dienstleistungen anbietet, und sei es auch nicht gewinnorientiert, kann außerdem der Produkt- und DienstleistungsVgl. Schulte, DÖV 1996, 499. Siehe etwa Wernicke, ZEV 2003, 302; Schwintek, 28. 559 Was für den Markt im Allgemeinen gilt, gilt gleichermaßen für den Kapitalmarkt im Speziellen; aus dieser Perspektive Hopt, Corporate Governance in Nonprofit-Organisationen, in: Nonprofit-Organisationen, 252. Er kann durchaus eine eigene Disziplinierungswirkung entfalten, etwa im Falle der Notwendigkeit einer Fremdfinanzierung; vgl. Schwintek, 28. 560 Vgl. Hopt, in: Nonprofit-Organisationen, 252. 561 In: Nonprofit-Organisationen, 252; siehe auch Schwintek, 28. 557

558

2. Kapitel: Notwendigkeit

des Schutzes einer Stiftung

99

markt eingreifen. Nicht zuletzt sind viele Stiftungen auf Spenden angewiesen, so dass sich auch ein Markt für Spenden entwickelt hat, auf welchem ein scharfer Wettbewerb herrscht: Nur wem potenzielle Spender Vertrauen entgegenbringen, wird erfolgreich um Spenden werben 562 . So kann man abschließend zwischen Stiftungsschutz und Marktschutz eine Art Wechselwirkung ausmachen. Werden Stiftungen adäquat geschützt, indem sie kontrolliert und vertrauenswürdig geführt werden, schützt dies auch den unverfälschten Wettbewerb und damit den funktionierenden Markt 5 6 3 . Der funktionierende Markt trägt seinerseits - zumindest im hier aufgezeigten begrenzten Umfang - zum Schutz der Stiftung bei.

4. Staatliche Eingriffsrechte und

Missbrauchsgefahr

Schließlich: Zwar ist, wie gesehen, die staatliche Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde auch und gerade dazu da, Interessenkonflikte der Stiftungsbeteiligten zu verhindern. Doch sie selbst kann ihrerseits Interessenkonflikte generieren, wenn sie in die Gestaltungsfreiheit des Stifters eingreifen und die Stiftungsautonomie beschneiden will. Nun sind die Eingriffsrechte einer staatlichen Aufsicht natürlich nicht unbegrenzt 564 . Im Hinblick auf die Errichtung der Stiftung gewährt das neue deutsche Recht einen Anspruch auf Stiftungserrichtung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind 565 . Allein: Die Verifizierung dieser Voraussetzungen obliegt der Anerkennungsbehörde selbst. Und so kann es zu Konflikten kommen, wenn die Beurteilung der Fragen streitig ist, ob der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet (§ 80 Abs. 2 Alt. 3 BGB) 5 6 6 oder ob die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert scheint (§ 80 Abs. 2 Alt. 2 BGB) 5 6 7 . Hinter diesem Anspruch auf Anerkennung steht die Frage, ob ein allgemeingültiges Grundrecht auf Stiftung besteht. Diese Frage soll an geeigneter Stelle beantwortet werden. 5 6 2 Im Gegensatz zur Situation bei Publikumsgesellschaften kann ein »Markt für Mitgliedschaften« konsequenterweise nicht bestehen; dazu aus vereinsrechtlicher Perspektive Segna, 62 ff; Fritsche, ZSt 2004, 337. 5 6 3 Siehe allgemein Hopt, Interessenwahrung und Interessenkonflikte im Aktien-, Bankund Berufsrecht, ZGR 2004, 6. 5 6 4 Siehe dazu im Detail 2. Teil 1. Kap. E.II. 5 6 5 § 80 Abs. 2 BGB. Dazu statt vieler Palandt/Heinrichs, § 80 BGB Rn. 4; Hüttemann, ZHR 167 (2003), 41. 5 6 6 Zum Begriff der Gemeinwohlgefährdung siehe bereits oben 1. Teil 1. Kap. A.III.2. 5 6 7 Derzeit wird diskutiert, ob der Aufsichtsbehörde durch die in § 80 Abs. 2 Alt. 2 BGB angelegte Uberprüfung der Verwirklichbarkeit des Stiftungszwecks nicht doch wieder ein Genehmigungsermessen durch die Hintertür eingeräumt worden sei. Dazu sehr kritisch MünchKommAReHter, Band la, §§ 80, 81 BGB Rn. 14; 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 37. Tatsächlich weiter davon ausgehend, die Anerkennung sei ein »ermessensgebundener Verwaltungsakt«, Peiker, ZSt 2003, 48. Hüttemann, ZHR 167 (2003), 55 f, möchte das Merkmal daher zur Vermeidung von »kaum justitiablen Prognoseentscheidungen« ausschließlich auf die Angemessenheit der Finanzausstattung in Relation zum Stiftungsweck beziehen. Dazu wiederum MünchKomm/i?e«ier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 45, der anstelle einer Beschränkung des Y^ontroWgegenstands für eine Begrenzung der Kontrolliere plädiert.

100

1. Teil: Schutzzweck

W ä h r e n d der Funktionsphase

und Schutzgegenstand

Stiftung

der Stiftung, also der Phase ihres eigentlichen

Lebens, ist ein (grundrechtlich geschütztes) A b w e h r r e c h t problematisch. H i e r hat die Stiftungsaufsicht Anteil am Stiftungsgeschehen, dabei allerdings auf die Mittel der Rechtsaufsicht b e s c h r ä n k t 5 6 8 . Das Prinzip der Rechtsaufsicht ist von dem Grundsatz getragen, dass die Aufsichtsbehörde zwar bei Verletzung und Gefährdung des Stiftungszwecks eingreifen, nicht aber ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens der Stiftungsorgane setzen darf 5 6 9 . Dennoch gestalten die Landesstiftungsgesetze die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde zum Teil erstaunlich umfassend aus 5 7 0 . Das Bayerische Stiftungsgesetz v. 1.9.2001 5 7 1 gewährt der Stiftungsaufsicht etwa folgende Befugnisse: Sie hat die Stiftung zu beraten, zu fördern und zu schützen (Art. 19 BayStiftG); sie überwacht die Vermögensausstattung und -Verwendung und die Zusammensetzung der Organe, hat ein Unterrichtungs-, Besichtigungs-, Kassenprüfungs- und Akteneinsichtsrecht sowie das Recht, Maßnahmen zu beanstanden und gegebenenfalls die Befugnis zur Ersatzvornahme (alles Art. 20 BayStiftG); bei Pflichtverletzung kann sie Organmitglieder abberufen (Art. 21 BayStiftG); sie hat das Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Mitgliedern der Stiftungsorgane (Art. 23 BayStiftG); dazu kommt das Recht, einen Einnahmen- und Ausgabenvoranschlag anzufordern (Art. 24 BayStiftG); sie hat einen Anspruch auf Rechnungslegung und prüft die Rechnung (Art. 25 BayStiftG); sie kann eine Vermögenseinfrierung durch Ansammlung des Ertrags bei Vermögensverfall verlangen (Art. 26 BayStiftG); schließlich gibt es eine Reihe von genehmigungsbedürftigen bzw. anzeigepflichtigen Geschäften, in die sie sich einschalten muss oder kann (Art. 27 BayStiftG) 5 7 2 . Alles in allem steht hier unter dem Banner der Rechtsaufsicht ein erhebliches Mitwirkungspotenzial vor Augen, das die klassischen hoheitlichen Instrumentarien des Ordnungsrechts enthält und den möglich Eingriffsgehalt des Aufsichtshandelns demonstriert. F ü r die Operationsphase der Stiftung wird es daher v o n entscheidender B e d e u tung sein, ob aus dem A n s p r u c h auf E r r i c h t u n g der Stiftung auch ein der Stiftung

oder gar des Stifters

auf Bestand

Anspruch

konstruiert werden kann.

Jedenfalls ist - soviel kann an dieser Stelle v o r der U n t e r s u c h u n g der einzelnen A b w e h r m ö g l i c h k e i t e n der Stiftungsbeteiligten gegenüber der staatlichen Stiftungsaufsicht v o r w e g g e n o m m e n w e r d e n - eine Verteidigung gegen staatliche Eingriffe in der Praxis nicht i m m e r leicht d u r c h z u s e t z e n , was die Stiftung in der A u s f ü h r u n g ihrer A u f g a b e n behindern und lähmen kann.

5 6 8 Siehe BVerwG v. 22.9.1972, BVerwGE 40, 347 ff = D Ö V 1973, 272, und ausführlich unten 2. Teil 1. Kap. E.I.3.a. 5 6 9 Dazu statt vieler Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 4 Rn. 115, § 11 Rn. 8 ff; Andrick/ Suerhaum, 46 ff, 51 ff. 5 7 0 Zu einem kursorischen Überblick über die Verfassungsmäßigkeit der in den Landesstiftungsgesetzen vorgesehenen Maßnahmen der Stiftungsaufsicht siehe Seifart/v. Campenhausen/Hof § 4 Rn. 124. Zum Uberblick über die verschiedenen Instrumente siehe Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 11 Rn. 101 ff. 5 7 1 BayGVBl. 2002, 10, in der Fassung der Neubekanntmachung v. 19.12.2001. Siehe zur Reform des BayStiftG Backen, BayVBl. 2002, 681 ff. 5 7 2 Siehe zum Abbau von Genehmigungsvorbehalten durch die bayerische Gesetzesnovelle Backen, BayVBl. 2002, 687 f. Ein weiterer Abbau ist im Rahmen der für 2006 geplanten Novelle zu erwarten.

2. Kapitel:

Notwendigkeit

des Schutzes

einer Stiftung

101

5. Rolle der Stiftungssatzung Auch die Satzungsgestaltung kann Auswirkungen auf den Schutz oder Nichtschutz einer Stiftung haben. Ausgehend davon, dass sich das positive Recht durch einen sehr begrenzten Normbestand und geringe Regelungsdichte auszeichnet, müssen solche Regelungslücken durch die Stiftungssatzung ausgefüllt werden - die Stiftungssatzung nimmt damit eine Ersatzfunktion ein. Diese ihre besondere Rolle erhöht gleichzeitig die Bedeutung der Rolle des Stifters. Denn so wie eine gute Satzung Konflikte vermeiden kann, wird eine schlechte Satzung Konflikte generieren und fördern. Der Stifter ist sich indessen häufig dieser seiner Bedeutung nicht bewusst. Und so kann die Gestaltungsfreiheit des Stifters gleichermaßen als Segen wie als stiftungstypisches Schutzdefizit angesehen werden. Die Verantwortung des Stifters für das Wohl der Stiftung ist jedenfalls omnipräsent. IV.

Zwischenergebnis

Alles in allem: Angesichts dieser ihr eigentümlichen »Schutzdefizite« ist gerade die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen Rechts besonderen Gefahren ausgesetzt. Diese »stiftungstypischen Gefahrlagen« bestehen allerdings nicht per se und abstrakt. Jedem »Angriff« auf das Stiftungswohl liegen bestimmte Interessen zugrunde. Demzufolge lassen sich die Gefahren dort ansiedeln, wo Stiftungsbeteiligte typischerweise besonders eigennützige Interessen generieren oder typische Interessenkonflikte anzutreffen sind. Es wird daher auch eine Aufgabe der vorliegenden Studie werden, diese typischen Interessen der Stiftungsbeteiligten herauszuarbeiten, um Lösungen für die einzelnen Gefahrlagen auf die Spur zu kommen.

B. Lösungsansatz - Die Stiftung als Interessenkonkordanz Bereits in der Einleitung wurden die beiden reziproken Schutzrichtungen vor und durch die Stiftungsbeteiligten eingeführt, ebenso wie die grundsätzliche Dualität interner und externer Schutzquellen. Möchte man daher einen Schutz der Stiftung in der Praxis verwirklichen, kann dies nur durch eine Integration der verschiedenen Stiftungskräfte und einen Ausgleich dieser internen und externen Schutzmechanismen gelingen573. Dabei muss zum einen ein Ausgleich gefunden werden zwischen staatlichen Institutionalisierungszwecken und den Interessen des Stifters und der Stiftung574. Zum andern ist das Verhältnis von

5 7 3 Es scheint dabei einzuleuchten, dass die staatliche Aufsicht reduziert werden kann, wenn die stiftungsinterne Aufsicht effektvoll gestärkt wird. So jedenfalls Schulte, D Ö V 1996, 497, 501; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 11 Rn. 30; Schlüter, 363; Kranke, 115; Aigner, 76 f mit Verweis auf Mittmann, Demokratiegebot und rechtsstaatliche Überwachung bei selbständigen Stiftungen und Anstalten, Dissertation, 1971, 227. Schulte, D Ö V 1996, 498, weist außerdem auf den Beitrag zur Staatsentlastung hin. 5 7 4 Vgl. Schlüter, 380.

102

1. Teil: Schutzzweck

und Schutzgegenstand

Stiftung

Eigen- und Fremdkontrolle möglichst so zu ordnen, dass sich beide Kräfte in gegenseitiger Verantwortlichkeit selbst steuern 575 . Good Governanceb7b darf kein freiwilliges Verhaltenskonzept sein, die Schutzquellen sollten vielmehr so korrelieren, dass sich die Stiftungskräfte gegenseitig »gut führen«. Probleme könnten auf diese Weise verhindert werden, bevor sie entstehen, während die herkömmlichen Kontrollmaßnahmen meist erst dann greifen, wenn die Fehlentwicklung bereits eingetreten ist 577 . Ansätze der Corporate Governance in das Stiftungsrecht zu übertragen, wirft bisher u. a. das Problem auf, dass dort die Kontrolleure der Kontrolleure fehlen 578 . Dieses Strukturproblem könnte auf die oben genannte Weise gelöst werden. Unabhängig davon könnten die hier zu entwickelnden Ideen im Idealfall bereits als Grundlage einer aus der Rechtsfigur der Stiftung selbst stammenden internen Foundation Governance dienen 579 . Das Ziel kann also allein in einem Streben nach einem Ausgleich der auf die Stiftung wirkenden Interessen liegen. Kurz: in deren praktischer Konkordanz. Unter praktischer Konkordanz wird in der Staatsrechtslehre ein Prinzip der Verfassungsinterpretation bezeichnet, wonach kollidierende Rechtsgüter in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, »dass jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt« 580 . Wo Kollisionen entstehen, darf nicht im Wege einer abstrakten »Güterabwägung« ein Rechtsgut auf Kosten des anderen realisiert werden, beiden Gütern müssen vielmehr »Grenzen gezogen werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können«. Wie weit die Realität von dieser Vorstellung entfernt ist und ob sich diese These in die Stiftungspraxis übertragen lässt, ist eine grundlegende Fragestellung dieser Arbeit, die es zu beantworten gilt. Freilich: U m die Interessen der Stiftungsbeteiligten in Einklang zu bringen, müssen diese zunächst extrahiert und analysiert worden sein. Im Folgenden gilt es daher, die Verhältnisse der Stiftungsbeteiligten zur Stiftung und auch untereinander herauszuarbeiten, typische Problemfälle und Konfliktsituationen zu erkennen und daraus Gefährdungslagen abzuleiten.

Siehe Schulte, D Ö V 1996, 498. Zu diesem Begriff und seinen möglichen Komponenten im Stiftungsrecht siehe Hondius, in: Stiftungsrecht in Europa, 586. Siehe auch Schlüter, 358 ff. 5 7 7 Siehe auch Schlüter, 351. 5 7 8 So Wernicke, ZEV 2003, 303 mit Verweis auf MünchKommAReater, Band 1, § 85 B G B Rn. 11. 5 7 9 Näheres hierzu 3. Teil 4. Kap. 580 Vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, 27. Dort auch zum Folgenden. 575 576

2. Teil

Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht Um die Interessen der Stiftungsbeteiligten zu extrahieren, muss ein Blick auf das Grundverhältnis eines jeden Beteiligten zur Stiftung gerichtet werden. Denn es sind die Grundverhältnisse der Beteiligten und ihr Zusammenspiel, die die Gefahren und Möglichkeiten der Stiftung bergen und gerade die Besonderheit der Rechtsform ausmachen. Dieser Teil 2 soll damit die Basis für den Schutz der Stiftung vor und in den Interessenkonflikten ihrer Beteiligten bieten. Gleichzeitig versteht er sich als eine zusammenhängende Darstellung der einzelnen stiftungsrechtlichen Rechtsverhältnisse und damit der Grundstrukturen des Stiftungsrechts nach seiner Reform.

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis zur Stiftung A. Der Stifter Ohne Stifter kann es keine Stiftung geben. Der Stifter scheint demnach die zentrale Figur des Stiftungsrechts zu sein1. Einer solchen Feststellung widerspricht die Beobachtung, dass der Stifter mit Stiftungserrichtung seine Rechte aus der Hand zu geben scheint und sich diese seine zentrale Position möglicherweise ausschließlich im Gründungsstadium der Stiftung verifizieren lässt. Auf der anderen Seite zeigt die Stiftungsrealität, dass Stiftungen - jedenfalls zu Lebzeiten des Stifters - von ihrem Errichter auch während der operativen Phase kontrolliert und gleichsam »deistisch«2 regiert werden können. Damit sind zwei Feststellungen getroffen, die nicht zu korrelieren scheinen. Sie betreffen die Grundlagen des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung, eine der ursprünglichsten Fragestellungen des stiftungsrechtlichen Forschens und damit einen Archetyp allen stiftungsrechtlichen Denkens. I. Rechtsnatur des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung Angesichts der zentralen Bedeutung, welche eine Analyse des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung für das Stiftungsrecht gewinnen kann, überrascht es schon, dass sich die Forschung bisher nur recht knapp mit diesem Kapitel stiftungs-

1 2

So dezidiert Aigner, 29. So Kronke, 356 mit Verweis auf Rittner, Die werdende juristische Person, 1973, 233.

104

2. Teil: Rechtsverhältnisse

im

Stiftungsrecht

rechtlicher Grundlagenforschung befasst hat 3 . Als Monografie steht die Studie von Jeß aus dem Jahre 1991 solitär, und die übrigen Werke und Kommentierungen ziehen - sofern sie überhaupt zum Verhältnis von Stifter und Stiftung Stellung nehmen - zumindest an der Rechtsnatur dieses Verhältnisses zügig vorbei, weil sie die wichtigeren Fragen in den Einflussmöglichkeiten des (lebenden) Stifters auf die Stiftung sehen 4 . Diese Fragen mögen in der Tat von größerer praktischer Bedeutung sein. Es scheint aber unverzichtbar, zunächst die dogmatischen Grundlagen des Verhältnisses zu klären, bevor über »Sinn und Unsinn« des Stiftereinflusses debattiert werden kann. Weder der historische Gesetzgeber des BGB noch der Reformgesetzgeber haben sich ausdrücklich im Gesetzestext mit der Ausgestaltung des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung befasst. Die Landesgesetzgeber lassen immerhin gelegentliche Reflexe aufblicken. Der positive Regelungsbestand des geltenden Rechts wird daher kurz beleuchtet. Zunächst sollen allerdings Erkenntnisse aus der allgemeinen Systematik des Stiftungsrechts und den Vorgaben des Verfassungsrechts gezogen werden. 1. Systematik des Stiftungsrechts a. Theoretischer Unterbau - Stifter und Stiftung als eigenständige Rechtspersonen Vor einem Blick auf den positiven Normbestand lassen sich möglicherweise bereits grundlegende Weichenstellungen aus der Gesamtsystematik des Stiftungsrechts erkennen. Dazu ist die Rechtsform Stiftung als solche zu betrachten. Die Stiftung ist, wenn sie »fertig« ist 5 , eine eigenständige juristische Person und damit Trägerin von Rechten und Pflichten im Rechtsverkehr. Zutreffend hat Jeß6 ausgeführt, dass man aus den hergebrachten Theorien zur juristischen Person keine griffigen Erkenntnisse über die Stiftung entwickeln könne. Weder Fiktionstheorie, noch Realitätstheorie und Zweckvermögenstheorie noch die sonstigen Meinungen sind letztlich in sich abschließend und stimmig und haben bislang keine entscheidenden Informationen zum Verhältnis des Gründers zu »seiner« juristischen Person gebracht7. Eine einheitliche Dogmatik liegt den juristischen Personen 3 Im Gegensatz etwa zur unselbständigen Stiftung, bei der die Diskussion des Verhältnisses des Stifters zu seinem Stiftungsträger breiten Raum einnimmt. Siehe etwa K. Schmidt, in: Stiftungsrecht in Europa, 180 ff; Reuter, in: Stiftungen in Deutschland und Europa, 208 ff, 219 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 36 Rn. 22 ff; Wochner, ZEV 1999,126 f. Vgl. auch Schlüter, 57 ff. 4 Siehe etwa Aigner, 29 f; MünchKommAReaier, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 20 f. Auch in rechtsvergleichenden Überblicken wird diesem Verhältnis anscheinend keine prägende Unterscheidungsrelevanz zugesprochen; siehe etwa Hondius, Foundations, 9-95. 5 Zur Stiftung im Vor- oder Errichtungsstadium siehe Staudinger/Rawert, § 80 BGB Rn. 41 ff m. w. N., insbesondere zu den begründeten dogmatischen Bedenken gegenüber einer rechtlich verselbständigten »Vorstiftung«. Siehe außerdem MünchKomm/Äeaier, 2. Lfg., §§ 80, 81 BGB Rn. 55 ff, und unten 2. Teil 1. Kap. F.II.2.a. 6 A.a.O., 13 ff, 18 ff. 7 Siehe zum Theorienstreit im Uberblick auch Hinz, Die Haftung der Stiftung für Verbindlichkeiten des Stifters, Dissertation, 1996, 80 ff.

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten

und ihr Verhältnis zur Stiftung

105

wohl auch nicht zu Grunde 8 . Da die unterschiedliche theoretische Untermauerung der Stiftung zudem keine praktische Bedeutung für die Stiftungsrealität hat, soll hier auf eine weitere Auseinandersetzung verzichtet werden.

Allein: Auch unabhängig von einer Differenzierung des theoretischen Unterbaus lässt sich aus der Konzeption des »Stiftungsverhältnisses« eine Erkenntnis herleiten: Neben der Stiftung ist auch der (noch lebende) Stifter als natürliche Person und damit als eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten existent und er gibt diese Position nicht dadurch auf, dass er eine Stiftung errichtet anders muss also das Verhältnis von Stifter und Stiftung im Grundsatz dergestalt sein, wie es zwischen zwei eigenständigen Personen des Privatrechts vorliegen kann. Dies ist der Punkt, an dem einige Autoren 9 zu dem Ergebnis kommen, dass sich das Verhältnis von Stifter und Stiftung im Grundsatz nicht von dem zweier völlig unabhängiger Dritter unterscheide. Nach Ansicht jener Autoren erschöpfe sich der Einfluss eines Stifters im Errichtungsakt. Weitere Rechte stünden ihm nur dergestalt zur Verfügung, wie sie auch jedem anderen Dritten vom Gesetz oder von der Satzung erteilt werden könnten, um der Stiftung zu dienen 1 0 . Allein durch Einwirkungsvorbehalte in der Satzung könne er noch kreativ auf die Stiftung einwirken, wie jeder andere in der Satzung Vorgesehene auch. Der Stifter könne damit nur noch an der Verwaltung der Stiftung partizipieren; er übe keine eigenen Rechte aus, sondern nur die beschränkten Rechte eines Stiftungsorgans11. Das Verhältnis des Stifters zur Stiftung wäre in dieser Phase also eine A r t »Nicht-Verhältnis«.

Indes: Es sind weitere Überlegungen anzustellen, bevor hierüber ein abschließendes Urteil gefällt werden kann. b. Beredtes Schweigen des Gesetzes Von der Korporation unterscheidet sich die Stiftung durch einige prägnante Merkmale, die in der Literatur bereits eindeutig und umfassend herausgearbeitet worden sind 12 . Der Stiftung fehlen die Mitglieder. Es ist keine autonome Willensbildung möglich. Die Stiftung folgt ihrer überindividuellen Zweckwidmung, die von einer reinen Verwaltungsorganisation erfüllt wird. Demzufolge haben die Stiftungsorgane kein Recht zu eigenständigen Vermögensverfügungen. Kurz gesagt fehlt der Stiftung die verbandsmäßige Struktur.

8 Jej.?, 16. Jeß, 28, 64. Ahnlich auch Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 130; MünchKommARe»ter, Band 1, § 85 BGB Rn. 14 (siehe jetzt aber MünchKomm/Äe«ier, 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 20). 10 Jeß, 26. 11 Zum Ganzen Jeß, 27 f, 64 f. Außerdem mit ähnlichem Ergebnis: Aigner, 29 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 130; MünchKomm/Äe«ier, § 85 BGB Rn. 14; 2. Lfg., § 85 BGB Rn. 20; Ebersbach, 66 ff. 12 Siehe etwa Jeß, 28 ff; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 110, 128; StaudingerlRawert, Vorbem §§ 80 ff BGB Rn. 4; MünchKomm/Rewier, 2. Lfg., Vor § 80 BGB Rn. 47 ff, 106 ff; Seifart/v. Campenhausen/Seifart, § 1 Rn. 7, § 2 Rn. 19 ff; Pues/Scheerbarth, 1 f. 9

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2. Teil: Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht

Nun geht das deutsche Recht von einem numerus clausus der juristischen Personen aus 13 . Phantasiegebilde - darauf wurde von anderer Seite zu Recht hingewiesen 14 - dürfen dem Rechtsverkehr nicht vorgesetzt werden. Folglich drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass in die Stiftung auch keine körperschaftlichen Strukturelemente hineingetragen werden dürfen, ohne einer unzulässigen Typenvermischung die Hand zu reichen 15 . Jeß stellt daher die grundsätzliche These auf, dass alles, was bei der Körperschaft erlaubt sei, bei der Stiftung verboten sein müsse, und so das Verhältnis des Stifters zur Stiftung durch eine Art negative Typenabgrenzung bestimmt werden könne 16 . Pointierter gesagt könnte man demnach den Umstand, dass der Stiftung keine körperschaftsähnlichen Merkmale zugesprochen worden sind, als beredtes Schweigen des Gesetzgebers mit dem Tenor werten, das Verhältnis des Stifters zu seiner Stiftung dürfe nicht dem eines Gründers zu seiner Körperschaft entsprechen und dem Stifter müssten daher alle Rechte, die ein Gründer einer solchen Körperschaft hat, versagt sein. Dieser Ansatz ist zumindest in seiner Absolutheit zu hinterfragen. Das betrifft zum einen die in den letzten Jahren hitzig geführte Diskussion um die Gestaltungsfreiheiten im Stiftungsrecht, mit welchen die Rechtsform Stiftung neuerdings immer näher an körperschaftliche Strukturen herangerückt wird. Zum andern hat bereits das konservative Stiftungsverständnis einige körperschaftsähnliche Überraschungen zu bieten. Insbesondere Hof ist dafür eingetreten, den soeben beschriebenen Typenzwang zu lockern 1 7 . Dabei redet er nicht nur einer freien Errichtung von Stiftungen zu unternehmerischen Zwecken das Wort, was unter Hinweis auf mögliche Umgehungsversuche gesellschaftsrechtlicher Zwänge und Vorschriften kritisiert werden kann. Auch für äußerst altruistische Gebilde wie die so genannten Bürgerstiftungen tritt er in diesem Sinne ein. Letzteren können keine eigennützigen Umgehungsversuche vorgeworfen werden, sondern eher ein dogmatisch verfehltes Abgleiten in die Strukturen gemeinnütziger Vereine 18 . Sie zeichnen sich durch ein breites, unvorhersehbares und damit vereinstypisches Aufgabenfeld aus, das eine ausreichend bestimmte Festlegung des 13 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 96 f; Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, 1970, 118; Jeß, 40 f. Siehe auch Koos, 190 ff, allerdings mit Blick auf die (fragwürdige) Personifikation der unselbständigen Stiftung. 14 So Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 129; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 96;Jeß, 41. 15 Jeß, 40 f; Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 129. 16 Jeß, 28: »Welche Rechte dem Stifter gegenüber der Stiftung nun genau zustehen, oder negativ ausgedrückt, welche Rechte ihm gegenüber der Stiftung gerade nicht zustehen, lässt sich nach der Gesetzessystematik damit aus dem formalrechtlichen Gegensatz der Stiftung zu den Korporationen näher analysieren. Dem Stifter können grundsätzlich nicht die Rechte der Korporationsangehörigen zustehen, da die Stiftung sich gerade von den Vereinigungen unterscheidet. Die Ermittlung der Rechte, die dem Stifter gerade nicht zustehen, ist für diese Untersuchung von besonderer Bedeutung, da der Stifter sich derartige Rechte über die Satzungsgestaltung nicht einzuräumen vermag«. 17 Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 336 f. Siehe außerdem die Ausführungen Schlüters, 256 f. Auch Burgard hat sich in seiner (bei Abschluss des Druckmanuskripts noch nicht veröffentlichten) Habilitationsschrift »Gestaltungsfreiheit im Stiftungsrecht - Zur Einführung korporativer Strukturen bei der Stiftung« mit der Thematik auseinander gesetzt. 18 Zum Ganzen schon oben 1. Teil 1. Kap. B.I.l.c.

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten

und ihr Verhältnis zur Stiftung

107

Stiftungszwecks erschwert. Außerdem stehen meist viele (Zu-) Stifter und Spender im Raum, die ihrem altruistischen Beitrag auch ein gesellschaftlich angesehenes Mitspracherecht zugeordnet wissen wollen. Die Befriedigung dieser Kollektivinteressen kann in eine Art Mitgliederversammlung münden, einem korporativen Element, wie es für das Vereinswesen typisch ist. Solche Elemente widersprechen einem konservativen Stiftungsverständnis. Nach Hof sind die vom Recht bereit gestellten Gestaltungsformen allerdings nicht sakrosankt und so könnten sich - getragen von einem praktischen Bedürfnis - auch wesentliche Parameter verändern 1 9 . Diese Wandlungsfähigkeit zeige nur die Stärke des deutschen Zivilrechts. Vor dem Hintergrund der grundrechtlich gewährten Stifterfreiheit müssten daher auch solche Stiftungen, die sich mit korporativen Elementen angereichert haben, anerkennungsfähig sein. Bei allen Bedenken gegen diese Aussagen und auch angesichts der zutreffenden Argumente der aktuell bezogenen diametralen Gegenposition von Rawert20 ist zumindest zu konstatieren, dass es sich bei solchen Stiftungsformen - jenseits ihrer dogmatischen Zulässigkeit oder Erwünschtheit - um tatsächlich existierende Phänomene der Stiftungspraxis handelt. Soviel Rechtspositivismus muss erlaubt sein, diese real existierenden und von den Stiftungsbehörden anerkannten Stiftungsformen auch bei dogmatischen Bedenken in die aktuelle Diskussion einzubeziehen - zumal sie der Gesetzgeber in seiner Gesetzesnovelle jedenfalls konkludent gebilligt hat. Zumindest solange, wie sich die Gegenmeinung nicht durchgesetzt und den Gesetzgeber veranlasst hat, solche Stiftungsformen zu verbieten, ist und bleibt es wertfrei zu beobachten, dass die Grenzen von der »konservativen Stiftung« in Richtung »körperschaftlich angehauchte Stiftung« verschoben worden sind und weiterhin verschoben werden. Diese Rechtsfiguren sind jedenfalls solange als Stiftungen anzusehen, als ihre körperschaftliche Struktur nicht überwiegt und sie - in falschem Namen und Gewand - eigentlich Körperschaften oder Vereine sind 2 1 . A b e r auch nach konservativem Stiftungsverständnis der »reinen L e h r e « können wir beobachten, dass Stiftungen einzelne zumindest k ö r p e r s c h a f t s ä h n l i c h e Elemente enthalten 2 2 . Bereits genannt wurden die A n h ö r u n g s r e c h t e der Stiftungsorgane bei Z w e c k - und Verfassungsänderungen nach § 87 Abs. 3 B G B . D e r Verweis auf das Vereinsrecht in § 86 B G B behandelt die Stiftung in einem (begrenzten) Ausschnitt gleich einer Korporation. Schließlich kann der Stifter über die Satzungsgestaltung korporative Elemente einführen, wenn er etwa den O r g a n e n oder den Destinatären A n h ö r u n g s - und Mitbestimmungsrechte und damit mitgliedschaftsij7w/z'c/;e Befugnisse gibt, wobei an dieser Stelle freilich der Streit über die Reichweite solcher Befugnisse einsetzt. Die N e g a t i v a b g r e n z u n g zur K o r p o r a t i o n taugt zur Beschreibung des Verhältnisses des Stifters zur Stiftung daher nur bedingt. Selbst w e n n m a n der richtigen A n s i c h t folgt, dass es auch nach einem m o d e r n e n u n d fortschrittlichen Stiftungsverständnis keine

echten

Mischformen

zwischen Stiftung und

K ö r p e r s c h a f t geben darf, so kann es zumindest zu Ü b e r s c h n e i d u n g e n k o m 19 Ähnlich Schlüter, 257, der darauf hinweist, die normativen Grenzen seien »nicht starr und einer gewissen Modifizierung durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Kautelarjurisprudenz unterworfen«. 20 Rawert, in: Stiftungsrecht in Europa, 129 m. w. N. 2 1 Auf die Grenzen, die einzelnen Gestaltungsformen nach hiesigem Verständnis gesetzt sind, wird freilich an zahlreichen Stellen dieser Arbeit zurückzukommen sein. 2 2 Dies ist auch das Resümee von Jeß, 40 f. Siehe auch Kranke, 121 f.

2. Teil: Rechtsverhältnisse im Stiftungsrecht

108

men. Aus der Stiftungspraxis sind solche jedenfalls kaum mehr wegzudenken 2 3 . A m E n d e vieler stiftungsrechtlicher Diskussionen steht gerade die Frage, wie die Stiftung von der K o r p o r a t i o n abgegrenzt werden soll und w o die Grenzen zwischen diesen Rechtsformen liegen. Insofern kann diese Abgrenzung nur schwer zur T5 zhmtionsfindung der Stiftung und ihrer Beteiligtenverhältnisse dienen: Versucht man eine Definition anhand einer Negativabgrenzung von etwas, dessen Grenzen gerade gezogen werden sollen, dreht sich der methodische A n s a t z im Kreis.

2. Vorgaben a. Grundrecht

des

Verfassungsrechts

des Stifters auf

Stiftungserrichtung

Der Stifter ist in der Errichtung seiner Stiftung grundsätzlich frei. N a c h heute wohl allgemeiner Meinung steht ihm ein Grundrecht auf Stiftung zu, das er durch Errichtung seiner Stiftung ausübt. Die genaue dogmatische Begründung dieses Grundrechts ist freilich streitig. Vor der Reform v. 1.9.2002 war noch die Frage umstritten, ob ein Anspruch auf Stiftungserrichtung in Form eines gebundenen Genehmigungsanspruchs bestehe; ein derartiger Anspruch entsprach allerdings der überwiegenden Auffassung 24 . Dahinter stand auf dogmatischer Ebene seit langem die Debatte, ob dem ein Grundrecht auf Stiftungserrichtung zugrunde liege. Dies wurde - mit Ausnahmen 25 - zunehmend bejaht 26 , wobei in der Begründung unterschiedlich neben Art. 14 Abs. 1 G G die spezielleren Einzelgrundrechte nach Art. 4 Abs. 1, 2, Art. 5 Abs. 1, 3, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 4 G G 2 7 oder das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach

23 Wenn dieser Umstand auch nicht als Argument dafür dienen darf, der weiteren Verbreitung solcher Formen das Wort zu reden. 2 4 Siehe etwa Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 4 Rn. 6 ff; Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 305 f; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 48; § 80 Rn. 28; MünchKomm/Äe«ier, Band 1, § 80 BGB Rn. 19; Palandt/Heinrichs, § 80 BGB Rn. 4; Andrick/Suerbaum, NJW 2002, 2907; Saenger/Arndt, ZRP 2000, 14; Schwintek, ZRP 1999, 26. Außerdem: Rawert, 61 ff; Schulte, Staat und Stiftung, 42 ff; Thomsen, Probleme »staatsnaher« Stiftungen unter besonderer Berücksichtigung ihrer Autonomie, Dissertation, 1992, 37 ff. A.A. etwa Ebersbach, 61 ff; Soergel/Neuhoff, § 80 BGB Rn. 15; R G R K / S t e f f e n , § 80 BGB Rn. 8 und umfassende weitere Nachweise bei Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 BGB ff Rn. 48. 2 5 Vgl. etwa Sachs, Kein Recht auf Stiftungsgenehmigung, in: Isensee/Lecheler (Hrsg.), Freiheit und Eigentum, Festschrift für Walter Leisner zum 70. Geburtstag, 1999, 955 ff. Siehe dazu die Kritik von Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 327 f und Reuter, in: Stiftungsrecht in Europa, 145 ff (freilich mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen). Ebenfalls ein Grundrecht auf Stiftung ablehnend Muscheler, in: Grenzen der Instrumentalisierung, 151. 2 6 Siehe etwa Frowein, Grundrecht auf Stiftung, 1976,12 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof § 4 Rn. 4 ff; Hof, in: Stiftungsrecht in Europa, 305 f, 327 ff; Staudinger/Rawert, Vorbem zu §§ 80 BGB ff Rn. 40 ff; Schulte, 44; Erman/Westermann, 10. Aufl., § 80 BGB Rn. 4; Richter, 346, 403; Saenger/Arndt, ZRP 2000, 14; Andrick/Suerbaum, 61 ff, 105 ff; dies., NJW 2002, 2907. 27 So etwa Schulte, 37 ff; Frowein, 12 ff; Seifart/v. Campenhausen/Hof, § 4 Rn. 4 ff, 78 ff.

1. Kapitel: Die Stiftungsbeteiligten und ihr Verhältnis zur Stiftung

109

Art. 2 Abs. 1 G G 2 8 herangezogen wurden 2 9 . Anlässlich der Schönhuber-Entscheidung30 wurde überlegt, ob das BVerwG einem Grundrecht auf Stiftung eine gerichtliche Absage erteilt habe 3 1 , ein Eindruck, dem indessen entgegenzutreten ist 32 und der sich in Z u k u n f t sicherlich kaum durchsetzen wird. Diese Diskussion um ein Grundrecht auf Stiftung hat sich allein durch die Stiftungsreform nicht erübrigt. Zwar wurde ihr viel von ihrer praktischen Relevanz genommen, da der Anspruch auf Stiftungserrichtung nun sogar einfachgesetzlich 33 normiert ist 34 . Die einfachgesetzliche Normierung eines Anerkennungsanspruchs für die gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung heißt allerdings nicht zwangsläufig, ein solcher sei auch in dieser Breite verfassungsrechtlich geboten. U n d so stellt Walz35 in der Konsequenz die Frage, ob es - ausgehend von der in § 80 Abs. 2 BGB festgeschriebenen Zulässigkeit der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung - auch ein Grundrecht auf Anerkennung eben dieser Allzweckstiftung gebe. Dies zieht er mit beachtlichen Argumenten in Zweifel. Nicht die marktbezogenen Grundrechte der Art. 2 Abs. 1 und 14 Abs. 1 G G seien für die Stifterfreiheit konstitutiv, sondern vielmehr die nicht marktbezogenen Grundrechte in ihrer Funktion als objektive Werteordnung 3 6 . Als Ausgangspunkt wählt er die Begründung von Reuter37, der die Stiftung deswegen als ein von Art. 2 Abs. 1 G G garantiertes Institut ansieht, weil sie das wesentlichste Medium f ü r private individuelle Initiativen zur Lösung von Gemeinschaftsaufgaben sei, vor denen der Markt versage. Diese Begründung funktioniere - so Wit/z38 - aber nicht bei der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung, sondern nur bei der Stiftung, über die Gemeinschaftsaufgaben gelöst werden. Im Kern gehe es bei der 28 So Reuter, in: Festschrift Kraft, 498; StaudingerlRawert, Vorbem zu §§ 80 ff BGB Rn. 43 ff (soweit der Stiftungsakt eine vermögensrechtliche Verfügung enthält, greife Art. 14 Abs. 1 GG, soweit das Stiftungsgeschäft außerdem einen Organisationsakt beinhaltet, komme Art. 2 Abs. 1 GG zur Anwendung). Dagegen wiederum Schulte, 40; Thomsen, 33 f. 29 Zum Überblick siehe Richter, 403 ff; MünchKomm/Äe«£