Kirche und Dorf: Religiöse Bedürfnisse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation 9783110506747, 9783828253667


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German Pages 506 [520] Year 1995

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
A. Einführung
B. Zu den geschichtlichen Grundlagen der kirchlichen Stiftung des Spätmittelalters
C. Minderpfründstiftungen ländlicher Gemeinden - Eigeninitiativen des Kirchenvolkes zur Sicherung seines Seelenheils in der Vorreformationszeit
D. Die Minderstiftung als Element des Rechts von Kirche, Pfarrei und Gemeinde im späten Mittelalter
E. Summary
F. Anmerkungen zu den Tabellen
G. Bibliographie
Karte: Minderpfründstiftungen an Pfarr- und Filialkirchen
Ortsregister
Sachregister
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Kirche und Dorf: Religiöse Bedürfnisse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation
 9783110506747, 9783828253667

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Rosi Fuhrmann Kirche und Dorf

Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte Herausgegeben von Günther Franz t und Peter Blickle Band 40

Kirche und Dorf Religiöse Bedürfnisse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation

von Rosi Fuhrmann

1 Karte

Gustav Fischer Verlag Stuttgart • Jena • New York • 1995

Adresse der Autorin: Dr. Rosi F u h r m a n n Abenberg 120 C H - 3 0 1 3 Bern

Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung

Die Deutsche Bibliothek

CIP-Einheitsaufnahme

Fuhrmann, Rosi: Kirche und D o r f : religiöse Bedürfnisse und kirchliche Stiftung auf dem Lande vor der Reformation / Rosi F u h r m a n n . S t u t t g a r t ; Jena ; New York : G . Fischer, 1995 (Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte ; Bd. 40) ISBN 3-437-50366-9 NE: GT

© Gustav Fischer Verlag • Stuttgart • Jena • New York • 1995 Wollgrasweg 49 • D-70599 Stuttgart (Hohenheim) D a s Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. D a s gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen. Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Satz: Hechts Textverarbeitung, N e u h a u s / l n n Druck und Bindung: Wilhelm Röck, Weinsberg Printed in G e r m a n y

Die Kapelle im R o ß m o o s zu Inchenhofen.

Vorwort Die vorliegende Arbeit entwickelte sich aus einem Forschungsprojekt des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung zum Thema «Bäuerliche Reformation im oberdeutschen-schweizerischen Raum» und schuldet dessen Mitarbeitern, insbesondere Hans von Rütte, Dank für viele Anregungen. Dem bemerkenswerten Mut gegenüber dem Unvorhersehbaren, den Professor Peter Blickte an den Tag zu legen pflegt, verdanke ich nicht nur die Aufnahme in jenes von ihm geleitete Projekt, sondern auch die Möglichkeit, die dort entwickelten Thesen im Rahmen einer Dissertation weiter zu verfolgen. Meine Exkursionen in die Domänen der kirchlichen Rechtsdogmatik hat er souverän unterstützt, ohne seinen unermüdlichen, stets großzügig gewährten Beistand wäre es mir nicht möglich gewesen, die für die glückliche Vollendung der Arbeit benötigte Ausdauer und Klarheit aufzubringen. 1992 wurde die Dissertation von der Philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern angenommen. Für ihre Aufnahme in die Reihe der «Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte» möchte ich Professor Blickle und Herrn Professor Günther Franz (t) Dank sagen. Dem Schweizerischen Nationalfonds und der Jaberg-Stiftung, Bern, sei an dieser Stelle für die großzügige finanzielle Unterstützung der Drucklegung der Arbeit gedankt. Sehr zu danken habe ich auch Herrn Professor Gero Dolezalek, Frankfurt, und Herrn Professor Peter Landau, München, für ihre hilfreichen Anmerkungen zum kirchenrechtlichen Teil der Arbeit. Dr. Beat Kümin und Dr. John Craig, beide Cambridge, haben es auf sich genommen, meine englische Zusammenfassung in eine verständlichere Form zu bringen: many thanks to them. Bedanken möchte ich mich auch bei Klaus Wittmann für das Foto der Kapelle im Roßmoos und bei Martin Wolff für seine spontan gewährte Hilfe bei der Fertigstellung der Karte. Dem Institut für Europäische Geschichte in Mainz, Abteilung Abendländische Religionsgeschichte, danke ich für die gewährte Förderung, seinen Mitarbeitern und Stipendiaten und vor allem Professor Rolf Decot für die freundliche Aufnahme in der domus universitatis. Auch gilt mein Dank den Mitarbeiterinnen der Bibliotheken und Archive in Karlsruhe, Speyer, Stuttgart und Freiburg, vor allem aber dem Direktor des Freiburger Diözesanarchivs, Dr. Franz Hundsnurscher, der mir in uneigennützigster Weise seine Transskriptionen des unedierten Teils der Konstanzer Investiturprotokolle zur Verfügung stellte. Nicht versäumen möchte ich, an dieser Stelle Herrn Professor Horst Rabe, Konstanz, meine Wertschätzung auszudrücken, für die unbürokratische Unterstützung, mit der er mir den Weg zurück an die Universität ebnete. In Liebe und Zuneigung aber sei an dieser Stelle der Freundinnen und Freunde gedacht, die mich in all dieser Zeit begleitet haben, allen voran denen, die mit mir die Konstanzer Wohngemeinschaften in Freud und Leid teilten. Meine ganz besondere Reverenz gebührt Liz Grimm für ihre unermüdlichen Dienste im Sinne Kants, Andreas, der stets ein offenes Ohr hatte, Nina, die immer zur Stelle war, und VII

Martin, Milos, Marianne, Ngakpa Chögyam und Jamgön Kongtrul für Inspiration jenseits des Alltäglichen. Ohne Rolf Kugler aber und seine grenzenlose Gelassenheit angesichts der Brüche und Kontinuitäten meiner Existenz wäre all dies vergebens gewesen! Frohmatt, Herbst 1994

VIII

Rosi Fuhrmann

Inhalt

Vorwort A. 1 2 3 4 B.

VII Einßihrung Über Funktion und Funktionalisierung des Numinosen Zum Begriff «Stiftung» Zur Problemstellung, zu den Quellen und zur methodischen Vorgehensweise Anmerkungen zum Begriff «Gemeinde»

1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.4.1 1.4.2 1.4.3 1.4.4 1.4.5 1.4.6 1.5 1.5.1 1.5.2 1.5.3 1.6 1.6.1 1.6.2 1.6.3

Zu den geschichtlichen Grundlagen der kirchlichen Stiftung des Spätmittelalters Zum Recht von Gemeinde, Kirche und Pfarrei und zum Recht ihrer Herren Anmerkungen zum Recht des Christen und der christlichen Gemeinde Der Bischofsbann und die Reichskirche Der P f a r r b a n n Das «gebannte Recht» P f a r r b a n n und Pfarrzwang P f a r r b a n n und Reichskirche Art und U m f a n g der Bannrechte von Kirche und Pfarrei P f a r r b a n n und Zehntrecht Pfarrvisitation und Sendgerichtsbarkeit Die Anfänge der visitatio Die karolingische Pfarrvisitation Das Sendgericht Sendgericht und Bannrecht Die Sendgerichtsbarkeit als nutzbares Recht Der Send und die geistliche Gerichtsbarkeit Die Kirchen und ihre Herren Anmerkungen zur Eigenkirchenlehre Kirchenherrschaft und Gerichtsbarkeit Genossenschaft und Kirche Heiligenpatrozinien und Eigenkirchenrecht Die Heiligkeit des Ortes Der Heilige als Rechtsgenosse Das Recht und das G u t des Heiligen

2 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2

Zum Recht der Stiftung und der Stifter Anmerkungen zum Begriff «Minderstiftung» Meßstiftung und Altarstiftung Messen für das Seelenheil Meßdienste und Nebenaltäre

1 1.1

1 2 8 10 15 17 18 19 21 26 27 28 31 33 37 39 39 40 43 46 51 53 54 55 58 61 64 64 65 71 73 75 76 76 78 IX

2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.2 2.4.4 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 2.6 2.6.1 2.6.2 2.6.3 C. 1 2 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.2.1 3.4.2.2 3.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.2.1 3.6.2.2 X

«Seelgeräte», «Altarpfründen» und «beneficia» Die Seelgerätstiftung Die sogenannten «Altarpfründen» Das beneficium distinctum Das beneficium ecclesiasticum Das ius patronatus und die Minderstiftung Die Rechte des Stifters nach ius patronatus Die Erwerbsgründe für das patronale Recht Die persönlichen Voraussetzungen für den Erwerb patronaler Rechte Zum Verhältnis von P f r ü n d - und Minderstiftungen zur Kirche und zu deren Kirchenherrn oder Patron Zur Bedeutung des Inkorporationsrechts für die Entwicklung der Minderstiftung Zur rechtsdogmatischen Entwicklung der Inkorporation Die möglichen Folgen der Inkorporation für die betroffenen Pfarreien und Kirchen Die Auswirkungen der Inkorporation auf das Recht derStiftung Zum Einfluß der Inkorporation auf das Recht des Heiligen Zum «Kirchengut» und zur Rolle der Heiligen- oder Kirchenpfleger bei der Stiftung Die Kirchenpflegschaft - zum Forschungsstand Das «Kirchengut» und das Recht an seiner Verwaltung Die fabrica, die «Kirchenstiftung», das Heiligengut, das Stiftungsgut und deren Pfleger Minderpfründstiftungen ländlicher Gemeinden - Eigeninitiativen des Kirchenvolkes zur Sicherung seines Seelenheils in der Vorreformationszeit Vorbemerkung Erläuterungen zu den Quellen und ihrer Darstellung Darstellung und Auswertung der Quellen Basisdaten Zeitliche Verläufe Initiative und Finanzierung der Stiftungen Beweggründe und Zielsetzungen Religiös-theologische Begründungen Bestimmungen über den Dienst und die Dienstversehung Die Pflichten der einfachen Minderpfründner Die Pflichten der Kuratkapläne Die Dotationen der Minderpfründen, die Einkünfte aus dem Amt und die Erträge der Altäre Das Recht der Stiftung und der Stifter Die Rechte von P f r ü n d e und Altar Die Rechte der Heiligenpfleger, der Gemeinde und des Gerichts. Die Rechte aus dem onus Die Rechte aus der utilitas

81 81 83 88 91 94 95 98 103 110 116 116 119 121 125 127 127 131 134

141 142 144 147 147 154 155 166 166 176 177 197 218 260 263 294 296 338

3.6.3 3.6.4 3.6.5

D.

Die Pflichten der Pfründinhaber gegenüber der Stiftung und die Rechte aus der Bepfründung Der honor, das iuspraesentandi und die Kastvogtei Die Besetzungsrechte - insbesondere Präsentation, Nomination und Wahl und das daran hängende Recht der stiftenden Gemeinden

341 362 385

Die Minder Stiftung als Element des Rechts von Kirche, Pfarrei und Gemeinde im späten Mittelalter Zur rechtstheoretischen Verortung der Minderstiftung Zum Wesen der kirchlichen Stiftung - eine Zusammenfassung . . . . Zur Bedeutung der Pfründstiftungen im Bereich der Seelsorge für das Selbstverständnis der Gemeinde und die Entwicklung kommunaler Autonomie - Resümee und Ausblick

423

E.

Summary

435

F.

Anmerkungen zu den Tabellen

453

G. 1 2 2.1 2.2 3

Bibliographie Abkürzungen Quellen Ungedruckte Quellen Gedruckte Quellen Literatur

473 474 475 475 476 477

1 2 3

407 408 417

Karte: Minderpfründstiftungen an Pfarr- und Filialkirchen

490

Ortsregister

491

Sachregister

493

XI

A. Einführung

••

1 Uber Funktion und Funktionalisierung des Numinosen Im Roßmoos bei Inchenhofen, einem Dorf im Allgäu, steht auf viereinhalb mal drei Metern bayrischer Erde eine Kapelle. Die Spitze ihres Türmchens ragt veritable vier Meter in den Himmel und ihr Gewicht beläuft sich auf schätzungsweise 40 Tonnen. Dies sind bemerkenswerte Zahlen, wenn man bedenkt, daß das Bauwerk buchstäblich über Nacht aus dem Boden des Roßmooses gewachsen ist. Ein Wunder? Eher Hexenwerk sollte man meinen, denn die fragliche Nacht war die Nacht auf den 1. Mai, jene Nacht also, in der dem keltischen Kalender zufolge eines der beiden Jahresviertel beginnt, in denen das weibliche Prinzip regiert - eine Auffassung vom Spiel der kosmischen Kräfte, die sich aller Christianisierung zum Trotz in Mitteleuropa erhalten zu haben scheint, wenn auch in abgeschwächter Form: Bis auf den heutigen Tag gilt die Nacht auf den 1. Mai im Volksbrauchtum als Hexennacht oder Freinacht 1 . Was immer es mit der nächtlichen Erbauung der Kapelle auf sich hat, sie stand noch nicht lange, als sich die Nachricht verbreitete, sie sei geweiht worden - auch dies im Schutze der Nacht. Waren schon ehedem an Sonn- und Feiertagen von Inchenhofen und den umliegenden Gehöften und Siedlungen her die Leute bei der Kapelle zusammengelaufen, so pilgerte seit dem Bekanntwerden ihrer Weihe immer mehr Volk ins Roßmoos. Der Amtskirche und der weltlichen Gewalt bereitete dies zunehmend Ärgernis, war doch das Kirchlein ohne ihre Erlaubnis, ja gegen ihren erklärten Willen erbaut und geweiht worden. Man prüfte die Frage seines Abrisses. Einstweilen untersagte das Ordinariat dem Pfarrer, eine Bittprozession zu leiten, die diejenigen vorbereiteten, die sich der Kapelle im Moos angenommen hatten. Wie die Sache ausging, kann hier nicht berichtet werden, denn sie war zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Manuskripts noch anhängig. Der geheimnisvolle Kapellenbau ereignete sich nämlich keineswegs im Mittelalter, sondern im Frühjahr des Jahres 1992, und zwar vor folgendem Hintergrund 2 . Im Roßmoos bei Inchenhofen im Kreis Aichach-Friedberg soll auf Beschluß des Kreistages eine Restmülldeponie für die Müllverbrennungsanlage der Stadt Augsburg errichten werden, eine Entscheidung, die im Dorf auf nachdrücklichen Widerstand gestoßen ist.

1 Zur Mainacht siehe Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Bd. 5, Sp. 1542-1550; vgl. auch G.KorfT, Maibrauch, passim. 2 Siehe den Bericht «Wunder gibt es immer wieder», in: Die TAZ, Freitag, 25.9.1992, S. 16.

2

Nun sind den politischen Mitteln der Einwohnerschaft einer Gemeinde in diesen (wie in vielen anderen) Dingen gemäß der Verfassung der Kommunen in der BRD Grenzen gesetzt. Grenzen, mit denen sich die Gegner der Deponie offensichtlich nicht abfinden wollen, weil es hier um den höheren Wert des Schutzes der Umwelt zum Nutzen für die gegenwärtige wie für zukünftige Generationen gehe. Indem sie so argumentieren, legitimieren sie ihre Auflehnung gegen den rechtmäßig zustande gekommenen Beschluß der Verwaltung unter der Berufung auf Werte, die sich leicht auch in die, zumindest in Bayern noch weithin als bindend verstandene, Verpflichtung des Christen gegenüber der Schöpfung Gottes auflösen ließen. Der Rückgriff auf die Religion zur Bewältigung politischer Fragen oder zur Überwältigung politischer Gegner mußte in Bayern keineswegs von den Bürgerinitiativen erfunden werden, sondern ist vielgeübtes politisches Prinzip - und zwar durchaus aus Überzeugung. Gleiches ließe sich über das Bündnis der Politik mit der Amtskirche sagen. Leichter als andernorts wird hier im politischen Diskurs auf christliche Lehren und kirchliches Recht zurückgegriffen und auch zielstrebig die Unterstützung des Klerus für die eigene Sache gesucht. Dabei kann es durchaus vorkommen, daß der Amtskirche unversehens eine Rolle zugeschoben wird, die ihr weder angenehm noch nützlich ist. Wie verlautete, hatte der Bischof von Augsburg als zuständiger Ordinarius die Weihe der Kapelle im Roßmoos abgelehnt, weil es sich bei dieser nicht «um einen Platz der Gottesverehrung, sondern der politischen Auseinandersetzung» 3 handele. Darüber, ob das in der sogenannten Freinacht von angeblich 50 bis 60 Männern unter Zuhilfenahme etlicher Lastwagen und sogar des Feuerwehrautos illegal aufgerichtete Gebäude abgerissen werden muß, hat nach gültigem Recht der Landrat zu entscheiden. Der aber ist in die Dinge mehr verwickelt, als ihm lieb sein kann. Obgleich aus Inchenhofen gebürtig und von mehr als 90 Prozent der dortigen Stimmberechtigten gewählt, zählt er zu denen, die den Bau der Deponie im Roßmoos befürworten. Der Abriß der Kapelle könnte von daher als beschlossene Sache gelten, wäre sie nicht geweiht. Zwar hat der Landrat vor der Presse kundgetan, seine Entscheidung sei allein staatsrechtlicher Natur und werde von den Vorgängen um die kirchenrechtlich an sich unzulässige Weihe nicht tangiert, doch ist füglich zu bezweifeln, daß er den Schwarzen Peter, den ihm die Deponiegegner zugespielt haben, so einfach unter den Tisch fallen lassen kann. Immerhin ist er auch seiner Partei, der Christlich-Sozialen-Union, verpflichtet, die traditionell für das althergebrachte Katholische einsteht und an ihr Wählervolk denken muß. Zudem ist Inchenhofen nicht irgendein Dorf in Bayern, sondern besitzt mit seiner St. Leonhardskirche die drittgrößte Wallfahrt des Freistaates, die alljährlich im Juli stattfindet. Schon beim Bau der Kapelle war also absehbar, daß derselben, während die politische Bürokratie über ihren Abriß nachsinnen mußte, nicht nur ein großes, sondern auch ein konservativ-katholisches Publikum gewiß sein würde, von dem anzunehmen war, daß es den Abbruch einer geweihten Kapelle nicht ohne weiteres gut heißen würde.

3 Ebd.

3

Die Inchenhofener selbst zeigten sich der Presse gegenüber fest davon überzeugt, daß die Ehrfurcht vor einem geweihten Gotteshaus in Bayern den Arm des weltlichen Rechts noch immer bindet und jedenfalls größer ist als das Streben nach einem Fortschritt, der ja heutzutage keineswegs allein in Bayern zweifelhaft erscheint. Bei all dem kann es kaum überraschen, daß sich nach anfanglichem Zögern inzwischen auch der Bürgermeister (ebenfalls CSU) des Dorfes auf die Seite der «advocati ecclesiae» geschlagen hat. Dem modernen Zeitungsleser mag diese Geschichte anekdotenhaft erscheinen. Er wird den frechen Witz der hexennächtlichen Bauaktion sehen und weiter vielleicht nichts. Wer aus einem dem Religiösen eher entfremdeten sozialen Umfeld kommt oder doch katholischer Frömmigkeit fern oder ablehnend gegenübersteht, mag das Ganze für eine rein politische Farce halten und letztendlich für ein untaugliches Mittel zur Verhinderung der Mülldeponie - andernfalls er am politischen Willen und Verstand der zuständigen Behörden zu zweifeln hätte. Dem überzeugten Katholiken hingegen stellt sich die Sache anders dar. Natürlich wird auch er angesichts der Zeugenberichte über das nächtliche Aufgebot einer halben Hundertschaft samt Lastwagen und Feuerwehrauto nicht an ein Wunder glauben wollen, die Wirkung der Weihe aber muß er ernstnehmen. Und ernstgenommen sein will auch die Frage, ob die katholische Kirche es zulassen will und darf, daß eine ihrem Kultus gewidmete und mutmaßlich auch geweihte Baulichkeit, nur weil die Weihe nicht durch den zuständigen Bischof erfolgte, für profan erklärt und von Amts wegen abgerissen wird. Oder ob sie es vorziehen sollte, den ihr unversehens zugewachsenen Besitzstand und dessen von einem Konkordat geschützten Sonderrechte - und damit zugleich ihren eigenen Status im Staat - zu bewahren, auch wenn sie sich damit auf die Seite der Gemeinde stellen und so gewissermaßen in die Tagespolitik hineinziehen lassen müßte. Diejenigen, die den Bau der Kapelle und insbesondere deren Weihe betrieben haben, waren und sind sich der rechtlichen Implikationen ihres Tuns zweifellos bewußt, wobei ungewiß bleiben muß, inwieweit sie selbst ernsthaft an die Heiligkeit und Unantastbarkeit eines geweihten Ortes glauben beziehungsweise ihr Bemühen um den Schutz der Natur tatsächlich als einen göttlichen Auftrag verstehen. Worauf sie aber offensichtlich vertrauten und auch vertrauen konnten, war die Bereitschaft der Bevölkerung, eine solche Kapelle nicht allein als Mahnmal, sondern tatsächlich als Kultstätte anzunehmen. Es ist dies eine Bereitschaft, die dem Argument des Bischofs, die Weihe sei unrechtmäßig erfolgt, den Boden entziehen könnte und den Widerstand gegen einen amtlich verfugten Abriß der Kapelle gewissermaßen schon ankündigt. Einen Widerstand, der durchaus nicht mehr allein in der Tagespolitik begründet wäre, sondern auch in der Religiosität seiner Träger. Was den Umgang mit heiligen, geweihten oder gebannten Sachen, Zeiten und Orten betrifft, so ist nicht ohne Interesse, daß man in der Nacht zum 1. Mai zu Werke ging. Ohne Zweifel konnte man in dieser Nacht eher mit der Toleranz der Anwohner wie auch der Ordnungspolizei für befremdlich anmutende Aktivitäten rechnen. Der Schutz, den der alte Volksbrauch der Initiative bot, reichte jedoch weiter. Unter seinem Mantel konnten die Akteure erst einmal abwarten: Fiel die

4

Sache im Dorf und beim umwohnenden Kirchenvolk durch, war es ihnen unbenommen, das Ganze als Hexenschabernack hinstellen und sich so aus der Affäre zu ziehen. Zum rechtlich brisantesten Teil der Aktion, zur Weihe der Kapelle, schritt man anscheinend erst, als die politischen Gegner zögerten und man sich des Wohlwollens der öffentlichen Meinung versichert hatte. Denkbar ist, daß an eine Weihe zunächst nicht einmal gedacht, dann aber realisiert worden war, daß ein solcher Schritt die beste Gewähr dafür bot, daß künftig eine Kapelle und nicht eine Mülldeponie das Roßmoos zieren würde. Ein solcher Umgang mit dem Numinosen respektive mit der Religion und dem von dieser hergeleiteten kirchlichen Recht mag in der heutigen Zeit, die dem religiösen Empfinden in der Regel wenig Gewicht beimißt und Kirche von Politik getrennt wähnt, manchem fast exotisch oder zumindest altertümlich erscheinen, und in der Tat: Derlei hat eine sehr lange Tradition. Es ist die Eigenart des Numinosen oder doch derjenigen, die ihm Name und Gestalt verleihen, bestimmte Orte zu besetzen und von dort aus zu wirken - und zwar durchaus auch in den Bereich des Materiellen, des positiven Rechts und des Politischen hinein. Man könnte sagen, das Numinose verfehle diese Wirkung nie - vorausgesetzt, die Bevölkerung könne und wolle sich entweder selbst unmittelbar darauf einlassen und es benennen oder könne veranlaßt werden, es in der durch eine maßgebliche Autorität bezeichneten und vermittelten Gestalt anzuerkennen und ihm so die für sein Wirken im sozialen Bereich erforderliche Relevanz zuzugestehen. Ein klassisches Beispiel für die Macht wie für die Gestaltungsfahigkeit des Numinosen ist die Verdrängung heidnischer Kulte durch das Christentum, die sowohl mit einer Inbesitznahme heiliger Orte und Zeiten einherging als auch heidnische Götter in christliche Heilige und heidnisches Königsheil in gottgewollte Herrschaft uminterpretierte. Das Spannende solcher Kultwechsel liegt darin, daß die neuen Götter (oder Heiligen) jeweils dazu geneigt scheinen, sich mit den alten zu verbünden, und zwar vornehmlich zum Vorteil des Volkes, das man doch gerne als passives Objekt der von den Mächtigen inszenierten Kult- oder Religionswechsel hinstellt. So könnte noch die Wahl der Hexennacht für den Kapellenbau zu Inchenhofen als Hinweis dafür gesehen werden, daß Verdrängungen sinnträchtiger Rituale oder Bräuche auch über lange Frist nicht vollständig gelingen und selbst in unserer modernen Zeit alte, ehedem dem Numinosen verbundene, dann ins eher profane Völksbrauchtum abgesunkene Rechtsrelikte erinnert und wiederbelebt oder, wo sie noch lebendig sind, in neuen Zusammenhängen eingesetzt werden können, um geltendes Recht ungestraft zu unterlaufen, die öffentliche Ordnung zu stören oder bestimmte administrative Vorgehensweisen zurückzuweisen und so die Staatsgewalt oder ihre Organe grundsätzlich oder zumindest in bestimmten Einzelentscheidungen in Frage zu stellen. Dabei wächst die politische Brisanz eines solchen Vorgehens selbstredend in dem Maße, in dem sich Herrschaft, Obrigkeit oder Staatsgewalt im Rückgriff auf das Numinose definieren oder legitimieren, das heißt ihre Rechte für heilig oder gottgegeben und daher für unantastbar und exklusiv halten. 5

Und so erklärt sich die mißliche Lage des Landrats des Kreises Aichach-Friedberg durchaus aus dem Anspruch seiner Partei, nicht einfach das Volk, sondern die Christenheit Bayerns oder zumindest deren katholische Mehrheit zu vertreten - ein Anspruch, der nicht erst durch die tatsächlich gegebene Regierungsverantwortung der Partei exklusiv wurde, sondern dadurch, daß andere, in Bayern zur Wahl stehende Parteien für diesen Auftrag weder durch ein entsprechendes Programm, noch durch ein «C» in ihrem Namen ausgewiesen sind - eine Tatsache, die zunächst einmal dadurch geschaffen wurde, daß die CDU mittels besonderer, parteiinterner Vereinbarungen zur sogenannten Schwesterpartei erklärt und vom Wettbewerb um die christlichen Wählerstimmen auf bayrischem Territorium ausgeschlossen werden konnte. Man muß solche Parallelen nicht überstrapazieren, obgleich man gelegentlich nicht umhin kann festzustellen, daß bannrechtliche Strukturen, wie sie das Mittelalter kennzeichneten, selbst durch eine demokratische Verfassung nicht gänzlich aus der Mode zu bringen sind. Derlei aber sollte die Historikerinnen aufmerksam machen auf die Langlebigkeit dessen, was man den Bodensatz der Mentalitäten nennen könnte. Eines der einschlägigsten Beispiele der Geschichte dafür, wie eine bannrechtliche Tradition mittels Inbesitznahme des Numinosen entstehen und die Rechtskultur einer Gesellschaft maßgeblich prägen kann, ist die Ausbreitung des Eigenkirchenwesens. Die auf Besitz oder, genauer gesagt, auf Verfügungsgewalt über Grund und Boden wie über Personen gestützte, das heißt quasi-private Kirchengründung, die schon im spätrömischen und merowingischen Reich auftrat, unter und nach den Karolingern aber eine besondere Ausprägung erfuhr, trieb die Christianisierung weitaus schneller voran, als dies der Amtskirche möglich gewesen wäre. Wo sie eigenkirchliche Züge gewann, erlaubte sie den Kirchenherren, über die ihnen nach weltlichem Recht zustehenden Orte, Sachen und Personen, wie auch über Räume und Zeiten einen Bann zu verhängen, der zwar im dinglichen Besitz begründet war, zugleich aber auch eine spirituelle Qualität besaß. Der Mitwirkung der Amtskirche bedurften sie dazu nicht notwendigerweise, es genügte, daß sie sich einen Heiligen wählten, ihn in der von ihnen erbauten Kirche heimisch und ansässig machten und ihn so zum Schutzparton über alles setzten, worüber sie in der umliegenden Gegend Munt und Gewere besaßen. Auf diese Weise konnten sie nicht nur das Numinose in seiner Erscheinung und in seinem Wirken in eine von ihnen näher umschriebene Form und an einen von ihnen bestimmten und beherrschten Ort bannen, sondern vor allem im Namen dieses «ihres» Heiligen die religiös-spirituelle Gestaltungsmacht von Kirchenvolk und Klerus beschneiden und, wenn sie ihren Kirchen ein Seelsorgerecht erwarben, darüberhinaus die im kirchlichen Recht definierte und vom weltlichen Recht geschützte Gewalt der Amtskirche beschränken oder sogar gänzlich ausschließen. Zwar war den Herren solcher Landkirchen zur Auflage gemacht, dieselben durch den Bischof weihen zu lassen und damit seiner Amtsaufsicht zu unterstellen, doch mußte dies, ebenso wie die Respektierung der Vorrechte der bischöflichen Taufkirchen, immer wieder angemahnt werden. 6

Das Eigenkirchenwesen war jener Zeit und ihrem Recht offenbar durchaus angemessen, denn die Amtskirche konnte nicht umhin, es für ihre eigenen, ratione officii gegründeten Kirchen ebenfalls in Anspruch zu nehmen, weil es ihr sonst unmöglich gewesen wäre, diese rechtlich abzusichern. Als die Päpste der Reformzeit des 11. bis 13. Jahrhunderts es unternahmen, dem Autoritätsverlust der Amtskirche ein Ende zu setzen, wurde auch die Kirchengründung neuen Regeln unterworfen. Doch sollte es sich als schwierig erweisen, das bis dahin gültige, durch Gewohnheit abgesicherte Recht zu verdrängen. Da es der Kirche an den politischen Mitteln zur Erzwingung der Rechtsreform fehlte, mußte sie darauf hinwirken, dem alten Recht seinen Rückhalt im Numinosen zu entziehen, indem sie die theologischen Schwerpunkte verschob. Deswegen waren von dem in Gang gesetzten Wandel nicht allein die Eigenkirchenherren betroffen, sondern auch die von diesen oder ihren Rechtsvorgängern gesetzten heiligen Patrone der Kirchen und Pfarreien. Das Aufeinandertreffen der neuen, dogmatisch begründeten Norm (ins commune) und dem im kultischen und rechtlichen Brauchtum begründeten alten Herkommen (consuetudo) mußte zunächst einmal Rechtsunsicherheit hervorrufen - ein Zustand, der durchaus auch positiv gesehen werden kann. Es wurde nämlich der Raum geschaffen oder erweitert, in dem sich die Eigeninitiative des zwischen dem Amtsklerus und den Kirchenherren stehenden und vielfach von beiden Seiten bedrückten Kirchenvolkes entwickeln und zum Tragen kommen konnte. Wo das hergebrachte Bannrecht abbröckelte, gerieten die Dinge in Fluß. Sachen, Orte, Räume, Zeiten und Personen, die im Namen der ehedem von den (weltlichen wie den geistlichen) Grundherren ins Recht gesetzten Heiligen mit einem Bann belegt worden waren, mußten zumindest teilweise aus ihrer Verpflichtung entlassen werden, weil der streng als Amtsrecht definierte Pfarrbann rechtlich zwingend nur mehr die ordentliche Seelsorge einschloß. Dies bewirkte, daß die religiösen Bedürfnisse des Kirchenvolkes, die über das Pflichtpensum des «frommen Christen» hinausgingen, dem Bann des Pfarrers geradeso entzogen wurden wie dem Bann des Kirchenherrn respektive des Kirchenheiligen und sich demzufolge zu einem freien Aktionspotential verdichten konnten. Und dies um so mehr, als sich die Entwicklung auch in den Bereich der pfarr- und kirchenherrlichen Leitungsgewalt, das heißt auf die Untertänigkeit des Kirchenvolkes, ausweiten konnte. Die Möglichkeiten der Amtskirche, in die Rechte der durch Besitz und Lehen legitimierten Banninhaber trotz deren Widerstand einzutreten, hing daher weitgehend von ihrer Bereitschaft ab, das Kirchenvolk im Hinblick auf seine Hinwendung zum Numinosen überall dort in seinen eigenen Entscheidungen und Initiativen zu unterstützen, wo die alte Banngewalt nicht oder nicht mehr hinreichte. Daß sie diese Entscheidungen und Initiativen auf der Ebene der Theologie, das heißt von der in Predigt und Ritus vermittelten Lehre her zu beeinflußten suchte, versteht sich von selbst. Aus diesen Zusammenhängen heraus, auf die später detailliert einzugehen sein wird, erklärt sich der Erfolg der Rechtsfigur der Stiftung des Mittelalters. 7

2 Zum Begriff «Stiftung» Als «Stiftung» findet man in den Quellen wie in der Literatur eine ganze Reihe von Rechtsgeschäften und Rechtsverhältnissen beziehungsweise Rechtstiteln bezeichnet. Bei genauerem Hinsehen erweist sich, daß dem Begriff nicht nur eine gewisse Vielfältigkeit, sondern auch ein gutes Maß Unschärfe eignet. Dies resultiert zum einen daraus, daß der Ausdruck «Stiftung» im allgemeinen Sprachgebrauch der Zeit und zumal in den Rechtsquellen selbst vielfach in - nach heutigem Verständnis - untechnischer Weise verwendet wurde. Zum anderen hatte und hat die Forschung Mühe damit, das Phänomen als solches zu erfassen respektive die unter dem Begriff zusammengefaßten Erscheinungen gegeneinander abzugrenzen und so rechtstheoretisch einzuordnen 4 . Ganz allgemein gesprochen ist unter einer Stiftung die freiwillige, dauernde und rechtsverbindlche Bereitstellung eines bestimmten Kapitals oder eines genau bezeichneten Sachvermögens respektive der daraus fließenden Einkünfte für einen besonderen Zweck durch diejenigen zu verstehen, der sich zum Zeitpunkt der Stiftung im tatsächlichen Besitz des Eigentums oder Nutzungsrechts an den betreffenden Geldern und Gütern befinden. Wesentlich ist, daß das Recht des Stifters, den Stiftungszweck zu definieren, aus diesem Besitz- und Nutzungsrecht wie auch aus der Freiwilligkeit des Rechtsgeschäftes resultiert und die Zweckbindung eine dauerhafte sein soll 5 . Im Hinblick auf diese Bedingungen ist hervorzuheben, daß das Mittelalter weltliche Stiftungen, wie sie nach modernem Recht möglich sind, nicht kannte. Die Stiftung des Mittelalters stand immer in einem religiösen Kontext, mit anderen Worten: Sie mußte, um realisiert zu werden, ein christliches Motiv respektive einen frommen Zweck haben. Nach Alois Mitterwieser ging es bei der mittelalterlichen Stiftung um «Zwecksetzungen zum Behufe des Gottesdienstes und der Nächstenliebe, was allein im Mittelalter eine , eine Stiftung, war» 6 . Demnach konnte ein Christ, der mit religiöser Zielsetzung über sein Hab und Gut verfugen wollte, nach zwei Richtungen aktiv werden: Entweder er stiftete für gottesdienstliche oder für karitative Zwecke - beide Male war das Ergebnis eine pia causa.

4 Vgl. dazu M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 74 ff. 5 Vgl. ebd., S. 73. 6 A. Mitterwieser, Gcschichte der Stiftungen, S. 168.

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Obwohl gilt, daß eine Stiftung stets religiös motiviert, einem frommen, das heißt hier christlichen, Zweck 7 gewidmet und insofern eine pia causa sein mußte, so wird man deswegen doch keineswegs jede fromme Stiftung als «kirchliche Stiftung» begreifen können. Vielmehr zeichnete sich die Mehrzahl der Rechtsgeschäfte, Rechtstitel oder Einrichtungen, die gemeinhin «Stiftung» genannt werden, gerade dadurch aus, daß sie weder von «der Kirche» (im Sinne der Amtskirche wie auch im Sinne der Kultusgemeinschaft) unternommen und finanziert worden waren, noch derselben auf Amt oder Kultus bezogene Dienste leisten mußten oder in deren Eigentum oder auch nur unter deren unmittelbarer Aufsichtsgewalt standen. Nach Auskunft des Staatslexikons der Görresgesellschaft versteht man unter kirchlichen Stiftungen «im allgemeinen die Stiftungen, die zur Befriedigung der kirchlichen Bedürfnisse einer Religionsgemeinschaft bestimmt sind; insbesondere Pfarrpfründen, Kirchenstiftungen, Stiftungen für Kultuszwecke (Gottesdienststiftungen, Meßstiftungen, Stiftungen für Kirchenmusik usw.), das bischöfliche Tafelgut und das Kathedralgut»8. An diese Definition, die auf Funktionen der ordentlichen und von daher auch öffentlichen Seelsorge (cura animarum) abhebt 9 und sich auf ein Verständnis stützen kann, wie es sowohl in der Kanonistik als auch in den für diese Untersuchung ausgewerteten Quellen zu finden ist, schließt der Sprachgebrauch dieser Untersuchung an - allerdings mit einer wesentlichen Einschränkung: Die Bezeichnung «kirchliche Stiftung» wird hier insofern mit besonderem Bedacht verwendet, als der Hauptgegenstand des ausgewählten Quellenmaterials weder die private Stiftung pro anima, noch die in Form von Wohltätigkeitsanstalten errichtete pia causa und auch nicht die «Kirchenstiftung» im Sinne einer regelrechten fundatio ecclesiae, sondern etwas Dazwischenliegendes ist, das es zu beschreiben gilt.

7 Die Frage nach dem, was «Frömmigkeit» sei, ist heikel und gehört in gewisser Weise zu den Kernfragen der vorliegenden Arbeit. Doch ist das bearbeitete Material derart, daß bedingte Ausblicke geboten werden können (siehe Teil C, Kap. 3.4.). An dieser Stelle sei vorderhand auf die rechtlichen und politischen, aber auch die sozialen und psychologischen Konsequenzen hingewiesen, die unausweichlich eintreten müssen, wenn Religionzwang als grundlegendes Element einer politischen Verfassung gilt. «Fromm» kann dann stets auch im Sinne von «rechtschaffen» oder «rechtgläubig» anstatt allein im Sinne von «christgläubig» verwendet werden. Wertvolle weiterführende Hinweise bieten hierzu: A.Angenendt, Kaiserherrschaft, v.a. 165 ff., zur «infidelitas Dei et regis» siehe ebd., S. 313; O.Hageneder, Das crimen maiestatis, v.a. S. 61 ff.; L.Kolmer, Christus als beleidigte Majestät, passim. 8 F. Sambeth, Stiftung, in: Staatslexikon der Görresgesellschaft [5. Aufl., erschienen 1932], Bd. 5, Sp. 140-147, Zitat Sp. 143 f., die Unterscheidung nach kanonischem Recht siehe ebd., Sp. 146. H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 42 f., hingegen unterscheidet dem klassischen Stiftungsrecht folgend das oratorium von der pia causa. Zur Diskussion des Stiftungsbegriffs aufgrund der Ergebnisse der Untersuchung siehe Teil D. 9 Zur Forderung nach Öffentlichkeit des Gottesdienstes im kirchlichen und weltlichen Recht siehe R.Zerfaß, Laienpredigt, S. 156 ff.

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3 Zur Problemstellung, zu den Quellen und zur methodischen Vorgehensweise Im Unterschied zum Seelgerät und zur pia causa waren die Stiftungen, um die es in der vorliegenden Arbeit geht, keineswegs auf die Städte konzentriert, sondern finden sich zahlreich, wenn nicht überwiegend in ländlichen Pfarreien. Vor allem aber wurden sie vom Kirchenvolk selber betrieben und dienten dessen ordentlicher seelsorgerlicher Versehung (cura animarum). Das heißt, sie mußten, weil es aufgrund der gegebenen Verfassung von Kirche und Herrschaft nicht ausbleiben konnte, daß die Veränderungen im Bereich der Seelsorge auch auf den Bereich der Herrschaftsrechte übergriffen, unmittelbar politisch relevant werden. Angesicht dieser politischen Relevanz dürfte es von beträchtlicher Bedeutung sein, auf welchem Stand das von den ländlichen Gemeinden getragene Stiftungswesen zu Beginn des 16. Jahrhunderts war - und zwar sowohl für die Betrachtung jener Forderungen, die von den Aufständischen der Jahre 1524/25 im Hinblick auf Kirche und Religion gestellt wurden, als auch für das Verständnis des Verlaufs der sogenannten «Reformation» in den vom Aufstand betroffenen Regionen. Allein aufgrund der Rechtstradition der Pfarrkirchen läßt sich kaum beurteilen, wie es um die kirchlichen Verhältnissen in diesen Landschaften und ihren Pfarreien stand, zumal die einschlägigen Quellen dahin tendieren, die Herrenrechte hervorzuheben, so daß der tatsächliche Ausgangspunkt der Aufständischen, das heißt die materielle, rechtliche und politische Grundlage ihrer kirchenpolitischen Forderungen und die Chancen zu deren Verwirklichung, dem Betrachter verdeckt und so auch der Blick dafür verstellt bleiben muß, worin das Bedrohliche, das heißt die eigentlich revolutionäre Qualität dieses Aufstandes lag 10 . Damit ist das Erkenntnisinteresse umrissen, von dem aus diese, aus einem vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekt herausgewachsene Untersuchung ihren Anfang nahm: Jenem war es darum gegangen herauszufinden, in welchen kirchlichen Verhältnissen diejenigen lebten, die die Sache der Reformatoren auf ihre Fahnen schrieben. Wie sie auf das vorbereitet waren, was ihnen von denselben gepredigt und zugemutet wurde, welchen Reim sie sich darauf machten, was sie zu gewinnen, aber auch, was sie zu verlieren hatten 11 . Die Konzentration auf das Stiftungswesen war nicht zuletzt Resultat der Quellenlage. Wer nach den Verhältnissen ländlicher Pfarreien fragt, braucht die Flut der Quellen nicht zu fürchten. Das Problem ist eher, Aufschlüsse aus dem zu

10 Vgl. F.Seibt, Frühe Revolutionen, passim; W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen», S. 202ff. 11 Das Projekt zum Thema «Bäuerliche Reformation im oberdeutschen-schweizerischen Raum» wurde von Prof. Peter Blickle. Universität Bern, geleitet. Siehe die Beiträge in: Zugänge zur bäuerlichen Reformation, hrsg. v. P. Blickle; Bäuerliche Frömmigkeit und kommunale Reformation, hrsg. von der AGGS; Kommunalisierung und Christianisierung, hrsg. v. P. Blickle/J. Kunisch.

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gewinnen, was sich findet. Auf die anhand des erhobenen Materials entwickelten Fragestellungen wird im folgenden einzugehen sein. Beim dem der Untersuchung zugrundeliegenden Quellenmaterial handelt es sich um Rechtsquellen, zum überwiegenden Teil um Stiftungsbriefe, Schiedsurteile und Reverse Stiftungen betreffend oder um Zeugnisse über Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit Stiftungen. Es überspannt den Zeitraum von 1400 bis 1525, wobei für die Festsetzung des Beginns der Erhebungsperiode rein technische Erwägungen maßgebend waren, wohingegen das Jahr 1525 für Ereignisse steht, die für das Stiftungswesen von einschneidender Bedeutung waren. Die Quellen stammen aus dem deutschen Südwesten des Reiches, vornehmlich aus dem Herrschaftsgebiet der Württemberger und dem nördlich von Rhein und Bodensee gelegenen Teil der Diözese Konstanz, außerdem aus dem pfalzischen und badischen Raum, das heißt aus den Bistümern Speyer und Straßburg. Das württembergisch-konstanzische Material wurde systematisch erschlossen, wohingegen die badischen und pfälzischen Quellen jeweils zur Ergänzung oder zum Vergleich herangezogen sind. Ausdrücklich sei daraufhin gewiesen, daß die hier unternommene «systematische Auswertung» nicht den Anspruch erhebt, ein quantifizierendes Verfahren zu sein. Worum es ging, war vielmehr die Entwicklung von Kategorien, mit deren Hilfe sich das Quellenmaterial strukturieren ließ. Der Ansatz ist demnach ein phänomenologischer, das zugrundegelegte Raster orientiert sich an den in Teil B darzulegenden Kriterien des kanonischen und des eigenkirchlich geprägten, durch altes Herkommen gesicherten partikularen Rechts. Herausgearbeitet wurden vier Kategorien von Stiftungen, die im Hinblick auf ihren Rechtsstatus - und zwar sowohl das officium wie das beneficium betreffend - eine hierarchische Ordnung bilden. Dabei fallen die ersten drei Kategorien in den Bereich der Minderstiftungen, derweil es bei der vierten zum Erwerb des sogenannten pfarrlichen Rechts (volle cura animarum) kam, weswegen ihr zwar nicht die Qualität einer klassischen Kirchenstiftung (fundatio ecclesiae), aber die einer ordentlichen Pfarrpfründstiftung (ditatio ecclesiae) zuzuschreiben ist. Den Stiftungen der vierten Kategorie, die - aufgrund der Tatsache, daß es dabei zu einer Abtrennung und Verselbständigung eines Teils des Kirchenvolkes und des Sprengeis der alten Pfarrei kam - auch als «Separationen» oder «Abkurungen» bezeichnet werden, hatte das Interesse der Untersuchung zunächst gegolten. Denn sie schienen am ehesten dafür zu sprechen, daß ländliche Gemeinden in die Rechte von Kirche und Pfarrei eingriffen, lange bevor sie aufgrund reformatorischer Theologie Kompetenzen wie das Recht der Pfarrerwahl für sich einforderten. Allerdings sollte sich sehr bald erweisen, daß diese Stiftungen nicht ad hoc unternommen worden waren, sondern immer auf schon bestehenden Minderstiftungen aufbauten. Je mehr sich das Interesse den Wurzeln der gemeindlichen Pfarrpfründstiftung zuwandte, desto deutlicher wurde, daß diese nur die Spitze des Eisberges waren: Der wesentliche und vor allem der den Obrigkeiten gefahrlichere Teil des Phänomens lag unterhalb der Wasserlinie, also unterhalb der Grenze, welche das Pfarrecht zog, und damit zu einem Gutteil auch außerhalb der unmittelbaren Kontrolle der Inhaber öffentlicher Gewalt. 11

Da sich die Auswertung der Quellen aufgrund der oben dargelegten Schwierigkeiten sehr aufwendig gestaltete, wurde schließlich davon abgesehen, auch die 39 erhobenen Separationsfalle in die Darstellung aufzunehmen, und diese stattdessen auf die Analyse des Phänomens der Minderstiftungen beschränkt 1 2 . Die drei zentralen Themen, von denen aus sich das Netz jener Fragen zu entfalten hat, mit dem diese Quellen erschlossen werden können, sind erstens das kirchliche Bannrecht - vornehmlich im Bezug auf die Problematik, die sich daraus ergibt, daß im Mittelalter weltliche und kirchliche Rechte immer, wenn auch mehr oder weniger sichtbar, miteinander verknüpft und damit auch von einander abhängig waren; zweitens das Stiftungsrecht - vornehmlich soweit es die öffentliche Seelsorge betrifft, mithin also vor allem das ius patronatus\ drittens - und zwar in enger Verbindung mit den beiden erstgenannten Aspekten - die für das Spätmittelalter charakteristischen Selbstbestimmungsbestrebungen des in Genossenschaften oder Kommunen organisierten Kirchenvolkes; wobei dessen innere Bereitschaft und äußere Möglichkeiten, sich einen eigenständigen Zugang zur Transzendenz zu verschaffen, hier von grundlegender Bedeutung sind. Man könnte sagen, daß in der Natur des kirchlichen Bannrechts ein Gutteil der Schwierigkeiten begründet ist, die es bei der Konzeption dieser Untersuchung zu überwinden galt. Zu seinem Wesen, auf das im ersten Teil der Untersuchung, der den rechtstheoretischen und rechtshistorischen Grundlagen der Stiftung gewidmet ist, ausführlich eingegangen wird, sei an dieser Stelle folgendes angemerkt: Im Mittelalter konnte es die Amtskirche als ihr exklusives und obrigkeitlich verbrieftes Recht betrachten, die christliche Lehre auszulegen, den Kultus zu gestalten und von daher auch zu bestimmen, in welcher Weise, an welchen Orten und durch welche Personen das Kirchenvolk pastorisiert werden sollte. Wer sich aus persönlichen Gründen oder aufgrund seiner gesellschaftlichen Stellung an der Gestaltung der äußeren Bedingungen der ordentlichen oder öffentlichen Seelsorge beteiligen wollte, mußte sich dieser Prärogative zufolge an bestimmte, von der Kirche gesetzte Richtlinien halten. Allerdings waren dieselben, da sich die Amtskirche in Gestalt des Episkopats respektive in der Person des Papstes mit der cura animarum auch das Recht auf die Cura über den Klerus und das Kirchengut reserviert hatte, nicht allein theologisch, sondern auch ekklesiologisch begründet und betrafen neben amts- vor allem auch güter- und nutzungsrechtliche Fragen.

12 Ausführlicher hat sich mit Stiftungen im ländlichen Umfeld nur K.Eder, Das Land ob der F.nns, befaßt, dessen Ergebnisse in der Forschung jedoch viel zu wenig beachtet oder genutzt werden. Gänzlich fehlte das ländliche Stiftungswesen in dem von K.Schreiner angeregten Kolloquium, dessen Beiträge und Ergebnisse erschienen sind in: Laienfrömmigkeit, hrsg. v. dems. (1992).

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Aber nicht allein nach dem Willen der kirchlichen Rechtsetzung und nach Auflassung der Kanonistik war es der Bischof, der als Inhaber der Lehr- und Weihegewalt und der geistlichen Gerichtsbarkeit über die innere und die äußere kirchliche Ordnung zu wachen hatte. Auch nach Aussage der hier auszuwertenden Quellen aus dem 15. und frühen 16. Jahrhundert oblag es dem Ordinarius, Stiftungsvorhaben im Bereich der Seelsorge zu bewilligen, die Bestimmungen vollendeter Stiftungen zu überprüfen und ihr Recht zu bestätigen. Dennoch läßt sich keineswegs sagen, daß die Auflagen, mit denen sich die Stifter von Fall zu Fall auseinanderzusetzen hatten, samt und sonders kanonischem Recht entsprungen seien oder sich ohne weiteres aus diesem erklären ließen. Die Quellen vermitteln vielmehr den Eindruck, als habe das Recht der Stiftungen nicht selten auch außerhalb des ius commune der Amtskirche gegründet. Strenggenommen unkanonische, auf alte Bannrechte zurückzuführende Verhältnisse begegnen in jeder Pfarrei, ohne daß man jeweils ihre Wirksamkeit konkret abschätzen oder ihre Wurzeln namhaft machen könnte. Was nicht allein auf die schlechte Quellenlage zurückzuführen ist, sondern offensichtlich auch auf einen verschleiernden Umgang der Zeit mit den ihr selbst oft durchaus bewußten, in der Praxis aber nicht leicht lösbaren Unstimmigkeiten und Unklarheiten hinsichtlich der «wahren» Rechtslage. Wo immer der Einblick in die tatsächlichen Rechtsverhältnisse von Kirche und Pfarrei fehlt, gestaltet sich jedoch die Einordnung der einzelnen Stiftungen und damit auch die rechtstheoretische Analyse des Phänomens «Stiftung» als solchem schwierig, und nicht zuletzt wird die Sicht auf dessen kirchenpolitische und damit auf seine historische Bedeutung verstellt. Um über die quellenbedingten Lücken und rechtssystematischen Brüche, mit denen auch frühere Arbeiten zum Thema Stiftung zu kämpfen hatten, hinweg zu strukturellen Aussagen und von da aus zu einem weiterführenden analytischen Ansatz zu kommen, wurde daher in dieser Untersuchung versucht, in einer ersten Auswertungsphase zunächst einmal die Faktoren zu bezeichnen, von denen aufgrund erster Quellenauswertungen angenommen werden mußte, daß sie für das Zustandekommen einer Stiftung überhaupt wie für die Ausgestaltung der jeweiligen Stiftungsbedingungen im besonderen eine Rolle spielten, und diese dann von der kirchlichen Rechtslehre aus zu beleuchten. Dabei festigte sich die Einsicht, daß zwar das durch diese Faktoren gebildete Grundgerüst der Stiftung im römisch-kanonischen Recht verankert war, aber ein verläßlicher Maßstab für die Rechtsmäßigkeit der besonderen Bedingungen, die jeweils im Einzelfall in dieses Grundgerüst eingebaut worden waren, schwer auszumachen ist. Eben weil, wie gesagt, hergebrachte kirchliche und pfarrliche Bannrechte, obgleich sie den Vorstellungen und Maßgaben der römischen Kirche zuwiderliefen, in der Rechtspraxis noch immer in Geltung waren, mußte es überdies dazu kommen, daß die Stiftungen selbst wiederum unkanonische Elemente tradierten, oder, besser gesagt, zusammen mit ihrem eigenen Recht immer auch das alte Recht der Pfarrei oder doch zumindest Teile desselben fortschrieben.

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Die Verwerfungen in der Rechtslandschaft mußten also jedenfalls bei der Auswertung der Quellen berücksichtigt, wenn nicht als Schlüssel für die Interpretation überhaupt ansehen werden. Um das Quellenmaterial in einer Weise zu präsentieren, die dem Rechnung trug, war es unumgänglich, es vorweg zu strukturieren. Eine Maßnahme, die, da sie nicht anders als auf der Grundlage gerade erst geschöpfter Einsichten erfolgen konnte, als eine vorläufige, erst zu beweisende gelten mußte. Ebenso war eine Erörterung des rechtshistorischen und rechtstheoretischen Hintergrundes der Ereignisse erforderlich. Diesen Hintergrund als zusätzliche Betrachtungsebene in die Darstellung einbeziehen, wäre sicherlich elegant gewesen, ließ sich aber nicht ohne weiteres bewältigen, weil sich die rechtsdogmatische Dimension des Geschehens als zu komplex und der Stand der Forschung, die sich dem Thema bislang nur am Rande oder aus sehr begrenzten Blickwinkeln heraus gewidmet hat, als zu ungewiß und marginal darstellten. Die klarere und leichter zu handhabende Lösung schien daher darin zu liegen, die Abhandlung in drei Abschnitte zu zerlegen: Der erste Teil (Teil B) hat die Aufgabe, die Rechte zu umreißen, die die Kirche, der Kirchenherr, der Bischof, der Pfarrer und das Kirchenvolk nach älterem kanonischem Recht, nach ius patronatus, Benefizial- und Inkorporationsrecht wie auch aufgrund hergebrachter, durch das Eigenkirchenrecht beeinflußter Gewohnheit haben konnten. Neben dem Pfarrzwang kommen also auch noch andere Bannrechte zur Sprache, die an Kirche, Altar, Benefizium und Offizium kleben konnten vornehmlich auch die kirchliche Gerichtsbarkeit. Im zweiten Teil (Teil C) werden dann die Quellen unter Bezugnahme auf die zuvor erörterten rechtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten vorgestellt und ausgewertet. Der dritte Teil (Teil D) schließlich versucht nach einem Aufriß der Problematik des Stiftungsrechts auf der Grundlage der hier behandelten Fragestellung und einer Zusammenfassung der am Beispiel der Minderstiftung erarbeiteten Ergebnisse einen Ausblick auf die Problematik von Gemeindebildung und Kommunalisierung zu bieten und die beobachtete Entwicklung in Bezug zu den politischen Ereignisse des Aufstandes von 1525 und der diesem folgenden «Fürstenreformation» zu setzen. Im Hinblick auf die Zeit, in der die ausgewerteten Stiftungen unternommen wurden, könnte man sagen, im ersten Teil gehe es um das alte Recht der Pfarreien und das ius commune der katholischen Kirche - um das Recht also, das die Stiftung vorfand, in das sie sich einerseits fügen mußte, dessen sie sich aber andererseits auch legitimerweise bedienen konnte - , während im zweiten Teil anhand der Quellen aufgezeigt werde, wie sich das ius commune nutzen ließ, um neues Recht zu schaffen und so altes Recht nach und nach umzugestalten. Der dritte Teil ist um eine umfassendere historische Einordnung des Phänomens bemüht.

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4 Anmerkungen zum Begriff «Gemeinde» Es kann an dieser Stelle nicht darum gehen, die Diskussion aufzurollen, die in der Forschung um diesen Begriff geführt wird 13 . Fachspezifische begriffliche Sprachregelungen, wie sie zu Recht dort eingeführt werden, wo sehr eng am Detail gearbeitet wird, haben den Nachteil, daß sie außerhalb ihres eigenen Milieus vielfach nicht nachvollziehbar sind und, wo sie Worte der Alltagssprache verwenden, die sozusagen einem jeden gehören, oft nur unter Preisgabe jenes offenen Austausches aufrechterhalten werden können, durch den interdisziplinäre Arbeit überhaupt erst möglich wird. Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß die Erkenntnisse, die die politische, die Wirtschafts- und Sozialgeschichte oder die Verfassungsgeschichte zu den Themen «Dorf», «Gericht», «Genossenschaft» und «Gemeinde» oder «Kommune» erarbeitet haben, für die Frage nach dem Recht der kirchlichen Stiftungen oder der örtlichen Kirchen überhaupt keine Relevanz hätten. Im Gegenteil erweist sich immer wieder, daß die wirtschaftlichen und rechtlichen Strukturen die Ausgestaltung dieses Recht entscheidend prägten 14 , weswegen es letztendlich ein von Menschen vornehmlich aufgrund ihrer weltlichen Ziele gesetztes Recht war, das das Leben der christianitas bestimmte, und nicht das reine Evangelium 15 . Daß unbeschadet dessen umgekehrt der Einfluß der christlichen Lehre und mehr noch der kirchlichen Normen auf die mittelalterliche Welt und ihr Recht beträchtlich war, steht außer Frage. In Frage steht dafür, welche Möglichkeiten die christliche Religion, ihre Ethik und das kirchliche Recht der christianitas - sozusagen jenseits des weltlichen Rechts und über dieses hinaus - boten, wenn es darum ging, selbst auf die Gestaltung dieser Welt und damit auch auf die Erlangung des Ewigen Heils Einfluß zu nehmen. Wenn es ehedem auf der Hand zu liegen schien, daß diejenigen, welche im Besitz von Grund und Boden und weltlicher Gewalt waren, auch als Herren der Kirche und des Kirchenvolkes galten, so ist diese allzu dichotome Sicht doch schon länger ins Wanken geraten 16 . Zum einen, weil die oben genannten historischen Diszipli13 Über den Stand der Diskussion informieren die Beiträge in: Landgemeinde und Stadtgemeinde, hrsg. v. P. Blickle, und in: Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey, hrsg. v. G. Dilcher/B. Diestelkamp. Dort findet sich jeweils die weiterführende Literatur. 14 Vgl. M.Borgolte, Kirche, S. lOOff. 15 Siehe unten, Teil B, Anm. 17. 16 Für diese Entwicklung stehen zum Beispiel die Veröffentlichungen von Dieter Kurze. Siehe seine grundlegende Arbeit zur Pfarrerwahl (1966) und den 1990 erschienenen Beitrag in einem Sammelband zum Thema Wahlen und wählen im Mittelalter: D. Kurze, Pfarrerwahlen; ders., Wahlen. - Vgl. M. Borgolte, Kirche, S. 114, 203 f. Zur Kritik an der Eigenkirchenlehre von U. Stutz siehe P.Landau, Eigenkirchenwesen (TRE 9), passim; ders., Kirchengut (TRE 18), S. 564; M.Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, S. 85 ff. 15

nen immer weiterreichende Zweifel daran anmelden, daß die wirtschaftliche oder die politische Macht so eindeutig verteilt waren, wie es die Rede von Herrschaft und Untertanen andeutet17. Zum anderen aber auch, weil immer mehr damit gerechnet wird, daß im Mittelalter und der frühen Neuzeit dort, wo Herrschaft sich legitimieren oder Untertänigkeit definiert werden mußte, immer auch das göttliche oder das kirchliche Recht in die Waagschale fallen konnte - zugunsten der Herren, aber auch zugunsten des Kirchenvolkes18. Eine Verknüpfung beider Erkenntnisstränge wäre dringend zu wünschen. Die vorliegende Untersuchung sah sich, eben weil entsprechende Vorarbeiten fehlen, mit der Schwierigkeit konfrontiert, etwas zu benennen, das von der Rechtsdogmatik nicht definiert ist und dessen tatsächliche Existenz es erst einmal zu beweisen galt. Von daher wird der Ausdruck «Gemeinde» im folgenden grundsätzlich im Sinne einer kirchlichen Gemeinde verwendet, weswegen an seiner Stelle im rechtstheoretischen Teil der Arbeit auch das Wort parochia erscheint, das den Vorteil hat, sozusagen Land und Leute einzuschließen und darüberhinaus anklingen zu lassen, daß man in der parochia nach einem Recht lebte, das von dem der Außenstehenden und des Umlandes verschieden war 19 . Wo es darum geht zu verdeutlichen, daß eine stiftende Gemeinschaft um den Status einer selbständigen Kirchgemeinde erst noch rang, weil sie für sich und ihre Stiftung bislang weitergehende Kuratrechte nicht hatten erwerben können, ist auch einfach vom «ortsansässigen Kirchenvolk» die Rede. Die Voraussetzung der Ortsansässigkeit verweist allerdings auf die wirtschaftliche, politische, weltlich-rechtliche und pfarrechtliche Ausgangsposition, die diese stiftenden Gemeinschaften selbstverständlich hatten. Auf diese soll immer dort Bezug genommen werden, wo sie für das Stiftungswesen von Bedeutung waren. Wo ausdrücklich nicht einzelne Gruppen von Nutzungsberechtigten gemeint sind, ist zumeist die Rede von der «Einwohnerschaft» oder der «Siedlungsgemeinschaft». Einfach von «der Gemeinde» wird hingegen dort gesprochen, wo die politischen Gemeinden oder deren Organe als diejenigen erscheinen, die die Stiftung formal betrieben. Die implizite Annahme, daß sie dies im Namen und damit quasi auch auf Rechnung des gesamten pfarrpflichtigen Kirchenvolkes taten, wird zu hinterfragen sein. Sie im Einzelfall zu beweisen, bedürfte ausführlicher ortsgeschichtlicher Studien und kann nicht Aufgabe dieser Untersuchung sein 20 .

17 Zu den Grundlagen des im göttlichen Recht begründeten Rechts des Christen siehe E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person»; zu den Auseinandersetzungen über das göttliche Recht und das Evangelium Anfang des 16. Jahrhunderts: P. Blickle. Gemeindereformation, v.a. S. 1 5 5 - 1 5 9 . 18 Siehe zur Kritik der Bevölkerung an der kirchlichen Gerichtsbarkeit P. Blickle, Rechtsautonomie durch Kirchenkritik, und neuerdings zur Innerschweiz ders., Antiklerikalismus. - Zur Diskussion um Untertänigkeit und Religionszwang in der Zeit der Auseinandersetzung vor 1555 um das ius reformandi, die zugleich einen tiefen Einblick in Denkweisen bietet, deren Wurzeln jedenfalls bis weit ins Mittelalter zurückreichen: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 130 ff. 19 Zum Begriff parochia siehe G. Holtz, Parochie; vgl. auch D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 11. 20 Siehe dazu neuerdings W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen»; außerdem die Abschlußdiskussion in Teil D.

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B. Zu den geschichtlichen Grundlagen der kirchlichen Stiftung des Spätmittelalters

1 Zum Recht von Gemeinde, Kirche und Pfarrei und zum Recht ihrer Herren Im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen steht das kirchliche Bannrecht. «Gebannte Rechte» kannte (und kennt) allerdings nicht nur die Kirche, sondern auch das weltliche Recht, wobei die Besonderheit der Rechtsverhältnisse des Mittelalters darin liegt, daß beide Rechtssphären direkt aufeinander bezogen waren, so daß auch eine Verflechtung weltlicher und kirchlicher Banngewalt unvermeidbar war. Sattsam bekannt sind die Konflikte, die sich daraus zwischen Geistlichkeit und weltlicher Herrschaft ergeben konnten. Von den Zeitgenossen oft beklagt und in der Literatur viel besprochen sind die Folgen des Machtzuwachses, der sich für den ergab, der geistliche und weltliche Obrigkeit in seiner Hand vereinigen konnte. Weniger gesehen werden die Möglichkeiten, die sich das untertänige Kirchenvolk eröffnen konnte, wenn es ihm gelang, als dritte Kraft die Spannung zwischen diesen beiden Lagern zu nutzen. Auf diese Möglichkeiten gilt es einen Blick zu werfen. Das kirchliche Recht des Mittelalters verwendete den Ausdruck «Bann» in verschiedenen Zusammenhängen. Dem Historiker sind wohl am besten der «Kirchenbann» (Exkommunikation) 1 und der «Pfarrbann» (Pfarrzwang) 2 bekannt, doch deckt, was darunter in aller Regel subsumiert wird, nur einen Teil der Kompetenzen und Konsequenzen ab, die sich aus der kirchlichen Banngewalt herleiten ließen oder ergaben. Zu wenig erforscht ist insbesondere der Bereich der kirchlichen Gerichtsbarkeit (iurisdictio) die sich keineswegs in der Bußgerichtsbarkeit (forum poenitentiale) des Pfarrpriesters oder gar in der Wiedergutmachung von Sünden wieder den Glauben erschöpfte, sondern auch die Sittengerichtsbarkeit einschloß und sich der Ahndung von Übertretungen widmete, die sich gegen die materiellen Interessen des einzelnen Christen, der Gemeinde, des Pfarrklerus und vor allem der Amtskirche richteten. Schließlich verdiente auch die freiwillige Gerichtsbarkeit der Kirche mehr Beachtung, das heißt, deren rechtgewährende und rechtsetzende Funktion

1 G. May, Bann (TRE 5), S. 1 7 0 - 8 2 ; ders., Interdikt (TRE 16). S. 2 2 1 - 2 2 6 ; P.Hinschius. System, Bd. 5, S. 295 ff.; siehe auch P. Blickte, Rechtsautonomie durch Kirchenkritik, passim. 2 Aus der Sicht der Eigenkirchenlehre: U.Stutz, Pfarre, Pfarrer (RTK); F.X.Künstle, Pfarrei, S. 21, 71 ff.; nach kirchlichem Recht: P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 298 f.; im Hinblick auf die Theologie: G.Holtz, Parochie; mit aufschlußreichen Bezügen zum Amtsauftrag: R. Zerfaß, Laienpredigt, S. 9 0 f f . , 118, 3 1 3 f f . ; aus rechtlicher Sicht: P.Leisching, Pfarrer (HRG 3), Sp. 1 7 0 7 - 1 7 1 3 ; ders., Pfarrgemeinde (HRG 3), Sp. 1713-1717; ders., Pfarrsprengel (HRG 3), Sp. 1 7 1 9 - 1 7 2 3 ; weitere Literatur bei M.Borgolte, Kirche, S. 97 ff.; siehe zur Problematik der Frage, was die Pfarrei sei, auch S. Schröcker, Ortskirchenvermögen, S. 22 fT.

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bei der Schließung von Rechtsvereinbarungen oder der Schlichtung von Streitigkeiten und Rechtshändeln3. Im folgenden wird versucht, einen Überblick über die theologischen, ekklesiologischen, ökonomischen und politischen Grundlagen der kirchlichen Banngewalt zu geben und dabei zugleich zu zeigen, wie umfassend die mittelalterliche Welt durch die derselben zugrunde liegenden Rechtsauffassungen bestimmt war, aber auch, wo Raum fiir Innovationen blieb.

1.1 Anmerkungen zum Recht des Christen und der christlichen Gemeinde Der Mensch tritt, indem er die Taufe annimmt, dem von den Evangelisten und Aposteln so genannten Neuen Bund bei. Damit erkennt er die im Neuen Testament formulierten Glaubenssätze an und verspricht, sein Leben nach diesen auszurichten. Wenn er sein Versprechen erfüllt, ist ihm die ewige Seligkeit zugesagt. Nun leistet der Christ allerdings sein Taufversprechen nicht allein Gott oder Jesus Christus, sondern auch der Gemeinschaft der Gläubigen (ecclesia), denn es gilt der Satz: «Was du deinem Nächsten tust, hast du mir getan»4. Schon die Urgemeinden nahmen sich das Recht, das Taufversprechen ihrer Mitglieder einzuklagen, indem sie diejenigen, die gegen die christlichen Glaubenssätze und Gebote verstießen, zur Ordnung riefen. Wo brüderliche Ermahnungen nichts fruchteten, wurde wohl auch massiver sozialer Druck ausgeübt (correctio fraterna) - nicht nur unter Billigung, sondern auf Anweisung der kirchlichen Lehrer. An die Thessaloniker schrieb Paulus: «Wir gebieten euch aber, liebe Brüder, im Namen unsers Herrn Jesu Christi, daß ihr euch entziehet von jedem Bruder, der da unordentlich wandelt und nicht nach der Satzung, die er von uns empfangen hat»5. Um den Einzelnen auf dem rechten Weg zu halten und ihn auf die als Richtlinie für diesen verstandene gemeinsame Ordnung zu verpflichten, ergriff die frühe Kirche verschiedene Maßnahmen. Je nach Schwere seiner Verfehlung verbannte man einen Wortbrüchigen und Sünder ganz aus der Gemeinschaft (Anathem), verwehrte ihm den Zutritt zu den heiligen Stätten (Bann) oder ließ ihn zeitweilig

3 Als Überblick: A.Stein, Gerichtsbarkeit (TRE 12), S. 4 9 7 - 5 0 6 ; zur rechtsdogmatischen Entwicklung: D.E.Heintschel, Ecclesiastical Office, v.a. S. 43, 7 6 f f . ; W.Trusen, Forum internum; zur Praxis: J. Hashagen, Charakteristik der geistlichen Gerichtsbarkeit; K. Stenzel, Die geistlichen Gerichte; P. Mikat, Kirchengut; für das fränkische Reich auch R.Sohm, Geistliche Gerichtsbarkeit. Siehe Teil B, Kap. 1.4. 4 E.Brandenburger, Gericht Gottes III (TRE 12), v.a. S. 476fT.; H.Merkel, Gericht Gottes IV (TRE 12), v.a. S. 4 8 8 f . ; J.Neunheuser, Taufe und Firmung; N . M . H ä r u n g , Character; J.Roloff, Amt IV (TRE 2 ), S. 519 f.; J. Becker, Buße IV (TRE 7), S. 4 4 6 - 4 5 1 ; E. H. Fischer, Der Priester als Bußspender, S. 202 f. 5 2.Thess. 3,6; siehe auch Vers 14.

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nicht mehr am Gottesdienst und besonders nicht am gemeinsamen Danksagungsmahl und am eucharistischen Gebet teilnehmen (Exkommunikation) 6 . Bekanntlich hat nicht jeder Mensch immer Einsicht in das, was zu seinem Besten wäre, weswegen andere vermeinen, seiner Besserung notfalls auch gegen seinen Willen nachhelfen zu müssen - eine Haltung, das keineswegs allein in der christlichen Kirche zu finden ist. Zwingender als durch den Ausschluß von kultischen Handlungen oder die damit verbundene soziale Diskriminierung ließen sich die von der parochia im Namen Christi aufgestellten Gebote oder Satzungen dort durchsetzen, wo über den Abtrünnigen zusätzlich ein wirtschaftlicher Boykott verhängt werden konnte. Je geschlossener eine Gemeinde war, das heißt, je weniger Ungläubige unter ihr lebten, und je mehr die Christen am Ort darauf angewiesen waren, den Lebens- und Wirtschaftsraum miteinander zu teilen, desto unausweichlicher war ein jeder dem normativen Druck der Gemeinschaft ausgeliefert. Sobald sich die wichtigsten Produktionsmittel und sozialen Schlüsselpositionen - in agrarischen Gesellschaften hieß dies vor allem der Grund und Boden - in der Hand der christlichen Glaubensgemeinschaft oder ihrer Mitglieder befanden, beherrschte diese nicht nur die sozialen Binnenbeziehungen im Siedlungsgebiet, sondern auch einen Großteil der rechtsgeschäftlichen Außenbeziehungen der dort Ansässigen. Ein Übriges tat der Taufzwang, durch den die nachgeborenen Generationen ungefragt in die sich zur Rechtsgemeinschaft entwickelnde Glaubensgemeinschaft eingebunden wurden. Spätestens wenn jeder, der neu zuziehen wollte, Christ sein oder werden mußte, war das Wohnsitzprinzip durchgesetzt und es eröffnete sich die Möglichkeit, die in der Religion begründeten Normen für allgemeinverbindlich zu erklären und die daraus hergeleitete Gewalt zu einer bedingt öffentlichen, das heißt im gesamten Siedlungsgebiet gültigen zu erklären. Ab diesem Zeitpunkt konnten die aus der religiösen Gemeinschaft Ausgeschlossenen auch an der Wahrnehmung bestimmter bürgerlicher Rechte gehindert werden 7 , und nicht umsonst strebten die jungen christlichen Gemeinden danach, wie vor ihnen auch die jüdischen, eine Sondergerichtsbarkeit auszubilden und ihre Mitglieder davon abzuhalten, Glaubensbrüder vor fremde Gerichte zu ziehen 8 .

6 G.A.Benrath, Buße (TRE 7), S. 452ff.; Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 776ff.; P.Hinschius, System, Bd.4, S. 651 ff.; Bd.5, S. 1 ff; G.May, Bann (TRE 5), S. 170-182. 7 Zu den Folgen nach bürgerlichem Recht: P.Hinschius, System, Bd.5, S. 32ff.; G.May, Bann (TRE 2), S. 173, 175 ff; F. Merzbacher, Bann, kirchlich (HRG 1), Sp.307; zum Bann im Alten Testament, zum Synagogenbann und zum Bußverfahren der frühen Kirche: H. Vorgrimmler, Buße und Krankensalbung, S. 10 ff; Einblick in die sozialen Folgen der Exkommunikation im Hochmittelalter bietet: K. Leyser, Canon Law and Knighthood, v. a. S. 555 f., 562; zur politischen Nutzung von Bann und Interdikt und zur Gegenwehr des Kirchenvolkes in der Innerschweiz im 14. Jh. siehe P. Blickle, Antiklerikalismus. In diesem Kontext ist auch die Reichweite der bannrechtlichen Maßnahmen zu beachten, die M. A.Zurowski, Haftung der Korporation, darlegt. - Zum Friedensbann der Gottesfrieden: H.-W.Goetz, Kirchenschutz, S. 209ff.; zum weltlichen Bannrecht: E.Kaufmann, Bann, weltlich (HRG 1), Sp.308ff. 8 J. Mietke, Autorität (TRE 5), S. 23; Konstantin gewährte den Bischöfen Schiedsgerichtsbarkeit in Zivilsachen und entsprach damit dem in I. Kor, 6, 1-6, ausgesprochenen Grundsatz, Glaubensbrüder nicht vor einen heidnischen Richter zu ziehen: W. M.Plöchl, Geschichte, Bd. 1, S. 85 f.

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Immerhin war die Macht der parochia über ihre Mitglieder, selbst in geschlossenen, durch ökonomische und soziale Zwänge festgefugten Gemeinden, sichtbar begrenzt: Der Dissident konnte das Siedlungsgebiet verlassen, um sich andernorts niederzulassen. Er konnte vor den ordentlichen Gerichten die Herausgabe seines privaten Eigentums einklagen und - je nach den Gesetzen des Landes - seine Familie veranlassen, ihm zu folgen. Grundsätzlich wird man sagen können, daß die Verquickungen, die sich daraus ergaben, daß die christliche Gemeinde nach dem Willen der Evangelien und der Apostel nicht nur Glaubens-, sondern auch Lebensgemeinschaft sein sollte und wollte, umso vielfaltiger und unauflöslicher wurden, je mehr der Einzelne auch in den Dingen des alltäglichen Lebens auf den Nachbarn, den Genossen, den Bruder angewiesen war. Wie überall brachte äußere Abhängigkeit innere Unfreiheit mit sich, doch wäre zu bedenken, daß Bindungen wie die beschriebenen zwar nicht weniger zwingend waren als andere Formen der Herrschaftsausübung, aber dennoch anderer Natur als jene, die das Kirchenvolk in späterer Zeit mit seinen Herren und Hirten verband.

1.2 Der Bischofsbann und die Reichskirche War es den Gemeinden der frühchristlichen Zeit noch möglich, ihre inneren Angelegenheiten nach eigenem Dafürhalten weitgehend selbst zu regeln, so wurde das Satzungsrecht, auf das die innere Ordnung der ecclesia gegründet sein sollte, von den Nachfolgern der Apostel weder der Gemeinschaft der Christen insgesamt noch den einzelnen Gemeinden zugebilligt. Vielmehr vertraten diese die Meinung, das Setzen einer christlichen Ordnung sei ihre Sache, weil sie in der unmittelbaren Nachfolge Christi stünden. Aus dem persönlichen Auftrag Christi an seine Jünger, zu taufen und zu lehren, das eucharistische Mahl zu halten und Dienste der tätigen Nächstenliebe zu erfüllen, erwuchs so, nachdem die Lebenszeit jener verstrichen war, die Gemeinschaft der Christen stetig wuchs und die Gemeinden festere Gestalt annahmen, das kirchliche Amt. Darüber, daß die Taufe als Legitimation für die Ausübung eines kirchlichen Amtes nicht genügte, scheint schon früh Einigkeit bestanden zu haben. Uneinig hingegen war man sich noch lange darüber, was überhaupt oder was je nach Art der erstrebten Amtsfunktion zur Taufe hinzutreten müsse. Die einen behaupteten, eine charismatische Berufung, die anderen wollten eine Beauftragung durch die Gemeinde, manche setzten auf die Benennung und Einweisung durch die Apostel und ihre Nachfolger, diskutiert wurden außerdem alle denkbaren Kombinationen9. Eng mit dem Problem des Amtserwerbs verbunden war die Frage nach Gewicht und Bedeutung der Aufgaben, die Christus denjenigen aufgetragen hatte, die in seine Nachfolge traten. Bald schon zeigte sich, daß man geneigt war, zu unter9 R.P. C.Hanson. Amt V (TRE 2), v.a. S. 542 f.; J. Roloff, Amt IV (TRE 2), v.a.S. 521 ff.

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scheiden zwischen dem Amt und dem Dienst. Wer im Dienst der Gemeinde stand, hatte vornehmlich Pflichten, wer hingegen ein Amt in der Gemeinde ausübte, hatte gegenüber den Glaubensbrüdern bestimmte, unter Umständen auch mit Zwangsgewalt verbundene Rechte. Als der Diskurs sich ausweitete, entstand eine Rangordnung der Ämter und Dienste innerhalb der Kirche 10 , aus der schließlich jenes Modell einer Ämterpyramide hervorging, an deren Spitze der römische Bischof (Papst) stand. Bis zur Ausbildung des Primats des römischen Stuhles allerdings galten die Bischöfe als gleichberechtigt, und ein jeder besaß aufgrund seiner apostolischen Nachfolge umfassende Autorität und von daher innerhalb seiner Kirche und Diözese eine monokratische Stellung". In ihr Amt gelangten diese Bischöfe nicht mehr durch die Wahl des Volkes, sondern durch die Weihe und die mit dieser untrennbar verbundenen Übergabe eines vakant gewordenen bischöflichen Stuhles (cathedra). Beide Handlungen waren eng aufeinander bezogen (ordinatio) und konnten nur durch die Hand derjenigen vorgenommen werden, die selbst die Bischofswürde besaßen. Die bischöfliche Amtsgewalt stützte sich auf die aus dem Auftrag der Apostel hergeleitete potestas ordinandi et docendi, und war ebenso wie dieser grundsätzlich universell zu verstehen. Doch konnte ein Bischof seine potestas, wo sie als ein konkretes Weisungsrecht gegenüber dem Kirchenvolk und dem Klerus in Erscheinung trat, keineswegs gegenüber der ganzen Christenheit oder dem gesamten Klerus (ecclesia universalis) zur Wirkung bringen, sondern jeweils nur gegenüber dem Teil der ecclesia et christianitas, für den die ihm verliehene cathedra gemäß der Termination seines Amtssprengeis oder Bannbezirks zuständig war 12 . Für die Definition des einem bischöflichen Stuhl zugehörenden Amtsbereiches können theoretisch drei Kriterien in Anschlag gebracht werden: 1. Die persönliche Bindung, die zwischen dem Inhaber der potestas ordinandi (Tauf- und Weihegewalt) und denjenigen entstand, die diese Sakramente empfingen. 2. Die Ortsbindung, die sich daraus ergab, daß die cathedra in eine Kirche und die Kirche an eine Gemeinde gebunden war. 3. Der Anspruch, die potestas episcopalis solle wie die Macht Gottes die Schöpfung an sich betreffen. Zu 1. ist anzumerken, daß der Einfluß patriarchalischen Denkens dazu führte, daß die Verantwortung, die dem durch Taufe und Weihe Initiierten gegenüber der christianitas oder der ecclesia erwuchs, nicht unmittelbar auf diese rückbezogen werden konnte, sondern als der Hierarchie geschuldet galt. Der Bischof konnte aus dieser Verantwortlichkeit des Täuflings und Klerikers eine quasi väterliche Strafgewalt und schließlich eine unbedingte Gehorsamspflicht der Kirchenvolkes wie des minderberechtigten Klerus herleiten.

10 Aufschlußreich zum Wandel der Hierarchie der ordines und Ämter: R. E. Reynolds, Ordinals of Christ; vgl. dazu die Ausführungen über Funktion und Wandel der Predigt als Amtsauftrag und missio bei R.Zerfaß, Laienpredigt, v.a.S. 35 ff., 52 f f , 108 ff., 143 ff. 11 J.Neumann, Bischof I (TRE 6), S. 6 5 4 - 6 8 2 ; L.Ott, Weihesakrament, S. 2 IT. 12 J. Neumann, Bistum (TRE 6), S. 6 9 7 - 7 0 9 .

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Zu 2. ist zu sagen, daß die kirchlichen Ämter und Dienste prinzipiell an die necessitas gebunden waren. Ohne daß eine Gemeinde bestand und bestimmter Kulthandlungen und Dienstleistungen bedürftig war, konnten weder Priester noch Diakone geweiht und bestellt werden. Allerdings galt diese Ortsbindung ursprünglich nur für den Altar- und Gemeindedienst, derweil das von den Aposteln und ihren Nachfolgern versehene Lehramt davon freigestellt war. Nicht nur Paulus war über Land gezogen, um Gemeinde nach Gemeinde zu besuchen und bei der rechten Lehre zu halten. Viele Prediger der ersten und zweiten Generation, die sich nicht auf einen apostolischen Auftrag, sondern auf ihre charismatische Begabung beriefen, hatten es ihm gleichgetan und so nicht allein die Lehrtradition, sondern auch die Autorität der Kirche im Hinblick auf ein einheitliches Satzungsrecht gefährdet. Nachdem die Lehrgewalt mit der cathedra verbunden und diese einer bestimmten Kirche zugewiesen worden war, war auch das Lehramt und das von dort hergeleitete Recht, zu richten, zu bessern und zu strafen quasi «fundiert», also wie der priesterliche Altar- und Gottesdienst an einen Ort und damit an einen bestimmten Teil des Kirchenvolkes und des Klerus gebunden 13 . Zu 3. ist festzustellen, daß sich zunächst zwei Ursachen dafür in Anschlag bringen lassen, daß zur personalen und lokalen Bindung als drittes Kriterium für die Definition der Reichweite der potestas episcopalis ein Bannbezirk (districtus) oder Territorium trat. Zum einen galt es - im Hinblick sowohl auf die Objekte bischöflicher Herrschaft als auch auf die konkurrierende Gewalt der Amtskollegen - , rechtsfreie Räume zu schließen und Kompetenzstreitigkeiten, die sich aus der Mobilität der Gläubigen und des Klerus ergeben konnten, zu vermeiden. Zum anderen waren dem kirchlichen Recht nicht allein Personen unterworfen, sondern auch deren liegendes Gut und schließlich als Teil der Schöpfung Gottes «das Land» überhaupt, auch wenn es erst der Wildnis oder eben dem Heidentum abgerungen werden mußte. Schließlich dürfte die Privilegierung der cathedra zu Rom durch die römischen Kaiser die Abgrenzung der bischöflichen Bannbezirke gefordert haben. Denn dadurch, daß die Gerichtsbarkeit des römischen Bischof in zivilrechtlichen Streitigkeiten anerkannt worden war, mußten die anderen Bischöfe Sorge tragen, daß das ihnen unterworfene Kirchenvolk nicht vor dem römischen Stuhl Recht suchte. Allerdings wirkte diese Privilegierung über diesen hinaus, weil sie auch die potestas episcopalis als solche forderte. Hatte doch die weltliche Obrigkeit der kirchlichen Gewalt hier ein Mittel in die Hand gegeben, mit dem diese nicht allein auf die religiösen, sondern auch auf die bürgerlichen Angelegenheiten derjenigen einwirken konnte, die ihr durch Taufe und Weihe unterworfen waren. Mit anderen Worten, die bischöfliche Gerichtsbarkeit (iurisdictio) konnte sich über die Person hinaus auch auf das Hab und Gut von Kirchenvolk und Klerus ausweiten' 4 . Die einer so privilegierten ecclesia cathedralis unterworfenen Gemeinden waren nicht länger parochia in dem Sinne, daß sie als Personenverband mit eigener innerer Ordnung unter fremdem Recht leben mußten, sondern wurden Teil eines zwar immer noch besonderen, aber obrigkeitlich anerkannten Rechtskreises oder Rechtsbezirks15. 13 J.RolofT, Amt IV (TRE 2), S. 514 ff". 14 J. Neumann, B i s c h o f l (TRE 6), S. 658. 15 Ch. Möller, Gemeinde I (TRE 12), S. 316 325; S.Zorell, Parochialsystem, v.a. S. 88 ff.; siehe die Literatur oben (Teil B. Anm. 2).

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Was für die Gemeinde auf der einen Seite Absicherung bedeutete, brachte ihr auf der anderen Seite einen Verlust an tatsächlicher Autonomie und an kirchenpolitischem Gewicht ein. Denn solange nur innere Geschlossenheit und materielle Unabhängigkeit, das heißt Eigeninitiative, die parochia gegen Angriffe von außen schützen und ihren Nachkommen ein Leben und Überleben im christlichen Glauben hatte sichern können, war sie auch politisch eine Stütze der ecclesia gewesen. Wo sie nicht nur der bischöflichen Seelsorge unterworfen war, sondern auch Objekt der bischöflichen Jurisdiktion und Administration wurde, konnte christliches Recht und bischöfliches Gericht in bürgerlichen Belangen nicht nur ohne ihre Hilfe, sondern auch gegen ihren Willen zur Geltung gebracht werden. In eine solche Untertänigkeit kam das Kirchenvolk, nachdem das Christentum zur römischen Staatsreligion erhoben worden war 16 . Der Beitritt des Einzelnen zur Gemeinde und damit auch seine Unterwerfung unter die Gebote Gottes, die Satzungen der Kirche und das Gericht des Bischofs verlor den Charakter von Freiwilligkeit. Nicht persönlicher Entschluß, soziale Bindungen oder die mehr oder weniger freie Wahl des Wohnsitzes führten zur Leistung des Taufversprechens, Christ zu sein war vielmehr eine unausweichliche politische Pflicht. Die Gemeinde mußte sich nicht mehr aus eigener Kraft, auf der Treue ihrer Mitglieder zum Glauben und der christlichen Erziehung ihrer Kinder aufbauen, sondern umfaßte einfach sämtliche in einem bestimmten Siedlungsraum oder Verwaltungsbezirk lebenden Staatsbürger. Wo die parochia zum Baustein staatskirchlicher Verfassung wurde, hatte der Begriff seinen Sinn quasi umgekehrt: Nicht der Christ lebte freiwillig unter fremdem Recht, sondern viele mußten unfreiwillig unter christlichem Recht leben 17 . Die Kirche lehrte, daß die Taufe unauflöslich sei (character indelebilis), und schloß daraus, daß sie jeden einmal Getauften auch gegen seinen Willen immer weiter ihrem Satzungsrecht unterwerfen könne, selbst dann noch, wenn sie ihn exkommuniziert hatte 18 . Der Taufzwang für Kinder war geeignet, diese Unterwerfung bis in die Ewigkeit fortzuschreiben, und die weltlichen Herren standen nicht lange an, sich als Schutzherren der Kirche (defensor ecclesiae) an dieser Unterwerfung zu beteiligen und ihren Nutzen daraus zu ziehen. Obgleich sie sich in dieser Rolle verpflichten mußten, nunmehr christliche Normen zum Maßstab ihres politischen Handelns zu machen, hatte das Kirchenvolk weniger denn je eine Gewähr dafür, daß positives Recht tatsächlich an göttlichem Recht ausgerichtet wurde. Vielmehr konnte das Bündnis zwischen kirchlicher Autorität (auctoritas episcopalis) und obrigkeitlicher Macht (potestas imperialis) leicht zu seiner Entmündigung führen, wie ja überhaupt ein kraft Herrschaft über Land und Leute verhängter Religionsbann nur dann vorstellbar ist, wenn sich die Inhaber der weltlichen und der geistlichen Gewalt darüber einig sind, daß die Bevölkerung selbst in Sachen Religion weder eine eigene Stimme und noch ein eigenes Urteil haben könne oder solle.

16 J.Mietke, Autorität (TRE 5) S. 23; G. Holtz, Parochie, S. 11 f. 17 J.Mietke, Autorität (TRE 5), S. 18ff. 18 N M . H ä r i n g . Character; B. Neunheuser. Taufe und Firmung. S . 4 1 ; L.Ott. Weihesakrament. S. 29.

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Wer unter solchen Bedingungen vom geistlichen Richter wegen eines Vergehens gegen den Glauben und die christliche Ordnung oder einer Verletzung seiner Christenpflicht verurteilt wurde oder mit der Kirche und ihren Amtsträgern wegen güterrechtlicher Angelegenheiten in Streit geriet, bekam es immer auch mit dem defensor ecclesiae und folglich mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit zu tun. Offener Widerstand gegen eine solche Staats- oder Obrigkeitskirche war ausgeschlossen. Er galt als Ketzerei und Aufruhr, als Bruch des kirchlichen und des weltlichen Friedens, als Beleidigung Gottes und der Obrigkeit 19 . Wegen der Unauflöslichkeit des Taufversprechens war es üblich geworden, diejenigen, über die der Kirchenbann verhängt war, nicht der Vertreibung auszusetzen, sondern ihre Besserung zu erzwingen, indem man sie bis zur Ableistung bestimmter Bußen aus der geistlichen Gemeinschaft ausschloß. Ein Mittel, das durch den Entzug der bürgerlichen Rechte verschärft werden konnte 20 . Der Auszug aus der parochia, der als Auszug aus dem Territorium hätte erfolgen müssen, kam für den Gebannten also nicht in Frage. Was blieb, war die Flucht. Auswandern konnte ohnehin nur, wer nach bürgerlichem Recht Freizügigkeit besaß. Wer aber aus religiösen Gründen auswandern wollte, galt der Kirche als Abtrünniger. Der Dissident, der sich dem Religionszwang entziehen wollte, tat gut daran zu gehen, solange er öffentlich unbescholten war. Doch machte dies nur dann Sinn, wenn er hoffen konnte, andernorts nicht allein eine neue Existenz, sondern auch Zustimmung oder zumindest Toleranz für seine religiösen Ansichten zu finden. Aber auch für die Freiheit der Kirche blieb die Verstrickung der geistlichen mit der weltlichen Gewalt nicht ohne Folgen. Denn so wie sich die potestas imperialis in den Dienst der Kirche stellte, indem sie es unternahm, alle Einwohner ihres Herrschaftsgebietes dem Glauben und dem Recht der katholischen Kirche zu unterwerfen, so mußte diese ihre auctoritas divina in den Dienst der Inhaber der weltlichen Herrschaft stellen, indem sie erklärte, daß diese durch den Willen Gottes (auctoritas dei) eingesetzt und berufen seien, den wahren Glauben und die wahre Kirche zu schützen und Sein Volk zu regieren 21 . Wenn Herrschaft aber gottgewollt und Kirchenschutz ihr höchster, ja heiliger Auftrag war, dann konnten die Inhaber solcher Herrschaft die Auffassung vertreten, daß sie auch gegenüber den kirchlichen Amtsträgern eine höhere Gewalt (auctoritas imperialis) besäßen, die es ihnen erlaubte, innerhalb des von ihnen kontrollierten Herrschaftsgebietes die äußere Gestalt der Kirche nach ihren Vorstellungen zu formen, in deren innere Angelegenheiten hineinzuregieren und selbst in Glaubensfragen Partei zu ergreifen. Die zwangsweise Christianisierung eines Herrschaftsgebietes konnte allerdings nur dann erfolgreich sein, wenn legislative und judikative Entscheidungen konsequent durch entsprechende administrative und exekutive Maßnahmen in die Praxis umgesetzt werden konnten. Dies gelang am ehesten dort, wo die kirchlichen und

19 G. May, Bann (TRE 5), S. 172. 20 Ebd., S. 174ff.; W.Trusen, Forum internum; D.Lambrecht, Wroegingsprocedure; G.A.Benrath, Buße V (TRE 7), 455 ff". 21 J.Mietke, Autorität (TRE 5), S. 18ff.

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politischen Verwaltungsinstanzen den jeweils selben personellen oder räumlichen Wirkungskreis abdeckten - und zwar bis hinunter auf die Ebene der Gemeinde. Unweigerlich mußte, wo das Mittel der Überzeugung dem der Gewalt weichen sollte, die Exekutive den Ausschlag geben, doch war es unverzichtbar, dieser auch den Weg zu bereiten 22 . Die römischen Kaiser hatten sich zur Durchsetzung ihrer Kirchenpolitik nicht allein auf einen militärischen, sondern vor allem auf einen administrativen Apparat stützen können. Die Karolinger hatten einen solchen nicht. Sie gedachten vielmehr, das Recht und die Ordnungsstrukturen der römisch-katholischen Kirche zu nutzen, um ihre äußere und innere militärische Überlegenheit in politische Macht umzumünzen und so ihre Stellung auf Dauer zu festigen. Über die defensio ecclesiae ließ sich das in der bischöflichen Gerichtsbarkeit angelegte Territorialitätsprinzip in Anspruch nehmen, um trotz der heterogenen Rechtsverhältnisse im Innern eine umfassende Oberhoheit über das ganze Reich zu errichten. Auch die Renaissance, welche die römisch-katholische Kirche unter den Karolingern erlebte, hatte ihren Preis. Nicht anders als die spätrömischen Kaiser griffen auch die karolingischen Könige in der Funktion als defensores ecclesiae massiv in die kirchliche Rechtsetzung ein, und zwar mit dem Anspruch auf Geltung ihrer vom fränkischen Recht geprägten Gesetzgebung für die gesamte katholische Kirche. Der Rückgriff auf das eigene, das fränkisches, Recht war unverzichtbar, da die Königswürde und die Stellung der engeren Gefolgschaft der Karolinger auf diesem ruhte und zudem ein großer Teil des karolingischen Imperiums außerhalb des römischen Rechtsgebiets lag. Schließlich konnte ein jeder defensor ecclesiae der Kirche nur im Rahmen der ihm zu Gebote stehende Mittel Schutz bieten. Die Kirche mußte sich daher, auch wenn sie eher bestrebt war, am römischen Recht festzuhalten, in den neuen Verhältnissen einrichten - jedenfalls solange sie schutzbedürftig war und überdies keine bessere Wahl hatte 23 .

1.3 Der Pfarrbann Ein Kernstück der karolingischen Kirchenreform bildeten jene Verordnungen, aus denen sich das partikulare Bannrecht entwickelte, das die kirchlichen Strukturen im Reich noch über das späte Mittelalter hinaus prägte. Die Verselbständigung von Landkirchen und ihre rechtliche Abgrenzung gegenüber der Kathedrale kannte zwar schon die römisch-gallische Kirche, und Pfarrsprengel wurden auch in anderen Rechtsräumen errichtet, doch bildeten sich im

22 G.May, Bann (TRE 5), S. 176ff.; D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 5 0 f f . , 61 ff.; P.Hinschius. System, Bd.5, S. 140 ff., 213 ff., 222 ff.; zu den Folgen des Huldverlustes: J.Weitzel. Dinggenossenschaft, S. 1169fT.; zu den Folgen der Reichsacht: F.Battenberg, Reichsacht und Anleite. 23 Ebd., S. 20 ff.; J. Neumann. Bistum (TRE 6), S. 697 ff.

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Recht der Kirche des Heiligen Römischen Reiches Besonderheiten aus, an denen auch die spätere Kanonistik nicht mehr vorbei konnte. Ganz allgemein gesprochen, zeichnete sich der karolingische Pfarrbann dadurch aus, daß er bestimmte Rechte, die nach Ansicht der Amtskirche dem Bischof vorbehalten sein sollten, ein für allemal von der bischöflichen cathedra an den Altar einer Landkirche verlagerte, dafür aber im Gegenzug von dieser Kirche, ihrem Klerus und ihrem Kirchenvolk ausdrücklich die Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit und oberste Aufsichtsgewalt des Bischofs verlangte 24 . Um dies in der Praxis durchzusetzen, bedurfte es einer Reihe zusätzlicher Maßnahmen im Bereich von Jurisdiktion und Exekutive, auf die gesondert einzugehen ist. Durch die Einführung eines Pfarrsystems konnte einerseits die Ausbildung zahlreicher Kleinbistümer, wie man sie in Italien findet, verhindert werden, andererseits ließ sich vermeiden, daß sich in den Diözesen, die als kirchliche Gerichtsbezirke in das System karolingischer Herrschaft integriert waren oder werden sollten, exemte Gebiete wie Krebsgeschwüre ausbreiteten. Die für die Zentralgewalt negativen Auswirkungen solcher Immunitäten war vor allem von den großen Klöstern her bekannt und sollte unterbunden werden. Im folgenden wird in mehreren Schritten zu zeigen sein, wodurch sich das von der karolingischen Gesetzgebung geprägte Pfarrbannrecht auszeichnete, wer in welcher Weise daran teilhatte oder teilhaben konnte und in welcher Beziehung die davon Betroffenen respektive die davon Begünstigten zueinander standen.

1.3.1 Das «gebannte Recht» Unter einem «gebannten Recht» ist ein Recht zu verstehen, zu dem deijenige, dem es verliehen wird, nicht einfach zugelassen ist, sondern auf dessen Ausübung er an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, gegenüber bestimmten Personen oder bei bestimmten Gelegenheiten - einen exklusiven Anspruch erheben kann. Solche Rechte begegnen noch in der Gegenwart etwa als Beschränkung der Niederlassungsfireiheit für bestimmte Berufe wie den des Notars, bis vor kurzen betrafen solche Beschränkungen auch Ärzte, Apotheker und Anwälte, bis zur Einführung der Gewerbefreiheit Anfang des 19. Jahrhunderts auch Handwerk und Handel. Geht man davon aus, daß besondere Fähigkeiten, deren es zur Ausübung eines gebannten Berufs bedurfte, auch schon bei der allgemeinen Zulassung nachgewiesen werden mußten, dann wird klar, daß das Recht auf absolute Exklusivität nicht in Sachkundigkeit begründet war, sondern seine Ursache anderswo hatte.

24 Zu den bischöflichen Vorbehaltsrechten und ihrer Ausübung siehe N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt; S.Zorell, Parochialsystem, S. 76 fT., 260 ff.; P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 38 ff.; Bd. 4, S. 316; siehe auch: M. Heinzelmann, Bischof und Herrschaft; W. Hartmann, Bischof als Richter. Vgl. unten, Teil B, Anm. 35.

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Bemerkenswert ist, daß Bannrechte nicht nur Personen, sondern auch Orten beziehungsweise Gebäuden zugewiesen werden konnten oder sogar fest an diese gebunden waren. Bis in unsere Zeit haben sich vereinzelt sogenannte Realkonzessionen erhalten, bei denen das Recht, etwa eine Schnapsbrennerei oder eine Gastwirtschaft zu betreiben, am Haus oder am Grundstück hängt. Eine Ortsbindung mußte ein Bannrecht immer dann besitzen, wenn seine wirksame Ausübung von der Qualität des Ortes selbst oder eines darauf errichteten Gebäudes oder von beidem abhängig war. Wassermühlen konnten nicht auf dem Berg betrieben werden, Kirchen, die der Seelsorge dienen sollten, nicht in der Wildnis. Das heißt, der Ort war in solchen Fällen unverzichtbarer Bestandteil der Konzession respektive des Privilegs. Wenngleich auch im Hinblick auf die Örtlichkeit eine besondere Eignung vorausgesetzt wurde, so genügte doch deren Nachweis allein weder, um ein eigenes Bannrecht zu begründen, noch um ein bestehendes zu durchbrechen. Was beim Vergleich von Kirchen mit Mühlen nicht übersehen werden darf, ist die Tatsache, das die Kirche nicht nur nach Lage und Bauweise für ihren Zweck geeignet, sondern zudem als heiliger Ort anerkannt sein mußte. Zum heiligen Ort konnte sie durch die Präsenz eines Heiligen oder durch die Weihe werden, wobei zu zeigen sein wird, daß die Kombination von beidem, die sich als Norm durchsetzen sollte, nicht allein religiöse und damit psychische, sondern vornehmlich auch rechtliche Bedeutung hatte.

1.3.2 Pfarrbann und Pfarrzwang In der Literatur spricht man im Hinblick auf das Bannrecht der Pfarrkirchen auch vom «Pfarrzwang», ein Ausdruck, der leicht so verstanden werden kann, als habe sich das Bannrecht der Pfarrkirche in den Forderungen erschöpft, die der Pfarrer gegenüber der Gemeinde geltend machen konnte 25 . Daß dem nicht so war, ergibt sich aus dem folgenden: Zum Ersten stellte der Pfarrbann - weitaus klarer als der Bischofsbann, der nach der Abspaltung des presbyterialen Auftrags überwiegend Elemente der Herrschaft in sich trug - ein Rechtsverhältnis auf Gegenseitigkeit fest, denn er unterwarf nicht nur die Gemeinde einem Zwang, sondern auch den Pfarrer. Wer das Pfarramt annahm, verpflichtete sich nicht allein, Gott und dem Altar zu dienen und die christliche Lehre und die Satzungen der Kirche unverfälscht zu vermitteln, sondern auch zum sakramentalen, seelsorgerlichen und karitativen Dienst an der Gemeinde, der soweit ging, daß der Pfarrer versprechen mußte, dem Kirchenvolk in aller Not beizustehen und es auch bei großer äußerer Gefahr nicht

25 Zum Pfarrzwang und zur Pfarrorganisation: U.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 4 0 2 f f . ; Richter Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 4 6 2 ff.; F. X. Künstle, Pfarrei; S.Zorell, Parochialsystem; N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt; B. H.Moser, Pfarrei; H. Bahrenberg, Pfarreien im Bistum Paderborn; H. Hoffmann, Pfarrorganisation Taubergau; L. Pfleger, Entstehung der elsässischen Pfarreien; ders., Geschichte des Pfarreiinstituts; W. Metz, Pfarrorganisation Althessens; D. Krauss, Pfarrorganisation in der Ortenau; F. Grass, Pfarrei und Gemeinde.

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zu verlassen. Um seinem Auftrag gerecht zu werden, mußte der Pfarrer jedenfalls am Ort wohnen (Residenzpflicht). Zu diesem eher praktischen Grund trat, wie oben ausgeführt, hinzu, daß das Bannrecht nicht etwa dem Pfarrer persönlich gehörte, sondern an eine bestimmte Gemeinde, einen bestimmten Altar und eine Kirche gebunden war. Jenseits seiner Dienstpflichten war der Pfarrer auch gehalten, seinen Lebenswandel an den Geboten Christi und der Kirche auszurichten, nicht allein, um Vorbild zu sein, sondern auch um zu verhüten, daß der über ihn hereinbrechende Zorn Gottes die ihm anvertraute Gemeinde ins Unglück brachte 26 . Zum Wesen des Bannrechts gehörte es, daß die Gemeinde die Einhaltung dieser Verpflichtungen vom Pfarrer verlangen und auch gegen ihn einklagen konnte. Darauf wird später näher einzugehen sein 27 . Zum Zweiten definierte der Pfarrbann nicht allein Rechte und Pflichten der Gemeinde und ihres Pfarrers, sondern betraf auch den Bischof. Indem er nämlich den Bischofsbann einschränkte und zugleich dessen Inhaber zum Schutz des in Form der Pfarrei geschaffenen, eigenständigen Rechtskreises verpflichtete. Eigenständigkeit und Dauer erlangte der Pfarrbann dadurch, daß die Zuweisung bestimmter, der auctoritas oder potestas episcopalis zugehöriger Befugnisse an den Priester einer Pfarrkirche nicht mehr in der Form einer bischöflichen Delegierung, die nach Belieben widerrufen werden konnte, oder aufgrund einer von Mal zu Mal zu treffenden persönlichen Vereinbarung zwischen dem Bischof und dem Priester erfolgte, sondern durch eine regelrechte Amtseinsetzung (ordinatio)2*. Diese Ordination erfolgte in derselben Weise wie die des Bischofs, weswegen man ihr durchaus dieselbe Wirkung zuschreiben kann - wenngleich auf einer minderen Ebene: Ebenso wie der Bischof sein Amt nicht allein mit seiner Berufung oder Weihe, sondern erst durch die Übertragung der cathedra erlangte, erwarb der zum Priester Geweihte das Pfarramt erst durch die Übertragung eines entsprechend privilegierten Altars. Privilegiert wurden ein Altar (und die zu seinem Schutz errichtete Kirche) dadurch, daß sie anstelle der cathedra (und der Bischofskirche) als Ort bestimmter kultischer Handlungen ausgewiesen wurden 29 . Für den Status des Altars und der Kirche wie auch des Pfarrers war von maßgeblicher Bedeutung, daß diese kulti26 Zu den Pflichten des Pfarrers nach dem im Sendhandbuch Reginos tradierten karolingischen Recht: W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 50ff.; vgl. auch S.Zorell, Parochialsystem, S. 266ff 27 Siehe Teil B, Kap. 1.4. 28 Zur ordinatio: L.Ott, Weihesakrament; V.Fuchs, Ordinationstitel; P.Hinschius, System, Bd. 1, S. 2 ff., 104ff.; zur Besetzung der Kirchenämter: ebd., Bd. 2, S. 474 ff.; zur Ausscheidung von Rechten aus dem bannus episcopalis: N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt, u.a.S. 95ff., 107ff, 323ff.; zur «Altarsetzung»: R. Schneider, Wechselwirkungen, S. 151 ff., auch S. 147; zu den Verhältnissen an bischöflichen Kirchen: U.Stutz, Benefizialwesen, S. 66ff., 296ff. 29 P.Hinschius, System, Bd. 1, S. 63fT.; Bd.2, S. 262ff.; Bd.4, v.a. S. 404, auch S. 162ff„ 314, 326f., 398 ff.; Richter Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 350ff.; zu den je verschiedenen Rechten der tituli minores auch: S.Zorell, Parochialsystem, S. 263 ff., 285; W.Trusen, forum intemum, S. 118; K. Schäferdieck, Das Heilige in Laienhand, S. 127 ff. - Zum Begräbnisrecht, das eher der Kirche als dem Altar zuzurechnen wäre: U.Stutz, Eigenkirche, S. 33f.; H.E.Feine, Rechtsgeschichte, S. 162 f.; F. Pauly, Methodische Grundlagen, S. 107; zur Zehntregelung für Eigenkirchen mit Begräbnis in England: G. Constable, Monastic Tithes, S. 41; vgl. auch M. Borgolte, Stiftergrab und Eigenkirche.

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sehen Handlungen sakramentaler Natur waren und somit nicht in den Bereich der Dienste fielen, sondern als Amtshandlungen galten. Denn die sakramentale Handlung zeitigt, da sie der auetoritas divina entspringt, für die Gemeinde einerseits und für die im Auftrag Gottes wirkende Kirche respektive ihre Beauftragten andererseits, Rechtsfolgen, die sich, wo die Kirche als Institution, und insbesondere als obrigkeitlich gestützte Institution auftritt, im Ämterrecht oder eben wie in diesem Fall im Bannrecht spiegeln 30 . Nachdem sein eigenes Bannrecht betroffen war, galt die dauernde Verlegung von Amtsfugnissen von der cathedra an den Altar einer Landkirche als Vorbehaltsrecht des Bischofs. Da es sich dabei aber um eine Minderung auch der Rechte der cathedra handelte, durfte der an dieser amtierende Bischof derartige Privilegierungen nicht leichtfertig und ohne gute Gründe ins Werk setzen. Woraus umgekehrt aber auch folgt, daß er einer Landkirche den ihr einmal gewährten Status nur dann wieder entziehen konnte, wenn die von ihm oder seinen Vorgängern ehedem anerkannten Gegebenheiten nicht länger Bestand hatten 31 . Vergleichbares kann über den Status des Pfarrpriesters einer solchen Kirche gesagt werden: Dessen Einsetzung in die Rechte des Altars erfolgte auf Lebenszeit und war mit der ihm erteilten Weihe, die ihrerseits für unauslöschlich galt, untrennbar verbunden. Demnach konnte die Berufung eines Pfarrpriesters nur dann für nichtig erklärt werden, wenn er sich eine Verfehlung hatte zuschulden kommen lassen, die so schwer war, daß er des Amtes überhaupt für unwürdig befunden werden mußte 32 . Abgesehen von seinen Verpflichtungen gegenüber der eigenen chathedra und Kirche war der Bischof bei Entscheidungen hinsichtlich der Zuweisung von Bannrechten an neue Altäre und Kirchen (das heißt bei der Errichtung neuer Ämter innerhalb seiner Diözese) vor allem an seinen evangelischen Auftrag gebunden. Dessen Einlösung schuldete er aber nicht allein Christus, sondern auch den Gläubigen, denen er als Stellvertreter Christi auf Erden bei der Taufe zugesagt hatte, sich ihrer als Hirte anzunehmen und ihre Seelen dem ewigen Heil zuzuführen. Im Angesicht dieser doppelten Verpflichtung hätte der Anspruch des Kirchenvolkes auf ordentliche seelsorgerliche Betreuung schwerer wiegen müssen als das Recht der Kathedrale und des Bischofs auf Wahrung ihrer hergebrachten Privilegien. In der Praxis aber war die Durchsetzung dieses Anspruchs nicht immer

30 J. Roloff, Amt IV (TRE 2); P. Landau, Beneficium (TRE 5); U. Wolter. Amt und Officium; S. Zorell, Parochialsystem, S. 267 ff. - Zu den durch Religion gestifteten Rechtsverhältnissen siehe auch: A.v.Harnack, Dogmengeschichte, Bd. 3, S. 52 ff.; J. Alwast, Dialektik und Rechtstheologie, v. a. Teil 1 und 2.; P. Bierbrauer, Das Göttliche Recht. 31 Zur Errichtung von Ämtern: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 378 ff.; zur Aufhebung ebd., S. 459f.; zur Errichtung von Altären und Kirchen ebd., Bd.4, S. 398 ff., v. a. 404; siehe auch Teil B, Kap. 2. 32 Zum Entzug der Stipendien vor allem bei Ungehorsam: P. Hinschius, System, Bd. 4, 809; zum Entzug von Einkünften und zum Verlust des beneficium: ebd., Bd. 1, S. 141 ff.; zur stabilitas loci und zur subjektiven und objektiven Perpetuität des Amtes: ebd., Bd. 2, S. 366 ff.; zur Aufgabe des Amtes und zu Verlust und Abberufung: ebd, Bd. 3, 265 ff., 294 ff.; zu dem - seit dem 13.Jh. möglichen - Entzug des Amtes und der Einkünfte ohne Verlust der Weihe: D. E. Heintschel, Ecclesiastical Office, S. 74; siehe auch U.Wolter, Amt und Officium, S. 255; J.Roloff, Amt IV (TRE 2), S. 527; P.Landau, Beneficium (TRE 5), 581 f.; U.Wolter, Amt und Officium, S. 254ff.

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gewährleistet. Unter Verweis auf die necessitas populi konnten sich wohl am ehesten solche Gemeinden vom Bann der Kathedrale lösen, deren Siedlungen weitab von dieser lagen33. Zahlenmäßig große und vor allem politisch und ökonomisch starke Gemeinden konnten wohl einen gewissen Druck auf den Bischof ausüben, ihr Seelsorgerecht vor dem Metropolitan oder dem Papst einklagen oder sich an ihre Herren oder den Kaiser als defensor ecclesiae wenden. Zweifelsohne ließ sich die Ablösung am leichtesten dort erreichen, wo dem Bischof keine Kosten aus dem Bau, der Ausstattung oder der Erhaltung der Kirche entstanden. Wo unfreies und grundherrschaftlich gebundenes Kirchenvolk siedelte, waren es überwiegend dessen Herren, die die Kirchen errichteten. Nicht allein, weil sie das von ihnen abhängige Kirchenvolk pastorisiert wissen wollten, sondern vor allem deswegen, weil sie am Erwerb des Bannrechts für ihre Kirchen interessiert waren. Denn aufgrund ihrer Gewalt über den Ort, die Kirche und die Gläubigen konnten sie vielfach die aus der potestas episcopalis ausgeschiedenen Rechte entweder überhaupt vereinnahmen oder doch immerhin deren Ausübung überwachen. Allerdings ist anzumerken, daß der Rechtsgewinn, der sich aus einer Abpfarrung ergab, selbst im Fall grundherrlicher Eigenkirchen nicht notwendigerweise allein bei deren Herren lag, denn mit dem Altar, der Kirche, dem Kirchenherrn und dem Priester wurde immer auch die Siedlungsgemeinschaft privilegiert. Zum einen konnte sie sich in allen Dingen, die von dem der Ortskirche zugestandenen Bannrecht abgedeckt wurden, der unmittelbaren Amtsgewalt des Bischofs entziehen34. Man könnte sagen, die Ortsgemeinde lebte dann wiederum nach eigenem (partikularem) und nicht nach dem im Bistum gültigen (gemeinen) Recht und war in diesem Sinne erneut parochia. Andererseits wich dieses parochiale Recht nicht grundsätzlich vom gemeinen kirchlichen Recht ab, sondern hatte im Gegenteil das Ziel, diesem ihm Rahmen der örtlichen Gegebenheiten zur Durchsetzung zu verhelfen. Ohne der bischöflichen Gewalt gänzlich unterworfen zu sein, konnte die parochia dieselbe in Anspruch nehmen, um ihre Rechte gegenüber dem Pfarrer und dem Kirchenherrn durchzusetzen und unter Umständen weitergehenden Einfluß auf die Angelegenheiten der ecclesia pamchialis zu nehmen. Zum anderen war, wenn für die Kirche am Ort ein Bannrecht erworben wurde, eigentlich ausgeschlossen, daß das ansässige Kirchenvolk unversehens unter den Bann einer fremden Pfarrkirche fiel, auf dessen Pfarrer oder Herrn es unter Umständen weitaus weniger Einfluß würde nehmen können.

1.3.3 Pfarrbann und Reichskirche Der Pfarrbann bezog - nicht anders als der Bischofsbann - seine Legitimation aus der personalen Bindung, die zwischen der Christengemeinde und ihrem Seelsorger bestand (parochia), der lokalen Bindung, die sich aus dem Verhältnis von besiedeltem und bewirtschaftetem Land, der Gemeinde, dem Altar und dem Priester ergab (ecclesia), und der territorialen Bindung, deren es bedurfte, um parochia und ecclesia als einen neben anderen definierbaren Teilen eines übergeordneten Ganzen

33 P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 388 ff.; bei Veränderung des Amtes: ebd., S. 396 f. 34 Vgl. Ch. Möller, Gemeinde I (TRE 12), passim.

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zu begreifen - nicht nur als Teil der Diözese, sondern als Teil der Reichskirche, deren Erhalt die ecclesia parochialis in ihrer Weise diente und deren Gesetzen sie trotz eigenen Pfarrbannrechts - oder gerade durch dieses - unterworfen war 35 . Als Element reichskirchlichen Rechts umfaßte der Pfarrbann ebensowenig wie der Bischofsbann allein Aufgaben der Seelsorge oder der Aufrechterhaltung einer inneren kirchlichen Ordnung, sondern trug auch den Interessen des Kaisers Rechnung, der als defensor ecclesiae überall präsent war, wo die bischöfliche iurisdictio wirksam wurde, und das Recht der ecclesia parochialis ebenso schützte wie das Recht der Kathedrale oder der römisch-katholischen Kirche überhaupt. Dieser Schutz konnte vom Kirchenvolk auch gegen die Interessen des Pfarrers, des Bischofs oder selbst des Papstes angerufen werden, denn der defensor ecclesiae war nicht allein der Amtskirche verpflichtet, sondern vor allem Christus und dem Neuen Bund, und daher schuldig, dem gesamten Kirchenvolk zu seinem «Gottesrecht» 36 zu verhelfen. Von daher bot er auch Schutz gegen die am Ort zuständige weltliche Obrigkeit oder den Kirchenherrn und konnte von der Gemeinde in diesem Sinne angerufen werden. Ein wesentliches Element des parochialen Bannrechts war demnach die Gewährleistung des Bannes selbst, das heißt die Sicherung des Rechts, das der ecclesia und der parochia durch die geistliche und weltliche Obrigkeit einvernehmlich zugestanden worden war. Kirchenschutz als solcher konnte des Einsatzes der Waffe oder des Rechts bedürfen - in beiden Fällen konnte es möglich oder sogar notwendig sein, daß sich die ecclesia und die parochia an den jeweiligen Maßnahmen nach Vermögen beteiligten. Auf dem Feld ordentlicher kirchlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit konnte eine solche aktive Beteiligung des Kirchenvolkes tatsächlich nur in dem Maße stattfinden, in dem dessen Angehörige an dieser ordentlichen Gerichtsbarkeit teilhatten. Das Mindeste war Gerichtsfahigkeit, das andere Ende der Skala war erreicht, wenn es selbst das betreffende Gericht besaß, also das Recht hatte, zu laden und das Urteil zu finden, zu gebieten und zu vollstrecken.

35 Zur räumlichen Abgrenzung der Pfarrsprengel im Hinblick auf das Zehntrecht: J. Semmler, Zehntgebot, passim; vgl. G. Holtz, Parochia, S. 11 f.; W. Hellinger, Pfarrvisitation, T. 1, S. 43 ff.; S. Zorell, Parochialsystem, S. 81 ff.; H.E.Feine, Rechtsgeschichte, S. 402 ff.; J.Neumann, Bistum (TRE 6), S. 689 f.; im Hinblick auf die Gerichtsbarkeit v.a. W.Metz, Pfarrorganisation Althessens, S. 28, 34; siehe dazu auch F. Kiener, Verfassung des Territoriums der Bischöfe von Straßburg, S. 60 ff., über die bischöflichen Mundatsbezirke, bei denen sich ein personal definierter Bann über die bischöflichen Leute zu einem Dorfbann erweiterte. Zur Exemtion bestimmter Personengruppen: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 292. Unentschieden in seiner Bewertung: A.Pöschl, Neubruchzehenten, siehe v.a. S. 42 und 49, 187. - Aufschlußreich auch folgende Definition der Summa Parisiensis: «Duobus modis dicitur territorium. Territorium universitatis agrorum vel ipsa area, in qua est ecclesia. Dicitur et territorium ius convocandi et conveniendi plebis ad synodum, ipse videlicet episcopatum», zitiert nach J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 60, Anm.25; zum Wohnsitzprinzip als Kriterium für die Zugehörigkeit zur Pfarrei respektive für die Gültigkeit des ius reformandi eines Herrn und zum ius emigrationis als einzige Möglichkeit, sich dieser Zwangsgewalt zu entziehen: ebd., S. 158ff., 172ff., 184ff. Vgl. P.Landau, Ius patronatus, S. 47, Anm. 160 36 Siehe den Rechtsstreit über die Versehung der Gemeinde Ailingen am Bodensee: EAF Ha413, fol. 261-266.

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1.3.4 Art und Umfang der Bannrechte von Kirche und Pfarrei Die Rechte, die einer Kirche und ihrem Priester durch die kirchliche und weltliche Autorität im Rahmen des Pfarrbannes zugestanden und gewährleistet wurden, sind zu unterteilen in Amtsrechte (iura spiritualia) und das Recht auf Vermögen (iura temporalia). Dabei ist zu beachten, daß die Einkünfte aus Opfer, Stol und Zehnt, da sie an Amt und Auftrag der Kirche hingen, zu den spiritualia gerechnet werden müssen und nicht zu den temporalia, unter denen vornehmlich Besitz- und Nutzungsrechte an Gebäuden, liegenden Gütern oder auch Personen zu verstehen sind - Rechte also, die auch von der Kirche nur auf der Grundlage weltlichen Rechts erworben und in mancherlei Hinsicht auch nur im Rahmen desselben gehandhabt werden konnten. Das Sachvermögen einer Kirche mochte durch die Einkünfte aus den ihr zugestandenen Amtsrechten wachsen, begründet wurde es durch diese jedoch nicht, denn bevor überhaupt solche Einkünfte anfallen konnten, mußte schon ein geweihter Altar vorhanden und für diesen eine Kirche errichtet worden sein. Den Kern der temporalia, der ortskirchlichen Vermögensrechte, bildete also immer der Altar mit dem Grund und Boden, auf dem er stand, sowie das dazugehörige Kirchengebäude und die zu deren Erhaltung und Ausstattung unter Umständen bereitgestellten Liegenschaften oder sonstigen Vermögenswerte. In einem gewissen Sinn könnte man auch das Kirchenvolk zur temporalen Ausstattung einer Kirche zählen - nämlich hinsichtlich seiner physischen Existenz, seiner Arbeitskraft und der durch diese geschaffenen Ressourcen 37 . Schon für das 6. Jahrhundert sind Landkirchen nachgewiesen, die, entgegen dem Anspruch der Kathedrale und ihres Klerus auf ein absolutes Verfügungsrecht über alles Kirchengut in der Diözese, eigenes Vermögen besaßen 38 . Es konnten ihnen demnach Schenkungen gemacht werden, doch besaßen sie deswegen allein noch kein Recht an den iura spiritualia und konnten von daher nicht ohne weiteres die Opfer und Abgaben einnehmen, die die Gläubigen im Rahmen des Kultus freiwillig gaben oder für die ordentliche Seelsorge zu geben schuldig waren 39 . Solange einer Landkirche eigene Amtsrechte und Güter fehlten, konnte der Bischof, um den Altar- und Gemeindedienst versehen zu lassen, nach seinem Belieben Kleriker der Kathedrale dorthin senden, die von ihm aus deren Einkünften für ihren Dienst ein Stipendium erhielten 40 . Auch die längerfristige Übertragung

37 Vgl. Ch. Möller, Gemeinde (TRE 12), S. 317 f. 38 P. Landau, Beneficium (TRE 5), S. 578; ders., Eigenkirchenwesen (TRE 9), S. 400; ders., Kirchengut (TRE 18), S. 562 ff.; S.Zorell, Parochialsystem, S. 284. 39 Nach P. Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 562 f., entstand das Kirchengut im 4. und 5. Jahrhundert aus Schenkungen, vornehmlich Vermächtnissen; und zwar auch an einzelnen Kirchen und nicht zuletzt aus Hinterlassenschaften von Klerikern, die an diesen gedient hatten. Vgl. dazu A. Angenendt, Missa specialis, S. 170. Zu den Schenkungen und Stiftungen für das Seelenheil vgl. unten Teil B, Anm. 163. 40 Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1312; P. Landau, Beneficium (TRE 5), S. 578 f.; zur Inamovibilität: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 366; zum beneficium manuale, das eigentlich kein titulus beneficii ist: ebd., Bd. 1, S. 66 Bd.2, 373; zu den Verhältnissen an bischöflichen Kirchen: U.Stutz, Benefizialwesen, S. 296 ff.

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einzelner Dienstaufgaben an einen bestimmten Priester und die dauernde Überlassung eines Äquivalents aus den Abgaben und Opfern des Kirchenvolkes ist nicht gleichzusetzen mit einem Bannrecht, das einem Altar bestimmte episkopale Amtsbefugnisse auf Dauer anheftete, deren Versehung einem an diesem Altar auf Lebenszeit ordinierten Priester übertragen werden mußten 41 . Wo sich der Bischof tatsächlich eines Teils seiner Amtsrechte (auctoritas) auf Dauer begab, verzichtete er im Grunde auch auf jene Handhabe (potestas), deren es bedurfte, um die am Amtsrecht hängenden Pflichtabgaben zu erheben und einzuziehen 42 . Denn im bannrechtlichen System der Kirche, in dem jedem Amtsrecht ein Nutzungsrecht zugehörte, folgte dem Recht zur Eucharistiefeier das Recht am Altaropfer, dem Recht auf die sonntägliche Hauptmesse das Recht am Pflichtopfer, dem Begräbnisrecht oder bestimmten Sakramenten das Recht an der dafür falligen Gebühr (Stol) und dem Taufrecht vornehmlich das Recht am Zehnten - denn der Zehnt war der Gott geschuldete Tribut für die durch die Taufe erwirkte Aufnahme in den Neuen Bund . Allerdings kann, wo es um die Einkünfte der Pfarrkirche aus dem Amtsrecht geht, genaugenommen jeweils nur von einem Recht auf die Erhebung und sachgemäße Verwendung dieser Einkünfte die Rede sein, nicht aber von einem freien Besitzrecht - weder des Altars oder der Kirche noch des Amtsinhabers 44 . Weil sich der Bischof nicht all seiner Banngewalt gegenüber einer Pfarrkirche, ihrem Priester und ihrem Kirchenvolk begab, mußte ein Teil der kirchlichen Abgaben auch weiterhin an die Kathedrale abgeliefert werden. Wo es sich nicht um eine bloß symbolische Abgabe handelte, erscheinen diese Leistungen als Äquivalent für die Kosten und Lasten, die mit der konkreten Wahrnehmung der verbliebenen Bannrechten verbunden waren. So oder so variierte ihr Umfang von Pfarrei zu

41 S.Zorell, Parochialsystem, S. 284, fuhrt als wesentliches Merkmal des Pfarrechts die freie Vermögensverwaltung an. Zum beneficium ecclesiasticum: P. Hinschius, System, Bd. 2, 366 ff.; U. Wolter, Amt und Officium, S. 250 ff. 42 Dem Bischof blieb die Aufsichtsgewalt und Gerichtsbarkeit. Zu den Maßgaben nach Regino v.Prüm: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 16 ff., 38. 48 f.; siehe auch die Ausfuhrungen der Kanonistik zu den Rechten der Kirchenherren, des Bischofs und des Priesters bei Kirchen, die einer Temporalienpertinenz oder einem geistlichen Patronat unterliegen: P. Landau, Ius patronatus, S. 46 ff., 137 f. 43 Nach J. Neunheuser, Taufe und Firmung, S. 100, wurde die Zehntabgabe als Zeichen für die Zugehörigkeit zum Bund Gottes interpretiert, dem der Christ mit der Taufe beitrat. Zum Zusammenhang von Taufrecht und Zehntrecht respektive Pfarrecht und Zehntrecht: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 22,43ff.; G.Constable, Monastic Tithes, S. 31 ff., 37, 56, 61 f.; P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 565 f.; zur Verweigerung der Einkünfte aus dem Amt und dem Zehnt für Filialen schon im 9. Jh.: ebd., S. 38; A.Pöschl, Neubruchzehenten, S. 47, Anm. 1; vgl. P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 437, Anm. 2; auch ebd., S. 408 ff., 427 ff. Vgl. auch J.Grand'Maison, Die Welt und das Heilige, S. 121 ff. 44 G.Constable, Monastic Tithes, S. 48ff., 84ff.; zur Aufsicht über die Vermögensverwaltung der Bischöfe selbst: U. Stutz, Benefizialwesen, S. 8 f.; zur Aufsicht über die Vermögensverwaltung der Pfarrer: W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 48f., 63; T.2, S. 76ff.; P.Landau, Ius patronatus, S. 46 ff., v.a. Anm. 163, S. 137, Anm.498; P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 162 ff.

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Pfarrei, so wie auch der Umfang der iura spiritualia, die der Bischof an den Pfarrer und seine Kirche abtrat, von Fall zu Fall verschieden sein konnte 45 . Gegebenermaßen betrafen die Amtsrechte (iura spiritualia), die in aller Regel zum Bannrecht einer Pfarrei fielen, zunächst einmal die Versehungen, die zur engeren Seelsorge zählten. Obgleich man es für eines der wesentlichsten Seelsorgerrechte halten muß, konnte es durchaus vorkommen, daß das Taufrecht zugunsten einer älteren bischöflichen Kirche oder der Kathedrale selbst ausgenommen blieb. Dasjenige Recht, das dem Bischof in aller Regel vorbehalten blieb, war das Recht der Firmung. Beide Einschränkungen der pfarrlichen Gewalt erklären sich daraus, daß Taufe und Firmung eng mit der iurisdictio verbunden waren, das heißt mit dem Kern des Bischofsbannes, den es vor einer Vereinnahmung durch die Landkirchen zu bewahren galt. Auf diese Zusammenhänge wird im Kapitel über die Pfarrvisitation (1.4.2.) näher einzugehen sein. Wie bereits angedeutet, gehörten die Einkünfte einer Kirche aus dem Amt keineswegs demjenigen Kleriker, dem man ihren Altar übertragen hatte, noch hatte dieser daran ein ausschließliches Nutzungsrecht. Vielmehr waren aus diesen Einkünften umfangreiche Verpflichtungen zu begleichen. Neben der Caritas auch die Erhaltung der Kirche und ihrer Ausstattung und die dem Bischof geschuldeten Abgaben, die stets zuerst abgeführt werden mußten. Das Verbleibende sollte nach Teilungsmodi, die in den einzelnen Reichsgebieten oder Kirchenprovinzen variierten, für die Bedürfnisse des Kirchenbaus und des Gottesdienstes, für den Unterhalt des Klerus und die Pflege und Unterstützung der Kranken, Alten und Armen wie der Witwen und Waisen verwendet werden 46 . Wobei vornehmlich an diejenigen Bedürftigen gedacht war, die der betreffenden Kirche durch Taufe oder Pfarrecht zugehörten beziehungsweise in ihrem Sprengel lebten. Diese Regelung, die der Pfarrkirche ein Recht auf eigene Einkünfte aus den iura spiritualia respektive auf die Einbehaltung derselben zu ihrem eigenen und zum Nutzen ihres Kirchenvolkes garantierte, gehörte wesentlich zum pfarrlichen Bannrecht. Sie verhinderte, daß die nach Deckung der gerade anstehenden Kosten für die Seelsorge, den Gottesdienst und die Kirchenerhaltung eventuell als Überschuß

45 Zum Anteil des Bischofs respektive der Kathedrale an den Einkünften der Kirchen oder beneficia: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 879 ff, 1310 ff.; H.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 376 ff.; bei Regino v.Prüm: W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 12, 17, 40, 43, 48; P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 569; S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 72 ff. - Zur Beschränkung des Vistiationsrechts des Bischofs - also auch der damit verbundenen Einkünfte - auf jedes vierte Jahr (Schaltjahr) siehe: P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 430, Anm.3; zu den mit der Nutzung verbundenen Lasten: ebd., Bd. 2, 450; zu den Rechten der Archidiakone und Archipresbyter, sowie der Pröbste und Äbte am bannus episcopalis und seinen Erträgen: N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 323ff. - Mehr dazu in Teil B, Kap. 1.4. 46 Die Vierteilung, auf die sich auch Regino bezog, kam nicht überall zum Zuge. Zur Einbehaltung des Bischofsviertels: A.Pöschl, Neubruchzehenten, S. 40; zur Unterscheidung von Salzehnt und Pfarrzehnt: ebd., S. 50; siehe v. a. auch G. Constable, Monastic Tithes, S. 2 7 , 4 3 ff.; zum Zehntrecht des Bischofs und der geistlichen Kirchenherren respektive der Kirchen, denen sie vorstanden, vom Herrenland und der Pfarrkirchen vom Bauernland respektive von den Einkünften der Angehörigen der familia jener Kirchen: ebd., S. 38 f.

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auszuweisenden Einkünfte an die Kathedrale gezogen und so dem Nutzen der parochia entfremdet wurden47. Auf diese Weise schuf das parochiale Bannrecht die Voraussetzungen dafür, daß eine Siedlungsgemeinschaft nicht nur zur selbständigen Kultusgemeinde aufsteigen konnte, sondern auch zur pfarrlichen Leistungsgemeinschaft oder Pfarrgenossenschaft und damit einen Status erlangte, der selbst dafür stand, daß die vom weltlichen und kirchlichen Recht zur Pflicht gemachten Abgaben der Gemeinde (parochia) ebenso zu dienen hatten wie der Kirche (Ecclesia).

Dies wird allzu leicht übersehen oder zumindest nicht genügend beachtet, wo sich das Augenmerk der Forschung vornehmlich auf die Auseinandersetzung zwischen den Eigenkirchenherren und der Amtskirche richtet und die Diskussion um die Unterhaltspflicht für den Priester und die Baupflicht an der Kirche in den Vordergrund auch der historischen Betrachtungen gestellt wird. Da die Pflicht des Kirchenvolkes, die Pfarrkirche, der es zugehörte, und ihren Priester zu erhalten, mit seinem Recht auf Seelsorge, also auch mit dem Bannrecht von Kirche und Pfarrei, verknüpft war, muß der Umkehrschluß lauten, daß eine Kirche, die kein eigenes Seelsorgerecht, das heißt keinen Pfarrbann respektive keine iura spiritualia besaß, nach kirchlichem Recht auch keinen Anspruch auf Unterhalt ihrer Gebäude und ihres Priesters durch das Kirchenvolk geltend machen konnte. Mit anderen Worten, wer eine Kirche baute, aber kein Pfarrecht für sie erwerben konnte, besaß nach kirchlichem Recht keine Handhabe, die Kosten für den Unterhalt derselben zwangsweise auf sämtliche Angehörige derjenigen Bevölkerung umzulegen, die bei dieser Kirche oder in deren Nähe wohnten48. Denn diese mußte ihre Opfer und Zehnten ja schon an ihre ordentliche Taufkirche oder an die Kathedrale selbst entrichten. Daß Kirchenherren im Besitz weltlicher Gewalt ihre Eigenleute und Grundholden dennoch zu Diensten und Leistungen gegenüber einer solchen Kirche heranzogen, ist damit nicht bestritten. Mit jedem Seelsorgerecht, das einer solchen Kirche erworben werden konnte, entstand auch ein Anspruch auf die zugehörigen Einkünfte. Wenngleich diese Ansprüche nicht immer durchgesetzt werden konnten, wurden doch den Bischofskirchen und alten Taufkirchen im Zuge der Vermehrung der Kirchen im Lande zunehmend Einkünfte entzogen, während sich die zunächst unterhaltspflichtigen Erbauer derselben immer mehr aus der finanziellen Verantwortung ziehen konnten. Die an das Seelsorgeamt gebundenen Pflichtabgaben bezogen sich auf die Person respektive auf das Haus. Das Land, auf dem das der Kirche zugehörige Pfarrvolk

47 Ebd., S. 47 ff. Zur Überschußnutzung im Fall von Temporalienpertinenzen: P. Landau, Ius patronatos, S. 137 f.; zur Einschränkung im Rahmen des geistlichen Patronats: ebd., S. 46 ff.; zum Nutzungsrecht auch an den spiritualia nach Inkorporationsrecht: ders., Inkorporation (TRE 16), S. 163-166; D.Lindner, Inkorporation, S. 18f., S. 34ÍT. - Siehe auch Teil B, K.ap.2.5 48 Daher rührt die Pflicht der ordentlichen Ausstattung einer Kirche mit Lichter- und Pfarrgut und die Verweigerung von Zehntrechten für Privat- oder Eigenkirchen ohne Taufrecht: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 14, 21, 39, 45; G.Constable, Monastic Tithes, S. 38; zur Zehntprivilegierung von Fiskalkirchen ohne Pfarrecht: A. Pöschl, Neubruchzehenten, S. 39.

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siedelte und seinen Lebensunterhalt erwirtschaftete, wurde der Kirche am Ort erst abgabepflichtig, wenn auch das Zehntrecht an sie gelangte 49 .

1.3.5 Pfarrbann und Zehntrecht Das Zehntrecht folgte einem anderen als dem für Opfer und Stol formulierten Prinzip von Dienst- und Aufwandsentschädigung. Der Zehnt, der als Zeichen der Zugehörigkeit zum Neuen Bund galt, war unabhängig von den aktuellen Kosten des Kirchenbetriebs zu leisten 50 . Die Höhe des jeweils falligen Betrages richtete sich nicht nach dem Umfang einer bestimmten und tatsächlich in Anspruch genommenen kirchlichen Dienstleistung oder Amtshandlung, sondern nach dem Einkommen des Zehntpflichtigen. Daß der Zehnt nach Ansicht einiger ganz, nach der Auffassung der Amtskirche aber zumindest zu einem Viertel für die Armen und die Diakonie verwendet werden sollte 51 , zeigt, daß auch hier die ecclesia ein weiteres Mal nicht ohne die parochia zu denken ist. Das Zehntrecht erlegte den Wohlhabenden in der Gemeinde die Verpflichtung auf, aus dem ihnen von Gott gegebenen Wohlstand nicht allein einen Großteil der Kosten für den Gottesdienst, die Seelsorge und den Unterhalt der Kirchengebäude zu decken, sondern auch für die zur parochia gehörigen Landlosen und Hausarmen Sorge zu tragen. Dieser auch als Nachbarschaftshilfe zu verstehende und verstandene Akt der Nächstenliebe erfüllte nicht allein eine christliche Norm, sondern sicherte im Gninde den Besitzstand der Pfarrkirche, weil so dafür gesorgt wurde, daß die Pfarrei nicht verarmte. Dadurch, daß der Zehnt unabhängig von den tatsächlich anfallenden Kosten für den Kirchenbetrieb zu leisten war, entstand, sofern das Zehntrecht der ecclesia parochialis selbst gehörte und allfallige Überschüsse nicht an die Kathedrale oder Taufkirche abführen werden mußten, ein Rücklage- und Risikofonds 52 . Daß hin49 Die Baupflicht, die den Zehntherren aufgeladen war, wurde bis ins 16. Jh. immer wieder Anlaß zur Zehntverweigerung durch die Gemeinden. Siehe z. B. die Konflikte pfalzischer Gemeinden mit ihren geistlichen Kirchenherren zu Assenheim (1513): GLAK 67:466, fol. XVIII ff.; zu Bellheim (1523): M.Krebs, Protokolle, Nr.6112; zu Burrweiler (1524): GLAK 67:833, fol.332 v.ff.; und zu Kleinbockenheim (1522): F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 286, wo das Kloster sich seiner Pflichten aus dem Zehntgenuß mit dem Hinweis entziehen möchte, die fabrica sei wohlhabend genug. - Während nach kirchlichem Recht der Bischof oder an seiner Stelle die Pfarrpriester aus den Einkünften der Taufkirche für die Bauerhaltung zu sorgen hatten und nach karolingischem Recht die Eigenkirchenherren bei Androhung des Entzugs der Reliquien baupflichtig waren, fiel später für die Inhaber des bloßen Pfarrbenefiziums oder des einfachen Patronats die Baupflicht weg. Stattdessen wurde die fabrica herangezogen. Siehe dazu Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 689, 723, 1347. S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 75 ff., dort, S. 29 ff. ein Überblick über die ältere Forschung; S.Zorell, Parochialsystem, S. 277, 281; W. Hellinger, Pfarrvisitation, T. 1, S. 12, 17; H.E.Feine, Rechtsgeschichte, S. 405; A.K. Homberg, Pfarrsystem Westfalen, S. 31. 50 G.Constable, Monastic Tithes, S. 13 ff.; zur Festsetzung fixer Beträge in besonderen Fällen: ders., Resistance to Tithes, S. 179. 51 Ebd., S. 33, 47, 48. Siehe auch J. Semmler, Zehntgebot, passim. 52 Zur fabrica ecclesiae, die den Armenfonds einschließen konnte, siehe Teil B, Kap. 2.6.3.

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sichtlich der Verwaltung dieses Fonds, diejenigen das Sagen hatten, die sein Vermögen aus ihrem Vermögen mehrten, galt nach den Auffassungen der Zeit als selbstverständlich. Auf dem Lande waren dies vor allem diejenigen, die nach weltlichem Recht über den Grund und Boden im Sprengel der Zehntkirche verfügten, also die Besitzer von Allod und die Inhaber von Lehen. In geschlossenen Villikationen also wohl die Kirchenherren selber. In Pfarreien aber, wo es bäuerlichen Besitz und Allmenden gab, und auch in geschlossenen Grundherrschaften, solange in diesen dinggenossenschaftliche Strukturen herrschten, mußte diese Verfügungsgewalt eine geteilte sein. Die Besitzenden oder rechtlich Bessergestellten, die sie wahrzunehmen hatten, waren auf der Grundlage kirchlichen, genauer ortskirchlichen Rechts den Landlosen und Hausarmen der Gemeinde durchaus nach der Art von Genossen - zumindest als Pfarrgenossen - verbunden und konnten sich über deren Interessen nicht ohne weiteres hinwegsetzen 53 . Im Hinblick auf die Frage nach der Ausbildung von Pfarr- respektive Zehntsprengeln ist noch anzumerken, daß nach den kirchlichen Bestimmungen zum Zehntrecht die Zehntpflicht und daher der Zehntbann nicht allein das Land treffen sollte, das unter den Pflug genommen war, sondern auch anders bewirtschaftete Flächen, neben Gärten und Weiden vornehmlich auch Wasser und Wald und sogar die unwegsame Wildnis respektive das, was aus ihr hervorging oder je hervorgehen konnte 54 . Natürlich war letzteres nur ein gedachter Anspruch, solange er nicht in Abgaben realisiert werden konnte. Für die Gründung neuer Kirchen oder die Abgrenzung neuer Pfarreien spielte er jedoch, wo diese im Zusammenhang mit dem Landausbau vornehmlich durch Rodung oder das Trockenlegen von Sümpfen oder die Bewirtschaftung von Ödflächen stand, schon immer eine entscheidende Rolle 55 . Darüberhinaus waren prinzipiell nicht allein die Bodenerträge, sondern sämtliche Einkünfte zehntpflichtig, auch wenn der Einzelne sie aufgrund seiner persönlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten erwirtschaftet hatte, sei es im Handel oder im Handwerk, als Inhaber eines Amtes oder vielleicht als fahrender Sänger oder sonstiger Angehöriger des nichtseßhaften Volkes56. Aber nur derjenige, der über den Ertrag seiner Arbeit verfügte, konnte auch als Zehntpflichtiger angesehen werden, während die Besitzlosen und Unfreien, wenn ihre Produktion ganz ihrem Grund- oder Leibherrn anheimfiel, der Gemeinschaft der Zehntpflichtigen nicht zugehörten 57 . 53 Das kirchliche Recht verfuhr prinzipiell nach dem ius soli, das heißt, die Pfarrpflicht, Zehntpflicht oder Sendpflicht konnte die nach weltlichem Recht bestehenden Unterschiede nivellieren und so Ungenoßsame nach göttlichem oder kirchlichem Recht genoßsam machen. Zum ius soli: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 757; und insbesondere E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», v. a. S. 477 ff.; zum Sendrecht siehe unten. 54 Dazu A.Pöschl, Neubruchzehenten, zum Waldzehnt: S. 36, 172 ff., 182 ff., 199 f.; vgl. auch R. Hiestand, Waldluft macht frei, v.a. S. 52 ff. 55 Ebd.; W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 22, 44f.; vgl. aber O.Volk, Rodungsfreiheit (HRG 3), v.a. Sp. 1098. 56 G.Constable, Monastic Tithes, S. 17 f.; ders., Resistance to Tithes, S. 177, 179. 57 Zu den Zehntprivilegien der Klöster und der entsprechenden Kolonisation-, Besiedelungs- und Arrondierungspolitik der Reformorden, die Eigenwirtschaft mit Unfreien betrieben und sich durch das sogenannte Bauernlegen hervortaten: A.Pöschl. Neubruchzehenten, S.351 ff.; zu den Auswirkungen der Auflösung der alten Villikationen: R.Sablonier, Dorf im Übergang, v.a. S. 736.

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Und nur der Seßhafte konnte einer bestimmten Kirche und einem bestimmten Seelsorger unterhaltspflichtig sein, wohingegen diejenigen, die frei über Land zogen oder bald hier, bald dort lebten, ihren Tribut der ecclesia universalis schuldeten, ohne daß diese eine Gewähr dafür hatte, daß er ihr auch korrekt abgeliefert wurde 58 . Zusammenfassend wäre also festzuhalten, daß die Grundvoraussetzung für die Bildung einer parochia die Seßhaftigkeit ihrer Mitglieder war. Von da aus eröffnete sich ein Feld von Möglichkeiten zur Entwicklung einer eigenen gemeindlichen Struktur - je nach den politischen Gegebenheiten. Es läßt sich denken, daß in Siedlungsgemeinschaften, denen außer den Blutsverwandten des Herrn nur Unfreie angehörten, die noch dazu ohne eigene Rechte auf dessen Grund und Boden saßen, das Kirchenvolk zwar Kultusgemeinde, nicht aber Pfarrgenossenschaft im Sinne einer selbstverantwortlichen Leistungsgemeinschaft sein konnte. Da in solchen Siedlungen in aller Regel auch die Kirche selbst vom Grundherrn errichtet und das Kirchenvolk an dieselbe nicht allein durch die Taufe, sondern auch aufgrund seiner persönlichen Unfreiheit gebunden war, bestimmte sich das Verhältnis der parochia zu ihren eigenen Mitgliedern, zur ecclesia und den kirchlichen Amtsträgern über die Beziehung zum Grund- und Leibherrn 59 . Allerdings konnte der Pfarrbann, da er auch dem Unfreien ein Christenrecht, das heißt ein Recht auf Seelsorge an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Kirche einräumte, gegen die Selbstherrlichkeit solcher Kirchenherren eingesetzt werden - jedoch immer vorausgesetzt, es fand sich eine Instanz, die diese selbst auf die Einlösung ihrer Christen- und Herrenpflichten festlegen konnte. Prinzipiell wäre dies die Aufgabe des Bischofs gewesen, wo diesem aber die äußere Macht fehlte, war es am defensor ecclesiae einzuschreiten.

1.4 Pfarrvisitation und Sendgerichtsbarkeit 1.4.1 Die Anfänge der visitatio Das Institut der visitatio ist aus der auctoritas episcopalis erwachsen 60 . Der Bischof, der die Pfarreien seiner Diözese visitierte, konnte sein Vorbild im Apostel Paulus sehen, der über Land gereist war, um die griechischen Gemeinden zu besuchen und Sorge zu tragen, daß sie der wahren Lehre nachlebten. 58 Der Sonderstatus von nicht pfarrpflichtigen und nicht seßhaften Personen und Gruppen ergibt sich auch daraus, daß für diese die Bezeichnung «gemeiner Mann» nicht anwendbar erscheint. Vgl. dazu R.H.Lutz, Wer war der gemeine Mann, v.a. S. 87, 92. - Aufschlußreich auch W.Rösener, Bauer und Ritter; der rusticitas. der bäuerlichen Lebensweise, wurden in Abgrenzung zum Ritterideal eine Reihe negativer Wesensmerkmale angedichtet, die eine auffällige Ähnlichkeit mit den im Send zu rügenden Vergehen aufweisen. Leider geht Rösener auf den kirchenrechtlichen Status der beiden von ihm untersuchten Gruppen nicht ein. 59 Zur Beziehung geistlicher Grundherren zum Kirchenvolk und zur Rolle des Heiligen, dem das Kloster selbst geweiht war: L. Kuchenbuch, Klostergrundherrschaft, v.a. S. 331. 60 J. Mietke, Autorität (TRE 5), S. 17-32; N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt; vgl. oben (Teil B) Anm. 1 ff.

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Wenn dieses Reisen Mühsal bedeutete, so trugen der Apostel und der Bischof ein schweres Amt gewissermaßen aus derselben Notwendigkeit heraus: Es war außer ihnen niemand da, der dieses hätte vor Ort versehen können. Zumindest im Fall des Bischofs aber war dieser Mangel System - nämlich eine Folge des Bischofsbanns. Nach der Durchsetzung des Monepiskopats, demzufolge die gesamte cura animarum zum Primat des episcopus gehörte, konnten die Bischöfe weiträumiger Diözesen nicht umhin, sich auf die Reise zu begeben, um ihr Amt auszuüben respektive ihr Recht wahrzunehmen. Der Wesenskern des bischöflichen Amtes war, insbesondere nachdem das Christentum als Staatsreligion eingeführt und die Kindertaufe üblich geworden war, das Recht, die Lehre auszulegen und, von da ausgehend, zu mahnen, zu richten, zu strafen und reumütige Sünder nach Ableistung einer angemessenen Buße wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen aufzunehmen 61 . Was nach der Lehre der Kirche für tadelswert oder strafbar galt, konnte der Visitator den sogenannten Bußbüchern entnehmen, die auch als Grundlage für die Mahnpredigten hergenommen wurden, die die Bischöfe dem Kirchenvolk ihrer Diözesen hielten, um es zu Buße und Besserung zu bewegen. Mit der visitatio als einer festen Institution befaßten sich zuerst die spanischen Konzilien des 6. Jahrhunderts 62 . Außer der Ordnung in der Gemeinde sollte auch der bauliche Zustand der Landkirchen und die Dienstversehung und Lebensführung des Klerus einer Überprüfung und gegebenenfalls einer Korrektur unterzogen werden. Des weiteren galt die Amtsreise des Bischofs der Aufsicht über die Güter und Einkünfte der Kirchen. Visitationen kannten auch die gallo-romanischen und die merowingischen Bistümer, wenngleich sie nicht überall nach der Maßgabe des Konzils zu Braga (572) durchgeführt wurden 63 . In der karolingischen Reform erfuhr das Institut der Visitation auf der Grundlage des Rechts vor allem der spanischen Konzilien eine Erneuerung, durch die es neben der Synode zum Hauptinstrument reichskirchlicher Herrschaft wurde.

1.4.2 Die karolingische Pfarrvisitation Wenn den Bischöfen die Pflicht auferlegt wurde, die «parochia» zu visitieren, dann war damit zwar ihr gesamter Amtsprengel gemeint, doch zeigen die Berichte über die Vorgehensweise, daß nicht das Kirchenvolk der Diözese als Ganzes oder das Recht der Kathedrale und deren Verhältnisse als solches Gegenstand der Visitation waren, sondern die Ortsgemeinden und Landkirchen, an denen ordentliche Seelsorge betrieben wurde. 61 In allen größeren Diözesen fiel zwar das Taufrecht an die Landkirchen, die Firmung aber blieb bischöfliches Recht. In der Vita Ulrichs von Augsburg heißt es, der Bischof sei jedes vierte Jahr durch seine Diözese gereist, «causa regendi et praedicandi atque confirmandi»: P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 430, Anm.3. 62 D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 58ff. 63 Etwa in Gallien: ebd., S. 60.

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Das Visitationsgebot respektive das Visitationsrecht betraf also die «pamchia» (im Sinn von Gemeinde) und die «ecclesia» (im Sinn von Pfarrkirche). Nach den Vorstellungen der karolingischen Reform sollten die Bischöfe, wenn sie jährlich oder halbjährlich ihrer Visitationspflicht nachkamen, nachforschen, ob heidnische Bräuche gepflegt oder sonst die christliche Ordnung oder das kirchliche Recht übertreten würden . Außerdem waren sie, wie dies schon das Konzil zu Braga gefordert hatte, angehalten, nicht allein darauf zu achten, daß das Kirchenvolk der wahren Lehre nachlebte und die kultische Ordnung und die christlichen Gebote eingehalten wurden, sondern auch dafür Sorge zu tragen, daß weder die Ortskirche noch die Kathedrale in ihren Vermögens-, Amts- und Herrschaftsrechten beeinträchtigt wurden. Zu den Pflichten des karolingischen Visitators zählten zudem die Predigt und die Firmung, was nicht allein aus der Sicht seelsorgerlicher Notwendigkeit, sondern auch bannrechtlich betrachtet Sinn macht: Der Bischofsbann bedurfte wie jedes andere Herrschaftsrecht der Legitimation, wobei es nicht genügte, wenn diese ekklesiologisch oder rechtstheoretisch plausibel erschien. Vorauf es ankam, war vielmehr, daß die Unterwerfung des Einzelnen unter die bischöfliche Banngewalt sichtbar vollzogen wurde. Mit der Taufe ließ sich aber, wenn sie als Kindertaufe gespendet wurde, «kein Staat machen». Wenn also dem karolingischen Bischof die Firmung nicht nur aufgetragen, sondern exklusiv vorbehalten war, dann könnte man mutmaßen, daß dieselbe schon im 8. Jahrhundert als diejenige Handlung an die Stelle der Taufe getreten war, mit der das Kirchenvolk in den Pfarreien die bischöfliche iurisdictio anerkannte. Mit ihrer Firmung wurden die jungen Gemeindemitglieder zur Kommunion, das heißt zum Altarsakrament zugelassen und damit sozusagen vollberechtigt in die Rechtsgemeinschaft der Pfarrei aufgenommen. Angesichts der Reichweite, welche die kirchliche Banngewalt im Mittelalter besaß, war es nicht nur konsequent, sondern an sich unverzichtbar, das diese Initiation in direkte Beziehung zur weltlichen Rechtsmündigkeit gesetzt wurde. Aus Kirchenweistümern späterer Zeit weiß man, daß die Firmung tatsächlich jeweils denjenigen erteilt wurde, die seit der letzten Visitation auch nach weltlichem Recht mündig geworden waren65. 64 Ebd., S. 61 ff. 65 Das Mindestalter für die Firmung lag zwischen 10 und 14 Jahren. Wo die Aufnahme in die Reihe der Kommunikanten die Sendpflicht nach sich zog, und wo mit der Erstkommunion auch die erste Huldigung oder Eidesleistung zur weltlichen Gerichtsgemeinde zusammenfiel, mußten die Firmlinge jedenfalls aus dem Kindesalter heraus sein. In dem 1508 anläßlich des Kaufs des Dorfes durch die Stadt Landau aufgezeichneten Weistum der pfälzischen Gemeinde Nußdorf heißt es in § 1 1 : «Item all jung knaben, die zu dem sacrament sint gangen, die sollen all schweren der gemein eid»: J.Grimm, Weistümer, Bd.5, S. 547; siehe dazu auch H.-W.Goetz, Kirchenschutz, S. 227, Anm.234, wonach in Bourges (1038) alle Männer über 15 schwören mußten, mit Waffengewalt gegen die vorzugehen, die den Gottesfrieden brachen; gemäß der Synode von Exeter 1287 mußte «jeder Erwachsene von 14 Jahren an» bestimmte Pflichtopfer erbringen: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 199. - Zur Trennung der Taufe von der Firmung in der karolingischen Reform mit Schlußfolgerungen auf die dahinterstehenden politischen Absichten und Zwecke: A.Angenendt, Kaiserherrschaft, S. 75ff., v.a.S. 84f.; vgl. dazu D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 66. 69 f. Nach R. Dove, Untersuchungen, S. 365, war die Firmung mit der Sendgerichtsbarkeit verbunden. Nichterscheinen im Send wurde entsprechend mit der Exkommunikation geahndet: P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 430, Anm.4. - Zur Firmung, als von der Taufe unabhängi-

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Die karolingische visitatio verfuhr, wie es auch in der frühmittelalterlichen Bußpraxis gang und gäbe gewesen war, inquisitorisch und bediente sich, dem Vorbild der merowingischen correctio pastoralis folgend, der denuntiatio66. Zur Denuntiaton des Sünders durch die Glaubensbrüder, die aus moderner Sicht nicht gerade als christliche Tugend erscheinen mag, ist zunächst anzumerken, daß auch das weltliche Recht sowohl die Pflicht der Rechtsgenossen kannte, Übertretungen gegen die gemeinsame Satzung zu rügen, damit Schaden von der Gemeinschaft abgewendet werden konnte, als auch die Möglichkeit nutzte, mittels inquisito zu einem Urteil darüber zu finden, ob ein Verdacht zutreffend oder eine eingeklagte Forderung berechtigt war, und auf diese Weise einen Spruch zu erwirken 67 . Im christlichen Kontext ließ sich die Denuntiationspflicht damit begründen, daß die Duldung des unbußfertigen Sünders die Gemeinde dem Zorn Gottes aussetzte und seiner Gnade unwürdig machte 6 8 . Für diejenigen, die um die Verfehlung wußten, war es unmöglich, mit dem Sünder im Angesicht des Herrn das eucharistische Mahl zu feiern, und dies um so mehr, wenn er sich als unbußfertig zeigte. Von daher mußte, wenn es sich um Verfehlungen handelte, die in aller Öffentlichkeit begangen und so zum Stein des Anstoßes für die ganze Gemeinde geworden waren, auch die Buße öffentlich, vor aller Augen abgeleistet werden. Denn nur dann konnte auch die ganze Gemeinde an dem Reinigungsvorgang, der sie als Ganzes nicht minder betraf als ihr sündiges Mitglied, teilhaben 69 . Kennzeichnend für das Kirchenregiment seit Karl dem Großen ist das Prinzip der umfassenden Verflechtung von Kirche und Welt, Religion und Recht. Dieser Grundsatz tritt darin zutage, daß nach dem Willen der Reformgesetzgebung kirchliche Strafen auch in Fällen verhängt werden konnten und sollten, für die ehedem allein der weltliche Richter oder die freiwillige Gerichtsbarkeit zuständig gewesen waren, und umgekehrt vor den Bischof gebrachte oder durch inquisitio aufgedeckte Verfehlungen gegen göttliches und kirchliches Recht auch vom weltlichen Richter zu ahnden waren, das heißt auch dann von ihm gebüßt wurden, wenn sie nach kirchlichem Recht bereits gebüßt waren. Die Ausweitung der Kompetenzen der kirchlichen Gerichtsbarkeit, die sich hier weitaus klarer als Strafgerichtsbarkeit zeigt, als dies bei der älteren visitatio der Fall gewesen war, wurde vornehmlich durch den Rückgriff auf die Zehn Gebote - also auf das Alte Testament und nicht auf das Evangelium - legitimiert, von dem ausgehend nicht nur Mord, Ehebruch, Meineid und falsches Zeugnis, sondern jeglicher Verstoß gegen das Gut und Recht des Nächsten oder Nachbarn der bi-

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gem Sakrament und als Vorbehaltsrecht des Bischofs siehe auch: ebd., Bd. 4, S. 55 ff., 58; Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 970 ff.; R.Dove, Untersuchungen, S. 365; B. Neunheuser, Taufe und Firmung, v.a. S. 29, 41, 95; J. Neumann, Bischof I (TRE 6), S. 658; zur Verbindung von Taufrecht und Sendrecht: N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 99; zur Verbindung von Pfarr- und Sendrecht bei bischöflichen Kirchen in Ostsachsen: M.Erbe, Niederkirchenwesen, S. 84ff., 92ff. D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 50f., 66f., 71, 73ff., 81 f. Ebd., S. 70 ff. Ebd.. S.80; G.A.Benrath. Buße (TRE 7); A.v.Harnack, Dogmengeschichte, Bd.3, S.313ff.; siehe auch 2. Thess. 3.6 und 14. D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 73IT., 83ff. und 98; J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1124ff.; ebd. v.a. S. 392ff., 551, 1125, zu inquisitio und zum Rügverfahren im weltlichen Recht. Siehe auch W.Sellert, Rüggericht, Rügverfahren (HRG 4), Sp. 1201 ff.

schöflichen inquisitio unterworfen werden konnte. Das Einschreiten des weltlichen Richters in Fällen um Religionsangelegenheiten rechtfertigte man mit dem Auftrag der weltlichen Obrigkeit, den Glauben und die Kirche (man könnte auch sagen: den rechten Glauben und das Recht der Kirche) zu schützen. Ein Amt, das nach karolingischem Recht allein dem König und in dessen Auftrag dem Grafen oder kraft Privileg den Inhabern einer Immunität zustehen sollte. Nachdem der Bischofsbann mit dem Königsbann eng verbunden, ja diesem sogar unterworfen worden war, konnte kein Zweifel daran bestehen, daß die Pfarrei als solche Teil der Reichskirche war und von daher der Schutz, der ihr von dieser gewährt wurde, nicht allein die iura spiritualia betraf, sondern ihr gesamtes Bannrecht, das heißt auch die iura temporalia. Oder anders gesagt, das karolingische Pfarrecht bezweckte, nicht nur die iura spiritualia einer Pfarrkirche der iurisdictio des Bischofs und der Schirmgewalt des defensor ecclesiae zu unterwerfen, sondern auch Verstöße gegen deren weltliche Güter und Rechte (iura temporalia) vor den Bischof und den Grafen zu bringen - und zwar unangesehen, ob es sich bei der geschädigten Kirche um eine Eigenkirche handelte oder um eine bischöfliche. Von daher war die bischöflich-gräfliche visitatio geeignet, der Reichsgewalt Bereiche zu eröffnen, die ehedem weder der kirchlichen noch der königlichen Gerichtsbarkeit zugänglich gewesen waren 70 . Wie umfassend die Pfarrvisitation als Instrument königlicher oder kaiserlicher Zentralgewalt tatsächliche durchgesetzt werden konnte und in welchem Maß, zu welcher Zeit und auf welchem Weg das in ihr verkörperte Instrument kirchenherrlicher oder kirchenvogteilicher Gewalt in die Hände mediater Gewalten gelangte, ist unzureichend erforscht. Während in manchen Regionen kaum etwas von Pfarrvisitationen zu finden ist, gehörten sie in anderen Landschaften unbestritten zum geltenden Recht und wurden zum Beispiel über Weistümer tradiert. Möglicherweise sind dies die Landschaften, in denen die visitatio zur sogenannten Sendgerichtsbarkeit hatte fortgebildet werden können.

1.4.3 Das Sendgericht Aus der vor allem unter Karl dem Großen und Ludwig dem Frommen konzipierten Pfarrvisitation ging noch im 8. Jahrhundert das sogenannte Sendgericht hervor, das ebenso wie die visitatio ein bis zwei Mal im Jahr stattfand. 70 Das Visitationsrecht für Kirchen folgt aus der Erteilung des Meßrechts - vornehmlich, wenn die Messen missae publicae sein sollen. Zu beachten ist allerdings, daß im 13. Jh. viele Klöster das Privileg erwarben, ihre Kirchen selbst zu benedizieren, um dann darin Messen lesen zu lassen. Es entging damit dem Bischof das Vorrecht der Privilegierung durch die Weihe und damit u. U. auch das Visitationsrecht. Siehe zur Benediktion: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 327, Anm. 10. Vgl. zum Rechtserwerb des Altars durch Weihe, erste Messe oder Reliquienniederlegung: A. Stuiber, Altar II (TRE 2), S. 317 f.; siehe auch B. Schwineköper, Reliquien (HRG 3), Sp.885ff. Zur Entstehung und zur Diskussion um die Zulässigkeit der Privatmessen siehe A.Angenendt, missa specialis, v.a. S. 175 ff., 181 ff. - Zum Problem der Unterscheidung der Einkünfte aus den temporalia und den spiritualia bei Klöstern zugehörigen Kirchen: G. Constable, Monastic Possession; zur Ausweitung der Begriffe spiritualia und res ecclesiasticae mit dem Zweck, die weltliche Gerichtsbarkeit auszuschalten: P. Mikat, Kirchengut, S. 268.

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Wie im Ding so war auch im Send die gesamte versammelte Gemeinde rügpflichtig71 und wurde die denuntiatio durch das Verfahren der inquisitio unterstützt. Für diese hatte man nach dem Vorbild der Bußbücher Fragenkataloge entwickelt, an denen das inquirere, das Nachforschen des Visitators, ausgerichtet sein sollte. Erhalten ist der Katalog, den Regino von Prüm in den ersten Jahren des 10. Jahrhunderts zusammenstellte und kommentierte und der als sogenanntes Sendhandbuch eine große Verbreitung erfahren sollte. Dieses Handbuch war in zwei Teile gegliedert, dessen einer sich hauptsächlich mit den Verhältnissen der Kirche, des Klerus und des Amtes (ecclesia) befaßte, während der andere überwiegend das religiöse und öffentliche Leben des Kirchenvolkes (parochia) zum Gegenstand seiner Fragen hatte 72 . Nachdem es sich quasi um die beiden Seiten ein und derselben Medaille handelte, finden sich selbstverständlich zahlreiche Überschneidungen, die wohl durchaus beabsichtigt waren. Um sich einen zuverlässigeren Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse zu verschaffen und den Inquisitionsbeweis für die Urteilsfindung in Fällen um strittige Rechte und Pflichten nutzen zu können, vereidigten die Bischöfe vor Ort und ad hoc sogenannte testes synodales, die in der Gemeinde ansässig waren und jedenfalls auch Laien sein konnten 73 . Die Aufstellung dieser Zeugen entband die Gemeindevollversammlung, die den sogenannten Umstand bildete, allerdings nicht von ihrer Rügpflicht 74 . Mit den Fragen zur konkreten Amtsversehung, zum Güterrecht der Kirche und zur Abgabepflicht der Gemeinde war das parochiale Bannrecht als Grundlage oder Norm für die Urteilsfindung gleichberechtigt neben den Dekalog, die christliche Lehre, die kirchliche Satzung und das Recht der Diözese (Bischofsbann) gesetzt. Das bewirkte, daß der Bischof und die mit ihm reisenden Kleriker sich über die Verhältnisse jeder Pfarrei rechtskundig machen mußten, und zwar sowohl im Hinblick auf die der Kirche überlassenen iura spiritualia, als auch auf die ihr bei ihrer Gründung zugewiesene Ausstattung und die seither unter Umständen hinzuerworbenen Güter und Rechte. Kenntnisse, die in der Regel nur durch detaillierte Infor-

71 J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1124; D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 65ff. 72 Abgedruckt bei F. G.A. Wasserschieben (Hg.), Reginonis Abbatis Prumiensis libri duo de synodalibus causis et diseiplinis ecclesiasticis. Leipzig, 1840. Das erste Buch hat W. Hellinger, Pfarrvisitation, ausführlich bearbeitet; für den zweiten Teil fehlt eine eingehende Auswertung. 73 D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 83, 85, 87ff., 94f.; zur rechtshistorischen Bewertung: J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1125ff. 74 Die Rügpflicht des Umstandes findet sich selbst noch in den Sendweistümern im 15. Jh. Während die iurati ecclesiae auf ihren Eid verpflichtet werden, ist die Gemeinde auf die Sakramente verpflichtet: Im Sendweistum von Kirchheim a.d. E. (1502) heißt es: «Item der gesworn weyst, das ein sendherr dy gesworen beladen sol mit iren eyden, [die] sy gethan haben, und den gemeynman uff ihren crissam und daufe»: A.M.Koeniger, Quellen, Nr. 151, S. 307. Das Sendweistum von Asselheim (16. Jh.) sagt aus: «Die kirchengeschworen weysen sentrecht uffire eyde, die sie getan, geban der pfarrkirchen s. Steffanus und der gemein rügen uf iren tauf und chrisam»: ebd., Nr. 145, S. 297. Zum Sendeid der Schöffen: R. Dove, Untersuchungen, S. 343 f., zur Funktion des Umstandes: ebd., S. 368 f.; siehe auch P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 439, wonach der Sendeid der iurati zuerst nur die Rügpflicht betraf, dann aber als Treueid dem Gericht geleistet wurde.

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mationen über die Besitzverhältnisse im Sprengel in konkrete Aussagen über tatsächliche Abgabepflichten umgewandelt werden konnten. Der Bischof hätte also, um seine Funktion als Richter zu erfüllen, im Besitz schriftlicher Unterlagen sein müssen, die noch dazu den neuesten Stand auswiesen. Dies scheint aber im fränkischen Reich zumindest im Raum jenseits der Alpen selten der Fall gewesen zu sein. Denn das Sendhandbuch Reginos sah vor, daß über eine ganze Reihe diesbezüglicher Fakten anläßlich der visitatio zunächst einmal Auskunft gegeben wurde 75 . Eine Auskunft, die keineswegs unverbindlich war, sondern als Rechtsweisung verstanden und anerkannt werden mußte, weil sie die einzige Grundlage dafür bot, die Hinterziehung von Abgaben und die Entfremdung von Gütern festzustellen oder auch eine von dritter Seite erfolgte Klage oder Anzeige als ungerechtfertigt zu erweisen. Ein solches Verfahren mußte darauf hinauslaufen, daß das Zeugnis zugleich die Schuld erwies, so daß nicht der Bischof richtete, sondern die Zeugen als Richter erschienen. Sie waren es, die das Urteil fanden, das der Bischof dann zum Nutzen aller gebot 76 . Wohl im Verlauf des 9. Jahrhunderts war es dazu gekommen, daß die Zeugen nicht mehr ad hoc vereidigt, sondern auf Dauer bestellt wurden, so daß sich aus dem einmaligen Auftrag ein regelrechtes Amt und aus einem eher losen Kreis von potentiellen Sendzeugen ein beständiges Kollegium von Schöffen entwickelte, die das Sendgericht vor Ort repräsentierten 77 . Die Schöffen, die Freie oder Unfreie sein konnten 78 , mußten bei ihrer Benennung einen promissorischen Eid leisten, weswegen sie auch «Geschworene» genannte wurden. Eine ihrer wichtigsten Aufgabe war es, das Recht der ecclesia parochialis zu tradieren, natürliche oder sonst rechtmäßig zustande gekommene Veränderungen des Güter- und Besitzstandes der Kirche und der Zehntpflichtigen ebenso zu vermerken wie die Zu- oder Abnahme der Pfarrpflichtigen (Kommunikanten) 79 , unrechtmäßige Übergriffe auf das Kirchengut zu verhüten und, wenn dies nicht möglich war, diese vor dem Send ebenso anzuzeigen wie auch jeden anderen offenbaren Verstoß gegen die christliche Ordnung. Ein solches Amt verlangte außer einer gewissen Kenntnis der christlichen Norm vor allem Ortskenntnis und Präsenz 80 , so daß man bald so weit ging, die Schöffen nicht etwa nur aus der Ortschaft aufzubieten, in der die Pfarrkirche stand, sondern

75 Siehe dazu W. Hellinger, Pfarrvisitation. 76 Zum Wandel der Funktion der testes synodales von bloßen Zeugen zu Urteilern: J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1127 f., 1131 ff; beachte S. 1136 die ausdrückliche Stellungnahme gegen die Bewertung von A.M.Koeniger, Sendgerichte; siehe außerdem S. 765 f. Nach Weitzel folgt aus der Aufspaltung von iudicare (regere) in iudicare (rihten) und iudicare (urteilen) im fränkischen Verfahren ein Auseinanderfallen von Urteil und Gebot. Wo im kirchlichen Gericht dinggenossenschaftlich verfahren wird, kommt es daher zu einer Schwächung des corrigere des geistlichen Richters: ebd., S. 724 ff.. 757, 761 ff. 771; - Zu den testes synodales als iuratores synodi: R. Dove, Untersuchungen, S. 366 ff.; zum Beweisverfahren ebd., S. 375. 77 Ebd., S. 1127. 78 D. Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 89. 79 W. Hellinger, Pfarrvisitation T.l, S. 43 zur Sendfrage I, 15. 80 Siehe dazu J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1127, 1129, 1132ff.

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auch andere in der Pfarrei ansässige Siedlungsgemeinschaften zur Benennung eigener iurati ecclesiae zu verpflichten 81 .

1.4.4 Sendgericht und Bannrecht Aus dem Blickwinkel des parochialen Bannrechts betrachtet, stellt sich die Rügund Sendpflicht der Gemeinde nicht so sehr als Ausfluß bischöflich-gräflicher Banngewalt dar, als vielmehr als ein Recht, das erstens der Pfarrkirche zustand und zweitens mit dieser auch die Pfarrgenossenschaft selbst privilegierte. Das Privileg bestand darin, daß die Pfarrgenossen in den Sachen, die als sendbar galten, weder vor ein anderes als das zuständige Sendgericht gezogen, noch - was sich zum Teil daraus versteht - dem Urteil Ortsfremder unterworfen werden konnten82. Auch das Sendrecht war demnach ein der ecclesia und der parochia zugewiesenes Bannrecht, doch ist zweierlei zu beachten: Zum Recht der ecclesia parochialis gehörte, auch wenn der Send bei ihr tagte, nicht notwendigerweise das Sendrecht selbst, das heißt die Sendherrlichkeit. Denn obgleich nur eine Kirche oder der ihr zugehörende, geweihte Kirchhof als Gerichtsort in Frage kam, hing doch die bischöfliche iurisdictio keineswegs so wie die cura animarum und das ihr zugehörige Beichtrecht an einer jeden Pfarrkirche 83 . Mit anderen Worten, der Altar wurde mit der Pfarrerhebung der Kirche 81 A. M. Koeniger, Sendgerichte. S. 54f.; D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 95. - Zu den sogenannten decani, denen offensichtlich eine ähnliche Funktion zukam wie den testes synodales: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 292. - Zu diesen besonderen Rügzeugen, die anscheinend Laien waren, sowie zur Frage, ob sie mit den an anderer Stelle seniores genannten Personen oder mit dem pater familias identisch oder aber weltliche Amtsträger waren: D. Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 51, 89 f.; R.Dove, Untersuchungen, S. 345, 351 f. 82 Das Sendrecht der einzelnen Bezirke oder Kirchen nahm Spezifizierungen vor sowohl hinsichtlich des sendpflichtigen (und damit auch des rügeberechtigten) Personenkreises, als auch im Hinblick auf die sendbaren Vergehen (und damit die zu schützenden Rechte, des Ortes, des Gerichts, des Gerichtsherrn oder Richters, die Bestimmungen über die Auswahl und Herkunft der Schöffen, das Verfahren für die Ladung, die Gerichtsverhandlung selbst und teilweise auch für die F.rzwingung der Urteilserfullung). Siehe dazu die Sendweistümer bei A. M. Koeniger, Quellen; J. Grimm, Weistümer. Zu den nichtsendbaren Personen oder Gruppen: P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 433 ff.; außerdem über den sogenannten Aachener Reichssend: L. Frohn, Sendgericht; H. Lepper, Reichsstadt und Kirche; über den Send im Archidiakonat Wetzlar: W.-H. Struck, Sendgerichtsbarkeit; und v.a. R.Dove, Untersuchungen, S. 353ff. - Nicht berücksichtigt wurden solche Zusammenhänge von S. Schröcker, Ortskirchenvermögen, S. 22 ff., in seinen Erörterungen über den Rechtscharakter der Pfarrei und das Eigentum am Kirchengut. 83 Zur Verknüpfung von Meßrecht und Bußsakrament bei der Privilegierung eines Altars und zum Beichtrecht des Pfarrers als Teil des Amtsrechts: A.v. Harnack, Dogmengeschichte, Bd. 3, S. 313ff.; P.Hinschius, System, Bd.4, S. 398ff.. v.a. 404; Bd.5, S. 291 ff.; zum Vorkommen von Pfarrkirchen neben Sendkirchen an ein und demselben Pfarrort: H.T. Hoederath, forensis ecclesia; zur Disziplinargewalt der Priester, die an Taufkirchen instituiert waren (Archipresbyter) über den in ihrem Sprengel dienenden Minderklerus und zu den vom Bischof zu Dekanen bestimmten Pfarrern, denen ebenfalls bestimmte jurisdiktionelle und disziplinarische Aufgaben zugewiesen wurden: ebd., Bd.2, S. 266ff., 269ff.; vgl. dazu R.Dove, Untersuchungen, S. 334f., 339ff., 345, 364; zur Funktion der Archipresbyter und Archidiakone außerdem: N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, v.a. S. 323 ff., 328 f., 331 ff., 448, 457, 460ff., 655; zur Trennung oder Unterscheidung von cura animaritm und iurisdictio siehe auch D. E. Heintschel, Ecclesiastical Office, S. 43, 76 ff.; zur Unterscheidung von forum poenitentiale und forum iudiciale: E.H.Fischer, Priester als Bußspender, S. 206 f.

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nicht zum Richterstuhl des forum externum, weswegen der Pfarrer mit seiner Ordination und Institution auch nicht eo ipso die Funktion eines Richters im örtlichen Send einnehmen konnte 84 . Der andere Punkt ist, daß auch ein Sendrecht in diesem eingeschränkten Sinn nicht jeder Pfarrkirche zustand. Denn der Send tagte nicht bei jeder Kirche, die das Pfarrecht besaß oder erwarb. Das Sendrecht einer Pfarrgemeinde konnte sich vielmehr auch darauf beschränken, daß sie eigene ständige Geschworene bestellte, die für sie als Schöffen im Gericht saßen 85 . Ein Sendrecht, das bloß das Recht umfaßte, Schöffen zu stellen, müßte man dann vielleicht eher als ein der parochia und jedem einzelnen Pfarrgenossen zustehendes Recht auffassen, als ein der Pfarrkirche anhängendes Privileg, insbesondere, wenn man bedenkt, daß die tatsächliche Kompetenz des Rügens, Zeugnislegens und Urteilens aus der Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten heraus weder vom Bischof oder vom Grafen und auch nicht vom Kirchenherrn ohne weiteres persönlich wahrgenommen oder nach Belieben delegiert, sondern höchstens autoritativ eingefordert werden konnte. Sie lag also letztendlich beim Kirchenvolk selbst 86 . Wesentlich für das Recht am Send ist, daß sich die Kompetenz der Gläubigen hier nicht auf die eigene Person, auf geheime Sünden, das eigene Seelenheil und damit auf das forum internum beschränkte, sondern die ecclesia und parochia zum Gegenstand hatte. Die Wirkung ging über die Grenzen des persönlichen Bereichs und selbst der Pfarrei hinaus, weil jeder Sendpflichtige aufgrund göttlichen Rechts und somit ohne Ansehen seiner Person87 für die eigene Kirche und die eigene Gemeinde vor Gericht das Wort ergreifen konnte und sollte - um Klage zu erheben und Zeugnis zu legen, Recht zu weisen und Urteile zu finden, und zwar auch solche Urteile, die sich gegen die Kirche selbst oder den Pfarrer, den Kirchenherrn oder den Bischof wandten88. 84 N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 99, Anm. 1; siehe aber auch ebd., S. 96 fT.,über den Erwerb des Bannrechts durch die älteren Tauf- oder Pfarrkirchen; vgl. dazu die Angaben in Teil B, Anm.97. - Zum Altar als «Richterstuhl Christi»: G.A.Benrath, Buße V (TRE 7), S. 459; zur Bedeutung der «Altarsetzung»: R. Schneider, Wechselwirkungen, S. 142 ff., v. a. S. 153 f.; vgl. dazu die Unterscheidung der institutio collativa von der institutio autorizabilis bei P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 650f. - Zum Sendrecht der Archidiakone und der Pfarrer: ebd., Bd. 5, S. 429ff., 435. Eine Pfarrei, wo der Pfarrer neben einer Vielzahl anderer, über das Pfarramt hinausgehender Funktionen auch das Amt des Sendherrn innehatte, war die von Willisau (Kanton Luzern), deren Kirche im übrigen auch über einen einem besonderen Waldgericht unterstehenden Hochwald verfugte. Siehe dazu die für viele der hier berührten Themen sehr aufschlußreiche Untersuchung von A.Bickel, Willisau, hier S. 50 ff.; vgl. Teil B, Anm. 54. 85 D. Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 67. Zum Schöffenamt siehe zusammenfassend, im Rückgriff v.a. auf J.Weitzel, Dinggenossenschaft: F.Battenberg, Schöffen, Schöffengericht (HRG 4), Sp. 1463 ff. 86 Denn, wie J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 184, formuliert: «Im Ding aber (herrschen) die (Beherrschten) mit». Vgl. auch L. Kuchenbuch, Klostergrundherrschaft, S. 326 ff. - Siehe auch über die postreformatorischen Sittengerichte in der Schweiz: H. R. Schmidt, Christianisierung des Sozialverhaltens, S. 113: «Die Sittengerichte in der Schweiz werden direkt mit der Reformation eingeführt. Durch sie entsteht die Kirchgemeinde als Körperschaft». 87 Siehe E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», passim. 88 Siehe allerdings das bei P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 439, Anm. 4, zitierte Weistum, das den Geschworenen ausdrücklich untersagt, den eigenen Pfarrer, den eigenen Herrn und die eigene Ehefrau zu rügen. Doch dürften sich diese Rügen eher auf deren persönliche Verfehlungen (forum poeniieniiale oder internum) bezogen haben als auf eine Vernachlässigung oder Verletzung der Rechte der Kirche oder des Heiligen.

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Ein solches Sendrecht hätte dann aber, um das noch einmal zu betonen, nicht an der ecclesia parvchialis als einem geweihten Ort gehangen oder am Altar oder am fundus der Kirche, sondern wäre mit der parochia, der Gemeinschaft der Gläubigen, verbunden gewesen, ohne die es keine ecclesia geben konnte. Sein Ursprung wäre weder in der Freiheit der Person, noch in der Verfügungsgewalt über das bewirtschaftete Land oder im Eigentum an der Kirche begründet gewesen, sondern im Tauf- und Firmversprechen, das in erster Linie eben dieser Gemeinschaft der Gläubigen geleistet wurde. Wie oder warum es dazu kam, daß mehrere Pfarreien einer Sendkirche zugeordnet wurden, läßt sich verschieden erklären. Das Kapitular von Toulouse aus dem Jahre 844 hatte bestimmt, daß immer fünf Pfarreien einen Sendbezirk bilden sollten, wobei die für alle am zentralsten gelegene Pfarrkirche Ort der Visitation, also vorübergehend Sitz des Gerichts sein sollte89. Diese Regelung ist zunächst einmal deswegen beachtenswert, weil sie dem Visitator die Gelegenheit nahm, die örtlichen Gegebenheiten, etwa die Kirchengebäude, in Augenschein zu nehmen, und ihn geradezu nötigte, sich auf das Zeugnis der testes synodales zu verlassen. Darüberhinaus könnte hier angedeutet sein, daß die betreffende Kirche den anderen nur durch ihre geographische Lage, nicht aber dem Recht nach als überlegen gelten, also auch gegenüber der Kathedrale nicht besonders privilegiert sein sollte90. Begründet wurde die Anordnung damit, daß die Ausgaben für die Beköstigung des reisenden Gerichts für die einzelnen Pfarreien zu groß würden. Das klingt plausibel, da Klagen, die Visitationen verursachten den Kirchen und Gemeinden zu hohe Kosten, häufiger zu finden sind91, schließt jedoch nicht aus, daß es auch andere Motive gab. Grundsätzlich bot sich, wenn es das Ziel war, die Zunahme von Privilegierungen einzelner Landkirchen im Bereich der iurisdictio einzuschränken, außer dem Verfahren, das das Kapitular von Toulouse nahelegte, auch an, das Sendrecht nur in Verbindung mit ganz bestimmten anderen Bannrechten zu vergeben. Etwa anstatt in Verbindung mit dem Pfarrecht oder dem Taufrecht nur zusammen mit dem Zehntrecht oder mit der defensio oder advocatia ecclesiae. Allerdings wären solche Regelungen kaum zum Vorteil der Kathedrale und auch rechtstheoretisch anfechtbar gewesen, weil das Recht auf iurisdictio ursächlich in der cura animarum begründet war und mit seiner Anbindung an Zehntrecht oder defensio den Boden der im Evangelium begründeten iura spiritualia verlassen und damit letztendlich den Bischofsbann zugunsten der Inhaber von Grundherrschaft und weltlicher Gerichtsbarkeit geschwächt hätte.

89 D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 67. 9 0 Das spätere Dekanat lief vielfach in den Pfarreien des Landkapitels reihum oder wechselte zumindest immer wieder, das heißt, es hing nicht an einer bestimmten Kirche oder deren beneficium. Siehe dazu die Einträge über die Setzungen der Dekane in M. Krebs, Investiturprotokolle. Vgl. auch die Dekanatslisten in R.Engels, Landdekanat Herxheim, S.XX1, und in V.Rödel, Landdekanat Weyher, S. XVII. Zum Dekanat auch: P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 269 ff. 91 M. Lingg, Pfarrvisitation, S. 22 f.; Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 884 f. - Das dritte Laterankonzil (1179) legte dafür Fixbeträge fest: H.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 378.

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Das heißt nicht, daß es solche Regelungen in der Kirchengeschichte nicht gegeben hätte, sie sind wohl eher nicht hinreichend erkannt oder erforscht. In der Rechtspraxis, in der sie zu suchen sind, müßte die Anbindung des Sendrechts an das Zehntrecht eher zu einer Angleichung an grundherrliche Strukturen gefuhrt haben, wohingegen seine Anbindung an die in der defensio oder advocatia zum Ausdruck kommende exekutive Gewalt eher darin gemündet sein wird, daß weltliche Gerichtsbezirke als Raster für die Einteilung der Sendbezirke herangezogen wurden. Denkbar ist aber auch, daß sich die Ausbildung weltlicher Gerichtsbezirke an ältere Sendsprengel anschloß oder in Gerichtsherrschaft ausgedrückte obrigkeitliche Gewalt aus den mit der am Send hängenden Zwangsgewalt hervorging' 2 .

92 Die Beziehungen zwischen Vogtei und Sendgerichtsbarkeit sind unzureichend untersucht, ebenso die Verlagerung der Zuständigkeit fiir sendbare Vergehen (v. a. öffentliche Ordung/Sittengericht) auf weltliche Gerichte. Doch tritt die Forschung der Problematik neuerdings etwas näher. Siehe M.Borgolte, Kirche, S. 114. - Zur Kirchenvogtei und zum Zugriff weltlicher Herren auf die kirchliche Gerichtsbarkeit siehe J. Hashagen, Staat und Kirche, S. 472; ders., Gerichtsbarkeit, v.a. S. 213, 216, 221, 229, 234ff.; A.Laufs, Gerichtsbarkeit, S. 166f.; J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 762, 771 f.; E. Boshof, Kirchenvogtei, S. 67; siehe auch N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 652. - Zu den Verfahren der Erzwingung des Gehorsams gegenüber den kirchlichen Geboten und Urteilen: R.Dove, Untersuchungen, S. 379ff.; P.Hinschius, System, Bd.4, 288 ff.; W. Hellinger, Pfarrvisitation, T. 1, S. 46; siehe auch J. Gernhuber, Landfriedensbewegung, passim; über die Auswirkungen der Gottesfriedensbewegung, allerdings im Hinblick auf französische Quellen: H.W.Goetz, Kirchenschutz, v.a.S. 196f., Anm.21, 203f., 206ff. - Überprüfenswert scheint von daher jedenfalls die Frage, inwieweit es zu einer Feudalisierung königlicher defensio respektive einer Angleichung grundherrlicher Kompetenzen an das königliche Recht des Kirchenschutzes gekommen sein könnte. Siehe hierzu A.Angenendt, Kaiserherrschaft, S. 310ff.; K.F.Krieger, Reich, S. 20 ff., 33 ff., 37 ff., 42, 58 f.; T.Zotz, Präsenz, S. 168 f.; W. Wegener, Regalien (HRG 3), Sp.474; W.Hölscher, Kirchenschutz, 79, 84ff., 141 ff.; und immer noch H.Hirsch, Kastvogt, v. a. S. 64, 68; ohne näheren Bezug zur Frage der Kirchenvogtei dagegen: D. Willoweit, Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt; siehe auch ders., Schutz und Schirm (HRG 4), Sp. 1528 ff. Eine gute Differenzierung der verschiedenen kirchlichen Vogteiformen (Vogtei über kirchliche Personen und das Kirchengut, Vogtei über die öffentliche Gerichtsbarkeit, Schirmvogtei), die auf entsprechende, im weltlichen Recht begründete Kompetenzen gestützt sein mußten, bietet E. Wisplinghoff, Vogtei. - Obgleich H. Aubin, Landeshoheit, S. 137, meinte, bei der Untersuchung der Vogtei von den Verhältnissen der Pfarrkirchen absehen zu können, weil sie mangels ausreichenden Grundbesitzes für sein Thema keine Relevanz besäßen, bietet das von ihm dargelegte Material zahlreiche Einblicke in die Zusammenhänge von Kirchenschutz und Landesherrschaft auch im Hinblick auf die Pfarreien. Zum Zusammenhang Patronat-Vogtei-Landeshoheit siehe auch die Verhältnisse im zum Bistum Passau gehörigen Land ob der Enns: K. Eder, Das Land ob der Enns, v. a. S. 38 ff., 88 f., 100f., 112 ff.. 304 ff., 320 ff.; zur Nutzung der Patronate über Pfarrkirchen und der Schirm- und Kirchenvogteien über Bistümer und Klöster (und die diesen gehörigen oder inkorporierten Kirchen) zur Festigung von Landesherrschaft: J. Naendrup-Reimann, Territorien und Kirche; v.a. zur Kurpfalz (150ff.) und zu Württemberg (156ff.), woher die meisten der hier verwendeten Quellen stammen; vgl. dazu R.Lossen, Staat und Kirche; J.Wülk, Kirchenpolitik. - Zur Frage der Identität von weltlicher und kirchlicher Gerichtsgemeinde, Pfarrsprengeln und Gerichtsbezirken: D.Krauss, Pfarrorganisation in der Ortenau; P.Hinschius, System, Bd.2, S. 270, 274; J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1131; K.S.Bader, Dorfgenossenschaft, S. 187ff.; H.E. Feine, Gemeindekirche, S. 172, 180, 184, 188 f.; N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 95 ff., 103, 663 f.

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Im Hinblick auf die bischöfliche iurisdicitio rechtsfreie Räume, das heißt, Gebiete, in denen das kirchliche Recht nicht galt 93 , konnte es unter den Vorzeichen des über das ganze Reich verhängten Religionsbannes im Grunde nicht geben. Die Verdichtung des Pfarrnetzes diente wie die Durchführung regelmäßiger Visitationen dem Zweck, solche Räume zum Vorteil der von der königlichen Legislative und Exekutive dominierten kirchlichen Gerichtsbarkeit zu schließen. Die Entstehung von Sendgerichtssprengeln mit festen Schöffenkollegien zeigt jedoch deutlich, daß dieses System zwar die auctoritas episcopalis und die auctoritas imperialis präsenter machte, andererseits aber das in diesen angelegte monokratische Prinzip durchbrach. Daß derjenige, der den Send im Namen der Amtskirche und ihres Defensors besaß, nicht selber richten konnte, sondern das Urteil den Schöffen überlassen mußte, verschob die Machtverhältnisse zugunsten des Kirchenvolkes - auf alle Fälle dort, wo dieses frei war und über Rechte am Grund und Boden verfügte. Wo solches nicht der Fall war und daher die Exekutivgewalt nicht beim Grafen, sondern überwiegend bei den Grund- und Leibherren lag, konnten diese ihre Position als Kirchenherren zunächst wohl noch ausbauen - was aber nicht heißen mußte, daß sie die Pfarrei tatsächlich am Kirchenvolk vorbei «regieren» konnten; vielmehr waren sie nicht anderes als die Amtskirche vielfach auf dessen Mitwirkung angewiesen 94 . Wenig Mitspracherechte hatte das Kirchenvolk sicherlich dort, wo besonders bevogtete Kloster- oder Stiftskirchen oder - in Einzelfällen - Pfarrkirchen die wichtigsten geistlichen und weltlichen Herrschaftsrechte in ihrer Hand konzentriert hatten, sich also zum Beispiel im unanfechtbaren Besitz der Disziplinargewalt oder Gerichtsbarkeit und Zwangsgewalt über ihre familia befanden, weil deren Mitglieder entweder unfrei oder im Patrozinium der betreffenden Kirche freigelassen waren 95 , dieser hinsichtlich der cura animarum unterstanden und außerdem auf dem dieser gehörigen Grundbesitz in Villikationen lebten oder aber aus ande-

93 N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 92 ff. - Als außerhalb des Pfarrechts gelegen denkt sich K.S.Bader, Dorfgenossenschaft, S. 185, das unbebaute, bewaldete oder sonst unwegsame Hinterland der Pfarreien. Doch ist dazu zu bemerken, daß sich die Rügpflicht der Schöffen zwar auf die parochia und die sendbaren Vergehen und sendpflichtigen Leute bezog, die iurisdictio des Bischofs aber prinzipiell die ganze Diözese und sämtliche Verstöße gegen Gott und die Christenheit umfaßte, so daß das Recht auf visitatio über alles in der Diözese gelegene Land ausgeweitet werden konnte. Siehe dazu R. Dove, Untersuchungen, S. 356 f., 367; vgl. dazu A.Pöschl, Neubruchzehenten, S. 49, 187 und (vor allem zu den Rechten an den novalia) S. 183 ff. 9 4 Vgl. das Sendweistum von Nierstein (Rheinhessen): A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 68. - Bemerkenswerterweise lag im friesischen Teil der Diözese Münster das Sendrichteramt in der Hand der alteingesessenen weltlichen Grundherren: P. Hinschius, System, Bd. 5, S. 436, Anm. 1. In anderen Gegenden wurde die Vogtei zum Ansatzpunkt weltlicher Gewalt in Fragen kirchlicher Gerichtsbarkeit; zum Einfluß der Grafen von Jülich als Schirmvögte des Aachener Reichssend: L. Frohn, Sendgericht, S. 109; zur Vereinnahmung der Ortsvogteien durch die Schirmvögte: H. Aubin, Landeshoheit, S. 302; vgl. dazu E. Boshof, Kirchenvogtei, S. 67, über das Absinken der kirchenvogteilichen Aufgaben des Grafen an den advocatus civitatis, den villicus und die Schöffen; vgl. auch N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 99, Anm. 1 und 2, 4 5 5 f . , 4 6 5 f . , 651 f., 663; siehe auch J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 41 ff., 662ff., 7 5 4 f f . 95 Siehe dazu bei W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.2, S. 80; vgl. J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 993 ff.

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ren Gründen der weltlichen Gerichtsbarkeit oder Herrschaft dieser Kirchen unterstanden 96 . Ähnlich lagen die Dinge, wenn Klöster, Kathedralen oder Stiftskirchen ein Privileg besaßen, das die von ihnen besessenen regulären Pfarrkirchen von der bischöflichen Visitation befreite. Wenngleich damit zu rechnen ist, daß zahlreiche Immunitäten entstanden, in denen die Entwicklung regelrechter Sendgericht nicht zugelassen wurde, so war doch andererseits die kirchliche Gerichtsbarkeit auch für die Inhaber solcher Immunitäten ein hervorragendes Instrument zur Legitimation wie zur Organisation ihrer Herrschaft. Wo die Unterdrückung der Sendgerichte nicht tunlich erschien, fehlschlug oder der Erwerb der Immunität oder der Rechte an der defensio erst gelang, nachdem sich entsprechende Gewohnheitsrechte schon gefestigt hatten, war an dem dinggenossenschaftlichen Verfahren nicht mehr so leicht vorbeizukommen. Trotz aller Bestrebungen der Synoden und Konzile, die persönliche Bindung zwischen den Gemeinden und dem Oberhirten aufrechtzuerhalten, kam es vielerorts zur regelmäßigen Delegierung der Visitationspflicht an Pfarrer (Archipresbyter) oder andere Inhaber der iurisdictio ordinaria, woraus sich zunächst dauernde Ämter und dann, über die Zuweisung bestimmter oder sämtlicher Einkünfte aus der Visitation an die Inhaber dieser Amter, besondere beneficia entwickelten. Indem man visitatio und iurisdictio mit den Kirchen, denen diese Amtsträger vorstanden, so verschmelzen ließ, wie die episkopale iurisdictio selbst mit der cathedra verschmolzen war, band man sie auf Dauer an dieselben und machte damit nicht nur den Anschein bischöflicher Delegierung ad personam, sondern auch den eigenständigen, im Grunde allein der cura animarum verbundenen Amtscharakter von visitatio und iurisdictio zunichte 97 .

1.4.5 Die Sendgerichtsbarkeit als nutzbares Recht Was die Einkünfte des Visitators betrifft, so hatte schon das Konzil von Braga den Bischöfen das Recht zugesprochen, von jeder visitierten Kirche zwei Schilling Gebühr zu erheben (synodaticum). Die fränkischen Kapitularien sprachen dem reisenden Send eine procuratio (Sendhafer) durch die Pfarrer der visitierten Landkirchen zu, die aus den Einkünften dieser Kirchen aufzubringen war. Späterhin kam es zur Einführung von Send-

96 L. Kuchenbuch, Klostergrundherrschaft; zum Kirchenbesitz von Klöstern und zum geistlichen Patronat: P.Landau, lus patronatus, S. 4 6 f f . , 137; A. Fehringer, Kiosterpfarrei; K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 84 ff., 367 ff., aber auch S. 43 ff. 97 Zum Archipresbyteriat und zum Archidiakonat: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 262 ff., 183 ff.; N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt. Zur Radizierung der Bannrechte an Pfarr-, Stifts- oder Klosterkirchen: ebd., S. 96, 99, 334, 455 f., 660; zu den Privilegien von Klöstern gegenüber dem Sendbann der Kirchen fremder Herren: ebd., S. 104; zu Exemtionen von Klöstern und Pfarrkirchen von der archidiakonalen oder bischöflichen Gerichtsbarkeit und zur Inkorporation des Sendbanns (bannus episcopalis), zumeist zusammen mit der Kirche ebd., S. 105 f., 323 ff., v. a. 328, 331, 337ff., 342 f., 345, 444, 448, 451, 454 ff., 464, 654 ff.. 659f.; vgl. P. Hinschius, System. Bd. 2, S. 280 f.

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abgaben (Sendschilling) für die Gläubigen, die entweder auf der Person (Männer und Frauen oder Ehepaare) oder dem Haus oder Haushalt lagen (synodalia)9g. Vor allem aber erwuchsen dem Send eigene Einkünfte, seitdem es möglich war, Bußstrafen mit Geld abzugelten (redemptio), eine Regelung, die zunächst nur für Freie gegolten hatte, dann aber zunehmend verallgemeinert worden war". Die bischöfliche Zehntquart, in der man ein Äquivalent für die dem Bischof durch seine Pflichten als Richter und Visitator oder Gerichtsherr aufgebürdeten Kosten und Lasten sehen könnte, beruhte auf dem römischen Vierteilungsschema, das sich nicht überall hatte durchsetzen lassen. Sie konnte ohnehin nur in den Sprengein fallig werden, deren Kirchen volles Zehntrecht besaßen. Wo der Zehnt einer anderen Kirche zufloß als derjenigen, die es zu visitieren galt, dürfte die Quart dem Visitator vorenthalten geblieben sein. Da die synodalia verhältnismäßig gering waren und die procuratio erst spät in Geld umgesetzt und in ihrem Umfang mehrfach begrenzt wurde, ließen sich die Einkünfte aus der Sendgerichtsbarkeit nur über die Bußen und die Gebühren steigern' 00 . Die Pfarrgemeinde respektive das sie vertretende Schöffenkollegium allerdings konnte an hohen Bußen und Gerichtsgebühren nur dann interessiert sein, wenn sie selbst davon einen Nutzen hatten, der über den Effekt der Disziplinierung ihrer Mitglieder hinausging. Um sich einen solchen materiellen Vorteil zu sichern, konnte die Gemeinde zwei Wege einschlagen: Entweder das Schöffenkollegium erkannte die Umwandlung der Bußleistung in eine Geldstrafe nur dann an, wenn diese entsprechend dem gerügten Vergehen, das heißt im Sinne einer Wiedergutmachung für einen ganz bestimmten Zweck verwandt wurde - etwa indem man für Fluchen und Schwören ein Pfund Wachs für die Altarlichter verlangte 101 . Oder es forderte nach dem sonst üblichen Teilungsschema für kirchliche Einkünfte einen obligatorischen Anteil an den Bußen für die Kirche und die Armen 102 .

98 H.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 377 f.; Richter Dove Kahl, Lehrbuch, S. 453, 605; Weistum von Mutterstadt: A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 90. 99 H.E.Feine, Rechtsgeschichte, S. 220f., 429; Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 983; P.Hinschius, System, Bd. 4, S. 827; R.Dove, Untersuchungen, S. 329, 380 ff.; zum Friedensgeld, das Freie zu zahlen hatten, ebd., S. 380f., vgl. dazu N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 108; außerdem ebd., S. 111; zu den Einkünften aus der Sendgerichtsbarkeit: ebd., S. 338, 345, 444, 448, 454, 645; zur theologischen Begründung: G.A.Benrath, Buße V (TRE 7), S. 452. 100 Zu den Mißständen und Beschwerden im Archidiakonat Wetzlar: H.-W.Struck, Sendgerichtsbarkeit; siehe auch N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 450. 101 Ebd., S. 132; Weistümer von Sobernheim und Speyer: A.M. Koeniger, Quellen, Nr. 75, 91; genaue Regelungen finden sich in der reformierten Sendordnung (1589) der Gemeinde Wittlich (Eifel, Bistum Trier): J. J. Blattau (Hg.), Statuta synodalia, Bd.2, Nr.81, Punkt 14; siehe auch die Anordnung des Offizials des Domprobstes zu Speyer an das Landkapitel Weißenburg, die Kirchengeschworenen der Pfarrkirche bei der Eintreibung einer Buße wegen Ehebruchs zu unterstützen: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 201. - Den Priestern war es verboten, «einkömmliche Bußen» aufzuerlegen oder die als Buße verhängten Messen selbst zu lesen, um den Lohn zu vereinnahmen: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 250f. 102 Ebd. am Schluß, S. 356; zum Dritteil für die Kirche oder fabrica: S.Zorell, Parochialsystem, S. 280 f.

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Was die Gebühren betrifft, die für die Arbeit des Gerichts pauschal (synodalia, synodaticum) oder für bestimmte Handlungen desselben (Gebühren für die Anmahnung der Erfüllung gebotener Urteile oder der Ablieferung pfarr- oder vertragsrechtlich festgeschriebener Leistungen wie Zins, Zehnt, Renten und Gülten) von Fall zu Fall erhoben wurden, so scheint auch im Send das in weltlichen Gerichten gängige Verfahren der Drittelung angewendet worden zu sein, wonach je ein Teil der Erträge dem Gerichtsherrn, dem Richter und den Schöffen zustand .

1.4.6 Der Send und die geistliche Gerichtsbarkeit Im Zuge ihrer Reformbestrebungen machte sich die Amtskirche seit dem 11. Jahrhundert daran, Laien von allen Funktionen der kirchlichen Leitungsgewalt auszuschließen, was Hand in Hand damit ging, daß eine Vielzahl germanisch-rechtlicher Elemente aus dem Kirchenrecht verdrängt wurde. Betroffen waren daher nicht allein die grundherrliche und vor allem die laikale, also adlige Kirchenherrschaft, sondern auch deren komplementäres Gegenüber, die Pfarrgenossenschaft und das von dieser besetzte, dinggenossenschaftlich verfahrende Sendgericht 104 . Zunehmende Schriftlichkeit machte den Klerus von der Weisung der Gemeinden und dem Urteil der Schöffen unabhängiger, Gottesurteile wurden als Beweis zurückgewiesen, die Heiligen verloren ihre Interzessionsgewalt, neben das Zeugnis der iurati ecclesiae und das Wort der Eidhelfer trat der Urkundenbeweis 105 . Die öffentliche Buße wurde zugunsten der Beichte zurückgedrängt, wodurch das forum externum ein Stück weit profanisiert wurde 106 , derweil das Recht, dem Sünder zu vergeben, gänzlich in den Bereich der sakramentalen Handlung zurückgenommen wurde. Die Gewalt zu lösen und zu binden sollte allein dem Priester vorbehalten sein, die Diakone wurden davon ebenso ausgeschlossen wie die Sendschöffen, deren Urteil dadurch seine ursprüngliche Wirkung, nämlich im Rahmen genossenschaftlicher Rechtspflege den Sünder mit der Gemeinde, aber auch mit Gott auszusöhnen, verlor. Die Bischöfe bemühten sich, die Archidiakone, in deren Hände die Sendgerichtsbarkeit im Zuge der oben beschriebenen Delegierung und Privilegie103 Zum Recht des Richters, der Schöffen und des Altars, des Heiligen oder der Kirche an den Bußen und an den Erzwingungsgeldern: H.-W.Struck, Sendgerichtsbarkeit, S. 132; die Weistümer von Edesheim, Sobernheim, Bornheim A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 87, 75, 86; zum Schöffendrittel siehe auch F. Pauly, Laienaufgaben, S. 172. 104 J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1139ff.; P.Hinschius, System, Bd.5, S. 443ff. 105 Dem Gottesurteil hatten sich vor allem die Unfreien unterwerfen müssen, derweil die Freien sich freischwören konnten: R.Dove, Untersuchungen, S. 376; D. Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 93 ff.; H.Nottarp, Gottesurteilstudien, S. 27f. - Heilige konnten nach Thomas v. Aquin keine Sünden vergeben: G.A.Benrath, Buße V (TRE 7), S. 462. 106 W.Trusen, Forum internum; zur Unterscheidung von forum poenitentiale und forum iudiciale: E. H. Fischer, Priester als Bußspender, weitere Literatur dort, S. 203; zum Übergang sendbarer Vergehen und Sachen um Kirchengut in die Hände der weltlichen, vornehmlich der städtischen Gerichtsbarkeit: P. Mikat, Kirchengut, S. 266f.; K. Stenzel, Die geistlichen Gerichte, T. I, S. 383fT„ T.II, S. 53ff., 351 fT.; J.Hashagen, Gerichtsbarkeit, S. 208, 216f., 225, 237; O.Hageneder, Geistliche Gerichtsbarkeit, S. 257f.; J. Naendrup-Reimann, Territorien und Kirche; J. Wülk, Kirchenpolitik; E.Trostel, Kirchengut. Siehe auch P. Kirn, Staat und Gericht, (für das Reich) S. 185 ff., (für die radikale Haltung der englischen Könige) S. 169 ff.

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rung gelangt war, zugunsten von ihnen bestellter Generalvikare wieder aus dem Bereich der iurisdictio zu verdrängen 107 . Mit anderen Worten, es ging darum, die iurisdictio wieder in den Bereich der engeren cura animarum zurückzubringen, was hieß, sie eng an das Amts des Priesters und Bischofs anzubinden. Wo durch den in Gang gesetzten Wandel der archidiakonale Send und mit ihm das Laienurteil in kirchlichen Dingen nicht überhaupt in Abgang geriet, wurde versuchte, dessen hergebrachten Kompetenzen zu beschneiden oder auf dem Status quo einzufrieren. Allein aus der consuetudo legitimiert und dem, was die Amtskirche als «kanonisch» verstehen wollte, in vielem geradezu grundlegend entgegengesetzt, war dem parochialen Recht die Erneuerung aus sich heraus, das heißt mit den Mitteln dinggenossenschaftlichen Verfahrens, zumindest erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Wo es um Laienrechte und die Arbeit des Gerichts selbst ging, trafen nicht nur verschiedene Interessen, sondern zwei unterschiedlichen Rechtsauffassungen aufeinander. Zum Beispiel kritisierten der Pfarrklerus und die geistlichen Kirchenherren lautstark, daß anläßlich der jährlichen Rechenschaftsberichte der Sendschöffen über das Kirchengut von der Gemeinde ein Festmahl auf Kosten «der Kirche» gehalten werde. Dabei übersahen die Ankläger geflissentlich, daß die Gemeinde mit dem SchöfFenteil ein Anrecht auf einen gewissen Teil dieses «Kirchengutes» erwarb und das Mahl ein Rechtsbrauch und keineswegs ein Akt der Verschwendungssucht und ein Zeichen der Leichtfertigkeit des Pfarrvolkes war.

1.5 Die Kirchen und ihre Herren So vielseitig der Begriff ecclesia ist, so vielfaltig, mehrschichtig und oft uneindeutig treten auch die Beziehungen in Erscheinung, die zwischen der ecclesia und ihren «Herren», das heißt denjenigen, die über «die Kirche» umfassende oder partielle Verfügungsgewalt besaßen. Diese Verfügungsgewalt war keineswegs, wie die Amtskirche dies gerne gesehen hätte, allein von der auctoritas episcopalis bestimmt, sondern mindestens gleichermaßen, wenn nicht vor allem, von weltlicher Herrschaft, die ihrerseits in verschiedener Weise begründet sein konnte und weder statisch, noch in jedem Fall ungeteilt war. Unter welchen Umständen weltliche Herrschaft mit kirchlicher Gewalt verknüpft und wie einer solchen Machtkonzentration gesteuert oder widerstanden werden konnte, soll etwas näher beleuchtet werden.

107 Zur Geschichte des «Lösens und Bindens» und zum «Nachlassen und Behalten» im Sinne einer Sündenvergebungsvollmacht in der Hand der Gemeinde oder bestimmter Amtsträger: H.Vorgrimmler, Buße und Krankensalbung, S. 13-17, 18f.; H.E.Fischer, Priester als Bußspender, zur Laien- und Diakonenbeichte 205 ff., 211 fT.; zum Ausschluß der niederen ordines und tituli vom Bußsakrament: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 85 f.

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1.5.1 Anmerkungen zur Eigenkirchenlehre Daß die Beziehungen der Kirchen zu ihren Herren durchgängig und eindeutig dem Muster gefolgt seien, das Ulrich Stutz in seiner Eigenkirchenlehre entwickelte, muß wohl bezweifelt werden 108 . Stutz war davon ausgegangen, daß die Pfarrkirchen als nutzbare Sache galten und unter der absoluten Verfügungsgewalt deijenigen standen, auf deren Grund und Boden sie errichtet worden waren. Als Gründer der Kirchen hätten die Eigenkirchenherren sowohl diese selbst als auch das ihnen zugehörige Gut wie ihr Eigengut besessen und außerdem, indem sie die Priester einsetzten und die Einkünfte aus den spiritualia einzogen, über das Amt verfugt, das diesen Kirchen vom Bischof zugewiesen war. Demnach hätte also der Eigenkirchenherr nicht allein die Kirche, sondern auch das dieser zugewiesene Pfarrvolk in seinen sämtlichen kirchlichen Belangen und seelsorgerlichen Bedürfnissen beherrscht. Eigenkirchenherrschaft in diesem Sinne scheint jedoch nur eine, nämlich die extremste Form der fränkischen Eigenkirche gewesen zu sein, die mit der antiken Privatkirche (ecclesia privata) wohl doch mehr gemein hatte, als Stutz glauben wollte. Unbestritten besaßen Eigenkirchen, wenn sie als ecclesiae publicae oder Pfarrkirchen fungierten, eigene Amtsrechte und konnten von daher auch einen Anspruch auf die Seelsorge und vor allem auf die damit verbundenen Einkünfte geltend machen - einen Anspruch, für dessen Durchsetzung in der Regel der Kirchenherr kraft der ihm aus der Gründung erwachsenen Rechte und Pflichten eintreten konnte und mußte. Worauf sich aber die Rechte des Eigenkirchenherrn im einzelnen stützten, wie weit sie gingen oder welche Kompetenzen er ratione fundationis allein entweder de iure oder de facto nicht besaß, sondern anderen Herren oder der Gemeinde und dem Pfarrer oder womöglich der Kirche als Rechtsperson und damit eventuell anderen Herrschaftsträgern überlassen mußte, ist nach wie vor erklärungsbedürftig 109 Um dem Phänomen kirchlicher oder im kirchlichen Recht begründeter Herrschaft oder den Ursachen für eine unbedingte Verfügungsgewalt oder Weisungsberechtigung bestimmter Personen gegenüber dem Pfarrer, dem Kirchengut und dem Pfarrvolk auf die Spur zu kommen, ist es methodisch durchaus hilfreich, den Ansatz von Stutz aufzugreifen und die ecclesia als Summe ihrer Vermögenswerte (iura temporalia) und Amtsrechte (iura spiritualia) zu betrachten:

108 Siehe Ulrich Stutz, Die Eigenkirche als Element des mittelalterlichen germanischen Kirchenrechts. Antrittsvorlesung, gehalten am 23. Oktober 1894, Berlin 1985 [Darmstadt 1955]. In einigen Punkten, vornehmlich das Pfarrgut (Vorbehaltsgut) betreffend, einschränkend: ders., Ausgewählte Artikel, v.a. S. 72 ff.; außerdem ders., Benefizialwesen; ders., Lehen und Pfründe. Siehe zum Forschungsstand und zur Kritik an der Eigenkirchenlehre: P. Landau, Eigenkirchenwesen (TRE 9); ders., Kirchengut (TRE 18), S. 564; außerdem W. Hartmann, Der rechtliche Zustand der Kirchen, passim; M. Borgolte, Lehre von der Eigenkirche. - Vgl. über die Frage der absoluten Leitungsgewalt der Kirchenherren auch K. Schäferdieck, Das Heilige in Laienhand, S. 132, 137. 109 Siehe P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 564; vgl. M.Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, v.a.S. 91 ff.

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Die Rechte der Kirche, die als iura temporalia bezeichnet wurden, das sind das Sachvermögen und die geldwerten Rechte, setzten sich aus zwei Komplexen zusammen. Zu dem einen gehörten das Grundstück (fundus), auf dem die Kirche und der Kirchhof errichtet waren, der Altar und das Altargerät - Dinge, die, um ihre kultische Funktion zu erfüllen, der Weihe bedurften und deswegen als res sacrae zu bezeichnen sind. Zu dem anderen Komplex fielen die übrigen Vermögens- und Nutzungsrechte, die mit der Kirche verbunden waren. Dieser zweite Teil der temporalia bildete das eigentliche Kirchengut, die res ecclesiasticauo. Die Beziehung zwischen beiden Komplexen zeichnet sich dadurch aus, daß das Kirchengut vornehmlich dazu diente, die res sacrae in Stand zu halten und die Betriebskosten des Gottesdienstes zu decken, und seinen besonderen Stellenwert oder Rechtsstatus eben diesem Zweck verdankte. Die iura spiritualia zeichneten sich dadurch aus, daß sie eine nichtdingliche und eine dingliche Komponente besaßen. Zum einen bezog sich der Begriff auf die aus der auctoritas episcopalis herrührenden, das heißt am kirchlichen Amt hängenden Rechte, die in den Bereich der cura animarum und der iurisdictio gehörten; doch wurde er auch auf das Zehntrecht angewendet, das seiner Rechtsnatur nach schwer zu fassen ist, weil es im Namen und zu Händen Gottes ein materielles Opfer (den zehnten Teil des Einkommens) forderte, das seine Rechtsursache im Alten Bund hatte, dessen «Vertragsgrundlage» jedenfalls eine andere war als die dem Christen im Neuen Testament z u g e s i c h e r t e ' 1 N u r vor dem Hintergrund alttestamentarischen Rechts, also eingedenk dessen, daß der Zehnt Gott selbst als Tributleistung seines auserwählten Volkes zustand, wird deutlich, daß man auch beim Zehnt unterscheiden muß zwischen dem Rechtsanspruch an sich und (dem Nutzungsrecht an) den Erträgen aus diesem Anspruch. Da diese Unterscheidung in den Quellen wie in der Literatur häufig unscharf bleibt oder überhaupt unterlassen wird, muß hier ausdrücklich betont werden, daß man unter «den spiritualia» auch die mit dem Amtsrecht und dem Zehntrecht verbundenen Einkünfte verstand. Die Verfügungsgewalt über beides, über die Rechte an sich wie über die Einkünfte daraus, beanspruchte der Bischof als Repräsentant der auctoritas divina, von der die Amtsgewalt ausging, deren es zur Handhabung eines jeden ius spirituale bedurfte. Die dauernde Übertragung von iura spiritualia im Sinne von «gebannten Rechten», das heißt mitsamt den zugehörigen Erträgnissen, an eine Landkirche, galt, wie oben ausgeführt, als Bannleihe. 110 Vgl. P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 560. Vgl. auch S.Schröcker, Ortskirchenvermögen, S. 21 f., wo allerdings kein Hinweis auf die Mehrung des «werbenden Vermögens» durch die Überschüsse aus den Amtseinkünften und Zehnten zu finden ist. - Zu den Wirkungen von Konsekration und Benediktion von öffentlichen und privaten Kirchen, Oratorien, Kapellen und Altären: P.Hinschius, System, Bd. 4, S. 162 ff., 179, 189, 314, 326 f., 399, 401. 111 Der Zehnt, der im göttlichem Recht begründet war, zählte zu den iura spiritualia, doch verfugten vor allem die geistlichen Kirchenherren auch nach 1179 über die décima wie über die temporalia ihrer Kirchen: G.Constable, Monastic Tithes, S. 15 ff., 84; ders., Monastic Possession; siehe zudem P.Landau, lus patronatus, S. 4ff., 137ff. D.Lindner, Regensburg, S. 232, 283, zählt die Zehntrechte gleich ganz zu den temporalia. Zum Inkorporationsrecht siehe Teil B, Kap. 2.5.

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Rechtstheoretische Schwierigkeiten bei der Unterscheidung zwischen temporalia und spiritualia (genauer gesagt, zwischen dem aus weltlichem Recht erworbenen Vermögen und dem aus geistlichem Recht erworbenen Vermögen) bereitete von Anbeginn, daß die kraft Amtes als Pflichtabgaben erhobenen Einkünfte, wo sie nicht gänzlich für die laufenden Kosten des Kirchenbetriebes verbraucht oder für karitative Zwecke verwendet wurden, das Kirchengut (res ecclesiastica) mehrten, das heißt in Sachvermögen umgewandelt und zu den temporalia geschlagen werden konnten, über die bei Eigenkirchen nicht der Bischof, sondern der Kirchenherr verfügte" 2 . Das eigentliche Problem aber, an dem sich die Konflikte entspannen und die Gemüter erhitzten, war die Frage, wer die Zwangsgewalt, die sich aus den ewigen und den zeitlichen Rechten der Kirche ableiten ließ, gegenüber dem Kirchenvolk auszuüben hatte. Der Natur der Sache nach hatte zweifellos hier die Kirche, dort die weltliche Gewalt einen Vorrang, doch zwangen die Übergriffe je länger desto mehr zu einer ausdrücklichen rechtstheoretischen Unterscheidung in temporalia und spiritualia, ohne die man in der Frage der Streiterledigung und der Erzwingung der Rechtsgewährung gänzlich handlungsunfähig zu werden drohte. Unbestritten dürfte sein, daß - entgegen den Bemühungen der radikalen kirchlichen Fraktion, die Laien gänzlich von der Handhabung kirchlicher Rechte und Güter auszuschließen - demjenigen, der eine Kirche aus eigenen Mitteln erbaute, das gesamte Mittelalter hindurch das Recht vorbehalten blieb, die von ihm durch fundatio eingebrachten temporalia, also die Kirche selbst in ihrer baulichen Substanz, ihre Güter und die an diesen hängenden Rechte, zu erhalten und zu bewahren - und zwar in der gleichen Weise wie anderes ihm zustehendes Gut. Das heißt auch mit denselben Mitteln, deren Gestalt und Reichweite sich nach dem Umfang seiner potestas bemaß. Von daher könnte man sagen, daß «Herr» einer Kirche im Sinne von «Eigentümer» oder «Patron» jeder hätte werden können, der auf einem eigenen Stück Land ein entsprechendes Gebäude errichtete und dieses weihen ließ. «Kirchenherr» hingegen konnte sich mit Fug und Recht nur derjenige nennen, dessen Kirche als «ecclesia» galt, also ein eigenes Kirchenvolk respektive ein eigenes Bannrecht besaß. Wer «Herr» einer ecclesia im Sinne von «Schutzherr» (defensor oder advocatus) sein wollte, mußte hingegen Kompetenzen besitzen, die es ihm ermöglichten, nicht nur nach innen, sondern auch nach außen Zwangsgewalt auszuüben 1 ' 3 .

112 G. Constable, Monastic Tithes, S. 61 ff. 113 Zum Begriff «Eigentum» und den im Mittelalter damit verbundenen Rechten: H.J. Goertz, Eigentum V (TRE 9); zu den Pflichten des advocatus oderpatronus siehe P. Landau, Ius patronatus, S. 9 ff., 128 f.; zu den für den Erwerb des Patronats vorausgesetzten Fähigkeiten, ebd., S. 38 ff.; außerdem die Diskussion um den Verkauf des ius mit einer Sachgesamtheit (universitas): ebd., S. 198 ff. Danach wurde unter einer Sachgesamtheit nicht das Grundstück verstanden, auf dem die Kirche stand, sondern Grundbesitz und die daran hängenden Herrschaftsrechte. Mit anderen Worten, auch das Kirchenvolk. Vgl. Teil B, Anm.92.

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Wenn man die iura spiritualia nur von ihrer dinglichen Seite her definierte, das heißt als Nutzungen ansah, die dem einer Kirche anhängenden Pfarrbann entsprangen, dann konnte man sie natürlich ebenso wie die temporalia der Verfügungsgewalt des Eigenkirchenherrn zuweisen. Der Eigenkirchenlehre zufolge, die eine solche Sicht der Dinge voraussetzte, war das dem Bann solcher Kirchen unterliegende Volk in seiner physischen Existenz vom Kirchenherrn aufgrund von Unfreiheit oder von Besitzlosigkeit schon vor der Kirchengründung abhängig gewesen, weswegen sich das Bannrecht der Kirche mit dem Mühl- oder Backbann vergleichen ließ. Damit war aber zugleich unterstellt, daß das Bannrecht der Kirche rein nutzungsrechtlich wirksam wurde, und seine Funktion als Instrument der inneren Christianisierung der Gesellschaft einerseits und der Erlangung ordentlicher Gerichtsbarkeit oder Zwangsgewalt andererseits vernachlässigt. Zutreffend ist sicherlich, daß ein Kirchenherr, der Grund- und Leibherr war, keiner ordentlichen Gerichtsbarkeit und Zwangsgewalt bedurfte, um seine eigenen Leute an die von ihm erbaute Kirche zu binden. Es ging aber beim Erwerb des Pfarrechts nicht allein um das Verhältnis zwischen dem Kirchenherrn und seinen Unfreien oder Hintersassen, sondern auch oder sogar vor allem um den Ausschluß von Rechtsansprüchen Dritter. Denn als Grundherren waren die Kirchenherren mit den Ansprüchen der Reichsgewalt und dem von dieser favorisierten bischöflich-gräflichen Gerichtsbann konfrontiert, der durch seine territoriale Ausrichtung ihre Rechte zu überlagern drohte und, wo er Sendgerichte hervorbrachte, das dinggenossenschaftliche Element nicht immer zum Vorteil der Grundherrschaft forderte. Als Leibherren mußten sie sich mit einer kirchlichen Gerichtsbarkeit auseinandersetzen, deren eigentlicher Gegenstand die Seele und nicht der Leib ihrer Unfreien war, und einer Strafgewalt Raum geben, die höher gewertet wurde als ihre eigene Disziplinargewalt und dieser nicht selten Beschränkungen auferlegte. Das heißt, die Kirchenherren mußten im wesentlichen dem Rechtsanspruch des Königs als defensor ecclesiae begegnen, für den der Kirchenbann nicht in erster Linie eine Frage von Nutzungsrechten, sondern von Herrschaftsrechten war, die sich zudem nicht allein auf das einfache Kirchenvolk erstrecken sollten, sondern auch auf dessen Herren - eine Tatsache, die von grundlegender Bedeutung für das Bemühen dieser Herren ist, die betreffenden Rechte zu mediatisieren, nicht allein, um die Teilung der Herrschaft zu verhindern oder aufzuheben, sondern vor allem, um dem König die Möglichkeit zu nehmen, sie selbst im Namen einer höheren Gewalt zu disziplinieren.

1.5.2 Kirchenherrschaft und Gerichtsbarkeit Wo es um die Gebote Gottes und der Kirche ging, wurde unterschieden in Verstöße gegen den Glauben und die kultische Ordnung und Verstöße, die das Recht des Nächsten, der Herren oder der Kirche betrafen. Erstere wären dem forum internum zuzuweisen. Sie erforderten die Versöhnung mit Gott, den Heiligen und der communitas christianitatis. Letztere gehörten in die Kompetenz des forum externum 58

und erforderten Wiedergutmachung und Aussöhnung mit dem Geschädigten und den ihm Rechtsverwandten"4. Beide Foren, die in der karolingischen Visitation vereinigt waren, standen dem Kirchenherrn weder als Eigentümer der Kirche noch als Leib- und Grundherr des Kirchenvolkes zu. Das heißt, er konnte aus eigenem Recht nicht über das Kirchenvolk zu Gericht sitzen, sondern mußte den Richterstuhl dem Bischof überlassen" 5 . Je weniger geschlossen die Besitzverhältnisse in einer Siedlung oder Gemarkung waren, desto eher ließ sich diese zweite Gewalt neben der des Kirchenherrn etablieren. Umgekehrt konnten sich ortsansässige Freie, Halbfreie oder Unfreie anderer Herren dem pfarrlichen Bannrecht einer Eigenkirche auf lange Sicht wohl nur dann entziehen, wenn sie eine Gegengründung unternahmen116. Ebensowenig wie der Richterstuhl sollte den Kirchenherren die potestas coerciva zustehen, deren es bedurfte, um das bischöfliche Gericht zu schützen und die von diesem verhängten Urteile durchzusetzen. Nach karolingischem Recht war der König Schirmherr der Kirche und die damit verbundenen Rechte und Pflichten sollten in seinem Namen dem den Bischof auf seiner Visitationsreise begleitenden Grafen zustehen117. Wer diese königliche oder gräflichen Gewalt an sich ziehen wollte, mußte dafür sorgen, daß er für seinen Grundbesitz und seine Leute respektive für seine Kirchen und deren Pfarrvolk ein entsprechendes Immunitätsprivileg erlangte. Er konnte aber auch die defensio oder advocatia über den Sendsprengel, dem seine Kirche zugehörte, zum Beispiel zusammen mit dem Grafenamt in seine Hand bringen. Nur ein Kirchenherr, der seine Rechte derart hatte ausweiten können, konnte die für die Ausübung von «Kirchenherrschaft» unentbehrliche Zwangsgewalt außer gegenüber seinen Leibeigenen und Hintersassen auch gegenüber denjenigen geltend machen, die als Freie oder gar auf Allod im Einzugsbereich seiner Kirche saßen.

114 E.H.Fischer, Priester als Bußspender, S. 206f. 115 Zu den Einschränkungen siehe oben (Teil B) in Anm. 94, 97, 106. 116 Nach W. Hartmann, Der Zustand der Kirchen, S. 443 f., gibt es in den karolingischen Rechtsquellen nur einen Hinweis darauf, daß auch freie Leute unter den Bann einer Eigenkirche gezwungen werden sollten, und der betraf königliche Eigenkirchen. Vgl. dazu die in Teil B, Anm. 261, zitierten Ausführungen von F. Kiener zum Bannrecht der bischöflichen Eigenkirchen im Bistum Straßburg.- Für die Beziehungen zwischen dem Kirchenvolk, seinen weltlichen Herren und den Inhabern der iurisdictio ist von Bedeutung, daß Herren, die ihre Unfreien vor den über sie verhängten Bußstrafen zu bewahren versuchten, selbst der Bestrafung anheimfielen: R.Dove, Untersuchungen, S. 382; zur Denuntiationspflicht der Hausväter, Blutsverwandten und seniores: D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 51 f., 89f.; R.Dove, Untersuchungen, S. 345, 351 f. - Zur Haftung des Inhabers der grundherrlichen Gerichtsbarkeit für die Rechtsgewährung gegenüber Dritten durch die seinem Gericht Unterworfenen: J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 705ff., 1010 ff. - Aus der Mithaftung der Hintersassen für die Aufrechterhaltung der christlichen Ordnung wurde ein ius resistendi hergeleitet: H.-R Schneider, Ius resistendi, passim. 117 Zu der mit der Kaiserwürde erlangten defensio und der darin begründeten Gerichtsbarkeit und Legislative der fränkischen Könige in kirchlichen Sachen: J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 764ff.; zur Funktion des Grafen überhaupt: ebd., S. 470 ff., 641 ff., 653 ff., 763 ff.; zur Funktion des Grafen im Send: D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 51 f., 66, 72f., 85f.; siehe aber auch: J.Hannig, Königsbotenorganisation, u.a. S. 360ff. - Zu defensio und Vogtei siehe Teil B, Anm. 92.

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Für die «Zehntherren» und «Pfarrherren» gilt entsprechend: «Zehntherr» war nicht deijenige, der - wie die Kirche, der Pfarrer oder die Armen - ein Anrecht auf Nutzungen aus dem Zehnten hatte, sondern deijenige, der wie der Bischof das Recht besaß, gegen die Zehntpflichtigen unmittelbar Zwangsgewalt einzusetzen, wenn sie die Zahlung schuldig blieben, respektive sich selbst hinsichtlich der Verwendung der von ihm eingenommenen oder aus eigenem Besitz regulär zu leistenden Zehnten einer entsprechenden Aufsicht und Zwangsgewalt entziehen konnte 118 . «Pfarrherr» oder rector wurde der Pfarrpriester nicht durch die bloße Übertragung des Rechts, die Einkünfte aus dem Pfarrgut oder aus den Oblationen und Stolgebühren zu nutzen, sondern nur dadurch, daß er über die Titel (dominium und officium), auf denen diese Nutzungsrechte beruhten, selbst verfügte, so daß ihm bestimmte Zwangsmittel an die Hand gegeben waren, sein Recht gegenüber denjenigen, die es ihm schuldeten, durchzusetzen - und zwar ohne ihnen unmittelbar Rechenschaft über die Verwendung der Einkünfte schuldig zu sein 119 . Absolute Kirchenhcrrschaft, das soll heißen, Herrschaft, die sich mit Hilfe kirchlichen Rechts nicht nur der physischen Existenz des Kirchenvolkes bemächtigte, sondern auch dessen Seelen zum Gegenstand ihrer Fürsorge und zum Angelpunkt ihrer Zwangsgewalt machte, konnte nur derjenige ausüben, der die cura animarum, die iurisdictio in beiden fora und die potestas coerciva in seine Hand brachte. Dem Erwerb und der Ausübung einer solchen absoluten Herrschaft stand grundsätzlich zweierlei entgegen: Zum einen das Prinzip des «Duo Sunt»no, wonach die Gewalt über die Christenheit in eine weltliche und eine geistliche geteilt sein sollte. Ein Prinzip, das die Kirche formuliert hatte, um sich gegen die Vereinnahmung ihrer Rechte durch die Inhaber der potestas imperialis abzusichern, dessen sich aber umgekehrt auch die weltlichen Herren bedienten, um die Geistlichkeit von jeglicher weltlichen Zwangsgewalt auszuschließen und sie ihrer Schirmherrschaft zu unterwerfen 121 . Bei diesem Tauziehen um die Macht errangen die geistli-

118 Zu den Zehntprivilegien der Klöster: G. Constable, Monastic Tithes, S. 57 ff., 67, 75, 87 ff. ; A.Pöschl, Neubruchzehenten, S. 350 ff.; zur Einforderung des Aufsichtsrechts der Bischöfe über die spiritualia einer Kirche, vornehmlich auch im Falle der Schenkung von Laien an Klöster: P.Landau, Ius patronatus, 8 6 f f . ; zur Inkorporation von Zehntrechten: D. Lindner, Regensburg, S. 276 ff. 119 Und zwar sowohl gegenüber dem Kirchenherrn, der ihm die Übergabe des Pfarrgutes schuldet, als auch gegenüber den Inhabern von Grund- oder Nutzungsrechten hinsichtlich des Pfarr- und Kleinzehnten und dem Pfarrvolk im Ganzen hinsichtlich der Pflichtabgaben (Opfer, Stol). Zum Recht des Pfarrpriesters am Pfarrgut (mansus) nach Regino v. Prüm: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 4 0 f f . ; U.Stutz, Ausgewählte Artikel, S. 72ff.; ders., Benefizialwesen, S. 4 0 0 f f . ; mit diesem S.Zorell, Parochialsystem, S. 284; zum Recht des Benefiziaten gegenüber dem Patron und zur Rechenschaftspflicht gegenüber dem (geistlichen) Patron und dem Bischof über temporalia respektive spiritualia: P.Landau, Ius patronatus, S. 155ff. und 4 7 f . , Anm. 162; zum Recht der Pfarrer am bannus episcopalis: N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt (vgl. Teil B, Anm. 97); zur Bemessung der sogenannten portio congrua für Vikare inkorporierter Kirchen: D. Lindner, Regensburg, S. 317; vgl. aber auch P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 441; zur Unterscheidung der Kompetenzen des parochus habitualis von denen des parochus actualis: D. Lindner, Inkorporation, S. 37. 120 R. L.Benson, Gelasian Doctrine; zur Umdeutung der Doktrin durch die spätere Amtskirche: ebd S. 24 fT„ aber auch S. 29 ff. 121 Vgl. Anm. 92, 94, 106.

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chen Herren schließlich einen Vorteil122. Vielleicht weniger dadurch, daß sie sich der Bevogtung entzogen, als vielmehr durch die ihnen kraft Standes gegebene Möglichkeit, sowohl das Amt des Sendrichters wie auch das Pfarramt zu erwerben' 23 - Kompetenzen, die den Laien eo ipso vorenthalten bleiben mußten. Zum anderen mußte ein absoluter Herrschaftsanspruch über das Kirchenvolk solange scheitern, wie das kirchliche Gericht dinggenossenschaftlich verfuhr, das heißt das Urteil der Sendgemeinde zustand und dem Richter oder Sendherrn nur das Recht blieb, dieses zu gebieten 124 .

1.5.3 Genossenschaft und Kirche Schließlich wäre noch von dem Fall zu reden, in dem eine Siedlungsgemeinschaft oder Genossenschaft auf eigene Kosten eine Kirche errichtet hatte, mit dem Anspruch, in und bei dieser von einem dafür angestellten Priester in allen seelsorgerlichen Bedürfnissen versehen zu werden. Wäre das Bannrecht tatsächlich nach den Maßgaben der necessitas populi erteilt worden, dann hätte eine solche Kirche, da sich das ortsansässige Kirchenvolk quasi selber zur parochia erklärte, eo ipso den Status einer ecclesia parochialis erlangen müssen. Aber auch wenn dies unterblieb, weil es nicht gelang, das hergebrachte Bannrecht der bisher zuständigen Tauf- oder Pfarrkirche zu durchbrechen, so wird man eine solche Kirche doch kaum als ecclesia privata deklarieren können. Ebensowenig trifft es den Kern der Dinge, sie als Eigenkirche zu bezeichnen. Diesem Status würde sie sich höchstens dann angenähert haben, wenn die Überschüsse von einer bestimmten Gruppe oder Schicht innerhalb der Gemeinde abgeschöpft und privatisiert, also nicht mehr dem gemeinen Nutzen zugeführt worden wären. Grundsätzlich gelten für die Beurteilung der Verhältnisse an Kirchen, die einer Bauernschaft oder civitas gehörten, dieselben Einschränkungen, wie sie gerade bezüglich des Rechts der Eigenkirchenherren formuliert worden sind. 122 Zu den Folgen der Herrschaftspraktiken der geistlichen Herren: H.J. Goertz, Aufstand gegen den Priester; H.Buszello, Legitimation; ders., Oberrheinlande; C. Ulbrich, Oberschwaben und Württemberg; P. Blickle, Gemeindereformation; J. Lortz, Mißstände. - Siehe auch P. Baumgart, Formen der Volksfrömmigkeit, v.a. S. 190 ff.; G.Constable, Restistance to Tithes, v.a. S. 176; K. Stenzel, Die geistlichen Gerichte. Siehe neuerdings die Beiträge in: Anticlericalism, hrsg.v. P. A.Dykema/H. A.Oberman, Teil I—III, v.a. den Beitrag von P.Blickle, Antiklerikalismus, ebd., S. 115-132, wo dargelegt ist, daß in der Innerschweiz die dreifältige Herrschaft der geistlichen Herren, nämlich Grundherrschaft, geistliches Gericht respektive das Privilegium fori und die Patronatsrechte vom 13. bis ins 15. Jahrhundert in der genannten Reihenfolge abgelöst oder beträchtlich eingeschränkt wurden, weswegen es dort weitaus weniger Notwendigkeit zur Kirchenreform und mithin auch weniger Anhängerschaft für die Reformatoren gegeben habe. 123 Siehe zur Inkorporation Teil B, Kap. 2.5. Zur Einverleibung des Sendrechts (bannus episcopalis): N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 105 und v.a. 341, 443f., 454, 459, 647f., 654f.; ebd., S. 457, heißt es über die Inkorporation von zwei Pfarrkirchen in die Domdechanei respektive die Domkantorei: «Vermutlich ging mit der cura animarum sogleich auch das ius archidiaconale an die Domherren über, obgleich dies in unseren Urkunden nicht ausdrücklich ausgesprochen ist.» 124 J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1128ff., 41 ff., 184. - Die Inkorporation hob das Recht der einverleibten Kirche nicht auf, mithin auch nicht das Recht der parochia und ihrer iurati am oder im Send. Vgl. Teil B, Kap. 2.5.

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Das heißt, daß allein die Erkenntnis, daß sich ungleiche weltliche Besitz- und Rechtsverhältnisse im Recht der Kirche derart spiegelten, daß diejenigen, die im Sprengel besser begütert waren, auch für die Erhaltung der Kirche und des Kirchengutes zu sorgen hatten, noch nicht den Schluß erlaubt, daß diese gegenüber der Kirche und der restlichen Gemeinde so etwas wie Kirchenherrschaft ausüben konnten - auch dann nicht, wenn das Recht, den Pfarrer zu wählen und zu setzen von ihnen anstatt von der ganzen Gemeinde (oder einem Dritten) wahrgenommen wurde. Es ist nämlich nicht allein denkbar, sondern sogar wahrscheinlich, daß diese Führungsschicht über ihr Tun und Lassen anläßlich der Visitation vor dem Bischof, dem Grafen (oder denjenigen, die deren Funktion erfüllten) und der versammelten Gemeinde Rechenschaft ablegen und sich den Rügen der Gemeinde und dem Urteil der Schöffen stellen mußte. Das heißt, sie waren als Rechtsgenossen dem Gemeinen Nutzen verpflichtet, auch wenn oder gerade weil sie bei der Verfolgung desselben eine maßgeblichere Rolle spielten als andere. Um sich von der Kontrolle der Pfarrgenossen zu befreien und sich über diese zu erheben, mußte eine solche Führungsclique - nicht anders übrigens als ein adliger Kirchenherr - zunächst einmal für ihre gegenwärtigen und zukünftigen Mitglieder die Freistellung vom Send erlangen. Damit war sie aber noch keineswegs «Herr» über das Sendgericht, das heißt nachdem Kirchenherrschaft durch eine Handhabe über die kirchliche Gerichtsbarkeit und Rechtssprechung gekennzeichnet war - , daß sie auch nicht Herr über die Kirche und das Kirchenvolk werden konnte. Außerdem hieß, sich außerhalb des Send zu stellen, auch, ungenoßsam zu werden und für diesen keine Schöffen mehr entsenden zu können. Wenn sich das Richteramt respektive das Recht zu dessen Besetzung nicht vereinnahmen ließ, dann hatte man sich, indem man sich ungenoßsam machte, vielleicht mehr geschadet als genutzt. Auch die gänzliche Abschaffung des Send verbesserte nicht notwendigerweise die Chancen, Herrschaft über das Kirchenvolk zu erlangen. Außerdem ist zu beachten, daß, wer sendbarfrei wurde, noch keineswegs vom Pfarrbann freigestellt war, sondern weiterhin pfarrgenössisch und damit Teil des populus blieb - ein Aspekt, in dem sich das Kirchenregiment kommunaler Kollegien von dem geistlicher Kollegien wesentlich unterscheidet. Nicht einmal das Pfarrwahlrecht hätte an dieser Tatsache etwas geändert. Doch besagt all dies, daß es durchaus so etwas wie eine schrittweise Annäherung der Führungsclique einer Kommune an Kirchenherrschaft gab. Dabei war selbstverständlich sowohl der Erwerb persönlicher Immunität - also die Freistellung vom Bannrecht der eigenen Kirche - , wie die Vereinnahmung von Bannrechten dienlich, die dieser Kirche zugehörten. Die Vereinnahmung kirchlicher Gerichtsbarkeit ließ sich für eine Kommune anscheinend am leichtesten dadurch erreichen, daß sie bestimmte Kompetenzen des Send an das eigene, weltliche Gericht zog, wobei sie sich allerdings in aller Regel der Hilfe des weltlichen Gerichtsherrn bedienen mußte. Schwieriger, aber nicht unmöglich war es, diesen respektive den Landesherrn aus der Schirmvogtei über die Kirche und den Send - oder über das durch dessen Kompetenzen gestärkte Ortsgericht - zu verdrängen. Wo dies gelang, profitierte in der Tat in aller Regel nur eine bestimmte Clique, der es dann auch 62

gelang, die Kirche mitsamt dem Großteil ihres Kirchenvolkes der von ihr vertretenen innerkommunalen Obrigkeit zu unterwerfen 125 . Von «Gemeindekirche» kann in solchen Fällen natürlich nicht mehr die Rede sein. Demnach wäre festzuhalten, daß eine Genossenschaft oder Siedlungsgemeinschaft, auch wenn sie sich durch Kirchengründung als Pfarrgemeinde konstituieren, womöglich das Pfarrwahlrecht erwerben und sich gewisse Rechte gegenüber der Kirche und dem Kirchengut vorbehalten konnte, zur Ausübung von Kirchenherrschaft grundsätzlich nur in ihrer Gestalt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten als politisches Gemeinwesen in der Lage war. Unter den gegebenen Verhältnissen, die eine Verquickung kirchlicher und weltlicher Rechte nicht nur zuließen, sondern geradezu erzwangen, mußte jedoch eine gemeindliche Kirchengründung auch dann politische Wirkung zeitigen, wenn von dem stiftenden Gemeinwesen nicht sämtliche, sondern nur einzelne der Rechte erworben werden konnten, aus denen sich Kirchenherrschaft zusammensetzte. Gemeinschaften, die über Grundbesitz oder weitergehende Nutzungsrechte am Grund und Boden verfügten, gewannen, wenn sie eigene Kirchen errichteten, nicht nur ein Seelsorgerecht und mit diesem eigenes Bannrecht, sondern auch die Chance zu verhindern, daß Außenstehende sich mittels kirchlichen Rechts respektive vom Bischof zugestandener Privilegien einen Zugriff auf die Person und den Besitz ihrer Mitglieder verschaffen konnten oder weltliche Herrschaftsrechte durch kirchliche gedoppelt respektive die Gemeinde aus ihren in weltlichem Recht begründeten Kompetenzen mit Hilfe geistlicher Rechte oder Gerichtsbarkeit verdrängt oder geschwächt wurde 126 . Die Abwehr konkurrierender Ansprüche durch Ausbildung eigenen Rechts ist ein Motiv, das selbstverständlich auch die Eigenkirchenherren bewegte, die allerdings darüberhinaus - und das hat die Eigenkirchenlehre durchaus richtig gesehen - eine private Abschöpfung der Pfarr- und Zehnteinkünfte anstrebten.

125 Siehe D.Kurze, Wahlen, S. 213; außerdem ders., Pfarrerwahlen, S. 222ff., 324ff.; K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 364ff; L.Pfleger, Entstehung der elsässischen Pfarreien, S. 4 5 f f ; F. X. Künstle, Pfarrei, S. 15, 66 f., S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 125 ff; W. Hochstrasser, Kollaturrecht, S. 50ff; E. Jacobi, Patronate juristischer Personen, S. 30 ff, 50 ff, 86. - - Der Kirchenbesitz von Gemeinden wurde seit dem 13. Jahrhundert ebenso wie der Kirchenbesitz des Bischofs immer im Sinne eines Patronatsrechts ausgelegt: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 637 f., Anm. 7. Zur Natur des Patronats als einem ius privatum sive ecclesiasticum: P. Landau, Ius Patronatus, S. 117; zur Umdeutung von Wahlrechten (electio) in Präsentationsrechte: ebd., S. 149 f., 158; zur Unterscheidung von beneficia electiva und beneficia collativa, die bei den meisten Kanonisten der in beneficia maiora und beneficia minora entspricht: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 99, außerdem ebd. S. 66, 89; Richter - Dove - Kahl. Lehrbuch, S. 623. - Siehe auch die Beiträge in R.Schneider/ H.Zimmermann (Hgg.), Wahlen und Wählen im Mittelalter; neben D.Kurze, Wahlen, v.a. K.Schulz, Wahlen, und J.Sydow, Kanonistische Überlegungen. Siehe zudem W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», passim. 126 Zu beachten ist, daß bei einer Kirche mit eigenem Sendrecht die Gemeinde mit dem Pfarrer auch ihren Sendherrn oder geistlichen Richter gewählt hätte. Dazu hätte sie jedenfalls die Vogtei über die Kirche besitzen müssen. Vgl. dazu K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 3 8 f f , 100f., 304 ff.

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1.6 Heiligenpatrozinien und Eigenkirchenrecht Das Zugeständnis der karolingischen Reformgesetzgebung an die Eigenkirchenherren und seine Anerkennung durch die römische Synode von 826 mag rückblikkend angesichts der schon seit langem eingerissenen und vielbeklagten Mißbräuche im Kirchenwesen als wenig konsequent angesehen werden, es läßt sich aber denken, daß nicht Kurzsichtigkeit oder die Notwendigkeit tagespolitischer Zugeständnisse dahinter standen, sondern ein rechtstheoretisches Konzept. Gedacht ist an eine Analogie zwischen dem Verhältnis, in dem sich der Kaiser als defensor ecclesiae und vicarius christi zur katholischen Kirche, zur Christenheit im Reich und zu Gott stehen sah, und dem Verhältnis, in dem der Eigenkirchenherr als fundator ratione possessionis und advocatus ecclesiae zu seiner Kirche, zu der in seinem Herrschaftsbereich lebenden christianitas und zu dem Heiligen stand, dem der Altar seiner Kirche gewidmet oder geweiht und dessen Schutz und Fürsprache diese Kirche und die bei ihr ansässigen Gläubigen anvertraut waren. Heiligenverehrung konnte und sollte nicht mit dem Gottesdienst konkurrieren. Vielmehr ergänzte sie diesen, wie auch das Wirken der Heiligen nur das Versprechen Christi gegenüber den Angehörigen des Neuen Bundes ergänzte. Indem nämlich die Heiligen den Gläubigen vornehmlich in dieser Welt dienen und somit Helfer auf dem Weg zum Heil sein sollten. Die Verehrung oder Anrufung von Heiligen bedurfte nicht notwendigerweise eines geweihten Ortes oder der Gegenwart von Reliquien. Wie jeder Christ überall zu Gott beten konnte, so konnte er auch die Heiligen anrufen, wo er ging und stand - schon die Nennung ihres Namens ließ sie gegenwärtig sein. Die Weltnähe der Heiligen, ihre Nicht-Göttlichkeit und tatsächliche Verwandtschaft mit den Lebenden nährte und rechtfertigte jedoch das Bedürfnis, sie jederzeit präsent zu haben, und ließ es sogar möglich erscheinen, sie sich in besonderer Weise zu verpflichten, indem man sich selbst, die Seinen und sein Gut für eine entsprechende Gegenleistung ihrem persönlichen Schutz unterstellte 127 .

1.6.1 Die Heiligkeit des Ortes Bedingt durch die Siedlungs-, Wirtschafts- und Rechtsstruktur der Zeit hatten die Heiligenpatrozinien, selbst in den Fällen, in denen sie eigentlich auf einzelne Per-

127 Aufschlußreich insbesondere U. Swinarsky, Herrschen mit den Heiligen, S. 197 ff"., 206 ff.; G.M.Spiegel, The Cult of St.Denis, v.a. S. 145f.; J.Köhler, Legende als Medium, v.a.S. 182f.; P.Leisching, Patrozinium (HRG 3), v.a. Sp. 1565f.; siehe auch P.Hinschius, System, Bd.4, S. 239ff.; K. Hausberger, Heilige - Heiligenverehrung III und IV (TRE 14), S. 646 ff. - Eine umfassende Bibliographie zur Heiligenverehrung und all ihren Aspekten hat S.Wilson in dem von ihm herausgegeben Sammelband Saints and their Cults zusammengestellt.

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sonen oder Personengruppen ausgerichtet waren, in aller Regel eine feste Ortsbindung128. Diese allerdings konnte auf verschiedene Weise Zustandekommen. Der Heilige mochte am Ort seines späteren Wirkens ehedem selbst gelebt haben oder den gegenwärtig dort Lebenden blutsverwandt oder sonst zu Lebzeiten rechtlich verbunden gewesen sein. Er konnte sich diesen Ort aber auch frei gewählt haben, indem er dort leibhaftig erschienen war oder Wunder gewirkt hatte und wirkte. Die dauernde Gegenwart des Heiligen konnte andererseits auch von den Lebenden erwirkt werden, und zwar dadurch, daß man Bilder von seinem Martyrium oder seinen Wundertaten errichtete und davor ein Licht brennen ließ - als Zeichen der Anwesenheit des göttlichen Geistes, an dem er Anteil gewonnen hatte, und der Verfügbarkeit der daraus resultierenden übernatürlichen Kräfte, die denen zugute kommen konnten, die ihn im Namen Gottes und des Neuen Bundes anriefen. Am augenscheinlichsten und damit dem Verständnis der Zeit nach am sichersten oder verpflichtendsten konnte der Heilige durch den Willen der Lebenden einem bestimmten Ort dadurch verbunden werden, daß man seine sterblichen Überreste oder zumindest Teile derselben (reliquiae) an diesem bestattete129. Wenn der Eigenkirchenherr Reliquien des Heiligen, dem seine Kirche gewidmet oder geweiht war, in seinem Besitz hatte, dann war nicht nur sein Verhältnis zur Kirche und zum Kirchenvolk, sondern auch das zum Heiligen quasi dinglich oder corporaliter begründet130.

1.6.2 Der Heilige als Rechtsgenosse Wenn das Patrozinium des Heiligen durch eine mit den Lebenden auf Gegenseitigkeit getroffene Vereinbarung begründet wurde, dann wäre zu fragen, welchen prinzipiellen oder speziellen Bedingungen diese Vereinbarung unterlag und wer ihr auf welche Weise und mit welchen Folgen beitreten konnte. 128 Zur festen Verankerung des Altars als Voraussetzung für die Zuweisung von iura spiritualia: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 398 ff.; zu den von Regino aufgestellten Maßregeln: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 14, 24, 27ff.; P.Brown, Cult of the Saints, S. 1 ff.,86ff.; zur Ortsbindung K. Hausberger, Heilige- Heiligenverehrung III (TRE 14), S. 648; siehe auch G. Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 81 ff, über die «Pertinenzpatrozinien»; zur Entstehung von Ortspatrozinien neben den Kirchenpatrozinien: S. Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 68 ff. - Zur Bindung von Personen oder Personenverbänden an Heilige siehe Teil B, Anm. 133 und 137. 129 M. Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, S. 96; A. Stuiber, Altar II (TRE 2), S. 317; P. Poscharsky, Altar III (TRE 2); P. Dinzelbacher, «Realpräsenz», S. 119, 126 ff; P.Brown, Cult of the Saints, S. 1 ff; zur Notwendigkeit der Niederlegung von Reliquien für die fundatio eines Altars gemäß dem Konzil von Nicäa 787: P.Hinschius, System, Bd.4, 264, vgl. ebd., S. 401; G.Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 62; zur Begründung von Patrozinien ohne Reliquie: ebd., S. 97f., 124; T.2, S. 7 ff., 15, 20 ff, 32 f., zu den Titeln (Allerheiligen, Kreuz, Trinitatis) ebd., S. 92; zur Verehrung von ehedem ortsansässigen Heiligen ebd., S. 78 f. ; vgl. auch B. Schwineköper, Reliquien (HRG), Sp. 887 f. 130 Zum Besitzrecht an Reliquien: P.Hinschius, System, Bd.4, 267; G.Zimmermann, Patrozinienwahl, S. 62 ff, v.a. 96, 100, 102, 122; zum Entzug der Reliquien gemäß dem Wormser Kapitular von 829: W. Hartmann, Der rechtliche Zustand der Kirchen, S. 411; zur Bezeichnung der Reliquien als «Pfänder der Heiligen»: R. Dove, Untersuchungen, S. 343; zur Vorstellung, bloße Berührung des Heiligen mache heilig (Berührungsreliquien): D. Kellermann, Heiligkeit, S. 38 f.; B. Kötting, Heiligenverehrung, S. 77.

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Die prinzipielle Bedingung lautete auf Schutz und Hilfe, die jede Seite der anderen zu leisten hatte - und zwar mit den ihr jeweils zu Gebote stehenden Mitteln. Von den Heiligen nahm man an, daß sie Grenzgänger zwischen den Welten seien und aufgrund ihrer zeitlich wie räumlich umfassenderen Wahrnehmung und dank ihrer geläuterten Absichten im Sinne christlicher Barmherzigkeit, aber auch im Sinne von Recht und Gerechtigkeit in die irdischen Geschehnisse eingreifen könnten (Interzessionsgewalt) 131 . Von daher machte nicht so sehr die amtskirchliche Anerkennung den Ruf des Heiligen aus, als vielmehr, ob sich die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllten oder nicht' 32 . Der Schutz der Lebenden gebührte den Reliquien und der Grabstätte der Heiligen ebenso wie ihrer Ehre respektive dem, was ihnen zu ihrer Verehrung zugewendet worden war. Ein solches Schutzbündnis mit dem Heiligen begründen oder ihm aktiv, das heißt zu eigenem Recht oder mit dem Recht auf selbständig formulierte Bedingungen, beitreten, konnten selbstverständlich nur diejenigen, die tatsächlich in der Lage waren, ihm und seiner Kultstätte Hilfe zu leisten, Schutz zu bieten und Recht zu verschaffen. Wobei angenommen werden kann, daß der Beitritt in ein schon bestehendes Bündnis nur dann realisiert werden konnte, wenn diejenigen, die die Reliquien oder Bilder beigebracht oder die Kultstätte errichtet und den Vertrag mit dem Heiligen erstmals geschlossen hatten, sich mit der Aufnahme zusätzlicher Vertragspartner oder Genossen einverstanden erklärten133. 131 Zur Interzessionsgewalt des Heiligen auf dieser Welt: H.Hattenhauer, Das Recht der Heiligen; zu seiner Schutzpflicht gegenüber seiner Kirche und Gemeinde: K. Hausberger, Heilige - Heiligenverehrung III (TRE 14), S. 649, 653; zur Hilfe beim Jüngsten Gericht: M.Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, S. 96. Vgl. auch Teil B, Anm. 133. 132 Zu den Wirkungsmöglichkeiten und damit auch den Pflichten der Heiligen: S. Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 3 fT., 10; zur Verselbständigung des Kultes eines Heiligen über das Einzugsgebiet seiner ursprünglichen Kultstätte und den Einflußbereich der Gründer derselben hinaus: ebd., T.l, S. 97f. - Siehe außerdem G.Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 114f., T.2, S. 40, 99; zur Spezifizierung der Zuständigkeiten für bestimmte Stände, Zünfte oder sonstige Gruppen oder bestimmte Funktionen: ebd., T.l. S. 120ff. T.2. S. 59ff. Zum Wallfahrtswesen: G.Signori. Wallfahrt, v. a. S. 128, sowie die angegebene Literatur; zum Rechtsakspekt im Wallfahrtswesen: L.Carlen, Wallfahrt und Recht, v. a. S. 29 ff, 46 f., und mit Hinweis auf eigenkirchliche Interessen S. 234. - Zu den Beschränkungen der Heiligenverehrung auf die offiziell zugelassenen oder päpstlich anerkannten Heiligen: K. Hausberger, Heilige - Heiligenverehrung III (TRE 14), S. 652; P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 243; M.Goodich, Canonization, passim; H.Belting, Bild und Kult, S. 15 f., 342 fT. 133 Zur Bindung einer durch Leib- und Grundherrschaft oder durch Zugehörigkeit zu einer Diözese [das heißt ratione domicilii und damit territorial] definierten Gemeinschaft an den ihr zum Schutzpatron gesetzten Heiligen: G.Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 82, 100; zu den Patrozinien von königlichen, Eigen- und Klosterkirchen allgemein: ebd., S. 62 ff., 83, 99. - Zur «Altarerhebung» von Heiligen und zur Übertragung von Reliquien an neue Kirchen: S. Beissel Verehrung der Heiligen, T.l, S. 118, 87. - Über die Bindung der familia von Klöstern an den Heiligen: L. Kuchenbuch, Klostergrundherrschaft, S. 331; zu den Wachs- und Altarzinsern siehe unten (Teil B), Anm. 137; zu dem weitaus schwächeren «Sichverheißen» an einen Heiligen im Sinne des Versprechens einer Wallfahrt oder eines einmaligen Opfers unter der Bedingung, daß die Bitte erfüllt worden war: G.Signori, Wallfahrt, S. 132ff. Die untersuchten Mirakelbücher zeigen klar, daß der Volksglaube von der Lehre z. B. Augustins abwich; vgl. B. Kötting, Heiligenverehrung, S. 74 f. - Den Vertragscharakter der Beziehung zwischen den Menschen und den Heiligen unterstreicht H.Belting, Bild und Kult, S. 336; vgl. dazu auch O.G.Oexle, Conjuratio, S. 191 ff.

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Gewissermaßen beschränkte ein solches Vetorecht die Vertragsfreiheit des Heiligen, doch wird man daraus nicht schließen können, daß die Kirchenherren auch die Herren des Heiligen gewesen wären - selbst dann nicht, wenn sie seine Reliquien besaßen. Denn der Heilige war den Normen des Neuen Bundes, das heißt dem göttlichen Recht, mehr verpflichtet als seinen irdischen Bluts- oder Wahlverwandten, die sich seiner übernatürlichen Kräfte weder eigenmächtig bedienen noch diese behindern konnten, wenn sein Eingreifen zu ihrem Nachteil auszuschlagen drohte. Die Kirchenherren beherrschten demnach lediglich den Ort und die äußeren Umstände, unter denen der Heilige wirkte 134 . Zwar hätten sie von daher der Öffentlichkeit oder zumindest den Ortsfremden den Zugang zum Heiligen und seiner Kultstätte verwehren können, doch wären dadurch Ruf und Bedeutung des Heiligen herabgesetzt und damit nicht zuletzt auch die Einkünfte aus den Bitt- und Dankopfern gemindert worden. Der bessere Weg war offensichtlich, sich das exklusive Schutzrecht für den Heiligen zu sichern und so auch eine Verfügungsgewalt nicht nur über die Kultstätte zu erlangen, sondern vor allem auch die cura über das Lichtergut und all das, was dem Heiligen und seiner Kirche sonst noch an Gütern und Rechten zugehörte oder im Lauf der Zeit zufiel 135 . Es sind nun aber gerade die Möglichkeiten dieses Zuerwerbs, die eine Auflösung der exklusiv bilateralen Beziehung zwischen dem Heiligen und dem Kirchenherrn herbeiführen konnten, weswegen ihnen eine eingehendere Betrachtung gebührt. Die Dienste und Opfer, die dem Heiligen zuteil wurden, sind von den regulären Pflichtabgaben zu unterscheiden, die für den Gottesdienst und die sakramentale Versehung zu leisten waren. Sie zählten also - wenn man den Begriff als Bezeichnung für die Einkünfte aus dem Amt und für den Zehnt versteht - nicht zu den spiritualia, sondern wurden zusätzlich zu diesen geleistet. Zusätzlich war aber nicht in jedem Fall gleichbedeutend mit freiwillig - jedenfalls dann nicht, wenn es sich um eine für den dauernden Schutz des Heiligen fest vereinbarte Gegenleistung handelte, der zugrundeliegende Schutzvertrag aber nicht auf den Willen der tatsächlich Leistungspflichtigen zurückging.

134 Zur Ersitzung eines Rechts auf öffentliche Nutzung privater Kirchen: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 339. Zum locus religiosus: E.Jacobi, Patronate geistlicher Personen, S. 40; vgl. Teil B, Anm. 140. Fraglich ist, ob sich im Spätmittelalter die Ortsbindung der Heiligen tatsächlich löste, wie G. Signori, Wallfahrt, S. 128, glaubt, oder nicht vielmehr nur der bannrechtliche Zugriff der Kirchenherren wie der Pfarrherren auf die Wallfahrtsstätten wie auf das pfarrpflichtige Kirchenvolk sich lockerte. Gerade die Ausbildung von Wallfahrten könnte als Hinweis für die Ortsbindung des Heiligen gelten. 135 Zu den Pertinenzpatrozinien: G.Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 81 ff.; zum Vermögensrecht der Heiligen: P. Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 567: «Nicht nur als metaphysische Vorstellung, sondern durchaus als Rechtsgedanke mit der Rechtsfolge einer Einschränkung der Verfügungsgewalt für die kirchlichen Rechtsträger erhielt sich das Prinzip, daß das Kirchengut Gott und den Heiligen zustände.»

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Ein solcher Fall konnte zum Beispiel vorliegen, wenn ein Grundherr durch den Bau einer Kirche einen Heiligen bei sich seßhaft und haushäbig gemacht 136 und seinen gesamten örtlichen Besitz dessen Patrozinium unterstellt hatte. Dann wären all diejenigen, die auf dem grundherrlichen Land siedeln und wirtschaften wollten, verpflichtet gewesen, ebenfalls diesem Schutzvertrag beizutreten und dem Heiligen aus ihrem Ertrag entsprechende Abgaben und Dienste zu leisten. Konnte für Freie der Zwangsbeitritt zu einem solchen Schutzvertrag nur im Hinblick auf die vom Grundherrn empfangenen Güter gelten, so unterlagen Unfreie den von ihren Herren begründeten Patrozinien mit Leib und Leben - wo die Kirche Pfarrecht besaß, mit Leib und Seele. Wenn Unfreie eigenes Einkommen besaßen oder durch eine Verbesserung ihrer Verhältnisse erlangten, konnte das Schutzverhältnis auch auf ihr Hab und Gut ausgedehnt werden - sie wurden dann dem Heiligen aus ihren Einkünften für dieses Gut und ihre eigene Person selbst abgabepflichtig. Von denen, die bei einer Eigenkirche frei auf Allod saßen, kann man hingegen annehmen, daß sie ihr Verhältnis zum Heiligen einer benachbarten Eigenkirche nach ihrem freien Willen gestalten konnten - solange diese nicht Pfarrkirche war. Wollten sie sich mitsamt ihrer Familie und ihrem Gut in dessen dauernden Schutz begeben und von daher auch regelmäßig die Kirche benutzen, dann mußten spezielle Vereinbarungen mit dem Kirchenherrn getroffen werden. Ohne Zweifel war es legitim, wenn dieser als Gegenleistung auch einen Beitrag zu den Unterhaltskosten (Bau- und Lichtergut) verlangte. Freie Bauern, die den Heiligen einer Eigenkirche bloß gelegentlich in Anspruch nehmen wollten, mochten sich damit begnügen, diesem ein einmaliges Opfer zu reichen - ein Opfer, wie es wohl auch von den Unfreien oder Hintersassen des Kirchenherrn zusätzlich erbracht werden mußte, wenn sie vom Heiligen persönliche, über den vereinbarten regulären Schutz hinausgehende Dienste erbaten 137 .

136 Zum Heiligen als Besitzer oder Hausherr der Kirche: S.Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 3; G.Zimmermann, Patrozinienwahl,T. 1, S. 81; K.Hausberger, Heilige - Heiligenverehrung III (TRE 9), S. 648; P.Leisching, Patrozinium (HRG 3), Sp. 1564 ff.; H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 43. Vgl. den Stiftungsbrief der Frühmesse zu Plochingen aus dem Jahr 1428 (WR 11174), wo der Heilige als «Huswyrt der pfarrkirchen ze Blochingen» bezeichnet wird. - Aus theologischer Sicht stellt sich das Recht des Heiligen am Altar anders dar. Siehe dazu J. Braun bei P. Poscharsky, Altar III (TRE 2), S. 320. - Nach K.Schäferdieck, Das Heilige in Laienhand, S. 127, Anm. 16, durften Reliquien nur dann in privaten Oratorien niedergelegt werden, wenn gewährleistet war, daß zumindest gelegentlich von einem Priester dort die Psalmen gesungen werden konnten. Später wurde das Lesen von Messen obligatorisch. Zur Verbindung von Eucharistie und Märtyrerverehrung respektive Totengedenkfeiern: A. Stuiber, Altar II (TRE 2), S. 314f.; A.Mayer, Entstehung des Meßstipendium, S. 40fT„ 81 ff., 201 ff.; M.Borgolte, Memoria, passim; A.Angenendt, Missa specialis, v.a.S. 194ff. 137 Aufschlußreich dazu die Überlegungen von K. Wanner, Vom lokalen Heiligtum zur ländlichen Pfarrkirche; siehe außerdem A.Schultze, Einfluß der Kirche, S. 86f.; danach rührt Besthaupt und Gewandfall nicht aus Leibherrschaft, sondern ist als pflichtweise zu reichendes Seelgerät zu verstehen, das «aus der freiwilligen Ergebung in den Schutz einer bestimmten Kirche oder eines bestimmten Klosters» resultierte. Vgl. dazu das Weistum von Wilgartswiesen (Pfalz), wo für die Überführung des Besthaupts zum Kloster Hornbach und die von den Mönchen dafür zu leistenden Gottesdienste Regelungen getroffen werden: J.Grimm, Weistümer, Bd.5, S. 556f., § 7. Zu den Wachs- und Altarzinsern schon H. Aubin. Landeshoheit. S. 108. 137ff„ 172ff.. 307ff.. 336; P.Dollinger, Der bayrische Bauernstand, S. 304ff; zur neueren Forschung siehe M.Borgolte, Memoria, v. a. S. 236 ff.

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Die Gültigkeit dieser Überlegungen vorausgesetzt, hätte es also einen Heiligenbann ebenso geben können wie einen Bischofs- oder Pfarrbann. Allerdings wäre der Heiligenbann - vergleichbar anderen grundherrlichen Bannrechten wie dem Mühlbann oder Backbann 138 - von diesen dadurch unterschieden, daß er besitzv rechtlich, das heißt dinglich oder leiblich begründet war, derweil der Bischofsund Pfarrbann aus einem Recht (Gottes oder der ecclesia) an der Seele oder einem Recht (der Amtsträger) zur Ausübung der Seelsorge (cura animarum) hervorging, also ein ins spirituale oder incorporale darstellte. Das änderte sich in dem Moment, in dem die Eigenkirche zur Pfarrkirche erhoben wurde. Spätestens dann mußte sie samt ihrem Kultgerät vom Bischof geweiht werden und sie erhielt ein aus göttlichem Recht hergeleitetes Bannrecht, das sowohl räumlich und personell als auch inhaltlich weiter reichte als das nur ratione possessionis begründete Recht des Heiligen. Indem der Bischof die Kirche unter einem bestimmten Patrozinium weihte, erkannte er an, daß sie mitsamt ihrem Gut und und ihrem Pfarrvolk unter dem Schutz dieses Heiligen stehen sollte - mit anderen Worten, das Patrozinium galt nunmehr nicht nur für weltliches und gewillkürtes Recht (iura temporalia), sondern auch für ordentliches kirchliches Recht (iura spiritualia) n9. Nachdem die iura spiritualia dem Kirchenvolk nicht minder zustanden als der Kirche, nur daß jenes den Seelsorgedienst und diese die Abgaben zu beanspruchen hatte, könnte man sagen, daß der Heilige nunmehr im Namen des Bischofs darüber zu wachen hatte, daß dieser Austausch regulär, im Sinne des kirchlichen Rechts vonstatten ging. Durch die Weihe wäre demnach der Bischof für sein Teil - für die spiritualia nämlich - in den ursprünglich vom Kirchenherrn begründeten Schutzvertrag eingetreten und hätte diesen kraft seiner auctoritas episcopalis und entsprechend der dem Altar und der Kirche jeweils zugewiesenen iura spiritualia auf jeden ausgedehnt, der diesen unterworfen war. Im Fall der Pfarrkirche auf alle Pfarrpflichtigen, bei Zehntkirchen auch auf alle Zehntpflichtigen und, wenn die Kirche zum Sitz eines Sendgerichts wurde, auch auf alle Sendpflichtigen. Ob die dem Recht der Kirche und dem Schutz des Heiligen unterstellten Gläubigen frei waren, welchem Leibherrn sie folgten oder aus wessen Gütern sie ihren Lebensunterhalt bestritten, war für das quoad spiritualia geltende Schutzrecht des Heiligen unerheblich. Nicht unerheblich war aber die Frage, wer nunmehr das Recht des Heiligen zu schützen respektive für die Kirche und das Kirchenvolk den aktiven Schutz des Heiligen in temporalibus respektive in spiritualibus einzufordern oder durch ergänzende Maßnahmen zu unterstützen oder zu verwirklichen hatte - diejenigen, die sich ihm mit ihrer physischen Person oder ihrem Eigen frei 138 So die Eigenkirchenlehre für die gesamte Pfarrkirche mit ihrem Güterbesitz und ihren Einkünften aus Amt und Zehnt; siehe Teil B, Anm. 108. 139 G. Zimmermann, Patrozinienwahl, T.2, S. 82 f., nimmt dies für die Diözese und für klösterliche Grundherrschaften an (auch S. 99), für Pfarreien hingegen sei dies für die frühe Zeit nur vereinzelt vorauszusetzen. - Diese Einschätzung kann aber dann nicht richtig sein, wenn es stimmt, daß Pfarrkirchen mit dem Sendrecht den bannus episcopalis erwarben. Insbesondere fallt auf, daß der Send stets dem Heiligen der Pfarrkirche verpflichtet war. Siehe zu den Vorrechten des Heiligen der Mutterkirche gegenüber den in deren Sprengel errichteten Filialen: H.Feurstein, Patroziniumskunde, S. 52; zum Vorbehalt des Sendrechts: M. Erbe, Niederkirchenwesen, S. 84 ff., 92 ff.

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verbunden hatten oder diejenigen, die ihm unabhängig von solchen weltlichen Rechten durch Taufe oder Amt verbunden waren. Die Weihe einer Kirche auf den Namen eines Heiligen bewirkte auch, daß der Kirchenherr das Patrozinium nicht willkürlich verändern konnte, sondern dafür triftige Gründe haben und die Zustimmung des Bischofs einholen mußte 140 . Solange eine Kirche ungeweiht und daher Gut wie jedes andere Gut war, galt nur der mit dem Besitzer quoad temporalia auf Gegenseitigkeit abgeschlossene Nutzungs- und Schutzvertrag, und der konnte mit dem Verkauf des Gutes als hinfallig oder zumindest erneuerungsbedürftig erscheinen. Die Weihe öffnete die Kirche dem öffentlichen Gottesdienst und damit zugleich der bischöflichen Gerichtsbarkeit und dem Schutz des defensor ecclesiae. Die zwischen der Amtskirche und dem Heiligen quoad spiritualia geschlossene Schutzverpflichtung postulierte dessen Präsenz, band ihn also dauernd an die Kirche und den Ort - auch gegen den Willen des Kirchenherrn. Wenn die Kirche durch Kauf, Schenkung oder Erbe in andere Hände kam, hätte das Patrozinium eigentlich übernommen werden müssen. Unter bestimmten Umständen konnte jedoch auch bei geweihten Kirchen ein Patrozinienwechsel zulässig sein 141 . Vielleicht konnte auch, wenn eine Kirche beraubt oder beschädigt wurde, verarmte oder verwaiste und dadurch dem Verfall preisgegeben war, behauptet werden, der Heilige sei seinen Schutzpflichten nicht nachgekommen und habe damit sein Haus- und Nutzungsrecht selbst zunichte gemacht 142 . Was immer man für Gründe angeben mochte, ein bestehendes Patrozinium konnte jedenfalls durch ein zweites dominiert und im Laufe der Zeit gänzlich überlagert werden; zum Beispiel dann, wenn die Kirche in den Besitz einer anderen überging und deswegen mit all ihren Rechten und mitsamt ihrem Heiligen zum Schutzobjekt des patronus ihrer neuen Besitzerin wurde' 43 .

140 Siehe zur entsprechenden Sendfrage bei Regino: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T . l , S. 14; G. Zimmermann, Patrozinienwahl, T . l . S . 8 1 . 141 Siehe P . B r o w n . Cult of the Saints, S . 8 6 f f . ; G . Z i m m e r m a n n , Patrozinienwahl. z.B. T . l . S.84. 99. T . 2 . S . 4 6 , 113. 142 Zu d e m anscheinend vornehmlich in Frankreich ausgeübten Brauch der «Erniedrigung» von Heiligen, die ihren Schutzpflichten nicht nachgekommen waren, durch Verlöschen der Lichter. Herabnehmen der Reliquien v o m Altar, Verschließen der Kirche etc. und das Verbot dieser Praktiken durch das 2. Konzil von Lyon (13. Jh.): S. Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 10tT.; vgl. B.Schwineköper, Reliquien ( H R G 3), S p . 8 8 6 ; zum Entzug v o n Titel und Recht durch Wegnahme der Reliquien: W. Hartmann. Der rechtliche Zustand. S . 4 1 1 ; auf die weitreichenden rechtlichen Konsequenzen der Entrechtung von Heiligen verweist P. Jezler. Desakralisierung. v.a. S.313. 143 G . Z i m m e r m a n n , Patrozinienwahl. T.2, S.821T.: zur Hierarchie der Heiligen: P. Hinschius. System. Bd. 4, S. 259, zu der der Altäre: ebd.. S. 398ff.

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1.6.3 Das Recht und das Gut des Heiligen Ob mit oder ohne Pfarrecht - solange die einem Heiligen geweihte Kirche stand, besaß dieser ein Nutzungsrecht an ihr und konnte zumindest die Beleuchtung seines Altars aus dem Lichtergut verlangen 144 . Hätte man ohne triftigen Grund seine Reliquien oder Bilder aus einer Kirche ausgelagert, dann wäre dies einer Vertreibung oder Enteignung gleichgekommen und hätte nicht nur einen Akt der Vergeltung von seiner Seite provozieren können, sondern nach kirchlichem Recht auch dazu führen müssen, daß sämtliche der Kirche unter der Voraussetzung seiner Präsenz zugewiesenen Rechte zur Disposition, gestellt wurden und vor allem die dank seiner Hilfe erworbenen Güter und Einkünfte für die Kirche verloren waren - jedenfalls die, die ihm selbst als Bittoder Dankopfer zugefallen waren. Dieses selbsterworbene Gut konnte der Heilige nämlich, wenn er mit Zustimmung des Bischofs an einem anderen Ort eine neue Bleibe fand, mitnehmen 145 . Rechtlich problematisch hätte die translatio allerdings in den Fällen werden müssen, in denen ortsansässige Gläubige mit dem Heiligen langfristige, lebenslängliche oder ewige, das heißt ihre Erben und Nachkommen bindende, Schutzvereinbarungen eingegangen waren - sei es, daß sie ihm laufende Abgaben zugesagt oder ihre Person samt ihrer Nachkommenschaft oder ihr Hab und Gut verschrieben oder zu Eigen gegeben hatten. Solche aus der Ortsbindung der Gläubigen resultierenden Verträge hätten an sich hinfallig sein müssen, wenn der Heilige selbst nicht mehr am Ort residierte. Wurde das Kirchenvolk bei der Entscheidung über einen Patrozinienwechsel übergangen, dann konnte es vielleicht dem alten Heiligen auf eigene Rechnung ein Bleiben am Ort ermöglichen. Dies wäre auf eine fundatio hinausgelaufen und hätte entsprechende Mittel und Rechte, vor allem Verfügungsrechte über Grund und Boden, und die Zustimmung des Bischofs vorausgesetzt. Die radikalste Lösung wäre gewesen, mit dem Heiligen wegzuziehen. Doch kam dies nur für Freie in Frage und auch nur dann, wenn sie eine Aussicht auf eine neue Existenz und das Recht und die Möglichkeit hatten, selbst dem Heiligen ein umfassendes Schutzangebot zu machen 1 .

144 Zum Recht auf Beleuchtung und zum Lichtergut: W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 12, 16, 38 ff., 49, 63 ff.; zur Bereitstellung von luminaria als Voraussetzung für eine fundatio: P. Landau, Ius patronatus, S. 21 ff.; vgl. auch den bei K.Frölich, Altarpfründen, S. 510, zitierten Vorbehalt hinsichtlich der Versorgung der Altarlichter bei der Einverleibung eines Nebenaltars (1196); zu den Lichtern vgl. das Sendweistum von Edesheim (Pfalz): A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 87, hier S. 174; siehe auch K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 150 f. 145 Zur translatio von Heiligen: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 271 ff.; Bd. 2, S. 397 f.; zur Verlegung von Altären siehe z. B. die Verlegung des Katharinenaltars aus der Mutterkirche Leimersheim in die Filialkapelle Kuhart: F. X.Remling, Neue Urkunden, Nr. 242; hingegen zur Übertragung des Pfründvermögens ohne translatio des Altars oder des Heiligen im Fall der Verlegung der Frühmesse von der Pfarrkirche zu Burgfeld in die Kapelle zu Laufen: EAF Ha330 b, fol. 432-434. Vgl. K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 20. 146 Der Frage wert wären die rechtlichen Hintergründe des Verhältnisses der Walser zu ihrem besonderen Schutzheiligen, dem Heiligen Theodul.

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Das Pfarrecht und die dadurch gestiftete besondere Bindung des Heiligen an den Ort (ecclesia) und zugleich an die unter seinem Schutz Getauften (parochia) schuf also auch dem Kirchenvolk zusätzliche Rechtssicherheit - zumal, wenn es die Möglichkeit hatte, seine Rechtsbeziehungen zum Heiligen oder seine Rechte am Heiligengut selbst vor dem Send oder einem anderen geistlichen oder doch vom Kirchenherrn unabhängigen Gericht einzuklagen und sie so den Rechten entgegenzustellen, die jener ratione fundationis am Heiligen und der Kirche besaß. Jedenfalls wurde bei der Pfarrerhebung einer Kirche deren hergebrachtes Recht nicht aufgehoben, sondern im Gegenteil im Zuge des Erhebungsaktes noch einmal bestätigt. Dabei ist wesentlich, daß unter dieses hergebrachte Recht keineswegs allein die zwischem dem Heiligen und dem Kirchenherm ratione fundationis getroffenen Vereinbarungen fielen, sondern auch alle seither zwischen diesen und den Gläubigen zustandegekommenen rechtlichen Absprachen. Als das ursächlichere Recht bestand das Recht des Heiligen an der Kirche auch am längsten fort: Mochte die Kirche vakant werden oder das Pfarrecht und vielleicht sogar ihr Meßprivileg wieder verlieren, das Patrozinium blieb ihr erhalten, solange sie stand und ihrer Reliquien oder Bilder nicht beraubt war. Und mit dem Recht des Heiligen bestand das Recht deijenigen fort, die ihm rechtsverwandt waren 147 . Bezogen auf die Frage nach dem Recht an der Pfarrkirche oder der Verfügungsgewalt über das pfarrkirchliche Vermögen würde dies heißen, daß der Erwerb des Pfarrechts keineswegs dazu führte, daß der Heilige seine Nutzungsrechte am Altar, an der Kirche oder am Lichtergut und seine hergebrachten Besitzrechte an dem schon angesammelten Vermögen verlor. Auch dann nicht, wenn das Heiligengut vom Pfarrer zusammen mit den für den Gottesdienst benötigten Gegenständen oder Materialien respektive den Einkünften der fabrica verwaltet wurde. Vielmehr konnte das Heiligengut auch nach der Pfarrerhebung durch Opfer und Schenkungen zugunsten des Heiligen weiter anwachsen und unter Umständen sogar neben den res sacrae und dem zu deren Erhaltung ausgesetzten und erworbenen Kirchengut (fabrica) einerseits und dem Pfarrgut und den Einkünften aus dem Pfarrdienst (beneficium) andererseits einen besonderen Vermögenskomplex bilden - vorausgesetzt, daß diejenigen, die es aufgebracht hatten und mehrten oder zu seinem Schutz aktiv beitrugen als quasi dritte Kraft in der Pfarrei den Kirchenherren und Pfarrern, die sich entweder ratione possessionis oder Ratione Ofßcii als Kuratoren, Anwälte und Schutzherren auch des Heiligen betrachten wollten, Beschränkungen im Umgang mit diesem und seinen Gütern auferlegen konnten 148 . Wie weit diese Beschränkungen gingen und wie wirksam sie im Einzelfall werden konnten, hing davon ab, wie sich diese dritte Kraft legitimierte und konstituierte. 147 Siehe dazu P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 462. - Die rechtliche Bedeutung der Entfernung der Heiligen aus den Kirchen, sei es im Zuge eines Bildersturmes oder unter weniger dramatischen Umständen, harrt noch der Untersuchung. 148 Nach P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 567, wandelt sich unter dem Einfluß der Kanonistik das Eigentum des Heiligen zu dem einer juristischen Person. Der Amtskirche blieb an diesem wie an anderen Vermögen kirchlicher juristischer Personen nur ein Aufsichtsrecht, kein Obereigentum.

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2 Zum Recht der Stiftung und der Stifter Die Amtskirche formulierte auf dem III. Laterankonzil (1179) Beschlüsse, die sich sowohl gegen die possessio von Laien an Kirchen und Kirchengut richtete, wie gegen willkürliche Abgabenforderungen der geistlichen Kirchenherren gegenüber den ihnen unterstellten Pfarr- und Minderkirchen. Aufgrund dieser Beschlüsse und darüber hinausgreifender päpstlicher Dekretale entwickelte die kirchliche Rechtslehre das sogenannte ius patronatus, durch welches das hergebrachte Recht der laikalen Eigenkirchenherren wenn nicht aufgehoben, so doch neu interpretiert wurde. Nachdem die dort formulierten Grundsätze im Laufe der folgenden Jahrzehnte immer mehr auch auf die geistlichen Kirchenherren ausgedehnt worden waren, ohne daß man jedoch zu einer theoretisch überzeugenden oder juridisch handhabbaren Lösung fand, eröffnete man denselben die Möglichkeit, die unter ihrem Patronat stehenden oder in ihrem Besitz befindlichen Kirchen ihrem Amt oder dem Vermögen der Kirche, der sie vorstanden, durch bischöfliches oder päpstliches Privileg einverleiben zu lassen (incorporatio). Beide, das Patronatsrecht und das Inkorporationsrecht, ließen Grundsätze zur Anwendung kommen, die für die Entwicklung der kirchlichen Stiftung maßgeblich werden sollten149. Ein anderes war der Wandel, der die Lehre von den Sakramenten und Heilsmitteln und das kirchliche Ämterrecht erfaßt hatte. Er bewirkte ein Zurücktreten der Interzessionsgewalt der Heiligen, der öffentlichen Buße und der dieser verpflichteten, überwiegend von den Archidiakonen beherrschten Sendgerichtsbarkeit zugunsten des vom Pfarrpriester als iudex ecclesiasticus gehaltenen forum poenitentiale. Man könnte sagen, der Blick der Gläubigen wurde von ihrem weltlichen Dasein auf das Schicksal ihrer Seelen nach dem Tode gelenkt; vom unerreichbaren Vorbild der Heiligen auf das Erlösungswerk Christi, von der vorwiegend in weltlichen und materiellen Belangen beanspruchten Hilfe der Heiligen auf das vom Priester gefeierte eucharistische Altaropfer, das auch noch zu einem Zeitpunkt wirksam werden konnte, zu dem die im Fegefeuer schmachtende Seele schon erfahren mußte, daß zu Lebzeiten für ihr Heil nicht genügend getan worden war. Damit soll nicht gesagt sein, daß die Heiligen ausgedient hatten, doch nahm ihre Verehrung andere Formen, auch andere Rechtsformen an. Die Gläubigen bestellten nämlich nicht nur immer mehr Seelmessen gegen einen entsprechenden Lohn beim Pfarrpriester, sondern formulierten auch immer häufiger ihre Meßaufträge so, daß das eucharistische Altaropfer und die Verehrung des Heiligen, auf dessen Altar es gefeiert werden sollte, zusammengespannt wurden150. 149 Siehe dazu vor allem P. Landau, Ius patronatus. 150 Zum Wandel im Bereich von cum animarum und iurisdictio: D. E. Heintschel, Ecclesiastical Office; W.Trusen, Forum internum; G.A.Benrath, Buße V, S. 462f.- Zu den Zusammenhängen von Eucharistie und Opfergabe: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, v.a. S. 135ff., 201fT., siehe auch S. 81 f., 172 ff., 190 ff., 231 ff.; A.Angenendt, Missa specialis, passim; zur Meßstiftung siehe auch K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 98 ff. - Zu den Beziehungen zwischen dem Altar und dem Heiligen: C.-H. Ratschow, Altar I (TRE 2), S. 306 f.; A.Stuiber, Altar II (TRE 2), S. 314 ff. P. Poscharsky, Altar III (TRE 2), S. 318 f.

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Wenn es dabei zur Ausbildung besonderer Rechtsformen kam, dann hat das vor allem mit den kirchlichen Bannrechten zu tun und dem Wandel, dem diese seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert unterworfen wurden. Der Hauptaltar einer Pfarrkirche war einem Heiligen geweiht, einem Pfarrpriester geliehen, hatte bestimmte Einkünfte aus dem Lichtergut und dem Opfer und diente dem Gottesdienst und der ordentlichen Seelsorge. Wenn gegen einen Lohn private Seelmessen darauf gelesen wurden, kamen die Erträge dem Pfarrpriester zugute, das heißt, dem Heiligen wäre, anders als früher, anstatt des Votivopfers nur die Verehrung zugefallen. Daß diese Verlagerung von Einkünften nicht ohne weiteres hingenommen wurde, zeigen eine ganze Reihe von Auflagen und Bedingungen, die sich in den Stiftungsvereinbarungen für private Seelmessen finden. Für das Recht des Heiligen traten dabei diejenigen ein, die regulär für die Erhaltung der Kirche überhaupt, aber vor allem für das Lichtergut und die Gerätschaften des Altars zuständig waren und die dem Heiligen versprochen hatten, seinen Schaden zu wenden und seinen Nutzen zu mehren. Demgemäß folgten die Stiftungsregelungen im Einzelfall den lokalen Gegebenheiten und es spielte bei ihrer Formulierung dreierlei eine Rolle: Erstens, ob die Messe auf dem Hauptalter oder auf einem Nebenaltar gelesen wurde; zweitens die Klärung der Nutzungsrechte an dem gewählten Altar; drittens, wer die Messe lesen sollte. Maßgeblich konnte aber auch sein, ob der Stifter der Messe der Pfarrgemeinde angehörte respektive der Gemeinschaft zuzählte, für die oder von der der betreffende Nebenaltar errichtet worden war. Mit anderen Worten, die Stiftungsbestimmungen richteten sich nach dem jeweiligen Bannrecht der Pfarrkirche oder des Altars und seines Heiligen. Weil aber dieses Bannrecht und mehr noch das neu entstehende Recht der Stifter bei aller Wandelbarkeit in den Details im Grunde doch dem ius commune verpflichtet war, weisen die getroffenen Regelungen bestimmte Grundmuster auf, die sich nur im Rückgriff auf die von diesem formulierten Bestimmungen erläutern lassen. Dieser Rückgriff allerdings ist dadurch erschwert, daß sich die Kanonistik mit der rechtlichen Problematik der Meß- und Altarstiftung wenig befaßt zu haben scheint, so daß auch die kirchliche Rechtsgeschichte zur Erklärung der verschiedenen Stiftungsmuster oder Rechtsformen nicht allzu viel zu bieten weiß, obgleich diese Form der Stiftung einen immer breiteren Raum einnahm und eine gewisse Wirkung auf die kirchlichen Organisations- und Rechtsstrukturen unübersehbar ist. Jedenfalls läßt sich gerade am Stiftungswesen unterhalb der Pfarrebene beobachten, in welcher Weise altes und neues, weltliches und kirchliches, dingliches und nichtdingliches, privates und öffentliches Recht jeweils miteinander verflochten wurden - und daß dieses Verfahren auch auf dem Lande und in den Dörfern durchaus beherrscht und vom Kirchenvolk zu seinem eigenen Nutzen zielstrebig eingesetzt wurde. Zur Erläuterung dieser These, aber auch zur Vorbereitung der Darstellung des Quellenmaterials wird im folgenden zunächst näher erörtert, wie sich die Rechte des Altars, des Heiligen und des am Altar investierten Priesters gegenüber den Rechten deijenigen verhalten konnten, die dem Priester einen Lohn für eine private Messe übergaben oder bestimmte Mittel aussetzten, damit daraus auf eben diesem 74

Altar und unter dem Schutz eben dieses Heiligen von dem jeweils amtierenden Priester eine wiederkehrende, sogenannte «ewige Messe» gelesen würde (2.2). Des weiteren werden Überlegungen zum Unterschied zwischen privaten Seelmeßstiftungen und den der ordentlichen Seelsorge dienenden Altarpfriindstiftungen angestellt (2.3.). Aus der daran anschließenden Darlegung der Grundzüge des iuspatronatus (2.4.) soll erstens ersichtlich werden, unter welchen Voraussetzungen die von diesem formulierten Grundsätze auch für solche Einrichtungen angewandt werden konnten, die unterhalb des Niveaus der Kirchen- oder Pfarrpfriindstiftung und deswegen im Bannbereich der ordentlichen Kuratkirche (ecclesia matrix) und ihres Patronatsherrn blieben; und zweitens, welche Konsequenzen sich trotz der Wahrung des Pfarrbannes aus einer Anwendung des ius patronatus für die das Recht der Kirche, des Heiligen, des Kirchenherrn und des Pfarrers einerseits und für die Gründer der Minderstiftung anderseits ergaben. Diese Frage nach der Wechselwirkung von kirchlichem oder pfarrlichem Bannrecht und dem auf das ius patronatus gegründeten und vom Bischof abgesicherten Stiftungsrecht wird dann ein weiteres Mal, nämlich im Hinblick auf das Inkorporationsrecht zu stellen sein (2.5.). Abschließend wäre dann auf das Recht des Heiligen und der fabrica und die Funktion der Heiligen- oder Kirchenpfleger einzugehen und die Rolle, die ihnen im Bereich des Stiftungswesens zukam oder zukommen konnte (2.6.). Vorweg jedoch eine Anmerkung zur Begrifflichkeit.

2.1 Anmerkung zum Begriff «Minderstiftung» «Minder» sollen die im folgenden behandelten Stiftungen heißen im Hinblick auf das Bannrecht von Kirche und Pfarrpfründe, dem sie unterworfen waren. Sie unterscheiden sich also von der «Kirchenstiftung» im Sinne einer regelrechten fundatio ecclesiae zunächst hinsichtlich ihres Zweckes, das heißt auch hinsichtlich der Qualität des angestrebten Titels respektive des Umfangs der für diesen ausbedungenen iura spiritualia. Es wird zu zeigen sein, daß das Recht, das solchen Minderstiftungen zugewiesen wurde, von Fall zu Fall sehr stark variierte. Das heißt die Skala dessen, was unter diesem Begriff zu subsumieren ist, war bemerkenswert breit und kann nach unten, zur einfachen Meßpfründe hin, nur ungefähr, nach oben, zur Pfarrpfründe hin, im Grunde überhaupt nicht abgegrenzt werden, weil es wegen der Zersplitterung der Bannrechte und der Tendenz, die tatsächliche Abpfarrung einer Kirche de iure zu verleugnen, letztendlich keine eindeutigen Kriterien gab, wo das «pfarrliche Recht» anfing oder aufhörte. Zu beachten ist, daß sich das kirchliche Ämterrecht, wo es von beneficia minora spricht, nicht auf Minderbeneßcia in dem hier berührten Sinne bezieht. Vielmehr sind diese beneficia minora im Gegensatz zu den beneficia maiora definiert, was gewissermaßen jener Unterscheidung zwischen Pfarrbann und Bischofsbann entspricht, von der oben die Rede war. Den beneficia maiora stand nach der Definition des Ämterrechts die Lehr-, Weihe- und Jurisdiktionsgewalt zu, während den beneficia minora die Weihegewalt 75

fehlte und sie an der Lehr- und Jurisdiktionsgewalt nur insoweit teilhatten, wie dies für die Ausübung der cura animarum auf der Ebene der Pfarrei erforderlich war. Von daher erklärt es sich, daß die Pfarrkirchen häufig als «Niederkirchen» bezeichnet werden. Tatsächlich aber standen auf der niedrigsten Stufe der Skala kirchlicher Titel die Kirchen und Kapellen respektive die Altäre und beneficia ohne reguläres Pfarrecht, das heißt ohne eigenen seelsorgerlichen Auftrag gegenüber einem ihnen exklusive zugewiesenen Teil des Kirchenvolkes.

2.2 Meßstiftung und Altarstiftung 2.2.1 Messen für das Seelenheil Die Quellen, die seit dem 13. Jahrhundert von privaten Stiftungen oder Schenkungen pro anima berichten, lassen einen deutlichen Trend zur Einrichtung von Messen, und zwar von sogenannten ewigen Messen, erkennen. «Ewig» heißt, daß diese Messe nicht einmalig stattfand, sondern bis zum Jüngsten Tag, an dem das Gericht Gottes endgültig über das Schicksal der betroffenen Seelen befinden würde, an bestimmten Tagen oder in bestimmten Abständen immer wieder gelesen werden mußte. Allerdings sollte nicht übersehen werden, daß eine Schenkung pro anima zwar als Meßstiftung erfolgen konnte, aber nicht mußte. Ein frommes, dem Seelenheil nützliches Werk war auch eine Schenkung für Brot für die Armen, für Wachs für den Altar, für den Bau und den Schmuck der Kirche oder für den Unterhalt des Pfarrers 151 . Der Trend zur Seelmesse erklärt sich zunächst aus einem Wandel in der kirchlichen Heilslehre. Die Amtskirche bewirkte, indem sie die Vorstellung vom Fegfeuer aufnahm, daß sich die Sorge der Gläubigen immer mehr dem Schicksal ihrer Seele während dieser Zwischenexistenz zuwendete, die mit dem Tod beginnen und erst am Jüngsten Tag enden würde. Die Einsicht, daß diese Zeit für sie jederzeit anbrechen könne, um dann unabsehbar, vielleicht angefüllt mit den schrecklichsten Leiden fortzudauern, raubte anscheinend nicht wenigen Menschen die innere Ruhe schon zu Lebzeiten. Mochte die Angst sie zu untadeligeren Christen machen, Gewißheit konnte keiner besitzen, und das Gefühl des Ungenügens scheint sich um so mehr ausgebreitet zu haben, je mehr die für jeden nachvollziehbare, jedem erkennbare öffentliche Rechtfertigung vor der Gemeinde an Gewicht verlor, weil sich die Aufmerksamkeit nicht mehr überwiegend auf die Sünden richtete, die ein öffentliches Ärgernis waren. Stattdessen mußte der einzelne Gläubige für sich selbst die innere Kraft aufbrin151 A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, v.a. S. 26fT., 124fT., 207ff.; M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters; P.Hinschius, System, Bd. 4, S. 205; K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 98 ff., 145 ff., 176 ff., 202 f.

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gen, seine heimlichen Sünden in der Beichte zu bekennen, sich bewußt zu werden, welches die Sünden gegen den Geist seien oder sogar herauszufinden, welche Sünden er unwissentlich begangen haben konnte. Da sich niemand wirklich sicher sein konnte, hinreichend Buße getan zu haben, um dem Fegfeuer zu entgehen, blieb als einzige Hoffnung das von den Theologen für wirksam erkannte Mittel des eucharistischen Altaropfers. Durch dieses erinnerte der Priester Gott an das Erlösungswerk seines Sohnes und konnte sozusagen unter Berufung auf das Taufversprechen für die arme Seele im Fegfeuer einen Nachlaß ihrer Leiden erwirken. Es scheint, daß sich von da ausgehend eine gewisse Verschiebung der Verantwortlichkeit für das Heil der Seelen vollzog - für das der eigenen, wie für das des Nächsten, Nachbarn oder Pfarrgenossen - , die wiederum weiterreichende Veränderungen in der Struktur des Seelsorge- und damit des Pfarrwesens nach sich zog. Zu der genannten Art der Fürbitte waren weder die Gemeinde noch der Heilige im Stande. Insbesondere war auch der Pfarrer, trotzdem ihm die cura animarum für seine Pfarrkinder aufgetragen war, zu solchen zusätzlichen Meßdiensten nur in einem begrenzten Rahmen verpflichtet. Es konnte nämlich vom Standpunkt des Benefizialrechts aus gesehen nicht angehen, daß seine Amtspflichten sich unabsehbar dadurch erweiterten, daß die ständig wachsende Zahl von Toten von ihm besondere Dienste erwartete, derweil die Einkünfte der Pfarrei sich immer weiter nach der Zahl und dem Einkommen der Lebenden bemaßen. Wenn jeder für sein Seelenheil persönlich einstehen mußte, dann konnten aber auch die Abgaben der Lebenden nicht erhöht werden, um die Seelen derjenigen zu retten, die zu Lebzeiten versäumt hatten, das Nötige zu tun. Was blieb, war der Kauf von Seelmessen durch den Einsatz von eigenem Hab und Gut. Wenn sich also die Seelgeräte oder Stiftungen pro anima, durch die ewige Messen ausbedungen wurden, in der Stadt früher und zahlreicher finden als auf dem Land, dann ist das nicht notwendigerweise darauf zurückzuführen, daß die Städter frommer waren als die Bauern oder die Glaubenslehren besser verstanden hatten als jene. Vielmehr ließe sich dies auch schlicht aus den unterschiedlichen besitz- und erbrechtlichen Verhältnissen erklären. Denn wer eine ewige Messe kaufen wollte, mußte auch in der Lage sein, die Bezahlung der Messe auf ewig zu gewährleisten, indem er Ewigzins oder besser liegendes Gut (res perpetua) bereitstellte. Erst beides zusammen, der Zweck und die diesem angemessenen Mittel, verschaffte dem Willen des Gläubigen Dauer und schuf eine Einrichtung, von der die Nachwelt Kenntnis erlangen konnte. Was nun allerdings die näheren Rechtsumstände betrifft, so zeigen die Quellen, daß ewige Messen vielfach nicht auf den Hauptaltar einer Kirche oder auf den Hochaltar der Pfarrkirche gestiftet wurden, sondern auf Neben- oder Minderaltäre - Altäre also, die entweder in der Pfarrkirche selbst oder aber in einer auf deren fundus oder in deren Bann gelegenen Kapelle oder Minderkirche standen und zwar geweiht waren, aber über das Meßprivileg hinaus kein eigenes Seelsorgerecht besaßen.

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2.2.2 Meßdienste und Nebenaltäre Den Brauch, mehrere Altäre in einer Kirche aufzustellen, hatte bereits die Kirche der Antike gekannt. Die Karolinger wollten ihn gerne zurückdrängen, doch war ihnen kein dauerhafter Erfolg beschieden. Schon im 10. und 11. Jahrhundert gab es anscheinend auch an einfachen Pfarrkirchen Nebenaltäre, die sogar unabhängig von der Pfarrkirche zu «Lehen» vergeben worden sein sollen 152 - allerdings nicht als kirchliche, sondern als weltliche Benefizien und nicht an Priester, sondern an Laien. Daraus ließe sich schließen, daß die Aufstellung solcher Altäre weniger der Vermehrung priesterlicher Meßdienste als vielmehr der Verehrung zusätzlicher Heiliger diente. Der Weihe als Zulassung zur Eucharistiefeier hätten solche Altäre nicht notwendig bedurft und trotzdem dazu beigetragen, die Bedeutung der Kirche als Kultstätte zu vergrößern, ihre Einkünfte zu steigern und so in mehrfacher Weise auch den Einfluß des Kirchenherrn zu mehren. Wenn an jedem Altar, an dem ein Heiliger verehrt wurde, ein Licht brennen mußte, dann benötigte auch jeder Altar, gleichgültig, ob er zur Messe zugelassen war oder nicht, eigene regelmäßige Einkünfte, zum Beispiel aus Opfern. Oder er mußte eine feste Grundausstattung, eine dos oder ein sogenanntes Lichtergut, besitzen, aus der zumindest die Ausgaben für Wachs oder Öl bestritten werden konnten 153 . Von ditatio im Sinne der Bereitstellung eines Pfründgutes, aus dem ein ständig residierender Priester ernährt werden konnte, kann dabei aber nicht die Rede sein 154 . Sollten an einem Nebenalter auch Seelmessen gelesen werden, dann mußte er jedenfalls die Weihe respektive ein Meßprivileg erlangen. Es brauchte aber deswegen nicht notwendigerweise ein beneficium an diesem Altar errichtet oder auch nur ein ewiges Meßstipendium ausgesetzt werden, vorausgesetzt, die anstehenden Meßdienste konnten nebenamtlich durch den Inhaber der cura animarum oder von einem anderen Priester als bloße Lohndienste versehen werden. Der Möglichkeit, Meßdienste durch auswärtige oder zumindest bei der Kirche nicht bepfründete Priester gegen Lohn versehen zu lassen, stand aber zunächst zweierlei im Weg: das Verbot der absoluten Ordination und der Pfarrbann respektive das Pfarrrecht. Das Verbot der absoluten Ordination besagte, daß niemand zum Priester geweiht werden dürfe, wenn er nicht zugleich an einem eigenen, zur cura zugelassenen Altar investiert werden könne 1 5 5 . Demnach wären nur die Inhaber von Viaxxbene-

152 P.Poscharsky, Altar III (TRE 2), S. 318; P.Hinschius, System, Bd.4, 399, Anm.5; für die Maßgaben bei Regino: W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 27; A.Pöschl, Benefizium, S. 107, berichtet von Altären, die als «abgesonderte Vermögenskreise» auch an «Niederkirchen» schon im 10. und 11. Jahrhundert als «Lehen» vergeben wurden. Es habe sich dabei aber nicht um kirchliche beneficia gehandelt, sondern um weltliche. 153 Vgl. etwa W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 16, 38ff., 49, 63ff.; S.Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 10 f. 154 P.Landau, lus patronatus, v.a. S. 21 ff. 155 P.Hinschius, System, Bd.4, S. 400f.

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ficia zum Meßdienst zugelassen gewesen. Dies noch weiter eingrenzend, besagte der Pfarrbann, daß niemand das Recht habe, innerhalb einer Kirche oder des dieser zugehörigen Sprengeis Messen zu lesen, außer der am (Hoch)Altar dieser Kirche ordinierte Pfarrer15*. Dem absoluten Vorrecht des Amtsinhabers lief jedoch, sobald die Zahl der zu lesenden Messen eine bestimmte Höhe erreicht hatte, das Verbot der Bination entgegen, wonach ein Priester nicht mehr als einmal am Tage die Eucharistie feiern durfte. Er konnte daher gezwungen sein, die Annahme von Meßdiensten entweder abzulehnen, was jedoch seinem Amtsauftrag widersprochen hätte, oder bestimmte Meßdienste zu delegieren157. Die Frage war, an wen und zu welchen Konditionen. Die Bischöfe waren gehalten, die Errichtung von Nebenaltären nur dann zu bewilligen, wenn ein tatsächlicher Mehrbedarf an Messen bestand. Damit war erstens gesagt, daß jeder neu zuerrichtende Altar geweiht und zur Messe zugelassen sein mußte, und zweitens lief diese Anordnung darauf hinaus, daß für diese Altäre außer einem Lichtergut auch ein Meßgut beizubringen war. Denn man maß den Bedarf einfach daran, ob jemand bereit war, diesen Mehrbedarf an Messen zu finanzieren158. Die Aussetzung besonderer Meßlöhne erübrigte sich nur dann, wenn man den Pfarrer darauf verpflichten konnte, die anfallenden Messen ratione officii mitzuversehen. Ratione beneficii hatte Pfarrer die Messe dann zu versehen, wenn das Meßstipendium zu seiner Pfründe gefallen war. Eine Versehung ratione officii oder ratione beneficii mußte nicht heißen, daß der Pfarrer die falligen Messen persönlich las, er konnte sie auch durch einen anderen in seinem Namen lesen lassen. Doch mußte derjenige, den er damit beauftragte, zum Priester geweiht sein, das heißt, er mußte vom Bischof persönlich zu dem mit dem Altarsakrament verbundenen officium divinum zugelassen sein. Da andere Pfarrer für solche Beauftragungen aus bannrechtlichen Gründen nicht in Frage kamen, konnte demnach, wenn die dem Amt oder der Pfründe angehängten Meßpflichten ein bestimmten Maß überschritten hatten, Abhilfe nur durch die Erteilung absoluter Ordinationen geschaffen werden. Die Versehung der zusätzlichen Meßdienste wurde anfangs vielfach so geregelt, daß der Pfarrer den Dienst in gleicher Weise wie andere Helferpflichten seinem Hilfs- oder Gesellpriester auftrug, der zum Priester geweiht sein mußte, aber mit dem ordo kein eigenes Amtsrecht erwarb, sondern dem Pfarrer als dem ordentlichen Inhaber der cura animarum absolut weisungsgebunden blieb. 156 P. Hinschius, System, Bd. 1, S. 63 f., 87. 157 Zum Verbot der Bination: P. Hinschius, System, B d . 4 , S. 184 ff.; I. Schröder, Rezeption, S. 247 f. Nach W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 56, war es zur Zeit Reginos noch üblich, daß der Pfarrer bei Bedarf mehrmals am Tage die Messe feierte; siehe auch A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 20 ff., 158 ff., 231 ff.; zur missa sicca als Möglichkeit der Umgehung des Verbotes der Messenhäufung: ebd., S. 251; zur Ausbildung des privaten Meßwesens: A . A n g e nendt, Missa specialis, passim. 158 Siehe dazu P. Hinschius, System, Bd. 4, 398 ff.: Seit Alexander III. sind die altaria minora neben dem altare summum durch das kirchliche Recht ausdrücklich anerkannt. Ihre Errichtung bedarf der Zustimmung des Bischofs und des Nachweises eines Lichtergutes: ebd., S. 399, Anm. 8; zur Rangordnung der Heiligen: ebd., S. 259 ff.

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Da dem Pfarrer mit dem Amt auch das Recht am Meßlohn und zusammen mit der cura ecclesiae respektive der cura beneficii auch die Sorge für den Altar zustand, konnte der Helfer auch keinen Anspruch auf eigene Einkünfte oder Verfügungsrechte über das Lichter- oder Meßgut erlangen - und dies um so weniger, als er beim Pfarrer in Kost und Logis stand. Denn da im Mittelalter, wer keinen eigenen Hausstand oder Herd besaß auch keinen selbständigen sozialen Status beanspruchen konnte, standen die Pfarrhelfer nicht nur unter der amtsrechtlichen, sondern auch unter der hausväterlichen Aufsicht ihrer Dienstherren und hatten kein Recht auf ein eigenes Auskommen - unangesehen der Tatsache, daß sie diesen der Weiheordnung nach gleichgestellt waren159. Es kam aber aufgrund entsprechender Stiftungsbestimmungen ziemlich bald dahin, daß der Meßdienst solchen Priestern aufgetragen werden mußte, die nicht in einem derartigen Abhängigkeitsverhältnis zum Pfarrer standen und stehen sollten, so daß dieser nach anderen Argumenten suchen mußte, wenn er den Meßlohn an sich ziehen wollte. Wenn ein Pfarrer solchen Stiftungsbestimmungen zum Trotz einen Teil der Stiftungseinkünfte einbehielt, dann ließ sich dieser Lohnabzug auf zwei Weisen begründen: Einmal als Abgabe an den «Pfarrherrn» 160 , zum anderen als Beitrag zu den ihm für den Kirchenbetrieb aufgebürdeten Unkosten. Denn das Lesen einer Messe verursachte nicht allein Lohn-, sondern auch Betriebskosten. Vornehmlich benötigte man Wachs, Wein und Brot, es wurde aber auch das Altargerät der Kirche und unter Umständen sogar der Ornat des Pfarrers mitbenutzt. Der Pfarrer konnte, wenn ein anderer sich in seiner Kirche einen eigenen Verdienst erwarb, mit Recht fordern, daß seine Unkosten gedeckt würden161. Allerdings fanden das auf die Leihe der Kirche und ihres Hochaltars begründete Recht ebenso wie die Fürsorgepflicht des Pfarrers dort ihre Grenzen, wo die Messe auf besonders fundierten und entsprechend ausgestatteten Nebenaltären zu lesen war, respektive zwar die cura animarum, nicht aber die cura ecclesiae in seiner Hand lag162.

159 Zu den Helfern des Pfarrers: D. Lindner, Hilfspriester; zu den Rechten des Pfarrers gegenüber den liluli minores: P. Hinschius, System, Bd. 2, S.267f.; vgl. auch W. Hellinger. Pfarrvisitation. T.l, S. 53, 58; K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 278ff., 339ff. 160 A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 172ff., 243ff.; zum Anspruch des Bischofs auf Abgaben von den der Kathedrale nachgeordneten Titeln und zum Verzicht zugunsten der notwendigen Reparaturen an den Taufkirchen nach kanonischem Recht auch: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1311; vgl. zur Dreiteilung der Kircheneinkünfte an Eigenkirchen auch H. E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 191, der die Drittelung im germanischen Recht wurzeln sieht. Vgl. die Ansprüche des Deutschen Ordens als Inkorporationsherr der Pfarrei zu Rülzheim gegenüber den Einkünften der St. Dietrichskapelle: R.Engels (Bearb.), Palatina Sacra, Landdekanat Herxheim, S. 245, Anm.22. Zu den Ansprüchen auf die Opfer von Nebenaltären siehe unten in Teil C, Kap. 3.5. 161 Auch die Forderung nach einer Ausstattung von Privat- oder Eigenkirchen wurde damit begründet, daß es unzulässig sei, die ordentlichen Taufkirchen und ihre Pfarrer mit Diensten oder Ausgaben zu belasten: U. Stutz, Benefizialwesen, S. 226 f. 162 Siehe v.a. Teil B, Kap. 2.4.

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Demnach hätte es auch zwei Möglichkeiten gegeben, willentlich und gezielt die Verfügungsgewalt des Pfarrers über eine Meßstiftung auszuschließen oder zumindest zu beschränken: Zum einen, indem man die Messe auf einen anderen als den Hochaltar stiftete; zum anderen, indem man Meßlohn und Betriebskostenanteil getrennt auswies und dem Pfarrer als Inhaber der cura animarum zwar den Meßlohn überließ, die Sachmittel aber nicht unter seine cura gelangen ließ. Während im ersten Fall eine besondere Rechtsbeziehung zwischen dem Altar und der gesamten Meßstiftung entstand, fand im zweiten Fall sowohl eine Zustifhing zur Pfarrdos statt, wie auch eine Mehrung des betreffenden Altar-, Heiligen- oder Kirchengutes. Die fundatio eigenständiger, bann- und vermögensrechtlich von der Kirche, ihrem Hauptheiligen und ihrem Pfarrbeneficium abgegrenzter Altäre nicht nur in Kapellen, die anderen Herren gehörten, sondern auch innerhalb der Pfarrkirchen selbst oder im Pfarrdorf ermöglichte das ius patronatus, und ebenso ließ es die dauernde «Fundierung» ewiger Messen auf solchen Altären zu - ein Rechtsakt, durch den spezifische Beziehungen zwischen dem Altar und der Messe einerseits und zwischen dem Heiligen respektive den Kuratoren des Altars und den Stiftern der Meßpfründen andererseits entstanden, die im folgenden beleuchtet werden sollen.

2.3 «Seelgeräte», «Altarpfründen» und «beneficia» 2.3.1 Die Seelgerätstiftung Um es noch einmal zu verdeutlichen: Das Lesen von Seelmessen war eine Art von Dienst, der dem Seelenheil der einzelnen Mitglieder der Pfarrgemeinde diente und für dessen Versehung und Ausübung erstens die Priesterweihe und zweitens die Verfügung über einen geweihten Altar unverzichtbar waren. Der Meßdienst hätte demnach aus verschiedenen rechtlichen Ursachen dem Aufgaben- und Rechtsbereich des Pfarrers zugewiesen werden können: Einmal von wegen des Seelsorgeauftrags (cura animarum), das andere Mal von wegen seines Priesterstandes überhaupt und schließlich von wegen seiner Rechte am Altar. Weil jedoch Seelmessen als private Dienste vereinbart wurden und daher nicht zu den regulären pfarrlichen Pflichten, also auch nicht zur ordentlichen cura animarum zählten, das Privileg des Priesterstandes für die Pfarrer mit der Zulassung der absoluten Ordination verloren gegangen war und das am Altar hängende Bannrecht hinsichtlich des Meßprivilegs mit der Aufstellung von geweihten Nebenaltären durchbrochen werden konnte, brauchte keine dieser Begründungen mehr als absolut zwingend anerkannt zu werden. So erfolgten die Schenkungen pro anima zwar in der frühen Zeit vielfach zu Händen des Pfarrers und wurden von diesem als Zustiftungen zur Pfarrelos verein81

nahmt, doch ging der Trend zunehmend dahin, den Pfarrer von der Nutzung wie auch von der Aufsicht über die sogenannten Seelgeräte auszuschließen 163 . Die Quellen zur frühen Seelgerätstiftung stammen fast alle aus dem Bereich der Stadt, wo die Bürger, jedenfalls die stiftenden Bürger, nicht nur eigenen, disponiblen Besitz, sondern auch politischen Einfluß hatten. Es erweist sich, daß die städtischen Obrigkeiten sich darum bemühten, das Stiftungswesen ihrer legislativen, administrativen und judikativen Gewalt unterzuordnen. Mittel dazu war ihnen vor allem die Beschränkung der Testierfreiheit der Stadtbürger, Motiv wohl vorderhand der Schutz der Interessen derselben, damit verbunden aber auch das Bestreben, die Gerichtsbarkeit über die für die Seelgeräte ausgesetzten liegenden Güter und in liegendem Gut abgesicherten Ewigzinsen nicht aus der Hand zu geben 164 . Wo das Stadtregiment in den Händen weltlicher Räte lag, richteten sich deren Bemühungen vor allem darauf, die geistliche Gerichtsbarkeit auszuschließen, und damit implizit auch gegen eine cura des Pfarrers über das Stiftungsgut. Ausgenommen die Städte, in denen der Rat auf die Pfarrer entweder über den Patronatsherrn mittels familiärer oder ständischer Kontrolle oder kraft eigenen Patronatsrechts einen unmittelbaren Einfluß ausüben konnte 165 . Außerdem trat in den Städten mit weltlichem Regiment zu der güterrechtlichen Frage bald die Problematik der Gerichtsbarkeit über den ständig anwachsenden Weltklerus, der das Immunitätsprivileg seines Standes immer häufiger nutzte, um ungestraft den städtischen Frieden zu brechen. Die erste Maßnahme zur Erlangung der Kontrolle über das Stiftungswesens, die darauf abzielte, die Seelgeräte überhaupt oder doch immerhin den auf die Betriebskosten entfallenden Anteil von der Pfarrdos zu isolieren, verband sich daher mit einer zweiten, deren Ziel es war, die Aufsicht über die Diensterfullung an sich zu bringen und Versäumnisse auf der Ebene von Vertragsrecht und ziviler

163 Siehe zur Etymologie des Ausdruckes «Seelgerät»: A.Schultze, Einfluß der Kirche, S. 82 f., A n m . 2 . Zur Seelgerätstiftung, die sich keineswegs auf die Messe zu beschränken brauchte, und vor allem zu ihrer langen Geschichte siehe M. Borgolte, Memoria, passim; E. Vavra, Pro remedio animae, passim; H.-D. Heimann, «Testament», passim; N.Ohler, Sterben, S. 32 ff.; G.Jaritz, Religiöse Stiftungen, v. a. S. 13 f.; H.-R. Hagemann, Piae Causae, v.a. S. 42 ff.; S. Reicke, Stiftungsbegriff, v. a. S. 253; A. Mitterwieser, Stiftungen, Teil I, S. 168 f. - Zur Messe als Mittel zur Erlangung von Sündenvergebung und Seelenheil siehe A. Angenendt, Missa Specialis, passim. 164 Zur Problematik der Amortisation: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1281 ff.; U.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 493, Literatur S. 501. Siehe auch W.Hölscher, Kirchenschutz, S. 8 2 f f . Sehr aufschlußreich über die «Klage mit der toten Hand»: M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 86 f. 165 Siehe dazu im folgenden die Verhältnisse in Braunschweig. Erhellend dazu D. Kurze, Pfarrerwahlen, S. 395 ff. Danach erhielten sich die fünf, zu beiden Seiten der Ocker und damit teils im Bistum Halberstadt, teils im Bistum Hildesheim gelegenen Einzelsiedlungen, aus denen die Stadt zusammengewachsen war, eine gewisse politische Eigenständigkeit. Alle fünf besaßen oder erwarben auch eigenes Pfarrecht. Für drei Kirchen, nämlich St. Michael (durch die Gemeinde 1158 fundiert), St. Martin und St. Katharinen bestand seit dem 13. Jahrhundert gemeindliches Pfarrwahlrecht; St. Ulrich besetzte seit 1420 der Altstädter Rat. Im sogenannten «Pfaffenkrieg» (Anfang des 15. Jh.s) standen zeitweilig die hohe Geistlichkeit und das Ende des 14. Jhs. politisch entmachtete Patriziat dem niederen Klerus und den Gilden gegenüber.

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Gerichtsbarkeit zu sanktionieren und die Meßpriester der städtischen Disziplinargewalt zu unterstellen. Es zeigt sich aber, daß der Trend zur Verselbstständigung der Seelgeräte über diesen Punkt schnell hinausging und das Stiftungswesen eine Entwicklung nahm, die sich zunehmend auch gegen das Ratsregiment selbst wandte, das sich ihrer nicht erwehren konnte. Die Ursache dafür scheint darin zu liegen, daß die Stifter und der Meßklerus, die in dieser Sache mit j e unterschiedlichen Interessen auf dasselbe Ziel, nämlich die Zurückdrängung der in Willkür umschlagenden obrigkeitlichen Reglementierungen, zuarbeiteten, sich auf kirchliches Recht berufen und für die zu schließenden Vereinbarungen die geistliche Gerichtsbarkeit als rechtstiftende und deswegen auch als rechtgewährleistende Instanz in Anspruch nehmen konnten - doch ohne sich ihr als einer ordentlichen Gerichtsbarkeit unterwerfen zu müssen. Diese Entwicklung soll, da sie für die rechtstheoretische Zuordnung der später zu analysierenden Stiftungsinitiativen wesentlich ist, etwas ausführlicher besprochen werden.

2.3.2 Die sogenannten «Altarpfründen» Rechtsgeschichtliche Untersuchungen über das Stiftungswesen im Bereich unterhalb der Pfarrebene liegen - durch die Quellenlage, aber auch die Schwerpunkte des bisherigen Forschungsinteresses bedingt - bislang nur für den Bereich der Stadt vor. Die Aufarbeitung der Problematik ist, vielleicht gerade wegen dieser Beschränkung auf die Stadt, nicht so weit fortgeschritten, wie man sich wünschen würde. Um eine genauere Analyse der im Bereich der städtischen Minderstiftung ausgebildeten Rechtsformen hat sich zuletzt Karl Frölich bemüht, unter umfassender Heranziehung der älteren Literatur und im Rückgriff auf das von Johannes Heepe schon früher aufgearbeitete Braunschweiger Material. Von Heepe übernahm er die Einteilung der sogenannten «Altarpfründen» in drei Grundtypen: Kaplanei, Befehlung und Lehen' 66 . 166 Karl Frölich, Die Rechtsformen der mittelalterlichen Altarpfründen, in: Z R G K A 20 (1931), S. 457-544; der Nachweis zu Heepe findet sich ebd., S. 468, Anm. I. Frölich bietet einen umfänglichen Überblick über die für die Betrachtung des Gegenstandes in Frage kommenden Quellen wie auch über die Literatur (S. 490ff.). Allerdings befaßt er sich kaum mit den politischen oder kirchenrechtlichen Hintergründen und geht auf die bei Heepe gefundenen Ansätze für eine umfassendere Analyse nicht oder aber ablehnend ein ( z.B. S. 5 0 6 f , 508f., 511). A m Ende der Arbeit findet sich eine lange Liste von Desiderata, in denen die Problematik gut umrissen, aber eben nicht mehr gelöst wird: S. 531 ff. - Zur Seelgerätstiftung vgl. auch A . Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, der im übrigen den «genossenschaftliche^] Einbruch großen Stils in die hierarchische Anstaltsverfassung der katholischen Kirche» von den Stadtgemeinden ausgehen sieht (S. 105 f.). Auch P. Landau, Kirchengut ( T R E 18), S. 568, bezieht sich nur auf die städtische Stiftung. K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 98 f., verweist ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer eingehenderen Beschäftigung mit dem Thema und bietet umfängliches, gut aufgearbeitetes Material. Eine rechtstheoretische Analyse fehlt aber. W.Müller, Kaplaneistiftung, S. 310f., weist auf das unterschiedliche Recht der Stiftskaplaneien und der Kaplaneien auf den Dörfern hin, verzichtet aber auf eine weiterreichende rechtstheoretische Erörterung. M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, behandelt keine Stiftungen für die cura.

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Der von Heepe und Frölich verwendete Oberbegriff «Altarpfründe» erweist sich als terminologisch unscharf und daher typologisch problematisch, weil er für die ihm zugeordneten Grundtypen schon im Vorhinein eine definitive, quasi benefizialrechtliche Beziehung zwischen Altar und Meßstipendium unterstellt, und zwar ohne diese ihrem Wesen nach hinreichend zu erläutern oder gar zu beweisen. Eine Definiton des Begriffes «Altarpfründe», die das oben erläuterte bannrechtliche System nicht außer Acht läßt, müßte davon ausgehen, daß eine auf Gegenseitigkeit angelegte Rechtsbeziehung von Altar und Messe dazu führte, daß die Meßstiftung vom Recht des Pfarrers und des Hauptaltars vollständig abgetrennt wurde. Die «Altarpfründe» wäre dann durch die folgenden drei Merkmale zu charakterisieren: 1. Der bestellte Priester hatte private Dienste zu versehen und keine der ordentlichen Seelsorge zugehörigen Handlungen auszuführen. 2. Diese privaten Dienste waren genau umschrieben und auf einen bestimmten, einem besonderen Heiligen gewidmeten Altar fundiert, der dem Pfarrer nicht zustand. 3. Das für die Entlohnung des Priesters bereitgestellte Gut unterlag wie das Altargut einer besonderen Prokura oder Pflegschaft 167 . Die von Heepe sogenannte Kaplanei scheint der Literatur zufolge als Stiftungsform nicht in allen Städten vorgekommen zu sein oder jedenfalls in den meisten keine Bedeutung erlangte zu haben. Wo sie fehlte, nahmen die Befehlungen einen breiteren Raum ein und konnten als spezifische, dem Lehen gegenüberstehende Rechtsform ausgebildet werden168. Alle drei für einen mit Recht als «Altarpfründe» zu bezeichnenden Titel genannten Merkmale treffen auf die Kaplanei - wie auch auf etliche in anderen Städten vorkommende Varianten der Befehlung - nicht zu. Denn diese Seelgeräte waren in der Form der oben beschriebenen Zustiftung zur Pfarxdos errichtet und daher dem Pfarramt verbunden. Selbst wenn die ausbedungenen Messen an einen Nebenaltar gewidmet waren, so verschmolz der Meßdienst doch mit anderen pfarrlichen Amtspflichten. Außerdem war in diesen Fällen die Altarbindung nicht zwingend 169 . 167 Eine solche praebenda sine cura hätte demnach weder pfarrliche Helfer-, noch eigenständige Amtspflichten im Bereich der ordentlichen Seelsorge, sondern vornehmlich sakramentale Dienste versehen. Sehr wohl konnte sie hingegen Pflichten beim Chordienst o.ä. haben. Tatsächlich war die Trennung aus verschiedenen Gründen vielfach nicht durchgehalten. Siehe dazu A.Schultze. Stadtgemeinde und Kirche, S. 127; W.Müller, Kaplaneistiftung, S. 3 1 0 f . ; K.Frölich, Altarpfründen, S. 497; P. Hinschius, System, Bd. 1, S. 141 ff. - K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 98 ff., unterscheidet Tagesmessen von Wochenmessen und Einzelmessen. Eine Stiftung, die zum Lesen von sechs Messen in der Woche verpflichtete, nennt er «Vollmesse» und meint damit ein reguläres, ordentlich fundiertes Minderbeneficium. 168 Vgl. K.Frölich, Altarpfründen, S. 4 8 8 f . 169 K.Frölich, Altarpfründen, S. 4 7 4 f f . , 503 ff.; zur Diskussion über die Ortsbindung einer Messe, die dadurch zur missa fundata wurde, in der älteren Literatur: ebd., S. 479 f,., 493, 496; zur möglichen Verlegung einer Messe bei Pflichtversäumnis: ebd., S. 499. - Die feste Altarbindung widersprach an sich dem Rückfallrecht, das es dem Stifter (und seinen Erben oder Treuhändern) erlaubte, das geschenkte Gut immer dann einem anderen Zweck zuzuwenden, wenn erkennbar

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Auch wenn der Helfer des Pfarrers die gestifteten Messen las, so tat er dies in dessen Auftrag, wie er stets auch andere, der ordentlichen Seelsorge zugehörige Aufgaben für diesen oder mit diesem gemeinsam erfüllte. Wurde ein Hilfspriester beauftragt, der wie ein Helfer ohnehin beim Pfarrer in Kost und Logis stand, dann konnte er für das Messelesen nicht noch einen besonderen Lohn einfordern. Die von Heepe als Kaplanei bezeichneten Seelgeräte dienten also, indem sie die Pfarrdos mehrten, immer auch der Finanzierung der Kosten der allgemeinen Seelsorge. Indem die Stellung des Hilfspriesters von der des Helfers zunehmend abgegrenzt wurde, kristallisierte sich zwar eine Sonderform heraus, jedoch ohne daß die oben für die «Altarpfründe» genannten Merkmale alle erfüllt worden wären. Die in Braunschweig gängige Form der Kaplanei wäre demnach eine in dem dort herrschenden besonderen Milieu entstandene Übergangsform zwischen der Helferei und der Befehlung. Denn sie verdankte ihre Entstehung der Tatsache, daß die Rechtsform der Zustiftung beibehalten wurde, Stifter und Rat aber vom Pfarrer forderten, daß er für den Dienst einen «sacerdos specialis» beauftrage170; was möglicherweise auch hieß, daß er diesem den gesetzten Lohn ausbezahlen mußte. Versäumte der Pfarrer diese Bestellung, konnte ihm der Rat den Meßlohn pfänden und die Messe «an einen anderen Ort», das heißt auf einen anderen, dem Pfarrer nicht unterstellten Altar verlegen171. Was den sacerdos specialis betrifft, so ist darauf hinzuweisen, daß das kirchliche Recht seit dem 13. Jahrhundert zuließ, daß Priester auf einen sogenannten titulus patrimonii geweiht wurden172. Sie benötigten damit weder ein beneficium noch eine Helferstelle, um in den Besitz des mit der Weihe verbundenen Meßprivilegs zu gelangen, sondern lediglich eigenes Vermögen - vielleicht genügte auch eine Unterhaltszusage oder ein Erbrecht. Wenn ein solcher Priester, der seinen Unterhalt nur zum kleineren Teil vom Pfarrer bezog, weder in dessen Haushalt lebte, noch ihm wie ein Helfer dienstpflichtig war, dann war er auch dessen im Haus- und Amtsrecht begründeter, unmittelbarer Aufsichts- und Disziplinargewalt entzogen.

wurde, daß der zuerst genannte nicht erreicht wurde. Der von den Stiftern verfolgte Trend ging trotzdem eindeutig zur Altarbindung der Messen, was auch heißt, zu deren Loslösung vom Pfanbeneficium. Siehe dazu ebd., S. 505 ff., vgl. ebd., S. 534 f. - Zum Rückfallrecht siehe A.Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 114 f., wo dieses als «deutschrechtliche Vertragsfreiheit auf sachenrechtlichem Gebiet» bezeichnet wird; siehe auch W. Ogris, Rückfallrecht (HRG 4), Sp. 1187 f., vor allem im Hinblick auf das Erbrecht; weiteren Aufschluß zum Rechtsverständnis bietet R. Hessler, Dos (HRG 1), 775 ff. Vgl. J.Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 121. - Über die Rechtsverbindlichkeit der Gabenreichung siehe A. Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 121 ff., 188 fF.246 ff.; zu den Pflichten aus einer angenommenen Meßstiftung für die Inhaber der Altäre, beneficia oder Präbenden siehe: P. Hinschius, System, Bd.4, S. 2 1 0 f. 170 K. Frölich, Altarpfründen, S. 4 9 8 ff. 171 Ebd., S. 499; zu den praktischen Möglichkeiten in Braunschweig vgl. Teil B, Anm. 165. 172 P. Hinschius, System, Bd. 1, S. 65. Zum titulus mensae bringt K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 303, ein Beispiel aus dem Jahr 1507. Zu den Patnmoma\beneficia siehe auch H.Wicki, Dekanat Willisau, S. 40, w o erläutert wird, daß in Luzern (Stadt und Biet) für den Unterhalt derjenigen Priester, die auf solche Pfründen gelangten, entweder die Stadt Luzern oder die Heimatgemeinde haftete, ab 1647 wurde diese Haftung auf Luzerner Bürgersöhne eingegrenzt, von anderen verlangte man eine Kaution. A b 1772 betrug diese für Bauernsöhne2000Gulden. was etwa sechseinhalb Jahreslöhnen eines Luzerner Handwerkers entsprach.

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Damit war aber auch schon der erste Schritt zur Befehlung gemacht, denn in einem solchen Fall war dem Priester auch die Rechtsgrundlage für die Mitbenutzung der dem Pfarramt gehörenden Meßgewänder und der Altargeräte und überhaupt der dem Pfarrer selbst zuständigen Altäre entzogen173. Wenn dieser - oder wer sonst dieses kirchliche Zubehör verwaltete und für seine Erhaltung zuständig war - nicht kooperativ war, dann konnten Messen mit entsprechenden Auflagen nur auf solche Altäre gestiftet werden, die eine eigene Ausstattung besaßen. Dabei mußte nicht für jede Meßpfnindstiftung auch gleich ein eigener Altar errichtet werden, noch mußte die Prokura für eigens errichtete Nebenaltäre und ihre Ausstattungen notwendigerweise in der Hand der Stifter oder ihren Familien bleiben, damit künftig von dieser darauf Seelmessen gestiftet werden konnten. Es genügte, wenn die Prokura über den Altar jemandem gehörte oder aufgetragen war, dem der Stifter in der Art rechtsverwandt war, daß ihm die Annahme seiner Stiftung unter den genannten Bedingungen nicht verwehrt werden konnte174. Zu Braunschweig hielt sich die Stiftungsform der Kaplanei bezeichnenderweise nur solange, wie das Patriziat, das mit den Pfarrern versippt war und sicherlich in der frühen Zeit sowohl die Mehrzahl der Stiftungen errichtete, als auch die sacerdotes speciales stellte, an der Macht war175. Auch die Priester, die eine Befehlung an einem neuerrichteten, dem Pfarrer nicht zustehenden Altar wahrnahmen, versahen ihre Meßpflichten auf der rechtlichen Grundlage eines Dienstauftrages. Doch wurde ihnen dieser nicht vom Pfarrer ratione officii erteilt, sondern von denjenigen, die nach dem Willen des Stifters die Prokura über das Seelgerät innehatten. Auch dieser Auftrag konnte - zumal bei Pflichtversäumnis - ohne weiteres widerrufen werden176. Eine besondere Zulassung zu dem Altar, an dem sie lesen sollten, benötigten diese Priester nicht, nach-

173 Zur Aufsichtsgewalt der Pfarrer über ihre Helfer: D. Lindner, Hilfspriester; P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 318 ff.; zur Aufsichtsgewalt über die Inhaber von titidi minores: ebd., S. 267 ff. - In der Hausgewalt könnte außerdem das Entlassungsrecht des Pfarrers gegenüber seinen Helfern begründet sein. Siehe dazu K. Frölich, Altarpfründen, S. 481. 174 Die Rechtsbeziehung konnte im Pfarr- oder Sendrecht ebenso begründet sein wie in der ordentlichen weltlichen Gerichtsbarkeit, im Güter- und Besitzrecht oder durch Einung. In den Städten wurden der Rat oder das Stadtgericht oder ständisch gebundene Einungen und religiöse Bruderschaften zur Basisinstitution für Pflegschaften, auf dem Dorf eher die Pfarrgemeinde oder das Sendgericht, später ebenfalls weltliche Gerichte und Bruderschaften. Vgl. A. Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 105 f., 123, der die Kompetenzen der Räte als «Gemeindetreuhänderschaft» sehen wollte. Siehe zu den von ihm angeführten Fällen Villingen und Eßlingen und deren Verhältnis zum Stadt- und Patronatsherrn: R.Scheyhing, Eide, Amtsgewalt und Bannleihe, S. 136 f, 139 f. - Zur kritischen Haltung der Kanonisten gegenüber der städtischen coniuratio und ihren Rechtsansprüchen: J. Sydow, Kanonistische Überlegungen, S. 224 ff.; ders., Gilde, Bruderschaft und Zunft, passim, sowie die anderen Beiträge in Gilden und Zünfte, hrsg.v. B. Schwineköper. - Siehe auch Teil B, Kap. 2.6. 175 K.Frölich, Altarpfründen, S. 515. 176 Nicht allein im Fall von Versäumnissen gegenüber der Amtskirche und ihrem Recht, sondern auch bei Verletzung des Stiftungsrechts: K. Frölich, Altarpfründen, S. 522 ff.; D. Kurze, Der niedere Klerus, S. 281; vgl. P.Hinschius, System, Bd. 1, S. 141 ff.; D.E.Heintschel, Ecclesiastical Office, S. 74; LI. Wolter, Amt und Officium. S . 2 5 5 ; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 32, dort S. 9 4 ff. auch zu den möglichen Stiftungsauflagen; vgl. auch die Beiträge in Materielle Kultur und religiöse Stiftung, Red. G.Jaritz.

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dem die Altarpfleger die Meßstiftung - gegen die Zusage eines entsprechenden Beitrags zu den Betriebskosten - angenommen hatten. War die Messe regelrecht auf einen bestimmten Altar fundiert, dann fiel die Prokura für das ganze Seelgerät, also auch für den Meßlohn, in der Regel ohnehin über kurz oder lang an dessen Pfleger, die demzufolge auch den Dienstauftrag zu erteilen hatten 177 . Obgleich es nun zwar vorkam, daß ein und demselben Priester so viele an ein und demselben Altar zu versehende Messen aufgetragen waren, daß er seinen Lebensunterhalt ganz aus diesem Dienst bestreiten konnte, wäre es doch mißverständlich zu sagen, er habe eine «Altarpfründe» besessen. Denn dem Inhaber einer Befehlung oder eines Konglomerats von Befehlungen (Kommendist), der an einem Altar Seelmessen las, war deswegen der Altar selbst weder aufgetragen noch gar geliehen 178 . Hier dürfte der von Frölich nicht klar herausgearbeitete wesentliche Ansatzpunkt für die Unterscheidung zwischen der Befehlung und dem Lehen lieWem eine Messe befohlen werden sollte, der mußte die Priesterweihe, das heißt die ordinarielle Zulassung zum Messelesen besitzen, den eigentlichen Dienstauftrag und seinen Lohn erhielt er aber aus der Hand der Stifter oder der Pfleger der Stiftung. Er übte also auf der Grundlage der Weihe quasi auf eigene Rechnung einen Brotberuf aus, und wie sicher seine Stellung war, bestimmte sich weitgehend durch die näheren Bestimmungen der Stiftung oder des jeweils geschlossenen Dienstvertrages. Von der einmaligen über die befristete oder bedingte Beauftragung bis zur Lebenszeitstellung war alles möglich 180 . Die Bedingtheit des Auftrags gründete auf der berechtigten Forderung der Stifter oder Kuratoren, daß der private, also auch privatrechtlich vereinbarte Dienst pünktlich und stiftungsgemäß versehen werde, und ermöglichte im Fall der Nachlässigkeit oder Untreue den Entzug der Befehlung nach weltlichem Recht 181 . Die vom Stifter gewünschte Altarbindung der Messe erfuhr dadurch keine Beeinträchtigung, denn diese konnte auf dem nämlichen Altar durch jeden anderen Priester gelesen werden 182 .

177 Beispiele für die Treuhänderschaften des Rates für Altäre und Messen: K. Frölich, Altarpfründen, S. 498 ff.; außerdem die Quellenauswertungen in Teil C, Kap. 3.6. 178 Vgl. dazu v. a. die Darstellung und Diskussion der Forschungslage bei K. Frölich, Altarpfründen, S. 474 ff., vornehmlich die Auffassungen von Gruben und Danneil ebd., S. 478. - Zur Kumulation: ebd., S. 485, 495, 521; auch D.Kurze, Der niedere Klerus, S. 294. 179 Siehe zur Unterscheidung von Befehlung (commenda) und Lehen (beneficium) K. Frölich, Altarpfründen, v.a. S. 474 ff., 490 ff., 508 ff. Vgl. dazu die äußerst aufschlußreichen Patronatsverhältnisse in Teilen des Bistums Passau: K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 304ff., v.a. auch die Bemerkung über die städtischen Pfründen S. 308 f. 180 Ebd. 181 Ob der Meßpriester jederzeit entlassen werden konnte oder bloß bei Pflichtverletzung, war, solange er nicht durch kirchliches Recht geschützt war, offensichtlich eine Sache der vertraglichen Vereinbarung. Wo das Vertragsrecht dem Benefizialrecht unterlag, weil die Stelle zum beneficium wurde, fiel auch das Entlassungsrecht weg. Vgl. dazu K. Frölich, Altarpfründen, v. a. S. 487, 494, 511 f. 182 Eine Verlegung bedeutet die Inanspruchnahme des Rückfallrechts durch die Stifter, siehe dazu Teil B. Anm. 169. Zur subjektiven und objektiven Perpetuität: P. Hinschius. System, Bd. 2, 366ff.

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2.3.3 Das beneficium distinctum Anders lagen die Dinge, wenn der Altar selbst dem Priester wie ein beneficium geliehen war. Damit nämlich war demselben ein im kirchlichen Recht begründeter Anspruch auf die Ausübung aller dem Altar anhängenden Rechte eingeräumt. Da ein Altar jedenfalls seit dem Ende des 12. Jahrhunderts mit der Weihe ein Meßprivileg erwarb und so eigenständig Anteil am officium divinum der Amtskirche hatte, konnte er, wenn er tatsächlich geliehen wurde, nur «ordentlich» geliehen werden, das heißt, der Priester mußte, um in das ius spirituale des Altars eintreten zu können, vom Bischof investiert werden. Die ordentliche Investitur aber erfolgte auf Lebenszeit, der Priester wurde durch sie inamovibilis, konnte nur noch mit Zustimmung des Bischofs seine Stelle verlassen und zwangsweise nur aufgrund eines vom geistlichen Richter gesprochenen Urteils versetzt oder abgesetzt werden 183 . Wesentlich für das Verständnis der zahlreichen, schwer durchschaubaren Übergangsformen zwischen Befehlung und Lehen ist allerdings die Einsicht, daß ein geweihter Altar nicht unbedingt verliehen werden mußte, sondern auch ad inofficiandum versehen werden konnte 184 . Er war dann ebenso wie die ihm zugewiesenen Seelmessen selbst eine Kommende. Der geforderte Dienst bestand darin, die für geweihte Altäre vorgeschriebene regelmäßige Messe abzuhalten. Der offizielle Grund für eine Versehung ad inofficiandum war die ungenügende Dotation des Altars. Ungenügend in dem Sinn, daß er keine eigene dos besaß, aus der ein Priester seinen gesamten Lebensunterhalt hätte bestreiten können - mit anderen Worten, er galt nicht als eigenständiges beneficium (beneficium distinctumj185. Bemerkenswert ist dabei, daß man einem Altar auch ganz bewußt die ordentliche ditatio vorenthalten konnte, und zwar unabhängig davon, wie viele Messen an demselben tatsächlich gelesen wurden und ob die Einkünfte, die aus dem Meßdienst anfielen, so hoch waren, daß sie für den Unterhalt eines eigenen ständigen Priesters gereicht hätten. Wenn man die Ausbildung selbständiger Pfründen auf Nebenaltären abbiegen wollte, dann durfte man weder die Mehrung der Altardos noch die Zuweisung fester Dienstpflichten zulassen, was nur möglich war, wenn man verhinderte, daß Seelmessen auf bestimmte Altäre «fundiert» wurden 1 8 6 . War dies nicht machbar, dann konnte man immer noch davon absehen, sämtliche Dienste auf längere Frist

183 Zur Verleihung von Kirchenämtern P. Hinschius, System. Bd. 3, S. 43 ff., zur Kommende v.a. 108 ff. 184 Ebd.; K.Frölich, Altarpfhinden, S. 479, 483, 486; vgl. zu solchen Besetzungen M.Krebs (Bearb.), Investiturprotokolle, S. 7 f. 185 Ebd.; die Formel lautet dann «nondum ad plenum dotatum» u.ä. 186 Siehe dazu Teil B, Kap. 2.4.

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ein und demselben Priester aufzutragen. In jedem Fall aber mußte man die nominelle Erhebung des Altars zum beneficium unterbinden187. Hinter dem Bemühen, die Errichtung von Altarbeneficia zu verhindern, konnten verschiedene Motive stecken, die mit den je unterschiedlichen Interessen der betroffenen Inhaber der kirchlichen Bannrechte korrespondieren. Aus der Sicht des Klerus hatte die Vergabe eines Altars ad inojficiandum den Vorteil, daß sie, wie auch die Befehlung von Seelmessen, nicht unter das Verbot der Pfründenhäufung fiel188. Zum anderen war ein Altar ohne eigene Priesterrfos rechtlich dem Hochaltar der Pfarrkirche, in deren Sprengel er stand, eindeutig nachgeordnet. Er konnte, selbst wenn der Pfarrer an ihm nie einen Dienst versah und die Prokura über das Altargut nicht innehatte, dennoch als zu dessen beneficium gehörig angesehen werden189. Die Kirchenherren - weltliche wie geistliche - , die Stifter und die von ihnen bestimmten Kuratoren hatten andere Gründe, einen Altar formal undotiert zu lassen: Nur ein Altar, der nicht als beneficium galt, konnte ohne Investitur vergeben werden. Wer ihn als Kommende versah, mochte vielleicht das Altarzubehör oder das Wachsgeld verwalten, die Pflichtmesse und eventuell eine ganze Reihe an ihn gewidmete Seelmessen lesen (Altarist), aber er blieb entlaßbar, und zwar durch diejenigen, welche die Pflegschaft über all dies innehatten - eine Pflegschaft, die sich unmittelbar an die weltliche Gerichtsbarkeit anschloß oder aus dieser ergab190. Ein weiteres Motiv, um einem Altar den Titel eines beneficium vorzuenthalten, könnte sich für die örtlichen Obrigkeiten aus den Bestimmungen zur Residenzund Präsenzpflicht ergeben haben. Der Inhaber eines beneficium war präsenzpflichtig und mußte daher an dem Ort, an dem sein Altar stand, residieren. Zur regulären Ausstattung eines beneficium gehörte immer ein Pfründhaus mit allem notwendigen Zubehör191. Der Altarist wäre damit haushäbig geworden, das heißt, er hätte sich der hausherrlichen Gewalt entziehen können, der ein Pfarrhelfer qua 187 Zu Stiftungsbedingungen, die die Umwandlung des Meßstipendiums in ein beneficium oder die Auferlegung von Helferpflichten oder aber die Verschmelzung mit dem Altaigut verbieten: K.Frölich, Altarpfründen, S. 501 f. 506ff., 515, 504, 519, 493, 521 f.; vgl. A.Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 127. 188 Vgl. K.Frölich, Altarpfründen, v.a. die Auffassung von Katz (S. 485) und Matthaei (S. 496); siehe auch P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 110, 243. 189 Siehe zu den Abhängigkeiten von Kapellen gegenüber ihrer Mutterkirche und zu den Filialverhältnissen Teil B, Kap. 2.4. und 2.5., und Teil C, Kap.3.6. 190 Zur Rolle der Obrigkeit siehe K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 39 f., 100 f., 304 ff. - Anscheinend konnte einem Altaristen der Altar nicht ohne weiteres entzogen werden, wohl aber bestimmte Messen (Kommenden), wenn er sie nachlässig versah. Über private Altäre und Meßkommenden führten die jeweiligen Stiftungspfleger die Aufsicht, was in den Städten meist hieß, daß sie in der Hand des Rates zusammengefaßt waren. Zu den Auflagen, die die weltlichen Obrigkeiten den Stiftern hinsichtich der Stiftungsbestimmungen machten: K.Frölich, Altarpfründen, S. 517 ff.; A. Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 120 ff.; vgl. Teil B, Anm. 169, 181, 187. 191 Vgl. K.Frölich, Altarpfründen, S. 522, 526f.; außerdem die Bestimmungen zur Ausstattung von beneficia curata schon unter den Karolingern, aber auch nach Patronatsrecht: U. Stutz, Ausgewählte Artikel, S. 72ff.; J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 69ff., v.a. Anm.53 und 57. Zum Ausschluß niederer Kleriker vom Recht der Ausübung einer Advokatur oder Prokuratur für die Person oder das Vermögen Dritter vor weltlichen Gerichten: P. Hinschius, System, Bd. 1, S. 137. - Zu den Ausstattungen für Kuratbeneficia siehe Teil C, Kap. 3.5.

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Stellung unterworfen war und der ein gewöhnlicher Kommendist mangels eines eigenen Hauses oder Hausstandes unterworfen sein konnte. Die zu Inhabern von beneficia erhobenen Meßpriester wären jeglicher Disziplinargewalt ledig gewesen - sei es, daß die Familie, sei es, daß der Pfarrer oder der Rat sie ehedem ausgeübt hatten. Für Braunschweig ist die äußerst aufschlußreiche Tatsache belegt, daß die vom Rat zu bestellenden und der Dienstaufsicht des Pfarres entzogenen Kapläne gemeinsam in einem besonders für sie bereitgestellten Haus wohnen sollten192. Selbst wenn ihre Familien am Ort ansässig waren, konnten sie also nicht bei dieser wohnen bleiben und waren so gehindert, einen weltlichen Lebenswandel zu führen und gleichzeitig die Privilegien eines Klerikers einzufordern193. Letztendlich mochten aber auch erbrechtliche Fragen eine Rolle gespielt haben. Auf Lebenszeit geliehene Nutzungen, wie es das beneficium war, gerieten mit dem Tod ihres Inhabers in die Hände deijenigen, die die Lehenschaft daran hatten. Nach kanonischem Recht sollte der Priester, was er im Laufe seiner Amtszeit erworben hatte, der Kirche und seinem Altar hinterlassen. In der Rechtspraxis machten jedoch die Amtskirche wie die Lehensherren ihre Spolienrechte geltend und schmälerten dadurch nicht selten auch die Substanz der vakantgewordenen Altäre oder beneficia. Hatte der Priester um Lohn gedient, fiel nur sein privates Vermögen als Hinterlassenschaft an 194 . Was aus diesen Überlegungen ersichtlich und durch die Analyse der Stiftungsbestimmungen bestätigt wird, ist, daß bei der Ausbildung der Strukturen des Meßund Altarpfründwesens zahlreiche verschiedene und häufig im erklärten Widerspruch zueinander stehende Interessen zum Tragen kamen. Ohne Kenntnis der kirchengeschichtlichen und politischen Verhältnisse eines Ortes oder Raumes ist daher oft weder der einzelne Fall zu deuten, noch klar auszumachen, worauf eine bestimmte kirchenorganisatorische Struktur aufbaute und wo das Einfallstor für Wandel oder Verfall lag. Allgemein kann gelten, daß der Wille der Stifter bei der Ausgestaltung des Stiftungsvertrages durchaus nicht allein bestimmend, ja vielfach überhaupt nicht individuell bestimmt war. Neben dem persönlichen Bestreben, das eigene Seelenheil zu sichern, stand immer auch die Notwendigkeit, Rücksicht zu nehmen auf die sozialen und rechtlichen Interessen der Familie, des Standes oder einer bestimm-

192 K.Frölich, Altarpfründen, S. 519; siehe auch 481, 504. 193 Nach den Erkenntnissen von D.Kurze, Der niedere Klerus, S. 293, 295, lebte der Niederklerus vielfach auch nach der Weihe bei der eigenen Familie und behielt seinen früheren Lebenswandel und auch seinen sozialen Status bei. Zur vita communis hingegen P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 49ff., zur Disziplinargewalt über den Nachwuchs auch S. 70, über die Helfer ebd, S. 4, S. 492 f. 194 Zum Testierrecht und zum ius spolii: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1333 f.; H.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 191 f.; W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 85. Zum Testierrecht der Wallfahrer: L.Carlen, Wallfahrt, S. 35, 133ff. Zur Vakanz und zur Handhabung des ius spolii siehe v.a.: K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 112, 320 ff. Zur Vakanznutzung als Ausfluß des Regalienrechts, insbesondere auch bei Pflichtverletzung des Benefiziaten: W. Wegener, Regalien (HRG 3), Sp.472ff. Anzumerken ist, daß hiernach sämtliche öffentlichen Rechte im modernen Sinne im Mittelalter als iura regalia gelten können (S. 473). Vgl. auch J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 14, Anm.21, 172 f.; M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 80; J. Naendrup-Reimann, Territorien und Kirche, u.a. S. 147.

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ten, politischen oder kirchlichen Institution - einer Institution, die man vielleicht selbst stärken wollte, weil sie in dieser oder jener Weise den eigenen Nutzen forderte. Bezeichnend für die Verbindung seelsorgerlicher und haushälterischer oder sozialer Zwecke ist auch, daß die Stifter sich häufig ausbedingten, daß die Messe stets einem Angehörigen ihrer Familie, ihres Standes, ihrer Zunft, ihres Wohn- oder Heimatortes und so weiter aufgetragen werden sollte. Das heißt, die Meßstiftungen dienten als Stipendien für den eigenen Nachwuchs, für seine Ausbildung und vorläufige Unterbringung oder für seine lebenslängliche Versorgung. Dazu paßt es, daß im 15. Jahrhundert die überwiegende Zahl der städtischen Stiftungen nicht mehr vom Patriziat oder den führenden Gilden errichtet wurde, sondern von den Handwerkerzünften und den vielfach ständisch ausgerichteten Bruderschaften195. Für dieselbe Zeit läßt sich beobachten, daß auch auf dem Land die Stiftungen je länger desto weniger von den grundbesitzenden Herren ausgingen, sondern vielmehr von den Gemeinden - genauer gesagt, von den iurati ecclesiae oder vom Gericht in Zusammenarbeit mit den Heiligenpflegern oder örtlichen Bruderschaften.

2.3.4 Das beneficium ecclesiasticum Gerade die Untersuchung des ländlichen Quellenmaterials schärft den Blick für den schon angedeuteten Unterschied zwischen der Altarmesse und der Seelmesse und die Möglichkeiten der rechtswirksamen Verknüpfung von Altarrechten und Meßrechten, die in die Errichtung von beneficia distincta oder sogar beneficia ecclesiastica münden konnte. Im Unterschied zur Seelmesse war die Altarmesse, das heißt die Messe, die aus dem Altargut obligatorisch in bestimmten Abständen oder zu bestimmten Gelegenheiten bestritten werden mußte, wenn der Altar sein auf einen aktuellen Meßbedarf oder die necessitas populi gegründetes Meßrecht nicht verlieren sollte, eine öffentliche Messe - «öffentlich» zunächst im Sinn von ordentlich, regulär oder der ecclesia und Gott geschuldet. Ob an dieser Messe «die Öffentlichkeit» im Sinne der ganzen Pfarrgemeinde teilnehmen konnte oder nur eine «bedingte Öffentlichkeit» - etwa die gesamte Zunft oder Bruderschaft oder Filialgemeinde, die den Altar gestiftet und sich dem Schutz seines Heiligen unterstellt hatte - sei einmal dahin gestellt196. Ebenso, ob die Teilnahme an solchen zusätzlichen Messen zur Pflicht erhoben werden konnte und wenn, für wen oder durch wen. Auch den Seelmessen, die nicht für einzelne Personen oder Familien, sondern für alle verstorbenen Mitglieder einer Gemeinschaft gelesen wurden, kann - weil sie im Hinblick auf den spirituellen Nutzen den Bereich des Privaten schon überschritten - ein bedingt öffentlicher Charakter

195 D.Kurze, Der niedere Klerus, S. 286, 289f.; vgl. K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 262fT. 196 Nach den Erkenntnissen von K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 269 fT., bestand an allen Pfarrkirchen und den meisten großen Kuratkapellen mindestens eine Bruderschaft, die bei kleineren Dörfern als regelrechte «Pfarrbruderschaft» gelten konnte. Die Ausbildung von Bruderschaften in abhängigen Filialen war im Land ob der Enns nach Eder immer der Anfang einer kuratrechtlichen Ablösung und deswegen von den Kirchenherren nicht gern gesehen. Siehe auch Teil B, Anm.254.

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zugeschrieben werden 197 . Wobei wiederum die Teilnahmepflicht der lebenden Mitglieder des Stifterkreises an diesen Meßfeiern einen besonderen Stellenwert hätte. Die Verschmelzung der beiden Dienstaufträge, desjenigen, der dem Altar, dem Heiligen und Gott, und desjenigen, der dem Heil der Seelen einer bestimmten communitas geschuldet war, war geeignet, einen Nebenaltar auf die Ebene eines ordentlichen beneficium zu heben. Solange dessen Recht allerdings in einer necessitas begründet war, die nicht auf die Lebenden bezogen war, sondern auf die Toten, blieben er und der Priester, der an ihm Dienst tat, von der regulären, den Lebenden geltenden cura animarum ausgeschlossen. Selbst wenn ein solcher Altar mitsamt einem eigenen Altargut (Haus und Hof) und den an ihn gehörigen Seelmessen auf Lebenszeit geliehen wurde, war er doch kein beneficium ecclesiasticum, sondern bloß ein beneficium distinctuml9S. Doch konnte sich dies zum Schaden des Bannrechts des Hauptaltars und der Pfarrkirche schnell ändern, wenn er in einer eigenen Kapelle stand, und um so mehr, wenn diese nicht im Pfarrdorf, sondern in einer von diesem getrennten, womöglich weit entfernten Siedlung lag. Dann nämlich konnte das dort lebende Pfarrvolk eine necessitas populi geltend machen und vom Bischof fordern, daß er dem Altar einzelne oder sogar alle Kuratrechte (Sonntagsmesse, Sakramente, Begräbnis) zuwies (dismembratio/separatio). Voraussetzung dafür war selbstverständlich, daß die Kapelle selbst die Bedingungen erfüllte, die an eine Kuratkirche gestellt wurden, und für den Priester eine hinlängliche Ausstattung vorhanden war oder geschaffen wurde 199 . Welche Rechte aus einer solchen ditatio dem stiftenden Kirchenvolk erwachsen konnten, wird im Abschnitt über das Patronatsrecht zu erörtern sein. Hier ist zunächst zu bedenken, daß es rechtstheoretisch von vornherein einen wesentlichen Unterschied machte, ob eine außerhalb des Pfarrdorfes lebende Siedlungsgemeinschaft einen «anderen Altar» 200 errichtete oder ob die gleiche Initiative von einer

197 Zur missa publica und missa privata: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 194 ff.; siehe auch A. Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 21 ff., 4 0 ff. und S. 81 ff., 234, 248; A.Angenendt, Missa specialis, passim. Vgl. die Stiftungsbestimmungen der in Teil C, Kap. III.4.2., ausgewerteten Quellen. Zur Diskussion über die Notwendigkeit der Öffentlichkeit der Gottesdienste, v.a. der Predigt und der Messe: R.Zerfaß, Laienpredigt, S. 29, Anm. 74, 42, 52 f., 108 ff.; A.Angenendt. Missa specialis, v.a. S. 175ff. Zur Diskussion über das öffentliche Wohl und den gemeinen Nutzen siehe W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen», v.a.S. 195ff. Wenn man «öffentlich» als «der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterworfen» versteht, dann stellte eine Gemeinschaft immer dann Öffentlichkeit dar, wenn sie entweder als Pfarr- oder Sendgemeinde oder als Gerichtsgemeinde konstituiert war. Vgl. J.Weitzel, Dinggenossenschaft, v.a.S. 6 6 2 f f . 198 Zur Stiftungsform siehe K. Frölich, Altarpfründen, S. 522 ff.; zur Bezeichnung beneficium speciale: ebd., S. 500 ff.; vgl. A.Angenendt, Missa specialis, S. 175 ff. - Über die beneficia sine cura oder non curata respektive die beneficia quae curam animarum habeni annexam: P. Hinschius. System, Bd. 2, S. 371 f.; ferner zur Unterscheidung in beneficia simplicia und beneficia duplicia: ebd., S. 372; vgl. ebd., Bd. 1, 137. - Vgl. dazu W.Müller, Kaplaneistiftung, v.a. S. 3 1 0 f . 199 P. Landau, Ius patronatus; dazu die abweichenden Auffassungen der späteren Kanonisten: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, v. a. S. 57 ff. Siehe dazu K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 13 ff. 200 Siehe dazu W. Hellinger, Pfarrvisitation, T. 1, S. 27 ; vgl. Teil B, Kap. I.; zu Städten mit mehreren Pfarreien S.Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 109ff.; K.Schulz, Wahlen, S. 331, 336, vgl. Teil B, Anm. 165.

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Gilde, einer Zunft, einer Bruderschaft oder durch Rat oder Gericht einer Pfarrgemeinde unternommen wurde. Denn eine solche Siedlungsgemeinschaft machte nicht nur einen genau umrissenen Teil des Pfarrvolkes aus, sondern repräsentierte immer zugleich auch einen Teil des Pfarrterritoriums und stand so nicht nur für sämtliche materiellen Nutzungen, sondern auch für einen bestimmten Bezirk geistlich-kirchlicher Gerichtsbarkeit. Dies kam besonders dann zum Tragen, wenn die betreffende Gemeinde nicht in dasselbe Gericht wie das Pfarrdorf gehörte und dem Patronatsherrn der Pfarrkirche auch sonst nach weltlichem Recht nicht verbunden war, weil durch eine mögliche pfarrechtliche Verselbständigung die auf den Pfarrbann gegründeten oder durch diesen gestützten herrschaftlichen respektive kirchenherrlichen Rechte durch neues Recht abgelöst zu werden drohten501. Was die der Gemeinschaft und dem Einzelnen aus der Stiftung erwachsenden kultischen Pflichten betrifft, so ist folgendes anzumerken: Solange die ordentliche Seelsorge nicht betroffen war, der Altar also kein Kuratrecht besaß, konnte die Einlösung dieser Pflichten nur von der Gemeinschaft selbst über den Weg eines disziplinarischen Verfahrens, der Androhung des Ausschlusses aus der Gemeinschaft oder des Entzugs durch diese gewährter Nutzungen erzwungen werden (Zunft, Gilde, Bruderschaft, Familie oder grundherrliche familiä). War die Zugehörigkeit zur Altargemeinschaft dadurch definiert und bestimmt, daß ihre Mitglieder derselben ordentlichen Zwangsgewalt unterlagen (parochia, Gericht, pfarrexemte familiä), dann ging der Druck, an den entsprechenden Altar- oder Seelmesse teilzunehmen, zwar von dieser Gewalt aus, immer noch konnten aber nur disziplinarische Mittel oder vertragsrechtlich vereinbarte Mittel eingesetzt werden, weil diese Messen nach kirchlichem Recht freiwillige, zusätzliche Leistungen waren. Ordentliche Zwangsgewalt griff nur dort, wo die ordentliche Seelsorge betroffen war. Aus diesem Blickwinkel fallt Licht auf die besondere Stellung, die die sogenannte Frühmesse für die Ausbildung von Kommenden oder beneficia distincta an Kapellen oder Altären zu beneficia ecclesiastica einnahm. Vielfach wurde nämlich bei der Stiftung solcher Messen oder der Aufbesserung einfacher Altar- oder Wochenmessen zu einer Frühmesse betont, daß diese vor Sonnenaufgang, bevor das Kirchenvolk zu seiner Arbeit gehe, zu lesen seien, damit ein jeder daran teilnehmen könne und sein Tagwerk gesegnet sei202. Damit war eine besondere necessitas populi formuliert und außerdem auch das Argument ausgeräumt, die Messe sei keine missa publica, weil das gewöhnliche Kirchenvolk, da es arbeiten müsse, daran nicht teilnehmen könne. Auch mußte ein Frühmesser wegen seines besonderen Dienstes schon allein aus praktischen Gründen im Dorf residieren, so daß man wohl sagen kann, daß die Einführung von Frühmessen die Durchsetzung der Rechtsform des beneficium auch für Altarpfründen ohne Kuratrecht vorantrieb.

201 Vgl. Teil B, Kap. 1.4. und Teil C. - Zu den Aktivitäten der Zünfte und Gilden siehe J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft; aber auch D. Kurze, Der niedere Klerus, S. 284 f.; dafür, daß es auf diesem Weg auch in der Stadt zu politischen Konflikten kommen konnte, steht das Beispiel Braunschweig: ders., Pfarrerwahlen, S. 395 ff. 202 Ohne diese Schlußfolgerung: W.Müller, Kaplaneistiftung, S. 304. Vgl. Teil C, Kap.3.4.2.

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2.4 Das ius patronatus und die Minderstiftung Vorweg ist anzumerken, daß die überwiegende Zahl der für diese Untersuchung ausgewerteten Minderstiftungen nicht der Errichtung von Altären oder Kapellen (fundatio im engeren Sinne) galt, sondern deren ordentlicher Ausstattung (ditatio oder dotatio), also der Errichtung von beneficia ecclesiastica. Der unmittelbare Zusammenhang, in den das ius patronatus beide Rechtsakte und die daraus entstehenden Titel setzte, spricht jedoch dafür, an dieser Stelle nicht allein nach dem Recht solcher Minderbeneficia zu fragen, sondern auf das Recht der sogenannten tituli minores im allgemeinen wie auf ihr spezielles Aufeinanderbezogensein einzugehen. Die für diese Untersuchung erhobenen Quellen zur Stiftung von Minderbeneficia, das heißt beneficia ohne volles Kuratrecht, durch ländliche Gemeinden lassen sich im Großen und Ganzen in drei Grundkategorien einteilen: Der ersten Gruppe gehören beneficia an, die in der Pfarrkirche oder in Kapellen errichtet wurden, die im oder beim Pfarrdorf lagen; der zweiten solche, die in Kapellen errichtete wurden, die in anderen im Sprengel liegenden Siedlungen standen; die dritte Gruppe bilden beneficia die ebenfalls in sogenannten Filialkapellen errichtet wurden, und Rechte erwerben konnten, die weit in den Bereich der cura animarum hineinreichten 203 . Diese Kategorisierung resultiert nicht aus einer bloß räumlich-ordnenden Sichtweise, sondern gründet sich auf die Beobachtung von Unterschieden in den Dienstpflichten wie auch in der Ausstattung dieser Minderbeneficia. Sie gewinnt eine besondere Relevanz, wenn man die Rechte der Stiftung unter den Vorzeichen des ius patronatus betrachtet. Daß das ius patronatus für Minderstiftungen in Anschlag gebracht wurde, galt der Forschung bislang nicht als gesicherte Erkenntnis, und wo entsprechende Vermutungen dafür oder dagegen ausgesprochen wurden, unterblieb die eingehendere Diskussion der Problematik 204 . Erschwert wird die Auseinandersetzung mit dieser Frage dadurch, daß sich die Dekretisten und Dekretalisten anscheinend ausschließlich, die späteren Kanonisten, die deren Lehren zum ius patronatus auslegten und weiterentwickelten, immer noch überwiegend mit der Gründung, Errichtung und Ausstattung von «Kirchen» befaßten und zudem die Frage des Erwerbs patronaler Rechte so behandelten, als sei sie gänzlich unabhängig von der Zuweisung bestimmter Amtsrechte (iura spiritualia) an eine Stiftung zu sehen 205 .

203 Siehe Teil A, Kap. III., und Teil C, Kap.I. und II.; vgl. K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 50 ff., 66 ff., 74 ff. 204 P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 568f., nimmt Bezug auf die Seelgerätstiftungen, auf die Minderstiftungen des ländlichen Bereichs geht er nicht ein. - Vgl. auch D. Kurze, Der niedere Klerus, S. 285, über das «Patronatsmonopol» der Räte. A. Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, 5. 124, hingegen sieht das Recht der Städte auf die Pflegschaften nicht aus dem Patronatsrecht entstehen. Siehe dazu Teil B, Kap. 2.3 und 2.6. 205 Die einschlägige neuere Literatur gibt dazu nur begrenzt Auskunft: P. Landau, Ius patronatus, S. 6, klammert die Frage nach dem Status der Kirchen, an denen ein Verfügungsrecht der Gründer bestehen konnte, schon bei der Erörterung der Grundlagen der Lehre bei Gratian aus und kommt

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Dies könnte sich daraus erklären, daß die Rechte des patronus nur die temporalia der Stiftung betreffen sollten und keineswegs die Amtsrechte, über die man dann eben auch in diesem Zusammenhang kein Wort verlor. Immerhin ist die Zurückhaltung insofern verwunderlich, als die Zahl der echten Kirchengründungen im Spätmittelalter stetig abnahm, derweil die der Minderstiftungen kontinuierlich anstieg und die Rechtsbeziehungen zwischen diesen und den Kirchen, in deren Rechtskreis sie lagen, jedenfalls der Klärung bedurfte. Indem die Kanonisten sich in diesen Fragen zurückhielten, überließen sie die Ausbildung besonderer Verfahrensweisen und Rechtsformen im Minderstiftungswesen mehr oder weniger den einzelnen Diözesanbehörden, die zwar das ius patronatus anwandten, in ihren endgültigen Lösungen aber immer auch dem ortskirchlichen Recht verpflichtet blieben . Die Verkoppelung der auf beiden Ebenen, der Pfarrebene und der Ebene der Minderstiftung, ausgebildeten Rechte blieb damit ohne rechtstheoretische und somit allgemeinverbindliche Lösung. Über die Konkurrenz um patronale Rechte erfahrt man aus den kirchlichen Quellen und der einschlägigen Literatur viel weniger als etwa über die Konkurrenz der beneficia. Es ist aber gerade der Rechtserwerb der Stifter - gegenüber der Stiftung selbst, ebenso wie gegenüber dem künftigen Pfründner, dem Pfarrer, dem Patronatsherrn und der Pfarrkirche - der in dieser Untersuchung am meisten interessiert. Weswegen zumindest der Versuch unternommen werden muß, die bezeichnete Lücke durch eine eingehendere Betrachtung des Verhältnisses der Minderstiftung (und ihrer Inhaber, Patrone und Kuratoren) zur Pfarrkirche (und ihren Inhabern, Patronen und Kuratoren) aus der Sicht des ius patronatus zu schließen. Um dies zu bewerkstelligen, soll zunächst anhand der Erkenntnisse der Literatur dargelegt werden, welche Rechte das ius patronatus dem Stifter gewährte (2.4.1.), aufgrund welcher Leistungen es von diesem erworben werden konnte (2.4.2.) und welche Qualitäten jemand besitzen mußte, um patronus zu werden (2.4.3.). Dabei soll jeweils überlegt werden, inwieweit und mit welchen rechtlichen Folgen diese Regeln auf die Minderstiftung und ihre Stifter anwendbar waren. In einem vierten Abschnitt wird dann noch etwas detaillierter auf die Veränderungen einzugehen sein, denen die ortskirchlichen, aber auch die lokalpolitischen Rechtsverhältnisse durch die Errichtung von Stiftungen nach Patronatsrecht ausgesetzt sein konnten (2.4.4.).

2.4.1 Die Rechte des Stifters nach ius patronatus Das Recht des Gründers einer Kirche umfaßte nach Gratian das ius providendi et consulendi und das ius sacerdotem inveniendi. Die Dekretistik bezog diese Stelle später auf das Patronat. Bei Rufinus heißt es in enger Anlehnung an Gratian, das auch später nicht mehr darauf zurück. J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 56, 75, verweist darauf, daß die Minderstiftungen von geringerem kirchenpolitischen Interesse waren, und referiert kurz die Meinung der späteren Kanonisten zur Frage der patronalen Rechte an Altarstiftungen. Anscheinend gingen diese aber auch nicht in Einzelheiten, deren Festlegung dem Gewohnheitsrecht überlassen blieb. 206 J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 94ff.; vgl. auch P.Landau, Ius patronatus, S. 27.

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ius patronatus bestehe hauptsächlich in zwei Rechten, nämlich in der Fürsorge für die Kirche und ihre Güter und in der Wahl, Präsentation und Einführung des Priesters. Stephan von Tournai erweiterte diese Aufzählung durch das Recht des Patrons und seiner Erben, Unterhalt aus dem Kirchengut zu verlangen, wenn sie in Not kämen. Die Summa Coloniensis brachte als erste die später immer wieder auftauchende Formel, die als Dreiklang patronalen Rechts honor, onus und emolumentum oder utilitas nennt. Diese Formel findet sich bei Johannes Teutonicus wie folgt aufgelöst: «Honorem habet in praesentando, onus habet in defendendo ecclesiam, ne quis dilapidet eam [...] utilitatem habet, quia si vergit ad inopiam, providebit ei ecclesia» . Die utilitas, also das Recht auf Nutzung des Stifters am Kirchengut, wollte die Kanonistik nicht so verstanden wissen, als seien ihm als patronus regelmäßige Abgaben von seiten der Kirche zu gewähren, vielmehr ging es um eine Alimentation unter besonderen Bedingungen 208 . Allerdings konnten aus Eigenkirchenrecht hergebrachte, durch Gewohnheitsrecht abgesicherte Abgabepflichten auch nicht einfach aufgehoben werden, weswegen für ältere Kirchen lediglich die Auferlegung neuer Abgaben für rechtswidrig zu erklären war. Für den Fall der Neugründung hingegen sollten entsprechende Vereinbarungen, wenn überhaupt, dann nur zum Zeitpunkt der Stiftung, vor der Weihe der Kirche und jedenfalls nur bedingt zulässig sein 209 . Eine Bedingung ergab sich aus der Unterscheidung in Güter, die direkt dem Unterhalt der Kirche und der Erfüllung ihrer Zwecke dienten, wie etwa das Lichtergut oder das Pfarrgut, und in Güter, die der Kirche ansonsten gehörten. Von den erstgenannten Gütern (der dos im Sinne der unverzichtbaren Mindestausstattung) durften keine Abgaben eingefordert werden 210 . Eine andere Unterscheidung kirchlicher Güter und Einkünfte war die zwischen temporalia und spiritualia. Laienpatrone durften nur die temporalia mit Abgaben belegen, Klöster hingegen und andere geistliche Kirchenherren auch die Einkünfte aus den spiritualia, also auch Opfer, Stol und Zehnt 2 1 1 . Ausdrücklich untersagte dann das dritte Laterankonzil (1179) auch den Bischöfen, Äbten und anderen Prälaten, den ihnen gehörigen Kirchen nach ihrem Belieben neue Abgaben aufzuerlegen oder die alten zu erhöhen 212 . In Anlehnung an dieses Verbot wollten einige Kanonisten gleich auch die sogenannte Temporalienpertinenz, das heißt das nur durch gewisse Unterhaltspflichten eingeschränkte Nutzungsrecht an den Gütern und Einkünften ihrer Kirchen, das den geistlichen Kirchenherren seit alters her zugestanden wurde, beschneiden. Die Klöster, auf die dieser Anschlag hauptsächlich zielte, hätten dann kaum mehr Rechte behalten als die dem ius patronatus unterworfenen Laienpatrone 213 .

207 208 209 210 211 212 213

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P. Landau, Ius patronatus, S. 4 ff., 128 f. Ebd., S. 130 ff. Ebd., S. 133 ff. So Huguccio, siehe ebd., S. 133. Ebd., S. 137 ff. Ebd., S. 137 ff, siehe auch S. 46 ff. P.Landau, Ius patronatus, S. 139ff., bringt die Entstehung des Inkorporationsrechts mit dieser Beschränkung in Zusammenhang.

Aus den Auslegungen des ius patronatus zu den dem onus zuzurechnenden Befugnissen erhellt, daß das Recht des Patrons auf provisio nicht so zu verstehen war, als verfuge dieser über die auf seinem Grund errichtete Kirche und ihr Gut wie über sein Eigen. Vielmehr sollte er als advocatus nur ein ius in ecclesia besitzen, das ihn in den Stand versetzte, die Kirche vor Verfall und wirtschaftlichem Schaden zu schützen. Wie weit dieses Schutzrecht reichte und welche materiellen Forderungen damit einhergehen konnten, wurde aus guten Gründen nicht detailliert diskutiert 214 . Die Regelungen in der Rechtspraxis hingen weitgehend von der Stellung ab, die der Patron aufgrund seiner kirchlichen und weltlichen Rechte gegenüber der Kirche, dem Priester und dem Kirchenvolk, aber auch gegenüber der bischöflichen iurisdictio einnahm 215 . Das ius praesentationis muß mehr als eine Pflicht denn als ein Recht aufgefaßt werden. Denn das ältere Recht des Kirchenherrn, den Priester zu bestimmen und in die temporalia einzuführen, sollte, wo dieser nur mehr Patron war, definitiv daran gebunden sein, daß der Kandidat vor der Einsetzung in die Güter dem Bischof präsentiert wurde. Was so zu verstehen war, daß dieser als Ordinarius um die Einsetzung des ausersehenen Kandidaten ins Amt und das mit diesem verbundene beneficium ersucht und so vom patronus eingestanden wurde, daß die Investitur des Priesters und die aus ihr folgenden Kompetenzen weder seine Aufgabe noch sein Recht seien 216 . Wenn neue Kirchengründungen prinzipiell nach ius patronatus erfolgten, dann hätte es, nachdem die für alte Kirchen gültigen Gewohnheitsrechte nicht einfach aufgehoben, sondern höchstens den veränderten Rechtsgrundsätzen angepaßt werden konnten, zumindest eine Zeitlang zwei Klassen von Patronatsrechten geben müssen - nämlich solche an alten und solche an neuen Kirchen. Das hätte aber auch bedeutet, daß jede Teilung eines Kirchsprengeis die hergebrachten Rechte des patronus schmälerte - auch dann, wenn sie von diesem selbst ausging. Denn er konnte ja über die neugegründete Pfarrei nicht mehr dieselben Rechte erlangen, wie er sie für den zurückbleibenden Teil besaß. Kirchengründung unter dem Zeichen des ius patronatus war damit - zumindest dort, wo sich die Pfarrorganisiation schon geschlossen hatte - für die Herren der bestehenden Kirchen in jedem Fall ein Verlustgeschäft.

214 Ebd., S. 9 ff., 13; vgl. zur Unscharfe der Definition der vogteilichen Rechte des Patrons auch J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 91 ff., 125 und v.a. Anm. 118. 215 Zum Unterschied zwischen dem bloßen Patronat für die Kirche und ihr Gut und der aus territorialem Recht herleitbaren defensio, die sich konkret als potestas coerciva im Bereich der geistlichen Gerichtsbarkeit niederschlug, vgl. Teil B, Kap. 1.5. und 1.6. - Im Hinblick auf das Verhältnis von Kirchenvolk, Bischof und Patron sei hingewiesen auf die von der Didaskalie an die Bischöfe gerichtete Mahnung, die Armen nicht zu verachten und die Reichen nicht zur furchten, sondern sich unabhängig gegen sie zu zeigen, auch wenn sie als «patroni» für die finanziellen Bedürfnisse der Gemeinden aufkämen: E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», S. 486 f. 216 Zur Präsentationspflicht als Beschränkung des Patronatsrechts respektive der Pertinenzrechte der geistlichen Kirchenherren: P.Landau, Ius patronatus, S. 145ff., 46ff.; J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 99 ff.

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2.4.2 Die Erwerbsgründe für das patronale Recht Nach Rufinus wurde das Recht auf ein ius patronatus an einer Kirche dadurch begründet, daß jemand einen konkreten Beitrag zu deren Gründung leistete: «Tria sunt, ex quibus solet nasci ius patronatus: possessio, constructio, locupletatio». Dazu wird näher ausgeführt: «Si enim edificata est ecclesia in solo meo, eo ipso ecclesie patronus factus sum. Item si construxi ex bonis meis ecclesiam, patronus factus sum. Item si ditavi ex bonis meis, patronatum acquisivi»217. Für Rufinus war somit das ius patronatus erstens ein erwerbbares und nicht ein dem Gründer vom Bischof bloß gnadenhalber zugestandenes Recht, und außerdem standen alle drei Erwerbsgründe gleichberechtigt nebeneinander. Die Lehre von der Erwerbbarkeit des ius patronatus setzte sich durch 218 , derweil die Gleichberechtigung der Erwerbsgründe jedoch am Übergewicht der Rechte der domini fundi in der Rechtspraxis scheiterte - auch wenn die später gebräuchliche Formel «Patronum faciunt dos, edificatio, fundus» sie zu bestätigen schien 219 . Zwei Überlegungen waren für das Primat der fundatio maßgeblich: Erstens war der Grund, auf dem gebaut werden sollte, das erste, was vorhanden sein mußte, wenn überhaupt eine Kirchengründung in Angriff genommen werden sollte - und das Recht des Grundherrn wog um so schwerer, wenn das Kirchenvolk, das der neuen Kirche zugewiesen werden sollte, selbst in dessen possessio oder unter dessen grundherrlicher Gerichtsbarkeit stand 220 . Zweitens sollte nach der Weihe einer Kirche kein neues oder zusätzliches Patronat über dieselbe mehr erworben werden können (Konsekrationslehre) 221 . Wenn einer Kirche also nachträglich eine dos gestellt oder ihre zu geringe dos aufbessert wurde, dann wäre diese ditatio im Hinblick auf den Erwerb des Patronats umsonst gewesen, weil der patronus ratione fundationis oder constructionis sein hergebrachtes Recht ungeteilt hätte behalten können. Ausgehend vom Idealfall, vom Fall der Neugründung nach ius patronatus nämlich, hätte zwar eine Kirche ohne oder mit unzulänglicher dos überhaupt nicht geweiht, geschweige denn weiterreichende iura spiritualia erlangen können. Die Rechtspraxis wich aber von diesem Idealfall aus vornehmlich zwei Ursachen ab. Zum einen gab es, als das ius patronatus ausgebildet wurde, sehr wohl Kirchen, die zwar der Seelsorge dienten, aber keine eigene dos besaßen, und diejenigen, denen diese Kirchen gehörten, konnten - wie noch zu erläutern sein wird - Anlaß

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P.Landau, Ius patronatus, S. 16f. Ebd., S. 119 ff.; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 59 f. Ebd., S. 57ff. 73ff.; P.Landau, Ius patronatus, S. 16ff„ 24ff. Ebd. - Zum Zusammenhang zwischen Herrschaftsrechten und dem Recht an einer Kirche siehe die Auflagen über den Verkauf des Patronats mit einer Sachgesamtheit, womit nicht allein Grund und Boden, sondern eben Grundbesitz und die daran hängenden Herrschaftsrechte gemeint war: P.Landau, Ius patronatus, S. 108ff.; vgl. Teil B, Anm. 92 und 133. 221 J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 79. P.Landau, Ius patronatus, S. 32ff. - Zur Bezeichnung des Patronats als einer der Kirche auferlegten servitus siehe ebd., S. 31.

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haben, diesen Zustand auch weiterhin aufrechtzuerhalten 222 . Zum anderen kam es auch danach noch immer und je länger desto häufiger zur Errichtung und Weihe von Kapellen, denen kein eigenes Kuratrecht zugewiesen wurde und die, eben weil sie nicht als beneficium curatum galten, an sich auch keine ordentliche dos benötigten. Wenn allerdings solche Kapellen im Laufe der Zeit durch Schenkungen und Zustiftung an Einkünften gewannen und schließlich doch ordentlich dotiert werden sollten, stellte sich die Frage, ob diese ditatio ohne rechtliche Folgen bleiben sollte oder konnte 223 . Es gab verschiedene Gründe, auf eine ordentliche ditatio von Kapellen hinzuwirken. Zum einen mehrte die Schaffung von beneficia den Gottesdienst und verdichtete das Netz seelsorgerlicher Versorgung; zum anderen sicherten zusätzliche Lebenszeitpfründen den Klerus besser ab; schließlich bewirkte die ordentliche ditatio, daß tatsächlich ein ins patronatus in Kraft trat - das heißt, sie überwand Rechtsformen, die den Inhabern der cura über die Minderkirche bis dahin die Möglichkeit gegeben hatten, gewisse Aufsichtsrechte des Bischofs zu umgehen. Sieht man diese Gründe an, dann hätten vornehmlich das Kirchenvolk selbst und der Bischof als Oberhirte die Motivation haben müssen, unversehenen Kirchen eine Ausstattung zu verschaffen, außerdem aber auch all diejenigen, deren Anliegen es war, die Grundherren in ihrer Position als Kirchenherren zu schwächen oder aus dieser überhaupt zu verdrängen. Prinzipiell, das sei hier angefügt, bedurfte jeder einzelne der drei Rechtsakte der Stiftung (fundatio, erectio, ditatio) der Zustimmung des Ordinarius, wobei in dem immer seltener werdenden Fall, in dem ein und derselbe fundator eine Kirche in einem Zug gründete, errichtete und ausstattete, die einmalige Erlaubnis genügte, derweil bei sukzessiver fundatio über lange Zeiträume hinweg und durch verschiedene Stifter jede einzelne Stiftungsmaßnahme genehmigungspflichtig war. Wer ohne den ordinariellen Konsens stiftete, risikierte in jedem Fall den Verlust seines Anspruches auf patronale Rechte 224 . 222 Siehe dazu P. Landau, Ius patronatus, S. 33 f.; vgl. auch ebd., S. 47, Anm. 163, woraus sich ergibt, daß Klöster, die ein Anrecht an der Besetzung ihrer Kirchen behaupten wollten, die von ihnen bestimmten Personen in ein Pfründgut (temporalia) einweisen mußten. - Zu den Verhältnissen an Bischofskirchen: U.Stutz, Benefizialwesen, S. 12ff., 296ff.; zu Kirchen in Klosterbesitz siehe den historischen Abriß bei A. Fehringer, Klosterpfarrei; vgl. über das beneficium manuale: P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 366ff., 373; Bd. 1, S. 65; siehe auch O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 294 ff.; zu den Verhältnissen an inkorporierten Kirchen siehe Teil B, Kap. II.5.; zu der auch später noch vertretenen Auffassung, Kirchen, deren Kosten aus iura spiritualia bestitten würden, brauchten eine geringere dos: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 73; vgl. dazu aber G. Constable, Monastic Tithes, S. 38. 223 Zur Errichtung von Kuratbeneficia siehe K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 13 ff, 50 ff, 74 ff. Über die Aufwertung eines beneficium durch Zustiftung siehe Teil C, Kap. III.5 und 6.; zum Titel im Sinne eines standesgemäßen Einkommens: P. Hinschius, System, Bd. 1, S. 65; zur Festsetzung der Höhe der dos von Pfründen in den Diözesanstatuten ebd., Bd. 2, S. 389, Anm. 7.; vgl. J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 113. - Am hier ausgewerteten Quellenmaterial läßt sich beobachten, daß die ditatio jeweils dem für das neu zu stiftende beneficium angestrebten Status gerecht werden mußte. Zustiftungen konnten daher auch umgekehrt mit der Forderung verbunden werden, den Status des beneficium zu erhöhen. Zur Gegengabe, die für das fromme Werk eingefordert werden konnte: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 190ff. 224 P.Landau, Ius patronatus, S. 2 4 f f , 28ff; J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70f.

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Ein höchst interessanter Beitrag zur Diskussion um das ratione ditationis zu erwerbende Recht findet sich in der Quaestionensumme des Magister Honorius 225 . Dieser war der Auffassung, der fundus sei zwar ein substantieller Bestandteil der Kirche, weswegen dem fundator das Patronat nicht verweigert oder gemindert werden dürfe. Ohne dos könne aber eine Kirche keinen eigenen Priester erhalten und daher auch nicht geweiht werden, so daß sie als «capella et ancilla» der Kirche eines anderen unterworfen bleiben müsse. Wenn also ein fundator seine Stiftung nur durch fremde ditatio vollenden könne, so solle der zwar ratione possessionis das ius praesentandi erhalten, derjenige, der die dos gegeben hatte, aber auch nicht leer ausgehen, «licet enim nil habeat honoris, habeat tarnen quid commodi, aliquid honeris»226. Indem Honorius dem Stifter der Ausstattung ein Recht auf Teilhabe an Schutz und Erhalt der Stiftung (onus) und ein Nutzungs- oder Alimentationsrecht (commodum) zubilligte, ihn aber von der Präsentation (honor) ausschloß, schuf er quasi ein Minderpatronat, das dem höherwertigen oder vorrangingen ius patronatus des fundator zur Seite gestellt sein sollte 227 . Nicht näher erläutert ist, ob die genannten Rechte des Minderpatrons sich nur auf die von ihm gestiftete dos bezogen oder auf die Kirche insgesamt und ob die Kompetenzen des fundator durch die Rechte des Minderpatrons tatsächlich soweit eingeschränkt wurden, daß diesem keinerlei Verwaltungs- oder Nutzungsrechte an der dos oder sogar an der Kirche (fundus et constructio) überhaupt zufielen, sondern nur das ius praesentandi - quasi als ein ius nudum, an dem lediglich Schutzpflichten hingen 8 . Die französische Kanonistik, bei der die von Honorius vorgeschlagene Teilung des Patronats einen gewissen Anklang fand, wollte die endgültige Regelung der Rechte bei gemischten Stiftungen dem lokalen Gewohnheitsrecht überlassen 29 . Außer wegen der Konkurrenz der drei Erwerbsgründe (fundatio, erectio, ditatio) selbst konnte die Zuweisung patronaler Rechte auch dadurch strittig werden, daß

225 P.Landau, Ius patronatus, S. 25f.; der Autor gehörte zur anglo-normannischen Schule. 226 Zitiert nach ebd., S. 25. 227 Siehe ebd., S. 26. B. H.Noser, Pfarrei, S. 85 ff., hatte festgestellt, daß die Herkunft der schweizerischen Gemeindepatronate ungeklärt sei und die Wissenschaft sich mit der «quasipatronalen Stellung der Gemeinde» noch nicht befaßt habe. 228 Vgl. zu dem aus dem dominium herleitbaren ius advocationis: ebd., S. 9 f.; zur im Spätmittelalter häufig zu findenden Bezeichnung des Patrons als «Kastvogt» beachte den von Rufinus für die ditatio verwendeten Ausdruck locupletatio'. Zitat ebd., S. 17 (zum Begriff «Kastvogt» und zur Kastvogtei siehe Teil C, Kap. III.6.4., v. a.Anm.626, 629). Zum Präsentationsrecht ebd., S. 128 ff.; zum Inhalt des Begriffs honor vgl. den Hinweis bei J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 93, Anm. 118; zur Diskussion um die strittige Verfügungsgewalt über die Klause zu Talheim vor dem Hintergrund patronaler, vogteilicher und territorialer Rechte und dem ius reformandi ebd., S. 194 ff., außerdem auch S. 210, 233, 254 ff., 262 f. Zu Vogtei und Patronat siehe auch Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 665 ff.; vgl. dazu K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 38 ff., 304 ff. - Zur Trennung und zum Zusammenwirken von weltlicher und geistlicher Gewalt R.L.Benson, Gelasian Doctrine. 229 P. Landau, Ius patronatus, S. 27.

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an den betreffenden Komplexen zum Zeitpunkt der Stiftung verschiedene Besitzrechte bestanden 230 . Die dos zum Beispiel konnte als Konglomerat aus verschiedenen Schenkungen oder Zuwendungen zusammengekommen sein, so daß abgeklärt werden mußte, wem letztendlich das ratione ditationis zu erwerbende ius patronatus ganz oder anteilig zufallen sollte. Eine Rolle spielte dabei auch, daß die dos einem zweifachen Zweck diente. Wenn Simon de Brisignano in seiner Summa schrieb: «Tunc autem «ditare» intelligitur cum tantum assignat ecclesie unde et luminaria et clericis necessaria possint subministrari»231, dann heißt das, wer ein Patronat ratione ditationis anstrebte, mußte nicht nur für Unterkunft und Unterhalt eines Priesters Sorge tragen, sondern auch für das Lichter- oder Altargut. Sofern die auszustattende Kirche oder Kapelle schon ein eigenes Lichter- oder Altargut besaß, hätte also genaugenommen nicht mehr von ditatio gesprochen, also auch kein Anspruch auf ein Minderpatronat erhoben werden können 232 . Bedenkt man außerdem, daß der Erwerb eines Patronats nach der Weihe der Kirche von vielen ohnehin für unstatthaft gehalten wurde, dann folgt daraus, daß all diejenigen, die auf eigene Verfugungsrechte über die von ihnen unternommenen Stiftungen nicht verzichten wollten, sich aber mit dem Kirchenherrn oder dem Bischof über eine Teilung der Rechte oder eine Erteilung eines Kom- oder Minderpatronats an der Pfarrkirche nicht einigen konnten, auf die Stiftung von Nebenaltären oder Minderbeneficia verwiesen waren 233 . Ein Nebenaltar konnte nicht schon dadurch, daß ein beneficium distinctum an ihm errichtet wurde, gleichberechtigt neben den Hauptaltar treten, sondern mußte sich in der Rangfolge der Titel mit einem minderen Recht begnügen. Dasselbe gilt für den Heiligen des Nebenaltars, den Inhaber des beneficium distinctum und auch für den Inhaber des ius patronatus an diesem Altar 234 .

230 Zu den Rechtsfolgen bei Stiftungen aus geteiltem Eigen (dominium directum und dominium utile) siehe J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, für den fundus S. 57 ff., v.a. S. 60 ff.; für die dos S. 69 ff. 231 Zitiert nach P. Landau, Ius patronatus, S. 21 f. 232 Erst die Ablösung des beneficium von derfabrica hingegen ermöglichte es, die ditatio ausschließlich auf die Ausstattung einer Pfründe zu beziehen. Die Bereitstellung einer dos im Sinne der Errichtung des beneficium erscheint später durchaus als eigenständiger Akt. Rochus de Curte unterschied zwischen einer einfachen donatio und der dotatio. Nur letztere erwarb ein Patronat und bedurfte von daher jedenfalls der Bestätigung durch den Bischof. Fehlte diese, konnte das Patronat bestritten werden: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70, Anm. 49. Zum Begriff dos siehe R. Hessler, Dos (HRG 1), Sp.775ff. 233 Zur Konsekrationslehre: P.Landau, Ius patronatus, S. 32ff. - Bei J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 114, Anm. 191, ist die Dekretale Ad Audientiam Alexanders III. zitiert. Danach sollte das Patronat von Kirchen, die in schon bestehenden Sprengein neu errichtet wurden, vom rector und vom Patronatsherrn der Mutterkirche gemeinsam und gleichberechtigt ausgeübt werden. Vgl. dazu ebd., S. 66f., v.a. Anm.42. Nach Lambertinus fiel das Kompatronat an Nebenaltären nur dann an die Kirche, wenn sie eine ecclesia libera war - sonst aber an ihren Patronatsherrn; anders hingegen Rochus de Curte: ebd., S. 66, 75, 98. Vgl. P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 408. 234 Zum Rang der Patrozinien: P.Hinschius, System, Bd.4, S. 259ff.; W.Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 24, 27.

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Tatsächlich bestand aber sehr wohl die Gefahr, daß sich die nachgeordneten Stiftungen dadurch, daß sie unter eigenem Patronat standen, zum Schaden der überordneten tituli auswuchsen. Ein Mittel, dies zu verhüten, konnte in der von Huguccio entwickelten Lehre gesehen werden, wonach galt: «Ius patronatus acquiritur territorii ad ecclesiam fundandam collatione»235. Demnach mußte der fundator einer Kirche - wenn er überhaupt ein ius patronatus für dieselbe erwerben und dadurch ausschließen wollte, daß sie als ecclesia libera in die cura des Bischofs oder aber in die Hände eines anderen Patrons gelangte 236 - im Austausch gegen das Patronatsrecht zugunsten dieser Kirche auf sein Besitzrecht am fundus verzichten. Das bedeutete aber zugleich, daß diese selbst für sämtliche später innerhalb ihrer Mauern oder auf ihrem fundus errichteten Minderstiftungen ratione fundi das Patronat erlangen würde. Selbst wenn man davon ausgeht, daß den Stiftern von Nebenaltären oder Minderbeneficia ratione constructionis oder ratione ditationis ein Kom- oder Minderpatronat zugestanden wurde, war der ecclesia der Vorrang ratione fundi gesichert, weil tatsächlich sie selbst patrona der Stiftung wurde und zumindest das ius praesentandi erwarb. So gesehen hätte die von vielen Kanonisten vertretene Höherbewertung des fundus - zumindest im Fall von Minderstiftungen innerhalb der Kirche oder auf dem Kirchhof - ihren besonderen Sinn gehabt, und zwar auch im Hinblick auf die Ausübung dieser Patronatsrechte, denn für die Kirche sollte nur eine persona ecclesiastica verfügungsberechtigt sein 237 . Anders sah die Sache jedoch im Fall von Pertinenzkirchen aus, das heißt von Kirchen, die im geistlichen Besitz waren und ihren Herren quoad temporalia oder sogar quoad temporalia et spiritualia folgten 238 . Für solche Kirchen galt das ius patronatus zunächst nicht, weswegen sie auch nicht in den Besitz ihres eigenen fundus gelangten. Statt an sie selbst hätten ratione fundi an Minderstiftungen erworbene Patronatsrechte unmittelbar an ihre Herren fallen müssen. Doch wird auf die aus dem geistlichen Patronat und aus der sogenannten Temporalienpertinenz erwachsenen Besonderheiten an späterer Stelle noch ausführlicher einzugehen sein".

235 Zitat bei P.Landau, Ius patronatus, S. 19. 236 Über die ecclesia libera im Gegensatz zur ecclesia patronata: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 66, 89; zur Besetzung ebd., S. 99 fT.; zur collatio libera: P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 650 fT. - Anzumerken ist, daß es ecclesiae liberae, das heißt Kirchen, die der Ordinarius frei zu besetzen hatte, so gut wie nicht gab. Denn ein freies Besetzungsrecht hatte der Ordinarius in der Rechtspraxis zumeist nur dann, wenn er selbst präsentationsberechtigt war, die Kirche also seinem Patronat unterlag. Vgl. über die Besetzung ratione officii: P. Landau, Ius patronatus, S. 20; vgl. dazu auch W. Hartmann, Der Zustand der Kirchen, S. 419. 237 Die Auffassung, die Kirche werde compatmna ratione fundi, galt laut Rochus de Curte im Spätmittelalter als allgemeine, aber gewohnheitsmäßig vernachlässigte Regel: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 75. Vgl. Teil B, Anm.233. 238 DazuP. Landau, Ius patronatus, S.46ff.,137ff., auch S. 92; vgl. dazu die sogenannten Pertinenzpatrozinien, bei denen ein Besitzrecht des Heiligen an der betreffenden Kirche bestand: G. Zimmermann, Patrozinienwahl, T.l, S. 81 ff., vgl. U. Stutz. Ausgewählte Artikel. S. 1 ff. 239 Siehe unten Teil B. Kapitel II.4.4.

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Herausgestellt werden muß aber noch, daß das ius patronatus nur ratione dominii erworben werden konnte und nicht einfach aufgrund eines ius spirituale oder eines ius incorporale, wie das Pfarrecht oder die Gerichtsbarkeit. Es folgte immer nur demjenigen, der der Stiftung eigenes, das heißt in seinem dominium befindliches Gut abtrat240. Dieses Gut sollte, da die Stiftung eine dauernde Einrichtung war, eine res perpetua sein, oder doch, wie der Ewigzins, unablösbar auf einer solchen gründen oder durch eine solche abgesichert sein. Außerdem mußte das Gut, das für die Stiftung eingesetzt wurde, eine res libera sein; für den fundus selbst wurde von einigen Kanonisten sogar eine res omnina libera verlangt241. Mit anderen Worten, der Stifter, der ein Patronat erlangen wollte, mußte in der Lage sein, seiner Stiftung das dominium utile und das dominium directum am Stiftungsgut zu übertragen. Sollte eine Kirche oder Kapelle auf Lehnsgut errichtet werden, mußte der dominus directus zustimmen. Für seine Zustimmung, die einer Abtretung des dominium directum hätte gleichgesetzt sein sollen, konnte er ohne weiteres ein ius patronatus einfordern - aber kein ungeteiltes, da er eben das dominium utile am fundus nicht besaß. Verweigerte ein Grund- oder Lehensherr dem Inhaber des dominium utile die Zustimmung zur Übereignung eines Gutes an eine kirchliche Stiftung, wurde empfohlen, das Gut zu verkaufen und für den Erlös ein anderes, freies Gut zu erwerben242. Wollten die Stifter Ansprüche des Grund- oder Lehensherrn auf patronale Rechte ein für allemal ausschließen, mußten sie also versuchen, ihn zu einem ausdrücklichen Verzicht auf seinen Recht aus dem dominium directum zu bewegen oder ihn aus diesem auszukaufen. Das aber war nicht immer ohne weiteres zu bewerkstelligen.

2.4.3 Die persönlichen Voraussetzungen für den Erwerb patronaler Rechte «Ius patronatus est auctoritas vel potestas providendi ecclesie veniens ex beneficiis ante consecrationem collatis», lautet die früheste, von Johannes Faventinus stammende Definition des Patronats243. Aus dem Satz ergibt sich, daß es zur Ausübung des Patronats bestimmter Qualitäten oder Kompetenzen bedurfte, denn ohne dieselben fehlte die Grundlage für die Handhabung der «auctoritas vel potestas». die der Patron anstelle des Bischofs zum Vorteil und Schutz einer Kirche realisieren sollte. Kirchenschutz konnte mit der Waffe, mit dem Recht oder durch die Übernahme einer Haftungspflicht aus eigenem Vermögen gewährleistet werden244. Außerdem war zur Ausübung besonders des ius praesentandi die Treue zum Glauben und zur Kirche unverzichtbar

240 J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment, v.a. S. 67 Anm.42; und S. 57fT., v.a.S. 60ff., 69ff.; P.Landau, Ius patronatus, S. 12 f., 47, 18 ff., 25 f. 241 J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 61 f. 242 Ebd., S. 57 ff. 243 Zitiert nach P.Landau, Ius patronatus, S. 13. 244 Zur advocatia siehe oben (Teil B) Anm. 92, 133, 214, 228; außerdem Teil B, Kap. 1.4., Kap. 1.5. und Teil C, Kap. 3.6.4.

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und darüberhinaus eine gewisse Einsicht in das notwendig, was einen ordentlichen Pfarrpriester ausmachte . Da eine ecclesia patronata sich nach Ansicht der Kanonisten nicht in der possessio des patronus befand, sondern ihm durch den Bischof lediglich anvertraut war 246 , kam es schließlich auch darauf an, daß der patronus nicht nur im Namen der Kirche vor Gericht zitiert werden konnte, sondern auch persönlich wegen der Ausübung seiner Pflichten als Pfleger, Anwalt und Schutzherr der Kirche - und damit auch des an dieser dienenden Klerus und des ihr zugehörigen Kirchenvolkes - zur Rechenschaft gezogen werden konnte 247 . Von daher schieden Frauen, Kinder, Unmündige, Wahnsinnige, aber auch Exkommunizierte, Häretiker und Heiden immer aus, wenn es um die aktive Ausübung des ius patronatus ging. Den Rechtstitel selbst konnten sie allerdings durchaus besitzen; denn schließlich war es möglich, daß solche Personen ein Patronat durch Erbgang, Kauf oder Schenkung oder mittelbare Stiftung aus ihrem Gut erlangten oder es erstiftet hatten, bevor das Hindernis für die aktive Ausübung hervortrat. In all diesen Fällen besaßen sie das Patronat zumindest insoweit persönlich, als ihnen der Anspruch auf Alimentation (utilitas) zustand; für die Wahrnehmung von honor und onus aber mußten sie Anwälte, bei sonstiger Vermögenslosigkeit wohl auch Bürgen stellen 248 . Besonders liegen die Fälle, in denen Unfreie stifteten oder Personengesamtheiten, deren Mitglieder unfrei waren oder selber einem Patronat unterstanden, das sie an der Ausübung der genannten Rechte hinderte. Offensichtlich war es, wenn sie über eigene Einkünfte verfügten, auch Unfreien möglich, ewige Seelmessen zu stiften, denn die Kirche nahm immer häufiger anstatt liegenden Gutes auch die Übertragung ewiger, später sogar ablösbarer Nutzungsrechte an, so daß es, um zu stiften, nicht mehr notwendigerweise des Besitzes von Allod oder Erblehen bedurfte. Dieses Zugeständnis machte es schließlich dem unfreien Kirchenvolk insgesamt möglich, Altäre und Minderbeneficia zu stiften. Die dazu benötigten, vergleichsweise umfänglichen Vermögen wurden dadurch aufgebracht, daß man kleine und kleinste Beiträge sammelte und das so gewonnene Kapital nach und nach in Ewigzins oder liegendem Gut anlegte, bis die Erträge die verlangte Mindesthöhe erreicht hatten. Doch war dies, wie später noch zu zeigen sein wird, nur machbar, weil man sich für die geplante Stiftung eine bischöfliche Bestätigung erteilen lassen und von da aus einen provisorischen oder fiktiven Titel konstruieren konnte.

245 P.Landau, Ius patronatus, S. 39f.; P.Hinschius, System, Bd.3, S. 32 fT., 73f. 246 Zur Entwicklung der Ansicht, nicht die Kirche, sondern nur das ius patronatus könne sich im Besitz des Patrons befinden: P.Landau, Ius patronatus, S. 69fT. 247 Zur Baupflicht der Kirchenherren und deijenigen, die Einkünfte aus dem Kirchengut haben: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 689, 1346ff.; für Stiftungen, vornehmlich für Pfründstiftungen, finden sich häufig in den Stiftungsbriefen Haftungsklauseln, was sich auch aus der Sustentationspflicht des Bischofs für von ihm geweihte oder eingesetzte Kleriker erklärt. Siehe dazu: P.Hinschius, System, Bd. I, S. 64f.; Bd.4, S. 320f.; zur Möglichkeit, Mitbewerber um das Patronat durch eine umfassende Verpflichtungserklärung auszuschalten: ebd., Bd. 3, S. 25; zur Erzwingung der Vollendung der Stiftung und zur Haftung vgl. Teil B, Anm.266 und Anm. 172. 248 P.Landau, Ius patronatus, S. 38fT., P.Hinschius, System, Bd.3, S. 32ff.

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Das Hauptproblem bestand in der Haftung für solche Stiftungen nach ihrer Vollendung, weil es dann sowohl dem Kirchenvolk als auch der Amtskirche respektive einem von dieser für das betreffende Amt vorgesehenen Kleriker möglich war, als Nutzungsberechtigte Ansprüche einzuklagen, die unter Umständen den Bischof treffen konnten 249 . Zunächst hatten die Kanonisten das Patronat nur natürlichen Personen überlassen und Kollegien und Personengesamtheiten als solche vom Erwerb ausschließen wollen 250 . Schon bald kam man aber zu einer anderen Ansicht. Nach Huguccio, dem die Kanonistik überwiegend folgen sollte, war es durchaus möglich, daß ein collegium oder eine universitas ein Patronat besaß und ausübte - respektive durch einen praepositus oder andere, aus ihr hervorgegangene Organe ausüben ließ 251 . Ohnehin konnte, wenn Kirchen ihren eigenen fundus und auch anderes eigenes Vermögen besitzen sollten und von daher auch selbst als Stifter hervortreten konnten oder sollten, das Patronat nicht natürlichen Personen vorbehalten bleiben. Das eigentliche Problem ergab sich vielmehr aus der Frage, wer berechtigt war, die cura über die einer kirchlichen juristischen Person zustehenden oder von einer Personengesamtheit erworbenen Rechte auszuüben. Für die in dieser Untersuchung vornehmlich traktierte Frage nach den Rechten, die das Kirchenvolk an den von ihm unternommenen Stiftungen erlangen konnte, ist dieser Wandel in der Auffassung vom Erwerb des ius patronatus ganz wesentlich. Denn es boten sich nunmehr zwei Möglichkeiten des Zugriffs auf dieses Recht: Zum einen, indem man es direkt, im eigenen Namen, erwarb, und zum anderen, indem man es indirekt erwarb, das heißt, es in nomine ecclesiae oder im Namen einer anderen natürlichen oder juristischen Person ausübte. Was den direkten Erwerb betrifft, so hielt sich die Lehre an Huguccio, der der Meinung war, daß das Kirchenvolk, wenn es «ratione universitatis et communitatis» stifte, auch als Ganzes, als universitas, ein ius patronatus erlangen könne. Werde die Stiftung jedoch nicht «ratione universitatis set singularitatis et quasi privati» unternommen, dann stehe das Patronat jedem einzelnen der Stifter zu 252 . 249 Für private Seelmeßstifhingen ohne feste Bindung an einen Altar oder ein beneficium läge das Risiko der Fortdauer der Stiftung beim Stifter selbst respektive bei dessen Erben oder sonstigen Rechtsverwandten, etwa bei der städtischen Obrigkeit oder beim Gericht. Vgl. Teil B, Anm. 172. Zur Problematik der Dauer des Stifterwillens: M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 80. War die Messe auf einen Altar fundiert oder einem benejicium angehängt, dann hafteten die Inhaber dieser Titel für ihre ordentliche Abhaltung. Zur Unveijährbarkeit von Meßpflichten: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 205, 210; zu den Verpflichtungen auch A. Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 250 ff., allerdings ohne Bezug auf die benefizialrechtlichen Aspekte. Vgl. zur Verpflichtung unter Androhung des Entzug der Einkünfte und des Rückzugs des Dotationsgutes den Fall Sirchingen, Tab.b, Nr. 8; zu den Rechtsfolgen der Verbindung von Messe und Altar mehr im folgenden. 250 So Johannes Faventinus und andere: P.Landau, Ius patronatus, S. 41 ff. 251 Ebd., S. 43 ff.; zur Repräsentation einer Korporation durch die sie vertretenden Personen und zu deren Rechten nach Ansicht der Kanonisten: O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 258 ff., 283 ff., 304 ff., 336 ff., vgl. die Beiträge in: Wahlen und Wählen im Mittelalter, hrsg. v. R. Schneider/H. Zimmermann. 252 P. Landau, lus patronatus, S. 44.

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Das allerdings hätte so ausgelegt werden können, daß denen, die etwas dazu gegeben hatten (und nur diesen), für ihren persönlichen Beitrag (und nur für diesen) patronale Rechte und Pflichten zufallen sollten. Das Konzept des gemeinen Nutzens - zu denken ist vor allem an das Alimentationsrecht der ganzen Gemeinde gegenüber dem gesamten Stiftungsgut - wie auch der gemeinschaftlichen Haftung wäre dann allerdings verfehlt gewesen. Außerdem hätte eine solche Regelung bewirkt, daß sämtliche kleinen Beiträge, die nicht den Umfang oder die Qualität einer patronatswürdigen ditatio erfüllten oder nicht nach kirchlichem Recht bestätigt worden waren, der Stiftung als bloße donatio zufielen und so vor allem das Recht derjenigen mehrten, die ein Patronat ratione fundi oder ratione dominium directum beanspruchen konnten 253 . Grundlegend wäre zu klären, unter welchen Voraussetzungen das Kirchenvolk erstens in der Lage war, überhaupt zu stiften, und zweitens, wann es für diese Stiftung eigene patronale Rechte erwerben konnte. Stiften konnte, wer über Eigengut oder Nutzungsrechte verfugte. Also lautet die erste Frage, ob und in welcher Weise das Kirchenvolk Vermögen oder Nutzungen sein eigen nennen konnte. Ein Patronat erwerben konnte derjenige, der den Status einer natürlichen oder juristischen Person in Anspruch nehmen konnte. Also lautet die zweite Frage, ob dies für das Kirchenvolk zutraf. Eine stiftungswillige Gemeinschaft hatte mehrere Möglichkeiten, sich als universitas oder communitas darzustellen: Einmal auf der Grundlage von weltlichem Recht als Produktions- oder Eigentümergenossenschaft oder als Gerichtsgemeinde, zum anderen auf der Grundlage von kirchlichem Recht als parochia oder als Sendgemeinde. Ferner konnte sie sich aufgrund freiwilliger Vereinbarungen zur Verfolgung eines religiösen Zweckes zu einem collegium licitum oder einer universitas zusammenschließen 254 . Wo sie auf Pfarrecht, Sendrecht oder kirchliches Einungsrecht gründete, repräsentierte sie jedenfalls das ortsansässige Kirchenvolk. Den Einwand, die kirchliche Gemeinde sei nach kanonischem Recht als solche nicht verfaßt und damit keine

253 Nach J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 76, sollten die Beiträge der einzelnen Stifter zwar Gleichrangigkeit besitzen, allerdings war auch diese bedingt. Gültigkeit hatte zudem ebenso die Regel zu beanspruchen, daß eine bloße Schenkung oder eine Aufbesserung einer an sich hinreichenden dos kein Patronat erwarb und außerdem bei Stiftungen aus Nutznießungen der dominus directus ins Patronat mit eintrat: vgl. ebd, S. 69f.; P.Landau, Ius patronatus, S. 22; P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 24. Vgl. die vorletzte Anm. 254 Zu freiwilligen Zusammenschlüssen siehe O.G.Oexle, Conjuratio, v.a. S. 191 ff.; außerdem J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, passim; vgl. W. Ebel, Willkür. Zu den Bruderschaften siehe R.Stupperich, Bruderschaften, Abschn. 2 und 3 (TRE 7); L.Remling, Bruderschaften, v.a. S. 20f.; vgl. auch O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 287 ff., 420 ff. Zur aktuellen Diskussion hinsichtlich der Bildung von Gemeinden und gemeindlichen Rechten siehe die Beiträge in: Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey, hrsg.v. G.Dilcher/B. Diestelkamp; außerdem die Beiträge in folgenden Sammelbänden: Kommunalisierung und Christianisierung, hrsg.v. P. Blickle/J.Klinisch; Wahlen und Wählen im Mittelalter, hrsg.v. R.Schneider/H.Zimmermann; Landgemeinde und Stadtgemeinde, hrsg.v. P. Blickle; siehe zudem W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», passim.

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Rechtspersönlichkeit gewesen, kann man hier nicht gelten lassen 255 . Die Pfarrgenossen bildeten vielerorts eine Leistungsgemeinschaft mit eigenen Rechten und Pflichten. Wo eine Kirche Sendrecht besaß oder eine Dorfgemeinde eigene Schöffen zum Send entsandte, hatten sämtliche Kirchgenossen an der vom Bischofsbann hergeleiteten auctoritas vel potestas teil. Sie trugen als Sendpflichtige zur Gestaltung und Erhaltung der ordentlichen Gewalt der Kirche und des Rechts der Pfarrei ihr Teil bei, so wie der Sendherr das seine. Die Sendgemeinde war nicht weniger verfaßt als die weltliche Gerichtsgemeinde, in der die Schöffen ebenfalls im Namen aller Dingpflichtigen an der Ausübung von Herrschaft teilhatten 256 und daher eine auctoritas vel potestas besaßen, aus der heraus man zwar kein Patronat erwerben konnte, die aber für die Ausübung eines solchen unverzichtbar war 257 . Wo sich eine stiftungswillige Gemeinschaft zur Geltendmachung ihres Status als Rechtsperson auf weltliches Recht stützte, können allerdings daran, daß sie das gesamte ortsansässige Kirchenvolk repräsentierte, Zweifel aufkommen. Auflösen oder zumindest einschränken lassen sich diese, wenn man sich vergegenwärtigt, daß auch in diesem Fall der Zweck der Stiftung ein solcher war, der die necessitas populi und damit das gesamte ortsansässige Kirchenvolk betraf. Daß sie dieses dabei nur zum Objekt der cura machte, ließe sich nur in dem Fall behaupten, in dem nachzuweisen wäre, daß sich die Stifter selbst aus der durch die Stiftung geschaffenen Seelsorgegemeinschaft ausnahmen. Im Hinblick auf Rechte und Pflichten des gesamten ortsansässigen Kirchenvolkes wäre des weiteren nach der Finanzierung der Stiftung zu fragen. Nach kanonischem Recht soll es auch dazu nicht in der Lage gewesen sein, weil es als solches kein Vermögen besitzen konnte. Dies mag zutreffen, doch sprechen die Verhältnisse, wie sie aufgrund der Auswirkungen des karolingischen Pfarr- und Send-

255 Zum Fehlen der Rechtssubjektivität der Kirchengemeinde siehe O. v.Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. 3, S. 305 ff., 802 ff; B.Noser, Pfarrei, v.a.S. 35 ff; H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 38 ff 256 Siehe J.Weitzel, Dinggenossenschaft; R.Sablonier, Dorf im Übergang; P.Bierbrauer, Aufstieg der Gemeinde; auch J. Sydow, Kanonistische Überlegungen. 257 Das Urteil der Sendschöffen mußte ebenso wie das Gebot des Sendherrn wirkungslos bleiben, wenn die weltliche Gewalt ihren Arm nicht lieh, um Widerspenstige zum Gehorsam zu zwingen, oder die Gehorsamsverweigerung sogar forderte oder forderte. Siehe dazu J. Naendrup-Reimann, Territorien und Kirche; W.-H. Struck, Sendgerichtsbarkeit. - Die Vereinigung von kirchlicher Gerichtsbarkeit und weltlicher Gerichtsbarkeit oder Zwangsgewalt in einer Hand war natürlich von Vorteil. Gerichtsgemeinden, die gleichzeitig als Pfarr- und Sendgemeinden konstituiert waren, hatten den Herren gegenüber einen recht guten Stand. Vgl. dazu K. S. Bader, Dorfgenossenschaft, S. 92, 188 ff; H.E. Feine, Rechtsgeschichte, S. 155; P.Mikat, Kirchengut, S. 278. - Beispiele für die Koppelung von «Kirchenstrafe» und «Herrenstrafe» vornehmlich bei Tatbeständen wie Gotteslästerung und Bruch der Sonn- oder Feiertagsruhe: Weistum von Gleisweiler III. (16.Jh.): G.Dickel (Bearb.), Pfälzische Weistümer, Bd.2, S. 663ff, Abs.14; Sendordnung zu Wittlich: I.I.Blattau (Hg.), Statuta synodalia, Nr. 81; auf den Konflikt zwischen Pfarrer und Stadtgericht zu Frankfurt 1283 verweist A.Schultze, Stadtgemeinden und Kirche, S. 137, Anm.2; siehe auch den Reichssend zu Aachen: L.Frohn, Sendgericht; L. H.Lepper, Reichsstadt und Kirche. - Zu den Wurzeln der Doppelbestrafung D.Lambrecht, Wroegingsprocedure, S. 70, 82ff; H.-W.Goetz, Kirchenschutz, S. 202ff, 212, 220ff; zur Funktion der weltlichen Gewalt im Bereich von Kirche und Religion vgl. die Stellungnahme der Protestanten zum ius reformandi auf dem Tag zu Eisenach (1538): J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 158 f.

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rechts entstanden waren, gegen eine Einschätzung der Dinge allein aufgrund kanonischen Rechts 258 . Angesichts dieser Verhältnisse ist es doch mehr als fraglich, daß die Kirchengemeinde respektive die Pfarrgenossenschaft keinerlei Anspruch auf Nutzung des Kirchengutes hatte respektive auch keine Schenkungen annehmen konnte. Denn zum einen scheint es Gemeinden gegeben zu haben, die über Einkünfte aus dem Send respektive aus der Arbeit ihrer Sendschöffen verfügten 259 , zum anderen gibt es Beiege für eine Verfügungsgewalt über das Kirchen- und Heiligengut und schließlich konnten auch Ansprüche auf Nutzung und Verwaltung des Armengutes geltend gemacht werden 260 . Schließlich ist auch zu bedenken, daß dort, wo eine Kirche aus gemeinen Nutzungen finanziert wurde, an denen das gesamte ortsansässigen Kirchenvolk teilhatte, dieses auch als deren Stifter gelten konnte. Und außerdem genügte es für den Erwerb eines Anrechts auf das Patronat im Grunde, als Mitstifter aufzutreten. So daß es nicht einmal nötig war, daß das Kirchenvolk die Stiftungskosten allein bestritt. Konkrete Aussagen zu diesen Fragen lassen sich nur machen, wenn man sich darüber ins Bild setzt, wie die Stiftungen tatsächlich finanziert wurden. Was bei der Überprüfung der Dotationen auffallt, ist, daß zu den meisten Almosen oder Einkünfte und Güter aus dem Heiligengut und zu vielen auch Seelgeräte aus privater Hand fielen. Daß das Recht der Gemeinde an einer Stiftung pro anima aus den vom Stifter gesetzten Bestimmungen herrühren konnte, ist aus der älteren Literatur bekannt 261 . Weniger geläufig ist die Tatsache, daß Gemeinden auch im Namen oder zusammen mit einer vermögenden Person stiften und sich dabei weitreichende Rechte sichern konnten. Dabei gingen solche Vereinbarungen keineswegs immer auf die Großzügigkeit privater Stifter zurück, vielmehr hatte die Gemeinde einen wesentlichen Beitrag zu leisten: Sie lieferte, indem sie die necessitas populi bestätigte, die Legitimation für die Errichtung einer Stiftung als beneficium ecclesiasticum und bot dieser damit zugleich eine Garantie für ihre dauernde Erhaltung. Möglicherweise trug das Kirchenvolk in diesen Fällen zum Zeitpunkt der Stiftung wenig zu 258 Zur Eigentumsdiskussion der Kanonistik im 16.Jh.: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 121 fT„ auch S. 66f., III ff., 119, 216ff.; vgl. P.Landau, Kirchengut (TRE 18); zur Institutionenlehre: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1267 ff.; zum Eigentumsrecht der Korporation überhaupt und der Kirchengemeinde am Kirchengut im besonderen: O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 291 ff., S. 804 ff. 259 Siehe Teil B, Kap.I.4„ Anm. 101 ff. 260 Die Veräußerung von Kirchengut war unter anderem dann zugelassen, wenn es galt, die Armen zu unterstützen: P.Hinschius, System, Bd.4, S. 170; P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 568; zum älteren Recht: H.-R. Hagemann, Piae Causae, v.a. S. 65 ff; E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», S. 486 ff; zur Argumentation der Juristen beider Konfessionen seit 1529: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 127 ff; zur protestantischen Auffassung ebd., S. 226 ff. 257 ff., 273 f.; ferner O.v.Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 293. Zum Recht des Kirchenvolkes oder Gemeinen Mannes siehe W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», passim; zur Vereinnahmung von Stiftungsgut für den gemeinen Nutzen siehe den in Teil C, Kap. III.6.2., erörterten Fall Hambrükken: GLAK 229:38185. 261 Siehe schon S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 51 ff; A.Schultze, Stadtgemeinden und Kirche, S. 120 ff.

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deren Ausstattung bei, dafür übernahm es aber die Haftung, der es in aller Regel später auch gerecht wurde. Über das Stiften im Namen oder im Verein mit Dritten ließ sich sozusagen ein indirekter Zugriff auf das Stiftungsgut und die Stiftung selbst gewinnen. Im Fall der Stiftung in nomine mußte die Prokura über das Gut des nominellen Stifters schon bei der Stiftung in der Hand der Gemeinde liegen, im anderen Fall mußte der Hauptstifter zu ihren Gunsten auf sein Patronatsrecht verzichten 262 . Ähnlich wie in den Fällen, in denen ein privater Stifter die Rechte einer von ihm eigenständigen unternommen Seelgerätstiftung der Gemeinde auftrug, bedurfte diese, wo sie Stiftungsverträge abschließen wollte, einer für die Ausübung dieser Rechte hinreichenden auctoritas et potestas. Doch muß auch damit gerechnet werden, daß ihr eine solche Kompetenz zusammen mit dem Stiftungsgut respektive dem Patronat, das heißt durch den Stifterwillen und die bischöfliche Bestätigung desselben im Zuge der Stiftung selbst, auch erstmalig zufallen konnte 263 . Die bedeutsamste Möglichkeit des indirekten Erwerbs eines Patronats bestand darin, daß unter Hinweis auf die necessitas populi vom Bischof die Zustimmung zur Stiftung eines Altars oder eines beneficium erlangt werden konnte, um dann auf diesen quasi provisorischen Titel hin mit dem Sammeln des benötigten Stiftungskapitals anzufangen. Auch zur Einholung einer solchen Erlaubnis bedurfte die Gemeinde eines gewissen Selbstvertretungsrechts, doch gilt auch hier, daß das bischöfliche Privileg sich unter Umständen nutzen ließ, um ein solches Recht überhaupt zu begründen oder gegenüber den weltlichen Herren zu behaupten. Zwar gingen die meisten der hier ausgewerteten, auf langjährige Sammlungen zurückblickenden Stiftungsinitiativen von Ortsgerichten oder von den Kirchenpflegern aus, das heißt von schon bestehenden gemeindeeigenen Organen, doch konnte es auch sein, daß durch die vertraglich vereinbarte Einsetzung von Altar- oder Heiligenpflegern, wenn diese auch im Namen des Kirchenvolkes handelten, mit dieser Heiligenpflegschaft das erste gemeindliche Organ überhaupt geschaffen wurde. Hatten die Initiatoren einer Stiftung durch die bischöfliche Stiftungserlaubnis eine provisio erlangt, dann konnten sie das für die zukünftige Stiftung gesammelte Gut in deren Namen, im Namen eines Heiligen und im Namen der Spender und unter dem Schutz des Bischofs bis zur tatsächlichen fundatio verwalten 264 . Das Wesentliche an dieser provisio war nämlich, daß die Rechte, die sie gewährte, nicht als patronale galten. Ein Patronat entstand erst, wenn die endgültige Bestätigung der Stiftung (fundatio) beantragt und erteilt wurde. Bis dahin konnten 262 Vgl. dazu Teil C, Kap. 3.3 und 3.5., hier v. a. den Schluß. 263 Übertragungen von weiterreichenden Stifterrechten an Gemeinden kommen vor allem bei Klerikerstiftungen vor. Vgl. die Stiftung des Pfarrers von Weyher, in der die Oberaufsicht dem Send zugewiesen wurde: LASP D2 306/10, fol. 3 5 2 - 3 5 7 ; und die Stiftung des Frühmessers zu Pleisweiler, der den Gemeinden Pleisweiler, Oberhofen und Niederweiler das Präsentationsrecht überstellte; außerdem die Stiftung zu Sirchingen (B 8). Auch die cura von Stiftungen, die von örtlichen Bruderschaften initiiert oder zum großen Teil finanziert wurden, konnte an eigene Pfleger gelangen. Vgl. Tabelle 5 (S. 157fT ). 264 Siehe die einschlägigen Einträge zu induciae für noch nicht konfirmierte Pfründen bei M. Krebs, Investiturprotokolle. Vgl. Teil C, Kap. 3.6.2.

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der Altar oder das beneficium nicht regulär besetzt werden - ein Faktum, das für die Verfügungsgewalt über das angesammelte Vermögen von grundsätzlicher Bedeutung war. Denn während onus und utilitas bereits mit der ersten Spende für die geplante Stiftung realisiert wurden, konnte der im ius praesentandi sich verwirklichende honor, das dritte patronale Recht, das in aller Regel dem dominus fundi (des Stiftungsguts oder der Kirche, in der sie errichtet wurde) zufiel, seinen Ausdruck höchstens in einem besonderen Schutzrecht über das Stiftungsvorhaben finden265. Kam es schließlich zurfundatio, dann wurden die Initiatoren nicht allein im Namen der zahlreichen Spender und der Gemeinde tätig, sondern als deren meist langjährige Kuratoren auch im Namen der künftigen Stiftung selbst. Dies erlaubte es ihnen, eine Vielzahl von Regelungen zum Schutz der Stiftung und der Stiftungszwecke zu treffen 266 . Näheres über die genannten Verfahrensweisen gemeindlicher Stiftung und die Rolle, die die privaten Stifter, die Heiligen und die Inhaber von Herrschaftsrechten, mit denen sich die stiftenden Gemeindeorgane die Kompetenzen teilen mußten, spielten, wird sich aus der Analyse des Quellenmaterials ergeben.

2.4.4 Zum Verhältnis von Pfründ- und Minderstiftungen zur Kirche und zu deren Kirchenherrn oder Patron Nach ius patronatus folgte das Recht des Patrons dem Recht der Kirche; und zwar auch in dem Sinn, daß die von diesem gestifteten temporalia unwiderruflich in den Dienst des der Kirche zugewiesenen ius spirituale gestellt waren, das vom Bischof herrührte 267 . Wenn derselbe es aufgrund der necessitas populi für nötig hielt, den status ecclesiae durch die Schaffung zusätzlicher oder die Teilung oder Umwandlung bestehender tituli beneficii zu verändern, dann betraf dies immer auch das Patronat. Jede Schenkung zugunsten einer Kirche, ihres Klerus oder Kirchenvolkes griff also, wenn sie nicht als bloße, das heißt nichtbedingte Schenkung zum Kirchengut erfolgte, sondern bischöflich bewilligte und bestätigte Stiftung war, in den status ecclesiae ein - wenn auch in je unterschiedlicher Weise26*. 265 Vgl. dazu den Almosenbrief des Württembergers für die Gemeinde Bittenfeld aus dem Jahr 1433 (WR 14411) und den Versuch der Kapellengründung durch Kraft von Lichteneck und die «armen Leute» zu Böhringen (WR 13969, WR 13953). Siehe Teil C, Kap. 3.6.2. 266 Zur Möglichkeit, über Kirchen ab dem Zeitpunkt der Bewilligung ihrer Stiftung Immunität zu verhängen: P. Hinschius, System, Bd. 4, 165 f.; zur Möglichkeit der Erzwingung der Vollendung einer offiziell, das heißt auch unter Feststellung einer necessitas populi genehmigten Stiftung: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70 ff.; zur Erzwingung der Vollendung privater Stiftungen siehe bei: E.Vavra, Pro remedio animae, S. 126 f. 267 Zur Rechtsnatur des ius patronatus und zu den Rechten des Patrons: P. Landau, Ius patronatus. S. 117 ff., 129 ff.; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 115 ff., 91 ff. 268 Zu den Bedingungen für die Errichtung und Veränderung von Ämtern und die Errichtung von Kirchen: P Hinschius, System, Bd. 2, 378 ff.; Bd. 4, S. 318 ff.; zum Widerspruchsrecht des Pfarrers und des Patrons des betroffenen tilulus: ebd., Bd. 2, 405 f.; außerdem P. Landau, Ius patronatus, S. 128 ff., J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 111 ff.; zur Haftung für den status ecclesiae im Sinne der Bewahrung des Bestandes an Klerikern und für den Umfang des Gottesdienstes und der Seelsorge, die den Inkorporationsherren auferlegt wurde und ihre Nutzungsrechte beschränkte: D. Lindner, Inkorporation, S. 18 f.

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Gegen diese, ihre hergebrachten Rechte schmälernden Eingriffe versuchten sich die Kirchenherren mit je unterschiedlichen Mitteln und mit je unterschiedlichem Erfolg zu wehren. Für die Entwicklung des Minderstifhingswesens dürften vornehmlich drei Veränderungen des status ecclesiae von Bedeutung gewesen sein: 1. die Verhängung eines ius patronatus über eine Pertinenzkirche - entweder durch Rechtsspruch oder durch ordentliche ditatio. 2. die Gründung einer neuen Pfarrkirche innerhalb einer schon bestehenden, älteren Pfarrei nach ius patronatus. 3. die Errichtung von Minderstiftungen unter besonderer cura oder besonderem Patronat innerhalb einer Kirche oder ihres Sprengels. ad 1: Im wesentlichen ist unter dem vollen Pertinenzrecht das Recht des Kirchenherrn zu verstehen, vorbehaltlich des Unterhaltes der Baulichkeiten, der Lichter, des Gottesdienstes und der Seelsorge, sämtliche Güter und Einkünfte seiner Kirche, auch die aus den iura spiritualia, wie sein Eigen zu nutzen und die cura über das gesamte Kirchengut ungeteilt auszuüben 269 . Die Pfarrpriester, die an solchen Kirchen dienten, verfugten demnach über keinerlei eigene Rechte an deren Gut und Einkommen; eine Pfarrcfos wurde weder besonders ausgewiesen, noch gar dem Priester nach Art eines Lehens auf Lebenszeit übertragen. Aus den Amtseinkünften erhielt er nur das zugewiesen, was er zu seinem Lebensunterhalt benötigte. Dieses Pertinenzrecht, das dem Recht des monokratischen Bischofs gegenüber den von der Kathedrale aus errichteten oder dieser geschenkten Taufkirchen seiner Diözese vergleichbar ist, sollten nur geistliche Kirchenherren besitzen können und dies nach der Auffassung etlicher Dekretisten auch nur dann, wenn sie über ein besonderes bischöfliches Privileg verfugten 270 . Johannes Faventinus etwa hatte das Pertinenzrecht der geistlichen Grundherren an ihren Kirchen auf die iura temporalia beschränken und auch diese sogenannte Temporalienpertinenz nur denjenigen zugestehen wollen, die selbst auf eigenem Grund gebaut hatten. Die cura für die Einkünfte aus den spiritualia hingegen sollte mit der cura animarum dem vom Bischof gesetzten Priester übertragen sein, der jenem auch Rechenschaft über ihre Handhabung abzulegen hatte 271 . Indem sie dem Kirchenherrn die Präsentation eines Pfarrpriesters abverlangte und dem Bischof die Investitur ins Amt und die Aufsicht über die iura spiritualia vorbehielt, machte diese Auffassung die Temporalienpertinenz zu einem Recht, das nur in Verbindung mit einem Patronatsrecht entstehen oder bestehen konnte 272 . Wer sich dem ius patronatus und dem darin begründeten Zugriff des Bischofs entziehen wollte, mußte nachweisen, daß er an der betreffenden Kirche eine Pertinenz quoad temporalia et spiritualia besaß 273 . Ließ sich ein solcher Nachweis nur

269 P.Landau, Ius patronatus, S. 4 6 f f . , 137ff., aber auch die Diskussion um die aus Schenkung zu erwerbenden Rechte S. 69 ff. 270 Ebd., S. 47, 50, 138 f., 141 ff. 271 Ebd., S. 47 f., Anm. 162. 272 Ebd., S . 4 8 f . v.a. zu Huguccio. S . 5 0 . 273 Ebd., S. 46 ff., 137 ff.; vgl. P. Hinschius, Inkorporation; zu den Schlußfolgerungen über die verschiedenen möglichen Rechtsfolgen der Einverleibung siehe jedoch D. Lindner, Inkorporation.

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ratione consuetudinis führen, dann konnte die Amtskirche jeden den status ecclesiae betreffenden Rechtsakt nutzen, um das Gewohnheitsrecht zu durchbrechen und die Kirche schließlich doch dem ius patronatus zu unterwerfen. Ein solcher, die Interessen des Kirchenherrn beschneidender Rechtsakt wäre etwa die ordentliche ditatio seiner Pertinenzkirche durch Dritte gewesen. Diese hätte, nachdem solche Kirchen keine eigene Pfarrdos besaßen, dieselben Folgen zeitigen können wie die entsprechende Ausstattung einer neu errichteten, aber vom fundator nicht dotierten capella et ancilla. Wenn die Stifter und der Bischof sich darüber einig waren, die dos, die der Kirche einen eigenen ständigen Priester sichern sollte, nicht unter das Pertinenzrecht des Kirchenherrn fallenzulassen, dann mußte für sie eine besondere cura eingerichtet werden. Wollte der Kirchenherr sich ein ius praesentandi für den nunmehr auf Lebenszeit zu bestellenden Priester und zumindest ein übergeordnetes Schutzrecht für das Pfarrgut sichern (honor), dann mußte er ein Patronat ratione Fundi geltend machen. Das hieß aber, daß er sich seinerseits auf das ius patronatus berufen und seine Kirche zur ecclesia patronata erklären lassen mußte. Ebenfalls auf eine Verdrängung des Kirchenherrn aus seinen hergebrachten eigenkirchlichen Rechten durch die Erwirkung eines ius patronatus für die Kirche konnte unter Umständen die renovatio oder Erweiterung des Kirchenbaues oder die grundlegende Erneuerung des Lichtergutes oder Altargeräts aus Mitteln Dritter hinauslaufen; am ehesten aber die mit einer erneuten Weihe einhergehende reconstructio214. ad 2: Im Prinzip dieselbe Wirkung hatte die Teilung des Pfarrbanns durch die Errichtung einer neuen Pfarrkirche innerhalb eines bestehenden Sprengeis. Sollte die Neugründung nicht als ecclesia libera an den Bischof fallen, mußte sie nach ius patronatus errichtet werden; auch dann, wenn als fundator der Kirchenherr der alten Pfarrkirche auftrat und dieselbe ihm bislang quoad temporalia et spiritualia gefolgt war und auch künftig folgen sollte. Nur unter bestimmten Umständen war es dem Patron einer solchen Pfarrkirche allerdings möglich, seine Temporalienpertinenz, das heißt ein Recht auf Nutzung der überschüssigen Erträge der temporalia, im Zuge der Stiftung auch auf die neue Kirche auszuweiten. Zum Erwerb einer solchen Temporalienpertinenz heißt es bei Huguccio: «Si vero ecclesiastica persona nomine ecclesie edificat ecclesiam in solo ecclesiastico quoad ius patronatus et quoad temporalia illa ecclesia pertinebit ille ecclesie, in cuius solo fundata est, quoad spiritualia pertinebit ad illum episcopum, in cuius diocesi est [...] si vero ecclesiastica persona edificet ecclesiam in suo proprio solo suo nomine, non plus iuris habet ibi quam laicus, scilicet solum ius patronatus»275. Auch hier wird die Temporalienpertinenz immer nur zusätzlich zum Patronat erworben. Für ihre Gewährung wollte der Autor drei Bedingungen erfüllt sehen: Es

274 Im Gegensatz zu den früheren wollten die späteren Kanonisten den Patronatserwerb aus redoiatio. renovatio und reconstructio zulassen: S.Sieglerschmidt, Kirchenregiment. S . 5 7 f f . . v.a. 71. 275 Zitat und Beleg bei P.Landau, Ius patronatus, S. 50

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mußte von einer kirchlichen Person, auf kirchlichem Grund und vor allem im Namen der Kirche, welcher derselbe gehörte, gebaut werden. Dabei dürfte das «nomine ecclesie» so zu verstehen sein, daß die fundierende Kirche auch die Baukosten trug, und man wird außerdem annehmen müssen, daß sie auch die ditatio aus ihrem Gut stellte. Wo das nicht der Fall war, mußte sie in den Besitz der von dritter Seite beigebrachten dos gesetzt werden, bevor die Stiftung bestätigt und mit dem Patronat auch die Temporalienpertinenz erteilt wurde. Falls die tatsächlichen Stifter der dos eine solche Schenkung zugunsten der patrona ratione fundi verweigerten und die Stiftung dennoch zustande kam, konnte keine Temporalienpertinenz erworben werden. Damit war nicht nur das Recht auf die Nutzung der aus der dos erwirtschafteten Überschüsse verloren, sondern auch das Recht auf die Vereinnahmung von Schenkungen, die der neuen Kirche zufielen276. Huguccio war in seiner Ausfuhrung von der Stiftung von Pfarrkirchen durch Klöster oder andere grundbesitzende ecclesiae maiores ausgegangen277. Grundsätzlich ließ sich die von ihm formulierte Regel aber auf jede Kirche anwenden, die sich im Besitz von Grund und Boden befand, damit an sich vermögensfahig und dazu auch in der Lage war, die Mittel für die Stiftung entweder selbst aufzubringen, oder aber das Recht besaß, bedingte, das heißt unter dem Vorbehalt des Vollzugs einer Stiftung gemachte, Schenkungen anzunehmen. Dies vorausgesetzt, wäre es auch im Namen einer Pfarrkirche möglich gewesen, Neugründungen unter eine Temporalienpertinenz zu stellen. Dieselbe wären dann nicht allein als ecclesia patrona der neuen Kirche und Pfarrei erschienen, sondern auch als ecclesia matrix. Denn das Filialverhältnis wäre nicht allein im Hinblick auf die iura spiritualia begründet gewesen, sondern auch dadurch, daß die filia hinsichtlich ihrer temporalia keine Unabhängigkeit gewann278. Als Kurator der von der Pfarrkirche erworbenen Temporalienpertinenz und der zugehörigen patronalen Rechte hätte jedenfalls nur eine persona ecclesiastica auftreten können, in 276 Siehe über die angestrebten Einschränkungen: P.Landau, Ius patronatus, S. 130ff., 137ff.; zu den Präzisierungen durch das Inkorporationsrecht und die päpstlichen Erlasse über die Befreiung der piae causae von der Abgabe der portio canonica siehe Teil B, Kap. 2.4. und 2.5. 277 Über den Rang von Kirchen: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 3 0 6 f f ; zu den beneficia maiora, denen eine potestas ordinis, magisterii et iurisdictionis zustand und die in aller Regel auch beneficia electiva waren, also an Kirchen bestanden, an denen ein Kollegium oder Kapitel existierte: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 99; Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 632; P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 370 f. - Zu den Rechten der praelati maiores et minores ebd., außerdem S. 383, 447, Bd. 4, S. 86, 107; vgl. auch A.Pöschl, Benefizium, S. 413; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 97. - Zur Diskussion um die Rechtspersönlichkeit von Kirchen ohne Kollegium: O.v.Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 272 ff; zur Prälatur ebd., S. 257 ff - Zur Umdeutung des Wahlrechts (electio) in ein Präsentationsrecht durch das Dekretalenrecht: P.Landau, Ius patronatus, S. 149f.; zum Gemeindewahlrecht und seiner Umdeutung in ein ius patronatus: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 637; siehe dazu auch O. v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd.3, S. 304; D.Kurze, Pfarrerwahlen; ders., Wahlen; wie auch die anderen Beiträge in R. Schneider/H. Zimmermann (Hgg.), Wahlen und Wählen im Mittelalter. 278 Zum Status der filia: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 306 f., 409, 427; zum Status der Kathedrale als ecclesia matrix: ebd., Bd. 4, S. 307; zur Verweigerung der Selbständigkeit für Kapellen im Bereich von Klosterkirchen: ebd., Bd.2, S. 437, Anm.2; vgl. dazu A.Pöschl, Neubruchzehenten, S. 47, Anm. 1; P.Landau, Eigenkirchenwesen (TRE 9), S. 401; außerdem N.Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 97 ff, 100 f., 645 f. 113

diesem Fall also der Pfarrer. Ein einfaches Patronat hingegen hätte auch ein Laie erwerben können 279 . ad 3: Wendet man die von Huguccio formulierte Regel nun auf den Fall einer Minderstiftung an, die innerhalb einer gewöhnlichen Pfarrkirche oder auf dem zu dieser gehörigen Kirchhof errichtet wurde, dann hätte die ecclesia parochialis an einer solchen nicht allein ein Patronat erwerben können, sondern auch eine Temporalienpertinenz - wiederum vorausgesetzt, daß sie ihren fundus zu Eigen und entweder ein Vermögen besaß, aus dem sie selbst stiften konnte, oder aber in der rechtlichen Lage war, Schenkungen zu diesem Zweck anzunehmen 280 . Der Vorteil des Erwerbs einer Temporalienpertinenz lag auch in diesem Fall darin, daß die ecclesia patrona eine Nutzung an den Überschüssen der Stiftung erlangte. Eine Nutzung, die dadurch gerechtfertigt erschien, daß sie die Minderstiftung beherbergte, ihr also Schutz gewährte und bestimmte Nutzungsrechte einräumte. Allerdings gewährte auch das Patronatsrecht eine gewisse Nutzung: «Ius patronatus est ius ac potestas providendi ecclesie vel ab ea provisionem recipiendi»281. Doch ist hier schon ein anderer Aspekt des Verhältnisses der Kirche zu einer unter ihrem Recht errichteten Minderstiftung angesprochen, nämlich die Haftung für dieselbe. Wenn eine Kirche ein Patronatsrecht gegenüber einem Altar oder einem beneficium erwerben wollte, dann mußte sie - entsprechend den Maßgaben, die dieses für das Patronat an Kirchen setzte - auch die Pflicht auf sich nehmen, für die Erhaltung derselben zu sorgen. Das bloße Präsentationsrecht vermochte eine solche Haftungspflicht im Grunde nicht aufzuwiegen, zumal dann nicht, wenn der Patron nicht mehr auf die Stifter der dos zurückgreifen konnte und die Belastung größere Ausmaße anzunehmen drohte, weil die Inhaber des beneficium dessen Güter schlecht verwaltet und in besseren Zeiten angefallene Überschüsse nicht zur Mehrung ihrer Pfründe angelegt hatten. Während das ius patornatus nur ein ausnahmsweises Alimentationsrecht gewährte, garantierte die Temporalienpertinenz die unbeschränkte Möglichkeit zur vorsorglichen Kapitalbildung, die allerdings - sofern die Kirche, in der oder auf deren Grund gestiftet wurde, selbst der Pertinenz unterlag - das Vermögen ihres Herrn und nicht ihr eigenes Vermögen mehrte. Obgleich die umfassende Überschußnutzung verhinderte, daß solche Stiftungen unter eigener cura vermögensrechtlich selbständig wurden respektive, daß die Kirche mittels dieser Stiftungen selbst eigenes Kapital bildete, konnten aber anscheinend auch an Pertinenzkirchen Stiftungen errichtet werden und eine gewisse Eigenständigkeit bewahren. Damit waren sie eine Quelle stetiger Gefahrdung 282 .

279 Vgl. das vorstehende Zitat von Huguccio. Siehe auch J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment. S. 114, Anm. 191; P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 408. 280 Zur pia causa siehe Teil D, Kap. 1. 281 Zitat aus dem Apparat «Ius Naturale» bei P.Landau, Ius patronatus, S. 14. 282 Auf den Zusammenhang zwischen der Existenz einer besonderen cura und der Ausbildung von gesonderten Stiftungs vermögen weisen schon K. Frölich, Altarpfründen, S. 503 ff., und S. Schröcker, Kirchenpfiegschaft, S. 51 ff., 91 ff., hin. 114

Im Hinblick auf das ius patmnatus wären demnach die Motive für die Abschöpfung sämtlicher Überschüsse einer Kirche oder Minderstiftung nicht allein wirtschaftlicher Natur gewesen, sondern ebenso im Bereich rechtlicher oder politischer Überlegungen zu suchen. Denn solche Regelungen verhinderten im Fall der Pfarrkirche nicht anders als im Fall einer Kathedrale, eines Klosters oder einer Stiftskirche, daß der unvermeidlichen Teilung der iura spiritualia auch eine Zersplitterung der benefizialen und patronalen Rechte folgte und sich so innerhalb einer Kirche oder ihres fundus, Sprengeis oder Territoriums immer mehr selbständige, ihrem unmittelbaren Einfluß entzogene Rechtskreise bildeten. Das heißt, daß umgekehrt die im Rahmen des Patronatsrechts errichtete Schenkung oder Stiftung nicht allein einem frommen Zweck oder der Erfüllung eines individuellen Stifterwillens diente, sondern geradezu die Schaffung solcher Rechtskreise bezweckte, aus denen die Herren ausgeschlossen werden konnten. Zentral für das Verständnis der Entwicklung des Stiftungswesens ist ferner die Tatsache, daß mit provisorischen Titeln gearbeitet wurde, deren cura der Gemeinde vorbehalten war. Auf diese Weise behielt auch das unfreie Kirchenvolk, das wegen seiner schlechten Besitz- oder Erbrechte höchstens geringe Schenkungen unternehmen konnte, eine gewisse Kontrolle darüber, daß diese auch in seinem Sinne verwendet wurden 283 . Um im Einzelfall zu klären, wer im Rahmen gemeinen Rechts ein Patronat oder eine Temporalienpertinenz an einer Minderstiftung erwerben konnte und mit welchen konkreten Folgen, müßten demnach jeweils folgende Fragen beantwortet werden können: 1. Wer hatte am fundus der Kirche das dominium directum inne, wer besaß das dominium utile? 2. Wer vertrat die Kirche in ihren Rechten? 3. Aus wessen Vermögen oder aus welchem Titel wurde die dos aufgebracht? 4. Wer nahm als Kurator das von Personengesamtheiten, schon verstorbenen, nicht rechtsfähigen oder juristischen Personen ratione ditationis erworbene Patronat wahr, und wer hatte das Recht, diese Kuratoren zu bestimmen? Mehr vor allem zum letzten Punkt wird sich im Kapitel über die Rolle der Heiligen- und Kirchenpfleger (2.6.) weiteres finden. Zusammenfassend ist zu sagen, daß jeder Kirchenherr, der sich nicht einfach aus seinem hergebrachtem Recht ausstiften lassen wollte, aber die Stiftung nicht abwenden konnte, selbst zum Mitstifter werden und deswegen für sich oder seine Kirche das ius patronatus einfordern mußte. Er konnte also nicht umhin, das ius commune und die potestas episcopalis in Anspruch nehmen und mit diesem Recht indirekt auch die Zuständigkeit des geistlichen Richters anzuerkennen.

283 Siehe oben Teil B, Kap. 2.4.3.

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2.5 Zur Bedeutung des Inkorporationsrechts für die Entwicklung der Minderstiftung Das kanonische Recht versteht, auf einen Satz gebracht, unter einer Inkorporation «die dauernde Vereinigung einer Pfarrei mit einem Kloster, einem Dom- oder Stiftskapitel oder einem bischöflichen Stuhl», und zwar derart, daß die begünstigte juristische Person das Pfarrbeneficium innehat und dessen sämtliche Einkünfte nutzen kann - vorbehaltlich der Bestellung eines Pfarrpriesters (vicarius) für die Versehung des Dienstes 284 . Inkorporiert wurden im späteren Mittelalter jedoch nicht nur Pfarreien, sondern im Grunde alle möglichen kirchlichen Titel. Als Begünstigte findet man nicht allein an ecclesiae maiores bestehende geistliche Korporationen und beneficia electiva, sondern so gut wie jede Art von juristischer Person kirchlichen Charakters 285 . Von daher konnte sich das Inkorporationsrecht in mehrfacher Weise auf das Verhältnis zwischen der Minderstiftung und der Pfarrkirche, unter deren Bannrecht oder auf deren fundus sie errichtet werden sollte oder schon vor der Inkorporation schon errichtet worden war, auswirken.

2.5.1 Zur rechtsdogmatischen Entwicklung der Inkorporation Seinen Durchbruch im kirchlichen Rechtsleben verdankte das Institut wohl den Erläuterungen, die Papst Innozenz IV. (1243-1254) zu dem bereits seit einiger Zeit in Gebrauch gekommenen Verfahren gab 286 . Er stellte darin zum einen den begrifflichen Unterschied heraus zwischen einer Temporalienpertinenz - die ein geistlicher Patron ratione fundationis rechtmäßig einfordern, durch Schenkung eines Vorbesitzers erwerben oder ratione consuetudinis ausüben konnte - und dem Inkorporationsrecht als einem Titel, der nur durch ein besonderes Privileg des Ordinarius zu erlangen war 287 . Zum anderen ging er auf die Rechte ein, welche das Privileg umfassen sollte.

2 8 4 P.Landau, Inkorporation (TRE 16), S. 163. 285 Zur Einverleibung von einzelnen Einkünften oder Zehnten: D. Lindner, Regensburg, S. 250 f.. 278 ff.; zur Begünstigung von laikalen Institutionen oder Ämtern durch die Inkorporation kirchlicher Titel: ebd., S. 306; zur Inkorporation als Institut des weltlichen Rechts überhaupt: A. Pöschl, Inkorporation, v.a. Teil I und II. Dort kommt gut zum Ausdruck, wie die weltliche Herrschaft der Geistlichkeit und die Vogteigewalt zum Tragen kamen. Der ämterrechtliche Aspekt des Phänomens der kanonischen Inkorporation scheint allerdings nicht adäquat erfaßt zu sein. - Zur Einverleibung des bannus episcopalis, das heißt des Sendrechts respektive des forum iudiciale: N. Hilling, Bischöfiche Banngewalt, S. 105 f.; zur unio im Gegensatz zur incorporalio: P. Minschius, System, Bd. 2, S. 421 ff. und 436 ff. 286 D.Lindner, Inkorporation, S. 14f.; vgl. dazu P.Landau, Ius patronatus, S. 140; außerdem ders.. Inkorporation (TRE 16), S. 164. 287 Zur Vorgeschichte P.Landau, Ius patronatus, S. 137ff.

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Danach folgte aus der Inkorporation einer Pfarrkirche die Befugnis, dieser gegenüber eine administratio auszuüben, Rechenschaft hinsichtlich der temporalia zu verlangen und vorbehaltlich der Wahrung des bonus status ecclesiae die überschüssigen Einkünfte einzuziehen und sie in usus proprios zu wenden288. Nicht eingeschlossen war das Recht, den Priester, der den Pfarrdienst versehen sollte, frei ein- oder nach Belieben abzusetzen, die Kirche der Visitation und Gerichtsbarkeit des Bischofs zu entziehen oder diesem die damit verbundenen Einkünfte zu schmälern. Außerdem durfte das Vermögen der einverleibten Kirche weder veräußert noch verpfändet oder zur Tilgung eigener Schulden verwendet werden. Schließlich mußten Schenkungen, welche der einverleibten Kirche gemacht wurden, «in utilitatem huius ecclesie» gewendet werden289. Dazu gibt die Forschung folgende Erläuterungen: Die Formel «ecclesiam in usus proprios convertere» übertrug dem Begünstigten das Recht, sämtliche Einkünfte der Kirche einzunehmen, auch diejenigen, die aus Zehnt, Opfer und Stol (iura spiritualia) flössen290. Mit anderen Worten, die Inkorporation erlaubte die Nutzung nicht nur der temporalia, sondern auch der Einkünfte des Amtes - mithin gewissermaßen die Nutzung des Amtes selbst. Es wäre hinzuzufügen, daß dieses durch die Formel in usus proprios definierte Nutzungsrecht das des Pfarrers insofern noch übertraf, als es zuließ, daß sämtliche überschüssigen Einkünfte genutzt werden konnten, als rührten sie aus eigenem Recht291. Bedingt war dieses Nutzungsrecht durch die Auflage, den «bonus status ecclesiae» zu wahren, wodurch zugleich auch der Umfang des im jeweiligen Fall zu erwartenden Überschusses klarer umrissen war 292 . Doch bezog sich diese Auflage nicht allein auf die Pflicht, die Kirche und ihre Ausstattung in gutem Zustand zu erhalten und einen Pfarrpriester für die Versehung des Dienstes auf Dauer zu bestellen, vielmehr sollte damit auch ausgeschlossen werden, daß nach der Einverleibung einer Kirche die Kleriker entlassen wurden, die an dieser bis dahin ohne feste Anstellung gedient hatten. Das bedeutete zugleich, daß die über die reguläre Versehung hinaus in Gebrauch gekommenen Dienste auch weiterhin in der üblichen Form versehen werden mußten293.

288 Zur Erläuterung siehe im folgenden. 289 D. Lindner, Inkorporation, S. 18f.; P.Landau, Inkorporation (TRE 16), S. 164. 290 P.Landau, Inkorporation (TRE 16), S. 163; auch D.Lindner, Inkorporation, S. 34ff.; abweichend aber P. Hinschius, Inkorporation, S. 18 f., mit seiner Unterscheidung von Inkorporationen quoad temporalia respektive quoad temporalia et spiritualia. Vgl. auch ders., System, Bd. 2, 436 ff. 291 Dem Pfarrer war an sich die Pflicht auferlegt, Überschüsse zum Vorteil der Kirche oder des beneficium anzulegen und nicht durch einen unmäßigen Lebenswandel zu vertun. Was er aus seinem Amt erwarb, konnte er nur der Kirche hinterlassen. Zu den Folgen dieser Bestimmung für den Erwerb von Patronatsrechten durch Benefiziaten: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 65. Zwar setzte auch die Einverleibung formal ein existentielles Bedürfnis der Begünstigten voraus, doch verkam diese Alimentationsformel rasch zu einer bloßen Floskel. Siehe dazu P. Landau, Inkorporation (TRE 16) S. 164; D. Lindner, Inkorporation, S. 26, 32; zur Interpretation der Formel in usus proprios in diesem Sinne auch ebd., S. 31. 292 D. Lindner, Inkorporation, S. 17 f. 293 Ebd., S. 19. 117

Bei einer Inkorporation blieben demnach nicht allein die Rechte und Verpflichtungen erhalten, die an der Kirche und ihrem Hauptaltar hingen, sondern auch sämtliche anderen, die in dieser oder ihrem Sprengel im Recht oder in der Gewohnheit begründet waren. Man könnte auch sagen, daß das Recht der gesamten Pfarrei fortbestand, das heißt nicht nur das der Kirche, sondern auch das des Kirchenvolkes, der Stifter, der Stiftungen, der Heiligen, der Sendschöffen, des Bischofs und so weiter 294 . Die Verpflichtung, Schenkungen oder Vermächtnisse, die einer einverleibten Kirche gemacht wurden, «in utilitatem huius ecclesie» zu verwenden, unterstreicht auf besondere Weise, daß das Vermögen einer Kirche durch deren Einverleibung nicht im Vermögen der begünstigten Kirche aufging, sondern im Gegenteil weitere Vermehrung erfahren konnte 295 . Mit dieser Formel wurde nicht nur jeder inkorporierten Kirche die Vermögensfahigkeit zugesprochen, sondern geradezu der Weg gewiesen zur Schaffung eines eigenen Vermögens, das ganz ihren Zwecken dienen sollte und an dem der Inkorporationsherr keinerlei Nutzungsrechte erwerben konnte. Von diesem Vorbehaltsrecht aus hat man geschlossen, daß die Inkorporation sich nur auf das Pfarrbeneficium beziehen, das sogenannte Fabrikgut aber ausgenommen sein sollte 296 . Man kann auch sagen, die Inkorporation umfaßte jeweils nur den Teil der temporalia oder Güterausstattung (dos) einer Kirche, die als Pfamfos zu betiteln wäre, nicht aber den ehedem als luminaria bezeichneten, später vor allem unter dem Begriff fabrica erscheinenden Teil der temporalia297. Daraus wäre dann zu folgern, daß auch das Zehntviertel, das nach dem unter den Reformpäpsten neu in die Diskussion gebrachten römischen Teilungsprinzip der ecclesia zustehen sollte, der Kirche selbst hätte vorbehalten sein müssen 298 . Für die Auslegung, es seien bei der Inkorporation einer Pfarrkirche nur die Einkünfte des Pfarrers, also das beneficium in einem engeren Sinne, einverleibt worden, spricht einiges, doch sollte sie nicht so verstanden werden, als habe der durch das Privileg zu erringende Vorteil ausschließlich in der Nutzung der Einkünfte gelegen, die bis dahin dem Pfarrer aus den Pfarrgütern und dem zufielen, was man üblicherweise und vor allem in späterer Zeit unter dem «pfarrlichen Recht» (ius parochiale) verstand. Vielmehr fiel die Pfarrei mit sämtlichen iura spiritualia, die bis zum Zeitpunkt der Inkorporation dem Pfarrer zugestanden hatten, an den Inkorporationsherrn und zwar ohne daß dieser verpflichtet war, dieselben samt und sonders an den von ihm für die Versehung der cura animarum oder die Handhabung des officium 294 P.Landau, Inkorporation (TRE 16), S. 163, spricht daher von der Einverleibung der Pfarrei, nicht der Kirche oder des beneficium. 295 Siehe dazu D. Lindner, Inkorporation, S. 18 f. 296 Ebd., S. 19; vgl. auch ders., Regensburg, S. 246 ff., 252. 297 Zum Ausdruck luminaria und der Unterscheidung der für eine Stiftung zu verlangenden ditatio in luminaria und clericis necessaria: P. Landau, Ius patronatus, S. 21 f. Siehe dazu die Anmerkungen von J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 69 f. 298 Zu den Teilungsmodi der kirchlichen Einkünfte: Richter - Dove - Kahl, Lehrbuch, S. 1311. Die Entstehung der fabrica aus der Zehntquart lehnt S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 73, ohne triftige Begründung ab.

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divinum zu bestellenden Priester weiterzugeben. Sonst hätte sich die Kanonistik im Laufe des 14. Jahrhunderts kaum veranlaßt gesehen, eine Unterscheidung herauszubilden zwischen dem Recht, das einem Inkorporationsherrn als parochus habitualis oder primitivus zustand, und dem Recht, das der Pfarrpriester als parochus actualis wahrzunehmen hatte oder als das seine sicher in Anspruch nehmen konnte 299 .

2.5.2 Die möglichen Folgen der Inkorporation für die betroffenen Pfarreien und Kirchen Den bisherigen Ausführungen zufolge, hätte man, um die Folgen einer Inkorporation auszumachen, das vom Inkorporationsherrn einer Pfarrkirche gegenüber wahrzunehmenden Recht in seine tatsächlichen Bestandteile zu zerlegen. Auszumachen sind da zum einen patronale Kompetenzen, die ratione fundationis oder ratione fundi erworben sein (a) und unter Umständen durch eine Temporalienpertinenz (b) zu Händen der ecclesia patrona ergänzt werden konnten; zum anderen parochiale Kompetenzen (c), in denen all die Rechte zum Ausdruck kamen, die dem Pfarrer der einverleibten Pfarrei zum Zeitpunkt der Einverleibung dem Herkommen nach tatsächlich zugestanden hatten, ebenso wie das Recht auf die Vereinnahmung der zugehörigen Erträge, die nun in usus proprios gewendet werden konnten; schließlich wären davon zu unterscheiden die presbyterialen Kompetenzen (d), die den sakramentalen und den Altardienst (engere cura animarum oder officium divinum) umfaßten. Nur diese letztgenannten Rechte und Pflichten, die dem pfarrlichen Recht zwar immanent waren, es aber nicht immer auch schon ausmachten und möglicherweise schon vor der Inkorporation jeweils vom rector ecclesiae an einen plebanus weiterverliehen worden waren, mußte der Inkorporationsherr notwendigerweise delegieren. Gesehen werden sollte, daß die Ursachen für diese Regelung nicht allein praktischer, sondern auch rechtlicher Natur waren. Denn nur wenn die cura animarum immer wieder neu vergeben werden konnte, weil es nicht einer unsterblichen juristischen Person anhing, sondern einem bestimmten Priester auf Lebenszeit verliehen war, konnte der Bischof bei jeder Vakanz sein Recht auf Investitur geltend machen und so verhindern, daß die Inkorporation in ein Verfügungsrecht pleno iure gemündete, das ihn von aller Mitwirkung ausgeschlossen hätte 300 . 299 Dazu D. Lindner, Inkorporation, S. 34 ff., 37, 42 f.; zur Trennung von cura animarum und iurisdictio: U.Wolter, Amt und officium, S. 250ff.; zur Einverleibung des bannus episcopalis zusammen mit dem beneficium oder auch als besonderer Rechtsakt: N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt, S. 97, 105 f.; vgl. dazu die von P. Hinschius, Inkorporation, S. 26 f., aufgeführten Quellen aus Mecklenburg und Pommern, wo das ins patronatus als bannum bezeichnet wurde, worunter aber wie der Autor meint - keine nutzbaren Herrschafts- oder Jurisdiktionsrechte zu verstehen sind. Vgl. dazu K.Eder, Das Land ob der Ennns, S. 38 ff., 84 ff., 304 ff. 300 Zur incorporatio pleno iure: D. Lindner, Inkorporation, S. 27 f.,42 f.; zur incorporatio plenissimo iure, bei der das Pfarrvolk vom Diözesanverband befreit war: ebd., S. 43; abweichend in der Einteilung der Arten der Inkorporation: P. Hinschius, Inkorporation, S. 20; ders., System, Bd. 2, S. 436 ff.

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Durch das Inkorporationsprivileg wurde es möglich, eine Reihe von konfliktträchtigen Kompetenzüberschneidungen, wie sie vor dem Hintergrund der päpstlichen Reformgesetzgebung zum Beispiel durch hergebrachte Pertinenzrechte oder die Übertragung von Laienkirchen an geistliche Herren, Ämter und Institutionen entstanden, auszuräumen, ohne den prinzipiellen Primat der Amtskirche preiszugeben. Doch hatte es die Amtskirche nicht allein mit den Kirchenherren zu tun, sondern auch mit anderen Rechtsträgern. In der Rechtspraxis, die dem ius commune keineswegs Wort für Wort folgte, stieß die hohe Geistlichkeit immer wieder auf das Problem geteilter Kompetenzen, wie sie nach karolingischem Kirchenrecht üblich und im Pfarrecht oder besser gesagt im Recht der einzelnen Pfarreien verankert waren. Betroffen war dadurch der Bereich der kirchenherrlichen oder patronalen Rechte, aber auch das parochiale Recht und vornehmlich die iurisdictio, die sich die Bischöfe bei der Inkorporation vorbehielten, ohne sie jedoch wirklich persönlich oder gar ungeteilt zu besitzen 301 . Tatsächlich konnte nämlich eine Pfarrei immer nur hinsichtlich und vorbehaltlich dessen einverleibt werden, was ihr Recht konkret ausmachte. Die Rechte der ecclesia und der parochia, die zum Recht der Pfarrei ebenso gehörten wie das Recht des Pfarrers, des Patrons und des Bischofs, standen ebensowenig wie dieselben zur Disposition, sondern mußten vom Inkorporationsherrn respektiert werden 302 . Sehr wohl zur Disposition stand hingegen ein ganz bestimmtes Recht des geistlichen Kirchenherrn - und zwar das auf die Nutzung am Zugewinnvermögen der Kirche. Anders als die Konsekrationslehre 303 bot das Inkorporationsrecht die Möglichkeit, auch bei schon vor langer Zeit errichteten und geweihten Kirchen einen exakten Schnitt zu legen, ab dem unangesehen hergebrachten Rechts und strittiger Rechtsauffassungen die Kirche selbst einen Anspruch auf ihr ausdrücklich zugewiesene temporalia besaß. Damit war ein Ansatzpunkt gegeben, von dem aus auch Pertinenzkirchen aus dem Status einer vermögensrechtlich von der ecclesia matrix abhängigen filia herausgestiftet werden konnten. Offensichtlich wurde diese Vorbehaltsklausel zugunsten der ecclesia oder fabrica zuerst von denjenigen genutzt, deren hergebrachte Rechte durch den Wandel im kirchlichen Recht und vornehmlich durch eine Inkorporation der Kirche, in deren Bannkreis ihre Interessen lagen, in Gefahr zu geraten drohten - gemeint sind die an der administratio und defensio der Pfarvdos, des Bau-, Lichter- oder Heiligengutes oder der Zehnten beteiligten Gemeinden, namentlich die iurati ecclesiae und Sendschöffen, aber auch die Kuratoren von Nebenaltären sowie die Mitbesitzer oder Minder- beziehungsweise Kompatrone der betroffenen Kirchen

301 Zum Vorbehalt: D. Lindner, Inkorporation, S. 17 f.; zu den stark beschränkten Rechten des Bischofs an der Gerichtsbarkeit vgl. N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt; zum dinggenossenschaftlichen Verfahren mit Teilung von Urteil und Gebot im Send: J. Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 1124 ff. 302 Darauf weisen die frühen Konflikte zwischen Inkorporationsherren und Gemeinden um die Verwaltung des Lichtergutes hin. Siehe S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 37, 48. 303 Dazu P. Landau, Ius patronatus, S. 32 ff.

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oder der ihnen quoad temporalia oder quoad spiritualia zugehörigen Kapellen 304 . Doch scheinen es auch diejenigen, die entweder neue Stiftungen innerhalb bestehender Kirchen errichten wollten oder aber als Laien vor der Notwendigkeit standen, ihre kirchlichen Nutzungen, wie etwa Zehntrechte, in eine neue Rechtsform zu überfuhren, bald verstanden zu haben, die durch das Inkorporationsrecht klar herausgestellte Trennung der Rechtssphären von ecclesia und beneficium für ihre Zwecke zu nutzen 305 . Nachdem auf die Funktion der Kirchen-, Heiligen- und Stiftungspfleger im anschließenden Kapitel (2.6.) ausführlicher eingegangen wird, ist hier nun abschließend zu erörtern, wie es sich bei inkorporierten Kirchen mit dem Erwerb patronaler Rechte an Minderstiftungen oder, im Fall einer Separation, an der neuerrichteten Pfarrkirche verhalten konnte.

2.5.3 Die Auswirkungen der Inkorporation auf das Recht der Stiftung Der Inkorporationsherr erwarb, folgt man der oben angeführten Meinung Innozenz' IV über den status ecclesiae, an den zum Zeitpunkt der Einverleibung an der Kirche oder in der Pfarrei bestehenden Meß- und Minderstiftungen weder ein

304 Die Inkorporation betraf auch alle von der einverleibten Pfarrkirche abhängigen Minderkirchen, wenn auch in unterschiedlichem Maß, je nachdem, ob sie der Pfarrkirche quoad temporalia oder nach ius patronalus zugehörten oder ihr nur nach ius parochiale folgten und unter fremdem Patronat standen. Im zweiten Fall hätten nur die Einkünfte aus dem Amt, nicht aber die Erträge aus der dos der an diesen Minderkirchen bestehenden beneßcia oder stipendia ohne Zustimmung des Patronatsherrn einverleibt und in usus pmprios gewendet werden können. Siehe dazu die bei Lindner angeführte Bestimmung Innozenz' IV. über die Einverleibung von Kirchen ohne eigenes Pfarrvolk und zur Bezeichnung des Inkorporationsherrn als praelatus: D. Lindner, Inkorporation, S. 18, Anm. 3; siehe auch S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 135. - Zur Aussetzung patronaler Rechte im Fall der Inkorporation: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 451; zum Faktum, daß sich das Patronat fast immer vor der Inkorporation schon im Besitz des Begünstigten befand: P.Landau, Inkorporation (TRE 16), S. 163. 305 Das Patronatsrecht ließ, indem es für deren Gründung wie für den Erwerb des ius patronatus drei Schritte oder Rechtsakte auswies (Jundatio, erectio, ditatio), auch «die Kirche» in drei Vermögenskomplexe oder Titel zerfallen (fundus, constructio, dos) und fugte quasi als vierten Titel noch das ius patronatus hinzu. Dabei blieb aber unklar, ob der fundus als Rechtsgrundlage für die juristische Person der ecclesia oder aber für das Patronat herangezogen werden sollte. Wenn er zum Patronat gehörte, hätte die ecclesia materialis entweder mit ihrem Lichter- und Baugut unfundiert dagestanden oder dann wohl dem beneficium im Zuge der Leihe (Kirchleihe) folgen müssen. Das Inkorporationsrecht dagegen konnte, indem es patronale mit parochialen Rechten verschmolz, die Frage des fundus und damit auch die Frage der Kirchleihe außen vor lassen und die ecclesia als vom beneficium getrennte vermögensfahige Person anerkennen, ohne über die cura ecclesiae nähere Ausführungen zu machen. - Zur Entwicklung der Ansicht, daß der (Laien)Patron nicht die Kirche, sondern nur das ius patronatus besitzen könne, respektive Kirche und Patronat überhaupt zweierlei seien, und zur Bewertung des ius als einer quasipossessio oder einer res incorporalis: P. Landau, Ius patronatus, S. 77 ff., 202 f. - Daß am Patronat oder ius praesentandi (Kirchensatz) eigene Einkünfte hingen, die mitsamt dem ius verkauft wurden, beweisen zahlreiche Quellen. Siehe bei U.Stutz, Ausgewählte Artikel, S. 8f., Anm.2. Vgl. Teil B, Anm. 232. 121

unmittelbares, noch ein durch Unterhaltspflichten eingeschränktes Nutzungsrecht - außer dieselben wurden ihm ebenfalls ausdrücklich einverleibt 306 . Selbstverständlich konnte aber der Zugriff auf die Erträge solcher Stiftungen nur dann verhindert werden, wenn die Stiftungsbedingungen so gestellt waren, daß die für den Dienst ausgesetzten Einkünfte weder dem Pfarramt folgten, noch die möglicherweise entstehenden Überschüsse an die Pfarrdos fallen konnten. Die vermehrte Anwendung des Inkorporationsrechts hätte demnach indirekt bewirkt, daß Schenkungen immer häufiger entsprechenden Bedingungen unterworfen wurden, wobei eine Bedingung einfach die Nutzung zugunsten der inkorporierten Kirche selbst sein konnte, eine andere die der Bestellung besonderer Priester (sacerdotes speciales) für die Versehung von Meßdiensten 307 . Die hier am meisten interessierende Bedingung aber hätte auf die Errichtung eigener, vom Pfarramt unabhängiger Altäre und darauf gegründeter beneficia distincta oder beneficia ecclesiastica hingezielt, also auf die Stiftung nach ius patronatus7"09,. Während der Patronatsherr die Stiftung von Nebenaltären und bedingten Meßstipendien mit dem Recht nicht verhindern konnte 309 , war ihm dies als Inhaber des ius parochiale unter Hinweis auf die Minderung seiner Nutzungen sehr wohl möglich. Schlug ein solcher Versuch jedoch wegen einer nachgewiesenen necessitas populi oder utilitas ecclesiae fehl, blieb nur der Weg, das Recht der Stiftung und der Stifter von vornherein zu dominieren - entweder durch Auflagen hinsichtlich des zu erlangenden ius spirituale oder durch Einflußnahme auf die Vermögensverwaltung und die Pfründbesetzung. Für den Erwerb der beiden letztgenannten Befugnisse war das ius patronatus maßgebend, das aber nur aufgrund materieller Beiträge zur Stiftung und nicht kraft eines bloßen Herrschaftsrechts - wie dem ius parochiale oder der iurisdictio - und schon gar nicht kraft eines bloßen Patronats an der betroffenen Kirche erworben werden konnte 310 . Von daher mußte sich der Inkorporationsherr, um der Stiftung Herr zu werden, zum Mitstifter machen, wofür er allerdings aufgrund seiner mehrfach verschränkten Verfügungsrechte über die Kirche, das Kirchengut, das Pfarrgut und die Amtseinkünfte besonders günstige Voraussetzungen hatte. Welche Möglichkeiten sich ihm hierfür im Detail boten und wie sie sich von denen 306 Für Kapellen siehe D. Lindner, Inkorporation, S. 18, A n m . 3 ; frühe Beispiele für die Einverleibung von Altären K.Frölich, Altarpfründen, S. 505f.; hinsichtlich der Bewertung der Tatsache, daß diese Einverleibungen zugunsten der Kirche und nicht des beneficium erfolgten, ist wohl eher Heepe zuzustimmen: siehe ebd. 307 Vgl. Teil B, Kap. II.2. Ein Übriges zur Einführung von Zweckbestimmungen trug die Freistellung von Schenkungen zugunsten des Kirchenschmuckes oder -baues, des Lichtergutes oder für Jahrzeiten und Seelmessen von der Abgabe der portio canonica bei. Zu den Auswirkungen siehe S.Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 7 6 f f . ; vgl. auch P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 569; siehe außerdem K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 145 ff.; vgl. A. Mitterwieser, Stiftungen, Teil I, S. 182. 308 Ein Patronat ratione ditationis konnte nur erworben werden, wenn die dos sowohl für das Einkommen des Klerikers als auch für die luminaria aufkam: P.Landau, Ius patronatus, S. 22. Diese Forderung war schon 868 von der Synode von Worms aufgestellt worden und ins Sendhandbuch Reginos eingegangen: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T. 1, S. 15 f. 309 P. Hinschius, System, Bd. 4, 401; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70 f. 310 Siehe J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 67, A n m . 4 2 .

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eines gewöhnlichen Patronatsherrn oder des Inhabers einer Temporalienpertinenz unterschieden, wäre zu prüfen. Wenn fundus, constructio und dos die Kirche ausmachen, das heißt sie als Rechtspersönlichkeit begründen sollten, dann konnte, wenn auf ihrem Grund, in ihren Mauern oder aus ihrem Vermögen gestiftet wurde, in ihrem Namen ein ius patronatus erworben werden. Nach kanonischem Recht, das jede Veräußerung von Kirchengut für unzulässig hielt und auch in der Stiftung eine solche sah, konnte allerdings erstens eine fundatio auf kirchlichem Grund nur dann erlaubt sein, wenn sichergestellt war, daß deren Unterhalt nicht dem Kirchengut zur Last fiel31Zweitens war die Errichtung (erectio) und Ausstattung (ditatio) einer Stiftung aus den Einkünften der Kirche nur dann zu rechtfertigen, wenn die Kirche genügend Eigengut besaß oder zum Beispiel aus dem Zehnt Überschüsse produzierte. Dabei machte der Erwerb einer Temporalienpertinenz an der Stiftung deren fundatio sicherlich leichter tolerierbar, ebenso wie das mit dem Patronat verbundene Alimentationsrecht die Folgen der Güterveräußerung durch ditatio abschwächte 312 . Durch die Inkorporation einer Kirche wurden nun allerdings die aus der Pfarrrfos und aus dem Amt anfallenden Überschüsse in usus proprius des Inkorporationsherrn - das heißt der Kirche, des Amtes oder des Titels, die durch die Inkorporation begünstigt waren - gewendet. Stiftete dieser aus dem so erworbenen Gut, dann geschah dies nicht im Namen der Pfam/os oder des Amtes, sondern, da ihm die Überschüsse wie Eigengut zugefallen waren, in seinem eigenen Namen. Sollte ein Dritter aus hergebrachtem Recht oder ratione officii ein Recht an der dos oder dem Amt der einverleibten Kirche geltend machen können, dann blieb er jedenfalls von dem aus dem Überschuß gestifteten Patronatsrecht ausgeschlossen 313 . Die einverleibte Kirche selbst konnte, wenn sie kein eigenes oder kein umfängliches Lichtergut besaß, einer Stiftung zwar ihren fundus zur Verfügung stellen, aber weder eine Unterhaltshaftung übernehmen, noch zu den Kosten der erectio oder ditatio beisteuern. Übernahmen Dritte die Ausstattung und die Haftung für die

311 Nach Auffassung älterer canones galt auch die Stiftung als eine unrechtmäßige Veräußerung, wenn sie nicht in einer unabweisbaren Notwendigkeit begründet war. Kirchen, die von privater oder grundherrlicher Seite ohne eine erklärte Notwendigkeit errichtet wurden, mußten daher von den Stiftern selbst ausgestattet werden: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.l, S. 76 ff.; P. Hinschius, System, Bd.4, 162ff. Nicht zu Unrecht sieht A.Pöschl, Inkorporation, v.a. S. 123, 128, 145, 509, 517, im Verfahren der Einverleibung einen Schutz gegen Veräußerung oder Zersplitterung der Kirchen- oder Klostervermögen. Da er aber den Aspekt der seelsorgerlichen Notwendigkeiten ebenso beiseite läßt wie die nicht immer unberechtigten Interessen oder Rechte Dritter an diesem Vermögen, gerät seine Bewertung etwas schief. 312 Zum Alimentationsrecht des Patrons im Fall der Verarmung: P.Landau, Ius patronatus, S. 5, 11. 313 Zum verminderten Recht des Vikars (pamchus actualis): D. Lindner, Inkorporation, S. 37; vgl. aber die Darlegungen von P. Hinschius, Inkorporation, zur Inkorporation quoad temporalia. Zur portio congrua der Vikare siehe ders., System, Bd. 2, S. 441; bei Stiftungen und vornehmlich bei Kuratstiftungen lag das Zustimmungsrecht beim Inkorporationsherrn (parochus habitualis): ebd., Bd. 4, S. 403, 405. - Zu dessen Anspruch auf das Patronat solcher Stiftungen siehe die 1360 vom Kloster Eußertal gegen den Vikar zu Annweiler erfolgreich geführte Klage wegen des Rechts, drei von der Gemeinde errichteten Minderbeneficia zu besetzen: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 44.

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Erhaltung einer Stiftung, dann konnte der Kirchenherr, nachdem er kraft Inkorporationsprivileg zu seinem Patronat oder Pertinenzrecht auch das ius parochiale gewonnen hatte, das heißt zur zuständigen persona ecclesiastica erklärt worden war, die cura für ein der Kirche ratione fundi zufallendes Patronat mit gutem Recht einfordern 314 . Im Hinblick auf den Rechtserwerb des Pfarrvikars oder des Bischofs an Stiftungen im Einzugsbereich einer inkorporierten Kirche ratione officii ist es wesentlich, daß die Amtskirche mit der Inkorporation nicht nur dem beneficium, sondern auch dem Amt die Bildung eigener Vermögen unmöglich gemacht und sich damit der Chance begeben hatte, Altäre und vor allem neuerrichtete Kirchen durch die Zuweisung von iura spiritualia (das heißt von Amtsrechten mitsamt den dazugehörigen Einkünften) zu dotieren und so eine ecclesia libera oder zumindest ein Patronat ratione officii zu erstiften 315 . Was die Konkurrenz von ecclesia und beneficium um das Patronat an Minderstiftungen betrifft, so hätte allerdings wegen des Primats des fundus die ecclesia bei Stiftungen in ihren Mauern oder auf dem Kirchhof gegenüber dem beneficium immer im Vorteil sein müssen - sei es hinsichtlich des Erwerbs des Patronats überhaupt, der Erlangung des ius praesentandi in den Fällen, in denen Kom- oder Minderpatronate unvermeidbar waren, oder der Erlangung einer Temporalienpertinenz. Wurde auf fremdem Grund gestiftet, dann trat die ecclesia unter denselben Bedingungen wie das beneficium oder Dritte in den Konkurs um ein Patronat ratione erectionis vel ditationis ein. Dennoch kann, wo der Pfarrer oder der Inkorporationsherr das ius praesentandi für Minderstiftungen in der Kirche oder im Sprengel ausübten, nicht immer sicher geschlossen werden, daß ratione ditationis im Namen des beneficium präsentiert wurde, vielmehr liegt die Annahme nahe, daß dieses Recht kraft Stellung (honor oder dignitas) wahrgenommen wurde, also im Namen der eigentlichen Stifter 316 . Solche Präsentationen erfolgten nämlich nicht selten auf eine Nomination deijenigen hin, die zwar nicht das ius praesentandi, dafür aber andere patronale Rechte aus dem Bereich von onus et utilitas innehatten oder nomine ecclesiae ausübten, aber nicht die Voraussetzungen erfüllten, deren es für die Ausübung des ius praesentandi bedurfte 317 . Ebenso wie Kirchen waren auch Kapellen oder selbst Altäre stiftungsfähig, wenn sie als Titel unabhängig vom Hauptaltar und der Kirche errichtet und so zu einem eigenen Vermögen gekommen waren. Wurden sie inkorporiert, konnten ihre Über314 Vgl. dazu Huguccio über die Temporalienpertinenz bei: P.Landau, Ius patronatus, S. 50; zur Teilung des Patronats zwischen dem Patron und dem Pfarrer nach Alexander III. siehe J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 114, Anm. 191. 315 Siehe dazu P.Landau, Ius patronatus, S. 20; vgl. Teil B, Anm. 236. 316 Zur Vertretung von geistlichen Korporationen durch ihre Vorsteher und zur Funktion des Prälaten insbesondere: O.v.Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 304 ff., 256 ff.; vgl. zu den Verhältnissen in Klosterherrschaften: L. Kuchenbuch, Klostergrundherrschaft, passim; zur Qualifizierung des ius praesentandi als honor und zur Argumentation für die Zuweisung desselben ratione possessionis bei Magister honorius: P.Landau, Ius patronatus, S. 128ff., 25. - Vgl. Teil C, Kap. 3.6.4 und 6.5. 317 Ebd., S. 38 ff.

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schüsse abgezogen und sie respektive ihre Pfleger außer Stand gesetzt werden, weiteres Vermögen anzusammeln, um zum Beispiel ein beneficium zu errichten und so aus dem titulus minor einen Titel mit eigenem Kurat- oder Pfarrecht zu machen318. Eine spezielle Rechtskonstruktion bestand darin, Altäre und selbst Minderpfründen der ecclesia pamchialis, genauer gesagt der fabrica zu inkorporieren. War die Kirche selbst inkorporiert, dann bedeutete die Einverleibung von Minderstifhingen in die fabrica, daß deren Erträge effektiv vom Inkorporationsprivileg ausgenommen und einer besonderen cura unterstellt sein sollten.

2.5.4 Zum Einfluß der Inkorporation auf das Recht der Heiligen Hinsichtlich der Problematik der Rechte, auch der Stiftungsrechte, die eine Kirche oder ein Altar erwerben konnten, könnte man in die Diskussion noch eine weitere Person einführen, und das wäre der Heilige. Zu fragen wäre, ob dessen Schutzrecht und Patronat durch die Inkorporation betroffen war - eine Frage, die, nachdem im Zusammenhang mit Inkorporationen vom Heiligen nicht direkt die Rede ist, andere nach sich ziehen muß: Gehörte der Heilige mehr der Kirche zu, der das Lichtergut folgte, oder mehr dem Altar, in dem seine Reliquien ruhten, an dem aber auch officium und beneficium hingen319? War er eher dem Patron verbunden, der ihm die Kirche gewidmet hatte, oder mehr dem Bischof, dem diese ihre Weihe verdankte und der auch den Erhalt des Patroziniums garantierte? Stand er eher in Beziehung zum Pfarrpriester, der an seinem Altar diente oder zum Kirchenvolk, das ihn verehrte, ihm Opfer darbrachte und mit seiner Hände Arbeit zur Erhaltung seiner Ruhestätte beitrug320? Prinzipiell ist auf den Unterschied hinzuweisen zwischen Kirchen, die unter einem einfachen Patronat standen, das sowohl in der Hand eines Laien wie in der Geistlichkeit liegen konnte, und Kirchen, die unter geistlichem Patronat standen, weil sie auf kirchlichem Grund im Namen einer ecclesia maiora für einen Teil der familia derselben gegründet worden waren. Eine so errichtete Kirche stand mitsamt ihrem Kirchenvolk in einem echten Filialverhältnis zur ecclesia patrona, das mit einer Temporalienpertinenz einher ging321 und seinen Ausdruck darin fand, daß die filia demselben Patrozinium unterworfen war wie die ecclesia mater.

318 Zur Charakterisierung einer Kirche ohne dos als «capella et ancilla»: ebd., S. 25. Zur Stiftung von Messen oder beneficia aus den Mitteln eines Altars oder seines Heiligen siehe Teil C, Kap. 3.6.1. 319 Obgleich der Altar allein Gott gehören und dem eucharistischen Opfer, nicht aber den Heiligen dienen sollte (P. Poscharsky, Altar III (TRE 2), S. 320 mit J. Braun) kamen in der von der Volkskultur bestimmten Rechtspraxis andere Auffassungen zum Tragen: vgl. ebd., 320 f.; auch C.H.Ratschow, Altar I (TRE), S. 306, 307, wo auch die Unabhängigkeit des Altars von der Kirche angesprochen wird; A.Stuiber, Altar II (TRE 2), S. 309, 314, 317. 320 Siehe Teil C, Kap. 3.6. 321 Vgl. Teil B, Anm. 278; siehe G. Zimmernmann, Patrozinienwahl, v.a. T.l, S. 81 ff.

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Wenn das hergebrachte Patrozinium von Kirchen, die durch Kauf oder Schenkung an eine ecclesia maiora und so unter geistliches Patronat gelangt waren, zugunsten des Heiligen derselben geändert oder zurückgedrängt wurde, dann konnten damit ganz konkrete Rechtsansprüche verbunden sein. Die Enteignung oder Zurückdrängung des Titelheiligen einer Kirche durch die neuen Kirchenherren konnte aber nur dann gelingen, wenn dieser weder in der Pfarrei noch beim Ordinarius Fürsprecher hatte. Wenn die cura für den Heiligen und sein Vermögen der als patrona erscheinenden ecclesia maiora und deren praepositus nicht ungeteilt zufiel, der Bischof die Veränderung des Patrozinium ablehnte oder das Pfarrvolk den neuen patronus nicht annahm, sondern an dem alten Heiligen festhielt, konnten sich Schwierigkeiten ergeben. Zum Beispiel konnte das hergebrachte Heiligen- oder Lichtergut dem Zugriff oder zumindest der ungehinderten Nutzung oder Verwaltung des neuen Kirchenherrn vorenthalten bleiben. Wenn also eine Kirche, die einem einfachen oder Laienpatronat unterworfen war, in den Besitz der Geistlichkeit überging, dann konnte über sie weder ohne weiteres eine Temporalienpertinenz verhängt werden, noch war es zulässig, sie in ein Filialverhältnis hinabzudrücken, in dem sie weder ein Recht auf einen eigenen Priester noch auf einen eigenen heiligen patronus gehabt hätte. Mit ihrem angestammten Heiligen behielt sie aber auch dessen Gut oder zumindest den Rechtsanspruch, in dessen Namen aus Stiftungen und Schenkungen wiederum ein eigenes Heiligengut zu schaffen. Über die Vorbehaltsformel des Inkorporationsrechts, die die der ecclesia gemachten Schenkungen vom Nutzungsprivileg ausschloß, ließ sich auch solches dem Heiligen zugewiesenes Gut schützen, allerdings galt dann genaugenommen die Kirche als dessen Eigentümerin und nicht der Heilige selbst. Dieser galt dann tatsächlich nur als patronus und nicht als Eigentümer oder Nutzungsberechtigter solcher Güter. Das Heiligengut als Kirchen- oder Fabrikgut zu deklarieren, war allerdings für diejenigen, die es vor dem Zugriff des Inkorporationsherrn schützen wollten, eine zweischneidige Sache, wenn die fabrica kraft ius patronatus vom geistlichen Kirchenherrn vereinnahmt werden konnte, weil es nicht gelang, die ecclesia selbst einer besonderen, vor Ort wirksamen cura oder der strikten Aufsicht des Bischofs zu unterstellen. Eben in solchen Fällen bot sich als Mittel, um die Inkorporationsherren von der Nutzung und Verwaltung bestimmter Vermögenswerte und Einkünfte auszuschließen, die Stiftung von tituli minores an. Durch solche Stiftungen konnten neue Heilige gesetzt und neue Titel geschaffen und so ein jedenfalls nominell außerhalb des Bannes des patronus ecclesiae und des Pfarr- respektive Inkoporationsrechts gestelltes Vermögen angesammelt werden. Um dieses nominelle Recht in ein tatsächliches umzuwandeln, war es nötig, die Frage der cura oder Treuhänderschaft für dieses Vermögen zu klären und die einmal getroffenen Vereinbarungen rechtlich langfristig abzusichern. Dazu diente das ius patronatus.

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2.6 Zum «Kirchengut» und zur Rolle der Heiligen- oder Kirchenpfleger bei der Stiftung Die päpstliche Reformpolitik erwies sich insoweit als erfolgreich, als im Verlauf des Spätmittelalters an den meisten Pfarrkirchen und Kapellen neben dem Pfarroder Pfründgut ein besonderes «Kirchengut» entstand, für das in aller Regel auch eigene Kuratoren eingesetzt waren. Damit hatten diese Kirchen ihre Rolle als Sondergut eines Kirchenherrn, unmündige Tochter einer ecclesia matrix, vom Patron abhängiges Mündel oder als dem Pfarrer angetraute Ehefrau überwunden, um zu einer Rechtspersönlichkeit mit eigenem Vermögen aufzusteigen322. Der Pflegschaft, deren sie als juristische Personen für die Wahrnehmung ihrer Vermögensrechte auch weiterhin notwendig bedurften, eignete jedenfalls ein anderer Charakter als den zuvor genannten besitzrechtlichen und vormundschaftlichen Verhältnis-

2.6.1 Die Kirchenpflegschaft - zum Forschungsstand Die Frage nach der Entstehung der Kirchenpflegschaften hat bis jetzt keine befriedigende Lösung erfahren, vor allem hat das Thema in den vergangenen Jahrzehnten kaum noch Beachtung gefunden. Die letzte eingehende Untersuchung dazu stammt von Sebastian Schröcker und wurde im Jahre 1934 veröffentlicht324. Eine der grundlegenden Beobachtungen Schröckers besagt, daß das Kirchenpflegeramt überwiegend aus der Gemeinde, unter ihrer Mitwirkung oder sogar durch sie selbst besetzt wurde und daß es gemeindliche Pfleger sehr früh auch schon an ländlichen Kirchen gab. Der Anspruch des Kirchenvolkes auf Mitwirkung bei der Verwaltung kirchlicher Güter oder Einkünfte ergibt sich aus Klagen, die im 13. Jahrhundert auf Synoden und Konzilien darüber geführt wurden, daß Gemeinden eigenmächtig Opferstöcke aufstellten und unter dem Vorwand, für die fabrica zu sammeln, Almosen vereinnahmten, wodurch die Pfarrer in ihren Einkünften beeinträchtigt würden325. Außerdem führt Schröcker etliche Einzelfalle an. Die Bauern zu Veltheim zum Beispiel verglichen sich schon 1236 mit dem Probst des Stiftes zu St. Johann in Halberstadt über die Bestellung einer Pfleg-

322 Über die Kirche als Mündel des Patrons: P. Landau, Ius patronatus, S. 10; als Ehefrau des Priesters: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 71 f., Anm. 52; vgl. auch O.v.Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd. 3, S. 255 f. 323 Von einer Treuhänderschaft der Pfleger spricht A.Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 118, 122 f.; zum Rechtsverhältnis des Prälaten zur Kirche und der Vorsteher zur Korporation: O.v. Gierke, Genossenschaftsrecht, Bd.3, S. 257ff.; 304fT„ 311 ff. 324 Sebastian Schröcker, Die Kirchenpflegschaft. Die Verwaltung des Niederkirchenvermögens durch Laien seit dem ausgehenden Mittelalter (Veröffentlichungen der Görresgesellschaft für Rechts- und Staatwissenschaft 67), Paderborn 1934. 325 Ebd., S. 38, 60 ff., 149 ff.

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schaft für das «Lichtergut» ihrer Pfarrkirche wie folgt: Die Gemeinde wählte zwei Pfarrgenossen, denen der Probst zusammen mit dem Pleban die Verwaltung anvertrauen sollte 326 . Die Gemeinde des Pfarrdorfes Saliersleben wurde 1272 vom Kirchenherrn, einem Halberstädter Kloster, beschuldigt, das «Lichtergut» der Kirche «quasi de iure hereditario» in Besitz genommen zu haben, obgleich ihnen als Laien eine derartige Verfügungsgewalt nicht zukomme, und es darüberhinaus zum schweren Schaden für ihr Seelenheil in jährlichen Zechgelagen zu verprassen. In einem Vertrag einigten sich die «cives sive parrochiales eiusdem ville» mit dem Kloster darauf, daß das Lichtergut, das aus verschiedenen Grundstücken und einem geschenkten Zehnten bestand, von zwei Pfarrgenossen, dem Pleban und dem Pfleger des Klosters gemeinsam verwaltet werden sollte 327 . Wohl nicht von ungefähr waren die beiden genannten Pfarrkirchen inkorporiert, und auch unter denen, die vor der Synode und andernorts in dieser Zeit gegen die Gemeinden Klage führten, wird man Inkorporationsherren und andere geistliche Kirchenherren vermuten dürfen. Allem Anschein nach versuchten diese, das neue, gegen die Laiengewalt in der Kirche gerichtete Recht und vornehmlich ihre Inkorporationsprivilegien zu nutzen, um das hergebrachte Recht der Gemeinden zu beseitigen - ohne allerdings den gewünschten Erfolg erzielen zu können. Denn die vertraglichen Regelungen über die Zusammensetzung der Pflegschaft und das künftige Verfahren der Bestellung ihrer Mitglieder verdrängten das Kirchenvolk nicht von der Mitwirkung, sondern bestätigten seine Rechte zumindest zum Teil. Den zitierten Fällen zufolge ließe sich vermuten, daß die Wurzeln des Kirchengutes auf das Lichtergut zurückgehen, das keineswegs an allen Kirchen erst im 12. und 13. Jahrhundert entstanden, sondern vielmehr erst in dieser Zeit verstärkt in die rechtliche Diskussion und damit in die Quellen geraten zu sein scheint. Auch Schröcker hat aus dem Vorwurf gegen die Gemeinde Sallersleben, sie verprasse das Lichtergut in jährlichen Gelagen, geschlossen, daß dort schon seit längerem ein ordentliches Rechnungslegungsverfahren gebräuchlich war, das mit einem gemeinsamen Mahl beendet wurde 328 . Wenn aber weder das Gut, über das Rechnung gelegt wurde, noch das Recht der Gemeinde auf Mitwirkung bei dieser Rechnungslegung so neu war, wie der Autor in Anlehnung an die Stutzsche Eigenkirchenlehre annehmen möchte 329 , dann müssen die Wurzeln der gemeindlichen Rechte und damit auch der Kirchenpflegschaft weiter zurückreichen als das Patronats- und Inkorporationsrecht. Einen Anhaltspunkt bietet eben jener Hinweis auf das jährliche Gelage, bei dem die Gemeinde angeblich das Lichtergut verpraßte. Derartige Bezichtigungen brachten geistliche Kirchenherren gegen die Gemeinden der ihnen einverleibten

326 Ebd., S. 47 f. 327 Ebd., S. 48 f. 328 Ebd., S. 49, 102. Zur Bedeutung des Mahles: L.Remling, Bruderschaften, S. 21, 330; J.Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 125. 329 Ebd., S. 70fT.; siehe aber U.Stutz, Ausgewählte Kapitel (erschienen 1937), S. 72ff.

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Pfarreien auch noch im 16. Jahrhundert im Zuge von Rechtsstreitigkeiten vor, bei denen es immer um Klagen der Gemeinden gegen den Inkorporationsherrn wegen der Baukosten, der Versehung von Jahrzeiten oder der Seelsorge überhaupt und des Rechts an den Altaropfern ging - und in diesem Zusammenhang eben auch um die Einkünfte und Ausgaben der fabrica und die Rechnungslegung darüber330. Solche Rechnungslegungen fanden gewöhnlich im Anschluß an das Sendgericht statt331, wie ja überhaupt der Send selbst im Grunde Rechenschaft forderte, nicht allein hinsichtlich der inneren Ordnung der Gemeinde, sondern vor allem auch betreffs des Zustandes der res sacrae, der ecclesia materialis und ihres Güterstandes332. Auf die Funktion der Sendgerichtsbarkeit als Instrument der Durchsetzung kirchlichen Rechts weist Schröcker zwar beiläufig hin333, doch scheint er sich weder mit der weit zurückreichenden Tradition dieser Einrichtung und ihrem Auftrag befaßt zu haben, noch sieht er, welche Funktion der parochia und den von ihr gestellten Urteilern einerseits und der weltlichen Gerichtsgemeinde und ihrem Schöffenkollegium andererseits bei der Rechtweisung, Urteilsfindung und Rechtsetzung respektive der Erzwingung von Gehorsam und der Urteilsvollstreckung zukam. Keineswegs soll behauptet werden, daß die Kirchenpfleger überall aus den Reihen der Sendschöffen kamen, sie konnten vielmehr durchaus auch aus der weltlichen Gerichtsgemeinde hervorgehen. Aber der Send hatte nicht nur eine Tradition im kirchlichen Recht, die geistliche Gerichtsbarkeit kam vielerorts ohne ihn gar nicht aus. Wenngleich also hergebrachte Kompetenzen der Sendgemeinden unter dem Druck neuer Rechtsverhältnisse aufgrund von Schlichtungsverträgen oder Gerichtsurteilen zugunsten der Inkorporationsherren beschnitten werden konnten, so fanden doch in eben diesen Verträgen und Urteilen auch die verbleibenden gemeindlichen Aufsichts- und Verwaltungsrechte Anerkennung334. Auf die so geschaffenen Präzedenzfalle aber konnten sich bei passender Gelegenheit335 auch andere Gemeinden berufen, denen eine solche Mitwirkung bislang aufgrund ihrer weltlichen Rechtsverhältnisse und des mit diesen zusammenhängenden Status ihrer Kirche nicht zugestanden hatte oder die aufgrund besonderer

330 Vgl. den Konflikt zwischen Kleinbockenheim und dem Kloster Wadgassen: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 286. Zur Rechnungslegung: S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 127 f., 149 ff., 165. 331 Ebd., S. 102. 332 Dazu W. Hellinger, Pfarrvisitation; vgl. Teil B, Kap. 1.4. 333 S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 152 f., 165. 334 Siehe ebd., S. 51, 135, 145 ff. Siehe das Sendweistum von Nierstein (15. Jh.), wo der Sendherr den Geschworenen versprechen muß, sie bei ihren hergebrachten Freiheiten und Gewohnheiten zulassen. Sofern er das nicht tut, «so soll der geswome den send nit forter helfen besitzen noch eynicherley recht zu erzelen noch zu rügen»: A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 68. 335 Zum Beispiel, wenn eine renovatio der Kirche oder eine redotalio des beneficium nötig erschien oder im Fall der Errichtung von Kuratkapellen kraft einer necessitas populi.

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Gerichtsprivilegien ihrer geistlichen Kirchenherren vom archidiakonalen Send schon länger oder neuerdings ausgenommen waren 336 . In die Kompetenz des Send war ursprünglich auch die Aufsicht über die Ablieferung der Zehnten gefallen und damit indirekt eine Kontrolle nicht nur über die Erfüllung der am Zehnt hängenden Baupflicht, sondern auch über die Armenfürsorge und Diakonie 337 . Diese Verbindung von Zuständigkeiten erklärt sich daraus, daß das Zehntrecht selbst die Fürsorge für die Kirche und die Armen einem jeden zur Auflage machte, der eigenes Einkommen hatte 338 . Da der Zehnt vornehmlich vom Grundertrag zu entrichten war, trugen nicht nur die großen Grundherren, sondern alle, die auf Allod oder sonstigen zehntpflichten Gütern saßen, an der Verantwortung für den Gottesdienst, die Seelsorge und die Armenfürsorge mit. Das heißt, es traten nach Zehntrecht - und das heißt nach göttlichem Recht - zumindest die begüterten Angehörigen des Kirchenvolkes dem Eigenkirchenherrn, der für die Kirche ratione fundationis und für seine Hintersassen und Hörigen als Grund- oder Leibherr zu sorgen hatte, zur Seite. Außerdem kamen zu der in Taufe und Besitz begründeten Verantwortung noch die Pflichten hinzu, die sich aus der Wehrfähigkeit und der Zugehörigkeit zur weltlichen Gerichtsgemeinde ergaben; denn wer der Siedlungsgemeinschaft oder Genossenschaft Schutz und Schirm bot, schützte zugleich das Kirchenvolk und war auch schuldig, im Namen der Kirche selbst Schaden zu wenden und Nutzen zu mehren - sei es mit der Waffe oder mit dem Recht. Insofern bestand jedenfalls ein enger Zusammenhang zwischen dem Auftrag der Kirche, ihren Einkünften und deren Handhabung, der kirchlichen Gerichtsbarkeit und der Kirchenvogtei sowie der Nieder- und Hochvogtei weltlicher Herren und ihrer Rechtsgenossen im Kirchenvolk. Die ältere Literatur hat in unterschiedlicher Auswahl und Gewichtung auf die möglichen Wurzeln der Kirchenpflegschaft im diakonalen Auftrag, im Zehntrecht, der Baupflicht und der Vogtei hingewiesen, doch glaubte Schröcker, die dort angeführten Argumente alle zurückweisen zu müssen , und wollte seine Argumentation vor allem auf das seit Beginn des 13. Jahrhunderts aufblühende Stiftungswesen stützen. Dabei war er sich darüber im klaren, daß dieses zwar einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung der Institution der Pflegschaft leistete, aber keineswegs in allen 336 Schröcker weist verschiedentlich auf die Beziehungen zwischen den kirchlichen und den weltlichen Rechten der Gemeinden hin, ohne jedoch weiterreichende Schlüsse zu ziehen: ders., Kirchenpflegschaft, S. 109 ff., 123 ff. - Zur Immunität als Mittel zur Intensivierung von Herrschaftsgestaltung, insbesondere im Fall kirchlicher Immunitäten, wo die Gerichtsbarkeit zum «Bestandteil einer allgemein christlich geprägten Lebensordnung» wurde: J.Weitzel, Dinggenossenschaft, S. 754 f.; vgl. Teil B, Anm. 92 und 133. - Zur Exemtion von der bischöflichen oder archidiakonalen Gerichtsbarkeit: A. Scheurmann, Exemtion (TRE 10); D. Lindner, Inkorporation, S. 42 f.; N. Hilling, Bischöfliche Banngewalt. 337 P.Philippi, Diakonie I (TRE 8), S. 621 ff.; D.Flood, Armut VI (TRE 4), S. 85ff.; A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 26 ff.; K. F.der, Das Land ob der Enns, S. 176 ff.. 202 f., 370 ff. 338 G.Constable, Monastic Tithes, S. 20 ff. 339 S. Schröcker, Kirchenregiment, S. 29 ff.; 72 ff., 137 ff.; siehe aber dazu im Grund im Widerspruch: S. 109 ff., 125 ff.

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Fällen für die Entstehung der fabrica verantwortlich war340. Da er aber nicht zu erklären vermochte, wie aus privatrechtlich bedingten Pflegschaften eine von der Gemeinde besetzte, für die Pfarrkirche zuständige und damit in den Bereich des ius commune hineinwirkende Kirchenpflegschaft herauswachsen konnte, setzte er seinen Überlegungen mit einem Zirkelschluß ein Ende, wonach das Fabrikvermögen nur habe entstehen können, weil es einer besonderen cura unterstellt wurde, und die Pflegschaft deswegen entstanden sei, weil das Fabrikvermögen der besonderen cura bedurfte 341 .

2.6.2 Das «Kirchengut» und das Recht an seiner Verwaltung Wo vom «Kirchengut» die Rede ist, wird allzu oft die Tatsache übergangen, daß dieses keineswegs eine homogene Vermögensmasse darstellte. Daher sei noch einmal ausdrücklich darauf hingeweisen, daß sich das Vermögen, das sich an einer Kirche ab dem Zeitpunkt ihrer Stiftung ausbildete, ja schon in der Zeit, in der sie sich in der Gründungsphase befand, zusammengetragen wurde, aus voneinander verschiedenen und rechtlich auch zu unterscheidenden Gütern und Nutzungsrechten, ja unterschiedlichen Titeln zusammensetzte, deren Verwaltung sich keineswegs in einer Hand befand 342 . Die Problematik der Entstehung der cura über «das Kirchengut» bedarf also, insbesondere im Hinblick auf die Stiftungsaktivitäten der Gemeinden aus demselben, weiterer Erörterung. Nach dem, was in den vorstehenden Kapiteln zum Recht der Stiftung dargelegt wurde, lassen sich für die Befugnis, die Güter und Rechte der ecclesia zu verwalten, prinzipiell fünf vom ius commune gedeckte Legitimationen ausmachen: 1. Die aus dem apostolischen Auftrag legitimierte und durch das Zugeständnis eigener iurisdictio von Seiten der weltlichen Gewalt zur potestas aufgewertete auctoritas episcoplis. 2. Der daraus resultierende amtsrechtliche Auftrag des Pfarrers, der mit einer Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bischof verbunden war. 3. Die dem Patron oder dem Inhaber einer Temporalienpertinenz oder eines Inkorporationsprivilegs in je unterschiedlichem Umfang vom Bischof zugestandene administratio oder auctoritas vel potestas providendi ecclesie. Wobei auch mögliche Kompatronate oder Minderpatronate ratione ditationis nicht übersehen werden sollten.

340 Ebd., S. 52, 68ff.; vgl. zur Geschichte der Opfer und den Vergabungen pro anima: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums. 341 S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 71 ff., 84, 91 ff.; vgl. J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 11. 342 Zur extensiven Auslegung dessen, was «Kirchengut» sei, durch die Geistlichkeit und zur abweichenden Auffassung v.a. der Territorialherren: P.Mikat, Kirchengut, S. 268ff.; vgl. auch P.Landau, Kirchengut (TRE 18). - Zur Abgrenzung der Schenkungen pro fabrica gegen das Benefizialgut respektive die ditatio vgl. D.Lindner, Inkorporation, S. 18f.; P.Landau, Ius patronatus, S. 28 ff.; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 69 ff.

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4. Die bedingte Schenkung zu Händen der Kirche oder des Heiligen, wobei die Bedingung, den Kirchenherrn und den Pfarrer von der Nutzung auszuschließen, mit deijenigen, besondere Pfleger zu bestellen, verknüpft sein mußte, um wirkungsvoll zu werden. 5. Die Minderstiftung nomine ecclesiae oder im Namen des Heiligen, die als ämterrechtlicher Akt die urkundliche Bestätigung des Bischofs erforderte und daher sowohl eine zusätzliche Sicherung eines Teils des Kirchen- oder Heiligengutes gegen unerwünschte Nutzung erwirkte, als auch ein gesondertes Patronat, das von vornherein ausdrücklich bestimmten Pflegern zugewiesen werden konnte. Bezüglich Punkt drei und fünf muß daran erinnert werden, daß die Überlassung eines Patronats oder einer Temporalienpertinenz der Kanonistik, trotzdem sie theoretisch immer weiter an der gratia-Lehre festhielt, tatsächlich nicht als Gnadenakt des Bischofs galt, sondern aufgrund des dominium am Stiftungsgut, insbesondere am fundus, mit dem Recht eingefordert werden konnte. Deswegen waren diese Rechte auch durch Schenkung, Erbe, Tausch und selbst Kauf übertragbar, und jedenfalls konnten sie oder einzelne ihnen zugehörige Befugnisse durch besondere Regelungen an Dritte delegiert werden343. Stammte das Stiftungsgut aus dem Besitz einer juristischen Person, zum Beispiel einer Kirche, dann fielen die daraus erworbenen Stifterrechte de iure dieser, de facto aber deren regulären Vermögensverwaltern zu - von denen ja auch schon die Stiftungsinitiative ausgegangen sein mußte. Wenn es sich bei den Kompetenzen dieser Vermögensverwalter nicht um ein ratione dominii erworbenes, eigenes, sondern bloß um ein delegiertes Recht handelte, dann konnten diese unter Umständen das Verfahren der sekundären Stiftung nutzen, um ihre eigene Stellung zu festigen und den eigentlichen Kurator ins Abseits zu drängen. Solche Umstände ließen sich schaffen, indem aus eigenen oder den Mitteln Dritter zugestiftet wurde. In diesen Fällen konnte das Recht in Anspruch genommen werden, den Schutzheiligen der neuen Stiftung zu wählen oder mitzubestimmen und sich zu dessen Anwalt zu erklären, oder man erwarb sich durch die Formulierung entsprechender Stiftungsbedingungen eigene Kuratrechte oder behauptete eine Anwaltschaft des ortsansässigen Kirchenvolkes an sich, um dann als dessen Vertreter zu erscheinen - oder man berief sich sicherheitshalber auf beides. Rechtswirksam wurden solche Ansprüche dadurch, daß der Bischof die Stiftung und damit auch das in deren Bedingungen formulierte Recht der Pfleger bestätigte und beurkundete. Als Motiv der Bischöfe und ihrer Behörden, solche an sich minderberechtigten Stifter ins Spiel zu bringen, kommt deren Bemühen in Frage, ihre eigene Stellung gegenüber den hergebrachten Rechten der Kirchenherren, vor allem der geistlichen unter diesen, zu stärken, indem sie kraft Amtes neues Recht schufen und so taten, als könnten sie diejenigen bestimmen, die vor Ort als Pfleger dieses Rechts auftraten.

343 Siehe dazu P.Landau, Ius patronatus, S. 69ff.

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Wenn aus Kirchen- oder Heiligengut oder aus Almosen gestiftet wurde, ließ sich die Sache zudem so hinstellen, als sei die Stiftung im Namen und aus den Gütern der Amtskirche unternommen worden und als stehe es dem Bischof ratione officii und ratione dominii frei, Pfleger zu setzen oder Patrone für dieselbe zu wählen 344 . Trotzdem die Stifter ratione dominii und ihre Prokuratoren ratione officii345 gewisse Rechte einfordern konnten, wird, dem ius commune folgend, in allen oben genannten fünf Punkten davon ausgegangen, daß dem Bischof prinzipiell ein Aufsichtsrecht über das Kirchengut als solches und damit auch über das neu zu diesem fallende Stiftungsgut zugestanden war. In der Praxis allerdings war die bischöfliche Prärogative nur dann ohne weiteres durchsetzbar, wenn dieser selbst in der betreffenden Pfarrei die iurisdictio, konkreter das Visitationsrecht besaß. Fehlte ihm dieses, blieb ihm nur das Instrument der potestas docendi et ordinandi und die daraus unmittelbar ableitbare Gerichtsbarkeit. Ein Rückgriff auf diese potestas war immer dann möglich, wenn vom Bischof Kirchen oder Altäre geweiht, Ämter geschaffen, Priester geweiht und gesetzt oder Privilegien im Bereich der cura animarum erteilt werden sollten - mit anderen Worten: Diese potestas konnte überall dort zum Tragen gebracht werden, wo im Zusammenhang mit der Errichtung einer Stiftung Rechtshandlungen im Bereich der officio divina und der Besetzung eines beneficium ecclesiasticum anstanden. Das wird auch daran deutlich, daß im Fall lediglich bedingter Schenkungen zugunsten eines bereits bestehenden Titels oder von Stiftungen, die nicht das kirchliche Ämterrecht betrafen, keine absolute Notwendigkeit bestand, sich wegen der Beurkundung, der Sicherung der Zwecke und der dazu erforderlichen Bestellung besonderer Pfleger an den Bischof und die geistliche Gerichtsbarkeit zu wenden. Vielmehr konnten dafür auch weltliche Gerichte und Autoritäten in Anspruch genommen werden 346 . Wofür sich die Stifter jeweils entschieden, hing von ihrer politischen Lage ab - von ihrer rechtlichen Stellung überhaupt wie von ihrem persönlichen Verhältnis zu den in Frage kommenden Instanzen und vornehmlich auch von der objektiven Effizienz und dem Durchsetzungsvermögen dieser Instanzen im Fall von Rechtsstreitigkeiten. Konkret gesprochen bedurften die Bürger einer Reichsstadt nicht der Hilfe des Bischofs, um die Bedingungen ihrer Seelgerätstiftungen gegen einen widerstrebenden Pfarrer durchzusetzen; eine Gemeinde, hinter der ein starker Landesherr stand oder die den Bischof auf ihrer Seite hatte, konnte eine Kuratstiftung auch dann durchsetzen, wenn sich der Pfarrer und der Patronatsherr der Pfarrkirche dagegen sträubten; Separationen ließen sich gegen den Willen des Bischofs und der Inhaber der weltlichen Gerichtsbarkeit oder des Patronats erzwingen, wenn dafür eine päpstliche Bulle erwirkt werden konnte. 344 Zur Gratia-Lehre und der tatsächlichen Beschränkung des Bischofs durch hergebrachtes Recht und die Lehre vom ius patrvnatus: ebd., S. 118 ff. 345 Siehe zur Vertretung der Kirche in ihrem Recht durch die Amtsträger: P. Landau, Ius patronatus, S. 20, 50; über den Amtsauftrag der GerichtsschöfTen: R. Scheyhing, Eide, Amtsgewalt und Bannleihe, S. 101; vgl. dazu F. Battenberg, Dinggenossenschaftliche Wahlen, S. 272 f., siehe auch S. 280f., 301 ff., v.a. 313 f.; zum Eid der SendschöfTen vgl. Teil B, Anm. 74. 346 Vgl. oben Teil B, Kap.II.2.; S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 95 ff.

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Was oben über die Visitationsgewalt gesagt wurde, gilt für die iurisdictio im Bereich des Ämter- und Patronatsrecht gleicherweise: Der Bischof konnte seine Aufsichtsrechte nur dann geltend machen und auf Dauer mit Erfolg wahrnehmen, wenn sich vor Ort Kläger, Zeugen und Urteiler und ein weltlicher Arm fanden, um das Recht einer Kirche oder einer Stiftung und mit diesem auch die auctoritas des Bischofs zu schützen. Um das Stiftungswesen nicht aus der Hand zu verlieren und eine bessere Aufsicht über das durch Schenkung und Stiftung neu entstehende Vermögen zu gewinnen, mußte der Bischof also bemüht sein, die bisher in der jeweiligen Pfarrei für die Kirche, das Kirchengut und die kirchliche Gerichtsbarkeit (Rechtweisung, Judikative und Exekutive) zuständigen Personen und Institutionen (Kirchenherren, Zehntherren, Inkorporationsherren, Pfarrer, Grundherren, Gerichtsherren, Räte, Stadtund Dinggerichte, Klostervögte und Schirmvögte, Sendrichter und Sendschöffen, Zünfte, Genossenschaften, Einungen und Bruderschaften) zu umgehen oder zurückzudrängen, wenn sie mit ihm um die Aufsicht über die Stiftung konkurrierten, sie jedoch, wenn sie von ihm nach kirchlichem oder weltlichem Recht abhängig waren, gegenüber anderen, seiner Position gefahrlichen Rechtsträgern zu stärken. Unter den gegebenen Umständen stellte jedenfalls das einfache Kirchenvolk eine geringere Bedrohung dar als etwa die Kirchen-, Grund- oder Gerichtsherren. Das Verfahren der Koalition und Kumulation versuchten natürlich auch alle anderen Beteiligten anzuwenden. Deswegen läßt sich die Rechtsgrundlage für die Delegierung der Pflegschaft wie für die formale Zuweisung derselben aufgrund im ius patronatus begründbarer eigener Rechte nur aus einer Zusammenschau aller rechtlichen Verhältnisse der Stiftung selbst wie der betreffenden Pfarrei beurteilen. Erst von da aus erhellt, welche einer Kirche durch Schenkung oder Stiftung zugefallenen Güter und welche unter besonderer patronaler cura stehenden Minderstiftungen dieser oder jener Person, Institution oder Korporation zustanden und warum, also auch, wodurch das Verfahren der Auswahl und Einsetzung der Pfleger bestimmt war.

2.6.3 Die fabrica, die «Kirchenstiftung», das Heiligengut, das Stiftungsgut und deren Pfleger In dem Bemühen, die Sache des «Kirchengutes» trotz vieler ungeklärter Punkte auf einen Begriff zu bringen, hat die ältere Forschung die fabrica, das heißt das Vermögen, das die ecclesia als tatsächlich vermögensfahige Person ausweist, selbst als «Kirchenstiftung» bezeichnet 347 . Doch wird durch diese Bezeichnung die eigentliche Natur der fabrica und die Legitimationsgrundlage ihrer Pfleger mehr verschleiert als enthüllt.

347 S. Schröcker, Kirchenpflegschaft. Vgl. auch H. Liermann, Handbuch, S. 73; danach verlor der Eigenkirchenherr, als er zum Patron gemacht wurde, sein Besitzrecht am Gut des Heiligen, der seinerseits zur «Kirchenstiftung» wurde.

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Die fabrica als solche konnte nicht als Stiftung errichtet werden, sondern immer nur zusammen mit deijenigen Stiftung entstehen, deren Bau oder materiellen Ausstattung sie diente348. «Kirchengut», das heißt der weltlichen Gerichtsbarkeit und dem gewöhnlichen rechtsgeschäftlichen Verkehr entzogenes Gut, wurde das Fabrikgut nur deswegen, weil die Stiftung, der es zugehörte, eine kirchliche Stiftung in dem Sinne war, daß ihr ein officium divinum anhing349. Das Besondere ist allerdings, daß die fabrica im Gegensatz zum beneficium diesem officium divinum nicht unmittelbar verbunden war, sondern nur mittelbar, nämlich über den Altar oder die ecclesia und die parochia, das heißt über den Ort. Wenngleich also die fabrica selbst keine kirchliche Stiftung darstellte, so konnte sie doch von vornherein als ein klar umrissener Teil des Gesamtvermögens einer solchen entstanden sein und von daher ratione ditationis unter Umständen auch einem besonderen Patronat unterstehen350. Auch gibt es besondere Fälle, in denen durch umfangreiche Schenkungen, etwa die Übertragung geschlossener Zehntrechte351, nachträglich ein Kirchen- oder Heiligengut entstand, für das dann allerdings kein besonderes Patronat, sondern höchstens die Einsetzung einer besonderen Pflegschaft verlangt werden konnte; wem dieses Amt zufallen oder wie es besetzt werden sollte, hätte dann Bestandteil der Schenkungsbedingungen sein müssen352. In aller Regel aber war die fabrica ein aus ditatio, Pflichtabgaben, freiwilligen Opfern und Schenkungen entstandenes Konglomerat von Gütern und mit diesen verbundenen Rechten, dem darüberhinaus auch bedingte Schenkungen oder wirkliche Stiftungen angehängt oder sogar inkorporiert werden konnten. Unter einer Voraussetzung allerdings entstand die fabrica doch früher als die ecclesia selbst - in dem Fall nämlich, in dem Oblationen und Schenkungen auf einen vom Bischof erteilten provisorischen Titel hin gesammelt wurden mit dem Ziel, überhaupt einmal die Baukosten für die geplante Kirche aufzubringen. Das so zusammengetragene Vermögen besaß dadurch, daß der Bischof durch die Bewilligung des Kirchenbaues und der dafür notwendigen Sammlungen eine necessitas populi festgestellt hatte, einen besonderen Rechtsstatus. War die ecclesia erst ein-

348 Vgl. P.Landau, Kirchengut (TRE 18), S. 569. 349 Zum Zusammenhang zwischen officium und beneficium: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 366 ff.; U. Wolter, Amt und Officium. - Nachdem der Kurattitel dem beneficium wie auch der ecclesia angehängt war, blieb die fabrica trotz ihrer Abtrennung vom beneficium dem officium verbunden und verpflichtet. 350 Siehe dazu P. Landau, Ius patronatus, S. 21 ff.; vgl. die Beispiele über die gesonderte Ausweisung von Bau- oder Lichtergut im Zuge der Stiftung von Kirchen bei S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 551 ff. 351 Mit «geschlossen» ist gemeint, daß es sich nicht um Zehnten aus einzelnen Grundstücken handelte, sondern um den ganzen Zehnt einer Pfarrei oder einen bestimmten Bruchteil davon. 352 Siehe etwa die Schenkung von 1/5 der Zehnten der Pfarrei Laichingen, die der Graf von Helfenstein dem Heiligen der Pfarrkirche im Jahr 1095 machte, die kurz zuvor von drei Brüdern des Geschlechts von Ruck mitsamt 4/5 Zehnt an das von denselben gestiftete Kloster Blaubeuren vergabt worden war: Beschreibung des Oberamts Münsingen, S. 188 f., vgl. die Beschreibung des Oberamts Blaubeuren, S. 111 ff.

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mal im Bau, konnte wohl auch schon Immunität über sie und ihr Baugut ausgesprochen werden 353 . Bei Nebenaltären, Meßstipendien und Minderbeneficia, die der cura animarum nicht oder nicht in gleichem Maße zugeeignet waren wie die Pfarrkirchen, scheint ein solcher Zugriff der geistlichen Gerichtsbarkeit nicht immer, nicht notwendigerweise oder vielleicht überhaupt nicht möglich gewesen zu sein, obgleich auch hier vielfach vom Bischof erteilte provisorische Titel in Anspruch genommen wurden. Da es der Zweck eines provisorischen Titels sein konnte, Almosen oder Schenkungen weder an das beneficium (respektive unter die Nutzung eines Inkorporationsherrn), noch an die fabrica (das heißt zum Gut der Kirche oder ihres heiligen patronus und damit unter eine möglicherweise bestehende Temporalienpertinenz) fallen zu lassen, sondern von beiden getrennt zu halten, stellt sich die Frage, welcher Gerichtsbarkeit die aufgrund eines provisorischen Titels angesammelten Vermögen bis zu ihrer endgültigen Zweckbindung unterlagen - der weltlichen oder der geistlichen. Ein besonderer Status ließe sich für sie jedenfalls in Anspruch nehmen, wenn man davon ausgeht, daß der Zweck zwar die Mittel heiligte, sie aber nicht zur «Kirchengut» machte. Die Heiligung der Mittel wurde aber nicht allein dadurch bewirkt, daß man sie einem frommen Zweck gewidmete, sondern auch indem man sie in die Hände eines bestimmten Heiligen legte. Während eine einfache Seelmesse, die keine Altarbindung hatte, auch keinem Heiligen verbunden war, und Seelgeräte, die der fabrica zugedacht waren, als Kirchengut gelten konnten 354 , unterstanden Altar- und Pfründstiftungen immer auch einem besonderen Heiligenpatrozinium. Zwar fielen die Mittel bei allen drei Zweckbestimmungen zur «toten Hand» 355 , im ersten Fall war es aber die Hand des Verstorbenen, dem die Messe galt, im zweiten Fall die Hand des Kirchenheiligen, der unter dem Patronat des Kirchenherrn stand, und nur im dritten Fall die Hand eines Heiligen, den sich die Initiatoren der Stiftung selbst ausgesucht und verpflichtet hatten. Von daher war für das Stiftungsgut einfacher Seelmessen das Gericht zuständig, dem auch der Verstorbene zugehört hatte, und dessen Erben oder Treuhändern das Recht zugestanden, die Messe an einen anderen Ort zu verlegen oder die Erträge zum Vorteil der Seele des Verstorbenen umzuwidmen 356 . Das Mitspracherecht, das dem Bischof dabei zukam, resultierte aus der cura animarum. Was dem Kirchenheiligen zufiel, unterlag derselben Gerichtsbarkeit wie das Kirchengut, nach ius commune also der iurisdictio ordinariai51. 353 P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 165. Ein solcher Güterschutz erübrigte sich natürlich, wenn auf kirchlichem Grund aus Kirchengut gebaut wurde; wobei allerdings umstritten sein konnte, ob Klostergut prinzipiell Kirchengut sei und wenn, was das für seine Verwaltung zu bedeuten hatte. Zur Problematik der Pertinenzrechte: P.Landau, lus patrontus, S. 3 6 f f . , auch S. 6 8 f f . ; vgl. Teil B, Anm. 336. 354 Zu den besonderen Verhältnissen bei Kirchen, die unter geistlichem Patronat standen oder inkorporiert waren, siehe oben Teil B, Kap. 2.3. und 2.4. 355 Zur Klage mit der «toten Hand» siehe: M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 86. 356 Siehe dazu Teil B, Kap. 2.2. 357 Siehe Anm. 106.

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Was hingegen im Namen eines Heiligen für solche Titel beigebracht worden war, die kirchenrechtlich noch nicht konfirmiert, sondern bloß provisorisch zugelassen waren, konnte bis zur Vollendung der Stiftung dem Gericht derjenigen unterstehen, die dem betreffenden Heiligen ohnehin rechtsverwandt waren oder sich ihm durch die von ihnen unternommene Initiative persönlich verpflichtet hatten. Da pro cura animarum unternommene Altar- und Pfnindstiftungen weder, wie die private Seelmesse, allein das Seelenheil einzelner Stifter, noch, wie die Schenkung zum Lichtergut, die Verehrung des Heiligen, sondern vor allem auch das Wohl einer Gemeinschaft von Gläubigen im Auge hatten, lag der Schutz des gesammelten Gutes auch in deren Interesse. Wo diese Stiftergemeinschaft selbst ein Gericht bildete oder sogar besaß, war sie in der Lage, aktiv für diesen Schutz eintreten. Dieser Schutz konnte hauptsächlich vier Bereiche betreffen: Zum einen das Recht des Fonds gegenüber denjenigen, die (oder deren Verwandte) zu ihm gestiftet hatten und den daraus erwachsenen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen wollten, zum anderen das aus Geschäften des Fonds mit Dritten entstandene Recht auf Zins, Gült oder Dienste, drittens die Rechtsverwahrung gegenüber den Inhabern kirchlicher und pfarrlicher Bannrechte, die Ansprüche auf das Vermögen oder dessen Nutzungen anmeldeten, und viertens den Schutz des Fonds gegen eine zweckentfremdete Verwendung oder nachlässige Verwaltung seiner Güter, Gelder und Einkünfte durch die Heiligen- oder Stiftungspfleger. Ob sich die Stiftergemeinschaft oder die Pfleger im konkreten Fall an die weltliche oder die geistliche Gerichtsbarkeit wandten, kam wohl vor allem auch darauf an, gegen wen sie ihre Interessen und die Rechte des Fonds gerade zu verteidigen hatten. Was die Widmung solcher Stiftungsunternehmen an einen Heiligen oder die Anhängung von Seelmeßstiftungen an einen Altar oder eine geplante Altarpfründe betrifft, so wurden dadurch die mit der Stiftung beauftragten Pfleger, Erben oder Testamentsvollstrecker über den Stifterwillen hinaus auch dem betreffenden Heiligen und den ihm Rechtsverwandten verpflichtet. Sie waren damit einer zusätzlichen Aufsicht unterworfen, deren Reichweite und Dauer die der gewöhnlichen Menschen und der gerade Lebenden jedenfalls qualitativ wie zeitlich bei weitem übertraf 958 . Vielfach konnte oder mußte, wo eine solche Anhängung geplant war, von vornherein auf besondere Seelgerät- oder Stiftungspfleger verzichtet werden. Die Inanspruchnahme eines provisorischen Titels für die Errichtung eines Altars oder einer ewigen Messe durch eine Gemeinde konnte also einmal dem Zweck dienen, einen Heiligenfonds zu schaffen, zu dem die «armen Leute», die weder umfangreichere Güter noch ein Erbrecht und auch kein freies Testierrecht besaßen 359 , ihr Almosen pro anima gegeben konnten, respektive das Altargut oder das Gut einer einzelnen, besser dotierten Seel- oder Jahrzeitmesse so aufzustocken,

358 Zur Interzessionsgewalt der Heiligen: H. Hattenhauer, Das Recht der Heiligen; S. Beissel, Verehrung der Heiligen, T.2, S. 3 ff. 359 Zur Beschränkung der Testatrechte der Stadtbürger durch die städtische Obrigkeit: A.Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 111 ff.

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daß an dem Altar eine eigene Ewigmesse, später vielleicht auch eine eigene Pfründe errichtet werden konnte. Wenn es tatsächlich zur Errichtung eines solchen, dem gemeinen Nutzen, wenn auch nicht der ordentlichen Seelsorge, verpflichteten beneficium distinctum kommen sollte, dann bedurfte es der bischöflichen Bestätigung. Mit dieser und der ersten Besetzung der Pfründe wurde aus dem für die dos aufgewendeten Altaroder Heiligengut Benefizialgut, und das hieß nach ius commune, daß das dominium utile in den dauernden Besitz des Pfründinhabers überging. Ob das dominium directum tatsächlich «Kirchengut» wurde, hing möglicherweise davon ab, ob dem officium doch noch Aufgaben der regulären Seelsorge zugewiesen wurden, so daß das beneficium tatsächlich als beneficium ecclesiasticum errichtet werden mußte. Im Gegenzug für die Übertragung des dominium directum konnten die Stifter auf jeden Fall ein ius patronatus einfordern 360 . Prinzipiell konnten Almosensammlungen auch im Namen des Kirchenheiligen unternommen und provisorische Titel auch dem Hauptaltar oder der fabrica angehängt werden. Wurde aus dem betreffenden Gut in der Kirche oder auf ihrem Grund gestiftet, dann erwarb die Kirche ratione fundi ein Patronatsrecht, auch wenn die Stiftung schließlich zu Ehren und auf den Namen eines anderen Heiligen erfolgte. Der Vorteil der ditatio von Nebenaltären und Minderpfründen im Namen des Heiligen oder der Kirche oder aus dem Heiligen- oder Kirchengut 361 lag darin, daß keine geteilten Patronate entstanden, sondern onus et utilitas der gesamten Altarstiftung (Altan/os und Pfründdos) in die Hand der Kirchenpfleger gelangten. Von daher gesehen war es unerheblich, ob das ius praesentandi dem Pfarrer oder dem Patronatsherrn folgte. «Kirchenstiftung» wäre damit auch oder vor allem Stiftung aus den Mitteln der Kirche, auf dem fundus der Kirche, im Namen der Kirche, aber auch unter der cura der Kirche gewesen 362 . Sie hätte den Zweck gehabt, größere Schenkungen besonders abzusichern und entstehende Überschüsse über Mindertitel zu binden und so zu verhindern, daß diese von den Kirchenherren oder Pfarrern direkt vereinnahmt wurden oder ihnen als Argument dienten, ihre aus dem Zehntrecht oder Pfarrecht resultierenden Pflichten gegenüber der Kirche und den Armen auf Kosten der ecclesia zu vernachlässigen.

360 Vgl. oben Teil B, Kap. II.2.; zum beneficium ecclesiasticum: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 366 ff.; zum dominium am Stiftungsgut: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 111 ff., 121. 361 Mit der Erhebung einer Kirche zur Pfarrkirche hätten zum Heiligen- oder Kapellengut Einkünfte aus den iura spiritualia treten müssen, die jedenfalls unter der iurisdictio ordinaria stehen sollten. Doch unterblieb eine solche Zuweisung meist wegen des Bannrechts. Nach K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 150 f., wurde das Lichtergut vom Fabrikgut auch getrennt verwaltet. - Zu den Verhältnissen an Pertinenzkirchen siehe G.Zimmermann, Patrozinienwahl, S. 81 ff.; U.Stutz, Ausgewählte Artikel, S. 1. ff. 362 Schenkungen und Oblationen konnten mit der Auflage späterer Stiftung verknüpft sein, das heißt auf einen provisorischen Titel abheben. Siehe dazu Teil C, Kap. III.6.2. Zur Zweckbestimmung und zur cum über Seelgeräte siehe auch S. Schröcker, Kirchenpflegschaft, S. 59 ff.. 87, 95 ff., 118ff.

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Dieser Vorbehalt gegen die Herren oder, genauer gesagt, gegen die Inhaber der kirchlichen und pfarrlichen Bannrechte führte dazu, daß das Kirchenvolk die ihm auf der Grundlage von Christenrecht im allgemeinen oder von Pfarrecht, Sendrecht, Dingrecht oder von Einungen oder sonstigen Verträgen zugesprochenen oder zufallenen Kompetenzen tatsächlich wahrnehmen oder wesentlich erweitern konnte. Unter anderem äußerte sich das Mit- oder Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde darin, daß sie die Kirchenpfleger wählte oder an deren Wahl maßgeblich beteiligt war. Wo die Heiligen- oder Kirchenpflegschaft mit einer Stiftung ins Leben trat, wie zum Beispiel bei der Errichtung eines Altars in der Pfarrkirche oder bei der Erbauung einer Kapelle durch eine Filialgemeinde, bestätigte der Bischof nicht allein die Stiftung, sondern auch die Funktion der Kuratoren. Wo auf Initiative oder unter Teilnahme von Heiligen- oder Kirchenpflegern aus Heiligen- oder Kirchengut für das Kirchenvolk aufgrund einer necessitas populi gestiftet wurde, geschah dies quasi anstelle des Bischofs und damit ratione officii. Selbst wenn die gedachten Pfleger Amt und Auftrag ursprünglich nicht vom Bischof hatten, nahmen sie die Pflichten und Rechte, die ihnen aus der sekundären Stiftung - man könnte auch sagen aus der «Kirchenstiftung» - zufielen, aus der Hand des Bischofs entgegen 363 . Ihr Recht war keineswegs schlechter als das, welches dem Patronatsherrn oder dem Pfarrer, der Pfründe selbst oder deren Inhaber durch die Stiftung geschaffen wurde. So konnte die sekundäre Stiftung zum Beispiel Heiligenpfleger oder Altarpfleger zu Kirchenpflegern aufsteigen lassen, wenn sie die Erhebung einer Kapelle zur Pfarrkirche durch ditatio aus dem Kapellengut bewirkte. Wenn das Recht, Heiligen- oder Kirchenpfleger zu setzen, aus dem Recht an den Einkünften der Kirche oder ihrer Altäre oder zumindest auf dem Recht auf eine Kontrolle der Verwendung dieser Einkünfte entsprang, dann konnte es je nach der besitzrechtlichen und politischen Situation vor Ort entweder den Kirchenherren oder dem Bischof oder der Gemeinde, diesen oder jenen oder allen gemeinsam zustehen. Ein Mitwirkungsrecht der Gemeinde bei der Bestellung der Kirchenpfleger und der Aufsicht über das Kirchengut war, auch wenn die Gemeinde selbst weder das Patronat noch das Recht der Pfarrerwahl besaß, in jedem Fall dort gegeben, wo das Pflegeramt unmittelbar mit einem Schöffensitz im Send verbunden oder dem weltlichen Gericht nachgeordnet war 364 . Das bedeutet, daß die Grundlage der gemeindlichen cura nicht im bloßen Besitz begründet war, sondern in der Gerichtsbarkeit. Und die gehörte, zumindest im Fall der ländlichen Gemeinden, in aller Regel nicht diesen selbst, sondern mußte mit

363 Zur Wahl durch die Gemeinde: ebd., S. 125, 128; F. X. Künstle, Pfarrei, S. 77; M.Koeniger, Quellen, Nr. 75; zur Wahl als Amtsauftrag siehe die Beiträge in: R. Schneider / H. Zimmermann, Wahlen und Wählen im Mittelalter. 364 Ersteres findet sich in der Rheinpfalz; zu Sobernheim geht das Pflegeramt unter den Sendschöffen reihum: A. M. Koeniger, Quellen, Nr. 75, in der Eidformel S. 161. In Württemberg erscheinen die Pfleger als Beauftragte der weltlichen Gemeinde und sind dem Gericht verantwortlich. Siehe Teil C, Kap. 3.6.2.

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dem Send- respektive dem Gerichtsherrn derart geteilt werden, daß der Gemeinde das Urteil, dem Herrn aber das Gebot zustand. Insofern handelten die betreffenden Pfleger nicht allein im Namen der Gemeinde, sondern auch im Namen der Inhaber jener Herrenrechte. Gleichwohl läßt diese Erkenntnis nicht die Behauptung zu, das Recht an der cura über das Gut der Heiligen, Kirchen oder Stiftungen habe allein den Gerichtsherren zugestanden. Da die cura, die aus sekundären Patronaten herrührte, allerdings ratione dominii begründet war, läßt sich von ihr noch weniger sagen, sie sei den gemeindlichen Pflegern im Namen der Gerichtsherren zugewiesen worden. Vielmehr wurden diese, geht man vom ius patronatus aus, im Namen der eigentlichen Stifter, das heißt der Kirche oder des Heiligen, des Kirchenvolkes oder einzelner Privatpersonen tätig. Da jedoch das ius patronatus die aus der Gerichtsbarkeit und der Vogtei abgeleiteten Rechte außer acht ließ, weil diese nach Auffassung der Kanonisten allein dem Bischof zustehen sollten, ergibt sich für die Beurteilung der Rechtspraxis, die diesem Primat keineswegs gefolgt war, die Schwierigkeit, zwischen Verwaltungsrechten und Haftungspflichten für das Vermögen, wie sie dem Patron zustehen sollten, der iurisdictio, die der Bischof beanspruchte, und den Schutz- und Schirmrechten, wie sie der Kirche von der weltlichen Gerichtsbarkeit geschuldet wurden, unterscheiden zu müssen. Im Grunde war die gemeindliche Kirchenpflegschaft ein politischer Kompromiß, denn sie vereinigte Kompetenzen aus sämtlichen Bereichen auf sich und die Pfleger blieben doch aufgrund der politischen Stellung des Kirchenvolkes, aus dem sie hervorgingen, allen Herren mehr oder weniger verpflichtet und Rechenschaft schuldig. Mit dem Aufstand von 1525 hätte sich dies ändern sollen.

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C. Minderpfründstiftungen ländlicher Gemeinden Eigeninitiativen des Kirchenvolkes zur Sicherung seines Seelenheils in der Vorreformationszeit

1 Vorbemerkung Die stiftenden Gemeinden handelten, soviel ergibt sich aus einer ersten Betrachtung der Quellen, im Einklang mit dem geltenden Recht und den anerkannten katholischen Glaubenslehren. Insofern kann man dieses Handeln selbstverständlich als ein frommes und kirchentreues verstehen 1 . Vor dem Hintergrund von Religionszwang, kirchlichem Bannrecht, geistlicher Gerichtsbarkeit und den Beschränkungen, denen die ländliche Bevölkerung hinsichtlich ihrer persönlichen und politischen Rechte unterworfen war, wird aus den vom Kirchenvolk getragenen Pfründstiftungen allerdings mehr als ein bloßer Ausdruck christlicher Gesinnung. So gesehen bedeutet fromm und kirchentreu vor allem, theologisch und juristisch unanfechtbar. Wenn es das Interesse der Gemeinde war, durch Stiftung gültiges, unabweisbares Recht zu schaffen, dann hieße dies aber auch, daß ihre Initiativen eine Veränderung der innerkirchlichen Strukturen nicht allein bewirkten, sondern auch bezweckten. Und nachdem der Rechtsakt der gemeindlichen Stiftung eo ipso über den Bereich des Privatrechtlichen hinausging, kommt dem Handeln des Kirchenvolkes, auch des Kirchenvolkes auf dem Lande, jedenfalls eigene Gestaltungskraft und politische Qualität zu. Damit soll nun aber keineswegs behauptet sein oder auch nur der Eindruck erweckt werden, die gemeindliche Stiftung sei auf rein politische, das heißt auf das Äußere gerichtete Motive zurückzufuhren und tatsächlich habe es dem Kirchenvolk an der Einsicht in die christliche Lehre, an christlicher Gesinnung oder am Glauben gefehlt. Im Gegenteil ist wohl davon auszugehen, daß die Menschen des Spätmittelalters ihr Bedürfnis nach heilender und heilbringender Vermittlung zwischen ihrer eigenen Existenz und dem Numinosen, das als ein gegebenes anzunehmen ist, durchaus im christlichen Kontext zu befriedigen suchten und die Anstrengungen der Gemeinden um eine Gestaltung des ortskirchlichen Lebens in diesem Sinne zu verstehen sind. Die gemeindliche Stiftung gehörte zu den Formen, in denen diese Anstrengung konkrete Gestalt annahm, weil sie die unverzichtbaren organisatorischen und institutionellen Vorgaben schuf - nach im Großen und Ganzen vorgegebenen Mustern, aber dennoch im selbstbestimmten Rahmen 2 .

1 Siehe B. Hamm, Frömmigkeit als Gegenstand theologiegeschichtlicher Forschung; P. Blickle, Gemeindereformation, v.a. S. 50 ff. Zum neueren Stand der Forschung siehe die Beiträge im Sammelband Laienfrömmigkeit, hrsg. v. K. Schreiner. Bezeichnenderweise kommt das Kirchenvolk auf dem Lande auch hier zu kurz, zum dörflichen Stiftungswesen findet sich überhaupt kein Beitrag. 2 Siehe dazu W. Eberhard. «Gemeiner Nutzen». S. 198ff ; M . Borgolte. Kirche. S. 114ff : D.Kurze. Wahlen. S . 2 0 0 f f .

142

Bei der Auswertung der Quellen geht es demnach um zweierlei: Erstens um die Überprüfung der These, daß dem ländlichen Kirchenvolk die Muster, das heißt die katholische Lehre und das kirchliche Recht, im Wesentlichen vertraut und von ihm prinzipiell als Grundlage für eigeninititives Handeln erkannt und anerkannt wurden; zweitens um das Ausmaß, in dem der vom kirchlichen Recht den Stiftern und ihren Pflegern oder Treuhändern zugestandene Spielraum von diesen in der Praxis tatsächlich genutzt wurde, um den Rahmen gemeindlicher Selbstbestimmung im Bereich der Organisation von Seelsorge und kirchlichem Leben weiter zu stecken.

143

2 Erläuterungen zu den Quellen und ihrer Darstellung Die hier ausgewerteten Quellen zur kirchlichen Stiftung betreffen vor allem die Errichtung sogenannter Minderpfründen 3 . Sie stammen aus dem deutschen Südwesten des Reiches, und zwar überwiegend aus dem Herrschaftsgebiet der Württemberger respektive dem nördlich von Rhein und Bodensee gelegenen Teil der Diözese Konstanz 4 , sodann aus dem badischen Teil der Diözese Straßburg und aus der Diözese Speyer5. Den zeitlichen Rahmen markieren die Jahre 1400 und 15256. Anhand des vorliegenden Quellenmaterials über von Gemeinden selbst oder unter deren maßgeblicher Mitwirkung errichteten Minderpfründen wurden, wie an früherer Stelle schon näher ausgeführt 7 , drei Kategorien gebildet, deren erste (A) Stiftungen umfaßt, die in der Pfarrkirche oder in einer im oder beim Pfarrdorf gelegenen Kapelle errichtet wurden, während der zweiten (B) die Stiftungen zugewiesen sind, die in Kapellen errichtet wurden, die in anderen im Sprengel gelegenen Siedlungen standen. In der dritten Kategorie (C) schließlich finden sich diejenigen Stiftungen, mittels deren solche abseits gelegenen Kapellen Rechte erwarben, die in den Bereich des Pfarrechts (cura animarum) hineinragten, ohne daß dies zu einer Abkurung geführt hätte (Kuratkaplaneien) . Die Darstellung der durch die systematische Auswertung der württembergischen und konstanzischen Quellen gewonnenen Daten 9 erfolgt mittels Tabellen, in denen sich diese Einteilung widerspiegelt - allerdings mit gewissen Einschränkungen: Da sich die Kuratkaplaneien (C) im Hinblick auf ihre Rechte, Pflichten und Ausstattungen wesentlich von den beiden anderen, als «einfache Minderpfründen» bezeichneten beneficia (A und B) unterscheiden, werden sie, wo diese Rechte zur Sprache kommen, im Text gesondert behandelt und entsprechend erfahren die zugehörigen Daten eine jeweils eigene tabellarische Darstellung (siehe die Tabellen 10-13, 15, 17). 3 Zum Begriff der kirchlichen Stiftung siehe die Teil A, Kap. 3; zu den Begriffen Minderstiftung und Minderpfründe siehe Teil B, Kap. 2.1. 4 Einen ersten Zugang vermittelte die Durchsicht der Regesta Episcoporum Constantiensium (REC) und der Württembergischen Regesten (WR). Systematisch durchgesehen wurden die Bestände des Erzbischöflichen Archivs in Freiburg (EAF), während im Hauptstaatsarchivs Stuttgart (HStASt) aufgrund der Angaben in den WR nur der Urkundenbestand eingesehen wurde. Dieser Bestand, der auch unter der Signatur A 602 läuft, ist über die WR vollständig erfaßt. Die Regestennummer deckt sich jeweils mit der Nummer der Urkunden unter der Signatur A 602. Deswegen erscheint hier immer die Signatur WR zusammen mit der betreffenden Nummer. 5 Dieses Material stammt aus dem Landesarchiv Speyer (LASP) und dem Generallandesarchiv Karlsruhe (GLAK), deren Bestände systematisch durchgesehen wurden. 6 Vgl. Teil A, Kap. 3. 7 Siehe Teil B, Kap. 2.4. 8 Vgl. Teil A, Kap. 3. 9 Ebd.

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In die Tabellen aufgenommen wurden insgesamt 53 Stiftungsinitiativen, deren Ziel die Errichtung sogenannter Ewigpfründen war 10 . Davon fallen 34 in die Kategorie der einfachen Minderpfründen oder Meß- und Kaplaneistiftungen (A und B) 11 , die verbleibenden 19 Stiftungen wurden den Kuratkaplaneien zugeordnet (C) 12 . Außer ihrem erkenntnistheoretischen, auf die Entwicklung einer Phänomenologie des Stiftungswesens ausgerichteten Zweck, der mit der Gewinnung der drei genannten Kategorien erst nur zum Teil erfüllt war, haben die Tabellen eine methodische und eine praktische Aufgabe: Zum einen ordnen sie die erhobenen Daten so, daß sich die auf die rechtliche Bedeutung und die politische Funktion des Stiftungswesens gerichteten Interpretationen besser verfolgen lassen, und zum anderen geben sie dem Leser ein Mittel an die Hand, das ihm die Rekonstruktion der einzelnen Stiftungsfalle und den Vergleich derselben miteinander erleichtert, ohne daß es dazu einer großen Zahl von Querverweisen und Anmerkungen bedürfte. Dem an den Umgang mit statistischen Auswertungen gewöhnten Leser mögen sie vielleicht nicht aussagekräftig genug erscheinen, doch ist dem entgegenzuhalten, daß sich die Daten, die für die hier verfolgten Fragestellungen relevant erschienen, rein statistisch kaum hinlänglich erfassen lassen. Schon die Definition der Merkmale war nicht unproblematisch. Das kirchliche Ämterrecht bietet hier wenig Hilfestellung, so daß ein Gutteil der Arbeit darin bestand, überhaupt Kategorien zu bilden und eindeutige Kriterien oder Merkmale für diese auszuweisen. Sodann ließen sich im je konkreten Fall die Fakten nicht immer ohne weiteres mit diesen Merkmalen identifizieren. Aufgrund der partikular geprägten Rechtslage kann nämlich jeder Fall in jedem Merkmal von der für eine Kategorie angenommenen Norm abweichen, ohne daß man deswegen immer sagen könnte, er erfülle das betreffende Kriterium definitiv nicht und gehöre deswegen einer anderen Kategorie an. Von daher ist eine Zuweisung nicht immer als absolut zwingend anzusehen 13 .

10 Als grundlegendes Kriterium wurde der Auftrag zum Lesen öffentlicher Messen (missae publicae) genommen. 11 Die sogenannten beneficia sine cura können, müssen aber nicht als beneficia ecclesiastica errichtet werden. Für die Aufnahme in diese Untersuchung war außer der Beteiligung der Gemeinde an Initiative und Finanzierung der öffentliche Auftrag wichtig, der damit unmittelbar zusammenhängt. Vgl. Teil B, Kap. 2.3. 12 Das kirchliche Ämterrecht bezeichnet solche Kuratkaplaneien als beneficia quae curam habent annexam. Wo sie in Kapellen sogenannter Filialgemeinden errichtet wurden, lief die Stiftung auf eine Dismembration hinaus. Zur Unterscheidung der Typen von beneficia nach kanonischem Recht: P.Hinschius, System, Bd.2, S. 370ff. 13 Aus der Reihe fallen die Fälle Sirchingen (B 8) und Urbach (A 20), da es sich bei beiden nicht um vollendete Stiftungen handelte, sondern bei Sirchingen um eine private Jahrzeit und eine öffentliche Wochenmesse, die vom Pfarrer mitzuversehen waren; bei Urbach um eine geplante Frühmesse, die unter Mitwirkung der Heiligenpfleger hätte erfolgen müssen. Da beide Initiativen der Errichtung von missae publicae galten und das Zusammenwirken privater und gemeindlicher Stiftung veranschaulichen, wurden sie beibehalten. Außerdem markieren sie gerade durch ihre Abweichung die Stimmigkeit der beschriebenen Kategorien.

145

Schließlich rührten die Zuordnungsschwierigkeiten (und die sich daraus ergebenden, statistisch unbefriedigenden Unschärfen) daher, daß das Quellenkorpus als solches nicht homogen ist. Keineswegs liegt für jede Stiftung ein regelrechter Stiftungsbrief vor, noch folgen die vorliegenden Briefe einem einheitlichen Formular, weswegen die Angaben im Vergleich zu den gesetzten Merkmalen vielfach unvollständig bleiben mußten. Da das Quellenmaterial aber andererseits auch nicht so umfangreich ist, daß man solche Fälle einfach ausscheiden (oder anders geartetes Quellenmaterial, das sich in einzelnen Fällen anbietet, weglassen) könnte, lassen sich diese Lücken und Unschärfen kaum vermeiden. Aus den bezeichneten Gründen waren auch logische Zuordnungen (ja/nein) vielfach nicht möglich oder nicht eindeutig genug. Um diese Mängel auszugleichen, wurde versucht, dem Leser durch die Formulierung von Anmerkungen, die wo nötig respektive wo möglich ergänzende oder erläuternde Angaben machen, ein klareres Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten zu verschaffen. Unvermeidlich war dabei die Wiederholung von Fakten, die auch im Text zur Sprache kommen. Die Anmerkungen finden sich im Anhang. Sie sind den einzelnen, manchmal auch mehreren Tabellen zugeordnet und jeweils mit der Nummer versehen, die dem betreffenden Fall für alle Tabellen zugewiesen ist. Hinzuweisen ist an dieser Stelle auf die besondere Funktion der Tabelle 3 (S. 151 ff.). Dort sind nicht allein sämtliche die systematisch ausgewerteten Stiftungen betreffenden Quellenbelege zusammengestellt, vielmehr werden neben dem archivalischen Fundort auch jeweils die Art der Quelle respektive diejenigen genannt, die als deren Verfasser, Aussteller oder als Subjekte des durch sie festgehaltenen Rechtsgeschäftes erscheinen. Mit diesen Angaben steht sie nicht nur in enger Verbindung zur Tabelle 5 (S. 157ff.), das heißt mit der Frage nach den tatsächlichen Initiatoren der Stiftung, sondern bietet auch einen Einblick in die Struktur des Quellenkorpus und damit auch in die Struktur der übrigen Tabellen. Schließlich erlaubte es diese Zusammenstellung der Quellen, auf den archivalischen Fundort jeweils nur dann gesondert zu verweisen, wenn direkt aus der Quelle zitiert wurde, während es sonst genügte, auf die Kategorie und die Nummer des bezogenen Falles respektive auf die Tabelle zu verweisen, in der sich ergänzende Angaben finden. Die Daten des badischen und pfalzischen Materials bestätigen die an württembergisch-konstanzischen Quellen erarbeiteten phänomenologischen Erkenntnisse weitgehend, weswegen davon abgesehen werden konnte, diese Fälle ebenfalls tabellarisch aufzuschlüsseln. Auf sie wird jeweils dort Bezug genommen, wo sich weiterfuhrende Erkenntnisse gewinnen oder aussagekräftige Unterschiede zu den Verhältnissen im Württembergischen Gebiet ausmachen ließen. Wo immer wörtlich aus den Quellen zitiert wird, folgt die Setzung der Satzzeichen den heutigen Regeln in der Absicht, vor allem für diejenigen, die mit den süddeutschen Dialekten weniger vertraut sind, den Text leichter lesbar zu machen.

146

3 Darstellung und Auswertung der Quellen 3.1 Basisdaten Die folgenden drei Tabellen sollen zunächst einen Überblick vermitteln über die grundlegenden Daten der systematisch ausgewerteten Minderpfründstiftungen. Sie informieren über Ort und Zeit der Stiftung, die Pfarrzugehörigkeit, die Patrozinien und den Fundort und die Art der Quellen. Der geographischen Verortung dient die Karte auf Seite 490. Die Tabelle 1 dient neben der räumlich-zeitlichen Verortung der Stiftung einer ersten statusmäßigen Zuordnung, die sich an den Pflichten orientiert, auf die später ausführlicher einzugehen sein wird. Präzisierungen und Auskünfte bezüglich der Zuordnung eines Falles finden sich, sofern diese als problematisch angesehen werden kann, in den Anmerkungen im Anhang (s.453fT.). Die Abweichungen im Aufbau der drei Teiltabellen (A, B, C) erklären sich aus den Amtsaufgaben der Pfründner, über die die Tabellen 7 (S. 185) und 10 (S. 200) Auskunft geben.

Tabelle 1: Basisdaten der Minderpfründstiftungen A: Stiftungen

an Pfarrkirchen

Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Aurich Beinstein Bern hausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen Ilsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u . H . Urbach Walddorf Zainingen

oder Kapellen im Pfarrkirche/Kapelle X X X X X X X X X X X

X

X

X

X X

X

X X X X X X X X

Pfarrdorf Stiftungsjahr 1497 1451 1494 1423 1452 1469 1495 1458 1500 1468 1482 1473 1453 1485 1447 1428 1498 1467 1481 1490 1496 1497

Meßpfründe/ Kaplanei X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

147

Tabelle 1:

(Fortsetzung)

B: Stiftungen an Filialkirchen Nr.

Gemeinde

Pfarrkirche

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Arnegg Bartenbach Beuren u.N. Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen Winterlingen

Harthausen Göppingen Nürtingen Oberiflingen Empfingen Zwerenberg Bittenfeld Upfingen Laichingen Korb Ebingen Ebingen

Stiftungsjahr 1498 1448 1413 1462 1460 1512 1471 1496 1432 1456 1456 1487

C: Stiftungen an Filialkirchen mit kurialen Rechten

Meßpfründe/ Kaplanei X X X X X X X X X X X X

(Kuratkaplaneien)

Nr.

Gemeinde

Pfarrkirche

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Altenriet Baltmannsweiler Berghaupten Egenhausen Endersbach Espasingen Heimbach Heselwangen Holzhausen Hohenwart Kayh Laufen Mühlhausen Mühlheim a. Bach Ohmden Schallbach Scharnhausen Suppingen Weiler u. Schornd.

Neckartenzlingen Hochdorf Zunsweier Walddorf Waiblingen Bodman Köndringen Balingen Bergfelden Ebhausen Altingen Burgfelden Haisterkirch Empfingen Kirchheim Binzen Nellingen Laichingen Winterbach

Stiftungsjahr 1468 1440 1512 1495 1438 1523 1505 1500 1522 1458 1437 1522 1493 1472 1484 1523 1446 1481 1524

In Tabelle 2 wird angegeben, zu Ehren welcher Heiliger die Pfründen errichtet und welches Patrozinium der Altar oder die Kapelle hatten, denen sie zugehören sollten. Es erscheinen immer nur die Angaben, die die Quelle selbst macht. Ergänzende Informationen, insbesondere zur Entstehungsgeschichte und zum Status der Pfründen, Altäre und Kapellen und zu den Verhältnissen der Pfarrkirche, finden sich - soweit sie erschlossen werden konnten - in den Anmerkungen zur Tabelle vermerkt 14 . Soweit sich dies aus dem Text der Quelle eindeutig erschließen ließ, gibt die Tabelle 2 auch Auskunft darüber, ob der Altar mit der Pfründe zusammen errichtet wurde, anders gesagt, ob zur ditatio tatsächlich ein Akt der fundatio respektive constructio hinzutrat. 14 siehe Anhang, S.459ff.; vgl. v.a. M.Krebs. Investiturprotokolle.

148

Tabelle 2: Heiligenpatronate der Kapellen, Altare und Pfründen A: Stiftungen an Pfarrkirchen und im Pfarrdorf Angaben der Quellen zu den Patrozinien Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Aurich Beinstein Bernhausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen Ilsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u.H. Urbach Walddorf Zainingen

Altar in der Pfarrkirche

Kapelle

Pfründe

Gotthard Maria

Hl. Kreuz, Maria ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe Barbara, Johannes d.T. Nikolaus ohne Angabe ohne Angabe Maria ohne Angabe ohne Angabe Maria ohne Angabe Maria, Zwölfboten Maria ohne Angabe ohne Angabe Maria, Nikolaus, Wendelin ohne Angabe ohne Angabe Maria, Lorenz, Trinitatis ohne Angabe

Hl.Kreuz, Barbara ohne Angabe Maria u.a. Maria Barbara 'fr Nikolaus Maria Anton Bernhard Peter, Zwölfboten Maria Zwölfboten Maria Ottilie Sebastian Maria Maria ohne Angabe Maria Maria

B: Stiftungen an Filialkapellen Angaben der Quellen zu den Patrozinien Nr.

Gemeinde

Kapelle

1 2

Arnegg Bartenbach

ohne Angabe ohne Angabe

3 4 5 6 7

Beuren u.N. Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen

ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe Maria

8 9 10 11

Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen

ohne ohne ohne ohne

12

Winterlingen

Gertrud

Angabe Angabe Angabe Angabe

Altar Maria u.a. Maria, Othmar, Nikolaus, Barbara Nikolaus Anton, Barbara Maria, Michael Maria •ff" Trinitatis, Alle Heiligen ohne Angabe Peter u. Paul Wolfgang •fr Maria, Katharina, Dorothea, Konrad dito

Pfründe ohne Angabe ohne ohne ohne ohne ohne dito

Angabe Angabe Angabe Angabe Angabe

ohne Angabe ohne Angabe dito dito dito

"8" = Der Altar w u r d e im Z u s a m m e n h a n g mit der P f r ü n d s t i f t u n g erstmals errichtet

149

Tabelle 2: C:

(Fortsetzung)

Kuratkaplaneien Angaben der Quellen zu den Patrozinien

Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 U 12 13 14 15 16 17 18 19

Gemeinde

Kapelle

Altenriet Baltmannsweiler Berghaupten Egenhausen Endersbach Espasingen Heimbach Heselwangen

ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe Agathe ohne Angabe Gallus ohne Angabe

Holzhausen Hohenwart Kayh Laufen Mühlhausen Mühlheim a. Bach Ohmden Schallbach Scharnhausen Suppingen Weiler u. Schornd.

Othmar, Oswald ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe

Altar Katharina. Ulrich Ägidius Georg Johannes Ev. ohne Angabe Nikolaus ohne Angabe Anton, Sebastian Barbara, Lucia ohne Angabe tf Peter Clemens Gallus ohne Angabe •5" Maria u.a. Cosmas& Damian Peter & Paul, Konrad Ottilie, Lucia, Cyriakus Brigitta Hl.Kreuz, u.a.

Pfründe ohne ohne dito ohne ohne ohne ohne ohne

Angabe Angabe Angabe Angabe Angabe Angabe Angabe

ohne Angabe ohne Angabe ohne Angabe Katharina ? ohne Angabe ohne Angabe dito dito Maria, Ottilie ohne Angabe ohne Angabe

"v1 = D e r Altar w u r d e im Z u s a m m e n h a n g mit der P f r ü n d s t i f t u n g erstmals errichtet

Die Tabelle 3 verzeichnet, wie vorstehend schon angemerkt, die archivalischen Fundorte der für einen Fall jeweils vorliegenden Quellen und macht Angaben zu ihrer Art, ihrem Verfasser oder Aussteller respektive den Subjekten des durch sie verbrieften Rechtsaktes. Mehrfaches Erscheinen in verschiedenen Spalten weist auf Inserte von Briefen, Reversen oder Zusagen hin. Zusätzliche, den Stiftungsakt nicht unmittelbar betreffende Informationen zum Fall, etwa Belege über Almosensammlungen, Käufe für die Pfründe, Beschwerden des Klerus oder der Gemeinde, Konflikte um Pfründgut oder andere Ereignisse vorliegen, sind in den Anmerkungen zu finden. Die Auflösung der Siglen findet sich auf Seite 152.

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E \ zu Schallbach (C 16) die Kirchenpfleger und das Gericht für die Gemeinde und die «Inwoner desselben dorffs»21\ zu Scharnhausen (C 17) «Scultetus et Judices totaque universitas ville Scharnhusen»2*. Was nun die Finanzierung der Stiftungsausstattungen betrifft, so basierte diese vornehmlich auf Almosen. Unter den Begriff fallen alle bedingten und unbedingten Gabenreichungen, aber auch Bußopfer respektive Redemptionen 29 . Sie wurden nicht allein von denen beigebracht, die in einer Gemeinde als Vollbauern oder Hausväter saßen, sondern ebenso von den wirtschaftlich und politisch minderberechtigten Einwohnern, auch von den Frauen 30 . Kirchen ohne Pfarr- und Sendrecht hatten keine regulären Einkünfte aus der kirchlichen Gerichtsbarkeit 31 . Ihre Einkünfte beruhten vor allem auf freiwilligen Opfern, die aber häufig einem bestimmten Zweck gewidmet waren 32 . Die Verwaltung der Almosen lag in der Hand von Kirchen- oder Heiligenpflegern, die in den Stiftungsbriefen gelegentlich auch ausdrücklich als Initiatoren oder Geldgeber genannt sind. In den württembergischen Gerichten scheinen sie in der Regel im Auftrag von Schultheiß und Gericht tätig geworden zu sein. Eingehendere Auskünfte über ihre Tätigkeit finden sich am ehesten in den Fällen, wo zu einer Stiftung Grundbesitz oder ewige, an Grund und Boden gebundene Rechte fielen. Nicht selten wird erst aus der Auflistung der Dotationsgüter oder aus späteren Urteilen über Konflikte um Pfründgut ersichtlich, daß die Heiligen- oder Kirchenpfleger die betreffenden Güter und Rechte schon lange vor der endgültigen Fundierung einer Stiftung gehandhabt hatten oder sie zum Teil auch noch danach handhabten. Wo, wie in Württemberg, die Heiligenpfleger nicht unmittelbar aus dem Kollegium der Sendschöffen hervorgingen und daher selbst Recht weder weisen noch gewähren konnten, traten bei den im Namen der Pfründe durchzuführenden güterrechtlichen Transaktionen der Schultheiß und das Gericht auf - und zwar im Namen der politischen Gemeinde und des Kirchenvolkes. Auf die Almosen, ihre Herkunft und ihre Verwaltung wird noch ausfuhrlich einzugehen sein, so daß an dieser Stelle einige Belege genügen mögen 33 . 23 Zum Wohnsitzprinzip und seiner Bedeutung für kirchenrechtliche Fragen: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 173 ff., 185 ff.; siehe dazu auch H.-W. Goetz, Kirchenschutz, S. 196, Anm.21. Zum ius soli: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 757. 24 EAF Ha330b, foi. 431-34. 25 Ebd., fol. 506-10. 26 WR 6818. Siehe TeilC. Anm.4. 27 EAF Ha330b, fol. 488-93. 28 WR 11178. 29 Siehe Teil C, Anm.443. 30 Siehe dazu A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 3 0 f f , 38ff., 124ff., 197ff. 31 Zu den Stiftungen aufgrund von Bußauflagen siehe Teil C, Kap. III.6.2.; vgl. A. Angenendt, Missa specialis, S. 154fT„ 158 ff. 32 Zur portia canonica vgl. Teil C, Anm.307. 33 Siehe Teil C, Kap. 3.6.2.

160

1428 stiftete die Gemeinde des Dorfs Plochingen in der im Dorf gelegenen Ottilienkapelle eine Ewigpfründe (A 16). Die Dotation bestand aus Gütern, deren Erträge jährlich vierzig Pfund Heller ausmachten. Dazu heißt es: «die selb tätigen vorgeschribnen guter allun mit allen iren zinßen, nuczen, gälten vnd zugehörungen wir erkoujft haben an die vorgedauchten pfründ mit vnserm Almußen vnd mit annder Crister glöbigen menschen Almußen, die uns Ir mitten hend dar zu erbotten hand»iA. Die Gemeinde Ilsfeld stattete ihre 1468 errichtete Stiftung mit Gütern, Heller- und Fruchtzinsen aus, die sie aus Almosen erworbenen hatte. Zur dos fielen außerdem der St. Peters-Zehnt und ein Zehnt zu Abstatt. Zu den beiden Zehnten bemerkte die Gemeinde in ihrem Brief: «Item letztlich so begaben wir vnd dotirn solch prebend mit dem zehenden, genant sant peters zehent [...] Item dar zu begaben wir vnd dotirn solch prebend mit dem zehenden zu bustatt [!J»iS. St. Peter war einer der Heiligen der Pfarrkirche zu Ilsfeld, deren Patronat 1300 in einem Tauschgeschäft von den Württembergern an den Johanniterorden gelangt war 36 . Das Zehntrecht, das dem Heiligen gehörte, stand offensichtlich unter gemeindlicher Verwaltung. Dasselbe gilt von den Zehnten zu Abstatt, die eine «erbar fraw» für die Abhaltung von zwei Jahrzeiten gestiftet hatte. 1423 errichtete die Gemeinde Bernhausen eine Pfründe (A 4), in deren Stiftungsbrief zu lesen ist, die zu übergebenden Erträge und unbeweglichen Güter seien durch die frommen Werke der Christgläubigen aufgebracht worden 37 . 1420 hatten Schultheiß und Gericht zu Bernhausen von Walther Ludwig 2 Pfund Heller Ewigzins aus seinen Gütern im Zehnten zu Plieningen um 25 Gulden und 10 Schilling Heller baren Geldes für die Ausstattung einer Pfründe erworben 38 . Nach Auskunft des Kaufbriefs sollten die erworbenen Zinse, von «den hailigenpflegern zu Bernhausen, wer die dann sien, an all geverd» eingezogen werden 39 . Die Gemeinde Sontheim stiftete 1432 eine Pfründe (B 9), die sie außer mit Eigengütern und Nutzungen mit Erträgen aus dem « Widenhoff« zu Sontheim, einem Gut, das auch der «haiigen Zenhend» genannt wurde, und den «Heiligenäckern» dotierte 40 . 1483 reversierte ein Peter Mayer den Heiligenpflegern zu Sontheim ein Erblehen, das «Feldlehen der Heiligen zu Sontheim» nämlich, für das jene sowohl die Loslöse wie den Handlohn einzuziehen hatten 41 . Die cura für das Heiligengut lag demnach bei den Heiligenpflegern und dem Gericht der Gemeinde Sontheim, die auch darüber entschieden, ob und in welchem Umfang aus Einkünften oder Gütern des Heiligen gestiftet werden sollte.

34 WR 11174. 35 WR 10369. 36 Zu den Motiven und Ursachen für die Wahl oder den Wechsel des Patroziniums: G. Zimmermann, Patrozinienwahl, T.2, S. 7 ff. 37 WR 12696. 38 WR 12689. 39 Ebd. 4 0 WR 13926. 41 WR 13992.

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Zur dos der Pfründe, die 1467 in der Liebfrauenkapelle zu Rottenacker (A 18) errichtet wurde, fielen neben Haus, Hof, Hofraite, Garten, Wiesen, Äckern und Gülten auch «fünf pfund haller von den haiigen zu rottnacker, vnd wär sach, das die genant vnser liebe fraw sovil gelts überkäm, das man der genanten capplony fünf pfund haller zins mer stifften möcht. So sollen denn zemal die genanten fünf pfund haller der heiigen tod und ab sin»42. Die Heiligen zu Rottenacker unterstützten die Stiftung der Marienpfründe durch eine befristete Kapitaleinlage. Sobald diese genügend Geld eingenommen hatte, um daraus einen entsprechenden Zins zu kaufen, sollten die Heiligen ihrer Verpflichtung ledig sein . Eine ganz ähnliche Regelung traf 1473 die Gemeinde Metzingen (A 12). Allerdings gehörte das der Pfründe vorläufig überlassene Hilfskapital nicht dem Heiligenfonds, sondern der weltlichen Gemeinde oder Genossenschaft. Die Stifter versicherten, sie wollten außer einem Haus, «darin einem priester zu wonend zimlich vnd gepürlich ist, f...] von allen den gemainden vnd nutzungen, die wir habent, der benanten pfründe järlichs uf sanct Martins tag geben vier pfund hlr zinses, als lanng bis wir die mit anderen vier pfund hlr gelts, die in die ewigkeit gewiss syent, wider ledigen mögent, des wir zu allen ziten macht und gut recht haben söllent ungeuerlich»44. Daß es zuvor in diesem Brief in Anlehnung an das Pauluswort 45 heißt, daß «die menschen, die dem altar dienend, billich davon Ir lipnarung haben söllent... »46, erlaubt den Schluß, daß auch hier die vier Pfund Heller aus Almosen aufgebracht werden sollten, die man in Zukunft von den Gläubigen für den genannten Altar und seine Pfründe zu erhalten hoffte. Ebenfalls bloß subsidiarisch überließ die Gemeinde Sontheim (B 9) der von ihr errichteten Pfründe gewisse ihrer gemeinen Nutzungen. Zur dos waren 10 Pfund Heller geschlagen, die die Gemeinde aus ihrem Bannholz aufbringen wollte. Es sollte aber so bald wie möglich ein entsprechender Ewigzins für die Pfründe gekauft werden, damit «der vorgenant wald vnd daß holtz ledig vnd loß sig»41. Öfter liest man in den Stiftungsbriefen, daß Gemeinden Eigengüter und Nutzungen zur dos ihrer Pfründe gaben, ohne daß erkennbar wird, ob diese Güter und Rechte einzelnen Gemeindebürgern, einer bestimmten dörflichen Schicht oder aber sämtlichen Einwohnern des Dorfes gehört hatten. Zur ersten Möglichkeit ist allerdings anzumerken, daß nennenswerte Beiträge einzelner Personen wegen der damit verbundenen Seelmeß- oder Fürbittansprüche in der Regel gesondert erwähnt wurden.

42 43 44 45 46 47

WR 7219. Siehe Teil C, Kap. 3.6.2. WR 13977. I.Kor.9, 13. WR 13977. WR 13926.

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In welcher Weise die gesamte Einwohnerschaft an einer Stiftung beteiligt werden konnte, zeigt der Brief der 1456 in der Kapelle zu Winterlingen errichteten Pfründe (B 11). Den Kern der dos machte ein Seelgerät aus, zu dem die Gemeinde aus Almosen und eigenen Einkünften zustiftete. Die «gemain mayerschafft» und die «gemain gepursami» gaben zusammen 3 Pfund Heller. Die Meierschaft stellte die Pfründgüter von der Steuer frei, die ihr von diesen zustand. Von der Bauernschaft sollten die, die ein eigenes Pferd und einen Karren hatten, dem Kaplan je einen Karren Holz geben und auf seine Hofstätte fahren. Schließlich heißt es, «welcher aber nit ain hus, Sounder aigen brot hät, der sol Im als liebs tun»4*. Die Beiträge der Gemeinden zu den Dotationen werden später (Kap. 3.5) ausführlich behandelt. Was es hier zu zeigen galt, war zunächst, daß sehr wohl das Kirchenvolk, das heißt die gesamte christliche Einwohnerschaft eines Sprengeis oder Dorfes zur Finanzierung der von ihren politischen Vertretern oder den Heiligenpflegern in ihrem Namen unternommenen Stiftungen beitragen konnte. Mit anderen Worten, daß die kirchliche Stiftung auf dem Land nicht allein Sache der Besitzenden, der Hausväter oder gar der Vollbauern war. Daß jene das Haus und diese das Dorf im Gericht oder gegenüber den Herren vertraten, heißt nicht, daß die von ihnen Vertretenen überhaupt keine eigenen Rechte besessen hätten. Was sämtliche Einwohner besaßen, war jedenfalls eine Seele und das Recht auf Seelsorge. Erst auf diesem «Gottesrecht»49 aller konnten besondere Ansprüche Einzelner oder bestimmter Gruppen begründet und politisch umgesetzt werden. Wenn der Einzelne letzendlich selbst für seine Seele verantwortlich war, konnten die Inhaber politischer Rechte ihre im weltlichen Bereich begründete Verantwortung nicht ohne weiteres vollkommen abgelöst von den religiösen Bedürfnissen und Nöten ihrer Klientel wahrnehmen. Auch waren sie in der Rolle eines Schutzherrn des christlichen Glaubens und der ecclesia nicht besonders glaubwürdig, wenn sie sich persönlich außerhalb des göttlichen Rechts stellten. Wenn der Glaube verloren oder das «Gottesrecht» unterging, war in jedem Fall auch die darauf gegründete Anwaltschaft der politischen Rechtsträger hinfallig50. Die Inhaber politischer Ämter, wie Schultheiß, Ammann oder Vogt, stifteten nicht von Amts wegen, das heißt aus den Einkünften ihres Amtes - und schon gar nicht im Namen der Herrschaft. Wenn sie mitdotierten, dann als Privatpersonen und damit nicht ratione officii, sondern pro anima51. Doch hatten diese Amtsträger, wenn sie zum Pfarrvolk gehörten und «opferbar»52 und «sendbar» waren, freiwillig oder unfreiwillig ihr Almosen gegeben und daher wie andere zum Heiligen-

48 WR 6847. 49 Zum Ausdruck «Gottesrecht» für Pfarrecht siehe den Streit um die Versehung der Gemeinde Ailingen: EAF Ha413, fol. 261-266; oder auch, mit Bezug auf das schweizerische Zug: C.Pfaff, Pfairei und Pfarreileben, S. 230. 50 Zum Erwerb des ius patmnatus siehe Teil B, Kap. 2.3. Zur Entwicklung der Problematik in Folge der Reformation: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 127 ff. 51 Siehe das Seelgerät J.v. Schauenburgs in der Kapelle zu Berghaupten (C 3). 52 Zur Verwendung des Begriffes im Sinne von «pfarrpflichtig»: Schallbach (C 16): EAF Ha330b, fol.491. Zur Gleichsetzung der Pfarrpflichtigen mit den «armen Leuten» siehe z.B. Mühlhausen (C 13) und Holzhausen (C 9).

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oder Fabrikgut beigetragen. Auch wenn sie vom Send freigestellt oder sogar pfarrexemt waren, zählten sie doch, solange sie im Ort oder in der Pfarrei ihren Wohnsitz hatten, zumindest zur Siedlungs- oder Gerichtsgemeinschaft53. Beides stellte sie auf die Seite der stiftenden Gemeinde. Dasselbe gilt für die Herren, die allerdings in den meisten Fällen sowohl pfarrexemt als auch ortsfremd waren und von daher an der gemeindlichen Stiftung nur über eine Schenkung pro anima oder über den Verzicht auf Einkünfte aus ihren Herrenrechten teilnehmen konnten, wie zum Beispiel der Graf von Württemberg bei der Stiftung zu Bissingen (A 5)54. Wer nicht persönlich durch seinen Beitrag zur dos, seine Zugehörigkeit zum Kirchenvolk oder privatrechtliche Vereinbarungen mit der Gemeinde an der Stiftung teilnahm, konnte auf die Stiftung zwar auch mittels einer Gebotsgewalt über die stiftende Gemeinde oder das Stiftungsgut oder auf der Grundlage von Pfarr- und Patronatsrechten Einfluß nehmen55, doch hing der Erfolg von der politischen Konstellation ab. Wenn die Stifter den Inhaber der iurisdictio ordinaria auf ihrer Seite hatten, ließ sich die Stiftung unter Berufung auf die necessitas populi erzwingen56. Auch die Pfarrer stifteten in der Regel nicht ratione officii, sondern als Privatpersonen. Die Stiftung von Amts wegen hätte das Amt in die Position des Stifters oder Mitstifters gehoben, wodurch nicht allein die necessitas populi eingestanden und bei Pfründstiftungen in Kapellen deren Verselbständigung unterstützt worden wäre, sondern dem Amt auch die Pflicht hätte zufallen können, die Stiftung zu vollenden und ihren dauernden Erhalt zu garantieren57. Besonderes Interesse verdienen die Zustiftungen von seiten derjenigen, die selbst auf der aufzubessernden Pfründe saßen, wie dies zum Beispiel bei der Frühmesse zu Kuppingen ( A l l ) der Fall war58. Aufbesserungen, die so erfolgten, oder Neustiftungen, zu deren Finanzierung Kleriker unter der Bedingung beisteuerten, daß ihnen die Pfründe geliehen wurde, dienten jedenfalls der Status- oder Existenzsicherung. Möglicherweise konnte der Beitrag zur Stiftung bewirken, daß für die Amtszeit des mitstiftenden Klerikers gewisse patronale Rechte ausgesetzt wurden, denen dieser sonst unterworfen gewesen wäre.

53 Aufschlußreich für die Handhabung von Ablässen durch die Gemeinde ist die Anordnung der Gemeinde Hallau, wonach jedes Gemeindemitglied einmal jährlich zugunsten der eigenen Kirche einen Ablaß erwerben mußte. Das Ablaßprivileg verdankte die Kirche einem päpstlichen Erlaß, aufgrund dessen sie auch die Errichtung einer eigenen Pfarrpfründe durchgesetzt hatte. Sie trug die Haftung für den Unterhalt des Pfarrers wie für den Kirchenbau: P.Bierbrauer, Hallau und Thayngen, S. 26. 54 Württemberg erwarb das Recht auf die erste Präsentation, weil es die Güter der dos von den weltlichen Lasten freigestellt hatte. Siehe Tabelle 18 (S.405) und Teil C, Kap. 3.6.5. 55 Die patronatsrechtlichen Traktate des 15. Jh.s lehnten den Erwerb des Patronats aufgrund von Herrschaftsrechten ab: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 67, vgl. auch ebd., S. 93, 113. 56 Die Inhaber kirchlicher Bannrechte, denen die Zulassung notwendiger Stiftungen durch das Urteil des Ordinarius abgezwungen werden mußte, sollte ihren Anspruch auf ein Patronat verlieren: ebd., S. 71. Vgl. dazu die Umstände der Stiftung zu Sisikon: C.Pfaff, Pfarrei und Pfarreileben, S. 218. Durch Papsterlaß wurde auch die Separation der Kirche Zwerenberg von Ebhausen erzwungen: WR 14703, 14705 f. 57 Zur Erzwingung der Vollendung angefangener Stiftungen siehe Teil B, Anm. 266. 58 WR 9496. Vgl. die Stiftung in der Dietrichskapelle zu Rülzheim (Pfalz): F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 218.

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Seelgeräte wurden von den Kirchen- oder Heiligenpflegern für die Ausstattung von Pfründen im Einvernehmen oder sogar im Auftrag der privaten Stifter herangezogen. Durch ihre Einschmelzung in die dos eines beneficium distinctum oder ecclesiasticum wurden diese Seelgeräte ebenso wie die zweckbestimmten Almosen «kommunalisiert» in dem Sinn, daß sie zum Unterhalt eines ständigen Priesters und somit zur Gewährleistung des öffentlichen Gottesdienstes beitrugen. Das heißt, sie wurden dem örtlichen Kirchenvolk nutzbar gemacht. Man kann aber von einer Kommunalisierung dieser privaten Stiftungen auch deswegen sprechen, weil das ortsansässige Kirchenvolk die private Stiftung mit in die Verantwortung einschloß, die ihm für die gemeindliche Stiftung aufgebürdet wurde. Diese Verantwortung war nicht allein eine treuhänderische, wie sie durch die Übertragung der Aufsicht auf die Heiligenpfleger, den Send59 oder die städtische Obrigkeit™5 übernommen werden konnte, vielmehr brachte sie, da sie im ius patmnatus gründete, eine ökonomische Haftung mit sich. Diese Haftung lastete weder auf Schultheiß und Gericht noch auf den Inhabern der Herrenrechte, sondern auf dem Kirchenvolk, dessen Bedürfnissen die Stiftung dienen sollte und das daher auch verpflichtet werden konnte, für die Kosten aufzukommen. Kommunalisierung meint also in diesem Fall tatsächlich eine Umlegung von Nutzen und Schaden auf die communitas6i. Inwieweit die communitas an der Handhabung der Rechte beteiligt war, die aus dem Nutzungsrecht und der Haftungspflicht hervorgingen, hing von einer ganzen Reihe von Faktoren ab; von den Verhältnissen weltlicher und kirchlicher Gerichtsbarkeit, von den Patronatsverhältnissen der Pfarrkirche oder der Kapelle, vom Pfarrecht und von den Vereinbarungen, die bei der Übertragung des Seelgeräts geschlossen worden waren. Wesentlich ist, daß letztere sämtliche Herrenrechte unterlaufen konnten, weil das Seelgerät an sich außerhalb des pfarrlichen und kirchlichen Bannrechts stand und mit Gütern dotiert sein konnte, die frei waren und außerhalb jeder Gerichtsbarkeit des Ortsherrn lagen. Schließlich ist noch von den Beiträgen zur dos gemeindlicher Stiftungen zu reden, die von Seiten der Inkorporationsherren herrührten. Wie sich den Konflikten entnehmen läßt, die den betreffenden Stiftungen vorausgingen, war die Initiative in jedem Fall von der Gemeinde ausgegangen. Weder die Zulassung der Stiftung noch ihre finanzielle Unterstützung durch die Inkorporationsherren erfolgte freiwillig. Vor allem erfolgte sie nicht umsonst. Die Gemeinden Berghaupten (C 3), Heimbach (C 7) und Mühlhausen (C 13), die ihre Pfründen gegen den Widerstand der Inkorporationsherren der Mutterkirchen erkämpfen mußten, und die Gemeinde Ohmden (C 15), deren Stiftungsinitiative das württembergische Hofgericht beschäftigte, mußten mehr oder weniger einschneidende Rechtsminderungen für sich oder ihre Pfründe in Kauf nehmen. Die Überlassung von Einkünften aus dem pfarrlichen Recht, die ehedem den Inkorporationsherren und ihren Pfarrvikaren zugestanden hatten, machte die inkorporierte Pfarrkirche zur Mitstifterin und bewirkte, daß den Kuratkaplaneien der Status selbständiger Titel vorenthalten und ihre Inhaber zu Pfarrhelfern erklärt werden konnten. Letztendlich wurden diese 59 Siehe dazu die Stiftung zu Weyher im Text (Teil C, Kap. 3.6.2.) bei Anm.487. 60 Den neuesten Forschungsstand referiert M.Borgolte, Kirche, siehe v.a.S. II7, außerdem noch immer A.Schultze, Stadtgemeinde und Kirche, S. 117, 134. 61 Siehe Teil C, Kap. 3.6.

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Stiftungen für die Inkorporationsherren aber selbst dann zum Verlustgeschäft, wenn sie für einen geringen Beitrag das ius praesentandi erworben hatten. Denn die Rechtsform der Helferei war kaum mehr als eine Fiktion, wenn das Vermögen der Pfründen nicht vom Inkorporationsherrn oder dem Pfarrvikar, sondern von den Heiligenpflegern verwaltet oder beaufsichtigt wurde. Deswegen ließ sich, wenn die necessitas populi erst einmal anerkannt war, die Verselbständigung der Kapellen und der Filialgemeinden oft nicht mehr aufhalten.

3.4 Beweggründe und Zielsetzungen Das Quellenmaterial zur Pfründstiftung ist nicht derart, daß es auf die Frage nach den Beweggründen und Zielen der Initiatoren eine einfache und direkte Antwort liefern würde. Abgesehen von den vereinzelt die Stiftungsbriefe einleitenden Begründungen, von denen einige eher formelhaft, andere jedoch durchaus aufschlußreich sind, bleibt man bei der Analyse der Stiftungsmotive der Gemeinden auf eine Interpretation der Stiftungsumstände, vor allem der Stiftungsbestimmungen angewiesen und damit auf den Rückschluß von der äußeren Gestaltung der Stiftung auf das innere Bedürfnis der Stifter. Angesichts des dialektischen Verhältnisses von Recht und Religion, durch welches die mittelalterliche Kirche in besonderer Weise geprägt war, kann eine solche Reflexion vom rechtlichen Wollen der Gemeinde auf ihr religiöses weit mehr Information bieten, als man nach einem ersten Lesen einer Stiftungsurkunde vermuten könnte. Die methodische Schwierigkeit liegt darin, daß als Reflexionsfläche das Kirchenrecht zu dienen hat, das selbst starke Verwerfungen in sich trägt. Ein Umstand, dem durch die Skizzierung des kirchenrechtlichen Hintergrundes im ersten Teil der Arbeit Rechnung getragen werden sollte. Eine grobe Analyse der den Altardienst und die Seelsorge betreffenden Stiftungsbestimmung legt deren Unterteilung in zunächst zwei Gruppen nahe, die der klassischen Unterscheidung von beneficium und officium entspricht. Die Stiftungbestimmungen, die das officium betreffen, kommen im zweiten Teil dieses Kapitels zur Sprache. Der erste Teil befaßt sich mit den Stiftungsbegründungen.

3.4.1 Religiös-theologische Begründungen Die Stiftung bedurfte, wenn sie den Bereich des öffentlichen Gottesdienstes oder der ordentlichen Seelsorge betraf, der bischöflichen Bestätigung. Um diese zu erlangen, mußte der Nachweis einer necessitas populi erbracht werden. Das heißt nicht, daß das Kirchenvolk seinen Glauben unter Beweis stellen oder besondere Zeugnisse seiner Heilssehnsucht ablegen mußte, glaubhaft zu machen war vielmehr die Notwendigkeit, auf die Gefahr der Verschlechterung hergebrachter Bannrechte hin einen zusätzlichen oder eigenen Priester zu bestellen. Die necessitas populi war also keine theologische Kategorie, sondern eine rechtliche, die, obgleich sie die Bedürftigkeit und die Bedürfnisse des Kirchenvolkes für grundsätz166

lieh gegeben ansah, deren Befriedigung und Linderung von bestimmten äußeren und im Grunde sachfremden oder untheologischen Kriterien abhängig machte. Dennoch war es etlichen Gemeinden wesentlich und wichtig, den eigentlichen Stiftungsbestimmungen eine Auslassung über ihre religiösen Motive voranzustellen. Der Grund dafür dürfte ebenfalls im Recht zu suchen sein, allerdings nicht im weltlichen, sondern im göttlichen Recht. Oder besser gesagt, in einem von der Amtskirche in jeder Weise geforderten Verständnis vom Wort Gottes als Gesetz, von der Spendung der Sakramente als einem rechtstiftenden Akt und von den frommen Werken, der Buße, der Almosenreichung, der Schenkung oder Stiftung als gerechtmachenden Handlungen (Werksgerechtigkeit) 62 . Nach dieser Auffassung war das Seelenheil sozusagen einklagbar, sofern man nur vor dem Jüngsten Gericht den Beweis eines gerechten Lebens an sich oder ersatzweise hinreichender Bußleistungen - auch in Form von Almosen, Meßfeiern oder Ablässen - antreten konnte. Die von der Gemeinde für die Gemeinde unternommene kirchliche Stiftung war, wenngleich sie der äußeren Organisation der örtlichen Seelsorge diente, doch auch fromme Stiftung insofern, als sie nicht nur pro cura animarum, sondern eben auch pro anima erfolgte. Die stiftenden Gemeinden schlössen demnach nicht allein einen Vertrag mit der Kirche, sondern auch mit Gott. In diesen Vertrag war jeder Ortsansässige ratione domicilii aufgenommen; es konnte ihm aber auch jeder beitreten, der freiwillig etwas zur Stiftung beitrug - wie bescheiden sein Beitrag auch immer sein mochte und wo immer er auch ansässig war. 1453 beantragten der «Schultheiß, Das gericht vnd die gantz gemainde des Dorffs» Möglingen als Initiatoren und im eigenen Namen die bischöfliche Bestätigung für die von ihnen unternommene Stiftung einer ewigen Frühmesse und Pfründe (AI3). Die den rechtlichen Regelungen vorausgestellte Begründung für diese Stiftung lautet: «Wann In der Hailigen kirchen gottes gut vnd ain werck der höchsten seligkait wirdt erkennet, So merung gottes diensts wirdt gefördert, darlnne wirdt geeret die gedächtnuß des lydens vnsers herren Cristus, wirdt genossen vnd ain selig hosty geopffert zu hail der gloubigen, lebenden vnd touten, Ouch solichs vß försichtigem Rate also geordnet, zuverdienen die ewigen seligkait. Hierumb so haben wir gedacht, mit kundtschajft diß brieffs zuerzelen, voran iiwer erwürdigen vätterlichait vnd darnach allen vnd yeglichen, die yetzo oder hernach diß gegenwertig geschrifft ansenhent, lesent oder hörent lesen, daz wir, als billich ist, gedächtnuß vnser missetät händ gehapt, vnd uß gotlichem Insprechen vnd nit anders 62 Siehe dazu K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 90 ff. Kritisch bewertet wird ebd., S. 92, die Aussagefahigkeit der Stiftungsbriefe in Beziehung auf die Motivation der Stifter: «Kein Kenner wird aus der Motivation einer Stiftungsurkunde besondere Schlüsse für die religiöse Einstellung des Stifters ziehen, denn er weiß, diese Beweggründe sind ein jahrhunderte altes Ausstattungsstück solcher Briefe, Bestandteile eines Kanzleiformulares, außer das Diktat bewegt sich in individuellen Formen.» Mit dem Nachsatz ist die wesentliche Einschränkung gemacht, die zumindest für etliche der hier vorgelegten Quellen Gültigkeit haben dürfte. Außerdem setzte Eder schon aufgrund des Stiftungsaufkonunens ohne weiteres voraus, daß die ländliche Bevölkerung mit den Glaubensinhalten vertraut war und ihr Bedürfnis nach Seelsorge einem eingewurzelten Bedürfnis entsprang. - Siehe zu den Motiven für die Errichtung von Messen auch A. Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 35, 124.

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bewegt, vmb vnser vorfaren vnd aller Christen gloubigen sele hails willen, [...] vmb merung willen göttlichs diensts von vnsern gittern vnd ander cristen menschen, die von den gutem, Inen von Got verlihen gäben, Ir miltigkait vns darzu mitgetailt händ»63. Aus dieser Formulierung spricht die Sorge der Gemeinde um die einstige Rechtfertigung ihrer Angehörigen vor dem Gericht Gottes. Ihre als unvermeidbar empfundenen Missetaten vor Augen, haben sich die Gläubigen entschlossen, etwas für die Rettung ihres Seelenheils zu unternehmen. Die Form der Meßpfründstiftung wurde gewählt, damit durch das Altaropfer und die Kommunion Gott an das Opfer seines Sohnes und das den Christen gegebene Erlösungsversprechen erinnert werde. Christus als Erlöser und Gott als strenger Richter erscheinen als zwei getrennte Personen. Die Kirche, die weiß, was Gottes Wille ist, tritt als Garant für die Heilswirkung der Eucharistie auf, denn sie hat die angewendeten Mittel «vß fiirsichtigem Rate [...] geordnet». Wichtig für das Recht der Stifter - sowohl gegenüber den Inhabern der Bannrechte und der Amtskirche als auch gegenüber Gott - ist das Faktum, daß die Stiftung aus freien Stücken unternommen wurde; das heißt, ohne durch Bußauflagen eines Beichtvaters oder die Anordnung eines geistlichen Richters in diesem speziellen Fall oder generell durch das ius commune dazu verpflichtet worden zu sein64. Die finanziellen Mittel, die die Gläubigen für die Dotation der Pfründe aufgebracht hatten, waren diesen nach dem Verständnis der Gemeinde zu Möglingen von Gott gegeben worden. Durch die Stiftung wurden sie dem Dienst Gottes gewidmet allerdings in der Erwartung des Lohns der frommen Tat, so wie es der Lehre der Amtskirche entsprach. Diese war am praktischen Stiftungsgeschäft nur insofern beteiligt, als das in der Schrift, in der Lehre und im Recht begründete Unternehmen der Gemeinde dem Bischof als erstem zur Kenntnis gebracht und er um seine Bestätigung gebeten wurde. Auf diese Weise gewann die Gabe vor den Menschen Geltung und das kirchliche Rechtsgeschäft Bestand. Ähnlich, in manchen Formulierungen noch ausführlicher, begründete die Gemeinde Metzingen 1473 ihre Pfründstiftung in der Liebfrauenkapelle, die oberhalb des Dorfes gelegen war (A 12): «Die wile vil menschen, die zum taile uß disem zite geschiden vnd zum taile noch In leben sind, Ir hailig almusen geraicht vnd geben habent an vnnser lieben frowen Cappel, genant zu der Ruwe, oberhalb dem dorff metzingen, [...] In der mainunnge, dz da selbshin ain öwige mess gestift vnd dardurch der hailig göttlich dienst gemeret werden solle. Dem nach dem almechtigen öwigen gott, der hailigen würdigen Jungfrowen Marie vnd allem hymelschen here zu lobe vnd eren vnd aller menschen Selen, die ir hailig allmußen an die gemelten Cappel ye gegeben habent oder fiirdrin geben werdent, sy syent lebend oder tod, zu hilffe vnd zu tröste, vß ansehunge vnd betrachtunge der mainunnge obgemelt vnd insonderhait des, dz durch das Ampi der hailigen mess das lyden

63 WR 8833. 64 P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 18; J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70 f.; P. Kamber, Marthalen.

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vnnsers lieben herrn Jhesu Cristi vmb ablauss willen vnnser sünden vor der angesicht des öwigen vatters allwegen erünnert wirt vnd vnns vß disem zite nutzit trostlichers nachvolgen vnd vor dem Strengen Richter des leisten gerichts zu ablegung vnnser Sünden vnd zu ervolgung öwigs lebens zu hiljf kummen mag dann allain die guten wercke, die wir In disem zite miltigklich gewürckt hand, so haben wir Schulthais vnd Richtere vnd die gantz gemaind ...» . Klarer als zu Möglingen ist hier Gottvater als der strenge Richter dargestellt, dem man das schon geschehene Erlösungswerk des «lieben herrn Jhesu Christi» durch das Altaropfer immer wieder vor Augen führen muß 66 . Der einzelne Beitrag zur Vollendung, Erhaltung und Erneuerung der Stiftung gilt den Metzingern ebenso wie deren Errichtung selbst als ein gutes Werk, das dazu beitragen wird, am Jüngsten Tag die Gnade Gottes zu erwirken. Eine ebenfalls aufschlußreiche Stiftungsbegründung findet sich in dem 1485 abgefaßten Brief der Gemeinde Mössingen (A 14), in dem es heißt: «So wir als Cristglöbig menschen Innenglich gedencken vnd betrachten menschlich plödigkait, deren von anfanng der geburt der tod allweg herschet, desß stund nyemands wissent ist, vnd des menschen tag kurtz sindt vnd hingand als der schait, der kainen stäten bestannd hat, Das wir och stan werden vor dem Richtstul got, des Strengen Richters, Ion zuentpfahend, wie wir vnns In vnnserm leben geübt haben, zü güt oder bösem, vmb das not ist, das wir vnns mit werken der miltigkait dem ewigen gott gevällig machen. Darumb nu, das wir desß flyssig Schaffer syen, das vnns gott der allmechtig hie vff erd empfolhen hat, durch das wir zytlichs In ewigs verwandeln, So haben wir zü lob vnd er des allmechtigen ewigen Gotts, vnnsers erlösers, vnd der hochgelobten kunngen, der Jungkfrow Marie, gottes gebererin, Insonder der hailigen zwolffbotten als besonnder gnaderwerber vnd Mittrichter gottes, Och alles himelschen heres, damit dann der Gotsdienst gemert vnd vnnser, vnser vordem vnd nachkomen, Insonnder herr Marquards Brunig säligen, aines genanten pfarrers vnd dechan bruders, vor zyten pfarrers zu Messingen, obbenent, vnd all glöbig Selen getrost werden, In der pfarrkirchen daselbs zu Messingen f...] vffgericht vnd gestifft... »bl. Geschildert wird die conditio humana, die sich aus der Schöpfungsgeschichte erklärt, in der dem Menschen von Gott grundsätzlich die Unsterblichkeit vorenthalten und, weil er der Versuchung nicht widerstehen konnte, auch das Paradies verweigert wurde. Seither kann der Mensch das Gute vom Bösen unterscheiden, aber seine Lage ist bestimmt durch die Folgen des Sündenfalls. Eine Aussöhnung mit Gott wird erst am Jüngsten Tage und auch dann nur für diejenigen zu erlangen sein, die ihre Erkenntnisfahigkeit und das von ihnen mit Gottes Hilfe erworbene Gut genutzt haben, um ein frommes und mildtätiges Leben zu führen. Anders als in den beiden zuvor zitierten Briefen erscheint hier Jesus Christus zugleich als Erlöser und als Richter, um dessen Gunst man sich verdient machen muß. Auch die Gemeinde Mössingen betrachtet die Stiftung selbst als frommes Werk, durch

6 5 W R 13977. 6 6 Ähnlich Steinreinach ( B 10). 67 W R 13399.

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das «zytlichs in ewigs» verwandelt, das heißt vergängliche Materie eingesetzt wird, um einen Anspruch auf Erlösung vom ewigen Tod zu erwerben. Das Bild vom Weg zum Heil, das die Gemeinde Mössingen entwickelt oder aufgreift, weicht von dem, das die Möglinger und Metzinger vor Augen hatten, in einem wesentlichen Punkt ab. Während dort vor allem anderen die Messe als das einzig probate Mittel dargestellt wird, um dem doch immer sündigen Menschen die Gnade Gottes zu erwirken, geht es hier vornehmlich um eigene Unterscheidungsfähigkeit, die eigene Anstrengung und die Hilfe der Heiligen, die sich verdienen oder ausbedingen läßt. Bemerkenswert ist insbesondere, daß sich die Gemeinde nicht allein der Fürsprache der Jungfrau Maria und der Heiligen zu versichern sucht, sondern die Zwölf Apostel, denen der Altar, auf dem die Pfründe gestiftet wurde, geweiht wie auch diese selbst gewidmet war, zu «Mitrichtern» Christi im Jüngsten Gericht erklärt. So als müsse man sich dasselbe als sozusagen letzten «Dinghof der Christenheit» vorstellen, in dem die Schöffen über jeden Einzelnen Zeugnis zu legen und als Mitrichter das Urteil zu finden hatten. Rechtspraktisch machte dies durchaus Sinn, denn die Zwölf Aposteln waren, nachdem man ihnen den Altar geweiht und die Pfründe gewidmet hatte, zu Mössingen quasi ortsansässig und der Gemeinde rechtsverwandt. Ihre so erwirkte Präsenz machte sie auf ewige Zeiten zu Zeugen einer jeden einzelnen auf ihrem Altar gelesenen oder gesungenen Messe und eines jeden auf diesen gefallenen Opfers oder Almosen. Auch das fromme Werk der Pfründstiftung selbst würden sie am Jüngsten Tag im Namen der ganzen Gemeinde zur Anrechnung zu bringen haben 68 . Wieder anders gewichteten die Stifter der 1456 zu Winterlingen errichteten Marienpfründe die Dinge (B 11). Im Brief ist zu lesen: «wann alle menschen von vrpsrung öwiger wißhait dar zu gebildet, geordnet vnd geschöpjft sind, das rieh gottes vnd die werck göttlicher tugent vor allen dingen zu süchen, ze würcken vnd zu werben, vnd alsvil die stimme menschlicher natur von diem Influss deß haiigen gaists mer erlücht vnd mit sölicher vernunfft begäbet sind, zuverstän vnd zu erkennind die mänigvältigen gnad, So die krafft gottes an vns geleit hät, So vil syen wier der vntailhafftigen dryfältikait me gebunden, lob, gnad vnd er zu dancken. Nun, daß all vnnser vorfarn vnd nachkumen Übung vnd gut gedät vor diem anblick, beschowung alle vnsser vordem, nachkumen vnd aller glöbigen seien zu öwigen nutz, hiljf, trost vnd hail zugeschriben vnd gewent werde, So haben wier mit raut, gutem fiirsatz, willen vnd rechter erkantnusß [...] ujfgericht, gestijft... »69. Hier wird dem Menschen nicht nur eine von Gott gegebene Fähigkeit zur Unterscheidung zwischen Gut und Böse zugeschrieben, sondern darüber hinaus ein angeborenes Streben nach dem Guten und eine durch den Heiligen Geist - daß heißt durch die Spendung der Sakramente und vornehmlich durch die Taufe und Firmung - geschärfte Einsicht in die Gnade Gottes, an der er als Christ jedenfalls teilhat. Die Meßstiftung erscheint so mehr als Dankopfer für einen schon geleiste-

68 Zur Richterfunktion Christi: J.Hainz, Hkklesia, S. 10ff.; E.Brandenburger, Art. Gericht Gottes, Abschn.III (TRE 12), S. 469 ff. 69 WR 6847.

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ten wie als Vorleistung auf einen für die Zukunft erhofften Dienst. Oder besser gesagt, sie bestätigt und festigt den mit Christus geschlossenen Neuen Bund. Daß der Mensch von sich aus das Reich Gottes und die Werke der Tugend suche und als Christ jedenfalls in der Gnade Gottes sei, war eine Sichtweise, die keineswegs von allen Zeitgenossen geteilt, und insbesondere nicht für alle Bevölkerungsschichten fiir zutreffend erachtet wurde. Vornehmlich der bäuerlichen Bevölkerung wurden nämlich im Mittelalter außer Dummheit und Unbildung auch allerhand Laster und angeborene Untugenden nachgesagt70, und die aus dem Sündenfall begründete Leibeigenschaft sollte durch die Taufe keineswegs aufgehoben sein71. Weniger überzeugt vom gottgegebenen Streben des Menschen nach christlicher Tugend oder doch vom religiösen Eifer ihrer eigenen Angehörigen scheint die Gemeinde Zainingen gewesen zu sein, wenn sie nach den gängigeren Wendungen in die Begründung für die 1497 gestiftete Pfründe (A 22) einfließen ließ, man habe die Almosen gesammelt «in der mainung, das daselbshin ain öwig mess gstiffi vnnd dardurch der haillig gotzdienste gemert vnnd ouch die mennschen, so an dem Ennde wonend, dester zu mer Andacht geraitzt werdent»12. Man mag nun daran zweifeln, daß die in die Stiftungsbriefe aufgenommenen Begründungen tatsächlich die Ansichten des örtlichen Kirchenvolkes widerspiegeln oder auch nur ein Bild von dessen Einsichten in die christliche oder kirchliche Lehre geben könnten. Nicht bestreiten läßt sich allerdings die Wirkung dieser Lehren, die in einem Almosenaufkommen sichtbar wurde, das groß genug war, um ganze Pfründen zu stiften - vom Bau der Kapellen und der Ausstattung der Altäre einmal ganz abgesehen. Offensichtlich war also die Androhung von Gericht und ewiger Verdammnis angenommen worden. Auch scheint es ein Bewußtsein von Sündhaftigkeit überhaupt wie auch ein Wissen darum gegeben zu haben, was nach christlichem Recht als gut oder böse galt. Die Lehre von der sündentilgenden Wirkung der Messe und der guten Werke war bekannt und anerkannt, und man verstand den Wirkungszusammenhang nicht nur, sondern bezog sich, indem man Meßpfründen stiftete oder zur Finanzierung von Meßstiftungen beitrug, auch argumentativ und praktisch darauf, im Bestreben, den psychischen Druck sowohl individuell als auch kollektiv abzubauen. Für einen gewissen Konsens zumindest hinsichtlich der Kernsätze des christlichen Glaubens und ein daraus entstandenes kollektives Handeln sprechen auch die in den schon zitierten Briefen zu findenden Wendungen, wonach sich die Gemeinde eine «mainunnge» gebildet habe, aus «göttlichem Insprechen» bewegt worden sei, ihre Lage als Gemeinschaft von «Christglöbig[en] menschen Innenglich» bedacht habe und so weiter. Wenn es im Brief der Stiftung, mit der die Gemeinde Winterlingen 1487 die Fronen ablöste, die dem Inhaber der Gertrudenpfründe ihrer Kapelle zu leisten waren (B 12), ausdrücklich heißt, es werde gestiftet, «wann wir durch die heiligen ge70 W. Rösener, Bauer und Ritter, S. 687 ff. 71 Zu den Klagen darüber und den Forderungen im Bauernaufstand 1525: P. Blickle, Gemeindereformation, S. 69 ff. 72 WR 14006.

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schrifft vnd cristenlicher lere vnderwyset sinde, Das wir menschen alle vor dem wären gericht cristi Jhesu ston werden»™, dann ist dies zweifelsohne so zu verstehen, daß der Gemeinde das Wort Gottes und die Lehren der Kirche gepredigt wurden und sie bereit war, aus den daraus zu gewinnenden Erkenntnissen fiir sich ihre Konsequenzen zu ziehen. Überhaupt zeichnet sich dieser zweite Winterlinger Brief dadurch aus, daß Bilder verwendet werden, die dem bäuerlichen Alltag nahe stehen und von den sonst gebräuchlicheren Wendungen abweichen. Die Gemeinde war sich gewiß «Das wir menschen alle vor dem wären gericht cristi Jhesu ston werden, zu empfahen den Ion, So wir Im Zit verdient haben, er sy gut oder böß, vnnd auch In ungetzwifeltem vertruwen stond, welle menschen hie in Zit Cristenliche vnd sälige werck würcken vnd sägen, das auch die das ewig leben vnd tusentfaltige frucht am leisten säliglich schniden trotzdem. Darumb sich wolgepüren, den schnit der leisten ernde Zufiirkomen vnd von äwigs Ions wegen zu sägen hie vjfertich, Das wir durch gottes miltigkeit In den Himeln erfolgen mögen die frowe, ewigs säligkait... »74. Dem Inhalt nach geläufig, im Stil aber eigen sind auch die Begründungen, mit denen die Gemeinde Heselwangen 1500 die Errichtung einer Kuratkaplanei beantragte (C 8): «Wir, Vogt, richter vnd die gepursame alle gemeynlich deß dörfflins [• • •] fösen z u wissenn, Das wir alle mit einhelligem raut, ouch mit gutter zyttiger vorbetrachtung, wolbedächtlich. In göttlicher vnd Cristenlicher meynung, Angesenhen vnd wargenommen haben, die Verwandlung vnd Zerstörung diß zergenngklichen zytlichen lebens, der gnaden hie vf erden, darlnn wir wonend; ouch, das nichtz gewissers ist denn der tode vnd nichtzit vngewissers dann die stund deß todes, Darvm dann einem Ieglichen cristen menschen nott, ouch schuldig vnd pflichtig ist, Sich In glitten worten vnd wercken zu üben, wyle doch sust nyeman Ichzit annders nachvolgen mag, dann sine gu(e)tte wort vnd werck, vnd dann ouch vnnfßer] allen gütten wercken der miltigkeit Stifftung der messen vnd gotzdiensts die aller houhgepryßtest güttheit ist, zu ervolgen den Ingang deß enngen pfad vnd wegs zu dem ewigen leben, Hervm so haben wir [...] Zu trost vnd hayle vnnser, ouch unnser vordem vnd nachkommen vnd aller der seien, So der genanten Capellen vnnd Irem altere mit zytlichen gäben vnd allmusen erschossen haben vnd noch thun werdenn, ouch aller ellennden glöbigen seien Angesenhen, fiirgenommen, gestifft, geordnet, gewidmet vnd dotiert.. ,»75. Weggelassen ist das sonst mit Vorliebe angeführte Bild vom drohenden Jüngsten Gericht. Stattdessen heißt es, daß sich ein Christ nicht nur aus Not, sondern auch aus Pflicht und Schuldigkeit in guten Worten und Werken üben müsse - eine Formulierung, die vielleicht die alltäglichen Pflichten des Einzelnen gegenüber der Gemeinschaft hervorheben wollte. Die Stiftung sollte den Gottesdienst und die Messen mehren und als frommes Werk dem Heil der gesamten Gemeinde dienen, zu der die Toten wie die Lebenden und die noch nicht Geborenen gezählt werden. Die fast durchgängig anzutreffende, auch in den schon zitierten Briefen vorkommende Wendung, daß die Stiftung auch allen elenden gläubigen Seelen

73 WR 6888. 74 Ebd. 75 WR 6909.

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zugute kommen solle, betont die Qualität der Stiftung als mildtätiges Werk. Grundsätzlich waren damit wohl alle armen Seelen der Christenheit gemeint, um so mehr aber die der eigenen Gemeinde, für die die Lebenden und unter diesen die Wohlhabenderen eine besondere Fürsorgepflicht hatten76. Die 1496 in die Kapelle der Gemeinde Sirchingen und die Pfarrkirche zu Upfingen gestifteten Messen (B 8) sollten «allen gläubigen selenn, fiir nemlich die sonnder fiirpittung nit habent, zu haile tröste vnnd hilffe»11 gelesen werden. Daraus spricht die Erfahrung, daß Menschen verstarben, ohne Gelegenheit oder die finanziellen Mittel gehabt zu haben, Buße zu leisten, Seelmessen zu errichten oder auch nur Bluts- oder Rechtsverwandte in die Pflicht nehmen zu können, für ihre Seele zu beten78. Demnach wären die Stiftungen, abgesehen davon, daß sie aus Almosen finanziert wurden, die zumindest zum Teil als Armen-, Heiligen- und Kirchengut angesehen werden können, auch durch ihre religiöse Zielsetzung als ein Unternehmen ausgewiesen, das das gesamte ortsansässige Kirchenvolk, «arm und reich»79, anging wenn nicht die christianitas überhaupt. Die Siedlungsgemeinschaft konnte, indem sie sich zur Stiftergemeinschaft zusammenschloß, ihrem Zusammengehörigkeitsgefühl in besonderer Weise Ausdruck verleihen. Doch konnte die Stiftung auch benutzt werden, um ein solches Gemeinschaftsgefühl überhaupt zu wecken, zu manifestieren oder die Gemeinschaft gegen zersetzende Einflüsse oder inneren Verfall zu schützen. Die politische Relevanz der gemeindlichen Stiftung läge demnach darin, daß durch sie Gleichheit, Öffentlichkeit, Dauerhaftigkeit und Geschlossenheit gefordert und ermöglicht wurde. Gleichheit, weil erstens alle Christen vor Gott gleich sein sollten und zweitens am Nutzen der Stiftung selbst alle Gemeindemitglieder in gleicher Weise Anteil hatten, unangesehen ihres konkreten finanziellen Beitrages. Öffentlichkeit zum einen, weil der priesterliche Dienst allen zu leisten war und an den missae publicae jeder teilnehmen konnte; zum anderen vor allem dann, wenn die gemeindliche Stiftung in den Bereich der ordentlichen Seelsorge, das heißt der sakramentalen Versehung hineinreichte oder diesen sogar de facto ganz vereinnahmte. Dauerhaftigkeit, weil die Gemeinde durch die Orientierung der Stiftung auf den Jüngsten Tag hin nicht als Gemeinschaft der gegenwärtig Lebenden und damit als endlich angesehen wurde, sondern - genau wie die Stiftung selbst und das durch sie zu Händen der Gemeinde geschaffene Recht - als eine Einrichtung mit Ewigkeitscharakter. Dadurch, daß auch alle vergangenen Generationen einbezogen wurden - vornehmlich die, welche zu der jetzt errichteten Pfründe gestiftet hatten, aber auch sämtliche Vorfahren, von denen das Recht und das Gut der Lebenden herkam - konnte das neu zu schaffende Recht als ein nachträglich eingelöstes Recht der Eltern und Voreltern ausgegeben werden und verlor so den zweifelhaften Anstrich willkürlicher Neuerung. Aus der Dauerhaftigkeit ging die Geschlossenheit zum guten Teil hervor. Denn geschlossen war der Kreis der durch die Stiftung Begünstigten nicht in dem Sinn, daß diese namentlich 76 77 78 79

A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 2 0 f f . , 4 4 f f . , 176ff., 197ff. WR 14055. A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, S. 213ff"., 176ff. Winterlingen (B 12): WR 6888.

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bezeichnet wurden, vielmehr entstand die Geschlossenheit aus dem Anspruch auf unbedingte und unbeschränkte Gültigkeit des Handelns der Lebenden für alle künftigen Generationen. Und dieser Anspruch beschränkte sich nicht auf die Blutsverwandten, Erben oder Rechtsnachfolger der aktuellen Stifter, sondern auf alle, die der Gemeinde ratione domicilii zugehörig waren oder werden würden. Dieser Anspruch gab dem Rechtsakt der gemeindlichen Stiftung sein eigentliches Gewicht, denn er wurde durch die bischöfliche Zustimmung zur Stiftung und durch deren endgültige Bestätigung für Recht erklärt. Und damit war nicht allein ein kirchlicher Titel geschaffen, sondern auch den für die Weisung, Bewahrung und Handhabung des Rechts der Stiftung zuständigen gemeindlichen Organen eine eigene Autorität zugeschrieben. Wo eine Gemeinde nicht als Pfarrgemeinde, sondern nur als Siedlungsverband existierte, mußte sie Kontinuität für sich selbst und damit dauerhafte Gültigkeit der sie als Ganzes betreffenden Vereinbarungen aus weltlichem Recht beziehen. Unterlagen die Mitglieder eines Siedlungsverbandcs unterschiedlichem Recht und dadurch geteilter Herrschaft, dann konnte sich die Siedlungsgemeinschaft als solche nicht als Rechtsgemeinschaft ratione domicilii konstituieren - mit anderen Worten, sie war keine Dorfgemeinschaft oder Gemeinde. Wenn sich aber eine solche Siedlungsgemeinschaft im Rahmen der parochia gegen die anderen Mitglieder des Pfarrverbandes abgrenzte, indem sie als ratione domicilii zu definierender Teil des Pfarrvolkes im Namen aller Ortsansässigen eine kirchliche Stiftung unternahm - sei es, daß ein eigenes Heiligenbild oder ein eigener Altar in der Mutterkirche aufgestellt, eine Kapelle im Dorf oder eine Messe oder Pfründe errichtet wurde - dann hatte sie sich eine Ebene geschaffen, von der aus sie auf der Grundlage kirchlichen Rechts als Rechtsgemeinschaft agieren und im weltlichen Recht bedingte, der Entfaltung eigener genossenschaftlicher oder gemeindlicher Rechte hinderliche Grenzen überwinden konnte. Voraussetzung dafür war, daß wenigstens ein Teil ihrer Mitglieder über eigene Einkünfte verfügte, mit denen der Grundstock der Stiftung gelegt werden konnte. Wenn es in den Stiftungsbriefen heißt, es sei dem Menschen von Gott anempfohlen, sein zeitliches Gut für das Heil seiner Seele einzusetzen, dann läßt sich dies auch auf die Gemeinde im Ganzen beziehen 80 . Konkret gesprochen, wäre eine Gemeinde dazu angehalten gewesen, gemeine Nutzungen nicht allein für das leibliche Wohl ihrer Mitglieder einzusetzen, sondern auch für deren Seelenheil. Und wo sich die Genossenschaft oder «Gemein», wenn ihr denn nicht alle Einwohner, sondern nur eine bestimmte Auswahl derselben angehörten, nach kirchlichem Recht als Gemeinde konstituieren wollte, blieb ihr nichts anderes übrig, als das ganze ortsansässige Kirchenvolk an dem von ihr aus ihren Mitteln geschaffenen seelsorgerlichen Nutzen zu beteiligen.

80 Wo Dreifelderwirtschaft betrieben wurde, mußte die Ablieferung der Zehnten zu Sache der ganzen Genossenschaft werden. Zur Eintreibung der Zehnten findet sich eine ganze Reihe von Belegen bei M.Krebs, Protokolle des Speyrer Domkapitels; z . B . Nr.5838, 5913, 5920, 5942, 6270, 6313. 6368, 6405, 6447, 6672, 6847, 7262.

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Mit hinreichender Deutlichkeit nahm die Gemeinde Suppingen für sich in Anspruch, nicht allein für das leibliche Wohl, sondern auch für das Seelenheil ihrer Mitglieder zu sorgen. Im Stiftungsbrief der 1481 in der Kapelle der Filialgemeinde errichteten und mit weitreichenden Rechten ausgestatteten Kuratpfninde (C 18) heißt es: «Wir, die Richteren vnd ganzt gemeynde tzu Suppingen, f...] thun kundt öffentlich mit diesem briefe [...], als vnnder den Tugentlichen wercken der miltikaitt, die ain yegglicher mensch thon will vnd vermag, wyßlich vnd vernünfftiglichen ist zu mercken, welcher werck got aller erlichest syge vnd dem gemeynem nutze aller furderlichest vnd Ime selbs aller verdienlichest, Darvmb, wan das ist, das vnnder den wercken der barmhertzikaytt die gaistlichen so vil nützer, besser vnd verdienlicher sind dan die lyplichen. Als vil die sele mer, besser vnd edler ist dan der lybe, So ist vnder den wercken der gaistlichaitt vnd göttlichs dienst, [beschädigt] die andern alle wytt über treffen, ouch gott dem almechtigen nüntz so empfennglichs, allen seien, lebenden vnd todden, nüntz so verdienlichs noch hilfflichs Als das ambbt der hailigen messe, Darlnne dem almechtigen wirt uffgeopffertt das aller empfenngglichest oppffer, sinen aingeborner sune. Das angesehen vnd betrachtet, haben wir f...] vnnser vnd vnnserer altforder, ouch allen gelöubigen seien tzu trost vnd hilff, göttlichem dienst tzu merung vnd tzu tzierde der Cristenlichen kirchen geordnett vnd gestifft.. .»81. Nach Auffassung der Gemeinde Suppingen war es zunächst einmal Sache eines jeden Einzelnen, seiner Erfahrung und Vernunft folgend sein Handeln so einzurichten, daß es Gott zur Ehre gereichte, den gemeinen Nutzen forderte und ihm selbst nützte. Wer aber ein Werk der Barmherzigkeit vollbringen wollte - das heißt ein Werk, das auf das Wohl der anderen oder vielleicht auch den gemeinen Nutzen hingerichtet war - , sollte bedenken, daß es weitaus besser wäre, geistliche Hilfe zu bieten als leibliche. Aus dieser Einsicht heraus verwendete die Gemeinde Suppingen das Heiligen- oder Fabrikgut ebenso wie ihre «aigen güter(n) und nützen» und einen Anteil am Gemeindeholz, wie sie ihn «anderen luten» gab, für die Ausstattung einer Pfründe. Mit anderen Worten, sie erklärte es für wichtiger, der Seele aufzuhelfen als dem Körper, für besser, Messen zu stiften, als nur Brot an die Armen auszuteilen, die Kirche auszuschmücken oder den Wohlstand des einzelnen, der Gemeinschaft oder des Heiligen zu mehren. Daß die Sache auch umgekehrt laufen konnte, das heißt, für eine Pfründstiftung angesammeltes Gut dem gemeinen Nutzen und damit den eher leiblichen Bedürfnissen der Gemeinde zugewendet werden konnte, zeigt der später ausführlicher zu behandelnde Fall der offiziellen Übertragung des Fonds einer nicht konfirmierten Pfründe ins Eigentum der Gemeinde Hambrücken durch den Bischof von Speyer im Jahr 1526. Ein Fall, an dem sich erweist, daß die Gemeinden auf eine Verschiebung im theologischen Wertesystem prompt reagierten, also sowohl zielgerichtet als auch angemessen, das heißt, unter Abwägung von Kosten und Nutzen für die Gemeinschaft zu handeln verstanden82.

81 WR 7 2 2 8 . 8 2 Siehe Teil C, Kap. 3.6.2.

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3.4.2 Bestimmungen über den Dienst und die Dienstversehung Die Dienste, welche die Inhaber von Meßstipendien und Minderpfründen zu leisten hatten, waren ihrer Art nach zwar durch die Lehre bestimmt, in ihrer Auswahl und ihrem Umfang aber nicht prinzipiell durch das ius commune vorgegeben, wie dies etwa bei einer Pfarrpfründe der Fall war. Maßgeblich für die Festlegung der Dienstpflicht waren daher der Stifterwille auf der einen und das pfarrliche Bannrecht auf der anderen Seite. Je weiter sich die Stiftung gegen das pfarrliche Recht abgrenzte oder gar den Boden individueller Seelsorge und privaten Rechts verließ, um in den Bereich der cura animarum vorzudringen, desto mehr stieg der Bedarf an eindeutigen rechtlichen Regelungen. Immer häufiger wurde, um allfallige Konflikte zu vermeiden, schon in den Stiftungsbriefen nicht allein der Dienst umschrieben, den der Pfründner den Stiftern - in den hier ausgewerteten Fällen also vornehmlich der Gemeinde - schuldete, sondern auch das dienstrechtliche Verhältnis zum Pfarrer festgelegt und Auflagen hinsichtlich der Dienstversehung und der damit einhergehenden Lebensführung der Pfründner formuliert. Berücksichtigt man, daß die Möglichkeit der Gemeinden, sich außerhalb des Pfarrrechts eine bestimmte seelsorgerliche Versehung zu schaffen, nicht allein durch den Widerstand der Inhaber des Bannrechts, sondern auch dadurch beschränkt war, daß für höherwertige Pfründen mehr Kapital benötigt wurde 83 , dann läßt sich vermuten, daß das, was jeweils tatsächlich erstiftet werden konnte, hinter dem eigentlichen Bedürfnis immer noch zurückblieb - nicht allein dem Umfang, sondern auch der Qualität nach. Für diese Vermutung spricht auch das Phänomen der Aufbesserung von Seelgeräten und Stipendien zu Pfiründen und von minderberechtigten beneficia zu höherwertigen durch Zustiftung (redotatio). Was die Auflagen über die Dienstversehung und Lebensführung betrifft, so waren diese an sich im kanonischen Recht definiert und korrespondierten in gewisser Weise auch mit den Dienstpflichten, oder, anders gesagt, mit dem Status der Pfründe. So waren zum Beispiel nur die Inhaber eines regelrechten beneficium ecclesiasticum%A verpflichtet, am Ort zu wohnen (Residenzpflicht). Das Verbot, sich von der Gemeinde auf längere Zeit zu entfernen (Absenzverbot), ging einher mit der Pflicht der sakramentalen Versehung der Gemeinde und konnte, wenn sich ein Vertreter fand, ausgesetzt werden. Das Verbot, die Stelle (oder den Altar) gegen eine andere zu vertauschen (Permutationsverbot), verband sich mit der Lebenszeitstellung, die wiederum in der Vorstellung ihren Rückhalt fand, der Priester werde mit seiner Investitur der Kirche - respektive einem zur cura zugelassenen Altar ehelich verbunden und damit zum geistlichen Vater der in dieser getauften oder an diesem versehenen Gläubigen85. Aus dieser Rolle erklären sich auch die Auflagen hinsichtlich der Lebensführung und des Lebenswandels der Priester. Wenn die 83 Siehe Teil C, Kap. 3.5. 84 Das erklärt sich aus ihren Kuratpflichten. Allerdings konnte die Residenzpflicht auch bei einfachen privaten Meßstiftungen als Stiftungsauflage formuliert werden, war dann aber nicht durch das ius commune gedeckt. 85 Siehe dazu die Ausfuhrungen von Paulus de Citadinis, zitiert bei J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 71 f., Anm.52.

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Gemeinden diese im kanonischen Recht an sich verankerten und vor dem geistlichen Richter einklagbaren Pflichten noch einmal ausdrücklich in ihre Stiftungsbriefe aufnahmen, dann konnte das verschiedene Gründe haben. Zum einen spiegelte sich in diesen Pflichten, wie gesagt, auch der Status der Pfründe und damit das Recht der Stiftung und der Stifter respektive deijenigen, für die die Stiftung unternommen wurde. Zum anderen wurde jede kanonische Pflicht, die man in den Stiftungsbrief schrieb, Bestandteil des Vertrages und war damit durch bischöfliches Privileg allein nicht aufhebbar. Konkret gesprochen, konnte der Bischof oder geistliche Richter oder ein Prälat oder Inkorporationsherr im Stand eines Prälaten dem Pfiründner nicht eigenmächtig Urlaub geben, wenn im Stiftungsbrief, gemäß dem sich der Pfründner verwillkürt hatte, ein absolutes Absenzverbot verhängt war 86 . Wegen der Überschneidung von ämterrechtlichen und benefizialrechtlichen beziehungsweise von öffentlich-rechtlichen und vertragsrechtlichen Elementen im Stiftungsrecht selbst konnte es zu keiner eindeutigen Klassifizierung von einzelnen Minderpfründtypen kommen, obzwar sich sowohl im Hinblick auf die Amtsrechte wie auf die Ausstattungen Statusunterschiede feststellen lassen. Um das Material überhaupt systematisch auswerten zu können, mußten bestimmte Zuordnungskriterien festgelegt werden. Die vom kanonischen Recht gesetzte Unterscheidung zwischen beneficia non curata und beneficia quae curam animarum habent annexam bietet, wenn man sie mit der Einteilung in beneficia simplicia und beneficia duplicia verknüpft, gewisse Anhaltspunkte. Wesentlich im Hinblick auf die praktische Dienstausübung, die aktuelle Seelsorgesituation und das patronale Recht erschienen aber die lokalen Gegebenheiten, das heißt der Ort der fundatio der Pfründe. Die Pflichtenkataloge sind daher auch innerhalb der so geschaffenen drei Kategorien von Pfründtypen keineswegs einheitlich, und die Übergänge bleiben, berücksichtigt man nur die Dienstpflichten, jeweils fließend. Wie valide die gewählte Einteilung unter dem Aspekt des Ämterrechts ist, wird sich also erst erweisen müssen. Die Auswertung der Quellen erfolgt in zwei Blöcken. Im ersten werden die einfachen Minderpfründstiftungen (Kategorie A und B) ausgewertet, auch die, welche an Filialkapellen errichtet wurden. Danach werden im Vergleich dazu die Anforderungen an die Pfründner erörtert, die in Filialgemeinden dienten und ein weiterreichendes, selbständiges Kuratrecht (Kategorie C) besaßen. 3.4.2.1 Die Pflichten der einfachen Minderpfründner Die Richtschnur, an der sich die Stifter bei der Auswahl der Dienste, die sie sich ausbedingen wollten, orientierten, war durch den Katalog der von der Kirche angebotenen Gnadenmittel gelegt. Zu berücksichtigen ist dabei, daß einer für eine communitas stiftenden Gemeinde ein anderes Angebot gemacht werden konnte und mußte als einer für sich selbst stiftenden Privatperson. Aber auch im Zentrum

86 Siehe Teil C, Kap. 3.6.3. 87 P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 370 ff.

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der gemeindlichen Stiftung stand, wie sich schon aus den religiösen Begründungen ergeben hat, zunächst einmal die Messe. Allerdings reduzierte sich das stifterische Wollen der Gemeinden nicht darauf, einfach mehr Messen zu errichten. Die Messen, die man sich ausbedingte, konnten vielmehr auch eine unterschiedliche Qualität und einen unterschiedlichen Zweck haben. Der Qualität nach unterscheidet das katholische Kirchenrecht Messen in feierliche, gesungene und stille Messen. Feierliche Messen sind bestimmten Anlässen und dem Inhaber des Pfarrechts vorbehalten. Gesungen werden Messen in der Regel dann, wenn sie öffentlich sind, während private Messen häufig als stille Messen gehalten werden, doch ist diese Zuordnung nicht zwingend. Prinzipiell entscheidet der Zweck darüber, ob die Messe öffentlichen oder privaten Charakter hat. Öffentlich ist eine Messe nicht allein dann, wenn die Öffentlichkeit daran teilnimmt oder teilnehmen kann, sondern auch, wenn das Anliegen eines ist, das die Öffentlichkeit betrifft 88 . In den Quellen ist vom Lesen und Singen der Messen die Rede. Die Stiftung durch die Gemeinde für die Gemeinde macht alle Messen der Minderpfründner, die nicht ausdrücklich als Jahrzeiten oder Seelmesse zu lesen sind, zu öffentlichen Messen. Was die Zahl der Messen angeht, die zu lesen die Pfründner in den Stiftungsbriefen verpflichtet wurden, so variierte diese sehr stark. In einzelnen Fällen waren sechs Messen pro Woche verlangt. Der Durchschnitt allerdings lag bei drei bis vier Wochenmessen, doch konnten die besonders ausgewiesenen Jahrzeitmessen für mitstiftende Privatpersonen noch dazukommen. Eine weitere Regelung betraf die Uhrzeit, zu der die Messe zu lesen war. Die stiftende Gemeinde konnte offensichtlich nicht ohne weiteres verlangen, daß ein Pfründner seiner Meßpflicht zu einer anderen Stunde nachkam, «als gewonlich» war 89 . Diese Gewohnheit meinte nicht allein Brauchtum oder kultische Regel, sondern galt als Recht (consuetudo). Die Gewohnheit, auf die es zurückging, konnte in der Pfarrkirche selbst herrschen oder sich auf das beziehen, was im Landkapitel oder sogar in der Diözese üblich war 90 , oder sie konnte auf früheres Stiftungsrecht zurückgehen, also auf die erstmalige fundatio des Altars oder des an diesem schon bestehenden und nun aufgewerteten Meßstipendiums. Von der consuetudo abweichende Regelungen bedurften, um Rechtskraft zu erlangen, der Begründung und der Anerkennung durch die Betroffenen, sie konnten abgesichert werden durch die Bestätigung des Ordinarius. Was Stiftung eigentlich ausmachte - Vertragsrecht, Schriftlichkeit und ordinarielle Beurkundung - waren geeignete Mittel, um dem neuen Recht Bestand zu verleihen. Besonders das Lesen von Frühmessen scheint nicht nur als Abweichung vom kultisch Üblichen, sondern als außergewöhnliche Anforderung und Erschwernis des 88 Ebd., Bd. 4, S. 199 f. 89 WR 9496. Siehe im folgenden. - Die Messe wurde gewöhnlich um die neunte Stunde des Vormittags gehalten, weil diese als die Todesstunde Christi galt. Zu den Bestimmungen, die sich schon im Sendhandbuch Reginos von Prüm fanden: W. Hellinger, Pfarrvisitation. T. 1, S. 56. - Vgl. die Ausführungen bei K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 98 ff. 9 0 Vgl. die Fälle A 8, B 3, B 5, B 10; siehe Tabelle 6 ( S . 183).

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Amtes empfunden worden zu sein, denn ihre Errichtung bedurfte der besonderen Regelung, was oft so klingt, als sei das Frühaufstehen einem Kleriker nicht ohne weiteres zuzumuten gewesen91. Nicht wenigen Gemeinden kam es darauf an, daß die gestifteten Messen früh morgens gelesen wurden, und warum man solcher Frühmessen zu bedürfen glaubte, geht aus verschiedenen Stiftungsbriefen hervor. Der Pfründner der Ottilienkapelle im Pfarrdorf Plochingen (A 16) sollte «all Wochen nämlich Try messen in vnd uff der vorgeschriben Cappel! vnd Altar halten vnd lesen an morgen, so der Tag uff gat, zu zimlicher stunde, daz die Arbaiter nach der messe mügen wol ir Tagwerck vnd Tag Ion vollbringen»92. Vor allem in der Erntezeit, wenn die Arbeit drängte und das Tageslicht ganz ausgenutzt werden mußte, wollte man die Messen als Frühmessen gelesen haben. Der Kaplan der Pfarrkirche zu Hattenhofen (A 9) war verpflichtet von St. Veitstag bis St. Michaelstag, «an den wercktagen frü, zu rechter zit meß [zu] lesen, daz die arbaiter zitlich zu Ir arbait kommen mögen»93. Die Möglinger schrieben zum Dienst des Meßners (A 13) in ihren Brief: «Item wir setzen ouch vnd ordnen, daz ain jeglicher Capplon zu sinen zyten all wochen vff dry wercktag meßsprech ob dem egenanten altar morgens frü, als gewonlichen ist, frümeß zuhalten, Doch hindan gesetzt alle redliche Irrung, vnd in der ernde zehen wercktag nacheinander täglich frümeß bestell durch sich selbs oder ainen andern priester.. ,»94. Dem Möglinger Kaplan war ansonsten strikte persönliche Amtsversehung auferlegt, doch das Prinzip der Billigkeit ließ es wohl angemessen erscheinen, daß er im Fall der Erntemessen die Beschwernis seines Amtes durch die Bestellung eines Vertreters minderte. Mit noch eindeutigeren Worten stellten die Bruderschaft und die Gemeinde Rems (A 17) klar, daß ihre Stiftung vornehmlich dazu dienen sollte, die seelsorgerlichen Bedürfnisse des Kirchenvolkes unter Berücksichtigung seiner konkreten Lebensumstände zu befriedigen: «Vnnd sol ain yeder priester, der yetzo vnnd hienach in ewig zyt vff solich Caplanij pfrund presentiert vnnd investiert wirdet, verbunden, schuldig vnd pflichtig sin, Die selben Caplanij pfrund mit sin selbs persone zu besitzen vnnd zuversehen vnnd allen wochen mit dem Sonnentag vier messen zehalten vnnd zehaben; vnnd zu zyten der ernde vnnd des herpsts sol er solich messen haben zu fruwer tags zyt, wie es denn dem Folck am geschicktesten sin mag»95.

91 Der Aspekt der Zumutbarkeit oder das Prinzip der Billigkeit kam verschiedentlich zum Tragen; z. B. in der Bestimmung, daß der Kaplan zu Mössingen (A 14) nur dann nach Belsen gehen müsse, um die Wochenmesse zu lesen, wenn das Wetter und die Wege gut seien. Es ist anzumerken, daß das Filialvolk zu Belsen bei jedem Wetter sonntags nach Mössingen gehen mußte. 92 WR 11174. 93 WR 8706. Die Frühmessen waren demnach vom 15. Juni bis zum 29. September zu lesen. 94 WR 8833. 95 WR 14498.

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Mit aller wünschenswerten Klarheit geht aus diesen Bestimmungen hervor - und sei hier nochmals ausdrücklich betont daß die Gemeinden nicht Messen stifteten, damit ein Priester irgendwo und irgendwann das Altaropfer vollziehe und für ihr Seelenheil bete. Es ging auch nicht einfach darum, die Erntearbeit zu segnen. Wichtig war vielmehr, allen die persönliche Teilnahme an der Meßfeier zu ermöglichen, und da man sich der Sachzwänge bewußt war, bemühte man sich um Regelungen, welchen möglichst wenig Konfliktpotential innewohnte. Die Frühmeßregelungen liegen damit, wo sie Sonn- und Feiertagsmessen betreffen, auf einer Linie mit den Geboten, die die Kirche schon früh im Hinblick darauf hatte ergehen lassen, daß die Grund- und Leibherren, wenn sie eigene Oratorien errichtet hatten, dazu neigten, ihre familia vom (regulären) sonntäglichen Gang zur «rechten» Pfarrkirche zurückzuhalten 96 . Was die Werktage betrifft, so war eine Freistellung der Arbeitskräfte zum Zwecke des Besuchs des Gottesdienstes jedoch weder rechtlich zu erreichen noch sachlich sinnvoll; es gab Arbeit zu tun. Da das Bedürfnis, täglich die Messe zu hören, aber offensichtlich dringlich war, mußten Frühmessen als die einzig praktikable Lösung erscheinen. Daß eine Frühmeßpfründe geradezu einen eigenen, höheren Status hatte als eine normale Meßpfründe, kann man aus der Begründung herauslesen, die die Gemeinde Kuppingen in ihrem Stiftungsbrief ( A l l ) gab: «Als der Ersam her Stephan Ottenbronner die pfrunde vnd capplonye In der cappell zu sanet Gotthart, Im dorf zu Cuppingen gelegen, bißher Inngehabt vnd besessen vnd dauon zu jerlicher gulte in hellerzinsen vnd korngülten gehabt hat, zusampt einer behusung mit einer wisen, die zu jerlicher gulte gerechnet ist, drissig pfund, zwolff Schilling, dry heller wirtemberger muntz, solich gulte hernach von stucke zu stucke eigentlich bestirnt wirdet, Vnd nu dieselb gulte einen priester nit wol ertragen mag, ouch wir vnd vnser nachkamen einer frümeß zu Cuppingen wol notdürfftig syen, So haben wir vß sunderm gutem willen gott, dem allmechtigen, vnd aller himelschen versamlung zu lobe vnd ere, ouch zu merrung des gotzdienstes [...], mit guter vorbetrachtung, rate vnd meinung, die vorgenanten capplonye [...] in ein ewig frümeß zubewenden, vffgericht, gebessert vnd gedotiert vnd diß nachgeschriben zins vnd gulten, so den heiligen zu Cuppingen zugestanden sint, zu merrung der alten glten [!] derselben pfrunde fry ledig vnd vnwiderruffenlich gegeben» . Es handelte sich demnach bei dieser Stiftung um eine redotatio, die jedoch als Neustiftung in dem Sinne erfolgte, daß sich die Pflichten des Pfründners nicht nur dem Umfang nach änderten, sondern die alte Kaplanei in eine Frühmeßpfründe «bewendet» wurde. Aus der Bemerkung der Gemeinde, sie und ihre Nachkommen seien einer Frühmesse bedürftig, läßt sich noch ein weiteres ablesen: Anders als in den im vorangegangenen Kapitel (3.4.1) angeführten Begründungen für Meßstiftungen im allgemeinen wurden hier nicht die schon Verstorbenen mitangeführt, sondern nur die gegenwärtig Lebenden und die zukünftigen Generationen. Demnach wäre also die Frühmesse nicht oder doch nicht in erster Linie Seelmeßdienst gewesen, sondern hätte der Segnung des Alltags und daher immer den jeweils Lebenden gegolten. Insofern stünde sie dann aber der ordentlichen Seelsorge, die 96 Siehe P.Hinschius, System, Bd. 4, S. 288 ff., 292 f., Anm.7. 97 WR 9496.

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ebenfalls auf die Bedürfnisse der Lebenden ausgerichtet war, näher als das gewöhnliche Meßamt und damit zugleich in der Hierarchie der cura höher. Des weiteren wäre zu bedenken, daß ein Frühmesser jedenfalls bei seinem Altar residieren mußte. Das heißt, er konnte, wenn dieser in einer vom Pfarrdorf weiter entfernten Filiale stand, nicht beim Pfarrer oder im Pfarrdorf wohnen, sondern mußte in der Filiale ansässig werden. In aller Regel bedeutete dies, daß er dort haushäbig wurde und damit benezifíalrechtlich einen ganz bestimmten Status einnahm - unangesehen seiner sonstigen Dienstpflichten. Eine solche Frühmeßpfründe wäre als beneficium distinctum zu errichten gewesen 98 . Zum Phänomen der Zustiftung wäre an dieser Stelle folgendes anzumerken: Obgleich nach ius commune die Stifter und ihre Rechtsnachfolger schuldig waren, die von ihnen errichteten oder gehandhabten Pfründen nicht verkümmern zu lassen, sondern die Einkünfte, wenn erforderlich, so zu erhöhen, daß der Status der Pfründe erhalten blieb", gingen diese Aufbesserungen kaum je ohne eine gleichzeitige Erhöhung der Amtspflichten vonstatten. Solche Neuregelungen waren als Änderung des Rechts der Pfründe und damit der Leihebedingungen zu verstehen und deswegen auch von der Zustimmung des amtierenden Pfründners abhängig. Um unnötige Konflikte zu vermeiden, wurde üblicherweise für solche Veränderungen die Vakanz der Pfründe abgewartet oder die an sich schon rechtsgültige Neuerung trat erst bei der nächsten Vakanz in Kraft 100 . Dieses Verfahren der bedingten Zustiftung war im Spätmittelalter ganz geläufig. Es zeigt, daß das anerkannte letztendliche Ziel solcher Stiftungen der Erwerb der vollen cura war. Nicht Versäumnis, sondern Verbesserung war das Stiftungsmotiv, das zugleich Freiwilligkeit anzeigte. Von daher konnten die Kuppinger ohne weiteres zugeben, daß die dotatio ihrer Pfründe unzureichend geworden war, und ihrer Kaplanei kraft redotatio dennoch ein weiterreichendes Recht erwerben 101 . Die Vakanz der aufgebesserten Kaplanei brauchten sie nicht abzuwarten, weil sie sich mit dem im Amt befindlichen Kaplan einig geworden waren. Dies ergibt sich daraus, daß derselbe aus eigenen Mitteln 1 Pfund, 16 Schillinge und 6 Heller zustiftete, obgleich die erforderliche Dotationssumme von vierzig Pfund Hellern auch ohne dies schon erreicht war. 98 Siehe Teil B, Kap. 2.2. 99 Siehe Teil B, Kap. 2.3. 100 Nach römischem Recht durfte der dominus in re den Zweck einer Sache nicht verändern ohne die Zustimmung des Nutznießers: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 112. Zum begrenzten Zustimmungsrecht der Benefiziaten: P. Hinschius, System, Bd. 2, 405 f. Vgl. zur Vakanz Teil B, Anm. 194. Auch Inkorporationen wurden erst rechtskräftig, wenn der Inhaber der Pfründe verzichtete oder verstarb, das heißt bei der nächsten Vakanz: D. Lindner, Inkorporation, S. 17 ff.; P.Landau, Inkorporation, S. 163. - Die Fälle, in denen Zustiftungen erfolgten, derweil die Pfründe besetzt war, belegen, daß auch die Kapläne um ihre Zustimmung zur Veränderung ihrer beneficia gebeten werden mußten. Siehe dazu Tabelle 3 (S. 151 IT.). - Es wurden aber mit den Kaplänen auch Verträge über die Dienstpflichten getroffen, ohne daß damit eine Zustiftung verbunden war. Ursache konnte der Verlust des Stiftungsbriefes sein oder die Notwendigkeit die Meßdienste einer Pfarrkirche neu zu ordnen. Siehe dazu den Vertrag zwischen d e m Pfarrer, den Juraten und Vertretern der Gemeinde zu Neibsheim und dem Frühmesser: G L A K 229:72003. Vgl. T e i l C . Anm. 106. 101 J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 71.

181

Fromme oder gemeinnützige Motive unbenommen, muß gefragt werden, welche Vorteile er sich aus der Aufbesserung der Pfründe ebenso wie aus seinem eigenen finanziellen Beitrag erhoffen konnte. Daß es sich um ein Seelgerät handelte, ist jedenfalls nicht auszumachen. Da er für eine Vermehrung seiner Einkünfte um zehn Pfund Heller drei zusätzliche Frühmessen zu lesen hatte, ein Dienst, für den andere eine ganze Minderpfründe beanspruchten, könnte man meinen, er habe ein schlechtes Geschäft gemacht. Möglicherweise erwarb er sich aber durch die eigene Zustiftung außer einer Verbesserung seines Status ein Mitspracherecht bei der Verwaltung des Pfründgutes, das ihm vorher vorenthalten war. Doch läßt sich derlei aus dem Stiftungsbrief nicht belegen 102 . Wie sich aus den oben zitierten Stellen erweist, waren Frühmessen auch als sogenannnte Erntemessen zu lesen, das heißt, entweder überhaupt nur in der Erntezeit oder nur in der Erntezeit zu so früher Stunde. Wie Prozessionen, Pferdeweihen, Beweihräucherungen der Ställe und anderes mehr könnte man natürlich auch die Erntemessen als bloße Formen der Segnung von Viehzucht und Ackerbau ansehen und in den Bereich des Magischen oder Volkstümlich-Religiösen verweisen. Allerdings wäre auch eine andere Interpretation denkbar, derzufolge es weniger um die faßbare, im Materiellen sich niederschlagende Wirkung der Messe, weniger um eine Segnung der Arbeit und den dadurch zu erhoffenden Nutzen als vielmehr um die Segnung des Arbeiters gegangen wäre 103 . Und zwar nicht im Sinne der Bewahrung seiner Arbeitskraft, was ja geheißen hätte, daß er bloß als betriebliches Zubehör angesehen wurde 104 , sondern mit dem Ziel der Öffnung seiner Seele für den Glauben und der Erlangung ewigen Heils. Das könnte heißen, nicht die Herren oder die besser situierten Gemeindemitglieder allein sollten, weil sie müßig gehen konnten, Zugang zu den Segnungen der Messe haben, sondern gerade auch die, die dem Leiblichen von Rechts und Berufs wegen mehr verhaftet, ja unterworfen waren und des Geistlichen darum vielleicht um so eher bedurften 105 . Mit der Festsetzung der Zeit, zu der gelesen werden sollte, sind die Sonderregelungen im Bezug auf das Meßhalten noch nicht erschöpft. Es wurden den Pfründnern vielfach auch die Tage vorgeschrieben. Zum einen konnten sich die Gläubigen dann besser auf eine Teilnahme an der Meßfeier einrichten; zum anderen entstand ein solcher Regelungsbedarf auch dann, wenn an einer Kirche oder an einem Altar mehrere Kapläne dienten und es galt, für regelmäßige Gottesdienste zu sorgen oder Konflikte zu vermeiden 106 .

102 Zur Handhabung der Dotationen siehe Teil C, Kap. 3.5. und 3.6. 103 Zu den sogenannten Meßfrüchten: P. Hinschius, System, Bd. 4, S. 178 f.; A.Angenendt, Missa specialis, S. 170 f. 104 Siehe dazu H.-W. Goetz, Kirchenschutz, S. 217. Nach der Erkenntnis des Autors schlössen die Gottesfrieden die villani nicht in ihren Schutz ein, weil sie waffenlos waren, sondern insofern sie als Zubehör des Kirchengutes galten. - Das Spätmittelalter hatte sich aber über die Sicht der Dinge teilweise schon hinaus entwickelt: P. Bierbrauer, Aufstieg der Gemeinde. - Zur Anschauung von der Leibeigenschaft in der Zeit der Reformation: P. Blickle. Gemeindereformation. S. 183 ff., v. a. 190-93. 105 Vgl. die Formulierung im Brief der Stiftung Zainingen im Text (Teil C) bei Anm. 72. 106 Siehe die zu Kirrweiler (Pfalz) 1515 und zu Gernsbach (Baden) 1517 getroffenen Regelungen: LASP D2 306/10, fol. 1 5 5 - 5 8 v.; GLAK 35:115 1517.

182

Prinzipiell durfte in der Pfarrkirche selbst, aber auch an Kapellen im Sprengel an Sonn- und Feiertagen nur mit besonderer, aktueller Erlaubnis des Pfarrers oder aufgrund einer durch Stifhingsbestimmung dauerhaft gewährleisteten Sonderregelung gelesen werden. Die Sonntagsmesse war, wenn sie Filialen zugebilligt wurde, gewissermaßen das Einfallstor in das Pfarrecht. Da die Sonntagsmesse als ordentlicher und öffentlicher Gottesdienst zur cura gehörte, ist die Zulassung einer Tabelle 6: Die Dienstpflichten der einfachen Minderpfründer A: Pfründen an Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf Nr.

Gemeinde

Wochenmessen insgesamt

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Aurich Beinstein Bernhausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen Ilsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u. H. Urbach Walddorf Zainingen

2 +1 4 3 4 4 4 4 2 3+4 3+ 1 3 3+ 1 3 4 4 6

Sonntagsmessen

Frühmessen

Erntemessen

1 X X X

1

X X

X X

X

2

X

1

(x) X

X

X

X

(x)

X

X

X

1 1 1 1

X

(X)

X

X

X

1

X

X

3+ 1 4

Jahreszeitmessen

B: Pfründen an Filialen Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Arnegg Bartenbach Beuren u.N Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen Winterlingen

Wochenmessen insgesamt

Sonntagsmessen

Frühmessen

Erntemessen

Jahreszeitmessen

4 4 X

X

X X

2 3 1

(x)

X

X

4 4 4

X X X

X

X

X

X

X

1 2

Die Pflichten der Kuratkapläne sind in Tabelle 10. S. 200. angegeben. Anmerkungen siehe S. 453ff.

183

Pfründe zu solchem Dienst jedenfalls als Statuserhöhung zu werten. Rechtlich abschwächen ließ sich ein solches Zugeständnis dadurch, daß man der Gemeinde nur eine Frühmesse bewilligte und verlangte, daß alle, die nicht durch Krankheit, Alter, Schwangerschaft oder Stillzeit am Gang in die Mutterkirche gehindert waren, nach der Frühmesse auch noch den regulären sonntäglichen Gottesdienst in der Pfarrkirche besuchten und auch ihr Pflichtopfer dort gaben107. Doch braucht auf diese Aspekte, die die Auflösung des Pfarrzwangs betreffen, an dieser Stelle nicht näher eingegangen zu werden, da sie im Zusammenhang mit den Pflichten und Rechten der Kuratkapläne im Abschnitt II eine breitere Behandlung erfahren. Die erste und häufigste über das Meßlesen hinausgehende Pflicht der Minderpfründner war die Pfarrassistenz108. Diese verlangte vom Meßpriester oder Kaplan, dem Pfarrer bei der Ausübung seines Amtes - insbesondere bei den gottesdienstlichen und seelsorgerlichen Verrichtungen, die er ohne Hilfe nicht oder nur schlecht oder weniger feierlich versehen konnte - behilflich zu sein. Unter anderem gehörte dazu das Singen und Lesen der sonntäglichen Messe, die Hilfestellung bei der Eucharistiefeier und bei besonderen sakramentalen Diensten und die Teilnahme an Prozessionen und Jahrzeiten109. Die Pfarrassistenz konnte für alle Sonn- und Feiertage gelten oder aber auf bestimmte Anlässe begrenzt sein. Wenn die Assistenzverpflichtungen für die in Filialen dienenden Minderpfründner geringer waren oder überhaupt wegfielen, dann kann das einfach damit zusammenhängen, daß die Entfernung von der Filiale zum Pfarrdorf zu groß war. Andererseits könnte es aber auch mit dem Status dieser beneficia distincta zusammenhängen. Die Aussetzung von Helferdiensten konnte, wie sich aus städtischen Seelgerätstiftungen erweisen läßt110, zur Verselbständigung eines Meßstipendiums gegenüber dem Pfarrbenefizium beitragen. Seitdem sich aber die Errichtung selbständiger beneficia unterhalb des Pfarrechts ämterund benefizialrechtlich durchgesetzt hatte, scheint die Zusage von Helferdiensten von den Stiftern im Einzelfall eingesetzt worden zu sein, um widerstrebenden Pfarrern oder Inkorporationsherren den Wind aus Segeln zu nehmen. Diese konnten sich nämlich, wenn ihnen ein an der Kirche oder an einer in der Nähe liegenden Kapelle bepfründeter Meßner zur Verfugung gestellt wurde, die dauernde oder aktuelle Anstellung eines Helfers auf eigene Kosten sparen111. Allerdings kam es auch vor, daß der Pfarrer kraft Stiftungsbrief verpflichtet wurde, dem Kaplan, wenn er ihn für bestimmte Dienste in Anspruch nahm, ein Essen zu reichen oder ihn sonst zu entschädigen'12. In keinem der hier ausgewerteten Fälle wurde jedoch ausdrücklich ausgeschlossen oder gar untersagt, daß der Kaplan Helferdienste ver107 Zum Opfer: A.Mayer, Entstehung des Meßstipendiums, v.a. S. 135ff.; zu den «opferbaren Leuten» siehe oben (Teil C) Anm. 52. 108 Zur Pfarrassistenz siehe Tabelle 7, S. 185. 109 Schon das Sendhandbuch Reginos v. Prüm verpflichtete die Pfarrer bei Strafe der Amtsenthebung, zu bestimmten kultischen Handlungen einen Helfer heranzuziehen: W. Hellinger, Pfarrvisitation, T.I., S. 58. Diese Helfer mußten nicht unbedingt Kleriker sein, Frauen waren in aller Regel ausgeschlossen. Siehe auch D. Lindner, Hilfspriester. 110 Vgl. K.Frölich, Altarpfründen, S. 504. I U P . Hinschius, System, Bd. 2, 318 f.. 321 ff. 112 Siehe Tabelle 7, S. 185.

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sah. Das erklärt sich zwanglos daraus, daß die gemeindlichen Pininden alle auf die necessitas populi bezogen waren und schon allein von daher der öffentlichen Seelsorge oder eben dem Pfarrdienst verpflichtet. Wie sich der Kaplan gegen übermäßige Beanspruchung durch den Pfarrer wehrte, war letztendlich seine Sache. Tabelle 7: Assistenz- und Vertretungspflichten der einfachen Minderpfründner A: Pfründen an Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Aurich Beinstein Bernhausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen Ilsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u.H. Urbach Walddorf Zainingen

Assistenz

Vertretung

X X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X X

X

( X )

X

X

X

X

X

X

X X

X

B: Pfründen an Filialkapellen Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Arnegg Bartenbach Beuren u.N. Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen Winterlingen

Assistenz

Vertretung

X X X ( X )

Die Angaben zu den Kuratkaplaneien finden sich in Tabelle 16, S.244. Anmerkungen siehe S. 453ff.

Eine besondere Form der Pfarrassistenz findet sich bei den Kaplaneistifhingen, die in der Pfarrkirche oder innerhalb des Pfarrdorfes (Kategorie A) unternommen wurden. Gemeint ist die Pflicht des Kaplans, den Pfarrer in Fällen von Krankheit, 185

Urlaub oder sonstiger Abwesenheit zu vertreten. Eine solche Vertretungspflicht trug zugleich das Recht auf Versehung sämtlicher Seelsorgeaufgaben in sich. Diese sehr weitreichende Kompetenz mußte den Kaplänen an Filialkirchen, wollte man die Dinge nicht auf eine Dismembration hinauslaufen lassen, vorenthalten werden, weil immer die Gefahr bestand, daß das Recht so aufgefaßt wurde, als hänge es am Altar oder an der Pfründe und stehe nicht nur ausnahmsweise dem Kaplan zu113. Mit der Vertretungspflicht ist auch das Problem der Residenzpflicht angeschnitten. Die Residenz gehört wohl mit zu den ältesten Pflichten, die die Kirche den mit dem Seelsorgedienst betrauten Klerikern auferlegt hatte 1,4 . Im Hoch- und Spätmittelalter dürfte sie zu den am meisten mißachteten Pflichten zählen. Insbesondere die Gewohnheit der «Pfarrherren» (rectores), für die Versehung des Dienstes gegen schlechten Lohn einen anderen Priester zu bestellen, oder das Recht der Inkorporationsherren, die ihnen einverleibten Pfarreien von ebenfalls schlecht bezahlten Vikaren versehen zu lassen, führte dazu, daß sich diese Kleriker anderweitig Zubrot suchten, von der Pfarrei abwesend waren, sich keine Helfer leisten konnten und so die Filialen vernachlässigen mußten oder aber - eine nicht zu unterschätzende, für eine ordentliche Seelsorge äußerst schädliche Konsequenz - immer wieder die Stelle wechselten, sobald sich ein besseres Angebot auftat 115 . Die Folge der Abwesenheit der ordentlichen Seelsorger oder der häufigen Vakanzen war, daß die Pfarreien unversehen blieben. Das klingt zunächst wenig dramatisch, doch kann man sich vielleicht ein besseres Bild von der psychischen Situation des so im Stich gelassenen Kirchenvolkes machen, wenn man die damalige seelsorgerliche Versehung mit unserer heutigen ärztlichen Versorgung vergleicht. Heutzutage ist es geradezu undenkbar, daß im Notfall kein Arzt erreichbar sein könnte. Wo - wie sich aus dem oben zitierten Stiftungsbrief der Gemeinde Suppingen ergibt - das leibliche Wohl soviel weniger wert war als das Seelenheil, mußte sich das Bedürfnis der Menschen nach Vorsorge auf den Priester richten und nicht, wie das unsrige, auf den Arzt, den Krankenwagen und die Bluttransfusion. Es galt zu vermeiden, daß Kinder entweder, weil sie schwach waren, ungetauft starben oder sich überhaupt erst deswegen den Tod holten, weil sie zur Taufe zu einem anderen, weiter entfernt sitzenden Pfarrer getragen werden mußten. Schwangere waren zur Zeit zu versorgen, Sterbenden mußte die Beichte abgenommen, die Absolution und die letzte Ölung erteilt werden, für die Verstorbenen wollte man ein würdiges Begräbnis gewährleistet wissen116. Über die Korrektheit und Wirkung von Nottaufen und Laienbeichten konnte man sich jedenfalls nie ganz sicher sein, und abgesehen davon war es schließlich das gute Recht des Kirchenvolkes, ordentlich versehen zu werden. 113 Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, daß der Kaplan und die Heiligenpfleger zu Steinreinach (B 10) das Recht haben sollten, auf ihre Kosten an bestimmten Feiertagen einen Prediger zu bestellen, der der Gemeinde das Gotteswort predigte. Auf diese Weise kam die Gemeinde zu einer Predigt, obgleich die gemeindliche Pfründe und ihr Kaplan von diesem pfarrlichen Recht ausgeschlossen blieben. Zum Predigtrecht vgl. R.Zerfaß, Laienpredigt, v. a. S. 98 ff. 114 P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 221 ff. 115 Zum Permutationsverbot: Ebd., Bd. 3, S. 285 ff. 116 Vgl. Tabelle 11. S. 207. Siehe v.a. die Beschwerden der Gemeinde Berghaupten (C 3).

186

Da es den Gemeinden und auch der Amtskirche, selbst wo sie guten Willen zeigte, offensichtlich nicht gelang, diese Mißstände zu beseitigen und die Pfarrer zur ordentlichen Dienstversehung zu zwingen, mußte auch hier wieder die gemeindliche Stiftung Abhilfe schaffen. Gemeinden, die um eine Pfarrkirche saßen, konnten natürlich nicht wie Filialen versuchen, eigenes Pfarrecht zu erstiften. Offene Klage gegen den Pfarrer brachte erfahrungsgemäß nichts ein und konnte höchstens dessen Versetzung bewirken, kaum aber zur Legitimation einer weiteren Kuratstiftung dienen. Natürlich konnte man sich auch nicht wie Filialgemeinden auf die üblichen kanonischen Gründe berufen wie große Entfernung zur Kirche, schlechte Wege, gefahrliche Zeiten und so weiter. Allerdings konnte ein Bevölkerungszuwachs für die Errichtung zusätzlicher Kuratbeneficia geltend gemacht werden" 7 . Sonst aber stiftete man Kaplaneien mit Vertretungsrecht. Dem scheint verhältnismäßig wenig Widerstand entgegengesetzt worden zu sein. Das dürfte daran liegen, daß eine Teilung eines Pfarrdorfes in zwei Sprengel eher nicht zu befürchten war - nicht allein wegen ihrer Größe, sondern vor allem deswegen, weil die meisten Dörfer im Spätmittelalter einer einheitlichen Ortsherrschaft unterworfen waren und von daher eine Ausbildung von getrennten Pfarrsprengeln in ein und derselben Siedlung, wie sie im Früh- und Hochmittelalter aufgrund geteilter Grundherrschaft häufiger vorkam, kaum mehr zu befürchten war1 . Für die Gemeinde hatte die Stiftung einer solchen Kaplanei verschiedene Vorteile. Zum einen konnte die Pfarrkirche als Basis für die Stiftung dienen, so daß außer der ditatio keine weiteren Kosten auf die Gemeinde zukamen. Zum anderen wurde der Kaplan zwar im Vertretungsfall zum Pfarrer der Gemeinde, seinem Status nach blieb er aber Kaplan und auch seine Pfründe blieb ein Minderbeneficium. Das hatte eine ganze Reihe von Konsequenzen, von denen an dieser Stelle vornehmlich die interessieren, die sich auf die Dienstversehung bezogen - also auf Residenzpflicht, Absenz- und Permutationsverbot, die klerikale Lebensführung und so weiter. Diese Pflichten, die den Pfarrern zwar nach ius commune auferlegt waren, von diesen aber häufig nicht erfüllt wurden, konnten dem Kaplan von der Gemeinde aufgrund ihrer Rechte als Stifterin seiner Pfründe abverlangt werden, vor allem anderen die Residenzpflicht, denn wenn der Kaplan den Pfarrer vertreten

117 Mit dem Bevölkerungszuwachs wurde die Errichtung der Kaplanei in der Kapelle im Pfarrdorf Schifferstadt durch Schultheiß und Gericht 1503 begründet: LASP Dl 1191 (gedruckt bei F. X. Remling, Urkundenbuch, Bd. 2, Nr. 238). Bevölkerungszuwachs war zwar für die Schaffung zusätzlicher Pfründen ein Grund, nicht aber für eine Separation: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 403. - Wenn dennoch in der Praxis mit dem Bevölkerungszuwachs argumentiert wurde (z.B. bei der Separation der Gemeinde Endersbach: WR 12030f.), dann nicht zuletzt deswegen, weil viel Volk hieß, daß die neue Stiftung wie die alte Kirche in ihren Einkünften gesichert waren. 118 Wenn zwei Kirchen mit Pfarrecht in einem Dorf standen, setzte sich, wenn erst einmal die dafür verantwortlichen grundherrlichen Strukturen aufgeweicht waren, diejenige durch, die unter dem Patronat oder der Vogtei des Gerichtsherrn stand. Siehe z. B. die Geschichte der Pfarreien Kirchheim u.T. und Weilheim u.T.: Beschreibung des Oberamts Kirchheim. S. 117fT„ 131 ff.; 280ff., 285 ff.; vgl. den gescheiterten Versuch der Kapellengründung zu Böhringen (A 6). - Dörfer, die durch einen Bach geteilt waren, gehörten nicht selten zwei verschiedenen Pfarrkirchen zu. Die Ursachen scheinen unzureichend geklärt zu sein. Im Spätmittelalter kam es häufiger zur Einpfarrung des abgesplitterten Teiles in die Dorfkirche; siehe z. B. Langensteinbach 1512 (GLAK 38:96 1512) oder Hainfeld 1511 (LASP Dl 447).

187

sollte, dann war es eine conditio sine qua non, daß er auch tatsächlich bei der Gemeinde wohnte und lebte. Wenn also an erster Stelle der Stiftungsbestimmungen vieler Minderpfründen die Forderung nach persönlicher und dauernder Residenz ihrer Inhaber am Ort steht 119 , dann ist dies nicht als eine bloß formelhafte Wiederholung eines kanonisch ohnehin festgeschriebenen Prinzips zu verstehen, sondern auf ganz konkrete Erfahrungen und Bedürfnisse des Kirchenvolkes zurückzuführen 120 . Rechtlich betrachtet, machte die ausdrückliche Hervorhebung der Residenzpflicht diese unangesehen ihrer gemeinrechtlichen Geltung auch zum Bestandteil des Rechts der Stiftung und unterwarf ihre Verletzung der Sanktionierung durch diejenigen, die das Recht der Stiftung zu bewahren hatten - das waren vor allen anderen die Gemeinde und die Heiligenpfleger 121 . Für ein solches Verständnis der persönlichen Verpflichtung des Priesters gegenüber der Pfründe und ihren Stiftern lassen sich in den Quellen Belege finden. Derjenige Pfründner etwa, der auf die 1473 zu Metzingen gestiftete Pfründe (A 12) gesetzt wurde, sollte nach dem Willen der Gemeinde «schuldig und verbunden sin, die mit siner aigen persone vnd durch kainen andern zu versehen vnd huslich vnd häblich by vnss zu Metzingen zewonende»X22. Daß sie sich zwar auf das geistliche Recht und die Kontrolle der Amtskirche stützen, nicht aber ausschließlich darauf verlassen wollte, drückte die Gemeinde Möglingen im Brief ihrer 1453 errichteten Stiftung (A 13) aus: «Wann ouch ist, das pfründen geluhen werden von amptswegen, So setzen wir fiiro vnd ordnen, daz ain yeglicher diser pfrundt Caplon, der yetzo oder hienach zu ewigen zyten darujf bestettigt wirdet, soll öffentlich schweren vnd geloben dem Techant des cappittels, daz er by der Pfründe zu Meglingen personlich sitzen vnd wesen wolle, ain erberlich, priesterlich leben zufüren» . Ein jeglicher Kaplan zu Zainingen, dem die Frühmesse geliehen wurde (A 22), sollte «schuldig vnnd verbunden sin, Die mit siner aigen person vnnd durch dehainen anndern zuversehen, Er hette dann des zu zyten kranckhait oder annderer redlichen vrsachen halb Erber vnnd nottürfftig entschuldigüng, Ouch hushäblich by vnns zu zainingen zuwonen vnnd zusitzen» . Daß auch vom Kirchenvolk als eine der wichtigsten Ursachen für die häufige, unerlaubte Abwesenheit und Pflichtvernachlässigung der Pfründinhaber die Pfründenhäufung und der priesterliche Lohndienst erkannt worden waren, zeigt der Stiftungsbrief der Gemeinde Stetten für die Pfründe auf dem Marienaltar der Pfarrkirche aus dem Jahr 1481 (A 19). Sie erklärte: «Auch wollen wir, das ein Iglicher

119 120 121 122 123 124

188

Siehe Tabelle 8. S. 190. Siehe die Meßpflichten in Tabelle 6. S. 183. Siehe Teil C, Kap. 3.6.3. WR 13977. WR 8833. Vgl. Teil C, Kap. 3.6.3. WR 14006.

prister, dem diß pfrundt gelihen wirdt, bej vnss zü Stetten sitzen soll vnd keyn ander pfrunt vmb lone oder myedt besingen»125. Vogt, Gericht und Gemeinde zu Glatten teilten 1462 dem Bischof die Stiftung einer Pfründe mit und baten um Beurkundung des Stiftungsbriefes (B 4). Eine Bestimmung bezog sich darauf, daß dem Kaplan die Annahme andere Dienste ohne ausdrückliche Erlaubnis untersagt sein sollte: «et teneatur nullium alium beneficium seu altare inofficiando absque consensu nostri aut nostrorum successorum»I26. Untersagt war damit nicht allein die zusätzliche Versehung einer anderen Pfründe, sondern auch die Versehung eines Altars «ad inofficiandum», also die Annahme von Kommenden oder die längerfristige, ordentliche Stellvertretung anderer Pfründner - zumindest solcher, die auswärts bepfründet waren. Im Stiftungsbrief der Gemeinde Hausen aus dem Jahr 1460 (B 5) findet sich eine entsprechende Regelung: «vnd also soll ain yeglicher Capplan [...] die Cappel mit meßhan nach Ordnung versenhen vnd sich an dehain ander End verbinden noch verdingen, meß zu haben, denn allein der vorgenannten pfründe warten «l21. Anzumerken ist, daß diese beiden letztgenannten Pfründen in Filialkapellen errichtet wurden. Wie bei allen der Kategorie B zugehörigen Stiftungen fehlt die Vertretungspflicht für den Pfarrer hier ganz. Da man die Vertretungspflicht der Kapläne an Pfarrkirchen und Kapellen im Pfarrdorf davon abhängig machte, daß die Abwesenheit des Pfarrers auf einem «gerechten Grund» beruhte, war dieser seinerseits aufgefordert, sein Amt ordentlich zu versehen. Versäumte er seine Pflichten fahrlässig, hatte er keinen Anspruch darauf, daß der Kaplan der Gemeinde für ihn einsprang. Ohnehin war der Vertretungsdienst meistens umsonst oder gegen eine geringe Entschädigung zu leisten, während ein Vertreter, den der Pfarrer selbst bestellte, aus den Pfarreinkünften entlohnt werden mußte. Die Kapläne schuldeten den Vertretungsdienst also weniger dem Pfarrer als vielmehr der Gemeinde. Im akuten Notfall konnten sie ihn ihr wohl kaum verweigern, auch wenn der Pfarrer die Lage ausnutzte, um sich häufiger ungerechtfertigterweise davonzumachen. Letztendlich war es die Sache des Kaplans, dem die Mehrarbeit aufgeladen war, beim Bischof Klage zu führen. Die Gemeinde konnte sich unbeschadet ihrer seelsorgerlichen Versehung heraushalten. Aus einer echten Notlage des Pfarrers oder einer sachlichen Notwendigkeit ergab sich auch eine Not der Pfarrei, eine außerordentliche necessitas des Kirchenvolkes sozusagen, die zum Argument für die Zulassung des Minderpfründners zur cura wurde und auf die zugleich die Gemeinde ihren Anspruch gründen konnte, daß der von ihr bepfründete Kaplan die allfalligen Dienste ohne besondere Entschädigung von Seiten des Kirchenvolkes versehe.

125 WR 7617. 126 WR 8187. 127 WR 13066.

189

Tabelle 8: Die Forderungen zur Amtsführung der einfachen Minderpfründer (! = Androhung von Sanktionen) A: Pfründen an Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf Nr.

Gemeinde

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Au rieh Beinstein Bernhausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen Ilsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u.H. Urbach Walddorf Zainingen

Residenz

Absenzverbot

X

Verbot, andere Pfründen zu versehen

X

X X

Persönliche Versehung

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B: Pfründen in Filialkapellen Nr.

Gemeinde

Residenz

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Arnegg Bartenbach Beuren u.N. Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen Winterlingen

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Absenzverbot

persönliche Versehung

Verbot, andere Pfründen zu versehen X

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Die entsprechenden Angaben zu den Anforderungen an die Kuratkapläne finden sich in Tabelle 12, S.214. Anmerkungen siehe S.453ff.

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«Schulthaiß vnd gantze gemaind»128 des Pfarrdorfs Hattenhofen ordneten an, daß der Kaplan der Pfründe, die sie in ihrer Kirche, die dem Stift zu Göppingen inkorporiert ist, gestiftet hatten (A 9) «vnsern herren probst vnd Capitel obgenanten vndertänig vnd gehorsam sin, deß glichen Irem [i.e.der Stiftsherren] pfarrer zu hattenhofen mit singen, Lesen, Creutzgängen vnd andern, der pfarr anligenden Sachen In der Pfarr not byständig sin, vnd sonnder, so ain pfarrer nit anhaimisch oder kranck wer, In zu verwesen, die sacrament ministrieren, töffen, bychthören vnd In andern Sachen, aim pfarrer zustendig, wann In der pfarrer bitt vnd Im sin kranckheit oder abwesen verkündet vnd sin gewalt bevilht. Vnd er sol sich des opfers vnd was dem pfarer von Nutzungen vnd ehaftin zu gehöret nichtz vndersten ynzuNemen, weder haimlich noch öffentlich, dann so viel Im der Pfarrer gündt. Also daz dise Stiftung aim pfarrer zu kain schaden, sonnder zu hilff vnd merung götlichs lobs dienen sol» . Zum einen wird hier deutlich, wie die Rechte, die ein Pfarrer gegenüber einem Minderpfründner hatte, im Fall der Inkorporation der Pfarrei zwischen dem Inkorporationsherrn und dem Vikar aufgeteilt waren: Dem Stift war der Kaplan Gehorsam schuldig, dem von den Stiftsherren für die Seelsorge eingesetzten Pfarrer verantwortete er sich nur hinsichtlich des engeren pfarrlichen Rechts. In Abwesenheit des Pfarrers versah der Kaplan dessen sämtliche Pflichten, auch diejenigen, die das forum poenitentiale, die Verwaltung des Bußsakraments, betrafen, doch mußte ihm der Pfarrer zuvor seine «Gewalt» leihen. Im Gegenzug konnte der Kaplan verlangen, daß ihm die bevorstehende Vertretung rechtzeitig angekündigt und der Grund für die Abwesenheit genannt wurden. Was den Lohn für den Vertretungdienst betrifft, so entsprach es nach Auffassung der Gemeinde Hattenhofen der Billigkeit, daß der Pfarrer dem Kaplan für seine Mühe etwas zukommen ließ, ihm etwas «gönnte». Doch heißt «gönnen», daß der Betrag jedesmal dem Gutdünken des Pfarrers überlassen blieb und sich von daher kein konkreter Rechtsanspruch ausgebilden konnte - weder zugunsten eines einzelnen Kaplans, noch gar zugunsten der Kaplanei selbst. Um das pfarrliche Recht zu schützen, mußte sich die Gemeinde unter Einsatz des Rechts ihrer Stiftung und damit auch ihres eigenen Rechts dafür verbürgen, daß der Kaplan nicht allein ordentlich ausgestattet wurde, sondern auch versprach, nicht eigenmächtig pfarrliche Einkünfte an sich zuziehen. Doch galt diese Zusage immer unter dem stillschweigenden Vorbehalt, daß der Pfarrer ebenfalls seinen Pflichten nachkam und die Dienste des Kaplans nicht ohne Not beanspruchte130.

128 Im Brief wie in der Bestätigung des bischöflichen Generalvikars (WR 8707) fehlt auffalligerweise die Nennung des Gerichts in der Reihe der Stifter und Initiatoren. Auch wo es um die Wiederanlage des Kapitals geht, sind nur der Schultheiß und die Gemeinde genannt, die mit Wissen und Willen des Stifts Oberhofen handeln sollten. Ein weltlicher Herr wurde nicht erwähnt. Auch im Fall Hohenwart (C 10) ist weder im Brief noch in der Bestätigung des Ordinariats das Gericht genannt. Den Brief siegelte der Johanniterorden Rohrbach, dem die Pfarrkirche zu Ebhausen inkorporiert war. Im Stiftungsbrief der Gemeinde Sontheim (B 9) dagegen war kein Schultheiß genannt. Die Gemeinde gehörte in die Pfarrei Laichingen, die dem Kloster Blaubeuren inkorporiert war. 129 WR 8706. 130 Siehe Teil C, Kap. 3.6.2. Siehe dazu K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 274 ff.

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Vergleicht man die Stellung des Pfarrvikars zu Hattenhofen mit der des dortigen Kaplans, dann läßt sich unter ämterrechtlichen Aspekten an sich kein großer Unterschied feststellen - nur, daß der eine das Pfarrecht regulär versah, der andere irregulär. Beide saßen sie, was die ordentliche cura betrifft, hinter dem Inkorporationsherrn als dem eigentlichen Pfarrer (parochus habitualis). Als vicarius versah der Pfarrpriester seinen Dienst gewissermaßen selbst bloß in Stellvertretung. Jedenfalls war er kein «Pfarrherr», was sich schon daran erweist, daß der Kaplan, wenn er die cura übernahm, dem Stift Gehorsam schuldete und nicht ihm. Daß er dem Kaplan den Helferdienst nicht befehlen konnte, sondern ihn darum bitten mußte, lag darin begründet, daß derselbe ein eigenes beneficium innehatte, dem er Residenz schuldete und das er «In aigner person beampten» mußte 131 . Von daher gesehen hatte wohl auch der Inkorporationsherr keine Handhabe, den Kaplan ohne Not zur Vertretung des Pfarrers heranzuziehen, zumal er selbst als parochus habitualis und Nutznießer der Überschüsse der Pfarrpfründe die eigentliche Verantwortung für die Seelsorge trug. Eigentlicher Dienstherr des Kaplans war die Gemeinde auf der Grundlage des Stiftungsbriefs. Als Seelsorger quasi «von der Gemeinde wegen» könnte man auch den Kaplan der Liebfrauenkapelle im Rottenacker (A 18) bezeichnen, der ebenfalls volles Vertretungsrecht für den Pfarrer hatte, wenn dieser von der Gemeinde abwesend war und den «zu erwelen, die [Pfründe] zu verluhen vnd In ainem byschoff gen constentz, der ain bestatiger der selbigen pfründ ist, zu presentieren» sich «aman richter vnd gantze gemaind des dorff rottacker alweg vorbehalten vnd gedingt» hatten 132 . Mit einem solchen Kaplan zur Hand konnte es der Gemeinde, falls sie mit dem vom Patronatsherrn gesetzten Pfarrer nicht zufrieden war, nur recht sein, wenn derselbe nicht residierte. Sie konnte ihn vielleicht dauernd in Kur schicken, ihm ein Studium empfehlen oder ihm den Aufenthalt im Dorf unangenehm machen, um sich dann von einem Seelsorger versehen lassen zu können, den sie sich selbst erwählt hatte. Der Patronatsherr mußte es sich sicherlich gut überlegen, wollte er der so abgesicherten Gemeinde einen Pfarrer gegen ihren Willen aufzwingen eine sowohl hinsichtlich der Bewertung des Pfarrerwahlrechts wie hinsichtlich der Rolle des Minderpfründenwesens für die Entwicklung gemeindlicher Selbstverwaltungsrechte in der Kirche nicht uninteressante Perspektive. Auch zu Rems legte man größten Wert auf das Recht des Kaplans, die cura wahrnehmen zu dürfen (A 17). Die Pfarrkirche war, wie die zu Hattenhofen, inkorporiert. Inkorporationsherr und Inhaber des Präsentationsrechts der Kaplanei war das Heilig-Kreuz-Stift zu Stuttgart, dem im Stiftungsbrief auferlegt wurde, einen Priester zu berufen, der «tougenlich vnnd geschickt, ouch von der gaistlichen oberkait zügelaßen sye, ain yede Seelsorg zetragen vnd zeuersehen »n3. Auch die weiteren Formulierungen des Briefes geben zu erkennen, daß man sich zu Rems einer ordentlichen Seelsorge versichern wollte, dabei jedoch zugleich

131 WR 8706. 132 WR 7219. 133 WR 14498.

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keineswegs aus dem Auge verlor, daß dieselbe die eigentliche Pflicht des Pfarrers war: « Vnnd so der pfarrer zu Remss uß redlicher, erberer vrsach vß der pfarre ryt oder geit oder in ain Bad zücht, so sol der Caplan gemelter Caplanij pfrund, so er vom pfarrer zu Remss durch sich selb oder sin Bottschaft gebetten wirf. In, den pfarrer, in sinem abwesen der Seelsorg halb erberklich vnnd getruwlich warten vnnd versehen. Des glych, wann ain pfarrer kranck wirt, sol er von dem Caplan gemelter caplanij pfrund ouch also versehen vnd verwesen werden vnd ouch sust in aller nout. Doch ob des pfarrers kranckhait über Dry Wochen weren würde, so sol der Caplan in, den pfarrer, nach ußgang der dryer wochen wyter nit versehen, Damit dem dienst gottes vnnd diser Stiftung kain abbruch geschehe»134. Das Recht eines Pfarrers, selbst das eines Pfarrvikars im 15.Jahrhundert, entsprach, wie man sieht, fast dem Standard des modernen Beamtenrechts. Es gab für den Repräsentanten und verlängerten Arm der kirchlichen Obrigkeit nicht nur Kündigungsschutz und Lebenszeitstellung, auch Dienstreisen waren zulässig, Schutz im Fall der Krankheit wurde gewährt, selbst die Kur wurde dem Pfarrer zugelassen. Nach drei Wochen jedoch sollte die Verantwortung für die Versehung der Gemeinde auf jenen und damit letztendlich auf den hinter ihm stehenden Inkorporationsherrn zurückfallen. Einer der beiden mußte dann wohl auf eigene Kosten einen Verweser bestellen, denn eine dauernde Verlagerung der Pfarrpflichten auf den Kaplan wollte die Gemeinde nicht zulassen, da sie dem Stiftungszweck und damit auch dem Recht der Stiftung zuwiderlaufe. Die Drei-Wochen-Regelung trug allerdings auch Beschränkungen der Freiheiten der Gemeinde in sich. Denn sie benahm dieser die Möglichkeit, den Kaplan gegen den Willen zum Beispiel des Inkorporationsherrn oder des Bischofs als Dauervertretung zu installieren und so zum Schaden der Pfarrpfründe ein Gewohnheitsrecht auf die cura animarum zu erwerben. Einen Einblick in die der Pfarrvertretung anhaftende Problematik gibt der Brief, den der Pfarrer von Asperg, Meister Hans Heninger, im Januar 1497 an Eberhard von Württemberg als Patronatsherr seiner Pfarrei schrieb. Darin beklagte er seine kargen Einkünfte und die Schwierigkeiten, die ihm sein Amt bereite. Man solle ihm den ihm zustehenden Anteil an den Neubruchzehnten zukommen lassen und die Bauern anhalten, dort zu bauen, wo es der Pfarrei bleibe. Es sei seine ernstliche Bitte, der Patronatsherr «wolle die armen lüt zu Asperg, die pfarr vnd mich In gnaden bedencken vnnd ansehen, dz Ich ainig hie bin vnnd nymands hab, der mich versycht. Ich gang hinuß, wi ich wöll, muß ich ainen andern priester an min statt stellen, der mich versehe, damitt von armen lüten nitt clag geschehe. So ist auch kain bad, faylbeck vnnd metzger da, dz mir gar schwer ist ' das hinlyhen vnd presentieren, Zu latin Juspatronatus genant, solcher pfründ vnd Capplonie wollent zugehörig sin, vndertäniglich gebetten, sie an solichen, Irem loblichen ßirnemen nit zuverhindern, Sonder das Zu Gönden»662. 657 658 659 660 661 662

WR 6910. WR 6723. WR 6912. Ebd. WR 14470. Ebd.

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Hier klingt an, daß der Württemberger das Patronat der Kaplanei zu Steinreinach aufgrund seiner weltlichen Rechte zu Korb einforderte und nicht als Patronatsherr, obgleich er die Kirche zu Korb selbst zu besetzen hatte. Eine Rolle mag hierbei gespielt haben, daß diese zum Zeitpunkt der Stiftung das Pfarrecht noch gar nicht offiziell besaß, denn der am 3. März 1482 gestellte Separationsantrag war noch anhängig und wurde erst am 2. November vom Generalvikariat in Konstanz bewilligt. Zwar unterstand auch die Pfarrkirche zu Waiblingen, in deren Sprengel Korb mitsamt Steinreinach gehörte, württembergischem Patronat, aber das konnte sich ändern. Rechtstechnisch war es demnach günstiger und auch korrekter, die Kirche zu Waiblingen aus dem Spiel zu lassen, zumal es offensichtlich formalrechtlich unproblematisch war, die angestrebten Rechte an der Pfründe aufgrund weltlicher Obrigkeit zu erlangen. Es erscheint nämlich das ganze Gericht Korb und nicht die Pfarrgemeinde Korb, das Dorf Steinreinach oder das dort ansässige Kirchenvolk als Stifter der Kaplanei. Da die als «die vnsern von Korb» bezeichnete Gerichtsgemeinde auf ihre Rechte aus der Übertragung des dominium am Stiftungsgut ausdrücklich zugunsten ihres Herrn verzichtet hatte, war der Rechtserwerb der Württemberger jedenfalls patronatsrechtlich abgesichert. Das Wesentliche daran ist jedoch, daß der Verzicht der Gemeinde als tatsächlicher Rechtsgrund angegeben und damit anerkannt wurde, daß nach ius patronatus sie es war, der das «hinlyhen vnd presentieren, Zu latin Juspatronatus genant, solcher pfründ vnd Capplonie» eigentlich zustand. Wie weit der Einfluß der weltlichen Obrigkeit und vornehmlich der Württemberger, die schon früh eine deutlich von landesherrlichen Interessen bestimmte Kirchenpolitik betrieben 663 , in Fragen der Gestaltung kirchlich-institutionellen Rechts und der Organisation von Seelsorge reichte, läßt sich an einem Urteil der «gelerten Räte» Württembergs zeigen, das die beiden Grafen Eberhard 1484 gemeinsam geboten. Bei der Sache ging es um einen Streit um die mortuaria, der schon bald nach der Separation der Kirche zu Korb zwischen Schultheiß, Gericht und Gemeinde und dem neuen Pfarrer, Veit Kleiber, ausgebrochen war. Der Pfarrer meinte, es sollten ihm «von einem yeden menschen, das in siner pfarr stirbt, zu selgeret werden acht Schilling vnd vier heller vnd dartzu solten die menschen drissig tag begangen werden, nach loblicher gewonheit. Darwider aber die von korb gemeint hond, das sie des zügeben oder zutun nit schuldig syen, Sonder welichs mensch stirbt, vnd drissig tag begangen wirt mit opffer, als gewonheit ist, dauon sollen sie die acht Schilling vnd vier heller zugeben nit schuldig sin. Welichs mensch aber die drissig tag nit begangen wird, von dem solten sie solich gelt geben vnd nit die beide zutun schuldig sin»664.

663 Siehe J. Naendrup-Reimann, Territorien und Kirche, S. 156 ff.; D. Stievermann, Landesherrschaft. v.a.S. 77 ff. 6 6 4 WR 14474. Zu den Siebten und Dreißigsten: K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 103 f.; zur Rechtsbedeutung von Fristen, die ab dem Todestag gezählt werden: K.-S. Krämer, Fortleben nach dem Tode (HRG 1), Sp. 1181 fT.

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Die Gemeinde stützte ihre Rechtsauffassung auf ihr von der Pfarrei Waiblingen hergebrachtes Recht, hinter das sie offensichtlich keinesfalls zurückgehen wollte, zumal sie die Separation selbst aus ihren eigenen Almosen und Gütern finanziert hatte. Zum Eingreifen der Räte Württembergs heißt es: «Als wir nu beidparthyen darumb für vnsere gelerten Räte, die einsteils vormals die dotat diser sunderung angeben, vertagt hond vnd sie von denselben Rätten In bysin des techantz desselben Cappittels gegenainander der vorgemelten maning gehört sind, haben dieselben vnser Rätt die partyen vmb solich Irrung guttlich mit Irem wissen vnd willen geeint, gericht vnd vertragen»665. Demnach hatten also die württembergischen Räte die Stiftung und Separation der Pfarrkirche Korb im Auftrag ihrer Herren geprüft und gutheißen. Sie waren daher nicht nur in der Sache kundig und über deren rechtliche Hintergründe informiert, sondern in gewisser Weise auch verantwortlich für die Schlichtung der nun entstandenen Irrung. Das Urteil wurde im Beisein des Dekans des Landkapitels gefallt, der wohl als Vertreter des Ordinarius, dem die Sache eigentlich zugestanden hätte, auftrat. Es erscheint als Schlichtungsvorschlag, dem allerdings von beiden Parteien nicht leicht widersprochen werden konnte. Die Quelle steht außerdem dafür, daß Württemberg nicht allein Fälle um Pfründgut (temporalia), sondern auch um die Einkünfte aus dem Amt (spiritualia) an sich zog, indem es nicht nur anläßlich der Stiftung von Pfründen regelnd eingriff, sondern sich auch nach der Bestätigung der Stiftungen das Recht der Streiterledigung herausnahm, selbst wenn das pfarrliche Recht betroffen war. Um Einmischungen der geistlichen Gerichtsbarkeit zuvorzukommen, stellte man die Sache als eine interne, das Recht der Stiftung betreffende Angelegenheit hin666. Wie sich die Verstrickung von Niedervogtei und Kastvogtei im praktischen Rechtsleben im Bereich der temporalia und vor allem bei liegendem Gut auswirken konnte, zeigt der 1484 geschlichtete Konflikt um die Rechte eines Meierhofes zu Hochdorf, der zur dos der 1471 in der Kapelle zu Remshofen gestifteten Kaplanei gehörte667. Remshofen lag im Gericht Bittenfeld, das 1435 von den Württembergern an Diepold und Hans von Bernhausen verpfändet und 1464 an Hans von Bernhausen auf Wiederlösung verkauft worden war. Später waren die von Bernhausen württembergische Lehensträger zu Bittenfeld . Die Pfarrkirche Bittenfeld unterstand dem Patronat des Stiftes Backnang. Den Hof, um dessen Rechte gestritten wurde, hatte der auf Löwenstein sitzende Engelhart Heimund 1423 zusammen mit seinen Söhnen «vnnser lieben frowen, die do restet zu Ryenhowe In der Cappelen by dem dorff zu bickenfeit hinder der bürg gelegen an ain künftig ewig pfründ, die die heren vnnd gemeinschafft des dorffs vnd auch die pfleger der selben Cappelen

665 Ebd. 666 Vgl. das zum Fall Berghaupten im Text (Teil C) bei Anm. 557 Ausgeführte. Zur Fortbildung des Gelehrten Rates zu einem regelrechten Hofgericht: J. Wülk, Kirchenpolitik, S. 13 ff. 667 Beschreibung des Oberamts Waiblingen. S. 121 ff. 668 Der Hans von Bernhausen, der Bittenfeld als Pfandschaft innegehabt hatte, lebte 1484 nicht mehr. Siehe W R 14475. fol. 10.

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haben angefangen zu stifften vnnd zu machen In der selben Cappelen»669, mit Rechten, Freiheiten und Zubehör verkauft. Der Kauf wurde, wie es üblich war, durch eine Selbstverwillkürung der Verkäufer abgesichert. Danach sollten das Gericht Bittenfeld, die Pfleger der Kapelle und Pfründe oder deren späterer Inhaber im Namen derselben «vnns oder vnnser erben vnd nachkomen daruntb anzugriffenn mit recht oder vn recht mit aigen gewalt an allen vnnsern luten vnnd guten, wie sie die bekamen mügen In Stetten, In bürgen. In dorffern oder vff dem veld vnnd von In pfandten oder gut werden mügen vnnd die versetzen oder verkauffen f...] vnnd von dem angegriffenn pfennden vnnd selbennemens sol vnd mag vnns, noch vnnser erbenn vnnd alle vnnserlut vnnd gut nit beschirmen, bedeckenn, befryen noch enhalten dehain geualt, gelaitt, verbot, gnad oder fryhait, die wir erhalten, vberkommen vnd errichten mügen von Päpsten, Bischouen, kaisem, Kunigen, fursten, herren oder Stetten»610. Der Prozeß um die Freiheiten dieses Hofes wurde vor dem Hofgericht zu Stuttgart anhängig. Aus dessen, in das Urteil aufgenommenen Verhörprotokollen geht hervor, daß Jörg Nothaft, dem drei der fünf Meierhöfe zu Hochdorf gehörten, in gleicher Weise wie schon sein Vater vor ihm versuchte, eine eigene Niedervogtei über das ganze Dorf zu errichten. Die Nothaften, so hieß es, hätten die Meier des genannten Hofes des öfteren gedrängt, sich ihrer Gerichtsbarkeit zu unterwerfen, bestimmte Pflichten gegenüber dem Dorf und der Kirche zu Hochdorf 671 zu übernehmen und ihnen als Vogtherren zu huldigen. Die Meier hatten sich diesem Druck anscheinend nicht immer entziehen können, obgleich der Hof frei gekauft worden war und sie das Privileg besaßen, sich in Sachen um Rechte und Pflichten ihres Hofes nur vor dem Gericht zu verantworten, das ihnen von den Pflegern und Kastvögten «vnser liebe frowen pfründe» gewiesen wurde 672 . Als Kastvogt der geplanten Pfründe und vielleicht auch des Heiligengutes der Kapelle zu Remshofen hatte der Inhaber der Niedervogtei zu Bittenfeld gegolten 673 . Zumindest hatte nach Aussage von Zeugen Hans von Bernhausen als Inhaber der Pfandschaft einen früheren Meier auf dessen Anfrage angewiesen, Zwing und Bann der Nothaften nicht anzuerkennen und sich in Streitsachen um seinen Hof nur vor das Gericht zu Bittenfeld fordern zu lassen 674 . Als 1471 die Pfründe in der Kapelle gestiftet wurde, gelangte deren ius praesentandi an das Stift Backnang als Patronatsherr der Pfarrkirche zu Bittenfeld. Dem Stift war mit der Lehenschaft auch die Kastvogtei über die Pfründi/os zugefallen, zu der auch der genannte Hof zu Hochdorf gehörte. Das Recht, dem Meier ein Gericht zu weisen, aber nahm, wie sich den Zeugenaussagen entnehmen läßt, nicht des Stift, sondern der Inhaber der Pfründe wahr. Wäre es dem Kaplan oder, etwa während einer Vakanz oder unter Einflußnahme auf den von ihm gesetzten Pfründner, dem Kastvogt eingefallen, von diesem Recht freien Gebrauch zu machen, hätten sie sich nicht allein Jörg Nothafts zu erwehren 669 670 671 672 673 674 374

WR 14475, fol.10. Ebd., fol.5. Ebd., fol.10 fT. Ebd. Siehe ebd. Ebd., f o l . l l .

gehabt, der den Hof in seinen Zwing und Bann ziehen wollte, sondern auch das Gericht und die Gemeinde und die Pfleger der Kapelle gegen sich aufgebracht, die als Stifter der Pfründe ebensowenig wie der Ortsherrn und Inhaber der Niedervogtei gewillt gewesen sein dürften, ihren Einfluß auf das Pfründgut aufzugeben und damit auch ihre beste Handhabe gegen unliebsame oder im Amt und gegen das Lehen nachlässige Pfründner zu verlieren. Daß die Gemeinde ratione fundationis eine eigene Rechtsposition zu vertreten hatte, ergibt sich daraus, daß vor dem Hofgericht neben dem Vertreter des Stiftes Backnang als Kastvogt und dem derzeitigen Kaplan auch drei Heiligenpfleger erschienen waren, um «vnser liebe frowen pfründe» als Kläger gegen Jörg Nothaft zu vertreten675. Ob Bittenfeld zur Zeit des Prozesses denen von Bernhausen noch als Eigen oder schon wieder als württembergisches Lehen gehörte, läßt sich nicht sicher feststellen. Allerdings sagte im Prozeß ein Hanns Grimbach aus, er habe zu der Zeit, als er zu Bittenfeld Amtmann gewesen sei, auf Ersuchen des Kaplans und mit Erlaubnis des Oberamtmanns zu Waiblingen - der damals württembergisch war den jetzigen Meier zweimal wegen Spännen mit Meiern zu Siegelshausen und andernorts vertragen676. Davon abgesehen waren die Württemberger auch Vögte das Stiftes Backnang, so daß die Sache um die Freiheit des Hofes auch von daher vor deren Hofgericht gezogen werden konnte677. Soweit scheinen die Quellen vorgängig angestellte Vermutungen hinsichtlich der Rechte am Stiftungsgut zu bestätigen: Erstens fielen die Güter, welche für geplante Pfründstiftungen erworben wurden, in der Regel zunächst einmal unter die administratio der Heiligenpfleger des Altars, der Kapelle oder Kirche, auf dem oder in der die Stiftung erfolgen sollte. Ob die Vogtei über diese Güter den Kastvögten der Pfarrkirchen, den Initiatoren der Stiftung oder dem örtlichen Gericht und der Obrigkeit zufiel, kam auf die Verhältnisse des Einzelfalles an, das heißt darauf, wo das Gut lag, zu welchem Recht das Gut erworben war, von wem und in wessen Namen es erworben war678. Zweitens gewann, wo immer eine Gemeinde als Gerichtsgemeinde eine Stiftung initiierte und, indem sie diese nach ius patronatus errichtete, die patronalen Kompetenzen zu Händen des Gerichts nahm, zusammen mit dem Gericht der Gerichtsherr eine stille Teilhaberschaft an diesem Patronat, auch wenn er selbst weder Eigengut einbrachte, noch auf bestimmte Einkünfte verzichtete. Ob sich diese Teilhaberschaft in ein ius praesentandi ummünzen ließ, hing von den Verhältnissen ab. Keineswegs ist gesagt, daß ein solcher Rechtserwerb ihres weltlichen Herrn von der Gemeinde in jedem Fall als gegen ihre Interessen gerichtet aufgefaßt wurde. Im Gegenteil konnte die Allianz mit der weltlichen Obrigkeit der Gemeinde durch-

675 676 677 678

I£bd„ fol.10. Ebd., fol.ll. Siehe dazu J.Wülk, Kirchenpolitik, S. 13fT. Siehe zum Prinzip des forum rei sitae: P. Mikat, Kirchengut, S. 272; außerdem J. NaendrupReimann, Territorien und Kirche.

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aus erwünscht sein. Und wenn geistliche Patronats- und Inkorporationsherren, die vielleicht zudem noch im Besitz einer gewissen iurisdictio ordinaria oder weltlicher Rechte in der Pfarrei oder im Dorf oder gegenüber dem Kirchenvolk waren, die Stiftungsinitiative überhaupt unterdrücken oder ihre Privilegien zum absehbaren Nachteil der Stiftung auf dieselbe ausweiten wollten, konnte die Allianz mit der weltlichen Gerichtsherrschaft für die Gemeinde sogar unverzichtbar sein. Hinzuweisen ist an dieser Stelle darauf, daß bei den Stiftungen, die im Bistum Speyer und nicht unter württembergischer Vogtei errichtet wurden, die Gemeinden, die ein eigenes Sendgericht besaßen, zudem die Möglichkeit hatten, den weltlichen Gerichtsherrn aus ihren Stiftungsgeschäften herauszuhalten, indem sie die erworbenen patronalen Rechte anstatt zu Händen des Gericht zu Händen der iurati ecclesiae nahmen und so eine Allianz mit dem Inhaber der iurisdictio ordinaria eingingen. Ob ihnen dies bezüglich der Ausbildung kommunaler Selbstverwaltung zum Vorteil gereichte, kam aber ganz darauf an, welche Rechte der Sendherr neben der archidiakonalen Gerichtsbarkeit in Sprengel, Kirche und Dorf und gegenüber dem Kirchenvolk sonst noch besaß 679 . Das Zusammenwirken von Gerichtsherren und Gerichtsgemeinden bei Stiftungen, in denen Patronat und Herrschaft respektive Kastvogtei und Niedervogtei in verschiedenen Händen lagen, läßt sich an folgenden Fällen zeigen: Die Gemeinde Berghaupten (C 3) setzte ihre Stiftung gegen den heftigen Widerstand des Klosters Schuttern mit Hilfe der Herrschaft durch. Jakob von Schauenburg, Schultheiß der Reichsstadt Gengenbach, der das Dorf seit 1504 politisch zugehörte, führte in seiner Seelgerätstiftung vor, wie man es anstellte, dem Kloster und seinem Vikar jede Handhabe über Stiftungen zugunsten der Kapelle zu verwehren 680 . Zu Heimbach (C 7) zogen der Ortsherr und die Gemeinde an einem Strang, als es darum ging, der Galluskirche im Dorf gegen den Widerstand des Inkorporationsherrn der Pfarrei Köndringen das Pfarrecht zurückzugewinnen. Den ersten Versuch hatte Caspar Grebel in den achtziger Jahren des 15. Jahrhunderts unternommen 681 . 1505, als es zum Vertrag über die «Helferei» kam, erschienen vor dem Schiedsgericht «Rudoljf von Blumegk, vogtherr der gotzhusz lütt zu Heymbach, von wegen bemeltem gotzshusz an eym So vnd Bastian von Landeck alsz gerichts herr von syener eyeenschaff wegen vnd der Gemeind des dorffs da selbs zu heymbach andernteyls» .

679 Auf die Beziehungen zwischen der politischen Gemeinde und der Sendgemeinde wirft das Weistum von Assenheim ein Licht. Der Kirche zu Assenheim wurde ihr Recht durch den Schultheiß und das Gericht im Send gewiesen: GLAK 67:466, fol. XVII ff. (1513/14). - Im übrigen läßt sich nicht immer leicht unterscheiden, ob in den Quellen die Richter oder die iurati ecclesiae gemeint sind. Siehe Teil C, Anm. 737 und 502. 680 Siehe oben (Teil C) Anm. 184. 681 Siehe oben (Teil C) bei Anm.411. 682 GLAK 229:41105.

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Der Vogtherr vertrat die Gotteshausleute, das heißt die zu Heimbach sitzenden Eigenleute des Klosters Schuttern, Bastian von Landeck aber das Gericht und die Gemeinde. Das Interesse des Abtes war mit dem der Gotteshausleute, die ebenso ins Dorf wie in die Gemeinde gehörten, eher nicht identisch, jedenfalls nicht in der anstehenden Frage, bei der das «Gottesrecht» des Kirchenvolkes gegen das Recht des Gotteshauses gesetzt war. Den Vertrag zwischen der Gemeinde Mühlhausen und dem Kloster Rot über die Stiftung der Kaplanei (C 13) handelten der Abt von Schussenried und der Truchsäß von Waldburg aus. Die Truchsässen hatten die Herrschaft Waldsee, in der das Dorf lag, seit dem 14. Jahrhundert von Österreich pfandweise und seit 1454 als Lehen inne 683 . Die Stiftung zu Ohmden (C 15) hätte vermutlich einen anderen Verlauf genommen, wenn die Kapelle nicht unter die Pfarrkirche Kirchheim und damit dem Stift zu Stuttgart gehört hätte, sondern dem Sprengel zu Weilheim und dem Inkorporationsrecht des Klosters St. Peter unterworfen gewesen wäre 684 . Württemberg hätte als Gerichtsherr in diesem Fall ohne Zweifel die Ablösungstendenzen der Gemeinde unterstützt, so wie es zum Beispiel die Aufbesserung der Gertrudenpfründe zu Winterlingen (B 12) unterstützte und nicht einmal der Errichtung des Marienaltars (B 11) etwas in den Weg stellte, obwohl ihm dessen Patronat zugunsten der privaten Stifter, des Gerichts und des Kaplans auf St. Gertruden vorenthalten blieb. Die Lehenschaft und Kastvogtei der Kaplanei zu Arnegg (B 1) sollte nach dem Tod des Verwalters des Legats, aus dem die dos der Pfründe zum größten Teil herrührte, immer den Ortsherren zustehen. Das Kloster Söflingen, dem die Pfarrkirche zu Harthausen inkorporiert war, gewann nicht nur keinerlei Handhabe gegenüber der Stiftung, sondern wurde dieser sogar zinspflichtig. Denn die 500 Gulden, die der Pfründe aus dem Legat zufielen, waren an das Kloster ausgeliehen, das sich der Erblasserin für den fälligen Zins mit gewissen seiner Güter verschrieben hatte. Die sogenannten Hauptbriefe gelangten mit der Stiftung an die Pfründe und damit in die Hand der Heiligenpfleger oder des Kaplans und unter die Kastvogtei der Herrschaft Arnegg. Wie weit die Handhabe der Vierer zu Arnegg in diesen Dingen reichte, kommt darauf an, wie die Kompetenzen zwischen Herrschaft und Gemeinde verteilt waren. Immerhin ist zu beachten, daß die Vierer und nicht die Herrschaft als Mitstifter hervortraten. Im Stiftungsbrief hatten sich die Heiligenpfleger gegenüber den Lehensherren und Kastvögten der Pfründe für die Erhaltung der aus dem Heiligenfonds gestifteten Altarausstattung und die Anstellung eines Meßners oder Küsters verpflichtet. Bezüglich dessen und der von der Gemeinde überlassenen Güter und gemeinen Nutzungen versicherten die Heiligenpfleger und die Vierer dem Kaplan in einem besonderen Revers: «Unnd ob dem Capplan oder sinen nachkommen an den Zynnsen vnnd gutten, damit wir egenannten hailigenpfleger Von vierer vnnd

683 Beschreibung des Oberamts Waldsee, S. 157 ff., 158; und ebd., S. 92. 684 Siehe oben (Teil C) bei Anm. 385.

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ganntzer Gemaind zu Arnegk wegen die obgemelten ymerwemden mess dottiert haben, zu künftigen Zeytten ainicherley Irrung begegnete, wie sich das fiigde, das wir Si dann deshalben allwegen vertreten vnnd versprechen, Ouch ußrichten vnnd schadlos hallten sollen vnnd wollen gänntzlich on allen Iren schaden»6*5. Gemeinde und Ortsherr teilten sich hier, nicht anders als dies für Seelgerätverschreibungen in die Hand der Räte landsässiger Städte belegt ist 686 , den Schutz der Stiftung. Wenn aber die Pfründe zu Arnegg anders als die zu Berghaupten, Heimbach, Mühlhausen oder Ohmden einer eigenen Kastvogtei unterstellt wurde, dann ist das wohl nicht alleine dem großen Seelgerät, das zur dos fiel, zu verdanken, sondern auch auf die Umstände der fundatio respektive den Status der betreffenden Kapelle und auf die herrschaftlichen und pfarrechtlichen Verhältnisse zurückzuführen. Bei den vier anderen Stiftungen konnte die Ausbildung einer eigenen Kastvogtei unterdrückt werden, indem man zugleich die Entstehung eines Patronats respektive eines ius praesentandi verhinderte. Doch belegen diese Fälle zugleich, daß auch dort, wo keine eigene Kastvogtei geschaffen wurde, sehr wohl eigene Kästen, das heißt vom Pfarr- und Kirchengut abgetrennte Vermögen mit der Stiftung entstehen oder schon vor der Stiftung bestanden haben konnten. Das aber war nur möglich, weil das Stiftungsgut einer besonderen cura oder administratio unterworfen war. Diese cura lag, wie sich aus den Quellen ergibt, bei den gemeindlichen Heiligenpflegern und keineswegs in der Hand der Kastvögte der Pfarrkirchen, obgleich diese für ihre Pfarreien neben dem Patronat auch ein Inkorporationsprivileg besaßen 687 . Wegleugnen ließen sich weder diese Vermögenstitel noch das Recht ihrer Kuratoren. In den Verträgen über die Pfründen zu Mühlhausen und Heimbach 688 wurden die Rechte der Heiligenpfleger sogar ausdrücklich dadurch anerkannt, daß man diese dazu verpflichtete, den Inkorporationsherren jährlich Rechnung zu legen. In der Schlichtung für Mühlhausen heißt es: «Zum andern so sollen die Pfleger der Ojftgemelten Capell von einem Herrn von Roth, vom Pfarrherrn zu Haisterkürch vnd den armen Leüthen zu Müllhaußen rechnung zu thun»bS9. Die Rechnungslegung hätte demnach nicht allein das Pfründgut, sondern auch das Kapellengut betroffen. Daraus, daß sich die Pfleger der Gemeinde und nicht dem Ortsherrn gegenüber verantworten mußten, könnte man vielleicht schließen, daß die Kapelle, die einmal als «der Gemein Capell zu Müllhaußen»690 bezeichnet wird, von der Gemeinde selbst erbaut oder fundiert worden war. Zumal es im 685 W R 7179. 686 Zur Stiftung von Stadtbürgern unter dem Schutz von Rat und Gericht und außerhalb des Benefizialrechts und des iuspatronalus siehe Teil B. Kap. 2.2. 687 Siehe auch die oben (Teil C) bei Anm. 365 zitierte Regelung der Stiftung zu Sirchingen (B 8): Das Stiftungsgut wurde nicht vom Pfarrer oder den Heiligenpflegern der Pfarrkirche verwaltet, sondern von den Heiligenpflegern der Kapelle zu Sirchingen. 688 Die Regelung zu Heimbach sollte vorläufig für drei Jahre gelten. Da die Pfründe nicht vakant war, konnte eine Vereinbarung über die Besetzung unterbleiben. 689 EAF Ha413, fol. 8 6 - 9 4 . 690 Ebd., fol.87.

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Anschluß an die Regelung zur Rechnungslegung heißt: «auch soll ein Meßmer zue solicher Capell durch Einen Pfarrherrn zu Haisterkürch, einen Caplon vnd den armen Leüthen zu Müllhaußen genomen vnd gesetzt werden»691. Im Fall Ohmden (C 15) vermied man zwar jedes Wort, das das Unternehmen als Stiftung nach ius patronatus ausgewiesen und so die Fiktion von der «Helferei» gestört hätte, dennoch konnte man nicht umhin anzugeben, daß der «Helfen) aus dem Heiligen- oder Kapellengut bezahlt werden sollte. Die Regelungen für die Besetzung der «Helferei» folgte dem klassischen Muster, das heißt, sie strich den Filialstatus der Kapelle heraus und wies sämtliche Rechte gegenüber dem «Helfer» dem «Kirchherrn» zu, der zugleich Pfarrer und geistlicher patrvnus zu Ohmden war. Es heißt: «Es soll ouch der gemelt doctor ludwig vnnd sin nachkomen Kirchherren zu Kirchheim by Ir sei hail vnnd seligkait, alls sie gott dem allmächtigen darumb anttwurten vnnd Rechnung gebenn wollenn, schuldig sin, hinfuro denen von Omden zu geben vnnd zusetzenn ainen Erbern vnnd frommen priester [...] Ain yetlicher Kirchherr [...] hatt ouch gutt macht vnnd gewallt, als dick er will, ainen helfer zu Omden zusetzenn vnnd zu entsetzenn nach sinem gefallen vnnd guttbedüncken. Doch so hatt der genant doctor Ludwig uß aigner bewegnuß beladen sin Conscientz vnnd sei für sich vnnd sin nachkomen Kirchherren zu Kircheim, dassie ainen Erbern vnnd frommen helffer, damit die von Omden gnugsamlich nach ¡rem gefallen versehenn wärenn, nit lichtlich, on vrsach enndern oder entsetzenn sollenn. Begeb sich aber hinfur, das die von Omden ainem Kirchherrn zu Kircheim clageten, das sie mit dem helffer, so zurselbenn zyt by Inen were, nit genügsamlich versehenn vnnd versorgt weren, vnnd aber ain Kirchherrn vermeinen, sie nach notturfft vnnd wol versehen vnnd Inen deßhalb kainen anndern zu gebenn schuldig zu sind, So sollen alsdann baid parthyenn solicher Irer Irrung vff ainen apt zu adelberg alls vff ainen obman mit glichem zusatz komen; vnnd wurdenn vor demselbenn obman vnnd zusatz oder dem merer will nach baider parthyenn genugsamlicher verhörung Erfunden Erber vnnd redlich vrsachenn wider denselben helffer, der sie versehen hatt oder sollt, So soll alßdann ain Kirchherr schuldig sin. Inen ainen anndern helffer zu gebenn»692. Demnach war das freie Besetzungsrecht des «Kirchherrn» für die «Helferei» allerdings durch das Recht der Gemeinde eingeschränkt, einen ihr genehmen Priester, gegen den der «Kirchherr» nichts in der Hand hatte, zu behalten, oder die Absetzung eines ihr nicht genehmen zu verlangen, sobald dieser sich etwas zu Schulden kommen ließ. In der Wendung «der sie versehen hatt oder sollt» klingt an, daß die Gemeinde auch so etwas wie ein votum negativum haben sollte 693 . Sie hätte dann einen ihr nicht genehmen Priester von vornherein ablehnen können, sofern man gegen dessen Lebensführung oder Ausbildung etwas einwenden oder nachweisen konnte, daß er frühere Ämter schlecht versehen hatte694. 691 Ebd., fol.90. 692 WR 10273. 693 Zum votum negativum von Kirchengemeinden nach der Reformation siehe J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 245. 694 Vgl. die Weistümer von Wilgartwiesen und Hördt: J.Grimm, Weistümer, Bd.5, S. 556ff., S. 558 und S. 550 f.

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Viel weiterreichende Zugeständnisse als der Kirchherr zu Kirchheim mußte der Abt des Klosters Schuttern als Inkorporationsherr der Pfarrei Zunsweier machen. Die von Berghaupten (C 3) sollten gemäß der getroffenen Schlichtungsvereinbarung «ein fromen geschickten priester herwölen vnd bestellen, dem Ionen vnd behausung bey Inen zu Berghaupten geben. Also das er Stättes zu allen zeitten bey Inen Seßhafft sey vnd sie versehen mag [...] Wann auch ye zu zeiteten die von Berghaupten eins heißers Mangel haben, Sollen sy den Bestellen vnd einem Luttpriester von Zunßwyler anbringen, ist er dann zu den Dingen geschickt vnd genantem lutpriester gefellig, Sollen sy den miteinander annemen vnd er heruf dem luttpriester globen vnd versprechen. Auch ein gelerten Ayd zu gott vnd dem hailigen Schweren, daß er all vorgenante ding war, fest vnd Stett woll haltten vnd darzu einem Abbt vndgotzhauß Schuttern auch einem luttpriester vnd der Muetterkirchen zu Zunßwyler getrew vnd hold ze sein, Iren nutz zufurdern vnd schaden zewenden nach seinem besten vermögen Alles vngeuerlich. Vnnd ob der genant luttpriester vnnd die von Berghaupten sich sollicher bestellung halben zweyten, Soll der vnd ander Spenn, ob sich einiche zwischen Inen erhüeben, In welchen weg das were, an ein Abbt von Schuttern langen vnd sie deßhalben In Monatzfrist güttlich endtschaiden, damit der Gemaindt von Berghaupten an versehung Cristenlicher Ordnung nach Inhalt diß Vertrags nit abbruch geschehe. Auch sie solichs Endtschaids beiderseits leben vnnd nachkomen on weitter außzug»695. Das Verfahren gleicht dem im Bistum Speyer für Minderpfründen üblichen Modus, nur daß dort der Pfarrer zusammen mit den Kirchengeschworenen besetzte, derweil zu Berghaupten, so wie die Dinge den Quellen nach lagen, wohl das Gericht zum Zuge kam. Von einer Präsentation an den Bischof zu Straßburg ist nicht die Rede. Die Unterordnung der «Helferei» unter das Inkorporationsprivileg des Klosters Schuttern wurde vielmehr noch dadurch unterstrichen, daß diesem alleine das Recht zustehen sollte, Streitigkeiten um die Bestellung des «Helfers» zu schlichten. Indem man dem Abt für die Schlichtung, das heißt zugleich für die Beendigung der Pfründvakanz eine Frist setzte, übertrug man eine Regelung, die sonst nur für beneßcia galt 6 9 6 , auf die «Helferei» und versuchte so ihrem Kuratcharakter gerecht zu werden. Für die Unterscheidung der Kompetenzen aus honor einerseits und onus andererseits, aber auch für die Beurteilung der Rechte am Gut der Minderstiftungen überhaupt respektive solcher Stiftungen vor ihrer endgültiger Konfirmation und der Entstehung eines regelrechten Patronats, ist also von Bedeutung, daß die vermögensrechtliche Abtrennung der Minderstiftungen von der Pfarrkirche in zwei Schritten erfolgte: Zum einen durch die Schaffung eines eigenen Kastens, zum anderen durch die Errichtung einer eigenen Kastvogtei. Dies soll wegen der Relevanz der Problematik für die Bedeutung des Stiftungswesens im Hinblick auf die Frage, wer in den kirchlichen Angelegenheiten in der

695 GLAK 33:7 16. Jh., fol. 4 f. 6 9 6 Siehe unten (Teil C) Anm. 734.

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Zeit vor der Reformation tatsächlich das Sagen hatte, im folgenden nochmals verdeutlicht werden: Zur Schaffung eines eigenen Kastens bedurfte es nicht notwendigerweise der Stiftung nach ius patronatus, vielmehr genügte eine entsprechende Willenserklärung der Stifter, wenn sie vertraglich oder durch bischöfliche oder obrigkeitliche Beurkundung abgesichert und das übertragene Gut freies Eigen war. Diese Rechtsform der Stiftung war keineswegs allein auf testamentarisch errichtete Seelgeräte beschränkt. Nicht auf einem Seelgerät beruhte zum Beispiel die Stiftung zu Ailingen, die erst aufgrund eines vom Grafen von Montfort, der Inhaber der Herrschaft Tettnang war, dem Abt des Klosters Reichenau und den Dekanen der Kapitel Teuringen und Tettnang zwischen der Gemeinde und dem Kloster Löwental ausgehandelten Schlichtungsvertrages zustand kam, nachdem ein langjähriger, vor geistlichen Gerichten ausgetragener Streit viel «Kosten vnd schaden» verursacht hatte. Die Stiftung erfolgte derart, daß dem Vikar des Klosters Löwental eine Zulage für besondere Dienste gewährt und zudem ein besonderer Betrag fiir die Entlohung eines Hilfspriester ausgesetzt wurde. Diesen sollte der Vikar bestellen, damit er ihm helfe, die Kirche zu Ailingen und die Kapelle zu Ettenkirch zu versehen. Für die Verwaltung des Gutes der, eigentlich als Zustiftung zur portio congrua zu verstehenden, Stiftung sollten das Kloster Löwental und sein Vikar «mit gunst, wisßen vnd willen der Ehrbar Leuth Rath haylligenfleger setzen, vnd welche alßo gesetzt werden, die sollen dan alle Jahr der Priorin vnd Convent in dem Koster zue Lawenthall oder ihren Anwälten rechnung thun vnd die güeter Nach Ihr vnd der Ehrbaren Leuth zu Aylingen Rath vnd wisßen besetzten und entsetzen»697. Für die Zustiftung waren vom Kirchengut der Kirche zu Ailingen auf Initiative der Gemeinde hin 100 Gulden abgezweigt worden, deren erste Anlage man den Kirchenpflegern auftrug. Danach sollten für die Pflege des Stiftungsgutes besondere Pfleger bestellt werden. Der Vikar kam zwar in den Genuß der Einkünfte, nicht aber in den Besitz der administratio. Wenn diese auch den Kirchenpflegern vorenthalten bleiben und eigenen Pflegern zugewiesen werden sollte, dann wohl weniger auf Betreiben der Gemeinde als vielmehr auf Wunsch des Klosters, dessen Einfluß auf die Verwaltung und Verwendung der Gelder im Kasten der Ailinger Kirche offensichtlich nicht allzu groß war. Neben den Auflagen zur Rechnungslegung bieten auch die Regelungen über die Anlage von Bargeld, das aus Anteilen am Altaropfer, dem Stockgeld, Almosensammlungen oder Ablässen zusammengebracht oder durch Schenkung an den Fonds gelangt war, und von Geldern, die eingingen, wenn befristete Zins- oder Gültverschreibungen aufgehoben wurden, Hinweise auf die Rechte oder die Präsenz des Kastvogts und sein Zusammenwirken mit den Heiligenpflegern oder der Gemeinde.

697 EAF Ha413, fol. 261-66, fol. 265.

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Der Fonds der Frühmesse in der Pfarrkirche zu Stetten (A 19), die unter dem Patronat der Universität Tübingen stand, besaß zum Zeitpunkt der Stiftung außer den in der Dotation aufgeführten Gütern, Gülten und Zinsen 180 Pfund Heller Bargeld. Der Schultheiß und das Gericht als Stifter verfügten darüber folgendes: «Wir geben auch an die vielgemelte pfrundt hundert vnd achtzig p/undt heller, sindt da in parschafft, sollen vnd wollen wir von stundt ane In der besten form vnd gestalt, sowir können vnd mögen, anlegen vnd ewig gewys zynss an die pfrundt darumb erkauffen»698. In der Dotation für die Pfründe des neu errichteten Nikolausaltars in der Pfarrkirche Böhringen, deren Patronat den Württembergern gehörte, heißt es: «Item noch hat die pfründe vor handen zweyhundert zweyundsechtzig pfundt heller geschribner schulden, Davon wil man Inbringen vnd on uerziehen kouffen, das der genanten pfründt fiertzig pfundt heller Järlicher zinß vnd gült eruellet werden» . In beiden Fällen ist von einer Mitwirkung des Kastvogts nicht die Rede.

Nicht auf die Erstanlage, sondern auf die Wiederanlage von Bargeld aus Ablösungen bezog sich die folgende Regelung im Brief der Gemeinde Zainingen (A 22) in der württembergischem Patronat unterstellten Pfarrkirche. «Schulthais vnnd Richtere vnd die ganntz Gemainde» bestimmten: «Vnnd ob der hieuorgemellten glitte oder zins ainer oder mer abgelöst vnnd widerkaujft würdent, So sollen vnnd wöllent Wir vnnd vnnser nachkomen das gelt, damit söllich lousung gescheen wirt, allwegen von stund an one verziehen wider anlegen vnnd darumb anndere gutere vnnd güllten kouffen, daran die pfründe in die ewigkait habend sye»70°. Auch hier ist von einer Mitwirkung des Patronatsherrn oder Kastvogts der Pfarrkirche nicht die Rede. Im Stiftungsbrief der Marienfrühmesse, die «Schulthaiß vnd ganntze gemaind zu hattenhouen» auf den Bernhardaltar (A 9) der Pfarrkirche stifteten, die dem Stift Oberhofen bei Göppingen inkorporiert war, aber heißt es: «vnd ob diß ablösig zins ains mals abgelöst wurden, so sollen wir vnd vnser Nachkomen die selben zins mit wissen vnd Rat vnser herren probst vnd Capitels obgenant wiederum an gewiß zins oder gült anlegen, daz der frümeß kain abgang geschehe»101. Auch das Stift Stuttgart bedingte sich, als die Sebastianbruderschaft zu Beinstein in der ihm inkorporierten Pfarrkirche ihre Pfründe (A 3) stiftete, ein Mitspracheoder Aufsichtsrecht bei der Wiederanlage des Hauptgutes aus, mit dem die ablösigen Zinse und Gülten freigekauft würden: «vn wan also wenig oder vil abgelöst wurdt, So sollen die pfleger der obgemelten bruderschafft das selbig gelt mit wissen vnd willen vnser vnd vnser nachkomen Alles wider der pfrund zu nütz vnuertzogentlichen anlegen»102. 698 699 700 701 702

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WR WR WR WR WR

7617. 13969. 14006. 8706. 14488.

Dem Stift Stuttgart war auch die Pfarrkirche zu Rems einverleibt. Als aber die dortige Sebastianbruderschaft eine Pfründe errichtete, bestimmte sie, das Geld, das für den Rückkauf ablösiger Zinsen fällig wurde, solle «vnns obgenannten Stiftern zu vnnsern hannden geantwirt vnnd vom Caplan nit empfanngen, Sonnder von vnns von stunden an one Verzuge zum nützlichsten vnnd besten widerumb angelegt werden, Damit der benanten nuw gestiften Caplany pfrunde vnnd Irem caplan an gemelten Iren Rennten vnnd gälten nichtzit abgannge noch entzogen werde»703. Von kastvogteilichen Mitwirkungsrechten des Stifts ist hier nicht die Rede. Da der Altar, auf dem gestiftet wurde, ebenfalls St. Sebastian geweiht war, ließe sich denken, daß er von der Bruderschaft fundiert worden war und diese von daher eigene Rechte über ihn und seine Pfründe geltend machen konnte. Damit ist der zweite Schritt der Ablösung der Minderstiftungen vom Patronat der Pfarrkirchen ins Bild gerückt - nämlich die Errichtung einer eigenen Kastvogtei. Dieses Ziel hatte eindeutig Kraft von Lichteneck mit der Stiftung zu Böhringen (A 6) verfolgt. Anstatt zur fundatio einer eigenen Kapelle kam es aber nur zur Errichtung eines Nikolausaltars in der Pfarrkirche. Da diese dem Patronat der Württemberger unterstand, die auch das Gericht zu Böhringen besaßen 704 , dürfte es der Lichtenecker nicht ganz leicht gehabt haben, sich als Kastvogt dieses Altars und seiner Pfründe durchzusetzen 705 . Nicht einmal in dem von ihm selbst verfaßten Stiftungsbrief ist das, was sein kastvogteiliches Recht ausmachen sollte, konkretisiert. Auf die Anlage der der Pfründe gehörigen zweihundertzweiundsechzig Pfund Heller scheint er keinen Einfluß gehabt zu haben. Die cura des heiligen Nikolaus hatte bereits vor der Stiftung der Gemeinde oblegen, danach waren die Heiligenpfleger der Pfarrkirche zuständig 706 . Schon im Jahr 1481, zwölf Jahre nach dem Stiftungsantrag und sechs Jahre nach der endgültigen bischöflichen Bestätigung der Kaplanei, wurde das Präsentationsrecht von den Württembergern wahrgenommen 70 , die 1484 auch das Urteil eines Rechtsstreits beurkundeten, der vor dem

703 WR 14498. 704 Beschreibung des Oberamts Urach, S. 612 ff. Es geht daraus weder hervor, ob die Württemberger sämtliche Anteile der Niedervogtei besaßen, noch, welche Rechte der Lichtenecker im Dorf innehatte. 705 Vgl. dazu den Streit, der 1506 vom Frühmesser zu Ebenweiler und dem Ritter von Aulendorf als «Schirmherr» der Frühmesse mit dem Spital Ravensburg als Patronatsherr der Pfarrkirche ausgetragen wurde, weil das Spital nicht zulassen wollte, daß der Kaplan die Einkünfte der Frühmesse selbst einsammelte: EAF Ha413, fol.64f. Siehe auch im folgenden. 706 Nach E.Schneider, Sperberseck, S. 50f., hatte der Heilige zunächst auf der Burgkapelle Sperberseck «gerastet». Sein erstes Vermögen hatte er einer Seelgerätstifhing einer Anna von Sperberseck im Jahr 1367 zu verdanken. Als die Burg niederging, wurde der «Heilige» nach Böhringen verlegt. Die Messe soll der Pfarrer versehen haben, das Vermögen verwalteten der Schultheiß und ein anderer Einwohner des Dorfes. Laut der Beschreibung des Oberamts Urach, S.6121T., hatten die Herren auf Sperberseck ehedem Grund und Boden und Leute zu Böhringen besessen. 707 M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 101. - Es war eine Nachdotation verlangt worden (siehe oben im Text (Teil C) bei Anm.699). Die bischöfliche Bestätigung erfolgte erst 1475: WR 13982.

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Gericht zu Böhringen um die Abgaben aus einem im Dorf gelegenen, der Pfründe gehörigen Hof ausgetragen worden war 708 . Von den in der Dotation aufgeführten, der Altarpfründe gehörigen oder zinspflichtigen Gütern, lagen die meisten im Dorf selbst. Wenn mit der Stiftung des Nikolausaltars eigene kastvogteiliche Rechte entstanden waren, dann waren sie mit dem Präsentationsrecht für den Altar wohl an Württemberg gefallen. Denkbar wäre aber auch, daß Württemberg als Patronatsherr der Pfarrkirche dem Lichtenecker nur das Recht der ersten Präsentation zugestanden hatte, wie es zum Beispiel Ulrich von Württemberg für die dem Patronat St. Blasiens zustehenden Frühmeßpfninde zu Bissingen (A 5) zufiel, deren Dotationsgüter er von allen weltlichen Abgaben befreit hatte. Die zu den aus dem honor herleitbaren patronalen Rechten der Herren erarbeiteten Erkenntnisse lassen sich in vier Punkten zusammenfassen: 1. Das Patronat verband sich, da es die Kirche und ihr beneficium nicht allein hinsichtlich der tempuralia im engeren Sinne, sondern auch in ihren Rechten auf Einkünfte aus den iura spiritualia zu schützen hatte, mit dem Pfarrbann und gewann von daher eine nach heutigen Begriffen öffentlich-rechtliche Dimension, die territorial wirksam wurde. Dies machte sich unter anderem darin bemerkbar, daß die patroni ecclesiae sich das Recht herausnahmen, jeder Veränderung des Bannrechts und folglich auch der Errichtung von beneficia ecclesiastica im gesamten Sprengel und nicht nur auf dem fundus der Pfarrkirche selbst zuzustimmen. 2. Da diese patronale advocatia ecclesiae sich de facto nicht auf das dominium fundi an sich oder den im Austausch dafür vom Bischof erlangten Rechtstitel (Patronat) stützen ließ, sondern nur auf Gerichtsbarkeit und Zwangsgewalt, konnte sie auch nur zusammen mit dieser konkret wirksam werden beziehungsweise politische Relevanz erlangen. Von daher gerieten das Patronat respektive die mit dem honor verbundenen Kompetenzen vielfach entweder unter den Einfluß oder aber ganz in die Hand der Inhaber der Hoch-, oft auch der Niedervogteien. 3. Seinen Ausdruck fand der honor außer in diesem eher übergeordneten Schutz- und Schirmrecht, das sich in seinem rechtsdogmatischen Gehalt wie in seiner praktischen Reichweite schwer fassen läßt, in einer Bannleihe, die jedoch vom ius patronatus in ein ius praesentandi uminterpretiert wurde, dem unter Umständen mehr der Charakter einer Pflicht denn eines Rechtes eignen konnte. 4. Entscheidend für die Entwicklung des Stiftungswesens im 15. Jahrhundert war die Tatsache, daß die meisten der am Zustandekommen eines ius patronatus beteiligten Rechte kaum je ungeteilt in einer Hand lagen und das Kirchenvolk respektive die dieses repräsentierenden Dorf- oder Gerichtsgemeinden ihr Teil am Grund und Boden und seinen Erträgen, der weltlichen wie der kirchlichen Gerichtsbarkeit und vor allem auch den Kirchen, Altäre und beneficia besaßen und aktiv nutzten. Aus eben diesem Grund kam es zu der, in den Quellen nicht immer leicht faßbaren Teilung auch des ius patronatus selbst.

708 WR 13993.

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3.6.5 Die Besetzungsrechte - insbesondere Präsentation, Nomination und Wahl und das daran hängende Recht der stiftenden Gemeinden Die Besetzung eines beneficium patronatum, das heißt eines beneficium, dessen Kollatur dem Ordinarius nicht frei zustand, läßt sich in sieben Schritte unterteilen. Die ersten drei hatten die Inhaber der patronalen Rechte zu unternehmen, die weiteren standen dem Bischof zu oder denjenigen, die aufgrund von Privileg, Amt oder Delegierung an seiner Stelle zu handeln befugt waren. Der siebte Schritt aber wäre im tatsächlichen Amtsantritt zu erblicken, mit dem der Rechtsakt vollendet und in gewisser Weise auch die Anerkennung des Amtsinhabers durch das Kirchenvolk vollzogen worden wäre. Von patronaler Seite aus war als erstes ein für die Stelle geeigneter Priester zu wählen oder zu benennen. Dabei konnte die «Wahl» tatsächlich eine solche unter mehreren Bewerbern sein. Der Stiftungsbrief der Marienpfründe zu Winterlingen (B 11) bestimmte: «ob me denn ainer vmb die benempten pfründe bat, vnd welches denn vnder diem gerichte vnd dienen, die da by wären, das merer wird, dien man vfnemen wölt, diem solt denn das minder In das merer nütz reden, vnd sölt die merer wal krafft hän»109. Wenn sich der ausgewählte Kandidat bereit erklärte, die Pfründe unter den im Stiftungsbrief aufgeführten Bedingungen zu übernehmen 710 , wurde sie ihm in einem zweiten Schritt zugesagt oder «geliehen». Die dritte patronale Rechtshandlung bestand darin, den ernannten Kandidaten dem jeweils zuständigen Ordinarius zu präsentieren. Diesem oblag als erstes die Prüfung des Präsentierten. Da diesem die Übertragung des Amtes nur verweigern konnte, wenn er nach ius commune für das Amt ungeeignet war oder man bei seiner Wahl die Stiftungsbestimmungen mißachtet hatte, mußte die bischöfliche Behörde oder wer immer an ihrer Stelle zu handeln befugt war, das ius ad beneficium111 des Kandidaten für ihr Teil anerkennen. Die Anerkennung des Besetzungsvorschlags wurde durch proclamatio verkündet, damit, wer immer ein Recht auf die Besetzung oder den Besitz der Pfründe zu haben vermeinte, Einspruch gegen die endgültige Investitur einlegen konnte 712 . Dieselbe fand als institutio corporalis statt, das heißt, der vom Ordinarius bestätigte Kandi-

709 WR 6847. Vgl. D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 491 ff., ders., Wahlen, S. 200f. 710 Vgl. dazu die Regelung für die Marienpfründe zu Pleisweiler (Pfalz): «Auch die Confirmacion sol auch eim Iglichenn besetzer diser pfrunnen, ee er darvf inuestigiert oder bestetigt, flißlichen vorgehalten vnd verlesen werden, der auch als den eim pfarrer mit truwen an eins eydts stat dis Confirmation zu halten globen vnd versprechen sol»: LASP AI 331. - Wenn die Briefe verloren gingen, konnten erneute Vereinbarungen zwischen Pfarrer, Kaplan und Gemeinde getroffen werden, die nicht notwendig mit einer Zustiflung verbunden sein mußten. Siehe dazu oben (Teil C) Anm. 566. 711 Zum ius ad rem und zum ius in re siehe P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 650 ff., 654, Anm. 7; P. Landau, Ius patronatus, S. 155 ff. 712 Siehe die Erläuterungen bei M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 3f.; Beispiele ebd., passim.

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dat wurde in den tatsächlichen Besitz von officium und beneficium eingeführt, und zwar durch die Übergabe bestimmter Amtsinsignien und die Einsetzung ins dominium utile des Pfründgutes (ius in beneficio)713. Wie sich aus den Stiftungsbriefen der Gemeinden Winterlingen (B11), Aurich (A 2) und Steinreinach (B 10) ergibt, galt die Investitur aber erst dann als tatsächlich vollzogen, wenn der Priester im Dorf tatsächlich seinen Wohnsitz genommen und seinen Dienst angetreten hatte. Unterließ er das eine oder andere, konnten ihm die aus Präsentation und Institution erworbenen Ansprüche doch noch vorenthalten oder wieder entzogen werden 714 . Dieser siebte und letzte Schritt hätte an sich für alle beneficia gelten müssen, die der ordentlichen Seelsorge dienten. Während jedoch eine solche gegenseitige Annahme und Anerkennung von Kirchenvolk und Klerus im Bereich der Pfarrpfninden nur selten stattfand, konnte aufgrund besonderer Stiftungsbestimmung im Minderpfründbereich durchaus in das Recht der Stiftung und der Stifter aufgenommen werden. Weder die patronalen noch die episkopalen oder ordinariellen Besetzungsrechte mußten notwendigerweise in einer Hand liegen. Was die ordinarielle Institution oder Investitur betrifft, so nahmen der Bischof oder sein Generalvikar zwar die Präsentation entgegen, das Recht der institutio corporalis übten aber in der Regel nachgeordnete Amtsträger aus, vornehmlich die Dekane der Landkapitel oder aber exemte Prälaten. Wenn das zu besetzende beneficium im Sprengel eines Archidiakons oder Prälaten lag, der die iurisdictio ordinaria innehatte, mußte die Präsentation an diesen erfolgen 715 . Das heißt, daß Pfründen, deren Präsentationsrecht einem solchen Archidiakon oder Prälaten zu-

713 Zur institutio als Teilhandlung bei der ordentlichen Pfründbesetzung in der Rechtspraxis siehe ebd. - Zu beachten ist in diesem Zusammenhang die mögliche Unterscheidung von «Kirchensatz» und «Kirchenlehen», wonach sich ersteres auf das enger an die ditatio gebundene Recht der Besetzung der Pfründe beziehen, letzteres aber die auf fundatio zurückgehenden Rechte an der Kirche oder dem Altar meinen konnte. Denn nicht immer gelang es dem Inhaber des aus fundatio herrührenden honor, sämtliche Besetzungsrechte für das beneficium an sich zu ziehen. - Zu den in diesem Zusammenhang wichtigen Beziehungen zwischen Kirche, Altar und beneficium siehe Teil B, die Kap. 2.2. und 2.3, außerdem Kap. 2.6. Zur Diskussion der Frage in der Literatur: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 53 ff., v.a. Anm.2.; zum Auseinanderfallen der Besetzungshandlungen siehe auch D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 524ff., ders., Wahlen, S. 200f.; vgl. auch F. X. Künstle, Pfarrei, S. 49ff.; K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 305 f., S. 308. 714 Siehe Teil C, Kap. 3.6.3. 715 Der Domprobst zu Speyer teilte dem Dekan des Landkapitels 1508 mit, daß er als Archidiakon das ius praesentandi der Pfarrei Knöringen an sich gezogen habe, weil die Adelsfamilie, der das Patronat zugestanden hatte, ausgestorben sei: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 204. - Der Kaplan zu Altenriet (C 1) wurde vom Probst des Stiftes Oberhofen, dem die Pfarrkirche Neckartenzlingen inkorporiert war, präsentiert. Gehorsam schuldete er «praeposito aut decano». - Für die Bestätigung der Stiftung zu Aurich (A 2) war der Probst zu Allerheiligen als Archidiakon zuständig, d.h. er nahm auch die Präsentationen für die Pfründe an. - Zum Recht von Klöstern und Stiften zur Institution und Investitur siehe auch: REC 10676, REC 11059, REC 12718. Zur Funktion der Archidiakone und Dekane: P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 198 ff. und 92 ff., 261 ff., 269ff.; außerdem zur Präsentation: ebd., Bd.3, S. 42ff. Zur Funktion des Dekans siehe auch M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 4.

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stand, von diesem quasi pleno iure und scheinbar frei besetzt werden konnten 716 , es sei denn, das ius praesentandi wäre durch ein Nominationsrecht eingeschränkt gewesen 717 . Das patronale Besetzungrecht konnte so geteilt sein, daß die Wahl oder Benennung (nominatio) des Pfründinhabers von einem anderen als dem Präsentationsberechtigten vorgenommen wurde. Das Recht der patronalen «Leihe», das heißt das Recht, einem Priester ein ius ad beneficium zuzusagen, scheint entweder mit dem Wahlrecht oder mit dem ius praesentandi, meistens aber mit letzterem verknüpft gewesen zu sein. Eine besondere Variante war das Recht, den ersten Pfründinhaber präsentieren zu dürfen. Die Quellen vermitteln den Eindruck, daß das Präsentationsrecht, so wie es in der Rechtspraxis gehandhabt wurde, selbst dann, wenn Dritte nominierten, meistens mehr war als die Ehre, den Kanditaten dem Bischof zur Amtseinsetzung vorzustellen. Doch ist schwer auszumachen, wie sich die Kompetenzen im Einzelfall tatsächlich verteilten. All dies mag recht kompliziert erscheinen, doch scheinen diese Regelungen und ihr Rechtsgehalt den Zeitgenossen geläufiger gewesen zu sein, als man annehmen könnte. Bei der Stiftung des Nikolausaltars in der Pfarrkirche zu Böhringen und der auf ihn fundierten Frühmesse behielt Kraft von Lichteneck, der im Namen der «armen Leute» zu Böhringen auftrat, sich und seinen Erben zu ewigen Zeiten das Recht vor, die Pfründe «zu lihen vnd einen erbern priester, dem sye zugesagt vnd geluhen wirt, daruff zu presentieren»7ls. Die patronale Leihe sollte demnach eindeutig der Präsentation an den Ordinarius vorausgehen. Zugleich wurde aber, wie es das ius commune verlangte, anerkannt, daß diese Leihe lediglich als provisio erfolgte 719 . Damit gestand der Inhaber des Besetzungsrechts ein, daß die von ihm gemachte Rechtszusage erst durch die proclamatio des Ordinarius Anerkennung finden und erst mit der Investitur realisiert werden konnte. Nicht nur die Gerichtsherren, der Adel oder der Klerus, auch stiftende Gemeinden scheinen über die Bedeutung und die weiterreichenden rechtlichen Wirkungen oder Implikationen der verschiedenen patronalen Rechte im Bilde gewesen zu sein. In dem ansonsten recht unformell gehaltenen Brief der Gemeinde Rottenakker (A 18) heißt es an der Stelle, wo es um das Besetzungsrecht geht: «am leisten

716 Siehe P.Hinschius, System, Bd. 2, S. 197 ff., 650 ff. Dem Bischof war dann die sogenannte institutio autorizabilis, das heißt eine appmbatio pro cura vorbehalten. - Vgl. die Stiftung zu Mühlhausen (C 13). 717 Siehe die Tabelle 18 (S. 405). 718 WR 13969. 719 Der Probst des Stiftes Oberhofen reservierte sich ausdrücklich das Recht auf die «collacio, presentatio, provisio, ordinacio et disposicio» der Pfründe zu Altenriet (C 1). - Zu den Rechtsfolgen der patronalen Leihe siehe P. Landau, Ius patronatus, 155 ff.

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so haben Inen die vorgenanten aman, richter vnd gantze gemaind des dorjf rottnacker alweg vorbehalten vnd gedingt, das Sy selbs vnd all Ir nachkomen, als dick die gedächt pfrund vnd capplony ledig wirdt vnd zu fallen kompt, ainen andern priester zu erwelen, die zu verluhen vnd In ainem bvschoff gen costentz, der ain bestatiger der selbigen pfrund ist, zu presentieren. Es ist hier nicht nur zwischen der Wahl oder der Nomination und der Präsentation unterschieden, sondern auch die Leihe als ein besonderer Vorgang hingestellt, der der Präsentation vorausging. Nachdem die Gemeinde sich alle Besetzungsrechte vorbehalten wollte und konnte, hätte sie die der Terminologie der Herren zufolge als patrona und «Lehensherrin» der Kapelle auftreten können. Und sie hätte sich, da sie die Pfründe außerdem tatsächlich dotiert hatte und dem Kaplan die «guter, nutz, zins vnd gult für all stura, vfflegungen, beschwarnussen vnd ander dienst fry, quitt, ledig vnd loß»121 übergab, jedenfalls mit besserem Recht so genannt als die meisten Herren, die auf das Patronat der hier untersuchten Minderpfründen in der Regel mit Erfolg Anspruch erhoben. Dennoch erscheint die Gemeinde Rottenacker weder im Stiftungsbrief als patrona, noch in der bischöflichen Bestätigung, die das Präsentationsrecht der Gemeinde nicht einmal der besonderen Erwähnung für wert hielt 722 . Doch ist es, wie noch zu zeigen sein wird, geradezu symptomatisch, daß die gemeindlichen Rechte seltener Erwähnung fanden als die der Herren. Diese Art der Unterdrükkung von Rechten der Untertanen oder des Kirchenvolkes scheint ebenso Methode gehabt zu haben, wie die früher beschriebene Verwendung von Rechtstermini, die die tatsächlichen Verhältnisse zugunsten der Inhaber der Herrenrechte verschleierten. Insbesondere angesichts der Forderungen, die von den Gemeinden, die sich der Reformation anschlössen, hinsichtlich der Pfarrerwahl wie hinsichtlich der Aufgaben von iurisdictio et regimen innerhalb der Pfarrei gestellt wurden 723 , empfiehlt es sich daher, die Regelungen der Pfründbesetzung etwas näher zu betrachten. Unter welchen Bedingungen das Recht der Erstpräsentation einem Stifter zufallen konnte, kann aus den Quellen nicht sicher erschlossen werden. Nach Aussage des Stiftungsbriefes für die von der Gemeinde in der Pfarrkirche zu Bissingen errichtete Pfründe (A 5) erlangten die Württemberger das Recht auf die erste Präsentation deswegen, weil sie die Stiftungsgüter von weltlichen Lasten befreit hatten. Die lastenfreie Übergabe des Stiftungsgutes oder, anders gesagt, die Übergabe der Güter mit dominium utile et directum war die wesentliche Voraussetzung für den Erwerb des ius patronatus überhaupt. Verzichteten der dominus directus oder auch der Inhaber der Vogtei auf gewisse Einkünfte, die als Lasten auf dem Stiftungsgut lagen, konnten sie als Mitstifter gelten. Die Erstpräsentation könnte also

720 WR 7219. Vgl. dazu D.Kurze, Wahlen, S. 197f., 201 fT. 721 Ebd. 722 Bei M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 721, sind die Stiftung und die erste Präsentation der Gemeinde verzeichnet. 723 Siehe dazu P.Blickle, Gemeindereformation, v.a. S. 24 ff.

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als Entschädigung gelten. Sie als ein reines Ehrenrecht anzusehen, wäre - besonders wenn man der Doppeldeutigkeit des Begriffs honor gedenkt - verfehlt. Darauf, daß mit dem Zugeständnis eines einmaligen Rechts bei der Erstbesetzung bestimmte Aufwendungen abgegolten wurden, weisen auch andere Fälle hin. Die Gemeinde Walddorf, die sämtliche weltliche Lasten, mit denen die von ihr für die Marienpfründe beigebrachten Dotationsgüter beschwert waren, selbst aus dem Heiligengut ablöste 724 , erwarb zusammen mit dem Stift Denkendorf ein Kompatronat an der Pfründe. Das Besetzungsrecht war so geregelt, daß immer beide gemeinsam wählen und präsentieren sollten. Die erste Nomination aber gehörte der Gemeinde alleine. Demnach war das Kompatronat des Stifts für die erste Besetzung nicht gänzlich aufgehoben, aber auf eine rein formale Präsentation beschränkt worden. Bei der Stiftung ihrer Frühmesse auf dem Zwölfbotenaltar in der Pfarrkirche zu Mössingen (A 14) erklärte die Gemeinde, daß die «lehenschafft» der Pfründe dem Grafen von Württemberg und seinen Erben gehören solle, «ditz erst lehenschafft vßgenomen, die der genant, vnnser gnediger herr vnns zu disem mal allein vnd nit wyter zugelassen hatt»125. Worauf sich das Recht dieser ersten «Lehenschaft» gründete, auf ditatio durch die Gemeinde, auf Bestimmungen des Seelgeräts des früheren Pfarrers, das der Stiftung einverleibt worden war, auf eine Freiung der dos oder auf ein Recht am Altar, läßt der Stiftungsbrief jedoch nicht erkennen 726 . Die Gemeinde hatte sich zwar dafür verbürgt, «das derselb Caplan In namen bestimpter pfrund solich guter, Zinß vnd gult vffheben vnd damit schaffenn, tun vnd lassen möge, wie sich allerbast geburt, On vnnser, der genanten, vnnser erben vnd nachkomen Intrag, Irrung vnd hindernuss»121. Das heißt, sie hatte der Pfründe im Zuge der Stiftung den Besitz des dominium directum an der dos übertragen - ein Vorgang, aus dem das Nominations- oder Präsentationsrecht, das heißt, das Recht, einem Priester ein (vor dem geistlichen Richter einklagbares) Nutzungsrecht am Pfründgut zu versprechen, überhaupt erst resultierte. Ob aber die Güter tatsächlich von allen weltlichen Lasten und damit von weltlicher Obrigkeit und Gerichtsbarkeit befreit waren, läßt sich nicht feststellen. Eher wird man, da die Stiftung mit «wissen, gunst vnd willen [...] Eberharts, Grauen zu wirtemberg, [...] als Castuogt, vnd dem die aigenschafft des genanten dorffs zustet»12%, errichtet worden war, einen Vorbehalt der Vogteirechte annehmen dürfen. Näheres über die Rechtsfolgen dieser «aigenschafft» oder den Zusammenhang zwischen der Ortsherrschaft, der Kastvogtei und den Rechten am Dotationsgut geht allerdings aus dem Stiftungsbrief nicht hervor. 724 Siehe oben im Text (Teil c), bei Anm. 646 ff. 725 WR 13399. 726 Zum Übergang von Rechten privater Stifter an die Gemeinde: Buchhorn (heute Friedrichshafen) (1486): M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 129; Meersburg (1463): REC 12718; Pleisweiler (1489): LASP AI 331. 727 WR 13399. 728 Ebd.

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Andere Gemeinden, die ihren Pfründen ebenfalls ausdrücklich das dominium directum et utile an der dos übereigneten, erlangten kein Recht auf die Benennung oder Einsetzung des ersten Inhabers ihrer Pfründen, auch wenn diese mit weit umfangreicheren Eigengütern ausgestattet waren als die Frühmesse zu Mössingen. Wegen der Ursache des Erwerbs von Besetzungsrechten wäre man also wiederum auf den dominus fundi respektive den patronus ratione fundationis verwiesen. Damit stimmt es zusammen, daß das Recht der Erstpräsentation nach Aussage der hier ausgewerteten Quellen nur für solche Pfründen erteilt wurde, die in den Pfarrkirchen selbst oder im Pfarrdorf errichtet worden waren. Andererseits fällt auf, daß den Stiftern das Recht auf die erste Präsentation in einigen Fällen auch ausdrücklich verweigert wurde. Das Stift Stuttgart erklärte im Brief für die Stiftung, welche die Sebastianbruderschaft zu Rems auf dem Altar gleichen Patroziniums in der Pfarrkirche (A 17) errichtet hatte: «Die selben Caplanij pfrund sollent wir abgenanten Probst, Techant vnd Capitel des Stiftes Stuttgarten vnnd vnnser nachkomen, als die den die benant kirch zu Rems incorporiert ist, anfanngs verlyhen vnnd dannethin in owig zyte zu verlyhen haben vnnd allwegen daruff presentieren»729. Ebenso mußte die Gemeinde Hattenhofen dem Stift Oberhofen, dem die Pfarrkirche inkorporiert war, versprechen: «Vnd die obgenannte Caplany vndfrümeß sollen yetz Im anfanng vnd furo In ewig zit die vorgenanten, vnser günstig herren probst vnd Capitel des Stifts zu geppingen, Lyhen vnd darauf ain erbern priester, der In priesterlicher wyhung ist, vnserm gnedigen hern Bischoff zu Constantz oder siner gnaden vicarii presentieren In geburlicher zit des rechten, als oft die selb frümeß durch tod oder ufgeben ledig wurt»130. Hätte den beiden Gemeinden ein Recht auf die erste Präsentation nach ius patronatus zugestanden oder wurde die Verweigerung bloß formelhaft ausgesprochen? Zielte sie auf die Wahl des Kandidaten oder auf dessen Präsentation und damit auch oder vor allem auf die Kastvogtei über das Pfründgut? Daß das Inkorporationsrecht im allgemeinen genügte, um eine solche Verweigerung zu begründen, ist in Zweifel zu ziehen, denn die Gemeinde Plochingen erlangte das Recht auf die erste Präsentation für die von ihr gestiftete Kaplanei (A 16), obgleich die Pfarrei dem Kloster St. Blasien inkorporiert war. Der Abt hatte die Stiftung gebilligt und der Gemeinde zugestanden, «das wir zu disem ersten mal ainen priester, Capplan vnd frümesser zu der pfründ antwurten sullen vnd dar nach aber, als dick die selb pfrund ledig wirt, daz den die kastvogty vnd das recht, ainen priester vnd Capplan zu der selben fruenmess vnd pfrund zeantwurten, zu des vorgenannten vnsers herren, des Abts, vnd aller siner nachkomen an der apty hannden stand gentzlich vnd gar ymer owenglich, also das den allwegent der selb, vnser herr, der apte, oder sin Nachkomen Ain Redlich person, die denn zemal priester vnd in dem priesterlichen Ampte künnent vnd behend sye, vnd ain Erber leben füre vnd Erbern wandels vnd guter gebärde sye vnd sunderlich ain weltlicher priester sye, also daz der kains Closters Münch sye, zu der vorgeschri729 WR 14498. 730 WR 8706.

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ben pfrund antwurte vnserm herren, dem Bischoff ze Costentz oder sinem gemainen vicarien in gaistlichen sacken in des nächsten monets frist nach dem, als die pfrund ledig worden ist»131. Nun ist für die Beurteilung der Verteilung der Rechte zwischen einer stiftenden Gemeinde und dem Inkorporationsherrn wesentlich zu wissen, daß die Pfründe zu Plochingen nicht in der Pfarrkirche selbst errichtet wurde, sondern in der Ottilienkapelle. Da über deren Gründungsverhältnisse nichts bekannt ist, kann man jedoch über die Rechtsursache für den Erwerb der ersten Präsentation auch in diesem Fall nur spekulieren. Das Zitat könnte jedoch einen wichtigen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Erstpräsentation und Kastvogtei geben. Denn dem Wortlaut nach müßte man annehmen, daß die Gemeinde während der Zeit, in welcher der von ihr gesetzte erste Kaplan die Pfründe innehatte, auch über die Kastvogtei derselben verfügte. Sollte dem so gewesen sein, dann ergäben sich daraus zwei Folgerungen: Erstens wäre anzunehmen, daß bei alternierender Präsentation auch die Kastvogtei von einer Hand in die andere ging - so wie sie bei gemeinsamer Präsentation als geteiltes Recht ausgeübt worden sein müßte. Zweitens wäre zu überlegen, ob die Kastvogtei für die Dauer einer Besetzungsperiode verloren ging, wenn der Inhaber des ius praesentandi es versäumte, ordnungsgemäß zu präsentieren, und das Präsentationsrecht von einem anderen wahrgenommen oder die Pfründe vom Bischof frei besetzt wurde. In der vorher zitierten Stelle732 aus dem Mössinger Stiftungsbrief (A 14) wurde dem Patronatsherrn ausdrücklich zur Auflage gemacht, «In geburlicher zit» zu präsentieren. Im Brief der Gemeinde Plochingen wurde dem Abt zu St. Blasien eine Frist von einem Monat gesetzt. Überhaupt finden sich Präsentationsfristen immer gerade dort, wo die erste Präsentation nicht dem Patronatsherrn gehören sollte. So etwas wie ein ius devolutionis wurde den Stiftern zwar in keinem der untersuchten Stiftungsfalle ausdrücklich zugestanden733, und noch weniger konnte eine Aussage über den Rückfall der Kastvogtei oder über ein freies Besetzungsrecht des Ordinarius gefunden werden, aber das ius commune ließ eine Besetzung durch den Bischof bei Versäumnis der Präsentationspflicht jedenfalls zu 734 . Und es wäre immerhin zu erwägen, ob nicht das Stifterrecht, das durch die Zulassung der Erstpräsentation an sich anerkannt worden war, dann aber ratione fundi dem Patronatsherrn hatte überlassen werden müssen, neu aufleben konnte, wenn dieser seine Pflicht versäumte735. 731 WR 11174. 732 Siehe oben im Text (Teil C) bei Anm. 725. 733 Zum ius devolutionis nach kanonischem Recht: P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 167 ff., 50, Anm. 5.; siehe auch R Landau, Ius patronatus, S. 145 ff. 734 Zur Präsentationsfrist: ebd., S. 171 ff.; P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 103 ff. Für die Besetzung von bloßen Helfereien gab es keine kanonischen Fristen: ebd., S. 104; die Monatsfrist findet sich auch bei den sogenannten «ersten Bitten»: ebd., Bd. 2, S. 639 ff., 647; zu den Fristen in der Rechtspraxis siehe auch D. Kurze, Pfarrerwahlen, S. 492 f. 735 Die Besetzung der aus den Mitteln der Pfarrkirche Altdorf neu errichteten Pfarrpfründe zu Sisikon sollte gemäß den Stiftungsbestimmungen dem Altdorfer Pfarrer zustehen. Außer der ersten, die dem residierenden Pfarrer strafweise entzogen und der Gemeinde übertragen wurde, weil jener sich der durch die necessitas populi bedingten Stiftung widersetzt und sich so des Patronats als unwürdig erwiesen hatte: C.Pfaff, Pfarrei und Pfarreileben, S. 218. Zum Verlust des Rechts auf den Erwerb des ius patronatus: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 71; zum Verlust des schon besessenen Patronats: P.Landau, Ius patronatus, S. 211 ff.

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Die Besetzung der 1338 von Schultheiß und Schöffen zu Ruppertsberg in der Pfalz errichtete Marienpfründe sollte dem Pfarrer zustehen. Wenn er aber versäumte, das beneficium innerhalb eines Monats ab dem Tag, an dem es vakant geworden war, neu zu vergeben und dem Domprobst zu Speyer einen würdigen Priester zu präsentieren, dann sollte sein Recht für dieses Mal an den Schultheiß und die Geschworenen fallen. Versäumten diese die Frist auch, gehörte das Recht der Besetzung dem Domprobst 736 , das heißt dieser besetzte als Ordinarius frei. Als Johannes von Ingenheim, Inhaber der Burg und Ortsherr von Ruppertsberg 1511 die Pfründe durch ein Seelgerät aufbesserte, wurde vereinbart, daß ihm der Pfarrer das Besetzungsrecht überlassen und die Kollatur bei Versäumnis direkt an den Domprobst fallen sollte 737 . Vielleicht war die erste Vereinbarung zugunsten der Gemeinde ein Ausnahmefall oder eine Spezialität des Bistums Speyer . In den hier ausgewerteten Stiftungsbriefen ließen sich keine expliziten Ausführungen zu dieser Frage finden. Dennoch - die Fristsetzung beinhaltete eine Drohung, die kaum gänzlich ins Leere gerichtet gewesen sein dürfte. Was nun aber die Einschränkung des ius praesentandi betrifft, so führt der oben zitierte 739 Stiftungsbrief der Kaplanei zu Plochingen (A 16) deutlich vor Augen, daß den Patronatsherren von den Stiftern außer der Einhaltung der Besetzungsfrist die Berücksichtigung einer Reihe weiterer Bestimmungen abverlangt werden

736 LASP Dl 1125. 737 LASP D l 1127 (abgedruckt bei F.X.Remling, Urkundenbuch, Bd. 2, Nr.248); vgl. dazu LASP Dl 1128: Der Generalvikar beurkundete 1514 den Verzicht des Pfarrers und der Kirchengeschworenen [nicht des Schultheiß und der Schöffen] auf das Präsentationsrecht. 1518 übergaben die Erben des Stifters 200 Gulden: LASP Dl 1129. 738 Zum ius dewlutionis siehe: P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 50, 167 ff. Korrekt wäre der Begriff verwendet, wenn man davon ausgeht, daß der Pfarrer und die iurati im Auftrag des Ordinarius besetzten: Die 1456 von der Gemeinde gestiftete Frühmesse auf dem Jodokusaltar der Pfarrkirche zu Geinsheim wurde vom Pfarrer und den iurati besetzt. Bei Versäumnis der Frist fiel das Recht an den Domprobst: LASP D l 395. Siehe auch die Regelung des 1312 von Volkmar von Bunnenheim zu Händen des Pfarrers von Rockenhausen errichteten Seelgerätes: Versäumte der Pfarrer die Bestellung eines Priesters, fiel das Recht an die iurati: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 312. Vgl. dazu die Verhältnisse in Braunschweig, wo der Rat im Namen der Stifter zuerst dafür sorgte, daß der Pfarrer für die Messen den verlangten sacerdos specialis bestellte, und schließlich aus diesem Aufsichtsrecht ein eigenes Recht zur Besetzung entwickelte: K.Frölich, Altarpfründen, S. 499 ff. Da sich aus dem ausnahmsweise wahrgenommenen Recht ein ständiges entwickeln konnte, verdienen auch die Regelungen Beachtung, die den Gemeinden erlaubten, bei Pflichtversäumnis selbst einen Vertreter zu bestellen, wie im Fall der Stiftung zu Möglingen (A 13). Vgl. auch das Recht der Gemeinde Steinreinach (B 10) zur Bestellung eines Predigers. Siehe femer das Recht der Gemeinde Hördt, sich selber einen Pfarrpriester zu bestellen. wenn d a s Kloster die Besetzung versäumte: J . G r i m m . Weistümer. Bd. 5. S . 5 5 0 f . Zu beachten ist dabei, daß die Pfarrkirche dem Kloster inkorporiert, der Pfarrer also nur Vikar war. Siehe außerdem die oben im Text (Teil C) bei A n m . 6 9 5 dargelegte Besetzungsregelung für Berghaupten (C 3). 739 Siehe oben (Teil C) bei Anm. 731.

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konnte. Diese bezogen sich auf die Person des Präsentierten und ihre Mißachtung konnte die Präsentation hinfallig machen. Bezüglich der Ungültigkeit einer Präsentation verdienen die für die Besetzung der Pfründe auf dem Bernhardaltar zu Hattenhofen (A 9) gesetzten Bedingungen Beachtung. Die Gemeinde hatte, wie oben zitiert 740 , zugunsten des Inkorporationsherrn auf das Recht der Erstpräsentation verzichten müssen. Zudem sollten der Probst und das Kapitel des Stiftes Oberhofen, «wa vntouenlikait an dem presentierten priester zu Constantz erfonnden wurt, [...] ain andern erbern priester uff die gemelte frümeß presentieren »741 dürfen. Dies kann als besondere Vergünstigung aufgefaßt werden, da geistliche Patronatsherren ihr Recht für die anstehende Besetzung normalerweise verloren, wenn sie einen untauglichen Kandidaten p r ä s e n t i e r t e n . Untauglich war, wo es um die Besetzung von beneficia patronata ging, jeder, der die Stiftungsbedingungen nicht erfüllte, und wenn der Ordinarius von sich aus kein Augenmerk auf das Stiftungsrecht hatte, so konnte die Gemeinde selbst die Dinge ins rechte Licht rücken. Wenn aber jeder Versuch, eine Pfründe unter Mißachtung oder Vernachlässigung der Stiftungsbestimmungen zu besetzen, den Inhabern des Präsentationsrechts als Vertragsbruch ausgelegt werden und für dieses Mal zu einem Verlust ihrer Rechte führen konnte, dann bedeutete dies nicht nur einen effektiven Schutz der Pfründe und ihres Rechts, sondern vor allem auch des Rechts der Gemeinde als Stifterin und als Nutznießerin der erstifteten Dienste. Falls die Gemeinde selbst in das dem Präsentationsberechtigten für die anstehende Besetzung entzogene Recht eintreten konnte, gewann sie selbstverständlich gegenüber dem Pfründner wie gegenüber dem Pfarrer, dem Patronatsherrn und dem Ordinarius an Kompetenz und Prestige. Nachdem die von den Gemeinden gestellten Forderungen hinsichtlich der persönlichen und fachlichen Eigenschaften und Fähigkeiten deijenigen, die ihre Pfründen besitzen und beamten sollten, in Kapitel 3.4.2 dargelegt und besprochen worden sind, braucht an dieser Stelle auf die Einzelheiten nicht mehr näher eingegangen zu werden. Es genügt der Hinweis, daß all diese Forderungen als Bedingungen verstanden werden können, an die der Inhaber des ius praesentandi gebunden war. Am stärksten wurde das Präsentationsrecht natürlich in den Fällen beschnitten, in denen die Stifter sich das Recht der Nomination hatten vorbehalten können. Denn der von ihnen gewählte und benannte Kandidat mußte, wenn er die Stiftungsbedingungen erfüllte und auch sonst geeignet war, unweigerlich präsentiert werden 743 . Ein dauerndes Nominationsrecht konnte sich die Gemeinde Stetten unter Heuchelberg für ihre Pfründe auf dem Marienaltar (A 19) ausbedingen: « Wir, die berürten Rector vnd die uniuersitet zu Tüwingen, Auch wir, der Schulteis vnd das gericht, vnd mit vns die gemeynde zu Stetten vorbestimmt, haben vnss auch mit guter wissende vnd zeitiger betrachtung für vns vnd alle vnsere nachkommen des verey740 741 742 743

Siehe oben (Teil C) bei Anm. 733. WR 8706. P.Hinschius, System, Bd.3, S. 54. Siehe dazu auch P.Landau, lus patronatus, S. 145ff. Siehe zum Nominationsrecht: P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 60 f.,98 ff.; T. Friedle, Ausübung des Präsentationsrechtes, S. 33 f.; E. Schweizer, Gemeindepatronat, S. 4 ff.; W. Hochstrasser, Kollaturrecht, S. 59ff.; D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 519ff.

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nigt vnd vereynigen in crafft diss briefs, so offt vnd dick dis obgemelt pfrunt ledig wirdt, das zu den zeiten ein pfarrer vnd ein schulthais mit dem gericht vnd der gantzen gemeynde zu Stetten ein taugenlich person zu solcher pfrunt nennen vnd nominieren, vnd diselbe nominierte vnd benente person ein Rector vnd ein uniuersitet zu Tuwingen zu Bischofflicher bestetigung als diser pfrunt Rechte Patronen presentiren sollen vnd mögen»144. An der Wahl nahmen demnach nicht allein der Schultheiß und das Gericht teil, sondern die ganze Gemeinde. Nachdem sich die Stettener das Nominationsrecht für den Kaplan, der übrigens volles Vertretungsrecht für die Pfarrei erlangte, mit ihrem Pfarrer teilen mußten, könnte man annehmen, daß das Besetzungsverfahren außer im Stiftungsrecht auch in der cura animarum begründet war 745 . In diesem Fall wäre dann unter der «gemeynde» auch eher das Pfarrvolk zu verstehen, als die politische Gemeinde oder diejenigen, die im Dorf die besseren Rechte besaßen. Wie sich die Stimmen auf die Wahlberechtigten verteilen sollten, erfahrt man leider nicht 746 . Auch der Brief der Gemeinde Sontheim (B 9) regelte das Wahlverfahren nicht ganz eindeutig: «Als offt ouch diser altär ledig wirtt, So sollend wir, die vorgenanten Richter des dorffs zu Sunthaim all oder der merteyl sitzen zu vnserm herren, dem Abbt ze blauburen, vnd sollend da mitanander erwellen einen Capplan, der ain Erber weltlicher, fromer priester syg. vnd ob wir der wal nit aynig werden mochtend, so sol ain vogt von vrach, der den zu den selben zyten vogt däselbs ist, zü vns sitzen vnd ain gemainer man zesin In der wal, vnd welchen priester wir all oder der merteyl erwellen, dem sol dan vnser her, der Abbt, die hand bietten vnd dem selben erweiten priester den altäre vnd die frümesß liehen vnd aine bischoff ze Costentz oder sinem vicari presentiere on verziehen»141. Anzunehmen ist, daß die Richter und der Abt je eine Stimme hatten, so daß dem Vogt die Entscheidung zufiel. Unzweifelhaft war es der Abt, der hier die Pfründe zu «leihen» oder, anders gesagt dem Pfründner das ius ad rem zu übergeben

744 WR 7617. 745 Im Bistum Speyer wurden die Pfründen häufig vom Pfarrer zusammen mit den iurati ecclesiae, das heißt den Kirchengeschworenen oder SendschöfTen, besetzt: Z.B. die 1456 von der Gemeinde gestiftete Frühmesse auf dem Jodokusaltar der Pfarrkirche zu Geinsheim. Bei Versäumnis der Frist fiel das Recht an den Domprobst: LASP Dl 395. - Oder die Frühmesse in der Kapelle zu Ranschbach, die die Gemeinde zusammen mit ihrem Pfarrer zu Arzheim besetzte: LASP Dl 1046. - Die 1518 auf den Wendelinaltar in der Pfarrkirche zu Kandel gestiftete Pfründe hingegen besetzten Schultheiß und Gericht als Pfleger der Bruderschaft, die sie gestiftet hatte, und zwar mit dem Rat des Pfarrers: GLAK 67:411, fol. 773-83. Vgl. dazu H. Hoberg, Bruderschaftswesen am Oberrhein, S. 241 ff., 248. - Zur Besetzung durch Gemeinde und Pfarrer siehe Berghaupten (C 3) oben im Text (Teil C) bei Anm. 699. 746 Siehe dazu D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 494ff.; ders., Wahlen, v.a. S. 204ff.; P.Landau, Ius patronatus, S. 181 ff.; P. Hinschius, System, Bd. 2, S. 637; zum Unterschied zwischen dem Recht der Gemeinde auf Wahl und einem kommunalen Patronat: E. Jacobi, Patronate juristischer Personen, S. 30ff., 50 ff.; W. Hochstrasser, Kollaturrecht, S. 50 fT.; vgl. auch F. X. Künstle, Pfarrei, S. 15, 66. 747 WR 13926.

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hatte748. Daraus folgt, daß - zumindest in diesem Fall - das, was man als «Lehenschaft» bezeichnete, am ius praesentandi hing und nicht am Nominationsrecht. Allerdings war, wenn die Nomination bindenden Charakter hatte, dem Patronatsherrn jede Möglichkeit genommen, die Übertragung des ins ad beneficium zu verweigern oder dem Bischof anstatt oder neben dem Nominierten einen anderen zu präsentieren. Ganz unmißverständlich war die Verpflichtung des Präsentationsberechtigten, die Nomination zu respektieren, im Brief der Kaplanei der Gemeinde Mühlheim am Bach (C 14) zum Ausdruck gebracht: «Vnd als dick dy vor genannte pfrund ledig wurt, so so! dy allweg vnnd vnuerziehen von ainem Lehenherrn, der dann die pfarkirchen zuo Empfingen zuo Leihen hat, geliehen werden ainem priester, für den denn zuomal wir, die genannten von Mulhaim, oder vnser Nachkamen gemainlich oder der merthail Bittend, vnd dhainen anndern»749. Die Bitte der Gemeinde war somit eine, die der präsentationsberechtigte patronus der Pfarrkirche zu Empfingen nicht abschlagen konnte. Daß der Nomination durchaus der Charakter eines eigenständigen Rechtes zukam, läßt sich aus den im Brief der Kaplaneistiftung zu Suppingen (C 18) getroffenen Regelungen herauslesen: «Item von der lehenschafft ist so vil gereddtt, das anfangs die Richter vnd gemeind sollen ain priester welen vnd den selbigen, so erwellt ist von Inen, dem dickgemelten herren von Blauburen antwurten, der sol In dan presentieren ainem bischoff. vnd darnach, so die selbig pfrund wider ledig wirtt, So sol dann ain abbt von blauburen vnd sin convent welen, vnd aber ain abbt den selben erweiten ainem bischoff presentieren. vnd sol also für vndfür ain wal nach der anderen beschehen, alternatis vieibus, tzu ewigen tzytten, vnd doch ain abbt von Blauburen sol den, der erweit ist, von welchem tayle das beschicht, ainem bischoff presentieren»150. Das Recht, den Pfründner definitiv zu bestimmen, stand der Gemeinde in genau der gleichen Form zu wie dem Inkorporationsherrn der Pfarrei. Gleichgültig, ob die Gemeinde oder der Konvent wählte, es war der Abt, der im Namen der wahlberechtigten corporatio, communitas oder familia das Recht der Präsentation wahrnahm. Mochte man sich, wenn der Konvent wählte, eine formelle Nomination sparen, so konnte doch nur der gültig Gewählte das ius ad beneficium erwerben und er mußte jedenfalls genauso präsentiert werden wie die Kandidaten der Gemeinde. Mithin war das Wahlrecht der Gemeinde dem des Konventes gleichgestellt und konnte nicht etwa als ein unverbindliches votum oder eine petitio angesehen werden, deren Berücksichtigung im Belieben des Patronatsherrn oder des Bischof lag751. Auch bei der Stiftung der Gemeinde Walddorf (A 21) war das Nominationsrecht ausdrücklich vom ius praesentandi abgesetzt worden, obgleich auch dieses von der Gemeinde und dem Patronatsherrn gemeinsam ausgeübt wurde752. 748 749 750 751

P.Landau, Ius patronatus, S. 155ff. WR 13974. WR 7228. Vgl. die oben (Teil C) bei Anm. 695 zitierte Regelung für Ohmden (C 15). Siehe D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 491 ff. 752 Siehe dazu oben (Teil C), Anm. 646 ff.

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Wie wichtig es sein konnte, einmal errungene Wahlrechte ausdrücklich als selbständige Rechte abzusichern, läßt sich am Konflikt um die Rechte an der Frühmesse in der Pfarrkirche Ebenweiler zeigen. Marquard von Königsegg, Ritter zu Aulendorf, hatte dem Spital zu Ravensburg den Kirchensatz zu Ebenweiler mit Zehnten und einer Reihe von anderen Rechten verkauft. 1492 war die Frühmesse in der Pfarrkirche zu besetzen, für welche der Gemeinde ein Nominationsrecht zustand. Das Spital ging davon aus, daß mit dem Kauf sämtliche patronalen Rechte über die Kirche wie auch über die in ihr bestehenden Mindertitel in seinen Besitz gelangt waren. Der Ritter hingegen war der Auffassung das ius praesentandi der Frühmesse sei im Verkauf des Patronats der Pfarrkirche nicht enthalten gewesen und hatte dem Bischof im Mai 1492 einen neuen Frühmesser präsentiert 753 . Und zwar offensichtlich auf Nomination der Gemeinde, was zugleich heißt, daß diese den Ritter dem Spital vorgezogen hatte. Gegen diese Präsentation legte der Rat zu Ravensburg als Pfleger des Spitals beim Ordinarius in Konstanz Einspruch ein. Der Bischof entschied im August, daß die geschehene Präsentation Gültigkeit haben sollte 754 . Für alle künftigen Vakanzen aber sollte das Recht, den von der Gemeinde Nominierten zu präsentieren, dem Ritter und dem Spital abwechselnd zustehen. Der vom Ritter präsentierte Frühmesser wurde im Mai 1493 instituiert. Anzumerken ist, daß die Investiturprotokolle bei keiner der verzeichneten Besetzungen das Nominationsrecht der Gemeinde für die Frühmesse erwähnten 755 . Das zeigt wieder einmal, daß gemeindliche Rechte viel seltener tradiert wurden als die Rechte der Herren, und wenn, dann vor allem aufgrund der Aufsplitterung der Herrenrechte und im Kontext der daraus entstehenden Konflikte. Das Nominationsrecht der Gemeinde für die Frühmesse zu Ebenweiler wurde quellenkundig, weil das Präsentationsrecht aus dem Patronatsrecht der Pfarrkirche ausgeklammert werden sollte und sich die Herren darüber in die Haare gerieten. Immerhin scheint es unbestritten gewesen zu sein 756 . Allerdings bemühten sich die Ravensburger auch nach 1492 darum, ihre Rechte über die Frühmesse auszuweiten. 1506 kam es erneut zum Konflikt, weil das Spital dem Kaplan nicht erlauben wollte, die seiner Frühmesse zustehenden Einkünfte selber einzusammeln 757 . Mit anderen Worten, der Rat wollte dem Kaplan bestimmte Rechte aus dem dominium utile vorenthalten, um sie dauernd unter seine administratio und damit auf lange Sicht desto sicherer unter seine Kastvogtei zu ziehen. Der Kaplan, der sich gegen diese Beschneidung seiner Rechte in beneficio wehrte, fand Unterstützung beim Ritter von Aulendorf, der als «Schirmherr» der Frühmesse gegen das Spital Partei ergriff 758 . Das Vorgehen des Ravensburger Rates betraf aber auch die Rechte des Gerichts und der Heiligenpfleger zu Ebenweiler gegenüber der Frühmesse und ihrem Gut. 753 754 755 756

M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 187. EAF Ha413, fol. 58-62. M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 187. Die Gemeinde Stetten mußte das Nominationsrecht an ihrer Pfründe (A 19) 1545 durch die Vorlage des Stiftungsbriefes beweisen. - Zur Forderung des Urkundenbeweises, die sich speziell gegen die Ersitzung von Patronatsrechten durch Gemeinden richtete: E.Jacobi, Patronate, S. 120ff.; vgl. D.Kurze, Pfarrerwahlen, S. 521. 757 Vgl. Teil C, Kap. 3.6.3. 758 EAF Ha413, fol.62f.

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Auch an diesem Fall wird deutlich, daß die Patronatsherren darum bemüht waren, ihr ius praesentandi jedenfalls als «Lehenschaft» darzustellen und als Kastvögte, wo möglich, Kompetenzen an sich zu ziehen, die nach ius commune oder Stiftungsrecht den Benefiziaten und Stiftungs- oder Heiligenpflegern zustanden, und dies selbst dann, wenn sie das Wahl- und Nominationsrecht für die Pfründe selbst nicht besaßen. Wenngleich also die «Lehenschaft» in der Regel am ius praesentandi hing, so hätte sie sich theoretisch doch auch mit dem Wahl- oder Nominationsrecht verbinden lassen 759 - vorausgesetzt, das Besetzungsverfahren wäre so geregelt gewesen, daß nicht der Präsentationsberechtigte die Pflicht gehabt hätte, die Eignung des Kandidaten anhand der Vorschriften des Stiftungsbriefes zu prüfen und den Benannten, wenn er ungeeignet war, zurückzuweisen, sondern allein der Ordinarius. In einem solchen Fall wäre die verbindliche, vor dem Bischof einklagbare Zusage dem Kandidaten von denen gegeben worden, die ihn gewählt und nominiert hatten, und dem Präsentationsberechtigten jede Verantwortung für die Tauglichkeit des Präsentierten wie auch für dessen Versorgung oder Entschädigung im Fall der Nichteinlösung der Zusage abgenommen gewesen. Das ius praesentandi wäre dann tatsächlich anstatt als honor im Sinne des Lehnsrechts nurmehr als honor im Sinne eines Ehrenrechts zu verstehen gewesen 760 . Dahingehende Vereinbarungen scheinen auch tatsächlich möglich gewesen zu sein. Als Nikolaus Deck, Frühmesser zu Pleisweiler in der Pfalz, 1489 eine Pfründe auf dem Marienaltar errichtete, bedingte er sich aus, daß er die mit einunddreißig Gulden Einkommen dotierte Kaplanei zu seinen Lebzeiten selbst besitzen und einen Priester «dinglich benennen» könne, dem sie nach seinem Tod verliehen werden sollte. Weiter hieß es über die Besetzung: «Darnach macht, satzt, stift vnd widemet der obgemelt her niclaus deck, das der vorgenanten pfrunnen lehenschaft, so dick sie ledig wurt. Im, dem obgenanten Stifter, sin lebtagen vß vnd nach sinem tot denen gemeynen der drier dorffen Blißwiler, Obernhoffen vnd wyher zusten sol, also das dieselben dry gemeynde dis pfrun, so dick sie ledig wurt, eynem frumen, weltlichen priester, oder der In eynem Jar phiester werden wurt vnd dem gemelten her Niclaußen gesiept vnd verwant ist, so ferre Sie den haben mögen; so ferre sie den nit haben mögen, ein ander ersam person vsser gemelten dryen Dorffren, der Sant Michels eygen ist, miltiglich vnd luterlich vmb gots willen lyhen, denselbigen eym abt von Monster zuschiecken, der In als dan eim Thumprobst zu Spier mit versiegelten brieffen vnd präsentacion. In vf solich pfrund zu Inuestigiren, vberantworten» solf61. Der Besetzungsvorschlag des Stifters galt demnach als definitive Zusage, anders gesagt, er verschaffte dem Benannten ein ius ad beneßcium. Nach dem Tode des Stifters fiel dieses Recht an die genannten Gemeinden. Das ius praesentandi, das der Abt des Klosters Klingenmünster als Inkorporationsherr der Pfarrkirche zu 759 Vgl. Teil C, Anm. 742. Siehe das auf der Synode von Basel dem Kloster St. Gallen bestätigte Privileg, nur solche vom Rat der Stadt St. Gallen für die Laurentiuskirche nominierten Priester präsentieren zu müssen, die dem Abt tauglich erschienen und dem Kloster in allem den Treueid leisteten: REC 9834. 760 Vgl. Teil C, Anm. 738. Siehe auch J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 92 f., v.a. Anm. 118. 761 I.ASP AI 331. Siehe zu Pleisweiler R.Engels, Landdekanat Herxheim, S. 225. ff.

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Pleisweiler wahrnehmen konnte, bestand lediglich darin, den von den drei der Pfarrei zugehörigen Gemeinden nach Maßgabe des Stiftungsbriefes und ihrem eigenen Gutdünken gewählten Kandidaten an den Domprobst als zuständigen Ordinarius weiterzuschicken. Wenn es als Kriterium für den Besitz der Kastvogtei gelten kann, daß die Gemeinden auch das Recht hatten, besondere Stiftungspfleger zu setzen, dann hätten die Gemeinden der Pfarrei Pleisweiler das Patronat der Marienpfründe tatsächlich ungeteilt besessen. Wenngleich auch dieser Fall zeigt, daß kirchliches Bannrecht am ehesten durch private Stiftungen durchbrochen werden konnte, so wurde es doch auch hier zugunsten der Gemeinde durchbrochen - genauer gesagt, zugunsten der Pfarrgemeinde respektive des Pfarrvolkes der Kirche zu Pleisweiler. Denn die drei Dörfer zu begünstigen, die in den Pfarrsprengel gehörten, hieß, das Pfarrvolk (parochia) insgesamt zu begünstigen. Wenn die gesamte cura beneficii anstatt in die Hände der Kirchenpfleger oder Kirchengeschworenen zu Pleisweiler in die Hände der Pfarrgemeinde gelegt wurde, dann dürfte das jedenfalls etwas mit den Rechtsverhältnissen in Dorf, Kirche und Pfarrei und ihren Auswirkungen auf die Verwaltung des Kirchen- oder Heiligengutes zu tun gehabt haben 7 6 2 . Mit anderen Worten, man hatte eine Wahl darüber getroffen, wer als stiller Teilhaber der Gemeinde an der Kastvogtei partizipieren sollte - die weltliche oder die geistliche Obrigkeit. Wie die Nominationsrechte der Gemeinden patronatsrechtlich begründet waren, läßt sich aus den vorliegenden Quellen ebensowenig definitiv beantworten, wie die vorhin gestellte Frage nach den Ursachen für den Erwerb des Rechts der Erstpräsentation. Bei der Stiftung zu Mühlheim am Bach (C 14) zum Beispiel handelte es sich um eine regelrechte oder erste ditatio. Die Kapelle war nach Aussage des Stiftungsbriefes zwar geweiht, doch hatte man «bißher alda dhainen stäten priester gehapt»763. Das Recht, den Pfründner zu wählen, könnte demnach ratione ditationis entstanden sein, wahrscheinlicher ist aber, daß die Gemeinde auch an der Kapelle patronale Rechte besaß, weil sie diese fundiert oder erbaut hatte. Aussagen über eine Freiung der Dotationsgüter liegen nicht vor. Für die Brigittakapelle zu Suppingen fehlen Angaben über eine frühere Pfründe. Eine erste ditatio ließe sich also vermuten, kann aber nicht bewiesen werden. Dafür, daß die Gemeinde eigene Rechte an der Kapelle besaß, könnte die folgende Regelung für die Einsetzung des Mesners oder Küsters und die Rechnungslegung sprechen: «Item, wann wir ouch ainen mesner tzu Suppingen welen wellen vnd den hailigen Rechnen, so sol alwegen ain pfarrer tzu laichingen darby sin vnd der selb erwellt mesner sol als danne von dem pfarrer empfahen vnd Ime In sin hand trewlichen tze dienen geloben»764.

762 Siehe oben (Teil C) Anm. 487. 763 WR 13074, fol.l. 764 WR 7228.

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Die am Beispiel von Stiftungen im Schweizer Kanton Uri gemachte Beobachtung, wonach das Nominationsrecht für Kuratpfründen durch die Übergabe ordentlicher Zehnten erworben wurde 765 , läßt sich anhand der hier behandelten Stiftungen nicht bestätigen. Man darf aber wohl trotzdem annehmen, daß es für die Entwicklung einer Stiftung und ihres Rechts nicht ganz unerheblich war, wer über das Zehntrecht im Sprengel verfügte. Vielleicht ist es also kein Zufall, wenn sich bei der Pfründe zu Hausen ( B 5), die von der Gemeinde mit einem Viertel des ordentlichen Zehnten ausgestattet worden war, den ihr der Orts- und Patronatsherrn auf Wiederlösung verkauft hatte, weder im Stiftungsbrief noch in der bischöflichen Bestätigung Angaben darüber finden lassen, wer auf die Pfründe präsentieren sollte. Oder wenn den Stiftungen zu Ohmden ( C 15) und Mühlhausen (C 13) der Status eines beneficium verweigert und damit die Entstehung eines ius praesentandi, das womöglich anderen als den Inkorporationsherren zugefallen wäre, ausgeschlossen wurde 766 . Ein reguläres Präsentationsrecht für das von ihnen errichtete beneficium konnten nur die Gemeinden Walddorf ( A 21), Winterlingen (B 11) und Rottenacker ( A 18) erlangen, und den beiden erstgenannten stand es nicht einmal exklusiv zu. 'i Uber die Gründungsumstände des Marienaltars zu Walddorf ist nichts bekannt. Für den Erwerb das ius praesentandi durch die Gemeinde dürfte die oben besprochene 767 Freistellung der dos von allen weltlichen Lasten eine Rolle gespielt haben, die alleinige Ursache wird sie kaum gewesen sein. Ob die Gemeinde ihr Kompatronat als Dorf- oder als Pfarrgemeinde ausübte, ist schwer zu sagen. Das Faktum, daß die dos aus dem Kirchenfonds oder Heiligengut gefreit wurde, spräche eher für letzteres, das Faktum, daß Schultheiß und Richter das Präsentationsrecht ausübten und der Abt von Bebenhausen als weltlicher Herr die entscheidende Stimme bei Uneinigkeit hatte, eher für ersteres. Letztendlich lassen sich die Sphären wohl nicht trennen, oder besser gesagt, die Gemeinden agierten so, daß sie nicht zu trennen waren, weil auf diese Weise ihr Recht ein Ganzes bildete, derweil das Herrenrecht zersplittert war.

Bei der Stiftung zu Winterlingen (B 11) wurde nicht allein eine Pfründe, sondern im selben Zug und unter demselben Patrozinium auch ein eigener Altar errichtet. Den Kern der Stiftung bildete das umfängliche Seelgerät eine Bürgers der Stadt Mengen. Von daher erklärt sich, daß die Gemeinde das ius praesentandi mit dem privaten Stifter respektive dessen Erben teilen mußte - vielleicht sollte man besser sagen: teilen durfte. Zum Verfahren der Besetzung heißt es in dem von Conrat Engenrich, dem Stifter des Seelgeräts, und der «mayerschaft zu Winterlingen» abgefaßten Brief: «Wir behalten vns hier Inne, wenn es dar zu kam, das man die frümesß yetz ald hie nach verliehen wölt, So sol ain gericht zu Winterlingen liehen vnd ain Capplän Sant gerdruten stifft zu Winterlingen vnd ich, obbenempter Conrat Engenrich, ald aber die mines geschlächtes, ob ich nit enwär, och da bysina>768.

765 766 767 768

E. Schweizer, Gemeindepatronat, S. 5 ff. Vgl. dazu Teil C, Kap. 3.5. Siehe oben im Text (Teil C ) bei Anm. 646 fT. W R 6847.

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Der Kaplan des Gertrudenaltars war in seiner Funktion als Vertreter des Pfarrer von Ebingen im Amt des Leutpriesters als Dritter in den Bund der Besetzungsberechtigten aufgenommen. Er vertrat also die Rechte, die dem Pfarrbeneficium aus der cura animarum zustanden. Für die erste Besetzung wurde keine besondere Regelung getroffen. Der Brief fahrt nach der eben angeführten Stelle mit den Worten fort: «ob me denn ainer vmb die benempten pfründe bät, vnd welches denn vnder dient gerichte vnd dienen, die da by wären, das merer wird, dien man vfnemen wölt, diem solt denn das minder In das merer nütz reden, vnd sölt die merer wal krafft hän»769. Auch hier wird, wie bei den Stiftungen zu Sontheim (B 9) und Mössingen (A 14), nicht ganz klar, wie die Stimmen verteilt waren. Anzunehmen ist, daß das Gericht, der Kaplan und die Stifterfamilie je eine Stimme hatten. Wenn dem so war, dann kam man in jedem Fall zu einem eindeutigen Abstimmungsergebnis und konnte sich Regelungen hinsichtlich der Zuziehung des Patronatsherrn oder des Pfarrers, des Gerichtsherrn oder des Vogtes, oder wer immer sonst noch in Frage kam, weil er der Gemeinde rechtsverwandt war oder ein Herrenrecht zu Winterlingen besaß, sparen. Im ganzen Brief ist nicht einmal der Patronatsherren der Pfarrkirche oder der Kapelle oder der weltlichen Obrigkeit gedacht. Als einzigem Inhaber eines Bannrechts sicherte man dem Pfarrer zu Ebingen zu, daß die Stiftung nicht zu seinem Schaden ausschlagen solle. Dennoch setzte man nicht ihn selbst, sondern seinen Stellvertreter im ius parochiale, den Kaplan auf St. Gertruden, in das ius praesentandi ein. Die Kastvogtei der Pfründe scheint beim Gericht gelegen zu haben. Die Stelle über die Wiederanlage des Geldes, mit dem die von Conrat Engenrich gestiftete Weingült abgelöst werden konnte, ist so formuliert, daß man annehmen kann, daß dafür das Gericht zuständig war. Auch wurde bestimmt: «Es sol öch allwegen die dotacion vnd ander Stifftbrief Hinder ainem gericht zu Winterlingen ligen, doch ob ain priester der selben pfründ dero abgeschafft begerotin, die sollt man Im geben» 70 . Ferner ist für den Fall, daß es um die Besetzung oder den Besitz der Pfründe zu einem Rechtsstreit kommen sollte, folgende Regelung getroffen: «vnd ob es sich och fiigtin, das man vmb die pfründe wird kriegen, es wäre mit recht ald sunst, welcher denn nit dar vff säss vnd dät. So denn von stuck vnd artickeln obgelutet hat, es wär mit singen ald lesen, diem sölt man dehain nutzung verfolgen lan. Besonder so sölt die widerfallen an die pfründ vnd da mit gebessert werden an Intrag allermencklichs». Damit war erklärt, daß die Stifter und vornehmlich das Gericht zu Winterlingen dafür zu sorgen hatten, daß die Pfründe versehen und der Dienst nicht wegen Rechtsstreitigkeiten vernachlässigt wurde. Wer immer diesen Dienst tat, sollte auch die Nutzungen beziehen. Diejenigen, die einem Kaplan, der mit Willen der Gemeinde den Marienaltar versah, Amt und Einkünfte hätten entziehen wollen, hätten diesen also erst einmal aus dem Dorf vertreiben oder ihm den Zutritt zur Kapelle verweigern müssen. Zugleich war zum Ausdruck gebracht, daß das Ge-

769 Ebd. 770 Dieses und das nächste Zitat ebd.

400

rieht dafür zu sorgen hatte, daß während der Vakanz einbehaltene Nutzungen der Pfründe selbst zum Vorteil angelegt wurden 771 . Mit der Zustiftung zur dos des als Leutpriester fungierenden Kaplans auf dem Gertrudenaltar im Jahre 1487 (B 12) verschaffte sich die Gemeinde Winterlingen zusätzlichen Einfluß. Zwar blieb das ius praesentandi für diese Pfründe bei Württemberg, die Wiederanlage abgelöster Gelder aber nahmen die Heiligenpfleger und das Gericht zusammen mit dem Kaplan vor. Dieser durfte «die pfrvnd nit mitt ainem anderen priester versehen, noch die on willen, wissen vnnd vergonsten amptmanns vnd gerichts zu wintterlingen vertuschen»112. Das Verbot der eigenmächtigen Permutation zielte auf die Wahrung der Rechte der «Lehensherren». Anstelle des Grafen zu Württemberg, dem das Präsentationsrecht zustand, erscheinen hier aber der Amtmann und das Gericht. Mochten sie im Namen der Herrschaft handeln, so handelten sie doch auch im Namen der Gemeinde und der Kapelle. Weiter kamen die Inhaber weltlicher oder kirchlicher Herrenrechte auch in diesem Brief der Gemeinde Winterlingen nicht vor. Die 1467 vom Ammann, den Richtern und der Gemeinde Rottenacker gestiftete Kaplanei (A 18) wurde in der im Dorf gelegenen Marienkapelle errichtet773. Das Dorf Rottenacker gehörte seit der Mitte des 14. Jahrhunderts ganz dem Kloster Blaubeuren. Ein Teil war ihm durch die Pfalzgrafen von Tübingen schon bei seiner

771 Zu den Rechten am Pfründvermögen bei Vakanz siehe Teil B, Anm. 194. 772 WR 6888. Vgl. Hattenhofen (A 9): Die Pfründe sollte nicht ohne Erlaubnis des Inkorporationsherrn aufgegeben oder vertauscht werden. - Das Verbot, die Pfründe ohne Erlaubnis zu vertauschen oder aufzugeben, schützte vor allem das Recht der Inhaber der Nominations- und Präsentationsrechte. Wer seine Pfründe aufgeben wollte, mußte seine Rechte daran in die Hand dessen zurücklegen, der das Besetzungsrecht innehatte. Zu Permutation und Resignation: P. Hinschius, System, Bd. 3, S. 268 f., 277 f., 285 f. 773 Nicht ganz sicher sind die pfarrlichen Verhältnisse. Im Registrum subsidii cantativum der Diözese Konstanz von 1508 erscheint eine «Capelle Rottenacker, filia in Nüenburg»: K. Rieder, Registrum subsidii caritativum,S. 28. - Die Pfarrei Neuburg gehörte der Universität Freiburg: Beschreibung des Oberamts Ehingen, S. 194; M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 588. Aus ebd., S. 721 f., geht hervor, daß für die Marienkapelle 1436 eine «inducie» zur Versehung ad inofficiandum erteilt worden war. Ab dem Jahr 1460 erscheinen weitere «inducie» für die Kapelle in Rottenacker, bei denen es sich auch um die Zulassung von Almosensammlungen gehandelt haben könnte. Ab dem Jahr 1463 sind auch «inducie» für einen Maria Magdalena und Katherina geweihten Altar in der «ecclesia parochialis» zu Rottenacker verzeichnet, auf den der Ritter Heinrich Hömlinger 1468 präsentierte, weil er durch den Tod eines Ulrich Hörnlinger vakant geworden war. Für das Jahr 1464 vermerken die Investiturprotokolle die Bestätigung der hier behandelten Pfründstiftung auf dem Maria, Nikolaus und Wendelin geweihten Altar der Marienkapelle zu Rottenacker und die Präsentation eines gewissen Johann Wysat durch die Gemeinde. 1483 wiederum ließ das Ordinariat einen tragbaren Altar für die «ecclesia parochialis» zu Rottenacker zu. - Der Stiftungsbrief selbst ordnete an, daß der Kaplan volles Pfarrvertretungsrecht haben solle, wenn «ain kirchher oder lubpriester zu rottnacker zu etlichen ziten nit anhaimisch wäre»; WR 7219. Die bischöfliche Bestätigung schrieb etwas zurückhaltend, daß die Stiftung der «ecclesiae parochialis, sub cuius limitibus situata», nicht zum Schaden gereichen solle: WR 7220. Aufgrund der Zusammenschau dieser Informationen wurde die Stiftung zu Rottenacker in die Kategorie A und nicht in die Kategorie C aufgenommen. 401

Gründung 1099 zugeeignet worden, das Übrige erwarb es von verschiedenen Angehörigen der Familie von Stein 774 . Der von der Gemeinde verfaßte Stiftungsbrief ist äußerst knapp gehalten. Er beginnt mit einem vergleichsweise lapidaren «In Gottes namen amen», um dann mit den Worten fortzufahren: «vmbe das die gutten werck, die da von der seien trost vnd hails vnd von gottlichs diensts merung wegengesetzt, Sonder In owiger vnd vnzerbrochner geduchtnus beliben, So ist muglich, das Sy mit brieuen geschriben vnd gevestiget werdint. Also sol mengklich wissen, Das die erbern aman, richter vnd gantze gemaintd des dorff rottnacker [...] Mit guttem gunst, willen vnd wissen des erwirdigen [...] hern vlrichen von gottes gnaden abbt vnd sines conuents des erwirdigen gotzhus zu blauburen [...], Irer gnadigen herren, ain pfrund vnd owig mess vjf ain altär In vnser frowen cappell zu rottnacker gelegen [...] mit zutun, hilff vnd erschutzlichait erberer luten gestifft, geordnet vnd bestatigot hand vnd haben daruff erweit vnd gesetzt den ersamen hern hannsen wysat von rottnacker, priester costentzer bystumbs, mit gewysnen jarlichen owigen Zin5 sen, nutzen vnd gälten nämlich...» . Die Zustimmung zur Stiftung erteilte der Abt zu Blaubeuren als weltlicher Herr zu Rottenacker und nicht als Inhaber des ius patronatus an der Kapelle. Im Brief ist weder von der Pfarrkirche, noch von deren Patronatsherrn die Rede, sondern immer nur vom «kirchherren daselbs» oder von seinem «lubpriester». Das Amt eines Leutpriesters zu Rottenacker könnte Ulrich Hörnlinger versehen haben, der als Kaplan auf dem Maria Magdalena und Katharina geweihten Altar in der Pfarrkirche gesessen hatte. Wahrscheinlich stand sein Tod und die dadurch eingetretene Vakanz des Altars und womöglich der Leutpriesterstelle in engem Zusammenhang mit der Stiftung der Gemeinde in der Marienkapelle, die im Oktober 1467 beantragt und im Dezember bestätigt wurde 776 . Die Stiftungsbestimmungen verlangten, daß der Kaplan den Pfarrer in allen pfarrlichen Pflichten vertreten sollte, wenn dieser nicht zugegen wäre. Daß die Stiftung nicht etwa durch eine unio der Pfründe des Magdalenenaltars und einer eventuell in der Kapelle schon bestehenden Meßpfründe zustande kam, ergibt sich daraus, daß auf jenen im März 1468 ein neuer Kaplan präsentiert wurde, und zwar durch einen Hainrich Hörnlinger. Das legt den Schluß nahe, daß es sich bei dem Altar um eine Familienstiftung handelte. In welcher Beziehung die Hörnlinger zum Dorf, zur Kapelle, zum Kloster Blaubeuren oder zur Kirche in Neuburg standen, ist nicht bekannt. Ihre Rechte an dem genannten Altar traten sie 1489 an das Kloster Blaubeuren ab 777 . Ob sich das Kloster mit diesem Erwerb gegen die Gemeinde oder gegen die Inhaber der kirchlichen und pfarrlichen Bannrechte zu Rottenacker stellte, muß offen bleiben. Da man über die Gründungsgeschichte der Kapelle nichts weiß, lassen sich über die Ursachen, aus denen die Gemeinde das Patronat erwarb, nur auf das ius patronatus gestützte Vermutungen anstellen. Danach ist es eher unwahrscheinlich, daß das Patronat der Gemeinde alleine ratione ditationis zufiel, 774 775 776 III

402

Beschreibung des Oberamts Ehingen, S. 195. WR 7219. Ebd.; die bischöfliche Bestätigung: WR 7220. Vgl. A n m . 7 7 3 . Beschreibung des Oberamts Ehingen, S. 194.

vielmehr wird man annehmen müssen, daß sich die Kapelle in ihrem Besitz befand respektive als Vermögen der heiligen patmna unter der cura oder Vogtei der Gemeinde stand. Zu fragen wäre, auf wen sich die Aussage bezog, es sei «mit zutun, hilff vnd erschutzlichait erberer luten»778 gestiftet worden. Nachdem der erste Kaplan der Marienpfninde aus Rottenacker stammte, wär denkbar, daß dieser selbst, wie das häufiger vorkam 779 , zur ditatio seiner Pfründe beigetragen hatte. Hinweise auf die Einverleibung eines Seelgerätes finden sich nicht, dafür erfahrt man, daß die «haiigen zü rottnacker» fünf Pfund Heller zur dos beisteuerten, die abgelöst werden sollten, sobald «vnser liebe fmw So uil gelts uberkam, das man der genanten capplonij fönf pfund haller zins mer stifften mocht»im. Mit den «haiigen zu rottnacker» könnte außer dem Kapellenfonds auch der Fonds der Kirche zu Rottenacker, womöglich sogar der Fonds des Altars der Hörnlinger gemeint gewesen sein. Nachdem aber niemand als die Gemeinde Rottenacker für die Stiftung, die Ablösung und die Wiederanlage verantwortlich zeichnete, ist wohl am ehesten an Maria und die Heiligen Nikolaus und Wendelin zu denken, denen die Kapelle geweiht war. Die Kastvogtei scheint der Gemeinde niemand streitig gemacht zu haben, zumindest ist von einer Rechnungslegungspflicht nicht die Rede. Daß der Abt von Blaubeuren am Stifterrecht der Gemeinde im Rahmen seiner Herrschaftsrechte quasi indirekt teilhatte, ergibt sich aus der Regelung über das Besetzungsrecht: «am leisten so haben Inen die vorgenanten aman, richter vnd gantze gemaind des dorff rottnacker alweg vorbehalten vnd gedingt, das Sy selbs vnd all Ir nachkomen, als dick die gedächt pfrund vnd capplony ledig wirdt vnd zu fällen kompt, ainen andern priester zü erwelen, die zu verluhen vnd In ainem byschoff gen costentz, der ain bestátiger der selbigen pfrund ist, zü presentieren»1 . Zusammen mit der Gemeinde übten der Ammann und das Gericht das Patronat aus, doch hing dieses keineswegs an der Herrschaft, sondern an der communitas. Mit anderen Worten, nicht die Herrschaft delegierte von ihr geschaffene und besessene Rechte, vielmehr schuf die Gemeinde mit Hilfe der zusammen mit der Herrschaft gesetzten gemeindlichen Organe neues Recht, an dem die Herren nur bedingt Anteil gewinnen konnten. Zusammenfassend ist festzustellen, daß nach Maßgabe des ius commune wie nach den konkreten Aussagen der Stiftungsbestimmungen die Besetzungsrechte für die Minderpfründen weder in einer Hand lagen, noch immer mit den gleichen patronalen Befügnissen verbunden waren. Von daher relativiert sich die Aussage, daß die Gemeinden das ius praesentandi für ihre Stiftungen in den meisten der untersuchten Fällen nicht erlangten.

778 WR 7219. 779 Siehe die Stiftung in der Dietrichskapelle zu Rülzheim: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 218. Siehe auch die Stiftung in der Dietrichskapelle zu Rülzheim: F. X. Glasschröder, Neue Urkunden, Nr. 218; und die Stiftung zu Kuppingen (A 11), die ebenfalls in einer Kapelle im Pfarrdorf stattfand. 780 WR 7219. 781 Ebd.

403

An beneficia entstand durch ihre Ausstattung mit Haus und Hof oder eigenen Einkünften und durch ihre bischöfliche Bestätigung ein eigenes ius patronatus, auch wenn sie kein eigenes Kuratrecht erlangten. Ihre Verselbständigung als kirchliche Titel war auch nicht dadurch behindert, daß die dem honor zuzurechnenden patronalen Kompetenzen aufgrund kirchlicher und pfarrlicher Bannrechte häufig mit dem Patronat der Pfarrkirche oder den ratione fundationis begründeten Rechten an einer Kapelle zusammenfielen und daher nur das ius praesentandi, nicht aber die Kastvogtei als gesondertes Recht in Erscheinung trat. Bei Minderstiftungen, die in Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf, das heißt im unmittelbaren Einzugsbereich der patronalen Kastvogtei oder der Ortsvogtei, errichtet wurden, konnte das diesen zugehörige Vermögen dann am ehesten auch im Hinblick auf den honor verselbständigt werden, wenn mit der ditatio die fundatio des zugehörigen Altars einherging. Zumindest ließ sich die Aufsicht der Patronatsherren einschränken, und zwar insbesondere dann, wenn die Kirchenpfleger von jenen verhältnismäßig unabhängig waren, oder aber ratione ditationis besondere Pfleger für die Stiftung bestellt werden konnten. Am ehesten ließen sich die Kastvogtei und das Präsentationsrecht der Patronatsherren der Pfarrkirchen bei der ditatio von Kapellen ausschalten, die an Orten standen, wo jene weder Grundbesitz noch Gerichtsherrschaft besaßen. Zum Zuge kamen dann entweder die Erbauer der Kapelle oder deren Rechtsnachfolger unter Umständen also auch die Gemeinden, oder aber die Inhaber der weltlichen Herrschaft in Dorf und Gemarkung, die in solchen Fällen am offensten mit der aus kirchlichem Recht hergeleiteten Kastvogtei, aber auch mit dem Recht der eigentlichen Stifter in Konkurrenz traten. Das ius patronatus erschöpfte sich nicht in den dem honor zugehörigen Rechten, sondern umfaßte auch den Bereich von onus et utilitas, der weitgehend von den Stiftern beherrscht wurde. Ebenso wie sich das im Amt begründete Recht der Pfarrkirche und ihres beneficium über die Minderstiftung nur dann aufrechterhalten ließ, wenn aus den Einkünften der iura spiritualia mitgestiftet wurde, so konnte auch das aus dem honor hergeleitete Recht der Grund- und Gerichtsherren über ein Schutz- und Schirmrecht hinaus nur dann ausweitet werden, wenn die Stiftung aus den Einkünften der (Inhaber der) Herrschaft selber dotiert, also zum Beispiel das Pfründgut von allen weltlichen Abgaben freigestellt wurde. Der Rechtsgewinn der Herren, die ratione dominii die Kastvogtei einforderten, lag darin, daß sie außer dem Gut der Stiftung auch die dieser zugesprochenen iura spiritualia zu schützen hatten. Doch war gerade dieser Rechtserwerb der Initiative des Kirchenvolkes zu verdanken und in dessen Gottesrecht begründet. So übten die Herren ihr ius praesentandi im Namen der tatsächlichen Stifter aus und nicht kraft eigenen Rechts. Anders lagen die Dinge dort, wo Inkorporationsherren aus den Einkünften der Pfarrpfründe mitstifteten und den Stiftungen zugleich den Status eines beneficium verweigerten. Der Wegfall des ius praesentandi sollte zugleich die Aussetzung einer eigenen Kastvogtei und vor allem der Rechte aus onus et utilitas zugunsten einer Vermögenshoheit der Pfarrkirche und einer Aufsichtsgewalt ihres geistlichen Patrons signalisieren. Doch scheiterte das Bemühen, die Verselbständigung der Minderstiftungen aufzuhalten, daran, daß die Existenz eigener Kästen nicht geleugnet und die Einsetzung besonderer Pfleger für diese nicht verhindert werden 404

konnte. Die Entwicklung der «Helferei» zur Kaplanei ließ sich um so weniger aufhalten, je weitreichender die Kuratrechte, je umfangreicher das Pfründvermögen und je unabhängiger die Gemeinde politisch vom Inkorporationsherrn war.

Tabelle 18: Die Besetzungsrechte der Minderpfründen A: Stiftungen an Pfarrkirchen oder Kapellen im Pfarrdorf Nr. Gemeinde 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Asperg Au rieh Beinstein Bernhausen Bissingen Böhringen Darmsheim Dornstetten Hattenhofen llsfeld Kuppingen Metzingen Möglingen Mössingen Ostdorf Plochingen Rems Rottenacker Stetten u.H. Urbach Walddorf Zainingen

Ort der Stiftung: Pfarrkirche/Kapelle X X X X X X» X X* X X X X X X

(X)

X X X X X X X X

Patronat der Pfarrkirche

Präsentationsrecht der Pfründe

Württemberg Herrenalb Stift Stuttgart Württemberg St. Peter Württemberg Stift Tübingen Württemberg Stift Oberhofen Johanniterorden Österreich Württemberg Spital Stuttgart Württemberg Württemberg St. Blasien Stift Stuttgart Blaubeuren Uni Tübingen ohne Angabe Stift Denkendorf Württemberg

dito dito dito dito Dito Lichteneck dito dito dito dito «Ortsherrschaft» dito dito dito dito dito dito Gemeinde dito entfallt Gericht & Stift dito

Erstpräsentation/ Nomination (*)

Gemeinde Württemberg * Gericht

Gemeinde Gemeinde * Gem. & Pfarrer • Gericht & Stift

B: Stiftungen an Filialkapellen Nr. Gemeinde

Patronat der Pfarrkirche

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

Arnegg Bartenbach Beuren u.N. Glatten Hausen a.M. Hornberg Remshofen "u" Sirchingen Sontheim Steinreinach Winterlingen "u"

Söflingen Württenberg Württemberg Alpirsbach Geroldseck Johanniterorden Stift Backnang Württemberg Blaubeiiren Württemberg Tierberg

12

Winterlingen

Tierberg

Präsentationsrecht der Pfründe

Erstpräsentation Nomination (*)

«Ortsherrschaft» dito dito Pfarrer ohne Angabe dito dito entfällt dito dito Stifter & Pfarrer & Gericht Württemberg

Stifter d. Seelgeräts

* Gericht & Patron

405

Tabelle 18:

(Fortsetzung)

C: Stiftungen an

Kuratkapellen

Nr. Gemeinde

Patronat der Pfarrkirche

Präsentationsrecht der Pfründe

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

Stift Oberhofen Württemberg Schottern Baden Württemberg Bodman Schatten! Württemberg Geroldseck Johanniterorden Bebenhaosen Württemberg Rot a.d.R. Geroldseck Stift Stuttgart Bischof Basel S t Blasien Blaubeuren Johanniterorden

dito dito entfallt dito ohne Angabe dito dito dito dito dito dito dito entfällt «Patronatsherr> entfällt ohne Angabe dito dito dito

Altenriet Baltmannsweiler Berghaupten Egenhausen Endersbach Espasingen Heimbach Heselwangen Holzhausen Hohenwart "f Kayh Laufen Mühlhausen •»• Mühlheim a.B.tf Ohmden Schallbach Scharnhausen Suppingen Weiler u. Schornd.

Vergleiche die Tabellen 1 bis 3 (S. 147ff.) und die Anmerkungen S. 470fT. Halbfette Schreibweise = Klöster i = gleichzeitige Altarstiftung & = gemeinsames Recht x = alternierendes Recht

406

Erstpräsentation Wahl/Bestellung ( # ) Nomination (*)

#

Gericht

# Inkorporationsherr * Gemeinde # Inkorporationsherr

Gemeinde x Patron

D. Die Minderstiftung als Element des Rechts von Kirche, Pfarrei und Gemeinde im späten Mittelalter

1 Zur rechtstheoretischen Verortung der Minderstiftung Eine der wesentlichen Grundannahmen der vorgelegten Untersuchung war die, daß aufgrund der Anwendung des ius patronatus aus dem Recht der Stiftungen Rückschlüsse auf das Recht der Stifter gezogen werden könnten. Ein Rückschluß, der, falls er für zulässig befunden werden sollte, von weitreichender Bedeutung für die P jurteilung nicht nur der religiösen Haltung, sondern auch der politischen Lage dei iiier als Stifter auftretenden ländlichen Bevölkerung in der Zeit vor Ausbruch der vorreformatorischen Unruhen wäre. Um aufzuzeigen, wo die Untiefen der bezeichneten Grundannahme aus der Sicht der kirchlichen Rechtsdogmatik liegen, erscheint es angemessen, an dieser Stelle auf die Geschichte des Begriffs «Stiftung» und den Forschungsstand noch etwas näher einzugehen. Wie einführend (Teil A, Kap. 2) bemerkt, ist der Begriff «Stiftung» schillernd und wird in den Quellen wie in der Literatur häufig entweder rechtstechnisch unpräzise verwendet oder aber selektiv auf ganz bestimmte Phänomene bezogen, ohne dabei der Tatsache hinreichend Rechnung zu tragen, daß die Rechtspraxis insbesondere im Mittelalter dazu neigte, hergebrachtes normatives Recht als fundus zu nutzen, um darauf nach Maßgabe der Gegebenheiten zu bauen, was nottat. Als erste Grundlegung des Stiftungsrechts im Bereich der christlichen Kirche können die Bestimmungen gesehen werden, die unter Justinian für die sogenannten piae causae formuliert wurden 1 . Offensichtlich griff später die römisch-katholische Kirche auf diese Maßgaben immer dann zurück, wenn von privater Seite Vermögen zugunsten religiöser Zwecke ausgesetzt wurden und sich die Notwendigkeit ergab, die künftige Handhabung dieser «Stiftungen» zu regeln. Da dieser Rückgriff allem Anschein nach in Ermangelung anderer rechtsgültiger, das heißt für das Mittelalter in der Tradition begründbarer Normen jeweils analogistisch erfolgte, ergeben sich für die historische Betrachtung rechtstheoretische Probleme, die mit denen, die ohne Frage auch die Zeitgenossen mit diesem Konstrukt haben konnten, nicht unbedingt identisch sein müssen. So kann die in der Literatur2 zu findende Gleichsetzung der beiden Begriffe «Stiftung» und «pia causa» zu Mißverständnissen führen, weil manche Autoren unter der klassischen, vom justinianischen Recht definierten pia causa ausschließlich Wohltätigkeitsanstalten verstanden wissen wollen3 und mit dieser Einschrän-

1 Siehe H.-R. Hagemann, Piae causae. 2 A. Mitterwieser, Geschichte der Stiftungen, S. 168. 3 H.-R. Hagemann, Piae causae [erschienen 1953], S. 10: «Die neuere Doktrin stimmt grundsätzlich darin überein, daß den , wie diese Wohltätigkeitsanstalten auch bezeichnet werden, in justinianischer Zeit rechtliche Selbständigkeit, juristische Persönlichkeit zukam». Zu dieser Einschränkung des Begriffs pia causa auf Wohltätigkeitsanstalten, die nicht unumstritten ist, nimmt Hagemann in Anm. 17 Stellung.

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kung gewissermaßen in Frage stellen, daß der der klassischen pia causa anhaftende Rechtscharakter und damit die an diesen Begriff gebundenen weiterführenden rechtlichen Folgerungen auf andere Schenkungen oder Vermögenswidmungen übertragen werden können4. Relevanz gewinnt die Begrifflichkeit aber gerade in dem hier behandelten Zusammenhang vor allem hinsichtlich der Frage der Selbständigkeit einer Stiftung, das heißt hinsichtlich ihres Status als Rechtspersönlichkeit oder juristische Person 5 . Von diesem Status nämlich hing wesentlich das Recht derjenigen ab, die die Stiftung unternahmen und finanzierten, wie auch deijenigen, die ihre Güter verwalteten und erhielten, und schließlich deijenigen, die einen direkten Nutzen von ihr hatten. In den hier behandelten Fällen, in denen für die ordentliche Seelsorge gestiftet wurde, betraf der Status der Stiftung also in allen drei genannten Punkten vor allem das Recht des ortsansässigen Kirchenvolkes. Hervorzuheben ist nun aufgrund der vorausgegangenen Überlegungen und Erörterungen, daß die Frage nach der Rechtspersönlichkeit eines jeden Titels, der zwar aufgrund von kirchlichem Recht aber außerhalb des unmittelbaren Zugriffs der aus der potestas ordinaria abgeleiteten Banngewalt geschaffen werden sollte, in engem Zusammenhang steht mit dem Problem der rechtstheoretischen und rechtspraktischen Abgrenzung solcher Titel von der cathedra respektive deijenigen ecclesia, die in deren jeweils in Frage stehende Bannrechte eingetreten war. Dabei mußte die Tatsache, daß die kirchliche Banngewalt in der Folge der Ausbildung des Monepiskopats im Hinblick auf die Kathedrale überwiegend und im Bereich der Pfarrkirchen ausschließlich auf die cura animarum begründet worden war, auch auf das Stiftungsrecht und seine Anwendung durchschlagen. Es ließe sich demzufolge feststellen, daß man die Stiftung im Sinne eines selbständigen Vermögenskomplexes, Rechtstitels oder einer besonderen Einrichtung zwar in jedem Fall von der im Hinblick auf die angestrebten Zwecke zuständigen ecclesia abzugrenzen hatte, sich aber darüberhinaus der Rechtsakt als solcher prinzipiell vom Rechtsakt der fundatio ecclesiae unterscheiden mußte, dessen Wesen es war, neue, im Ämterrecht begründete Banngewalt zu schaffen 6 . Das aber heißt, daß justinianisches Recht nur dort oder erst dann auch für Stiftungen, die in den Bereich des Ämterrechts hineinragten, angewendet werden konnte, wenn es tatsächlich gelang, die Formulierung und Einhaltung solcher Bedingungen zu erwirken. Erst vor dem Hintergrund des kirchlichen Bannrechts wird deutlich, welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten bestanden zwischen einer pia causa, die

4 Auch S.Reicke, Stiftungsbegriff [erschienen 1933], S. 253, schreibt, das Stiftungsrecht Justinians habe «ausschließlich die Wohltätigkeitsinstitute des Orients ins Auge gefaßt» und sei später auch im Abendland zur Geltung gelangt. Doch spricht der Autor ebd., S. 249f., von den u.a. unter dem Namen piae causae zusammengefaßten kirchlichen Wohltätigkeitsanstalten Ostroms als den «milden Stiftungen im engeren Sinne», an deren Recht sich die Gesetzgebung des römischen Reiches angeschlossen habe. 5 Zur Frage nach der Rechtspersönlichkeit der Stiftung nach justinianischem und römischem Recht, insbesondere der pia causa siehe H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 9 ff., 25 ff., 33 ff. 6 Vgl. dazu ebd., S. 25 ff.

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dem Gottesdienst oder der persönlichen Seelsorge diente, und einer solchen, die der Caritas gewidmet war: Sie unterschieden sich dadurch, daß im ersten Fall das Recht eines Altars oder einer Kirche und damit das presbyteriale Amt betroffen war, im zweiten Fall dagegen der Rechtsakt lediglich in den Bereich der Diakonie eingriff, die spätestens seit der Ausbildung des episkopalen und presbyterialen Primats in der Kirche mehr als Dienst denn als Amt aufgefaßt wurde und von daher nach kirchlichen Recht weder eigene Banngewalt besaß, noch als konstituierendes Element einer solchen galt7. So betrachtet war die pia causa im engeren Sinne, das heißt die Stiftung zugunsten der Armen-, Kranken-, Siechen- und Altenpflege, trotz der ihr zugrunde liegenden religiösen Motivation letztendlich stärker dem weltlichen Recht verbunden als dem kirchlichen. Wozu einschränkend anzumerken ist, daß diese Einrichtungen im Mittelalter (anders als zu Zeiten der Ausbildung des Stiftungsrecht unter Kaiser Justinian) weitaus stärker von familiären, ständischen oder genossenschaftlichen Strukturen beherrscht waren als von der - aus heutiger Sicht - öffentlichen Gewalt8. Ursächlich gehörten diese Wohltätigkeitseinrichtungen nach justinianischem wie nach mittelalterlichem Recht in den Bereich des Privatrechts, das heißt, sie waren unangesehen der Tatsache, daß sie dem Gemeinwohl dienten, Gegenstand vertraglicher Vereinbarungen nicht obrigkeitlicher Maßgaben 9 . Ihre eigentliche Politisierung begann dort, wo sich die weltliche Gewalt (im deutschen Mittelalter am frühesten und am häufigsten in Gestalt des Rates einer Stadt) das Recht herausnahm, derartige Stiftungen, wenn sie entweder an Orten oder aber von Leuten unternommen wurden, die ihrer (vornehmlich in weltlicher Gerichtsbarkeit ausgedrückten) Banngewalt unterworfen waren 10 , anstelle der Amtskirche zu bewilligen oder zu beurkunden und sich zudem die Aufsicht darüber vorzubehalten, wie deren Vermögen genutzt und verwaltet wurde. Dabei trug dann die Tatsache, daß der diakonale Auftrag umfassend verstanden, das heißt auf sämtliche Bedürftigen angewendet werden konnte, die sich in einem Herrschaftsgebiet aufhielten - selbst auf diejenigen, die sich nicht zum christlichen Glauben bekannten, vornehmlich aber auf diejenigen, die sich in keinen familiären, zünftischen, genossenschaftlichen oder bruderschaftlichen Schutz flüchten konnten11 - , entscheidend dazu bei, dem Wohltätigkeitswesen den Charakter von

7 Siehe als Überblick J.Roloff, Amt IV (TRE 2), S. 509 ff.; R.P.C.Hanson, Amt V (TRE 2), S. 533 ff.; J. Neumann, Bischof I (TRE 6), S. 654 ff. - Aufschlußreich ist hierzu R. Zerfaß, Laienpredigt, S. 118. - S. Reicke, Stiftungsbegriff, S. 263 f., unterläßt eine klare Abgrenzung, weswegen er auch in seiner Einschätzung der Rolle des Patronats für das Spitalwesen unklar bleibt. Er übersieht, daß das ius patronatus vor allem die iura spiritualia gegen Zugriffe des Stifters schützte, also auf presbyteriale und episkopale Amtsrechte im Bereich der cum animarum zielte, die ein Wohltätigkeitsinstitut als solches nicht besaß. Eben darum mußte die Wirksamkeit des Patronats auf die geistlichen Stellen des Spitalgotteshauses beschränkt bleiben: ebd., S. 264. 8 Weitreichende Einblicke bieten hier O. G.Oexle, Conjuratio, v. a. S. 191 ff.; außerdem J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft; vgl. R. Zerfaß, Laienpredigt, S. 156 ff. 9 Siehe H.-R.Hagemann, Piae Causae, S. 8ff.; vgl. dazu W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen», S. 198f. 10 Vgl. S. Reicke, Stiftungsbegriff, S. 264 ff., 274 ff.; über die politische Relevanz dieser Entwicklung informiert W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», passim. 11 Siehe O.G.Oexle, Conjuratio, S. 191 ff.

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«Öffentlichkeit» und damit der es leitenden kommunalen Obrigkeit die Befugnisse eines defensor publicus zuzuschreiben 12 . Die im Hinblick auf ihren Rechtsstatus wichtigste Gemeinsamkeit zwischen den auf diakonale Zwecke ausgerichteten klassischen piae causae und den hier behandelten, in den Pfarrbann eingreifenden kirchlichen Stiftungen, dürfte in den Bestimmungen über die fundatio liegen. Der klassischen pia causa soll nämlich nur dort rechtliche Selbständigkeit zugestanden haben, wo sie als «Anstalt» errichtet war, was so zu verstehen ist, daß sie eigene Gebäude besitzen mußte 13 . Anders ausgedrückt hätte es demnach zur Stiftung einer pia causa mit eigener Rechtspersönlichkeit nach justinianischem Recht außer der Beibringung sicherer, laufender Einkünfte auch der Errichtung fester Gebäude auf eigenem Grund bedurft 14 , eine Forderung, die bezeichnenderweise auch das ius patronatus mit großen Nachdruck für die Errichtung einer ecclesia stellte und in der Trias fundatio, constructio et ditatio zum Ausdruck brachte, die sowohl die Erwerbsgründe für das Patronat als auch die Voraussetzung für die Entstehung eines eigenen Titels bezeichnete 15 . Das justinianische Recht war - indem es der pia causa aufgrund ihres immobilen Besitzes eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen hatte auch wenn es sich hierin im Grunde auf pragmatische Regelungen beschränkte und es unterließ, die Rechtsfigur der Stiftung dogmatisch voll auszubilden, jedenfalls weitergegangen als das ältere, römische Recht. Denn dieses hieß durch private Initiative ins Leben gerufene Wohltätigkeitsanstalten nicht selbständig werden, sondern forderte ihre Übertragung an eine bestehende juristische Person (collegium, civitas)16. Angesichts dieser Verschiedenheit in der Auffassung der beiden Traditionen, auf die sich die Kanonistik des Mittelalters in dieser Frage am meisten zu stützen pflegte, ist jene andere Überlegung bezüglich des Rechtssubstrats der juristischen Person der klassischen pia causa von Interesse, die dahingeht, als deren Wesenskern die Gemeinschaft deijenigen anzusehen, denen zu dienen die Stiftung bestimmt war 17 . Dieser These allerdings stehen Zweifel dahingegend entgegen, ob die durch solche Stiftungen begünstigten Bedürftigen tatsächlich Korporationen bildeten oder auch nur rechtlich die Möglichkeit dazu gehabt hätten 18 . 12 Siehe H.-R. Hagemann, Piae Causae, v.a. S. 65IT.; zur necessitaspublica siehe W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen». S. 198IT.. auch 203fT.; zu dem von Dietrich Kurze stammenden, sehr treffenden Begriff «innerkommunale Kirchenhoheit» siehe M.Borgolte, Kirche, S. 114, auch S. 116 f.; zum Schutz von Kirche und Christenheit siehe W.Hölscher, Kirchenschutz, v.a. S. 79ff., 141 ff.; T.Zotz, Präsenz, v.a. S. 168, 181; K.-F. Krieger, Reich, S. 20fT. 13 Ebd., S. 33 fT. - Das moderne Privatrecht unterscheidet hingegen «Anstalt» (der Gebäude wesentlich zugehören) und «Stiftung» (die sich auf einen Kapitalfonds beschränkt): ebd., S. 8. 14 Zu den Möglichkeiten und Maßgaben für den Fall, daß der Bischof die Vollendung der Stiftung erzwingen mußte, gemäß justinianischem Recht: H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 44 ff.; zu den Regelungen nach ius patronatus: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70 f. 15 Siehe P.Landau, Ius patronatus; J.Sieglerschmidt, Kirchenregiment; vgl. Teil B, Kap.2.4. 16 Ebd., S. 9 ff. 17 Ebd., S. 34, 36, 60; vgl. A. Mitterwieser, Stiftungen, S. 194 fT. 18 H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 44 ff.; zur Korporation nach kanonischem Recht: J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft.

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Die im Diskurs aufscheinenden Schwierigkeiten, die durch eine Stiftung geschaffenen Rechtspositionen zu bestimmen und auch aufeinander zu beziehen, sind im Wesen der Stiftung selbst begründet, die seit Justinian unter christlichen Vorzeichen stand. Das Anliegen jeder pia causa war nämlich ein doppeltes: Zum einen diente sie der christlichen Wohltätigkeit, zum anderen aber wollte sie das fromme Werk zugunsten des Totengedächtnisses und Seelenheils {pro anima) des Stifters nutzen oder verrechnen 19 . Aufgrund dieser zweigesichtigen Motivation entstand anstatt einer bilateralen Rechtsbeziehung sozusagen ein Beziehungsviereck, dessen Positionen wie folgt beschrieben werden könnten: Den Ausgangspunkt hielt der Stifter selbst besetzt. Ihm gegenüber standen die begünstigten Hilfsbedürftigen, doch lief die Verbindung zu diesen über die beiden anderen Eckpositionen, deren eine die Stiftung selbst einnahm, während die andere von denjenigen gehalten wurde, die zu Lebzeiten, spätestens aber nach dem Tod des Stifters die Pflegschaft oder Treuhänderschaft für die Stiftung übernahmen. Vorrang vor allen anderen Ansprüchen besaß unzweifelhaft das Interesse des Stifters an der Sicherung seines Seelenheils - eine Tatsache, aus der sich das Bestreben erklärt, Wirkung und Nachwirkung des guten Werkes in alle Ewigkeit fortzuschreiben und ihm so Dauer bis zum Jüngsten Tage zu verleihen. Eben das meinte «stiften». Von daher machte es zweifellos Sinn, wenn das Recht des Stifters am Stiftungsgut dem guten Werk, dem frommen Zweck selbst, also der pia causa zufloß, die als juristische Person Unsterblichkeit besaß 20 . Oder anders gesagt: Es lag nahe, die pia causa anstelle des Stifters und quasi symbolisch für dessen Seele unsterblich werden zu lassen 21 . Was die durch das mildtätige Werk begünstigten Bedürftigen betrifft, so waren diese zwar für die Errichtung und den Fortbestand der pia causa unverzichtbar, galten aber dennoch in der Regel als deren passives Objekt. Ihre Rechte gegenüber der Stiftung mußten als zweitrangig erscheinen und waren darüberhinaus durch sie selbst nur bedingt einklagbar 22 . Insbesondere war den Begünstigten eine unmittelbare, auf Mitbestimmung ausgerichtete Beziehung zu «ihrer» Stiftung erschwert oder gänzlich unmöglich gemacht, weil ihre Rolle festgelegt war: Sie waren bedürftig und damit gewissermaßen rechtlos. Also wurde nicht ihnen die Verwaltung der zu ihrem Wohl und Nutzen errichteten der pia causa übertragen, sondern besonders bestellten Pflegern, die überdies nicht selten ihre eigene Stellung - etwa 19 Die sündentilgende Kraft der Almosen betonten schon Origines und Cyprian (3. Jh.): M.Borgolte, Kirche, S. 119. Vgl. Mt. 19, 21. Zu den religiösen und rechtlichen Grundlagen der Schenkungen für das Seelenheil siehe: A. Mitterwieser, Stiftungen, v.a. S. 168 f.; H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 42ff.; H.-D. Heimann, «Testament», passim; N.Ohler, Sterben und Tod, v. a. S. 32 ff.: H. Kühnel, Motivation, passim; E. Vavra, Pro Remedio Animae, passim; M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, v.a.S. 86ff. 20 Siehe den Überblick bei M.Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 80ff. 21 Vgl. ebd., S. 84 ff. 22 Nach H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 44, hatte jeder Bürger das Recht, die Herausgabe des einer Stiftung verschriebenen Vermögens von den Erben einzuklagen. Mithin hätten auch die begünstigten Bedürftigen klagen können - sofern sie Bürgerrecht besaßen. Vgl. ebd., S. 47, 60 ff.

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gegenüber den Erben des Stifters oder den örtlichen Vertretern der Kirche oder der weltlichen Gewalt - dadurch sichern wollten oder mußten, daß sie die bedürftigen Kranken, Alten oder Armen ihrerseits zu passiven Objekten ihres Amtsauftrags herabwürdigten 23 . Als «ungerecht» konnte diese Verteilung der Kompetenzen nicht gelten, solange das beschriebene Modell christlicher Barmherzigkeit Gültigkeit besaß und das Motiv pro anima das Recht der pia causa beherrschte, das dem Stifterwillen nicht nur zur Erfüllung verhalf, sondern diesen gewissermaßen überragte 24 . Ohne dies kam nach geltendem weltlichen Recht für die Funktion als Pfleger oder Anwalt fremder Güter und Rechte nur in Frage, wer seiner Vermögenslage wie seiner sozialen und rechtlichen Stellung nach für sein Geschäftsgebahren im Namen der vertretenen Rechtsperson und damit gegebenenfalls sogar für diese in die Haftung treten konnte 25 . Im Falle einer Stiftung pro anima aber wog die Verantwortung zweifellos noch schwerer. Denn diejenigen - und nur diejenigen - , die sich als Anwalt jenes in der Formel pro anima ausgedrückten höheren stifterischen Interesses ausgeben konnte, hatten die juridische Waffe einer Haftungspflicht in der Hand, die weiterreichte als bis vor den weltlichen Richter und für die Ausgestaltung und Sicherung des Recht einer jeden Stiftung eine maßgebliche Rolle spielte. Der «kirchliche Charakter» 26 , der der pia causa (im engeren Sinn) anhaftete, erklärt sich demnach nicht allein und wohl auch nicht in erster Linie aus ihrem wohltätigen Zweck, der im Kontext des Stiftungsrechtes, wie gesagt, sekundär war, sondern auch oder vor allem aus der Zuständigkeit der Amtskirche für jegliche Maßnahme pro anima, aus der sie konsequenterweise auch den Anspruch auf die Verwaltung oder zumindest die Aufsicht über daraus hervorgehende Stiftungen ableitete 27 . Die weltlichen Gewalt konnte ihren Zugriff auf solche Stiftungen aus der auf Wohltätigkeit, öffentliche Wohlfahrt oder gemeinen Nutzen hin ausgerichteten, sekundären Zweckbestimmung, umfassender aber aus ihrer Funktion als defensor der Kirche und der Christenheit begründen 28 . Eine dritte Möglichkeit boten entsprechende Verfügungen des Stifters selbst.

23 Ebd. S. 34 ff., 47: Die klassische pia causa hatte keine Mitglieder, sondern nur Verwaltungspersonen und Destinäre. Weder das Verwaltungspersonal noch die Begünstigten bildete eine Korporation. Vgl. zu den davon abweichenden Verhältnissen im Mittelalter: A. Mitterwieser, Stiftungen, S. 194 ff. - Zu den Mahnungen der frühchristlichen Kirche, die Armen und Bedürftigen mit Respekt zu behandeln, siehe E. Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», S. 478; siehe auch ebd., S. 486 f. zur Mahnung an den Bischof, unparteiisch zu sein, die Armen nicht zu verachten, noch die Reichen zu fürchten, sondern sich vor allem gegen diese unabhängig zu halten, auch wo sie als «patroni» für die finanziellen Bedürfnisse der Gemeinde aufkamen. 24 Siehe die Erörterungen bei M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 84 ff. 25 Vgl. H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 16 ff., 34 f., 50 ff. 26 Ebd., S. 46. 27 Vgl. ebd., S. 46 ff., 50. 28 Siehe W.Hölscher, Kirchenschutz, S. 79ff.; K.-F.Krieger, Reich, S. 37ff., 58f.; zur Vereinnahmung der Schutzrechte durch Kommunen: M. Borgolte, Kirche, S. 116 f., mit besonderem Hinweis auf die Arbeit von R. Kießling, Kirche in Augsburg; siehe auch A. Mitterwieser, Stiftungen, S. 186 ff.

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Die Haftungsproblematik, die mit dem Wunsch nach Dauer sowohl des guten Werkes wie auch des Totengedächtnisses in enger Beziehung steht, ist als wesentliche Ursache dafür anzusehen, daß man stiftete anstatt einfach Schenkungen zu machen, denn über das Stiftungsrecht konnte man seinen Zielsetzungen bei der ordentlichen weltlichen und geistlichen Gerichtsbarkeit Rückhalt verschaffen 29 . Auf der anderen Seite liefen die Stifter aber gerade dadurch Gefahr, in ihren Zielsetzungen beschränkt zu werden. Nicht immer reichte der Stifterwille weit genug, um die Stiftung dem Einfluß einer der beiden Gewalten zugunsten der anderen zu entziehen, wenn diese günstigere Bedingungen bot, oder sogar beide zurückzudrängen - sei es zum Vorteil der eigenen Familie, der eigenen Rechtsgenossen oder auch zum Vorteil der durch die Stiftung Begünstigten selbst. Einer allzu restriktiven Stiftungspolitik der Inhaber kirchlicher und weltlicher Gerichtsbarkeit scheinen die Gläubigen jedoch stets mit Verweigerung oder Ausweichmanövern begegnet zu sein. Ersteres äußerte sich in sinkenden Stifhingszahlen, letzteres scheint seinen Niederschlag unter anderem in Verschiebungen bei der Objektwahl gefunden zu haben: Man kreierte neue sekundäre Stiftungszwecke und wich damit auf Objekte oder in Bereiche aus, die herrschaftlich nicht mehr, noch nicht oder nicht exklusiv besetzt waren. Auf diese Weise war es auch möglich, die Inhaber der verschiedenen kirchlichen und weltlichen Herrschafts- oder Bannrechte zum eigenen Vorteil gegeneinander auszuspielen. Als Beispiel für dieses Vorgehen steht die klassische pia causa (im engeren Sinn) selbst 30 , und die Geschichte der Stiftungen pro anima kennt dafür zahlreiche weitere 31 . Der Blick von den Wohltätigkeitsanstalten auf das durch das System von Pfarrzwang und Eigenkirchenrecht geprägte mittelalterliche Seelsorgewesen zeigt, daß sich die Verhältnisse in gewisser Weise glichen. Waren bei der pia causa die Armen und Bedürftigen Objekt einer vielfach in Bevormundung umschlagenden Caritas, so standen im Bereich der cura animarum die pauperes, die später sogenannten «armen Leute», den potentes gegenüber, das heißt den Inhabern der weltlichen oder geistlichen Gewalt respektive der Rechte, aus denen sich solche Gewalt herleiten ließ 32 . Die Tatsache, daß nicht nur die eigentlich Bedürftigen, sondern unangesehen ihrer materiellen Lage auch die Waisen und die Witwen den Maßnahmen des patriarchalisch bestimmten kirchlich-obrigkeitlichen Fürsorgewesens unterworfen wurden, verdeutlicht, wo der Übergang zwischen Hilflosigkeit und Rechtlosigkeit und demnach auch zwischen Helfen und Herrschen lag. 29 Zum Totengedächtnis siehe M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 86 ff. 30 Vgl. H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 5 ff., 26 f. 31 Zu den weitläufigen Möglichkeiten der Stiftung pro anima siehe die Beiträge in Materielle Kultur und religiöse Stiftung, Red. G. Jaritz. Unberücksichtigt bleibt dort, daß ein Wandel in den Vorlieben bezüglich der Stiftungsobjekte und -zwecke durchaus auch rechtlich bedingt sein konnte. 32 Zum Zusammenhang zwischen Freiheit, Fehdefahigkeit und Recht, auch kirchlichem Recht, siehe: W. Rösener, Bauer und Ritter, v.a. S. 666 f., 689ff., zum Begriffspaar pauper-potens und seiner politischen Relevanz siehe P. Blickle, Kommunalismus, S. 13, mit Verweis auf den einschlägigen Aufsatz von Karl Bosl, Potens und Pauper. Begriffsgeschichtliche Studien zur gesellschaftlichen Differenzierung im frühen Mittelalter und zum «Pauperismus» des Hochmittelalters, in: ders.. Frühformen der Gesellschaft im mittelalterlichen Europa (1964), S. 106-134.

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Indem die Kirche einen jeden Menschen christlicher Seelsorge für bedürftig, sich selbst aber für deren Ausübung für ausschließlich zuständig erklärte, formulierte sie zum einen ein Recht auf unbegrenzte Mission, zum andern erhob sie sich selbst in Gestalt des geweihten Klerus über die Laien. Indem die weltliche Obrigkeit die Missionsidee aufgriff, sich selbst aber zum Schirmherrn der Kirche erklärte, stellte sie sich über diese und das von der Herrschaft ausgeschlossene Kirchenvolk. Wo dieses in umfassender rechtlicher Abhängigkeit von den Kirchenherren und ihrem Klerus lebte und wirtschaftete, blieben seine Möglichkeiten zur Mitwirkung bei der Verwaltung der Kirche und der Gestaltung des kirchlichen Lebens tatsächlich beschränkt; wobei immer zu bedenken bleibt, daß das Maß dieser Beschränkung mit dem Maß der Abhängigkeit korrespondierte und mit dieser auch abnahm33. Solche Verhältnisse, wie sie an Kirchen und in Pfarreien herrschten, die von Amts wegen oder aufgrund von Herrschaft gegründet worden waren, ließen sich allerdings im Rahmen einer Kirchenstiftung, die in der Art oder auf der Grundlage des ius patronatus erfolgte, nicht ohne weiteres erreichen34. Zwar war es auch bei einer Stiftung nach ius patronatus möglich, besondere Bedingungen zu formulieren, und der Stifter konnte, wenn die Stiftung pro anima erfolgt war, erwarten, daß diesem, für ihn vorrangigen Stiftungszweck Achtung gezollt wurde. Doch waren Stiftungen zugunsten der öffentlichen Seelsorge zum einen ohnehin viel stärker durch das kirchliche Recht reglementiert als Stiftungen für das eigene Seelenheil; zum anderen setzte, wer die cura animarum zum sekundären Zweck einer Stiftung pro anima bestimmte, gewissermaßen sein Recht auf Sicherung seines Seelenheils gegen das Recht der Gemeinde auf Gewährleistung ihrer Seelsorge35. Das Recht eines Einzelnen stand damit gegen das Recht vieler, und von der Ebene letzter Gerechtigkeit aus gesehen wogen sich diese beiden Rechtsansprüche gegenüber der Stiftung wohl auf, wenn nicht sogar dem Christenrecht des Kirchenvolkes mehr Gewicht beizumessen war36. Anders gewendet könnte man sagen: Bei einer derartigen Stiftung setzte nicht der auf das Heil der eigenen Seele gerichtete Wille des Stifters die Maßstäbe und das Recht, sondern die necessitas populi respektive die necessitas publica. Demnach machte in diesen Fällen auch nicht der Stifterwille die «Seele der Stiftung» aus, sondern das der Seelsorge des Kirchenvolkes dienende Amt und damit gewissermaßen das Kirchenvolk selbst37. 33 Vgl. H.-R.Hagemann, Piae Causae, S. 19f. 34 M.Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, S. 96f.: «Kirchenstiftungen sind von Eigenkirchen fundamental verschieden gewesen. Während die Eigenkirche durch die Herrschaft gekennzeichnet ist und durch den Charakter der Kirche als Zubehör eines anderen Besitztums, so war die Kirchenstiftung frei». Anzumerken ist hierzu, daß die Freiheit jeder juristischen Person dadurch begrenzt ist, daß sie einen advocatus oder Pfleger braucht. Ob die sogenannten ecclesiae liberae. weil sie unter der Aufsicht des Bischofs anstatt unter dem Patronat des Stifters standen, tatsächlich freier waren als die ecclesiae patronatae, kann in Frage stehen. 35 Vgl. A.Angenendt, Missa specialis, 36 Vgl. dazu W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen», v.a.S. 195f., 198ff.; E.Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», v. a. S. 477 f.; zur Erzwingung siehe J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 70f. 37 Der Ausdruck stammt von Otto von Gierke. Siehe M. Borgolte, Stiftungen des Mittelalters, S. 85.

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Was solche Stiftungen im Gegensatz zur pia causa (im engeren Sinne) zur eigentlich «kirchlichen Stiftung» machte, war demnach die Tatsache, daß ein officium ecclesiasticum ihren Kern bildete. Dieser grundlegende Unterschied der Rechtsverhältnisse läßt sich anhand des weiter oben für die pia causa beschriebenen Stiftungsquartett veranschaulichen. Aufgrund der Erweiterung des Stiftungszweckes auf die ordentliche Seelsorge erfuhren dessen Positionen eine Verdoppelung und Neugewichtung: Der Stifter wurde zum patronus, der Kreis der Begünstigten zur Seelsorgegemeinschaft, die Stiftung zur res sacra respektive zum beneficium ecclesiasticum, und neben die, wie auch immer bestimmte Pflegschaft für das Stiftungsgut trat derjenige, dem das dem beneficium zugrundeliegende officium aufgetragen werden mußte. Indem die Positionen ihre Qualität veränderten, veränderten sich auch ihre Beziehungen zueinander. Sozusagen vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sollten die im folgenden zusammengefaßten Einsichten bezüglich des Wesens der von der Gemeinde getragenen Minderstiftung wie auch der daran anschließende Ausblick auf die historische Relevanz dieser Initiativen gelesen werden.

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2 Zum Wesen der kirchlichen Stiftung eine Zusammenfassung Die vorliegende Untersuchung hat es unternommen zu zeigen, daß nicht allein die regelrechte fundatio ecclesiae als kirchliche Stiftung in dem Sinne zu gelten hat, daß durch sie eine eigenständige Rechtsperson - nämlich die Pfarrkirche - ins Leben trat, sondern auch das durch dos und officium konstituierte beneficium Eigenständigkeit erlangte und von da aus schließlich selbst Kapellen, Altären und Minderbeneficia eigene Rechtspersönlichkeit zuwuchs, unangesehen dessen, daß ihnen (noch) kein volles Kuratrecht zukam. Die Ursache hierfür ist im ius patronatus und den für dessen Ausbildung wesentlichen rechtsdogmatischen Überlegungen der Dekretalistik zu suchen, das heißt letztlich in deren Bestreben, für diese Titel das ius praesentandi durchzusetzen und damit die Banngewalt des Bischofs über das priesterlich Amt, den Meßklerus und das Stiftungsgut zu sichern. Eine maßgebliche Rolle für diese Entwicklung spielte das Bemühen, fundus et constructio respektive die Kirche und den Altar mit ihren iura spiritualia aus der cura beneficii der patroni ecclesiae auszuklammern. Die Tatsache, daß das ius patronatus auch auf Minderstiftungen angewandt wurde, das heißt auf Stiftungen, die zwar der cura animarum galten, aber kein volles Pfarrecht erwarben, war der älteren Forschung, soweit sie sich überhaupt mit Altarund Pfründstiftungen befaßt hat, entgangen 38 . Demzufolge wurde auch nicht gesehen, daß man den Status einer «Meßstiftung» danach zu beurteilen hat, ob das ius spirituale, dem ihre temporalia dienten, einem fremden Amt unterworfen, oder ob es in der Funktion der Stiftung als Seelgerät begründet und ihr deswegen eigentümlich verbunden war, oder ob es im Sinne eines selbständigen Amtes den Kem der Stiftung bildete und womöglich sogar der öffentlichen Seelsorge diente. Im Grunde hätten nur im letztgenannten Fall die temporalia dem ius spirituale folgen können und müssen anstatt umgekehrt, wie dies beim einfachen Seelgerät möglich und bei der Eigenkirche gang und gäbe gewesen war. Dieser Rechtsvorrang des Amtes gegenüber dem Vermögen, der auch in dem Satz beneficium datur propter officium ausgedrückt ist, erforderte respektive ermöglichte, daß eine Stiftung nach ius patronatus erfolgte. Und so ist es auch dieses Kriterium mit all seinen Konsequenzen, auf die oben einführlich eingegangen wurde, das rechtstheoretisch die Trennungslinie markiert zwischen Kommenden und beneficia distincta einerseits und den eigentlichen beneficia ecclesiastica andererseits . Eine Trennungslinie, die sich in der Praxis ziemlich durchgängig daran festmachen läßt, daß der Kandidat für das Amt dem Ordinarius präsentiert werden mußte. 38 Siehe dazu K. Frölich, Altarpfründen, und die dort ausfuhrlich besprochene ältere Literatur. 39 Vgl. dazu M. Borgolte, Lehre von der Eigenkirche, S. 96 ff., über die römisch-rechtliche «Kirchenstiftung», und ders., Mittelalterliche Stiftungen, passim, woraus sich ergibt, daß der Autor die hier behandelten «kirchlichen Stiftungen» in seine Überlegungen nicht einbezieht, ohne daß aber ersichtlich würde, warum sie nicht unter den Begriff «Stiftung» gestellt werden sollten.

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Allerdings sind dies Einsichten, die sich an dem von der älteren Forschung überwiegend verwendeten städtischen Quellenmaterial, das Fälle, wie die hier analysierten, kaum zu kennen scheint, wohl nicht ohne weiteres gewinnen ließen40. Die wesentlichen Aspekte des Wesens der von Gemeinden unternommenen oder mitgetragenen Minderpfründen können in den folgenden sieben Punkten zusammengefaßt werden: 1. Die zur Förderung und Sicherung ordentlicher, öffentlicher Seelsorge errichteten Minderbeneficia mußten nicht anders als die Pfarrpfründen mit eigenen, besonders ausgewiesenen, von Abgaben und Lasten weitgehend freien Gütern und Einkünften ausgestattet werden. Das Pfründvermögen war von daher vom Heiligenund Altar- oder Kapellengut unterschieden. Die Festschreibung von Mindesteinkünften nahm die Stifter und ihre Rechtsnachfolger in die Haftung für den Bestand der Pfründe und ihres Titels. Da beneficia ecclesiastica wegen der Residenz- und Präsenzpflicht ihrer Inhaber mit Haus und Hof ausgestattet werden mußte, erscheinen sie von daher gewissermaßen als selbständig fundiert. 2. Das Rechtsverhältnis des Minderbeneficium zu Altar und Kapelle war auch aus der Sicht des Ämterrechts keinesfalls durch einseitige Abhängigkeit geprägt, derart, daß die Pfründe ihr Recht gänzlich vom Recht dieser Einrichtungen bezogen hätte. Vielmehr trug sie durch officium und dos ihr Teil dazu bei, daß der Status der res sacra ein Niveau erlangte, auf dem ihr Titel überhaupt erst patronatsfahig respektive einer eigenen Kastvogtei würdig wurde und sich auch im Hinblick auf das Ämterrecht dem Recht einer Pfarrkirche immer mehr annähern konnte. Besonderes Gewicht gewann diese Aufwertung dadurch, daß mit der Annährung an die cura animarum und den Pfarrbann immer mehr Garantien für das Fortbestehen der betreffenden Titel geschaffen wurden, Garantien, in die stets nolens volens auch diejenigen eintreten mußten, die diese Altäre oder Kapellen selbst errichtet, erbaut oder geweiht hatten oder in die so entstandenen Rechten und Pflichten nachgerückt waren. Die Ablehnung solcher Haftung zog nach ius patronatus immer Rechtsverlust nach sich. Schließlich wurde ein beneficium ecclesiasticum, je mehr es der Seelsorge diente, desto eindeutiger an die Gemeinde und den Ort gebunden, wobei es vielleicht eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte, daß keineswegs jeder pfarrliche Dienst an den Altar oder auch die Kirche gebunden war, sondern zum Beispiel das Begräbnis oder die Predigt durchaus ohne diese auskamen und die Sterbesakramente in aller Regel überhaupt außerhalb geweihten Bodens gespendet werden mußten. 3. Da wegen des herrschenden kirchlichen und pfarrlichen Bannrechts ein beneficium ecclesiasticum rechtmäßig nur errichtet werden konnte, wenn sich eine necessitas populi nachweisen ließ, waren Privatpersonen und nicht minder auch die Inhaber von Herrschaftsrechten, wenn sie eine solche Stiftung unternehmen wollten, auf die zustimmende Mitwirkung respektive das Zeugnis des Kirchenvolkes 4 0 Siehe hierzu die ausführliche Diskussion im Teil B, Kapitel 2.3.

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angewiesen. In besonderer Weise_ bedurfte es der Konsensfindung dann, wenn diese Stifter dem Kirchenvolk die Übernahme der Pflegschaft oder gar der Haftung für die Stiftung antragen oder auferlegen wollten. Umgekehrt hatte zwar das Kirchenvolk stets die Möglichkeit, für sich selbst eine bessere Versehung einzuklagen und die Errichtung eigener Seelsorgeeinrichtungen anzustreben, und war im Falle einer geplanten ditatio gegenüber auswärtigen Stiftern schon allein dadurch im Vorteil, daß es ein Nutzungsrecht an den der öffentlichen Seelsorge zugänglichen Kirchen besaß. Da es aber nicht selten der für eine Stiftung erforderlichen finanziellen Mittel oder politischen Durchsetzungsfahigkeit ermangelte, konnte auch ihm ein Zusammenwirken mit Privatleuten oder Herrschaftsträgern vorteilhaft oder unumgänglich erscheinen. Solch gemeinsames Vorgehen zeitigte denn auch vielfach den gewünschten Erfolg, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Einzelfall; vielmehr trug es darüberhinaus dazu bei, versteinerte Strukturen aufzubrechen und neue Wege zu eröffnen und gangbar zu halten. 4. Der Vorteil der Stiftung im Bereich der Minderpfninden lag für dörfliche, in ihren politischen Möglichkeiten vielfaltig beschränkte Gemeinden darin, daß die darauf gesetzten Priester anders als die Pfarrer weder ein Amt besaßen, das ausschließlich durch das ius commune definiert war, noch über eine dem Pfarrzwang vergleichbare potestas (regimen), welche sie dem Kirchenvolk als Herren übergeordnet hätte. Vielmehr war ihr Auftrag durch den freien Willen des stiftenden Kirchenvolkes bestimmt und ihr Recht durch Vertrag definiert. Deutlicher als bei Pfarrpfründen erkennbar stand das ius spirituale und die von diesem ausgehende mindere oder beschränkte Banngewalt im Besitz der Minderpfründe selbst, die als Rechtspersönlichkeit zwischen Gemeinde und Benefiziat stand. Während dieser der Stiftung Dienst und Treue schuldete, war jene für den Schutz ihrer Rechte zuständig. Da jeder Kaplan oder Meßpriester sich bei seiner institutio auf das Recht der Pfründe verpflichten mußte, verwillkürte er sich auch deren Pflegern und Nutznießern und konnte somit bei Vertragsbruch von diesen unter Umgehung und weitgehender Zurückdrängung der Inhaber der kirchlichen Banngewalt und der weltlichen Gerichtsbarkeit unmittelbar zur Rechenschaft gezogen werden. Besonders ausgeprägt trat dieses dem Benefizialrecht an sich zuwiderlaufende Vertragsverhältnis bei den Stiftungen in Erscheinung, die in Zusammenarbeit mit privaten Stiftern betrieben worden waren. Wahrscheinlich weil hier ein Teil der utilitas, das heißt der Nutznießungsrechte der Stifter, eindeutig außerhalb des Pfarrbanns lag und somit unzweifelhaft privatrechtlicher Natur waren. 5. Da ein Großteil der Dotationen gemeindlicher Stiftungen aus dem Gut der Altäre oder Kapellen und Kirchen herrührte, an oder in denen man die neue Pfründe errichten wollte, respektive aus Almosen finanziert wurde, die zu Händen dieser Titel gesammelt worden waren, können auch sie als Mitstifter aufgefaßt werden. Die Stiftung in nomine eines anderen kirchlichen Titels war prinzipiell durch die Kanonistik gedeckt, wenn man davon absieht, daß die entsprechenden Auslegungen sich zunächst auf die Stiftung von (Minder)Kirchen durch (Stifts- oder Klosterkirchen bezogen hatte. Stiftungen aus dem Gut der Heiligen oder der Armen stellen allerdings einen Sonderfall dar. Zum einen wegen der besonderen Beziehungen derselben zum stiftenden Kirchenvolk, zum anderen, weil die in Recht und Glaubenslehre gesi419

cherten Ansprüche der Heiligen und der Armen auf eigene Einkünfte respektive unbedingte Unterstützung sich sowohl hinsichtlich der Nutzung wie hinsichtlich der Pflegschaft und des Schutzes dieser Vermögen auswirken konnte. Die Frage nach dem Recht an diesen Gütern betrifft also sowohl den Erwerb patronaler Rechte wie auch die mit dem Patronat verbundene Problematik der Haftung für den Erhalt der Stiftung respektive der Alimentationspflicht derselben gegenüber den Stiftern. Bemerkenswert ist, daß den Gemeinden in keinem Fall das Recht abgesprochen wurde, derlei Güter für die von ihnen geplanten Stiftungen zu verwenden. Gleichgültig aus welchem Gut gestiftet wurde, nach ius patronatus stand den rechtmäßigen Besitzern eine auf die Erfüllung des Stiftungszweckes gerichtete Aufsichtsgewalt zu. Als konsequente Fortentwicklung der Minderbeneficia zu eigenständigen juristischen Personen wäre daher das Bemühen anzusehen, diese selbst zu Empfangern der für ihre Errichtung gesammelten Almosen und Schenkungen zu machen. Allerdings könnte die Definition solcher provisorischer Titel auch dem Kirchenvolk respektive der bischöflichen Gewalt als Mittel gedient haben, diejenigen vom Patronatserwerb abzuhalten, die als advocati, Patrone oder Treuhänder der Kirchen, Kapellen und Altäre oder der Heiligen und der Armen in Minderstiftungen eintreten konnten, ohne je eigene Güter daranzugeben oder gar eine finanzielle Haftung zu übernehmen. 6. Das Verfahren des Stiftens in nomine (einer Privatperson, eines Heiligen, eines kirchlichen Titels oder der Pfründe selbst) diente dem Kirchenvolk dazu, Beschränkungen zu umgehen und auf lange Sicht auch endgültig zu überwinden, die ihm im Hinblick auf Güterbesitz, Rechtspersönlichkeit und Verfügungsgewalt auferlegt waren. Zwar spielte für die Wahl dieses Verfahrens zweifellos auch eine Rolle, daß verschiedene Quellen angezapft werden mußten, um das benötigte Vermögen zusammenzutragen, doch hatte wohl gerade der Rückgriff auf Almosen und das Gut von Heiligen auch andere als ökonomische Ursachen. Eine Finanzierung aus Almosen setzte das Kirchenvolk insgesamt in die Position des Stifters im Sinne des ius patronatus und nicht etwa nur die politische Gemeinde, die Bauernschaft oder die Meier oder welche Gruppe auch immer im Dorf führend war. In derselben Weise verwies man durch Vorschieben des Heiligen, dem alle Ortsansässigen ohne Ansehen der Person41 rechtsverwandt waren, auf die Teilhabe der Einwohnerschaft insgesamt, auf deren religiöses Anliegen und ihr christliches Recht. Selbstverständlich konnte den Schutz einer solchen Stiftung nur übernehmen, wer eine gewisse potestas besaß, so daß es nicht verwundert, wenn hier das Gericht zusammen mit dem Schultheiß, andernorts der Send zusammen mit dem Pfarrer und schließlich auch die Patronats- und Gerichtsherren als diejenigen erscheinen, die im Namen des Kirchenvolkes, das über seine Almosen die Stiftung finanziert hatte, nach außen hin initiativ wurden. Entsprechend wurde auch die patronale Verfügungsgewalt in vielen Fällen so verteilt, wie es den politischen Verhältnissen entsprach, wobei allerdings die stif41 Siehe E.Dassmann, «Ohne Ansehen der Person», passim.

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tenden Gemeinden ihre Rechte im Bereich des onus immer weiter ausbauen und je nach den besonderen Umständen der Kirche, des Dorfes und der Stiftung auch Teile des honor, vornehmlich das Nominations- oder das Präsentationsrecht an sich ziehen konnten. Diese Rechtsvorteile erwuchsen, wenn nicht schon aus der Dotation selbst, dann aus der Übernahme der Haftung für die Erhaltung der Stiftung. Außerdem spielte für die Vereinnahmung patronalen Rechts durch Kirchenvolk oder Gemeinde eine wichtige Rolle, daß wirksamer Rechtsschutz nur von denen geleistet werden konnte, die am Ort rechtskundig und ansässig waren. 7. Schließlich wurde auch die Methode der Zustiftung wohl nicht allein aufgrund ökonomischer Notwendigkeiten oder bannrechtlicher Beschränkungen so vielfältig angewendet. Vielmehr ist zu beachten, daß auch das System der Zustiftung dem Kirchenvolk oder den Gemeinden die Möglichkeit bot, sich bestimmte Verfügungsrechte über das einer Stiftung gehörende oder ihr zugedachte Gut zu erwerben oder zu erhalten. An Kapellen und Altäre, die noch keine eigene Pfründe besaßen, hatten (zusammen mit den Stiftern und ihren Rechtsnachfolgern) die Heiligen, denen sie geweiht waren, ein besseres Besitzrecht als die Amtskirche. Auch die Almosen und Schenkungen, die zu Händen eines Heiligen für eine Stiftung oder gleich im Namen derselben auf einen provisorischen Titel hin gesammelt worden waren, sowie die Gütern, Zinsen und Gülten, die man damit schon erworben hatte, konnten von der Amtskirche nicht ohne weiteres als Kirchengut deklariert und behandelt werden. Solange es kein beneficium gab, konnte kein Kleriker Nutzungsansprüche geltend machen, noch bot sich dem Bischof die Möglichkeit, ein Investiturrecht wahrzunehmen und so seine iurisdictio zur Geltung zu bringen. Die für das reguläre Kirchengut geltenden Bestimmungen waren daher auf diese einer Stiftung nur erst zugedachten Vermögen nur bedingt anzuwenden. Auch den Pfarrern und den Inkorporations- oder Patronatsherren war der Zugriff darauf erschwert, weil die Einlagen zweckbestimmt und von den Spendern mehr oder weniger ausdrücklich den gemeindlichen Heiligen- oder Stiftungspflegern anvertraut oder sogar ausdrücklich unter den Schutz des Ortsgerichts oder des Send gestellt worden waren. Insbesondere entstand vor der ordentlichen Stiftung kein eigenes Patronat, das sie kraft Amtes oder Patronatsrechts hätten vereinnahmen und dazu nutzen können, sich in die Güterverwaltung einzumischen. Das Recht der Gemeinde auf die Pflegschaft, das heißt die Verwaltung und Handhabung der einer Stiftung zugedachten Güter konnte entweder schon in der Planungsphase im Sinne einer Vorbedingung ausdrücklich formuliert oder auch einfach als Tatsache gesetzt worden sein. In anderen Fällen war das Recht auf die Pflegschaft im Zuge der Übertragung größerer Seelgeräte an den Heiligen- oder Stiftungsfonds mit den zustiftenden Privatpersonen gegen die oben beschriebenen Gegenleistungen ausgehandelt worden oder es verband sich mit schon bestehenden Pflegschaften am Heiligen- oder Kirchengut. Am meisten waren die Pfleger der Güter nicht konfirmierter Stiftungen vielleicht auf den Schutz oder Beistand der Inhaber der weltlichen Gerichtsbarkeit oder des dominium directum an den zugehörigen Liegenschaften angewiesen, doch konnte auch diesen, wenn sie ihren Einfluß weiterreichend geltend machen wollten, die Zweckbestimmung der Stiftung oder auch das Recht des Heiligen in die Quere kommen. 421

All dies berücksichtigend wäre als vielleicht wichtigste Handhabe des Kirchenvolkes oder der Gemeinde zur Erlangung oder Erhaltung von Verfügungsgewalt über die Güter geplanter Minderstiftungen und damit auch für den späteren Erwerb patronaler Rechte das Recht zu nennen, den Zeitpunkt der Stiftung und vor allem auch der Zustifhing zu bestimmen. Je nach dem, von welcher Seite Einmischungen und Rechtsminderungen drohten, konnte die Sache beschleunigt oder aufgeschoben, die eine oder andere Allianz mit kooperativen, einflußreichen Mitstiftern eingegangen oder sogar das gesamte Stiftungsgut auf einen anderen Altar oder womöglich in eine andere Kirche verlegt werden. Der Versuch, der Gemeinde hier Beschränkungen aufzuerlegen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn zum einen konnte das Kirchenvolk die necessitas leugnen, zum anderen konnte es einen begonnenen und selbst einen fundierten Fonds verkümmern oder stagnieren lassen und sein Almosen stattdessen in andere Unternehmungen stecken.

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3 Zur Bedeutung der Pfründstiftungen im Bereich der Seelsorge fiir das Selbstverständnis der Gemeinde und die Entwicklung kommunaler Autonomie - Resümee und Ausblick Die gemeindliche Stiftung galt der cura animarum. Rechtstheoretisch wie sozialhistorisch betrachtet bildete sie damit nicht weniger als den Punkt, an dem die Fäden neu verknüpft werden konnten, die von der christlichen Theologie, dem ius commune, dem eigenkirchlich geprägten pfarrlichen und kirchlichen Bannrecht und nicht zuletzt von den dörflichen Rechtsstrukturen herkamen, die durch Grundund Leib- und Gerichtsherrschaft, aber auch durch die für diese jeweils unverzichtbare genossenschaftliche Mitwirkung bestimmt waren. Angestrebt war letztendlich immer die Gewährleistung der cura animarum in ihrer umfassendsten Form an: Nicht allein den Seelen der Toten sollte Hilfe geboten werden, auch die Lebenden und darüber hinaus alle künftigen Generationen sollten in die Lage versetzt werden, den rechten Weg zu finden, der unfehlbar zum Heil führen würde. Der erstiftete priesterliche Dienst war nicht einzelnen Personen oder Gruppen beziehungsweise einer bestimmten Schicht gewidmet oder vorbehalten, sondern sollte allen, die im Dorf oder in dem zu diesem gehörenden Bannbezirk lebten, in gleicher Weise zuteil werden. Die Meßpriester und Kapläne sollten die Messen nicht still in Form einer Fürbitte für die Gläubigen lesen, sondern öffentlich und wenn möglich im Beisein des gesamten ortsansässigen Kirchenvolkes. Deswegen verpflichtete man sie wenn möglich zu Frühmessen und bemühte sich, die Feiertags- und Sonntagsmessen ins Dorf zu ziehen. Eigentliches Ziel der gemeindlichen Stiftung war aber nicht die Messe, sondern die Versehung der Gemeinde «zum Leben und zum Tode». Die Messe bestimmte das Totengedenken, den Gottesdienst und die Heiligenverehrung, aber das Sakrament bestimmte das Verhältnis des Einzelnen zum Nächsten, zur Gemeinde, zur Kirche und ihren Herren und zu Gott im Hinblick auf das Letzte Gericht. Man mag die frommen Begründungen, mit denen zahlreiche Stiftungsbriefe eingeleitet wurden, als formelhaft empfinden, trotzdem wird man ihnen ein eigenes Gewicht beimessen müssen. Mit dieser Berufung auf die Glaubenssätze und Christenpflichten wurde die necessitas populi begründet und die Stiftung legitimiert, anders gesagt, es wurde das Recht auf Selbsthilfe gemäß eigener Einsicht und Erkenntnis eingefordert. Daß es aber nicht allein um emanzipatorische Bestrebungen, sondern tatsächlich um religiöse Unterweisung und Seelsorge ging, zeigen die Bestimmungen über den Dienst und die Dienstversehung. Ihrem Zeugnis nach waren im 15. Jahrhundert den Gläubigen auf dem Lande nicht nur die Kernsätze der christlichen Lehre bekannt, vielmehr bewegte das von der katholischen Kirche eindrücklich ausgemalte Bild von der ständigen Gefahrdung des Seelenheils tatsächlich die Gemüter und brachte die Menschen dazu, die von der Kirche angebotenen Heilsmittel reichlich in Anspruch zu nehmen. 423

Reichlich hieß aber nicht wahllos. Das fromme Werk in der gemeindlichen Stiftung zielte nicht einfach auf Rechtfertigung und Gotteslohn, sondern auf eine grundlegende und langfristige Verbesserung der Umstände, aus denen heraus immer wieder die Ursachen für immer neue Unsicherheiten, immer neue Verfehlungen und Unterlassungen und immer neue Rechtsfertigungsbedürfnisse erwuchsen: Unwissenheit und Irrtum, fehlende Vorbilder, mangelhafte Anleitung, äußere Hindernisse und Erschwernisse, aufgrund deren es zu unvermeidbaren oder unabsichtlichen Versäumnissen kam, und dergleichen mehr. Wenn in diesen Dingen Hilfe für den Einzelnen aus der Gemeinschaft kommen sollte, dann mußte nicht allein Einigkeit darüber bestehen, wo die Gefahr lag und wo das Heil zu suchen war, vielmehr mußte die Gemeinschaft dem Einzelnen konkrete Hilfe bieten, indem sie ihn auf seinem Weg begleitete und immer wieder Punkte markierte, an denen eine Identifikation mit der christianitas und damit eine Rückversicherung im Glauben oder eine Versöhnung mit Gott gewährleistet war. Der christliche Kultus bot eine solche Kette von Identifikationspunkten, die sich nicht nur durch' das Kirchenjahr hindurch zog, sondern auch durch das Leben des Einzelnen. Allerdings waren diese Positionen von der Amtskirche nicht nur monopolisiert, sondern durch den Mißbrauch des pfarrlichen und kirchlichen Bannrechts zudem häufig defunktionalisiert oder einfach brach gelegt worden. Mit seinen Stiftungen eröffnete das Kirchenvolk, das trotz aller Vorbehalte gegen die Institution Kirche deren Lehre anerkannt hatte und die lebhaft ausgemalte Gefahr näher, die in Aussicht gestellte Rettung aber ferner rücken sah, neue Wege zum Heil. Das heißt nicht, daß es den Kurs änderte, aber es versuchte, einen eigenen, ihm angemesseneren Weg zu gehen. Die auf die cura animarum zielende kirchliche Stiftung war nicht allein ein religiös, sondern immer auch ein politisch motivierter Akt. Unter den im Mittelalter herrschenden Rahmenbedingungen mußten solche Unternehmen weitreichende rechtliche und soziale Folgen haben, so daß es als Symptom für die politischen Verhältnisse an sich gelten kann, wenn überhaupt gestiftet wurde oder ganz bestimmte Gruppen als Stifter hervortraten. Da echte Kirchengründungen, bei denen fundatio, constructio et ditatio in einem Zuge erfolgte und unmittelbar in den Erwerb eigenen Pfarrechts mündete, seit dem 13. Jahrhundert immer seltener vorkamen, läßt die Erkenntnis, daß die gemeindlichen Stiftungen vielfach unterhalb des Pfarrniveaus blieben oder, wo sie dieses erreichten, nur als ditatio oder als redotatio erfolgten, keineswegs den Schluß zu, daß die gemeindliche Stiftung auf die Entwicklung des Kirchenwesens und der damit eng verbundenen gesellschaftlichen Strukturen im ausgehenden Mittelalter keinen oder nur einen geringen Einfluß gehabt habe. Die Erörterung der rechtshistorischen und rechtstheoretischen Voraussetzungen dürfte gezeigt haben, daß das Kirchenvolk in den wenigsten Fällen ausschließlich passives Objekt der amtskirchlichen cura und der weltlichen Herrschaft war, sondern im Gegenteil sowohl die Kirche wie die christliche Obrigkeit auf dessen aktive Mitwirkung angewiesen waren. Und dies um so mehr, als die Herren, wo sie nicht über das leibliche und das seelische Wohl des Kirchenvolkes zugleich gebieten konnten, einander in der Regel konkurrierten, während sich das betroffene Kirchenvolk immer sowohl als communitas wie als ecclesia begreifen und mit Recht bemüht sein konnte, dies nach außen hin darzustellen und in politische Forderungen umzusetzen.

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Was das hier angesprochene besondere Verständnis oder auch Zustandekommen von «Gemeinde» betrifft, so sah sich die vorliegende Untersuchung, weil entsprechende Vorarbeiten zur Minderstiftung wie zum Recht des Kirchenvolkes fehlen, mit der Schwierigkeit konfrontiert, etwas zu benennen, das von der Rechtsdogmatik nicht definiert ist und dessen tatsächliche Existenz es erst einmal zu beweisen galt. Notgetan hätte ein Begriff, der die Gemeinschaft deijenigen treffend bezeichnete, die die oben beschriebenen Stiftungen initiierten und finanzierten, ins Recht setzten und in ihrem Recht bewahrten. Die These, die dieser Suche nach einem solchen Begriff respektive dem Versuch der Begriffsbildung oder zumindest der Beschreibung des beobachteten Phänomens zugrunde lag, lautete dahingehend, daß eine solche Gemeinschaft gewissermaßen durch die Stiftung konstituiert worden sei: Sie hätte sich also selbst gestiftet. Wenn diese These ernsthaft verfolgt werden sollte, dann wäre es jedenfalls zu kurz gegriffen gewesen, von der Gemeinschaft der Stifter unbesehen als der Bauernschaft, der Genossenschaft, der Gerichtsgemeinde, der Dorfgemeinde oder der Kirchgemeinde zu sprechen, obwohl sich eine solche Verengung gewissermaßen angeboten hätte. Denn erstens waren diese Gemeinschaften in ihrer Weise schon als Rechtsgemeinschaft oder communitas definiert und konstituiert, so daß der Beweis ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit nicht hätte erbracht werden müssen 42 ; zweitens, war tatsächlich bei jeder der untersuchten kirchlichen Stiftungen die eine oder andere der aufgezählten Gemeinschaften maßgeblich beteiligt. Von daher könnte man fragen, was es denn, wenn ohnehin vor Ort schon eine communitas oder universitas bestand, durch die Stiftung in dieser Hinsicht noch zu gewinnen beziehungsweise zu konstituieren gab? Der grundlegende Charakter der Gemeinschaft deijenigen, die zum eigenen Nutzen Stiftungen im Bereich der cura animarum errichteten, war ein «kirchlicher». Kirchlich nicht in dem Sinn, in dem etwa eine Bruderschaft 43 als kirchlich galt - nämlich im Sinne von religiös, frommen Zwecken zugewendet und durch das kirchliche Recht gedeckt, sondern kirchlich im Sinne von «Kirchgemeinde», eines Konstrukts also, das die communitas wie die ecclesia in sich barg oder vereinigte. Siedlungsgemeinschaften, die weder eine Pfarrkirche noch ein Gericht ihr Eigen nannten, besaßen gewissermaßen als solche keinen eigenen Bann und damit auch keine eigene öffentlich-rechtliche Qualität, das heißt keine hinreichenden Abgrenzungsmöglichkeiten nach außen und oben. Diese gab es zu gewinnen, wenn man das eigene Dorf zum Pfarrdorf, die eigene Gemarkung zum Pfarrsprengel, die eigene Einwohnerschaft zur Pfarrgenossenschaft oder Kirchgemeinde hochstiftete. Die große Bedeutung, die dem Stiftungsrecht respektive dem ius patronatus hier zukam, läßt sich vielleicht eher ermessen,

42 Vgl. dazu W.Eberhard, «Gemeiner Nutzen», S. 201 f., mit Bezug auf die grundlegende Arbeit von Pierre Michaud-Quantin. Diesem zufolge beziehe sich «communis» auf jeden Fall auf eine «irgendwie organisierte, korporierte Gemeinschaft». 43 Vgl. dazu L.Remling, Bruderschaften, S. 20 f.

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wenn man sich bewußt macht, daß - zumindest in den Regionen, um die es hier geht - weder Dorfgemeinden noch Gerichte einfach «gestiftet» werden konnten 44 . Aber selbst für ein Dorf, das Gerichts- und Pfarrbann besaß, konnte eine selbstunternommene kirchliche Stiftung einen Rechtsgewinn bedeuten. Denn mit ihrer Hilfe konnte sich die gesamte Einwohnerschaft zu einer aus eigenem Recht geschaffenen communitas zusammenschließen, die, da dieser Zusammenschluß freiwillig geschah, als Korporation oder universitas und damit als solche für voll rechtsfähig galt 45 . Dieses erstiftete Recht wäre somit, um das noch einmal zu betonen, in zwei Punkten über das alte Recht hinausgegangen: Es hätte erstens nicht nur den Teil der Einwohnerschaft umfaßt, der zwar schon nach weltlichem Recht, das heißt durch Besitz- und Nutzungsrechte, als «Gemeinde» oder «Genossenschaft» konstituiert war, sondern alle Einwohner des Dorfes und des zugehörigen Landes 46 und damit für die Gemeindebildung das Wohnsitzprinzip in Anspruch genommen 47 . Zweitens wäre dieses Recht nicht oder doch weitaus weniger in weltlicher Herrschaft begründet und von weltlichen Herren besetzt gewesen als das alte Recht 48 , sondern hätte auf göttliches Recht, genauer gesagt, auf das Recht des Neuen Bundes oder des Evangeliums zurückgeführt werden können 49 . Das hieße, daß eine so begründete oder verfaßte Gemeinde in einem sehr spezifischen Sinn parochia geworden wäre 50 : Sie hätte sich als Dorf- oder präziser als Einwohnergemeinde verstehen müssen, die ihren Lebensmittelpunkt in Kirche und Kultus und ihren Lebenszweck in einem christlichen Lebenswandel finden wollte und von daher bestrebt sein mußte, auch ihr weltliches Recht entsprechend auszurichten. Sie hätte also ein Bild von sich haben müssen, wie es einem in den Vorstellungen der aufständischen Bauern der Jahre 1524/25 entgegentritt, wonach das Evangelium zur lex, zum allgemeingültigen Gesetz, werden sollte 51 . Man findet 44 Der Zusammenschluß zu collegia, Gilden, Bruderschaften oder Korporationen galt im Mittelalter nur dann für zulässig, wenn diese einem religiösen Zweck dienten. Siehe v. a. O. G.Oexle, Conjuratio und Gilde, passim; J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, passim; L. Remling, Bruderschaften, v.a.S. 20 ff. 45 Siehe dazu J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 119 f.: Nach Sinibaldus Fliscus galten Gemeinschaften grundsätzlich dann für erlaubt und außerdem durch die Fürsten nicht unbedingt genehmigungspflichtig, wenn sie einem religiösen Zweck dienten (collegia licita). Als Korporation und damit als rechtsfähige Person wurden sie anerkannt, wenn sie auf freiwilliger Basis erfolgten (voluntaria et non necessaria). 46 Vgl. die Forderung nach Namensklarheit und das Verbot für Minderheiten im Namen der Gesamtheit zu agieren: J. Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 122. Aufschlußreich ist der Vorschlag von Johannes Andreae, ein Austrittsrecht vorzusehen: ebd.. S. 121. Vgl. Teil C. Anm.423. 47 Zum Wohnsitzprinzip als Mittel der Territorialisierung von Kirchenherrschaft während der Reformation: J. Sieglerschmidt, Kirchenregiment, S. 173 ff., 185 ff. 48 Vgl. dazu W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», S. 202. Nach seiner Erkenntnis entstand seit dem 13. Jahrhundert der genossenschaftliche Begriff des gemeinen Nutzens «oder besser: sein schon ursprünglicher Akzent des gemeinschaftlichen Wohls politisierte und konkretisierte sich um, zuweilen so weit, daß die Gemeinschaft ihr Wohl selbst in die Hand nahm». Zu den politischen Folgen siehe ebd., S. 210 ff. - Vgl. oben, Teil D, Anm.42. 49 Zum göttlichen Recht und zur Forderung nach seiner Anwendung: P. Bierbrauer, Das Göttliche Recht; P.Blickle, Gemeindereformation, v.a.S. 155-159. 50 Siehe Teil B, Kap. 1.1. und 1.2. 51 Siehe P. Blickle, Gemeindereformation, v.a. S. 145, 148, 150- 158.

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es aber auch in den Vorstellungen der Täufer und es läßt sich bis in die von religiös motivierten Auswanderern in Nordamerika gegründeten communities verfolgen52. Nun bringt allerdings die genauere Betrachtung der Bedingungen, unter denen das kirchliche Recht den Zusammenschluß des populus zu Gemeinschaften für förderungswürdig oder auch nur für legal hielt, einen für diese Stiftungstheorie scheinbar schwerwiegenden Widerspruch an den Tag: Die Maßgabe, der Zusammenschluß müsse freiwillig und ohne Not erfolgen (voluntaria et non necessaria), scheint nämlich jener Forderung zuwiderzulaufen, nach der ein neues beneficium ecclesiasticum nur dann errichtet werden durfte, wenn eine necessitas populi bestand. Eine für die eigene Seelsorge stiftende Gemeinschaft hätte sich demnach, indem sie sich, um den Pfarrbann zu überwinden, auf diese Notwendigkeit berief, selbst des Rechts begeben, als Seelsorge- oder als Stiftergemeinschaft den Status einer Korporation in Anspruch zu nehmen. In der Rechtspraxis, die weitaus mehr Möglichkeiten kannte als das ins commune zugestehen wollte, kam diesem Widerspruch jedoch weniger Gewicht zu. Nach älterer, nicht überwundener Rechtsgewohnheit wies das Pfarrecht den Pfarrpflichtigen in ihrer Gesamtheit gerade dadurch den Status einer Genossenschaft oder communitas zu, daß es als Bannrecht in Erscheinung trat und so die zur Gründung einer Gemeinschaft notwendige Zugehörigkeit überhaupt erst definierte und feststellte. Ebenso hatte das Zehntrecht dazu beitragen, seßhaftes Kirchenvolk zu einer festumrissenen Leistungs- und Rechtsgemeinschaft zusammenzuschließen, und nachdem die in der christlichen Kirche mit dem TaufVersprechen verbundene Pflicht der Zehntleistung einem jeden Christen auferlegt und im Grunde von allem Besitz und aus allen Einkünften zu leisten war, auch aus Arbeitslohn und Unterhalt, hätte zum Beispiel eine Zehntreform die Leistungsgemeinschaft der Zehntpflichtigen in ganz neuer Weise konstituieren können53. Offenbar war weniger die Tatsache, daß Gottesdienstbesuch und Zehntleistung als unbedingte Christenpflicht verstanden wurden, dafür verantwortlich, daß den dieser Pflicht Unterworfenen der Status einer communitas respektive das Recht auf selbständigen Zusammenschluß verwehrt wurde. Wichtig scheint hier, daß diese Pflichten auf göttliches Recht zurückgingen. Das heißt, sie waren entweder überhaupt als gottgegeben anzusehen, so daß Freiwilligkeit als Kategorie im Grunde ausschied, oder sie mußten auf den Taufvertrag zurückgeführt werden, in welchem Fall die Frage nach der Freiwilligkeit in die Frage nach der Rechtfertigung des Religionszwanges münden mußte. Dies aber war eine Frage, die - ebenso wie das Problem der rechtlichen Konsequenzen der Taufe - gerade in der Zeit hoch aktuell wurde, als das gemeindliche Stiftungswesen in den Regionen, in denen die Reformatoren mit den meisten Zulauf hatten und jedenfalls die heftigsten politischen Reaktionen hervorriefen, seinen Höhepunkt erreicht oder gerade überschritten hatte54.

52 Über die Täufer siehe ebd., S. 118 ff., mit weiterführender Literatur. 53 Zum Zehnt siehe oben (Teil B) A n m . 3 5 und 43. 54 Siehe Tabelle 4 (S. 154); siehe Teil C. Anm. 16.

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Als es soweit gekommen war, wurde nicht allein aus den Maßnahmen der Inhaber der Banngewalt, sondern fatalerweise gerade auch aus den Äußerungen der die Reform «der Kirche» propagierenden Theologen deutlich, daß es weniger um die Anerkennung einer fertigen Pfarrgemeinde als universitas ging, als vielmehr um das Recht der Initiative zu ihrer Konstituierung, um die Art und Weise, in der die Voraussetzungen für ihr Entstehen und damit auch die Bedingungen für ihre Existenz geschaffen wurden. Früher waren Kirchen von Herren errichtet worden und wer mit welchem Recht oder welcher Pflicht in deren Bann gehörte, hing vom Verhältnis der in ihrem Einzugsbereich lebenden Bevölkerung zu den Inhabern der jeweiligen Banngewalt ab. Die necessitas, deren sich das Kirchenvolk in solchen Fällen nicht entziehen konnte und der es sein eigenes Recht opfern mußte, war nicht im göttlichen Recht begründet, sondern in der Zwangsgewalt derjenigen, die dieses Recht - oder was sie dafür hielten - im Namen Gottes durchzusetzen und zu handhaben gewillt und in der Lage waren. Sobald oder wo immer die materiellen und die rechtlichen Voraussetzungen für die Schaffung solcher Bann- oder Zwangsgewalt nur mit anderen Herren oder mit dem Kirchenvolk selbst gemeinsam geschaffen werden konnten, kam es zu jenen Brüchen und Verwerfungen, die die kirchliche Rechtslandschaft im Mittelalter prägte und zunehmend über weite Strecken unwegsam machte. Während das kirchliche und pfarrliche Bannrecht überwiegend in der Domäne der Inhaber der Herrschaftsgewalt verblieb, bot die Heiligenverehrung, die in der römisch-katholischen Kirche stets neben den gottesdienstlichen und seelsorgerlichen Zwecken herlief, dem Bannrecht aber seit den Reformen des 12. Jahrhunderts weitgehend entglitten war, auch anderen Kräften der Gesellschaft Gestaltungsspielraum. Da der Heiligenverehrung, wo immer sie außerhalb des Bannrechts stand, Freiwilligkeit eignete, konnte den in ihrem Namen unternommene Zusammenschlüssen des populus der Status einer communitas oder universitas nicht verwehrt werden. Es ist eine bekannte Tatsache, daß das Bruderschaftswesen seine Blüte den sich hier bietenden Freiräumen verdankte und aus diesem auch zahlreiche Stiftungen hervorgingen 55 . Tatsächlich scheinen manchenorts Bruderschaften geradezu als Schattengemeinden errichtet worden zu sein, indem man von seiten der Gemeinde darauf hinwirkte, daß ihr sämtliche Einwohner eines Dorfes oder Gerichtsbezirks beitraten 56 . Wo die Gemeinde aufgrund bestimmter, ihren Interessen zuwiderlaufender aber unumgänglicher Ansprüche ihrer Herren als solche nicht stiften wollte, konnte sie ihre Ziele als Bruderschaft womöglich mit besserem Erfolg verfolgen. Wo das Kirchenvolk als Gemeinde keinen oder keinen sicheren Status hatte, konnte es diesen über die Gründung einer Bruderschaft erlangen. Eine im Hinblick auf die Ausbildung korporativer Rechte vergleichbare Wirkung konnte allerdings auch die von der gesamten Einwohnerschaft eines Dorfes oder

55 Einen Überblick bietet R. Stupperich, Bruderschaften, Abschn. 2 und 3 (TRE); siehe auch Teil B, Anm.254. 56 Siehe K.Eder, Das Land ob der Enns, S. 269 ff.

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Siedlungsgebietes getragene, im Namen und zur Ehre eines Heiligen unternommene kirchliche Stiftung zeitigen. Denn für eine solche ließ sich unter Berufung auf die Heiligenverehrung und die zusätzlichen Gottesdienste quasi vordergründig Freiwilligkeit in Anspruch nehmen, obwohl die Widmung umfänglicher Dotationen zugunsten der öffentlichen, ordentlichen Seelsorge dienender beneficia alle Einwohner in den Kreis der Nutznießer einschloß und sie - im Hinblick auf das zwar ferne, aber stets implizierte Ziel der Gewährleistung umfassender Seelsorge am Ort - vor allem auch in die Haftung nahm. Erwähnen muß man hier auch, daß diese Rechtskonstruktion durchaus auch für die Stiftungen Geltung hatte, die in Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf errichtet wurden, denn ihr Ziel war die unter den gegebenen pfarrlichen Verhältnissen an sich unverzichtbare Sicherung einer zuverlässigen Vertretung für den Pfarrer. Dabei blieb jedoch die Pflicht der Einwohnerschaft zur Gesamthaftung für die Stiftung im selben Maße ambivalent wie die Zuweisung der Kuratrechte oder das dieser zugrunde liegende Ein- oder Zugeständnis der necessitas populi. Das Pfarrnetz war geschlossen, Mängel in der Seelsorge wurden von den Inhabern der kirchlichen und pfarrlichen Bannrechte im Interesse ungeschmälerter Einkünfte immer zuerst einmal geleugnet. Man konnte also einer stiftungswilligen Gemeinde oder Gemeinschaft eine necessitas populi von dieser Seite her nicht gut unterschieben, so daß dieser immer der Weg offenblieb, ihre Stiftung auf ihren besonderen Glaubenseifer zurückzuführen und damit in den Bereich der Freiwilligkeit zu rücken. Von daher dürften sich eine ganze Reihe der einleitenden frommen Formulierungen erklären, ohne daß ihnen deswegen ihre religiöse Ernsthaftigkeit abgestritten werden dürfte. Jedenfalls ging es um die ordentliche sakramentale Versehung. Von daher könnte sich auch erklären lassen, daß man im Zuge der Reformbewegung mancherorts bereit war, die Heiligen und ihr Recht aufzugeben, wenn man dafür das Recht auf ordentliche Seelsorge respektive auf eine Kontrolle über die Einkünfte der Pfarrei und Handel und Wandel des Pfarrers einhandeln konnte. Die Tatsache, daß dabei das Recht der Heiligen ziemlich gewaltsam durch eine Ausräumung der dafür stehenden Symbole aus den Kirchen verbannt wurde, ließe sich von daher vielleicht besser erklären 57 . Der aufgrund der Ambivalenz der Ziele dieser kirchlichen Stiftungen zu gewinnende Spielraum kommt sehr gut darin zum Ausdruck, daß das Kirchenvolk die von ihm selbst betriebenen Stiftungen quasi unbegrenzt im Bereich der Kuratstiftung minderen Rechts halten und so vermeiden konnte, ihnen das Pfarrecht zu erwerben, durch das die necessitas endgültig festgestellt worden wäre. Die Ernsthaftigkeit des Bedürfnisses aber und die Bereitschaft der Amtskirche und der Kanonistik, sich auf dieses Konstrukt einzulassen, erweist sich daran, daß für diese

57 Ungeklärt scheinen nach wie vor die Hintergründe und Motive der Bilderstürme der Reformationszeit. Siehe die Beiträge in Bilder und Bildersturm, hrsg.v. B. Scribner, v. a. die Beiträge von dems., Volksfrömmigkeit, v.a. S. 19f.; Ch.Göttler, Disziplinierung, v.a.S. 291 ff.; G.Jaritz, Objektkritik, v. a. S. 41, 48 ff.; siehe auch G. Marchai, Bildersturm im Mittelalter, im Druck; außerdem die Beiträge in Maria in der Welt, hrsg.v.G.Marchai, C.Opitz, H.Röcklein, G.Signori, im Druck; vgl. zudem L.Carlen, Rechtliches in Bildern, S. 70fT.

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Stiftungen gleichwohl, sozusagen im Hinblick auf ihren letztendlichen Zweck, das ius patronatus in Anspruch genommen werden konnte 58 . In diesem Zusammenhang und im Rückblick auf die oben (Teil D, Kap. 1) behandelte Frage nach dem Rechtssubstrat der pia causa ist an dieser Stelle aber noch auf folgendes hinzuweisen: Der Anspruch einer klassischen, das heißt zur Zeit oder nach dem Recht Justinians zugunsten der Armen unternommenen Schenkung auf einen selbständigen Status wurde in der Rechtslehre von einigen als fragwürdig angesehen, weil die Armen und Bedürftigen «incertae personae» seien. Dem wurde zwar von anderen entgegengehalten, daß eine solche Schenkung dem Willen des Stifters und dem guten Zweck verpflichtet und von daher von Rechts wegen schutzwürdig gewesen sei, das Recht, sie zu schützen und in ihren Rechten zu vertreten, jedoch keineswegs den Armen selbst habe zustehen können, sondern dem Bischof gebührt habe. Denn die Armen oder Bedürftigen hätten «auf dem Boden des Privatrechts nicht agieren» und von daher die Stiftung nicht repräsentieren können. Um so weniger seien sie in der Lage gewesen, als Korporation das Rechtssubstrat einer pia causa zu bilden 59 . Wollte man nun für die mittelalterliche Stiftung pro cura animarum und vornehmlich für die Stellung des durch die Stiftung begünstigten Kirchenvolkes ähnliche Schlüsse ziehen 60 , so müßte man bedenken, daß solches aus mehreren Gründen fragwürdig ist. Das Argument der incertae personae trifft im Hinblick auf die Begünstigten einer Seelsorgestiftung auf keinen Fall zu, denn dieselben waren erstens dort, wo die Stiftung errichtet wurde, ansässig und zweitens war ihr Kreis nicht nur für die Gegenwart oder die nähere Zukunft, sondern auf lange Sicht definiert, das heißt bis auf die Kinder und Kindeskinder, wenn nicht, wie die Stiftung selbst, auf «ewig». Insbesondere aber erschienen die Begünstigten oder «armen Leute», wie sie auch bezeichnet wurden, zugleich als Stifter, und die daraus resultierende Pflicht, diese Stiftungen zu erhalten und, wenn nötig, aufzubessern, läßt das Argument der Ungewißheit gänzlich hinfällig werden. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Diskussion, welche die Dekretalistik zum Thema des eigeninitiativen Zusammenschlusses von Personen zu einer universitas oder Korporation führte. Sinibaldus Fliscus, der spätere Papst Innozenz IV., vertrat in seinem Dekretalenkommentar die Meinung, prinzipiell sei jede Korporation, die einem gemeinsamen 58 Siehe S.425C. 59 H.-R. Hagemann, Piae Causae, S. 25 ff., 33 f f , 46 ff., 60 ff., Zitat S. 60. 60 Siehe H.-R.Hagemann, Piae Causae, S. 19f.; vgl. auch S.Reicke, S. 255ff, 264, 270. Der Vergleich zwischen einer Kirche, auch einer Eigenkirche und einem Spital, den Reicke versuchte, kann auf keinen Fall gelingen, wenn der rechtlich bedeutsame Unterschied zwischen Caritas und cura animarum nicht bedacht wird.

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Guten diene, erlaubt, maß aber den religiösen Zusammenschlüssen noch einmal eine besonders herausgehobene Stellung zu. Indem er die Genehmigungspflicht in diesem Sinne erlaubter Korporationen durch den «princeps» - was auf die Landesherren wie auf die Gerichts- und Grundherren, aber auch auf geistliche Herren bezogen werden konnte61 - für entbehrlich erklärte, forderte er neben den collegia professionum et negotiatorum auch die Bürger und die Dorfbewohner geradezu dazu auf, sich auf diesem Weg von der Bevormundung durch ihre Herren zumindest ein Stück weit freizumachen und eigene Rechtsfähigkeit zu erwirken62. Ein solcher Schritt mußte aber um so wirksamer sein, wenn der erklärte Zweck und damit auch die Ursache des Zusammenschlusses ein so erklärt religiöser und gemeinnütziger war wie das Stiften einer Kapelle, einer öffentlichen Messe oder eines beneficium ecclesiasticum und die Sicherung der eigenen Seelsorge. Nicht ohne Bedeutung für die Frage der Handhabung des Stiftungsrechts ist vielleicht auch, daß es Papst Innozenz IV war, der die später durchgängig befolgten Prinzipien des Inkorporationsrechts formulierte, die wesentlich zur Verselbständigung der Vermögen von Kirche und beneficium wie auch zur Durchsetzung des Patronatsrecht gegenüber den geistlichen Kirchenherren beitrugen. Der Vorteil, den die geistliche Gewalt daraus ziehen konnte, daß sie solche Stiftungen von ihrer Bestätigung abhängig machte, liegt auf der Hand. Wenn man hinzunimmt, daß die Kanonistik nach anfänglichem Zögern nicht nur juristischen Personen, sondern auch als universitas geltenden Personengesamtheiten die Fähigkeit zugestand, ein Patronat zu erwerben, dann gilt für diese Fälle wohl mehr als irgendwo sonst die Feststellung, daß die communitas seit dem 13. Jahrhundert in «Selbstverständnis und Praxis nicht mehr bloß Objekt, sondern zunehmend auch Subjekt des gemeinen Nutzens» war63. Im Hinblick auf die geforderte Eindeutigkeit der Zugehörigkeit zu einer durch einen gemeinsamen guten Zweck als Korporation definierten Personengesamtheit könnte folgende Einschränkung erwähnenswert sein, die Sinibaldus Fliscus im Hinblick auf den korporativen Zusammenschluß von Berufsgruppen machte: Angehörige ein und derselben Berufsgruppe, die innerhalb einer Ortschaft wohnten, sollten nicht verschiedene universitates bilden dürfen, noch wurde es für zulässig erachtet, daß sie sich, wenn sie an verschiedenen Orten wohnten, zu einer einzigen, in diesem Fall also überregionalen universitas vereinigten64.

61 Zum Gebrauch von princeps siehe K.-F. Krieger, Reich, S. 37 ff. 62 Vgl. J.Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 120. 63 So W. Eberhard, «Gemeiner Nutzen», S. 202; siehe auch M. Borgolte, Kirche, S. 114 ff.; D. Kurze, Ländliche Gemeinde, passim; ders., Wahlen, passim. 64 Siehe J.Sydow, Gilde, Bruderschaft und Zunft, S. 119f., 123. Die Ortsbindung der Kirche und ihres beneficium durch die fundatio korrespondierte mit der Ortsbindung der Korporation. Dagegen sollen Gründungen von Bruderschaften im 12. und 13. Jahrhundert «ohne Bindung an eine feste Kirche und in bewußter Abgrenzung zum Pfarrklerus» erfolgt sein: R. Zerfaß, Laienpredigt, S. 206. Vgl. zur Ortsbindung auch O.v.Gierke, Genossenschaftsrecht Bd. 3, S. 287 f. Danach konnte die «ratione originis vel ratione domicilii vel aliis consimilibus rationibus» begründete Mitgliedschaft in einer realen und notwendigen Korporation nicht beliebig aufgegeben werden. Vgl. Teil D, Anm. 46.

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Demnach wurde von der Korporation verlangt, daß sie Gewißheit in zweierlei Hinsicht schaffe: Grundsätzlich mußte die Ursache der Zugehörigkeit und damit der gemeinsame Nutzen definiert und nach außen erkennbar sein, darüberhinaus aber wurde eine Ortsbindung, ja eine Beschränkung auf einen Ort verlangt. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang ferner, daß Johannes Andreae sich zur Frage des Korporationsrechts von Minderheiten mit der herrschenden Lehrmeinung dahingehend äußerte, daß eine solche sich durch klare Namensgebung zu erkennen geben müsse. Er fügte hinzu, daß «solche Minderheiten überhaupt nur unter einem kirchlichen Vorzeichen ein collegium bilden» könnten 65 . Auf die hier untersuchten kirchlichen Stiftungen bezogen könnte diese Forderung als Hinweis dafür gelten, daß die Doppelung einer Pfarrgemeinde durch eine alle Pfarrpflichtigen umschließende Bruderschaft oder eine Stiftergemeinschaft im Namen einer Kapelle oder Kuratpfründe im oder beim Dorf dieser Gemeinde zum Mittel werden konnte, um sich neu und aus eigenem Recht als Korporation oder communitas zu definieren. Gleiches kann für die Absonderung von Filialgemeinden gelten, wenn sie selbst unter einem selbstbestimmten Patrozinium stifteten - sei es ein Altar in der Pfarrkirche, sei es eine eigene Kapelle. Wo die Inhaber der Herrenrechte beides zu verhindern wußten, konnte eine durch die rechtlich besser gestellten Mitglieder gegründete Bruderschaft, wenn sie zugunsten der Seelsorge der ganzen Gemeinde stiftete, oder eine der cura animarum gewidmete Seelgerätstiftung auf dasselbe Ziel hinarbeiten. Das Verbot, das Minderheiten untersagte, stillschweigend für andere zu handeln oder sie ungefragt einfach in die eigenen Zwecke einzubeziehen, band diejenigen, die im Dorf das Sagen hatten, an die Pflicht, sich des Konsenses des übrigen Kirchenvolkes zu vergewissern. Gleiches gilt für die Beziehung zwischen den Dörfern, in denen die Pfarrkirche stand oder das Gericht tagte, und denjenigen, die nur eine minderberechtigte Stellung in der Pfarrei oder im Gericht besaßen. Von daher ließe sich leicht erklären, daß kleinere, politisch unbedeutendere Filialgemeinden gerade dann zu einer eigenen Kapelle oder einem eigenen Priester oder Kaplan kamen, wenn sie in die Dismembration oder Separation eines größeren Nachbardorfes einbezogen werden sollten. Diese, die Seelsorge und damit die Kirche ins Dorf ziehenden Tendenzen könnten durch das Verbot, überregionale korporative Zusammenschlüsse zu bilden, verstärkt worden sein. Dieses korrespondierte nämlich mit einer der wichtigsten kanonischen Rechtfertigungen für die Zulassung des Baus einer Kapelle oder der Dotation einer Pfründe in einem Filialort. Gemeint ist die große Entfernung desselben zum Pfarrdorf. Betrachtet man die geographischen Verhältnisse für die hier untersuchten Fälle, dann erweist sich, daß der Weg zur Pfarrkirche keineswegs immer wirklich beträchtlich war. Wenn dem Filialvolk die eigene Stiftung trotzdem zugebilligt wurde, dann könnte dafür ein Wandel hinsichtlich der rechtlichen Legitimation 65 Ebd., S. 122.

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verantwortlich sein, der seinen Rückhalt auch in der genannten Bestimmung hinsichtlich der Ortsbindung selbstgeschaffener, zweckgerichteter Korporationen gefunden haben könnte. Hinzu kommt, daß sich beobachten läßt, daß Ortsgebundenheit, Niedergelassensein oder Haushäbigkeit sowohl für das Recht des Heiligen wie für das Recht von Altären und beneficia, die der öffentlichen Seelsorge dienten, als unverzichtbar galt. Vorausgesetzt, diese Vermutung hätte Relevanz, dann läge es auf der Hand, daß geschlossene Dorfsiedlungen leichter stiften konnten als Streusiedlungen. Anders gewendet wäre es denkbar, daß neben dem ius patronatus, und neben dem diesem verbundenen Ämter- und Benefizialrecht, die beide dazu beitrugen, ortskirchliches Recht zu schaffen, auch die kanonistischen Auffassungen über die rechtmäßig Bildung von religiös motivierten und begründeten Korporationen oder Kommunitäten eine Rolle für die Ausbildung jenes Partikularismus der Kirchengemeinden spielte, den spätere Zeiten als «Kirchturmpolitk» schmähen sollten. Die Kirche im Dorf zu haben, hätte also aus mehrfachen Ursachen heraus dem Erwerb oder der Verbesserung korporativen Rechts gedient und von daher auf längere Sicht auch eine wesentliche Grundlage für das kommunale Selbstverständnis werden können. Ein solches Verständnis vom eigenen Recht und seiner Legitimation könnte aber auch dazu beigetragen haben, daß die Gemeinden ihre 1524/ 25 formulierten Forderungen überwiegend im Rahmen des pfarrlichen Rechts hielten und sich nicht überall oder nicht ohne weiteres zur Schließung überregionaler Bündnisse bereitfanden 66 .

66 Siehe P. Blickle. Gemeindereformation, v.a. S. 2 4 f f , 205ff.

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E. Summary

Summary This study focuses on the opportunities for 'ordinary people' in the late Middle Ages to participate in the foundation and organisation of ecclesiastical services and institutions. It looks at the ways in which men and women living in rural communities in the Southwest of the Holy Roman Empire during the decades preceding the Peasant War engaged in activities concerning their Christian belief, their religious life and their ecclesiastical affairs. Whether or not these villagers could actually understand the theology of Luther or Zwingli cannot be answered here, but the study attempts to provide an insight into the social dynamics associated with religious change. How did the rural population reconcile late medieval Christian views of mankind and universe, Deity and worship with the experiences and needs of daily life? This question is approached by a discussion of the legal and doctrinal preconditions which allowed or inhibited the common people's active participation in the forming of a Christian society. For this purpose inquiries have to be made about their practical opportunities to meet existing requirements or to create alternatives which the authorities could be made to accept. There were 'inner' and 'outer' preconditions. The former could be defined as man's existential fears and hopes, as well as his understanding of the nature of God and human existence. Evidence for this is difficult to find and can normally only be extracted from 'outer' phenomena like the social, economic and political framework at the time. These in turn were of course influenced, if not largely determined by, the state of mind of the people. Therefore the interpretative task is to identify how these inner and outer circumstances interact. One striking example of the difficulties involved is the Canonists' attempts to discriminate between iura spiritualia and iura temporalia, an undertaking complicated by the overlapping jurisdictions of Church and state in a divinely ordered society. As will be shown below, the common people had similar problems to differentiate the spiritual and temporal spheres. The dicussion (Part A) opens with a modern example of the power of the spiritual in a rural society. On 1 May 1991, the inhabitants of a small Bavarian village illegally built a chapel, which was consecrated shortly thereafter against the will of the bishop. Apparently, the villagers hoped that thereby they could prevent the construction of a garbage incinerator. This ingenious ploy highlights the persistent appropriation of the spiritual for worldly purposes, which will be a recurrent theme of this study. Thence the introduction turns to the term Stiftung. This expression was used indiscriminately for diverse kinds of pious donations, obscuring the fact that there were actually two distinct legal types. Perhaps, in English, the difference can be expressed by using the words »endowment« and »foundation«. The introduction then proceeds to a preliminary discussion of the source material and methodology, concluding with a tentative outline of the opportunities available to the inhabitants of this area to develop a »community« of their own. 436

The wider issues are addressed in two parts. The first (Part B) deals with those aspects of Catholic doctrine as well as ecclesiastical, secular, and common law, which together served to shape the religious activities of the laity and the clergy's responses. The next section (Part C) introduces a series of deeds and other documents concerning endowments and ecclesiastical foundations set up in village churches by the community alone or with its support. Within this context, the investigation explains the interaction between Canon Law and theology on the one hand and the needs and necessities of the every day life of the people. The conclusion (Part D) attempts to create a theoretical model for the classification and evaluation of communal foundations. It also addresses their contribution to the variety of changes which affected ecclesiastical and secular authorities. An essential issue in Part B is the discussion of the legal system of the ban (Bannrecht) which ruled the secular as well as the ecclesiastical sphere in the Middle Ages. In English »to ban something«, means to order with authority that something must not be done or said. In the context of medieval law, what was »under ban« was not to be used or manipulated except by those who were authorized to do so. Not only things, but also persons, locations and even times could be placed under ban, which removed them from common use and subjected them to special regulations. From a certain viewpoint the medieval ban can be seen as a method of protecting things, persons, locations and times in order to maintain their established rights or status given or attributed to them by secular and ecclesiastical law. Consequently, not only matter (Dingliches) could become subject to the ban, but also any customary or attributed status and finally even any essential right connected with it. However, the ban could not be used to separate such rights from their immediate material or corporal base and to turn them into (what sixteenth-century lawyers called) iura incorporalia. One could say that the system of the ban was double faced. Granting a certain right or status inevitably resulted in some form of limitation. Set up to provide protection it could also become an instrument of restriction, used against the actual bearers of the right or status in question. Particularly where the duty or mandate of defense was concerned (advocatia and defensio), the ban was used rather as a means to define the power of an authority than to preserve the rights or status of whatever had been subjected to it. Due to this, there were two levels to the ban system: on the one hand, the people themselves (or the locations, times and things which related to them) can be found holding banned rights on their own behalf. On the other hand, a ban could become the instrument to subject anything and anyone under its scope to the will or influence of a local authority such as the feudal lords and holders of jurisdictional rights. These two levels, however, were neither exclusive nor static. The extent to which power established by ban could be employed depended on the autonomy of the people in question, i.e. on their access to the land and the resources and their opportunities to defend themselves by law or by force. The ultimate reasons for which a ban could be imposed on someone or something were often spiritual as in the case of consecrated objects or places and ordained persons, but they could also be of a secular nature. A ban imposed on a mill for example could be indispensable to guarantee its maintainance and thus be 437

in the interest of the local people. As long as a better alternative was not provided, such a regulation contributed to the bonum commune, even if the owners or holders of the mill benefitted from the monopoly the ban created. It was Ulrich Stutz who discovered that in the Frankish-German empire bans were applied not only to mills, bakehouses, winepresses and many other worldly facilities, but also to churches and pastoral care (Eigenkirchenlehre). But it has to be pointed out that the Pfarrzwang he identified as an essential characteristic of the so-called Eigenkirche was not identical with what (in the general ecclesiastical structure) was referred to as Pfarrbann. Structures based on the principles of banned rights can be found in the early as well as the Roman-Gallic church. Their roots reach back into Jewish as well as Greek law, but they are also based on the conception of the Catholic church as the creation of God and the empire of Christ. Adopting this view, the Roman emperors and, in due course, the Frankish kings who installed themselves with the approval of the bishop of Rome as vicarii christi and defensores ecclesiae could demand that the whole world (and certainly anyone who was baptized in the name of Christ) should be put under their control. As a result, the imperial power could be regarded as all comprehensive, personally as well as territorially, even though in the Middle Ages the emperor might not hold the whole set of rights himself. The Roman Church, in order to fulfil its mission, was always inclined to foster the idea that nothing and no one on earth should be excluded from the ban of the pope and the emperor (Acht und Bann). In some ways, the feudal system, which in the Middle Ages prevailed in the secular as well as in the ecclesiastical sphere, can be seen as a result of this cooperation, based on the merging of Gallic-Frankish and Roman-Catholic ideas about law and dominion. Under the given economic, social, and political conditions it was impossible to create a public office as defined by Roman or modern law. Rather, many political and administrative functions needed to be entrusted to local authorities such as manorial lords. These were unsalaried officials who made the fulfilment of their duties a source of an income. Hence, a kind of benefice emerged with a roughly predictable income, which could be handled in the same way as any other possession or income. In other words, these benefices were sold, bartered or given away, pledged, mortgaged or bequeathed just like any other fief, and their holders tended to regard the functions they were supposed to execute on behalf of the Empire or the Church as rights of their own. It is important for a study of church history to recall the characteristics of (and the relation between) office and benefice. Herein lies the basis for the development of the medieval system of parishes and patronage, which structured pastoral care. This was a system which the people at the end of the Middle Ages obviously saw as obstructing rather than promoting religious life in the parish. In the case of the officio divina concerned with the worship and the cure of souls, the development of the benefice to a marketable title of income has often been seen as a problem. Although it had already been agreed in the early Middle Ages that priests should be enabled to earn a living off their services, the ideal of clerical poverty was never relinquished. In theory, the holders of ecclesiastical offices were bound to use whatever surplus income they gained for the benefit of the church, worship and the poor. Other impositions pointed in the same direction: 438

to become a priest was regarded as an indispensable precondition for attaining an officium divinum and the income attached to it. However, in order to be ordained, the candidate would have to commit himself to a particular church for the rest of his life. Only after this commitment did the church become his benefice. As the priestly vows included the promise to remain unmarried and thus without legal heirs, it was effectively ensured that the holder of a priestly benefice would leave his private property or at least the property he had gained due to his ordination and appointment to the church. Ecclesiastical law therefore forbade priests to give away goods or income of their churches or to make them a matter of financial transactions seeking personal gain or a more comfortable life. All this was intended to prevent the office of the priest from turning into a benefice of worldly character. But, on the other hand, the dioceses north of the Alps were vast, and their bishops lacked organized administrative as well as pervasive jurisdictional power. In order to delegate particular tasks and duties successfully, the bishops, just like secular lords, had to part with certain legal titles, accepting that the ban rights of the cathedral and their own episcopal office would thereby be reduced. Cutting into the episcopal ban the churches out in the country could develop a ban of their own (Pfarrbann). This brought about some remarkable changes for the handling of the ecclesiastical office and the benefice. For a church to achieve proper ban rights was synonymous with being entitled to a commune of its own. It thus became what was soon to be called a »parish church«. The word »parish« in a sense contains the whole discourse about the nature of the parochial ban. The Catholic Church following her Roman legal tradition never gave up the principle of erecting her offices on a territorial basis. Thus the parochial ban just like the episcopal ban would ultimately refer to a district. On the other hand, the legitimacy of the rule of the Church was not based on the actual possession or control of the land, but rather on the vows under which the people living on this land had placed themselves through the rites of christening and confirmation. Likewise, in agricultural societies and regions, the tithe was bound to the land and the ecclesiastical ban thus of a territorial nature, whereas the contributions due for sacramental services (iura spiritualia) were clearly attached to the person. Furthermore, it has to be kept in mind that wherever serfdom was absent or weakened by the diversity of lordship or the emancipating activities of the villeins, ecclesiastical law would have to fall back on the principle of residence (Wohnsitzprinzip) to define the reach of a parochial ban, which again implied territorial boundaries. The principle of residence as a category for the establishing of ecclesiastical offices reaches back to the teachings of the Church Fathers, who bound the priestly office to a certain location as well as a certain group of people. The location was defined as the consecrated local church and its altar, the group of people as containing those who had either been baptized in this church or were living near it and would thus be expected to gather around its altar for worship. Thus the term parochia stood for the land and the people, for the commune and the community. Christians were expected to settle down in a given location, which had important consequences both for the legal constitution of the Holy Roman Empire and for groups who lived outside such communities. 439

However, the priestly office was turned into a benefice of worldly character not so much by the entitlement of so-called minor churches to certain sacramental rights and ecclesiastical contributions (iura spiritualia), but rather by the donation of real estate to these churches (iura temporalia). Obviously this development had been encouraged by the episcopate's demand that churches built on private land for the pastoral care of a community or manorial familia should be properly endowed by their founders or else consecration would be denied to them. The demand resulted from the older principle that a bishop was responsible for the maintenance of any consecrated church and any priest ordained in his diocese. To neglect what had been consecrated in the name of God was considered a sacrilege, which cculd call His wrath upon mankind. Bishops therefore had to make sure that chu.jhes which had not been founded on their behalf would have sufficient worldly income to keep up their fabric, to maintain divine worship and to support the clergy on a long-term basis. This was particularly important in areas where the bishop's authority or influence was not strong enough to force the local people to contribute towards the maintenance of their church. Money however was not the only thing at issue here. As long as pastoral care and tithes were mainly in the hand of the older episcopal churches (bischöfliche Taufkirchen), it was also important for the bishop to rule out any claim for private or manorial churches to be entitled to ecclesiastical contributions and thus to their own parochial ban. In the sphere of spirituality a ban could also be created on levels other than that of the ecclesiastical office. Churches were intended not only for sacramental service, but could also be erected on behalf of a saint. Saints were regarded as superior beings able to act with authority in this world, and therefore in a position to hold a ban. They had a duty to help those who were devoted to them in times of hardship and to protect them from injustice and the challenges of the the high and mighty. The clientele of a saint could choose him as its spiritual patron and constitute a »community« in his name by adopting structures similar to the ones of the parish and certain secular corporations. A community of the saint could be established by the people themselves or the local lords and in both cases there was a latent tendency to convert it into a church community. If parochial rights were actually obtained, the personal and often the territorial extent of the parish would have been already defined. The bishop's prerogative to define the ban of any newly erected office then became vain and if there were many such cases they could pose a threat to episcopal jurisdiction. With the Carolingian reforms came a change of direction. Landlords were now officially accepted as legal owners of churches built on their estates, regardless of whether they were used only for the veneration of a saint or else for public worship or even sacramental service. However, any church offering public worship, sacramental services, and cure of souls was to be constituted an orderly benefice by means of endowment with a widdum. This had to contain land amounting to one mansus, house, barn and stable (including the facilities and hands necessary for farming it) and was to be handed over to a regularly ordained priest for his lifetime. If this was a restriction on the one hand, on the other it enabled the owner of the church to execute the ban rights of the church more freely, even if they had actually been attained only on behalf of his dominion or his relation to the patron saint. The possession of a fully endowed church with a commune of its own enabled the landlord to participate in the episcopal authority and thus made him lord of his 440

church (Kirchenherr). Being appointed to the officium parochiale, the priest's authority was greatly enhanced. But by his appointment to a benefice based on real estate, he also gained a worldly status that enabled him to claim considerable independence from the landlord and to establish himself in his commune as a veritable rector (Pfarrherr). Clearly, neither the rights of the Kirchenherr nor of the Pfarrherr rested fully on the iura spiritualia given to the church by consecration and the guarantee of permanent priestly services. Perhaps the recourse to the iura temporalia made it possible to handle iura spiritualia like sacramental services, tithes and contributions more freely and yet to establish an ecclesiastical ban system which the worldly authority could use to intensify its rule. That would explain why later on, although the Carolingian reform had clearly defined the duties of a parish priest, many a church lacked some essential iura spiritualia such as the rights of tithe, the sacraments of baptism or penance, or the right to its own graveyard, in spite of its title of a ecclesia parochialis. Another important element of the Carolingian reform was the handling of penance and ecclesiastical jurisdiction. With the sacrament of penance a fundamental element of episcopal authority became incorporated into the parish ban, but the bishop still remained the ultimate pastor in his diocese. It was his particular duty to supervise the parish clergy and to make sure that the lords kept their churches in good repair. He would also have to ensure that benefices and pastoral care were handled properly and that there was no heresy or disorder in the community. Even though the bishops were bound to inspect their dioceses personally once or twice a year, an effective supervision was impossiple without the help of the local population and visitations took the form of inquisition and reprimand (Riige). This meant that due to their commitments taken at baptism and confirmation, all parishioners, whether they were male or female, personally free or villeins, rich or poor, were bound to report any infringements of the parochial and episcopal ban on penalty of excommunication. The right and duty of the parishioners to reprimand included both offences against the property and the rights of the parish - that is the church, the benefice, and the community - as well as violations of divine rules such as the Ten Commandments and the prerogatives of the Church in matters of liturgy and dogma. In addition, particular trustworthy members of the community were placed under oath and questioned by the visitor. But from the tenth century, the recording and reporting of offences became a permanent office, which any male parishioner of whatever social status could be appointed to. Usually, on the occasion of the visitation, a certain number of parishioners from all of the major settlements in the parish would be made jurors for the following year. German medieval law considered witnessing synonymous to passing a verdict, and gradually the so-called Send developed out of the episcopal visitation. This was an ecclesiastical court in which a jury of laymen would reach the verdict, so that only the passing of the sentence was left to the bishop - or to whomsoever had gained the ban by office, fief or usurpation and had thus become lord of the Send (Sendherr). How common or widespread the institution of the Send had become in the Middle Ages, is difficult to say. But it can hardly have been a marginal phenom441

enon, for even in the fifteenth century it is to be found in many parts o f the Empire, primarily in villages, but even in some imperial cities like Speyer. In Aachen, the Send had become such an important communal right that it was preserved up to the eighteenth century. Trying to adjust their ecclesiastical politics to the challenges o f the Reformation, catholic authorities such as the archbishop o f Trier tried to revive the Send in their territories. A n d significantly, in communes which had turned lutheran or protestant, similar institutions (such as the Kanzelgericht in Bern) were newly introduced. All this helps to prove that the principle o f reprimand (Riige) had not yet lost its value in communal life. Nor was society prepared to separate the sphere o f religion from the sphere o f secular power. Both practices were clearly not unique to medieval Catholicism. It is o f major legal and constitutional importance that from the time o f the Carolingian reforms, ecclesiastical law entitled the parishioners themselves to supervise the maintenance o f their churches, local pastoral care, the behaviour o f the local clergy and the Christian way of life in the community. The Send combined the exercise o f public penance with public reconciliation, »public« refering to the people living in the neighbourhood, the local christianitas. Their forgiveness was of great importance. A s long as the Send was looked upon as a legal and possibly preferable alternative to private confession, it effectively restricted the ban rights given to the parish church and its priest by the sacrament o f penance. Now, as long as the original visitation system had worked, this restriction had helped to preserve the jurisdictional prerogative of the bishop. But as soon as permanent local juries were established to reach the verdicts (Urteilsfindung), and the visitation took the legal form of a court, the bishop was forced to share his jurisdictional powers with the local christianitas (Send)Sendgericht). This guaranteed that local law would be applied in all matters and that aggreed local standards of morals could not easily be overruled by the standards of the Church. The function of local law and standards becomes even more evident when turning to the institution of churchwardens. During the twelfth and thirteenth century, papal reforms attempted to change aspects of the priestly office, the possession o f churches and ecclesiastical jurisdiction. In many regions, disputes arouse out of the fact that communities looked after churches, church goods, altars, and the possessions of patron saints on their own account. The communities defended their autonomy by stating that it was their customary right to act in this way. Accepting this, one would have to draw the conclusion that papal reforms did not create the institution of church- or altarwardens, but rather defined the conditions by which they became subject to legal proceedings and thus made their entry into the records. Evidence can be found that the office o f churchwarden was often connected closely with the Send. In some regions, it was even c o m m o n for the jurors to take yearly turns in holding it. In the Palatinate, the wardens as well as the jurors were called iurati or Kirchengeschworene. In any case, the basic concept of both instituions was very much the same, except that churchwardens did not deal with penance and reconciliation, but focused on handling the rights and goods of the parish. With the office of the altarwardens, however, it was different. Here ban rights were once more put into question. In permitting the installation o f minor altars in parish churches for the celebration o f extra masses, papal reforms opened up the

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possibility of impairing the ban rights belonging to the office of the parish priest. In addition, the ban rights of the patron saint might be infringed when other saints were newly introduced into the precincts of the church to become patrons of minor altars. As shall be shown later, this development ultimately affected the entitlements of the worldly lords of the churches, which were closely connected with the rights of the patron saints. If there was to be a clear delineation between the ban of the old patron saint of the church and the rights of newly established saints of minor altars, the affairs of the latter would have to be looked after by trustees or wardens of their own. This suggests that the office of altarwarden or »saintwarden« (Heiligenpfleger), as they where often called in the south of the empire, had not only a practical, but also a legal and political significance. However, it cannot answer the question of how it was possible to legally introduce such wardens in a clear challenge to the customary ban holders, who, of course, would rather have had their vested interests undisturbed. This shall be discussed further in the second section of part B, which addresses the structure of the benefice, the rights of patronage (ius patronatus), and the function of the ecclesiastical foundations. According to the ecclesiastical reforms of the late twelfth and early thirteenth centuries, churches were to be founded and run on the basis of the ius patronatus only. Neglect of these newly established rules could result in consecration being denied to the church and its altar, priests being forbidden to say mass or to celebrate any sacrament there, and people being prevented from using the place for regular worship. In other words, for such a church a parochial ban of its own could not be attained easily, and even for churches that had previously been used for the cure of souls, adjustment was demanded by the officials. Although the ius patronatus had clearly been devised for parish churches, before too long it was also applied to the erection or legal rectification of chapels, minor altars and for the creation of benefices. Within a century, donations for such facilities were to become fairly common. Taking into consideration that medieval authorities lacked proper legislative power and depended largely on common law (or rather on society to make a newly set up rule a common law), one might well presume that it was rather in the sphere of chapels, minor altars and benefices than that of the actual fundatio ecclesiae, that the realization of the ius patronatus as a commonly acknowledged norm took place. An interrelation appears to have developed between those willing to engage in pious donations and the church officials pressing for a reform of the ecclesiastical system, an interrelation that created the basis from which the phenomenon of the »ecclesiastical foundation« arose. It has to be stressed at this point that all ecclesiastical foundations can be called a pia causa but not vice versa. Reaching back into paganism and classical antiquity, the pia causa did not only extend to ecclesiastical matters. In Roman law, the donations pro memoria or pro anima, which had been widely known in the early Middle Ages and became even more popular after the papal reforms, had to be looked upon as belonging to the sphere of civil law. Unless, that is, they were intended to serve the common good in terms of worldly or spiritual welfare as in the case of hospitals or churches. But then they had to have their own building and endowment with real estate or support from regular contributions of a community. Thus they were bound to a certain location and population or, in other 443

words, bound to the land or to being »founded«. Any such foundation could gain a certain independent legal status, but only those serving the spiritual welfare of the public had to be endowed with specific episcopal rights (iura spiritualia) and could thus attain the status of a beneficium ecclesiasticum. However, from the thirteenth century, donations pro anima made for the veneration of saints and the celebration of private masses were used as a basis for new ecclesiastical foundations as well as for combinations with existing ones. Rather confusingly, these might be arranged in a broad variety of legal constructions, thus creating patterns not provided for by the ecclesiastical ius commune. These piae causae were »mixed«, because their founders would neither stick to the customary law of a parish nor the rules of the classical pia causa, but also made use of the ius patronatus. The sources record a whole range of choices, according to the size, the constituent parts and the handling of the funds of pious donations as well as the ways in which the required priestly services were to be exercised. Masses, especially those meant to be »eternal« (Ewigmesse) dominated, and the regulations concerning the celebrant and the altar on which they were to be said are of particular significance. There was a clear tendency towards excluding the parish priests or rectors from these services as well as their income. The first restriction of the rector's ban rights was the obligation to have the mass in question celebrated by a sacerdos specialis, which could be either his assistant (Heifer) or someone else. The next step was to require the rector to hand out a fixed salary (stipendium), but soon enough the funds of donations pro anima were kept totally separate from the rector's benefice and handled by special trustees. These were named by the donor and his family or else by the secular local authorities and naturally they took over the right to appoint the stipendiary priest. As private mass services were more and more often bound to a particular church and altar, the legal form of the commenda arose out of the simple stipendium. However, the term often used in this context, Altarpfriinde, is misleading; in order to turn a commenda into a veritable beneficium, its funds and services needed to be joined inseparably with the funds and services of a certain altar and then be allocated together on a lifetime basis. To do so, the raised income had to be high enough to enable a priest to run his own household and make a decent living as well as to provide all the necessities requested for the altar and its mass services. Although such a beneficium distinctum or Altarpfrunde was a genuine fief with a proper ojficium divinum, as long as it was based solely on private masses, it lacked the most important characteristic of beneficia ecclesiastica, i.e. the right to serve the public cure of souls. The causes for the development of the different legal forms of priestly services were manifold, but initially four factors played a central part: 1. the donors' wish to see the funds of their donations maintained and the service on behalf of their souls supplied; 2. the attempt of ecclesiastical and secular authorities, as well as the communities themselves, to gain control over parish clergymen, who were intensely entangled with local lords and often placed the enlarging of their income and influence before the fulfilling of their pastoral duties; 3. the interest of the unbeneficed clergy to obtain a reliable income and thus legal independence from their families, parish priests or local authorities; 4. the wish of communities to have a priest at hand who would supply them with everything necessary for the cure of souls and their daily religious life. All of these motives sound reasonable, 444

but in practice conflicts soon emerged out of the fact that what served one group could hinder another. From the historian's point of view, the legal form of pious donations and foundations chosen at a given place and time, can be seen as a fairly adequate reflection of the social and political circumstances of a community. Part C will show that not only cities but also rural communities used ecclesiastical foundations as a means to establish or consolidate their own communal rights and institutions. The Roman Church clearly lacked the power to enforce its reforms and laws uncompromisingly on the laity or even its own clergy, and the Roman Empire was equally unable to do so on the Church's behalf. After all, it could not be in the interest of ecclesiastical officials to suppress pious donations and foundations, even if they fell under the control of secular law or local authorities. Cooperation was certainly more promising and, at least, ecclesiastical law was applied whenever the parties could expect some benefit for their cause, as was clearly the case with the ius patronatus. There was a political as well as an economic dimension to the possession of churches. Lay appropriation and use of religious funds and institutions was publicly critizised by the clergy, and the lords of churches and parishes found themselves under increasing pressure to justify claims for tithes, taxes, duties, contributions, services and obedience which they had previously exacted from parishioners without any dispute. Furthermore, churches without a sufficient endowment (dos) or permanently appointed priest risked the loss of their title, because their bannus et populus could be taken over by some better provided for church in the neighbourhood. But there were still other challenges. The owners of a church who ruled a parish as part of their dominion refused to exchange their titles of possession for a »patronage« which lacked essential rights and derived solely from the grace of the bishop. For the same reasons, they could not be interested in the foundation of new parish churches within the boundaries of their old ones, if the rules of the ius patronatus were to be employed (dismembratio/separatio). However, when the cure of souls was in a state of neglect, the godly right of the local christianitas together with the iurisdictio of the bishop could be exerted to challenge both the ban of the church and the rights of its owner. Since the ius patronatus provided for a separation of these two spheres, it became possible to concentrate on the second, keeping the rights of the churches and parishes more or less untouched. According to the ius, three acts of contribution were necessary for the proper foundation of a church - fundatio, constructio et ditatio - each of them separately regarded as a cause for claims of rights of patronage over a particular church so that shared foundation meant shared patronage. In the name of Christ, more or less anyone was invited to endow a church without a dos proper. A regular ditatio, however, was not just a pious donation, but entitled the donor to certain rights over what was now the benefice of the church in question. To prevent the ditator from claiming the right to appoint someone to this beneficium, those in possession of the land (fundus) and the building (constructio) could be urged to resort to the ius patronatus themselves. The emphasis shifted towards landlords when the canonists agreed that the dominium fundi was to be regarded as the predominant element for the acquisition of the honor and its most important component: the ius praesentandi. The right of patronage, however, did not consist of the honor only, but included onus as well as utilitas. And thus the ditatores could still reserve 445

certain rights to themselves and prevent the landlords as holders of the honor from continuing to treat the church as if it were their own property. By questioning the ban rights of church owners, an avenue towards ecclesiastical foundation had been opened up. Before proceeding further, it should be mentioned that the separation of church and benefice was promoted strongly and maybe even consciously by the formulation of the so-called incorporatio. In this context, to »incorporate« means to unite two ecclesiastical titles or institutions so that one of them was handed over to the other with all the income and rights it had access to. This privilege, created mainly to control or legalize the rights of monasteries over parish churches in their possession, had to be attained from the bishop or the pope. With regard to the developement of ecclesiastical foundations, four important aspects of incorporation have to be stressed: firstly, the status of the incorporated church had to be left unaltered. As a result, the incorporating institution could make use of all rights and income, but was not allowed to suppress or infringe them. Secondly, incorporation did not only include the iura temporalia, but also the iura spiritualia and thus the office as well as the benefice. Admittedly in the case of parish churches, pastoral care had to be delegated to a vicarius (parochus actualis), but other iura spiritualia such as jurisdictional rights would be held by the incorporating institution (parochus habitualis). Thirdly, respecting the status ecclesiae also meant respecting the rights of parishioners, minor clergy or donations pro anima. Last but not least, it must be pointed out that access was only given to those legal titles that had been attached to a church before its incorporation. Whatever donations were made on behalf of the church later on, were not to be turned in usus proprios like the income from officium and beneficium, but regarded as an extra fund (often run under the label fabrica). Thus there was a strong tendency to exclude them from the incorporating institution's administrative and jurisdictional power. The rules that applied to incorporatio intensified the changes introduced by the ius patronatus. Not only was the beneficium parochiale explicitly separated from the ecclesia, but a precise distinction could now be made between rights and proceeds attached to a church before a certain date and those given to an ecclesia thereafter. Hence, churches were effectively granted the right to hold property on their own and thus to attain legal personality. Furthermore, leading canonists claimed that the ground on which a church was built (fundus) should be handed over to the ecclesia either before it was consecrated, or at the latest before it gained the right of pastoral care. This was meant to apply, as can be gathered from Huguccio, not only to cathedrals, minor collegiate churches and monasteries, but also to parish churches. Actually, in the fifteenth century, it affected more or less any consecrated church or chapel. Once the fundus was handed over, the church itself and no longer the patron was entitled to claim the ius patronatus ratione dominii fundi for any foundation made within its walls or church yard. This is worth pursuing a little bit further. One could assume that the canonists in attaching the honor to the dominium fundi actually wanted to privilege the churches rather than the landlords. There is indeed clear evidence that the rights of patronage attained in nomine ecclesiae were often not exerted by the patron lord of the church in question, but by the churchwardens. These wardens were usually ordinary parishioners and the very 446

fact of their appointment and independent activities can be interpreted as a restriction of the ban rights of the patron lords. According to the will of the local laity, however, they were also meant to restrict the parochial ban. In some regions, the institution of the churchwardens can be traced back to the iurati synodales (Sendgeschworene). Elsewhere, and in the case of churches which had no such tradition, donations and particularly ecclesiastical foundations could be used to enforce the introduction of wardens. With the help of the bishop, the appointment of regular churchwardens could be claimed in the course of a regular ditatio. In the case of churches already endowed, donations pro anima (if explicitly given ad ecclesiam or ad fabricam) could bring about the appointment of special trustees - provided that the private donor was in the position to insist on it. But turning trustees for private donations into communal churchwardens required further legal justification. Firstly, due to parochial and ecclesiastical ban rights not just anyone could go and found mass services in a church of his choice. This was particularly difficult if there was an attempt to exclude the rector and patron lord from the profits, administration, and supervision of the fund. However, resistance by the holders of ban rights could be circumvented by two means: either by the fact that the donor lived in the parish and was thus able to invoke the parochial right to locate donations pro anima in his own parish church, or if the villagers could claim a necessitas populi for the intended donation, which then, of course, had to contribute to public services in one way or another. By claiming a necessitas populi, the parishioners became responsible to maintain and protect the donation now and forever. In return, however, they were entitled to participate in the administration of the fund's current and future resources. Its safety and continuity was therefore synonymous with the safety and continuity of the parish community as a body of trustees. Secondly, neither donations pro anima nor the necessitas populi were bound exclusively to priestly services or pastoral care, but could apply also to the veneration of particular saints. Thus, another way to create funds under special trusteeship was the erection of minor altars in honour of a saint other than the patron saint of the parish church. Again, private and public interest could be combined and continued until finally a beneficium ecclesiasticum or even a beneficium quod habet curam annexam could be properly founded. There is evidence to show that the development of foundations supported or initiated by the communities could be compared to a unit construction system: once a fund had been established under their trusteeship, they would strive continuously to improve and extend its income as well as its priestly services. Things would be pushed a stage further whenever it seemed possible and convenient (always with the ultimate aim of creating a proper beneficium ecclesiasticum), followed by revaluations of endowments and the status of the officio attached to them. So far, there has been little scholarly discussion of one of the most remarkable side-effects of these communal activities of foundation and revaluation (Zustiftung) of beneficia set up pro cura animarum: namely the fact that, in the course of the founding of a beneficium ecclesiasticum, communal trusteeship over chapels, altars, private or public mass services, stipendia, beneficia distincta, and the property of a saint could be turned into a right of patronage. To understand this process, it is necessary to study the rules by which, according to the canonists, 447

a right of patronage could be achieved. However, to avoid misunderstandings, it should be pointed out that the theory of ecclesiastical law itself developed as a result of social change and the practical effects of donations and foundations. Thus, not only the theory of the decretalists, but also the interpretations of fourteenth and fifteenth-century scholars have to be considered. To achieve a right of patronage, property, legal capacity, and a certain power was required. Historians have therefore often concluded that parishes or rural communities were unable to attain or hold such rights, and failed to pursue the issue further. Confusion has arisen from misinterpreting the right of patronage as monolithic and synonymous with honor or even the ius praesentandi, which usually belonged to the patron lords of the churches or the domini fundi of the chapels. In addition, the legal status of parishioners and commoners has often been underestimated due to a failure to recognize that (in common law) both had a share in jurisdiction and administration, and that the parish, as well as the secular community, possessed a territory in which local officials exerted authority on behalf of the people. Furthermore, it has not been considered that even if, in theory or in practice, a parish or a community was denied the status of a universitas or civitas, its members could still organize themselves in the legal form of a collegium, provided they did so for religious purposes (collegium licitum). There can be no doubt that the veneration of saints was a religious activity, and brotherhoods founded in the name of a certain saint existed in many villages. Usually, membership was open to all local Christians, but not compulsory (collegium voluntarium et non necessarium). They could therefore regard themselves rightfully as a corporatio or universitas and claim the status of an artificial person, which enabled them to found and endow and to attain a right of patronage in return. But there were other possibilities to improve the legal status of a community or even to turn a previously unstructured local unit into a community. It could, for example, be argued that the inhabitants of a settlement or region needed priestly services in or near their villages and that they engaged in activities such as church-building or the endowmnent of a fund for a benefice for this particular reason. In practice, the need of the people always posed a considerable challenge to bishops, rectors, and lords. Conflicts could arise, and in order to avoid further erosion of their position, these authorities could often be urged to cooperate by delineating a district for the new beneficium distinctum or even a new parish. The inhabitants of communities already defined by secular law, but without a parish church of their own (Filialgemeinden) could also invoke the necessitas populi. By means of a fundatio ecclesiae on behalf of all inhabitants of its district, a community and its officials could gain in status and authority by becoming a parish. Given that according to the ius patronatus any foundation activity pro cura aminarum could be seen as the beginning of a fundatio ecclesiae, all communal initiatives to obtain pastoral rights and parochial status originated as minor foundations. The ultimately decisive factor was the merging of the demand for regular pastoral care with the right to venerate a freely chosen saint. It is particularly interesting to observe that even in »parish villages« fully endowed beneficia were erected by the community (mostly represented by Heiligenpfleger, Schultheiss und Gericht), either in the parish churches themselves or in chapels located in the village or its district and subjected to communal supervision or patronage. These 448

foundations were erected under the condition that the priests appointed to them would have the right - and the duty - to deputize for the rector whenever he was absent from his parish. Here again the necessitas populi could be invoked, implicitly stating that primary responsibility for the spiritual welfare of the local population lay with the communal authorities - not only as far as citizens (Vollbürger) or residents (Haushäbige) were concerned, but for all inhabitants. The analysis of endowment lists in many of the case-studies shows that all inhabitants (rather than just citizens or residents) were involved in the foundation process. To take advantage of the ius patmnatus meant to accept that claims for pastoral care could not be abandoned once they had been properly established. Invoking the necessitas populi, and thus christian or godly right (Christenrecht oder Gottesrecht) given to the people through baptism, meant to lay the responsibility for the maintenance upon all (Christian) inhabitants. That everybody had to share in this responsibility according to his or her means is evident from the regulations of a number of foundations. But the fact that the rich owed more than the poor does not contradict the conclusion that the responsibility as such was common. It just shows that the Christian principle of equity (Billigkeit) was applied. However, even though reference was made to the necessitas populi, all these initiatives can be called voluntary, because firstly, it was the bishop's responsibility to guarantee an adequate cure of souls and to erect new offices when necessary; and secondly, it was the holders of the ecclesiastical and parochial ban rights who were obliged to pay the resulting costs, because all the relevant taxes, duties, and contributions (particularly the tithes) accrued to them. Thus, by undertaking such initiatives on their own account, the local people could regard themselves as collegia voluntaria et non necessaria, and consequently demand legal rights in accordance with the ius patronatus. This still leaves questions open concerning whose property was used for these foundations and whence the power to exercise rights of patronage derived. To turn to the latter first, it is rather revealing that in some regions ecclesiastical foundations pro cura animarum were carried out and supervised by the churchwardens and the jurors of the Send (Kirchengeschworene, Sendschöffen), whereas elsewhere one finds the churchwardens backed up by the jury of the local court (Gericht, Richter, Geschworene). Thus, in contradiction to the ius patronatus and its fifteenth-century-interpreters, iura incorporalia like ecclesiastical or secular jurisdiction were needed to make ecclesiastical foundations and not only property and income titles. And, as the sources reveal, these juries then provided the power to execute the rights of administration and minor jurisdiction (Niedergerichtsbarkeit) in the sphere of the onus. The first question is more difficult to answer. It has to be pointed out that the property, income, and (as has been noted specifically) services given or granted to a beneficium ecclesiasticum in the course of its ditatio or redotatio came from mainly six sources. Donations pro anima have already been mentioned. Secondly, contributions could derive from the common land (Allmend) or from certain social groups (die Meier, die Bauernschaft, die Einspänner, die Hausarmen etc.), the latter often in the form of services. The nature of such services proves once more that it was not only money that made a benefice. If serving was possible instead of paying, the whole population could be involved in the foundation and 449

not just those who where well off. Considering the older rules for the endowment of parish churches, it is not surprising to find that these contributions were only given to benefices after they had acquired access to the regular cure of souls, i.e. to the sacramental rights (dismembratio). A major source for the endowment of altars and benefices were, thirdly, the funds of the saints (Heiligengut). These funds were a conglomeration in themselves already, holding, for example, donations given for private or single public masses or else ad fabricam or ad altare or ad luminaria. Fines (Bußen) and damages (Pöngelder) given on behalf of the saint, the chapel or the altar, some pia causa or else the local christianitas, would be gathered there, together with offerings and alms. Fourthly, alms in particular can be seen as an extra source of income: just as they could be given for special purposes, the donor could implicitly determine to which funds they were to belong and thus by whom they should be handled. The fifth and, in terms of legal theory, most interesting way to finance ecclesiastical foundations was to arrange special collections either in one's own parish church or chapel or throughout the district and even nationwide. For collections in churches and chapels it was helpful to have a special letter of indulgence from the bishop (Ablaßbrief), and for more general collections permission of the lordship was required (Almosenbrief). In all cases in which collections were made for a particular foundation, the initiators, and all those who dealt with them on behalf of it, would act as if the aspired title had already been secured. Thus, by the fifteenth century, these minor foundations were not only regarded as independent artificial persons, but they might attain this status even before their titles had come into existence by a regular fundatio. Before this, the initiators had to »hide behind« a saint to raise a fund, now they could do this provisionally in respect to a benefice-to-be. As can be easily understood, this had a remarkable effect on the status of the initiators. Because no matter how long it took to complete a planned foundation, those pursuing its erection could regard themselves not only as its wardens but as its patron-lords-to-be from the very first penny they collected for it. As long as no one interfered with the plan as such, it did not matter if it took generations to accumulate the necessary income and property, because the cause, and (with it) the fund, was sacred. And of course, it had to be kept separate from the property and the rights of the parish church, the rector, and the patron lord, particularly if the parish was incorporated. Clearly, the tendency was to finance foundations pro cura animarum with means raised from the local christianitas, rather than the secular community, certain groups or single persons. Even the rights to the common land as well as to special services, initially granted to benefices, were gradually replaced by income and property bought with money derived from alms, showing that the understanding people had of their »commune« and »community« followed the model of the parish. What they wanted to create together with their chapels, altars and benefices, it seems, was a religious community living under the ius soli of the Catholic Church as constituted by baptism and confirmation. The sixth contribution to communal foundations was minor in value but major in effect. It can be observed that, by the time a foundation reached the stage where its office gained access to certain sacramental rights, the rectors, mainly monasteries and ecclesiastical officials possessing incorporation privileges, but also patron lords, eventually invested some small income titles to mark their presence. According to the rules, the right of patronage could neither be based on a 450

ius pamchiale, nor on a ius iurisdictionis and certainly not on a ius patronatus. Thus, in order to prevent a complete loss of influence, the named authorities would strive to participate in the foundation with a view to legally obtain the honor, or at least to be accepted as a compatronus. To summarize, both according to the opinion of the canonists and actual practice, fifteenth-century people could achieve a ius patronatus for their foundations. And so they did, except that the honor and with it the ius praesentandi were usually denied to them, often due to sheer power. What they gained may be called a minor patronage, as was already suggested by a certain Magister Honorius in the days of pope Alexander III. In earlier times or in the case of politically or economically less privileged communities, another opportunity existed for local people to control the foundations erected for their spiritual welfare, namely secondary patronage. Here, the right of patronage would be held by a private founder or in the name of the patron saint of the altar or the chapel (Prinzip der toten Hand), or even in the name of (the fabrica of) a parish church or chapel (in nomine ecclesiae), but in practice be entrusted to the local court or the churchwardens. In villages where no such institutions existed, the task could be entrusted to the jurors or wardens of this village or else to specially nominated wardens, usually called saintwardens. Conceiveably, such saintwardens could even become the first legal representatives of a village or settlement. This survey of the main results of this study should help to contextualize the details presented in Part C and D. In conclusion, it should be emphasized that rural communities certainly wished to obtain certain political rights and to gain a more autonomous status. There cannot be any doubt that in those days a foundation pro cura animarum was a political act just as the ius patronatus was a political right. But whatever legal advantages were to result from this, it does not belittle the honest and deep desire of the people for decent pastoral care. From the explanations and justifications in the preambles of foundation letters as well as from the regulations and conditions stipulated for the desired priestly services, one can gather that in the countryside Christian belief was well understood and that people seriously strove to adapt their life to the bible and the teachings of the Church. Furthermore, they were willing and able to do it on their own account as well as at their own expense. One should think they would also have been able to run their parishes independently, but this was not to be. The lords, reluctant to give up income from, and influence on religious life, found ways to use the reformers' rejection of masses, saints and altars, as well as the defeat of the peasants in 1525 to extend and strengthen their position in the ecclesiastical field.

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F. Anmerkungen zu den Tabellen

Anmerkungen zu den Tabellen 1A, 6 A , 7A, 8 A und 9 A : Ergänzende oder erläuternde Angaben zum Stiftungsdatum, zum Status, zu Dienst und Recht, zur Qualifikation und zur Amtsführung der Minderpfründner für die Stiftungen in Pfarrkirchen und im Pfarrdorf 1 Pfarrassistenz war an Sonn- und Feiertagen zu leisten. 2 Es handelte sich um eine Zustiftung, bei der nur die Mehrung der Dienstpflichten um eine Wochenmesse angegeben wurde. 3 Es waren Frühmessen zu lesen, auch sonntags. Pfarrassistenz sollte mit Singen und Lesen geleistet werden nach Gewohnheit des Heilig-Kreuz-Stifts Stuttgart, dem die Pfarrkirche inkorporiert war. Eine Vertretungspflicht ist nicht erwähnt, aber der Kandidat mußte tauglich sein, «ain pfarr zu versehen». 4 Es sind keine über das Messelesen und die Pfarrassistenz hinausgehenden Pflichten angegeben, doch sollte der auf die Pfründe zu setzende Priester «gelehrt» sein. 5 Die Abhaltung von Sonntagsmessen war ausdrücklich untersagt. Die Auflage, der Pfriindner müsse Weltpriester sein, erklärt sich daraus, daß Pfarrkirche zu Bissingen dem Kloster St. Peter im Schwarzwald inkorporiert war. 6 Es waren Frühmessen zu lesen. Pfarrassistenz war an Kirchweih und den vier Hohen Festen verlangt, die Pfarrvertretung durfte in allen Rechten erfolgen. 7 Die Pfründe war erstmals 1388 errichtet worden und ihr Inhaber seither Frühmessen schuldig. Er sollte an den Jahrzeiten teilnehmen, die vom Pfarrer zu Darmsheim gehalten wurden. Pfarrvertretung mußte er nur leisten, wenn der Pfarrer aus kanonisch zu rechtfertigenden Gründen abwesend war. 9 Es waren Frühmessen zu lesen. Am Sonntag durfte der Pfründner keine Messe lesen. Es war ihm aber auch untersagt, «an andern enden meß [zu] halten». Ob sich dieses Verbot auch auf Jahrzeitassistenzen bezog, ist ungewiß. Den Pfarrer durfte er jeweils nur in dessen ausdrücklichem Auftrag vertreten. 10 Die beiden Messen waren dienstags und donnerstags «zu gewonlich vnd zimlich zit» zu halten, in der Ernte- und Fastenzeit aber «frew zu der zit, so der frumesser zu ylsfelt mess vollebringt». Vertretung wurde dem Frühmesser und dem Pfarrer geschuldet, letzterem aber ausdrücklich nur, wenn er aus kanonisch zugelassenen Gründen abwesend war und den Kaplan entschädigte. Dieser dürfte von daher zur Residenz verpflichtet gewesen sein, doch ist dies nicht gesondert erwähnt. 11 Die Stiftung besserte die «capplonye In der cappell zu sanct Gotthart, Im dorffe zu Cuppingen gelegen», auf, die zum Zeitpunkt der Stiftung nicht vakant war. Drei Messen mußten als Frühmessen in der Pfarrkirche gelesen werden, an den anderen vier Tagen sollte der Pfründner, «so ihn gott mahnt», das heißt wohl zu gewöhnlicher Stunde, in der Kapelle lesen. 12 Montags, mittwochs und samstags mußte je eine Messe zu gewöhnlicher Zeit gelesen werden. Wenn er wollte, durfte der Pfründner am Sonntag in der Kapelle eine Frühmesse lesen. Versäumte Messen mußte er nachholen. Wenn verlangt wurde, der Priester solle bescheiden sein, dann meinte das wohl, er müsse sich mit seinen Pfründeinkünften begnügen. 13 In der Erntezeit mußte der Pfriindner an zehn aufeinanderfolgenden Werktagen Frühmesse lesen oder lesen lassen. Wenn er sie lesen lassen durfte, so könnte das etwas mit der Zumutbarkeit zu tun haben. Vgl. dazu K. Eder, Das Land ob der Enns, S. 99. Pfarrassistenz war nur an den vier Hohen Festen verlangt. 14 Die Wochenmessen waren in der Erntezeit als Frühmessen zu lesen. Bei gutem Wetter war eine Wochenmesse in der Kapelle des Filialortes Belsen zu halten. Ausdrücklich ist erwähnt, daß sich der Priester nicht mit Frauen einlassen dürfe. 15 In der vom Patronatsherm dem Bischof übermittelten Meldung der Stiftung sind keinerlei Pflichten erwähnt. Es heißt lediglich, die Pfründe solle nach den Maßgaben des kanonischen Rechts versehen werden. 16 Die drei Messen waren als Frühmessen zu lesen, davon eine am Sonntag. Diese und die auf Feiertage fallenden Wochenmessen sollten nicht in der Kapelle, sondern in der Pfarrkirche gelesen werden. Vor allem galt dies für die vier Hohen Feste, die Marien- und Kreuzfeiertage. Allerheiligen, Zwölfboten, den Tag des heiligen Patrons der Pfarrkirche, die Kirchweih und andere, nicht näher bezeichnete hohe Feiertage. An diesen Tagen mußte der Kaplan Pfarrassistenz leisten. In Notfallen durfte er den Pfarrer vertreten. Wer die Pfründe erhalten wollte, sollte «redlich, kundig

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und behend» sein, vor allem aber «kains Closters münch». Letzteres erklärt sich daraus, daß die Pfarrkirche dem Kloster St. Blasien inkorporiert war. In der Erntezeit und in der Weinlese sollten die Messen als Frühmessen gehalten werden. Pfarrassistenz war am Samstagabend und an Sonn- und Feiertagen verlangt, außerdem bei der Beichte und beim Spenden der Sakramente in der Fastenzeit. Wenn der Pfarrer in Urlaub, krank oder in Amtsgeschäften unterwegs war, mußte ihn der Kaplan vertreten, aber nicht länger als drei Wochen. Der Kaplan mußte dem Pfarrer an Sonn- und Feiertagen bei der Vigil und der Vesper helfen. Vor allem aber sollte er den Pfarrer vertreten, wenn der nicht «anheimisch» oder krank war. Es waren Frühmessen zu lesen. Pfarrassistenz mußte an Sonn- und Feiertagen, vornehmlich an den vier Hohen Festen geleistet werden. Gemäß der Regelung über die Vertretungspflicht sollte der Kaplan «verpunden sein, in nöten der pfarr zu Stetten alle sacrament zureychen, als ein pfarher one alle Widerrede». Es handelt sich bei der Quelle um die Zusage einer gut dotierten Seelmeßstifhing zu Händen der Heiligenpfleger zu Urbach unter der Voraussetzung, daß zugestiftet und eine Frühmesse in der dortigen Kirche errichtet werde. Für die verstorbene Ehefrau des Seelgerätstifters wäre dann eine Jahrzeit zu halten gewesen. Die Messen sollten vor allem an Sonn- und Feiertagen als Frühmessen gelesen werden, damit das Pfarrvolk in die Pfarrkirche zur Predigt gehen könne. Außerdem schuldete der Kaplan an diesen Tagen Pfarrassistenz. Besonders herausgestellt ist seine Pflicht, bei der Jahrzeit des privaten Mitstifters zu helfen. Die Auflage, einen Weltpriester zu bestellen, erklärt sich daraus, daß die Pfarrkirche Walddorf dem Stift Denkendorf inkorporiert war. Pfarrassistenz war an den vier Hohen Festen und an der Kirchweih bei der Vesper und beim Gottesdienst zu leisten. Zur Vertretungspflicht heißt es: «Item er soll ouch schuldig sin, In abwesen vnnd manngel des pfarrers vnns, so sich das uß notturfft begyt, mit den pfarrlichen Rechten vnnd hailligen Sacramennten zuversehen.»

Anmerkungen zu den Tabellen 1B, 6B, 7B, 8 B und 9B: Ergänzende oder erläuternde Angaben zum Stiftungsdatum, zum Status, zu Dienst und Recht, zur Qualifikation und zur Amtsführung der Minderpfründner an Filialkapellen 1 Der Pfründner, der gesetzt wurde, sollte noch keine Pfründe besessen haben (oder besitzen?). Auch sollte er redlich sein, keine Konkubine haben und seine Messen pünktlich lesen. Zwar hatte die Kapelle einen eigenen Patron, die Forderung, der Kaplan müsse Weltpriester sein, ließe sich aber dennoch daraus erklären, daß die Pfarrkirche dem Kloster Söflingen inkorporiert war. 2 Der Kaplan mußte mindestens vier Wochenmessen lesen. Außerdem sollte er das Wasser weihen und die Feste verkünden dürfen. 3 Die Stiftung gründete auf einer 1401 von der Gemeinde begonnenen Altar- und Meßstiftung (WR 11371). Damals hatte man verlangt, der Pfründner solle Messe lesen, so wie es andere Frühmesser oder Pfründner («primissarii seu prebendarii») in anderen Kirchen täten. Der Brief von 1413 (WR 11373) macht zum Dienst keine Angaben. 4 Der Kaplan mußte samstags Vigilien in der Kapelle halten, sonst aber an allen kanonischen Stundengebeten in der Mutterkirche zu Oberiflingen oder der Pfarrkirche zu Dornstetten teilnehmen, die beide etwa gleich weit von Glatten entfernt lagen. Er durfte weder eine andere Pfründe annehmen, noch einen Altar «inofficiando» versehen. 5 Der Kaplan sollte die «Cappel mit meßhan nach ordnüng versenhen». Es war ihm ausdrücklich verboten, an Sonntagen zu lesen, andere Dienste durfte er nicht annehmen. 6 Der Pfründner durfte die Messe auch an Feiertagen lesen, aber nur als Frühmesse, damit das Kirchenvolk nicht vom Kirchgang abgehalten werde. Zu seinen Pflichten gehörte das Halten von Vespern und das Lesen von zwei Metten in der Christnacht. Er durfte das Wasser weihen. Zu Residenzpflicht und Absenzverbot heißt es, er dürfe sich ohne Erlaubnis des Patronatsherrn und der Gemeinde «solicher bywonung vnnd geistlichen diensten dem altar nit entziechen». 7 Von sechs Wochenmessen waren drei in der Kapelle, die anderen drei in der Pfarrkirche zu Bittenfeld zu halten. In der Fastenzeit vor Ostern sollten diese als Frühmessen stattfinden. Sonntagsmessen waren untersagt. Pfarrassistenz war an Sonn- und Feiertagen und bei der Vesper verlangt.

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8 Der Dienst bestand in einer Wochenmesse, die in der Kapelle zu S.zu lesen war, und einer Jahrzeit, die in der Pfarrkirche zu Upfingen gefeiert werden mußte. Beide Dienste sollten vom jeweiligen Pfarrer zu Upfingen mitversehen werden. Vgl. zu den besonderen Bedingungen des Falles im Text, Teil C, bei Anm. 357 ff. 9 Der Pfründner sollte Messe halten nach priesterlicher Gewohnheit, «mit sunderhait, wan er darzu geschickt sy, on all geverd». Meßverbot bestand am Karfreitag und an der Kirchweih der Pfarrkirche, zu welchen Anlässen Pfarrassistenz geschuldet wurde. Die Pflicht einen Weltpriester zu setzen, erklärt sich daraus, daß die Pfarrkirche zu Laichingen dem Kloster Blaubeuren inkorporiert war. 10 Der Pfhindner mußte neben seinen Frühmessen «anderen priesterlichen Dienst» versehen. An den Tagen, an denen die Gemeinde zur Mutterkirche nach Korb gehen mußte, sollte er seine Frühmesse dort lesen und an den vier Hohen Festen, an Allerheiligen, Allerseelen und der Kirchweih dem Pfarrer assistieren. Zusammen mit den Heiligenpflegern der Kapelle durfte er für die Feiertage einen Priester zum Predigen bestellen. 11 Es waren Frühmessen zu halten, auch sonntags. Die Jahrzeit für den privaten Mitstifter sollte mit vier Priestern begangen werden. Der Kaplan sollte an den vier Hohen Festen einem «Ieglichen kirchhern zu ebingen vnd sinem verweser zu Winterlingen schuldig vnd pflichtig sin», beim Gottesdienst zu helfen, falls er dafür ein Mahl erhielt. 12 Der Kaplan des Gertrudenalters, der den Pfarrer von Ebhausen schon seit längerem regelmäßig als Leutpriester vertrat, durfte Sonntagsmessen halten. Gemäß der Zustiftung sollte er nun «verbunden sin, vier messen nach der friemeß zuhalten». Von einem Recht auf Sakramentenspendung ist nirgendwo die Rede, weswegen die Stiftung der Kategorie B zugeordnet wurde.

Anmerkungen zu den Tabellen IC, 10, 11 und 12: Nähere Angaben zum Stiftungsdatum, zum Status und zu Dienst und Recht der Kuratkapläne 1 Ausdrücklich versagt wurden der Kapelle Friedhof und Begräbnis. Schwangere und Kindbetterinnen durften versorgt und die Kinder (not?)getauft werden. Mit besonderer Erlaubnis des Pfarrers durfte der Kaplan auch Ehepaare einsegnen. Sonst waren keine Sakramente zugestanden. 2 Außer unter der Woche sollte der «viceplebanus» jeden Sonntag die Messe lesen. Weiter war zugelassen, «verbum dei pronunciat, vel ad minus evangelium secundum textum, pater noster in vulgari eis dicat cum credo». Er durfte auch alle Sakramente spenden. Pfarrliche Vorbehalte waren keine genannt, die Vier Opfer wurden abgelöst. Dennoch ist die Kaplanei in den Quellen als «missa perpetua», die Kapelle als «ecclesia filialis» bezeichnet. 3 Der Schlichtungsentscheid ist nicht datiert, sondern vom Archiv mit der Anmerkung «16. Jh.» versehen (GLAK 33:7). Pfarrvikar war zur Zeit des Vertragschlusses Meister Clemens, der dem 1474 als Vikar genannten Jörg Schmidt noch eine Pension zu zahlen hatte. 1512 stiftete Jakob v. Schauenburg eine Jahrzeit, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Dismembration gestanden haben dürfte. Der Kaplan versah die volle cura als «Helfer» des Pfarrers zu Zunsweier. Der Schlichtungsbrief zählt neben den in der Tabelle 10 vermerkten Diensten und Rechten das «Berichten» auf. Vom «Berichten» oder «Richten» und vom «Berichtgeld» ist auch in den Stiftungsbriefen von Endersbach, Laufen und Mühlhausen die Rede. Es handelt sich dabei wohl um die österliche Kommunion mit jährlicher Beichte: vgl. F. X. Künstle, Pfarrei, S.97f. Schon die Errichtung der Kapelle war der Gemeinde nur unter bestimmten Bedingungen erlaubt worden. 4 Die Bestätigung durch den Bischof erfolgte erst 1513. Die Sakramente durften vom Kaplan nur im Notfall gereicht werden. An den vier Hohen Festen, am Palmtag, in der Karwoche und an St. Stefan mußte das Kirchenvolk mit dem Kaplan in die Pfarrkirche gehen. An anderen Sonnund Feiertagen durfte in der Kapelle Messe gelesen, das «Evangelium vnnd die hayligen tag» verkündet und Wasser und Salz geweiht werden. Die Stiftung war «den armelutte zu Egenhusen [...] vmb ferre, auch annderer vngelegenhaytt willenn» erlaubt worden. Der Pfarrer wurde von seinen bisherigen Pflichten gegenüber der Kapelle und Gemeinde freigestellt. 5 Es ist das Datum des Gemeindereverses über bestimmte Teile der Dotation angeführt. Vgl. zur Quellenlage Tabelle 3 und deren Anmerkungen. Der Revers gibt an, die Stiftung erfolge «nottürfft vnd prestens wegen des hayligen sacraments des tauffs». Aus einer Schlichtungsvereinbarung von

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1448 ergibt sich, daß der Kaplan alle Sakramente spenden, predigen und das Wasser weihen durfte. Ob diese Rechte 1438 erworben worden waren, läßt sich nicht erkennen. Die Pfründe war nicht vakant, so daß auch das Einverständnis des Kaplans eingeholt werden mußte. Die Aufbesserung seiner Einkünfte sollte den Kaplan bewegen, das Evangelium eifriger zu verkünden. Vom Meßrecht der Kapelle ausgenommen waren die vier Hohen Feste, alle Unserlieben-Frauen-Tage, Himmelfahrt, Palmtag, Karfreitag, Kirchweih. Ein Recht oder Verbot hinsichtlich der Spendung der Sakramente ist nicht erwähnt. Die Stiftung war von der Gemeinde verlangt worden, weil «die liebe vnnd dienstbarkait gottes, als vnns gesagt wirt, fry sin soll». Zum Streit um die Rechte der Galluskirche zu Heimbach siehe Teil C, bei Anm.411 ff. Der 1505 mit dem Inkorporationsheim der Pfarrkirche zu Köndringen geschlossene Vertrag, der hier vorliegt, galt für drei Jahre auf Probe und umfaßte alle pfarrlichen Rechte. Besondere Meßpflichten aus älteren Stiftungen sind nicht erwähnt. Die Residenzforderung wurde dadurch unterstrichen, daß man dem Kaplan ein neues Haus baute, in dem er «sitzen» sollte. Der Kaplan sollte jeden Sonntag Messe lesen und an der Kanzel der Kapelle «An statt vnd In namen» der Pfarrkirche das Evangelium verkünden und auslegen. Ausgenommen waren die vier Hohen Feste, Allerheiligen, Allerseelen, Gründonnerstag und Karfreitag, an welchen Tagen alle Einwohner, mit Frauen, Kindern und Gesinde in die Mutterkirche gehen sollten, um die Messe und das Evangelium zu hören. Die Residenzpflicht drückt sich darin aus, daß zur dos ein Haus gehörte, «darlnn ein Jetlicher Caplön daselbs sin wohnung haben» sollte. Besondere Meßpflichten sind nicht ausgewiesen. An etlichen hohen Feiertagen mußte der Kaplan Metten lesen, an allen Samstagen und vor Zwölfboten und «annder feyrrabent» Vesper halten. An den vier Hohen Festen, allen Sonntagen der Fastenzeit, Gründonnerstag, Karfreitag, Christi Himmelfahrt, Fronleichnam, dem Sonntag des Kirchpatrons, Kirchweih, Allerheiligen, Allerseelen und an Maria Lichtmeß, Maria Empfängnis, Maria Himmelfahrt, Maria Geburt mußte das Kirchenvolk mit dem Kaplan in die Pfarrkirche gehen. Also fanden die Gottesdienste sonst in der Kapelle statt und der Kaplan wohnte im Dorf. Die Zahl der Wochenmessen ist nicht angegeben. Das pfarrliche Recht wurde grundsätzlich vorbehalten, die Gemeinde mußte trotz der Zulassung der Messe an allen Sonn- und Feiertagen weiterhin an Weihnachten, Dreikönig, allen Fastensonntagen, an Gründonnerstag, Karfreitag, Ostersamstag, Ostersonntag, Christi Himmelfahrt, Pfingsten, Fronleichnam, an allen Marienfeiertagen, allen Kreuzfeiertagen, am Tag der Beschneidung, an Allerheiligen und Allerseelen, am Zwölfbotentag und am Tag der Kirchweih in die Pfarrkirche nach Ebhausen gehen. Dem Kaplan war es erlaubt, am Sonntag Salz und Wasser zu segnen «vnd hailig zit vnd tag [zu] verkünden [...] nach der Ordnung der haiigen kirchen». Er sollte verpflichtet sein, «zu wart mit stättem wesen sesshafft» zu sein. Die Forderung nach einem eigenen Seelsorger wurde unter anderem damit begründet, daß bei Gewittern das Dorf abbrennen könne, weil alle seine Einwohner auf dem Kirchgang seien. Der Kaplan sollte in der Kapelle alle pfarrlichen Handlungen vollbringen dürfen, auf das Recht der Gemeinde auf ordentliche Seelsorge wurde an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen. Die «Caplony Curata» sollte alle pfarrlichen Rechte haben, neben den in der Tabelle 10 genannten auch das «richten». Vgl. oben die Anmerkung zu Berghaupten (C 3). Auch in der Bestätigung des Bischofs ist von einer «capella curata» die Rede, wohingegen Pfarrer, Kaplan und Gemeinde die Stiftung in ihrem Brief als Separation bezeichnet hatten. Die Gemeinde hatte die Weite und die Mühen des Weges zur Pfarrkirche, die hoch auf dem Berg lag, anschaulich geschildert. Der Kaplan sollte in seinem Pfründhaus zu Laufen persönlich sitzen und dort die Einkünfte seiner Pfründe genießen, damit er die Gemeinde ordentlich versehen könne. Die pfarrliche Versehung der Gemeinde wurde dem Kaplan vom Abt zu Rot als Inkorporationsherr der Pfarrkirche zu Haisterkirch «aus Gnade» zugelassen. Die Gemeinde mußte aber versprechen, sich nicht zu separieren oder sonstige Privilegien zu erwerben. An Zwölfboten, an Maria Lichtmeß und Maria Empfängnis, am Palmtag, am «Sonntag davor, so man das iung Volch versieht», an Gründonnerstag und Karfreitag, am Ostersonntag und dem Abend davor, am Tag Johannes d. T., «des Haußvatters zu haistterkürch», an Christi Himmelfahrt, am Tag der Kräuterweihung (Maria Himmelfahrt), an Kirchweih, Allerheiligen und Allerseelen, außerdem an etlichen «gesetzten» Jahrtagen und bei allen Jahrzeiten und Begängnissen mußte der Kaplan dem Pfarrer in der Pfarrkirche helfen. Demnach mußte an allen genannten Feiertagen wohl auch das Kirchenvolk nach Haisterkirch zum Gottesdienst gehen. In der Osternacht sollte in der Kapelle eine Mette gehalten, am Ostersonntag eine Frühmesse gelesen werden. Die Gemeinde stellte dem Kaplan dos und Haus, damit er «für und für zu Müllhaußen bleiben und sich ernähren mög».

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14 Am Heiligabend sollte der Kaplan die Mette und Frühmesse in der Kapelle, die dritte Messe jedoch in der Pfarrkirche halten. Ausgenommen vom Meßrecht waren die vier Hohen Feste und Dreikönig, «alle Unser-Frauentage», alle Fastensonntage, Gründonnerstag, Karfreitag, Sankt Georg, die Kreuzwoche, Fronleichnam, Allerheiligen, Allerseelen, Kirchweih und «Braut und Baur». An all diesen Tagen mußte der Kaplan mit der Gemeinde in die Pfarrkirche gehen, also auch assistieren. An anderen Sonn- und Feiertagen durfte die Messe in der Kapelle gelesen werden, die bis dahin keinen eigenen Priester gehabt hatte, «umb das der Gotzdienst gefördert, gemehrt vnnd nit verhindert werd». Der Kaplan sollte im Dorf «hushäblich» sitzen und keine andere Pfründe annehmen. 15 Zur besonderen Quellenlage siehe die Anmerkungen zu Tabelle 3 C. Der «Helfer» sollte die von Ohmden «gnugsamlich nach Irem gefallen versehen», und zwar zu «ruwe vnnd Nutz Ihrer üb vnnd seien» und «by Inen zu Omden hußhäblich sitzend vnnd wonennd sy». 16 Die Kapelle besaß schon 1383 eine eigene Pfründe: A.Krieger, Topographisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 805 f. In der Zustifhing sind keine Meßpflichten erwähnt. Der Kaplan sollte als «Statthalter vnnd verweser» des Leutpriesters (Vikars) zu Binzen an allen Sonn- und Feiertagen «das haylig gotts wort verkünden». Die Sterbesakramente sollte er den «vnnderthanen der pfarrkilchen Bintzen, by im zu schallbach wonend, In getrangener elender nott» spenden, wenn der Pfarrer zu Binzen nicht erreichbar war. In solchen Fällen durfte er auch die Beichte abnehmen. Der Personenkreis der durch die Stiftung Begünstigten respektive Betroffenen war hier genauer als anderswo umrissen: Der Kaplanei zugewiesen waren alle, die der Pfarrei zu Binzen unterworfen waren und in Schallbach wohnten. Zusammen mit dem Kaplan mußten diese an der Marienprozession nach Basel teilnehmen, alle anderen Kreuzgänge durften von Schallbach aus durchgeführt werden. Der Kaplan mußte residieren und präsent sein, weil sonst der Kapelle die Sakramente wieder entzogen werden konnten. 17 Es handelt sich um eine Zustiftung. Ausgenommen vom Sonn- und Feiertagsmeßrecht waren Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Maria Himmelfahrt, Maria Lichtmeß, Blasius-, Johannesund Paulustag, Palmtag, Ostern. Pfingsten, Allerheiligen. An diesen Tagen mußte das Kirchenvolk zur Pfarrkirche gehen, und der Kaplan schuldete Assistenz. Er mußte seine Meßdienste persönlich versehen, durfte keine anderen Pfründen annehmen und die seine nicht vertauschen. Verletzungen der Residenzpflicht sollte der Bischof mit Pfründentzug ahnden. Für den Erwerb der Kuratrechte wurde keine der üblichen kanonischen Rechtfertigungen angeführt. 18 Neben den recht umfänglichen Meßpflichten war der pfarrliche Dienst zu versehen. Unter anderem sollte der Kaplan «die tzytt vnd das ewangelium verkünden [und], was In gott ermant, Ouch die verkünden vnd gott für die bitten an der Cantzel, die Ir alumusen tzu der mesß geben haben». An jedem Samstag und vor jedem Feiertag sollte er Vesper lesen. An den vier Hohen Festen, am Karfreitag und zur Kirchweih mußte der Kaplan mit dem Kirchenvolk zur Pfarrkirche gehen und dem Pfarrer assistieren. Die Residenzpflicht wurde nicht ausdrücklich erwähnt, doch sprechen Ausstattung und Dienstpflichten dafür. Die Erlaubnis des Pfarrers für die Ausübung der cura mußte nur einmal im Jahr, das heißt pauschal, vom Kaplan eingeholt werden. 19 Die Messe am Sonntag mußte als Frühmesse gelesen werden, «da mit die lit zu der pfarr gefurdert werden». Der Kaplan sollte aber nach dem Offertorium «den armen lutten, So kranckhait, allters vnnd redlicher Vrsach halb zum Ambt vnd predig in die rechten pfarr gen Winterbach nit kommen mögen, das haylig Evangelium nach dem text sagen». Die drei Wochenmessen hingegen, die er zu halten hatte, durfte er, wenn sie auf einen gebannten Feiertag fielen, «im Tag zu rechter, bequemlicher zeit» lesen. Alle Samstagabende sollte er in der Kapelle läuten lassen und die Vesper lesen. Für Jahrzeiten in der Mutterkirche mußte er dem Pfarrer zur Verfugung stehen, konnte dann aber seine eigenen Messen, wenn sie auf einen solchen Tag fielen, verschieben. Die Sakramente wurden in die Kapelle gebracht und Notfallversehung zugelassen. Der Kaplan mußte die Pfründe persönlich versehen, durfte sich aber in seinen Wochenmessen vertreten lassen.

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Anmerkungen zu den Tabellen 2A, 2 B und 2C: Ergänzende oder erläuternde Angaben zur Geschichte der Pfründen, Altäre, Kapellen und Pfarrkirchen und zu den Patrozinien A: Stiftungen an Pfarrkirchen und im Pfarrdorf 2 Auf dem Altar bestand schon seit längerer Zeit eine Pfründe. 3 Der Altar war Maria, Johannes d.T., den Aposteln Johannes und Jakob, Caspar, Melchior und Balthasar und Elisabeth geweiht. Stiñerin der Pfründe war aber die Bruderschaft des Heiligen Sebastian zu Beinstein. 4 1437 tauschten der Pfarrer und der Kaplan des Marienaltars die Pfründen: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 68 f. Die Frühmesse scheint nicht mit der Marienpfründe identisch gewesen zu sein. 5 Zu Bissingen gab es zwei Pfarrkirchen, die uniert waren. Der Barbaraaltar, auf den gestiftet wurde, stand in der Marienkirche: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 89 f. 6 Ursprünglich war die Errichtung einer Kapelle mit Pfründe zu Ehren des heiligen Nikolaus geplant gewesen, doch wurde dann nur ein Altar in der Pfarrkirche errichtet. Der Nikolausfonds ging offensichtlich auf eine Seelmeßstiftung der Anna v. Sperberseck aus dem Jahr 1367 zurück. Siehe im Text, Teil C, bei Anm.445f., 450f. Vgl.Beschreibung des Oberamtes Urach, S.614; siehe auch Schneider, Sperberseck. Die Pfarrkirche zu Böhringen hatte ein Galluspatrozinium. 7 Es wurde die Stiftung von 1388 erneuert, die ebenfalls von der Gemeinde errichtet worden war (WR 12174). 8 Zur Errichtung der Pfründe wurden die Fonds von zwei noch nicht konfirmierten Pfründen vereinigt, von denen eine in der Erhardkapelle vor dem Ort hatte errichtet werden sollen. 11 Die Pfründe wurde zur Frühmesse aufgebessert. Die Kapelle soll älter als die Pfarrkirche gewesen sein und ehedem sogar ein Begräbnis gehabt haben: Beschreibung des Oberamtes Herrenberg, S.225f. - Andreas Pellendorff, Pfarrer zu Kuppingen und Doktor beider Rechte, hatte von 1463-1482 Absenz. Ab 1482, dem Stiftungsjahr der Kaplaneipfründe, verzeichnen die Investiturprotokolle keine Einträge mehr für die Pfarrei Kuppingen: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 477 f. 12 Zu Metzingen gab es in ein und derselben Pfarrkirche, die St. Martin geweiht war, zwei Pfarrpfründen, die erstmals 1275 erwähnt sind. Im 15. Jahrhundert unterschied man eine sogenannte große Pfründe, die damals Württemberg zustand, und eine kleine Pfründe, die aufgrund eines Schenkungs- und Tauschgeschäfts mit Württemberg seit 1454 das Kloster Zwiefalten besetzte. Außer Unser-lieben-Frauen zur Ruh, in der die hier ausgewertete Stiftung stattfand, gab es eine Bernhardkapelle im Dorf: Beschreibung des Oberamtes Urach, S. 666 f. 14 Der Zwölfbotenaltar scheint 1469 errichtet worden zu sein. Die Pfründstiftung 1485 bescherte der im Pfarrsprengel gelegenen Kapelle zu Belsen eine Wochenmesse. Der Pfarrer hielt einen eigenen Helfer: Beschreibung des Oberamts Rottenburg (1899), S.257. 15 Laut M.Krebs, Investiturprotokolle, S.639, wurde von Vogt, Gericht und Gemeinde 1493 auch ein Petrusaltar dotiert. Der Brief darüber liegt nicht vor. Bis 1451 war die Pfarrei Geislingen mit Ostdorf uniert: Beschreibung des Oberamts Balingen, S.478. 16 Die Ottilienkapelle könnte auf eine Schenkung Marquards v. Randeck zurückgehen, der laut einer Inschrift in der Kapelle der Gemeinde Plochingen (zwischen 1366 und 1368) Wald, Almend, Weid, Trieb und Tratt geschenkt haben soll: Beschreibung des Oberamtes Eßlingen, S.232. 17 Die Gemeinde heißt heute Neckarrems. Es stiftete die Sebastianbruderschaft zu Rems, deren Pfleger Schultheiß und Gericht waren. Der Altar hatte ebenfalls ein Sebastianpatrozinium. 18 M.Krebs, Investiturprotokolle, S.721 f., fuhrt eine Pfarrkirche an, in der es einen Maria Magdalena und Katharina geweihten Altar gab, und eine Marienkapelle. 1467 wurde die Pfründe auf dem Maria, Nikolaus und Wendelin geweihten Altar in der Marienkapelle bestätigt. 20 Siehe die Anm. zu Tabelle 1 und im Text, Teil C, bei Anm.375. Angaben darüber, auf welchem Altar oder zu Ehren welches Heiligen gestiftet werden sollte, fehlen. 21 Es handelt sich um Walddorf im Oberamt Tübingen. 22 Präsentationen auf eine Frühmesse in der Pfarrkirche zu Zainingen sind seit dem Jahr 1465 belegt. 1497 scheint noch eine weitere Frühmesse auf dem Marienaltar hinzugekommen zu sein. Für diesen war 1492 eine Inducie erteilt worden, weil er noch nicht hinreichend dotiert und daher auch nicht konfirmiert war: M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 1012f. Demnach müßte die erste Frühmesse an einen anderen Altar gehört haben.

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B: Stiftungen in Filialkapellen 1 Der Altar war Maria, Jakobus, Christopherus, Anna, Barbara und Margareta geweiht. M. Krebs, Investiturprotokolle, S.40, gibt Indutiae zur Versehung ad inofficiandum seit 1469 an, 1489 eine petitio ad annum für die Kapelle. 1S23 soll Arnegg von Harthausen separiert worden sein. Arnegg war ehedem Hauptort der gleichnamigen Herrschaft und hatte ein Hochgericht: Beschreibung des Oberamts Blaubeuren, S. 134. 2 Die Kapelle bestand schon 1404. Es gab keine einheitliche Gerichtsherrschaft im Dorf. Neben Württemberg übten dort zehn andere Grundherren über ihre Leute und Güter Gerichtsbarkeit aus, darunter drei Klöster, zwei Stifte, die Kaplanei zu Bartenbach selbst, die Kaplanei zu Jebenhausen, zwei vom Niederadel und ein Bürger zu Schorndorf: Beschreibung des Oberamts Göppingen, S. 152 f. 3 Der Status der Kirche zu Beuren ist nicht klar. Laut der Beschreibung des Oberamts Nürtingen, S. 149, war sie 1401 von Nürtingen getrennt worden. Im Stifhingsbrief (WR 11371) ist aber von einer Separation nicht die Rede. M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 71, gibt für 1436 eine Institution auf den Nikolausaltar in der Kapelle Beuren an, die Filiale der Pfarrkirche Nürtingen sei. Für 1469 ist eine petitio für die Pfarrkirche der Dörfleins Beuren angegeben. Der von Schultheiß, Gericht und der ganzen Gemeinde ausgestellte Stiftungsbrief von 1413, in dem es heißt, die Pfründe werde «de novo» fundiert, bekennt sich ebenfalls zum Filialstatus von Kapelle und Gemeinde. 5 Der Ort heißt heute Renfrizhausen. Die Kapelle soll romanische Bauelemente haben: Beschreibung des Oberamts Sulz, S.223. 6 Unser-liebe-Frauen zu Homberg ist schon 1368 urkundlich erwähnt: Beschreibung des Oberamts Cahv, S. 250 fT. 7 Die Stiftungsgeschichte ist etwas undurchschaubar, denn M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 686 f., gibt für 1468 die Stiftung und Besetzung eines Jodocus- und Margaretenatars in der Marienkapelle zu Remshofen in der Pfarrei Bittenfeld durch Hans von Bernhausen an, dem das Dorf Bittenfeld als Lehen gehörte. Für 1469 ist die Bestätigung eines auf die Dreifaltigkeit und Alle Heiligen geweihten Altars in der Pfarrkirche zu Remshofen vermerkt, der durch die Gemeinde Remshofen gestiftet worden sei. 1471 erfolgte die Bestätigung eines unter demselben Patrozinium stehenden Altars in der Kapelle Remshofen, als dessen Stifter Schultheiß, Gericht und die Gemeinde Bittenfeld angegeben wurden. Unter demselben Datum wurde auch die Errichtung einer Marienkapelle [!] beim Dorf Remshofen bestätigt, die von den dort Ansässigen dotiert worden sei. Später ist in den Quellen immer von der Pfründe in der Marienkapelle die Rede. 8 Für 1467 ist eine petitio für die neue Kapelle des Dorfes Sirchingen belegt: M. Krebs, Investiturprotokolle, S.801. Es ist der einzige Eintrag. 10 Die Stiftung steht in engem Zusammenhang mit der ebenfalls 1482 erfolgten Separation der Kapelle zu Korb mitsamt den Einwohnern des Gerichts Korb, dem Steinreinach zugehörte, von der Pfarrei Waiblingen: WR 14469. 11 Der Altar wurde zusätzlich zum Gertrudenaltar gleichzeitig mit der Pfründe fundiert. 12 Der Kaplan auf St. Gertruden vertrat als Leutpriester den Pfarrer von Ebingen in seinen pfarrlichen Pflichten. Die Zustiftung diente dazu, seine Meßpflichten zu erweitern und die Frondienste, die ihm die Gemeinde schuldete, abzulösen. Zu den Verhältnissen der Gemeinde siehe Beschreibung des Oberamts Balingen, S. 523 ff.

C: Stiftungen in Kuratkaplaneien 1 Neckartenzlingen, wo die Pfarrkirche stand, liegt jenseits des Neckars. Es gab immer wieder Streitigkeiten um die pfarrlichen Rechte, unter anderem wegen des Faselviehs: WR 8638. Die Kapelle stand schon 1365, der Chor wurde um 1500 erbaut. Die Kaplanei war mit zwei Höfen selbst Grundherr im Dorf: Beschreibung des Oberamts Nürtingen, S. 141 ff. M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 30, gibt in der Stiftungsbestätigung als Patronin zusätzlich Maria an. 2 Die Kirche wurde 1486 erweitert, sie war St. Ägidius geweiht: Beschreibung des Oberamts Schorndorf, S. 120 ff. Dort ist die Stiftung 1440 als Separation angegeben, doch wurde im Brief ausdrücklich erklärt, daß das Recht der Pfarrkirche nicht aufgehoben sei. M. Krebs, Investiturprotokolle, S.54, verzeichnet für 1483 eine Besetzung «ad plebanatum e[cclesiae] p[arochialis]» und für die Jahre 1486, 1488 und 1489 eine petitio ebenfalls für die «e[cclesia] p[arochialis] Balthmanswiler».

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3 Die Kapelle wurde wohl Anfang des 1S. Jahrhunderts mit Zustimmung des Klosters Schuttern als dem lnkorporationsherrn der Pfarrei Zunsweier errichtet, und zwar, wie sich aus einem Urteil des Straßburger Offizials aus dem Jahr 1440 ergibt, unter der Bedingung, daß die Gemeinde ihren Baupflichten an der Mutterkirche auch weiterhin nachkomme: GLAK 29:28 und . 4 Laut M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 194, hatte der Johannesaltar in der Kapelle schon 1437 eine Pfründe, die aber mit der auf dem Marienaltar in der Pfarrkirche zu Walddorf uniert war. Der Turm der Kirche soll romanisch sein: Beschreibung des Oberamts Nagold, S. 161. 5 Auf das älteste Patrozinium weist der «Agathenzehnt» hin, über den die Gemeinde - wohl im Namen der Heiligen oder der Kapelle - verfugte. Außerdem waren noch Margareta und Barbara patronae der Kirche zu Endersbach: Beschreibung des Oberamts Waiblingen, S. 135 ff. Die Separation erfolgte 1462: WR 12030 f. 7 Der Ortsherr und die Gemeinde gerieten mit dem Kloster Schuttern als Inkorporationsherr der Pfarrkirche Köndringen, wohin die Heimbacher seit rund 150 Jahren zum Gottesdienst gegangen waren, in Streit, weil sie das Inkorporationsrecht des Klosters für die Galluskirche bestritten und das Pfarrecht, das diese ehedem gehabt habe, restituieren wollten. Die Inkorporation könnte sich tatsächlich auf die außerhalb des Dorfs Heimbach gelegenen Marienkapelle bezogen haben, die ebenfalls Schuttern zustand: GLAK 229:41112. Zum Pfarrecht siehe A.Krieger, Topographisches Wörterbuch, Bd. 1, Sp.912f. Der Vertrag von 1505 sollte probehalber auf drei Jahre gelten. 8 Für die Kapelle und die Pfründe zu Heselwangen sind für die Jahre 1463, 1465, 1466 und 1487 petitiones fiir die Zulassung von Almosensammlungen überliefert: M. Krebs, Investiturprotokolle, S.376. 9 Die Kapelle lag außerhalb des Ortes und hatte eine Wallfahrt: Beschreibung des Oberamtes Sulz, S. 184ff. 10 Hohenwart erscheint unter dem Namen Warth in der Beschreibung des Oberamts Nagold, S. 247 f. Nach deren Aussage wurde die Kirche im 15. Jahrhundert erweitert, die ältere Kapelle soll von den Inhabern der elf Höfe des Dorfes errichtet worden sein. Von daher habe noch im 19. Jahrhundert der Pfründner von jedem Hof einen Klafter Holz bezogen. Der Stiftungsbrief gibt an, daß der Chor geweiht, der Altar aber noch nicht dotiert und bestätigt sei. 11 Der Clemensaltar wurde 1436 ad inofficiandum versehen, 1437 bestätigt. 1491 wurde ein Sebastianaltar in der «capella curata ville Kay» besetzt, der wegen des Todes des vorherigen Inhabers vakant war; 1492 wurde ein Marienaltar bestätigt, der zwischenzeitlich unterdrückt gewesen, nun aber von der Gemeinde neu dotiert worden sei: M.Krebs, Investiturprotokolle, S.434. Der Stiftungsbrief des Marienaltars liegt nicht vor. - Die Kapelle, die seit 1434 Begräbnisrecht hatte, wurde 1487 erweitert. In diesem Jahr soll auch die Separation erfolgt sein: Beschreibung des Oberamts Herrenberg, S.214. 12 Die Kaplanei wurde unter anderem aus dem Fonds der Frühmesse finanziert, die anläßlich der Stiftung vom Katharinenaltar der Pfarrkirche zu Burgfelden nach Laufen verlegt wurde. 14 Die anderen Heiligen waren Katharina, die Elftausend Jungfrauen, Kilian und «ander heilige». Die Kapelle war geweiht, hatte aber nach Angabe des Stiftungbriefes bisher keinen ständigen Priester gehabt. 15 Das kirchliche Recht zu Ohmden war geteilt und das Pfarrecht vielleicht nicht unstrittig. Zwar pfarrten die Ohmdener in die Martinskirche zu Kirchheim, die dem Stift Stuttgart zustand, doch zehnteten sie an die Peterskirche zu Weilheim, die St. Peter im Schwarzwald inkorporiert war: Beschreibung des Oberamts Kirchheim, S. 234 ff., 278 ff. - Für das Jahr 1486 ist eine petitio belegt fiir Almosensammlungen zugunsten der «missa perpetua» in der Kirche zu Ohmden in der Pfarrei Kirchheim; 1488 und 1493 wurden die Bewilligungen für die «e[cclesia] p[arochialis]» zu Ohmden erteilt: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 633 f. Eine Separation ist jedoch nicht belegt. 16 Die Kapelle zu Schallbach war schon 1275 im Liber decimalis verzeichnet. 1383 gelangte ihr ius praesentandi an den Rat von Kleinbasel (A. Krieger, Topographisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp.805f.), der sie auch noch 1465 und 1486 besetzte: M.Krebs, Investiturprotokolle, S.755f. 17 Auf die Kapelle wurde schon 1437 durch St. Blasien präsentiert. 1488, 1489, 1491 sind petitiones für die «e[cclesia] p[arochialis]» zu Scharnhausen belegt: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 757. Laut der Beschreibung des Oberamtes Stuttgart, S.248, ließ Württemberg auf Kosten des Stifts Stuttgart 1537 ein Pfarrhaus bauen und separierte die Gemeinde. 18 Für 1463 ist eine petitio «ad missam perpetuam in cap[ellam] ville Suppingen» belegt, 1463-1470, 1472, 1474 und 1480 indutiae für die Versehung ad inofficiandum: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 834 ff.

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19 Weiler hatte früher mit der jetzigen Pfarrkirche zu Winterbach in die Pfarrei Schorndorf gehört. Die Stiftung war eine Aufbesserung, bei der die Dienste neu festgelegt wurden, weil man «nit genugsamlich versehen» war. Der Kreuzaltar wurde schon 1474 neu besetzt, weil der bisherige Inhaber verstorben war: M.Krebs, Investiturprotokolle, S.962.

Anmerkungen zu den Tabellen 3A, 3B, 3 C und 5A, SB, SC: Ergänzende oder erläuternde Angaben zu den Quellen, ihren Verfassern oder Ausstellern und zur Frage, wer als eigentlicher Stifter zu gelten hat A: Stiftungen in Pfarrkirchen oder im Pfarrdorf 1 Es liegt zudem ein Ersuchen des Pfarrers von Asperg an Württemberg als Patronatsherr um Besserung der Einkünfte vor: WR 8879. 2 Es liegt nur die verhältnismäßig ausführliche Bestätigung der Zustifhing durch den Probst zu Allerheiligen im Bistum Speyer als Archidiakon vor, der der neue Stiftungsbrief möglicherweise als Vorlage gedient hatte. Die Pfründe war nicht vakant, die Bestätigung schließt die Zustimmung des Kaplans zur Stiftung ein. 5 Pfund 3 Schilling der Zustifhing rührten von einem «Here Conrat Nenig selig von vahingen» her. Es dürfte sich um eine Seelmeßstiftung eines Klerikers handeln. Über den Zeitpunkt der Güterabtretung und die Beziehungen Conrat Nenigs zur Gemeinde ist nichts bekannt. Das andere Stiftungsgut stammt von «dem Dorf» und den «helgen von vrach vnd ander from lute». 3 Die Bruderschaft, die hier stiftete, hatte nach Aussage des Stiftungsbriefes weltliche und geistliche Mitglieder. 4 Es liegt außerdem ein Kaufbrief über Heiligengut vor: WR 12689. 6 Es liegt ein Almosenbrief für eine Nikolauskapelle mit Pfründe vor, ausgestellt von Kraft von Lichteneck, der wohl im Dorf gewisse Herrenrechte besaß: WR 13953. Außerdem existieren Briefe über Käufe zu Händen des hl. Nikolaus (WR 13950-52) und ein Urteil über einen Streit um die Rechte eines der Pfründe gehörigen Hofes (WR 13993). Kraft von Lichteneck erscheint im Stiftungsbrief und in der Bestätigung des Bischofs als Stifter und «Kastvogt», es ist jedoch nicht ersichtlich, daß er einen finanziellen Eigenbeitrag geleistet hätte. 7 Es handelt sich um das Ersuchen des Probstes des Stifts Tübingen als Patronatsherr im Namen des Pfarrers, des Schultheißen und der Einwohner an den Bischof um Erneuerung der Stiftung von 1388, deren Briefe verloren gegangen waren. Laut WR 12174 war dieselbe von der Gemeinde gestiftet worden. In der Bestätigung des Bischofs ist von einer Beteiligung Adliger (Ortsadel?) die Rede, die sich wohl auf diese erste Stiftung bezieht. 8 Es läßt sich nicht erschließen, wer die Stifter, Initiatoren oder Geldgeber der beiden Meßpfründen waren, durch deren Unierung der Fonds für die neue Stiftung zustande kam. 10 Durch eigene Mittel und die Spende von Heinrich Schmid, einem «geistlichen Herrn von Stuttgart», konnte die Gemeinde den schon lange bestehenden, aber bislang ungenügenden Fonds auf die für die Errichtung einer «Ewigpfründe» erforderlichen 40 Pfund Heller aufstocken. Welcher Art die Verbindung zwischen Schmid und der Gemeinde war, läßt sich nicht erkennen. 11 Die Pfründe der Gotthartkapelle, die zur Frühmesse aufgebessert wurde, war nicht vakant. Der Kaplan Stephan Ottenbronner selbst steuerte die Erträge seiner Gärten zu Kuppingen bei, die sich auf 1 Pfund, 16 Schilling und 6 Pfennig beliefen. 14 Zusammen mit der Gemeinde erscheint der frühere Pfarrer zu Tübingen als Verfasser des Stiftungsbriefes in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker seines Bruders, des ehemaligen Pfarrers der Gemeinde. Das Seelgerät sollte in der gemeindlichen Pfründstiftung aufgehen. 15 Ulrich, Graf von Württemberg, tut in diesem Brief als Patronatsherr dem Bischof zu Konstanz kund, daß die «universitas [...] necnon alii vtriusque sexus fideles» mit seiner Bewilligung eine Messe auf den Marienaltar der Pfarrkirche gestiftet habe. Die Mittel wurden aus Almosen aufgebracht. 16 Es liegen außer den genannten Quellen zwei Kaufbriefe zu Händen der geplanten Pfründe vor: WR 12690, WR 12691; unter WR 12699 findet sich eine Abschrift des Stiftungsbriefs. 17 Die Mittel stammten aus dem Fonds der Bruderschaft des Heiligen Sebastian, für dessen Pflege allerdings der jeweilige Schultheiß und das Gericht des Dorfs zuständig waren, die hier im Namen der Bruderschaft sprachen.

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19 Es handelt sich bei der Quelle um eine von der Stadt Wimpfen nach Anhörung von Zeugen angefertigte, beglaubigte und gesiegelte und vom Bischof bestätigte Neuausfertigung der alten Urkunde, deren Siegel durch unsachgemäße Handhabung geschmolzen waren. Zum Stifhingsfonds gehörte eine Jahrzeit, die Hans Brun von Kirchheim, ehedem Frühmesser zu Stockheim, für sein Seelenheil gestiftet hatte. 20 Die Quelle ist ein vom Stadtschreiber und Notar zu Schorndorf beglaubigtes Instrument, in dem sich Jörg Martin von Urbach unter der Bedingung, daß die Heiligenpfleger der Pfarrkirche zu Urbach innerhalb einer bestimmten Frist die nötigen Zustiftungen für die Errichtung einer Frühmesse aufbrachten, zur Überlassung eines Lehens als Seelmeßstiftung für sich und seine verstorbene Frau zu Händen der Heiligenpfleger zu Urbach verpflichtete, das zugleich Grundstock für die besagte Frühmesse sein sollte. Es liegt keine Nachricht darüber vor, ob es zu der Stiftung kam. 21 Die Zusage der Heiligenpfleger über die Befreiung der Stiftungsgüter der neuen Unser-lieben Frauen-Pfründe von allen Abgaben auf Kosten des Kirchenfonds (WR 13416) wurde vom Probst zu Denkendorf als «Castvogt» und «Lehensherr» der Pfarrkirche «von obgemellter hayligen vnnd kirchen wegen» bewilligt. Auch der Schultheiß und das Gericht gaben ihr Einverständnis und zwar mit den Worten: «Souil vnd vnns Inn diser sach gepurt hat».

B: Stiftungen in Filialkapellen 1 Es liegt eine beglaubigte Abschrift vor. Die Stiftung basierte auf einem umfänglichen Seelgerät. Im Brief erscheinen Testamentsvollstrecker als Initiatoren. Die Mitwirkung der Gemeinde ergibt sich aus der Dotationsaufstellung und dem Gemeinderevers (WR 7179). 3 Es liegt auch der Brief der Stiftung vor, die 1401 errichtet worden war und zu der 1413 zugestiftet wurde: WR 11371. Die Ausstattung hatte 1401 nur 22 Pfund Heller betragen. Es werden Angaben zu den Pflichten des Pfründners und zur Präsentation gemacht. Im Brief erbitten Schultheiß und Richter als Pfleger die Bestätigung einer «neu fundierten» Nikolauspfründe. 6 Die Abschrift findet sich im Kopialbuch. Mit der Stiftung wurde eine früher von den Edlen von Homberg gestiftete Pfründe aufgebessert. Den Antrag stellte der Komtur der Johanniter zu Rohrbach als Patronatsherr mit Zustimmung des Pfarrers der Mutterkirche zu Zwerenberg und des Kaplans zu Hornberg. Außerdem heißt es, daß «commendator, Schulthaisen, Inwoner gemainden vnnd pfleger obgemelter capell» dem Kaplan, wenn er die Pfründe ordentlich besinge, die genannten Einnahmen garantieren wollten. Statt «gemainden» steht in der Einleitung «gemainlich». 7 Es handelt sich um eine bezeugte, beglaubigte und gesiegelte Neuausfertigung des Stiftungsbriefs von 1471 samt bischöflicher Bestätigung und einer Regelung über die Ablösung von Erträgen aus einer zur dos gehörigen Hofstelle aus dem Jahr 1500. Im Stiftungsbrief spricht das Stift Backnang als Patronatsherr der Pfarrkirche Bittenfeld für die Filialgemeinde Remshofen. Außerdem liegt ein Urteil des Hofgerichts Eberharts des Älteren von Württemberg vor, das in einer Klagsache zwischen dem Kaplan und den Heiligenpflegern zu Remshofen gegen Jörg Nothaft erging und die Vogtei über einen der P f r ü n d e gehörigen Meierhof betraf: W R 14475. Die Gemeinde Bittenfeld. in deren Gericht und Pfarrei Remshofen gehörte, erscheint als Mitstifterin. Möglicherweise war auch der Ortsherr von Remshofen. Hans von Bernhausen, an der Stiftungsinitiative beteiligt. Vgl. die Anm. zu Tabelle 2B. 8 Es handelt sich um eine testamentarische Stiftung des aus Sirchingen stammenden ehemaligen Pfarrers von Steingebronn. zweier seiner Verwandten und eines Ehepaares aus Apfelstetten. Es stifteten die Testamentsverwalter. Die Verwaltung des Stiftungsgutes allerdings sollte den Heiligenpflegern zu Sirchingen zustehen. 9 Es liegt außerdem ein den Heiligenpflegem ausgestellter Revers über ein zum Heiligenfond gehöriges Feldlehen vor: WR 13992. 10 Eberhart v. Württemberg tut in diesem Brief dem Bischof kund, daß die «vnsern des dorffs zu korb» diese Stiftung in der Filiale Steinreinach unternommen hätten. Als Stifterin erscheint also nicht die Filialgemeinde Steinreinach, sondern die Gerichtsgemeinde Korb, repräsentiert durch Schultheiß und Gericht. 11 Als Antragsteller und Stifter des Marienaltars mitsamt seiner Pfründe erscheint die Meierschaft zu Winterlingen zusammen mit Conrad Engenrich, einem Bürger von Mengen und seiner Ehefrau, die ein Seelgerät errichteten, das der neuen Frühmesse auf dem Altar einverleibt sein sollte.

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12 Die Zustiftung zur Pfründe des Gertrudenalters wurde unternommen vom Vogt, dem Gericht und der ganzen Gemeinde zu Winterlingen. Die besondere Stiftungsabsicht lag darin, daß die Gemeinde Frondienste ablöste, die sie dem Kaplan bis dahin schuldig gewesen war.

C: Stiftungen in Kuratkapellen 1 Es liegt außerdem eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Stift Göppingen, dem die Pfarrkirche zu Neckartenzlingen inkorporiert war, über die Haltung eines eigenen Zuchtstiers vor. die eine Serie von Konflikten beendete: WR 8638. 3 Der aktuellen Schlichtungsvereinbarung wurden drei weitere, länger zurückliegende vorangestellt, bei denen es um die Versehung und die Rechte der Kapelle gegangen war. Siehe auch G L A K 29:28 . Außerdem liegt ein Stiftungsbrief für ein Seelgerät vor, das Jakob von Schauenburg in der Kapelle 1512 errichtete und dessen Stiftungsbestimmungen in engem Zusammenhang mit dem Schlichtungsvertrag über die Pfründstiftung stehen: GLAK 27:20 . Der Pfarrer von Zunsweier überließ der Gemeinde und dem Kaplan die 2 Pf. Heller, die er bislang von der Gemeinde für das Lesen der Sonn- und Feiertagsmessen erhalten hatte (GLAK 29:28 ). Der Inkorporationsherr stiftete aus den Pfarreinkünften zu. Der Zusammenhang zwischen der Jahrzeit Jakobs v. Schauenburg und der gemeindlichen Sitftung ist nicht ganz klar. Die Regelungen der Jahrzeit waren dem Recht der Kaplanei und der Gemeinde jedenfalls forderlich. 4 Die Bestätigung des Bischofs ist auf 1523 datiert, während das Ersuchen schon 1495 gestellt wurde. Es handelt sich um eine Zustiftung, die die Wirkung des alten, verlorenen Briefes aufheben sollte. 5 Ein Stiftungsbrief liegt nicht vor, nur der Gemeinderevers. Die Kapelle wurde 1462 auf Antrag des vom Grafen v. Württemberg im Namen «vnnser Armenlutte In Endelsbach» separiert: WR 12030, 12031. 6 Der Brief wurde im Namen von Hans Jörg von Bodman, dem Ortsherrn, Dr. Nikolaus Instinger, dem Pfarrer zu Bodman, Johannes Schmid, dem Kaplan zu Espasingen, und der «ganntz gmaind gemainlich» an den Bischof gerichtet. Er beginnt dann aber mit den Worten: «Wie wol, gnediger herr, wir, die gemaind zu Eschspingen, Mann vnnd frowen, jung vnnd allt, uß alltem bruch vnnd herkommen auch by christenlichen gehorsam schuldig gewest sind . . . » . 7 Es liegt eine 1525 als Ersatz für das im Bauernkrieg verloren gegangene Exemplar angefertigte, beglaubigte Abschrift des Vertrags vor, der auf Probe für drei Jahre gelten sollte: GLAK 229:41105. Dieser Vertrag war geschlossen worden zwischen dem «Apt zu Schuttern alß eyn rechter lehenher der pfarkirche zu kundringen von wegen syn vnd syns gotzhusß an eym, So dan den Edlen vesten Rudolff von Blumegk, vogther der gotzhuss lütt zu Heymbach von wegen bemelten gotzhusß Schuttern und Bastian von Landeck alsß gerichtsher von syener eygenschafft wegen vnd der Gemeinynd des dorffs doselbs zu heymbach andernteils». Die Quellen, die dem Faszikel G L A K 229:41113 zugewiesen sind, gehören zum Teil nach Bombach. Verwirrung über die kirchlichen Verhältnisse war schon zur Zeit der Stiftung dadurch entstanden, daß es außer der Galluskirche im Dorf Heimbach noch eine Marienkapelle vor dem Ort gab. GLAK 229:41112 betrifft die Konfliktgeschichte von Kloster, Gemeinde und Ortsherrschaft. 8 Heselwangen bietet von allen hier ausgewerteten Fällen den am umfassendsten dokumentierten Stiftungsvorgang. Vom Stiftungsbrief (3. März) über die Güterfreiung durch die Gemeinde (7. April: W R 6723), die Zustimmungen des Patronatsherrn (21. Mai) und des Pfarrers der Mutterkirche (14. Juli) und die Nachdotation durch die Gemeinde und die Heiligenpfleger (15. Juli) bis zur letztendlichen Bestätigung durch den Bischof (18. Juli) liegt alles vor. Es kann aufgrund verschiedener Hinweise in den Nachrichten zu anderen Stiftungen angenommen werden, daß hier der normale oder jedenfalls normgerechte Verlauf einer Stiftung dokumentiert ist. 9 Es handelt sich nicht um einen Stiftungsbrief, sondern um eine Absprache zwischen dem Pfarrer der Mutterkirche Bergfelden, dem Kaplan, der schon auf der Pfründe saß, und der Gemeinde über eine Zustiftung. 10 Zwar ist ein Kleriker als Mitstifter genannt, doch geht aus dem Pflichtenkatalog des Kaplans nicht hervor, daß eine Jahrzeit zu lesen gewesen wäre. Das rührt möglicherweise daher, daß der Stifter zu diesem Zeitpunkt noch lebte. 12 Bei der Quelle handelt es sich um eine Vereinbarung zwischen der Gemeinde Lauten und dem Pfarrer zu Burgfeld, der vor dem Bischof im Namen der Gemeinde als Antragsteller auftrat.

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13 Der Abt von Schussenried und der Truchseß zu Waldburg schlichteten hier einen Konflikt, der zwischen der Gemeinde und dem Abt des Klosters Rot an der Rot sowie dem Pfarrer der Mutterkirche Haisterkirch der berührten Frage von Versehung und gemeindlicher Stiftung anscheinend schon länger anhängig war. 14 In der Quelle erscheinen Vogt, Richter und die ganze Gemeinde als Stifter und Antragsteller. 15 Es handelt sich um einen Vertrag zwischen der Gemeinde und dem Probst des Stifts Stuttgart als Inkorporationsherr der Pfarrei Kirchheim, der auf einem Schiedsspruch des Hofgerichts Stuttgart beruhte. Die vertraglichen Regelungen wurden von Württemberg «kundgetan». 16 Auf Bitten der beiden vor ihm erschienenen «kilchmayer der Cappellen sannt peter vnnd sännet Conrads in dem dorff schallbach [...], So doch auch Hanns Burcken, geschworner, Martin klainhans vnnd Thoma fryg, beide von der gemeind des vorgemellten dorffs, alle alls volmechtige anwelldt der vbrigen geschwornen vnnd Inwoner desselben dorffs Schallbach» erlaubt hier der Bischof zu Basel als Inkorporationsherr der Pfarrkirche zu Binzen die Aufbesserung der Pfründe zu Schallbach. 17 Als Stifter erscheinen «Scultetus et Judices totaque universitas ville Scharnhusen». 18 Dies ist der einzige Stiftungsbrief, in dem neben Richtern und Gemeinde kein Vertreter der Herrschaft (Schultheiß oder Vogt) aufgeführt ist. 19 Als Statthalter der Herrschaft Württemberg, der das Patronat der Kapelle zustand, tut hier Ferdinand von Habsburg die «renovatio» der Pfründe kund. Vor allen anderen Regelungen wird zunächst einmal das Präsentationrecht des Patronatsherrn vorbehalten, was als unüblich gelten kann.

Anmerkungen zur Tabelle 15: Ergänzende und erläuternde Angaben zu den Aussagen der Quellen hinsichtlich der Nutzungen der Kuratkapläne am pfarrlichen Recht 1 Der Kaplan mußte den pfarrlichen Einkünften, nämlich «missalibus, remediis, testamentibus, oblationibus, mortuariis et aliis iuribus et consuetudinibus», zugunsten des Pfarrers entsagen. 3 Zur dos fielen 1 Pfund Heller, die der Pfarrer zuvor für das Meßlesen in der Kapelle erhalten hatte. Über eventuelle Einkünfte aus geschuldeter Vertretung ist nichts ausgesagt. Zu den speziellen Regelungen über Opfer und Präsenzgelder im Text (Teil C), bei Anm. 222, 235ff. 4 Die Sonn- und Feiertagsmessen, die der Pfarrer zuvor in Egenhausen hatte halten müssen, übernahm jetzt der Kaplan. Ob er auch Einkünfte daraus hatte, ist nicht ersichtlich. 5 Zu den vorbehaltenen Rechten siehe im Text (Teil C), bei Anm. 233. 6 Zehnten, Zinsen und pfarrliche Gefälle mußten dem Pfarrer garantiert werden. 7 Nach wie vor mußten alle an den vier Hohen Festen falligen Opfer dem Pfarrer überlassen werden. Ausdrücklich wurde der Galluskirche (d.h. dem Kirchenfonds) zu Heimbach der hergebrachte Anteil an den Stöcken zugesagt, alle anderen Erträge mußten an die Pfarrkirche abgeführt werden. Vgl. zu den Rechten der Kapellen am Stockgeld im Text, Teil C, bei Anm.400ff. 8 Zu einem Vertrag über den Kleinzehnt im Jahr 1508 siehe Beschreibung des Oberamtes Balingen, S.403. 11 Die Stol und andere «tägliche Erträge», das heißt die Akzidentalia, waren mit 2 Pfund Hellern in die Dotation von 40 Pfund Hellern eingerechnet. Wahrscheinlich waren sie von der Gemeinde abgelöst worden. 12 Der Inhaber der «Caplony Curata» sollte alle pfarrlichen Nutzungen genießen außer dem Bannschatz (Kirchenbußen), dem Neubruchzehnt und den Präsenzen aus den «gesetzten» Jahrzeiten, die «uff ain pfarrer zu Burgfeld verordnet» waren. 13 Zu den Einkünften aus dem Zehnt siehe im Text (Teil C), bei Anm. 255. Für die an bestimmten Feiertagen geschuldete Assistenz wurde kein Lohn genannt. Für die Jahrzeiten, für die er zur Verfugung stehen mußte, sollte der Kaplan vom Pfarrer 12 Pfennig Meßlohn und ein Mahl erhalten. Die zwei Jahrzeiten, die am Mittwoch vor St. Michael in der Kapelle zu halten waren, mußte er «ohne des haylligen schaden» feiern; das heißt, er mußte für alle Kosten selbst aufkommen. Vgl. dazu die Regelungen für Plochingen (A 16). 14 Die in der Dotation erwähnten Zehnten waren erkauft bzw. wurden von der Gemeinde von der Allmend oder bislang zehntfreiem Land entrichtet: «Item uß der almand, die man nennt Egerden, git die gemaind den zenhend, tut jarlich sechs malter, sechs viertel minder oder mer, ist angeschlagen für zway pfund haller. Item den Howzenhenden ouch zuo Mulhain, tut zuo gemainen jaren

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syben pfund haller.» Zum Kleinzehnt heißt es: «Item den clainen zenhenden ganntz mitnamens flachs, hannf, erbsen, linsen, wicken, Rüben, zwybeln, honer, Gennsß, ennthen vnnd obs, tut zuo gemainen jaren ayllf pfund heller». Der Probst des Stifts zu Stuttgart, der zu jener Zeit zugleich württembergischer Kanzler war, verzichtet als Inkorporationsherr der Pfarrkirche zugunsten der Kaplanei auf die Hälfte aller Opfer, der Stol und der Jahrzeitpräsenzen, die ihm bisher zugestanden hatte. Siehe das Zitat im Text (Teil C), bei Anm.217. Die Formulierung legt die Annahme nahe, daß auch die Altaropfer abzugeben waren. Dem Pfarrer vorbehalten waren «alle välle, SelgeRätt, oppffer, thauffhennen, baichtgellt, all schiling, Kindbett, liechter, zehnend vnd ander gewonhait vnde Rechten, was bißhere ainem pfarrer tzu laichingen [oder] sinem helffer tzu gehörtt». Zum Kleinzehnt siehe im Text (Teil C), bei Anm.240f. An bestimmten Feiertagen und bei Jahrzeiten, sollte der Kaplan dem Pfarrer assistieren, wie es den Regeln des Landkapitels entspreche, doch ist über einen Helferlohn oder ein Präsenzgeld nichts gesagt.

Anmerkungen zu den Tabellen 16 A und 16 B: Ergänzende und erläuternde Angaben zu den Aussagen der Quellen hinsichtlich der Dotationen der einfachen Minderpfründen A: Stiftungen in Pfarrkirche oder im

Pfarrdorf

1 5'/ 2 Pfund Heller gaben die Heiligen zu Asperg. Sie waren um das Zwanzigfache ablösbar, wie auch alle anderen übergebenen Zinse wiederkäuflich waren. Der Zins von zwei Wiesenplätzen hatte zuvor dem Heiligenfonds zugehört. 2 Da für die Stiftung kein Brief vorliegt (siehe die Anm. zu Tabelle 3 A), erfahrt man nicht viel über die dos. Die Gemeinde gab eine Wiese zur Dotation und hatte außerdem eine Hofstatt erkauft und dem Pfründner ein Haus und ein «scheurlin» darauf gebaut, damit er residieren könne. 5 Zur Dotation fielen unter anderem Weingärten, zwei «Gütlein» und elf Tagwerk Äcker, darunter «St. Petris Bruwel, gelegen in bissinger zwingen und bännen». Zwei andere Grundstücke waren dem Heiligenfonds zu Weilheim abgekauft worden. 6 Der Pfründe wurde ein ganzer Hof zu Böhringen übergeben, der schon vor 1469 zum Fonds des hl.Nikolaus gehört hatte. Die Eigengüter der Pfründe durfte der Kaplan «entsetzen und besetzen». Die Pfründe hatte außerdem 262 Pfund Heller «geschribner schulden», wovon man soviel einzubringen und anzulegen versprach, bis die Pfründe 40 Pfund Heller Jahreseinkommen habe. 7 Über alle Einkünfte der Pfründe lagen laut Stiftungsbrief besondere Briefe vor. 3 '/ 2 Pfund Heller konnte sich der Frühmesser mit der Teilnahme an Jahrzeiten verdienen, die an der Kirche bestanden. 8 Zur Pfründe gehörte ein Haus, von dem nicht klar ist, ob der Pfründner darin leben sollte. Die Dotation war ganz aus Eigengütern und Ewigzinsen aufgebracht worden. 9 Zu den umfangreichen Eigengütern der dos gehörten unter anderem drei Häuser, wovon zwei als Sölden bezeichnet sind, und ein «das awiß lehen» genanntes «Gütlein». Vier Tagwerk Wiesen, die als Erblehen gegen Ewigzins vergeben waren, «sien des hailigen aigen gewesen vnd ist Inen [i.e. den Zinspflichtigen] an ain erbgut gelihen»; Handlohn und Weglöse dafür betrug je 5 Schilling. Aus «dem gemeinen acker» erhielt die Pfründe 4 Schilling Heller. Ausdrücklich vermerkt wurde im Brief, daß 28 Pfund Heller, 12 Schillung und 1 Pfennig der Gesamtdotation aus Ewigzins, 11 Pfund Heller, 8 Schilling hingegen aus wiederkäuflichem Zins erlöst wurden. Weiter unten heißt es dazu: «vnd ob diß ablösig zins ains mals abgelöst wurden, so sollen wir vnd vnser Nachkomen dieselben Zins mit wissen vnd Rat vnser herren probsts vnd capitels, obgenant, widerum an gewiß zins oder gült anlegen, daz der frümeß kain abgang geschehe.» 10 Alle Einkünfte rührten aus Ewigzins. Außerdem hatte der Heiligenfonds der Pfründe den St. Peters-Zehnt übergeben, welcher den Groß- und Kleinzehnt aus 19 Morgen Äckern umfaßte, und den Zehnt zu Abstatt, der aus einer Jahrzeitstiftung zu stammen scheint. 11 Die Pfründe hatte, laut Aussage des Briefs, vor der Zustiftung aus dem Heiligenfond Einkünfte in Höhe von 30 Pfund, 12 Schilling und 3 Pfennig gehabt. Der amtierende Kaplan selbst übergab der Pfründe einen Garten, der 1 Pfund Heller ertrug, und Nutzungen aus anderen Gärten in Höhe

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von 16 Schillung, 6 Pfennig. Damit kamen insgesamt Erträge von 42 Pfund Heller, 16 Schilling und 9 Pfennig zusammen. Zur Dotation fielen vier Hofstätten zu Neuhausen, die verliehen werden konnten und Handlohn und Weglöse schuldig waren. Es heißt dazu weiter: «vnd sind die vier obgemelten zinße zu Nüwhusen in ainem kouffe nach ußwisung aines besigelten briefs erkauft worden». Die «Wingert, die zu der pfründe gehörent vnd die landtgarb järlichs daran gebent», zinsten durchschnittlich 8 Pfund Heller im Jahr. Unter ihnen waren anderthalb Vierteil Wingert, «Rürt her von otten schiemern, seligen, dem sol der priester, der dise pfninde Innhatt, in der benanten Cappel järlichs sin jarzit began mit ain selmess vf den nechsten tag nach des hailigen Crutzes erhöhung tag vnd sol auch alsdann vmb siner Sele willen armenluten geben dryer Schilling hlr wert brots». Von «allen den gemeinden vnd nutzungen, die wir habent», so heißt es, wollten die Metzinger der Pfninde 4 Pfund Heller geben, die jedoch wiederkäuflich sein sollten. Die Gemeinde befreite zudem alle Pfründgüter von Abgaben. Zur «Landgarbe», die eine Abgabe an die Niedervogtei ist: K. S. Bader, Dorfgenossenschaft, S.96. Zu des «benempten altars güter, nutzung vnd zugehörd» gehörten drei Höfe: der Keßler Hof zu Tamm, der Roggen und Hafer zinste, jeweils 15 Malter und 6 Simmerin; das Yberger Lehen, das zu Möglingen lag und je 12 Simmerin an Roggen, Dinkel und Hafer gab; und, ebenfalls zu Möglingen gelegen, der Frölich Hof, der 16 Malter Roggen, 20 Malter Dinkel, 15 Malter Hafer und 1 Malter «erwis» geben mußte. Zur dos gehörten außerdem noch etliche Äcker. Zur Dotation fielen an Eigengut 5 Morgen Wiesen und ein Wiesenplätzchen. Daß die Pfninde auch ein Haus hatte, läßt sich aus der Bemerkung schließen: «Vnd soll ain yeder Caplan zü zyten das pfrundhus wesenlich vnd In gutem buw halten». Zur Dotation fiel unter anderem «willen mayers hoff» mit allem Besitz und Zubehör, der Kleinzehnt aus etlichen Gütern, genannt der «Käntzerinen Zenhend», und ein neues Haus mit Garten. Zur Dotation fiel neben anderen Eigengütern ein halber Meierhof zu Pfauenhausen. Er war 1421 mit allen Rechten für 300 Rheinische Goldgulden für die Pfninde aus Almosen gekauft worden. Alle Güter waren von Abgaben oder Verpflichtungen frei, mit Ausnahme von vier ausdrücklich genannten. Auf einem von diesen lastete eine Jahrzeit, für die der Meßpriester ein halbes Pfund Wachs für Lichter und das Präsenzgeld für zwei zusätzliche Priester aufzubringen hatte. Ein Gutteil der Dotation bestand aus ablösigem Zins. Die Bruderschaft, welche das Dotationskapitel aufgebracht hatte, bestimmte, daß das Geld aus Wiederkäufen nicht in die Hand des Kaplans gelangen sollte. Die Stiftung wurde aus dem Heiligenfonds finanziert. Zur Dotation fielen 12 Juchart Ackerland, Haus, Hof, «Hofraitin» und ein Garten. Etliche Zinsen mit dem Gesamtertrag von 5 Pfund Heller, die zuvor den «haiigen zü rottnacker» gehört hatten, sollten, sobald «die genant unser lieben frow» genügend Almosen eingenommen habe, daß man davon einen entsprechenden Zins kaufen könne, an den Heiligenfonds (der Kirche) zurückfallen. Zur Dotation gehörte neben etlichen Wiesen ein «Lehen», das schon vor der Errichtung der Stiftung von den Pflegern der künftigen Pfründe verliehen worden war. Darüber sollte der Pfründner einen Brief erhalten. Die vorhandenen 180 Pfund Heller Bargeld wurden von der Gemeinde für die Pfründe angelegt, nicht vom Pfründner. Grundstock der Dotation sollte ein «Lehen» sein, das ein Privatmann der Pfründe als Seelgerät überlassen wollte, sofern die Ewigpfründe binnen einer gesetzten Frist errichtet würde. Zur Dotation fielen etliche Eigengüter. 1497 wurden von den Heiligenpflegern 2 Pfund Heller, 9 Schilling Ewigzins aufgebracht, um die auf dem Pfründgut liegenden Steuern und Abgaben abzulösen. Die meisten Zinse waren wiederkäuflich. Dazu heißt es: «vnd wenn er [der Zinspflichtige] ain pfund heller ewigs kaufft In ainer halben myl, des ain gericht ain benügen hatt, das soll man vffnemen vnd In des anderen ledig lassen.» Der Frühmesse wurden vier «Lehen» zu Zainingen und je eines zu Grabenstetten, zu Feldstetten und zu Dunstetten zugeeignet. Diese schuldeten der Pfründe Korngülten. Faßnachtshennen. Herbsthühner. Eier und Käse und mußten Handlohn und Weglöse geben. Ferner erhielt der Pfründner aus der Zehntscheuer zu Grabenstetten zwei Modena Korn. Über alle Güter und Zinsen sollen Briefe und ein Register vorgelegen haben.

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B: Stiftungen in Filialkapellen 1 Der Kaplan durfte Wasser. Weide. Wann. Holz und Feld wie jeder «Einsäß» des Dorfs nutzen. Zur Dotation fielen Zinsen von insgesamt S Rheinischen Gulden, die früher dem Heiligen gehört hatten. Die zugehörigen Kaufbriefe, die von 1484-1496 datieren, wurden in den Brief aufgenommen. Alle restlichen Erträge (25 Gulden) stammten aus einer Pfandschaft, die das Kloster Söflingen, dem die Pfarrkirche inkorporiert war, für ein Darlehen von 500 Gulden den privaten Stiftern verschrieben hatte. Für diese Erträge war der Pfründner Jahrzeiten schuldig. 2 Zur Pfründe fielen eine Anzahl von Eigengütern. Unter anderem das Anwesen «Lerchenhuß» zu Bartenbach mit allem Recht und Zubehör, von dem die Pfründe 2 Pfund Heller, 10 Schilling, 3 Pfennig Zins erhielt. Die Zinsen sind nur zum Teil als Ewigzins erkenntlich. Im Brief heißt es, die Erträge von 40 Pfund Heller sollten dem Priester «pro honesta et congrua sustentacione» dienen. 3 Die erste Dotation aus dem Jahre 1401 hatte nur 22 Pfund Heller ertragen. Die Erträge der Zustiftung rührten aus Abgaben von Höfen («Gesässen»), Äckern, Wiesen, Wingerten, Häusern und Gärten und Zinsen. 4 Als erstes ist in der Dotation ein Haus genannt, ohne daß ersichtlich wäre, ob es das Pfründhaus war. Die Güter und Zinsen stammten zu einem Teil von den Heiligengütem, genauer gesagt von den Altären der hl. Barbara und des hl. Antonius, zum andern Teil von der Gemeinde. 5 Neben zahlreichen Hellerzinsen fielen zur Dotation zwei größere «Lehen»: Das «Heiligenlehen» gab jedes dritte Jahr 4 (Oberndorfer) Malter Kom und 4 (Horber) Malter Hafer, in den anderen Jahren hingegen 2 Malter Korn mehr. Das «Lehen, das Wernher Brendlis was», also wohl gekauft worden war, gab 3 Malter Kom und 2 Malter Hafer. Aus einem Haus mit Hofstatt und Garten nahm die Pfründe 2 Pfund Heller ein, ein eigenes Pfründhaus ist nicht erwähnt. Der Großzehnt im Dorf, der zu einem Viertel an die Pfründe fiel und 15 Pfund Heller ertrug, war auf Wiederlösung Hans v. Geroldseck abgekauft worden. 6 Die Abschrift des Briefes im Kopialbuch trägt die Überschrift «Additio ad dotationes». Zweck der Stiftung war es, einem Priester die «uffenthaltunge sines lebens vnnd tragungen geistlicher bürde» zu ermöglichen. Ein Haus ist in der Dotation nicht aufgeführt, jedoch sollte der Priester «hushablich» im Dorf wohnen. Die Gemeinde («Wir, Inwoner Zue Hornberg gemeinlich») sicherte dem Kaplan außerdem zu, daß sie ihm 4 Rinder und 2 Schweine «verhirten» wolle, und dieses Weiderecht «ain pfund heller Järlich gult vnnd besser» wert sei. Schultheiß, Pfleger und Einwohner erklärten alle Pfründgüter, über die auch ein gesondertes Register vorgelegen haben soll, für abgabenfrei, abgesehen von den 6 Schilling Heller Steuer an den «vogtheren». 8 Für die eine Wochenmesse in der Kapelle und die Jahrzeit für die Stifter erhielt der Pfarrer 6 Pfund Heller, 11 Schilling. Die einzelnen Zinserträge, die jeweils urkundlich belegt sind, sollten von den Heiligenpflegern zu Sirchingen gesammelt und dem Pfarrer zu Martini ausgehändigt werden. Gelder aus Wiederkäufen sollten unverzüglich neu angelegt werden. 9 Es liegt ein Revers vor über das Feldlehen der Heiligen zu Sontheim, das die Heiligenpfleger zu Erbrecht vergeben hatten und für das sie Handlohn und Weglöse einzogen. Auch etliche andere zur Dotation gehörigen Erträge stammten aus Heiligengut, darunter auch ein Zehnt. 10 Pfund Heller erhielt die Pfründe jährlich aus den Nutzungen eines Gemeindewaldes. Sie sollten aber sobald als möglich abgelöst werden, vermutlich mit Almosenerträgen. 10 Zur Dotation gelangten eine Reihe von Hellerzinsen. Die, welche unter 1 Schilling ertrugen, sollten von den Heiligenpflegern eingebracht, dem Pfründner der Gesamtertrag ausgehändigt werden. Über einen Zins von 9 Schilling heißt es: «vnd ist diser Zinß des dorffs gewesen für stur vnd Zinß, vnd hat das dorff den Zinß vnser frowen geben. Ist nu von Sant Wolffgangs pfleger erkaufft worden, nach lut ettlich brieff.» 11 Siehe zur dos im Text, Teil C, bei Anm.308, 376. Zur Dotation gehörten neben einem Haus mit allem Zubehör etliche Eigengüter, u.a. ein Gut zu Winterlingen, das dem Prior des St. Wilhelmstifts zu Mengen abgekauft worden war, und etliche kleinere Güter zu Winterlingen, Frohnstetten und Kaiseringen, die ebenfalls für die Pfründe gekauft worden waren. Nach dem Tod des privaten Mitstifters sollte ein halbes Fuder Wein an die Pfründe fallen, das mit 150 Pfund Heller ablösbar sein sollte, also etwa 7'/ 2 Pfund Heller wert gewesen sein dürfte. 12 Die Gemeinde löste mit dieser Zustiftung der Pfründe geschuldete Fronen und Dienst ab. Es kommt im Brief zur Sprache, daß der Gertrudenaltar ein «Widern», also ein regelrechtes Pfründanwesen besaß, das 17 Pfund Heller ertrug. Die Ablösung der Dienste erfolgte u.a. mit Erträgen aus einem «Lehen» und einem Hof. Insgesamt erhielt der Kaplan 15'/ 2 Pfund Heller mehr.

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Anmerkungen zur Tabelle 17: Ergänzende oder erläuternde Angaben zu den Nutzungsrechten der Kuratkapläne an den Allmenden des Dorfes und zu den Stiftungsbeiträgen der Gemeinde oder Genossenschaft 4 Der Kaplan erhielt von jedem Meier jährlich einen Wagen Holz zugestellt. Man mästete ihm ein Jungschwein mit Hafer und brachte ihm ein weiteres über den Herbst. Sechs «haupt hertfichs vnnd zwölff houpt schmalfichs» wurden ihm frei «verhirttet». S Pfund Heller, 4 Schilling gaben die «Armenlute» an «nutze vnnd gedinge» aus ihren Eigengütern. 5 Aus den Vorverhandlungen zu dem 1448 ergangenen Schiedsurteil erfährt man, daß der Kaplan von der Gemeinde bis dahin Holz erhalten hatte und vom Hirtenlohn freigestellt gewesen war. Allerdings bestritt die Gemeinde, daß sie dies zu tun schuldig sei. Das Recht hätte demnach nicht zur dos gehört. 6 Dem Kaplan wurden von der Gemeinde «Sechtzehen fert brennholtz», wie es im «gemaind holltz durchainannder wachset», frei Haus geliefert. Wenn er für seinen eigenen Haushalt mehr brauchte, sollte er es sich von den Dorfpflegern anweisen lassen, jedoch auf eigene Kosten hauen und fahren lassen. Er durfte nichts davon verkaufen. 7 Der Kaplan hatte freie Weide für sein Vieh «nach seinem Gebrauch» und mit dem «Eckerich» sollte er es halten «wie herr Veitin von Kündringen [Leutpriester der Mutterkirche] vndt andere waldtherren». Eine Besonderheit ist die Regelung zum Hausbau, die sich unter anderem daraus erklärt, daß die wegen der Versehung getroffene Vereinbarung probehalber auf drei Jahre gelten sollte: Das Haus baute die Gemeinde, den Bauplatz aber gab das Kloster Schuttern. Falls der Vertrag nach drei Jahren nicht verlängert würde, sollte das Kloster die Gemeinde für den Hausbau entschädigen. 8 Die 3 Malter Weizen und 2 Malter Hafer, die die Gemeinde gab, waren ablösig. Vogt, Richter und Gemeinde sagten dem Kaplan zu, ihm «zedienen, zefronen, zearbayten». Holz wurde nicht gestellt, aber frei geführt. 10 Die Meier des Dorfes mußten dem Kaplan zwei Wagen Holz «ohne costen vnd schaden» vor sein Haus (das nur an dieser Stelle erwähnt wird) fahren. Ob das Holz selbst auch frei war, wird nicht gesagt, ist aber wahrscheinlich. Außerdem wollte man ihm 6 Stück Vieh, nämlich 4 Rinder und 2 Schweine frei «in der hout» gehen lassen. 12 Die Gemeinde wollte dem Kaplan eine «herberge» bauen, die einem Priester «geschickt» sei. Zur Aufbesserung der Pfründe wurde dem Kaplan ein Juchart mit Korn und ein Juchart mit Hafer angebaut. Außerdem gab man ihm drei Kühe. 13 Der Kaplan sollte «holzen, hürthen und hirtenlohn geben, wie andere Leüth zu Müllhaußen, auch mag er haben vier schwein und Kälber zu seinem gebrauch». Die Gemeinde baute ihm ein Haus. 14 Dem Kaplan wurden von der Gemeinde Zehnten aus ihrer Allmend zugewiesen. 15 Dem Kaplan wurden zwei Teile Holz, «wie man die zweyen mayern daselbs by dem besten gibt», vor sein Haus gefahren. Am Ende des Briefes findet sich eine Anfügung, die dieses Recht dahingehend änderte, daß er für den zweiten Teil auch «Blöcke» nehmen mußte. 17 Zur Dotation fielen viele Eigengüter, von denen die meisten zu Erbleihe ausgegeben waren, während andere frei verliehen werden konnten. Vielfach ist angegeben, wieviel Mist die Pächter auf die jeweiligen Äcker fahren mußten oder ob Gült «uff dem tenn» fallen sollte. Einen ablösigen Ewigzins hatte die «gantz gemaind» zu geben. 18 Dem Kaplan wurde von der Gemeinde soviel Holz zugestellt, «als wir andern luten geben». Haus. Hofraite und ein Baumgarten, die für die Pfründe gekauft worden waren, wurden ihr «für frey aigen» übergeben. 19 Die Gemeinde hatte einen Zins aus einer Wiese zu entrichten. Der Pfründe wurde ein Haus mit Hof, Scheuer und Garten «mit aller zugehord» frei und ledig übergeben. Im Anschluß hieran fuhrt der Brief die Güter auf, «so ain Caplon selbs Innehat oder besitzt». Auf etlichen dieser Güter lagen Lasten, die der Kaplan zu tragen hatte. Aus der Aufzählung selbst geht hervor, daß der überwiegende Teil der Dotationsgüter zuvor zum Heiligenfonds gehört hatte.

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Anmerkungen zu Tabelle 18 A, 18 B und 18 C : Erläuternde oder ergänzende Angaben hinsichtlich der Besetzung der Minderpfründen A: Stiftungen in Pfarrkirchen und im Pfarrdorf 4 Die erste Präsentation erfolgte durch Schultheiß, Richter und die ganze Gemeinde. Auch die bischöfliche Bestätigung vermerkte dies. Ab der zweiten Besetzung sollte das Präsentationsrecht Württemberg gehören, doch war dieses Recht an die Einhaltung der Monatsfrist gebunden. 5 Die erste Präsentation wurde von der Gemeinde an Württemberg abgetreten, weil dieses die Stiftungsgüter gefreit hatte. Für die späteren Besetzungen, die dem Kloster zustanden, galt die Monatsfrist. 6 Kraft von Lichteneck besaß möglicherweise Rechte im Dorf und einen Anteil an der Burg und ihrer Nikolauskapelle. Er hatte zusammen mit den «armen Leuten» eine Kapellengründung im Dorf geplant, die jedoch scheiterte. Das Patronat der Pfarrkirche gehörte wie das Gericht zu Württemberg, das schon 1481 auch auf die Nikolauspfründe präsentierte: M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 101. 8 Es nominierten Schultheiß und Gericht. Der Altar wurde mit dieser Stiftung erstmals dotiert. Die dos rührte zum Teil aus dem Fonds der außerhalb des Orts gelegenen Erhardkapelle her. (Vgl. dazu die Stiftung zu Kirchheim in der Pfalz im Jahr 1484: F. X. Glasschörder, Neue Urkunden, Nr. 354.) Auf alle anderen Pfründen zu Domstetten präsentierte Württemberg: M.Krebs, Investiturprotokolle, S. 178 f. 9 Das Stift Oberhofen lag bei Göppingen. Das Patronat der Pfarrkirche Hattenhofen war 1456 durch Schenkung von Württemberg an das Stift gelangt, 1457 wurde die Pfarrei inkorporiert. Die Vogtei des Stiftes besaßen die Württemberger: Beschreibung des Oberamtes Göppingen, S. 216 ff. 10 Die Kirche war 1300 mitsamt dem Fronhof durch Tausch von Württemberg an die Johanniter zu Rohrdorf gefallen, die zu Ilsfeld eine eigene Pflege unterhielten: Beschreibung des Oberamtes Besigheim, S.219. 11 Die Stiftung erfolgte in der Gotthardkapelle im Dorf. Das Patronat der Pfarrkirche stand der geborenen Pfalzgräfin Mechthild, die inzwischen mit einem Erzherzog von Österreich verheiratet war, als Witwenteil von Eberhard von Württemberg zu. Nach ihrem Tode sollte das Präsentationsrecht an den jeweiligen Inhaber der Herrschaft im Dorf fallen. 12 Die Stiftung erfolgte in der Kapelle Unser-liebe-Frauen außerhalb des Dorfes. 13 Für das Spital präsentierten Vogt und Gericht der Stadt Stuttgart. 14 Württemberg gab seine Zustimmung zur Stiftung als «Kastvogt» der Pfarrkirche und «Inhaber der Eigenschaft» des Dorfes unter der Bedingung, daß «Schulthaiß, Gericht vnd Ganntze Gemaynd» nur die erste Präsentation in Anspruch nahmen, dann aber das ius praesentandi abtraten. Ausdrücklich geregelt wurde, daß die Gemeinde bei Versäumnis des Kaplans auf dessen Kosten selbst einen Vertreter bestellen könne. 15 Württemberg unterrichtete als Patronatsherr der Pfarrkirche den Bischof über die Stiftung und behielt sich die Präsentation vor. Es heißt in dem Brief, die Kirche stehe dem Patronatsherrn «pleno iure» zu. Siehe dazu P. Hinschius, System, Bd. 3, S.99f. 16 Die Stiftung erfolgte in der Ottilienkapelle. Als Stifter erschienen der Schultheiß, alle Richter und die Heiligenpfleger Pfarrkirche. Das Kloster mußte innert Monatsfrist besetzen. Die Erstpräsentation der Gemeinde blieb in der bischöflichen Bestätigung unerwähnt. 17 Die Pfarrkirche war dem Stift inkorporiert. Der stiftenden Bruderschaft wurde ausdrücklich die Erstpräsentation verweigert. 18 Die Stiftung fand in der Kapelle Unser-liebe-Frauen statt, der Kaplan hatte volles Vertretungsrecht für den Pfarrer. Die Gemeinde, das Gericht und der Ammann behielten sich vor, den Kaplan zu wählen, die Pfründe zu leihen und den Inhaber zu präsentieren. Dieses ius praesentandi blieb in der bischöflichen Bestätigung unerwähnt. 19 Die Nomination des Kandidaten sollten der Pfarrer und der Schultheiß zusammen mit dem Gericht und der ganzen Gemeinde vornehmen. Der präsentationsberechtigte Patron wurde ausdrücklich an diesen Vorschlag gebunden. Die Universität Tübingen besaß das Patronat der Pfarrkirche nur von 1476-1486. Seit 1488 erscheint das Stift Wimpfen als Patron. 1545 wurde der Besetzungsmodus vom württembergischen Pfleger zu Heilbronn Kaplanei angezweifelt. Die Gemeinde konnte ihre Stiftungsurkunde vorlegen.

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Das Präsentationsrecht mußte sich das Stift mit dem Schultheiß und den Richtern teilen, denen außerdem die erste Nomination zustand. Falls bei späteren Besetzungen über die Wahl des Priesters Uneinigkeit entstehen würde, sollte der Abt von Bebenhausen den Würdigsten auswählen. Die bischöfliche Bestätigung erwähnte das Präsentationsrecht der Gemeinde nicht.

B: Stiftungen in Filialkapellen 1 Die Pfarrkirche Harthausen war dem Kloster inkorporiert. Das Patronat der Kapelle gehörte vermutlich der Herrschaft Arnegg. Dem Inhaber der Herrschaft sollte nach dem Tod des Bruders der Stifterin das Präsentationsrecht zufallen. 2 Das Stift Oberhofen besaß mit der Pfarrei Göppingen das Pfarrecht zu Bartenbach. 4 Es präsentierte der Pleban der Pfarrkirche Oberiflingen, doch mußte er dazu die Zustimmung des Klosters (als parvchus habitualis oder als Patron?) einholen. 5 Weder der Stiftungsbrief noch die Bestätigung erwähnen ein Präsentationsrecht. Hausen ging von Württemberg zu Lehen. 1463 präsentierte Johann von Geroldseck, 1466 aber Württemberg: M. Krebs, Investiturprotokolle, S. 687. 6 Die Pfarrkirche war den Johannitern inkorporiert. 7 Die Pfarrkirche war dem Stift inkorporiert. 8 Die Besetzungsrechte entfielen, weil die Wochenmesse zu Sirchingen immer vom Pfarrer zu Upfingen versehen werden sollte. 9 Wenn die Pfründe vakant war, sollten sich alle Richter (ein Schultheiß kommt nicht vor) oder die Mehrheit derselben zum Abt begeben und mit diesem einen geeigneten Kandidaten wählen. Der Abt sollte dem Gewählten die Hand bieten und ihm den Altar und die Messe leihen und ihn dem Bischof präsentieren. Bei Uneinigkeit trat der Vogt zu Urbach als Gemeiner dem Wahlgremium bei. Die Pfarrkirche zu Laichingen war dem Kloster inkorporiert. 10 Es heißt, die Gerichtsgemeinde Korb habe als Stifter das «hinlyhen vnd presentieren» ihrem «rechten natürlichen Heim» übertragen. Der Kaplan und die Heiligenpfleger hatten das Recht, zu besonderen Anlässen einen Lohnpriester zum Predigen zu bestellen. 11 Zusammen mit der Pfründe wurde der Marienaltar fundiert. Konrad Engenrich behielt sich als Mitstifter vor, daß die Pfründe von ihm oder seinen Erben, dem Kaplan des Gertrudenaltars als Verweser der Kirche zu W. (d. h. als Stellvertreter des Pfarrers oder Plebans zu Ebingen) und dem Gericht besetzt werde. Wenn sich mehr als ein Kandidat bewarb, sollte die Mehrheit der Stimmen entscheiden. Es sind keinerlei Rechte der Obrigkeit und auch kein Schultheiß oder Vogt erwähnt. 12 Während die Pfarrkirche zu Ebingen von denen von Tierberg besetzt wurde, scheint das Patronat der Kirche zu W. den Württembergem zugestanden zu haben. Jedenfalls forderten sie das Präsentationsrecht für die Pfründe ein. Anders als bei der Marienpfründe erscheint hier neben dem Gericht der Vogt unter den Initiatoren.

C: Stiftungen in Kuratkapellen 1 Die Pfarrkirche zu Neckartenzlingen war inkorporiert. 3 Die Pfarrkirche war inkorporiert. Der Altar erhielt anscheinend zum erst Mal einen eigenen ständigen Priester, zuvor war die Kapelle, die eigenes Begräbnis und außer der Taufe alle Sakramente gehabt hatte, von der Pfarrkirche aus versehen worden. Der Kaplan galt als «Helfer». Er wurde von der Gemeinde gewählt und bestellt, mußte aber dem Pfarrer genehm sein. Beide zusammen sollten ihn «annemen». Wenn es wegen der Bestellung zum Konflikt zwischen der Gemeinde und dem Pfarrer kam, mußte der Abt binnen Monatsfrist schlichten. Das Urteil sollte bindend und ein Zug zu anderen Gerichten unzulässig sein. 5 Es liegt nur der Revers der Gemeinde vor, der das Besetzungsrecht nicht erwähnt. 1469 und danach präsentierte Württemberg: M.Krebs, Investiturprotokolle, S.218f. 7 Die Pfarrkirche zu Köndringen, der die Heimbacher im 14. Jahrhundert eingepfarrt worden waren, war dem Kloster inkorporiert. Das Patronat der Galluskirche zu H. stand dem Inhaber der Ortsherrschaft zu. Dieser hatte in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts zusammen mit der Gemeinde der Kirche das verlorene Pfarrecht zurückgewinnen wollen, war aber gescheitert. In der 1505 auf drei Jahre getroffenen Vereinbarung über das Kuratrecht der «Helferei» brauchte keine Präsentationsregelung getroffen zu werden, da die Pfründe nicht vakant war.

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9 Die Kapelle lag außerhalb des Dorfes und hatte eine Wallfahrt. 10 Der Altar war schon lange «angefangen» gewesen, hatte aber bisher nicht «bestetigt» werden können, da er keine Pfründe gehabt hatte. Ob er schon geweiht war, läßt sich der Quelle nicht entnehmen. Angegeben ist nur, daß der Chor, in dem der Altar stand, geweiht war. 11 Die Pfarrkirche war dem Kloster inkorporiert. 12 Für die Stiftung wurde die Frühmesse vom Katharinenalter der Pfarrkirche zu Burgfelden auf den Altar der Kapelle zu Laufen verlegt, der dasselbe Patrozinium hatte. Das Unternehmen ging von der Gemeinde und dem Pfarrer zu Burgfelden aus, herrschaftliche oder patronale Rechte sind nicht hervorgehoben. 13 Die Pfarrkirche war dem Kloster inkorporiert. Die Kapelle war vielleicht von der Gemeinde selbst errichtet worden, das Schlichtungsurteil zumindest spricht von « der gemein Capell zu Müllhaußen». Sie hatte bisher keinen ständigen Priester gehabt. Das Kloster behielt sich die Besetzung der Pfründe mit einem Mönch des eigenen Ordens vor, der jederzeit absetzbar sein sollte. Damit entfiel die Präsentationspflicht. 14 Die Kapelle hatte vorher keinen ständigen Priester gehabt. Die Präsentation sollte immer dem zustehen, der auch die Pfarrkirche zu Empfingen zu leihen hatte, doch mußte er die Pfründe dem auftragen, um den «Wir, die genannten von Muhlhaim, oder vnnser Nachkomen gemainlich oder der merthail Bittend vnd dhainen anndern». Dieses Nominationsrecht ist in der bischöflichen Bestätigung ebensowenig erwähnt, wie das Präsentationsrecht und das Patronat der Pfarrkirche. Bei M. Krebs, Investiturprotokolle, S.564, ist zuerst die Stiftungsbestätigung verzeichnet, welche Vogt, Richter und Gemeinde als Stifter nennt. Im zweiten Eintrag zur institutio des ersten Kaplans heißt es, der Graf von Württemberg habe die Pfründe dotiert. 15 Die Pfründe wurde in dem auf ein Urteil des Hofgerichts Stuttgart zurückgehenden Vertrag als «Helferei» der inkorporierten Pfarrkirche zu Kirchheim dargestellt. Der Probst als Pfarrer zu K. sollte das Recht haben, den Priester nach seinem Belieben zu bestellen und zu entlassen. Es galt jedoch die Einschränkung, daß dieser gelehrt genug sein müsse, um eine Pfarrei zu versehen und «zu Regieren». Auch durfte er gegen den Willen der Gemeinde nur entlassen werden, wenn er sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen. Andererseits hatte die Gemeinde das Recht, die Absetzung eines Kaplans zu verlangen, wenn sie berechtigte Klagen gegen ihn hatte. Die Präsentationspflicht entfiel, der Bischof hatte dem Kandidaten nur die Zulassung zur cum zu erteilen (institutio autorizabilis). 16 Die Pfarrkirche war der Mensa des Bischofs zu Basel inkorporiert. Der Pfründner galt als Helfer des Pfarrers. Das Besetzungsrecht ist weder in der Zulassung des Basler Bischofs als Inkorporationsherr noch in der Bestätigung des Bischofs von Konstanz erwähnt. Laut A. Krieger, Topographisches Wörterbuch, Bd. 2, Sp. 805 f., waren Patronat und ius praesentandi der Kapelle 1383 durch Schenkung von Johannes, genannt Helbling, an den Rat von Kleinbasel gelangt. Ab 1465 sind bei M.Krebs, Investiturprotokolle, S.755, Besetzungen durch den Bürgermeister und Rat belegt. 17 Das Stift mußte binnen Monatsfrist präsentieren. 18 Das Nominationsrecht stand der Gemeinde und dem Stift abwechselnd zu. Den ersten Pfründinhaber erwählten die Richter und die Gemeinde. Ihre Wahl gaben sie dem Abt bekannt, der den Benannten dem Bischof präsentieren mußte. Auch die vom Abt selbst nominierten Kandidaten waren dem Bischof zu präsentieren.

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Allgemeine Geschichtsforschende Gesellschaft der Schweiz Archiv für katholisches Kirchenrecht Archiv für Reformationsgeschichte Erzbischöfliches Archiv Freiburg Freiburger Diözesanarchiv Generellandesarchiv Karlsruhe Handwörterbuch der deutschen Rechtsgeschichte Hauptstaatsarchiv Stuttgart Historische Zeitschrift Landesarchiv Speyer Lexikon für Theologie und Kirche Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichte Regesta Episcoporum Constantiensium Rcalcncyklopädie für protestantische Theologie und Kirche Die Tageszeitung Theologische Realenzyklopädie Württembergische Regesten, steht für den Urkundenbestand A 602 des HStASt, siehe Quellenverzeichnis Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Zeitschrift für Historische Forschung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung

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67 152 307 411 418 421 466

(Kopialbücher) (Liber fundationum beneficiorum) (Liber contractuum Philippi I.) (Synodalprocesse, Inkorporationen, Reformationen, Wahlen) (Liber spiritualium) (Liber spiritualium) (Präsenzbücher)

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13074; 13940; 14139; 14703;

13075; 13399; 13400; 13415-13417; 13926; 13969; 13950-54; 13992; 13993; 14295; 14411; 14433; 14469; 14470; 14472-14475; 14705; 14706

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Minderpfründstiftungen an Pfarr-und Filialkirchen

Ortsregister

Ailingen 163 4 9 , 286, 3 73, 381 Altenriet ( C l ) 205, 2 3 6 2 4 6 , 3 8 6 7 1 5 , 3 8 7 7 ' 9 Altheim 318 Altingen Tab. I C , 365 Annweiler 1 2 3 3 1 3 Arnegg ( B l ) 253, 265, 282ff., 302, 305, 318f., 343 f., 350, 360,377 Asperg ( A I ) 1 9 3 , 2 4 3 , 3 6 3 , 3 7 0 Assenheim 37 Aurich (A2) 220, 349, 361, 366, 386 Balingen Tab. I C Baltmannsweiler (C2) 201, 233 Barbeirot 2 6 3 3 1 3 Bartenbach (B2) 247 Beinstein (A3) 300, 302, 3 4 8 5 6 4 , 359, 382 Belsen 1 7 9 " , 268 Bergfelden Tab. I C Berghaupten (C3) 165, 208ff„ 213, 219, 225, 231, 267, 277, 285, 346, 376, 380 Bernhausen (A4) 161, 326f. Beuren u . N . (B3) 370 Binzen Tab. I C , 155, 206, 223, 266 Bissingen (A5) 164, 354, 388 Bittenfeld Tab. 1B, 303ff., 4 2 9 , 308ff., 325f., 329ff., 373ff. Bodman Tab. 1B Böhringen (A6) 247, 308, 310, 330, 3 5 3 f „ 366, 382 Bornheim 316 Braunschweig 82, 8 5 ' 6 5 , 90 Buchhorn 3 8 9 7 2 6 Bühl 276 Burgfelden Tab. I C , 205, 208, 225, 269, 3 4 1 Burrweiler 243, 361 Darmsheim (A7) 224 Degerloch 3 0 0 4 1 6 Deidesheim 361 Dietersweiler 276 Dornstetten (A8) 189 Ebenweiler 395f. Ebhausen T a b . l C , 2 2 3 2 1 6 , 365 Ebingen T a b . l B Edesheim 313f., 317f. Egenhausen (C4) 201 ff., 212, 219, 226, 254 Eigeltingen 227f. Empfingen T a b . l B , Tab. IC, 237 Endersbach (C5) 229, 234, 237, 251, 260, 305 Enzweihingen 243 Espasingen (C6) 2 0 3 f „ 254, 261 Ettenkirch 286

Gächingen 273 Geinsheim 3 9 2 7 3 8 Gernsbach 1 8 2 1 0 6 , 3 5 0 5 6 6 Glatten ( B 4 ) 189, 365 Göppingen Tab. 1B, 191 Gruibingen 242, 248 Hainfeld 1 8 7 ' 1 8 Haisterkirch Tab. I C , 206, 225, 379 Hallau 1 6 4 5 3 Hambrücken 175, 331 ff. Harthausen Tab. 1B, 282 Hattenhofen ( A 9 ) 247, 1 7 9 , 1 9 1 , 226, 246, 353, 359, 382, 390, 393 Haubersbronn 309 f. Hausen a . M . ( B 5 ) 189, 237, 365, 399 Heiligenzell 352 Heimbach (C7) 165, 213, 253, 267, 285, 297ft„ 366, 376 Herxheim a . B . 312 Herxheim a . S . 236 Heselwangen (C8) 172, 201, 203f., 249, 252, 261, 305, 355, 363, 370 Hochdorf Tab. C 2 , 330 Hohenwart ( C 1 0 ) 1 9 1 1 2 8 , 223, 254, 365 Holzhausen (C9) 201, 219, 255f., 302, 311 Hördt 3 1 2 4 5 9 , 3 9 2 7 3 8 Hornberg ( B 6 ) 248, 254. 261, 302 Ilsfeld (A10) 161, 226, 239. 248, 2 7 2 f . Inchenhofen 2ff. Jesingen

312

Kandel 3 5 8 5 9 8 Kayh ( C l l ) 365 Kerzenheim 265 Kirchheim Tab. I C , 225, 2 8 6 f . Kirrweiler 1 8 2 1 0 6 , 3 5 0 5 6 6 Kleinbockenheim 3 7 4 9 Knöringen 3 8 6 7 1 5 Köndringen Tab. I C . 298 K o r b Tab. 1B, 268, 293, 303, 371 Kuhardt 268 f. Kuppingen ( A l l ) 164, 220, 246, 2 6 9 3 4 0 Laichingen Tab. 1B, Tab. I C . 222 Langenalb 361 Langensteinbach 1 8 7 1 1 8 Laufen (C12) 155, 205. 208, 233, 250, 261, 268f.. 271, 357 Lengenfeld 243 Lingenfeld 2 6 9 3 4 0

491

M a r t h a l e n 314f., 4 6 7 Metzingen (AI2) 162, 168, 188, 220. 224. 245, 248, 250. 276. 341, 357 Möglingen (A13) 167, 171, 188, 223, 247, 344, 347, 350, 392 7 3 8 Mönchsweiler 352 Mössingen (A14) 169. 1 7 9 " , 220. 268. 350, 363, 389 Mühlhausen (C13) 165,206, 213, 216.225. 254, 262, 266, 285, 302, 377f. Mühlheim a.B. (C14) 217, 219. 237, 365, 398 M ü h l h o f e n 361

242. 314.

342. 239. 395.

Neckarr