Fürsten und Reformation: Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation 3161457382, 9783161457388, 9783161585562

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German Pages 238 [241] Year 1991

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Die verdächtige Reformation
Zielsetzung der Untersuchung
Erster Teil: Kirchenregiment im frühmodernen Staat
1. Kapitel: Übersicht über deutsche Territorien
Fürsten, Stände und Bischöfe
Jülich-Berg
Kurpfalz
Württemberg
Bayern
Österreich
Brandenburg
Sachsen
Zweiter Teil: Die Reform Herzog Wilhelms III., des Landgrafen von Thüringen
2. Kapitel: Die Landesordnung vom Jahre 1446
Die Verbindlichkeit der Landesordnung
Die geistliche Ordnung des Landes
Weltliches Gericht und geistliches Gericht
Der Kleriker als Untertan
3. Kapitel: Die Klosterordnungen
A. Reform der Nonnenklöster
Die rechte geistliche Speise
Eigentum und Arbeit
B. Fürstliche Konstitutionen für die Benediktiner
Wider die ›Vergiftung geistlicher Ordnung‹
Die Entflechtung von Geld und Geist
Das Kloster als Schule des Landes
Reform und Herrschaft
C. Ordnung für den Johanniterhof zu Weißensee vom Jahre 1449
Sittenzucht im Ordenshof
Obrigkeitliche Disziplinaraufsicht
4. Kapitel: Reform für die Laien: Das Sittenmandat vom Jahre 1452
Franziskanische Reformpredigt in Thüringen
Sittenzucht oder Gottesstrafe
5. Kapitel: Die Rechtsreform vom Jahre 1454
Die Neuordnung der Jurisdiktion unter Landgraf Friedrich dem Jüngeren
Vertrag der sächsischen Herzöge mit dem Bischof von Halberstadt
Die ›Reformatio‹ Herzog Wilhelms
Abgrenzung und Beschränkung
Sicherung der Gerichtsbarkeit des Landes
Schutz vor der bannenden Kirche
Bedeutung und Nachwirkung der ›reformatio Wilhelmi‹
6. Kapitel: Fürstliche Reform der Bettelorden
A. Die Franziskaner
Die Lage der Franziskanerreform
Der Landgraf als Reformautorität
Verteidigung der Kongregation durch den Landesherrn
Mittel und Wege fürstlicher Reformpolitik
B. Die Augustiner
Andreas Proles: Vorkämpfer der Augustinerreform
Die Reformkongregation als politisches Instrument des Landesherrn
Drohender Zusammenbruch der Kongregation
Fürstlicher Schutz nach außen und innen
Landesherrschaft und Reformkongregation
Obrigkeitliche Gewalt gegen die Feinde der Reform
Klosterfreiheit und Landesherrschaft
Reformzeit als Gnadenzeit
C. Das Selbstverständnis der Observanten
Regeltreue bei den Augustinern
Reformstatuten der Franziskaner
Predigtmandat der Observanten
D. Wirtschaftliche Konsequenzen der Klosterreform
Dienstleistungen der Klöster
Befreiung von Dienstleistungen, Sanierung von Konventen
Konventsbesitz und Reform
Kontrolle der Klosterfinanzen
Dritter Teil: Landesherrliche Reform durch Ernestiner und Albertiner
7. Kapitel: Eine gemeinsame Ordnung für das geteilte Land
Entwurf einer Landesordnung im Jahre 1498
Die weltliche Obrigkeit als geistlicher Gesetzgeber
Verbot der Gotteslästerung durch das Reich
Geistliche Gesetzgebung als Zeichen von ›Modernisierung‹
Sittenzucht und ›Sozialkontrolle‹
Aufsicht der Landesherren über die Bischöfe
Reform der Rechtspraxis
Territoriale Gravamina und reichsständische Gravamina
Landeshoheit und Kirchenhoheit
8. Kapitel: Die Reform der Klöster
Reform und Realpolitik
Reformordnung des Bischofs von Meißen
Visitationsauftrag an den Bischof von Naumburg
Reform als Anliegen bei Kurfürst Friedrich dem Weisen
Fürstliche Kontrolle über die Klöster
Der Landesherr als geistlicher Aufseher ungeistlicher Visitatoren
Schutz und Schirm des Landesherrn
Fürstenreform im Vollzug
Klosterreform als ständige Aufgabe der weltlichen Obrigkeit
Sicherung des Terminierwesens
Offene Rebellion gegen die Observanz in Leipzig
Das Eingreifen des Herzogs
Fürstenreform und Öffentlichkeit
Die Notwendigkeit der Reform
9. Kapitel: Neue Aufgaben der Ordensreform: Die Union der zerstrittenen Brüder
A. Die Dominikaner
Bedrohung der Observanz
Anlaß des kurfürstlichen Eingreifens
Klosterreform als Glaubenssache
Ordensunion gemäß fürstlicher Vorstellungen
Ordensunion nach Maßgabe des Dominikanergenerals
B. Die Augustiner
Konstitutionen für die deutsche Kongregation
Die Union mit der lombardischen Kongregation
Römische Maßnahmen gegen den Unionserfolg
Die Union mit der sächsischen Provinz
Widerstand gegen die Verbindung mit den Konventualen
Der Rat von Nürnberg im Kampf gegen die Union
Das Scheitern der Augustinerunion
C. Die Franziskaner
Martinianische Reform in der sächsischen Provinz
Abweisung der Union durch den König von Böhmen
Ordenspolitik und Landeseinigung in Böhmen
Observantische Union mit Hilfe des sächsischen Kurfürsten
Kurfürstliche Initiative zur Durchsetzung der Union: Sächsische Gesandte in Berlin
Die Grenzen der fürstlichen Reformgewalt
Das Ende der Ordenseinheit
Zusammenfassung und Ausblick
Quellen- und Literaturverzeichnis
Namen- und Ortsregister
Sachregister
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Fürsten und Reformation: Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation
 3161457382, 9783161457388, 9783161585562

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Spätmittelalter und Reformation Neue Reihe herausgegeben von Heiko A. Oberman in Verbindung mit Lothar Graf zu Dohna und Kaspar Elm

2

Fürsten und Reformation Geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation

von

Manfred Schulze

J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen

ClP-Titelaufnahme Schulze,

der Deutschen

Bibliothek

Manfred:

Fürsten und Reformation: geistliche Reformpolitik weltlicher Fürsten vor der Reformation / von Manfred Schulze. Tübingen: Mohr, 1991 (Spätmittelalter und Reformation; N. R., 2) ISSN 0937-5740 ISBN 3-16-145738-2 NE: G T

978-3-16-158556-2 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

© 1991 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Bembo-Antiqua gesetzt, auf säurefreies Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinrich Koch in Tübingen gebunden.

Vorwort Dieses Buch ist ein Anfang, denn es soll das erste sein von zwei Bänden, die dem Thema >Fürsten und Reformation< gewidmet sind. Solch ein Forschungsgegenstand hat derzeit kaum Konjunktur in der Reformationsgeschichtsschreibung. Es haftet der Blick vielmehr am heute zeitgemäßen: an Bürgern und Bauern, Städten und Kommunen, Schichten und Gruppen. Die Reformation >von oben< hingegen erfreut sich keiner besonderen Aufmerksamkeit, dafür aber sonderlichen Mißtrauens - man weiß, was man von ihr zu halten hat. Das Lob, das den Fürsten so lange gesungen werden mußte und gesungen wurde, ist in strengen Tadel umgeschlagen. Dennoch: Nicht die Konjunktur hat die Suche nach der Wahrheit zu bestimmen. Ich habe mir jenseits von vergangenem Lob und gegenwärtigem Tadel die Frage gestellt nach der politischen und geistlichen Motivation, der praktischen Gestaltungskraft und des kirchlichen Handlungsrahmens der im späten Mittelalter bereits begonnenen Fürstenreformation. Die Evangelisch-theologische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat das Ergebnis meines Fragens als Habilitationsschrift mit dem Titel G o t t e s dienst und Landeswohl. Geistliche Reformpolitik sächsischer Fürsten vor der Reformation< angenommen und anerkannt. Die Zeit der Veröffentlichung dieses Buches fiel zusammen mit dem Fall von Grenzen und Mauern, deren Einebnung vernünftigerweise niemand in meiner Generation zu hoffen gewagt hätte. Die neue geschichtliche Situation schafft auch der Forschung neue Freiheiten und Möglichkeiten, die nun dem zweiten Band zugugte kommen können. Der Verlag J. C. B. Mohr hat mit gewohnter Sorgfalt das Werden dieses Buches betreut, was zu erwähnen nicht unterbleiben sollte. Den Professoren Lothar Graf zu Dohna, Kaspar Elm und Heiko A. Oberman, meinem Lehrer, danke ich für die Möglichkeit der Veröffentlichung in der neuen Reihe >Spätmittelalter und Reformationalte< Reihe war, durch eigene Mitarbeit an der >via Reformationis< eng verbunden wußte. Daß ich dieses Vorwort am Tage des sechzigsten Geburtstages meines akademischen Lehrers unterzeichnen kann, geschieht im Gedenken an die vielen Jahre der Zusammenarbeit in Freundschaft und Vertrauen. Tübingen, den 15. Oktober 1990

Manfred Schulze

Inhaltsverzeichnis Vorwort

III

Einleitung

1

Die verdächtige Reformation 1 - Zielsetzung der Untersuchung 6

Erster

Teil:

Kirchenregiment

im frühmodernen

13

Staat

1. K a p i t e l : Ü b e r s i c h t ü b e r deutsche Territorien

13

Fürsten, Stände und Bischöfe 13 - Jülich-Berg 1 7 - Kurpfalz 20 - Württemberg 2 3 Bayern 28 - Österreich 32 - Brandenburg 36 - Sachsen 40 Zweiter

Teil:

Die

Reform

Herzog

Wilhelms

III.,

des Landgrafen

von

Thüringen

46

2. K a p i t e l : D i e L a n d e s o r d n u n g v o m J a h r e 1446

46

Die Verbindlichkeit der Landesordnung 46 - Die geistliche Ordnung des Landes 48 — Weltliches Gericht und geistliches Gericht 51 - Der Kleriker als Untertan 53 3. K a p i t e l : D i e K l o s t e r o r d n u n g e n

55

A . R e f o r m der N o n n e n k l ö s t e r

55

Die rechte geistliche Speise 55 - Eigentum und Arbeit 57 B . Fürstliche K o n s t i t u t i o n e n für die B e n e d i k t i n e r

58

Wider die >Vergiftung geistlicher Ordnung< 58 - Die Entflechtung von Geld und Geist 59 — Das Kloster als Schule des Landes 60 — Reform und Herrschaft 62 C . O r d n u n g für d e n j o h a n n i t e r h o f z u Weißensee v o m J a h r e 1 4 4 9

64

Sittenzucht im Ordenshof 64 — Obrigkeitliche Disziplinaraufsicht 65 4. K a p i t e l : R e f o r m für die Laien: D a s S i t t e n m a n d a t v o m J a h r e 1 4 5 2

67

Franziskanische Reformpredigt in Thüringen 67 - Sittenzucht oder Gottesstrafe 68 5. K a p i t e l : D i e R e c h t s r e f o r m v o m J a h r e 1 4 5 4

70

Die Neuordnung der Jurisdiktion unter Landgraf Friedrich dem Jüngeren 70 — Vertrag der sächsischen Herzöge mit dem Bischof von Halberstadt 71 — Die >Reformatio< Herzog Wilhelms 73 - Abgrenzung und Beschränkung 74 - Sicherung der Gerichtsbarkeit des Landes 76 — Schutz vor der bannenden Kirche 77 — Bedeutung und Nachwirkung der »reformatio Wilhelmi< 79 6. K a p i t e l : F ü r s t l i c h e R e f o r m der B e t t e l o r d e n A . D i e Franziskaner Die Lage der Franziskanerreform 80 - Der Landgraf als Reformautorität 82 -

80 80

VI

Inhaltsverzeichnis

Verteidigung der Kongregation durch den Landesherrn 84 - Mittel und Wege fürstlicher Reformpolitik 84 B. Die Augustiner Andreas Proles: Vorkämpfer der Augustinerreform 87 — Die Reformkongregation als politisches Instrument des Landesherrn 88 - Drohender Zusammenbruch der Kongregation 89 - Fürstlicher Schutz nach außen und innen 91 - Landesherrschaft und Reformkongregation 93 — Obrigkeitliche Gewalt gegen die Feinde der Reform 95 — Klosterfreiheit und Landesherrschaft 96 - Reformzeit als Gnadenzeit 97

87

C. Das Selbstverständnis der Observanten Regeltreue bei den Augustinern 99 - Reformstatuten der Franziskaner 101 — Predigtmandat der Observanten 103

99

D. Wirtschaftliche Konsequenzen der K l o s t e r r e f o r m Dienstleistungen der Klöster 1 0 4 - Befreiung von Dienstleistungen, Sanierung von Konventen 105 - Konventsbesitz und Reform 107 - Kontrolle der Klosterfinanzen 107

104

Dritter Teil: Landesherrliche Reform durch Ernestiner und Albertiner

112

7. Kapitel: Eine gemeinsame O r d n u n g f ü r das geteilte Land 112 Entwurf einer Landesordnung im Jahre 1498 112 — Die weltliche Obrigkeit als geistlicher Gesetzgeber 113 — Verbot der Gotteslästerung durch das Reich 114 — Geistliche Gesetzgebung als Zeichen von »Modernisierung! 115 - Sittenzucht und >Sozialkontrolle< 1 1 8 - Aufsicht der Landesherren über die Bischöfe 1 2 0 - Reform der Rechtspraxis 121 - Territoriale Gravamina und reichsständische Gravamina 123 Landeshoheit und Kirchenhoheit 128 8. Kapitel: Die R e f o r m der Klöster Reform und Realpolitik 129 - Reformordnung des Bischofs von Meißen 131 Visitationsauftrag an den Bischof von Naumburg 132 — Reform als Anliegen bei Kurfürst Friedrich dem Weisen 1 3 3 - Fürstliche Kontrolle über die Klöster 1 3 4 - D e r Landesherr als geistlicher Aufseher ungeistlicher Visitatoren 136 - Schutz und Schirm des Landesherrn 139 - Fürstenreform im Vollzug 142 - Klosterreform als ständige Aufgabe der weltlichen Obrigkeit 143 - Sicherung des Terminierwesens 146 - Offene Rebellion gegen die Observanz in Leipzig 148 - Das Eingreifen des Herzogs 1 5 0 - Fürstenreform und Öffentlichkeit 151 - Die Notwendigkeit der Reform 152

129

9. Kapitel: Neue Aufgaben der O r d e n s r e f o r m : Die U n i o n der zerstrittenen Brüder

154

A . Die Dominikaner Bedrohung der Observanz 1 5 4 - A n l a ß des kurfürstlichen Eingreifens 1 5 5 - K l o s t e r reform als Glaubenssache 157 - Ordensunion gemäß fürstlicher Vorstellungen 159 — Ordensunion nach Maßgabe des Dominikanergenerals 162

154

B. Die Augustiner Konstitutionen für die deutsche Kongregation 163 - Die Union mit der lombardischen Kongregation 166 - Römische Maßnahmen gegen den Unionserfolg 167 - Die Union mit der sächsischen Provinz 169 - Widerstand gegen die Verbindung mit den Konventualen 171 - Der Rat von Nürnberg im Kampf gegen die Union 173 - Das Scheitern der Augustinerunion 175

163

Inhaltsverzeichnis

C. Die Franziskaner Martinianische Reform in der sächsischen Provinz 179 - Abweisung der Union durch den König von Böhmen 181 - Ordenspolitik und Landeseinigung in Böhmen 182 - Observantische Union mit Hilfe des sächsischen Kurfürsten 183 - Kurfürstliche Initiative zur Durchsetzung der Union: Sächsische Gesandte in Berlin 184 - Die Grenzen der fürstlichen Reformgewalt 1 8 7 - Das Ende der Ordenseinheit 190

VII 179

Z u s a m m e n f a s s u n g und Ausblick

192

Q u e l l e n - u n d Literaturverzeichnis

199

N a m e n - u n d Ortsregister

215

Sachregister

223

Einleitung Die verdächtige

Reformation

U m >Fürsten und Reformation< geht es in diesem Buch. Der Anlaß dafür war die Frage, was deutsche Landesherren im 16. Jahrhundert dazu gebracht haben mochte, in ihren Territorien allen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten zum Trotz sich auf eine Umgestaltung der Kirche einzulassen, wie sie in der Geschichte bisher ohne Beispiel war. Will man Antworten erhalten, die nicht den Gegenwartsbedürfnissen verpflichtet, sondern der Vergangenheit angemessen sind, dann ist zunächst daraufhinzuweisen, daß nur ein Teil der Reichsfürsten sich der Reformation angeschlossen hat. Daß >die< Fürsten die Reformation gerettet haben, ist genauso wahr wie der Tatbestand, daß sie die Reformation zerschlagen haben. Die Ausgangsfrage ist also allgemeiner zu fassen: Wie hat es dazu k o m m e n können, daß weltliche Landesherren sich so tief in den K a m p f u m die rechte Lehre und wahre Kirche haben hineinziehen lassen, daß sie selber Akteure im Geschehen wurden, sei es, um die Reformation zu schützen oder gar einzuführen, sei es, sie zu unterdrücken oder auch zu vernichten. Antworten auf solche Fragen, die über biographische Erklärungen hinausreichen, machen es notwendig, daß man sich auf die Suche nach damaligen politischen Leitvorstellungen begibt, die erhellen können, welche Ziele die Fürsten damit verbinden konnten, in eigener Verantwortung geistliche Entscheidungen zu treffen, die alle Autoritäten der kirchlichen Hierarchie fast geschlossen schon getroffen hatten gegen die Reformation. Es geht bei diesem Thema also nicht in erster Linie u m das Kirchenregiment der Landesherren, auch nicht u m ihre persönliche Frömmigkeit, sondern u m die Tradition und die politische Begründung des fürstlichen Handelns in der Kirche. Nach der fürstlichen »Staatsfrömmigkeit« 1 ist zu fragen, und diese Fragestellung ist auch auf jenen »christlichen Adel< auszudehnen, der sich weigerte, die Reformation Luthers etwa oder Zwingiis als Reformation anzuerkennen. Das T h e m a »Fürsten und Reformation< ist ein T h e m a des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, doch es stößt in Deutschland mit Vehemenz auch auf die Brüche der Geschichte des 20.Jahrhunderts. Der verlorene Erste Weltkrieg führte zum Verlust von »evangelischem Besitznein< entgegenhielten. Und sie verdammten das Deutschland der Protestanten, Professoren und Pastoren, die auf den deutschen Luther setzten, den »Vorkämpfer des deutschen Geistes«, der »den normal deutschen Menschen gestaltet« habe, »der nicht vor noch nach, sondern in Luther geboren« sei 3 . Der Schock angesichts der Diktatur seit dem Jahre 1933 hat vollends eine Vertrauenskrise in die Zuträglichkeit der Reformation für Deutschlands Zukunft heraufbeschworen, die sich endgültig nicht mehr mit einer Kritik an >Auswüchsen< und >Fehlentwicklungen< zufriedengab. Man suchte das Unheil 2 Aus der Begrüßungsansprache zum Dresdener Kirchentag durch Präsident MOELLER (Berlin) am 2. September 1919. In: Verhandlungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages 1919, Dresden 1. — 5. IX. 1919, hg. vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß. Berlin o.J. [1920], S. 57f. Die Ansprache des Präsidenten findet sich auch bei HANS-WALTER KRUMWIEDE: Evangelische Kirche und Theologie in der Weimarer Republik. Neukirchen-Vluyn 1990, S. 18—20. Siehe dazu KLAUS SCHOLDER: Die Kirchen und das Dritte Reich, Bd. 1: Vorgeschichte und Zeit der Illusionen 1918—1934. 2. Aufl. Berlin 1986, S. 4f. Eine Situationsbeschreibung findet sich bei GOTTFRIED MEHNERT: Evangelische Kirche und Politik 1917—1919. Die politischen Strömungen im deutschen Protestantismus von der Julikrise 1917 bis zum Herbst 1919. Düsseldorf 1959, S. 99 f. 3 Zitate aus HARTMANN GRISAR SJ: Der Deutsche Luther im Weltkrieg und in der Gegenwart. Augsburg 1924 (2. Aufl. Augsburg 1925), S. 15. Eine Bestandsaufnahme der Literatur zum Lutherjubiläum 1917 ebenfalls durch GRISAR: Die Literatur des Lutherjubiläums 1917, ein Bild des heutigen Protestantismus. Sonderabdruck Innsbruck 1918. Weit über GRISAR hinaus in ihrer Mischung von Haß, dumpfer Ahnung und Halbwissen reicht die Kampfschrift von HUGO BALL: Die Folgen der Reformation. München 1924. Diese Schrift ist ein sprechendes Zeugnis für die Erschütterung und Enttäuschung, die der Eintritt in den Krieg und der Ausgang des Krieges in jener Zeit angerichtet hat.

Die verdächtige

Reformation

3

schon im >Ansatz< bloßzulegen und glaubte, es im innersten der Theologie Luthers finden zu können. Bereits 1936 hat Herbert Marcuse nicht einfach nur die Ergebnisse der Reformation abgelehnt, sondern gerade mit ihren Anliegen und theologischen Triebkräften unnachsichtig abrechnen wollen. Er geißelt den >furchtbaren Satz< Luthers, daß »den freien Christenmenschen... >kein äußerliches D i n g . . . frei noch f r o m m machenmoralischen Wiederaufrüstung< in den 50er Jahren, wenn Friedrich Heer dem verwirrten Abendland >seinen< Kaiser präsentiert gewiß keinen Preußen, sondern den europäischen Habsburger: Kaiser Karl V., die »Symbolgestalt eines spezifisch europäischen Weltordnungswillens«. Doch dieser gestaltenden Kraft fehlte das Reich, das zerfiel; und dessen Zerfall hatten die Fürsten mit ihrem eigensüchtigen Streit zu verantworten 5 . Den Landesherren an die Seite tritt Martin Luther, »ein Kind der deutschen Angst«, jener Angst, die »nicht an die Humanität, an den politischen Humanismus des »verdorbenen WestensöstlicheKind der Angst< in unheilvoller Koalition die Gier nach Macht und die Urgewalt des Chaos mobilisiert haben - gegen den >Weltordnungswillen< und damit auch gegen die Nationwerdung der Deutschen in abendländisch-katholischer Ordnung. Die Auflösung der katholischen Ordnung ist auch das Thema der Lortzschule. Sie verwirft nicht nur die >subjektivistische Zersetzung« des Dogmas, sondern beklagt auch die Auslieferung der verführten Christen an den Fürstenstaat als Hauptergebnis des Kirchenkampfes der frühen Neuzeit. Ganz in überkonfessioneller Objektivität verbindet Erwin Iserloh die Kritik protestantischer Kirchengeschichtsschreibung mit der Sehweise seines Lehrers Lortz, wenn er das Geschehen seit der Bauernniederlage unter das Stigma der Fürstenreformation stellt: »Die Reformation hatte aufgehört, Volksbewegung zu sein... Immer mehr nahm die Obrigkeit die Reformation in die Hand und nützte sie aus, um 4 HERBERT MARCUSE: Studie über Autorität und Familie. In ders.: Ideen zu einer kritischen Theorie der Gesellschaft. Frankfurt 1969, S. 59f. 5 FRIEDRICH HEER: Die Dritte Kraft. Der europäische Humanismus zwischen den Fronten des konfessionellen Zeitalters. Frankfurt 1960, S. 181. 6

HEER, S. 1 8 4 .

4

Einleitung

die Untertanen in den modernen Staat einzugliedern. Wir können seitdem von der Epoche der Fürstenreformation sprechen. « 7 Ohne ökumenische Höflichkeiten und unter Verzicht auf akademische Verhüllungen fuhrt die Anwendung der N o r m e n von Joseph Lortz zur Abweisung der Reformation als Unterfangen wider alles geschichtliche Recht. Georg May liefert für die ungeschützte Verwertung des Systems der Mainzer Schule ein schlagendes Beispiel: Das >namenlose UnglückLuther zerstörte die Einheit< (Joseph Lortz). Z u m anderen ist die sogenannte Reformation auch v o m vaterländischen Gesichtspunkt aus ein Verhängnis gewesen. Es muß u m der geschichtlichen Wahrheit willen ausgesprochen werden, daß der Protestantismus das Deutsche Reich ruiniert hat. Luther wurde der >Zerstörer der deutschen Reichs-Nation< (Joseph Lortz).« 8 Gegen die These, das Volk habe sich von der Reformation und die Reformation sich v o m Volk abgewendet, hatte Franz Lau Einspruch erhoben 9 . Sein Protest gegen eine der >letzten Reformationslegenden< vermochte sich in der Forschung aber nicht durchzusetzen. Es ist deshalb wohl keine unstatthafte Generalisierung, wenn man feststellt, daß die Geschichtsschreibung über Konfessionen und Ideologien hinweg in ihrer Einschätzung der Folgen des Fürstensieges über die Bauern zu einer Einigung gefunden hat. Peter Blickle überführt diesen Konsens der Historiker in ein allgemeines Gesetz der Geschichte: »Die Reformatoren als Theologen machten sich mit dem Laien nicht gemein bei der Interpretation der göttlichen Offenbarung, das haben Theologen nie getan, und die Reformatoren als Intellektuelle machten sich nicht gemein mit den politischen Aspirationen des Haufens, das haben Intellektuelle selten getan.« Als wahre Reformation muß hingegen jene Reformation gelten, die das Volk nach Blickles Entdeckungen in den Gemeinden selber vollzogen hat. Daß aus dieser 7 ERWIN ISERLOH: D i e Protestantische R e f o r m a t i o n . In: H a n d b u c h der Kirchengeschichte, B d . 4: R e f o r m a t i o n , Katholische R e f o r m und G e g e n r e f o r m a t i o n , h g . v. E . Iserloh, J . Glazik, H . J e d i n . Freiburg 1967, S. 145. JOSEPH LORTZ hatte sich der Sache nach gleich v e r n e h m e n lassen: » D i e Fürsten hatten sich [gegen die B a u e r n ] selbst geholfen. Ein starker Anreiz für die Z u k u n f t ! Zentralismus, U n t e r t a n e n t u m und A b s o l u t i s m u s wachsen oder bahnen sich an. D e r Aufstieg der B a u e r n u n d des >Volkes< ist z u m Schaden der N a t i o n u m J a h r h u n d e r t e z u r ü c k g e drängt. Für die innere Gestaltung der R e f o r m a t i o n bedeutet das die e p o c h e m a c h e n d e A b l e n k u n g des L u t h e r t u m s der selbständigen G e m e i n d e mit freier Pfarrwahl zur Fürstenreformation, in der letzten E n d e s der weltliche H e r r an die Stelle des B i s c h o f s tritt: die Auslieferung der Kirche an die weltliche O b r i g k e i t . . . « JOSEPH LORTZ: D i e R e f o r m a t i o n in D e u t s c h l a n d , 2 B d e . 4. und 5. Aufl. Freiburg 1962; B d . 1, S. 336. 8 GEORG MAY: D i e deutschen B i s c h ö f e angesichts der G l a u b e n s s p a l t u n g des 16. J a h r h u n derts. Wien 1983, S . X I I f . 9 Siehe FRANZ LAU: D e r B a u e r n k r i e g u n d das angebliche E n d e der lutherischen R e f o r m a t i o n als spontaner V o l k s b e w e g u n g . In: Lutherjahrbuch 26 (1959) S. 109—134.

Die verdächtige

Reformation

5

>Gemeindereformation< dann die Fürstenreformation wurde, hatten die Reformatoren mindestens in gleichem Maße zu verantworten wie die Inhaber der Macht selber. Der auf der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert eingeleitete Prozeß der Integration von Bürgern und Bauern wurde »mit der Reformat i o n . . . wieder rückgängig gemacht«, wie Blickle in seinem Lehrbuch zur Reformation im Reich resümiert. »Reichsfursten und Fürsten sahen deutlich die Gefahr, die ihnen drohte.« Doch daß die >kopernikanische Wendekritische Theorie< der Gesellschaft. Damit ist die Reformation rundum gescheitert, obwohl - oder gerade weil - sie politische Wirklichkeit wurde. Nach Jahrhunderten der Erfolgsberichte wird jetzt der Mißerfolg enthüllt. Gerald Strauss hat den auch für ihn gesicherten Sachverhalt des Fehlschlages sozialgeschichtlich einsichtig zu machen gesucht. Seine These lautet: >Das Volk, auf das die Reformatoren sich beriefen, hat sich verweigert. Die Menschen vermochten nur wenig für ihr Leben in jenen Lehren finden, deren Erdenker so gar keinen Versuch machten, praktisch auf die Bedürfnisse und Anliegen des gemeinen Mannes einzugehen.« Die in den Visitationsakten gesammelten Gebrechen und Vergehen sind die Urkunden des Scheiterns der erstrebten Transformation vom >gemeinen< Volk zur Gesellschaft wahrer Christen - trotz intensiver reformatorischer Predigt, trotz gezielter >Indoktrination der JugendIndoktrination< zu leisten nicht imstande war. Doch auch die Fürstenreformation verzeichnet nur geringen Erfolg, wie die Visitationsakten ebenfalls ausweisen. Die Begeisterung der Anfangsjahre, die Strauss allerdings auch nur einem >Segment der Stadtbevölkerung< konzediert, hat nicht durchgehalten. »Later in the Century one finds mostly apathy.« 11 Die hier vorgetragenen Wertungen lassen ihre Prägung durch die Geschichte 10 PETER BLICKLE: G e m e i n d e r e f o r m a t i o n . D i e M e n s c h e n d e s 16. J a h r h u n d e r t s a u f d e m W e g

zum Heil. München 1985, S. 205, 213. Ders.: Die Reformation im Reich. Stuttgart 1982, S. 160. 11

» . . . the Protestant message was pitched to the solid b u r g h e r . . . As for the great multitude of men and w o m e n , they could have found little survival value in doctrines whose framers made no attempt to integrate their preeepts with the practical needs and aspirations of piain people.« GERALD STRAUSS: Luther's House of Learning. Introduction of the Young in the German Reformation. Baltimore 1978, S.307f. Siehe auch ders.: Success and Failure in the German Reformation. In: Past and Present 67 (1975) S. 30—63. Dieser Aufsatz macht die T h e sen bekannt, die der Autor im Jahre 1978 dann ausgearbeitet vorgelegt hat. Z u r Kritik an

6

Einleitung

des 20. Jahrhunderts nicht übersehen, vor allem dann nicht, wenn man den ersichtlichen Lasterkatalog positiv zur Wunschliste umschreibt, die dann an den Widersprüchen der Gegenwart auch unverkennbar Anteil hat: Reformation muß, wenn sie ihren Namen verdienen soll, die >katholische< Harmonie Europas wiederherstellen, die überlieferte Objektivität der Werte gegen Zersetzung festigen und den politischen Einfluß der Kirche restaurieren. Sie hätte die Deutschen unter dem Schirm des Kaisers zur Nation wiedervereinigen und zugleich das Volk an die Herrschaft heranführen sollen. Gelungene Reformation schließlich hebt die Gesellschaft als ganze auf die neue Kulturstufe des wahren menschlichchristlichen Zueinanders. Was so unterschiedliche, j a konträre Positionen wie diejenigen von Friedrich Heer oder Erwin Iserloh mit Peter Blickle oder Gerald Strauss verbindet, ist die Vernachlässigung der Definitionsaufgabe. Es mangelt an der Bestimmung des Unzeitgemäßen, also dessen, was mit B e g r i f f und Sache der Reformation im 16. Jahrhundert gemeint sein kann. Der Epochenbegriff wird als scheinbar eindeutige, inhaltlich deshalb nicht weiter festzulegende, tatsächlich aber mit Gegenwartswünschen gefüllte Universalie dazu eingesetzt, der These vom Scheitern den Beweis zu liefern. Das ist der vielleicht nicht überraschende, j a sogar notwendige Gegenschlag zu jener protestantisch-triumphalistischen G e schichtsschreibung, die sich ihre Universalie >Reformation< ebenfalls mit Gegenwartswerten füllte, wenn sie das 16. Jahrhundert als die Zeit der anhebenden Vollendung entdecken wollte. In Luther vornehmlich und denen, die ihm folgten, fand man >das Reinedas Unverfälschte«; in Religion und Nation offenbarte das >Germanische< zum ersten Male geschichtsmächtig sein dem >Welschen< überlegenes Wesen 1 2 .

Zielsetzung der Untersuchung Diese Untersuchung setzt sich zur Aufgabe, dem Reformationsanliegen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit dort in Deutschland nachzuspüren, wo es über die Zeit der Blüte in den Städten hinaus dauerhaft umgesetzt wurde und langfristig zur Wirkung gelangte: in den Territorien der Fürsten. Für das politische Gefiige des >Sacrum Imperium« hat zu gelten, was Volker Press auf eine treffende Formel bringt: »Das Reich war vor allem ein Reich der Fürsten, in dem kleinere Stände wie Reichsgrafen, Reichsritter und Reichsprälaten einerseits, Freie und Reichsstädte andererseits ihren Platz, vielleicht besser: ihre Nische gefunden hatten.« 1 3 Diese Definition gilt bereits für das Reich des STRAUSS siehe H. A. OBERMAN: Martin Luther: Vorläufer der Reformation. In: Verifikationen. Festschrift fiir Gerhard Ebeling, hg. v. E . Jüngel u. a. Tübingen 1982, S. 92—94. 12 Vgl. HARTMUT LEHMANN: Martin Luther als Deutscher Nationalheld im 19. Jahrhundert. I n : L u t h e r 5 5 ( 1 9 8 4 ) S . 5 3 - 6 5 ; GOTTFRIED M A R O N : L u t h e r u n d d i e » G e r m a n i s i e r u n g d e s C h r i -

stentums«. Notizen zu einer fast vergessenen These. In: Z K G 94 (1983) S. 313—337. 13 VOLKER PRESS: Reformatorische Bewegung und Reichsverfassung. Z u m Durchbruch der

Zielsetzung

der Untersuchung

1

15. Jahrhunderts. D o c h abgesehen von salvierenden Zwischenbemerkungen, daß schon im späten Mittelalter die Fürsten nach landesherrlichem Kirchenregiment gestrebt hätten, schlägt diese Erkenntnis nicht zu Buche. Die Forschungssicht ist durch die Perspektive aus dem nachhinein bestimmt. In der Rückschau hebt sich als >causa proxima< der Glaubenskampf heraus, der - zumindest in der Form von Luthers Reformation - den Fürsten die Kirche in die Hand gespielt habe. Die Territorialgewalten, so scheint es dann, haben sich ihrerseits dieses ersten gelegenen Mittels bedient, um ihre Herrschaft auch über die Kirche antreten zu können. Die gängige Sequenz in der Verknüpfung von Reformation und Regiment bedarf der Überprüfung ihrer Voraussetzungen. Deshalb wendet sich diese reformationsgeschichtliche Untersuchung zurück zu den Quellen des 15. J a h r hunderts. In einem ersten Teil ist daran zu erinnern, daß die Forschung eine Fülle von Materialien zusammengetragen hat, die klarlegen, daß im 15. Jahrhundert in den entwickelten Territorien des Reiches von einem landesherrlichen K i r chenregiment gesprochen werden muß, auch wenn dieses Regiment die voll ausgebildete Kirchenhoheit noch nicht erreicht hatte. Unbestreitbar ist, daß sich im 15. Jahrhundert neben den geistlichen auch weltlich-fürstliche oder weltlichstädtische Kirchenregimente fest etabliert haben, die mit den bischöflichen und den monastischen Obrigkeiten nicht einfach nur konkurrieren, sondern diese auch merklich zurückdrängen konnten 1 4 . Die Erinnerung an die Forschungsergebnisse (Teil I) wird deutlich machen können, daß die vielberufene Markierung des geschichtlichen Weges >von der Reformation Luthers zum landesherrlichen Kirchenregiment* ein Anachronismus ist. Verfolgt man nämlich den Weg vom späten Mittelalter aus, dann eröffnet sich eine eigene Streckenführung, die nicht an die Reformation des 16. Jahrhunderts als Ausgangspunkt gebunden ist: von der Durchsetzung des obrigkeitlichen Kirchenregiments im 15. Jahrhundert bis hin zu seiner Intensivierung durch protestierende wie durch altgläubige Reichsstände im Jahrhundert danach. Das bedeutet für diese Untersuchung, daß sie anlagegemäß auf ihre Weiterfuhrung in das 16. Jahrhundert hinein wartet. Für diese Fortsetzung ist darauf zu achten, daß nicht allein und nicht in erster Reformation - soziale, politische und religiöse Faktoren. In: Martin Luther. Probleme seiner Zeit, hg. v. V. Press, D. Stievermann. Stuttgart 1986, S. 15. 1 4 Für die ältere Forschung siehe JUSTUS HASHAGEN: Staat und Kirche vor der Reformation. Eine Untersuchung der vorreformatorischen Bedeutung des Laieneinflusses in der Kirche. Essen 1931; und den Forschungsbericht von WILHELM DERSCH: Territorium, Stadt und Kirche im ausgehenden Mittelalter. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen G e schichts- und Altertumsvereine 80 (1932) S. 32—51. Für die neuere Forschung siehe JÖRN SIEGLERSCHMIDT: Territorialstaat und Kirchenregiment. Studien zur Rechtsdogmatik des K i r chenpatronatsrechts im 15. und 16. Jahrhundert. Köln 1987; DIETER STIEVERMANN: Landesherrschaft und Klosterwesen im spätmittelalterlichen Württemberg. Sigmaringen 1989. Speziell den Wandel des Kirchenverständnisses im späten Mittelalter behandelt ISNARD W. FRANK O P : Kirchengewalt und Kirchenregiment in Spätmittelalter und früher Neuzeit. In: Innsbrucker H i s t o r i s c h e S t u d i e n 1 ( 1 9 7 8 ) S.

33-60.

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Einleitung

Linie Luthers Konzept zur Reformation der Kirche die Obrigkeit als gottverordneten Handlungsfaktor einschloß. Für ihn gilt bleibend die Einschränkung, daß dem christlichen Adel< aufgrund des Notstandes in der Kirche nur eine Notpflicht zur Besserung zukommt. Sein Appell an das weltliche Regiment ist aber keine Erfindung aus Angst vor den Bauern, hatte Luther doch 1520 schon die Christenpflicht der Fürsten angemahnt, noch unberührt von jenen Aufs tandserfahrungen, die ihn dazu gebracht hatten, von der Obrigkeit die Schärfe des Schwertes zu fordern: »Ich h a b u n s e r m f u r n e h m e n n a c h z u s a m m e n t r a g e n n etlich stuck C h r i s t i i c h s stands besserung belangend, d e m Christlichenn Adel deutscher Nation furtzulegen, ob got wolt d o c h d u r c h den leyen standt seiner k i r c h e n helffen, s e i n t e m a l der geistlich stand, d e m es billicher g e b u r t , ist gantz u n a c h t s a m w o r d e n . « 1 5

Konträr dazu konnte - eben nicht allererst Melanchthon, sondern Karlstadt, den man auf Seiten der >freien Gemeindereformation< wähnt (wie man sich diese auch immer vorstellen mag), im Jahre 1522 das nach göttlichem Recht originäre Amt der Kirchenleitung durch die weltliche Obrigkeit propagieren: »Welte Got, das unßer hern weren, wie die weltliche frumen konig und hern gewest sein in der judenschafft, die der h. geist lobet. Sie haben ye in heiliger schrift macht, yn kirchen tzehandeln und abtzethun, das gleubige ergeret und verhinderet. Sie mögen auch die pfaffen in gütlichem rechte dringen und treiben, betrugliche und schedliche ding außtzefhuren [abzustellen].« Es folgt ein durch Zitat ausgeführter Verweis auf König Josia (2. Kön. 23,4). »Darauß sal yderman mercken, wie die pfaffen den konigen untherdenig sollen sein, auß göttlichem rechten.« 1 6 Der R u f nach der weltlichen >Oberkeit< konnte schon in der Frühzeit der 1 5 An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung. Aus der W i d m u n g an Nikolaus von Amsdorf. W A 6. 404, 12—16. Unhaltbar ist die Vorstellung, Luther habe von einem anfänglichen »Idealbild, einer auf freiwilligem Zusammenschluß b e r u henden christlichen Gemeinde«, Abstand g e n o m m e n und sich nach den Erfahrungen des Bauernkrieges »dem Zucht und O r d n u n g verheißenden landesherrlichen Regiment« zugeneigt. So HERBERT HOFMEISTER: Landeshoheit und kirchliche R e f o r m . In: Österreichisches Archiv für Kirchenrecht 23 (1972) S. 246. Z u Recht hat ULRICH BUBENHEIMER einem solchen Bild widersprochen. Siehe seinen Aufsatz: Luthers Stellung zum Aufruhr in Wittenberg 1520—1522 und die frühreformatorischen Wurzeln des landesherrlichen Kirchenregiments. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung 102 (kan. Abt. 71) (1985) S. 1 4 7 - 2 1 4 . BUBENHEIMER ist einmal aber zu ergänzen und das andere M a l zu modifizieren: 1. D i e Berufung auf den Landesherren ist kein Spezifikum Luthers und seiner Anhänger. Auch die sogenannten radikalen R e f o r m a t o r e n haben erst dann die Kirchengewalt der weltlichen Herren bekämpft, als sich herausstellte, daß Fürsten und Stadträte für ihre Reformvorstellungen nicht zu gewinnen waren. 2. D i e D e u t u n g , Luther formuliere bereits in der Frühzeit der reformatorischen B e w e g u n g , im Wittenberg der J a h r e 1 5 2 1 / 1 5 2 2 , »wesentliche theoretische Grundgedanken des späteren landesherrlichen K i r chenregiments« (S. 196), ist eine Deutung aus der Rückschau. Zeitgemäßer muß es heißen, daß Luther in der landesherrlichen Reformtradition des späten Mittelalters steht - und daß seine »politische Sozialisation«, nach der B u b e n h e i m e r fragt (S. 197), die Sozialisation seines Ordens ist, der dem Reformhandeln des wettinischen Fürstenhauses in außergewöhnlicher Weise verpflichtet war und dieses Reformhandeln als das >Normale< erfahren hatte. 1 6 Andreas Karlstadt: Von Abtuung der Bilder. In: Flugschriften der frühen R e f o r m a t i o n s b e wegung ( 1 5 1 8 - 1 5 2 4 ) , B d . 1, hg. v. A. Laube, A. Schneider, S. L o o ß . Berlin 1983, S. 1 2 2 , 9 - 1 9 .

Zielsetzung

der

Untersuchung

9

Wittenberger Reformation in ganz verschiedener, sich gar ausschließender Weise die Herrschaftstradition der >principes in ecclesia< aufgreifen. Man darf sich allein mit dem Hinweis auf das fürstliche Kirchenregiment schon im späten Mittelalter gleichwohl nicht begnügen. Der enge, für ihr Überleben wie für ihre Unterdrückung konstitutive Zusammenhang von Reform und Fürstenregiment gilt nicht nur für das 16. sondern auch schon für das 15. Jahrhundert. Auch das wird im ersten Teil bereits erkennbar und dann im Hauptteil (Teil II und III) konkret am Beispiel der wettinischen Herrschaften thematisch werden: Die Verbindung von Reform und Herrschaft gehört nicht zu den Schöpfungen, sondern zu den Voraussetzungen des 16. Jahrhunderts. Zu den Regierungsaufgaben spätmittelalterlicher Fürsten zählt die Pflicht zur Reform. In den Jahrzehnten nach der Zerschlagung des Basler Konzils wirkt die Herrschermacht der Fürsten als effektive Reformkraft in der Kirche. Umgekehrt hat das Reformhandeln der Fürsten deren Kirchenregiment merklich ausgeweitet und gefestigt. Für die Untersuchung über Wesen und Ziele der Fürstenreform wurde das Herrschaftsgebiet der wettinischen Fürsten gewählt, über die Zeit seiner Teilungen (1445 und 1485) hinweg vom Beginn der Alleinherrschaft Herzog Wilhelms III. in Thüringen (seit 1445) bis zum Jahre 1517. Es sind mehrere Erwägungen, die zur Festlegung auf dieses Territorium gefuhrt haben, von denen die scheinbar nächstliegende, daß Sachsen als das Ursprungsland der Reformation im 16.Jahrhundert besondere Aufmerksamkeit beanspruchen muß, nicht die einzig entscheidende ist. Bereits Irmgard Höss ist in ihrem Abriß zum landesherrlichen Kirchenregiment im spätmittelalterlichen Sachsen auf das Beieinander von Kirchenherrschaft und Reformbemühungen der Fürsten gestoßen 17 . Bestimmend für die Festlegung auf das Haus Wettin wurde die weitergehende Erkenntnis, daß in Sachsen jene landesherrlichen Reformprogramme konzipiert wurden, die über die Verflechtung von Reform und Regiment ein farbiges und aussagekräftiges Zeugnis ablegen. Dieses Quellenkorpus, das der Herrschaftsenergie des thüringischen Landgrafen, Herzog Wilhelm III. von Sachsen, zu verdanken ist, führt über den Katalog geplanter Maßnahmen hinaus zu den politischen wie kirchlichen Anliegen und Hindernissen fürstlicher Reform vor der Reformation. Ein weiteres, ebenso schwerwiegendes Argument für die Wahl der wettinischen Territorien ist die Tatsache der dort konzentrierten Reformkongregationen der Mendikanten, der Dominikaner und Franziskaner, vor allem aber der Augustiner. Die Observantenkongregationen dieser Orden fanden in den sächsischen Fürsten zuverlässige Reformherren, die innerhalb des Landes die erstrebte Ordensobservanz durchsetzen und auch Angriffen von außen mit Erfolg widerstehen sollten. Die Ordensreform erscheint auf den ersten Blj,ck eher als ein Nebenschauplatz der allgemeinen Reformgeschichte des 15. Jahrhunderts. Hier istjedoch auf 17

Vgl. I R M G A R D H Ö S S : Die Problematik des spätmittelalterlichen Landeskirchentums am Beispiel Sachsens. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 10 (1959) S. 352—362.

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Einleitung

neuere Forschungen hinzuweisen, die deutlich machen, daß Klöster mehr sind als eng umgrenzte Lokalitäten mit nur beschränkter Wirkung nach außen. Kaspar E l m hat am Beispiel westfälischer Augustinerkonvente deutlich machen können, daß die Mendikanten mit einem Netz von Termineien und Hospizen auch die weitere U m g e b u n g ihrer Klöster abdecken, so daß man von einem regelrechten »Kommunikationssystem« sprechen kann, das auch die Fläche des Landes erfaßt. Die Termineien dienten dazu, das »Umland der Klöster materiell zu erschließen, aus ihm Nachwuchs zu rekrutieren und es seelsorgerlich zu betreuen«. E l m gelangt sogar zu der Auffassung, daß die Predigttätigkeit »als eine der zentralsten Funktionen der Termineien zu bezeichnen« ist. Beobachtungen zur Bedeutung von Termineien am Beispiel des Würzburger und des Erfurter Augustinerkonventes, der über die beträchtliche Anzahl von zehn Termineien verfugte, bestätigen die Erkenntnis, daß die Wirksamkeit der Mendikanten sich in der Regel weit über den Bereich der Stadt hinaus auf das Land erstreckte. Die Termineien wuchsen oftmals zu regelrechten Mittelzentren der monastischen Predigt und Seelsorge heran, denen mit den einzelnen, teilweise zahlreichen Sammelstellen wiederum Unterzentren zugeordnet waren 1 8 . Die Reichweite des monastischen Wirkens wird im Einzelfall gewiß verschieden zu bestimmen sein, doch im allgemeinen wird man davon ausgehen können, daß der Einfluß der Mendikanten erheblich über die Grenzen ihrer Städte hinausreicht und daß auch die Reform der Klöster strukturell auf das Land ausgreift. Johannes von Staupitz, als er noch Prior des observanten Tübinger Augustinerklosters war, hat in einer seiner Klosterpredigten die Überzeugung ausgesprochen, daß die Vernachlässigung der Klosterreform sich unzweifelhaft abträglich auf die Frömmigkeit des Volkes auswirke. Auch er ging von der Breitenwirkung der Klöster aus und war deshalb gerade bedrückt über den Schaden, den seiner Auffassung nach j e n e vielen Mönche anrichten, die das Privileg genießen, im Lande predigend umherzuziehen, um das Volk zu bessern, selber aber sündigen und sich nicht bessern lassen. Sie sind eine Last für Volk und Klerus, wie er sagte 1 9 . Wenn man die Geschichte der Ordensreform im Bereich der wettinischen Herrschaften verfolgt, erhält man in einzigartiger Weise Einblicke in die Strukturprobleme von >reformatio< im allgemeinen und der Fürstenreform im besonderen. Von diesen Strukturproblemen her erklärt sich auch der zeitliche E n d punkt dieser Untersuchung, das Jahr 1517. Wiederum ist nicht allein das Naheliegende entscheidend, also nicht nur Luthers Anschlag auf den Ablaß, sondern auch die Tatsache der Teilung des Franziskanerordens durch den Papst. Offiziell vollendete die höchste kirchliche Autorität mit diesem Schritt das quälend lange 1 8 KASPAR ELM: Termineien und Hospize der westfälischen Augustiner-Eremitenklöster Osnabrück, Herford und Lippstadt. In: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 70 (1977) S. 12; 39; 43. Siehe auch ADALBERO KUNZELMANN: Die Bedeutung des alten Erfurter Augustinerklosters. In: Scientia Augustiniana. Würzburg 1975, S. 611 f. 1 9 Vgl. Johannes von Staupitz. Sämtliche Schriften. Lateinische Schriften I: Tübinger Predigten. Berlin 1987, Sermo X X , S. 3 1 9 , 6 9 - 7 5 .

Zielsetzung

der Untersuchung

11

Auseinanderfallen der Barfüßer in unabhängig voneinander bestehende observante und konventuale Orden mit jeweils selbständigen zentralen Leitungsorganen. Die Teilung war ein pragmatisches Mittel zur Lösung des bitteren Reformstreites unter den Mönchen und der Ausweis des Scheiterns zugleich. Das Drängen nach Reinheit hatte die Einheit des Ordens zerschlagen. Hier endete die Integrationskraft des römischen Bischofs genauso wie die Macht der europäischen - nicht nur der deutschen - Fürsten. Die wettinischen Landesherren hatten die neue, zu Anfang des 16. Jahrhunderts sich stellende Aufgabe für ihren Einflußbereich ebenfalls nicht bewältigen können, die Ordensprovinzen ungeteilt der Reform zu unterwerfen und das schon vollzogene Auseinandertreten in sich gegenseitig befehdende Parteiungen rückgängig zu machen. Niemand hat ahnen können, daß dieses Jahr der franziskanischen Trennung ein Warnmal für die Reformationsgeschichte im ganzen setzen würde. Ein Wort zur Terminologie ist nötig, das direkt auch die Sache trifft: > Ad usum scholarum< hat die Unterscheidung von spätmittelalterlicher Reform und frühneuzeitlicher Reformation ihr unbestreitbares Recht. Die jeweils eigene Forschungsbegrifflichkeit kommt einmal der chronologischen Eindeutigkeit zugute und hilft ferner, auch äußerlich den Unterschied zu markieren, der zwischen scholastischer und eben >reformatorischer< Theologie besteht. Die Grenzen der gebotenen Unterscheidung wird man sich jedoch ebenfalls vor Augen halten müssen, damit aus der Eindeutigkeit der Begriffe nicht eine Scheinklarheit in der Sache erwachse. Die dem lateinischen und frühneuhochdeutschen Sprachgebrauch der Quellen nicht entsprechende Übernahme des Begriffes >reformatio/reformacion< einmal als >Reform< und das andere Mal als >Reformationinitia Reformationis< den >initia Lutheri< erst folgen läßt, so sehr ist es auch geboten, in politik- und mentalitätsgeschichtlicher Hinsicht die Zeitenfolge umzukehren: Die >initia Reformationis< gehen den >initia Lutheri< voraus. Das Drängen nach Reformation ist so alt wie das 15. Jahrhundert selber, und es nimmt wegen des Scheiterns des Baseler Konzils in seiner Ungeduld nur noch zu. Man will die >Reformation< der Kirche, im 15. genauso wie im 16. Jahrhundert, darin unterscheiden sich die Epochen also gerade nicht. Auch für den offiziellen politischen Handlungsrahmen der Fürsten, zum Wohle des Landes und zum Heil der Seelen >besserung und reformacion< vorantreiben zu müssen, entfällt die postulierte Epochenschwelle. Neu war dem 16. Jahrhundert nicht das Reformationsdrängen, sondern die Erwartung, daß Gottes Wort, in seiner ursprünglichen Reinheit wiederentdeckt, jene Barrieren räumen werde, die einer Reformation bislang im Wege gestanden hatten 2 0 . U n d 20

Für Luther allerdings wird man das Hoffen auf einen grundlegenden Wandel durch reformatorischen Fortschritt nicht in Anspruch nehmen dürfen. Selbst wenn die Kritik an H E I K O A. O B E R M A N S apokalyptischer Interpretation der Theologie Luthers überzeugen sollte, bleibt als Faktum die Erwartung des nahen Jüngsten Tages bestehen, ebenso wie die sichere

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Einleitung

umgekehrt gilt den Gegnern, daß von Wittenberg aus mit ungeahnter Wucht alte Ketzereien wieder hochgekommen sind, die jede Reformation gewalttätig bedrohen. Auch fürstliche Verteidiger des alten Glaubens zielen nicht einfach auf die Bewahrung des status quo, sondern ebenfalls auf >Reformationmoderner< Staat geworden ist. Das Reich »blieb, was es seit den Tagen der Staufer war: eine große genossenschaftliche Körperschaft in lockerer monarchischer Form« 3 . Staaten sind im deutschen Raum die Territorien geworden. Zu den Merkmalen der territorialen Staatswerdung gehört sowohl die Ausbreitung des Staates nach außen im Sinne der Arrondierung von Herrschaftsgebieten, als auch seine Ausbreitung nach innen durch die Intensivierung seiner Gesetzgebungs- und Verwaltungstätigkeit sowie durch die Verdichtung seiner verwaltenden Ämter 4 . 1

RUDOLF SMEND: Staat. In ders.: Staatsrechtliche Abhandlungen und andere Aufsätze. 2. Aufl. Berlin 1968, S. 519. Z u m Mittelalter siehe den von HELLMUT KÄMPF herausgegebenen Sammelband: Herrschaft und Staat im Mittelalter. Darmstadt 1984. 2 Vgl. GERHARD OESTREICH: Geist und Gestalt des frühmodernen Staates. Berlin 1969, S. 5 f.; OTTO HINTZE: Wesen und Wandlungen des modernen Staates. In ders.: Staat und Verfassung. Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Verfassungsgeschichte, Bd. 1. 3. Aufl. Göttingen 1970, S. 470—496. - Zur Geschichte des Begriffs >moderner Staat< siehe STEPHAN SKALWEIT: Der »moderne Staat«. Ein historischer Begriff und seine Problematik. Opladen 1975. 3 WERNER KAEGI: Über den Kleinstaat in der älteren Geschichte Europas. In ders.: Historische Meditationen. Zürich o.J. [1946], S. 67f. 4 Siehe dazu KARLHEINZ BLASCHKE: Die Ausbreitung des Staates in Sachsen und der Ausbau

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Kirchenregiment

im frühmodernen Staat

Sucht man nach verfassungsmäßigen Kennzeichen des frühmodernen Staates, so stößt man auf das Nebeneinander von Fürst und Ständen, das in der Regel als >Dualismus< von Fürstengewalt und gleichberechtigter landständischer Gewalt definiert wird 5 , so daß sich solcher Sicht entsprechend die Staatsgewalt aus »doppelter Quelle« herleitet. O b der B e g r i f f >Dualismus< tatsächlich treffend gewählt ist, ob er nicht mehr verspricht, als er halten kann, darf hier auf sich beruhen 6 . Für die Frage nach der Bedeutung des landesherrlichen Kirchenregimentes im späten Mittelalter ist jedoch daraufhinzuweisen, daß die fürstliche Herrschaftsagilität für die Durchsetzung und Ausweitung der Kirchenherrschaft entscheidend ist, nicht das Mitbestimmungsrecht der Landstände. So gewiß auch die geistlichen Paragraphen der Landesordnungen und Rechtsreformationen von den Ständen akzeptiert, sogar gefordert wurden, so sollte dennoch von einem ständischen Kirchenregiment nicht die Rede sein. Kirchengewalt übt der Fürst aus, nicht die Stände. Der grundherrliche Adel war zur reformatorischen Leistung aus eigenen Kräften weder im ausgehenden 15. noch im 16. Jahrhundert befähigt. Selbst die großen landsässigen Städte, die zur Reform das Potential wohl besaßen, vermochten dieses nicht einzubringen, wenn die Reform im Widerspruch zur landesherrlichen Politik stand. Zu Recht verweist Karlheinz Blaschke auf das Beispiel Leipzig, dessen reformatorische Kräfte dem landesherrlichen Druck gegen die Neuerungen nicht zu widerstehen vermochten. Auch umgekehrt ist festzustellen, daß im Ursprungsterritorium der Reformation des 16. Jahrhunderts, im ernestinischen Kursachsen, die Stände als aktive Reformkräfte praktisch ausfielen. U n d sie fallen auch aus als Sperren gegen die Reformation. Als Herzog Heinrich, nach Herzog Georgs Tod (17. April 1539) der neue Landesherr im albertinischen Sachsen, die Reformation einführte, geschah das gegen den Willen der Landstände. Diese konnten jedoch die Reformation nur behindern, nicht aber verhindern. seiner räumlichen Verwaltungsbezirke. In: Blätter für deutsche Landesgeschichte 91 (1954); für die Zeit des späten Mittelalters vor allem S. 79—82. 5 Vgl. WERNER NÄF: Die Epochen der neueren Geschichte. 2. Aufl. Aarau 1945, S. 1 8 5 - 1 9 0 . Ders.: Frühformen des »Modernen Staates« im Spätmittelalter. In: Historische Zeitschrift 171 (1951) S. 225—243. - Eine überregionale Untersuchung des deutschen Ständewesens bietet F. L. CARSTEN. Er gelangt zu einer hohen Einschätzung der Leistungsfähigkeit, Selbstverantwortung und Macht der Landstände bis ins 16. Jahrhundert hinein - , vor allem wohl aufgrund der Verhältnisse in Württemberg und des »famous treaty o f Tübingen«. F. L. CARSTEN: Princes and Parliaments in Germany. O x f o r d 1959, S. 12. - Eine Übersicht über die Typen der ständischen Vertretungen findet sich bei HERBERT HELBIG: Fürsten und Landstände im Westen des Reiches im Ubergang vom Mittelalter zur Neuzeit. In: Rheinische Vierteljahrsblätter 29 (1964) S. 3 4 - 7 2 . 6 WERNER NÄP: D e r geschichtliche Aufbau des modernen Staates. In ders.: Staat und Staatsgedanke. Vorträge zur neueren Geschichte. Bern 1935, S. 37. - Auffällig ist, daß PETER BLICKLE, der das Dualismusmodell verteidigt, überstürzt den Aufbruch v o m dualistischen Ständestaat zum Frühabsolutismus vollzieht: »Aber schon verlagert sich das Schwergewicht bei der Gesetzgebung . . . und mehr und mehr in den Kompetenzbereich der Landesherren.« Peter Blickle: Landschaften im Alten Reich. Die staatliche Funktion des gemeinen Mannes in Oberdeutschland. München 1973, S. 37. Wieso »schon«, warum so plötzlich? Sind die Gewalten tatsächlich gleichberechtigt, ist dieser abrupte U m b r u c h nicht erklärlich - oder: erklärungsbedürftig.

Übersicht über deutsche Territorien

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Ernst Walder akzeptiert ebenfalls das Dualismusmodell als zutreffende B e schreibung der damaligen Verfassungswirklichkeit. Was den Fürstenstaat kennzeichne, sei der politische Dualismus von Fürst und Ständen: »Daß es zwei Stellen gibt, zwei Pole, durch welche das staatliche Leben bestimmt wird.« Aber auch er stößt auf den Sachverhalt, daß der ständische »Pol« im »dualistischen Gliederstaat des fürstlich-dynastischen Typs« im Falle einer solchen Lebensfrage wie der Duldung oder Einfuhrung der Reformation allenfalls in einer mittleren Phase >Einfluß< geltend macht - von einer Entscheidungskompetenz kann keine Rede sein 7 . Im Zusammenhang mit dem Dualismusmodell taucht für das T h e m a der Fürstenreform aber eine näherliegende Frage auf: Ist es nicht angemessen, von einem >dualistischen< Kirchenregiment durch Fürsten und Bischöfe zu reden? Folgt man der Logik des Zählens, dann gilt als Konsequenz der Schluß, zu dem Werner N ä f sich angesichts der bestehenden Herrschaftsverträge zwischen Fürsten und Landständen berechtigt sah: »Ein Vertrag setzt vertragsschließende Parteien voraus; wo es ihrer zwei sind, ist >Dualismus< offensichtlich gegeben. « 8 Gemäß dieser Logik würden Schutzverträge zwischen Fürsten und Bischöfen die Beschreibung >Dualismus< rechtfertigen. Die arithmetisch gelenkte Schlußfolgerung scheint auf der korporativen E b e ne des Reiches eine überraschend eindeutige Bestätigung zu finden. Die Zahl der geistlichen Reichsfursten war größer als die der weltlichen, und »das hatte zur Folge, daß auf den Reichstagen gegen ein auch nur einigermaßen geschlossenes Votum der geistlichen Fürsten kein Beschluß zustande k o m m e n konnte« 9 . Für die Geschichte der Reichstagsabschlüsse gegen die Reformation sollte dieser nicht machtpolitisch, sondern verfassungsrechtlich gesicherte >Dualismus< von geistlichem und weltlichem Reichsfürstenstand von erheblicher Bedeutung werden. Vergleicht man aber auf der Ebene des Territoriums die Machtverhältnisse fürstlicher Herrschaften und bischöflicher Hochstifte, dann scheidet die A n w e n dung des Dualismusmodells zur Beschreibung des spätmittelalterlichen K i r chenregimentes aus. Meißen, Merseburg oder Naumburg, Speyer oder Worms haben von ihrer Machtbasis her mit Sachsen oder Pfalz in keiner Weise Schritt halten können - und Salzburg, die nordwestlichen Krummstablande oder auch Würzburg waren und blieben die Ausnahme. Dennoch, auch geistliche Macht zählt! Es würde sich demzufolge eine Auftei7 Vgl. KARLHEINZ BLASCHKE: Wechselwirkungen zwischen der Reformation und dem Aufbau des Territorialstaates. In: D e r Staat 9 (1970) S. 356f. - Zu Herzog Heinrich siehe ERICH BRANDENBURG: Zur Entstehung des landesherrlichen Kirchenregimentes im albertinischen Sachsen. In: Historische Vierteljahrschrift 4 (1901) S. 197; GÜNTHER WARTENBERG: Landesherrschaft und Reformation. Weimar 1988, S. 9 4 - 1 0 2 . - ERNST WALDER: Reformation und moderner Staat. In: 4 5 0 J a h r e Berner Reformation. Bern 1980/81, S. 460, 456, 4 7 9 - 4 8 2 . 8

WERNER NÄF, F r ü h f o r m e n , S. 2 4 0 .

9

HORST RABE, BERND MOELLER: F ü r s t l i c h e L a n d e s h e r r s c h a f t u n d städtisches R e g i m e n t v o r

der Reformation. In: Martin Luther und die Reformation in Deutschland. Frankfurt 1983, S. 112.

16

Kirchenregiment

im frühmodernen Staat

lung gemäß der neuzeitlichen Unterscheidung zwischen bischöflichem >ius in sacra< und landesherrlichem >ius circa sacra< nahelegen. D o c h auch diese Lösung steckt einen kirchlichen Herrschaftsrahmen ab, den die Bischöfe in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schon nicht mehr haben ausfüllen können. Im wichtigen und heftig umstrittenen Bereich des Klosterwesens fallen sie als Gegengewicht zu den Landesherren aus. Es verbleibt ihnen die Aufsicht über den Säkularklerus, sofern weltliche Fürstenrechte nicht wiederum Einschränkungen bis in den geistlichen Bereich hinein erzwingen. Flächendeckende Visitationen des Weltklerus durch die Bischöfe, wie sie im frühen 16. Jahrhundert - seit den beginnenden zwanziger Jahren — wieder vorgenommen werden sollten, gelangen nur mit landesherrlichem Wissen und Willen zur Durchführung, und das nicht nur im Kurfürstentum Sachsen, als B i s c h o f Johann VII. von Meißen auf Anweisung des Reichsregimentes das ernestinische Gebiet 1522 visitieren sollte 1 0 . Auch die Bayernherzöge und Erzherzog Ferdinand erzwingen oder verhindern 1522 und 1523 die Visitation, j e nach sich ändernder politischer Konstellation 1 1 . Von außerordentlicher Bedeutung für die Ausübung des Kirchenregiments durch die Bischöfe ist deren Anspruch auf geistliche Jurisdiktion. D o c h selbst diese zählt im 15. Jahrhundert nicht mehr zu den unbestrittenen Ordinariatsrechten, vor allem dann nicht, wenn die kirchliche Gerichtsbarkeit über die eigentlichen >spiritualia< hinaus auf Mischfälle (causae mixtae) oder sogar auf rein weltliche »causae< übergreift. So gewiß das Verhältnis von Landesfürsten und Bischöfen in den einzelnen Territorien von jeweils wechselnden Bedingungen bestimmt ist, so deutlich weisen doch alle für die folgende Übersicht gewählten weltlichen Territorien die Kennzeichen des frühmodernen Staates auf. Dazu gehören die - im Vergleich zum Mittelalter - straffere Durchsetzung der Herrschaftsmaßnahmen, die offenkundige Präsenz von Obrigkeit, der Aufbau funktionierender, durch >Beamte< getragener Institutionen und die Vereinheitlichung des Rechtes 1 2 . Was aufgrund der Erfahrung mit kurpfälzischen Quellen formuliert wurde, darf für alle Territorien Gültigkeit beanspruchen: »Gerichtshoheit ist das Zeichen der Landeshoheit. « 1 3 Die Ausbildung und Entwicklung der Fürstenmacht über die Kirche gehört ebenfalls zu den Merkmalen der frühneuzeitlichen Staatsentwicklung. Im Bereich der Kirchenpolitik beginnt die Neuzeit bereits im 15. Jahrhundert. Die Intensität des landesherrlichen Kirchenregiments bestimmt sich nicht durch Faktoren wie >Kirchennähe< oder >Kirchenferne< der Fürsten, sondern durch ihre 1 0 Vgl. KAHL PALLAS: Briefe und Akten zur Visitationsreise des Bischofs Johannes VII. von Meißen im Kurfürstentum Sachsen 1522. In: A R G 5 (1907/08) S. 2 1 7 - 3 1 2 ; ders.: Die Visitationsreise des Bischofs J o h a n n VII. von Meißen im Kurfürstentum Sachsen 1522. In: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte der Provinz Sachsen 6 (1909) S. 25—60. 1 1 Vgl. Acta Reformationis Catholicae, B d . 1: 1520 bis 1532, hg. v. G. PFEILSCHIFTER. R e gensburg 1959, S. 1 - 5 . 1 2 Vgl. BLICKLE, Landschaften im Alten Reich, S. 34. 1 3 RICHARD LOSSEN: Staat und Kirche in der Pfalz i m Ausgang des Mittelalters. Münster 1907, S. 12.

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Territorien

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B e f ä h i g u n g , >Staat< zu m a c h e n - Staat nicht neben der Kirche, s o n d e r n Staat, der die Kirche des Landes einschließt.

Jülich-Berg D i e Kirchenpolitik i m H e r z o g t u m J ü l i c h - B e r g 1 4 ist d u r c h das B e m ü h e n b e s t i m m t , die geistliche Gerichtsbarkeit des E r z b i s t u m s K ö l n z u r ü c k z u d r ä n g e n . Die H e r z ö g e schaffen d u r c h die Einrichtung eigener landesherrlicher Schiedsk o m m i s s i o n e n w i r k s a m e Institutionen zur Schlichtung in Streitfällen zwischen Klerikern u n d Laien. D i e B e g r e n z u n g der geistlichen Gerichtsbarkeit w u r d e s o m i t p r a g m a t i s c h g e h a n d h a b t , i m Gegensatz e t w a zu Sachsen, w o die Landesherren >grundsätzliche< L ö s u n g e n zu erreichen w ü n s c h t e n 1 5 . D i e H e r z ö g e v o n J ü l i c h - B e r g aber b e g n ü g t e n sich mit d e m Praktischen. Sie ließen d u r c h ihre D e p u t i e r t e n u n d Räte den Ausgleich zwischen Weltlichen u n d Geistlichen suchen, d a m i t das Kölner Gericht erst gar nicht z u m Z u g e k ä m e . Trotz zu verzeichnender W i d e r s t ä n d e w u r d e d e m A n s i n n e n des H e r z o g s , i m Streitfalle die R e c h t s k o m m i s s i o n e n t scheiden zu lassen, v o n den Geistlichen auch entsprochen; sie haben sogar v o n sich aus den Weg z u m landesherrlichen Schiedsgericht gesucht 1 6 . Das V e r f a h ren, die geistliche Gerichtsbarkeit so in das Rechtswesen des T e r r i t o r i u m s einzuf ü g e n , daß der Landesherr die kirchlichen Gerichte u m g e h t , ist nicht die A u s n a h m e . A u c h in der Pfalz u n d in W ü r t t e m b e r g w u r d e dieser Weg mit E r f o l g beschritten 1 7 . D a r ü b e r hinaus haben die H e r z ö g e v o n Jülich-Berg auch versucht, die K ö l n e r , also die >fremde< geistliche Jurisdiktion zu territorialisieren. Sie w o l l t e n eine eigene kirchliche Landesgerichtsbarkeit schaffen, die entsprechend der s p ä t m i t telalterlichen A r c h i d i a k o n a t s v e r f a s s u n g die geistlichen Rechtsfälle des Jülicher Landes u n a b h ä n g i g v o n den K u r k ö l n e r Gerichtsherrn zu entscheiden hätte 1 8 . K u r k ö l n hat, u n b e e i n d r u c k t v o n allen gegenteiligen R e c h t s g u t a c h t e n , der F o r d e r u n g w i d e r s t a n d e n , d e m Jülicher H e r z o g die b e a n s p r u c h t e »vriheit, j u r i s -

14 D i e klassische U n t e r s u c h u n g f ü r J ü l i c h - B e r g s t a m m t v o n OTTO R. REDLICH: J ü l i c h B e r g i s c h e K i r c h e n p o l i t i k a m A u s g a n g e des Mittelalters u n d in der R e f o r m a t i o n s z e i t , B d . I: U r k u n d e n u n d A k t e n 1 4 0 0 - 1 5 5 3 . B o n n 1907; Bd. 11,1: V i s i t a t i o n s p r o t o k o l l e u n d B e r i c h t e , erster Teil: Jülich ( 1 5 3 3 - 1 5 8 9 ) , m i t u r k u n d l i c h e n Beilagen v o n 1 4 2 4 - 1 5 5 9 . B o n n 1911; B d . 0 , 2 : V i s i t a t i o n s p r o t o k o l l e u n d Berichte, z w e i t e r Teil: B e r g (1550—1591), m i t u r k u n d l i c h e n B e i l a g e n v o n 1 4 4 2 - 1 5 9 2 . B o n n 1915. 15 Siehe u n t e n S. 5 1 - 5 5 , S. 7 0 - 8 0 , S. 1 2 1 - 1 2 9 . 16 Vgl. REDLICH I, S. 5 7 * - 5 9 * u n d U r k u n d e N r . 213. 17 Siehe u n t e n S. 22, S. 24. 18 A r c h i d i a k o n e agieren n i c h t als w e i s u n g s g e b u n d e n e A m t s t r ä g e r des Bischofs, s o n d e r n als selbständige G e r i c h t s h e r r e n m i t >iurisdictio propriaEntscheidendebeweibte< Kleriker und ehebrecherische Personen vorzugehen. Die Unzucht will der Landesherr nicht länger dulden, »umb den zorn Götz zo vermiden«. REDLICH I, S. 192, 14f., Nr. 194. 25

REDLICH I, S. 1 1 5 , 6 - 2 1 , N r . 134, u m d a s J a h r 1 4 9 4 .

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guten Werken anzuhalten, damit Gott >uns alle< vor grassierender Pest bewahre, Frieden dem Lande schaffe, zeitliches Wohl und ewige Gnade verleihe 2 6 . In der Praxis solcher Mandate verwischen sich die Grenzen der Ämter: Der Landesherr handelt wie ein Bischof.

Kurpfalz Anders als das in Jülich-Berg möglich sein konnte, haben die Pfalzgrafen bei Rhein ihre zwei nächstgelegenen Bistümer, Worms und Speyer, in den territorialen Herrschaftsbereich einzubinden gewußt. Die Bischöfe sind regelrecht »zu Satelliten der kurfürstlichen Politik degradiert« worden 2 7 . Vor allem der machtpolitische Aufschwung des Landes unter Kurfürst Friedrich I., dem Siegreichen (Kurfürst: 1449—1476), hat Rückwirkungen auch auf das Verhältnis zu Worms und Speyer gezeitigt. Denn Friedrich, »die kraftvollste Erscheinung« unter den Heidelberger Schloßherren des 15. Jahrhunderts, war mit hohem Erfolg daran gegangen, das Kurfürstentum zu modernisieren und zu arrondieren. Er zog römisch-rechtlich geschulte Räte heran, baute ein Söldnerheer auf, das ihn in seinen militärischen Auseinandersetzungen immer wieder zum Sieger machte, und verstand es, das Land vor dem Schicksal der Teilungen zu bewahren. Auch die Reichsacht, die Kaiser Friedrich III. im Jahre 1474 in Regensburg über ihn ausgesprochen hatte, blieb angesichts der Schwäche des Kaisers ohne Folgen für die Pfalz 2 8 . Die Politik der Einbeziehung von Bistümern hatte in der Pfalz Tradition. War es auch nicht möglich, den Hochstiften Worms und Speyer die Reichsunmittelbarkeit zu nehmen, so suchten die Pfalzgrafen durch Einflußnahme auf die Bischofswahlen in der politischen Realität auszugleichen, was die Verfassungsstruktur des Reiches verwehrte. Schon im Jahre 1349 versprach das Domkapitel zu Worms dem Pfalzgrafen Ruprecht I., »das sie nümmer keynen bischoff zulassen wollen, er hab dann zuvor zu den heyligen gesworn, . . . das er dem gedachten pfalzgrawen... sinem lant und luten, als lang er gelebt, keyn schaden mit wissen und willen uss Ladenburg oder uss keyn vesten des stiffts gescheen... woll« 2 9 . Die Methode, die Hochstifte zu kontrollieren, war die im Reich inzwischen übliche: Der Pfalzgrafsuchte die Domkapitel an sich zu binden, mit der Folge, »daß der pfälzische Adel die Domkapitel von Speyer und Worms geradezu als

2 6 Befehl Herzog Wilhelms. REDLICH I. S. 7 5 , 1 2 - 1 8 , N r . 90. Vgl. REDLICH, Staat und K i r che, S. 5. 2 7 VOLKER PRESS: Calvinismus und Territorialstaat. Regierung und Zentralbehörden der Kurpfalz 1 5 5 9 - 1 6 1 9 . Stuttgart 1970, S. 111. 2 8 LOSSEN: Staat und Kirche, S. 12. Vgl. MEINRAD SCHAAB: Geschichte der Kurpfalz, B d . 1: Mittelalter. Stuttgart 1988, S. 1 7 4 - 1 8 3 . 29

LOSSEN, S. 4 5 , A n m . 1.

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seine D o m ä n e betrachten durfte« 3 0 . Als im Pfälzer Krieg das Hochstift Speyer dennoch außer Kontrolle geriet und Bischof Johann II. sich auf die Seite der Gegner Friedrichs stellte, brach nach der Niederlage der Verbündeten bei Sekkenheim (30. Juni 1462) das Strafgericht des >Siegreichen< mit Raub und Brand zunächst einmal über Speyer herein. Das weiterreichende Ergebnis des Krieges aber war jener Schirmvertrag, der Speyer gänzlich an die Pfalz binden sollte. Darin gelobte Kurfürst Friedrich I. zwar den Verzicht auf Gericht und Hoheit über Speyrer Landesteile, unterstellte dafür aber das Hochstift als ganzes dem >ewigen< Schirm der Pfalz mit der Auflage, daß jeder B i s c h o f innerhalb von vier Wochen nach seiner Wahl den Schirmvertrag erneuern müsse 3 1 . Das Domkapitel zog aus der schweren Niederlage die politisch sachgemäße Konsequenz, indem es im Jahre 1464 nach der Abdankung des unvorsichtigen Bischofs den kurzpfälzischen Kanzler, Matthias von Rammung, zum Nachfolger im Ordinariate wählte. Der Pfalzgraf hatte zuvor das Kapitel nachdrücklich auf den Vorteil der engen Anlehnung an die Pfalz hingewiesen. Falls R a m m u n g tatsächlich gewählt werde, solle der Bischof auch weiterhin pfälzischer Kanzler bleiben. Friedrich werde das Stift, das sich bisher schon »in unser und unsers egnanten [zuvor genannten] furstentums erblichen schirme« befinde, dann um so mehr schützen wollen 3 2 . Tatsächlich sollte R a m m u n g die Ämter des Bischofs und des Kanzlers bis zu seinem Tode (1478) in der Hand behalten. Für Worms ist die gleiche enge Bindung an die Kurpfalz festzustellen. 1483 hatte Kurfürst Philipp (Kurfürst: 1 4 7 6 - 1 5 0 8 ) - Neffe, Adoptivsohn und Nachfolger Friedrichs - dafür gesorgt, daß sein Kanzler Johann von Dalberg B i s c h o f zu Worms wurde. Der Kurfürst ließ dem Domkapitel mitteilen, es möge denjenigen wählen, »der edel aus der Pfalz geboren, gelehrt, eines fürnehmen ansehns, der auch sonst in wichtigen Sachen zu brauchen wäre« 3 3 . Damit war ohne Namensnennung angezeigt, daß die Wormser den pfälzischen Kanzler zu wählen hätten 3 4 , der nach seiner Wahl dann ebenfalls im Regierungsamte verblieb. Die Verflechtung von Hochstiften und Kurfürstentum ließ es auch naheliegend erscheinen, die Ordinariate als Sekundogenituren zu nutzen. Schon Friedrich der Siegreiche hatte 1460 für seinen jüngeren Bruder Ruprecht in die Auswahl der passenden Bistümer auch Speyer aufgenommen, doch bot sich dem Bruder dann weit standesgemäßer die Gelegenheit der Wahl in K ö l n 3 5 . 30

LOSSEN, S . 5 1 .

31

V g l . LOSSEN, S . 7 4 .

Zusage Friedrichs des Siegreichen für den Fall der Wahl seines Kanzlers Matthias von R a m m u n g , 25. Juni 1464. LOSSEN, S. 206, Nr. 7. - Z u R a m m u n g siehe FRANZ HAFFNER: D i e kirchlichen Reformbemühungen des Speyerer Bischofs Matthias von R a m m u n g in vortridentinischerZeit ( 1 4 6 4 - 1 4 7 8 ) . Speyer 1961. 3 3 Aus der Chronik des Rektors der Stadtschule zu Worms, Zorn: Wormser Chronik von Friedrich Zorn, hg. v. W. ARNOLD. Stuttgart 1857, S. 191. 32

34

V g l . LOSSEN, S . 5 8 .

Vgl. LOSSEN, S. 47. Die Besetzung der Bischofsstühle aus den Reihen des Adels und des Hochadels gehört zur episkopalen Tradition des Reiches, ist an sich also noch kein Anzeichen eines sich ausweitenden landesherrlichen Kirchenregiments, wenngleich enge Verwandtschaft35

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Kirchenregiment

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Staat

Kurfürst Ludwig hat schließlich Worms und Speyer dem Hause Wittelsbach zugunsten seiner zwei Brüder direkt verfügbar gemacht: 1513 wurde Pfalzgraf Georg als Bischof von Speyer postuliert (Bischofsweihe: 1515), und 1523 erhielt sein Bruder Heinrich die Koadjutorie in Worms, mußte aber mit der Bischofserhebung noch bis zum Tode des Amtsinhabers im Jahre 1533 warten 3 6 . Die Politik der schleichenden Vereinnahmung ist auch für andere kritische Bereiche des landesherrlichen Kirchenregiments festzustellen. Es fehlt zwar an prinzipiellen Auseinandersetzungen um die Eindämmung der bischöflichen Jurisdiktion, nicht aber an der Unterwanderung der kirchlichen Gerichtsbarkeit. Die Regierung der Pfalz setzte auf die Gewöhnung an den obrigkeitlich garantierten Ausgleich. Sie offerierte das Hofgericht als Rechtsinstanz auch in geistlichen Streitfällen 37 . Mit dem durch Friedrich I. eingesetzten Gericht, dem eine Anzahl Kleriker, gelegentlich sogar die Bischöfe von Worms und Speyer beigegeben waren, bestand eine landesherrliche Vermittlungsinstanz, die aufgrund ihrer Zusammensetzung auch um das Vertrauen der Geistlichen warb. Erst Kurfürst Ludwig V..(Kurfürst: 1508—1544) schritt entschieden gegen die geistliche Jurisdiktion in seinem Territorium ein. 1521/22 zwang er das Speyerer Domkapitel, auf die Handhabung der geistlichen Rechtssprechung in weltlichen Gerichtsfällen zu verzichten 38 . Auch in der Pfalz gehört die Reform zu den vornehmlichen Aufgaben des Landesherrn. Jakob Wimpfeling, vor Erasmus von Rotterdam in Deutschland der vernehmbare Rufer nach einer Erneuerung von Bildung und geistlichem Leben, hatte zu Heidelberg in seinem Fürstenspiegel den Landesherren die Reformpflicht besonders eingeschärft. Es gilt, so mahnte er, die Freiheit der Kirche zu wahren, ohne deren Verfall weiterhin zu dulden. Aus der Sicht des >literatus< heißt das praktisch, daß der Fürst zu seinem und des Landes wie der Kirche Nutzen für die Berufung befähigter Gelehrter an den Hof und an die Hauptkirchen zu sorgen hat 39 .

liehe Bindungen dieser Ausweitung erheblich von Nutzen sein konnten. Die ebenfalls zumeist adlig besetzten Domkapitel waren selber an Bischöfen interessiert, die den Reihen des Adels entstammten. Wenn dennoch nicht-adlige Personen das Bischofsamt übernehmen konnten, ist das in der Regel auf päpstlichen oder auf landesherrlichen Einfluß zurückzufuhren. Siehe dazu ALOYS SCHULTE: Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter. 3. Aufl. Darmstadt 1958, S. 6 1 - 7 3 ; Nachtrag S. 7 - 9 . 36 Vgl. MAY, Die deutschen Bischöfe angesichts der Glaubensspaltung, S. 326, S. 355. 37 Vgl. HENRY J. COHN: The Government of the Rhine Palatinate in the Fifteenth Century. Oxford 1965, S. 148 f. 38

V g l . GUSTAV BOSSERT: B e i t r ä g e z u r b a d i s c h - p f ä l z i s c h e n R e f o r m a t i o n s g e s c h i c h t e . I n : Z e i t -

schrift für die Geschichte des Oberrheins 56 (1902) S. 262—264. 39 Wimpfelings Fürstenspiegel ist an Pfalzgraf Ludwig, ältester Sohn und künftiger Nachfolger des regierenden Kurfürsten Philipp, gerichtet: Agatharchia. Id est bonus Principatus vel Epithoma condicionum boni Principis. Iacobi Vuimpfelingi Sletstatensis. Straßburg (Martin Schott) 1498. Siehe das Ausgabenverzeichnis der Schriften Wimpfelings bei JOSEPH KNEPPER: Jakob Wimpfeling (1450-1528). Sein Leben und seine Werke. Freiburg 1902, S. XII. Text der W i m p f e l i n g - P a s s a g e b e i LOSSEN, S. 5 2 , A n m . 3 .

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Bei der Umschau nach Konkretion stößt man im Rahmen der fürstlichen Klosterpolitik auf die Verknüpfung von Herrschaft und Reform. Das bedeutet: Die Aufsicht über das Vermögen der Konvente obliegt dem Landesherrn, so daß alle gewichtigen Veränderungen seiner Genehmigung bedürfen. U m g e k e h r t können die Landesherren zur Förderung der Reform die Klöster von Untertanenpflichten auch entbinden, wie am Beispiel des Klosters Frankenthal ersichtlich ist, das der Bischof von Worms der Windesheimer Reform unterworfen hatte. Kurfürst Friedrich I. befreite die Mönche dort von Frondiensten und Schätzung, Bede, Wagen- und Fuhrlasten, von »Atzung für Jäger und Hunde« unter der Bedingung, daß sie der Reformordnung treu bleiben. Auch die Heidelberger Augustiner profitieren von der Reform: Kurfürst Philipp sagte ihnen Abgabenfreiheit für ihre Äcker zu, solange sie sich an die Observanz der sächsischen Kongregation halten 4 0 . Die Abgabepolitik der Landesherren ist somit auch ein Mittel zur Durchsetzung ihrer Reformpolitik. Doch ist die Erneuerung der Klöster nicht nur eine Organisations- und Verwaltungsangelegenheit für die weltliche Obrigkeit, denn Kurfürst Friedrich I. bemühte sich besonders u m die geistliche Reform des Heidelberger Barfüßerkonventes. In dessen Kirche fand er schließlich sein Grab, angetan mit der Kutte observanter Franziskaner 41 . D e m - »bösen«, wie die Feinde schimpften »Pfälzer Fritz«, dem so kriegstüchtigen und lebensnahen Landesherren, der die Instrumente der Macht virtuoser beherrschte als alle seine Gegner, war die Reform des klösterlichen Wandels das Angeld aufsein ewiges Leben.

Württemberg Anläßlich der akademischen Totenehrung für Herzog Eberhard im Bart (Graf von Württemberg-Urach: 1459-1495; Herzog von Württemberg: 1495-1496) hat Konrad Summenhart, Magister an der theologischen Fakultät der Universität Tübingen, mit besonderer Wärme des Reformeifers seines Landesherrn und Universitätsgründers gedacht: Eberhard im Bart wünschte sehnlich ein Konzil, das die Kirche endlich reformiere 4 2 . Der im Jahre 1496 verstorbene w ü r t t e m bergische Landesherr gehört zu jenen Reichsfürsten, die ihre fürstliche Gewalt beispielhaft für die Reform der Kirche eingesetzt haben. An seiner Politik wird zugleich deutlich, daß die Ausweitung der landesherrlichen Kirchengewalt sich auf der Grundlage sorgfältig gepflegter Beziehungen zur päpstlichen Kurie vollziehen konnte. Während seines Romaufenthaltes im Jahre 1482 w u r d e ihm in Anerkennung seines Gehorsams gegenüber dem heiligen Stuhl sogar die 40

V g l . LOSSEN, S . 1 4 7 , A n m . 4 .

41

V g l . LOSSEN, S . 1 5 6 f .

42

Vgl. Oratio funebris... per Magistrum Conradum Summenhart de Calw sacrae theologiae Professorem habita ad Universitatem Tuwingensem in officio exequiarum, quod eadem Universitas pro illustri Principe domino Eberhardo... VII Idus Martii anno 1496 pie peregit. Tübingen (Johannes Othmar) 1498, fol. blr.

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Kirchenregiment

im frühmodernen Staat

Goldene Tugendrose verliehen43. Landesherrliches Kirchenregiment und persönliche F r ö m m i g k e i t , selbständiges Reformhandeln und Papsttreue stoßen i m s p ä t e n M i t t e l a l t e r n i c h t als G e g e n s ä t z e a u f e i n a n d e r 4 4 . D a s K i r c h e n r e g i m e n t offenbart sich zunächst e i n m a l in d e m B e s t r e b e n ,

Kon-

trolle ü b e r die geistliche R e c h t s s p r e c h u n g zu g e w i n n e n . W i e die W i t t e l s b a c h e r in der Pfalz h a b e n auch die W ü r t t e m b e r g e r zu einer p r a g m a t i s c h e n L ö s u n g g e g r i f fen, i n d e m sie z u r E n t s c h e i d u n g ü b e r Streitfälle, in die G e i s t l i c h e v e r w i c k e l t w a r e n , eine l a n d e s h e r r l i c h e S c h i e d s k o m m i s s i o n u n d g e g e n E n d e des 15. J a h r h u n d e r t s das H o f g e r i c h t a n g e b o t e n h a b e n . M i t g l i e d e r d e r S c h i e d s k o m m i s s i o n w a r e n die Prälaten der s c h i r m v e r w a n d t e n K l ö s t e r , denen z u w e i l e n

weltliche

Räte beigegeben waren. Diese K o m m i s s i o n e n sprachen schiedsrichterlich Recht für die G e i s t l i c h k e i t i m A u f t r a g e des L a n d e s h e r r e n . I m L a u f e 1 4 7 7 h a b e n d a n n die r e g i e r e n d e n G r a f e n , G r a f U l r i c h u n d G r a f E b e r h a r d , v e r f u g t , daß die G e i s t l i chen ihren Gerichtsstand nicht m e h r vor kirchlichen sondern vor ordentlichen G e r i c h t e n d e s L a n d e s h a b e n s o l l t e n , s o f e r n es s i c h n i c h t u m g e i s t l i c h e , s o n d e r n u m w e l t l i c h e Streitfälle h a n d e l e . D a f ü r w a r das H o f g e r i c h t , w i e G r a f E b e r h a r d 1 4 8 8 versicherte, m i t »geistlich u n d weltlich rät« besetzt u n d s o m i t

befähigt,

R e c h t a u c h für die G e i s t l i c h e n zu s p r e c h e n 4 5 . E i n e P o l i t i k z u r E i n b i n d u n g der B i s t ü m e r in d e n l a n d e s h e r r l i c h e n M a c h t b e reich läßt sich für W ü r t t e m b e r g 43

nicht nachweisen46.

Doch

w i e in

anderen

V g l . JOHANNES W Ü L K , H A N S F U N K : D i e K i r c h e n p o l i t i k d e r G r a f e n v o n W ü r t t e m b e r g ,

bis

zur Erhebung Württembergs zum Herzogtum (1495). Stuttgart 1912, S. 7 f . 4 4 WÜLK und FUNK haben die geschichtliche Situation nicht erfaßt, wenn sie den Ausbau der landesherrlichen Kirchenherrschaft als Gegensatz zur »persönlichen Frömmigkeit der württembergischen Grafen« begreifen. WÜLK, FUNK, Kirchenpolitik, S. 9. — Für hohenlohische und fränkische Territorien hat Helmut Neumaier instruktives Material zum spätmittelalterlichen Kirchenregiment zusammengetragen. Die Eidesverpflichtung eines Priesters gegenüber seinem Landesherren — G r a f Albrecht III. von Hohenlohe — hat den Autor zu folgendem Ergebnis k o m m e n lassen: »Denkt man sich die eine oder andere Stelle weg und fugt eine Bekenntnisformel hinzu, so könnte das Jurament dem vollentwickelten Landeskirchentum der Reformationszeit entstammen.« HELMUT NEUMAIER: Territorium und ius circa sacra. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 82 (1982) S. 10. 4 5 Vgl. WÜLK, FUNK, S. 14—19. - Wichtig ist herauszustellen, daß es gerade Juristen aus dem Klerikerstand waren, die i m Auftrage des Landesherren zu diesen Schiedskommissionen gehörten, die sowohl über kirchenrechtliche als auch über römisch-rechtliche Kenntnisse verfugten. Die Landesherrschaft machte sich damit fähig, wenigstens im Rahmen der gütlichen Gerichtsbarkeit dem Klerus Recht sprechen zu können. Siehe dazu allgemein WINFRIED TRUSEN: Anfänge des gelehrten Rechts in Deutschland. Wiesbaden 1962. Speziell für Württemberg mit einer Dokumentation von Schiedsfällen siehe DIETER STIEVERMANN: Die gelehrten Juristen der Herrschaft Württemberg im 15. Jahrhundert. In: R o m a n Schnur (Hg.): Die Rolle der Juristen bei der Entstehung des modernen Staates. Berlin 1986, S. 229—271. Für das württembergische Hofgericht vermag SIEGFRIED FREY die Behauptung G r a f Eberhards zu verifizieren: Immer wieder erscheinen Geistliche - Kirchenherren und Pröpste - neben bürgerlichen Vögten als Beisitzer beim Hofgericht. Siehe FREY: Das württembergische Hofgericht (1460—1618). Stuttgart 1989, S. 89, 106 f. 4 6 Das bedeutet nicht, das Geschehen im Hochstift Konstanz sei gänzlich ohne Belang für die Höfe in Stuttgart und Urach gewesen. Augsburg, Würzburg, Worms und Speyer unterstanden dem Einflußbereich anderer Territorien, Konstanz aber lag näher und umfaßte immerhin den

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Territorien und Städten bemühte sich der Landesherr darum, daß sein Einfluß auf die Besetzung der Pfarreien wuchs und in keinem Falle geschmälert wurde. Das Kirchenregiment in der Grafschaft Württemberg findet seinen Ausdruck in der entschlossenen Nutzung der umfangreichen Patronatsrechte 47 , die Graf Eberhard auch >in spiritualibus< bis zur Ersetzung des bischöflichen Amtes vorantreiben konnte. Als dieser - also der Landesherr! - im Jahre 1491 die Berufsordnung für eine Meß- und Predigtstiftung zugunsten der Pfarrkirche in Lauffen festlegte, ging er soweit, die Rechte des »Ordinarius lociinnerkirchlichen Angelegenheiten gibt, wenn ein Landesherr das geistliche Wohl und Heil seiner Untertanen gefährdet sieht, unabhängig davon, ob diese Gefährdung tatsächlich gegeben ist oder ob er sie nur propagiert. Das Haus Württemberg suchte beharrlich, die Schutzvogtei über die seiner Herrschaft erreichbaren großen Mannsklöster zu erlangen, was den Grafen mit Ausnahme - Zwiefalten und Ellwangen - auch gelungen ist. Sichtbarer Ausweis dieses Erfolges ist - endgültig seit der Münsinger Landeseinigung vom 14. Dezember 1482 - die Einbeziehung der Klosterprälaten in die Reihe der Landstände, die dort nicht den württembergischen Klerus vertreten, sondern nur jene vierzehn Klöster, die dem Lande faktisch inkorporiert waren 50 . Insgesamt gilt für Württemberg am Ausgang des späten Mittelalters die Tatsache »der untrennbaren Verquickung der Klöster mit der Herrschaft«; die Zentren des geistlichen Lebens sind Bestandteile des werdenden Territorialstaates 51 . Verbunden mit der Ausübung von Herrschaft war der Vollzug von Reform. Mit Datum vom 6. März des Jahres 1459 erlangten Graf Ulrich V. (Graf von Württemberg: 1433 -1442; Graf von Württemberg-Stuttgart: 1442-1480) und sein Neffe Eberhard V. (»im Bart«) durch Papst Pius II. eine für alle Klöster des Landes geltende Reformbulle, die den Äbten von Hirsau und Zwiefalten sowie dem Prior der Kartause Güterstein (bei Urach) die Aufgabe der Visitation übertrug. Solche Reformbullen aus Rom pflegten beständig die Version des Kirchenrechtes, daß nur geistlichen Personen die Visitation zu übertragen sei. In der Praxis aber handelten die Visitatoren nie ohne enge Abstimmung mit dem Landesherrn 52 , und die weltliche Obrigkeit scheute nicht davor zurück, Zwangsmittel anzuwenden, wenn die Mönche sich dem Reformbegehren versagten 53 . 50 Zur Bedeutung der Klostervogtei in Württemberg siehe A N N E L I E S E R A M M I N G E R : Schirmund Schutzverhältnisse der Filderklöster in den Auseinandersetzungen zwischen Württemberg und der Reichsstadt Eßlingen bis zur Reformation. In: Mittel und Wege früher Verfassungspolitik, Bd. 1. S. 282—319. Siehe auch F R I T Z E R N S T : Eberhard im Bart. Die Politik eines deutschen Landesherrn am Ende des Mittelalters. Stuttgart 1933 [Darmstadt 1970], S. 57; H A N S M A R T I N D E C K E R - H A U F F : Die geistige Führungsschicht Württembergs. In: Beamtentum und Pfarrerstand 1400-1800. Bündinger Vorträge 1967, hg. v. G. Franz. Limburg 1972, S. 59. 51 D I E T E R S T I E V E R M A N N : Das Haus Württemberg und die Klöster vor der Reformation. In: 900 Jahre Haus Württemberg. Leben und Leistung für Land und Volk, hg. v. R. Uhland. Stuttgart 1984, S. 463, S. 481. Es ist zwar nicht, wie von Graf Eberhard geplant, dazu gekommen, daß auch die Klöster Truppen ins Feld zu führen hatten, aber den Fuhrpark für das Heer zu stellen waren sie dennoch verpflichtet. Vgl. ERNST, Eberhard im Bart, S. 95. 52 Vor allem der Prior von Güterstein, dessen Kartause ihre »Existenz ausschließlich dem Willen und dem Schutz des Hauses Württemberg verdankte«, gehörte zu den geistlichen Vertrauensleuten des Grafen. S T I E V E R M A N N , Das Haus Württemberg, S . 471. Siehe auch ders.: Die württembergischen Klosterreformen des 15. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 44 (1985) S. 65 — 103, zur Bulle vor allem S. 77—79. 53 Ein Beispiel: Mit Datum vom 12. Dezember 1464 ließen Graf Ulrich und Graf Eberhard allen Vögten im Lande die Anweisung zugehen, daß jene Bettelmönche, die ihre Regel nicht einhalten, auf württembergischem Boden keinerlei Almosen erhalten dürfen. Man solle sie am Bettel hindern, »dieweil sie nit reformiert sint, und nit leben noch sich halten in erberm

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Besondere Aufmerksamkeit verlangen die neuen Wege der Reform, die G r a f Eberhard mit der Ansiedlung der >Brüder des Gemeinsamen Lebens< in Württemberg gegangen ist 5 4 . Das erste Fraterhaus wurde 1477 in der Hauptstadt Urach gegründet. Der Papst hatte dieser Errichtung zugestimmt, der überregionale Zusammenschluß der Brüder, das sogenannte Oberdeutsche Generalkapitel, war ebenfalls beschließend beteiligt, doch die Entscheidungen hatte zuvor der Landesherr gefällt. G r a f Eberhards Reformanliegen wird daran sichtbar, daß er sich >Brüder< ins Land holte, die bereit waren, in den geistlichen Dienst der Gemeinden zu treten. Sie sollen seinem Auftrag gemäß Gott dem Allmächtigen dienen und zugleich im Volke wirken, indem sie Messe lesen, predigen, Beichte hören, all die anderen Sakramente reichen und in Urach auch die Schule und das Mesneramt organisieren. Die letzte der Stiftungen ist besonders herauszustellen: G r a f Eberhard und seine Frau Barbara errichteten im Jahre 1491 das Brüderhaus St. Peter auf dem Einsiedel, auf dem sich deutlich die Verflechtung von Landesherrschaft und geistlicher Reformpolitik aufzeigen läßt. Die Gründung St. Peter erfolgte aus Dank für Gottes Gaben, um den Gottesdienst im Lande zu mehren und aus Sorge um das Seelenheil des fürstlichen Hauses, wie Eberhard in der Einleitung des Stiftungsdokuments schreiben ließ. In St. Peter lebten Kleriker, Adlige und Bürger beieinander, j e z w ö l f Brüder »nach de zal Cristi und seiner zwölff aposteln« - aus j e d e m Stand. Geleitet wurde diese Gemeinschaft der 36 von einem geistlichen Propst und einem >MeisterGottes- und Adamskinder< in Eintracht zu leben hätten, wes Standes sie seien: »Item es sollen all brüder, gaistlich und layen, usz götlicher und brüderlicher liebe mitainander fruntlich und fridlichen wandlen alsz warlich brüder u n d kinder ains himelschen vatters, kainer sich über den andern erheben, sonder gedencken, das sie all glich von ainem ersten vater A d a m k o m e n u n d in glicher wysz geporn werdenn, zuo ainem ö w i g e n leben geschaffen sin, durch ainen erlöser C r i s t u m ihesum unsern herren mit sinen hailigen pluot und tod erkaufft, u n d durch ain port des tods f ü r das gestreng gericht u n d urtail gottes gon müssen, da kain underschaid sin w ü r d e t zwischen Edlen u n d unedlen, z w ü s chen Pfaffen u n d layen, Rychen u n d armen, sonder das ain ieder b e l o n u n g n e m e n m u ß nach sinen werckenn. Da wirt der arm lazarus dem riehen nach lust lebenden m a n furgesetzt; auch sollen sie gedencken, das sie all knecht syen ains herren, der die d e m u t i g e n erhöcht und die hochfertigen nidert. « 5 5

Die Einrichtung des Stifts St. Peter, dessen O r d n u n g so nachdrücklich die Eintracht einschärft, wird man der territorialen Einigungspolitik Graf Eberhards zuordnen können. Weltliche Politik und geistliche Reformpolitik gehen Hand in Hand. St. Peter ist wohl als der gezielte Versuch zu deuten, dem seit 1482 wiedervereinigten Württemberg das Beispiel einer wahren, alle Stände umfassenden christlichen Bruderschaft vorzuführen.

Bayern Herzog Albrecht IV. von Bayern (Herzog von Bayern-München: 1465—1505; Herzog von Bayern: 1505—1508) gehört zu den »führenden Herrscherpersönlichkeiten des 15. Jahrhunderts«. Er ist nicht nur der Einiger Bayerns, sondern kann auch »als Vollender des vorreformatorischen landesherrlichen Kirchenregiments im Herzogtum Bayern bezeichnet werden« 5 6 . Unter seiner Herrschaft schien die Gelegenheit in greifbare Nähe gerückt, daß sich die Münchener Wittelsbacher ein eigenes Landesbistum nach österreichischem oder brandenburgischem Vorbild schaffen können. Als die Reichsstadt Regensburg im Jahre 1486 dem Territorium von Bayern-München zufiel, beantragte als 55 Grundlegend für den Einsiedel ist W I L L I A M M . L A N D E E N : Das Brüderhaus St. Peter im Schönbuch auf dem Einsiedel. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 60/61 (1960/61) S . 5—18. Siehe auch S I E G W A L T S C H I E K : Der Einsiedel bei Tübingen. Seine Geschichte und seine Bauten. Sigmaringen 1982. Die Stiftungsurkunden sind veröffentlicht worden unter dem Titel: Ain buochlin inhaltend die Stifftung des Stiffts Sannt Peters zum Ainsidel im Schainbuch... geschehen von dem Hochgebornen herren herrn Eberharten Gaven zuo wirtt e m b e r g . . . U l m 1494 (Hans Reger). Das Einleitungskapitel findet sich auf fol. allr—v; siehe dazu auch VOLKER H I M M E L E I N : Graf Eberhard V . von Württemberg. In: Die Geschichte BadenWürttembergs, hg. v. R. Rinker, W. Setzier. Stuttgart 1986, S. 99. Das Kapitel zur Eintracht ist Cap. 13, fol. elv—cllr. 56 H E L M U T R A N K L : Das vorreformatorische landesherrliche Kirchenregiment in Bayern (1378—1526). München 1971, S. 76. Siehe auch W I L H E L M S T Ö R M E E : Die innere Konsolidierung der wittelsbachischen Territorialstaaten in Bayern im 15. Jahrhundert. In: Europa 1500, hg. v. F. Seibt, W. Eberhard. Stuttgart 1987, S. 178, 185-187.

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Hauptinteressent Herzog Albrecht bei Papst Innozenz VIII. das Präsentationsrecht für den Regensburger Bischofsstuhl: Es sei altes Recht, beteuerte der Gesandte, daß »in ir [der Herzöge von Bayern] fürstentumb und stete bischof oder ander prelaten nit gesetzt werden, di inen wider oder verdächtlich sein möchten« 5 7 . Da der Papst jedoch ablehnte, und Kaiser Friedrich III. dem Verlust der Regensburger Reichsfreiheit hartnäckig widerstand, war die bayerische Bistumspolitik von neuem auf dem Weg der indirekten Einflußnahme und der direkten Machtaushöhlung gewiesen. Nach dem Scheitern der Regensburger Pläne im Jahre 1492 wandte sich Herzog Albrecht verstärkt der geistlichen Ausstattung seiner Residenzstadt München zu - auf Kosten des Bischofs von Freising. Dieser mußte sich ohnmächtig auf den Protest beschränken, als Herzog Albrecht einträgliche Freisinger Stifte - Ilmmünster und Schliersee - nach München verlegte, um an der Frauenkirche ein Chorherrnstift zu instituieren, das ihm die Möglichkeit eröffnete, seine Räte und Kanzleibeamten mit angemessenen Pfründen zu versorgen. So wurden die Mittel der Kirche ohne Säkularisierung in den Dienst der Staatsfinanzierung gestellt. Da alle Einsprüche des Freisinger B i schofs ergebnislos blieben, konnte 1495 das neue Stift in München errichtet werden: Sein erster Propst hieß Dr. Johann Neunhauscr, Albrechts Halbbruder, das Dekanat übernahm Balthasar Hundertpfund, des Herzogs vertrauter R a t 5 8 . O b w o h l sich die günstige Gelegenheit in Regensburg nicht realisieren ließ, verblieb den Bayernherzögen noch immer der übliche Weg zur Anbindung der Bistümer an das regierende Fürstenhaus. Angestrebt wurde die Besetzung der Hochstifte durch die Söhne abhängiger Adelsgeschlechter oder durch Fürstensöhne, denen, da sie dem Reichsfürstenstand angehörten, durch die Errichtung von Administratorien der Ubertritt in den geistlichen Stand sogar erspart bleiben konnte. Doch auch der >übliche Weg< führte über Hindernisse. Es waren aber nicht die Päpste, die sich aus Sorge um die Unabhängigkeit der Bistümer gegen deren politische Einvernahme gesperrt hätten, sondern die konkurrierenden Fürstenhäuser, die der >Usurpation< durch Fremde mit der Einforderung >uneigennützigen< Eigenrechtes entgegentraten. Die süddeutschen Bistümer wurden in diesem K a m p f zur Beute der Bayern hier oder der Habsburger dort. Den betroffenen Werkzeugen, den Bischöfen, deshalb die Schuld an der Verweltlichung der Kirche vorrangig anzulasten, ist eine zwar gängige, aber nicht haltbare Verzeichnung. Solange die Hochstifte und Diözesen als territoriale Machtfaktoren im Reiche gelten mußten und wollten, hatten diese auch den Preis der Macht zu zahlen. Der Fehler liegt im System. Neben Regensburg und Freising richtete sich das bayerische Interesse vor allem auf Passau und Salzburg, gerade weil deren geistliche Sprengel zumeist habsburgischer Herrschaft unterstanden. Die Bayernherzöge waren in Passau 5 7 ALOIS WEICTHANNER: Die Gesandtschaft Herzog Albrechts IV. von Bayern an die R ö m i sche Kurie 1487 - Stiftungsprivileg für eine Universität in Regensburg. In: Archivalische Zeitschrift 47 (1951), S. 190. 58

V g l . RANKL, S. 1 0 5 .

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auch höchst erfolgreich. Trotz habsburgischen Widerstandes ist ihnen die Besetzung des Bischofsstuhls durch eigene Kandidaten mehrfach gelungen 59 . Erst der Landshuter Erbfolgekrieg (1504) hat Kaiser Maximilian die österreichische Schutzherrschaft über Passau eingebracht. Das war einer seiner Preise für die Hilfe im Kampf um Bayerns Einheit 60 . Auch in Salzburg haben die konkurrierenden Territorialmächte des deutschen Südens um die Vorherrschaft im Stiftsgebiet gerungen. Trotz ständiger bayerischer Störversuche haben sich letztlich die habsburgischen Ansprüche auf Salzburg durchsetzen können. Erfolgreicher als die Bistumspolitik war die Klosterpolitik der bayerischen Landesherren. In diesem Bereich konnten sie vor reichsfurstlicher Konkurrenz sicher sein. Die Herzöge verschafften sich zur Visitation der Klöster von der Kurie Privilegien, die es möglich machten, ohne Einvernehmen mit den Bischöfen die Reform direkt durch eigene geistliche Visitatoren durchzusetzen. Bereits das Baseler Konzil hatte den Bayern am 8. August 1441 das Recht zur Visitation aller Klöster durch ein Privileg bestätigt, das den Abt von Tegernsee, den Dekan von Indersdorf und den Propst des Klosters Rohr zu Visitatoren in den Landen Herzog Albrechts III. von Bayern-München (Herzog: 1436—1460) bestimmte. Die Ordinarien aber wurden mit keinem Wort erwähnt 6 1 . Die Visitatoren dürfen gemäß dem Baseler Beschluß Amtsabsetzungen vornehmen, Versetzungen in andere Konvente anordnen und, wenn Gefahr im Verzuge ist, unter Umgehung der kanonischen Wahl auch Ämter neu besetzen. Ein solches Privileg, das formalrechtlich auf geistliche Visitatoren beschränkt war, ging dennoch am Landesherrn nicht vorbei. Am 29. März 1442 erließ Herzog Albrecht III. nämlich die Ausfuhrungsbestimmungen zur Konzilsbulle, die deutlich machen, daß es der Fürst ist, der die Visitation leitet: Falls »ettlich prelat oder Untertan solichem reformirn nicht gehorsam sein wolten nach Innhalt der vorgeschriben bull, das sy [die Visitatoren] dann dieselben in vangknuss nemen, die so lanng darinn hallten und straffen mügen biß daz sy zu solicher gehorsam und gereformierten leben bracht w e r e n . . . « 62 Der Dekan Johannes von Indersdorf, an den sich dieser landesherrliche Erlaß unter anderem richtete, verkörpert jenen Typ von Visitator, der sich als geistlicher Arm der obrigkeitlichen Reform versteht. In den von ihm verfaßten »Fürstenlehren« für Herzog Albrecht III. und seine Gemahlin Anna warnte er zwar vor einer Belastung der Klöster mit »ungewöhnlicher vogtei«, trug dem Landesherrn aber zugleich die Verantwortung für die Förderung und Reform der Kirche im Herzogtum auf. Er soll »täglich von Got begeren, dardurch er nit allain weltlich sach, auch Geistlichs wesen in seinem land, alz ver er mag [soweit 59

V g l . RANKL, S. 1 1 3 .

60

F ü r d i e B e d e u t u n g d e s B a y e r i s c h e n E r b f o l g e k r i e g e s s i e h e : THOMAS A . BRADY, J r . : T u r -

ning Swiss. Cities and Empire, 1450—1550. Cambridge 1985, S. 73—79. 61 Vgl. JOHANNES HELDWEIN: Die Klöster Bayerns am Ausgang des Mittelalters. München 1913, S. 10. «

RANKL, S. 1 9 0 .

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er vermag], got ze lob fuderen mug und wider p r i n g e n . . . . « 63 Auch der Abt des Klosters Tegernsee, Kaspar Ayndorfer, hat mit dem nüchternen Blick des Realpolitikers erkannt, daß ohne die Macht der Fürsten die Reform der Kirche, speziell der Klöster, nicht zu erreichen ist. Ayndorfer wurde durch Kardinal Nikolaus von Kues ersucht, die Klosterreform im Bistum Brixen durch Abstellung eines Visitators durchfuhren zu helfen. Abt Kaspar reagierte jedoch mit einer überlegten Ablehnung: Damit eine Reform erfolgreich sein könne, bedürfe es der Aufforderung durch den Landesherrn und der Zusicherung seines Beistandes. Ohne fürstliche Bevollmächtigung, allein auf die Autorität des Bischofs gestützt, ist jede Reformbemühung vergeblich 64 . Es waren bayerische Erfahrungen, die das Verhalten des Abtes von Tegernsee bestimmt haben: Ohne den Landesherrn findet die Reform nicht statt. Die Bayernherzöge haben in ihren Anstrengungen nicht nachgelassen, sondern stets von neuem ihre Reform durch päpstliche Privilegien absichern lassen. Diese Instrumente gaben niemals direkt dem Herzog das Visitationsrecht in die Hand. Sie wahrten immer den rechtlichen Schein, trugen der politischen Realität aber Rechnung, indem sie den Visitationsauftrag auf jenen Personenkreis beschränkten, der dem Landesherrn verpflichtet war. Ohne Beachtung des Zusammenspiels der kurialen und der herzoglichen Privilegienpolitik im 15. Jahrhundert mußte das vonJohannes Eck im Auftrag seines Landesherrn bei Papst Hadrian VI. durchgesetzte PrivilegzurVisitationaller bayerischer Klöster (31. August 1523) als ungewöhnliche Ausnahme erscheinen. Es wäre dann die N o t der Zeit gewesenund die Angst des Papstes um den Fortbestand der >religio< angesichts des Ansturms der > Wittenberger KetzereiPastors< also keines bayerischen Statthalters, das ist der polemische Unterton der mit Wort und Beispiel seine Untertanen vor böhmischen Irrlehren zu bewahren weiß 7 1 . Regelrecht drohend sind die außenpolitischen Vorstellungen, die Herzog Albrecht dem Papst vortragen läßt. Ein Passauer Bischof, wenn er dem bayerischen Hause, von alters her Österreichs Feind, verpflichtet sei, wird den Habsburger Landen zum Risiko. Herzog Albrecht läßt Krieg voraussagen, der mit verheerenden Folgen für das Passauer Hochstift von neuem zwischen den Fürsten ausbrechen werde. Gegen die Hussiten wird der österreichische Landesherr dann nicht mehr vorgehen können 7 2 . Der Gesandte hatte in R o m mit seinen gezielten Hinweisen auf die Folgen für Kirche und Glauben starken politischen Druck erzeugen wollen, ohne Martin V. allerdings von seiner einmal getroffenen Entscheidung für den Kandidaten der bayerischen Wittelsbacher abbringen zu können. Der harte Kern des Protestes ist jedoch weniger das Drohen als vielmehr das ungeschminkt formulierte Interesse des Landesherrn an einer innen- wie außenpolitisch nutzbringenden Besetzung der Bistümer im Einflußbereich Österreichs. Die Tatsache, daß Bischöfe als Faktoren der Territorialpolitik vereinnahmt werden, macht ihre Neutralität zugunsten einer Konzentration auf geistliche Aufgaben undenkbar. Wie Herzog Albrecht hat auch Kaiser Friedrich III. um den österreichischen Einfluß auf die Hochstifte gerungen, ist dabei aber nicht den Weg der Konfrontation, sondern der Koalition mit R o m gegangen. Papst Eugen IV. verlieh ihm im Jahre 1446 das persönliche Nominationsrecht für Trient, Brixen, Chur, Gurk, Triest und Piben, das Pius II., als Enea Silvio Piccolomini der politische Vertraute des Kaisers, dann auf Laibach und Paul II. auf Wien und Wiener-Neustadt ausdehnte. Sixtus IV. hatte schließlich das Präsentationsrecht für die Landesbistümer (Wien und Wiener-Neustadt) allen Herzögen von Österreich zuerkannt 7 3 .

7 0 Protest des Nikolaus von Dinkelsbühl vor Papst Martin V. (vor dem 10. Januar 1424); abgedruckt bei GERDA KOLLER: Princeps in Ecclesia. Untersuchungen zur Kirchenpolitik H e r zog Albrechts V. von Österreich. Wien 1964, S. 1 8 3 - 1 8 7 , S. 183, Anhang N r . II. 71

V g l . KOLLER, S. 1 8 4 .

72

V g l . KOLLER, S . 1 8 6 .

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V g l . VON S R B I K , S . 3 4 f .

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Im Hinblick auf die landesherrliche Klosterpolitik hatte Herzog Albrecht wiederum die entscheidenden Weichen gestellt. Für ihn verband sich die Schutzherrschaft über die Kirche untrennbar mit der Aufgabe zur Fürstenreform. Auch das hatte er durch einen Gesandten - ebenfalls aus Anlaß des Passauer Bistumsstreites — dem Papst im Mai 1426 vortragen lassen. Die Habsburger sind Gründer und Patrone der Passauer Kirchen, als solche aber auch ihre >Reformatoren< »cum nedum fundatores originales, sed eciam reformatores ecclesiarum patroni dici debeant « 74 Die Fürstenreform nahm in Österreich außerordentlich früh ihren Anfang: Schon zur Zeit des Konstanzer Konzils hatte Herzog Albrecht die Wiener Universität damit beauftragt, ihm Vorschläge zur Hebung der Ordenszucht zu unterbreiten. Diese Anweisung dürfte der Anlaß für eines der im süddeutschen Raum richtungweisenden Gutachten zur Klosterreform gewesen sein: Der >Reformationis Methodus< des Nikolaus von Dinkelsbühl 75 . Herzog Albrecht war zur Durchsetzung der Regelobservanz entschlossen und scheute sich nicht, nach eigenem Rat auch blanke Gewalt einsetzen zu lassen. Johannes Busch, Chronist der Windesheimer Kongregation, berichtet davon Konkretes: »De consilio principis terre sue« hatte ein Abt seine renitenten, reformunwilligen Mönche fesseln und bis aufs Blut so lange peitschen lassen, bis diese zur Observanz bereit waren und ihm selber wie dem Herzog(!) den Gehorsamseid leisteten 76 . Das Herrschaftsverständnis Albrechts, daß es einem Fürsten »allweg zugepueren sol, gots dienst zu meren und ze fördern «77, hat ihm, nun dem König,

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Dietrich von Hamelburg, Gesandter Herzog Albrechts V., vor Papst Martin V. (Mai 1426) in Verteidigung österreichischer Ansprüche auf Passau. Text bei K O L L E R , S . 211—215, S . 214, Anhang Nr. XXVII. 75 Diese Reformschrift, wohl aus dem Jahre 1415, gab für die Reform der Benediktiner den wahrscheinlich entscheidenden Anstoß, aus reformierten Konventen Italiens, aus Subiaco oder Sta. Anna di Mondragone, geeignete Personen nach Österreich zu versetzen, die nach dem Vorbild ihrer Heimatklöster die österreichischen Benediktiner reformieren sollten. Vgl. Koller, S.63f. Z u m >Methodus< des Nikolaus von Dinkelsbühl siehe A L O I S M A D R E : Nikolaus von Dinkelsbühl. Leben und Schrifttum. Ein Beitrag zur theologischen Literaturgeschichte. M ü n ster 1965, S. 269-271. 76 Bis sie »sponte et libere« versprachen, »se velie in choro cantare et in refectorio comedere, ut ab iis plagis et verberibus possent [fratres resistentes] liberari. Regulam etiam et statuta ordinis et tria substantialia ordinis libentissime se velie servare, nec de teneritudine, impotentia aut perversitate aliquam amplius facere querelam sed in cunctis se libenter velie obedire. In hec sacramenti verba domino abbati et principi terrae repromissa vectibus manicis et compedibus singulorum apertis et solutis ad conventum redire sunt permissi.« Johannes Busch, Liber de reformatione monasteriorum. In: Des Augustinerpropstes Johannes Busch Chronicon Windeshemense und Liber de reformatione monasteriorum, hg. v. K. GRUBE. Halle 1886, S. 738. Für Busch ist deutlich: »Dux iste Albertus propter zelum bonum, quem habuit ad monasteria reformanda, non longe post creatus est in regem Bohemorum ac deinde electus in regem R o m a n o r u m . . . « . Ebd. 77

S o s c h o n i m A u g u s t 1411. KOLLER, S. 74, A n m . 162.

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nach seinem Tode den Ehrentitel eines >Reformators< eingebracht. » . . . reformator tocius religiöse vite in Austria« 78 . Auf die Klosterpolitik Albrechts konnte Friedrich III. bauen, wenn er mit Selbstverständlichkeit als >oberster Erbvogt< aller Klöster in seinen Landen auftrat 79 . So allgemein in Anspruch genommene Vogteirechte beruhen nicht auf einzelnen, persönlich jeweils neu erworbenen Privilegien, sondern auf dem Herrschaftsrecht des Fürsten über die Kirche in seinem Land (siehe S. 18, 63f., 139—142). Zeitgenossen haben mit Unwillen Friedrichs Zugriff auf das Kirchengut kommentiert, mit dem Ergebnis, daß ihm in einem Schmähpamphlet die Äußerung in den Mund gelegt wurde: »pfaffen hab ist mein Cammer gut.« 8 0 Mit der geschmähten Finanzkontrolle einher gehen die Rechtskontrolle 81 und die Aufsicht über das kirchliche Handeln der Bischöfe auf österreichischem Boden. Selbst die Zusammenkünfte von Prälaten macht der Landesherr von seiner Erlaubnis abhängig, so geschehen im Jahre 1477, als er in Göttweig dem Abt und in Klosterneuburg dem Propst die Teilnahme an einer vom Passauer Bischof geplanten Beratung in St. Pölten verbot. Friedrichs Begründung: »nachdem er [der Bischof von Passau] uns solhs nicht verkundt noch ze wissen tan hat.« 82 Wie die Bayernherzöge erlangt auch der österreichische Landesherr das Privileg, ihm genehme geistliche Räte zu benennen, denen mit päpstlicher Autorität der Auftrag zukam, die Kirchen und Klöster des Landes zu visitieren. Solche Visitationen geschahen ohne Einschaltung der Bischöfe, mit dem Ergebnis, daß es den Ordinarien in der Folge unmöglich wurde, ohne landesfurstlichen Konsens den Landklerus in Österreich zu kontrollieren. Unter der Herrschaft König Maximilians gehört die Visitation - stets im Beisein weltlicher Räte - zu den Amtsaufgaben seiner Regimentsorgane 83 . Was sich Friedrich III. in engem Zusammenspiel mit der Kurie geschaffen hatte, war auch dann nicht mehr rückgängig zu machen, als sich die Beziehungen des nachfolgenden Sohnes zur Kurie so verschlechterten, daß Maximilian den Papst - es war Alexander VI. - als Verräter, neuen Mohammed und sogar als den Antichrist brandmarken konnte 8 4 . 78

Monumenta Germaniae Historica, Necrologia Germaniae, Bd. 5, S. 146, zum 27. O k t o -

ber. 79

JOSEPH CHMEL: Habsburgische Excurse III. Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Classe, Bd. 8. Wien 1852, S. 88, aus einer Urkunde des Königs für das Dominikaner- und Franziskanerkloster in Pettau, 3. Mai 1447. 80 Aus einer Schmähschrift gegen Kaiser Friedrich von der Hand eines Klerikers. Siehe dazu PAUL JOACHIMSOHN: Ein Pamphlet gegen Kaiser Friedrich III. aus dem Jahre 1470. In: Historisches Jahrbuch 12 (1891) S. 353. 81 Friedrich befiehlt, Ladungen geistlicher Gerichte in weltlichen Sachen »abzuthun« und fordert die Aufhebung verschiedener Exkommunikationen und Interdikte. Vgl. VON SRBIK, S. 1 2 7 . 82

VON SRBIK, S. 2 1 7 .

83

Vgl. HERMANN WIESFLECKER: Kaiser Maximilian I. Das Reich, Österreich und Europa an der Wende zur Neuzeit, Bd. V: Der Kaiser und seine Umwelt. Hof, Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. München 1986, S. 167. 84

V g l . WIESFLECKER, B d . V , S. 1 7 0 .

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Kirchenregiment

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Kaiser Maximilian sollte seinen Vater in der Handhabung eines straffen Kirchenregiments noch übertreffen 8 5 . Was die Kurie als Preis für den Gehorsam hergegeben hatte, gaben die >Ungehorsamen< keineswegs wieder zurück.

Brandenburg Die Tatsache, daß sich die deutschen Kurfürsten und Erzbischöfe nach dem Tode Kaiser Siegmunds (9. Dezember 1437) angesichts des Ringens zwischen Konzil und Papst zur Neutralität entschlossen haben, wird in der Forschungsliteratur häufig als nur halbherzige Maßnahme gedeutet, weil sie nicht dazu geführt habe, die Mainzer Akzeptation der Baseler Reformdekrete (26. März 1439) konsequent zur >Deutschen Pragmatischen Sanktion* auszubauen 86 . Doch hat die Neutralität des Reiches 8 7 auch ihre Kehrseite, denn der Sieg über das Konzil war in Deutschland nur dadurch zu erreichen, daß der Papst die Fürsten um den Preis hoher Zugeständnisse aus ihrer Unentschiedenheit herauslockte. Auch wenn das Wiener Reichskonkordat vom 17. Februar 1448 die vorangehenden Fürstenkonkordate vom 5. und 7. Februar 1447 abgelöst hatte - mit keinem Wort erwähnt das Wiener Konkordat die so wichtigen Fürstenabmachungen oder die Mainzer Akzeptation - 8 8 , so war dennoch die erhebliche 8 5 Vgl. WIESFLECKER, S. 151, S. 155. Die geistesgeschichtlichen Voraussetzungen, von denen aus Wiesflecker die Kirchenpolitik >seines< Kaisers interpretiert, sind den Maßstäben jener Forschung verpflichtet, die in Humanismus und Renaissance das Aufbäumen eines neuen Heidentums ohne ethische Bindungen entdeckt: »Die fortschreitende Lösung des Menschen aus kirchlichen Bindungen, das Ankämpfen der Vernunft gegen den Glauben, die Betonung des Menschlichen als Maß aller Dinge, der neue Individualismus, der Nationalismus und die Auflösung der Christenheit in Nationalstaaten, der neue Laizismus, die Säkularisierung des Lebens bis hin zu einem neuen Heidentum, schrankenloser Hedonismus, grobe Materialisierung auch der religiösen Werte kennzeichnen diese Entwicklung und veränderten auch das Verhältnis zur Kirche.« WIESFLECKER, S. 151. So gesehen ist das landesherrliche Kirchenregiment das Signum des Verfalls, der im 16. Jahrhundert endgültig zur Auflösung der k a t h o l i schen* Einheit fuhren sollte. Vorausgesetzt, man könnte diese Sicht akzeptieren, dann stellt sich die Frage, was WIESFLECKER als N o r m erwartet: de potentia absoluta doch wohl eine abendländische Katholizität, die dem vorgeblich europäischen Ordnungswillen des Kaisers in Freiheit und ethischer Selbstbindung an die Seite treten würde. O b der Ideologieverdacht, den Wiesflecker sich gegenüber einer >kleindeutsch beschränkten* Geschichtsschreibung vorbehält, auf den überlegenen Kenner der Akten zurückfallen muß? 8 6 Sehr abgewogen vergleichtJoACHiM W. STIEBER die Mainzer Akzeptation mit der Pragmatischen Sanktion: Pope Eugenius IV, the Council o f Basel, and the Secular and Ecclesiastical Authorities in the Empire: T h e Conflict over Supreme Authority and Power in the Church. Leiden 1978, S. 1 6 0 - 1 6 6 . 8 7 Die umfassende Studie zur Neutralität ist immer noch WILHELM PÜCKERT: Die kurfürstliche Neutralität während des Basler Concils. Ein Beitrag zur deutschen Geschichte von 1 4 3 8 - 1 4 4 8 . Leipzig 1858. 8 8 Siehe HERBERT RAAB: Die Concordata Nationis Germanicae in der kanonistischen Diskussion des 17. bis 19. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Geschichte der Episkopalistischen Theorie in Deutschland. Wiesbaden 1956, S. 40, S . 4 4 f . RAAB macht allerdings darauf aufmerksam, daß die Beschuldigungen des Ausverkaufs deutscher Interessen* durch das Reichskonkordat nicht

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Territorien

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Ausweitung der weltlichen Macht über die Kirche in den einzelnen Territorien nicht zu verhindern 8 9 . Englands Verhältnisse sind in Deutschland allerdings nicht erreicht worden. Dort verbot schon 1351 und 1353 das Parlament die Annahme päpstlicher Verfügungen über die Kirchenämter und wiederholte diese Ausschaltung der Kurie aus der Administration der Kirche noch einmal in den Jahren 1365 und 1390. In England war es der König, der die Kirchenstellen vergab 9 0 . Auch die >Gallikanischen Freiheiten^ wie sie in der Pragmatischen Sanktion von Bourges (7. Juli 1438) staatsrechtlich festgelegt wurden, haben in Deutschland kein Gegenstück. U m so schärfer aber tritt trotz der ungenügenden reichsrechtlichen Grundlage die faktische Entwicklung des landesherrlichen Kirchenregiments hervor. Für Brandenburg sind dafür die zahlreichen Sonderprivilegien durch den apostolischen Stuhl konstitutiv. B r u n o Hennig hat mit großer Sorgfalt die päpstlichen Zusagen an Kurfürst Friedrich II. (Kurfürst: 1440—1470), dem der brandenburgische Landesstaat seinen Ausbau verdankt, zusammengetragen und gesichtet. Parallel zum Abschluß der Fürstenkonkordate (5. und 7. Februar 1447) hat der Hohenzoller die ersten päpstlichen Konzessionen für sein Territorium erlangt. Sie reichten von der Übertragung wichtiger Patronatsrechte und der Umwandlung des Brandenburger wie Havelberger Domstiftes in weltliche Stifte 9 1 bis hin zur Befreiung der umherreisenden Hofgemeinde von Gottesdienstverboten in Orten, die mit Interdikt belegt sind. Papst Nikolaus V. hat den Gnaden seines Vorgängers noch entscheidende Privilegien hinzugefügt: A m 10. September 1447 werden dem Kurfürsten Instrumente zur Einschränkung der geistlichen Jurisdiktion in seinen Landen ausgestellt, und am gleichen Tage erhält die Markgrafschaft jenes wichtige Privileg, das dem Landesherrn das Recht verleiht, die Bischöfe von Brandenburg, Havelberg und Lebus im Falle von Neubesetzungen zu nominieren 9 2 . Die Privilegien zur Besetzung der drei brandenburgischen Bistümer, deren Kathedralkirchen alle innerhalb der Landesgrenzen lagen, erbrachten die rechtliche Absicherung schon bestehender Gegebenheiten. Bereits vor der Obödienzleistung des Kurfürsten waren die Bischöfe auf die Stufe von Landständen herabgesunken, und auf Neubesetzungen konnte der Markgraf ebenfalls bestimmenden zu halten sind. Der Vertragstext läßt eine Auslegung im Zusammenhang mit den Fürstenkonkordaten zu. 8 9 Es wäre deshalb angesichts der Verfassungsstruktur des Reiches sinnvoll, den Vergleich mit der Pragmatischen Sanktion< auf die kurialen Sonderabmachungen mit den deutschen Territorialfürsten auszudehnen. 9 0 Vgl. WILHELM BERTRAMS SJ: Der neuzeitliche Staatsgedanke und die Konkordate des ausgehenden Mittelalters. 2. Aufl. R o m 1950, S. 162. 9 1 Die Domherren sollen als M ö n c h e leben, damit die Stiftsbenefizien für markgräfliche Räte frei werden. In Havelberg ist Friedrichll. diese Umwandlung nicht gelungen. Vgl. BRUNO HENNIG: Die Kirchenpolitik der älteren Hohenzollern in der Mark Brandenburg und die päpstlichen Privilegien des Jahres 1447. Leipzig 1906, S. 65. 9 2 Zusammenstellung aller brandenburgischen Privilegien des Jahres 1447 bei HENNIG, S. 2 3 - 2 7 .

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Kirchenregiment

im frühmodernen Staat

Einfluß nehmen. Schon der erste Hohenzoller in Brandenburg, Kurfürst Friedrichl. (Kurfürst: 1415—1450), wußte seinem Kandidaten, dem Franken Christoph von Rotenhan, Domherrn zu Würzburg, den Bischofsstuhl in Lebus zu verschaffen 93 . Nachdem die Praxis der Nomination unter der Herrschaft des Sohnes, Kurfürst Friedrichs II., Rechtskraft erlangt hatte, wird man sich ihren Vollzug so vorstellen können, daß der Landesherr den betreffenden Kapiteln seinen Kandidaten benennt und die Domherren, wenn sie wollen, daraufhin zur Wahl des Nominierten schreiten. Zugleich beantragt der Landesherr die Bestätigung seines Kandidaten in Rom, ohne das Ergebnis der kanonischen Wahl abzuwarten, denn das Recht des Kapitels ist ohne Bedeutung. Diese Praktik setzt ein Schreiben des Kurfürsten an das Domkapitel zu Brandenburg voraus, als es nach dem Tode des dortigen Amtsinhabers im Februar 1459 darum ging, einen neuen Ordinarius zu bestimmen. Wir haben, teilte Friedrich II. mit, Dompropst Dietrich von Stechow zum neuen Bischof ernannt »und wollen vor den nach form unnd weise unnser begnadung an unnsern heiligen vater den papst schreiben, den zu confirmiren«. Den Nominierten daraufhin noch zu wählen, hat der Kurfürst zwar nicht verboten, er hielt es aber auch nicht für notwendig: » . . . und ab Ir welch wale doruber thun würdet, als wir meynen nicht not s e y . . . « 94 Es ist jedoch festzuhalten, daß diese päpstliche >begnadung< begrenzt war. Sie galt nicht >ad futuram rei memoriamscandala< in den brandenburgischen Bistümern begründet worden. Deshalb, damit solche >Anstöße< nicht wieder geschehen können, sollte der Landesherr >ad personam< die Macht zur Bischofsnominierung erhalten 95 . Angesichts der festgeschriebenen Begrenzung wird man zu bedenken haben, ob nicht das Urteil zutrifft, daß die Markgrafen bis zum Ausgang des Mittelalters nicht in der Lage waren, »in Brandenburg ein landesherrliches Kirchenregiment zu errichten«, wenngleich sie dieses Ziel nie aus den Augen verloren haben 96 . Gestützt wird dieses Bedenken noch durch den Sachverhalt, daß sich auch die Reformtätigkeit der märkischen Landesherren in engen Grenzen hielt 97 und daß sie bei allem Bestreben, fremde geistliche Ge93

V g l . H E N N I G , S. 8 2 .

94

H E N N I G , S. 8 8 f.

95

» . . . ne t u o t e m p o r e [seil, t e m p o r e Frederici secundi, M a r c h i o n i s B r a n d e b u r g e n s i s ] similia [seil, scandala] c o n t i n g a n t , q u o c i e n s c u m q u e predictas ecclesias aut e a r u m a l i q u a m v a c a r e c o n t i g e r i t , c u r a b i m u s [seil. N i c o l a u s V., P a p a ] et v o l u m u s de p e r s o n i s y d o n e i s tibi gratis et fidelibus, quas n o b i s n o m i n a v e r i s et p r o e i s d e m supplieaveris ipsis ecclesiis p r o v i d e r e ad t e m p o r a vitae t u e . . . « . A u s d e m P r ä s e n t a t i o n s p r i v i l e g des Papstes N i k o l a u s V . an K u r f ü r s t F r i e d r i c h l l . , M a r k g r a f v o n B r a n d e n b u r g , 10. S e p t e m b e r 1447. T e x t bei: HENNIG, S . 2 4 1 , N r . 21. 96 DIETRICH KURZE: B r a n d e n b u r g , I: Mittelalter. In: T R E 7, S. 109,16f. 97 W e n n R e f o r m e n allerdings d u r c h g e f ü h r t w u r d e n , v e r f u h r e n auch die H o h e n z o l l e r n k i r c h e n r e g i m e n t l i c h : Als i m A u g u s t i n e r s t i f t Salzwedel i m J a h r e 1470 die R e f o r m e i n g e f ü h r t w e r d e n sollte, f ü h r t e der A b g e s a n d t e des M a r k g r a f e n , B u s s o v o n S c h u l e n b e r g , eine u n m i ß v e r ständliche Sprache: »Putatis v o s d o m i n i , q u o d c o n t r a v o l u n t a t e m d o m i n o r u m m a r c h i o n i s et

Übersicht über deutsche

Territorien

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richtsherren abzudrängen 9 8 , im Landesinneren aufdas Eingreifen der geistlichen Gerichtsbarkeit in weltliche Streitfälle nicht verzichten konnten und wollten. Brandenburg war eben >unterentwickeltcausae< verbot, blieb für die Kerngebiete der Mark vorerst T h e o r i e " . Betrachtet man vor allem die Bistumspolitik, so wäre es jedoch verfehlt, aus dem Faktum des Auslaufens der Nominationsrechte darauf zu schließen, daß nun die Geistlichkeit wieder frei, unabhängig v o m Landesherrn zur Wahl ihrer Bischöfe hätte schreiten können. Das ist gerade nicht der Fall; die Bistümer blieben der Aufsicht des Fürsten unterworfen, obwohl die Markgrafen nie um eine Erneuerung des Präsentationsprivilegs in R o m nachgesucht hatten. K u r fürst Albrecht Achilles (Kurfürst: 1 4 7 0 - 1 4 8 6 ) , der Bruder und Nachfolger Friedrichs II., hat angesichts der Neubesetzung des Bistums Lebus in einem B r i e f an seinen Sohn Johann (Kurfürst: 1486—1499) den Verzicht aufdas Privileg auch begründet: »Wir wollen mit zwey oder III"1 [zwei- oder dreitausend] gülden zu R o m erwerben, das man uns besser freyheit gibt, dann sie unser vater oder bruder ye gehabt haben, warzu dient es aber dann verliesung [Verlust] des geltz? denn so ein ander bapst wurdt, der widerruft es alles, man geb im denn auch gelt.« Ein Privileg wäre also - im Gegensatz zum Jahre 1447, als der >Gehorsam< alle Kosten beglichen hatte - zu teuer gekommen und hätte nach Auffassung des Kurfürsten die angestrebte Rechtssicherheit dennoch nicht erbracht. Eine solche von R o m garantierte Sicherheit ist im Grunde, wie Albrecht weiter ausführt, nicht nötig: »Was ligt uns doran, es sey ein bischof Lubus [in Lebus], wer er wolle, wenn er neur [nur] ein guter redlicher man ist, der der herschaft und den landen nutz ist; er muß j o c h [doch] thun, was ein marggraf zu Brandenburg will in pillichen Sachen, den marggraven und die land berürende, es sy im lieb oder leydt, und ye ein grösser gast er ist [je fremder er ist] im land, ye baß er der herschaft bedarf.« Die Sicht des Kurfürsten k o m m t damit klar zum Ausdruck: Kein Bischof, wer ihn auch nominieren mag, wird in der Lage sein, die Landesobrigkeit des regierenden Fürsten zu berühren oder gar zu gefährden. »Wir wollen herr im haus sein, diewyl wir leben«, so faßte er die Leitlinie seiner Innenpolitik einmal zusammen 1 0 0 . U n d er war davon überzeugt, daß er auch episcopi hic potestis permanere? dominus marchio o m n i n o vult, u t . . . vos reformetis. Si id negaveritis, tunc omnes vos de terra sua eiiciet.« Nach dem Bericht des Johannes B u s c h , C h r o n i c o n Windeshemense, S. 501. 9 8 Vgl. dazu ADOLF DIESTELKAMP: Die geistliche Gerichtsbarkeit in den zur Diözese Halberstadt gehörigen Teilen der K u r m a r k , der wettinischen Gebiete, der Grafschaft Mansfeld und des Herzogtums Braunschweig im 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In: Sachsen und Anhalt. J a h r b u c h der Historischen K o m m i s s i o n für die Provinz Sachsen und für Anhalt 8 (1932) S. 181 f. 9 9 Vgl. HENNIG, Kirchenpolitik, S. 1 3 4 - 1 5 4 . 1 0 0 Albrecht Achilles an seinen Sohn J o h a n n , 26. O k t o b e r 1483. In: Politische C o r r e s p o n denz des Kurfürsten Albrecht Achilles, hg. v. F. PRIEBATSCH, B d . 3: 1 4 8 1 - 1 4 8 6 . Leipzig 1898, S. 279, N r . 982. - Anstatt des v o m Lebuser Kapitel gewählten Liborius von Schlieben hatte Papst Alexander V I . den Markgrafen Ludwig von Mantua ( B i s c h o f von Mantua, ein Gonzaga, B r u d e r der Gräfin Barbara - Gonzaga - von Württemberg, Ehefrau des Grafen Eberhard im

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Kirchenregiment

im frühmodernen

Staat

Herr im Hause war und über den Status, sich in R o m noch um Nominationsrechte bemühen zu müssen, bereits hinausgelangt sei. Ein landesherrliches Zeugnis aus dem Jahre 1522 macht deutlich, daß die Praxis im Land der formalen Absicherung durch R o m tatsächlich nicht mehr bedurfte. Kurfürst Joachim I. (Kurfürst: 1499—1535) rief den Domherren zu Havelberg den >landesherrlichen< Gang der Bischofserhebung anhand von Fakten noch einmal unmißverständlich in Erinnerung: Es sind die Markgrafen, die ununterbrochen seit 1460 in Havelberg die Ordinarien ernannt haben. Die Präsentation ist Gewohnheitsrecht geworden 1 0 1 . Im 16. Jahrhundert trat zur traditionellen Bistumspolitik nun auch der umfassende Angriff auf die weltliche Gerichtsbarkeit der kirchlichen Rechtssprechung hinzu. 1513 ließ sich Kurfürst Joachim von Papst Leo X . das alte >Gehorsamsprivileg< bestätigen, daß in weltlichen Fällen nur weltliche Foren Recht zu sprechen hätten. Im Jahre 1518 hatte Joachim dann das Verbot ausgehen lassen, weltliche Rechtssachen vor geistliche Gerichte - innerhalb oder außerhalb des Landes - zu bringen. Jetzt geht es nicht mehr nur um die Abwehr fremder geistlicher Gewalten, sondern um die Beschränkung der kirchlichen Gerichtsbarkeit auf >spiritualiagnädiger Herr< sein: »Auch sal derselbe unser lieber Bruder Herczog Wilhelm unsern gnanten hern und frund den B i s c h o f f von Naumburg und sinen Stifft schützen und vorteidingen und gnediger Herr s i e n . . . Desgleichen sal sich unser gnanter herr und frund B i s c h o f f zeu Numburg widderrumb gein unserm lieben Bruder halden, inmassen er und siene furfarn gein der Herrschafft... getan h a b e n . . . « 1 0 5 Die Bischöfe verfügen über keine eigene Militärhoheit und waren somit auf die Schutzverwandtschaft mit den sächsischen Fürsten angewiesen. Diese >Schutzverwandtschaft< war auch der Rechtstitel, mit dem die Wettiner ihre Oberherrschaft über die drei Bistümer rechtfertigten. Der Schutz verlieh den Fürsten Rechte über die Bistümer, und diese waren sie auch gegen den Widerstand der Ordinarien gesonnen durchzusetzen. Sogar Steuern zum Entgelt des fürstlichen >Schirms< konnten in bischöflichen Stiftsgebieten erhoben werden. Herzog Georg ist im Jahre 1502 in Auseinandersetzung mit dem Meißener B i s c h o f Johann V I . , der seine eigene Landeshoheit gegen albertinische Unterwanderung zu restituieren suchte, v o m fürstlichen Besteuerungsrecht nicht einen Schritt gewichen. Wer den Schutz eines geordneten Staatswesens in Anspruch nimmt, so begründete der Herzog seine Steuerforderung, ist auch zu Leistungen an dieses Staatswesen verpflichtet 1 0 6 . 1 0 4 RUDOLF ZIESCHANG: D i e Anfänge eines landesherrlichen Kirchenregiments in Sachsen am Ausgange des Mittelalters. In: Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte 23 (1909) S. 22. 1 0 5 Zitiert nach ZIESCHANG, S. 23. Vgl. ALBRECHT LOBECK: Das Hochstift M e i ß e n im Zeitalter der Reformation, hg. v. H . B o r n k a m m , H . Scheible. K ö l n 1971, S. 21—23. 106 Herzog Georg an B i s c h o f J o h a n n V I . von Salhausen, 1502 (Konzept): Wir [Herzog G e o r g ] »mögen nicht ursach ermessen, wudurch wir von einem inwaner [Einwohner] unsers furstenthums steuern und v o m andern nicht nemen sollen, welche doch einer nicht weniger dan der ander unser lande mit seiner narung und nutz auch unser schütz vorteydungs teglich gebruchen müssen, nach dem wir auch ny mande etzwas u m b sunsten schuldig sein und so sichs also halde, dass angetzeigte des capitels vicarien leute gleich zuvor stillschwegende unsern vorfarn und uns steuwer zu geben ubergangen, darumb weren sie unss die billichkeit als fursten des landes, des schirmes sie gebruchen zu pflegen, nicht e n t l a d e n . . . « . T e x t bei ZIESCHANG,

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Kirchenregiment

im

frühmodernen

Staat

Es ist zu akzeptieren, daß von »Landeskirchen vor der Reformation« keine Rede sein kann 107 . Von Landesbistümern aber wird die Rede sein müssen angesichts der Tatsache, daß die Reichsfürsten versuchen, jene Stiftsgebiete, die ihren Territorien inneliegen oder naheliegen, in den eigenen Herrschaftsbereich einzubinden. Für das Bistum Meißen war die Grundlage einer solchen Einbindung schon im Jahre 1399 gesichert, als Papst BonifazIX. die Meißener Exemtion von >fremden< Erzbistümern, sei es von Magdeburg, sei es von Prag, erneuerte. Mit dieser direkten Unterstellung unter die Oberhoheit des Apostolischen Stuhls hatte Markgraf Wilhelm I. von Meißen den Ausschluß fremder geistlicher Gewalten vom Hausbistum der Wettiner erreicht. Erzbischof war nun der Papst selber, der aber war weit entfernt 108 . Doch schon Markgraf Wilhelm erstrebte mehr. Er wollte, daß die Domkirche, die fast ihr gesamtes Einkommen aus dem Meißener Lande beziehe, auch von Personen geleitet werde, die in Landestreue ihm anhänglich verbunden seien 109 . Er wußte sich Rechte zur Besetzung des Domkapitels zu sichern, um das Stift bleibend den Interessen des Landesherren zugänglich zu machen. Markgraf Friedrich der Streitbare, Wilhelms Sohn, ließ sich am 23. Dezember 1422 in Anerkennung seiner Verdienste im Kampf gegen die Hussiten das Präsentationsrecht für fünf Stellen im Meißener Kapitel bestätigen und sich zusätzlich das Recht zur Besetzung von drei mit Präbenden versehenen Domherrnstellen verleihen 110 . Sogar der entscheidende Schlag gegen die Selbständigkeit aller drei sächsischen Bistümer sollte den Landesherren gelingen, die damit jedem anderen weltlichen Fürsten in Deutschland vorausgeeilt waren. Doch hatten sich die Wettiner auf den falschen Papst, auf den Konzilspapst nämlich, verlassen. Papst Felix V. verlieh 1443 den Sachsenherzögen auf hundert Jahre(!) das Nomina-

S. 97, Anm. 1. — Johann VI. von Salhausen entstammte sächsischem Adel und wird vor seiner Erhebung zum Bischof sogar als Rat der sächsischen Fürsten bezeichnet. Als Bischof aber versuchte er die »volle staatliche Selbständigkeit des Hochstifts mit allem Nachdruck durchzusetzen. Seine Überzeugung war, >daß alle fürstlichen Rechte, die Regalien und weltlichen Gerichte ihm allein in seinem Stifte und nach dem Papste und der kaiserlichen Majestät keinem Fürsten auf Erden irgend welche Macht über i h n . . . und des Stiftes Weltlichkeit zusteheNeutralität< in die Zeit der Obödienz nicht hinübergerettet werden konnte, galt es, die Arrondierungspolitik wieder auf die Erlangung von Rechten zur Besetzung der Domkapitel zu konzentrieren. Für Meißen ist das bis zum Jahre 1485 vollständig gelungen. Schon 1476 bezeugt aber ein Ergebenheitsbrief des neugewählten Bischofs Johann V. an Kurfürst Ernst, daß der Landesherr über ihn entschieden hatte, und der Bischof um seine Abhängigkeit auch wußte. Möge die Wahl, so dankt der Fürstenkandidat, geschehen sein »meyner seien zcu selligkeyt, dem stiffte zcu guthe, ewern gnaden zcu ewiger untertenigkeyt und dinst« 114 . Aus der Instruktion des Kurfürsten Friedrich II. für seine Gesandten auf dem Fürstentag zu Mantua (1459) - Papst Pius II. wollte die europäischen Fürsten auf den Kampf gegen den gemeinsamen Feind, den Türken, einschwören 1 1 5 111

Text der Bulle v o m 17. August 1443 vollständig bei ZIESCHANG, S. 151 f.

112

V g l . ZIESCHANG, S. 3 8 .

113

» . . . w e m e uwir libe unnd wir czu eyme bischoff czu N w m b u r g k , Merseburgk u n n d Missen habenn woldenn, daz wir die selbigenn bistthum, w e n n sych der eynes verledigitte, ane ire capittel welung eyn bischoff so wye nach unnser und unnserer lande bestes hienfurder macht hetten uff czu nemene u n n d czu Gehenn also mit ir geistlich lehen unnd Privilegien unnd thumerie in unnsern land unnd in dem selbigenn stifftenn.« Falls der Papst auf seinem Bestätigungsrecht beharren sollte, könne man d e m entgegenkommen: Der apostolische Anspruch wird gewahrt, zwar nicht als Bestätigung der Kapitelwahl, sondern der Fürstenernennung. ZIESCHANG, S. 3 8 , S. 4 1 . 114 Zitiert nach WALTER SCHLESINGER: Verfassung und Wirtschaft des mittelalterlichen Bistums Meißen. In: Das Hochstift Meißen. Aufsätze zur sächsischen Kirchengeschichte, hg. v. Franz Lau. Berlin 1973, S. 48. 115 Bei der Papstwahl des Jahres 1458 gehörte die Türkenfrage zu den im Konklave diskutierten Problemen. Der schließlich gewählte Papst, Pius II., hatte in seiner Wahlkapitulation versprechen müssen, den Krieg gegen die Türken zu forcieren. Der zu diesem Z w e c k e einberu-

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Kirchenregiment

im frühmodernen

Staat

tritt das Streben der wettinischen Landesherrn unverhüllt zutage, jede sich bietende Gelegenheit zu suchen und zu nutzen, für ihren Herrschaftsbereich alle nur erdenklichen kirchenpolitischen Vorteile herauszuschlagen. »Item wir [Kurfürst Friedrich] verstehn«, hieß es in der Gesandtenanweisung, »daß die Fürsten am Rhein und andere Fürsten merkliche Sachen ihren Landen und Fürstenthümern zu Nutz und Frommen und Gute an Seiner Heiligkeit haben erlangt, wollet in Fleiß darauf Erfahrung haben zu Mantua und anderswo, was Stücke und Sachen das wären, würdet ihr erkennen, daß solche Stücke und Sachen uns, unsern Landen und Fürstenthümern nützlich und austräglich könnten werden, so steht in Fleiß bei Seiner Heiligkeit auch danach, daß solche Stücke und Sachen uns, unsern Landen und Fürstenthümern auch zugegeben werden« 116 . Diese sächsische Anweisung wirft ein helles Licht auf den Stellenwert der Kurie im politischen Kalkül eines Landesherrn. Rom war zur geeigneten Adresse geworden, an die deutsche Fürsten sich zu wenden hatten, um ihr Kirchenregiment auszuweiten und rechtlich abzusichern. Allgemein kann man das Bemühen der Landesherren um ein gutes Einvernehmen mit dem Papst beobachten, und das Wort vom »Kurialismus des landesherrlichen Kirchenregiments« 117 bringt auf den Begriff, daß die Fürsten vor allem in Abwehr bischöflicher Ansprüche sich auf die Päpste gestützt haben - und umgekehrt. Dazu war es den Territorialgewalten möglich, die Ansprüche des fernen römischen Privilegiengebers abzuweisen oder zu unterlaufen. Das wird im Falle des päpstlichen Bannspruches über den Böhmenkönig Georg Podiebrad sichtbar. Rom forderte den Kreuzzug und den Boykott gegen die Böhmen; an beidem weigerten sich die Sachsen teilzunehmen. Allen Warnungen und Aufforderungen des Bannexekutors - sogar des Papstes selber - zum Trotz dachten die Wettiner nicht daran, die angesichts enger Verflechtungen eingeschlagene Politik der wohlwollenden Neutralität gegenüber König Georg aufzugeben. Als es im sächsischen Freiberg gegen den Handel mit Böhmen zu Übergriffen durch Kreuzzugsscharen kam, haben die Brüder Ernst und Albrecht energisch für die Auflösung der Rotten gesorgt 118 . Die Kurie war Gegenstand der Territorialpolitik geworden. Ihr Einfluß beruhte nicht allererst auf geistlicher Autorität, sondern auf ihrer Befähigung zur fene Kongreß erwies sich aber als völliger Fehlschlag, denn die europäischen Fürsten waren in keiner Weise bereit, gegen die Türken zu ziehen. Vgl. JOHN A. F. THOMSON: Popes and Princes 1417-1517. London 1980, S. 114-118. 1,6

V g l . ZIESCHANG, S. 3 8 f . T e x t d e r I n s t r u k t i o n b e i KARL VON WEBER: I n s t r u c t i o n

des

Kurfürsten Friedrich des Sanftmüthigen für seine Gesandten an den Papst Pius II. zum Tag zu Mantua 1459. In: Archiv für die sächsische Geschichte 5 (1867) S. 129. - Zur Begehrlichkeit eines anderen deutschen Fürsten siehe EMIL GÖLLER: Gesuche des Markgrafen Karl I. von Baden an Pius II. während seines Aufenthaltes auf dem Kongreß zu Mantua (1459). In: Freiburger Diözesan-Archiv 60 (1932) S. 239-251. 117 DERSCH, Territorium, Stadt und Kirche, S. 37. 118

V g l . HUBERT ERMISCH: S t u d i e n z u r G e s c h i c h t e d e r s ä c h s i s c h - b ö h m i s c h e n

Beziehungen

1464 bis 1468. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte 1 (1880) S. 209-266. Ders.: Studien zur Geschichte der sächsisch-böhmischen Beziehungen in den Jahren 1468 bis 1471. In: Neues Archiv 2 (1881) S. 1 - 4 9 .

Übersicht über deutsche

Territorien

45

Privilegienvergabe. Sie wurde zur freigebigen Instanz, die man sich zugleich fernhalten konnte, wenn sie eigene Ansprüche geltend machte. Der Papst ist in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf die Autoritätsstufe des Kaisers herabgesunken. Man ehrt ihn und benutzt ihn, ohne sich von ihm lenken zu lassen. Die Ordinarien hingegen, vor allem wenn ihre Stiftsgebiete in weltlichen Machtbereichen gelegen waren, vermochten der Entwicklung des landesherrlichen Kirchenregiments nicht die Stirn zu bieten. Sieht man von den großen rheinischen und westfälischen Stiftsgebieten oder auch von Würzburg ab, sind die Bischöfe nicht einmal in der Lage, ihre angestammte landesherrliche Gewalt unangefochten zu wahren. O b w o h l von einer völligen Unterwerfung der sächsischen Bistümer vor der Reformation nicht die Rede sein kann, k o m m t Albrecht Lobeck zu dem Schluß, daß die Bischöfe sowohl im kirchlichen wie auch im weltlichen Bereich in ihren Stiftsgebieten nicht mehr selbständig zu handeln in der Lage waren. U n d die wettinischen Fürsten wollten mehr als nur die Beschränkung der Ordinarien. Sie warteten »geradezu darauf, sich diese Gebiete einverleiben zu können, so daß ihnen jede Schwächung der bischöflichen Gewalt willkommen sein« mußte (Karlheinz Blaschke) 1 1 9 . Es wäre völlig verfehlt, jene Fürsten, die nach der Mediatisierung der Hochstifte trachten, als potentielle Anhänger der Reformation des 16. Jahrhunderts einzustufen. Auch ein Fürst wie Herzog Georg, der unbeirrt die Wittenberger Deformation, wie er sie sah, zu vernichten suchte, führte ebenso unbeirrt die wettinische Tradition fort, die Hochstifte in das territoriale Herrschaftsgebiet einzubeziehen 1 2 0 . U n d ferner gilt für alle Ordinarien im Reich, welches Gewicht ihrer eigenen territorialen Basis auch zukommen mochte, daß sie in ihren Diözesen auf fremdem Territorium unabhängig v o m Landesherrn, allein aus eigenem Bischofsrecht nicht frei agieren können. Das erklärt weit einleuchtender als die vielberufene Nachlässigkeit und Verweltlichung, warum die geistlichen Landesherren in ihren Bistümern als Reformkräfte ausfallen - müssen.

119

Vgl. LOBECK, S. 41; BLASCHKE, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, S. 26.

120

V g l . BLASCHKE, W e c h s e l w i r k u n g e n , S . 3 4 9 .

Zweiter Teil

Die Reform Herzog Wilhelms III., des Landgrafen von Thüringen

2. Kapitel Die Landesordnung

vom Jahre

i446

Die Verbindlichkeit der Landesordnung Für die Kirchenpolitik in der Landgrafschaft Thüringen sind die Ordnungen ihres Landesherrn, des wettinischen Herzogs Wilhelm III., von tragender B e deutung geworden. Seine programmatische Grundlegung der Landes-, Klosterund Rechtsreform ist so vielfältig dokumentiert, daß sie noch heute mit hinreichender Klarheit beschrieben werden kann. Kaum hatte der Herzog gemäß dem >Halleschen Machtspruch< zur umstrittenen Altenburger Landesteilung (September 1445) 1 sein Regiment als Landgraf von Thüringen angetreten, als sich bereits abzeichnete, daß er die von seinem Vater Friedrich dem Streitbaren nur spontan betriebene Reformpolitik intensivieren, j a umfassend vorantreiben 1 Vertragstext der Altenburger Teilung bei: JOHANN CHRISTIAN LÜNIG: D e s Teutschen Reichs-Archivs partis specialis continuatio II, vierte Abteilung, erster Absatz. Leipzig 1712, S. 2 2 2 a — 2 2 5 b . D e r Schiedsspruch im Kloster N e u w e r k vor Halle, also der >Hallesche M a c h t spruchMachtspruches< bei LÜNIG, S. 2 2 5 a — 2 2 7 b . Bestätigt wurde diese Aufteilung nach fünfjährigem B r u d e r krieg endgültig am 27. Januar 1451 durch den Frieden von N a u m b u r g . Vgl. RUDOLF KÖTZSCHKE, HELLMUT KRETZSCHMAR: Sächsische Geschichte. Werden und Wandlungen eines Deutschen Stammes und seiner Heimat i m R a h m e n der Deutschen Geschichte. 2. Aufl. Frankfurt (Main) 1965, S. 138. Z u r einflußreichen Stellung der sächsischen Stände während dieser Zeit der Wirren siehe besonders HERBERT HELBIG: D e r Wettinische Ständestaat. U n t e r s u c h u n g e n zur Geschichte des Ständewesens und der landständischen Verfassung in Mitteldeutschland bis 1485. Münster 1955, S. 4 3 0 - 4 4 0 .

Die Landesordnung

vom Jahre

47

1446

würde. Für den ersten, zum Januar 1446 nach Weißensee einberufenen Landtag während der Zeit seiner Alleinherrschaft hatte der Herzog durch seine Räte und einen ständischen Ausschuß eine Landesordnung konzipieren lassen und mit Änderungen und Ergänzungen selber versehen 2 , die man mit Recht auch als >Reformatio Wilhelmi< bezeichnen darf. Die klosterpolitischen Ziele dieser R e formatio™ begann er vier Monate später, am 11. April 1446, in seinen Statuten für Nonnen und Mönche ernsthaft zu konkretisieren 3 . Die Verflechtung von Landesbesserung und geistlicher Reform ist das auffälligste Merkmal des zu Weißensee am 9. Januar 1446 verabschiedeten Gesetzeswerkes 4 : Heiligung des Heiligen und Zucht der Geistlichen, Besserung der weltlichen Gerichtsbarkeit und Entwirrung sich überschneidender Jurisdiktionsbereiche gehören genauso zur Ordnung der Landgrafschaft wie Maßnahmen >guter PoliceyPolicey-OrdnungWilhelmus bellicosus* gehört 1 0 . Dieses Gesetz zeigt auch die nur begrenzte Richtigkeit der Beobachtung, daß die landesherrliche Gesetzgebung vor allem in jene Entscheidungsräume eindringen würde, die von der Tradition nicht zugestellt oder erheblich eingeschränkt sind 1 1 . Diese und spätere Ordnungen des Herzogs provozieren vielmehr die Konflikte mit den geistlichen Obrigkeiten im Lande. Man muß das Urteil über den Aktionsraum des fürstlichen Handelns, sofern es Reformhandeln sein will, deshalb umformulieren: Es gehört zum Wesen der landesherrlichen Reformordnungen und -anordnungen, sofern sie wirklich reformieren wollen, auch in Entscheidungsräume einzudringen, die von der Tradition besetzt sind.

Die geistliche

Ordnung des Landes

Nach einer ausfuhrlichen Einleitung über Anlaß 1 2 und Ziel der Landesordnung 1 3 folgt als erster Teil ihr geistlicher Grundlagenparagraph: »Der Sonntag zu feyern und mit keinerley Arbeit zu brechen.« Weil Gott die Missetaten bereits 9 Vgl. WILHELM WINTRUFF: Landesherrliche Kirchenpolitik in Thüringen am Ausgang des Mittelalters. Halle 1914, S. 35, A n m . 1. Es ist Härtung Cammermeister, Bürgermeister von Erfurt, der in seiner Chronik von diesem frühen ständischen Versuch berichtet, Landesherren auf eine Landesordnung zu verpflichten. Kurfürst Friedrich argwöhnte nach Cammermeisters Bericht, »man wulde yn und sine erbin also von den landen ryszen«. Die Chronik Härtung Cammermeisters, hg. v. R . REICHE. Halle 1896, S. 79. Für die weitgespannten, wenn auch nicht realisierten politischen Aussichten Herzog Wilhelms, als Schwiegersohn König Albrechts II. das Herzogtum Luxemburg, später sogar die Königreiche B ö h m e n und Ungarn erben zu können, siehe HEINZ-DIETER HEIMANN: Zwischen B ö h m e n und Burgund. Z u m Ost-Westverhältnis innerhalb des Territorialsystems des Deutschen Reiches im 15. Jahrhundert. Köln 1982, zusammenfassend S. 347 f. 10

V g l . WINTRUFF, S . 3 8 f.

Diese These formuliert WILHELM JANSSEN anhand von Quellen aus den niederrheinischwestfälischen Territorien in seinem instruktiven Aufsatz: » . . . na gesetze unser l a n d e . . . « Zur territorialen Gesetzgebung im späten Mittelalter. In: D e r Staat. Beiheft 7, S. 15. 1 2 » . . . us den merglichen Schulden, darinnen wir das Fürstenthum funden haben«. RUDOLPHI, S. 2 2 3 b . 1 3 Daß »beständiger Fride in den Landen gewachsen und bleiben mag. So mügen durch den Friede alle Gottesdienst, E r e und Nutz gemeret, gebreitet und alle Wesen geistlich und weltlich uffsteigen, zunennen [zunehmen] und mercklich fruchtbar und gebessert werden, sich auch daraus aller gemeiner Nutz scheinbarlich und großlich ereignen und finden, Stete und Dörffer, 11

Die Landesordnung vom Jahre

1446

49

auf Erden straft und umgekehrt das gute Werk auch mit zeitlichem Wohl lohnt, ist der Allmächtige, der uns und alle Dinge erschaffen hat und in seiner Gewalt hält, im Interesse des Landes allem voran zu ehren, »uff das uns von seinen Göttlichen Gnaden unser redlich Fürnemen desser [desto] gnediglicher verhenget« 1 4 . Tatenlos darf man der Entehrung Gottes nicht zusehen, so daß derjenige, der den Sonntag oder Feiertag brechen und damit die Heiligkeit des H ö c h sten antasten sollte, mit Strafe zu belegen ist: Zwei Pfund Wachs hat der Ü b e l täter seiner Pfarrkirche zu zahlen; falls er die Bußabgabe über acht Tage hinaus verzieht, wird ihm der Betrag gepfändet. Jeder Grundherr oder Amtmann, Altarpriester oder Kirchenpfleger ist verpflichtet, über die Einhaltung dieses Mandats zur Feiertagsheiligung zu wachen und bei Verstoß die Strafleistung auch wirklich einzutreiben 1 5 . Der folgende Paragraph - »Die Priester sollen unsträfflich leben oder gestrafft werden« - weist die Reform des geistlichen Standes als Pflicht des Landesherrn aus. Allein deshalb ist die thüringische Landesordnung für die G e schichte der >reformationes< des 15. Jahrhunderts von so grundsätzlicher B e deutung, weil die landesherrliche Kirchenreform hier zum Gesetz eines Territoriums erhoben worden ist: »So sollen und wollen wir auch Gott dem Allmächtigen, seiner werthen Mutter und allen himmlischen Heere zu Lobe und Ehre getreulich darnach arbeiten und allen Fleiß thun, als vil wir und unser jeglicher das zu thunde haben, dadurch alle geistliche Clöster in unsern Landen reformiret und wiederzu redlicher Geistlicher Regierung bracht w e r den, ein jegliches nach Aussatzung und Regeln seins Ordens; auch das die Weltlichen Priester sich priesterlich und Göttlich halten und ziehen, und sich in keinen Sachen ungebührlichen finden lassen, dadurch ihr Pristerlich Würdigkeit und Wesen m ö c h t geschwecht werden. Welcher sich aber durch einige Sache unehrbarlich und unpristerlich hilte, so sollen wir mit allen Fleisse daran sein und schaffen, das der gestraffet und gerechtfertiget werde als sich gebührt und das auch selbst thun, als vil wir das zu thunde haben.«16

Der Herzog überläßt die Reform nicht den >zuständigen< Gewalten, dem Papst, den Bischöfen und Ordensleitungen oder auch dem Konzil, das in Basel noch immer tagt. Offiziell per Gesetz hat er vielmehr die Aufgabe der Hierarchie als Aufgabe weltlicher Obrigkeit übernommen. Heinz Angermeier ist im Zusammenhang der Vermischung von geistlicher und weltlicher R e f o r m zuständigkeit der Vorstellung v o m strukturell angelegten Ineinander der K i r chen- und Reichsreform entgegengetreten, indem er daraufhinwies, daß »die Zielsetzungen in beiden Reformbewegungen miteinander nichts zu tun hatten«. Es sind völlig getrennte Bereiche, die voneinander unabhängig durch ihre j e eigenen Schäden getroffen sind: Das Reich wurde »seiner Funktion als Trädie jetzund überal in grossen Unwesen und Unräte stehen, dadurch wider besatzt, gebauet und in ein vollkommenen recht Wesen gesatzt und geschickt worden.« Ebd. 14

RUDOLPHI, S. 2 2 4 a § 1.

15

Ebd. RUDOLPHI, S. 224b §2, vollständig wiedergegeben.

16

50

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

ger der öffentlichen Ordnung nicht mehr gerecht«, die Kirche aber versagte angesichts »ihrer religiösen Aufgabe« 1 7 . Diese modern gedachte Trennung ist aber in Frage zu stellen. Die einfache Scheidung in öffentliche Ordnung hier und Religion dort schreitet über jenen Begründungszusammenhang hinweg, der für ein Territorium wie das sächsische bis weit in das 16. Jahrhundert hinein das Ineinandergreifen von weltlicher Reform und fürstlicher Kirchenreform untermauert hat. Diese Begründung ist theologisch ausgeformt, deshalb für die damalige Zeit aber nichts weniger als realistisch: U m Gottes Landesschutz zu erlangen und zu erhalten, hat der Fürst die Besserung der Geistlichen und der Laien durchzusetzen. Deshalb gehören die Reform der Kirche und die Reform des Landes um Gottes Willen, für die Zeit damals also >strukturellplenitudo potestatis< des Papstes verloren hatte und auch von Kaiser Friedrich III. für eine Reform der Reichskirche im ganzen nichts erwartet werden durfte, wie der ebenfalls von den Fürsten akzeptierte Abschluß des Wiener Konkordats »pro natione Alamanica« 1 8 endgültig bewies 1 9 . Kaiser Karl V. hat diesen Rückzug der imperialen Gewalt aus der geistlichen Reformpolitik rückgängig machen wollen 2 0 . E r begriff sein hohes Amt - im 16. Jahrhundert schon anachronistisch - auch als universales kirchliches Amt, das im Jahre 1530 mit dem Urteil über die Confessio Augustana sogar kaiserliche Religionsgewalt beanspruchte 2 1 . Im Jahre 1530 aber war das landesherrliche Kirchenregiment bereits etabliert, das seinen Aufstieg nahm, als das Konzil darniederlag. Die Unterordnung des Reiches unter die päpstliche Potestas, die Aufgabe der Baseler Reformen, soweit sie in der Mainzer Akzeptation vom 26. März 1439 festgehalten waren, und der Abschluß des Wiener Konkordates waren in Deutschland die entscheidenden Vorstufen zur Territorialisierung der Kirche 2 2 . Als das klassische Beispiel für den Zusammenhang von Konzilsniederlage und Aufstieg der Landesherren zu K i r 1 7 HEINZ ANGERMEIER: Die Reichsreform 1410—1555. Die Staatspolitik in Deutschland zwischen Mittelalter und Gegenwart. München 1984, S. 66f. 1 8 KARL ZEUMER: Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit. 2. Aufl. Tübingen 1913, S. 2 6 6 - 2 6 8 , Nr. 168. 1 9 Vgl. ANGERMEIER, Die Reichsreform, S. 108 f; BERTRAMS, Der neuzeitliche Staatsgedanke, S . 138. 2 0 Nach den Hinweisen von HERMANN WIESFLECKER hat Karl V. damit an die Politik seines Großvaters angeschlossen. Siehe oben, S. 3 4 f . 2 1 Wenn ANGERMEIER dann allerdings fortfährt, daß diese Religionsgewalt nicht mehr päpstlicher oder konziliarer Entscheidung folgte, sondern diese »praktisch bereits präjudizierte« (S. 275), dann ist das eine strukturell bestimmte Sicht von außen. Es ist daran zu erinnern, daß Papst und Kaiser in Bologna verabredet hatten, ein Konzil einzuberufen, wenn sich in Augsburg keine Einigung mit den protestierenden Ständen erzielen lasse. Die >Präjudizierung< war also abgesprochen! Vgl. HUBERT JEDIN: Die Päpste und das Konzil in der Politik Karls V. In: Karl V. D e r Kaiser und seine Zeit, hg. v. P. Rassow, F. Schalk. Köln 1960, S. 110. 2 2 Vgl. VON SRBIK, Die Beziehungen von Staat und Kirche, S. 13.

Die Landesordnung

vom Jahre

1446

51

chenherren gilt Brandenburg, dessen Markgrafen erst dann wirkliche Herren ihrer Bistümer wurden, als das Papsttum sich gegen den konziliar ausgerichteten Klerus dadurch verteidigte, daß es die Bischöfe auch rechtlich in Abhängigkeit von den Landesherren brachte 23 (siehe S. 36—40).

Weltliches Gericht und geistliches

Gericht

Daß im Vergleich zum Kaiser, vor allem aber zu den Bischöfen, neue Träger der Reform ihre Ansprüche anmeldeten, konnte nicht ohne Rückwirkung auf die Inhalte bleiben, die von der fürstlichen Politik konkret aufgegriffen wurden. Ein brisantes, vielfach umkämpftes Thema ist das Problem der konkurrierenden weltlichen und geistlichen Rechtspflege 24 , das im dritten Paragraphen der thüringischen Landesordnung mit dem Verbot angegangen wird, Untertanen des Herzogs vor ausländische Gerichte< zu zitieren 25 . Gleichfalls verwehrt die Landesordnung den Untertanen, vor auswärtigen geistlichen oder weltlichen Gerichten ihr Recht zu suchen. Wenn ein Streitfall »billig« vor ein geistliches Gericht gehört, dann eben vor >ein geistliches Gericht in unsern Landern. Untersagt ist auch die Appellation an landfremde Gerichte, weil man, wie ausdrücklich beteuert wird, für eine Appellation an höhere Instanzen auch im eigenen Lande die dazu benötigten >Doktoren und gelehrten Leute< finden kann 2 6 . Obwohl das Verbot, vor ausländischen Gerichten Recht zu suchen, nicht nur für die geistliche, sondern auch für die weltliche Rechtsprechung gilt, macht die Landesordnung deutlich, daß die territoriale weltliche Jurisdiktion dem Rechts23 Vgl. HENNIG, D i e K i r c h e n p o l i t i k der älteren H o h e n z o l l e r n , S. 6, S. 9. E b e n s o DIESTELKAMP, D i e geistliche G e r i c h t s b a r k e i t in den zur D i ö z e s e H a l b e r s t a d t g e h ö r i g e n Teilen d e r K u r m a r k , Sachsen u n d A n h a l t 8, S. 177 f. DIESTELKAMP v e r w e i s t w i e HENNIG i m H i n b l i c k a u f B r a n d e n b u r g u n d Ö s t e r r e i c h a u f d e r e n » b e s o n d e r e n C h a r a k t e r als G r e n z m a r k e n , der eine w e s e n t l i c h e V e r m e h r u n g der M a c h t b e f u g n i s s e ihrer L a n d e s h e r r e n u n d eine d a r a u s r e s u l t i e r e n de u n a b h ä n g i g e Stellung b e d i n g t e « . S. 175. 24 WILHELM WINTRUFF hat a u f die P e r m a n e n z des P r o b l e m s w ä h r e n d des späten M i t t e l a l t e r s a u f m e r k s a m g e m a c h t , das in T h ü r i n g e n seit der H e r r s c h a f t des L a n d g r a f e n Friedrich des J ü n g e r e n e r n s t h a f t zur V e r h a n d l u n g k a m . Siehe u n t e n S. 7 0 f . 25 Für diese V e r o r d n u n g h a t t e n w e t t i n i s c h e L a n d e s h e r r e n eine p ä p s t l i c h e u n d eine kaiserliche R e c h t s g r u n d l a g e . Friedrich der Streitbare, M a r k g r a f v o n M e i ß e n , k o n n t e v o n P a p s t M a r t i n V. i m D e z e m b e r 1421 die Privilegien e r l a n g e n , d a ß seine U n t e r t a n e n n i c h t v o r a u s l ä n d i s c h e G e r i c h t e (Bulle: iSincerae d e v o t i o n i s affectusEx i n i u n c t o nobisBotenübermäßig beschwert< 3 0 . Es ist eine weitsichtige Warnung über die scheinbar unanfechtbare Sicherheit des Tages hinaus, wenn der Gesetzgeber als Konsequenz solchen Unrechts der Kirche eine dunkle Zukunft vorhersagt: » U f f länger Tage« wird unter dem Volk der Unglaube wachsen, dann werden Gott wie seiner heiligen Kirche Schmach und Unehre widerfahren 3 1 . Nicht darum geht es, die Gültigkeit des Kirchenrechts anzutasten und die geistliche Gerichtsbarkeit zu zerschlagen, was dann allerdings geschehen wird, wenn man tatenlos der drohenden Entwicklung entgegensieht. U m »Gott zu Lobe und seiner heiligen Kirchen zu Ehren solch Übel zu vermeiden«, ist vielmehr in Ubereinstimmung mit den kirchlichen Jurisdiktionsträgern das Rechts wesen durch Entflechtung zu reformieren. Jeder Bereich muß auf die ihn betreffenden Gerichtsfälle beschränkt werden 3 2 .

27

RUDOLPHI, S. 2 2 5 a § 3 .

» . . . derselbe soll von Stund als ein Echter des Landes gehalten werden und soll ffirder nimmermehr in unser Lande k o m m e n , sondern die ewiglichen r ä u m e n . . . « . RUDOLPHI, S. 2 2 5 b § 6 . 2 9 Ebd. 3 0 Da »dieselben Richter Gott noch die Gerechtigkeit zu meren malen wenig angesehen haben«. RUDOLPHI, S. 226a § 8. 31 Ebd. 3 2 »Dann welche [Sachen] geistlich seynd und vor geistlich Gericht gehören, darin wir 28

Die Landesordnung

Der Kleriker

vom Jahre

1446

53

als Untertan

Das Ziel ist deutlich, seine Verwirklichung aber nicht gewährleistet, denn mit der einfachen Verordnung war hier nicht weiterzukommen. Die zuständigen Hochstifte waren schließlich Reichsstände gleichen Rechtes und ihre territorienübergreifenden Diözesen ebenfalls ein Faktum der Verfassung des Reiches, das ein Landesfürst nicht außer Kraft setzen konnte. Gegen die Inhaber des geistlichen Gerichts wagt der Herzog deshalb nicht einzuschreiten; er muß vielmehr stillschweigend anerkennen, daß kirchliche Gerichtshöfe, selbst wenn ihre Rechtssprechung gegen Fürstengesetze verstößt, seinem landesherrlichen Zugriff entzogen sind 33 . Die Feststellung der Landesordnung, daß über die Neuordnung des Gerichtswesens verhandelt werden müsse, entspringt nicht mangelndem Reformwillen, sondern entspricht der Verfassungswirklichkeit von Territorien im Reich. Von den Untertanen aber, gegenüber denen die Regierungsgewalt tatsächlich greifen kann, fordert die Landesordnung Gehorsam, unabhängig vom Ausgang der angekündigten Verhandlungen. Niemand darfeinen Streitkontrahenten »umb Sachen, die weltlich seynd, vor kein geistlich Gericht bringen, fordern noch bannen« 34 . Übertreter dieses Gesetzes haben ihren Fall ipso facto verloren 35 und müssen ihrem Amtmann, Grundherrn oder Stadtrat obendrein einen Schock Groschen Strafe zahlen. Es ist nicht so, daß diese Anordnung nur auf geistliche Gerichte außerhalb Thüringens beschränkt wäre, sie gilt auch für die kirchlichen Foren innerhalb des Landes. Was den geistlichen Richtern gegenüber erst durch Verhandlungen erreicht werden kann, wird den Untertanen schlicht befohlen - und damit den Pfarrern auch! Es ist ihnen untersagt, Schriftstücke geistlicher Gerichte, die sich weltlicher Streitfälle bemächtigt haben, überhaupt entgegenzunehmen, geschweige denn weiterzureichen. Dem Pfarrer, der sich daran nicht hält, werden die Temporalien so lange gesperrt, bis er sich des Gehorsams gegenüber den Landesgesetzen besinnt 36 . Das Recht, das der Herzog in Abwehr der geistlichen [Landesherr und Stände] nicht tragen; welche Sache aber weltlich seynd, daß sie [die geistlichen Gerichte] sich der gar nicht annehmen«. E b d . 3 3 Vgl. KARL PALLAS: D i e Entstehung des landesherrlichen Kirchenregiments in Kursachsen vor der Reformation. In: N e u e Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer F o r schungen 2 4 ( 1 9 1 0 ) S. 141. 34

RUDOLPHI, S . 2 2 6 a § 9 .

»Wer aber das nicht liese, j e m a n d s für geistlich Gerichte in weltlichen Sachen brechte und dieser O r d n u n g ungehorsam wurde, darum soll er seine Sache, dadurch er gefordert hette, gen seinen Widertheil gantz verloren haben.« E b d . 3 6 »Welcher Pfarrer aber das also nicht halten wolte, dem soll man keine Früchte oder Nutzung seiner Pfarre folgen lassen, bis so lang, daß er dem auch gehorsam würde.« E b d . - D e r Versuch, die Wirksamkeit der geistlichen Gerichte durch Störung des Zustellbetriebes einzuschränken, ist keineswegs einzigartig gewesen. Solche Vorgänge finden sich schon wesentlich früher, im J a h r e 1402: D e r G r a f von Kleve bedroht mit Mandat v o m 5. September 1402 »alle Pfarrer und Inhaber geistlicher Lehen mit Landesverweisung, falls sie Mandate geistlicher Richter in weltlichen Sachen annahmen, verkündeten und ausführten«. Vgl. PAUL MIKAT: B e m e r k u n g e n zum Verhältnis von Kirchengut und Staatsgewalt am Vorabend der R e f o r m a 35

54

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

G e r i c h t e n i c h t in A n s p r u c h n e h m e n d a r f , n i m m t er s i c h g e g e n ü b e r d e n G e i s t l i chen heraus, o h n e dafür eine juridische G r u n d l a g e anzuführen. D a s m o c h t e auch ü b e r f l ü s s i g e r s c h e i n e n , d e n n d a s > p r i v i l e g i u m foriRecht< i s t - , die Hinterlassenschaft v o n Klerikern mit Beschlag zu belegen. Geld u n d Gut eines Pfarrers, so hört m a n in diesen Klagen, w e r d e n als H e r r e n v e r m ö g e n behandelt und nach d e m Tode des Nutznießers eingezogen 3 8 . Auch der Lösungsweg, den Herzog Wilhelm beschreitet, bleibt ganz in den Bahnen der Auffassung, daß der Besitz des Pfarrers nicht dessen E i g e n t u m ist, sondern d e m Landesherrn gehört - die Ansprüche der G r u n d h e r r e n w e r d e n v o n i h m stillschweigend übergangen. Im Jahre 1455 ließ er in Reaktion auf die konkrete Beschwerde der Pfarrer aus der Pflege Leuchtenburg ein M a n d a t ausgehen, das die Einziehung der Habe verstorbener Geistlicher verbietet. »Solche Freyheit«, die hier zugestanden wird, ist j e d o c h nicht u m s o n s t verliehen. Alle Pfarrer haben sich einmal im Jahr, zu Dimissio A p o s t o l o r u m (15. Juli), in Roda (Stadtroda) zu versammeln und dort zum Heile der Verstorbenen u n d Sterbenden des Fürstenhauses Seelenmessen zu singen. Auch f ü r die jetzt regierenden Wettiner, »zu einem langen Leben u n d zu einer Vorbitte bey Gott d e m Allmächtigen«, sind ihnen Messen aufgetragen. Falls ein Pfarrer sich dieser Verpflichtung o h n e N o t entzieht, hat er als Strafleistung »zum Gelichte« dieser Fürstenmessen ein P f u n d Wachs zu zahlen 3 9 . Nicht als Restitution längst vorhandener, mißbräuchlich außer Kraft gesetzter Klerikerrechte, sondern als neues Privileg ist diese V e r o r d n u n g des Herzogs abgefaßt, das auf jenen Kreis von Pfarrern begrenzt ist, die in Stadtroda den verlangten Dienst am Fürstenhaus tatsächlich leisten. Aus all d e m folgt, daß der Besitz eines Klerikers als Landesbesitz, nicht als Privateigentum und auch nicht als allgemeiner Kirchenbesitz eingestuft w u r d e 4 0 . tion. In: Geschichte, Recht, Religion, Politik. Beiträge von Paul Mikat, hg. v. D. Giesen, D. Ruthe, Bd. 2. Paderborn 1984, S. 587. 37

V g l . PALLAS, S. 1 4 1 .

38

Vgl. »Hertzog Wilhelms Ausschreiben die Freyheit wegen der Pfarrer, daß s i e . . . mit ihren Gütern freye Macht zu disponiren haben sollen...«; 13. Januar 1455. RUDOLPHI, S. 235b—236b. Z u m Spolienrecht siehe JOHANNES KAPS: Das Testamentsrecht der Weltgeistlichen und Ordenspersonen. Buchenhain 1958, S. 48—53. 39

RUDOLPHI, S. 2 3 6 a.

40

Eine ähnliche Privilegienerteilung besteht bereits aus der Zeit der gemeinschaftlichen Regierung mit Kurfürst Friedrich II., die ebenfalls den geistlichen Dienst am Fürstenhause zur Voraussetzung hat: Privileg an die Priester der Kalandsbruderschaft zu Radeburg (Krs. Dresd e n ) v o m J a h r e 1 4 4 2 . V g l . JOHANN GEORG REINHARD: M e d i t a t i o n e s d e J u r e P r i n c i p u m G e r m a -

n i a e . . . Halle 1777, S. 260f.; ein weiteres Privileg Wilhelms III. von 1456 an die Priester der Pflege Orlamünde, a. a. O. S. 259; desgleichen von Herzog Ernst und Albrecht an die »Pfaff-

Die

Klosterordnungen

55

O b tatsächlich mittelalterliche Lehnsanschauungen v o m Herzog stillschweigend eingebracht sind und o b ihre Inanspruchnahme dann auch zu Recht b e steht, ist anhand der Landesordnung nicht zu klären. Entscheidend ist aber, daß zu den Untertanen auch die Geistlichen zählen, deren Privilegien sie nicht aus der Pflicht entlassen, die Gesetze des Landes einzuhalten. Bedacht ist in der O r d nung, daß diese E i n v e r n a h m e zu Loyalitätskonflikten fuhren kann, denn die geistlichen Richter werden die »Pfaffheit in unsern Landen« zur Rechenschaft ziehen wollen, wenn diese sich an des Herzogs Verbot hält, in weltlichen Fällen dem kirchlichen Gericht als Gerichtsbote zu dienen 4 1 . Falls das geschieht, sichert der Herzog seinen Schutz zu und schwächt damit eventuelle G e g e n m a ß n a h m e n der geistlichen Gerichte in ihrer Bedeutung ganz erheblich. D e n n nun war nicht m e h r gesichert, daß die >suspensio in divinis< oder die >excommunicatio< in der Folge auch zum Verlust der pfarramtlichen Einnahmen führte. Verurteilungen von Pfarrern durch geistliche Gerichte drohten sich dann zum Verfahren gegen den Landesherrn auszuweiten 4 2 . In den wichtigsten geistlichen Vorschriften hat Wilhelm III. die Landesordnung von Weißensee beharrlich durchzusetzen versucht. D e r Verdacht, diese sei im wesentlichen eine O r d n u n g der Stände gewesen, w o b e i der Herzog sich »ziemlich allen Einflusses beraubte, in dem die Regierung einer K o m m i s s i o n von vier Mitgliedern übertragen wurde, von denen er selbst nur eins, die andern drei die Grafen, Herren und Städte ernennen sollten« 4 3 , wird durch die Ereignisse der Folgezeit widerlegt. Als nach der Beendigung des Bruderkrieges der ständische Einfluß rasch nachließ, blieb die Landesordnung sein geistliches Programm.

3. Kapitel

Die

Klosterordnungen

A. Reform der Nonnenklöster

Die rechte geistliche Speise Was den herzoglichen Reformpolitiker in auffallender Weise aus den Reihen der spätmittelalterlichen Landesherren heraushebt und ihn zum P r o t o t y p e n des Fürstenreformers werden läßt, ist die Tatsache, daß er nicht nur pragmatisch, heit« in Franken 1482, a. a. O . S. 257. D i e Einziehung des Priestergutes war also die Regel, deshalb die Privilegien. 4 1 RUDOLPHI, S. 2 2 6 a . 42

V g l . PALLAS, D i e E n t s t e h u n g , S . 1 4 1 .

43

HELBIG, S t ä n d e s t a a t , S . 4 4 1 .

56

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

sondern auch programmatisch die Klosterreform in seine Hände genommen hat. Im Gegensatz zu seinen Nachfolgern aus dem Hause Wettin hat Wilhelm III. jene legislative Aufgabe an sich gezogen, die bis dahin und - mit der Ausnahme Württembergs - auch nachher den Ordensleitungen in Abstimmung mit ihren General- oder Provinzialkapiteln vorbehalten war. Dieser Landesherr aber verordnete im eigenen Namen den Nonnen- und Benediktinerklöstern Thüringens bindende Konstitutionen, die der angestrebten Besserung die Leitlinien vorzeichnen sollten. Reformgesetze, mit denen sich der weltliche Herr als territorialer Ordensoberer etabliert, sind selbst in der Geschichte des an >Reformationen< reichen 15. Jahrhunderts so außergewöhnlich, so abseits vertrauter Traditionen, daß es notwendig ist, intensiver als bisher diese Quellen durchzumustern und ihre Tragweite abzumessen 4 4 . Als einen ersten E n t w u r f wird man die Reformanweisungen an die Nonnenklöster aus dem Jahre 1446 verstehen können, der noch gänzlich auf die äußere Lebensgestaltung konzentriert ist und sich streckenweise wie ein Speiseplan liest. Dennoch nimmt schon diese Ordnung das höhere Reformziel für sich in Anspruch, in den Klöstern die Gemeinschaft der Schwestern wiederherzustellen: »Das abe sey oder abgehin Eigenschafft und Parthien, die da sind wider Satzung geistlicher Ordenung.« 4 5 Eine besondere Verantwortung für die Durchführung der Reform, bei den Nonnen wie bei den Mönchen, trägt der weltliche Klostervorsteher 4 6 . Da den Nonnen die Beachtung des Fastens nachdrücklich aufgetragen ist, hat der Vorsteher die entsprechende >geistliche Speisefolge< bereitzustellen. »Mittelbier«, also weder Stark- noch Dünnbier, ist während der Fastentage zu reichen und »allemahl«, auch außerhalb der Fasten, steht einer jeden zu j e d e m Mahle ihr halber Käse zu und B r o t mach Gewohnheit Vergiftung geistlicher

Benediktiner

Ordnungt

Die >Benediktinerkonstitutionen< Herzog Wilhelms vom Montag nach Palmarum (11. April) 1446 bezeugen, daß die angestrebte Reform der monastischen Institutionen dem ganzen Lande zu gelten hat, dessen Städte, Dörfer und eben auch Klöster durch Mißwirtschaft ruiniert darniederliegen 52 . Klosterreform ist kein Spezialfall, keine Ausnahme, sondern Grundaufgabe fiir eine umfassende Landesreform, weil ohne Mehrung des Gottesdienstes ihr weltliches Ziel verfehlt wird. Deshalb ist allererst das Fundament zu legen und die »stetige Ubunge Gotisdinsts« durch Geistliche zu gewährleisten, deren Leben »recht geordent« ist. Der entscheidende Schritt aber, um die Pfarrerschaft zu geistlichem Leben zurückzuführen, ist die Ordensreform, denn wenn die Klosterzucht verfällt, wird der geistliche Stand insgesamt gefährlich zersetzt 53 . Bei den >religiosi< als der kirchlichen Avantgarde hat die Reform anzusetzen, um schließlich in die Breite wirken zu können. Zunächst die Bestandsaufnahme der Situation in den Klöstern, wie sie sich dem Herzog darstellt: Die Mönche führen in der Mehrzahl ein ungeistliches Leben, zu dem sie durch Versäumnisse und Mißwirtschaft ihrer Prälaten verfuhrt wurden. Daraus folgt als Konsequenz, daß die Reform vornehmlich bei den >HäupternVergiftung der geistlichen Ordnungfleißig< selber die Messe lesen. Darin muß er mit seinem Beispiel den Brüdern vorangehen, daß er >allererst nach dem Reiche Gottes und seiner Gerechtigkeit trachtet< 64 . Der Herzog verpflichtet die Mönche, ihrer Aufgabe in der Stellvertretung für die Laien auch tatsächlich nachzukommen. Der geistliche Stand hat sich weit mehr als die Weltmenschen in verdienstlicher Zucht zu üben. Mönche wenigstens sollen >vollkommen< sein »in Castigunge die da dynet zcu K u s c h e y t . . . mit 60

Ebd.

61

V g l . RUDOLPHI, S. 1 3 9 b - 1 4 0 a .

62

RUDOLPHI, S . 1 4 0 a .

«

Ebd. Ebd.; Mt 6,33.

64

Die

Klosterordnungen

61

Cleydunge, Legern, Eßin und Tryncken« 6 5 . Keuschheit und Zucht sind somit nicht interne Angelegenheiten des Zusammenlebens im Kloster, sondern von öffentlichem Interesse für alle Christen und somit Gegenstand fürstlicher R e formmaßnahmen. E r ordnet deshalb an, Leinenkleider und Federbetten zu entfernen, die Fastenzeiten einzuhalten und den Freuden der Welt, etwa der Jagd, zu entsagen. Auch Fleischgenuß verbietet er, abgesehen im Falle von Krankheit, denn es ist ein Skandal, dem Orden zur Schande und den Laien zum schlechten Beispiel, daß Geistliche sich noch weniger des Fleisches enthalten als Weltchristen 6 6 . Herausragendes Anliegen des Fürsten ist das Wirken des Klosters nach außen. Das entscheidet über eine Verwirklichung der angestrebten Landesbesserung, wie er in der Einleitung hatte schreiben lassen. Auch hier enthüllt seine Bestandsaufnahme ein nur dunkles Bild des Versagens. Neben der offenbaren, die Sitten der Laien verderbenden Zuchtlosigkeit steht der Mangel an frommen und zugleich gebildeten Mönchen dem Ziel der Landesbesserung entgegen. Das unwissende Volk bleibt unwissend, weil es nicht unterwiesen wird in >geistlicher Zucht, Gottesfurcht und Gerechtigkeit* 6 7 . Es ist eine politisch umsichtige K r i tik, die der Herzog hier formuliert, weil sie die Klöster an der Aufgabe mißt, das Volk in Predigt und Unterricht i n j e n e m wahren christlichen Leben zu unterweisen, das dann immer zugleich ein Leben im rechten Vollzug der Untertanenpflichten ist. Der Eifer, mit dem der Herzog den >Öffentlichkeitsauftrag< einschärft, geht von der Voraussetzung aus, daß der wahre Christ auch der gute Untertan ist 6 8 . Die Abhilfe, die der Herzog den Äbten aufträgt, besteht darin, daß die dem Kloster inkorporierten Pfarren mit den besten und gelehrtesten Mönchen, die sie nur haben, zu besetzen sind. Unfähige Pfarrer hingegen müssen zurückgezogen werden, denn niemand darf seines Amtes walten, der »uff dem Predige Stul« nicht predigen oder die Sakramente nicht verwalten kann 6 9 . Auch die M ö g l i c h keit, daß die Klöster der Pfarrverordnung aus Mangel an geeigneten Kräften nicht nachfolgen können, hat er vorausschauend bedacht: Dann müssen eben >wolgelarte< Leutprieser eingesetzt werden. Falls aber die Klöster diesen Ausweg verweigern, wird der Herzog die Neubesetzung der Pfarrstellen selber vornehmen 7 0 .

65

RUDOLPHI, S . 1 4 0 a .

A u f weitere Details der täglichen Lebensführung verzichten des Herzogs >KonstitutionenMehrung des Gottesdienstes< mit dem Ziel der Landesbesserung verlangt aus der Sicht des Landgrafen die Schwächung der ständischen Partikulargewalten und die Stärkung der Zentralgewalt, u m den Klöstern jene Unabhängigkeit zu garantieren, die wahrhaft christlichem Leben den nötigen Raum schafft. Landesherrlicher Schutz ist die Bedingung unverfälschter Klosterfreiheit, sowohl gegen Druck von außen als auch gegen Rebellion im Innern 7 4 . Die Patronatsaufgabe der herzoglichen Räte ist in einer allgemeinen Dienstanweisung so beschrieben, daß sie unbestechlich gegen jeden Fremdein71

Ebd.

72

V g l . RUDOLPHI, S. 1 4 1 a .

73

Ebd. Z u den Schutzmaßnahmen gehört auch das Verbot in der Benediktinerordnung, jene Mönche, die sich der Reform widersetzen und deshalb ihren Klöstern entlaufen sind, zu »beschermen, husin ader heymen«. Falls Bürgermeister oder Amtleute von unberechtigtem Schutz Kenntnis erhalten, haben sie die schuldigen Personen zur Rechenschaft zu ziehen. 74

RUDOLPHI, S. 1 4 0 b .

Die

Klosterordnungen

63

fluß die Freiheit und Reform ihrer Klöster zugleich schützen müssen 7 5 . Man darf nicht übersehen, daß der K a m p f um die Reform damit auch zum Mittel wird, die Macht der Stände, die solchen Fremdeinfluß ausüben können, zugunsten der landesherrlichen Zentralgewalt zurückzudrängen. Die enge Anbindung der Klöster an das fürstliche Regiment ist für die höhere Geistlichkeit dieser Zeit schon nichts Ungewöhnliches mehr. Als Nikolaus von Kues während seiner Legationsreise durch Deutschland den Hallenser Äbten Johannes Busch v o m Kloster Neuwerk und Paulus von St. Mauritius den Auftrag zur Visitation der Regularkanonikerkonvente erteilte 7 6 , haben diese ihren Auftrag auch dem Landgrafen von Thüringen angezeigt und ihn zwar nicht um Erlaubnis, aber doch um Unterstützung gebeten. Herzog Wilhelm hat mit einem offenen Mandat alle betroffenen >Äbte, Pröpste, Prioren, Priorinnen und Konvente< unter Berufung auf seine eigene Reformpolitik angewiesen, den Visitatoren Gehorsam zu leisten 7 7 . Die im Dienste der Reform reisenden Äbte haben ihre von zwei Landesherren, dem B i s c h o f von Halberstadt und dem Landgrafen von Thüringen, ausgestellten Patente als Befehle an Untertanen aufgefaßt, die ihnen die Tore der Konvente öffnen, damit sie durchführen können, was der Kardinal ihnen befohlen hat 7 8 . Für die Visitatoren war der apostolische Reformbefehl des Legaten bindend, für die Durchführung der Visitation entscheidend aber war das Mandat des geistlichen und weltlichen Landesherrn, des Bischofs und des Herzogs. Die Benediktinerstatuten sind Reformmanifest und Herrschaftsordnung zugleich. Ihr hervorstechendes Merkmal ist die Selbstverständlichkeit, mit der den Mönchen auch geistliche Reformen nach Maßgabe gültiger christlicher O r d nung befohlen werden. Dieses ist die Signatur der >wilhelminischen< Reform, 7 5 » . . . sie sullen die Clöster handhabin und keynerley Gifft nach Gabe darumb nemen und kein recht ader Gewalt yn ader den yren davon suchen widder privilegia und friheid der Closter, dann alleyne durch Gotis willen zcu furderunge der reformatien und Widderbrengunge geistlicher Ordenunge.« RUDOLPHI, S. 141a. 7 6 Bulla cardinalis super reformatione monasteriorum, 28. Juni 1451, von Johannes Busch in seinen >Liber de reformatione monasteriorum< aufgenommen. Busch, Chronicon Windeshemense, S. 759—763. Zur Legationsreise des Nikolaus von Kues siehe Erich Meuthen: D i e deutsche Legationsreise des Nikolaus von Kues 1451/1452. In: H. B o o k m a n n u.a. (Hg.): Lebenslehren und Weltentwürfe im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Göttingen 1989, S. 4 2 1 - 4 9 9 . 7 7 »Venerabiles devoti dilecti patres! Noveritis, quod ex singulari desiderio ad hoc inclinemur [seil. Wilhelmus Dux], ut ordo vester omniumque in nostro prineipatu ordines iuxta antiquam suam institutionem regularisque observantie normam debite reformentur, prout in quibusdam nostri districtus monasteriis nostro favore inchoata reformatio esse d i n o s c i t u r . . . Idcirco ab omnibus et singulis vobis diligenter obnixeque desideramus, ut huiusmodi bullis apostolicis [seil. Nicolai de Cusa] et mandatis iuxta omnem earum tenorem, prout tenemini, prompto animo libenter obediatis et satisfaciatis in salutem perpetuam animarum vestrar u m . . . « Busch, S. 758 f. 7 8 »Episcopus autem Halberstadensis dominus Borchardus et lantgravius Turingie patentes nobis suas dederunt literas sigillis suis munitas, in quibus omnibus sibi subiectis mandaverunt, ut nos benigne suseiperent et ut apostolicos nuncios cum omni reverentia pertractarent, nobis obedirent et iuxta nostrum consilium et informationem se r e g e r e n t . . . . « Busch, S. 764.

64

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

daß der Landesherr mit seinen Ordenskonstitutionen zugleich - u m einen noch anachronistischen Titulus zu gebrauchen - das >ius in sacra< an sich zieht, indem er über die Besserung äußerer Verhältnisse hinaus in die geistliche Lebens- und pfarrherrliche Amtsführung der Benediktiner eingreift. Die für eine juristische Interpretation heranzuziehenden Rechtstitel (advocatia ecclesiae, Kirchen- oder Stiftsvogtei, Schutz- oder Schirmvogtei) erweisen sich in diesem Falle der geistlichen Gesetzgebung des Herzogs als völlig ungenügend, wie überhaupt die landesherrliche Reform sich einer exakten rechtshistorischen Erfassung entzieht, man könnte sie besser als die Geschichte der Rechtsdehnungen oder der neuen faktischen Rechtssetzungen beschreiben (siehe S. 18, S. 139—142). Es gibt kein Gesetz und kein Gewohnheitsrecht, auf das der Landesherr sich berufen dürfte, u m als Ordenslegislator zu fungieren - und er versucht das auch gar nicht. Es gilt vielmehr das Grundrecht geistlicher OrdnungHausordnung< erließ er mit D a t u m v o m 3. Juli 1449 für den Johanniterhof in Weißensee, die er dem »Meister« des Ritterordens in Deutschland hatte zugehen lassen mit dem Begehren, diese, wenn nötig, zu bessern und dann auch seinerseits die Herren in Weißensee anzuweisen, künftig der neuen O r d n u n g nachzuleben. Die Pflege des Gottesdienstes steht wiederum an erster Stelle 79 , gefolgt von 79 Wir wollen, daß die Ordensherren »flissiglichin tzu yren getzyten zcu Kore gehen, und Gots dinst lobelichin singen und halden sullen, als yn von Geistlichkeyt wol zugebort«. REINHARD, Meditationes, S. 116. - Über das Ordenshaus Weißensee, eine Priesterkommende, ist fast nichts bekannt, auch nicht über das Schicksal der von Herzog Wilhelm verfugten Reform. Weißensee ist so unbekannt, daß es, im Gegensatz zur Komturei in Schleusingen, nicht einmal in die Liste der thüringischen Klöster aufgenommen ist, die Rudolf Herrmann für seine thüringische Kirchengeschichte zusammengestellt hat: Thüringische Kirchengeschichte, Bd. 1. Jena 1937, S. 299—314. Z u Weißensee siehe aber die wenigen Angaben von WALTER G. RÖDEL:

Die

Klosterordnungen

65

der Verpflichtung zum gemeinsamen Leben. Komtur und Prior haben in Gemeinschaft mit ihren >Herren und Brüdern< die Mahlzeiten einzunehmen und allgemein »nach yrem Geistlichen Orden eyn ordentlich Leben mit Worthen und Werken« zu fuhren 8 0 . Die angesprochenen Oberen zu Weißensee haben zuvor nicht nur »zcu Wingkel« gespeist, sondern darüber hinaus »ein bufisch [bübisch] lebin« mit Frauen geführt. Den Ruf des Hauses zu bessern, ist der Herzog fest entschlossen. Johanniter, die sich künftig an verdächtigen Orten oder in Gesellschaft übel beleumdeter, >unehrlicher< Frauen ertappen lassen, werden zunächst nach den Regeln des Ordens bestraft und dann des Hauses verwiesen 81 . Konsequent wird der Verkehr mit der >Welt< eingeschränkt. Gänge in die Stadt sind nur noch in Begleitung erlaubt, und die Verbindungstür von der Kirche zum Johanniterhaus ist geschlossen zu halten. Schlüssel dazu dürfen nur die geistlichen und weltlichen »Obersten« besitzen 82 .

Obrigkeitliche

Disziplinaraufsicht

Alles das sind Besserungsmaßnahmen, die im Rahmen des Üblichen bleiben. Die Neuordnung der Gehorsamsstruktur im Hause geht darüber jedoch hinaus. Da der verstorbene Komtur Johannes Erben die Hauptschuld am Verfall des Johanniterhauses trägt 83 , will die neue Ordnung dafür sorgen, daß Verfehlungen nicht mehr verborgen und somit ungerügt bleiben können. Der Herzog erteilt den Brüdern das Recht, vom Komtur oder vom Prior die Abstellung eingerissener Mißstände zu verlangen. Falls ihre Forderungen ohne Erfolg bleiben, müssen sie von sich aus an den Amtmann oder an den weltlichen Klostervorsteher herantreten, der dann den Herzog einschalten wird 8 4 . Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Amtsgewalt der Johanniteroberen, den Wilhelm III. mit seinem obrigkeitlichen Gehorsamsdispens für den Notfall hier vornimmt. Der Landesherr erhebt sich damit zur letzten und entscheidenden Disziplinarinstanz 85 . Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation. 2. Aufl. Köln 1972, S. 179f. 80

REINHARD, S . 1 1 6 .

81

Ebd.

82

REINHARD, S . 1 1 7 .

83 Wilhelm beschuldigt in seinem Schreiben an Johannes »Lösel« (Loesel), »Meister« der Johanniter in Deutschland (Großprior von Deutschland von 1449—1459; siehe RÖDEL, Das Großpriorat, S. 93), den Komtur Johannes Erben des >bübischen Lebens und unredlicher

R e g i e r u n g < . REINHARD, S. 1 1 5 . 84 « . . . so sullen sie und mögen daz ane Vordacht und ane Straffunge an Unnser Amptlute adir an die Wertlichin tzu gesatzten Vormunden bringen, die daz furder an Uns brengen sullen.«

REINHARD, S. 1 1 7 . 85

Wilhelm III. reagiert tatsächlich auf Anzeigen — man kann auch sagen: Denunziationen durch Untergebene. Ein Konventsmitglied im Kloster Pforte hatte ihn heimlich informiert, daß der Abt das Kloster schlecht regiere. Da auch andere Informanten bestätigten, »wie dem gnanten unsem closter ubel vorgestanden und in große schulde gefurd«, hatte er den Abt

66

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

Eingeschränkt wird auch die Personal- und Wirtschaftshoheit der Klosterleitung, die Amtsgewalt des >Vormundsöffentlich-rechtlichen< Verfahren zu beugen, das Landesherren und Stadträte zur Aufbewahrung von Kirchengeldern verfügt haben. Zugang zum Gelde erhalten »Geistliche« und >Weltliche< nur gemeinsam, unter der Aufsicht des jeweils anderen. Von allen drei vorhandenen Klosterordnungen bezeugt diese am deutlichsten die Politik des Herzogs, die Ordenshäuser der Landgrafschaft seinem Regiment direkt zu unterstellen. Wo es durchfuhrbar ist, trägt er keine Bedenken, die geistlichen Konventsleitungen noch unter die Ebene jener Zwischeninstanz zu drücken, die der Vorsteher oder auch der Stadtrat einnimmt. Die Notwendigkeit der Reform legitimiert die Durchsetzung des weltlichen Regiments. U n d umgekehrt: Die Durchsetzung des Fürstenregiments ermöglicht den Konventen die notwendige Reform.

J o h a n n e s dazu b e s t i m m t , eine Visitation durch Räte und Ä b t e (von Walkenried, Volkenroda, Altzelle u n d B u c h ) zu akzeptieren. S o rückblickend z u s a m m e n g e f a ß t im Schreiben des H e r z o g s an die genannten Äbte, u m den 15. M ä r z 1457. U r k u n d e n b u c h des Klosters Pforte, B d . 11,1, hg. v. P. BOEHME. Halle 1909, S. 233, N r . 303. Von der geistlichen V i s i t a t i o n s k o m m i s s i o n mußte sich der H e r z o g daraufhin berichten lassen, daß alle A n s c h u l d i g u n g e n nur V e r l e u m d u n gen seien: » O u c h der bruder, der u w e r n gnadin den lecztin b r i f f . . . geschickt hat, offinberlich had gesprochin in unserer keginwertigkeit, her hatte gemarckt, m a n hette ö m nochgestandin, er hette ouch das [seine B e s c h u l d i g u n g ] u f f das ergiste g e m a c h t , als her g e k o n s t hette.« U r k u n d e n b u c h Pforte, S. 232, N r . 302. A u f eine R e c h n u n g s l e g u n g in G e g e n w a r t seiner R ä t e hatte der mißtrauische Landesherr dennoch bestanden. U r k u n d e n b u c h , S. 2 3 4 f . , N r . 304. 86

V g l . REINHARD, S . 1 1 7 f .

87

V g l . REINHARD, S . 118.

Das Sittenmandat 4.

vom Jahre Kapitel

Reform fiir die Laien: Das Sittenmandat Franziskanische

67

1452

vom Jahre

1452

Reformpredigt in Thüringen

Die O r d n u n g e n Wilhelms III. zielen auf eine umfassende Landesreform und bleiben nicht in der Regelung von Verwaltungsmaßnahmen stecken. Neben die Mandate für N o n n e n und Mönche tritt das landesherrliche Sittenmandat, gerichtet an die Untertanen außerhalb der Klöster, die ebenfalls dazu gebracht werden müssen, Gottes Gebote zum Wohle des Landes einzuhalten. Inhaltlich gesehen ist diese O r d n u n g für die Christen in der Welt ein Ergebnis der franziskanischen Reform- und Bußpredigt. Als Johannes Kapistran (f 1456) auf seinen ausgedehnten Reisen im Dienste des Kampfes gegen alle Feinde der römischen Kirche - gegen Fraticellen und Utraquisten, Juden und Türken - auch Thüringen besuchte, war der Herzog von dem im August 1452 eigens nach Weimar gerufenen Künder franziskanischer Reform so beeindruckt 8 8 , daß er sich entschloß, dessen Bußpredigt gegen die Sünden eines jeden Christen 8 9 in ein Sittenmandat umzusetzen. Das Zusammenfließen von monastischer Reformpredigt und fürstlicher Politik ist ein greifbares Zeugnis dessen, was der Landesherr v o m Ordenswesen erwartet hat: Klöster sind nicht nur Orte des stillen, zurückgezogenen Lebens vor Gott, sondern auch Zentren der Sittenbesserung für Stadt und Land. Der >Apostel EuropasLandplage< theologisch untermauert. Es beginnt mit dem - im Angesicht des Krieges - Offenkundigen, daß rnnsere und andere< Länder bereits seit langer Zeit »von Gott mancherley Weise gröblich geplaget seind mit Theurunge, Mißwachs, Sterben, Unfride und ander Hertigkeit« 9 4 . Kapistran hat den Grund all dieser Plagen überzeugend vor Augen geführt, denn solches Unglück ist Gottes Strafe über jene Welt, die sich leichtfertig und ohne Unterlaß an seinen Geboten vergeht 9 5 . Sittenbesserung ist also das Gebot der Stunde, denn anders wird das Land unter Gottes Zuchtrute seufzen wie bisher. Von neuem wird nach dem Vorbild der Landesordnung die Feiertagsheiligung eingeschärft und der Besuch von Messe und Predigt zur Pflicht gemacht. Zu arbeiten ist im Notfall dann gestattet, wenn »man zuvor Meß gehört hat« 9 6 .

9 2 Urkundenbuch der Stadt Leipzig, hg. v. K. FREIHERR VON POSERN-KLETT, Bd. 1. Leipzig 1868, S. 237, Nr. 292. Daß solche Ordnungen nur schwerlich durchgesetzt werden konnten, trotz des auch in Leipzig vom Rat gegenüber Papst Pius II. gefeierten Predigers (Urkundenbuch Leipzig, S. 284—286, Nr. 359; Bericht vom 24. August 1462), zeigt ein Mandat zum gleichen Modeproblem, das der Rat vierzehn Jahre später, am 30. August 1466, erlassen mußte: Die Schuster wurden daran erinnert, »das kein meister deß egnantin hantwergiß nu hynforder keyne spiccze addir snebilichte S c h u . . . machen sollin...«. Die Gerügten wiesenjedoch darauf hin, daß mit einem einfachen Verbot dem Anstoß nicht beizukommen sei, denn Schnabelschuhe würden von außen in die Stadt eingeführt. Der Rat hatte daraufhin befohlen, daß die Schuhmacher einen jeden, der ihre Werkstätten mit Schnabelschuhen betrete, nach deren Herkunft zu befragen habe. Verweigert der Befragte die Auskunft, muß er zwei Rheinische Gulden Strafe zahlen, steht er aber Rede und Antwort, kommt er mit nur einem Gulden davon. Urkundenbuch, S. 333, Nr. 404. 9 3 »Ausschreiben Hertzog Wilhelms zu Sachsen zum Christi, und erbarn Leben anziehlend«,

RUDOLPHI, T e i l V , S. 2 3 4 a — 2 3 5 b ; a u c h v e r ö f f e n t l i c h t i n : CHRISTIAN SCHOETTGEN, G E O R G K R E Y -

SIG: Diplomatoria et scriptores Historiae Germanicae Medii Aevi, Bd. 1. Altenburg 1753, S. 527 f. Bei C. A. H. BURKHARDT ist dieses Mandat irreführend als neue Landesordnung ausgegeben: Ernestinische Landtagsakten, Bd. 1: Die Landtage von 1487—1532. Jena 1902, S. X L I X . 9 4 RUDOLPHI, Teil V, S. 234a. 9 5 Es ist »Bruder Johan von Capistran« gemäß zu wissen, daß dieses Unglück »allermeist Ursache hat von Verbrechunge der Gebot Gottes und ander Missethat, die in der Welt viel zu gemein und leichfertig worden seynd«. RUDOLPHI, S. 234a—b. 96

RUDOLPHI, S. 2 3 4 b .

Das Sittenmandat

vom Jahre

t452

69

Zur Sittenbesserung gehört das Verbot jeglichen Spiels um Geld. Gastwirte, die das zulassen, haben genauso wie die Spieler zu büßen. Der Herzog befiehlt sogar die vorbeugende Maßnahme, alle Brettspiele, Kegel, Kegelkugeln und Würfel bei den Amtleuten abzuliefern, die dann - nach dem Beispiel von Kapistrans >Brand der Eitelkeiten< 9 7 - die Spielgeräte öffentlich verbrennen werden 9 8 . >Zutrinken< steht genauso unter Strafe wie Müßiggang; wer nicht arbeiten will, soll das Land entweder verlassen oder es trifft ihn die Strenge des Gesetzes. Hurerei und Konkubinat haben sofort aufzuhören, Betroffene, die sich nicht bessern, werden ebenfalls des Landes verwiesen oder mit Kerker hart bestraft. O b hier ein >geistlicher Vorbehalt für Kleriker im Konkubinat in Kraft tritt, ist der Quelle nicht zu entnehmen, wenngleich das Privilegium fori< wohl beachtet werden müßte. Die nächste Verfügung dürfte vor allem auf die Judenschaft - falls Juden in Thüringen wieder ansässig waren - gezielt sein. Denn als besonderes Übel wird bei Strafe an Leib und Gut der Wucher verboten, durch den das gemeine Volk »sehr betrieglich und uffsetzlich (vorsätzlich) um das ihr bracht und vorarmt seynd« 9 9 . Eine Korrektur erfährt die Exekutionsordnung, die einen Mißstand aufweist, auf den Capistrano den Herzog sonderlich aufmerksam gemacht hatte. Den zum Tode verurteilten Sträflingen ist vor ihrer Hinrichtung nicht in jedem Falle die Möglichkeit zur Beichte und zum Empfang des Sakraments geboten worden. Deshalb verfügt der Herzog jetzt im Sittenmandat, daß dem Delinquenten drei Tage vor der Exekution die Beichte abgenommen und das Sakrament gereicht werden muß. Noch einmal, am Hinrichtungstage selbst, soll man den Verurteilten »berichten [beichten] und seine Sünde beklagen lassen« 1 0 °. Das Mandat insgesamt ist die direkte, jeden Untertan verpflichtende, in Rechtsvorschriften gegossene Umsetzung eines monastischen Sittenideals. Die Predigt des observanten Mönchs wurde Reform für die Laien. Die geistliche Politik des Landgrafen führt somit nicht einfach und nicht nur zur Ausübung von Herrschaftsrechten, sondern gleichfalls zur Überführung mönchischer Sittenpredigt in praktische Besserungsmaßnahmen für alle Christen. Darin handelt Herzog Wilhelm in seinem Lande ohne den B i s c h o f aus Fürstenrecht dennoch wie ein Bischof.

9 7 Wohin Kapistran auch i m m e r kam, brannten nach einer Reihe vorbereitender Predigten auf einem Scheiterhaufen abgeschnittene Frauenzöpfe, Spielbretter und Karten, eben aller Tand von Menschenhand, den eine ergriffene M e n g e zur Ketzerhinrichtung der Eitelkeiten zusammentrug. Vgl. HOFER, B d . 2, Register s. v. >Brandiudices Ordinarii< in ihrer Härte zu mildern. So hat Landgraf Friedrich ein gewichtiges Beispiel gegeben, das in Z u k u n f t bei allen Wettinern Schule machen sollte: Die Landesherren fällen aus eigener Rechtssicht Urteile über die Urteile der geistlichen Richter. Vor allem die Ausdehnung des Bannes auf nur mittelbar Betroffene wollte Friedrich eingrenzen und ebenso die Höhe der Gebühren abbauen, die bei der Aufhebung von Bann und Interdikt anzufallen pflegen. Z u einer Behebung seiner Beschwerden ist es indes nicht gekommen, selbst ein Sondergesandter des ioi Weltliche Streitsachen werden den geistlichen Gerichten v o m A m t m a n n oder Stadtrat abgefordert, daraufhin »sullen die [geistlichen] richtere die personen, die die wertliche sache fordern, wisen vor wertlich gerichte ader vor die herren, amptlute ader stete, dohin c^ie gehöret«. Das Urteil m u ß »bynnen drien tagen und sechs Wochen« gefällt werden. »Wurde dann dem clegere bynn sollicher zcijt nicht gehulffen, so mag der dann von nuwes sinen beclagitten ader schuldiger laden und mit geistlichem gerichte erfordern.« W I N T R U F F , Landesherrliche Kirchenpolitik, S. 89, Anhang 1.

Die Rech tsreform vom Jahre 1454

71

Landgrafen an das Konzil zu Basel (abgefertigt am 6. N o v e m b e r 1438) b e w i r k te nicht das beantragte Verbot des Interdikts als Strafe für weltliche V e r g e hen102.

Vertrag der sächsischen Herzöge

mit dem Bischof von Halberstadt

Konkretes, für die Abgrenzung der jurisdiktioneilen Bereiche sogar N o r m gebendes, s c h u f hingegen der Vertrag über die geistliche Gerichtsbarkeit, zu dem sich nach einer bitteren Niederlage i m bewaffneten K a m p f gegen M a n s feld, T h ü r i n g e n , Schwarzburg und Stolberg-Wernigerode der B i s c h o f von Halberstadt gezwungen s a h 1 0 3 . Kurfürst Friedrich II. und Herzog Wilhelm schlössen mit Burchard, B i s c h o f v o n Halberstadt, zu Eisleben am 23. S e p t e m ber 1439 ein A b k o m m e n , das die Vereinbarung Friedrich des J ü n g e r e n mit Mainz wiederaufnahm, modifizierte und erweiterte: D e r geistliche Richter hat sein Verfahren einzustellen, wenn der Betroffene von seinem »Juncker, V o g t e adder ander A m p t - L e u t e n , ader von seynem Pfarner ader v o m Rathe einer Stadt ader von zweien Scheppen« die Bestätigung vorweisen kann, daß sein Fall tatsächlich zu den weltlichen Rechtssachen zählt oder vor weltlichem G e richt schon anhängig war beziehungsweise noch i s t 1 0 4 . U n t e r der Voraussetzung j e d o c h , daß der weltliche Richter binnen sechs Wochen nicht in der Lage oder willens ist, Recht zu finden, darf der Kläger nach A b l a u f der gesetzten Frist das Verfahren wieder vor dem kirchlichen Gericht eröffnen. D e r geistliche Richter hat seinerseits den Kläger zu befragen, o b er sein Recht vor weltlichem Gericht auch wirklich zu erlangen gesucht hat und o b ihm »rechts geweygert ist worden«. Erst wenn der Kläger das bejaht, darf der Prozeß in weltlicher Sache vor dem kirchlichen Gericht seinen L a u f nehmen105. Von erheblicher praktischer Rechtsbedeutung sind die im Vertrag festgelegten Auflagen, denen sich der geistliche Richter künftig bei der Prozeßführung unterwerfen muß. E r ist auf Verlangen dazu verpflichtet, einem Angeklagten die Schuld nachzuweisen, und der Angeklagte seinerseits ist berechtigt, diesen richterlichen Nachweis durch Zeugen außer Kraft zu setzen. Wenn der B e k l a g te den Tatbeweis aber nicht begehrt, darf er sich mit Hilfe des Eides rechtfertigen. Erleichterungen schaffen solche Verfahrensregeln vor allem bei E h e v e r fehlungen. Es ist dem Richter untersagt, eine Ehefrau, die mit ihrem M a n n 1 0 2 Vgl. WINTRUFF, S. 1 1 - 1 4 . Text der landgräflichen Vorschläge v o m 25. März 1436, S. 8 9 - 9 1 , Anlage2. 103 Vgl. ADOLF DIESTELKAMP: Zur Geschichte der geistlichen Gerichtsbarkeit in der Diözese Halberstadt am Ausgang des Mittelalters. In: Sachsen und Anhalt. Jahrbuch der Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt 7 (1931) S. 305. 1 0 4 »Ordnung und Satzung zwischen Sachßen und Consorten an einem, und dem Stift Halberstadt am andern Theil wegen der Geistlichen Gerichte.« In: MÜLLER, Reichstagstheatrum unter Kaiser Maximilian. Teil 2, 3. Vorstellung, cap. 20, S. 7 0 b . Ebd.

72

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

noch in ehelicher Gemeinschaft lebt, wegen Treuebruches oder anderer Übertretungen zu laden, wenn sie nicht zuvor im gemeindlichen Sendgericht gerügt worden ist 106 . Einen Fortschritt an Rechtssicherheit bewirkt die Übereinkunft - sofern sie eingehalten wird daß Eheleute, in der Regel ist wiederum an Frauen gedacht, auf das bloße Gerücht des Ehebruches hin nicht vor Gericht gezogen werden dürfen. Dazu bedarf es mehrerer zuverlässiger Zeugen aus der näheren U m g e bung der Verdächtigen 107 . Diese Einzelmaßnahmen laufen einmal darauf hinaus, die Probleme des Ehelebens auf der Ebene der im Sendgericht geübten Kirchenzucht vorher zu lösen, bevor sie in die Mühlen der Justiz geraten. Ferner gilt es, Mann und Frau vor entehrendem Gericht infolge bösen Gerüchtes zu schützen. Drittens ist der Sittenübertretung, wenn sie denn erwiesen ist, effektiver entgegenzutreten. Wer trotz Bestrafung nicht in sich geht, wird mit dem Bann belegt, von dem er nur dann gelöst werden kann, wenn der weltliche Herr oder der Stadtrat amtlich >Besserung< bescheinigt. Dazu gehört umgekehrt auch das Verbot an die geistlichen Richter, Sittenverfehlungen gegen Geldzahlungen zu tolerieren. Wer dabei entdeckt wird, hat selber die doppelte Summe des eingezogenen Unzuchtsgeldes zugunsten armer Leute oder zur Förderung des Gottesdienstes aufzubringen 108 . Ein schwieriges, bereits von Landgraf Friedrich dem Jüngeren vorgebrachtes Problem ist die Bestrafung derjenigen, die in Gemeinschaft mit Gebannten stehen. Auch hier ist - wie in Ehefragen - der Denunziation Tür und Tor geöffnet. Die Abmachung der Sachsenherzöge mit dem Bischof von Halberstadt will auch in diesen Fällen die Berechenbarkeit des geistlichen Prozesses und die Angemessenheit des Urteils sicherstellen. N u r vier Personen - also nicht gleich die ganze Gemeinde - , von deren Umgang mit Gebannten der Richter sichere Kenntnis hat, werden vor Gericht geladen und zunächst einmal ermahnt, ihren Verkehr mit den Ausgestoßenen abzubrechen 109 . Der zu eiligen, zu häufigen, zu leichtfertigen Verhängung des Bannes, der aus der Heilsgemeinschaft und der Sozialgemeinschaft zugleich ausschließt, wird vertraglich gesteuert, um durch Warnung vor dem Bann den Ausschluß durch den Bann überflüssig zu machen. Erst wenn die Beklagten die Bannandrohung in den Wind schlagen, 106

Die Kompetenz des Sendgerichtes erstreckte sich auf die gleichen Gegenstände, die auch den Anlaß für die Eröffnung eines geistlichen Prozesses bilden konnten. Ketzerei, Zauberei und mißbräuchlicher Schwur gehörten vor den Send wie auch Ehebruch und Inzest, Hurerei und Unkeuschheit, die Verletzung der Kirchenbau- und Zehntpflicht, ferner aller Zank und Streit, der den Frieden in einer Gemeinde bedrohte. Der Vorteil des Send gegenüber dem ordentlichen geistlichen Gerichtsverfahren hegt in der schnellen und kostensparenden Abwicklung der Klagefälle. Der Send war aber nur ein Rüge- und Sittengericht, seine Kompetenz endete, wenn Streit- und Kriminalfälle zu entscheiden waren. Vgl. R E D L I C H , Jülich-Bergische Kirchenpolitik, Bd. I, S. 67*. 107 » . . . das Gerüchtejrer Ubirtretunge sal nicht geruigt werde von wenigck Leuten, sunder sie sal berüchtiget sey vom meysten Teyl irer umblangk Nackebur (Nachbarn), änderst sal der Richter sie nicht derhalben laden noch citirn « MÜLLER, Reichstagstheatrum, S. 71 a. 108 Ebd. 109

V g l . MÜLLER, S. 7 1 b .

Die Rechtsreform

vom Jahre

1454

73

kann der geistliche Richter zum bewährten Mittel greifen. Doch auch dann ist eine Anhörung noch vonnöten, so daß die >ipso facto< Verhängung des Bannes nicht eintreten kann. Falls die bereits Verwarnten bei ihrer erneuten Anhörung den U m g a n g mit Gebannten bestreiten, ist der Kläger zur Beweisführung verpflichtet. Gelingt diese nicht, ist die Klage kostenpflichtig zu Lasten des Klägers - er muß »Kost und tzerung legen« - abzuweisen 1 1 0 .

Die >Reformatio< Herzog

Wilhelms

Daß geistlichen Gerichten geregelte Mahn-, Anhörungs- und Beweisverfahren auferlegt werden, ist das Zeichen dessen, was in Fürstenaugen als Mißstand angesehen wurde. Nicht das Recht der Kirche, wohl aber das Verfahren ihrer Gerichte ist dringend reformbedürftig. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Reformanspruch des Landesherm nur die Oberfläche einer Praxis beträfe, die es zurechtzurücken gilt, so daß die im geistlichen Gerichtswesen sichtbare Macht der Hierarchie in Z u k u n f t unangetastet bliebe. Die >Reformatio< Herzog Wilhelms, am 3. Juni 1454 auf dem Landtag zu Gotha verabschiedet, ist vielmehr darauf ausgerichtet, die in seinen Augen zum Nachteil des Landes ausgeübte Macht der richtenden Kirche mit der Gewalt des Landesherrn wirkungsvoll zu begrenzen. Seit langem, berichtet der Herzog, ist es eingerissen, daß weltliche Rechtsfälle vor geistliche Gerichte gezogen werden, mit dem Ergebnis, daß jedem, ob hoch oder nieder, unter dem Druck von Bann und Strafen u n z u m u t barer Schade zugefügt wird 1 1 1 . In ihrer Härte verwirft diese Beschuldigung das Gerichtssystem der Kirche als Unrechtssystem, die Geistlichen sprechen Recht zum Schaden der Gerechtigkeit. Darin ist die >reformatio< sogar das Eingeständnis des Scheiterns von Reform, daß der Gesetzgeber zugeben muß, allen Verhandlungsbemühungen zum Trotz eine wirkliche Besserung des Unerträglichen nicht erreicht zu haben. Das liegt weniger an »unser Herren und Fründe«, den Bischöfen, denen die Jurisdiktion in Thüringen obliegt, als vielmehr an den mittleren und unteren Organen der geistlichen Gerichtsbarkeit - die Archidiakone und ihre Offiziale sind gemeint - , die ein derartiges Eigengewicht erlangt haben, daß sie in Verfolgung >eigenen Nutzens< sich an die bischöflichen Mahnungen nicht halten 1 1 2 . Es handelt sich bei dieser Schuldzuweisung nicht allein u m eine diplomatisch berechnete Be110

Ebd. »Hertzog Wilhelms zu Sachsen Verordnung zu Abwendung des Eingrifs dero Geistlichen in die Weltliche Gerichte...«: Daß »unser und unser Graven, Herren und Manne, Bürger u n d A r m e Lute und Underthane mit Banne und Beswerunge ubermeßig umbgetreben und zu unsprechlichen großen Schaden gedrungen und verterbet s i n d . . . « . JOHANN JOACHIM MÜLLER: Des Heiligen Römischen R e i c h s . . . Reichstagstheatrum... unter Keyser Friedrichs V . . . . Regierung. T e i l l , 1. Vorstellung, Jena 1713, S. 130a. 112 » . . . dieselbigen Richter, Officiales und auch die Procuratores thun das insuchen yres eigen Nutzes, das Wir ye nicht schuldigk sind zudulden.« Ebd. 111

74

Die

Reform

Herzog

Wilhelms

III.

schönigung mit dem Ziel, den Verhandlungsweg nicht gänzlich zu unterbrechen, sondern auch u m die Feststellung von Tatsachen: Die archidiakonale Gerichtsbarkeit hatte sich derartig von der ordinarialen Jurisdiktion gelöst, daß die Bischöfe selber unrechtes und gesetzwidriges Handeln ihrer Archidiakone zu beklagen hatten 1 1 3 . Die Unabhängigkeit der kirchlichen Rechtsinstitutionen, sei es nun die bischöfliche, sei es die archidiakonale Gerichtsbarkeit, und die differenzierte Ausweitung ihres Handlungsbereiches haben die sozialen Spannungen nicht gelindert, sondern nur gesteigert. Der weltliche Gesetzgeber muß deshalb, da der Widerstand aus >Eigennutz< - dieser Vorwurf wird bleiben - eine integrierende Anpassung an die Bedürfnisse der Landgrafschaft unmöglich macht 1 1 4 , aus eigenem Recht dem Schaden »nottürftigklich zuvorkomen, unsern Landen, Lewthen und Unterthanen zu guthe und zu Merung gemeynes Nutzes« 1 1 5 . In Übereinstimmung mit Grafen, Herren und Rittern ergeht in der >reformatio< dazu folgendes Mandat: « . . . daß nymants wertlichs den andern, wer der sey, u m b wertliche Sachen vor kein geistlich Gerichte in ader uß [innerhalb oder außerhalb] den Landen fordern, bannen ader besweren sali.« 116 Die Fristenregelung ist aufgegeben, Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Kein geistliches Gericht darf mehr angerufen werden, nicht in Thüringen, und außerhalb schon gar nicht.

Abgrenzung

und Beschränkung

Gegenüber der geistlichen Gerichtsbarkeit hat Wilhelm die rigorose Abgrenzung mit Ernst gewollt und dennoch nicht in jedem Falle durchhalten können 1 1 7 . Ein wohl mit Erfurt geschlossener Vertrag v o m 30. August 1457 ist wahrscheinlich nicht nur als stilles Zugeständnis zeitweiligen Versagens der weltlichen Gerichte zu verstehen, das ihn zum Nachgeben zwingt. Er wurde

113 Vgl. GEORG MAY: Die Geistliche Gerichtsbarkeit des Erzbischofs von Mainz im Thüringen des späten Mittelalters. Leipzig 1956, S. 9. 114 Z u m Problem von >Differenzierung< und >Integration< sozialer Institutionen vgl. SHMUEL N. EISENSTADT: Sozialer Wandel, Differenzierung und Evolution. In: Theorien des sozialen Wandels, hg. v. W. Zapf. 4. Aufl. Königstein (Taunus) 1979, S. 77—79. Die allgemeine, abstrakte Beschreibung EISENSTADTS trifft auch den konkreten Fall der kirchlichen Rechtssprechung: »Die stärker differenzierten und spezialisierten Institutionsbereiche werden innerhalb des institutionalisierten Gesamtsystems komplementär, das heißt stärker voneinander abhängig. Aber eben diese Komplementarität schafft schwierige und komplexe Integrationsprobleme. Die wachsende Autonomie der einzelnen Handlungsbereiche und die damit verbundene Zunahme der Interdependenz... stellen jedem Bereich schwierige P r o b l e m e . . . Und auf jeder >höheren< Ebene oder Differenzierungsstufe wird es schwieriger, die spezialisierten Handlungsketten in das Gesellschaftssystem zu integrieren. « A. a. O. S. 77. 115

MÜLLER, S. 1 3 0 a .

116

M Ü L L E R , S. 1 3 0 b .

117

Siehe dazu unten S. 77.

Die Rechtsreform

vom Jahre

1454

75

von außen auch gedrängt, wenigstens für den Vertragsbereich Erfurt die Fristenregelung wieder einzuführen 118 . Trotz einiger Einschränkungen in der Praxis geht Herzog Wilhelms Politik neue Wege, wenn er das Warten auf Veränderungen im Bereich der geistlichen Gerichtsbarkeit aufgibt. Da die faktische Einpassung - nicht die rechtliche Verschmelzung, die war nicht verlangt - in das Justizsystem des Landes mißlungen war, liegt Reform jetzt in der Beschränkung. Sie ist nicht auf übergreifendes, gar universales Handeln ausgerichtet, wie es den Konzilen aufgegeben war, sondern auf den begrenzten, kontrollierbaren Erfolg in den fürstlichen Herrschaften. Man kann diese Beobachtung ausziehen bis auf die Deutung der Klosterreform. Auch hier geht es dem Herzog nicht um eine allumfassende Erneuerung der Orden innerhalb der universalen Kirche, sondern um die Konzentration auf seine Klöster im Lande, deren Besserung er durchsetzen kann und die er vor störenden, hemmenden Fremdeinflüssen durch römische Kurien oder landesübergreifende Provinzen schützen muß 1 1 9 . Die Begrenzung auf das, was der eigenen Macht möglich und ihrer Festigung dann auch dienlich ist, kennzeichnet die Fürstenreform. Ihr Anliegen ist nicht die Erneuerung der Kirche im Ganzen, sondern der Kirche im Lande. Der Dominikaner Johannes Nider hatte angesichts der Kämpfe um das Baseler Konzil die Wende von der Universal- zur Partikularreform vorausgesehen und diesen Wandel als wirklichkeitsnahe Reformmöglichkeit auch begrüßt. >Ich habe nicht die geringste HoffnungFormicariusdaß eine Gesamtreform der Kirche, wie sie geplant ist, in der Gegenwart oder in naher Zukunft zustande kommen wird; denn einerseits fehlt bei den Untergebenen der gute Wille, andererseits stößt sie bei den Prälaten auf boshaften Widerstand... Eine Teilreform innerhalb der Kirche dagegen halte ich in vielen Herrschaften und Territorien für möglich; wir sehen sie ja täglich in Klöstern und Konventen eingeführt werden, unter welchen Schwierigkeiten freilich, weiß Gott< 120 . Ni118 »Wurde aber imant u m b werntlich Sachen für geistlich gericht angelanget, den sulde der geistlich richter an furder brif wiesen vor werntlich gericht, do der beclagt hingehöret. D r y vierzehen tage, und ab sich noch des werntlichen gerichtes louften zu volfurung der Sachen furder zeyt. geburet ungeferlich; w u r d e dann dem cleger bynnen solcher zeyt vor dem werntlichen richter nicht geholfen, so mocht der geistlich richter zu gesynne des clegers über sulch Sachen richten. E r f u n d e sich aber, das dem cleger vor dem werntlichen richter hulf nicht gewegert ader verhalden wer, und m u h e darüber ymant für geistlich gerichte, d e m solde derselbe ancleger sinen schaden, den er solcher ladung halben genomen hett, widerkeren u n d das gerichte abtun.« Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen, hg. v. F. GESS, Bd. I: 1517-1524. Leipzig 1905, S. LIV und A n m . 1; vgl. W I N T R U F F , S. 45f. N o c h in Unterhandlungen zu Pegau am 25. Juni 1453 mit dem Bischof von N a u m b u r g hatte H e r z o g Wilhelm den inzwischen von den Bischöfen akzeptierten Grundsatz auch seinerseits anerkannt, daß bei Versagen der weltlichen Gerichte die geistliche Gerichtsbarkeit eintritt. Vgl. Wintruff, S. 41 f. Ein Jahr später legte er in der >Reformation< dann den wesentlich schärferen Kurs fest. 119 Siehe unten S. 86, S. 9 1 - 9 3 . 120 »De totali autem quam depingitis reformacione ecclesie ad presens et ad propinqua futura tempora nullam penitus spem habeo, t u m quia voluntas bona in subditis deficit, t u m quia illud prelatorum malicia i m p e d i t . . . Verum de reformatione particulari in civitate ecclesie possibili in

76

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

der setzt mit seinem Realismus auf die Partikularreform, die unter den Bedingungen des landesherrlichen Kirchenregiments tatsächlich greifbare Möglichkeit wird. Regiment und Reform bedingen sich seit dem Herrschaftsantritt Herzog Wilhelms auch in Thüringen.

Sicherung

der Gerichtsbarkeit

des

Landes

Im Bereich des Rechtswesens fuhrt Reformpolitik zur Ausgestaltung der eigenen Gerichtsbarkeit und zu ihrer Sicherung durch Abgrenzung, auch gegenüber einer weltlichen Fremdgerichtsbarkeit. Der Landgraf wehrt sich gegenjene »Hedderer«, die seine Untertanen vor westfälische Femegerichte oder sonstige >ausländische< Gerichte ziehen wollen 121 . Nur dann sind Ladungen durch >Freigerichte< zugelassen, wenn der Kläger von jenem inländischen Richter, der für den Beklagten zuständig ist, Brief und Siegel erlangt hat, daß er Recht durchzusetzen keine Gewalt habe 122 . Erzwungen ist diese Ausnahmeregelung aufgrund mangelhafter innerer Justizverhältnisse. Der Herzog sieht deshalb auf Beschleunigung und Unbestechlichkeit der weltlichen Rechtspflege 123 . Detaillierte Anweisungen über Gerichtsfristen und Gerichtsorte dienen alle diesem Ziel, durch Reform der Landesgerichtsbarkeit die Fremdgerichte auch wirklich überflüssig zu machen. Wer der >reformatio< zuwiderhandelnd dennoch inländische oder auswärtige geistliche Gerichte oder die Feme anruft, ist als >Echter< (Geächteter) zu verfolgen und zu vertreiben 124 . Untertanen, die solche Echter aufnehmen, verteidigen oder unterhalten, werden wie diese verfolgt. Falls dennoch Vorladungen geistlicher Richter in weltlichen Streitsachen an herzogliche Untertanen ergehen, was der Landesherr der fremden Gerichtsbarkeit nicht verwehren kann, werden Amtleute, Herren oder Bürgermeister als Verteidiger von Amts wegen die Forderung zurückweisen. Die Boten des geistlichen Gerichts, die solche Ladungen überbringen, werden mit Strafe bedroht, ohne daß allerdings eine Präzisierung erfolgen würde 1 2 5 . multis statibus et regionibus non dubito, quin easdem dietim introduci videmus in quibusdam monasteriis et conventibus, sed cum quanta difficultate novit Altissimus.« Johannes Nider, Formicarius 1 , 7 (Hain 1 1 8 3 2 ) , zitiert bei K O L L E R , Princeps in Ecclesia, S . 3 5 . 121

MÜLLER, S. 1 3 0 a .

122

V g l . MÜLLER, S. 1 3 0 b .

123 »Es sali auch eym iglichen Cleger Gerichts und Rechts schlunigk, ufrichtig, ungeverlichen und ane Uvenhalt geholffen und zugestatet werden nach Gerichts-Leufften als Recht ist.« Ebd. 124 » . . . den ader dye, die das also teten, soll man halten als unser und unser Lande Echter, zu yrem Leibe und Gute greiffen und zugreifen, den die, die alßo umbtreiben helffen und staten, und yn an keyn Ende Fridde, Gnade ader Gleite geben, sundern sie ane Gnade uff Ewigkeit

vertrieben 125

« MÜLLER, S. 1 3 0 b — 1 3 1 a .

» . . . man sali auch doruff Achtunge haben, dass keinem Boten gestatet werde, brive von geistlichen Gerichten in wertlichen Sachen zutragen; bey wem man soliche Brive findet, zu dem sali man unverschont gedengken und sich gegen ym halten, als sich gebürth.« MÜLLER, S. 132 a;

Die Rech tsreform vom Jahre

1454

77

D i e rigorosen M a ß n a h m e n der Landesordnung sind hier wiederholt 1 2 6 , für die der Herzog nur die eine Milderung vorsieht, daß er zwar den G e r i c h t s b o ten Strafe und den Geistlichen fernerhin U n g n a d e wie Nachteile androht, wenn sie sich den Offizialen zur Verfügung stellen, a u f eine Festsetzung des Strafmaßes j e d o c h verzichtet. Auch a u f die konkrete Vergeltung durch T e m poralienentzug bei den Geistlichen k o m m t er nicht m e h r zurück 1 2 7 . D a m i t war er in der Landesordnung wohl über das zulässige M a ß hinausgegangen. B i s c h o f Peter von N a u m b u r g wenigstens hatte sich gegen das 1446 ausgesprochene Verbot gewehrt und dem Herzog vorgeworfen, die Pfarrer zum U n g e h o r s a m gegen ihre geistliche Obrigkeit zu z w i n g e n 1 2 8 . D e r Loyalitätskonflikt ist also eingetreten, weshalb der B i s c h o f die ersatzlose Streichung des Mandats verlangt 1 2 9 . Herzog Wilhelm wich in seiner A n t w o r t aus 1 3 0 , genauso wie in der D e f o r mation^ indem er zurücksteckt, ohne zurückzunehmen: E r sieht v o n der Konkretisierung der Vergeltung ab, läßt das Grundsätzliche aber, das Verbot für die Pfarrer, bestehen.

Schutz vor der bannenden

Kirche

Eine neue M ö g l i c h k e i t der Eingrenzung kirchlicher Gerichtsgewalt hat W i l helm III. - w o h l aufgrund seiner Kenntnis brandenburgischer Verordnungen zusätzlich entdeckt 1 3 1 . U m Zinsleistungen einzutreiben, d a r f e i n Pfarrer w e siehe auch unten S. 80. Ü b e r die Gerichtsboten und der Wirkung von Behinderungen ihrer Aufgabe siehe Diestelkamp, Zur Geschichte der geistlichen Gerichtsbarkeit. In: ¡Sachsen und Anhalt< 7, S. 333. Gerichtsboten bei ihrer Tätigkeit zu hindern, war ein gebräuchliches K a m p f mittel der weltlichen Obrigkeiten, um die geistliche Gerichtsbarkeit einzuschränken. Ebd. A n m . 198. In seinem Gutachten zur Reform der geistlichen Gerichtsbarkeit, etwa aus den Jahren 1530 bis 1536, betont der Halberstädter Offizial Heinrich Horn ausdrücklich die N o t wendigkeit des Botenschutzes. A. a. O . S. 336. Siehe auch S. 53 A n m . 36. 1 2 6 Siehe oben S. 52. 1 2 7 Die Geistlichen sollen sich hüten, »soliche Brive in wertlichen Sachen und unpillich Proceß uffzunemen und sich des gegen yren Obersten zuentslahen, bey Vermeydunge mergklichs Verdacht und Übels, das yn dovon entstehen möchte.« MÜLLER, S. 132a—b. 128 Wilhelm habe allen Pfarrern verbieten lassen, »das sie yrer prelaten briffe und gebott nicht uffnemen noch verkundigen sullen gar unbillich, ßo uns unßer pfaffin da methe ungehorsam wurden sind uns zcu großem schadin«. Schreiben des Bischofs von Naumburg an Herzog Wilhelm vom 16. April 1451. WINTRUFF, S. 41, Anm. 1. 1 2 9 » . . . sulche verbietunge unßer pfaffheit vorder mehr nicht zcu thune, sich in unßr geistliche gerichte nicht zcu werene, die pfaffheit vor uns auch nicht zcu vortedingen, nicht ungehorsam zu machene und sunst allis das recht ist.« Ebd. 1 3 0 E r schützt Nichtwissen vor: » . . . das ist in den pflegen Wissenvels nach Frieburg nicht gescheen.« Ebd. 131 Wahrscheinlich hat er den brandenburgischen »Rezeß wegen Geistlichen Gerichts und wie es in Schuld-Sachen wider die Layen mit dem Bann zu verfahren hatt« (15. Juni 1445) kennengelernt. Text bei CHRISTIAN OTTO MYLIUS: Corpus Constitutionum Marchicarum, Teil I. Berlin/Halle 1737, Sp. 1 - 6 , Nr. 1. Siehe dazu unten A n m . 135.

78

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

der »Citation« noch »Monition« versenden, damit er gegen Schuldner ein Verfahren vor dem kirchlichen Gericht in Gang setze. Die Zinseintreibung wird den geistlichen Richtern dadurch aus der Hand genommen, daß der Herzog den pfarrherrlichen Kläger ausschaltet. Weil Wilhelm III. auf die geistlichen Gerichte keinen Zwang ausüben kann und Verhandlungen nichts erbracht haben, setzt er eben auf unterer Ebene an, w o Teilerfolge zu erringen sind. Allein die Amtleute haben jetzt dafür zu sorgen, daß nicht gezahlter Zins eingetrieben wird, und zwar innerhalb jener Frist, die ein geistliches Gericht benötigen würde, um säumige S c h u l d n e r - »die armen Lüte«, heißt es nicht ohne Sympathie in der reformatio* - mit dem Bann zu belegen 1 3 2 . Das ist eines der ständig und dringend formulierten Anliegen der fürstlichen Rechtspolitik bis in das 16. Jahrhundert hinein, daß die Untertanen vor dem Bann der Kirche geschützt werden. Eben weil der Ausschluß aus der Gemeinschaft des Heils ernstgenommen wird, gehört es zum politischen Anliegen des Landesherrn, den Geistlichen so ihr Recht zu verschaffen, daß den Laien Unheil erspart bleibt 1 3 3 . Besser, der Amtmann wendet Zwang an, als daß die Kirche den Bann verhängt. Der Herzog will den Bann und das Interdikt nicht - »wir wollen Gotesdienst unnyder geleget haben« - und wünscht durch zusätzliche Strafen auch seine Untertanen dahin zu bringen, ihren Ausschluß ebenfalls nicht zu wollen. Schuldner, wenn sie mutwillig und aus Trotz sich »fruelich« (frevelhaft) bannen lassen, haben genau die gleiche Gebühr, die sie den geistlichen Richtern zur Lösung des Bannes schließlich zu zahlen haben, noch einmal an den herzoglichen Amtmann abzuführen. Mutwille gegen die Rechte der Kirche zieht genauso Strafe nach sich, wie der Schutz vor ihrer Willkür organisiert wird. Wo nämlich dennoch geistliche Gerichte pflichtige Zinsen einfordern, das aber »ane rechte Ladunge ader Vermanunge« geschieht, um die Betroffenen »shedelich zubannen und zuversnellen«, werden wiederum die Amtleute gegen die M a ß nahmen der geistlichen Richter einschreiten müssen 1 3 4 . Die Justizneuordnung verfugt den obrigkeitlichen Rechtsschutz vor Übergriffen der geistlichen Jurisdiktion 1 3 5 .

132

MÜLLER, S. 1 3 1 B .

» . . . uff daß dodurch die Geistlichen umb ire Zinße clagloß würden und fürder Proceß dorumb zusenden ader zu bannen nicht bedorften.« MÜLLER, S. 132a. 1 3 4 Ebd. 1 3 5 Wie die thüringische verlangt auch die brandenburgische, von Markgraf Friedrich erlassene Ordnung die umgehende Unterrichtung des weltlichen Arms, wenn v o m geistlichen Gericht eine Ladung oder Mahnung wegen ausstehender Zinsen ergeht. Anders als in Herzog Wilhelms noch konsequenter angelegten >reformatio< ist im brandenburgischen >Rezeß< vorausgesetzt, daß der Beklagte wegen Zahlungsverweigerung bereits gebannt ist. Die weltlichen Behörden nun sollen bei den Schuldnern dafür sorgen, daß die Zahlungen innerhalb einer angemessenen Frist endlich geleistet werden, um eine Ausweitung des Bannes auf die ganze Gemeinde zu verhindern. Wer leichtfertig die Mahnungen der weltlichen Herren beiseite schiebt und somit die Ausweitung des Bannes riskiert, wird v o m weltlichen A r m zusätzlich bestraft. Die geforderte S u m m e wird ihm gepfändet und obendrein ein Strafgeld eingezogen, das an die weltlichen Behörden geht. Vgl. MYLIUS, Corpus Constitutionum, Sp. 4 f. Zugleich 133

Die Rechtsreform vom Jahre 1454

Bedeutung

und Nachwirkung

der reformatio

79

Wilhelmu

Die >Reformation< Herzog Wilhelms trägt ihren N a m e n zu Recht, selbst wenn sie unter diesem Titel nicht ins Land gegangen sein sollte. Zunächst fällt sie, formal gesehen, unter jene Gattung rechtspolitischer Dokumente, die heutiger Begrifflichkeit gemäß als Fortschreibung von Gesetzen - präziser noch: als Novellierungen - zu bezeichnen sind. Werden Gesetze, Rechtsordnungen oder institutionelle Statuten an neue Situationen angepaßt, dann pflegt die Terminologie des späten Mittelalters den Begriff >reformatio< einzusetzen, und diejenigen, die amtlich mit solchen Novellierungen betraut sind, können den N a m e n >Reformatoren< tragen 1 3 6 . A m bekanntesten ist dieses Genus von Rechtsdokumenten aus dem städtischen Bereich. Sei es nun die Nürnberger Reformation von 1479 oder die Wormser Reformation von 1498, immer handelt es sich u m jene »reformación der Statut und gesetze«, wie sie ein >ehrbar Rat< etwa zu N ü r n b e r g einfuhrt der vielen Rechtsstreitigkeiten wegen, »so bey inen mit teglicher merung erwachsen, und was irrung, coste, Scheden, verlicheit und versaumnus daraus entsteen und fürbaßer, ye lenger ye mer, erwachsen möchten, w o solchem mit fursichtiger, geggründter und rechtmeßiger Verfassung und bevestigung gepürlicher und notdurftiger gesetze nit begegnet würd«. U m dem Schaden in der Stadt zu wehren, gilt es deshalb »zeendern und zebessern, auch neue und mer andre gesetze in sachen und hendeln, so yezuzeiten fürfallen mügen oder werden, zetun und fürzenemen, wie das dann gemainer stat nutz und notturft yezuzeiten erfordern« 1 3 7 . Alle diese Kennzeichen von >ÄnderungBesserung< und >Ergänw e r d e n die A m t l e u t e d a r a u f achten, daß die L a d u n g e n u n d M a h n u n g e n geistlicher G e r i c h t e tatsächlich i n n e r h a l b a n g e m e s s e n e r Fristen e r f o l g e n . Vgl. PALLAS, D i e E n t s t e h u n g , S. 142f. 136 Siehe die U n t e r s u c h u n g v o n NICOLAI RUBINSTEIN zur gleichen E r s c h e i n u n g u n d z u m gleichen S p r a c h g e b r a u c h in Italien: » R e f o r m a t i o n « u n d O r d e n s r e f o r m in italienischen S t a d t r e p u b l i k e n u n d S i g n o r i e n . In: R e f o r m b e m ü h u n g e n u n d O b s e r v a n z b e s t r e b u n g e n i m s p ä t m i t t e l alterlichen O r d e n s w e s e n , h g . v . K . E l m . Berlin 1989, S. 5 2 1 - 5 3 8 . 137 V o r r e d e z u r N ü r n b e r g e r R e f o r m a t i o n . D e r Gesetzestext ist a b g e d r u c k t in: Q u e l l e n zur N e u e r e n P r i v a t r e c h t s g e s c h i c h t e D e u t s c h l a n d s , Bd. 1,1, h g . v . E BEYERLE, W.KUNKEL, H . THIEME. W e i m a r 1936, S. 1—94, S. 3. - D a s f ü r d e n a k a d e m i s c h e n Bereich b e k a n n t e s t e Beispiel ist das f ü r die U n i v e r s i t ä t W i t t e n b e r g v o m K u r f ü r s t e n eingesetzte R e f o r m a t o r e n k o l l e g i u m , das m i t der A u f g a b e der N o v e l l i e r u n g u n d B e s s e r u n g v o n S t a t u t e n u n d V e r o r d n u n g e n b e t r a u t w a r : » U n d e v o b i s [seil, m a g i s t r i s Studii] u t has leges n o s t r a s [seil. Friderici Electoris] n o n m o d o sciatis, v e r u m e c i a m exaetissima diligencia observetis, s u b i n d i g n a t i o n e n o s t r a e c i a m a t q u e e c i a m p r e e i p i m u s , et n i c h i l o m i n u s q u e m q u e v e s t r u m ad i l l a r u m o b s e r v a n c i a m j u r e j u r a n d o a s t r i n g i m u s . q u o d si q u a in re (ut q u o t t i d i e n o v i casus e m e r g u n t ) d u b i t a v e r i t i s , c o n s t i t u i m u s v o b i s r e c t o r e m p r o t e m p o r e , J o a n n e m M o g e n h o f e r p r e p o s i t u m , J o a n n e m de Staupicz A u g u s t i n i a n u m , M a r t i n u m P o l i c h i u m M e l l e r s t a t i n u m , d e v o t o s n o s t r o s m a g i s t r o s et d o c t o r e s , in q u a t u o r studii generalis r e f o r m a t o r e s . q u o s ideo sic a p p e l l a m u s ut S t u d i u m n o s t r u m d i l i g e n t e r r e f o r m e n t , q u a t i n u s p r e cetteris sit illustre a t q u e f a m i g e r a t u m . q u i b u s vices n o s t r a s d e l e g a m u s et a u e t o r i t a t e m n o s t r a m d a m u s statuta i n t e r p r e t a n d i , c o r r i g e n d i , d i m i n u e n d i , a d d e n d i , i t a q u e si q u i d a b s q u e e o r u m d e c r e t o per aliquos s t a t u t u m fuerit, h o c i p s o facto n u l l u m esse d e c r e v i m u s . u n d e ad illos recurrite, illos consulite et in o m n i b u s loco n o s t r i m o r e m gerite. « S t a t u t e n der U n i v e r s i t ä t W i t t e n b e r g v o m 1. O k t o b e r 1508 d u r c h K u r f ü r s t Friedrich. In: U r k u n d e n b u c h der

80

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

zung< treffen auf die Territorialrechtsreformation des thüringischen Landgrafen zu. Doch auch über die formale Einordnung hinaus hat Herzog Wilhelm eine wahrhaftige >Reformation< ausgehen lassen, die man jedoch inhaltlich - gegen den eigentlichen Wortsinn - als N e u o r d n u n g zu deuten hat, selbst wenn nicht alles am Hof von Weimar zum ersten Male erdacht worden ist und nicht jede der vorgesehenen Maßnahmen in der intendierten Konsequenz durchgehalten werden konnte 1 3 8 . Von allen Ordnungen, die in Thüringen während Wilhelms Regierungszeit erlassen wurden, sollte diese als einzige im 16. Jahrhundert wieder Gültigkeit erlangen. Der Weg, den der Großonkel mit dem Versuch der Territorialisierung des Gerichtswesens gewiesen hatte, überzeugte noch die wettinischen Landesherren der dritten Generation nach ihm. Ernestiner und Albertiner, die schon 1490 beschlossen hatten, jeden Untertanen mit der erheblichen Strafe von zehn Gulden zu belegen, der »wertliche Sachen« vor geistliche Richter bringt, sind am 9.Juli 1516 zu Zeitz darin übereingekommen, die thüringische Reformation von neuem in Kraft zu setzen. N u r an einer Stelle haben sie eine Nachbesserung des Textes vorgenommen, u m den Boten der geistlichen Gerichte präzisejene Strafe androhen zu können, die ihre Aufgabe, in weltlichen Streitfällen kirchliche Forderungen zu überbringen, abschreckend teuer macht 1 3 9 .

6. Kapitel Fürstliche Reform der Bettelorden A.

Die Lage der

Die

Franziskaner

Franziskanerreform

Von der Klosterreform erhoffte sich Herzog Wilhelm jene Breitenwirkung durch Lehre und Beispiel, die ihm notwendig erschien, u m über die Mönche die Pfarrerschaft und die Laien im Lande erreichen zu können. Auch im Falle der Universität Wittenberg, Teil 1 (1502-1611), hg. v. W. FRIEDENSBURG. Magdeburg 1926, S. 19, Nr. 2 2 . 138 Auch der Markgraf von Brandenburg, der gegenüber seinen Landesbischöfen auf eine Entflechtung der Jurisdiktionsbereiche verzichtet hatte, versuchte, gegenüber den Bischöfen, die nicht seinem Lande angehörten, die Beseitigung der geistlichen Rechtssprechung in weltlichen Fällen zu erreichen. Er hat dieses Vorhaben ebenfalls nicht durchsetzen können. Vgl. DIESTELKAMP, Sachsen und Anhalt 8, S. 181 f. 139 » . . . zu dem sali man unverschont gedenken, gefenglich annemen und nit [von] dannen kumen lassen, er hab dann zuvor 1 gülden zu straf gegeben.« GEB I, S. LIV, Anm. 2. Siehe oben S. 76f.

Fürstliche Reform der

Bettelorden

81

Durchsetzung monastischer Observanz hatte Wilhelms Vorgänger, Landgraf Friedrich der Friedfertige, erste Schritte bereits eingeleitet. Wie er dem Franziskanerprovinzial Matthias Döring im Jahr 1438 mitteilte, stand nach der ersten Reform, das war längst vor der Bußmission Kapistrans 140 die Judenvertreibung(!), nun die Besserung der Klöster an. Der Provinzial wurde deshalb angewiesen, die Franziskaner zur Einhaltung der Ordensregel zu zwingen 1 4 1 . Doch wiederum war es Wilhelm III., der auch für die Bettelmönche das Entscheidende begonnen und mit Diplomatie - und Druck - zu Ende geführt hat. Die Lage der Mendikantenreform legte er im Jahre 1450 dem Papst Nikolaus V. so eindringlich dar, daß bereits dieses Schreiben die Grundprobleme der fürstlichen Klosterreform erahnen läßt: Die Einfuhrung der Observanz hat zwar Fortschritte gemacht, doch wird ihre Verbreitung von den Konventualen zunehmend behindert. Es ist deshalb unumgänglich, daß der Papst sein Privileg zur Errichtung eines Observantenvikariates ausdehne von den schon reformierten Konventen auf die besserungsbedürftigen »loca reformanda« 1 4 2 . Viele Klöster könnten nämlich der Reform zugeführt werden, wenn die Konventualen, die >patres de communi vitaFrucht eines besseren Lebens< und ziehen aus diesem Grunde in observante Konvente oder beginnen in ihren eigenen Häusern zu reformieren. Doch es erwarten sie Verfolgung 140

Siehe oben S. 67. Mandat des Landgrafen Friedrich an Provinzial Matthias Döring, 21. Juni 1438, zur E i n f u h r u n g der Observanz im Franziskanerkloster Eisenach: Die heilige Christenheit ist beladen mit Anfechtungen, Beschwerungen, Plagen und Sterben, weil »man sich in allen Wesen Geistlichin und Wertlichin ein iglicher nach syme State nicht so redlichin und bestentiglichin gehalden had«, vor allem nicht die Mönchsorden. REINHARD, Meditationes, S. 141. D a m i t Gott barmherzig und milde einem jeden gegenüber ist, »der sich zu eym rechtvertigen Leben keren und halden wil«, haben Wir, der Landgraf, »die versmeten Judischheyt, Vihende [Feinde] des Almechtigen gecruzigten Gotes, von den groß sage und Ruff gewest ist, wie grossen Verteidung die in den Landen hetten, d a r u m b gemeyne Clage was, das man der aller entgeldin muste, die Wir dann d a r u m b uß Unsern Fürstenthum und Stetin alle verwiesid habin, und ab Got wil keinen furdir undir U n s in U n s e r m Gebiete lieden w u l l i n . . . « . - REINHARD, S. 141 f. Direkt anschließend, ohne Übergang, weil zu eben derselben >Besserung< des geistlichen und weltlichen Verfalls gehörig, legt der Landgraf die Notwendigkeit der Klosterreform dar: » . . . und alsdenn Vaste auch Wildekeid und unredeliche O r d e n u n g e und Regierunge in geistlichen Clostern gewest ist, davon auch vaste und vil alnohe [beinahe] gantz vertorbin sin.« Deshalb ist auch hier unbedingt R e f o r m vonnöten, vor allem bei dem einzigen Franziskanerkloster in Thüringen, in Eisenach, das Wir »gerne wulden in eine rechte Bestellunge und Regierunge U w e r s O r d e n s nach der Regiln des heiligen Sancti Francisci zu halden brengen«. Es ist die H o f f n u n g auf Landes Wohlfahrt, die Landgraf Friedrich zur R e f o r m trieb: » . . . daz davon guder Sache gein Gote bekomen, und es Uns, Unnsern Furstenthum, Steten, Landen und Luten geistlichin und wertlichin deste baß gehin sulle « - REINHARD, S. 142. 142 Herzog Wilhelm spricht hier bereits ein Ziel an, das im 16. Jahrhundert unter dem Stichwort >Union< den Streit unter den Ordensparteiungen von neuem anheizen wird. Siehe dazu unten S. 183—187. 141

82

Die Reform Herzog Wilhelms

III.

und Anfechtung 1 4 3 . Das Verfahren der Klosteroberen gegen die Reform fuhrt obendrein zur Verärgerung bei weltlichen Gewalten, Stadträten, Fürsten und Grundherren, die ihren guten Willen mißachtet sehen. Eine solche allgemeine Verunsicherung wird sogar den Bestand der bereits instituierten Observanz gefährden. Der Zeitpunkt des Eingreifens durch den Papst ist jetzt gekommen, wenn er sich aber weigert, wird die Observanz vergehen - »in non modicum scandalum plurimorum« 1 4 4 . Der Herzog will das entscheidende Rechtsinstrument an sich ziehen, um dem sächsischen Provinzial die Klöster entreißen und diese der Reformkongregation unterstellen zu können. Er fordert vom Papst die Ausdehnung des »Privilegium de vicario habendo« auf die »loca reformanda« 145 . Die Observanz soll zur Regel werden, nicht die Ausnahme bleiben.

Der Landgraf

als

Reformautorität

Aus eigener Kraft sind observante Mönche gegen den Widerstand von Provinzialen und Confratres nicht in der Lage, ihr Programm zu verwirklichen. Ein Beispiel dafür ist die Reform des Franziskanerklosters Saalfeld (Saale). Sein Guardian Konrad Stamm suchte in eigener Regie seinen Konvent zu reformieren, war dabei aber an den Widerständen im Innern gescheitert. Der Guardian wendete sich daraufhin an Herzog Wilhelm. Er schrieb um ein Reformmandat, welches er so aufzusetzen bat, daß ohne Bezug auf sein Hilfsgesuch allein der Herzog als anweisende Instanz in Erscheinung treten sollte. Der Reformbefehl mußte also als rein landesherrliches Mandat erscheinen; nur so sah sich der Guardian vor Angriffen hinreichend geschützt, wenn er als Exekutor des Landesherrn auftreten konnte. Nach dem Tode des reformfreudigen Guardians schien sich die Observanz in Saalfeld wieder zu lockern, und jetzt trat der Herzog, einmal auf diesen Konvent aufmerksam gemacht, ohne Aufforderung in Erscheinung. Er wendete sich mit Datum vom 28. Februar 1464 an den Vikar der observanten Franziskaner mit dem Verlangen, daß Saalfeld unter seiner Obödienz bleibe, damit die Observanz zum Lobe Gottes und zur Besserung des Landes »an abgang, ufrichtig, ordenlich und bestendig volfurd und gehalten werde« 146 . In der Kongregation sah er die Möglichkeit zur institutionellen Sicherung der Reform, wie er bei anderer Gelegenheit deutlich zu verstehen geben wird 1 4 7 . 143 » . . . n a m fratres propter f r u g e m melioris vite cupientes ad loca r e f o r m a t a transire aut etiam in locis suis q u o m o d o l i b e t reformare, crudeliter persecutionem patiuntur, m u t a n t u r et tribulantur, sicud[!] a multis expertis r e c e p t u m est.« FERDINAND DOELLE O F M : Die O b s e r v a n z b e w e g u n g in der sächsischen Franziskanerprovinz ( M i t t e l - u n d Ostdeutschland) bis z u m Generalkapitel v o n Parma 1529. M ü n s t e r 1918, S. 203, Beilage 1. 144

145

DOELLE, S. 2 0 4 .

Ebd. 146 FERDINAND DOELLE: Die Martinianische R e f o r m b e w e g u n g in der Sächsischen Franziskanerprovinz ( M i t t e l - u n d N o r d o s t d e u t s c h l a n d ) im 15. u n d l ö . J a h r h u n d e r t . M ü n s t e r l 9 2 1 , S. 73f. 147 Siehe unten S. 88 f.

Fürstliche Reform der Bettelorden

83

Auch in den Fällen, wo die Provinzialminister den Rechtsweg beschreiten, um der Kongregation Einhalt zu gebieten, war der Landesherr für die reformierten Konvente der effektvoll agierende Verteidiger. A m 24. Juli 1461, zur Zeit der Wallfahrt des Herzogs in das Heilige Land, berichtete der Observantenvikar Henning Sele von einem besonderen Erfolg an Behinderung durch prozessuales Vorgehen der Konventualen. Sele hatte auf Befehl des Bischofs von Magdeburg, zugleich Administrator von Halle und dort somit auch Landesherr, das Franziskanerkloster Halle der Observanz zugeführt. Dagegen hatten die Konventualen in Erfurt geklagt und den Vikar vor den Archidiakon von St. Severin gefordert 1 4 8 . Die Gerichtsgewalt des Archidiakons über die Franziskaner leitete sich von einer Anordnung des zuständigen Konservators, des Bischofs von Hildesheim, ab. Das allerdings bestreitet Sele, wie er die Rechtmäßigkeit des Verfahrens insgesamt anzweifelt 1 4 9 . Was ihn aber am meisten aufgebracht hat, war die Tatsache des bereits gefällten Urteils ohne Verhör. Die Observanten und ihr Vikar waren schon vor Beginn des Prozesses mit dem Entzug ihrer Privilegien und dem Bann bedroht worden. Dieser Vorgang, der jenseits landgräflicher Grenzen seinen Lauf nahm, traf auch die Observanten im Lande, die sich nun ebenfalls gestraft sehen mußten. Der Guardian von Weimar, Bartholomäus Kaarstadt, führt lebhaft Klage über dieses Unheil des Bannes, das die Observanten des gewünschten Einflusses auf das Volk gerade beraube 1 5 0 . Die weltliche Obrigkeit ist die Zuflucht 1 5 1 , dort nämlich finden reformierte Mönche den verläßlichen Verteidiger und den effektiven Förderer der Klosterreform. Der K a m p f gegen die Kongregation treibt die Observanten in die Arme des Landesherrn. Dieser >Druckeffekt< wird die R e formgeschichte der Bettelorden in der Zukunft prägen 1 5 2 . Es blieb somit nur der Herzog als letzte Hilfe, der fähig war, die Reformkongregation vor der Verfolgung durch Kirchenjuristen zu schützen. Darum, so schrieb schon der Vikar Henning Sele an die Räte in Weimar, »bitde ich uch demutlichin umb die liebe Gottes, ire wullit uns verteidingen und hanthaben« - und appellierte damit an die Regierungspflicht des Fürsten und seiner Räte 1 5 3 .

1 4 8 Henning Sele an die Räte Herzog Wilhelms, 24. Juli 1461. DOELLE, Observanz, S. 2 0 4 - 2 0 8 , Beilage 2. 1 4 9 Vgl. DOELLE, Observanz, S. 1 7 - 1 9 . 1 5 0 »Idoch steht uns das nicht zcu vorduldenne umbe der lute willigen, die uns darumbe verdencken und bannisch halden unde sunderlichen umbe das die priesterschafft nydderlegit das gotliche ammacht [Amt] yn unser keginwertigkeit « B r i e f des Guardians von Weimar, Bartholomäus Kaarstadt, vom 26. August 1461. DOELLE, S. 209, Beilage3. 151 » . . . wanne wir uns nu keyner hulffe versehen wanne zcu gote und uch [den Räten des abwesenden Herzogs].« Ebd. 1 5 2 S i e h e u n t e n S . 9 1 - 9 3 , S. 1 5 4 - 1 6 2 . 1 5 3 DOELLE, S. 208. Siehe unten S. 1 3 9 - 1 4 2 .

84

Die Reform

Verteidigung

der Kongregation

Herzog

durch den

Wilhelms

III.

Landesherrn

Die Hilferufe haben bei den weltlichen Herren tatsächlich offene Ohren gefunden. In Abwesenheit des Herzogs versuchten die Räte gemäß dem Vorschlag des Guardians von Weimar 154 , den künftigen Provinzialminister, Nikolaus Lackmann, mit Nachdruck und nicht ohne Drohungen von seinem Widerstand gegen die Observanten abzubringen und ihn zu veranlassen, den Archidiakon von St. Severin zur öffentlichen Rücknahme des Bannes zu bewegen. Sowohl der amtierende Provinzial, Matthias Döring, als auch Lackmann selber mußten sich aus Weimar die offene Klarstellung gefallen lassen, daß im Reformstreit der Landgraf von Thüringen Partei sei und den Räten den Schutz der Observanten sonderlich aufgetragen habe 155 . So werden die Konventualen mit der Forderung konfrontiert, die Kongregation hinfort nicht mehr zu belästigen und zu behindern 156 . Das läuft de facto auf die Zumutung hinaus, jeden Widerstand gegen die Auszehrung der Provinz aufzugeben und Kloster für Kloster unwidersprochen an den Kongregations vikar zu verlieren, oder sich auf die von der Obrigkeit angedrohten Repressalien einzustellen, mit denen sie auch außerhalb Thüringens rechnen müssen, wie die Räte vorsorglich klarstellten: Den nicht reformierten Franziskanern werden die Almosen gesperrt, und ihr Recht auf Schutz verfällt 157 .

Mittel

und Wege fürstlicher

Reformpolitik

Die Härte der Drohung, daß den Konventualen die Almosen und sogar der Rechtsschutz entzogen werden, belegt am praktischen Beispiel, daß der Streit um die Observanz kein innermonastischer Vorgang ist. Dieser wird von der Obrigkeit vielmehr als politische Angelegenheit behandelt, deren Lösung das ganze Land betrifft. Niemals ist die Begründung für die Notwendigkeit der Observanz außer acht zu lassen, die Herzog Wilhelm vor dem Franziskanervikar am 28. Februar 1464 wiederholt hatte. Reform ist notwendig >zum Lobe Gottes 154

Vgl. Bartholomäus Kaarstadt an die Räte Herzog Wilhelms. DOELLE, S. 2 0 9 f . Wilhelm III. ist »gein dem obgnanten vicarien [Henning Sele] und brudern der observancien in gnaden sunderlich geneigt. Sine fürstliche gnade hat uns auch in sinem ußczihen entpfolen, dieselbten veter und bruder an siner gnaden Stadt getruwelich zu handhaben, zu schutczen und zu verteidingen.« Die Räte Herzog Wilhelms an Matthias Döring und Nikolaus Lackmann, nach dem 29. August 155

1461. DOELLE, S. 2 1 0 f . , B e i l a g e 4 . 156 » . . . ir wollet die angehobene furderunge und beswernisse gein den obgnanten vicarien und brudern von der observancien zustund genczlich abethun, die cassieren und vernichtigen und sie furder ungemuhet und umbedrangt lassen.« DOELLE, S. 211. 157 » . . . so wollen wir von des gnanten unsers gnedigen lieben herren von Sachsen wegin in sinen furstenthumen und landen gemeynlich verbieten, das die sinen uch und uweren bruderen keine almosen reichen nach geben sollen, uch und uwere brudere in siner gnade landen und gebieten auch nicht schutczen nach verteidingen und auch furder siner gnaden herrn und frunde ersuchen und bitten, desglichen in yren furstenthumen und landen auch zu bestellene.« Ebd.

Fürstliche Reform der Bettelorden

85

und zur Besserung des Volkes< 1 5 8 . Gotteslob aber und Besserung sind Aufgaben der Politik eines Landesherrn, die nun aufjene Strukturprobleme stößt, die sich aus der Organisationsform der Bettelorden ergeben. Der Bann wegen des Falles in Halle betrifft die Franziskaner auch in Thüringen, und der Herzog wiederum ist gezwungen, wegen der Thüringer über die Landesgrenzen hinaus zu intervenieren 1 5 9 , um Hilfe leisten zu können 1 6 0 . Was für die Kongregation gilt, findet seine Entsprechung auch bei den K o n ventualen, die den Druck der Landesherren durch die Hilfe benachbarter Landesherren aufzuheben suchen. Matthias Döring und Nikolaus Lackmann wandten sich an Kurfürst Friedrich II. und fanden dort auch Verständnis. Herzog Wilhelms Reformprogramm gehörte somit noch nicht zum Gemeingut landesherrlicher Politik. Längst nicht alle Fürsten haben sich schon dem Anliegen jener strengen Observanz verschrieben, wie die Konventualen sie in Thüringen zu spüren bekamen. Kurfürst Friedrich brachte in seinem Schreiben an die Räte in Weimar die >altera pars< zu Gehör, um zu einem »rechtlichem, gutlichen, entlichen ußtrage« gelangen zu können 1 6 1 . Der Erzbischof von Magdeburg, schrieb er, habe unbillig, mit Gewalt, ohne Vorwarnung und Rechtsgrund die Franziskaner zu Halle dem Gehorsam des Provinzials entzogen, den Konvent aus der sächsischen Provinz herausgelöst und obendrein alle Klosterkleinodien beschlagnahmt 1 6 2 . Was der Erzbischof als Maßregel im Sinne der Reform betrachten mochte, war in den Augen des Provinzials - gemäß dem Schreiben des Kurfürsten nichts als Raub: E r vergriff sich an den Gott geweihten >Sacra< der Klosterkirche. 158

V g l . DOELLE, D i e M a r t i n i a n e r , S. 7 3 f .

Die sächsische Franziskanerprovinz umfaßte die Kustodien Thüringen, Magdeburg, Leipzig, Halberstadt, Lübeck, Breslau, Brandenburg, Goldberg, Bremen, Meißen, Stettin und Preußen. Vgl. DOELLE, Observanz, S. X X . 1 6 0 Bei Nikolaus Lackmann und Matthias Döring hatten die herzoglichen Räte keinen unmittelbaren Erfolg. Der Prozeß wurde erst eingestellt, als Papst Pius II. die Mandate des Archidiakons am 30. September verwarf und das Reformrecht des Erzbischofs von Magdeburg bestätigte. Vgl. PETER PAUL ALBERT: Matthias Döring, ein deutscher Minorit des 15. Jahrhunderts. Stuttgart 1892, S. 77. 1 6 1 Friedrich II. an die Räte Herzog Wilhelms, 18. September 1461. Doelle, Observanz, S. 214, Beilage 5. Friedrich II. war nicht auf die strikte Durchfuhrung der R e f o r m aus, auch darin unterschied er sich merklich von seinem Bruder Wilhelm. Als die Leipziger Franziskaner 1464 der R e f o r m wegen auf die von der Herzoginmutter geschenkte Terminei verzichteten, war es der Kurfürst, der ihnen dieses Haus wiederum zur Verfugung stellte als Herberge und von neuem als Sammelstelle für Almosen. Vgl. Urkundenbuch der Stadt Leipzig, B d . 3, hg. v. J. FÖRSTEMANN. Leipzig 1894, S. 261 f., Nr. 340. Friedrich selber drohte die Reform zu verwässern, die er in Leipzig zwar nicht behindert, aber auch nicht zu seinem Anliegen gemacht hat. Das Franziskanerkloster bedurfte einer zweiten Reform, die schließlich v o m Sohn und v o m Enkel, von den Herzögen Albrecht und Georg, gegen erbitterten Widerstand durchgeführt wurde. Siehe unten S. 148—151. 1 6 2 Er hat »das cloßtir zcu Halle uß der provinczien von Sachßen genomen, mit buchern, kelchen, monsstranczen, messegewanden unde andirn cleynotten beraubit unde von dem gehorßsam der obirßten der genannte provinczien unbillich ußgetrieben«. DOELLE, Observanz, S. 212. 159

86

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

Angesichts solchen >Raubes< durch den B i s c h o f und der handfesten Drohungen aus Weimar war auch die Ordensprovinz gezwungen, im Streit gegen die »Reformiertem sich an die Macht der weltlichen Obrigkeit zu halten. Die K o n ventualen aber sollten mit fortschreitender Zeit immer weniger weltliche Verteidiger ihrer angeblich >laxen< Lebensform finden, während die Observanten auf zunehmende Hilfe der Fürsten bauen konnten, die Mittel und Wege wußten, die rechtlich gesicherte Unantastbarkeit der monastischen Provinzialstruktur zu unterlaufen. Die Ankündigung der Almosensperre und der Schutzverweigerung durch die Räte Herzog Wilhelms gleicht jenen in der Landesordnung angedrohten Zwangsmaßnahmen gegen widerspenstige Pfarrer, die den geistlichen Richtern als Gerichtsboten in weltlichen Streitfällen dienen. Auch gegenüber den konventualen Mönchen und ihren Provinzialen kann der Landgraf nur Forderungen erheben, die sich in ihrer Sprachgestalt von Befehlen zwar kaum unterscheiden, aber dennoch zunächst stumpf bleiben, weil dem Verlangen keine Exekutionsmöglichkeit an die Seite tritt, um erzwingen zu können, was eventuell verweigert wird. Der Amtmann darf den Provinzial und seine Brüder nicht >gefenglich annehmen< oder mit Geldbußen belegen, wenn sie die R e f o r m forderungen aus Weimar zurückweisen. A u f unterer Ebene aber kann der Herzog fraglos zugreifen und durch die Almosensperre, die Schutzverweigerung, häufig auch durch die Registrierung der Klosterkleinodien, eine Art von B e schlagnahmung ohne Abtransport der Wertgegenstände, auf die M ö n c h e indirekt jenen Druck ausüben, den er direkt nicht erzeugen kann. Ohne Bedenken werden auch die Nachfolger Wilhelms III. zu diesem Mittel greifen, um die Klöster, wenn sie denn freiwillig die Forderung nicht als Befehl verstehen, trotzdem für die Reform gefügig zu machen. Die Klosterpolitik des Landesherrn ist territorial ausgerichtet und bleibt doch ständig mit der übergreifenden Struktur der Ordensverbände verflochten. I m mer sind die Mendikanten, anders als die kontemplativen Stifte, fest in ihre eigenen Organisationen eingebunden, die in R o m ihre zentrale Leitung finden. Der Schritt an die höchste kirchliche Instanz, an den Papst, ist häufig auch für den Landesherrn die letzte Möglichkeit, um j e n e Widerstände zu überwinden, die er direkt oder indirekt nicht ausschalten darf und kann. Daß der Herzog selber Klöster gründet und diese ohne den U m w e g über die Provinz gleich der Kongregation eingliedert, mußte die Ausnahme bleiben 1 6 3 . Damit er seine Politik in allen Klöstern Thüringens verwirklichen kann, ist er gezwungen, über sein Land hinauszugreifen. Die Reform im Innern ist auch eine außenpolitische Aufgabe.

163 Wiederum war es Kapistran, der den Herzog dazu anregte, in Langensalza und Weimar 1452 observante Franziskanerkonvente »zur Besserung des Volkes« zu gründen. DOELLE, Observanz, S. 12. Auch funfjahre später scheinen die Brüder noch gehalten zu haben, was der Herzog sich von ihnen versprochen hatte: Sie bewahren »erelich und lobenlich« die Ordensregel und die observante Zucht. Schreiben Herzog Wilhelms, 15. Mai 1457. GEB, Akten und Briefe I, S. X X V I , Anm. 1.

Fürstliche Reform der Bettelorden

B. Die Andreas Proles: Vorkämpfer

der

87

Augustiner

Augustinerreform

Die Auseinandersetzungen um die Einführung der Franziskanerobservanz in Thüringen erhellen bereits jene strukturell angelegten Widerstände, mit denen ein Landesherr rechnen muß, wenn er Reformen in den Klöstern seines Territoriums durchsetzen will. Herzog Wilhelm, der sich die Franziskanerreform zur Fürstenpflicht gemacht hatte, wurde gleichzeitig Schutzherr und >Handhaber< der Observanz unter den Augustinern Deutschlands. Sie verdanken den Aufschwung ihrer Kongregation dem Zusammenfall der unbeirrt fast vier Jahrzehnte währenden Reformpolitik des thüringischen Landesherrn mit der nicht ermüdenden, zähen Durchhaltekraft des Andreas Proles. Als dieser zu Ostern 1461 zum Observantenvikar gewählt wurde, war er »ein Oberer fast ohne Untertanen« 1 6 4 . Als er 1503 nach mehr als 40 Jahren Tätigkeit im Dienste der Kongregation von seinem Amt zurücktrat, gab es im gesamten Herrschaftsbereich der wettinischen Herzöge keine konventualen Augustinereremiten mehr. Insgesamt hatte er aus allen Provinzen des Reiches zweiundzwanzig Konvente für die Kongregation gewinnen können. Dieser Gewinn war nur möglich durch die engen Kontakte, die Proles mit den weltlichen Obrigkeiten pflegte, nicht nur im wettinischen Herrschaftsbereich. Auch nach Württemberg hatte er Verbindungen geknüpft, die dann konkret zur Reform des Tübinger Augustinerklosters führen sollten mit der, Folge der Versetzung sächsisch-thüringischer Augustiner in die württembergische Universitätsstadt 165 . Das erste Vikariat des Proles dauerte zwei Jahre, eine Anlaufphase nur, in der er zunächst einmal darum bemüht sein mußte zusammenzuhalten, eventuell wiederzugewinnen, was für die Kongregation verloren zu gehen drohte, nämlich die reformierten >Urkonvente< Magdeburg, Himmelpforten, Dresden, Waldheim und das schon >abgefallene< Königsberg in Franken. Königsberg wehrte sich bis 1490 gegen die Kongregation, doch war das 1464 zur Observanz gestoßene Nürnberger Kloster ein mehr als gleichwertiger Ersatz.

1 6 4 ADALBERO KUNZELMANN O S A : Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten, B d . 5: Die sächsisch-thüringische Provinz und die sächsische Reformkongregation bis zum U n t e r gang der beiden. Würzburg 1974, S. 409. 1 6 5 Im Zusammenhang mit der Reform des Eßlinger Augustinerklosters hat Proles an G r a f Eberhard im Bart geschrieben. Siehe DIETER STIEVERMANN: D e r Augustinermönch Dr. Conrad Holzinger - Kaplan, Rat und Kanzler des Grafen bzw. Herzogs Eberhard d.J. von Württemberg am Ende des 15. Jahrhunderts. In: Mittel und Wege früher Verfassungspolitik, hg. v. J. Engel. Stuttgart 1979, S. 373. Zur Tübinger Reform siehe MARTIN BRECHT: Das AugustinerEremiten-Kloster zu Tübingen. In: Mittelalterliches Erbe - Evangelische Verantwortung. Tübingen 1962, S. 7 2 - 8 3 .

88

Die Reform Herzog

Die Reformkongregation

als politisches

Wilhelms

Instrument

III.

des

Landesherrn

Die zweite Amtsperiode, die Proles mit seiner Wahl zu Ostern 1473 antrat, sollte dreißig Jahre währen. Die Verbreitung der Augustinerobservanz, weit über die Territorien der wettinischen Herzöge hinaus bis in die Niederlande und Bayern hinein, findet ihre Erklärung auch in der einzigartigen Kontinuität der Kongregationsleitung. 47 Jahre lang, von 1473 bis 1520, kannten die Observanten nur zwei Generalvikare, eben Andreas Proles und seinen direkten Nachfolger, Johannes von Staupitz. Die Beständigkeit in der Amtsführung fand ihre Entsprechung in der berechenbar beharrlichen Reformpolitik der wettinischen Fürsten. Nach dem Tode Herzog Wilhelms und der bald darauf folgenden Leipziger Hauptteilung 1485 blieb sich die Politik beider Linien, der Ernestiner und Albertiner, darin gleich. Die fürstliche Reformpolitik als Konstante herauszustellen, ist von entscheidender Wichtigkeit angesichts der römischen Wechselbäder*. Ohne Herzog Wilhelms Unerbittlichkeit hätte Andreas Proles das Jahr 1503 nicht im Amt des Generalvikars erreicht und die Kongregation den Sprung zur Großorganisation mit gesichertem Zentrum in Sachsen und Thüringen nicht vornehmen können. Die Ordensleitungen mit ihrem ständigen Schwanken zwischen Förderung und Bekämpfung der Kongregationen haben Zwänge erzeugt, die dazu führten, die Observanten bei ihren Landesherren verläßliche, bindende Entscheidungen suchen zu lassen. Und ebenso schuf die Unzuverlässigkeit Roms Handlungsfreiräume, die auszufüllen die Landesherren von sich aus auch gesonnen waren. Die Kongregation gab sich dem Fürsten als Instrument in die Hand, um die Reform in den einzelnen Konventen auch über die Anfänge und die ständigen Gefährdungen hinwegtragen zu können. Herzog Wilhelm hatte die Erfahrung gemacht, daß Klöster, wenn sie nicht in eine übergreifende Reformorganisation eingebunden waren, die einmal angenommene Observanz wieder fallen ließen. Zu Gotha und an anderen Orten in Thüringen hatte er anfangs ohne die Kongregation reformiert, dann aber feststellen müssen, daß »dieselbe vermeynte reform a d o ungegrundt, auch unbestendig was«. Deshalb hatte er sich entschlossen, »dieselben closter dem geistlichen Bruder Andres Proles vicario der convend von der privilegirten obßervancien...« zu unterstellen 166 . Wie es zu Beginn der monastischen Erneuerungsbewegung Reformkongregationen ohne Fürstenschutz gab, so vollzog sich die Fürstenreform zunächst ohne Kongregationen. Der Erfahrungsbericht des Herzogs macht jedoch verständlich, was er an der Kongregation gefunden und warum er diese mit solcher Zähigkeit verteidigt hat, obwohl die Notwendigkeit der Reform an sich von den Provinzialen selbst nicht - wenigstens nicht öffentlich - bestritten wurde. Theoretisch hätte die strenge Regelobservanz auch ohne Einbindung in die Kongregation Bestand haben können, die Praxis hingegen führte zur Einsicht in das Gegenteil: N u r die 166 Herzog Wilhelm an den Rat zu Gotha, 24. Januar 1476. THEODOR KOLDE: Die deutsche Augustiner-Congregation und Johann von Staupitz. Gotha 1879, S. 426, Beilage IV,10.

Fürstliche Reform der

Bettelorden

89

>congregatio< wahrt die >reformatiocasus belli< hatte die Reform des Klosters Königsberg in Franken geliefert. Auch in Königsberg hatte Herzog Wilhelm den Reformbefehl direkt erteilt. Er wies die dortigen Augustinerbrüder zur Fastenzeit des Jahres 1475 an, sich darauf vorzubereiten, nach Ostern »dy privilegirte observancia... an zu nemen« 1 6 9 . Im August teilte Proles dann dem Herzog mit, daß er das Mandat nun exekutieren und das Kloster aus seinen Händen annehmen werde. Für Proles ist es keine Frage: Der Landesherr besitzt Befehlsgewalt über die Augustiner 1 7 0 . Aus der Perspektive des Provinzials aber wird man ein solches Zusammenwirken nicht als >Übereinstimmung< würdigen dürfen, sondern als landesherrliche Konspiration mit Abhängigem verurteilen müssen. Die Reaktion aus R o m kam ohne wesentliche Verzögerung. Wohl in den Tagen vor dem 22. Dezember 1475 hielten Proles und die Brüder in Erfurt in Händen, was der Provinzial bei der Augustinerkurie gegen sie erreicht hatte: Siehe unten S. 1 7 1 - 1 7 9 . 168 YG] KOLDE, D i e deutsche Augustiner-Congregation, S. 111. 1 6 9 Zusammenfassung dieses Reformmandats im B r i e f des Andreas Proles an Herzog W i l helm v o m 10. August 1475. KOLDE, S. 4 1 8 f . , B e i l a g e I V , 2 . 1 7 0 » N u der almechtige god gnediglich frede und u. g. [Euer Gnaden] stercke unde gesuntheit gegebin hat, ist u. g. behegelich, so wil ich das closter gote zu eren von u. g. an nemen unde mit getrawem flyße von tage zu tage in geistlichem leben vorbessern.« KOLDE, S. 419. 167

90

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

Prior und Konvent zu Erfurt wurden »sub poena excommunicationis« angewiesen, das Kloster wieder der Gewalt des Provinzials und, wie es heißt, des Ordensgenerals zu unterstellen. Die Abmachung mit den Observanten ist zu kassieren. Auch das >procedere< im Falle der Gehorsamsverweigerung war festgelegt: Wenn der Konvent diesem Befehl nicht nachkommen sollte, wird der Prior nach Rom zitiert und hat dort binnen 40 Tagen zu erscheinen, um Rechenschaft über seinen Ungehorsam abzulegen. Betroffen sind auch die Augustinermagister der Universität. Wenn sie bei der Observanz bleiben wollen, haben sie dem Provinzial die Unkosten zu ersetzen, die dieser für die Erlangung ihres Magisteriums hat aufbringen müssen. Einschneidend sind die Maßnahmen gegen Andreas Proles: Sein Vikariat- als Akt der Amtsanmaßung verdächtigt - ist annulliert, und strikt wurde ihm das Verbot auferlegt, weitere Konvente der Observanz einzuverleiben 171 . Dem Reformverbot wurde eine weitere, und zwar entscheidende Auflage hinzugefügt: Er wage es nicht, weltliche Personen - konkret ist damit die Obrigkeit, speziell Herzog Wilhelm gemeint - um Hilfe bei der Klosterreform anzurufen! Die Strafmaßnahmen im Ringen um die Ausweitung der Observanz sind damit auf beiden Seiten so ausgerichtet, daß die agierenden Gestalten getroffen werden, indem ihr jeweiliges Handlungspotential eingeschränkt wird. Im Franziskanerstreit wurde der Provinzial unter Druck gesetzt, als die Räte des Herzogs bei ihren Untertanen die Almosensperre aussprechen wollten; im Augustinerstreit soll der Herzog dadurch in seine Grenzen gewiesen werden, daß der General seinen Untergebenen, den Generalvikar, mit der Bannandrohung einschüchtert und das Verbot ausspricht, die weltliche Obrigkeit fernerhin um die Reform anzugehen 172 . Hätten sich diese Maßnahmen durchsetzen lassen, wäre die Observantenreform wohl an ihr Ende gelangt. Tatsächlich aber blieb gerade das Ansinnen, die >personae saeculares< auszuschalten, illusorisch. Herzog Wilhelm hatte das römische Urteil direkt durch den Augustinergeneral zugesandt bekommen, verbunden mit der Aufforderung, den Provinzial gegen Proles zu unterstützen und den - abgesetzten - Vikar zu zwingen, jene 171 Die Verurteilung des Andreas Proles ist auf den 20. August 1475 datiert; sie wurde am 2. Oktober des gleichen Jahres mit der Erweiterung bestätigt, daß Johannes Anherr die Vollmacht erhalte, über Proles »publice in forma ecclesiae« die Exkommunikation auszusprechen, falls Proles sich nicht in Gehorsam beuge. DAVID GUTIERREZ OSA: Geschichte des Augustinerordens, Bd. 1,2: Die Augustiner im Spätmittelalter 1357-1517. Würzburg 1981, S. 108. Die Anweisung an das Kloster Erfurt und seine >magistri< ist mit Datum vom 9. Oktober 1475 ausgegangen. Der Text dieses Dokuments auszugsweise bei ADOLAR ZUMKELLER: Die Lehre des Erfurter Augustinertheologen Johannes von Dorsten (f 1481) über Urständ und Erbsünde. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter 35/36 (1974) S. 44, Anm. 2. Siehe auch A. KUNZELMANN, Die Bedeutung des alten Erfurter Augustinerklosters, S. 627. 172 Im >Registrum< des Ordensgenerals kurz zusammengefaßt: >Quia Andreas Proles se vicarium nostrum facit, cum hoc non invenitur, sive ita sit sive non, cassamus vicariatum praecipiendo ei sub poena excommunicationis ut non impediat se de vicariatu, neque audeat Conventus ponere in observantiam neque ad personas saeculares recurrere.« KUNZELMANN, S. 417, Anm. 2079.

Fürstliche Reform der Bettelorden

91

Klöster wieder herauszugeben, die er der Provinz geraubt h a b e 1 7 3 . Wie weit war doch R o m schon i m 15. Jahrhundert von Deutschland entfernt, daß man des Herzogs A r m gegen des Herzogs R e f o r m anfordern konnte! D e n n o c h hat das scharfe Vorgehen des Generals den Landesherrn beunruhigt. U m g e h e n d , am 22. D e z e m b e r 1475, verlangte er von Proies Aufklärung über die eingetretene Situation und Beratung über geeignete G e g e n m a ß n a h m e n 1 7 4 . Auch der von R o m abgesetzte Vikar hatte keine Zeit zu verlieren, so daß er nur einen Tag später von Erfurt aus den Herzog beschwor, fest in seiner Haltung zugunsten der Observanz zu bleiben. Seine Worte sind sorgfältig gewählt: D i e R e f o r m geschieht »gote zcu lobe, merunge sins dinsts und uwer gnaden zcu willenn«, sie wird deshalb »gotlichen grundt und guten bestand« h a b e n 1 7 5 . D e n Beschluß des Schreibens bildet die B i t t e u m des Herzogs B e i s t a n d 1 7 6 - das war des Generalvikars Reaktion a u f das Verbot, >weltliche Personen< u m Hilfe anzurufen. Es wird schlicht als nicht verbindlich betrachtet.

Fürstlicher Schutz nach außen und innen Ihrer Autorität haben die zentralen Ordensleitungen in R o m durch solch unbedachtes Vorgehen selber am meisten geschadet. N u r dann wäre es m ö g l i c h gewesen, den wachsenden Einfluß des Landesherrn zu mindern, wenn sich die Ordensgeneräle selber durchweg zu Vorkämpfern des Reformdrängens g e macht hätten. D o c h das Gegenteil war der Fall. D i e Widerstände gegen die Observanz, die sich in der Provinz erhoben, wurden nachhaltig durch die Augustinerkurie unterstützt. Die Klage des Provinzials zwang deshalb den Herzog, nun selber in R o m tätig zu werden. N o c h sind die Kurie und die Ordensleitungen politische und geistliche Instanzen von Gewicht, die ein deutscher Reichsfurst nicht unbeachtet lassen kann. D e n n o c h drängt dieser Einfluß das R e g i m e n t des Herzogs nicht zurück, läßt doch die geistliche Gewalt r ö m i scher Kurien die weltliche Gewalt des Landesherrn u m so gewichtiger werden, weil er der einzige ist, der den Eingriffen des Generals mit Wirkung wehren kann und will. N u r indem der Landesherr sich einschaltet, wird die R e f o r m i m Innern durchgesetzt und nach außen geschützt. Ein offenbar umfangreiches Appellationsinstrument wurde dem Ordensgeneral schließlich zugestellt, das g e m ä ß dem B e r i c h t des Herzogs den Einspruch des Generalvikars an den »ungnuglich« Unterrichteten enthielt und vorsorglich, wenn er den »gutlich u f zu n e m e n wegerte«, den weitergehenden Appell an den Papst. Vgl. GUTIÉRREZ, Geschichte des Augustinerordens, S. 108. »Begerende Ir wullet uns widerumb zu verstehen gebin, wie sichs im gründe damit heldet, darnach wir uns richten mögen.« KOLDE, S. 420, Beilage IV,3. 1 7 5 KOLDE, S. 420, Beilage IV,4. 1 7 6 » . . . uwer gnade wulle uns in disen dingen, die wir ye hoffen guten gronnt zcu haben, uwer hulffliche hant zcu reychen und biestand zcuthunde, als ich an uwer gnade nicht czwivele « Ebd. 173 174

92

Die Reform Herzog

Wilhelms

III.

Zu diesem Aktenstück gehörten die Einsprüche der Stadt, der Kirche und Universität Erfurt sowie die Unterstützung der Proles-Appellation durch den Landesherrn von Thüringen. Herzog Wilhelm betont in seinem Schriftstück vom 30. Dezember 1475, daß er den Generalvikar mit der Reform der Augustinerklöster in seinem Herzogtum beauftragt habe, und zwar, wie es enthüllend verhüllend heißt, aufgrund jener Observantenprivilegien, deren apostolische Autorität er nach Auskunft der Rechtsgelehrten habe benutzen könnenvon uns geschehen*, vor einer Fremdinstanz, vor »eurem General* geklagt hat 1 7 8 . Nachdem jedoch durch die Appellation in R o m das Urteil sistiert 177

» . . . d e r s e l b e n siner [des Andreas Proles] Appellacion wir [Herzog W i l h e l m ] mit den

unßern, desglichen Capitel, U n i v e r s i t e t , D o c t o r e s , closter und der R a d zu E r f f u r d u f recht adhesión gethan h a b e n . . . . « B e r i c h t des H e r z o g s in seinem Schreiben an den R a t zu G o t h a , 24. J a n u a r 1476. KOLDE, S. 4 2 6 , B e i l a g e I V , 1 0 . - Aus der Appellation H e r z o g W i l h e l m s : » N o s W i l h e l m u s D e i gracia d u x S a x o n i e , lantgravius T h u r i n g i e et m a r c h i o M i s z n e , f a t e m u r publice per presentes, q u o d religiosum et nobis dilectum fratrem A n d r e a m Proles, c o n v e n t u u m r e f o r m a t o r u m ordinis fratrum H e r e m i t a r u m beati Augustini sub apostolicis privilegiis p r o v i n c i a r u m S a x o n i e et B a v a r i e vicarium, e x certa scientia, h o n o r e [ m ] dei et ordinis prefati querentes, ad nos v o c a v i m u s et auctoritate apostolica, qua e x privilegiis e o r u m iuxta iurisperitorum consilia uti p o t u i m u s , conventus illius ordinis in principatu n o s t r o constitutos o p t u l i m u s privilegiis ipsis uniendos et s u b i c i e n d o s . . .

Q u i [seil. Proles] piis nostris votis tándem

consenciens,

conventus illos suseepit, instituit et hactenus direxit.« D i e Appellation ist f o l g e n d e r m a ß e n datiert: » . . . datum in castro n o s t r o W y m a r i e die sabbati penúltima mensis D e c e m b r i s a n n o D o m i n i m i l l e s i m o q u a d r i n g e n t e s i m o septuagésimo sexto«, 3 0 . D e z e m b e r 1476(!) - dieser T a g w u r d e also schon z u m neuen J a h r gezählt. U r k u n d e n b u c h der E r f u r t e r Stifter und K l ö s t e r , T e i l 3 : D i e U r k u n d e n des A u g u s t i n e r - E r e m i t e n k l o s t e r s (1331 — 1565), h g . v . A . OVERMANN. M a g d e b u r g 1934, N r . 2 7 8 , S. 1 9 2 f . - G e g e n ü b e r d e m O r d e n s g e n e r a l sind alle Appellationen o h n e E r f o l g geblieben, denn mit D a t u m v o m 8. J u n i 1476 hat er das U r t e i l über Proles bestätigt. V g l . GUTIÉRREZ, S . 1 0 8 . 178

Ihr habt zugesichert, »uch In den D i n g e n den k e i n w i ß wider uns zeu setzen, v e r w u n d e r t

Fürstliche Reform der

Bettelorden

93

ist, hat der Provinzial nach Maßgabe des Herzogs von dessen Exekution abzustehen 179 . Die Tatsache des Einspruchs stellt den Provinzial wieder zurück unter das fürstliche Regiment, jede Zuwiderhandlung wird jetzt endgültig als Herausforderung verstanden, denn auf Wilhelms Begehren wurde die Observanz eingeführt, und von ihm wird sie auch geschützt.

Landesherrschaft

und

Reformkongregation

Mit solcher Selbstverständlichkeit vorgetragene Ansprüche verschieben zwar nicht >de iurede facto< - die Verfassung der Provinzen und der Observantenkongregationen. Zuvörderst hat sich der Provinzial an jene Leitlinien zu halten, die der Landesherr festlegt. Nachdem die Appellation das Urteil suspendiert hat, gilt allein wieder des Herzogs Anordnung, so daß auch der Generalvikar nicht als Vikar des Ordensgenerals, sondern im Auftrage des Herzogs verfährt - tatsächlich gegen den General. Diese Verschiebung k o m m t erst recht zum Vorschein, wenn man den gänzlich unverhüllten Sprachgebrauch einbezieht: Andreas Proles, »Vicarius der privilegirten observancien einsiedler ordens sancti Augustini«, hat »nach unnser [Herzog Wilhelms] Begerunge und auf unsern schütz unnd handhabunge die clostere in unserm fürstenthum desselben ordens aufgenomen und zu gantzer Reformacion bracht.. ,« 180 . Von >unserm Kloster< pflegt der Herzog zu reden 181 , das » w i r . . . furgenommen gehabt« zu reformieren. »Wir« haben die Augustinerklöster zur Sicherung der Reform »in krafft bebstlicher privilegia in gethan« 182 . Die Briefe des Generalvikars spiegeln diesen Anspruch in ganz entsprechender Weise: Ist es »u. g. [Euer Gnaden, Herzog Wilhelm] behegelich, so wil ich das closter gote zu eren von u. g. annehmen« 183 .

uns nicht wenig, das Ir in Vergessenheit solchs zcüsage über solliche uberantwortunge unßer closter unde den vicarien von uns gescheen uwerm general geclagt und in wyder den vicarien und sine bruder swere und pinliche processes zcu geben bewegt habt « Herzog Wilhelm an Johannes Anherr, 30. Dezember 1475. KOLDE, S. 421, Beilage IV,5. 179 Es wird ihm und den Seinen aufgetragen - der Herzog >begehrt< - , »sich an den privelegirten brudern und sunderlich an den von erfford die sich und andere sie beweginde uff unßer bege[r]n under das Privilegium gegebin und wir sie glich andern conventen under uns in unnsere verteyding genomen haben nicht zcu vergriffenn«, bis der Herzog vom Ordensgeneral Antwort bekommen hat. Herzog Wilhelm an den Provinzial, 30. Dezember 1475. Ebd. Die besondere Schutzzusage für Erfurt erklärt sich aus der Tatsache, daß Proles sich dort in der Regel aufhält, wenn er nicht gerade Visitationsreisen unternimmt. Das Erfurter Augustinerkloster ist praktisch die >KongregationskurieGeneralvikar< das zum Ausdruck bringt. >Herzogsvikar< wäre der flankierende Begriff, um sein Amt und zugleich seinen Standort im Streit um die Reform erfassen zu können. >Landesbeauftragter für die Reform der Augustinerklöster< könnte man ihn nennen, um beides, seine Stellung im Orden und in der Landgrafschaft, zusammenzuschließen. Die päpstlichen Privilegien, auf die sich der landesherrliche Klosterreformer und sein Vikar berufen, dürften mit jenen identisch sein, die Papst Eugen IV. dem ersten sächsischen Observantenvikar Heinrich Zolter konzediert hatte 185 . Der Papst bestätigte damit den Fortbestand eines eigenen, von der Provinz unabhängigen Zusammenschlusses der reformierten Konvente. Daß aber ein Landesherr das Recht haben sollte, aus seinem Ermessen in die Ordensstruktur einzugreifen und Konvente von der Provinz in die Kongregation zu transferieren, davon steht nichts in den Privilegien, nicht einmal zwischen den Zeilen. Die päpstlichen Zugeständnisse garantieren die monastische Selbstreform, sie legitimieren aber nicht die landesherrliche Klosterreform. Insofern ist der schwebende Sprachgebrauch, daß der Herzog die Konvente »under dy Privilegien« setzt und somit der Kongregation anschließt, zwar klug gewählt, gründet sich aber auf eine exzessive Gesetzesauslegung. In Wirklichkeit sind dem Landesherrn solche Privilegien nie erteilt worden, und er ist als lenkende Gewalt nicht vorgesehen. Diese Rechte sind ihm zugefallen, vielmehr: Er hat sie sich genommen und war entschlossen, sie auch zu verteidigen.

184

Laut Bericht des Proles an Herzog Wilhelm, 22. Januar 1476. KOLDE, S. 423, Beilage IV,8. 5. N o v e m b e r 1437, Bulle >Immensa Apostolicae Sedis benignitaso »Item, ut fratribus ipsis de Observantia Provinciae Saxoniae concedant, quod, e o r u m Vicario cedente vel decedente etc, alium Vicarium eligere possint, qui, concorditer electus, Vicarius censeatur etc, donec et quousque omnia eiusdem Ordinis in dieta Provincia loca existentia fuerint sub huiusmodi observantia reformata. Item, quod ipse Vicarius et singuli fratres de observantia dictae Provinciae e o r u m Priori Generali dumtaxat, et nemini alteri sint subiecti « Text bei Kunzelmann, Die sächsisch-thüringische Provinz, S. 398, A n m . 1995. Bestätigt w u r d e n diese Privilegien am 27. Januar 1438 durch den päpstlichen Kardinallegaten Julianus de Caesarinis. Vgl. KUNZELMANN, S. 400f., Kolde, S. 82f. 185

Fürstliche

Obrigkeitliche

Gewalt

Reform

der

gegen die Feinde der

Bettelorden

95

Reform

Das Urteil aus Rom gegen Proles drohte tatsächlich die herzogliche Klosterpolitik ins Leere laufen zu lassen, denn Klöster wie Gotha, Salza, Sangerhausen und Königsberg suchten sich umgehend der Obödienz eines Generalvikars zu entziehen, der schließlich keiner mehr war. Doch der entscheidende Stoß gegen die Ordensreform wäre erst dann gelungen, wenn der Herzog dem Druck nachgegeben und die Kongregation fallengelassen hätte. Doch Wilhelm III. griff durch, indem er Gewalt anwendete, ohne sein Recht dazu in irgendeiner Weise zu begründen. Er mochte sich - ein >titulus< findet sich immer - als weltlicher Arm der Kirche verstehen, wenn er nach Wiederherstellung des alten Rechtszustandes die nach seinem Verständnis jetzt rebellischen Reformgegner aus den Klöstern auszutreiben gebot und anordnete, dem dann vagabundierenden >Mönchsgesindel< keinen Unterschlupf zu gewähren 186 . Wilhelm berief sich in diesem Mandat auf die Tatsache, daß die Reformgegner ihrem Zorn mit einem Schmähpamphlet zuvor Luft gemacht hatten, das vor allem dem Generalvikar flucht, während Herzog Wilhelm nur indirekt, als von Proles Verführter, angegangen wird. Man fand das lateinische >Schandblatt< am Portal der Augustinerkirche zu Gotha angeschlagen, von konventualen Mönchen verfaßt, die wohl aus Salza ausgelaufen waren. Die verbitterten Mönche geißeln darin die Heuchelei der Observanten, die Gehorsam predigen, selber aber den Ungehorsam gegenüber dem Ordensgeneral nicht scheuen, die sogar Fürsten und Völker verfuhren, auf ihre Heuchelei hereinzufallen 187 . Proles war entsetzt, lesen zu müssen, wie schamlos diese Mönche gegen die Reform ihre wahre Gesinnung entblößen: Wenn sie in ihre Klöster nicht zurück dürfen, werden sie eben die Hurenhäuser aufsuchen und »alle tage gemeyne frawen in die kirchen und pfordten des closters brengen, unczimlich von den [observanten] brudern zu reden« 188 . Herzog Wilhelm hatte - im Gegensatz zu Proles - die Chance dieses Vorfalls für die Sache der Kongregation sofort begriffen und seinen Vikar gerügt, daß er zu ineffektiv, nicht geschäftsmäßig genug verfahren sei. In Gegenwart von Zeugen und Notaren hätte umgehend Beweissicherung geschehen müssen, um öffentlich wirkungsvoll die Verstokkung der Ungehorsamen ins helle Licht stellen zu können 1 8 9 . 186 »Ist unßer ernstlich begern«, schrieb er an den Rat von Gotha, »das ir derselben ungehorsamen monch und ander der reformirten bruder widerstender keinen by uch zu enthalten zu husen oder zu herbergen gebietet und des nicht gestatet.« Brief des Herzogs vom 24. Januar

1 4 7 6 . KOLDE, S. 4 2 7 , B e i l a g e I V , 10. 187

188

V g l . KOLDE, S. 1 1 9 f .

KOLDE, S. 119, S. 427, Beilage IV, 10; Wiedergabe des Schmähpamphlets durch Herzog Wilhelm. An den Rat zu Gotha, 24. Januar 1476. 189 »Lassen uns aber beduncken, es were nicht bose gewest, das ir zu stund, alspalde man die zedeln angeslagen fand, notarien et testes darzu gefurd und davon guzugnis genomen, uf das ir sollichs hedtet an notdürftig ende geschriben und verkundigen mögen, daruß man verstünde, wie sich dieselben ungehorsamen monche von Salcza so gar uffmberlich [offenbar] durch yre verstockte verzweuelunge uß yrem geistlichen stände en ein verdamppte wesin geben, das man

96

Die Reform Herzog Wilhelms III.

Klosterfreiheit

und

Landesherrschaft

Die Rechtsunsicherheit, die der Konflikt beiden Parteien, den Observanten wie den Konventualen, gebracht hatte, konnte die Stellung des landesherrlichen Klosterreformers nur stärken. Proles machte den ungeduldigen, wegen des stockenden Verfahrens unzufriedenen Herzog auf diesen Sachverhalt ausdrücklich aufmerksam 1 9 0 . Er sollte recht behalten. Herzog Ernst, der Erzbischofvon Magdeburg, Sohn des Kurfürsten Ernst von Sachsen, fungierte als päpstlicher Richter im Reformstreit. Vor ihm wurde im Mai 1477 ein Kompromiß erzielt, der am Fortbestand der Fürstendienste leistenden Kongregation nicht das Geringste änderte. Die Klöster, »durch u. f. g. under bebistliche privilegien gesactzt«, blieben der Kongregation erhalten, mit Ausnahme des Konvents zu Königsberg, den Proles nicht auch noch zurückzufordern wagte. Gemäß dem klugen Rat Johanns V., Bischofs von Meißen, brachte er dieses >heiße Eisern bei den Verhandlungen gar nicht erst vor. Weigert sich der Provinzial nach Abschluß des Kompromißvertrages, dieses Kloster bei der Kongregation zu belassen, dann steht - nach Auskunft des Bischofs - dem Herzog allezeit das ungehinderte Recht des Landesherrn zu, dem Generalvikar die Übernahme des Königsberger Konvents zu befehlen 1 9 1 . Daß auch Bischöfe wissen, wo die Macht tatsächlich liegt, überrascht nicht. Es war die Zeit, als die Wettiner ihrer größten Machtfülle im Reich zustrebten: Herzog Ernst war 1476 Erzbischof von Magdeburg geworden und sollte 1479 auch die Koadjutorie von Halberstadt erlangen. 1482 bestieg Herzog Albrecht, ebenfalls ein Sohn des Kurfürsten Ernst, den Stuhl des Erzbischofs von Mainz. Johann V. von Weissenbach, Ordinarius von Meißen, war ein wichtiger politischer Berater und Vermittler zugunsten der Machterweiterung des Hauses Wettin 1 9 2 . Daß der Bischof aber so fraglos die de facto-Unterstellung der Klöster unter die Landesherrschaft akzeptiert, verwundert doch. Die Exemtion gerade der Bettelorden gegenüber der Diözesanaufsicht scheint auf die Dauer den Preis gefordert zu haben, daß die Bischöfe für die Verteidigung der Klosterfreiheit nicht ernsthaft eingetreten sind, zumal sie als Landesherren in gleicher Weise zu verfahren pflegten wie weltliche Fürsten.

sich vor yn zu hüten und sie dafür zu halten, auch zu yr zu gedencken hedte g e w e s t . . . « Herzog Wilhelm an Proles, 24. Januar 1476. KOLDE, S. 425f., BeilageIV,9. 1 9 0 »Item is durch sulchin uffschub dy sache gesaczt in u. g. gewalt das vor so nicht was. Unde muß nu geendit werdin noch u. g. willin unde wolgefallin.« Proles an Herzog Wilhelm, 12. Februar 1477. KOLDE, S. 431, Beilage IV,16. 1 9 1 Bericht des Proles an Herzog Wilhelm über die Kompromißverhandlungen, 2. Juni 1477. Vgl. KOLDE, S. 433, Beilage IV,19. 192

V g l . WILLI RITTENBACH, SIEGFRIED SEIFERT: G e s c h i c h t e d e r B i s c h ö f e v o n M e i ß e n . L e i p z i g

1965, S. 338.

Fürstliche

Reformzeit als

Reform

der

Bettelorden

97

Gnadenzeit

Z u r ü c k z u k o m m e n ist auf den Schrecken des Andreas Proles, als ihm das Schandpamphlet von Gotha in die Hände fiel. Sein Brief v o m 22. Januar 1476, den er an den Herzog sandte, ist zu einem ganz auf die Person des Landesherrn ausgerichteten Kurztraktat geworden, der in Trost und Mahnungen willkommenen Einblick darin gewährt, was man dem »obersten Hanthaber aller guten Wercke«, wie Wilhelm sich selber bezeichnen konnte 1 9 3 , offen antragen und worauf man ihn theologisch behaften durfte, u m ihn bei der Entscheidung zu halten, die Kongregation gegen eine bannende Kirche und gegen verstockte Mönche zu schützen: Diese Schmach ist Anfechtung, sie ist eine Probe auf gottgefällige Standhaftigkeit, wie Proles den aufbrechenden Widerstand gegen die Reform deutet, u m dem Landesherrn die einmal begonnene Aufgabe als verdienstliches Werk auf die Seele zu legen. Die Auseinandersetzung mit den Feinden der Reform lehrt, daß man auf das gemeine Volk nicht bauen darf, denn es verfällt den niederen Sinnen, anstatt der Vernunft zu folgen. Wenn »gotis unde u. g. [Euer Gnaden] werke« tatsächlich Bestand und Fortgang haben sollen, dann wiederu m nur durch Gott und den Landesherrn selber. Sie allein also können vollenden, was sie begonnen haben. Daraus sprechen die Erfahrungen des Generalvikars, die offenlegen, w a r u m er mit aller Kraft sich an den Fürsten klammert. Gibt es eine H o f f n u n g auf Reform, dann liegt sie allein bei Gott und Herzog Wilhelm. Ich schreibe, bekennt Proles aus Bedrängnis und zugleich aus Scham, »czitterhaftig«, denn ich furchte, mir - Gott bewahre - einen ungnädigen Herrn zu schaffen 1 9 4 . Eben deshalb soll dem >Herrn< das eine ohne Zweifel deutlich werden: Reformwerk ist Gottes Werk. Der Generalvikar verweist den Herzog nicht auf den politischen Nutzen der Reform, sondern greift zu ganz persönlichen, darin allerdings typisch spätmittelalterlichen Glaubensüberzeugungen: >Bei dem Heilswerk, das Christus auf Erden u m Eurer Seligkeit willen vollbracht hat, ermahne ich e. f. g., daß sie sich der großen M ü h e nicht verdrießen lasse, die not ist, u m die Reform zu vollenden, die hier zu Christi Ehren begonnen worden istUm Jesu willen hat der Herzog sich auf seiner Reise nach Salza sogar der Pestgefahr ausgesetzt. Der Herr über Leben und Tod aber bewahrt, so dürfen wir hoffen, in seiner Güte den fürstlichen Reformer vor bösem, schnellen EndeUngenügen der menschlichen Werke< erweist sich bei Proles im Dienst der pastoralen Auferbauung als Muster ohne Wert. Die allgemein bekannte und vielfach auch anerkannte Verdiensttheologie hat der Generalvikar seinem Schutzherrn um der Reform willen auch lebensgeschichtlich gezielt eingeschärft: >Ich habe Sorge, Euer Gnaden hat in jungen Tagen von Gott weniger verdient, als Ihr heute lieb wäre. Darum wollen wir alle Gott den Herrn bitten, daß er in seiner Barmherzigkeit Geduld habe mit Eurer Vergangenheit und Euch noch lange Zeit zu reichem Verdienst gewähren 1 9 5 Die Einfuhrung der Observanz ist Gegenstand der Staatskunst, die nach ihren, eben politischen Gesetzen handelt und selbst vor Pressionen und Rechtsdehnungen nicht zurückscheut. Zu warnen ist jedoch, hinter der Raison des Politischen das religiöse Anliegen der handelnden Personen verschwinden zu lassen - dann begreift man auch ihre Politik nicht. Die Reform des Landesherrn ist getragen von Glaubensüberzeugungen, die in sein Leben und ganz gewiß in sein Sterben eingreifen. Für sich selber hatte Herzog Wilhelm den reformierten Franziskanerorden als christliche Lebensgemeinschaft gewählt. Der Guardian des von ihm gegründeten Weimarer Konvents, Bartholomäus Kaarstadt, war sein Beichtvater und zugleich geistlicher Berater für die Klosterreform. Andreas Proles hat des öfteren sich der Fürsprache des Franziskaners bedient, um beim Herzog Gehör zu finden. Erst recht im Tode suchte Wilhelm III. die Teilhabe am gottgefälligen Verdienst observanter Franziskaner. Im >eigenen< Kloster zu Weimar hat der fürstliche Reformer, angetan mit dem Habit der Brüder des heiligen Franz, seine letzte Ruhe gesucht 196 . 195

Ebd. »Tandem idem lantgravius Wilhelmus anno domini 1482 obiit in W y m a r i a . . . Sepultus in Wymaria in coenobio fratrum minorum, quorum et habitum in extremis induit.« Chronicon Ecclesiasticum Nikolai de Siegen OSB, hg. v. F. X. WEGHLE. Jena 1855, S. 461,6-11. 196

Fürstliche

C. Regeltreue

bei den

Reform der

Das Selbstverständnis

Bettelorden

der

99

Observanten

Augustinern

Der Ratschlag des Bischofs von Meißen, dem Landesherrn den Reformbefehl für das Augustinerkloster Königsberg zu überlassen, zeigt an, daß bereits im Jahre 1477 für die Bischöfe im Bereich der wettinischen Herzogtümer das landesherrliche Reformrecht nicht zur Debatte stand. Wenn man somit davon ausgehen kann, daß innerhalb Sachsens Klarheit über die Aufgaben des Landesherrn geschaffen ist, drängt sich die Frage nach dem inneren Gehalt der obrigkeitlich vorangetriebenen und gestützten Reformen auf. Damit ist allerdings eine Frage gestellt, über deren Form und Zielrichtung in der Forschung noch keinerlei Klarheit besteht, von einer Antwort ganz zu schweigen: Wann wird eine Reform nötig? Wie beschreibt man den >Verfall< etwa in einem Bettelorden? Ist es ein Verlust ursprünglicher Ideale, wenn die Brüder in den Städten und auf dem Lande predigen und Seelsorge betreiben, um dieser Aufgaben willen aber das gemeinsame Leben im Kloster vernachlässigen müssen? Kann man Konvente in den Städten gründen und sich zugleich von den Lebensgesetzen einer Stadt fernhalten? Wird ein Konvent bettelarm bleiben, wenn ihm für seine Funktionen in Stadt und Land Gelder und Güter übereignet werden, in welcher juristischen Form von Besitz auch immer? Ist es ein Verfall, wenn Bettelmönche an Universitäten öffentlich lehren und mehr in der Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden leben als mit den schlichten Brüdern im angestammten Konvent? Oder ist es ein Verfall, wenn die Mönche sich aus den Universitäten zurückziehen und die Wissenschaft der Welt überlassen 197 ? Auf solche Fragen findet man auch bei einem derart engagierten Klosterreformer wie Andreas Proles keine Antworten, und das wohl nicht nur, weil er literarisch wenig hinterlassen hat. Was wir aber von ihm kennen, reicht wenigstens aus, um skizzieren zu können, warum er die mühevolle Reformarbeit so beharrlich auf sich genommen hat. Von einer Predigt über das Thema >De privilegiis religiosorum< sind Exzerpte erhalten, die sein Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der monastischen Lebensform deutlich machen: Durch die Profeß und die Treue zur Observanz ist dem Mönch von Gott ein sicheres Privileg verliehen, das ewige Heil zu erlangen. Weil er die Welt verlassen hat und Christus nachfolgt, hat Gott sich ihm verbunden, seine Sünden vollständig zu vergeben, ihm sowohl die Sündenstrafe als auch die Sündenschuld zu erlassen (»plena peccatorum remissio, poenae videlicet et culpae«). Wer im Kloster aber nicht »religiöse« lebt, hat die Welt nicht wirklich verlassen und bricht somit, was er gelobt hat. Dem schuldet Gott weder Gnade noch Heil, die er dem Observan197 Siehe dazu KASPAR ELM: Verfall und Erneuerung des Ordenswesens im Spätmittelalter. In: Untersuchungen zu Kloster und Stift. Göttingen 1980, vor allem S. 197—202. Siehe ebenfalls die eindringende, den inneren Problemen der Klosterreform gewidmete Untersuchung von KLAUS SCHREINER: Benediktinische Klosterreform als zeitgebundene Auslegung der Regel. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 86 (1986) S. 105—195.

100

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

ten pflichtig ist, wie er selber zugesagt hat: »Die ihr alles verlassen habt und mir nachgefolgt seid, werdet hundertfach empfangen und das ewige Leben besitzen« (Mt 19,29). Die vollzogene oder ausbleibende Klosterreform entscheiden also über das Heil oder das Unheil des Klosterbruders 198 . Herzog Wilhelm, mit den Klosterordnungen im eigenen Namen selber auch geistlich aktiver Reformer, war interessiert zu wissen, wie die Observanz bei den Augustinern sich konkret gestaltet. Der Wunsch, Inhaltliches über die Erneuerung des Ordenswesens zu erfahren, entspringt also nicht nur der Forscherneugier späterer Zeiten. Wilhelm ließ dem Generalvikar durch seinen Beichtvater die Frage vorlegen, »was die bruder der privilegyrten observancien mehe thuen wenn dy andern«. Die Antwort daraufist ausweichend und erscheint sogar nichtssagend, weil Proles die präzise Aussage mit dem Hinweis auf die Heilige Schrift verweigert, die ihm verbiete, sich selber zu loben und damit dem Bruder zu lästern: »der halben weiß ich nicht wol in der frogen zu antworten.« 1 9 9 Diese Ablehnung ist gewiß mit monastischer >humilitas< zu begründen und im Sinne des Antwortenden wohl bereits ein Ausdruck der Reform des geistlichen Lebens in Übereinstimmung mit der Warnung in der >Regula Augustini*, den Kopf im Kloster nicht hochzutragen 200 . Die Fortfuhrung der Antwort - genauer: der verweigerten Antwort - weist denn auch auf die Regel und die Gesetze des Ordens hin, nach deren N o r m die Observanten >mit Gottes Hilfe und dem Vorsatz täglicher Besserung* ihr inneres und äußeres Leben auszurichten versuchen. Was menschliches >Unwissen, Vergessen, Schwäche oder auch Bosheit* (»snodekit«) verfehlen, ist in >gnädiger Buße* zu sühnen 201 . Man wird damit rechnen dürfen, daß diese zweifellos dürre Darstellung den Kern der Augustinerreform dennoch trifft: Buße und regelstrenges Leben ohne Dispense bilden die Essenz dessen, was unter Reform damals verstanden wurde. Es gibt keinen Beleg dafür, daß die Augustiner jemals neue, vom Herkommen abweichende Lebensbestimmungen eingeführt hätten. Man darf sich dessen um so sicherer sein, als auch ein 1489 den Augustinern zu Königsberg vorgelegter Fragekatalog gerade die Sittenzucht und die Einhaltung der bekannten Ordenskonstitutionen zu kontrollieren aufgibt: 198 »Sic optimus deus secundum suam omnipotentiam et ordinationem et conventionem factam cum religiosis tenetur eis dare remissionem omnium peccatorum, quia ipse dixit: >Qui reliquistis omnia et secuti estis me, centuplum accipietis et vitam aeternam possidebitis. Centuplum accipiunt hic per gratiam et ibi centuplum per gloriam. Sed qui in monasteriis non vivunt religiöse, illis nec deus tenetur dare, quae promisit, quia tales non fecerunt nec faciunt, quae voverunt.« Andreas Proles, Collecta ex sermonibus pro religiosis, fol. 144r—145r. Siehe auch BERNDT HAMM: Frömmigkeitstheologie am Anfang des 16. Jahrhunderts. Tübingen 1982, S. 2 9 2 f. 199 Die Fragestellung ist von Andreas Proles zusammengefaßt worden. Proles an Herzog Wilhelm, 26. Januar 1476. KOLDE, S. 429, BeilageIV,13. 200 Siehe vor allem das zweite Kapitel der Augustinerregel. Die großen Ordensregeln, hg. v.

H . U R S VON BALTHASAR. 2. A u f l . E i n s i e d e l n 1 9 6 1 , S. 1 6 1 f. KOLDE, S. 4 2 9 .

Fürstliche

Reform

der

Bettelorden

101

»Item lasse man heimlich fragen, zum ersten, ob sie im Refektorium essen auf einem langen Tisch, als in reformierten Klöstern gebührlich ist, Item ob sie mit Schweigen essen, Item ob man zu Tische lese die ganze Mahlzeit, Item ob sie fasten von O m n i u m Sanctoru m auf Weihnachten, Item ob sie alle Nacht Metten singen, und wer darinnen sei, Item ob sie außer der Zeit der gemeinen Mahlzeit sonderlich essen oder trinken, Item ob sie in der Stadt zechen, Item ob sie am Freitage Kapitel halten und offenbare Schuld mit gesetzten Bußen rechtfertigen, Item ob Frauen in das Kloster gehen, Item ob sie mit etlichen verdächtige Gemeinschaft haben. « 2 0 2

Selbst die durch Johannes von Staupitz im Jahre 1504 für die Reformkongregation herausgegebenen Lebensgesetze lassen nur wenige Abweichungen von jenen Ordnungen erkennen, die 1290 für die noch ungeteilte Augustinergemeinschaft erlassen worden waren. Das Ziel der Staupitzkonstitutionen ist die Festigung der Kongregationsstruktur, nicht eine Änderung der im Orden üblichen >vita monastica< 203 .

Reformstatuten

der

Franziskaner

Im Gegensatz zu den Augustinern findet man für die Beschreibung der Reform bei den Franziskanern konkreteren Anhalt. Während der Regierungszeit Herzog Wilhelms haben die sächsischen Observanten unter dem Vikariat des Henning Sele auf ihrem Kongregationskapitel 1467 zu Brandenburg neue Statuten verabschiedet, die authentisch Aufschluß zu geben vermögen über die bei ihnen angestrebte Reform 2 0 4 . Die meisten der Bestimmungen bleiben im Rahmen des zu Erwartenden: Großes Gewicht wurde auf die Ausbildung der Novizen gelegt 205 , und Vorsicht ließ man bei der Aufnahme von Brüdern aus den Reihen der Konventualen walten, die sich zunächst nur probeweise observanten Konventen anschließen dürfen. Ihre Probezeit ist eine Prüfung der Demut, und selbst nach deren Ablauf, nach einem halben oder sogar ganzen Jahre, werden sie die Ämterlaufbahn nicht so schnell erklimmen wie >eingesessene< Observanten 206 . Das zweite, umfangreiche Kapitel mit vielen detaillierten liturgischen Einzelanweisungen ist der Ordnung des Gottesdienstes gewidmet, von dem sich die Mönche durch nichts abbringen lassen dürfen 207 . Allen Klostervorgesetzten

202 GUSTAV KAWERAU: Luther in katholischer Beleuchtung. Glossen zu H. Grisars Luther. Leipzig 1911, S. 68, Anm. 49. Der vollständige Text mit den Fragen nach Königsbergs Stellung zur Kongregation bei Kolde, S. 131. 203 Siehe unten S. 164 f. 204 BONAVENTURA KRUITWAGEN OFM: Statuta Provinciae Saxoniae condita Brandenburgi an. 1467, immutata Luneburgi an. 1494. In: Archivum Franciscanum Historicum 3 (1910)

S . 9 8 - 1 1 4 , 2 8 0 - 2 9 3 ; v g l . DOELLE, O b s e r v a n z , S . 5 9 - 6 1 . 205

V g l . K R U I T W A G E N , S t a t u t a P r o v i n c i a e , S. 1 0 4 § 1 - 4 .

206

V g l . KRUITWAGEN, S. 1 0 4 f . § 5 .

207

V g l . K R U I T W A G E N , S . 1 0 5 § 1.

102

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

wird deshalb auch eingeschärft, die Brüder von äußerlichen Ablenkungen und überflüssigen Beschäftigungen abzuhalten, sie durch Wort und Beispiel zum geistlichen Leben zu fuhren und ihnen auch den Geist des Franz von Assisi nahezubringen 208 . Die Klausur ist strikt einzuhalten oder schnellstens wiederherzustellen. Auch die Predigttätigkeit 209 außerhalb der Klöster darf nicht zum Bruch des Klausurgebotes mißbraucht werden. Nach beendigtem Dienst haben die Brüder unverzüglich in ihren Konvent zurückzukehren 210 . Die Wiederherstellung der franziskanischen Armut 2 1 1 muß auch nach außen sichtbar werden, wenn die Brüder Almosen sammeln. Selbst den sie begleitenden >Terminsmännern< ist es verboten, Geld anzunehmen. Wenn die Gläubigen am Karfreitag dem Kreuz Christi opfern, werden observante Franziskaner Geld zurückweisen, oder, falls die Spender das nicht zulassen, dieses an die Armen verteilen 212 . Das Brandenburger Kapitel macht mit der Armut ernst und verlegt wohl jenen Scheinreformen den Weg, die am Besitzstand Veränderungen vornehmen, ohne den »usus fructus< zu beschneiden. So baten die Franziskaner zu Leipzig am 24. Oktober 1453 den Stadtrat, ein Legat zugunsten des Klosters von jährlich zwei Fässern Heringen gemäß den Vorschriften ihrer Regel rückgängig machen zu wollen, den Fisch aber dennoch weiterzuliefern - nun aber als Almosen, wie die Ratsherren es sonst »armen luten gebin wolden«. Der Ordensregel war damit entsprochen und der vormalige Zustand zugleich gewahrt. Auch Abtretungen an Liegenschaften konnten ohne Beeinträchtigung der Einnahmen vor sich gehen. Kurfürst Friedrich II. verfügte 1458 die Übertragung von 36 Acker Wald an den Rat von Leipzig, ohne den Franziskanern das N u t zungsrecht >zu des Klosters Notdurft< zu entziehen. Der Besitzer hatte gewechselt, der Regel war Genüge getan, doch das Einkommen blieb das gleiche 213 . Die strikte Zurückweisung von Almosengeld durch die Reformstatuten läßt jetzt vermuten, daß die Brüder zum rechten >usus pauper< zurückgeführt werden sollen, so daß die Bestimmung, Terminirhäuser und andere Liegenschaften abzustoßen - »tamquam nobis illicite et dampnose« - 2 1 4 , auch Einkommensverluste zur Folge haben dürfte.

208

V g l . KRUITWAGEN, S. 1 1 4 § 2 9 .

209

Die Volkspredigt der Franziskaner wird nicht von der Erlaubnis der Ortspfarrer abhängig gemacht. Diese wurde aber notwendig, wenn Franziskaner das Sakrament des Altars reichen, Ehen schließen oder die letzte Ölung spenden wollten - dem Kirchenrecht entsprechend. Vgl. KRUITWAGEN, S. 2 8 6 § 6. 210 KRUITWAGEN, S.284§1. 211 N u r ein Habit ist dem einzelnen Bruder zugestanden, Fleisch und Bier werden rigoros gekürzt, überflüssige Bücher oder Kelche sind abzustoßen, der Vikar kann sie bedürftigen Konventen zukommen lassen. Vgl. KRUITWAGEN, S. 281 f. § 4—7. 212

V g l . KRUITWAGEN, S. 2 8 1 § 6 .

213

Vgl. Urkundenbuch Leipzig, Bd. 3, S. 261, Nr. 338, Nr. 339. Kruitwagen, S.281 §5.

214

Fürstliche Reform der Bettelorden

Predigtmandat

der

103

Observanten

Eine Überraschung bereitet in den Statuten das Predigtmandat, das der Volkspredigt Zügel anlegt, damit diese nicht mißbraucht werde, Gläubige gegen ihre Herrschaft aufzuhetzen. Die Brüder haben sich zu mäßigen, Kritik gegenüber Klerikern und Obrigkeiten nur »in generalibus terminis« vorzutragen und von aggressiver, unverhüllter Polemik gänzlich abzusehen. Erst recht ist es dem Kirchenrecht entsprechend verboten, Prälaten anzugreifen oder die Laien von ihrer Pfarrkirche abzuziehen. Wer weiterhin gegen Kirche und Obrigkeit agitiert, geht seines Predigtauftrages verlustig 215 . Auch die Art und Weise des Predigtvortrags wird geregelt, immer nach dem Grundsatz, alles zu vermeiden, was das Volk aufreizen und aufwiegeln könnte. Die Prediger sollen auf den Kanzeln in normaler Haltung stehen, nicht mit ausgestreckten Armen in Kreuzesform. Auch haben sie es zu unterlassen, die Hörer so mitzureißen, daß sie in Emphase ausbrechen, >Jesus< schreien oder >Erbarmen< seufzen, wie das alles »more ytalico« von Kapistran her bekannt war 2 1 6 . Sächsische Franziskaner aber sollen »secundum modum patrie« ohne Kreuzeshaltung predigen und die pathetisch ausholende Gebärde meiden, in ihrer Sprache »honeste« bleiben und die Worte >züchtig< wählen. Grundsätzlich gilt den Observanten die Pflicht zum Frieden mit Prälaten und Gemeindepfarrern, mit Kaplanen und Mönchen anderer Orden. Nicht Streit, sondern Liebe und Gehorsam haben sie zu üben, wie Franz von Assisi das gewollt hat 2 1 7 . Dieses Predigtmandat ist deshalb von so hoher Bedeutung, weil es das Selbstverständnis der Franziskanerreformer offenlegt: Arm sollen die Brüder sein, nicht aber radikal, als Observanten wollen sie gelten, nicht als Fraticellen verdächtigt werden. Ihre Predigt diene der Auferbauung in Liebe, nicht der Aufhetzung des Volkes gegen seine geistliche und weltliche Obrigkeit. Solche Ordensreform fügt sich organisch in die landesherrliche Politik ein. Die Statuten sind >bürgerlich< auf Pazifizierung und Kontrolle ausgerichtet, damit nicht politisie2 1 5 » . . . statuitur et ordinatur, quod fratres in suis predicacionibus, quas ad populum faciunt, contra clerum seu principes aut dominos temporales seu alios quoscumque nisi in generalibus terminis verba sua non fulminent, seu sie acriter ac indiscrete invehant contra e o s . . . inhibemus, ne in sermonibus suis ecclesiarum prelatis detrahant, aut etiam retrahant laycos ab ecclesiarum suarum frequentia vel a c c e s s u . . . privetur huiusmodi predicator [scandalum seu disturbium exoriens] predicationis o f f i c i o . . . « KRUITWAGEN, S. 284f. § 2 . 2 1 6 Vgl. den Bericht des Erfurter Chronisten Härtung Cammermeister: Kapistrano »wieszete noch der prediate[!] ettliche stucke heilthums Sente Bernhardin, und als dicke er eyn stugke wysete, so hyesz er dy lute, das sie gemeinlich musten ruffen >Jhesus< und >misericordiasibi subiecta< 221 ,

2 1 8 »Auch wulliln wir nicht mit keinerley Jheger, Hunden, Stecheroß oder fälcken, die closter beladen noch beschedigen. « Benediktinerordnung, RUDOLPHI, Teill, S. 141a. 219 Ebd. 2 2 0 Herzog Wilhelm an A b t j o h a n n e s von Pforte, 1. Juli 1464. Urkundenbuch Pforte, S. 242, Nr. 316. 2 2 1 »Wilhelmus, dux Saxonie lantgravius Thuringie, exegit medietatem fructuum seu o m nium censuum ab omnibus nobilibus suis atque monasteriis sibi subiectis sive obulum, et omnes atque singuli sibi cogebantur usque ad minimum quadragantem persolvere, licet multis esset satis grave atque contrarium. Et nota, quod tale simile nunquam auditum aut cognitum fuit a seculari principe, sic videlicet gravare monasteria, cum non egeret neque heredem de se legitimum haberet. « Chronicon Ecclesiasticum Nicolai de Siegen, S. 460.

Fürstliche

Reform

der

Bettelorden

105

dem Landesherrn Untertan, und sie sind, das ist hinzuzufügen, aus ihrem U n t e r tanenstatus auch dann nicht entlassen, wenn ihnen Untertanenpflichten erlassen werden. Es dürfte seitens der Mönche auch Versuche gegeben haben, sich mit Hilfe von Bischöfen der ungeliebten Dienstpflicht zu entziehen. Das bezeugen allerdings sehr viel später - jene Gravamina, die 1521 von den weltlichen Ständen während des Reichstages vor den Kaiser gebracht wurden. Wiewohl die reichen Klöster, so heißt es in Worms, zumeist von den weltlichen Herren gegründet und ausgestattet worden sind, nehmen sich die »gaistlichen fursten« dennoch das Recht heraus, gegen Abstandszahlungen das vermeintliche Privileg zu verleihen, dem Adel die »geburlichen costen futer und mal« zu verweigern »wider alts, loblichs herkomen und billichait« 222 . Darin ist das Gravamen von grundsätzlicher Bedeutung, daß die weltlichen Reichsstände die Gelegenheit nutzen, ihre Ansprüche auf die Leistungen der Landesstifter öffentlich vor Kaiser und Reich festzuschreiben und sich gegen jene Bischöfe zu verwahren, die Gewinne erzielen, indem sie fremde Untertanen aus der Dienstpflicht gegenüber ihren Landesherren entlassen.

Befreiung von Dienstleistungen,

Sanierung von

Konventen

Das Verlangen nach einer Befreiung der Klöster von unnötigen Diensten blieb trotz eingeforderter Fürstenrechte keine Ankündigung allein auf Papier, denn Herzog Wilhelm III. ist der Verwirklichung seines Programms mit eigenem Beispiel vorangegangen. A m 20. August 1482, kurz vor Wilhelms Tod, berichtet Abt Heinrich von Pforte von den Erleichterungen, die der Landesherr ihm und den Brüdern hatte zuteil werden lassen. Er dankt für die Befreiung von Leistungen zur Versorgung der herzoglichen Jagd, so daß der Konvent der Hunde- und Pferdehaltung sowie der Falknerei ledig geworden ist 2 2 3 . Selbst in Kriegszeiten habe der Herzog das Kloster samt dazugehörigen Höfen und Dörfern mit Kontributionen verschont. Sogar die allgemeine Beherbergungsund Bewirtungspflicht ist gefallen, er »hat den großen öberfal der gastunge gar gelichtiget, so das nymandt das closter in gastsweiße besuchet, er habe dan uwer gnaden willen« 2 2 4 . 222 Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser KarlV., Bd. 2, h g . v . A. WREDE. Gotha 1896 (Göttingen 1962), S. 688, 1 8 - 2 8 . 223 Die Lasten für die fürstliche Jagd haben die Klöster in besonderer Weise beschwert. Der Abt des Klosters Reinhardsbrunn hatte 1428 den Vorgänger Wilhelms, Landgraf Friedrich den Jüngeren, u m Befreiung von diesen Pflichten gebeten. Der Landgraf stimmte zu, ließ sich die Entlastung Reinhardsbrunns und anderer Klöster im Gegensatz zu Wilhelm III. aber bezahlen. Vgl. WINTRUFF, Landesherrliche Kirchenpolitik, S.21. 224 Abt Heinrich von Pforte an Herzog Wilhelm, 20. August 1482. U r k u n d e n b u c h Pforte, S. 267, N r . 354. Zisterzienserkloster Pforte, an der Saale bei N a u m b u r g , Diöz. N a u m b u r g , siehe Germania Monastica. Klosterverzeichnis der deutschen Benediktiner und Cisterzienser. Ottobeuren 1967, S. 126.

106

Die Reform Herzog Wilhelms III.

Der die Klosterwirtschaft kontrollierende Landesherr wird auch mit Nachrichten über den völligen Ruin von Ordenshäusern konfrontiert, so daß regelrechte Vergleichsverfahren notwendig werden konnten, wie es die Gläubiger des Zisterzienserklosters Georgental während des Jahres 1443 erleben mußten. Sie wurden von Herzog Wilhelm gezwungen, ihre Ansprüche zu reduzieren, um die Lebensfähigkeit des Konvents zu erhalten 2 2 5 . Ein ähnlicher Eingriff ist aus Eisenach zu berichten: Nachdem bereits 1445 der herzogliche Kanzler Thomas von Buttelstedt den Nonnen des dortigen Nikolaiklosters zur Aufbesserung ihrer Vermögenslage für ein Jahr sechs Malter Korn zukommen ließ, hatte sich die wirtschaftliche Situation drei Jahre später dennoch erheblich verschlechtert. Das Kloster ist in »groß Schulde und Unrade« gefallen und läuft 1448 Gefahr, »nicht wider zcu Krefften noch uß schulden« zu kommen. Deshalb verfügt Wilhelm III. eine gründliche Sanierung, die zur Verpfändung der Klostereinnahmen und -erträge führt, um bestehende Ansprüche ablösen zu können 2 2 6 . Wirtschaftliche Sanierungsversuche unternahm der Herzog auch in Reinhardsbrunn, dem Hauskloster der Landgrafen von Thüringen, die sich offensichtlich aber schwierig gestalteten. 1443 lud Herzog Wilhelm den Abt und die Gläubiger des Klosters vor, beruft im selben Jahr auch den Abt von Bursfelde, Johannes Hagen, nach Reinhardsbrunn, und fordert ihn im Jahre 1444 erneut zum K o m m e n auf. Schließlich, im Jahre 1446, fuhrt der Herzog ein Vergleichsverfahren durch, um das Kloster von den Ansprüchen seiner Gläubiger zu befreien 2 2 7 . Bei den Augustinern mußte der Herzog in die Wirtschaftsführung ebenfalls eingreifen. In Salza hatten die Konventualen ihren Konvent während der R e formwirren des Jahres 1475 aus Absicht völlig ruiniert, um einmal durch Zinserlaß die Bürgerschaft für sich zu gewinnen und ferner, um die Kongregation so weit wie möglich zu schädigen; so wenigstens sieht es Andreas Proles. Da sind dann der gute Rat und die Hilfe des Landesherrn teuer, denn Proles wagt es nicht, ohne dessen Wissen und Zustimmung Geld aufzunehmen oder Klosterkleinodien zu verkaufen 2 2 8 . Man wird davon ausgehen dürfen, daß in Weimar seiner Bitte um Erlaubnis zu diesen Sanierungsmaßnahmen die Zustimmung nicht verweigert worden ist.

2 2 5 Zu Georgental vgl. WINTRUFF, Landesherrliche Kirchenpolitik, S. 57. - Zisterzienserkloster Georgental, bei Ohrdruff, Diöz. Mainz, siehe Germania Monastica, S. 110. 226

V g l . WINTRUFF, S. 59; REINHARD, M e d i t a t i o n e s , S. 2 7 8 . B e n e d i k t i n e r i n n e n k l o s t e r St. N i -

kolaus in Eisenach, Diöz. Mainz, siehe Germania Monastica, S. 59. 2 2 7 Vgl. BARBARA FRANK: Das Erfurter Peterskloster im 15. Jahrhundert. Göttingen 1973, S. 193, 321 f. - Benediktinerkloster Reinhardsbrunn, Diöz. Mainz, siehe Germania Monastica, S. 37. 2 2 8 Brief des Andreas Proles an Herzog Wilhelm vom 14. Februar 1476. Vgl. KOLDE, S. 429f., BeilageIV,14.

Fürstliche Reform der Bettelorden

Konventsbesitz

107

und Reform

Eingriffe in die Wirtschaftsstruktur der Mendikantenkonvente betreffen nicht das Problem von Dienstleistungen auf Anforderung des Hofes, denn davon waren sie, die Armen, frei. Wenn Änderungen nicht von der Notwendigkeit einer Sanierung diktiert werden, dann ergeben sie sich aus einer den Ordensregeln entsprechenden Neuordnung der Klostervermögen. Im Rückblick berichtet Herzog Wilhelm von der Reform des franziskanischen Elisabethklosters unterhalb der Wartburg, das er den »brudern von der observancien ingethan« habe 2 2 9 . Die Rückführung der Mönche zur strikten Armutsregel setzte Vermögen frei, das der Herzog einzieht und sich zur U m w i d m u n g vorbehält. Er hat den anfallenden Besitz nicht dem Kammergut zugeschlagen, diesen aber auch nicht der Franziskanerprovinz zurückerstattet, die allererst Ansprüche auf freiwerdendes Gut ehemals zur Provinz gehöriger Klöster geltend zu machen hätte. Wilhelm III. verfährt ganz anders: Aus der >toten Hand< eines der Regel zuwider lebenden Klosters wird das Vermögen in geistlich lebendige Hände zur M e h rung des Gottesdienstes< überführt 2 3 0 . Das Gut erhält die Deutschordenskirche St. Peter zu Weimar, zur Entschädigung der Deutschherren, die aufherzogliche Anordnung das 1452 gegründete observante Franziskanerkloster, ebenfalls zu Weimar, hatten ausstatten müssen 2 3 1 . In Salza war zur Erhaltung der Observanz Wirtschaftshilfe notwendig, im reformierten Augustinerkonvent Neustadt (Orla) aber war eben wegen der Reform eine Verringerung des Vermögens erforderlich: Die Brüder mußten Besitz abtreten. Sie erhielten am 18. Oktober 1485 von Proles die Aufforderung, ihre Äcker zu verkaufen. Das geschah gemäß der Anordnung des Kurfürsten Ernst, der damit ganz im Sinne des inzwischen verstorbenen Landgrafen von Thüringen handelte. Da die Führung der Landwirtschaft mit einer Reform des Konvents nicht zu vereinbaren war, mußte das Ackerland aufgegeben w e r den 2 3 2 .

Kontrolle der

Klosterfinanzen

Übergreifend fiir alle Klöster hatte des Herzogs Verbot in der Benediktinerordnung Verbindlichkeit erlangt, ohne seine Erlaubnis Geld aufzunehmen 2 3 3 . 229

Schreiben Herzog Wilhelms vom 15. Mai 1457. GEB I, S. XXVI, Anm. 1. "o Vgl. GeC I, S. XXVII. 231 Vgl. DOELLE, Observanz, S. 14. 232 Brief von Proles an den Augustinerkonvent zu Neustadt (Orla), 18. Oktober 1485. Vgl. KOLDE, S. 434, Beilage IV,20. 233 Wenn es notwendig war, wurden solche Ermächtigungen auch erteilt. Aus dem Jahre 1448 stammt ein herzogliches Instrument, das die Zustimmung und Bestätigung für eine Anleihe - »umb etlicher schuld wegen« - erteilt, die das Johanniterhaus Weißensee beim Kapitel St. Severin in Erfurt aufgenommen hat. Wilhelm III. bestätigt, daß »die gnannten Kompthure und Convent pffichtig sin dem gnanten Techand und Cappitel [St. Severin]...« Geschehen ist

108

Die Reform

Herzog

Wilhelms

III.

Er fürchtete, daß die eigenmächtige Kreditaufnahme dazu angetan wäre, Mißwirtschaft in den Konventen zu vertuschen. Grundsätzlich gilt, daß die Wirtschaftseinheit >Kloster< unter obrigkeitlicher Kontrolle steht, um sowohl den Niedergang aufhalten als auch dem Übergang weltlichen Gutes in Kirchenbesitz steuern zu können, ohne damit den etwaigen Neuerwerb von Kirchengut in jedem Falle verbieten zu wollen 234 . Gegen Ende der sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts hatte sich Herzog Wilhelm eine Übersicht über den Geldabfluß thüringischer Ämter und Städte verschafft und ist bei seiner Überprüfung auch auf die Zinsverschreibungen an die Klöster gestoßen. Die Augustiner zu Gotha erhielten mit Datum vom 21. Januar (oder 28. Januar) 1470 ein Schreiben aus Weimar, das einleitend von dieser Erhebung berichtet und dann die Unregelmäßigkeit rügt, daß der dortige Konvent Erbzinsen ohne fürstliche Bewilligung vereinnahmt 2 3 5 . Wohl können die >Fratres< aufgrund ihrer eigenen Akten diese Einnahmen als rechtmäßig verbrieften Besitz ausweisen, doch fehlt ihnen das entscheidende Dokument der obrigkeitlichen Genehmigung. Der Herzog stellt als Grundsatz heraus, daß Zinsverschreibungen an kirchliche Institutionen ohne seine Stiftungsbestätigung illegitim sind, und deshalb eingezogen werden müssen. Solche Stiftungsbestätigungen sind üblich. So bewilligt Herzog Wilhelm am 3. März 1452 eine M e ß s t i f t u n g des Rates von Roda. In der Pfarrkirche s i n d j e d e n M o n t a g »für alle gleubigen Selen«, jeden D o n n e r s t a g »vor U n n s e r s Herren Lichnam« u n d j e d e n S o n n abend »vor der hochgelobten J u n g f r u w e n Sent Marien« Frühmessen zu lesen. D e r Rat erhält zugleich das Recht auf Stellenbesetzung dieser M e ß s t i f t u n g - »von U n s e r Fürstlichen M a c h t « 2 3 6 . Die herzoglichen B r ü d e r Ernst u n d Albrecht hielten f ü r Bestätigungen dieser Art bereits ein festes Formular bereit, das zuerst den Stifter - in der Regel eine ganze diese Geldaufnahme »mit Unsern Willen, Wissen und von Unßer sunderlicher bevelunge...« REINHARD, S. 1 9 4 . 234

1472 erteilte Herzog Wilhelm der Kollegiatskirche zu Salza die Erlaubnis zum Kauf von Grundeigentum und Immobilien: »Wir haben yn auch die Gnade gethan, daz sie vier Hofe ye einer 100 fl. wert und zwelff Hewser ye eines funffzig Gulden w e r t . . . Izund oder wenn yn daz ebent, mugen an sich keuffen, die dann furder zu den Canonicaten und Vicarien ewiglich gehören und bliben...« Reinhard, S. 233. Doch jene Güter, die den Chorherren von den Bürgern vermacht worden sind, müssen zum Rückkauf freistehen, wenn die Stifter oder deren Erben später Eigenbedarf anmelden sollten. Gelder, die sich durch Rückkauf ansammeln, sind wiederum zu Gunsten der Kirche anzulegen, um wenigstens auf diese Weise dem Willen des Stifters, in der Regel des Erblassers, Genüge zu tun. Vgl. REINHARD, S. 238. 235 »Nachdem Wir uß notdorfftiger Erforschunge, durch wem und wie mancherley fremde Erbzinse in Unsern Steten und Ampte uffgesazt oder durch waz Ankunfft [Legitimation] und bestetigte Besizunge die bißher ingenomen und gebrucht weren, daz Uns als Lands-Fürsten zu wissen geburet, nu kundig wurden und underrichtet sind, daz die Erbarn und Geistlichen Unser lieben Andechtigen Prior und Convent Einsideler Bruder Sanct Augustins-Ordens zcu Gota etlich Erbzinse von Husern und Gutern in und vor Unnser Stad Gotha lauffende des J a r e s . . . bißher ingenomen, der sie doch kein ander Ankunfft noch namhafftige Bewilligunge oder Bestetigunge von Unßern Eidern und Vorfarn seligen am Fürstentum oder uns fürzebrengen gehabt, dann allein yr Register.« REINHARD, S. 235 236

REINHARD, S. 9 4 .

109

Fürstliche Reform der Bettelorden

S t a d t g e m e i n d e , aber auch Privatpersonen - und dann den S t i f t u n g s z w e c k festhält. E s folgt die W i e d e r h o l u n g der B i t t e u m B e s t ä t i g u n g und dann die

förmliche

Bestätigung

selber: « . . . und gebin darzu U n s e r Gunst, V o l w o r t [ Z u s t i m m u n g ] u n d guten Willen v o n U n s i r Fürstlichen M a c h t und G e w a l t . . . « 2 3 7 Angeschlossen ist das R e c h t a u f Stellenbesetzung durch den Stifter, das sich der Landesherr allerdings auch v o r b e h a l t e n kann, w i e etwa in e i n e m Falle bei H e r z o g G e o r g 2 3 8 . E s findet sich - ebenfalls bei G e o r g - auch die E i n s c h r ä n k u n g , daß Liegenschaften, v o n deren E r t r a g eine Stiftung finanziert wird, »dodurch under die Geistlichkeit und geistlichen Gerichts Z w a n g k nicht k o m m e n , sondern in aller m o ß w i e v o r m a l s under U n n s e r A m p t . . . [in diesem Falle: Pirna] sein und bleiben s o l l e n « 2 3 9 . O b w o h l in G o t h a die B e s t ä t i g u n g fehlt, läßt der H e r z o g in A n s e h u n g der d o r t eingeführten R e f o r m Gnade vor Recht ergehen. D i e Augustiner dürfen

die

E r t r ä g e w e i t e r h i n in A n s p r u c h n e h m e n 2 4 0 , aber nur unter der B e d i n g u n g , daß sich d e r K o n v e n t a u c h f e r n e r h i n an die O b s e r v a n z hält. A n d e r n f a l l s w i r d die erteilte S o n d e r g e n e h m i g u n g zur Strafe w i d e r r u f e n 2 4 1 . D i e E i n g r i f f e in die K l o s t e r w i r t s c h a f t d u r c h H e r z o g W i l h e l m lassen anhand der vorgelegten Beispiele definieren:

Sie umfassen den E i n z u g

sich von

L e i s t u n g e n g e n a u s o w i e die E n t l a s t u n g e n v o n D i e n s t p f l i c h t e n . D e r L a n d e s h e r r ist b e r e i t , A u f g a b e n z u g u n s t e n d e s H o f e s o d e r d e s L a n d e s a b z u b a u e n , w e n n d i e F u n k t i o n d e s K l o s t e r s als g e i s t l i c h e I n s t i t u t i o n g e f ä h r d e t e r s c h e i n t . F a l l s w i r t schaftlicher N i e d e r g a n g droht, greift der Landesherr in gleicher Weise o r d n e n d ein, m i t d i r e k t e n Z u s c h ü s s e n o d e r d u r c h eine g e r e g e l t e S a n i e r u n g , die,

wenn

n o t w e n d i g , die V e r p f ä n d u n g v o n K l o s t e r e i g e n t u m einschließt. D i e E i n f ü h r u n g der O b s e r v a n z k a n n ebenfalls ö k o n o m i s c h e U m s t r u k t u r i e r u n g e n

zur

haben.

tragfähige

Heruntergekommene

Reformkonvente

werden

a u f eine

Folge

G r u n d l a g e g e s t e l l t , d e n n d i e r e g e l g e r e c h t e E i n h a l t u n g d e s A r m u t s g e l ü b d e s ist 2 3 7

REINHARD, S . 9 2 u. ö.

2 3 8

V g l . REINHARD, S . 1 0 0 .

REINHARD, S. 103. — Bei der Vergabe geistlicher Stellen an den Niederklerus blühte im 15. Jahrhundert der bürgerliche Stiftungseifen. Die Tatsache, daß der sächsische H o f für solche Fälle Formulare bereit hatte, bestätigt diesen Sachverhalt. Handwerker und Zünfte treten als Stifter auf, und wo der individuelle Reichtum für die Unterhaltung zu stiftender Stellen nicht ausreichte, mußte man sich zu Gemeinschaftsleistungen zusammenschließen. Die Höhe der aufzuwendenden Kapitalien schwankt: Eine tägliche Messe etwa kostete im Augsburg des 15. Jahrhunderts 500 Gulden Anlagekapital, in Hannover hingegen waren nur zwischen 300 und 400 Gulden anzulegen. Vgl. DIETRICH KURZE, Der niedere Klerus in der sozialen Welt des späten Mittelalters, S. 2 8 3 - 2 8 6 . 2 4 0 » . . . wiewol Wir dann als Landis-Furste uns derselben Zinse aller, der sie bewieselicher Ankunfft, auch Fürstlicher Verwillunge und Bestetigunge mangeln, angetzogen mochten haben«, machen Wir »auch angesehen die heiligen Observancien« öffentlich bekannt, daß Wir »Unser Vorbietunge an der obgemeldten yren unverteilten und unbestetigten Zinsen gnediclich abgestalt, die gesehen Summiß [Versäumnis] notdurfftiger Orkunde erfüllet und yn die von Nuwens verschriben, verwilligt und bestetigt h a b e n . . . « REINHARD, S. 235 f. 2 4 1 Falls sie »daz Got vor sei, so ubel teten, die Haidunge der heiligen Observantzien a b g e h i n . . . liessen, So wulten Wir, Unsir Erbin oder N a c h k o m m e n daruff zu einer pene macht haben, diese Unsere gnedige Verschribunge, Willunge und Bestetigunge zu widerruffen, abzustellen und sie der wider zu beroubenn an alles v e r s c h o n e n . . . « REINHARD, S. 236. 239

110

Die Reform Herzog Wilhelms III.

zu unterscheiden v o m Ruin in Verarmung. Wo aber Überfluß herrscht, ist dieser einzuschränken, um die Bettelmönche von der Welt zu ihren geistlichen Aufgaben zurückzuführen. Die Landesklöster sind einbezogen in eine umfassende Wirtschaftskontrolle, die auch darauf abzielt, einer weiteren Verfremdung weltlichen Gutes zugunsten der Kirche entgegenzutreten. Herzog Wilhelm betreibt damit eine ausgesprochene Amortisationspolitik und erläßt Amortisationsanordnungen, Anordnungen also, die die Freiheit des Vermögenserwerbs der Kirche beschränken, zumindest kontrollieren 2 4 2 . In allem wird der Wille zur Herrschaft offenbar, doch den geläufigen Verdacht der Herrschaft aus Habsucht sollte man nicht einfach weitertragen. In ihrer Untersuchung zur Benediktinerreform im thüringischen Raum muß Barbara Frank immer wieder die Reform des Herzogs konstatieren. Doch nur widerwillig kann sie sich dazu verstehen, ihm lautere Motive zuzubilligen - daß ihn »wohl auch persönliche Frömmigkeit zu einem besonderen Förderer der O r densreform. . . werden ließ«. Die Abgabebefreiungen, die Wilhelm zeitweilig für einzelne Klöster verfügte, werden lakonisch mit dem Hinweis kommentiert: um die Klöster »später um so höher besteuern zu können« 2 4 3 . Man wird das Handeln des Landesherren anders, weniger moralisch, dafür aber politischer zu beurteilen haben. Seine wirtschaftlichen Maßnahmen machen deutlich, daß die Klöster einschließlich der großen Abteien erhebliche wirtschaftliche Einbrüche zu verzeichnen hatten. Diese lassen sich mit dem allgemeinen wirtschaftlichen Wandel im späten Mittelalter von der Naturalien- zur Geldwirtschaft - besonders in Sachsen - erklären. Begünstigt von diesem U m b r u c h waren die nichtbäuerlichen Schichten, vor allem das Bürgertum in den Städten, aber auch das produzierende Handwerk auf dem Lande; benachteiligt waren j e n e Schichten und Institutionen, deren Unterhalt vorwiegend von der Agrarproduktion abhängig w a r 2 4 4 . Die ökonomischen Probleme werden zusätzlich auch auf spezifisch klösterliche Mißstände zurückzufuhren sein: Pachten kamen vielfach nicht regelmäßig ein, die einheitliche Kassenführung konnte an den Besitzverhältnissen der Klosterinsassen scheitern, und die Gemeinschaftsaufgaben, etwa die Instandhaltung der Gebäude, wollten oftmals weder der Abt noch der Konvent tragen 2 4 5 . Es legt sich der Schluß nahe, den schon Paul Mikat gezogen hat: »Ohne weltliche Klostergutverwaltung sind die Klosterreformen des 15. Jahrhunderts wahrscheinlich nicht denkbar. « 2 4 6

2 4 2 Siehe dazu HANS ERICH FEINE: Kirchliche Rechtsgeschichte. Die katholische Kirche. 5. Aufl. Köln 1972, S. 493. JUSTUS HASHAGEN: Laieneinfluß auf das Kirchengut vor der Reformation. In: Historische Zeitschrift 126 (1922), S. 3 8 0 - 3 8 7 . 2 4 3 FRANK, Das Erfurter Peterskloster, S. 193, 194. 244 YG] KARLHEINZ BLASCHKE: Finanzwesen und Staatsräson in Kursachsen zu Beginn der Neuzeit. In: Der Staat 25 (1986) S. 3 7 4 - 3 7 8 . 2 4 5 Vgl. NORBERT HECKER: Der Einfluß der Klöster und Stifte auf die Landesentwicklung im Mittelalter. Essen 1985, S. 8 4 - 8 8 . 2 4 6 PAUL MIKAT, Zum Verhältnis von Kirchengut und Staatsgewalt. In: Geschichte, Recht, Religion, Politik, hg. v. D. Giesen, Bd. 2. Paderborn 1984, S. 607.

Fürstliche Reform der

Bettelorden

111

Die Sanierungsmaßnahmen zeigen, daß Herzog Wilhelm eine umfassende Reformpolitik betrieben hat, die Geistliches und Weltliches und somit auch Ökonomisches umfaßt. Diese Reformpolitik zielt in jedem der Bereiche, sei er geistlich, sei er weltlich, auf den entsprechenden Nutzen, und damit auch auf den Nutzen für die fürstliche Herrschaft.

Dritter Teil

Landesherrliche Reform durch Ernestiner und Albertiner

7. Kapitel

Eine gemeinsame

Ordnung Jur das geteilte

Land

Entwurf einer Landesordnung im Jahre 1498 Seit dem 11. November, dem Martinstag, 1485 war Sachsen ein geteiltes Land. Seine Gebietszuordnung an die wettinischen Linien der Ernestiner und Albertiner blieb gemäß dem A b k o m m e n der Leipziger Hauptteilung 1 jedoch so in sich verzahnt, daß die Verschachtelung der Herrschaften eine Teilung des einen Herzogtums gerade verhindern sollte 2 . Tatsächlich aber waren die beiden Landesteile, »staatlich wie wirtschaftlich, vollständig zerfetzt« 3 , und das angestrebte Ziel des Zusammenhaltes sollte sich je länger je mehr als Fiktion erweisen, denn die Zersplitterung sorgte für ständige Spannungen und wachsenden Streit 4 . Dennoch blieb, vor allem zu Lebzeiten Herzog Albrechts (f 1500), die politische Leitvorstellung der Einheit lenkend, so daß es nur folgerichtig war, wenn die sächsischen Territorien eine neue, für beide Teile gültige Landesordnung erhielten, die sowohl der Einheit als auch der Herrschaftsteilung Rechnung 1

Vertragstext bei LÜNIG, Reichs-Archiv, pars. spec. cont. II. 4, 1, S. 237a—246b. Die Modalitäten der Teilung wurden im >Präliminärvertrag< vom 17. Juni 1485 zu Leipzig zwischen den Brüdern Ernst und Albrecht festgelegt. Vgl. E R N S T H Ä N S C H : Die wettinische Hauptteilung von 1485, und die aus ihr folgenden Streitigkeiten bis 1491. Leipzig 1909, S. 51, S. 77. Text bei LÜNIG, S. 236a—237b. Die kaiserlichen Belehnungsurkunden an die Herzöge Ernst und Albrecht sind abgedruckt bei Müller, Reichstagstheatrum unter Kaiser Friedrich, 6. Vorstellung, cap. 7, S. 39—41. Der Vertragstext (Meissener Anteil) ist abgedruckt auch bei P . S A N D E R , H. S P A N G E N B E R G , Urkunden zur Geschichte der Territorialverfassung, Heft 4, S . 18—28. 2 Vgl. K A R L H E I N Z B L A S C H K E : Sachsen im Zeitalter der Reformation. Gütersloh 1970, S. 13f. 3

4

HÄNSCH, H a u p t t e i l u n g , S. 63.

1508 schien sogar eine bewaffnete Auseinandersetzung möglich, die Kaiser Maximilian von Sterzing aus am 29. Februar 1508 jedoch verbot. Vgl. Hans Virck: Die Ernestiner und Herzog Georg von 1500 bis 1508. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 3 0 ( 1 9 0 9 ) S. 74f. Regest des kaiserlichen Mandats bei B U R K H A R D T , Ernestinische Landtagsakten, S. 76, Nr. 129.

Eine gemeinsame

Ordnung fiir das geteilte

Land

113

tragen konnte. Im Jahre 1490 hatte Herzog Georg den ernestinischen Vettern vorgeschlagen, eine gemeinsame Ordnung zu beschließen, damit für beide Landesteile Schaden gleichermaßen abgewendet und der Gefahr des wirtschaftlichen Niedergangs entgegengearbeitet werde 5 . Obwohl Kurfürst Friedrich und Herzog Johann ihr Einverständnis zu diesem Plan gaben, hat es noch acht Jahre gedauert, bis 1498 auf einem gemeinsamen Landtag der ernestinischen wie der albertinischen Stände zu Naumburg 6 der - allerdings nicht fertig ausgearbeitete - Entwurf einer Landesordnung zur Vorlage und ein Jahr später dort auch zur Beratung kam. Wenngleich nicht angenommen werden darf, daß diese wohl von der albertinischen Regierung angefertigte Fassung 7 als Landesgesetz tatsächlich beschlossen wurde oder in der vorliegenden Form zur Anwendung kam 8 , wie überhaupt das Ziel der gemeinsamen Ordnung niemals erreicht wurde, so muß die Landtagsvorlage dennoch als der gültige Ausweis des fürstlichen Reformwillens im geistlichen Bereich gelesen werden. An der Kirchenpolitik ist das erhoffte Übereinkommen nämlich nicht gescheitert, wohl aber an den nach Albrechts Tod ausgetragenen divergierenden Wirtschaftsinteressen beider Linien (am Bergbau auf dem Schneeberg und am Ertrag der Verkehrsfuhrung vom Königreich Böhmen nach Sachsen hinein), die dem territorialpolitischen Interessenkampf (etwa um Erfurt) vorausgingen 9 .

Die weltliche Obrigkeit als geistlicher

Gesetzgeher

Ein geistliches Reformmanifest eröffnet den Ordnungsentwurf vom Jahre 1498, das die kirchlichen Institutionen zugleich des offenkundigen Versagens zeiht. Und unverändert wie schon zu den Zeiten Herzog Wilhelms wird auch der direkte Zusammenhang zwischen dem Ungehorsam gegenüber Gott und der Gefährdung des Landes beschworen: Gebote werden übertreten, Fasten und Feiertage mißachtet, gute Werke liegen darnieder, die Sünde aber nimmt ihren Aufschwung. Eben deshalb entzieht Gott seine Gnade allem Beginnen des

5

V g l . BURKHARDT, S. 6, N r . 19.

Vgl. WOLDEMAR GOERLITZ: Staat und Stände unter den Herzögen Albrecht und G e o r g 1485—1539. Leipzig 1928, S. 4 3 2 f . Ein kurzer Aufriß der Beratungsgegenstände bei ERNST MÜLLER: D i e ernestinischen Landtage in der Zeit von 1485 bis 1572 unter besonderer B e r ü c k sichtigung des Steuerwesens. In: Forschungen zur thüringischen Landesgeschichte, Festschrift F. Schneider. Weimar 1958, S. 195. 6

7

V g l . GOERLITZ, S . 1 9 5 .

8

Vgl. BURKHARDT, S. L.

9 Die Darstellung von GREGOR RICHTER (Die Ernestinischen Landesordnungen und ihre Vorläufer von 1446 und 1482. K ö l n 1964, S. 17) beschränkt sich darauf, den E n t w u r f kurz zu erwähnen, ohne seine Bedeutung als P r o g r a m m der landesherrlichen Kirchenreform herauszustellen.

114

Die Reform durch Ernestiner

und

Albertiner

Menschen, das ihm zu Glück, Ehre und Seligkeit gereichen soll. Das Land als ganzes leidet unter Strafe und Plage 10 . Das sächsische >Grundgesetz< geht somit nicht nur äußerlich auf >Landesordnung< aus und ist keineswegs auf die Durchsetzung rein säkularer >guter policey< beschränkt, sondern will als geistliche Rechtsetzung das Fundament aller Landeswohlfahrt sichern, nämlich »die gnade gots zuerwerben und seinen gotlichen willen und gebot zu Volbringen« n . Die geistliche Gesetzgebung durch weltliche Landesherren ist durch das Versagen der Kirche erzwungen. Obwohl die Fastenpflicht und die Feiertagsheiligung - allgemein gesprochen: »sunde zu meyden« durch das kanonische Recht gleichermaßen vorgeschrieben sind, zielt die kirchliche Gerichtsbarkeit in der Praxis nicht auf die Abstellung der Delikte, sondern auf den Geldbeutel der Delinquenten 12 . Wird aber >Sünde mit Geld gestraft, wird diese gemehrt und nicht gemindert^ 3 . Man hat die Konsequenzen", die sich aus dieser Kritik ergeben, politisch hoch zu veranschlagen: Der Landesherr ist nicht mehr nur >ArmRegression< bezeichnen; sie ist eine Anordnung von Rechtssätzen auf niedrigem Differenzierungsniveau. Aber noch geht es nicht um die Ausschaltung des kirchlichen Rechtssystems, sondern nur um die Schaffung einer eigenständigen Hilfsgesetzgebung, die jene Lücken schließen soll, die eine fern- und fehlgeleitete kirchliche Praxis gerissen hat.

Verbot der Gotteslästerung

durch das

Reich

Was sich hier im Bereich des Territoriums verwirklicht, hatten die Stände auf der Ebene des Reiches bereits vorgezeichnet. Sie drängten zu Worms während des Reformreichstages 1495 den Kaiser dazu, ein Mandat gegen die Gotteslästerung zu erlassen, das dieser am 16. August dann auch unterzeichnet hatte. Damit schaltete sich auf Betreiben der Stände auch das Reich in die Polizeigesetzgebung ein, das sich bisher nahezu ausschließlich des Verfassungsrechts und des Landfriedenschutzes angenommen hatte 14 . Die Begründung für das kaiserliche Ge10

V g l . BURKHARDT, S. 3 5 , N r .

11

Ebd. » . . . der geistlichen Straffe [ist] bißher auff gelt gestalt gewest.« Ebd. Ebd. Vgl. G U S T A F K L E M E N S S C H M E L Z E I S E N in der Einleitung zu den von ihm herausgegebenen

12 13 14

67.

Eine gemeinsame Ordnung fiir das geteilte Land

115

setz ist sachlich identisch mit derjenigen fiir die geistliche Rechtssetzung in der projektierten sächsischen Landesordnung: Gott wird, so heißt es in Maximilians Mandat, durch Lästerung und Meineid schwer beleidigt, und die M e n s c h e n müssen seiner göttlichen Gnade deshalb ewiglich verlustig gehen. D i e Strafe bricht bereits j e t z t über das Reich herein mit Hunger und Pestilenz, »sunderlich in diesen tagen swer krankheiten und plagen der menschen, genant die pösen plattern, die vormals bey menschengedechtnüs nye gewesen noch gehört sein« 1 5 . Konsequent hatte der Reichstag auch beschlossen, in allen B i s t ü m e r n vier J a h r e lang zu B e g i n n eines j e d e n Monats B u ß m e s s e n abzuhalten, u m , wie B e r t h o l d von Henneberg, Erzkanzler des Reiches und E r z b i s c h o f von Mainz, ausfuhrt, die B e d r o h u n g des Reiches »durch T ü r k e n und andere Völker< zu wenden, die »villeicht der Allmechtig, als zu forchten steet, unser sunde halber über uns v e r h e n g e t « 1 6 . Solche Gesetze offenbaren ein Stück des Zeitgefühls der regierenden Stände, das es verbietet, die Gründe für die R e f o r m e n der weltlichen Stände a u f M a c h t hunger und Habsucht zu reduzieren. E s geht nicht einfach darum, kirchliche »Temporalien unter die S u p e r i o r i t ä t . . . des Staates« zu b r i n g e n 1 7 . Auch >die Herrschendem fühlen sich bedroht, so geben sie zu verstehen, fürchten in Krankheiten, Plagen und Kriegsgefahren die schwer strafende Hand Gottes. Nichts spricht dagegen, daß sie sich genau wie der gemeine M a n n v o r den Schrecken des J ü n g s t e n Gerichts fürchteten, das »sonderlich in diesen Tagen< seine langen Schatten als Warnung vorauswarf.

Geistliche Gesetzgebung

als Zeichen von

>Modernisierung
via moderna< und des Verlangens nach >reformatio< in Kirche und Reich erscheint selbst das deutsche 15. Jahrhundert als Saeculum des - dann immer auch bekämpften Modernisierungswillens. Das mit Herzog Wilhelm zunehmende Drängen des Hauses Wettin nach Reformen des geistlichen Rechtswesens trägt die Züge >modernerGrundrechte< in das Landesrecht anstrebt. Man darf diesen Typus von Rationalität jedoch nicht nach dem Vorbild eines Machiavelli oder gar nach heutigen Vorstellungen so normieren, daß der gegebene Begründungsrahmen des politischen Handelns als der fromme Sprachvorhang einer voraufgeklärten Zeit beiseite geschoben wird, um dahinter die eigentliche, rein diesseitige eventuell klassenbestimmte - Herrschaftsratio der Machtbehauptung und -erweiterung enthüllen zu wollen 2 1 . Erst dann werden die dem Bereich der Sozialwissenschaften entnommenen d a r a u f b e r u h e n d e , nicht erhaltene R a t s o r d n u n g s t a m m t w a h r s c h e i n l i c h v o m 13. F e b r u a r 1 4 9 8 . E b d . A n m . 5. T e x t der sächsischen O r d n u n g bei GUSTAV EMMINGHAUS: D i e H o f r a t h s = O r d n u n g des K u r f ü r s t e n Friedrich des Weisen und H e r z o g s J o h a n n v o n Sachsen v o n 1499. In: Zeitschrift des Vereins für T h ü r i n g i s c h e G e s c h i c h t e u n d A l t e r t u m s k u n d e 2 (1857) S. 9 7 — 1 0 6 . In K u r s a c h s e n hatten unter d e m Vorsitz des H o f m e i s t e r s vier R ä t e j e w e i l s a m w e s e n t l i c h e n H o f täglich alle laufenden A n g e l e g e n h e i t e n des Landes w i e des Fürstenhauses zu beraten u n d b e s c h l u ß r e i f zu klären. N u r >großs und s w e r e hendel« blieben der E n t s c h e i d u n g d u r c h die F ü r s t e n v o r b e h a l t e n . D i e V e r w a l t u n g s t e i l u n g ( M u t s c h i e r u n g ) z w i s c h e n K u r f ü r s t Friedrich und H e r z o g J o h a n n (1513) hatte der W e i t e r e n t w i c k l u n g des H o f r a t e s allerdings das E n d e bereitet. V g l . HANS-STEPHAN BRATHER: D i e V e r w a l t u n g s r e f o r m e n a m kursächsischen H o f e i m a u s g e henden 15. J a h r h u n d e r t . In: A r c h i v a r u n d H i s t o r i k e r . Studien zur A r c h i v - u n d G e s c h i c h t s w i s senschaft. Festschrift H . O . M e i s n e r . B e r l i n 1 9 5 6 , v o r allem S. 2 7 2 f . , S. 2 7 7 f . 19

Vgl.SHMUEL N . EISENSTADT: T r a d i t i o n , Wandel und M o d e r n i t ä t . F r a n k f u r t 1 9 7 9 , S. 1 0 2 f .

20

SUSAN C . RANDALL, H E R M A N N STRASSER: T h e o r e t i s c h e A n s ä t z e z u r E r k l ä r u n g d e s s o z i a l e n

Wandels: E i n Ü b e r b l i c k . In: H . Strasser, S. C . Randall ( H g g . ) : E i n f ü h r u n g in die T h e o r i e n des sozialen Wandels. D a r m s t a d t 1 9 7 9 , S. 8 4 f. 21

Siehe dazu die b e s o n n e n e K r i t i k an den T h e o r i e m o d e l l e n der M o d e r n i s i e r u n g u n d p o l i t i -

schen R a t i o n a l i s i e r u n g bei CHRISTINE VAN DEN HEUVEL: B e a m t e n s c h a f t u n d Territorialstaat. Behördenentwicklung 1550-1800.

und

Sozialstruktur

der

Beamtenschaft

im

Hochstift

O s n a b r ü c k 1 9 8 4 , S . 1 2 - 1 4 ; e b e n f a l l s H A N S - U L R I C H WEHLER

Osnabrück

(Modernisierungs-

t h e o r i e und G e s c h i c h t e . G ö t t i n g e n 1 9 7 5 , S. 18—20), der trotz seines Vertrauens in prozessuale A b l ä u f e der G e s c h i c h t e v o r den K o n s t r u k t e n einer E v o l u t i o n s m e c h a n i k - v o n der T r a d i t i o n zur M o d e r n i t ä t - dann d o c h w a r n e n m u ß .

Eine gemeinsame

Ordnung fiir das geteilte

Land

117

Theorien als geschichtswissenschaftliche Erklärungsmodelle, mehr sind sie nicht, brauchbar, wenn die Inhalte ihrer Deutungsmaßstäbe - Rationalität oder Affektionalität, Modernisierung oder Tradition, Revolution oder Evolution aus den Quellen selber erhoben, nicht aber der Vergangenheit von der Gegenwart aus oktroyiert werden. Konkret ist dementsprechend für die Interpretation des in Naumburg vorliegenden Entwurfs der Landesordnung als wirksamer >Faktor< des weltlichen Handelns das Wissen um den Zusammenhang von menschlicher Straftat und göttlichem Strafgericht herauszustellen, jene unauflösliche Folge, die nicht nur den einzelnen in seiner individuellen Lebensführung, sondern Stadt und Land als ganze betreffen und treffen wird. Da die Kirche aber den Schutz vor Gottes Zorn nicht mehr hinreichend leistet, ist die herkömmliche Aufgabenverteilung zwischen weltlicher und geistlicher Herrschaft ineffektiv, sogar unheilvoll geworden. Der Grund für das Ausscheren aus der Tradition ist die Tradition; der Antrieb zur >Modernisierung< entspringt mittelalterlichem Denken. Darin hat Shmuel Eisenstadt recht gesehen, daß >Tradition< nicht einfach nur das verharrende Gegengewicht zur >Modernisierung< bildet, sondern zu jenen Kräften gehört, durch die »Realität kulturell und sozial gestaltet« wird 2 2 . Darin aber ist er weiterzuführen, daß gezielte Wiederaufnahmen von Traditionen selber zur Modernisierung führen können. Mit derselben >mittelalterlichen< Logik, »mit der das weltliche Handeln ratione peccati in die Zuständigkeit der geistlichen Gewalt gezogen worden war, konnte das geistliche Handeln ratione ordinis politici der Zuständigkeit der weltlichen Gewalt unterworfen werden« 23 . Auch die >ratio peccati< ist Movens des politischen Handelns, so daß es nicht nur Banken und Bombarden, das Geld und die bewaffnete Macht, einzuplanen gilt, sondern gleichfalls den verführenden Teufel und den strafenden Gott. Aus jener Deutung des Mittelalters, die in der Tradition der Gregorianischen Reform steht, überraschen zwar nicht Gottesfurcht und Teufelsangst, wohl aber das angeblich unziemliche Streben weltlicher Herren, der Kirche nicht mehr allein die Heilsverwaltung für Zeit und Ewigkeit zu überlassen. Das Unziemliche aber scheint den sächsischen Herren gerade notwendig: Zweierlei ist >not und gutSozialkontrolIe
SozialkontrolleVerstaatung< unabhängigen Bürgern Untertanenverhalten abpreßt. Doch nicht darüber herrscht im 15. und 16. Jahrhundert Klage, daß Landesherren und Stadträte >Sozialkontrolle< ausüben, sondern darüber, daß diese Kontrolle nicht auch die höheren und vor allem auch die geistlichen Stände erfaßt, um das ungeistliche Treiben zu wenden. Klassisch, gerade auch auf die >höheren Stände< bezogen, formuliert die >Reformatio Sigismunde den Verfall der geistlichen Ordnung, die immer zugleich soziale Ordnung ist: »Gehorsamkeyt ist tod, gerechtigkeyt leyt not, nichts stet in rechter ordenung« 2 6 . Sittenzucht gilt als Reform; sie ist das weltliche Gegenstück zur monastischen Observanz. Das Drängen auf die reformatio morum< ist nicht das Merkmal allein der städtischen >reformatio< und auch nicht das Ergebnis erst der Reformation. Schon im späten Mittelalter fällt dem Landesherrn die Aufgabe zu, Sittenzucht zu verordnen: Viele Menschen, stellt der Ordnungsentwurf nüchtern fest, furchten »merer gegenwerttige beleidigunge dann zukunfftige peynigunge« 27 , sie müssen also zu ihrem Heil gezwungen werden 2 8 . Gerade diese Formulierung 25 Zur Begrifflichkeit im Bereich der Sozialwissenschaften siehe ALFRED BELLEBAUM: Soziologische Grundbegriffe. Eine Einführung fiir Soziale Berufe. 3. Aufl. Stuttgart 1973, vor allem S. 99—103. >Sozialkontrolle< ist die Grundbedingung jeder Gesellschaft oder Gruppe, sie ist also nicht an sich schon der Ausweis autoritärer oder diktatorischer Staatssysteme. Die entscheidende Frage lautet somit nicht, ob es Sozialkontrolle gibt, sondern wie sie durchgeführt wird und wer diese nach welchen Maßstäben durchführt. Und jede Antwort hat ihr Recht nicht an den Zeitverhältnissen der Gegenwart, sondern der Vergangenheit auszuweisen. 26 Reformation Kaiser Siegmunds, hg. v. H. KOLLER. Stuttgart 1964, S. 50. Unverfroren konkret wird Luther, wenn er 1525 >den< Fürsten und Herren, geistlichen wie weltlichen, das unerträgliche Versagen ihrer sozialen Selbstkontrolle vorwirft: »Nu ists ia nicht die lenge treglich so zu schetzen und schinden, Was hulffs, wenn eyns bawm acker so viel gülden alls hallmen und korner trüge, so die oberkeyt nur deste mehr neme, und yhren pracht damit ymer grosser machte, und das gutt so hyn schlaudert mit kleyden, fressen, sauffen, bawen und der gleichen...« Ermahnung zum Frieden auf die zwölf Artikel der Bauernschaft in Schwaben (1525). WA 18. 299,7-11. 27

BURKHARDT, S. 3 6 .

28

Z u r S i t t e n z u c h t v g l . KLAUS SCHREINER: R e c h t g l ä u b i g k e i t als » B a n d d e r G e s e l l s c h a f t « u n d

»Grundlage des Staates«. Zur eidlichen Verpflichtung von Staats- und Kirchendienern auf die »Formula Concordiae« und das »Konkordienbuch«. In: M. Brecht, R. Schwarz (Hgg.): Bekenntnis und Einheit der Kirche. Studien zum Konkordienbuch. Stuttgart 1980, S. 351—379. SCHREINER ist darin zu widersprechen, daß die »formende Kraft der Zucht« (GERHARD OESTREICH: Strukturprobleme des europäischen Absolutismus. In: Vierteljahrsschrift für So-

Eine gemeinsame

Ordnung jür das geteilte

Land

119

der Landesordnung zum Heilszwang scheint die Auffassung nur zu bestätigen, daß soziales Handeln in dieser Zeit »sich religiös legitimierte oder ausdrückte« 2 9 , so daß es bei der Unterscheidung zwischen >eigentlichen< Zielen und nachgeschobener Legitimation in frommer Sprache anscheinend bleiben muß. Die bisher ausgewerteten Quellen verlangen jedoch zusammenzudenken, was zu trennen als >Zeichen der Zeit< heute naheliegt, weil politisch damals gefährlich und sozial unverantwortlich handelte, wer sich willentlich und wissentlich Gott zum Feinde, den Teufel aber zum Freunde machte. Es ist im Sinne des endenden 15. Jahrhunderts als Realanalyse katastrophaler Zustände zu werten, nicht als nachträgliche Legitimation für eine Zwangsmaßnahme oder gar als zeitgebundene biblische Redeweise, wenn das Zutrinken auf »ingebunge des tewfels« zurückgeführt wird, der man deshalb um so energischer den K a m p f anzusagen hat 3 0 . Längst nicht mehr nur als gesellschaftlicher Mißbrauch verharmlost, ist das Zutrinken als teuflischer Brauch entlarvt, der die Menschen dazu verleitet, sich gegenseitig vollaufen zu lassen. Der >Teufel SauffLutherischer R e g e n t e n der frühen Neuzeit< ist (Schreiner, S. 355). Sie geht vielmehr a u f das Zeitalter der spätmittelalterlichen R e f o r m zurück, gehört s o m i t zu den Voraussetzungen der R e f o r m a t i o n , nicht erst zu ihren Ergebnissen. 2 9 HANS-CHRISTOPH RUBLACK: Gesellschaft/Gesellschaft und C h r i s t e n t u m VI: R e f o r m a tionszeit. In: T R E 13, S. 1. 30

BURKHARDT, S. 3 6 f .

» U n s e r D e u d s c h e r Teufel w i r d ein guter weinschlauch sein u n d m u s S a u f f h e i s s e n . . . « A u s l e g u n g des 101. P s a l m s (1535). W A 51. 2 5 7 , 6 f . 3 2 BURKHARDT, S. 43 § 4 . E i n e neue gefährliche Geißel der allgemeinen L a n d e s w o h l f a h r t waren Gewalttaten u n d Räubereien, g e g e n die in dieser L a n d e s o r d n u n g durchgreifende M a ß nahmen festgelegt w e r d e n sollten. Vgl. BURKHARDT, S. 37. G e w a l t b e g a n n das L a n d derart 31

120

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

werden mit der Verdoppelung des Strafmaßes schon regelrecht gezüchtigt. D i e >Eingebung des Teufels< ist kein Kavaliersdelikt, gerade die >Kavaliere< sollen empfindlich getroffen werden.

Aufsicht der Landesherren über die Bischöfe Ein Dauerthema der Reformpolitik war die Rechtspflege. Trotz aller früheren Beschwerden erhoben sich noch immer die endlosen Klagen gegen die geistliche Gerichtsbarkeit, vor allem, daß fürstliche Untertanen auch in weltlichen Streitfällen angegangen und zudem über Gebühr mit Strafen belegt werden; >Aufruhr und Widerwille sind deshalb zu besorgen< 3 3 . D i e im O r d n u n g s e n t w u r f v o r g e schlagene Abhilfe ist j e d o c h noch i m m e r ein Zeugnis fürstlicher Hilflosigkeit, denn es muß genau wie in der Landesordnung Herzog Wilhelms 3 4 bei einer Formulierung der Verhandlungsabsicht bleiben, in der H o f f n u n g , daß die geistlichen Richter sich zu einer L ö s u n g bereitfinden 3 5 - eine vergebliche H o f f n u n g , wie man hinzufugen muß, denn alle B e m ü h u n g e n blieben bis zur Einführung der Reformation »nahezu ohne jeden E r f o l g « 3 6 . D a s Problem war derart unabweisbar, daß die Absicht in die Tat umgesetzt wurde. Die wettinischen H e r z ö g e haben z u m Ziele der Besserung die sächsischen Bischöfe und Prälaten für den 17. J u n i 1499 zu einem Ausschußlandtag nach N a u m b u r g geladen. Überliefert sind j e n e »gebrechen geistlicher ordenung«, die »unsere gnedigsten herrn von Sachsen« dort eingebracht haben wollten 3 7 , eine Liste, die man zunächst nur als die Zusammenstellung v o n Tagesordnungspunkten versteht, über die im einzelnen am 14. Juli 1500 durch fürstliche Räte mit den Vertretern der drei Ordinarien ebenfalls in N a u m b u r g verhandelt wurde 3 8 . D i e >Tagesordnung< erweist sich bei näherem Hinsehen j e d o c h als ein D o k u m e n t v o n weit größerer Tragweite. Inhaltlich überrascht an diesen N a u m b u r g e r >Gebrechen< das außerordentliunsicher zu machen, daß schon 1491 die Landesherren sich zu einer gesamtwettinischen Ü b e r e i n k u n f t genötigt sahen. H e r z o g G e o r g und die ernestinischen B r ü d e r einschließlich des M a g d e b u r g e r E r z b i s c h o f s E r n s t erließen eine g e m e i n s a m e >PlackereiverordnungLandesbischöfen< geistliche Weisung über die rechte Ausübung der Kirchenzucht: nicht Geld, sondern Buße! Denn Geldstrafen, so hieß es schon in der Landesordnung, mehren die Sünde statt sie zu mindern 4 1 . Ohne eine durchgreifende Reform des Priesterstandes wird das Wollen der Landesherren jedoch kaum gelingen, »das volck zu zwingen, geistlichen geboten und ordenungen gehorsam zu leisten« 4 2 . Darum schafft das böse Beispiel aus der Welt, das die Geistlichen den Laien geben mit öffentlichen, unehrlichen Weibern, Schankhäusern, Tavernen und ungebührlichem HandelGebrechen geistlicher ordenungevangelischen< Wandel zu Beginn der Reformationszeit gemeindenah auszumalen vermag 4 7 : Wenn »die armen iungkfrauen und gesellen ader wes stands sie sein« vor Gericht geladen werden, dann kann es geschehen, daß sich das Verfahren über Jahre hinzieht, wie in Zwickau angesichts eines Falles, der so eindeutig und offensichtlich ist, daß darüber »die pauern im kretzschmer« zu entscheiden vermögen. Ferner werden »die armen geforderten personen, weib ader man, junkfrauen etc. durch solch ladung über land zuweilen von ampts wegen und sonst... schwerlich und schmelich beruchtiget, das sie es kegen iren eidern und ehelichen mennern seiden verwinden«. Das geistliche Recht ist schuld an solchen Ubergriffen gegen Evangelium und Naturrecht. »Het es aber nicht gelt in die kuchen gebracht, unzweifelich wer über solchen geistlichen regeln so kreftig nicht gehalden worden. N u den officialibus begint dasjherliche einkommen entzogen zu werden, schreien sie über gewalt... « 48 Abgelehnt hat Hausmann auch den Reinigungseid: »Bins nicht in abrede, der maß die officiales zuweilen laden arme personen von ampts wegen, so understehen sich dan richter und kleger zu sein ausm gerucht, wan sie es uff die geladen nicht erweisen mugen, werden die blöden menschen gedrungen zu sagen, beim geschworen eid, ob sie der that schuldig sein, darumb sie geladen worden. « 4 9 Der Vorwurf an Hausmann, vom geistlichen Recht nichts zu verstehen, wird mit Stolz als zutreffend quittiert: »Dan öffentlich ist, das alleine menschliche Satzung dorinne begriffen sind.« Er aber sucht nichts weiter als den »rechten gütlichen vorstand des heiligen Christi evangelii. Das ist warlich geistlich recht.« 5 0 Dieser bewegende Brief Hausmanns gehört zu den Belegen für das Recht der fürstlichen Kritik an der Rechtswirklichkeit des geistlichen Gerichtswesens. D i e V o r w ü r f e , die das H a u s W e t t i n den B i s c h ö f e n g e g e n ü b e r v o r b r i n g t , sind deshalb so s c h w e r w i e g e n d , weil sie die j u r i s d i k t i o n e i l e K o m p e t e n z der kirchlichen Justiz in Z w e i f e l ziehen: Vor d e m geistlichen G e r i c h t w i r d die W a h r h e i t n i c h t an den T a g g e b r a c h t , s o n d e r n verschleiert, die O f f i z i a l e f ü h r e n n i c h t d e n B e w e i s , s o n d e r n e r z w i n g e n d e n E i d . Leichtfertig, o h n e g e n ü g e n d e B e w e i s 46

>Gebrechen geistlicher ordenunggemeinen MannAuf die Bischöfe und Prälaten ist gütlich einzuwirken, daß geistliche Strafen fernerhin nicht allein auf Geld gestellt werden. Wo möglich, sind andere Strafen und Bußleistungen zu verhängen 54 . Es mußte bei Verhandlungen über die Besserung der Symptome bleiben, Verhandlungen, die von Seiten der weltlichen Herren allerdings mit der einschlägigen Leitvorstellung belastet waren: Ist die >klerikale Habsucht< erst einmal gebändigt, sind auch die Schäden der geistlichen Gerichtsbarkeit behoben.

Territoriale

Gravamina

und reichsständische

Gravamina

Was die wettinischen Fürsten auf dem Naumburger Ausschußlandtag in elf Punkten vorbringen lassen, ist über eine einfache Tagesordnung hinausgewachsen zu einer Zusammenstellung territorialer Gravamina. Neben den genannten 51

Vgl. BURKHARDT, S. 47 §3. Das vorgetragene Problem betrifft nicht allein die geistliche Gerichtsbarkeit. Auch gegenüber der weltlichen Gerichtsbarkeit wurden immer wieder Vorwürfe laut, es würden unbegründete Klagen angenommen. Siehe GOERLITZ, S. 177. 52 « . . . so einer frawen an yrer frucht unradt entstehet.« BURKHARDT, S. 48 § 4. 53 Es geschieht »auß Ursachen, daß die geistlichen gericht gemeinlich den officialen vermit oder in beschiet außgelassen sein...«. BURKHARDT, S. 48 § 3. 54

BURKHARDT, S. 4 8 § 4.

124

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

Beschwerden wird der Pfründenschacher angegangen, der Mißbrauch des Interdikts, die kirchliche Gebührenpraxis, ferner die durch geistliche Gerichte vollzogene zweite Bestrafung derjenigen, die vor weltlichen Gerichtshöfen ihre Verurteilung schon erhalten hatten, und schließlich wollen die Fürsten das böse Beispiel beseitigt sehen, das Geistliche geben durch >Zutrinken< und durch die Nutzung des Pfarrhauses als Schankhaus. Sachgerecht ist diese Liste nicht an den Stuhl zu R o m , sondern an die Bischofssitze zu Naumburg, Merseburg und Meißen gerichtet. Es wird am Ende des 15.Jahrhunderts bereits offenkundig, daß weltliche Landesherren sich nicht mehr nur gegen das ferne R o m richten. Ü b e r den ständigen Jurisdiktionsstreit hinaus nimmt ihr U n m u t auch gegen die Amtsführung der Bischöfe politische Gestalt an. Daß Herzog Georg 1521 an führender Stelle seine Rechtsbeschwerden vor dem Reichstag zu Worms einbrachte, ist damit keine Neuerung, die sich als Präventivmaßnahme im K a m p f gegen Wittenberg erklären ließe. E r war mit der Beschwerdematerie aus eigener Regierungserfahrung bestens vertraut, wie Felician Gess anhand einer Fülle von Belegen schon aus den Jahren der N a u m burger Verhandlungen hat nachweisen können. Auch in Dresden sammelten sich die Klagen über mangelnden Gottesdienst, sittenlose aber geschäftstüchtige Pfarrer, Mißbrauch des Eherechts, Interdikte, Verweigerung von Messen und sogar über den Verkauf von Taufen und letzten Ölungen 5 5 . Seit den Forschungen von Johannes Janssen wird der Einspruch erhoben, daß aktenkundig gewordene Verfehlungen falsche Einblicke in die Wirklichkeit der geistlichen Amtsführung vermitteln - nur die Mißstände werden vermerkt, die korrekte Amtsführung hingegen als das Selbstverständliche nicht erwähnt. Janssen sah die Zeit des späten Mittelalters in einem strahlendem Licht, so hell, daß er »vom Lichte geblendet«, die Schatten übersah, wie Hubert Jedin zur Darstellung Janssens bemerkte 5 6 . Wie man die Häufigkeit und Schwere der Mißstände auch immer einschätzen mag, so bleibt als objektiver Tatbestand doch bestehen, daß auf dem Lande und in den Städten sich der Zorn gestaut hatte: über die Abgaben an den Klerus, seine Privilegien, das kirchliche Gerichtswesen, die Praxis der Pfründenvergabe, die Disziplin der Geistlichkeit oder ihre weltlichen Hoheitsrechte. Die z. T. scharfe Kritik ist keine Abkehr v o m Glauben der Väter, sie ist viel eher »ein Akt der Notwehr« (Bernd Moeller), um sich mit dem Unheil in jener Kirche nicht Vgl. GEB, Akten und Briefe I, S. L V I - L V I I I . Siehe dazu JOSEPH LOHR: Methodisch-kritische Beiträge zur Geschichte der Sittlichkeit des Klerus. Münster 1910, vor allem S. 1—24. HUBERT JEDIN: Die Erforschung der kirchlichen Reformationsgeschichte seit 1876. Münster 1931, S. 7. PAUL WUNDERLICH: Die Beurteilung der Vorreformation in der deutschen Geschichtsschreibung seit Ranke. Erlangen 1930. - Wichtig ist festzuhalten, daß es auch eine Kehrseite der Mißstände gibt: die >miseria< der niederen Kleriker, die in der »Epistola de miseria curatorum seu plebanorum« einen teilweise bitteren Ausdruck gefunden hat. Siehe ALBERT WERMINGHOFF: Die Epistola de miseria curatorum seu plebanorum. 55 56

I n : A R G 1 3 ( 1 9 1 6 ) S . 2 0 0 - 2 2 7 . Z u r F r a g e d e r M i ß s t ä n d e a l l g e m e i n s i e h e JOSEPH LORTZ: Z u r

Problematik der kirchlichen Mißstände im Spätmittelalter. In: Trierer Theologische Zeitschrift 5 8 (1949) S. 1 - 2 6 ; 2 1 2 - 2 2 7 ; 2 5 7 - 2 7 9 ;

347-357.

Eine gemeinsame Ordnung fiir das geteilte Land

125

abfinden zu müssen, in der man allein das Heil zu finden wußte. Auch innerhalb der Geistlichkeit ist die Erkenntnis anzutreffen, daß Angriffe auf den Klerus nicht einfach dem bösen Willen gegen den Klerus entsprangen. Der - observante - Augustinereremit Johannes von Dorsten ( f 1481?) etwa beklagt in zwei Erfurter Predigten während der Karwoche des Jahres 1470 den Mangel an rechten Prälaten und guten Hirten. Er geißelt heftig die Streitsucht in der Kirche: Die Rechtsgelehrten, so heißt es, raten vielfach nicht zum Frieden, sondern suchen den Streit. In einer Synodalpredigt, ebenfalls zu Erfurt, beschäftigt sich ein uns unbekannter Prediger mit den Anfeindungen, denen die Geistlichen vielfach ausgesetzt seien. Diese Anfeindungen sind nicht, wie er warnt, Verfolgungen um Christi willen, sondern Strafen. Die Kleriker dürfen sich nicht damit trösten, das ihnen um Gottes willen Leiden auferlegt werden. Es ist vielmehr so, daß sich an den Geistlichen das Gerichtswort des Propheten Daniel erfüllt: »Confusio et opprobrium facti sumus, humiliati plus quam omnes gentes« (Dan 3 , 3 3 . 3 7 ) 5 7 . Die Tatsache, daß sich >objektiv< immer auch Beispiele finden lassen für geistliche Leistungen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß vorhandene M i ß stände damals weder großzügig übersehen noch verziehen wurden. Sie haben das Bild des Geistlichen nicht nur bei dem niederen Volk und bei der bürgerlichen Bildungsschicht, sondern auch bei den Landesherren geprägt. Wenn dann die fortgesetzten Verhandlungen mit den bischöflichen Räten noch derart ins Leere laufen, wie das am 14. Juli 1500 wiederum zu Naumburg geschehen war, hat es guten Grund, daß die Ordinarien zunehmend ins Zentrum der Kritik geraten. Die bischöflichen Räte haben während des Naumburger Treffens im Jahre 1500 hartnäckig die >geistlichen Gebrechen* entweder verharmlost oder gar geleugnet und in der besonders empfindlichen Jurisdiktionsfrage keinen Schritt nachgegeben. Nicht einmal der Forderung nach Einschränkung der Geldstrafe sind sie entgegengekommen: >Die Geldstrafe ist nun einmal die gefürchtetste Strafehabgierigen Pfaffen< schon angestaut hatte. Wenn Herzog Georg wegen des andauernden Mißbrauchs der geistlichen Gerichtsgewalt dem B i s c h o f Johann VI. von Meißen im Jahre 1502 bis auf weiteres die Temporalien sperren läßt 5 9 , wird man angesichts solcher Maßnahmen äußerster Gegenwehr einsehen müssen, in welche Gefahr die angeblichen >Ausnahmen< den Episkopat gebracht haben. Die Beschwerdevorlage, die Herzog Georg gegen den Reichsepiskopat 1521 zu Worms vorgelegt hatte, basiert auf ernestinischen und albertinischen Gravamina gegenüber sächsischen Bischöfen und Prälaten, die im Jahre 1499 zu 5 7 BERND MOELLER: Frömmigkeit in Deutschland um 1500. In: A R G 56 (1965) S. 25. Zur geistlichen Kritik an der Geistlichkeit vgl. ADOLAR ZUMKELLER O E S A : Der religiös-sittliche Stand des Erfurter Säkularklerus am Vorabend der Glaubensspaltung. In: Augustinianum 2 (1962) S. 474, S. 498. 5 8 GEB I, S. LXII. 5 9 Vgl. GEB I, S. L X V I .

126

Die Reform

durch Ernestiner

und

Albertiner

Naumburg ihre wohl erste systematische Zusammenstellung erfahren hatten. Der Sach- und Sprachzusammenhang auch der offiziellen Listen ist anhand des Vergleichs der entsprechenden Paragraphen trotz aller Veränderungen noch zu erkennen: Ungleiches

Strafmaß

Naumburger Gravamen 1499 6. »So sich auch begibet, daß priester und werntliche personen des lebens versert werden, ist noch bißher gemeynlich allezeit in viel kirchen interdict gelegt...« Doch falls »ein prister ein werntlichen vorsetzlich vom leben bringet, kompt nu in ubung, daß auch demselben prister wenig straffe auff gelegt, sundern auch zu geistlichen und priesterlichen wercken zugelassen w i r d e t . . . «

Wormser Gravamen 1521 8. » . . . den armen strafft man umb gotslesterung, umb ehebruch, umb schwechung der junkfrauschaft und u m b brechung der feier etc. den reichen verschont man; wans die geistlichen thun, so es prelaten sind, so sihet nimands darauf. « 60 Nicht Geld, sondern Buße

Naumburger Gravamina 1499 1. Die Bischöfe sind dahingehend zu bewegen, »damit verordnet werde, die lewte in predigen und beichten von besem in guten willen zu wenden und wo nachfolgende meynunge ubergangen befunden wurdet, solchs mit busse doch one gelt oder geltes wert zustraffen«. 4. Geldstrafen werden verhängt »auß Ursachen, daß die geistlichen gericht gemeinlich den officialen vermit oder in beschiet außgelassen sein, die solchs auch genyssen und yren befelhe erfüllen w o l l e n . . . « 6 1

Wormser Gravamen 1521 9. »Die laster, die man mit puessen, als mit beten und fasten, straffen solt, die werden nur mit gelt gestrafft, damit die official vil geldes antworten mögen und sie auch iren geniess daran haben; und ab man umb gelt straffen solt, so wirt die straff dermaß gestellt, nit das die sund nimmer geschee, sundern das der ubertretter bald herwidderkumb und meher gelts gebe.« 6 2 60 BURKHARDT, S . 48 (Die Zählung der Naumburger Gravamina von mir). Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., Bd. II (= RTAJR II), hg. v. A. W R E D E . Gotha 1896 [Göttingen 1962], S. 664, 15—18. - Als Standardwerk über die Gravamina muß immer noch B R U N O GEBHARDT herangezogen werden: Die gravamina der Deutschen Nation gegen den römischen Hof. Breslau 1895. Sehr viel eingehender behandelt A N T O N STÖRMANN die Problematik der einzelnen Klagen: Die städtischen Gravamina gegen den Klerus am Ausgange des Mittelalters und der Reformationszeit. Münster 1916. Siehe auch H E L L M U T CELLARIUS: Die Reichsstadt Frankfurt und die Gravamina der deutschen Nation, Leipzig 1938. 61 BURKHARDT, S. 47. Siehe auch den Entwurf der Landesordnung 1498: » . . . wo dann sunde mit gelde gestrafft, werden die gemeret und nicht gemyndert.« BURKHARDT, S. 35; 48. 62 RTAJR II, S. 664, 19—24. Zu dieser Anklage auf geistliche Habsucht gehört auch Gravamen 7, die Verwerfung von »indulgencien, . . . die man mit beten, fasten, liebe des nehesten und andern guten werken erlangen solt«, die aber tatsächlich »umb gelt gegeben« werden. Man

Eine gemeinsame

Ordnung

fir

Übergriffe der geistlichen N a u m b u r g e r G r a v a m e n 1499

das geteilte

Land

127

Gerichtsbarkeit

3. »Es werden auch vielmaln werntliche personen zu merklichem schaden in werntlichen Sachen vor geistlich gerichte g e f o r d e r t . . . « 6 3 W o r m s e r G r a v a m e n 1521 10. »Es unterstehn sich auch die official, weltliche hendel u m b schult u n d gelt für ire gericht zu z i h e n . . . « 6 4 Strafen ohne Billigkeit

und

Maß

N a u m b u r g e r G r a v a m e n 1499 4. »Auch wirdet vermarckt, daß gemeyne werntlich volck in leichten Sachen herttiglich mit straffe b e l a d e n . . . und sunderlich, so einer frawen an yrer frucht unradt entstehet oder an yren kindern wider yren willen ires lebenß versewmlichkeit geschiedt, daß die selbigen zu irem j a m e r dennocht auch am gute gestrafft w e r d e n . . . « 6 5 W o r m s e r G r a v a m e n 1521 »Und nachdem es beiweilen k u m p t , das die schwangern und tragenden weiber oft aus erschrecknus ader sunst durch mancherlei zufellige Ursachen abortiren und tode frucht zu der weit bringen und w i w o l den muttern, den solches widderfert, an denselben iren toten kindern, als wol zu glauben, grosses herzenleid geschieht, sie auch zu solchem Unfall mit willen kein ursach gegeben haben, werden sie doch zu demselbigen irem unrath v o n den officialn noch hefticlich d a r u m b gepuest. « 6 6 D i e W o r m s e r G r a v a m i n a a r t i k e l H e r z o g G e o r g s g e g e n die deutsche Geistlichk e i t 6 7 l i e g e n s o m i t b e r e i t s seit d e m E n d e des 15. J a h r h u n d e r t s t e i l w e i s e v o r , z w a r n i c h t f o r m a l >fertig< als e n d g ü l t i g f ü r die Z w e c k e eines R e i c h s t a g e s r e d i g i e r t e s D o k u m e n t , w o h l a b e r i m s a c h l i c h e n S i n n e als b e r e i t s e i n g e s e t z t e M i t t e l , u m d i e O r d i n a r i e n in d e n s ä c h s i s c h e n H e r z o g t ü m e r n a u f j e n e k i r c h l i c h e n S c h ä d e n z u s t o ß e n , d i e das L a n d e s w o h l g e f ä h r d e n . D i e G r a v a m i n a d e r R e i c h s t a g e des 16. J a h r h u n d e r t s s i n d s o m i t a u s z w e i v e r s c h i e d e n e n B e s c h w e r d e b e r e i c h e n z u s a m m e n g e w a c h s e n : E i n m a l sind j e n e älteren Klagen zu n e n n e n , die der b i s c h ö f scheut sich nicht einmal, fährt Georg fort, jenen Prediger, der, statt die Wahrheit zu sagen, den Ablaßbetrug predigt, auch noch zu belohnen, »aus Ursachen das er vil gelts in kästen bringen kan«. RTAJR II, S. 664, 3—9. Man wird die Formulierung dieser Beschwerde als Resonanz auf Luthers Ablaßthesen verstehen können, jedoch zugleich bedenken müssen, daß der Herzog in den akademischen Thesen auch seine eigenen, längst niedergelegten Gravamina gegen die auf Geld gestellte Bußpraxis wiederfinden konnte. Vgl. FELICIAN Gtß: Luther's Thesen und Herzog Georg. In: ZKG 9 (1888) S. 590f.; G Ü N T H E R WARTENBERG: Luthers Beziehungen zu den sächsischen Fürsten. In: H.Junghans (Hg.): Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546. Göttingen 1983, Bd. 1, S. 563. 63

BURKHARDT, S. 4 7 .

64

RTAJR II, S. 664, 26 f.

65

BURKHARDT, S. 4 8 .

66

RTAJR II, S. 664, 31-665,6. Vgl. H E I N Z SCHEIBLE: Fürsten auf dem Reichstag. In: Der Reichstag zu Worms von Reichspolitik und Luthersache, hg. v. F. Reuter. Worms 1 9 7 1 , S . 3 9 3 — 3 9 6 . 67

1521.

128

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

liehen Emanzipationspolitik gegenüber einer nach Basel immer unverhohlener in die deutsche Kirche hineinregierenden römischen Kurie entsprungen sind. An zweiter Stelle steht die kirchliche Reformpolitik vor allem der Landesherrn, dann auch der Städte, als Quelle für die Beschwerden der Deutschen Nation< vor Kaiser und Kurie. Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts war »die hohe Geistlichkeit Träger der Gravamina-Bewegung« 6 8 . Die territorial noch begrenzten Beschwerden der Wettiner bereiteten jedoch vor, was zu Worms 1521 für das ganze Reich gelten sollte: Die Träger der Bewegung werden selber Zielscheibe. Die Reform der weltlichen Landesherrn hat dazu geführt, daß schließlich auch die Bischöfe unter Anklage stehen.

Landeshoheit

und

Kirchenhoheit

Die alleinige Konzentration auf den fürstlichen Vorstoß gegen die Mißstände der kirchlichen Rechtspraxis - vor allem, wenn es um weltliche Fälle geht droht das den Auseinandersetzungen zugrundeliegende Strukturproblem zu verbergen. Auch nach beendetem Reichstag hatte Herzog Georg energisch sein Recht gesucht und am 15. Februar 1522 durch seine Söhne Johann und Friedrich bei den Bischöfen von Mainz, Meißen, Merseburg und Naumburg gegen die >merklichen Mißbräuche< der geistlichen Gerichtsbarkeit protestieren und mit harten Worten Abstellung verlangen lassen, »uf das nymands vorursacht werde, sich solcher belestigunge in andere wege aufzuhalten...« 6 9 . Der Offizial zu Halberstadt, Heinrich Horn, hat sich nach eingegangener Beschwerde gutachterlich mit dem Vorwurf der Mißbräuche auseinandergesetzt. Er ist zu dem Schluß gekommen, daß auch jetzt, nach vielhundertjähriger ruhiger Ausübung der »jurisdiction und geistlichen ubirkeit... auch in weltlichen Sachen«, kein Anlaß für Klagen bestehe. Die Richter sind »linde mit den leuthen umbgangen«, so daß man ihnen »mit billigkeit keynen mysbrauch zeumessen magk« 7 0 . Kardinal Albrecht von Mainz nun wendet das Problem von der Frage der Mißbräuche ins Grundsätzliche: Unbeschadet dessen, ob es Mängel gibt oder nicht - er verspricht sie zu beseitigen, wenn es sie gibt - , muß es dabei bleiben, daß die Kirche weltliche Gerichtsbarkeit ausübt. Diese ist in der Schrift begründet - der Kardinal verwendet bereits den >evangelischen< Sprachgebrauch der Zeit - und durch Kirche und Kaiser bestätigt 7 1 . EIKE WOLGAST: Gravamina nationis germanicae. In: T R E 14, S. 131,17. GEB, Akten und Briefe I, S. 272,31 f., Nr. 301. 7 0 »Underricht des officials zeu Halberstadt, wie man mit den unterthanen des furstentumbs zeu Sachsen gehandelt.« Zitiert nach ADOLF DIESTELKAMP, Die geistliche Gerichtsbarkeit in der Diözese Halberstadt, Sachsen und Anhalt 8, S. 229f. 7 1 In seiner Instruktion für Verhandlungen in Merseburg am 26. Juni 1523 mit den albertinischen Räten lehnte er jede gegenteilige Forderung rundweg ab: »Das abir s. kfl. g. [Albrecht von Mainz] die geistlichejurisdiction im in weltlichen Sachen solten vorrucken lasen, wer s. kfl. g. keynesweges zu thun; denn s. kfl. g. stift und vorfarn des in der h. schrift fundirt, von bebistlicher heyligkeit und ksl. mt. gnedig darmit begnadet, über etzliche 100 j a r in rauelicher 68

69

Die Reform der Klöster

129

Die wettinischen Fürsten hingegen waren entschlossen, ihre Rechtshoheit in >causis prophanis< ungeschmälert durchzusetzen 72 . Es fand sich kein Weg zum Ausgleich; die Ansprüche standen einander unversöhnlich gegenüber. Die deutsche Kirche, soweit sie römische Kirche bleiben wollte, durfte auf weltliche Hoheitsrechte nicht verzichten, die, in der >Schrift fundiertratione ordinis politici< ihre Hoheit nur ungeteilt für sich in Anspruch nehmen, die der B i s c h o f >ratione peccati< mit ihnen teilen mußte.

8. Kapitel

Die Reform der Klöster

Reform und Realpolitik »Planmäßig, energisch und nicht ohne materielle Opfer« 7 4 hatte Herzog Wilhelm Reformen in seinem Territorium begonnen und in den Klöstern auch mit Erfolg schon durchgeführt. Die Neffen des Landgrafen, die Brüder Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht, wissen sich ebenfalls der Klosterreform verpflichtet, die ihr Onkel in Thüringen noch immer so unermüdlich betreibt. Bereits kurz nach ihrem Regierungsantritt im Jahre 1463 fordern die Regenten den B i s c h o f Dietrich von Meißen auf, entsprechend dem Wunsche des verstorbenen Kurfürsten Friedrich II. ( t 7 . September 1464) die Klöster im Bistum Meißen, »menlichs und weiplichs stands«, zu visitieren und zu reformieren. Jetzt, nachdem sie die Herrschaft übernommen haben, seien sie als Söhne >pflichtiggeordneter Herr und Bischof< genommen, daß er sich nach Wunsch und werbend eingekleideter Weisung der Landesherren der Klosterreform annehme 76 . Der Aufforderung an den Bischof wird die Reformanleitung gleich beigefügt: Er solle das Kloster Chemnitz besonders, daneben aber auch alle anderen in seinem Bistum gelegenen Konvente visitieren und sich von den Pröpsten und Amtleuten zunächst einmal Rechnung legen lassen. Ferner ist die Klosterzucht zu kontrollieren: » . . . aide untoguntliche gewonheit und missebruchunge der regule« sind abzutun, und wo es notwendig ist, soll der Bischof die Gewalt des weltlichen Arms in Anspruch nehmen. Die Herzöge versichern, alles beitragen zu wollen, was >frommen christlichen Fürsten zusteht*, denn der barmherzige Gott wird ihnen, dazu Land und Leuten, »durch der innigen geistlichenn unde regulirten personn gebete unde anruffunge« desto gnädiger sein. Klosterreform liegt in ihrem fürstlichen Interesse, das offen ausgesprochen ist 77 , während es der Betrachter von heute nur unausgesprochen, hinter frommen Worten verborgen, erwartet. Entscheidend ist, den Unterschied zum heutigen Verständnis von Realpolitik wahr- und ernst zu nehmen: Rechten Gottesdienst im Lande zu fördern und zu garantieren, ist - im eigenen fürstlichen Herrschaftsinteresse Gegenstand der Politik und nicht als sonderliche religiöse Neigung oder gar als fürstliche >Privatsache< aus dem öffentlichen Bereich des landesherrlichen Handelns auszugrenzen. Der Fürst ist >homo religiosus publicusUrkundenbuch des Hochstifts Meißen* ist ein bischöfliches Mandat zur Reform der N o n nenklöster abgedruckt, das noch detaillierter als die Ordnungen Herzog Wilhelms offenlegt, welche Mißstände in den Klöstern abgestellt werden sollen und wie man sich im Jahre 1464 ein rechtes geistliches Leben, »eyne gemeyne observancien« 7 9 , unter den Nonnen vorstellt. Das Schwierigste steht gleich zu Anfang: Die Schwestern sollen Stillschweigen bewahren, nicht nur im Chor und Kreuzgang, sondern auch im Refektorium und Dormitorium. Aus besonderer >Gunst< des Bischofs werden ihnen nach dem Frühstück und nach dem Abendessen insgesamt zwei Stunden Redezeit eingeräumt. >Zeitvertreib< ist im Kloster nicht vorgesehen, mit dem Psalter sollen die Nonnen sich beschäftigen, nicht mit ihren Hunden, die sind abzuschaffen 80 ! Mit besonderem Nachdruck schärft der Bischof die Einhaltung des Armutsgebotes ein. Die Nonnen müssen mit dem weltlichen auch den >geistlichen< Schmuck ablegen, denn Rosenkränze aus Korallen vertragen sich nun einmal nicht mit dem Armutsgelübde 8 1 . Einschneidend - wenigstens für begüterte Klosterschwestern - wirkt das Verbot von Geldgeschäften und die entsprechende Anordnung, etwaige Gewinne aus bereits getätigten Transaktionen in den Gemeinbesitz zu überfuhren. Ohne »redeliche orsache« darf die Äbtissin von diesem Gebot nicht dispensieren 82 . Die Hauptsorge gilt der Klausur. Niemand hat das Kloster >zu weltlichen Zwecken* und erst recht nicht in weltlichen Kleidern zu verlassen. Ausnahmen aus zwingenden Gründen dürfen nur mit Erlaubnis der Äbtissin und des Propstes sowie im Einverständnis mit dem Bischof gewährt werden. Die Nonnen haben im Konvent zu bleiben - auch bei der Nacht, vergißt der Ordinarius nicht hinzuzufügen. Sie sollen »bey rechtir czeit« zu Bett gehen, und die Äbtissin wird sich laut Reformordnung persönlich davon überzeugen, daß alle Schwestern des Abends tatsächlich in ihren Zellen liegen. Zur Einhaltung der Klausur gehört die erhebliche Einschränkung des Besuches. Das Klostertor, durch das Gäste und Freunde aus- und einzugehen pflegen, ist hinfort geschlossen zu halten und darf nur mit Erlaubnis der Äbtissin und des Propstes, die sich auch hier wiederum gegenseitig kontrollieren, geöffnet werden. Von der Bürgergemeinde in der Klosterkirche sind die Nonnen ebenfalls fernzuhalten; das Gitter vor dem »iungfrauwen kor« bleibt deshalb verriegelt. Durch eine schmale Öffnung soll man ihnen hereinreichen, wessen sie für Altar und Messe bedürfen 8 3 . Die Klausur einzuhalten heißt, den Verkehr mit der Welt rigoros einzuschrän7 9 Reformordnung Bischof Dietrichs für die Nonnenklöster seines Bistums. Urkundenbuch Meißen, S. 159, Nr. 1075. 8 0 Vgl. Urkundenbuch Meißen, S. 160. 8 1 Vgl. Urkundenbuch Meißen, S. 159. 8 2 Urkundenbuch Meißen, S. 160. 8 3 Ebd.

132

Die Reform durch Ernestiner

und

Albertiner

ken. Kein Brief, kein Bote darf das Kloster verlassen oder dort hineingelangen, wenn es die Äbtissin nicht erlaubt, die mit Strenge so verfahren soll, daß sie einst vor dem Jüngsten Gericht »gute rechenschafft gethuen und bestehin möge« 8 4 . Besucher werden nur in dringenden Fällen zugelassen, die dann, durch eine Glasscheibe getrennt, unter der Aufsicht einer weiteren Schwester mit der Besuchten sprechen dürfen. Nur der Beichtvater hat ungehinderten Zutritt zum Konvent als Seelsorger und stets gegenwärtiger Visitator zugleich, der dem Propst alle Verstöße gegen die Observanz zu melden hat, die dann an den Bischof weitergegeben werden 8 5 . Auch die Äbtissin muß sich der Reform unterwerfen und ist somit selber an die Klausur gebunden. Ihr schreibt der Bischof nicht nur die Rechnungslegung über alle Klostereinnahmen vor, sondern genauso die Rechenschaft über Klosterzucht und Observanz. Alle vierzehn Tage ist sie verpflichtet, Kapitel zu halten, um die Einhaltung der Reform zu überprüfen und Verstöße zu ahnden 86 .

Visitationsauftrag

an den Bischof

von

Naumburg

Der Erlaß von Ordnungen verbürgt noch nicht ihre Befolgung. Die Tatsache des Meißener Reformmandates sollte jedoch davor warnen, in den Bischöfen nur unfähige oder gar böswillige Kirchenpotentaten zu sehen, die sich konsequent allen Reformen verschließen. Gewiß ist auch dieses Mandat auf landesherrliche Anforderung zustande gekommen; erlassen worden ist jedoch eine - trotz der mehrfach angedeuteten Dispensmöglichkeiten - respektable Anweisung, die zeigt, daß auch der Bischof erkennt, wie Zucht und Observanz in den Nonnenklöstern auszusehen haben. An der Ordnung liegt es nicht, wenn die Observanz nicht eingehalten wird, wohl aber an der Kontrolle. Reform ist eine Daueraufgabe, sie bleibt es auch dort, wo ein Landesherr wie Herzog Wilhelm bereits Entscheidendes geleistet hat. Nach seinem Tode, als Thüringen - für kurze Zeit nur - wieder der wettinischen Gesamtregierung zugefallen war, müssen die Neffen die Reform von neuem befehlen. Es zeigt sich dabei, wie auch sie nach den inzwischen zwanzig Jahren eigener Regierungserfahrung unverhohlen landesherrliches Kirchenregiment praktizieren. Am Anfang stand noch die höflich eingekleidete Reformforderung, jetzt aber, im Jahre 1483, bedienen sie sich der bündigen Sprache obrigkeitlicher Anweisungen. Die Herzöge beauftragen den Bischof von Naumburg, die Nonnenklöster seiner Diözese, soweit sie in Thüringen gelegen sind, zu visitieren, denn diese Konvente bedürften dringend der Reform. Das sei eigentlich eine landesherrliche Aufgabe, zu der sie auch entschlossen seien, wenn »mancherley ander Unser Geschefft« diese zur Zeit nicht 84

Urkundenbuch Meißen, S. 161. Vgl. Urkundenbuch Meißen, S. 160. 86 »Sy [die Äbtissin] sal ouch nicht erlawbin noch thuen wider dyßeunßer gebot, sunder bey orem [ihrem] hochstin gehorsam getrawlichin fleiß habin, das sulche artickel von uns gebotin gehaldin werdin...« Urkundenbuch Meißen, S. 160f. 85

Die Reform

der

Klöster

133

verhindern würde 8 7 . Da die fürstlichen Brüder den drohenden Aufschub der so notwendigen Reform jedoch nicht hinnehmen wollen, bestellen sie den Bischof Dietrich von Naumburg an ihrer Statt zum Klosterreformator auf Widerruf. Man muß innehalten, um zu verstehen, was hier geschieht: Die >Ordinarien< von Sachsen, die Herzöge Ernst und Albrecht, ernennen den Bischof öffentlich zum geistlichen Amtmann der sächsischen Fürsten in seiner eigenen Diözese: »So bekennen wir [Ernst und Albrecht] uffmtlich an diesem Brive und thun kunt allermeniglich, daß Wir biß uf Unser Widerruffen gewilligt und zugelassen haben, das der ernwirdige in Gott Vater Her Ditterich Bischoff zu Numburg Unser liber Herre und Freund die Jungfrawen Closter under Uns in seym Bisthum gelegen, durch sich oder die seinen darzu tüchtig visitiren, Ires Geistlichen und Werntlichen Wesens und Standes gruntlich erkunden und wo er die gebrechlich erfindet, die dann Reformiren und mit andern Geistlichen oder Werntlichen Personen als Probisten oder Vorstehern notürfftiglich anrichten und bestellen m a g . . . « 8 8 Die vom bestellten Visitator eingesetzten Pröpste und Vorsteher sind in Zukunft selbstverständlich den Fürsten verantwortlich, da diese Visitation nach jenem Recht geschieht, das Herzog Wilhelm »an denselben Clostern gehabt had, und Wir nu haben sullen« 89 . So gewiß den Landesherren Stifterrechte an den Jungfrauenklöstern zustehen, so ist dieses im Zuge der Herrschaftsübernahme ausgestellte Mandat dennoch ein Dokument des rapiden Verfalls bischöflicher Gewalt vor der Reformation. Selbst das Recht zur geistlichen Klostervisitation in seiner eigenen Diözese steht dem Bischof nur noch in abgeleiteter Weise zu. Der Landesherr öffnet nicht nur die Grenzen seines Territoriums, sondern auch die Pforten der Klöster, die gegenüber dem Bischof auf ihre Exemtion pochen. Das >ius reformandi* ist den Wettinern vom Papst indirekt bestätigt worden. Innozenz VIII. hatte auf Anforderung der Herzöge am 12. März 1485 die Bischöfe von Meißen und Merseburg beauftragt, die exemten und nichtexemten Klöster in sächsischen Landen zu visitieren und zu reformieren 9 0 . Selbst von Rom aus werden die Bischöfe zu Befehlsempfängern und ausführenden Organen degradiert, Befehlsgewalt hingegen kommt im Verbünde mit dem Papst der weltlichen Obrigkeit zu.

Reform als Anliegen bei Kurfürst Friedrich dem Weisen Die erste Generation der Ernestiner und Albertiner - Kurfürst Friedrich III., Herzog Johann und Herzog Georg - hat die Reformtradition des Hauses Wettin aufgenommen und im Vergleich zu den Vätern Ernst und Albrecht noch intensi87

H e r z ö g e E r n s t u n d A l b r e c h t an B i s c h o f D i e t r i c h von N a u m b u r g ; W e i m a r , 13. M ä r z 1 4 8 3 .

REINHARD, M e d i t a t i o n e s , S . 1 3 0 .

88 E b d . 89

REINHARD, S . 1 3 1 .

90

V g l . INGETRAUT LUDOLPHY: Friedrich der Weise, K u r f ü r s t v o n S a c h s e n 1 4 6 3 — 1 5 2 5 . G ö t -

tingen 1 9 8 4 , S. 3 7 8 f . R e g e s t des Privilegs i m U r k u n d e n b u c h M e i ß e n , S. 2 7 0 , N r . 1 2 5 0 .

134

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

viert. Daß die Reform der Klöster tatsächlich zu den auch innerlich getragenen Herrschaftsanliegen gehört, belegt bereits jenes erste Testament, das Kurfürst Friedrich im Februar 1493 kurz vor seinem Aufbruch zur Wallfahrt in das Heilige Land niedergelegt hatte. Dort bestimmte er das Kloster Reinhardsbrunn, die alte Grablege der Wettiner, zu seiner Begräbnisstätte. Er setzte im Falle seines Todes die Summe von tausend Gulden aus 91 , nicht nur zu seinem ewigen Gedächtnis, sondern auch, um die in Reinhardsbrunn von ihm 1492 befohlene Reform 9 2 über die Zeiten hinweg zu erhalten und zu fördern93. Wenn aber die Observanz des Klosters zusammenbrechen sollte, fällt die Stiftung an die Meißener Domkirche, und Friedrich selber soll dann in der wettinischen Grabkapelle neben dem D o m 9 4 beigesetzt werden. Das bedeutet: In einem nicht-observanten Kloster wollte der Kurfürst nicht begraben sein. Das Totengedächtnis >laxer< Mönche ist für die Zukunft im Fegefeuer eher hinderlich als nützlich, deshalb sein Wunsch nach einem Begräbnis »wie eynem churfursten gezimpt, mit viel reformirten mönchen und andern frommen priestern... « 9 5

Fürstliche Kontrolle

über die

Klöster

Wie Herzog Wilhelm greifen auch die Nachbarn direkt in die Verhältnisse von Klöstern ein. Sie beanspruchen aus fürstlicher Machtvollkommenheit sowohl das Recht zur eigenen Visitation der Konvente als auch die Aufsicht über jene Visitationskommissionen, die von den Ordensverbänden eingesetzt wurden. Georg Müller und Paul Kirn haben dafür eine Fülle von Belegen zusammengetragen. Im Jahre 1497 war im Zisterzienserkloster Buch eine Visitation angekündigt, an der auch französische, >welsche< Abte beteiligt waren. Die kurfürstlichen Räte aber befürchteten von dieser Kommission eher die Aufhebung der Reform als die gewünschte Besserung. Sie trugen dem Abt deshalb auf, den Landesherrn davon in Kenntnis zu setzen, wenn die ausländischen Visitatoren tatsächlich nach Buch kommen sollten 96 . In jedem Falle erwartet der Kurfürst einen präzi9 1 Tausend Gulden sind der Höchstbetrag für f r o m m e Stiftungen der Landesherren, wie die Herzöge Ernst und Albrecht im Ausfuhrungsvertrag zur Landesteilung festgelegt hatten. Vgl. HÄNSCH, Die wettinische Hauptteilung, S. 80. 92 93

Vgl. C h r o n i c o n Ecclesiasticum Nicolai de Siegen, S. 491, 4—7. Vgl. KIRN, Friedrich der Weise, S. 73. Das Testament ist datiert auf den 19. Februar 1493.

V g l . LUDOLPHY, S. 3 7 8 . 9 4 Diese Grabkapelle ist von Kurfürst Friedrich I. erbaut worden. M i t Erlaß v o m 11. Juli 1445 haben die Söhne, Friedrich II. und Wilhelm III., die Kapelle dann mit Pfründen dotiert und aus eigener Vollmacht auch die Gottesdienstordnung festgelegt. Diese mit sieben Priesterstellen reich ausgestattete Kapelle ist das Muster einer fürstlichen Stiftung, der das D o m k a p i t e l und der B i s c h o f (am 10. April 1446) nur noch zustimmen konnten. Vgl. U r k u n d e n b u c h Meißen,

S. 7 7 - 8 2 , N r . 993; S. 8 4 f . , N r . 998. 95

LUDOLPHY, S. 3 7 8 .

96

»Wir [die Räte] werden worlich von namhaftigen, den wol zu gleuben stehet, bericht, wie

Die Reform der Klöster

135

sen Bericht, »ob ir Visitation zu stercke geistlicher zucht und observación, auch zu czeitlichem gedeyhen dem closter vorgenomen wirt, und nicht zu abbroch und schaden gefurt mechte werden« 9 7 . Der Landesherr wünscht, die Vorgänge unter Kontrolle zu halten, und behält sich die letzte Entscheidung vor. Er ist es, der die Reform schützt, davon läßt er sich durch fremde Visitatoren nicht dispensieren. Die Fürsten wachen über ihre Klöster und beanspruchen auch über die Äbte Herrschaftsgewalt, mit der Folge, daß ihre Wahl anerkennungspflichtig ist, wie im Jahre 1515 bei der Wahl der Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters Sitzenrode ersichtlich. Kurfürst Friedrich verweigerte ihre Bestätigung, weil die G e wählte sich >ungebührlich< gegen seine Räte aufgeführt habe und die Nonnen vor der Wahl es versäumt haben, zu beichten und das Sakrament zu nehmen. O b w o h l der B i s c h o f von Meißen die Wahl anerkannte und gegenüber dem Kurfürsten auf seine bischöfliche Gewalt pochte, blieb Friedrich bei seiner Ablehnung und sperrte dem Kloster die Zinseinnahmen, um die Nonnen zu zwingen, sich seinem Befehl zu fügen 9 8 . Daß Konvente sich der fürstlichen Aufsicht auch zu entziehen suchten, ist gerade für die Reformationszeit verständlich. Die Mönche des Zisterzienserklosters Grünhain verheimlichten im Jahre 1524 den Tod ihres Abtes, um zwar in Gegenwart der Äbte von Sittichenbach und Altzelle, aber ungestört durch einflußnehmende kurfürstliche Räte einen Nachfolger wählen zu können. Der Plan blieb dennoch nicht geheim: Die Fürsten trugen dem Amtmann auf, die Wahl so lange zu verhindern, bis die Situation im Kloster geklärt und Bericht über geeignete Nachfolger eingegangen wäre. In diesem Falle hatte der Amtmann allerdings versagt - oder die Anweisung der Fürsten war zu spät bei ihm eingetroffen. Die Wahl in Grünhain ging gegen den Willen Friedrichs vonstatten 9 9 . Mit der Anerkennung von Abtswahlen konnten auch fürstliche Belehnungen einhergehen, die sich nicht nur auf wohlerworbene Landesrechte beschränkten. Herzog Albrecht als Herr über das Kloster Pforte bestätigt dem 1488 gewählten Abt Cyriacus nicht nur die weltlichen, sondern gleichfalls auch die v o m B i s c h o f etliche wellisch epte auß Frankreich und von anderen enden als visitatores und reformatores awer [euer] closter visitiren und besuchen, doselbst vermeslich geistlicher observancion, die von awirn vorfaren und auch noch satzunge awirs ordens und regeln, von euch und awirn brudirn biß anher gehalden, furnemenß sein, abbroch zu t h u n . . . Wann ir dann wissens tragt, was der halbenn unßer gnediger herre euch geschrieben und von euch unnochleßlichen fleis anzukeren das zuvolbrengen begeret haben, ist dorumb anstatt unser [gnädigsten] und g. [gnädigen] hern [Kurfürst Friedrich, Herzog Johann] fleissig begeren, so ir dieselben visitatores von gehorßsam wegen des ordens zulassen wolt, das ir das ane irer gnaden wissen nicht thun woldet.« B r i e f der kurfürstlichen Räte an den Abt des Klosters Buch, Altenburg, 27. Mai 1497. Text bei GEORG MÜLLER: Visitationsakten als Geschichtsquellen. In: Deutsche Geschichtsblätter 16 (1915) S. 8; leicht verkürzt, aber korrigiert bei GEORG MÜLLER: Reformation und Visitation sächsischer Klöster gegen Ende des 15. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für Sächsische G e schichte und Altertumskunde 38 (1917) S. 65. Vgl. KIRN, S. 76. 9 7 G. MÜLLER, Reformation und Visitation, S. 65. 98

V g l . KIRN, S. 9 8 .

99

V g l . KIRN, S . 9 8 f.

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Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

verliehenen Privilegien 1 0 0 . Die Anerkennung von Wahlen und die Bestätigung von Privilegien waren die Regel, aber erst an den Ausnahmen wird sichtbar, wie weit die Rechte sich erstreckten, die der Fürst in Anspruch nahm und mit welcher Energie er diese durchzusetzen gesonnen war. Die Aufgabe, die Reform zu sichern, kann nämlich schwerwiegende personale Eingriffe des Landesherrn erfordern, wie es im Kloster Buch im Sommer des Jahres 1499 geschehen ist: Kurfürst Friedrich befiehlt die Absetzung des Abtes, falls die von ihm berufene, mit weltlichen und geistlichen Mitgliedern besetzte Visitationskommission den Abt >in der Regierung des Klosters, in seinem geistlichen Wesen und in der Reform nachlässig fmdetEinmischungen< und ¡Eigenmächtigkeiten« durch die Fürsten, vor allem durch Herzog G e o r g , ist deren R e f o r m w i l l e nicht erfaßt und deren Rechtsauffassung nicht erhoben. Siehe LUDOLPHY, S. 3 8 0 f . 101

102

Die Reform der Klöster

137

fuhrt, dort »merglich gbrech bfunden« und auch abgestellt. D o c h die G e b r e chen, die dort >ziemlich gestrafte wurden, betrafen nicht nur die Glieder, sondern eben auch das Haupt, den A b t von Pforte selber. D e m Herzog ist folgendes über ihn zu O h r e n g e k o m m e n : E r lebt seit langem mit einer Frau zusammen und hat »mit ir frucht gzcuoget, als wer sy sein elich w e i b « 1 0 3 . U m das Laster n o c h zu mehren, kaufte er ihr Haus und H o f , und zwar von den A l m o s e n , die dem Kloster zugeflossen sind. Sogar mit der Klosterwirtschaft scheint diese Frau, als wäre sie des Abtes >Hausfrauwer sich solcher Vergehen selber schuldig weiß, straft selten einen a n d e r e m 1 0 4 . I m J a h r e 1516, nach 16 Jahren selbständiger Regierung, hatte der Herzog somit bereits erfahren, was er am 29. Juli 1538 im Z o r n , voll aufgestauter Erbitterung den v o n ihm nach Leipzig befohlenen Prälaten seines H e r z o g t u m s als B e g r ü n d u n g entgegenhalten sollte, um seine landesweite fürstliche K l o s t e r visitation zu rechtfertigen 1 0 5 : Visitationen durch Kleriker erbringen keine B e s s e rung, sie vertiefen vielmehr das Ü b e l . Des Herzogs Rede vom Juli 1538 ist eine enthüllende, spitz treffende Anklage, die an den drei üblichen Arten der Klostervisitation kein gutes Haar läßt. Man hört, so spottet der Albertiner, von Visitationen, die direkt vom Papst angeordnet sind und seiner unmittelbaren Aufsicht unterstehen. Da diesejedoch kaum durchgeführt werden, sind sie ohne jede Bedeutung. Die zweite Art der Visitation, die von den Bischöfen unternommen wird, trifft man zwar häufiger an, ist jedoch für die Reform ebenfalls ohne Effekt, 103 Laut zusammenfassender Narratio Herzog Georgs in seinem Schreiben an die visitierenden Äbte, vor dem 16. Oktober 1516. Urkundenbuch Pforte, S. 418, Nr. 576; vgl. auch die kurze Zusammenfassung bei Geß I, S. XL f. Die genannten Klöster sind alle, wie zu erwarten, Zisterzienserklöster: Altzelle, bei Nossen, Diöz. Meißen, siehe Germania Monastica. Klosterverzeichnis der deutschen Benediktiner, S. 99; Walkenried, bei Braunschweig, Diöz. Mainz, Germania Monastica, S. 135; Buch, bei Leisnig, Diöz. Meißen, S. 103; Sittichenbach, zwischen Eisleben und Querfurt, Diöz. Halberstadt, S. 131. 104 Vgl. Urkundenbuch Pforte, S. 418. 1 0 5 Siehe FELICIAN GESS: Die Klostervisitationen des Herzog Georg von Sachsen. Leipzig 1888, S. 25f., S. 41 f. Anlaß - nicht der Grund! - seines Entschlusses, die Reform der Klöster ganz in seine Hand zu nehmen, war die Konzilsaufschiebung durch Clemens VII., von der Georg im Juni 1534 offiziell Kenntnis erhielt. GEB, S. 24 und S. 48—50, Anhang III, dort seine bittere Reaktion auf diese Verschiebung an die Adresse des Nuntius Pietro Paolo Vergerio.

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Die Reform

durch Ernestiner

und

Albertiner

verursacht dafür aber hohe Kosten. Der Visitator und die visitierten Mönche werden v o m Abt r u n d u m köstlich bewirtet - und so ist jeder mit j e d e m zufrieden. Falls der Bischof dennoch Unregelmäßigkeiten entdecken sollte, dann in der Regel »sub sigillo confessionis«, so daß der hohe Beichtvater nur mit seinem »Vade, noli amplius peccare« ohne praktisches Reformergebnis von dannen zieht 1 0 6 . Die dritte Art der Visitation ist jene, die der Herzog schon 1516 mit bissigem Tadel angeprangert hat: Die Ü b e r p r ü f u n g durch Äbte aus benachbarten Klöstern. Den Verdacht, den er damals noch durch > unverständigen Laienmund< aussprechen ließ, macht er sich 1538 ausdrücklich zu eigen: Der Visitator ist selber »ein ruchloser Mann, er wolt daß der Patient auch ein Prasser were, und hülffe ihm, er hat seinen Freunden, Prassern und Schwelgern, die Almosen der Armen gegeben, die sie ihm haben helffen verzehren, er wolte, daß andere auch also theten, damit er sich nicht dafür Schemen müste«. Nach den langen Erfahrungen als fürstlicher Klosterreformer zieht Herzog Georg knapp ein Jahr vor seinem Tode (17. April 1539) eine niederschmetternde Bilanz: Anstatt daß Geistliche, die im Konkubinat leben, ihres Amtes beraubt werden, sieht m a n über alles hinweg, sogar in jenen Fällen, in denen Prälaten öffentlich der Hurerei bezichtigt werden und diese tatsächlich auch so offenkundig ist, daß sie es nicht leugnen können. »Ich habe nie erfahren, daß einer darum seines A m p t s entnommen, oder wie sich gebüret, gestrafft were w o r d e n . « 1 0 7

Der Vergleich dieses späten herzoglichen Memorandums mit dem Monitum des Jahres 1516 macht deutlich, daß es nicht erst die Auflösung der Ordnung durch die Wittenberger Reformation war, die den geistlichen Klostervisitatoren so über den Kopf gewachsen wäre, daß der Herzog als >Notvisitator< hätte eingreifen müssen. Günther Wartenberg sieht in Georgs Kirchenpolitik während der Lutherzeit eine »Vorwegnahme der Gegenreformation«. Einer solchen Wertung kann man zustimmen, muß allerdings bedenken, daß sie der Rückschau entspringt. Vom Standpunkt der Gleichzeitigkeit aus erscheint die albertinische Politik gegen die Wittenberger als die intensivierte Fortsetzung dessen, was Herzog Georg an kirchlichen Reformen im Lande immer schon gewollt und teilweise auch durchgesetzt hatte. Das Recht zur allgemeinen umfassenden Klostervisitation, das er in den Jahren 1535 bis 1538 ohne den Papst sich für sein albertinisches Sachsen genommen hatte, das wollte er bereits im Jahre 1503 vom Papst verliehen haben 108 . 106

Georgs Rede ist abgedruckt bei REINHARD, Meditationes, S. 126 f. REINHARD, S. 127. Bezeichnend für den Zorn des Herzogs ist seine harte Antwort an den Bischof von Merseburg, der den Protest gegen die fürstliche Klostervisitation überreicht hatte: »Wenn sie [die Prälaten] sich durch die Visitatoren dermassen beschwert fühlten, so müssten sie sich wieder von den Bauern visitieren lassen.« CARDAUNS, Zur Kirchenpolitik Herzog Georgs, S. 118. Siehe zusammenfassend auch HELGA-MARIA KÜHN: Die Einziehung des geistlichen Gutes im Albertinischen Sachsen 1539-1553. Köln 1966, S. 11 f. 107

108

GÜNTHER WARTENBERG, L a n d e s h e r r s c h a f t u n d R e f o r m a t i o n ,

S. 9 3 . D e n W u n s c h ,

die

Klöster im Lande zu reformieren, hatte Herzog Georg dem päpstlichen Legaten Raimund Peraudi Anfang 1503 vortragen lassen. In der Verhandlungsvorläge, die von den Räten entworfen wurde, heißt es: »Item, das mein g. her [seil. Herzog Georg] alle Clöster in seiner g. [naden] land zu Reformieren hab unnd inn besser wesen zustellen, auch die Canonicos Reguläres in [und?] heremitas Sancti Augustini, und die Clöster, die under dem minister sein [Franziskaner], under den vicarien mögenn gestel werden etc.« Das heißt, Herzog Georg wünscht die Ein-

Die Reform der Klöster

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Schon längst, als alles noch so fest gefügt erschien, hatte Georg das Instrument der monastischen Eigenvisitation als untauglich, ja sogar als gefährlich v e r w o r fen. O h n e fürstliche Aufsicht verkehrt sich die dringend notwendige Kontrolle in ihr unerträgliches Gegenteil der Vertuschung des Übels, die nicht r e f o r m a tio^ sondern >deformatio< bewirkt. Genau das deckt der Herzog als Folge solch skandalöser Vorgänge wie im Kloster Pforte auf. Wenn die Vergehen des Abtes ungestraft bleiben, dann wird jeder, der so verwahrlost lebt, sich auch noch bestärkt fühlen, nach hohen Prälatenämtern zu streben; er wird seine Gelübde brechen, u m den Gewinn einstreichen zu können. Sprichwörtliche Weisheit führt verkommenen Mönchen und pflichtvergessenen Visitatoren die Wahrheit ungeschminkt vor Augen: »Eyn monch, der ein heller hat, der ist nicht eins Hellers werdt.«

Schutz und Schirm des Landesherrn Der Herzog beläßt es nicht bei Klage und Verweis, sondern gebietet der Verwahrlosung Einhalt. Wir wissen nicht, so heißt es gegen Ende des Schreibens, was Euch, ihr Äbte, bewegt, alles das hingehen zu lassen. Wenn ihr aber darauf beharren wollt, »so solt ir wissen, das uns in kein weg leydelich sulche prelaten in unserm lant zcu dulden«. Damit war die Dienstanweisung an die geistlichen Visitatoren niedergelegt, die als Absetzungsinstruktion umgehend auch den herzoglichen Räten weitergeleitet wurde. Diese hatten die Abdankung des Abtes Johannes von Pforte ohne Kompromisse durchzusetzen, »do mit nicht dorft gsaget werden, man liß in [AbtJohannes] dorumbe ungstraft, das her [er] apt werr, und het dy andern bruder gstrafft dor umbe, das sy nicht epte w e m « . Ein neuer Abt durfte nur aus einem anderen Kloster gewählt werden, da innerhalb des Konventes nach des Herzogs Auffassung kein geeigneter Kandidat zur Verfügung stand. Das Recht der freien Wahl sollte damit, wie er ausdrücklich betonte, keineswegs beschnitten werden, doch darf die kanonische Freiheit nur der Besserung des Klosters, nicht aber seiner Deformation dienen. Falls sich die geistlichen Visitatoren dem Reformwillen des Herzogs noch immer widersetzen, werden dem Kloster Pforte alle Einkünfte so lange sequestriert, bis jene Maßnahmen durchgesetzt sind, »dy uns als schotzhern und landes fursten leydelich und got bheglich sein« 109 . Die Frage drängt sich auf: Mit welchem Recht greifen Landesherren so tief in das innere Leben der Klöster ein? Herzog Georg verweist auf seine Schutzherrfuhrung der Observanz bei den Mendikanten in der bekannten Weise, daß sie der Aufsicht der Provinziale entzogen und den Observantenkongregationen unter Leitung der Vikare zugeschlagen werden. Der Text der Rätevorlage mit einer Reihe von landesherrlichen Reformanliegen - zur Sittenzucht der Kleriker, zur Stellenbesetzung, zur landesherrlichen Exekutionsgewalt gegenüber Priestern, die sich einer Verfehlung schuldig gemacht haben — bei GEC, Die Klostervisitationen, S. 46 f. 109 Urkundenbuch Pforte, S. 419; S. 420, Nr. 577.

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schaft. Eine ausgedehnte kirchenrechtliche Forschungsliteratur beschäftigt sich mit diesem >Schutzadvocati< oder >defensores< bezeichnet 1 1 1 . U n d dennoch läßt Herzog Georg sich in seinem Reformhandeln nicht hindern. Die Ansprüche eines Landesherren auf Schutzrechte sind also mit dem Hinweis auf die Erblichkeit oder Käuflichkeit von Vogteien nicht erfaßt. Auf mehrere Momente der Inanspruchnahme landesherrlicher Rechte wird man hinweisen müssen: Einmal ist die Angleichung an grundherrliche Vogteirechte zu bedenken, daß dem Landesherrn als dem >Besitzer< seines Landes nicht weniger Rechte zustehen als einem Grundherrn in seiner partikularen Herrschaft. Ferner dürften die Bestrebungen der Kirche, die Vogteirechte des niederen Adels abzuschütteln, dem Vordringen der landesherrlichen Ansprüche Vorschub geleistet haben, wie im Falle Österreichs beobachtet worden ist. Drittens ist zu bedenken, daß die Landesherren mit der >advocatia< ein allgemeines Königsrecht für sich in Anspruch nahmen, und damit auf eine spezielle 1 1 0 Vgl. KARL BOSI: Vogtei. In: S a c h w ö r t e r b u c h zur deutschen Geschichte, 2 B d e . , h g . v. H . Rössler, G . Franz. M ü n c h e n 1958, B d . 2, S. 341 f. HANS HIRSCH: Ü b e r die B e d e u t u n g des A u s d r u c k s K a s t v o g t . In ders.: Aufsätze zur mittelalterlichen U r k u n d e n f o r s c h u n g , h g . v. T h . M a y e r . K ö l n 1965, S. 1 9 7 - 2 0 5 . FOLKER REICHERT: Landesherrschaft, Adel u n d Vogtei. Z u r Vorgeschichte des spätmittelalterlichen Ständestaates im H e r z o g t u m Österreich. K ö l n 1985, S. 3 3 5 - 3 3 9 . 1 1 1 Z u r Wettinischen Vogtei durch E r b s c h a f t oder Ü b e r t r a g u n g siehe JOHANNES ENGELMANN: U n t e r s u c h u n g e n zur klösterlichen Verfassungsgeschichte in den D i ö z e s e n M a g d e b u r g , Meißen, M e r s e b u r g u n d Z e i t z - N a u m b u r g . J e n a 1933, S. 62. Z u r Vogteifreiheit v o n Pforte, S. 27: »In keiner für Pforte ausgestellten U r k u n d e erscheinen die L a n d g r a f e n v o n T h ü r i n g e n als >advocati< oder >defensores< des K l o s t e r s . « E s folgt dann aber der Z u s a t z : » D e m g e g e n ü b e r stehen landesherrliche V e r f u g u n g e n , die das Gegenteil auszusagen scheinen.«

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Begründung ihrer Rechte im Einzelfall verzichten konnten. Sie verfahren als Herren in ihrer Herrschaft, wie der König im Reich. Viertens hat man sich traditionelle Rechtsvorstellungen von Herrenpflichten deutlich zu machen. Als Kurfürst Albrecht Achilles von Brandenburg in seiner bekannt gewordenen >Dispositio Achillea< (1473) die Zukunft seiner Länder und seines Hauses regelte, sprach er bereits ganz allgemein und formelhaft v o m >Schutz und Schirm< als der Regierungspflicht des Fürsten: die Untertanen zu >handhaben, zu schützen und zu schirmenLand und Herrschaft herausgestellt hat. So innig sieht er den Schutz mit der Herrschaft verbunden, daß er sogar zur umkehrenden Schlußfolgerung gelangen kann: »Das Versagen des Schutzes führt zur Krise der Herrschaft.« Nicht die Herrschaftspflicht zu Schutz und Schirm ist neu im späten Mittelalter, sondern die Tatsache, daß die Geistlichkeit in Klöstern und Pfarren, die unter dem allgemeinen Schutz und Schirm des Herren steht, damit auch zu seinen Untertanen zählt. »Das Prinzip der Einbindung in eine weltliche Herrschaft« hatte sich derart durchgesetzt, daß es zur Selbstverständlichkeit geworden w a r so faßt Dieter Stievermann den Forschungsstand zusammen 1 1 2 . Die Rechte, die Herzog Georg für die Reform des Klosters Pforte in Anspruch nimmt, lassen sich nicht aus direkten Vogteirechten herleiten. E r handelt vielmehr aus j e n e m Recht, das nur ihm zukommt als Schutzherr, der er nicht ist und als Landesherr dennoch ist, um unerträgliche geistliche Schäden zu beheben. Solche Territorialrechte werden zwar erst im 17. Jahrhundert von römischrechtlich geschulten Juristen niedergelegt und begründet, doch faktisch schon im 15. und verstärkt im 16. Jahrhundert in Anspruch g e n o m m e n 1 1 3 . Entscheidend ist, daß man neben der säkularen Dimension des Schutzes vor 1 1 2 A u f die >advocatia< als »ursprünglich königlichen Auftrag« weist WINFRIED BECKER hin: Reformation und Revolution. Münster 1974, S. 48. Die >Dispositio Achillea< bei PAUL SANDER, HANS SPANGENBERG: Urkunden zur Geschichte der Territorialverfassung. Stuttgart 1922—1926, H e f t 4 , S. 10 [5], 18 [45], OTTO BRUNNER: Land und Herrschaft. 5. Aufl. Wien, S . 2 6 5 . A m Beispiel des mittelniederdeutschen Begriffs >VerdedigungVerteidigung< nur unzureichend wiedergegeben ist, hat GUSTAV ENGEL für den westfälischen Raum auf eben die gleiche Anschauung der Verflechtung von Herrschaft und Schirm hingewiesen: »Verdedigung« als B e g r i f f und als Teil der Landeshoheit. In: Westfälische Forschungen 33 (1983) S. 84—86. DIETER STIEVERMANN: Landesherrschaft und Klosterwesen, S. 15—29, bes. S. 25. 1 1 3 Umfassend hat DIETMAR WILLOWEIT diejuristischen Begründungen für das >ius territorii< der Landesherren untersucht: Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt. Wien 1975. Im Jahre 1600 erschien eine staatsrechtliche Abhandlung, in der »erstmalig versucht wird, die überlieferten, sich auf Territorialgewalt und Territorien beziehenden Rechtssätze in einem geschlossenen System darzustellen«. Der Autor dieser Darstellung ist Andreas Knichen: D e sublimi et regio territorii iure synoptica tractatio, in qua principum Germaniae regalia territorio subnixa, vulgo

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Die Reform durch Emestiner und Albertiner

Gewalt auch die geistliche Dimension des allgemeinen landesherrlichen Schirms zur Kenntnis nimmt. Beschreibt man Georgs Handeln in der Sprache des neuzeitlichen Staatskirchenrechtes, dann benutzt er sein >ius circa sacraius in sacra< nach Maßgabe seiner >cura religionis< auszuüben 1 1 4 . In der Sprache des Mittelalters läßt sich das gleiche noch gezielter zusammenfassen: Der Landesherr als >advocatus ecclesiae< schützt die Kirche nicht mehr nur vor ihren Feinden von außen, sondern jetzt auch vor ihren Gegnern im Innern (siehe S. 18, 35, 63f.).

Fürstenreform im Vollzug Überliefert ist das Notariatsprotokoll des Verhörs, das man mit dem A m t s schreiber des inzwischen tatsächlich abgesetzten Abtes Johannes angestellt hatte. Zutage tritt darin gewiß manche Ungeschicklichkeit des so unnachsichtig B e klagten, auch das Mißtrauen und die Gewalttätigkeit der Brüder gegen ihn, aber gerade nicht der Beweis dessen, was Herzog Georg ihm zur Last gelegt hatte: Bereicherung und Hurerei. Wie diesem Protokoll ebenfalls zu entnehmen ist, haben die etwa seit dem 16. Oktober 1516 in Pforte zusammen mit den Äbten visitierenden Räte an einer Aufhellung des Sachverhalts und der Vorwürfe gegen den Beschuldigten keinerlei Interesse gezeigt. Einzig an der Vollstreckung des herzoglichen Befehls war ihnen gelegen. Das ist die Kehrseite einer solchen >von oben< diktierten Reform, daß sie in ein reines Zwangsverfahren auszumünden droht, über das der betroffene Abt dann auch mit bewegenden Worten Klage fuhrt: Die erste Visitatorenkommission hatte - ebenfalls in Anwesenheit der herzoglichen Räte, wie man jetzt erfährt bereits gesucht und dennoch nichts finden können, um ihn abzusetzen. Es blieb nichts anderes übrig, als ihn in seinem Amte zu bestätigen. Die zweite K o m m i s sion aber, die dann um den 16. Oktober angereist kam, hatte es nicht einmal mehr für nötig befunden, ihn als Beschuldigten zu hören. Aus den Zeilen der v o m Abte selber aufgesetzten Rechtfertigungsartikel ist die Erbitterung über diese Art von Reform herauszulesen: »Also sint dy ebte kommen, ir wol funfe, mit des fursten rethe. D o sy k o m m e n sint, bin ich auch ganz krangk gewest, das Landes-Obrigkeit indigetata, nuspiam antehac digesta, luculenter explicantur. Frankfurt (Main) 1600. WILLOWEIT, S. 121. 1 1 4 Vgl. JOHANNES HECKEL: Cura religionis, ius in sacra, ius circa sacra. In: Festschrift Ulrich Stutz zum siebzigsten Geburtstag. Stuttgart 1938, S. 2 2 4 - 2 9 8 , besonders S. 2 8 1 - 2 9 8 . Es ist darauf zu achten, daß die Begriffe >ius in sacra< und >ius circa sacra< bis in das 19. Jahrhundert hinein vielfach synonym gebraucht werden. Vgl. MARTIN HECKEL: Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. München 1968, S. 246 f. A u f die Zeit des späten Mittelalters angewendet, ist diese Begrifflichkeit in folgender Unterscheidung einzusetzen: Den Landesherrn das >ius circa sacra«, den Geistlichen das >ius in sacra< und den Bischöfen in ihren Stiftsgebieten beides. Es ist aber darauf zu achten, daß die rechtlich korrekte Unterscheidung den historischen Sachverhalt eher verfehlt!

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Die Reform der Klöster

ich widder gehen noch stehen köndt, und haben do visitiert. Do hab ich begerdt dy commission, worumb sie wollen visitire; haben sie mir dy commission gewegert und dy nicht wollen zcuschicken. Ich hab wol bey neun mall dornach geschickt, aber ich hab ir nicht mögen erlangen, und haben also visitirt.« Am nächsten Morgen früh hatten die geistlichen Visitatoren dem - vor Erregung und Zermürbung? - Kranken nichts anderes als das vom Herzog zuvor festgelegte Ergebnis ihrer Beratungen mitzuteilen: Sie »begerten von mir, wie ich solt resignire dy ebtey; das wolten sie haben von mir; es konde andrs nicht gesein; wo ich nicht wolte, so muste ich, und mir solte nichts gemacht werden«. Am Abend desselben Tages war der Abt mit seinem Widerstand am Ende. Er ließ der Kommission ausrichten: » . . . kondt es gesein, so solten sie mich zcu fride lassen in meiner krangheyt, ich wolt wol resignire.« Es erfolgte darauf die dürre amtliche Bekräftigung: » . . . ich solde und muste entsatzt werden; das wolt der fürst haben.« 115 Der Befehl des Fürsten wurde mit Härte durchgepeitscht; die Räte taten ihre Pflicht, die geistlichen Visitatoren haben sich gefügt, und der Abt wich dem Zwang. Die landesherrliche Klosterpolitik, so effektiv sie auch sein mag, ist nicht unbesehen als Durchsetzung von Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit zu verherrlichen. Sie erzwingt Reform von oben spätestens seit der Jahrhundertwende auch mit Blick mach untern, damit den Laien ein Beispiel gegeben und Anlaß zu Kritik und aufsässigem, antiklerikalem Gerede beseitigt werde 1 1 6 . Die Reformmittel entsprachen diesem Ziel und beschränkten sich nicht auf Rechtsfindung im Einzelfall, auf Überzeugungskraft und Konsensbildung. Druck, Drohungen und schematische Exekution landesherrlicher Befehle gehörten ebenfalls dazu, um ein auch nach außen glaubwürdiges Reformergebnis erzielen zu können. O b ein einzelner Abt dann recht oder unrecht hatte, spielte aus einer solchen, eben obrigkeitlichen Sicht auf das >Ganze< keine entscheidende Rolle.

Klosterreform

als ständige Aufgabe

der weltlichen

Obrigkeit

Auch in den Fällen, in denen der geistlichen Obrigkeit die Klostervisitation ohne Aufsicht fürstlicher Räte anvertraut ist, steckt der Landesherr in der Regel die Leitlinien der Reform zuvor ab, verbunden mit der Androhung eigenen Eingreifens, wenn ihn die Reformergebnisse nicht befriedigen. So forderte am 27. März 1492 Kurfürst Friedrich den Abt des Klosters Fulda auf, das Zisterzienserinnenkloster Allendorf zu reformieren. Die zuständigen geistlichen Gewalten sind in diesem Falle zwar nicht dem weltlichen Regiment des Fürsten unterworfen, werden aber dennoch von ihm angehalten, sich der Reformpolitik in seinem Territorium zur Verfügung zu stellen. Falls sich die geistliche Obrigkeit in Fulda jedoch der Aufgabe entzieht, droht der Kurfürst 115 Aus dem Notariatsinstrument des Notars Johannes Wolffhart, aufgesetzt am 18. Mai 1518 auf dem Schloß Arnshaugk. Urkundenbuch Pforte, S. 438, Nr. 588. 116 Siehe unten S. 151-154.

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Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

eigene Maßnahmen an »aus notfurderung und fürstlicher oberigkait, als uns zustehet« 1 1 7 . Der gleiche fürstliche Vorbehalt gilt für die Visitation des Dominikanerinnenklosters Cronschwitz, dessen Reform der Kurfürst durchsetzen wollte. Friedrich gab diesen Wunsch als Anweisung an den Dominikanerprovinzial Dr. Daniel Egher in Nordhausen weiter, mit der Maßgabe, die Reform in Cronschwitz so schnell wie möglich zu vollziehen. Falls sich der Provinzial aber weigere, gehe der Auftrag an den Kurfürsten, also an die Letztinstanz, zurück 1 1 8 . Die Vielzahl der Belege und die daraus resultierenden Beobachtungen zur Klosterreform in Sachsen lassen sich zu einer Zwischenbilanz zusammenfassen. Die geistlichen Visitatoren handeln mit Wissen des Fürsten und zumeist in seinem Auftrag, der ihnen bei Ineffizienz auch wieder entzogen werden kann 1 1 9 . Das Reformhandeln der Kleriker bleibt unter der ständigen Kontrolle des Landesherrn, auch dann, wenn dessen Räte nicht direkt an den Visitationen beteiligt sind. Falls nach Auffassung der weltlichen Obrigkeit die Geistlichkeit versagt oder mit halben Maßnahmen sogar noch Verschlechterungen bewirkt, werden fürstliche Räte abgeordnet, um die Schäden nach Anweisung des Landesherrn zu beheben. D o c h selbst die obrigkeitliche Durchsetzung der Reform ist noch keine Garantie, daß die M ö n c h e und Nonnen bei der eingeführten Neuordnung auch bleiben. Das Kloster Cronschwitz ist dafür wiederum ein Beispiel. Nur fünf Jahre nach dem ersten Versuch im Herbst 1492 ergriffen acht Nonnen die Initiative, indem sie sich an die kurfürstlichen Räte mit einer Selbstanzeige wendeten: Mit Wissen ihrer Vorgesetzten hätten sie auch weiterhin Eigentum besessen wie bisher. Nun aber wünschten sie im Gegensatz zum reformunwilligen Provinzial endlich in den v o l l k o m m e n e n Stand ihres Ordens< zu gelangen, um nicht >so jämmerlich von diesem Jammertal zu scheiden< 120 . Der Kurfürst hatte diese Bitte an Daniel Egher weitergeleitet, doch es schien zunächst so, als ob der Provinzial sich darüber hinwegsetzen würde. In seiner Antwort auf eine Mahnung durch kurfürstliche Amtleute bekennt er jedoch, vor den Widerständen gegen die Observanz zurückgewichen zu sein. Ein Teil der Nonnen ist wohl 1 1 7 Schreiben des Kurfürsten an den A b t von Fulda, 27. März 1492. Vgl. KIRN, Friedrich der Weise, S. 78. 118 »Wurd aber das zuthun von euch geweigert, so können wir es lenger also in unordenlichkeit zu steen nicht gedulden, ungezweifelt, ir werdent darinnen kein verlengerung [Verzug] suchen.« Schreiben v o m 19. O k t o b e r 1492. G. MÜLLER, Reformation und Visitation, S. 58. 1 1 9 Als der A b t von Pforte mit seiner Visitation des Katharinenklosters zu Eisenach nur wenig Erfolg, dafür aber hohe Kosten aufzuweisen hatte, war Herzog J o h a n n v o n Sachsen i m Mai 1522 nur unter Bedingungen bereit, ihm das Visitationsrecht weiterhin zu belassen: Künftig solle der A b t das Kloster mit überflüssigem Gefolge verschonen, auch keine Geschenke selber annehmen oder durch seine Diener annehmen lassen. Vgl. U r k u n d e n b u c h Pforte, S. 450, N r . 612. 1 2 0 Schreiben der Dominikanerschwestern v o m 3. März 1497. Kirn, S. 81 f.; vgl. G. MÜLLER, Reformation und Visitation, S. 58. MÜLLER hat dieses Schreiben mit dem falschen D a t u m (30. März 1492) versehen.

Die Reform der Klöster

145

nicht bereit gewesen, sich dem Wunsche ihrer Mitschwestern anzuschließen. Als Egher vor Ort Reformmaßnahmen durchsetzen wollte, hatte er zudem die Angehörigen der Nonnen so gegen sich aufgebracht, daß sie »ein swert durch em oder ander visitatores stossen« wollten, wie er den Amtleuten entschuldigend berichtete 1 2 1 . Einem Dominikanerprovinzial wagt die betroffene Verwandtschaft offenen Widerstand zu leisten, der dann auch hilflos den Rückzug antreten muß. Die Antwort der Amtleute hingegen bezeugt gefestigtes obrigkeitliches Selbstbewußtsein, indem sie ihn auf die tatsächlichen Machtgegebenheiten hinweisen: Davon solle er sich nicht einschüchtern lassen, denn die Landesherren wären ihrer Untertanen >ganz mächtige so daß niemand gegen ihn oder seine Bevollmächtigten Hand anlegen dürfe 1 2 2 . Ein den Umständen nach ganz anderer, in der Sache jedoch ähnlicher Fall des Appells an den Landesherrn als Klosterreformer ist aus dem Weimarer Franziskanerkloster bezeugt, als der dortige Guardian sich am 28. Dezember 1487 an Kurfürst Friedrich und Herzog Johann mit der Bitte wandte, die Brüder vor Störungen ihrer observanten Lebensweise zu bewahren. Der Guardian klagt, daß der Ablaßkommissar des Kardinals Raimund Peraudi die Brüder bei der Kreuzzugspredigt wider die Türken ohne Rücksprache mit den Ordensoberen einspannen wolle. E r hat grundsätzliche Bedenken gegen einen solchen Auftrag: Die Ablaßpredigt stiftet keinen Nutzen für den Orden, vielmehr werden Gehorsam und Konventszucht bedroht, vor allem dann, wenn Brüder ausgesucht werden, die besser im Kloster »in gestrengikait und czucht« aufgehoben seien. A m liebsten sähe der Guardian, daß die Ablaßpredigt den Observanten erlassen würde; falls das aber nicht gelinge, geht die Bitte an den Kurfürsten, den zuständigen Naumburger Domdechanten Dr. Günther von Bünau zu bewegen, sich bei der Auswahl der Prediger wenigstens mit den Ordensoberen zu beraten.

1 2 1 Daß sich bei der Reform von Nonnenklöstern gerade die Angehörigen der Schwestern den Maßnahmen der Visitatoren - vor allem der drohenden Enteignung des Privatbesitzes entgegenstemmten, ist kein Einzelfall. Der bekannte Klosterreformer Johannes Busch berichtet in seinem >Liber de reformatione monasteriorum< anschaulich von einem solchen Fall anläßlich seines Reformversuches im Augustinerinnenkloster Derneburg (bei Hildesheim) etwa im Jahre 1440. Er hatte den Schwestern das Privateigentum entzogen und den gemeinsamen Tisch zur Bedingung gemacht. Dagegen wehrten sich nicht nur die Nonnen selber, sondern auch deren Eltern und Angehörige mit solcher Vehemenz, daß gegen Busch von einem aufgebrachten Verwandten tatsächlich das Messer gezückt wurde. Vgl. Johannes Busch, Chronicon Windeshemense, S. 591 f.; KARL GRUBE: Johannes Busch, Augustinerprobst zu Hildesheim. Ein katholischer Reformator des 15. Jahrhunderts. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Windesheimer und Bursfelder Congregation. Freiburg 1881, S. 87 f. 1 2 2 » . . . seine wirdigkeit [der Provinzial Dr. Daniel Egher] solle sich das nicht besweren, denn selbigen wurde wol furgedacht, den unßer gnedigistin und gnedigen herren [Kurfürst Friedrich, Herzog Johann] weren der iren gantz mechtigk, das nymant einerley gewalt an seyner wirdigkeit, oder wem das bevolen begehin d o r f f t . . . « Bericht der Amtleute zu Gotha und Leuchtenburg an die kurfürstlichen Räte vom 16. September 1497. G. MÜLLER, R e f o r m a tion und Visitation, S. 5 9 f . ; siehe auch die kurze Zusammenfassung von BERTHOLD SCHMIDT: Geschichte des Klosters Cronschwitz. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde 16 (1893) S. 158.

146

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

U m die Observanz zu wahren, sucht der Guardian die Ansprüche des Ablaßkommissars so einzuschränken, indem er den Reformschutz des Landesherrn anfordert 1 2 3 . Auch dort, wo der Wunsch nach der Einführung oder dem Schutz des v o l l kommenen Standes< aus den Reihen der Klosterinsassen selber vorgetragen wird, ist der Landesherr die entscheidende Adresse, gewiß immer dann, wenn die geistliche Obrigkeit sich zu handeln weigert.

Sicherung

des

Terminierwesens

Das Verlangen nach dem ordnenden weltlichen Arm beschränkt sich nicht auf den Bereich der geistlichen Klosterzucht. Auch wirtschaftliche Probleme werden dem H o f vorgelegt, die allerdings dann erhebliche Schwierigkeiten bereiten, wenn außerterritoriale Interessen berührt werden. Es hatte sich Anfang 1493 der >Meister< des Antoniterhauses Lichtenberg an den Kurfürsten mit einer Beschwerde gewendet und damit einen umfangreichen diplomatischen Briefwechsel ausgelöst, der den B i s c h o f von Meißen in die peinliche Situation einzugestehender Hilflosigkeit bringen sollte. Der Antoniter schrieb gegen auswärtige Stationierer, die zunehmend in das Fürstentum eindringen und den Einheimischen das Almosenaufkommen fühlbar schmälern 1 2 4 . Der Kurfürst wollte »dem heiligen Sant Anthonien zu Eren« solche Beeinträchtigung nicht hinnehmen und trat sowohl an die Bischöfe als auch an die Domkapitel von Meißen und Merseburg heran, wohl in der Erwartung, daß die Kapitelherren, in der Mehrzahl herzogliche oder kurfürstliche Untertanen, seinem Begehr den nötigen Nachdruck verleihen würden. Friedrichs erste Eingabe vom Januar 1493, die außerordentlich freundlich gehalten war 1 2 5 , hatte offenbar keinen Erfolg, denn die Herzöge sahen sich im Januar 1494 veranlaßt, noch einmal das Kapitel zu Meißen daraufhinzuweisen, daß die Zahl der fremden, von R o m teilweise nicht einmal autorisierten Stationierer ständig zunehme 1 2 6 . Erst daraufhin zeigten B i s c h o f und Kapitel an, daß sie in der Zwischenzeit, wie gewünscht, etwas unternommen hätten: Das wilde, nicht autorisierte Stationieren sei untersagt worden, doch im Falle der »Botschafft Sancti Valentini« sei nichts zu erreichen, denn hier lägen ordnungsgemäß gesiegelte päpstliche und kaiserliche Privilegien v o r 1 2 7 . 123

V g l . DOELLE, O b s e r v a n z , S. 6 4 f.

Gemäß dem Bericht des Kurfürsten Friedrich in seinem Schreiben an die Bischöfe von Meißen und Merseburg vom 19. Januar 1493. MÜLLER, Reichstagstheatrum unter Kaiser Maximilian, Teil II, 3. Vorstellung, cap. 23, S. 76a. 1 2 5 »Ewr Lieb wolle kein ander Bottschafften und Stationirer dorinn die von Alders zugelassen worden sind, furdermer zu laßen«, damit den Antonitern wie allen anderen, die auf Almosen angewiesen sind, kein Abbruch geschehe. Ebd. 1 2 6 Die Herzöge von Sachsen an das Kapitel von Meißen, 15.Januar 1494. MÜLLER, S. 76b—77a. 124

127

MÜLLER, S. 7 7 a .

Die Reform der Klöster

147

Die Herzöge, mit dieser Antwort nur teilweise zufrieden, haben nach Verhandlungen daraufhin ihr Einverständnis erklärt, den Valentinern das Bettelrecht rückwirkend für ein Jahr zu konzedieren. Sie erhoben aber sofort beim Bischof Einspruch, als deutlich wurde, daß die Stationierer sich an diese Frist keineswegs zu halten gedachten 128 . Als dieser Protest ohne Reaktion blieb, wurde der fürstliche Verhandlungston landesherrlich: » . . . wo das durch Ewer Lieb [Bischof Johann von Meißen] abczuschaffen unterlassen, würden Wir verursacht, solcher selbs zu w e r e n . . . « 1 2 9 Der Schriftwechsel um die Stationierer offenbart einmal mehr die außerordentlich schwierige Situation der Bischöfe in ihrer spannungsreichen Stellung zwischen weltlichen Landesherren, die ihre Kircheninteressen durchsetzen wollen, und dem römischen Stuhl, der, in diesem Falle vom Kaiser unterstützt, Gehorsam fordert. Der Bischof hat zwar die Privilegien der Valentiner »ganz mit beswertem Gemüthe ufgenomen«, doch die Hände sind ihm gebunden angesichts der kaiserlichen Anordnung, »daß Wir gedachter Botschafft Ire Bebstliche Bullen und Keyßerliche Privilegien nicht prechen solten«. Er habe in dieser Angelegenheit nur noch das Recht, sein »Vidimus« unter die Dokumente zu setzen 130 . Obwohl Kurfürst Friedrich von seiner Forderung nicht abgegangen ist, blieb es bei dem erzwungenen Nein des Bischofs, und auch das Domkapitel, ebenfalls gerne bereit, dem Fürsten zu willfahren, wünschte nicht, hinter dem Rücken seines Bischofs handeln zu müssen 131 . Die Bettelkonkurrenz von außen hatte offenbar einen derartigen Druck erzeugt, daß sogar Radikallösungen in Vorschlag kamen. Ein Bittgesuch der Wittenberger Franziskaner etwa aus dem Jahre 1514 regt beim Kurfürsten die territoriale Eingrenzung der Terminierbezirke an, weil nur so die Sicherung ihrer materiellen Lebensbasis zu erwarten sei. Auch der Franziskanerguardian fuhrt lebhaft Klage über den einschneidenden Rückgang der Almosen, den sie jetzt in »dyser nauen werledt« [dieser neuen Welt] - geschrieben wird etwa das Jahr 1514! - erleiden müssen mit der Folge, daß kaum noch zwanzig Brüder ernährt werden können, wo früher für dreißig genug vorhanden war 1 3 2 . Die >neue Welt< mit ihrer bissigen Mönchskritik zeitigt ihre Wirkungen und schafft den Mönchen auch finanzielle Sorgen, »szo uns das volck nicht mer geben will und mir auch gare nichs inneczukomen haben, das eynes gülden werdt wer« 133 . Die Sorgen haben aber auch Einsichten geschaffen, da die Franziskanerbrüder zugaben, daß »dem armen volck auff dem lande« die Knau128

Herzog Johann an Bischof johann zu Meißen, 26. September 1494. MÜLLER, S. 78 a. Kurfürst Friedrich III. an Bischof Johann von Meißen, 28. November 1494. M Ü L L E R , S. 78b. 130 Johann von Meißen in umgehender Antwort an Kurfürst Friedrich, 2. Dezember 1494. 129

MÜLLER, S. 7 9 a . 131 Das Domkapitel von Meißen an Kurfürst Friedrich, 10. Februar 1495. M Ü L L E R , S. 80b—81 a. 132 »Guardian Vitus und der ganze Konvent der Franziskaner Wittenbergs an Kurfürst Friedrich«, um 1514. DOELLE, Observanz, S. 258, Beilage 19. 133 Ebd.

148

Die Reform durch Ernestiner

und

Albertiner

serei nicht zu verdenken ist, wird es doch beschwert »mit vilen bettellmöngen ine E. Kf. G. Stadt und dörffer«. Der Lebensunterhalt wäre hingegen zu sichern, wenn die Franziskaner und die anderen Orden, »E.Kf. G. unterworffen«, die Terminierbezirke für sich allein in Anspruch nehmen könnten ohne fremde Mitesser aus Halle, Leipzig, Magdeburg, Brandenburg oder Dahme. Die »reformación«, die sie vorgeschlagen haben, ist naheliegend und einfach: Sie erstreben die Territorialisierung des Terminiersystems - »das eyn iczlicher fürsth mitt den Stetten und dörffern, ime untterworffen, seyne m ö n g e ernereth« 1 3 4 . Nicht Absonderung und Einschließung, sondern den Schutz vor dieser >neuen Welt< erwarten die Mönche von der Territorialisierung, die ihnen als den Landeskindern dann auch die uneingeschränkte Nutznießung der Almosen des Landes garantieren würde. Die Bitte, die Bettelbezirke zu kontrollieren und neu zu ordnen, darf auf das Verständnis des Landesherrn rechnen, doch die Verwirklichung einer solchen Reform geht angesichts des Geflechtes von Interessen, die bei auswärtigen Landesherren, Bischöfen und auch bei den Ordensorganisationen selber berührt sind, über die Kraft der Territorialgewalten hinaus. Herzog Georg wenigstens hat sich 1521 genötigt gesehen, das Problem des ausufernden Stationierwesens als Gravamen der weltlichen Stände vor Kaiser und Reich in Worms zu bringen 1 3 5 . Auch dieses Gravamen ist ein Zeichen dafür, daß Herzog Georg trotz des Dissenses in der >causa Lutheri< nicht nur für sich, sondern für beide Sachsen spricht, sowohl für sein Herzogtum als auch für das Kurfürstentum der Vettern.

Offene Rehellion gegen die Observanz in Leipzig Bereits vor der Reformation hatte sich in den Städten herausgebildet, was man heute als »Öffentlichkeit« zu bezeichnen pflegt. Auch sächsische Herzöge, besonders Herzog Georg, haben den politischen Nutzen einer möglichst breiten Z u s t i m m u n g der städtischen Bürgerschaft zur landesherrlichen Reform erkannt. Das Heraustreten aus verschwiegenen Kanzleistuben hinein in die Gassen der Stadt läßt sich an den Auseinandersetzungen u m das Franziskanerkloster zu Leipzig illustrieren. Nach nur oberflächlichen Retouchen in den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts war von den Landesherren noch einmal ein energischer Anlauf zu unternehmen, u m die Observanz dort wirklich durchzusetzen. Auf 134 DOELLE, S. 259. Doelle bringt dieses Schreiben in Zusammenhang mit dem Streit der Martinianer (siehe dazu S. 188) gegen die Observanten. Das wäre dann ein listig verhüllter Streich des Wittenberger Martinianerguardians gegen die Observanten zu Halle, Leipzig, Magdeburg und Brandenburg, um ihnen die Almosen zu entziehen. Abgesehen davon, daß in Dahme Karmeliter saßen, ist die Bedeutung der angeregten Reform damit übergangen. Vgl. Doelle, S. 118. 135 »Es ist in vorzeiten nicht mehr dan ein stacion sancti Anthoni in Deutschen landen gewest; itzo kumbt des Heiligen Geist, sant Huprechts, sant Cornelius und sant Valentin auf.« Herzog Georgs Beschwerden 1521, RTAJRII, S. 663,20—22, aufgenommen auch in die endgültige Beschwerdeliste des Reichstages. S. 678,28—679,3.

Die Reform der Klöster

149

Ansuchen Herzog Albrechts befahl Papst Alexander VI. am 28. April 1498, daß die Franziskaner der Stadt Leipzig aus dem Verband der Provinz auszugliedern und der Observantenkongregation anzuschließen sind - gemäß des Herzogs Bitte »pro animarum salute et augmento divini cultus« 136 . Der Papst hatte mit seiner Verordnung den Übergang des Leipziger Hauses zur Observanz zwar ermöglicht, erbitterten Widerstand gegen die Reform jedoch nicht ausschalten können. Aufgebrachte Mönche, allen voran jene Franziskaner, die dem Kloster entlaufen waren und auf Rache sannen, versuchten die Einführung der Observanz zu verhindern. Sie wendeten sich mit >Schmähzetteln< an die Bürger Leipzigs und attackierten darin die unverfrorene Armutsheuchelei der Observanten, die damit zwar in der Lage waren, den Herzog auf ihre Seite zu ziehen, tatsächlich aber so >arm< ihrer Regel getreu leben, daß sie gegen die wahrhaftig armen Barfüßer völlig überraschend 6000 Gulden - eine wohl aus der Polemik zu verstehende Angabe - an >Handsalben< einsetzen konnten, um in Rom ihre Sache mit Erfolg durchzufechten. Wir aber, so lesen die Leipziger in den öffentlichen Anschlägen, »haben ewer almoßen nicht hingelegen uff wucher noch unser professen in die wechselbangk gelegt« 137 . Falls die Bürger den Konventualen nicht wieder zu ihrem Kloster verhelfen, dann müssen sie mit Terror rechnen, das Unrecht wird >gerochen< werden: » . . . wir hatten bedacht wir wolten es mit fewer gerochen hab[en]. So erbarmet uns das gemeyne volk, die uns offt ir handt getrewlichen mitgeteilt haben und behulffen sint gewest. Doch sol es nicht ungestrafft bleyben, wo ir uns nicht hellff[et] widder ußtreyben mit macht und wolt sie vordetich[en] [verteidigen], so wirdt es eynem mit dem anderen zu schaden küm; wenn [denn] ir habt keine sache widder uns, und mußen die großen smaheyt leyden.« 1 3 8

Ein zweiter >Zettel< läßt sich noch aggressiver vernehmen, denn selbst der Herzog ist jetzt nicht mehr ausgenommen: Wenn er bei seiner Parteinahme für die Observanten bleiben sollte, »alßdenn musten wir auch zu seinen gnaden gedencken und zu seynen ratgeben«. Die Drohungen gegen die Leipziger werden ebenfalls wieder aufgenommen. Sie haben die eingedrungenen Mönche zu vertreiben und die entscheidenden Drahtzieher des als Reform ausgegebenen Unrechts auszuliefern, andernfalls trifft sie die Rache der »Ehrlichen und Redlichen Erfolg< gehabt. Herzog Georg, Albrechts Sohn und als 17jähriger - seit 1488 - bereits sein Mitregent, schaltete sich ein, aber nicht, u m die Aufsässigen, wie gefordert, zu unterstützen, sondern u m ihrer ungeheuerlichen Hetze entgegenzutreten. Der Franziskanerprovinzial D r . J o h a n n Heymstedt, der allen Übergabeverhandlungen bislang ausgewichen und allein schon deshalb bei den Fürsten in Mißkredit geraten war, mußte sich harte Vorwürfe gefallen lassen. Unterhalb der Oberfläche glatter Floskeln 140 tritt die Gefährlichkeit der Beschuldigungen durch den Prinzregenten zutage, wenn er der Gemeinschaft als ganzer das >gottlos aufrührerische Treiben< weniger zur Last legt. Die O r d e n s provinz wird nun dafür verantwortlich gemacht, daß Geistliche, die zu Gottes Dienst verordnet und zur Abwehr von Unrecht und Lüge deshalb sonderlich verpflichtet sind, sich zu solchem Aufruhr gegen Gott und Land haben hinreißen lassen. Der Herzog hat ihre skandalösen Schmähungen gegen Papst, Obrigkeit und Orden »gantz mit beschwerten gemut vornomen« 1 4 1 . Das ist eine Formel, gerade so aber der unzweideutige Ausdruck fürstlichen Zorns, eine scharfe Verwarnung im diplomatischen Sprachgebrauch der Zeit. Johann Heymstedt ist aufgefordert, klare Verhältnisse zu schaffen, kompromißlos gegen die Missetäter vorzugehen, damit erkenntlich ist, auf welcher Seite er steht 1 4 2 . Der Provinzial hatte die Anklage Herzog Georgs v o m N o v e m b e r 1498 in ihrer Schärfe recht verstanden und sich umgehend, noch am 18. dieses Monats, verteidigt. Seine Rechtfertigung ist glaubhaft, denn man wird ihm trotz des Verschleppens der befohlenen Observantenreform abnehmen können, daß auch er von der aufreizenden Torheit der so geschehenen Gegenwehr überrascht wurde. Gott ist mein Zeuge, beteuert er, daß alles ohne mein Wissen geschehen ist. Er habe Anweisung gegeben, daß die bösen Brüder gefangen, inhaftiert und gestraft werden 1 4 3 . In einem weiteren Schreiben v o m 27. April 1499 findet er dann einen eleganten, wenn auch nicht in gleicher Weise überzeugenden Weg, die Brüder der Provinz von jeder Mitverantwortung reinzuwaschen: Nicht Mönche, sondern Studenten sind die Schuldigen 1 4 4 . Das bedeutet konkret, daß 140 »So wir (Herzog Georg) aber nicht zweifeln, das euch sulchs nicht gelibet.« Herzog Georg an den Provinzialministerjohann Heymstedt, November 1498. Urkundenbuch Leipzig, S. 285,35f., Nr. 365. 141 Urkundenbuch Leipzig, S. 285,31. 142 » . . . ir wollet euch dermasse in ergangenem unrecht gegen den personen, so sulchs begunst, beweisen, darauß wir ewer mißheglichkeit in angezeigtem begynnen und dasjhene, so sich auß sulcher mißhandelung euch zu thun gebort, erkennen und befinden mögen, auch selber bey babstlicher heiligkeit und in ander weise dawider mit ernste zu trachten nicht vorursacht werden.« Urkundenbuch Leipzig, S. 285,37—41. 143 Johann Heymstedt an Herzog Georg, 18. November 1498. Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 286f., Nr. 366. 144 »Vormeldet j u w e vorstlike gnade unde tolecht mynen armen brodern ane schuldt eyn ghedichte, se schullen ghemaket hebben in lasterunge ichtwelker personen, darinne ick vast

Die Reform der Klöster

151

er von den Tätern niemanden hat fassen können und dem mißtrauischen Herzog nun mit leeren Händen entgegentreten muß, dem Verdacht ausgesetzt, daß er nicht hat finden können, was er nicht hat suchen wollen.

Fürstenreform

und

Öffentlichkeit

Der Fall hatte mit Heymstedts Brief nicht sein Bewenden, denn die Herzöge waren weder bereit, die Ausrede zu akzeptieren noch die Schmähzettel als dummen U n f u g einfach zu übergehen. Herzog Albrecht ließ schon am 19. Dezember des Jahres 1498 ein Edikt an die Bürger Leipzigs ausgehen, das diese Hartnäckigkeit verständlich macht. Grundsätzliches stand für die Kirchenpolitik auf dem Spiele: Gilt der Landesherr als Reformer um Gottes und des Landes willen oder als raffgieriger Gewalthaber, der auch in den Klöstern nur das Seine sucht? Der Fürst sah sein Reformhandeln in aller Öffentlichkeit in den Schmutz gezogen und sich selber übel verleumdet. Ganz besonders die Behauptung, hier liege kein Fall von Reform durch die Fürsten, sondern von Bestechung der Fürsten vor, hat ihn aufgebracht. So ist denn sein Mandat, das den Bürgern die Unterstützung der Observanz zur Pflicht macht, zugleich eine Rechtfertigung der landesherrlichen Klosterreform geworden: Der Herzog hat die Franziskaner »dem vicario underworffen«, auf daß von ihnen »gotß lob gemehret, fromer lewt besserung und der seien trost ervolgen mocht« 145 . In Unterstützung dieses Ziels hat auch der Papst dem entsprechenden fürstlichen Gesuch stattgegeben. Obwohl daraufhin die Reform »nicht in ander weise, dan wie sich zimbt, eigent und gebort«, eingeführt worden ist, wagen es die rebellischen Mönche dennoch, »auß hessigem gemüt und bösem gründe« über die getroffenen Maßnahmen die unverschämte Lüge auszustreuen, »als das die itzigen besitzer des closters unß mit gelde zu sulchem vornemen sulden bewegkt« haben 146 . Ein jeder ist deshalb aufgefordert, den Bezichtigungen keinerlei Glauben zu schenken und denen in den Weg zu treten, die den Vollzug der herzoglich-päpstlichen Anordnung zu be- oder verhindern suchen. In der Auseinandersetzung mit dem Franziskanerprovinzial hatte der >junge Herrdie< sind, die unnachsichtig einer >reformatio< zu unterziehen waren. Der Landesherr begibt sich damit in die Niederungen der Polemik, um öffentlich verständlich zu machen, wohin die Kirche gerät, wenn er nicht selber die Initiative zur Reform ergreift und die Observanz vor ihren Gegnern schützt.

Die Notwendigkeit

der Reform

Selbst wenn man bei Herzog Georg den persönlichen Zuschnitt in Rechnung stellt, daß er die überlegene Abweisung oder das gelassene Schweigen nicht über sich bringt 1 4 8 , ist über das individuelle Moment hinaus auf der Wende zum 16. Jahrhundert die Entdeckung von >Öffentlichkeit< als Faktor auch der fürstlichen Reformpolitik zu beobachten. Der Schritt nach außen setzt Energien frei und sorgt zudem für Festlegungen, die ein Zurückweichen als Zeichen von Schwäche und Unsicherheit oder sogar als Eingeständnis von Unrecht erscheinen lassen. Herzog Georg gibt denn auch keine Ruhe. Er wendet sich am 11. November 1499 direkt an den Papst, unermüdlich darum bemüht, die R e form zu sichern, sowohl gegen Interventionen aus R o m als auch gegen Verleumdungen und angedrohtem Aufruhr im Lande. Trotz der skandalösen Vorgänge in Leipzig stecken die Konventualen nämlich immer noch nicht auf und beharren, wie Georg behauptet, nach wie vor mit schlauen Lügen auf ihrer Version, daß sie zu Unrecht aus Leipzig vertrieben worden seien. Der Papst wird deshalb von ihm aufgefordert, auch seinerseits die Franziskanerobservanz in Leipzig zu

Siehe oben S. 95. Ein dafür typisches Beispiel ist Georgs Verhalten, als er sich von Luther als >Wasserblase< beschimpft sah: Ein Missive an Hartmut von Cronberg (1522). WA 10 II. 55,22. In seiner fürstlichen Ehre getroffen, brachte der Herzog zusätzlichen Schwung in Luthers Attacke, als er dafür sorgte, daß an der Identität von >Wasserblase N.< und Herzog Georg kein Zweifel bestehen konnte. Siehe W A B 3. 4f., Nr. 567. Luther an Herzog Georg, 3. Januar 1523. Der Herzog hat nicht nur die Polemik an sich gezogen, sondern war selber auch fähig, seine Feder spitz einzusetzen. Siehe dazu HANS BECKER: Herzog Georg von Sachsen als kirchlicher und theologischer Schriftsteller. In: A R G 24 (1927) S. 1 6 1 - 2 6 9 . 147 148

Die Reform

der

Klöster

153

>schützen und zu handhabend 4 9 und dem Provinzialminister samt seinen Brüdern für dauernd Schweigen aufzuerlegen. Die Forderung des Herzogs an den Papst ist wiederum von der Erfahrung mit >Öffentlichkeit< geprägt, diejetzt aber als Warnung vor der Gewalt der Straße vorgetragen wird: Die Mönche streiten sich um Kopf und Kragen, denn nichts ist beim Volke tiefer verwurzelt als der Wunsch, den Klerus zu traktieren! Und ausgerechnet diesem Volke geben die verstockten Toren noch Anlaß zum Pfaffenhaß, weil sie dem schimpflichen Verdacht den Schein von Recht geben: »mendicantes elemosina collecta ac colligenda libidinose litigia agitent« 150 - dazu sind unsere Almosen gut, daß die Mönche ihr Gezänk bestreiten. Was Herzog Wilhelm weitsichtig als Warnung für die Zukunft einmal vorausgesagt hatte 151 , ist am Ende desJahrhunderts schon Wirklichkeit geworden. Der Pfaffenhaß nimmt gefährliche Ausmaße an. Das Papstschreiben des jungen Herzog Georg ist von einer neuen Einsicht geprägt: Reform ist für den Geistlichen der notwendige - und beste - Schutz vor dem >gemeinen Mannreligiosi< sogar gegen die eigenen Brüder gefordert werden konnte, ist nicht nur die Einvernahme der Bistümer, sondern auch die fürstliche Klosterreform als entscheidende Einfallspforte des landesherrlichen Kirchenregiments zu werten. Denn Klöster sind im späten Mittelalter nicht Randinstitutionen, sie sind vielmehr Zentren des kirchlichen Lebens, von denen entscheidende Reformimpulse für Kirche und Gesellschaft erwartet wurden 1 5 2 , die eben deshalb auch harter, zuweilen bis zum Zorn gesteigerter, öffentlicher Kritik ausgesetzt waren. Die am Beispiel der Mönchskritik des Erasmus von Rotterdam zu beobachtende Tendenz zur Verbürgerlichung des monastischen Lebensideals 153 bezeugt ex negativo ebenfalls die hohen, zu hohen 149 Herzog Georg an Papst Alexander VI., 11. November 1499: »tueri et manutenere«. Urkundenbuch Leipzig, S. 294,1, Nr. 371. 150 Urkundenbuch Leipzig, S. 294,6. 151 Siehe oben S. 52. 152 Sichtbar wird diese Funktion vor allem der Mendikanten an der Entwicklung des Bruderschaftswesens in den Städten. Vgl. JOHANNES C. STRACKE: Geistliche Laienbruderschaften im ausgehenden Mittelalter. In: Jahrbuch für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu

E m d e n 5 1 / 5 2 ( 1 9 7 1 / 7 2 ) S. 3 5 — 6 4 . Z u s a m m e n f a s s e n d NORBERT HECKER: B e t t e l o r d e n u n d B ü r -

gertum. Konflikt und Kooperation in deutschen Städten des Spätmittelalters. Frankfurt 1981, S. 1 1 3 - 1 2 8 . 153 Sein Ideal der >civitas christiana< hat Erasmus im Brief an Paul Volz (Abt des Benediktinerstifts Hügshofen bei Schlettstadt), seiner Einleitungsepistel zur Frobenausgabe des >Enchiridion militis christiani< (Basel 1518) skizziert. Indem er die Gelübde gegen die Mönche kehrt, hebt er die >vota< zugleich aus dem klösterlichen Kontext heraus, um sie zum Maßstab des Lebens der wahren christlichen Gemeinde - konkret für ihn wohl die Stadtgemeinde - zu machen: » . . . quid aliud est civitas quam magnum monasterium? Monachi abbati suo parent aut praepositis; cives episcopo ac pastoribus suis obsequuntur, quos ipse Christus praefecit, non hominum auctoritas. Illi [seil, monachi] vivunt in otio et aliena liberalitate saginantur, in commune possidentes, quod citra sudorem Ulis o b v e n i t . . . ; isti [seil, cives], quod sua pepererunt industria, pro suis quisque facultatibus impertiunt egentibus. Iam vero quod ad castitatis votum attinet, non ausim [seil. Erasmus Roterodamus] explicare, quantulum intersit inter

154

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

R e f o r m e r w a r t u n g e n , die von M ö n c h e n selber geschaffen und nun auch f o r dernd an sie herangetragen wurden. Wenn sie nicht willig wollen, dann ist es eben die weltliche Obrigkeit, die dafür zu sorgen hat, daß die M ö n c h e werden müssen, was sie sein sollen: Wahrhaftige Christen in Stellvertretung der >WeltchristenShort Story
Saxonia< 1 5 5 Aufnahme in der starken, die Provinzen Francia, Dacia, Polonia und eben auch Saxonia übergreifenden >Congregatio Hollandia< 1 5 6 . D i e wesentlich schwächere >Congregatio Lipziensis< verband hingegen nur acht K o n v e n t e miteinander: Leipzig, Freiberg, Eisenach, Plauen, Luckau, Jena, Pirna u n d E g e r 1 5 7 . Kurfürst Friedrich und sein Bruder Herzog J o h a n n hatten am 30. M a i 1487 ihren Amtleuten zu Jena, Plauen, Wartburg und Eisenach eine Generalanweisung zum Schutz der R e f o r m im Dominikanerorden z u k o m m e n lassen müssen. U n g e t r e u e Brüder werden in diesem Mandat beschuldigt, die R e f o r m rückgängig machen zu wollen und j e n e n Konventen, die j e t z t zur K o n g r e g a t i o n g e h ö ren, das »vorig ungotlich irrhe wesen« wieder aufzuzwingen. D i e Amtleute sind deshalb angewiesen, die Dominikanerklöster in ihren Bezirken unter Kontrolle zu halten, u m die Observanz »vor schnelligklichem infall, gewalt, unrecht und schaden« zu schützen. Zwischenzeitlich, solange Gefahr im Verzuge ist, wird ihnen v o m Landesherrn sogar Disziplinargewalt über die Klöster übertragen, damit sie gegen eventuelle U m b e s e t z u n g e n in den Leitungsämtern unverzüglich einschreiten und die Brüder bei der hergebrachten Observanz halten k ö n n e n 1 5 8 .

Anlaß des kurfürstlichen

Eingreifens

D i e landesherrliche N o t v e r o r d n u n g zum Schutz der D o m i n i k a n e r r e f o r m hatte i m M a i 1487 der Leipziger Prior D r . Nikolaus B e y e r ( f 1505) ausgelöst, der sich kurz zuvor, im M ä r z oder April, auf völlig undurchsichtige Weise plötzlich durch einen Nachfolger, durch D r . Hermann M e y e r , i m A m t e des Provinzialates der Saxonia ersetzt s a h 1 5 9 . B e y e r war ein erfahrener Provinzial, der die Geschicke der Saxonia siebenJahre lang, von 1480 bis eben zum Zeitpunkt seiner

hingegen macht deutlich, daß er in das Urteil über die Reformgeschichte als Verfallsgeschichte nicht einstimmt. Siehe HINNEBUSCH: The Dominicans. A Short History. New York 1975, S. 1 0 5 f. 1 5 5 Die Provinz >Saxonia< erstreckte sich von Friesland, Zeeland und Holland im Westen bis an die Grenzen Böhmens im Osten, reichte im Süden bis Marburg und im Norden von Meldorf (Holstein) bis Dorpat. Vgl. ANGELUS WALZ OP: Compendium Historiae Ordinis Prädicatorum. 2. Aufl. Rom 1948, S. 152 f. 156 Vgl. ALBERIC DE MEYER: La Congrégation de Hollande ou la réforme dominicaine en territoire bourguignon 1465—1515. Documents inédits. Liège [1947], S. 433—435. 157 Vgl GABRIEL M. LOHR OP: Registrum litterarum pro provincia Saxoniae (Bd. 2). Köln 1952, S. 13. 1 5 8 Vgl. Urkundenbuch Leipzig, Bd. 3, hg. v. J. FÖRSTEMANN, S. 1 7 7 , 4 - 1 8 , zu Nr. 248. Kurfürst Friedrich und Herzog Johann an die Amtleute und Räte zu Jena, Plauen, Wartburg und Eisenach; Nürnberg, 30. Mai 1487. 159 Vgl. GABRIEL M. LOHR OP: Die Kapitel der Provinz Saxonia im Zeitalter der Kirchenspaltung 1513—1540. Leipzig 1930, S. 15*. Meyer ist vom Ordensgeneral Joachim Turriani am 10. Juni 1487 als Provinzial der Saxonia bestätigt worden. Vgl. LOHR: Registrum Bd. 2, S. 12.

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Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

Absetzung, geleitet 160 und sich in diesen Jahren auch um die Reform der ihm anvertrauten Konvente bemüht hatte 161 . Mit seiner Absetzung als Provinzial sah Beyer zugleich die Kongregation gefährdet, und er sollte allen Grund dazu haben 162 , denn sein Nachfolger war als hartnäckiger Gegner der Reform bekannt, der bereits seinen Heimatkonvent Wismar verlassen mußte, weil er sich der dort im Jahre 1468 eingeführten Observanz nicht hatte beugen wollen 163 . Wiewohl Leipzig dem albertinischen Territorium zugehört, muß der Vikar die Hilfe der ernestinischen Fürsten anrufen, denn aus ihrem Landesteil wird die angerichtete Verwirrung nach Leipzig 164 hineingetragen: Dem Jenaer Reformkonvent sind Mönche entlaufen, die überall verbreiten, die Observanz sei binnen kurzem vertilgt, sie selber aber, die Konventualen, werden ihre Klöster wieder »geruglich besiezen«. Bald seien auch die Brüder zu Leipzig, die sich noch zur Observanz halten, vertrieben. Beyer hat, nach den Erfahrungen mit seiner Absetzung, diese Drohungen bitter ernst genommen; er war davon überzeugt, daß die Observanz ohne den kurfürstlichen Schutz auch im anliegenden Landesteil nicht zu halten sei. Aus dem Brandbrief Beyers istjenes Argument eigens hervorzustreichen, das in den Auseinandersetzungen um die Reform eine wachsende Rolle spielen wird: Die Observanz ist auch deshalb unbedingt zu schützen, damit »vill ergerniß des

160

Vgl. GABRIEL M . LOHR: D i e D o m i n i k a n e r an der Leipziger U n i v e r s i t ä t . Leipzig 1934,

S. 63. 161 D e r R e f o r m k u r s B e y e r s ist v o m d a m a l i g e n O r d e n s g e n e r a ] Salvo Cassetta s c h o n i m J u n i 1481 a u s d r ü c k l i c h k o n z e d i e r t (vgl. LOHR: R e g i s t r u m l i t t e r a r u m p r o p r o v i n c i a Saxoniae, [Bd. 1], Leipzig 1939, S. 64) u n d i m N o v e m b e r 1482 n o c h e i n m a l bestätigt w o r d e n : » M a g i s t r o N i c o i a o B e y e r , p r i o r i provinciali p r o v i n c i a e Saxonie, m a n d a t u r in v i r t u t e spiritus saneti et sanete obediencie, q u a t e n u s c o n e t u r o m n i solerti cura et diligencia r e f o r m a r e t o t a m p r o v i n c i a m s e c u n d u m f o r m a m c o n s t i t u c i o n u m . . . « R e g e s t v o m 14. N o v e m b e r 1482. LOHR, R e g i s t r u m B d . 1, S. 72. 162 A m 10. J u n i 1487 auf d e m G e n e r a l k a p i t e l zu Venedig k o n n t e es so scheinen, als o b eine E i n i g u n g z w i s c h e n M e y e r u n d B e y e r h e r b e i g e f ü h r t w o r d e n w ä r e . B e y e r h a t t e d u r c h seine V e r h a n d l u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n d u r c h s e t z e n k ö n n e n , d a ß den B r ü d e r n seines e i g e n e n Leipziger K o n v e n t e s das P r ä s e n t a t i o n s r e c h t zur B e s e t z u n g des K o n g r e g a t i o n s v i k a r i a t e s z u g e s t a n d e n w u r d e . D a er, der Prior, selber der N o m i n i e r t e w a r , w u r d e er u m g e h e n d , einen T a g n a c h A b s c h l u ß dieser V e r e i n b a r u n g (11.Juni), v o m O r d e n s g e n e r a l als V i k a r der > C o n g r e g a t i o Lipziensis< bestätigt. Vgl. LOHR, R e g i s t r u m B d . 2, S. 13. Tatsächlich blieb diese V e r e i n b a r u n g o h n e j e d e n Belang. 163 YG] LOHR, D i e Kapitel der P r o v i n z Saxonia, S. 14*. >Berühmt b e r ü c h t i g t w u r d e H e r m a n n M e y e r a u f g r u n d der Tatsache, d a ß m a n i h m zur Last legen m u ß t e , die F ä l s c h u n g einer p ä p s t l i c h e n B u l l e 1489 v e r a n l a ß t zu h a b e n , die i h n in s e i n e m A m t als Provinzial u n d in s e i n e m A n s p r u c h a u f die H e r r s c h a f t ü b e r die K o n g r e g a t i o n s k o n v e n t e bestätigte. D i e gefälschte B u l l e ist a b g e d r u c k t v o n AXEL VORBERG: B e i t r ä g e zur G e s c h i c h t e des D o m i n i k a n e r o r d e n s in M e c k l e n b u r g . Leipzig 1913, S. 3 9 - 4 2 . 164 D i e D o m i n i k a n e r des Paulinerklosters Leipzig h a t t e n i m G e f o l g e der R e f o r m p r e d i g t K a p i s t r a n s z u s a m m e n m i t d e n M i n o r i t e n bereits seit 1452 die R e f o r m a n g e n o m m e n . Vgl. U r k u n d e n b u c h Leipzig, S. 162, N r . 228; L o h r , D i e D o m i n i k a n e r an der Leipziger U n i v e r s i t ä t , S. 49.

Die Union der zerstrittenen

Brüder

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gemeinen volks« vermieden werde 1 6 5 . Dieser frühe Hinweis auf die Bedeutung des gemeinen Mannes dient schon jetzt als Argumentationshilfe, u m die N o t wendigkeit der Reform politisch wirkungsvoll zu begründen. Im etwa zehn Jahre später einsetzenden Streit u m die Reform des Leipziger Barfüßerklosters stellen selbst die Landesherren die Kraft der entstehenden Öffentlichkeit so in ihre politische Rechnung, daß sie gar vor diesem >gemeinen VolkEvangelium< im M u n d e fuhren m u ß und wird, so muß sich jetzt der Konventuale von der Notwendigkeit der Reform überzeugt zeigen, u m gehört zu werden. Immer liegt dabei der Verdacht auf Opportunismus nahe, nicht immer trifft das auch den Tatbestand, wie bei den Auseinandersetzungen u m die Franziskanerunion sichtbar werden wird 1 6 8 .

Klosterreform als Glaubenssache In ihrer A n t w o r t an den Provinzial v o m 28. Februar 1488 versuchen die Ernestinischen Herzöge eine vermittelnde Position einzunehmen. Kurfürst Friedrich erklärt sich sogar bereit, den Provinzial und den Vikar auf Wunsch vor 165 Nikolaus Beyer an Kurfürst Friedrich und Herzog Johann, Mai 1487. Urkundenbuch Leipzig, S. 177,29, 39, Nr. 248. 166 Siehe oben S. 151 f. 167 Hermann Meyer an Kurfurst Friedrich und Herzog Johann, 14. Januar 1488. Urkundenbuch Leipzig, S. 178,7-11, Nr. 249. 168 Siehe unten S. 187-189.

158

Die Reform durch Ernestiner

und

Albertiner

sich zu laden - »zur vorhorunge für uns geyn [gegen] einander« um so die entstandenen Irrungen schiedsrichterlich aus der Welt zu schaffen. Dennoch verhehlt der >Mittler< nicht, wo sein eigener Standort in dieser Auseinandersetzung zu finden ist: Er will in jedem Falle die Reform schützen, genauso, wie sein Vater das getan hat und auch rnnsere Vettern< heute noch tun 169 . Der Provinzial weiß somit, daß die sächsischen Herzöge in der Reformfrage sich nicht auseinanderdividieren lassen, das Haus Wettin steht darin beieinander. In der Reformationszeit sollte auch dieser Konsens zerbrechen. In seinem Vermittlungsschreiben wird vom Kurfürsten nun jenes Unionsverlangen eingebracht, das im beginnenden 16. Jahrhundert die Debatte um die Ordensreform bestimmen wird. Das neue Motto heißt: »eintrechtiges Wesen« 170 . Er fordert das Ende des Ringens zwischen Konventualen und Observanten, eine Aussöhnung, die allerdings nicht auf Kosten der Reform gehen darf. Im Gegenteil, die Zusammenführung der Zerstrittenen soll dazu fuhren, daß »die reformación nicht geswecht sondern mer gesterckt werde«. Enthüllend ist der seufzende Nachsatz: » . . . darmit der bose irthum geleschet und wir darumb nicht mer angelauffen werden« 171 . Der Landesherr drängt sich zwar nicht danach, doch weiß er sich als Autorität im Streit um Geistliches, um den >bösen IrrtumUmtriebe< gegen die Observanz jedoch teuflische Machenschaften. Das wird Kurfürst Friedrich, der dieses Ringen aus observanter Sicht wertet, auch dem Ordensgeneral der Dominikaner mit der Entschiedenheit des christlichen Fürsten< deutlich machen. Die Lage hatte sich nämlich zugespitzt. Im April 1488 beschworen die Leipziger Brüder erneut die drohende Gefahr. Die Konventualen, so wird ihnen glaubhaft berichtet, arbeiten daraufhin, während des nächsten Generalkapitels zu Pfingsten in Rom den umstürzenden Beschluß durchsetzen zu können, den Observanten die Lebensform der Konventualen - »ir unordentlich weßen, dofur wir es ansehen« 172 zu verordnen. Dann werden auch reformierte Dominikaner wieder Fleisch essen, ein Ärgernis nicht nur den Betroffenen, sondern auch »dem gemeynen volke« 173 . Da jetzt sogar vom künftigen Generalkapitel Gefahr Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 178,35, S. 179,6f., Nr. 250. Urkundenbuch Leipzig, S. 179,11, 17. 171 Urkundenbuch Leipzig, S. 179,17f„ 19f. 172 Prior, Doktoren und Älteste des Paulinerklosters an Kurfürst Friedrich und Herzog Johann, April 1488. Urkundenbuch Leipzig, S. 180,17f„ Nr. 252. 173 Urkundenbuch Leipzig, S. 180,21 f. Fleischgenuß gilt als besonders skandalöser Auswuchs der >laxen< Lebensweise genauso wie der Verstoß gegen die vita communis, gegen die Klausur oder die Konventsordnung. Ferner werden, wie im Falle der Reform des Dominikanerklosters Wesel ersichtlich ist, die Vernachlässigung des Chorgebetes kritisiert, die >nicht170

Die Union der zerstrittenen

Brüder

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droht, sind wie üblich die Landesherren zur Intervention über das Land hinaus gefordert, damit, wie die Leipziger, an Fürstennerven rührend, hinzufügen, die Reform der wettinischen Herzöge »nicht zo lyderlich in windt geschlagen« wird 1 7 4 . Die Ernestiner haben auf dieses Alarmzeichen hin umgehend reagiert und in ihrem Protest v o m 28. April 1488 an den Ordensgeneral der Dominikaner, Joachim Turriani, den geistlichen Reformanspruch in gleicher Weise offen vertreten wie in der intern-sächsischen oder im Reich verbleibenden Korrespondenz. Als christliche Fürsten< haben bereits die Väter, die Herzöge Ernst und Albrecht, mit erheblichen Mühen und großen Kosten »pro laude dei atque divini cultus incremento« - die inzwischen bereits traditionell gewordene Begründung der Landesherren - die Reform auch im Dominikanerorden vorgenommen 1 7 5 . Doch hat, wie im letzten Jahre die Fürsten erfahren mußten, der Feind allen Rechtes, dem Frömmigkeit und Seelenheil verhaßt sind, unter schlauem Vorwand versucht, die im Herzogtum gelegenen reformierten Konvente zu ihren früheren Irrtümern zurückzufuhren, und das mit Erfolg, obwohl der Kurfürst in einem Warnschreiben an den Ordensgeneral zuvor bereits u m den Schutz der Observanz gebeten hatte. Da Nikolaus Beyer, »vir doctus et modestus«, gegen den Willen der Herzöge abgesetzt worden ist und Hermann Meyer seinen Platz als Provinzial eingenommen hat, regt sich nun die H o f f n u n g vieler zur Reform nur gezwungener N o n n e n und Mönche, daß sie zu ihren Irrtümern zurückkehren dürfen »sicut canis ad vomitum« 1 7 6 . Das Schriftstück des Kurfürsten, den Sprachstil der Ketzeranklage aufgreifend, ist Ausdruck jenes Krisenbewußtseins, das in der Frage der Ordenszucht die >religio< als ganze auf dem Spiele stehen sieht. Die dem Rachen des gottlosen Feindes entrissenen Klöster dürfen seinen Nachstellungen nicht wiederum zum Opfer fallen. U m rechte Gottesverehrung geht es oder u m Teufelsverfall; Klosterreform ist Glaubenssache und deshalb Landessache.

Ordensunion gemäß forstlicher Vorstellungen Das Schreiben dokumentiert darüberhinaus, wie sich die Standpunkte im Streit zwischen Observanten und Konventualen im Jahre 1488 bereits verfestigt hatten, so daß sichtbar wird, a u f w e i c h e Widerstände das Verlangen nach einer Versöhnung der Parteiungen stoßen sollte. Der Kurfürst referiert nämlich auch die Anschuldigungen, die der Provinzial Hermann Meyer gegen die >ReformierVernachlässigung< von Trinkgelagen innerhalb und außerhalb des Klosters und die häufig regellose Lebensweise in den Termineien. Vgl. PAULUS VON LOE OP: Die Dominikaner in Wesel. Kempen 1896, S. 8, S. 25ff., S. 39; Lohr, Die Kapitel der Provinz Saconia, S. 3*. 174 Urkundenbuch Leipzig, S. 180,27 f. 175 Kurfürst Friedrich und Herzog Johann an den Dominikanergeneral, 28. April 1488. Urkundenbuch Leipzig, S. 181,10-18, Nr. 253. 176 Urkundenbuch Leipzig, S. 181,33-37.

160

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

ten< vorgebracht hatte. Die Konventualen bestreiten rundweg den Reformerfolg, auf den die Observanten so pochen: >Dominium, singularitas, inoboedientia und proprietasgemeinen Mann< haben ohne Verzug auch die Landesherren begriffen. Getragen ist ihr Schreiben aber vom Anspruch auf geistliche Autorität christlicher Fürsten, die pflichtvergessene Mönche zu ihrer Aufgabe gegenüber Gott und Land zurückrufen. Sie verlangen, daß der Ordensgeneral vollzieht, was seines Amtes ist. In allen Konventen sind >displicentiadiversitas< und >differentia< gründlich auszumerzen, und der ganze Orden ist wieder zu jener Einheit und Eintracht zusammenzuführen, die nur Reform und strenge Beachtung der Ordensregel schaffen können. Wenn sich der General diesem Ruf verschließt, werden die Fürsten tun, was ihres Amtes ist und aus eigener Gewalt eingreifen 179 . Der kurfürstliche Hof ging von einer ausgesprochen pessimistischen Lagebeurteilung aus. Man traute dem General nicht und mußte später auch feststellen, daß er im Reformringen aufseiten der Konventualen stand. Ein deutsch verfaßter Entwurf zu dieser Protestnote läßt das Mißtrauen gegenüber der Politik des Dominikanergenerals noch plastischer als im offiziellen Latein hervortreten: 177 Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 182,3. Hermann Meyer hatte seine Vorwürfe in seinem Schreiben vom 14. Januar 1488 an Kurfürst Friedrich und Herzog Johann auf Deutsch so formuliert: » . . . wenn [denn] sy [die Observanten] nicht merunge der geystlickeyth sunder herschthum gewalt und eygenthum der clöster suchenn...« S. 178,12f., Nr. 249. 178 »Sed revera hoc unum plus ceteris in ista causa nos [seil. Friedericum Electorem et Johannem Ducem] movet et non parvam displicenciam atque suspicionem ingerit, quod tarn reformati quam irreformati fratres tum moribus tum vite sanetimonia differentes longe, quando et quociens volunt ad justificandam partem suam prout ipsi Optant a vobis literas ad vota expediunt, quod nostro judicio pro conciliandis animis proque sanetissima reformacione ac animorum tranquillitate parum videtur facere, y m m o verius religionis floeeipensionem in populo parit.« Urkundenbuch Leipzig, S. 182,13—18. 179 »Quapropter venerande pater [seil. Joackime Turriane] dignum duximus desiderantes pro amore sanetissime reformacionis nolite in tanta fratrum vestrorum differentia, que toti ordini ruinam atque periculum minatur, levis fore sed gravis et bene circumspectus, adhibendo extremam ac summam diligenciam ut tanta monasteriorum reformatorum ruina e medio effectualiter tollatur et monasteria ipsa reformata tarn stabiliter quam sufficienter provideantur, ne aliis opportunis remediis Seriem cogamur [seil. Nos prineipes Saxoniae] apponere... « Urkundenbuch Leipzig, S. 182,24-30 und S. 182,21 f.

Die Union der zerstrittenen Brüder

161

» U n d e r f i n d e n w i r in d e m ein dinck des u n s missefellet, n e m l i c h so u c h [den D o m i n i k a nergeneral] die r e f o r m i r t e n b r u d e r ersuchen, w e r d e n sie v o n u c h in e i m w o l l a u t e n d e n schin m i t b r i v e n u n d zulassunge abgefertiget, ersuchen u c h d a n n der provincial u n d syn u n r e f o r m i r t e n b r u d e r , so e r l a n g e n sie auch a b f e r t i g u n g e n a c h y r e m willen. « 1 8 0

Die Sachsen erwarten in der Reformfrage aus Rom nur Widersprüchliches: Mit wohllautendem Schein< für die Reform und ebenso auch dagegen 181 . Es wird deshalb keine Überraschung für die fürstlichen Brüder gewesen sein, als ihnen Berichte zugingen, daß der Ordensgeneral die Versuche der Observanten verbiete, direkt bei der Kurie ihre Sache zu verteidigen. Diese wollten an die höhere Instanz, eben an die Kurie, appellieren, der General jedoch versperrt ihnen den Rechtsweg, den er den Reformfeinden uneingeschränkt offenhält. Inhaltlich ist an diesen, auch v o n der m i t b e t r o f f e n e n h o l l ä n d i s c h e n K o n g r e g a t i o n e i n g e b r a c h t e n A p p e l l a t i o n e n w i c h t i g , daß sie bereits j e n e A r g u m e n t a t i o n s m u s t e r gegen eine U n i o n m i t den K o n v e n t u a l e n einsetzen, die m a n erst i m 16. J a h r h u n d e r t e r w a r t e t . So b e f ü r c h t e t P a l m a C a r b o n i , P r i o r in R o s t o c k u n d D i s t r i k t s v i k a r der >Congregatio H o l landia< 1 8 2 , in s e i n e m N o t a r i a t s i n s t r u m e n t g e g e n H e r m a n n M e y e r v o m 20. A u g u s t 1487 die V e r n i c h t u n g der R e f o r m bei einer E i n f ü g u n g der K o n g r e g a t i o n s k l ö s t e r in die P r o v i n z : » . . . H e r m a n n u s M e y e r . . . c o n v e n t u s et fratres s u p r a d i c t o s [seil, c o n g r e g a t i o n i s H o l landiae] m o l e s t a r e et inquietare atque ad o b e d i e n c i a m p r o v i n c i e [seil. Saxoniae] et s u a m u r g e r e et compellere, ut f e r t u r , et f r a t r i b u s dicte p r o v i n c i e n o n r e f o r m a t i s sociare in vite regularis d e s t r u e t i o n e m , e n e r v a c i o n e m et t o t a l e m r u i n a m i n t e n d i t et c o n a t u r . Q u i s e n i m i g n o r â t v i t a m r e g u l ä r e m r u i t u r a m , si r e f o r m a t i n o n r e f o r m a t i s et r e f o r m a r i n o l e n t i b u s socientur? Si in terra pacis securi n o n s u m u s , q u i d f a c i e m u s in superbia J o r d a n i s ? [Vgl. Jer 12,5].«183 A d r i a n de M e r a , G e n e r a l v i k a r der holländischen K o n g r e g a t i o n , g e b r a u c h t in s e i n e m z w e i t e n N o t a r i a t s i n s t r u m e n t v o m 23. A u g u s t 1488 (das erste I n s t r u m e n t w a r v o m 21. M a i 1488) s c h o n den B e g r i f f U n i o n : » . . . frater H e r m a n n u s M e y e r m a g i s t e r , c o n t r a tot et tantas s u m m o r u m p o n t i f i c u m concessiones ac gracias in d e t r i m e n t u m r u i n a m q u e religionis et sacre r e f o r m a c i o n i s , in o b p r o b r i u m et v i l i p e n s i o n e m ordinis et f r a t r u m , in s c a n d a l u m d e n i q u e et d e r i s i o n e m p l u r i m o r u m p r e t e x t u c u i u s d a m unionis causa sue s u b i u gare iurisdictioni et i r r e f o r m a t i s a g g r e g a r e c o n v e n t i b u s t o t o c o n a t u n i t i t u r . . . « 1 8 4 Diese z w e i Beispiele aus den vier v o n B ü n g e r überlieferten A p p e l l a t i o n e n g e g e n M e y e r zeigen, d a ß d e m Streitfall eine g r u n d s ä t z l i c h e B e d e u t u n g z u g e m e s s e n w i r d : D e r V e r s u c h einer U n i o n ist V o r w a n d - u n i o n i s p r a e t e x t u - u n d dient n u r dazu, die >heilige R e f o r m a tion< zu zerstören. A n g e g r i f f e n w i r d hier die U n i o n u n t e r V o r h e r r s c h a f t der >unverbesserlichen< K o n v e n t u a l e n , nicht aber die fürstliche Vorstellung einer U n i o n zur u m f a s s e n d e n D u r c h f ü h r u n g der R e f o r m . 180

U r k u n d e n b u c h Leipzig, S. 182, A n m . g. Die B e w e r t u n g dieser Politik durch die kurfürstliche Regierung stimmt in überraschendem M a ß e mit dem Urteil in der Forschung überein: »Die Regierungsweise Turrianis macht einen deprimierenden Eindruck, er ist vielfach hilflos, der letzte b e k o m m t i m m e r Recht« — so 181

LOHR, R e g i s t r u m B d . 2, S. 6. 182

Vgl. DE MEYER, La Congrégation, S. L X X f . 183 p R I T Z BÜNGER: Beiträge zur Geschichte der Provinzialkapitel und Provinziale des D o m i nikanerordens. Leipzig 1919, S. 131. 184

BÜNGER, B e i t r ä g e , S. 138.

162

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

Der Ton des gegen die Appellationsverweigerung am 1. Juli 1488 eingelegten kurfürstlichen Widerspruchs wird außerordentlich deutlich und erreicht mit seiner Bestimmtheit die Grenzen des diplomatisch höflichen Umgangs mit einem Dominikanergeneral: Über solches Verhalten können Wir uns kaum genug wundern. Wir wünschen, daß Ihr die Appellation ferner nicht hindert, sondern fördert und voranbringt, oder daß Ihr als Haupt Eures Ordens den vielberufenen Irrtum und die gefährliche Zwietracht unter Euch beilegt. Unbeschadet allen Streites sind die observanten Klöster in Unserem Herzogtum ohne Beeinträchtigung bei ihrer Reform zu belassen, unbedrängt und ungestört 1 8 5 . Das ist die Sprache der Forderungen, nicht diplomatischer Verhandlungen. Die Fürstenreform steht auch im Falle der Union nicht zur Disposition.

Ordensunion

nach Maßgabe

des

Dominikanergenerals

Wie dieser Protest ausgefallen wäre, wenn dem kurfürstlichen Hofe bereits die durch Papst Innozenz VIII. (am 7. Juni 1488) bestätigte Verordnung 1 8 6 des Generals unter dem Datum des 19. Juni 1488 an Hermann Meyer - also nur elf Tage vor Abfassung der sächsischen Note - vorgelegen hätte, muß im einzelnen zwar Spekulation bleiben, ein Gesamturteil aus fürstlicher Sicht kann man aber dennoch wagen. Der General bestätigt alle Erfahrungen. Er votiert für und gegen die Reform! Aus der Perspektive des Ordensgenerals sollte man die Wertung jedoch modifizieren. Er sucht die schmale Brücke zwischen Reformschutz einerseits und Ordenseinheit andererseits zu begehen. So bleibt es bei der Ablösung von Nikolaus Beyer, und alle reformierten Konvente werden wieder dem Provinzial unterstellt. Zuwiderhandelnde sind der Exkommunikation verfallen; zur Durchsetzung notwendiger Strafmaßnahmen ist der weltliche Arm heranzuziehen 187 . Erneut ist auf das krasse römische Unverständnis für den kirchenpolitischen Wandel in Deutschland hinzuweisen 188 , das nicht erst im 16. Jahrhundert zur gravierenden Fehleinschätzung der Reformkräfte führen sollte. Die Vorstellung des Ordensgenerals, daß sich Fürsten wie Friedrich oder Johann, Albrecht oder Georg dazu gebrauchen lassen, ihr und ihrer Väter Reformwerk nach römischer Anweisung rückgängig zu machen, ist geradezu abenteuerlich. Dennoch hatte die kurfürstliche Intervention wenigstens gewisse Wirkungen gezeitigt, denn auch der Ordensgeneral konnte die Tatsache der Reform nicht gänzlich außer Kraft setzen. Niemand darf sich zwar »pretextu cuiusvis reformacionis« des Gehorsams gegenüber dem Provinzial entziehen, dieser aber hat seinerseits sich daran zu halten, im Falle eigener Verhinderung nur >Reformier185 Kurfürst Friedrich und Herzog Johann an Joachim Turriani, 1. Juli 1488. Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 184,37-185,4, Nr. 255. 186

187

V g l . B Ü N G E R , S . 1 4 5 , A n m . 1.

Joachim Turriani an Hermann Meyer, 19. Juni 1488. Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 183,32f. Nr. 254. 188 Siehe oben S. 90f.

Die Union der zerstrittenen

Brüder

163

ten< die Visitation reformierter Klöster zu übertragen und über die Observanten der Ordensprovinz nur Observante als Prioren einzusetzen. Darin entspricht er den Forderungen aus Torgau 1 8 9 und erfüllt ebenfalls den sächsischen Wunsch, dem Provinzial die Union der verfeindeten Ordensparteien als Aufgabe einzuschärfen. Es ist dann aber nach des Generals Vorstellungen eine Union unter dem Regiment der Konventualen. Dazu wird auf sein Geheiß für den 7. September 1488 ein Provinzialkapitel nach Prenzlau einberufen, das alle Konvente, reformierte wie nicht-reformierte, zu beschicken haben 190 . Der Ordensgeneral, der in seiner Reformpolitik scheinbar ohne eigene Linie handelt, hat damit die Proteste als Vorgabe flir sein Edikt aufgegriffen. Er nimmt die fürstlichen Forderungen als Faktum hin, stellt diese in seinem Restitutionsedikt auch in Rechnung - und verwässert sie zugleich. Turriani beugt sich, soweit er sich eben beugen muß, läßt die Observanz bestehen, zerschlägt aber die Kongregation, greift die Unionsforderung auf, nutzt diese aber, um das Regiment des Provinzials auszuweiten. Im Blick nach vorn auf das beginnende 16. Jahrhundert ist jedoch gänzlich unabhängig vom Urteil über die ordenspolitischen Fähigkeiten des amtierenden Generals festzustellen, daß der sächsische Dominikanerstreit bereits jene Alternativen offenlegt, um die künftig vor allem unter Franziskanern und Augustinern so heiß gestritten wird. Die beteiligten Parteien einschließlich der Landesherren wollen zumeist zwar die Union, die Konventualen aber erstreben die Reintegration der Kongregationen in den Verband der Provinzen, die Observanten hingegen suchen mit tatkräftiger Fürstenhilfe die >laxen< Brüder auf der Gegenseite in die Kongregationen einzugliedern, um auf diese Weise ihre Reform allgemein durchsetzen zu können.

B. Konstitutionen

fiir

die deutsche

Die

Augustiner

Kongregation

Die Einigungspolitik zugunsten der Observanz, für die sich der Landesherr schon im ausgehenden 15. Jahrhundert eingesetzt hatte, sollte das entscheidende Thema der Ordensreform im frühen 16. Jahrhundert werden. 189 Vgl. Urkundenbuch Leipzig, S. 183,35-39. G.MÜLLER (Reformation und Visitation, S. 54) hat bei der Beschreibung dieser römischen Anweisung >nolens< als >volens< verstanden und damit ihren Sinn genau in das Gegenteil verkehrt: » . . . sollte er die Visitationen nicht selbst vornehmen können, so soll dies durch den Vikar oder einen nicht reformierten Bruder geschehen. « Der lateinische Text aber lautet: » . . . nolensque quod prefatus provincialis, dum ipse visitare non potest sive noluerit, aliquem conventum reformatum per vicarium sive fratrem non reformatum visitet aut gubernet.« Urkundenbuch Leipzig, S. 183,37—39. Falls der General geschrieben hätte, was Müller übersetzt hat, wäre das eine offene Kampfansage an die sächsischen Fürsten gewesen. 190 Zusammenfassung des Mandats im Briefregister des Ordensgenerals. Vgl. LOHR, Registrum Bd. 2, S. 25.

164

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

Die im wesentlichen fürstenfreie, wenn auch nicht obrigkeitsfreie Unionsgeschichte des Augustinerordens wird deutlich machen, daß die Probleme einer Zusammenfuhrung der Ordensparteien nicht allein mit spezifisch dominikanischen Intrigen um die Macht erklärt werden können und erst recht nicht auf den Zufall einer unglücklichen Personenkonstellation reduziert werden dürfen. Als Johannes von Staupitz am 7. Mai 1503 auf dem Kongregationskapitel zu Eschwege zum Nachfolger des hochbetagten Andreas Proles gewählt wurde, war die Kongregation der Augustinerobservanten über den Bereich der sächsischen Provinz längst hinausgewachsen und innerhalb des Augustinerordens zum Machtfaktor geworden. Während Andreas Proles jedoch die Erweiterung der Kongregation mit tatkräftiger Fürstenhilfe langsam aber erfolgreich vorangetrieben hatte 1 9 1 , ging Staupitz einen neuen, raumgreifenden Weg, der nach zwei Anläufen tatsächlich aber in einer Sackgasse enden sollte. Beide Male suchte Staupitz die Union, das eine Mal im Rahmen der Observanzbewegung supranational mit der benachbarten lombardischen Reformkongregation, das andere Mal - scheinbar bescheidener - nur mit den Konventualenklöstern der sächsischen Provinz. Die Voraussetzung für eine Verbindung über die Grenzen hinweg mit der Augustinerobservanz der Lombardei schuf Staupitz während eines Kapitels der Kongregation in Nürnberg am 16. Mai 1504, nur ein Jahr nach seiner Wahl zum Generalvikar. Staupitz hat zügig seine Pläne gefaßt und in die Tat umzusetzen versucht. Den Nürnberger Kapitelsvätern lag ein E n t w u r f neuer Konstitutionen eigens für die Observantenkongregation vor, der dann auf diesem Kapitel auch verabschiedet wurde. Neu waren diese kurz nach Pfingsten 1504 ebenfalls in Nürnberg gedruckten Konstitutionen nicht deshalb, weil hier die althergebrachten Lebensordnungen der Augustiner, die >Regensburger Konstitutionen^ 9 2 , verändert worden wären - was sie im wesentlichen nicht sind - , sondern weil hier die Verfassungsstruktur der Kongregation als autonomer Ordensteil in 1 9 1 Bei aller zupackenden Energie hatte Andreas Proles auch die Kunst des Wartens gelernt, wie am Beispiel des Klosters Herzberg (Elster) ersichtlich wird. Kurfürst Ernst wollte »gote zu lobe und besserung guts lebens under dem volk« diesen Konvent bereits im Jahre 1476 der R e f o r m zufuhren (GESS, Akten und Briefe I, S. X X I V , Anm. 1), ist aber mit seinem Vorhaben nicht zum Ziele gekommen. 1489 faßte dann Kurfürst Friedrich durchgreifende Maßnahmen ins Auge, doch Proles riet zum Aufschub, einmal und entscheidend, um dem Provinzial keinen Anlaß zur Klage vor dem künftigen Generalkapitel im Herbst des Jahres zu geben, ferner, u m die Brüder an der Schwarzen Elster in Sicherheit zu wiegen und drittens, weil die Kongregation nur schwerlich in der Lage war, Kräfte für eine Reform in Herzberg abzustellen. Vgl. KOLDE, Augustiner-Congregation, S. 141, A n m . 4. Friedrich hatte sich davon überzeugen lassen und wartete nun selber auf die Gelegenheit nach dem Generalkapitel, die sich im Frühjahr 1490 schon ergeben sollte, als der päpstliche Legat Raimund Peraudi den Kurfürsten in Torgau aufsuchte und ihm an der Ordensleitung vorbei in apostolischer Autorität die Reformerlaubnis erteilte. Vgl. KUNZELMANN, Geschichte der deutschen Augustinereremiten, B d . 5, S. 272—274. 1 9 2 Die Regensburger Konstitutionen entstammen dem Jahre 1290 und sind ergänzt durch Nachträge des Ordensgenerals T h o m a s von Straßburg aus dem Jahre 1348: Las primitivas Constituciones de los Agustinos (Ratisbonenses del año 1290), hg. v. I. ARAMBURU CENDOYA O S A . Valladolid 1966.

Die Union der zerstrittenen

Brüder

165

einem eigenen >Grundgesetz< niedergelegt worden ist 193 . Es entsteht zwar kein neuer Orden, denn die Kongregation hält sich bewußt an die Augustinerregel und bekennt sich ebenso zur Augustinerfamilie unter der Oberhoheit des O r densgenerals in Rom. Was die Regensburger Konstitutionen festgelegt hatten 1 9 4 , das übernahmen den Worten nach auch die Staupitzkonstitutionen ohne Abstriche: D e m General als dem »rector und pastor omnium« steht das Visitations- und Reformationsrecht über den ganzen Orden zu 1 9 5 . Doch tatsächlich sind die Rechte des Generals, typisch für die Verfassung der Kongregation, erheblich beschnitten, weil das neben dem Generalat errichtete Leitungsamt des Generalvikariates mit den gleichen Rechten und Aufgaben ausgestattet ist, die gemäß dem 40. Kapitel der Regensburger Konstitutionen allein dem General vorbehalten sind. Auch dem Generalvikar ist Gehorsam »tamquam patri et pastori cum omni reverentia et subiectione« entgegenzubringen 1 9 6 ; wie dem General steht auch dem Vikar als »pastor et rector« innerhalb der Kongregation das Recht der Visitation und Reformation zu 1 9 7 . Selbst die Vorbehaltsklausel »salvo Semper mandato reverendissimi patris prioris generalis licito« 198 ändert nichts am Entscheidenden, daß der Generalvikar und seine Kongregation der Ordenshierarchie entzogen sind. Nicht nur, daß innerhalb der Augustinerfamilie konkurrierende Gewalten entstehen, weil dem Generalvikar innerhalb der Kongregation volle Gewalt über seine Untergebenen zufällt >wie dem Pater General im gesamten Orden< 199 , sondern auch, daß diese Vollmacht sich eben nicht von der gemeinsamen O r densfuhrung, sondern direkt v o m Papst herleitet. Der Generalvikar, nach j e weils drei Jahren v o m Kongregationskapitel neu zu wählen, ist nach vollzogener Wahl kraft apostolischer Autorität automatisch in seinem A m t auch bestätigt 2 0 0 , ohne daß der Ordensgeneral seine >confirmatio< zu erteilen hätte - oder seine Ablehnung aussprechen dürfte. Diese Autonomiebestimmungen sind nicht erst das Ergebnis von Entscheidungen des Nürnberger Kongregationskapitels; beschlossen wurde dort nur die Umsetzung päpstlicher Privilegien in allgemein greifbare, für die Kongregation verbindliche Ordenskonstitutionen. 193 C o n s t i t u t i o n e s f r a t r u m h e r e m i t a r u m S. A u g u s t i n i ad a p o s t o l i c o r u m p r i v i l e g i o r u m f o r m a m p r o r e f o r m a t i o n e A l e m a n i a e . N ü r n b e r g 1504. Vgl. ADOLAR ZUMKELLER O S A : M a n u s k r i p t e v o n W e r k e n der A u t o r e n des A u g u s t i n e r - E r e m i t e n o r d e n s in m i t t e l e u r o p ä i s c h e n B i b l i o t h e k e n . W ü r z b u r g 1966, S. 272, N r . 598. 194 »Priori G e n e r a l i n o s t r i O r d i n i s t a n q u a m patri et p a s t o r i c u m o m n i r e v e r e n t i a et s u b i e c t i o ne Fratres O r d i n i s in o m n i b u s o m n e s o b e d i a n t . « ARAMBURU CENDOYA, C o n s t i t u c i o n e s , S. 134, cap. 40,408. 195 S t a u p i t z k o n s t i t u t i o n e n , cap. 40. 196 S t a u p i t z k o n s t i t u t i o n e n , cap. 33. 197 Ebd. 198 Ebd. 199 »Et quia v i g o r e p r i v i l e g i o r u m a Sede n o b i s Apostolica c o n c e s s o r u m o m n e m f a c u l t a t e m a t q u e a u c t o r i t a t e m in s u o s h a b e t [seil. Vicarius generalis] s u b d i t o s , q u a m r e v e r e n d i s s i m u s p a t e r generalis in t o t u m o r d i n e m . . . « E b d . 200 » . . . q u i [seil. Vicarius electus] s t a t i m h o c facto [seil, electione finita] apostolica a u e t o r i t a te est c o n f i r m a t u s . « S t a u p i t z k o n s t i t u t i o n e n , cap. 32.

166

Die Reform durch Ernestiner und

Die Union mit der lombardischen

Albertiner

Kongregation

Offenbleiben muß, ob den Nürnberger Kapitelsvätern deutlich geworden war, daß der Beschluß, der Kongregation eigene Konstitutionen zu verordnen, nur die Grundlage darstellte zu Staupitzens viel weitergehendem Vorhaben einer Verbindung mit der mächtigen lombardischen Kongregation 2 0 1 . Der Nachfolger Staupitzens im Münchener Priorat, Nikolaus Besler 2 0 2 , hat sich, wie seiner Lebensbeschreibung zu entnehmen ist, als Gesandter des Generalvikars auf den Weg zum Kongregationskapitel der Lombarden nach Vercelli aufgemacht, wo offenbar ohne Schwierigkeiten am 14. April 1505 eine Privilegienkommunikation - nicht ein Zusammenschluß beider Kongregationen - vollzogen werden konnte: Die lombardische Kongregation läßt die deutsche Kongregation ihrer Privilegien teilhaftig werden und bestimmt, daß ihr Prokurator an der Kurie auch die Angelegenheiten der Deutschen vertreten solle 2 0 3 . Da auch Papst Julius II. diesen Vertrag am 21. Juni 1505 bestätigte und am 15. März 1506 den Erzbischöfen von Mainz, Magdeburg und Salzburg die 2 0 1 Im J a h r e 1518 zählte diese Kongregation etwa sechzig Konvente. Vgl. DAVID GUTIÉRREZ O S A : Geschichte des Augustinerordens. B d . 1,2, S. 91. 202 YG] ADALBERO KUNZELMANN O S A : Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten, B d . 6: D i e bayerische Provinz v o m B e g i n n der Neuzeit bis zur Säkularisation. Würzburg 1975, S. 338 f. 2 0 3 Die von AUGUSTINUS FEUTRY edierte >Vita Beslerii< (P. Nicolai Beslerii Nurimbergensis eremitae autobiographia. In: Analecta Augustiniana 4, 1911/1912, S. 293—294) ist nur eine Kurzfassung. D e r vollständige Text findet sich in: Fortgesetzte Sammlung von alten und neuen theologischen Sachen. Leipzig 1732, S. 356—371. Von seiner Reise zu den Lombarden berichtet Besler folgendes: » U l t i m a autem die eiusdem mensis [März 1505] R o m a m egressus c u m fratre Laurentio B a u m prefato, Vercellas versus ad Capitulum Patrum congregationis Lombardie, ubi postquam 16. Aprilis illuc pervenimus; contracta societate cum Patribus fraternae charitatis per patentes etiam e o r u m literas c o m m u n i o n i s quoque privilegiorum iuxta sedis apostolicae placitum, iterum Vercellas e x e u n t e s . . . « Fortgesetzte S a m m l u n g , S. 360. In den Anmerkungen ebendort findet sich aus Beslers >Mare Magnumcorpus Augustinianum< zu wahren und

204

V g l . HEMMERLE, A r c h i v , S . 4 1 U 8 1 , S. 4 2 U 8 3 .

205

S o w o h l A L P H O N S V I C T O R MÜLLER a l s a u c h REINHOLD WEKENBORG w e r f e n d e m

sächsi-

schen Generalvikar rüden Ehrgeiz u n d persönlichen A n n e x i o n s h u n g e r vor. Vgl. ALPHONS VICTOR MÜLLER: D e r A u g u s t i n e r - O b s e r v a n t i s m u s u n d die Kritik u n d Psychologie Luthers. In: A R G 1 8 ( 1 9 2 1 ) S . 3 3 ; R E I N H O L D WEIJENBORG O F M : N e u e n t d e c k t e D o k u m e n t e i m

Zusammen-

hang mit Luthers Romreise. In: A u t o n i a n u m 32 (1957) S. 180. Das aber sind - o h n e j e d e n Beweis - n u r üble N a c h r e d e n , die Johannes von Staupitz nicht >entlarven< k ö n n e n , selbst w e n n es dabei bleiben m u ß , daß die reformtheologischen Motive für seine U n i o n s p o l i t i k nicht zu erheben sind, da der T h e o l o g e Staupitz zu dieser Zeit und zu dieser Frage schweigt. O h n e Anhalt ist ebenfalls die Auffassung Müllers, daß anhand des Vergleichs m i t Luther die o r d e n s s p r e n g e n d e Politik Staupitzens zu belegen ist. Luther, so heißt es, tritt als g e h o r s a m e r M ö n c h für eine >reguläre Observanz< innerhalb der Ordensfamilie ein, Staupitz hingegen für die >privilegierteregularis observantia< u n d >privilegiata observantia< (siehe dazu A n m . 220) promiscue gebraucht; sie bezeichnen die verschiedenen Aspekte ein u n d derselben Sache, einmal die außerordentliche Regeltreue der M ö n c h e , das andere Mal ihre besondere, eben päpstlich privilegierte O r g a n i s a t i o n s f o r m . 206

A . V . M Ü L L E R , D e r A u g u s t i n e r o b s e r v a n t i s m u s , S. 5 .

168

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

dem Zerreißen der >sancta Augustini tunica< zu wehren. Was Staupitz in Nürnberg 1504 beschließen ließ, war sieben Jahre zuvor in Rom ausdrücklich verboten worden: daß die einzelnen Kongregationen auch rechtlich aus dem Gesamtverband herausdrängen und sich eigene Konstitutionen geben 207 . Es lag deshalb völlig auf der Linie dieser Verordnung, daß Ordensgeneral Augustinus von Interamna jetzt energisch gegen die deutsch-lombardische Union vorging und bei Papst Julius mit Datum vom 24. März 1506 zwar nicht die Aufhebung, aber doch die erhebliche Beschränkung der Privilegienkommunikation erreichte. Die entsprechende päpstliche Bulle »Nuper nobis< stellte klar, daß die deutschen Observanten eben nicht aus der Obödienz gegenüber dem Ordensgeneral entlassen sind und daß diese schweren Schaden anrichten, da sie, von den Fürsten begünstigt - »favore Principum saecularium« - , im Ungehorsam die Konventualen belästigen 208 . Daß die Attacke des Generals, der den Abgesandten des deutschen Generalvikars, Nikolaus Besler, nicht nur verhörte, sondern sogar bedrohte und mit Stadtarrest in Rom belegte 209 , sich nicht zu einschneidenden Maßnahmen gegen die Reformkongregation ausweiten konnte, war dem >Diplomaten Tod< zu verdanken. Augustinus von Interamna starb am 26. Juni 1506, und sein Nachfolger - am 17. August 1506 vom Papst ernannt, am 21. Mai 1507 dann auch gewählt - war Aegidius von Viterbo, der den entgegengesetzten, reformfreundlichen Kurs einschlug. Auch zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatte sich an der Unbeständigkeit des Augustinergeneralats gegenüber der Observanz nichts ge-

207

»Propterea p r e c i p i m u s , s u b pena rebellionis ordinis et a b s o l u t i o n i s ab officio ipso facto, o m n i b u s p r i o r i b u s p r o v i n c i a l i b u s et vicariis g e n e r a l i b u s q u a r u m c u m q u e C o n g r e g a t i o n u m . . . , u t o m n e s tales codices C o n s t i t u t i o n u m , qui n o n s u n t exscripti s e c u n d u m v e r b a et sententias ad p u r u m C o n s t i t u t i o n u m quibus o r d o noster utitur universus, statim ignibus c o m b u r e n d o s [tradant] ut p e r e a n t in e t e r n u m . « A c t a C a p i t u l i generalis o r d i n i s E r e m i t a r u m S. A u g u s t i n i a n n o 1497 R o m a e celebrati. In: A n a l e c t a A u g u s t i n i a n a 8 / 9 (1919/22) S. 10. 208 » N o s [seil. Julius s e c u n d u s Papa] i g i t u r . . . d e c l a r a m u s . . . e o s d e m Fratres dictae u n i o n i s per A l e m a n i a m c o n s t i t u t o s ab o b e d i e n t i a et s u p e r i o r i t a t e et s u b i e c t i o n e dicti Prioris Generalis [seil. A u g u s t i n i de I n t e r a m n a ] et a l i o r u m P r i o r u m G e n e r a l i u m e x e m p t o s n o n f u i s s e . . . « T e x t der B u l l e >Nuper Nobis< bei LAURENTIUS EMPOLI: B u l l a r i u m O r d i n i s E r e m i t a r u m S. A u g u s t i n i . R o m 1628, S . 2 0 3 b . Z u m V o r w u r f , die K o n v e n t u a l e n m i t F ü r s t e n h i l f e zu belästigen, siehe S. 2 0 3 a . 209

» Q u a n t a s a u t e m inter haec e g o [seil. N i c o l a u s Besler] a P a t r e generale, t u n c M a g i s t r o A u g u s t i n o de I n t e r a m n a , et O r d i n i s P r o c u r a t o r e , M a g i s t r o P e t r o A n t o n i o , q u i i n p r i m i s vitae regularis esse p r o m o t o r e s d e b u i s s e n t , molestias p e r t u l e r i m , q u o n e g o t i u m religionis, p r o q u o R o m a e v e r s a b a r , i m p e d i r e t u r ; q u o t i e s c o r a m eis v o c a t u s et de p u n e t i s diversis ab eis confictis e x a m i n a t u s , q u o t i e s m i h i carcer p r a e p a r a t u s , quoties sub p o e n a e x c o m m u n i c a t i o n i s latae sententiae, ne u r b e m e x i r e m p r o h i b i t u s f u e r i m , e t i a m s u b 100 D u c a t o r u m p o e n a , q u o i t e m periculo, ne clam captus e x t i n g u e r e r , p e r u r b e m t a n t o t e m p o r e incesserim, n o v i t D o m i n u s et conscientia m e a . . . « Besler, F o r t g e s e t z t e S a m m l u n g , S. 361. D i e B e h a n d l u n g in R o m h a t t e Besler einen so g r ü n d l i c h e n S c h r e c k e n e i n g e j a g t , d a ß er sich 1515, als i h n die K a p i t e l s v ä t e r des K o n g r e g a t i o n s k a p i t e l s zu G o t h a z u m G e n e r a l k a p i t e l n a c h R o m a b o r d n e n w o l l t e n , strikt w e i gerte, d e n G a n g in die G e f a h r zu w i e d e r h o l e n : » . . . q u o d recusavi p r o p t e r ea, q u a e antea in Italia e x p e r t u s t i m u i . « S. 364.

Die

Union

der zerstrittenen

Brüder

169

ändert. Innerhalb von nur drei Jahren, seit dem Tode des Observantenförderers Gratianus von Foligno ("{"Juli 1504), wechselte die Reformpolitik zweimal grundsätzlich ihren Kurs.

Die Union mit der sächsischen Provinz Verliefen die Unionsverhandlungen bislang >obrigkeitsfreiNarratio< dieser Bulle erzählt, daß der Unionswunsch nicht allein von Staupitz, sondern auch v o m sächsischen Provinzial, zu dieser Zeit war das Gerhard Hecker, vorgetragen worden war 2 1 2 . Das ist eine Nachricht, die man, 210

Vgl. KOLDE, Die deutsche Augustiner-Congregation, S. 230f. »Sanctissimus D o m i n u s noster Julius papa II praedicta omnia confirmavit et omnia ac singula privilegia, exemptiones, immunitates, libertates, facultates, indulgentias, gratias, concessiones et indulta Fratribus Ordinis Eremitarum S. Augustini et Observantiae praedictorum Congregationi Lombardiae per Sedem praedictam concessa ad praedictam Congregationi Lombardiae per Sedem praedictam concessa ad praedictam Congregationem Alemanniae Apostolica autoritate e x t e n d i t . . . « Unionsbulle des Kardinals Bernhardin Carvajal, Legatus a latere für Deutschland, M e m m i n g e n , 15. Dezember 1507. Abgedruckt von HEINRICH BÖHMER: Luthers Romfahrt. Leipzig 1914, S. 162f., Beilage 2. Näherhin hat REINHOLD WEIJENBORG O F M sich mit dieser Bulle befaßt: Neuentdeckte Dokumente, S. 1 5 8 - 1 6 5 . 212 Erwähnt wird eine >petitiorenitenten< Klöster, die um der Reform willen die Strenge der Observantenregel durchbrechen und ihrem Generalvikar den Gehorsam aufkündigen 217 . In ihrem Auftrag reist Luther zusammen mit Johannes Nathin zunächst nach Halle zum Magdeburger Dompropst Adolf von Anhalt und schließlich mit einem unbekannten Begleiter - oder umgekehrt, der unbekannte Verhandlungsführer mit Luther als Begleiter - etwa im November 1510 nach Rom, um beim Ordensgeneral gegen die vollzogene Union die Erlaubnis zur Appellation bei der Kurie zu erwirken ohne Erfolg. Wie die Mahnungen des Generalvikars nahelegen, hatte er mit Widerständen gerechnet, doch mußte solche >Renitenz< aus seiner Sicht wohl unverständlich bleiben, da gerade er mit Umsicht beides wahren wollte, sowohl die Reform als auch die Einheit des Ordens. Bereits in der Bulle des Legaten Carvajal ist zum Schutze der Observanz die Einschränkung ausgesprochen, daß die Union nur insoweit vollzogen werden dürfe, »dummodo id fieri possit absque ipsius Congregationis Alemanniae divisione et privilegiorum diminutione ac regularis disciplinae praejudicio« 218 . Die Wahrung der Regeltreue hatte auch das Kapitel in Neustadt zur Bedingung seiner Zustimmung gemacht: Die Union darf die Ordensreform nicht rückgängig machen, sie soll die Observanz vielmehr fördern >Gott zu Lobe, dem Orden zum Ruhme und dem Volke zur Erbauung< eine Formel, die genauso auch dem Mandat eines Fürsten hätte entnommen sein können 2 1 9 . Organisatorisch fand diese Zielsetzung darin ihren Niederschlag, 215

WEKENBORG, S . 1 5 3 , D o k u m e n t I, 4 .

216

Ohne daß Johannes Cochläus Näheres über Probleme und Verlauf des Augustinerstreits zu berichten wußte, war ihm dieses Faktum des Kampfes der Sieben gegen Staupitz doch bekannt. Vgl. Cochläus: Ad Semper victricem Germaniam paraclesis. Köln 1524, C 2; ders.: Commentaria de actis et scriptis Martini Lutheri. Mainz 1549 [Gregg 1968], S. 2; Auszüge leicht z u g ä n g l i c h b e i B Ö H M E R , S . 8 f. 217 FELIX MILENSIUS OESA: Alphabetum de monachis et monasteriis Germaniae ac Sarmatiae citerioris OESA. Prag 1613, S. 223; Text bei BÖHMER, S. 20. 218

219

BÖHMER, S. 163.

Articuli patrum convocationis Novae Civitatis: »Nec quaerimus vicariatus extinctionem, sed observantiae incrementa, perfectam inter fratres charitatem et pacem pro dei laude, ordinis gloria et aedificatione populi.« WEIJENBORG, S. 154, Nr. 3.

172

Die Reform

durch Ernestiner

und

Albertiner

daß g e m ä ß den B e s t i m m u n g e n der Kardinalsbulle auf einem k ü n f t i g e n gem e i n s a m e n U n i o n s k a p i t e l v o n P r o v i n z u n d K o n g r e g a t i o n n u r ein M i t g l i e d d e r Observanz z u m Provinzial u n d zugleich Vikar gewählt w e r d e n dürfe220. W a s h a t die s i e b e n K o n v e n t e so g e g e n d i e O r d e n s u n i o n a u f g e b r a c h t , d a ß sie g e g e n alle stolz b e t o n t e R e g e l s t r e n g e d e m a u c h a u ß e r h a l b S a c h s e n s b e r e i t s h o c h g e a c h t e t e n J o h a n n e s v o n Staupitz die G e f o l g s c h a f t v e r w e i g e r t e n u n d s o g a r d e m zu N e u s t a d t i m S e p t e m b e r 1510 erzielten E n t s c h l u ß z u w i d e r s t e h e n w a g t e n ? I h r e B e d e n k e n f i n d e n A n h a l t an d e n Z a h l e n v e r h ä l t n i s s e n d e r J a h r e 1510/11, die eben kein eindeutiges Ü b e r g e w i c h t der K o n g r e g a t i o n belegen. D e n s i e b e n u n d z w a n z i g n a c h w e i s b a r e n (einschließlich des d a m a l s n o c h u m strittenen Kölner Augustinerklosters) observanten Häusern stehen z w e i u n d z w a n z i g K o n v e n t e der sächsischen P r o v i n z entgegen, g e w i ß die M i n d e r h e i t , a b e r d o c h die a n s e h n l i c h e Z a h l d e r j e n i g e n , d i e sich b i s h e r d e r K o n g r e g a t i o n e n t z o g e n h a b e n u n d die a u c h f e r n e r h i n n i c h t b e r e i t z u sein s c h i e n e n , e i n e Reform hinzunehmen. Michael Wernicke O S A 2 2 1 zählt vierunddreißig Konvente der Kongregation. Das ist eine Zahl, die zu hoch gegriffen ist. In j e d e m Falle sind die fünf von Andreas Proles gewonnenen südwestdeutschen Reformkonvente, die ehemals der rheinisch-schwäbischen Provinz zugehörten (Weil der Stadt, Alzey, Tübingen, Eßlingen und Heidelberg), schon wieder abzuziehen. In Carvajals Bulle wurden diese ehemaligen >Rhein-Schwaben< mit Recht noch dem Bereich der Kongregation zugezählt. Aegidius von Viterbo aber hatte als Befriedungsmaßnahme die fünf Konvente 1510 der Kongregation e n t n o m men und diese zunächst direkt seiner eigenen Leitung unterstellt, möglicherweise mit der Absicht, für die südwestdeutsche Augustinerreform ebenfalls ein unabhängiges Vikariat zu errichten 2 2 2 . Mit D a t u m v o m 14. Juni 1511 erließ er jedoch die Anordnung, daß die Observanten sich wieder direkt dem rhein-schwäbischen Provinzial zu unterstellen hätten. Als die fünf betroffenen Konvente daraufhin gegen das sich anschließende Exekutionsmandat des Provinzials Protest einlegten - sie wollten bei »der Refformation in Sachssen« bleiben - , k a m es im südwestdeutschen Observantenstreit wenigstens für die drei schwäbischen Konvente, zwei davon aus Reichsstädten, zu einer herzoglich-württembergischen Lösung. Die Streitparteien wurden zu einem Schiedsverfahren nach Stuttgart geladen, w o sie sich am 29. März 1512 gütlich einigten. Vor den Räten Herzog Ulrichs erkannte der Observantenvikar Bernhard Gebhardi, Lektor zu Tübingen, die Oberhoheit des Provinzials an, bekam dafür aber die Bestellung eines landesherrlich eingesetzten Schiedsmannes, eines Prälaten aus Stuttgart oder Tübingen, zugesagt, der über allen 220 » . . . quod unus in communi capitulo eligatur, qui sit Provincialis Saxoniae et Vicarius Generalis Fratrum de Privilegiata Observantia universae Germaniae, ac quod in Capitulo, in quo aggregatio seu unio huiusmodi fiat, eligatur in communem pastorem is, qui in Regulari Observantia nutritus et bonae famae apud suos existat, quodque nemo in Provincialem et Vicarium Generalem eligatur, qui Regulärem Observantiam aliquo modo parvipendere notatus s i t . . . « BÖHMER, S. 163. 221 Vgl. MICHAEL WERNICKE OSA: Die deutschen Augustiner von 1500 bis 1520. In: Egidio da Viterbo, O. S. A. e il suo tempo. Atti del V Convegno dell'Istituto Storico Agostiniano, Roma-Viterbo, 2 0 - 2 3 ottobre 1982. Rom 1983, S. 22. 222

V g l . WEIJENBORG, S. 1 6 9 f .

Die

Union

der zerstrittenen

Brüder

173

Zwist zwischen O b s e r v a n t e n u n d Konventualen letztinstanzlich zu entscheiden hatte. Diese Art der Streitschlichtung war typisch württembergisch, da sie auch im Falle des Unionskonfliktes der Augustiner auf die im Lande b e w ä h r t e Tradition eigener, v o m H e r z o g berufener geistlicher Gerichtskommissionen zurückgriff. Der ganze Vorgang einschließlich der Daten u n d N a m e n ist j e n e m Vertragsdokument zu e n t n e h m e n , das die Stuttgarter Räte v o m Provinzial und v o m Vikar haben unterzeichnen lassen 2 2 3 .

Auch aus der Rückschau bleibt verständlich, daß die von den Kapitelvätern in Neustadt gewünschte Fortentwicklung der Ordensreform in Deutschland zu ungesichert erscheinen konnte, u m sich mit der sächsischen Provinz auf ein Unionsabenteuer einzulassen. An der bestehenden Kongregation w u ß t e man, was man hatte, nämlich die organisatorisch gesicherte Reform, an der U n i o n wußte man das nicht, und an eine >Saat auf Zukunft< vermochten die renitenten Konvente nicht zu glauben.

Der Rat von Nürnberg im Kampf gegen die Union Die politische Führung im Kampf gegen die Union lag in Nürnberg, doch war es nicht allererst der Augustinerkonvent, sondern der Stadtrat, der sich vehement gegen eine drohende Aufweichung der Observanz wehrte und alle Entscheidungen in diesem Streit nach eigener Einsicht traf. Von erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Geistlichkeit und Stadtgemeinde blieb N ü r n berg nach der Einsicht von Gerald Strauss zwar verschont, doch das bedeutete nicht, daß die Mönche unabhängig vom Rat eine selbständige Politik hätten betreiben können 2 2 4 . Nicht die Konvente, sondern die Stadträte befanden über die Klosterpolitik. Der diplomatische Schriftverkehr wurde im Rathaus abgewickelt, und dort wurde über die Annahme oder Ablehnung der Unionsmodalitäten entschieden 2 2 5 . A m 2. April 1511 erging ein Ratsschreiben an den O r d e n s 223 Text bei CHRISTIAN FRIDERICH SATTLER: Geschichte des Herzogthums Würtenberg unter der Regierung der Herzogen, erster Theil. Tübingen 1769, S. 135 — 137, Nr. 58. 224 VGL GERALD STRAUSS: Nuremberg in the Sixteenth Century. Bloomington, London 1976, S. 154. Allgemein für die Einbindung der Mendikanten in die Stadtgemeinde siehe BERNHARD NEIDIGER, der über das Problem am Beispiel Basels gearbeitet hat: Mendikanten zwischen Ordensideal und städtischer Realität. Berlin 1981, vor allem S. 211—228. Von Mißtrauen und Kontrollbedürfnis der Stadtobrigkeiten gegenüber den Mendikanten im späten

M i t t e l a l t e r b e r i c h t e n FRANCIS R A P P f ü r S t r a ß b u r g u n d M A R T I N A W E H R L I - J O H N S f ü r Z ü r i c h - d e r

Zürcher Rat verhinderte sogar die Reformversuche in den Klöstern, um seinen Einfluß nicht zu verlieren. Vgl. M. WEHRLI-JOHNS: Stellung und Wirksamkeit der Bettelorden in Zürich. In: Stellung und Wirksamkeit der Bettelorden in der städtischen Gesellschaft, hg. v. K. Elm. Berlin 1981, S. 83f.; F. RAPP: Die Mendikanten und die Strassburger Gesellschaft am Ende des Mittelalters. In: Stellung und Wirksamkeit, S. 100. 225 Wenn die Augustiner es gewagt hätten, selbständig eine unionsfreundliche Politik zu vertreten, wären Repressalien die unausweichliche Folge gewesen. Die Maßnahme des Jahres 1508, dem Kloster das Wasser zu sperren, war eine nicht mißzuverstehende Warnung. Das kostbare Naß wurde ihnen nur unter der Bedingung wieder gewährt, »das sy Iren doctor Staupitz so nach ains Ratsschrifft auch schreiben und bitten zu bewilligen, das sie zu Rom

174

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

general, das die klosterpolitischen Verhältnisse in der Stadt v o m Standpunkt der Bürger aus klarlegte: Seit Väterzeiten bereits pflegen die Nürnberger für den reinen christlichen Glauben und die Autorität des Heiligen Stuhls nach Kräften einzutreten. Als die Zucht im Augustinerkloster in Verfall geriet, war es die Bürgerschaft, die keine Mühen und Kosten scheute, um die Ordnung dort wiederherzustellen; Papst Pius II. hatte die Maßnahmen der Stadt durch Privilegien auch ausdrücklich geschützt. Dieser Tradition wird Nürnberg treu bleiben; die Stadt wird die Observanz zu schützen wissen und sich auch »sub bonitatis pretextu« nicht dazu verleiten lassen, einer Union mit der sächsischen Provinz die Zustimmung zu erteilen. Der Rat befürchtete »scandale«, die Vernichtung der Reform und deshalb die Schande für die M ö n c h e 2 2 6 . Die Ablehnung im Rathaus war unerschütterlich und auch durch K o m p r o misse nicht aufzuweichen. Als Staupitz im Juli 1511 in Jena den Vertretern der sieben Konvente einen mit dem General abgestimmten Vermittlungsvorschlag, den sogenannten Jenaer Rezeß, unterbreitete, blieb der Rat nach wie vor unbeeindruckt; er fürchtete mit der Aufweichung der Observanz zugleich die U n t e r werfung unter die Sachsen: » . . . wo demselben furschlag soll verfolgt werden«, heißt es im Ablehnungsschreiben an Staupitz, »so wurd gemelt unnser Closter dem provinzial von Sachsen unnderwerffig g e m a c h t . . . « . Man hat sich nicht aus der bayerischen Provinz gelöst, um die Privilegien und Freiheiten zum Schutz der Reform an einen sächsischen Provinzial wieder zu verlieren. Nur darin greift der Rat den Kompromißvorschlag der Ordensleitung auf, daß er ebenfalls die Einberufung eines Kongregationskapitels - ohne Konventuale! - anregt, damit über die Unionsproblematik neu verhandelt werde. Falls es auch dort zu keiner Lösung komme, solle man den Streit unabhängig von R o m durch einen >unparteiischen Richter in deutschen Landen< zu beenden suchen. Das Mißtrauen findet somit auch in dem Vorschlag einer schiedsrichterlichen Lösung seinen Niederschlag: Von der Kurie ist für die Observanz nichts zu erwarten, sie ist selber Partei - gegen die R e f o r m 2 2 7 . Dieses S c h r e i b e n hat R e i n h o l d W e k e n b o r g zu weitreichenden Spekulationen über den tatsächlich u n b e k a n n t e n Inhalt des >Jenaer Rezesses< veranlaßt. A u s g a n g s p u n k t ist der V e r s ö h n u n g s v o r s c h l a g des N ü r n b e r g e r Rates: » U n d damit aber diese geprechen on verner vertieffung oder w e y t e r u n g b e y g e l e g t w e r d e n m o c h t e n , Steh unns nicht y n d i e n s t lich sonnder für nutz und fruchtpar an, a u f f des E r w i r d i g s t e n vater Generals g e p o t und bevelh zwischen den r e f o r m i r t e n vätern und brudern dises ordens allain furderlich ain Capitel auffgerichtet u n d dasselbig geschehe nach laut und O r d n u n g der Statuten, freyhaiten und herprachten g e w o n h a i t . S o sain w i r guter H o f f n u n g , das durch Schickung des arbaiten Ires closters freiheit zu derogiren«. Nürnberger Ratsverlässe 1508, Nr. 5. Text bei THEODOR KOLDE: Innere Bewegungen unter den deutschen Augustinern und Luthers R o m r e i se. In: Z K G 2 (1878) S. 465, A n m . 3. Dieser Aufsatz ist vor allem durch KOLDE selbst (Die deutsche Augustiner-Congregation und Johann von Staupitz) im wesentlichen überholt. 2 2 6 Schreiben des Nürnberger Rates an Aegidius von Viterbo v o m 2. April 1511. BÖHMER, S. 166 f. 2 2 7 B r i e f des Nürnberger Rates an Aegidius von Viterbo v o m 19. September 1511. KOLDE, Innere Bewegungen, S. 470—472.

Die

Union

der zerstrittenen

Brüder

175

almechtigen noch fugliche und leidentliche mittel zu bedencken und gefunden werden, alle widerwertigkaiten hinzelegen und zu versonen... « 2 2 8 Wekenborg deutet diesen Passus als Referat des >Jenaer Rezessesultima ratio< ist, wenn der Kompromiß selber auf Widerstand stößt. Ganz gewiß in die Irre führt aber seine weitergehende Deutung, daß damit »die Provinzmitglieder von der Wahl des gemeinsamen Oberen und von jedem Einfluß auf die Gesamtverwaltung der Union« ausgeschlossen sind. So gesehen ist Luthers Romreise nachträglich noch ein Erfolg geworden, denn »sein Auftreten hatte... zur Folge gehabt, daß die Provinzialangehörigen von der Wahl eines gemeinsamen Oberen ausgeschlossen wurden und sogar ihr eigenes Kapitel verloren« 229 . Obwohl Franz Lau bereits 1960 dieser »seltsamen Idee« den Boden entzogen hatte 2 3 0 , findet man in der von Adalbero Kunzelmann sonst zuverlässig geschriebenen >Geschichte der Reformkongregation< die weitläufigen Erörterungen Wekenborgs straff zu nüchterner Berichterstattung zusammengefaßt und so auf die Höhe von Fakten gebracht: »Der künftige gemeinsame Obere der Union solle nur auf einem Kongregationskapitel (unter Ausschluß von Wählern aus der sächsischen Provinz) gewählt werden. Der Gewählte werde daraufhin automatisch vom Papst als Vikar bestätigt und vom Ordensgeneral zum Provinzial von Sachsen ernannt. « 231 Alles das ist Phantasie, nichts davon steht in dem Brief der Nürnberger. Diese schlagen lediglich vor, in Übereinstimmung mit dem General ein Kongregationskapitel zur Beilegung des Streits einzuberufen. Wenn man die Dichtung aber in den Text hineinliest, bleiben die anhaltenden Befürchtungen der Nürnberger unverständlich, die Augustiner der Stadt könnten einem sächsischen Provinzial >unterworfen< werden. Wekenborg seinerseits wundert sich ebenfalls, einerseits über das demütige Stillhalten der Konventualen und andererseits über die Dreistigkeit des Generals - von seinen Fehlvoraussetzungen aus ganz zu Recht. Aegidius von Viterbo »muß wohl eine hohe Meinung von der Folgsamkeit der sächsischen Provinz gehabt haben, um es zu wagen, sie so schimpflich zu behandeln« 232 . Keine Quelle aber deutet daraufhin, daß Aegidius von Viterbo und Johannes von Staupitz die völlige Entrechtung der Provinz je vorgeschlagen hätten.

Das Scheitern der

Augustinerunion

Als Staupitz die Kongregation im Jahre 1512 zum Kapitel nach Köln zusammenrief, faßte der Rat von Nürnberg seine Ablehnung in einem Schreiben an die Kapitelsväter noch einmal unmißverständlich zusammen: » . . . hanc permixtionis seu fratrum sub vicariatu viventium cum provincia Saxonie confusionem non solum fratribus in U r b e nostra degentibus molestissimam, sed etiam nobis

228

KOLDE, S. 4 7 1 .

229

WEKENBORG, S. 1 9 6 .

230 VG] FRANZ LAU: Père Reinoud und Luther. Bemerkungen zu Reinhold Weijenborgs Lutherstudien. In: Lutherjahrbuch 27 (1960), S. 99-101. 231 KUNZELMANN, Geschichte der deutschen Augustiner-Eremiten, Bd. 5, S. 465. 232

WEKENBORG, S. 1 9 6 .

176

Die Reform

durch Ernestiner

und

Albertiner

omnino fore intollerandam. « 233 Die Union war bei den Augustinern gescheitert; Staupitz hat in Köln sein Vorhaben endgültig aufgegeben und der Bestimmung in der Unionsbulle des Kardinals Carvajal damit entsprochen: » . . . absque ipsius Congregationis Alemanniae divisione...« 234 Die Furcht der renitenten Konvente um die Zukunft der Reform und der heftige Widerstand in Nürnberg waren nicht einmal durch eine Ordensleitung zu überwinden, die sich, wie im Falle des Johannes von Staupitz und des Aegidius von Viterbo, über die Reformpolitik ausnahmsweise einig war. Die Frage, ob der Generalvikar mehr hätte erreichen können, wenn die sächsischen Herzöge ihm energischer an die Seite getreten wären, wird man im Hinblick auf die im Folgenden zu berichtenden Vorgänge im Franziskanerorden kaum bejahen können. Selbst die spektakuläre Hilfe, die Kurfürst Friedrich den Franziskanerobservanten angedeihen lassen sollte 235 , vermochte die Ordensunion dort nicht voranzubringen. Diese Hilfe scheint allerdings zu belegen, daß der so auffällig zum Thema >Augustinerunion< schweigende Kurfürst Friedrich die Pläne, wie sie sein über Jahre vertrauter Wittenberger Theologiemagister vertrat, ebenfalls gutgeheißen hat 236 . Von Herzog Georg darf man das mit Gewißheit annehmen, denn er hatte am 28. Oktober 1510 seinem Amtmann von Sangerhausen aufgetragen, dort die zu den >Renitenten< gehörenden Augustiner anzuweisen, ihren Widerstand gegen die Unionsbeschlüsse des Neustädter Kapitels aufzugeben und sich nicht »widerstrebelich« zu zeigen, »uf das uns nicht ursach gegeben, in ander Wege dareynzusehn«. Falls der Amtmann feststellt, daß die Sangerhäuser von ihrem Widerstand nicht lassen, hat er nach des Herzogs Anweisung das oft genutzte Mittel zur Einschüchterung anzuwenden: Die Klosterkleinodien sind zu inventarisieren, um zu verhindern, daß diese, einmal zu Geld gemacht, im Kampf gegen Staupitz verwendet werden. Georg teilt mit, daß seine Verordnung auf Ansuchen des Vikars geschehe. Staupitz war also bei den sächsischen Landesherren nicht untätig geblieben und hat Kurfürst Friedrich sehr wahrscheinlich und Herzog Georg nachweislich für sich gewinnen können 237 . Alles hat nichts genutzt, auch nicht das strenge Schreiben des Herzogs. Was die sieben Kongregationsklöster forderten, war nichts anderes als >ObservanzReformationMönchshändel< erwähnt, ob aber tatsächlich die Augustinerunion gemeint ist, vermochte schon Gess nicht zu entscheiden: »Ich [Kurfürst Friedrich] bedank mich auch der Schrift an die munch. U n d wiewol ich die meyne vor Zukunft derselben hinweggeschickt, so hab ich die auch hinnach gesandt. Und so etzwas guts doraus komet, wird der almechtig got E. L. das nicht unbelonet lassen.« 235

GESS, A k t e n u n d B r i e f e I, S. X X V , A n m . 2 . 237

Ebd.

Die Union der zerstrittenen

Brüder

177

Franz Lau beschreibt den Ordensstreit unter den Augustinern als die G e schichte »eines tragischen, vergeblichen Versuches, die sächsische Provinz in die Kongregation hineinzunehmen«. Seines Erachtens hätte Staupitz umgekehrt verfahren und »die Kongregation in die Provinz« zurückfuhren müssen 2 3 8 . Genau das aber geht an der Sicht der Zeitgenossen und an den Möglichkeiten der Zeit vorbei. Beteiligte, zumal dann, wenn sie zu den direkt Betroffenen gehören, widerlegen als Zeugen des damaligen Reformgeistes glaubwürdig die Vorstellung von der Möglichkeit einer Reintegration der Kongregation in den Verband der Provinz. Dazu zwei prominente Stimmen, die eine aus dem Franziskanerorden, die andere aus der Stadt Nürnberg: Fürst Ludwig von Anhalt hatte sein Leben der Nachfolge des Franz von Assisi verschrieben und zu Magdeburg die Menge in seiner Armseligkeit so tief beeindruckt, daß »wer j n ansahe, der schmatzt für andacht«, wie sich Martin Luther im Jahre 1533 noch erinnerte 2 3 9 . Der demütige Fürst hatte die Forderung der Franziskanergeneräle nach einem Anschluß der Observanten an die Konventualen im Jahre 1504 gutachterlich behandelt und ganz ohne demütigen Gehorsam mit Entschiedenheit zurückgewiesen: Selbst dann, wenn konventuale Ordensgeneräle Eifer für die Reform zeigten, dürfen die Observanten auf ihre Rechte nicht verzichten. Schlechte Erfahrungen mit so vielen reformfeindlich gesonnenen Generälen sprechen gegen eine Union, von der man nie sicher sein kann, ob sie die Observanz zuletzt nicht vernichten werde. Die großen Heiligen und die reichen Früchte der Observanz verbieten es, die gesicherten Erfolge der R e f o r m um einer ungewissen Zukunft willen aufzugeben 2 4 0 . Direkt aus Anlaß des Augustinerstreits muß sich Staupitz vom Nürnberger Bürger und Ratsherrn Willibald Pirckheimer im Jahre 1510 (oder 1511) regelrecht zusammenstauchen lassen. Des Nürnbergers Temperament bevorzugt die unverblümte Sprache, um gerade dem Freunde die Augen für die Gefahr zu öffnen: Wer, wenn er bei klarem Verstände ist, erkennt denn nicht, daß unter dem verlockenden Schein einer Union nur bittere Zwietracht geschaffen wird und tödliches Gift sich mischt? Man wird zwar einwenden: Die Konventualen werden doch mit den Observanten gar nicht fusioniert! Ganz recht, was hat denn auch Christus mit Belial zu schaffen 2 4 1 ! Was aber soll die Union, wenn nicht alle Brüder unter der einen Regel ihr Leben führen werden? Wenn >Deine Paternitas< sich nicht besinnt - daß ich nicht sage: in seiner Verstockung beharrt - , dann

LAU, Père Reinoud und Luther, S. 105f. 239 Verantwortung der aufgelegten Aufruhr von Herzog Georg (1533). W A 3 8 . 1 0 5 , 1 9 . 2 4 0 Vgl. LEONHARD LEMMENS O F M : Aus ungedruckten Franziskanerbriefen des X V I . J a h r hunderts. Münster 1911, S. 22. 2 4 1 Diese in apokalyptischer Sprache vollzogene unversöhnliche Gegenüberstellung von Observanten und Konventualen scheint zum Kampfvokabular der >Reformierten< zu gehören, sie ist nicht Pirckheimers Erfindung. Das >Lavacrum conscientiae< warnt ebenfalls mit einem nachdrücklichen Vergleich: Zwischen einem reformierten und einem nicht reformierten K l o ster besteht ein Unterschied »wie zwischen Himmel und Hölle«. BERNHARD LOHSE: M ö n c h t u m und Reformation. Göttingen 1963, S. 172. 238

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Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

wird die Sache ein böses Ende nehmen und dem ganzen Orden zur Schande gereichen 2 4 2 . Der Versuch, die Observanten wieder den Konventualen einzugliedern, wäre als teuflischer Angriff auf die Reformerfolge von Generationen verstanden worden. Mit einem solchen Plan, wie ihn der Betrachter von heute aus dem Generalvikar nahelegen möchte, hätte Staupitz sich nicht nur sieben renitente Klöster und nicht nur einen widerstrebenden Stadtrat geschaffen, sondern die Kongregation als ganze und die sächsischen Herzöge obendrein gegen sich versammelt. Die Zeit verlangte Reform durch strikte Observanz der Mönche was hat Christus mit Belial zu schaffen? Die Union nur in Form der Personalunion trug der Forderung nach einer Reform ohne Kompromisse bereits Rechnung. Das wäre der Sache nach wohl die Antwort des Generalvikars an Willibald Pirckheimer gewesen, die leider nicht überliefert ist. Staupitz hatte einen höchst durchdachten, für die Mehrheit der Kongregationskonvente auch überzeugenden dritten Weg eingeschlagen, um die Reform zu wahren, ohne die Einheit fahren zu lassen: Weder die R ü c k führung der Observanten noch die Integration der Konventualen, sondern die Koexistenz beider unter der Leitung ein und desselben Oberhauptes. D o c h das Ergebnis dieses Plans, wenn er ihn denn durchgesetzt hätte, drohte die Einheit in noch weit gefährlicherem Maße zu zerschlagen. Die Spaltung der Kongregation stand jetzt in Sicht - und dann wäre auch die Glaubwürdigkeit der Observantenreform von ihren eigenen Trägern durch >Mönchsgezänk< verschlissen worden. Aus den Reihen der Augustinerkongregation ist Luthers harte Kritik an der Observanzbewegung seit dem Jahre 1513 die Ausnahme. Was er im Hörsaal gegen die Reformer ungeschminkt zu Gehör bringt, darf nicht als der offene Ausdruck einer allgemeinen Stimmung gegen die Observanz mißdeutet werden. Mit seiner scharfen Verdammung, die Aufkündigung des Gehorsams »propter vitam regulärem« entspringe der Eingebung des Teufels, stellt sich der Psalmenausleger theologisch, genauer: eschatologisch pointiert an die Seite seines Generalvikars. E r steht als Observanter dort aber allein, denn so gestaltete Angriffe gegen das Reformideal von Generationen werden auch j e n e Konvente nicht getragen haben, die ihrem Generalvikar in Gehorsam gefolgt sind. Luther wird überaus deutlich, wenn er die bekannte geladene Kritik an den Konventualen nun gegen die Observanz kehrt: »Querimus autem, cur sie eximi sibi et dispensari in obedientia velint. Dicunt [seil: >omnes observantes et exempti sive privilegiatipropter vitam regularembösen Chri-

2 4 2 Vgl. Willibald Pirckheimers Briefwechsel, B d . 2, h g . v . F. REICKE. München 1956, S. 5 5 - 6 0 . 2 4 3 W A 3. 155,11 f. Vgl. die Zusammenfassung von Luthers Observanzkritik bei ULRICH MAUSER: Der j u n g e Luther und die Häresie. Gütersloh 1968, S. 9 7 - 1 0 0 ; LOHSE, S. 2 6 8 - 2 7 2 .

Die Union der zerstrittenen

Brüder

179

sten< 244 stützt: »Sic secta contra sectam, sie observantia contra observantiam. « 2 4 5 Wenn es so war, dann hat Johannes von Staupitz in seinem Orden daran nichts ändern können, dann sollte auch der sächsische Kurfürst im Unionsstreit der Franziskaner an den >sectae< scheitern.

C. Die Martinianische

Franziskaner

Reform in der sächsischen

Provinz

Bei den deutschen Franziskanern war die Seele des Unionsgedankens der wohl 1507 in das Amt des Provinzialministers gewählte Dr. Ludwig Henning, Magister der theologischen Fakultät zu Wittenberg seit 1504, der mit aller Kraft danach trachtete, die Observantenkongregation wieder in den Orden einzubinden, indem er sie unter die Obödienz der Provinzialminister zurückführte. Er suchte dazu die via media der Reform wieder zu beleben, jenen scheinbar längst gescheiterten Mittelweg der Martinianischen Konstitutionen, die Johannes Kapistran ( f 1456) ausgearbeitet und Papst Martin IV. im Jahre 1430 mit dem Ziel promulgiert hatte, die verfeindeten Ordensparteien auf einer gemeinsamen Reformbasis zu einen: Den Konventualen wurde der Verzicht auf päpstliche Dispense vom Armutsgebot auferlegt, die Observanten hingegen sollten ihre selbständige Organisationsstruktur aufgeben und deshalb auf ihre Vikare verzichten 2 4 6 . Obwohl der Erfolg dieser >Constitutiones Martinianae< von der Ordensspitze schon sechs Wochen nach ihrem Inkrafttreten selber vereitelt wurde 2 4 7 , hatte etwa achtzig Jahre später der sächsische Provinzial Henning das Einigungsziel dieser Konstitutionen wieder aufgenommen 2 4 8 und mit umfassendem Erfolg dar-

2 4 4 Siehe dazu HEIKO A. OBERMAN: Wurzeln des Antisemitismus. Christenangst u n d j u d e n plage im Zeitalter von Humanismus und Reformation. 2. Aufl. Berlin 1983, S. 139—142. 2 4 5 Dictata super Psalterium, W A 4. 3 8 6 , 1 1 f. 2 4 6 Text der Konstitutionen bei LUCAS WADDING: Annales M i n o r u m , B d . 10. 3. Aufl. Q u a racchi 1932, S. 1 7 6 - 1 8 9 . 2 4 7 D e r Ordensgeneral Wilhelm von Casale erbat und erhielt durch das B r e v e >Ad statum< v o m 23. August 1430 für die Konventualen den Dispens von der strikten Einhaltung des Armutgebotes. Wiederum wurde ihnen der Besitz liegender Güter und die Nutzung fester E i n n a h m e n gestattet. Vgl. JOHN MOORMAN: A History o f the Franciscan O r d e r . F r o m its Origins to the Year 1517. O x f o r d 1968, S. 448; FERDINAND DOELLE O F M : D i e Martinianische R e f o r m b e w e g u n g in der sächsischen Franziskanerprovinz (Mittel- und Nordostdeutschland) i m 15. und 16. Jahrhundert. Münster 1921, S. 2. WADDING, B d . 10, S. 192f. 2 4 8 Trotz ihres Fehlschlages blieben die Martinianischen Konstitutionen gültiges O r d e n s recht, auch wenn es nicht angewendet wurde. Papst Pius II. bestätigte diese Konstitutionen der sächsischen Provinz i m j a h r e 1463. Vgl. BERNHARD NEIDIGER: D i e Martinianischen Konstitutionen von 1430 als R e f o r m p r o g r a m m der Franziskanerkonventualen. Ein Beitrag zur Geschichte des Kölner Minoritenklosters und der Kölner Ordensprovinz im 15. Jahrhundert. In: Z K G 95

(1984) S. 341.

180

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

auf hingearbeitet, die Konventualen seiner sächsischen Provinz nach Maßgabe der Martinianischen Statuten zu reformieren, um damit den ordenstrennenden Streit gegenstandslos zu machen 2 4 9 . Rechtsgrundlage seiner Bemühungen waren die sogenannten Statuta Juliana, Ordenskonstitutionen zum Zwecke der Reform unter den Konventualen, um die Rückführung der Observanten unter die Obödienz des Generalministers und der Provinzialminister zu ermöglichen. Diese Konstitutionen beweisen, daß der sächsische Provinzial Henning nicht Politik auf eigene Faust betreibt, sondern ausfuhrt, was die Ordensleitung in R o m zum Gesetz erhoben hatte. Entworfen von einer durch das Generalkapitel der Franziskaner (1506) eingesetzten K o m mission, wurden sie vom Generalminister am 1. Juli 1508 promulgiert und vom Kardinalprotektor sechs Monate später (1. Januar 1509) auch bestätigt 2 5 0 . Entscheidend an diesen Statuten ist das Rückführungsgebot, das die Sonderstellung der Franziskanerobservanten für nichtig erklärt und allen Brüdern befiehlt, sich dem Generalminister, den Provinzialministern, den Kustoden und Guardianen wiederum zu unterstellen. Den Ordensoberen wird ihrerseits als Verpflichtung aufgetragen, die Observanten endlich unter ihre Obödienz zurückzubringen 2 5 1 . Nur dort, wo keine Konventualenreform vorgenommen wurde, dürfen die Observanten auch fernerhin unter ihren eigenen Kustoden und Vikaren leben; da bleibt das Verbot des Übertritts zu den Konventualen »de observantia ad laxatam et deformatam vitam fratrum conventualium non reformatorum« - bestehen 2 5 2 . Anders aber verhält es sich, wenn die Konventualenbrüder einer Reform unterzogen sind. Dann gilt das Übertrittsverbot nicht für die Observanten, sondern umgekehrt für die Konventualen selber, denen »sub penis apostasie et excommunicationis« untersagt ist, sich als bereits Reformierte dennoch den Observanten anzuschließen 2 5 3 . Der Versuch der Martinianischen Reform wird somit auch von R o m aus wieder aufgenommen: Es gilt, die erstrebte Ordensunion mit Hilfe einer vermittelnden Gruppierung zu erzielen, die das Weiterbestehen einer selbständigen Observanz überflüssig macht und die zugleich den Konventualen den Weg zur Reform eröffnet. Darin wenigstens hatte sich die Observanzbewegung allgemein durchgesetzt, daß weder General noch Minister es wagen, die U n i o n so durchzuführen, indem sie die Observanz einfach rückgängig machen. Ohne Reform keine Union, das ist die Einsicht, von der auch die >Statuta Juliana< geprägt sind. 249 Vgl. DOELLE, Die Observanzbewegung in der sächsischen Franziskanerprovinz, S. 76; ausführlich ebenfalls DOELLE: Reformtätigkeit des Provinzials Ludwig Henning in der sächsischen Franziskanerprovinz 1507—1515. Werl 1915. 250 Vgl. MICHAEL BIHL O F M : Die sogenannte Statuta Julii II und deren Lübecker Ausgabe v o m J a h r e 1509. In: Franziskanische Studien 8 (1921) S. 2 2 5 - 2 2 9 . 251

V g l . DOELLE, O b s e r v a n z , S . 8 0 f.

252

DOELLE, S. 8 2 .

253

Ebd., A n m . 3 .

Die Union der zerstrittenen

Abweisung

der Union durch den König von

Brüder

181

Böhmen

D o c h gerade d e m K o n z e p t einer U n i o n d u r c h Fusionierung aller R e f o r m i e r tem setzen die O b s e r v a n t e n heftigen Widerstand e n t g e g e n u n d w e r d e n darin v o n ihren weltlichen O b r i g k e i t e n auch so nachhaltig unterstützt, daß diese F o r m der U n i o n s p o l i t i k scheitert. I m Bereich der sächsischen P r o v i n z hatte H e n n i n g seine U n i o n s v e r s u c h e in Schlesien b e g o n n e n - u n d b e e n d e n m ü s s e n . D o r t bereits lernte er die bittere Lektion, wie i h m der Landesherr, in diesem Falle K ö n i g Ladislaus v o n B ö h m e n , energisch die Grenzen steckte. D i e A u s e i n a n d e r setzungen b e g a n n e n in Breslau: B e d r ä n g t von der F o r d e r u n g H e n n i n g s , g e m ä ß der A n w e i s u n g des O r d e n s p r o t e k t o r s binnen vierzehn Tagen u n t e r seine O b ö dienz z u r ü c k z u k e h r e n , ersuchten die Breslauer O b s e r v a n t e n , deren K o n v e n t >St. Bernhardin< 1443 i m m e r h i n v o n J o h a n n e s Kapistran b e g r ü n d e t w o r d e n w a r 2 5 4 , den Landesherrn in Prag u m Schutz u n d Verteidigung, w i e i m m e r in Fällen der Gefahr f ü r die O b s e r v a n z . K ö n i g Ladislaus hatte sich diesem W u n s c h nicht verschlossen u n d d e m O b e r l a n d e s h a u p t m a n n , d e m Bischof w i e auch d e m Rat v o n Breslau die Verteidigung der B r ü d e r aufgetragen. Solchen E i n g e b u n gen des Teufels Triumphzug< Kapistrans auch auf Widerstand und Ablehnung stieß: Der sächsische Provinzialminister Matthias Döring weigerte sich, die Kustodien Goldberg und Breslau der Reform des Volkspredigers zu öffnen. Die Brüder des St. Jakobklosters zu Breslau leben regelgemäß, schrieb Döring an den Stadtrat, und deshalb bestünde kein Grund zur Reform, auch wenn sich die Observanten des neuen Klosters St. Bernhardin strenger halten, »nemlich in den stucken des geldes unnd cleydunge. Doch wen sich meyne bruder zcu sente Jacob in den zcwen genanten stucken schicken nach pebistlicher ordenung unnd dispensación, so syn sy nicht obertreder der selbigen regel...« Schreiben des Franziskanerprovinzials Matthias Döring an den Rat von Breslau, Breslau 15. Juli 1453. In: Urkundenbuch der Kustodien Goldberg und Breslau, hg. v.

C H . REISCH O F M , Teil 1 : 1 2 4 0 - 1 5 1 7 . D ü s s e l d o r f 1917, S. 181, N r . 452.

255 Dem König ist mitgeteilt worden, »wie einer, Ludowicus Henniger, sechsischer minister mit seinem anhang, die sich Reformatos nennen, unter einem schein bebstlicher Bull ein neu und zuvor ungehort ding in unßren furstenthumen Slesii inzufuhren understanden, das die mynnerbruder der observantz mit ine in eine stel und wonung bedrungen [werden] und durch gewisse eingebung des teufels, dofur wirs achten, von deme gesetz ires lebens, das sie bißher umbeflekt an mackel behuet und gehalten, durch die, [die] in geistlichem habit wenig laster unversucht gelassen, vorlaitet werden, Weichs uns nicht wenig bewegt«. In keinem Falle wird der König dem nachgeben, denn »ehe wir solchs vergönnen, wollen wir ime, seinen anhang und beylegern alle unßer königreich, furstenthumb, land und gebiett vorsagen und außyagen lassen«. DOELLE, Observanz, S. 93f. Schreiben des Königs Ladislaus an den Rat von Breslau vom 6. Februar 1510; auch bei REISCH, Urkundenbuch, S. 363, Nr. 854. Dem Oberlandeshauptmann Schlesiens, Herzog Kasimir von Teschen, befahl der König den Schutz der Observanten, »ut fratres suos sibi [seil. Regiae Majestati] commissos suseiperet [seil. Casimirus Dux] et diligenti defensionis presidio manuteneret« - so in einer chronikalischen Aufzeichnung des schlesischen Unionskonflikts. DOELLE, Observanz, S. 222, Beilage 7.

182

Die Reform durch Ernestiner und

Albertiner

wiederholt, was er dem Stadtrat bereits mitgeteilt hatte: Es geht um einen Kampf zwischen dem Teufel und den Kindern des Lichts. Jene apostolisch autorisierten Unionsurkunden sind nur Vorwand, man will in Wirklichkeit die wahren Nachfolger des heiligen Franziskus zum Abfall verleiten. Eher wird Magister Henning mit seinen >Komplizen< das Land verlassen, als daß Wir, der König, die heiligen Väter einem solchen Betrug ausliefern 256 .

Ordenspolitik

und Landeseinigung

in

Böhmen

Die Gelegenheit des unversöhnlichen Streits zwischen Licht und Finsternis! hat der König genutzt, um für die franziskanische Konventualenprovinz eine territoriale Bereinigung zugunsten seines Landes zu versuchen. Ebenfalls am 8. Februar 1510 unterzeichnete Ladislaus nämlich ein Schreiben nach Rom, um Papst Julius II. von den Vorgängen in Schlesien in Kenntnis zu setzen. Sein Bericht ist ein typisches Beispiel für das vielfach belegte landesherrliche Interessengeflecht an Klosterschutz und Landeswohlfahrt zugleich. Die observanten Franziskaner, so argumentiert der König, stehen in Böhmen in höchstem Ansehen, sie unterrichten durch rechte Lehre und beispielhaft frommen Lebenswandel das Volk »in fide orthodoxa« und halten es zurück »a peste diversarum heresum« 257 . Der nun aufgebrochene, von außen durch die nicht-observanten Sachsen hereingetragene Streit aber führt zu öffentlichem Skandal und gefährdet zugleich den Frieden innerhalb des Ordens. Deshalb schlägt der König eine Umgruppierung zugunsten Böhmens vor, so daß auch die Schlesier vor Eingriffen durch Fremde geschützt sind und den Interessen des Königreiches ungestört dienen können: Die Kustodien Breslau und Goldberg, die jetzt zur Provinz Sachsen gehören, sollen wieder, wie schon einmal 258 , dem böhmischen Provin256 »Intelleximus, qualiter devotio tua cum quibusdam tuis complicibus (qui se reformatos nuncupant) litterarum quarundam apostolicarum pretextu novam ante hac et insolitam r e m . . . inducere conemini, ut Fratres Minores de observancia in unum vobiscum locum artuntur et impostura quadam (ut indubitato credimus) diabólica ab ea vivendi n o r m a . . . seducantur.« Henning wird beschuldigt, die »veros divi Francisci sectatores« vertreiben zu wollen. Deshalb: »sencies sane [seil, tu, Magister Henninge]... quod te pocius cum tuis complicibus ex regnis et dominiis nostris excludi videbimus quam sanetos ac religiosos hos patres fraudibus vestris taliter pateremur opprimi et libidini vestre exponi.« Der Brief des Königs an Henning ist in der Unionschronik überliefert. DOELLE, S. 224f., Beilage 7. 257 Der königliche Brief an den Papst ist ebenfalls in die Chronik über den Unionsstreit

a u f g e n o m m e n . DOELLE, S. 222, B e i l a g e 7. 258

In der Sache hatte der König recht: Im Jahre 1239 wurden die schlesischen Klöster den Böhmen zugewiesen, die sich jedoch nach fiinfunddreißig Jahren bereits wieder von der Provincia Bohemiae lösten und seitdem endgültig zur Saxonia gehörten. Anders verhält es sich mit den Observanten. Durch die Trennungsbulle des Jahres 1446 (Eugen IV., >Ut sacraBöhmen< auf das Heil der Landeskirche besonders bedacht sein und reiche Frucht unter den Gläubigen schaffen 259 . Ausschaltung fremden - sächsischen - Einflusses 260 und Intensivierung des Ordenslebens zur Befriedung der religiösen Unruhe sind die Leitlinien jener landesherrlichen Ordenspolitik im Dienste von Landeseinung und Herrschaftsfestigung, nach denen auch König Ladislaus im Falle des schlesischen Franziskanerstreites verfährt. Der Widerstand der Observanten und ihrer eben weltlichen Beschützer führte zum Erfolg 2 6 1 . Papst Julius zog die Konsequenzen und machte mit der Bulle >Decet Romanum Pontificem< vom 18. Februar 15 1 0 2 6 2 und dem Breve >Etsi nostrae< vom 22. November 1510 263 der franziskanischen Unionspolitik gemäß den - von ihm wohl niemals approbierten - >Statuta Juliana< ein Ende 264 . Auch Hennings Bemühungen, auf dem Wege der Martinianerreform die Union zu erreichen, waren damit gescheitert. Dennoch hatte der sächsische Provinzial den Plan einer Wiedervereinigung des Ordens keineswegs aufgegeben. Weil sein Ziel das gleiche blieb, galt es, das politische Vorgehen den neuen Bedingungen anzupassen. War die Vereinnahmung der Observanten in die Ordensprovinz gegen die Landesherren nicht durchzusetzen, so mußte man eben für die Eingliederung der >Reformati< in die Gruppe der Observanten sorgen - mit Hilfe der Landesherren.

Observantische

Union mit Hilfe des sächsischen

Kurßirsten

Kurfürst Friedrich hatte wahrscheinlich dem >Reformatenkonzept< nicht tätig widerstanden, doch Hilfe hatte er diesem Plan auch nicht angedeihen lassen. Von dem neuen Weg hingegen ließ er sich überzeugen, den ihm Henning am 8. Januar 1511 in Wittenberg sogar persönlich erläutern durfte. Über die Vorgänge setzt ein drei Jahre später verfaßtes Schreiben kurfürstlicher Räte in Kenntnis, die den noch immer unionsunwilligen Martinianern das Erstaunen des Landesherren über ihr obstinates reformfeindliches Verhalten nicht verhehlen. Es sei schließ259

» . . . tali nanque modo faciliter (sicuti spero) totum regnum ad gremium sancte matris Romane ecclesie uniri et adunari poterit, ex quo in hoc regno nulli magis quam prememorati fratres saluti christifidelium invigilare probantur uberioresque eciam fructus inter christifideles religiöse frugis referre...« DOELLE, S. 223. 260 Es handelt sich nicht um einen einmaligen Versuch des Königs. Mit Datum vom 25. O k tober 1501 ist eine >abermalige< Anweisung des Landesherrn an den Rat von Görlitz überliefert, den Minoriten die Aufnahme von >Deutschen und Ausländern« zu verbieten. Vgl. REISCH, Urkundenbuch, S. 326, Nr. 754. 261 Vgl. BIHL, Die sogenannten Statuta Julii, S. 236. 262 263

264

LUCAS WADDING: A n n a l e s M i n o r u m , B d . 15. 3. A u f l . Q u a r a c c h i 1933, S. 4 9 5 - 4 9 8 . WADDING, B d . 15, S . 4 9 9 f .

Vgl. MOORMAN, A History of the Franciscan Order, S. 574; BIHL, S. 233-239.

184

Die Reform durch Ernestiner und Albertiner

lieh Magister Henning selbst gewesen, der sich an Kurfürst Friedrich mit der Bitte gewendet habe, dafür zu sorgen, daß die Klöster des Landes wie der ganzen Provinz dem Vikar der Observantenkongregation unterworfen werden 2 6 5 . Tatsächlich hatte sich der Kurfürst diesem, von seinen Räten später so zusammengefaßten Anliegen Hennings umgehend angenommen und an das in Braunschweig am 2. Februar 1511 tagende Provinzialkapitel »der union furderliche brive« 2 6 6 gelangen lassen. Die Zusammenflihrung der entfremdeten Ordensparteien zur Einheit in der Observanz war diejenige Reformaufgabe, die der Kurfürst sich zu eigen gemacht und auch nach Kräften unterstützt hat. Seiner Politik, wie er sie schon im Jahre 1488 aus Anlaß des Dominikanerstreits formuliert hatte (sieheS. 157—160), ist er treu geblieben: Er forderte aktiv jene Union, dieihmdie Möglichkeit zu eröffnen schien, den ganzen Orden im Lande der strengen Reform zuzuführen. Wie Henning dem Kurfürsten mitteilte, war die Reaktion der zu Braunschweig versammelten Martinianer auf die Unionspläne überaus positiv 2 6 7 . Es sollte sich jedoch zeigen, daß diese Einschätzung an den Realitäten vorbeiging. Die Martinianer waren mit Worten wohl gefügig, zum Vollzug der Union mit den Observanten jedoch keineswegs bereit, trotz des Druckes, der vom Kurfürsten und auch von Herzog Georg ausgeübt wurde 2 6 8 .

Kurfürstliche Initiative zur Durchsetzung Sächsische Gesandte in Berlin

der

Union:

A m 28. September 1511 tagte in Berlin wiederum ein Provinzialkapitel der Franziskaner. Dazu ergriff Kurfürst Friedrich, durch Henning bestärkt, eine ungewöhnliche Initiative, um die Unionspläne endlich in die Tat umzusetzen. Er sandte zwei >Räte< nach Berlin, in diesem Falle aber nicht einfach Angehörige des Hofdienstes, sondern allseits bekannte Persönlichkeiten von öffentlichem Anse2 6 5 Henning ist »unaufgefordert, auß eignem bewegnus« nach Torgau und Wittenberg gekommen und hat »sein churfurstliche gnad mit demutigem und hoem vleis gebeten, sein churfürstliche gnad wolten auß angeborner gutigkait und als ein sonderlicher patron des heiligen ordens behulffen sein, dz nit allein die closter in unser gnedigsten und gnedigen hern landen, sonder auch die gantz provintz Sachssen eingeleibt, vereinigt und dem vicario mit gehorsam underworffen wurden umb vil guts willen, dz daraus in christlichem folg erwachsen mocht«. Schreiben kurfürstlicher Räte, Ende August 1514, an die Martinianer Kursachsens. DOELLE, Observanz, S. 2 5 9 f . , Beilage 20. 266

DOELLE, S . 2 6 0 .

Henning schrieb, wiederum nach Auskunft der kurfürstlichen Räte v o m August 1514, »wie die veter durch seiner churfurstlichen gnaden schrift alle bewegt wurden weren, solche union willig anzunemen«. DOELLE, S. 260, Beilage 20. 2 6 8 D e r Albertiner hatte sich ebenfalls in die Verhandlungen eingeschaltet. E r zitierte den Observantenvikar Dr. Heinrich Kone und Ludwig Henning nach Zeitz (auf Sonnabend, den 6. September 1511), damit dort in Verhandlungen mit den herzoglichen Räten - als theologischer Sachwalter fungierte Hieronymus von Dungersheim - versucht werde, »die irrung Gots lobe zu forderunge beyzulegen«. GEB, Akten und Briefe I, S. X X X V , A n m . 1. 267

Die Union der zerstrittenen

Brüder

185

hen: Christoph Scheurl, Ordinarius >in Sexto Decretalium< an der Universität Wittenberg, seit Juli 1508 auch kurfürstlicher Rat und zugleich Beisitzer des gemeinsamen albertinisch-ernestinischen Hofgerichts, das im Wechsel zu Leipzig und Altenburg tagte 269 . Johannes von Staupitz war der zweite Abgesandte. Er amtierte nicht nur als Ordinarius für die >lectura in BibliaInspirationBerater< zur Verfugung, sondern er >amtiert< auch im rechtlichen Sinne als kurfürstlicher Ratnamhaftigen retencorpus unum, ovile unum, pastor unusKredenzbrief< den >Paternitates< auch zu verstehen gegeben: »Verum ut paternitates vestre nobis liberam et indubi[am] fidem adhibeant et non nos, sed principes Saxonie [seil. Fridericum Electorem et Ducem Johannem] audire sibi persuadeant, offerimus vobis has litteras, quas vulgo credencie a p p e l l a n t . « DOELLE, S. 242. 275

V g l . DOELLE, S. 2 4 2 f.

276

DOELLE, S. 243; m i t A n s p i e l u n g a u f E p h . 4 , 4 - 6 .

277

Ebd.

278

DOELLE, S. 2 2 4 .

Die Union der zerstrittenen

Brüder

187

wollen die Union, auch die Vikarianer sind zur Aufnahme gerne bereit. U n d schließlich - gewiß nicht zuletzt - laden die »religiosissimi principes Saconie« dazu ein, den notwendigen Schritt zu vollziehen. >Versagt nicht, Brüder, ich beschwöre Euch, angesichts dieser einzigartigen GelegenheitN 279 Observantenunion, so muß man Scheurl zusammenfassen, ist das Gebot der Stunde, wer sich der widersetzt, über den wird die Geschichte hinweggehen. Z u r Observanz gibt es keine Reformalternative. Beugen sich die Martinianer, dann wird ihr Entschluß die Gnade Gottes und das Wohlgefallen der Fürsten finden. Der Lohn wird als Lockmittel ungeniert angepriesen, vor allem der Schutz durch die Fürsten, die den Reformwilligen nicht nur »patronos«, sondern gar »parentes« sein wollen 2 8 0 , konkret übersetzt: zuverlässige Förderer, die auch dann nicht versagen, wenn Papst, Kardinäle oder Ordensobere ihren Beistand entziehen. Es bricht sich in dieser Rede jenes inzwischen etablierte Bewußtsein der Fürsten Bahn, daß sie die Aufgabe und auch die Kraft haben, entgegen einer unzuverlässigen, gar widerstrebenden Hierarchie die Ordensreform durchzusetzen und zu garantieren. Bleibt ihnen die Gewalt über die >Häupter< auch versagt, so schaffen sie doch die Reform der >GliederAutoritäten< in Italien und Deutschland vertrauen, im Falle einer Ablehnung dem Orden ihre schützende Hand entziehen und in ihrem Herrschaftsbereich vor Zwangsmaßnahmen nicht zurückschrecken werden. Falls die Mönche die Stunde der Union versäumen, werden die Landesherren dafür Sorge tragen, daß sie erfüllen, was Pflicht und Ehre gebieten, ob sie wollen oder nicht 2 8 2 .

Die Grenzen derfürstlichen

Reformgewalt

A m folgenden Tage, am 29. September 1511, gab der Provinzialminister im Beisein von vier Kapitelsvätern den Räten aus Wittenberg Bescheid: Die Angelegenheit sei schwierig und bedürfe gründlicher Überlegung. Sie wollten dem Kurfürsten schriftlich oder mündlich durch Boten antworten 2 8 3 . Scheurl hat dieses Ergebnis unter den E n t w u r f seiner Rede notiert, aber leider keine Beurteilung dieser nichtssagenden, ausweichenden Antwort hinzugeschrieben, die so offenkundig als Ausrede erscheint, daß man tatsächlich bestehende Schwierig279

Ebd. 28° Ebd. 281 »Principes Saxones Federicus[!] scilicet et Johannes... diligenter elaborabunt, ut, qui eorum ducatibus subiecti sunt, que honesta, que iusta sunt, perficiant.« D O E L L E , S . 2 4 5 . 282 »Si vos defeceritis, quod non credimus, principes pro virili curaturos, ut vos, qui principatus eorum inhabitatis, velitis nolitis, quod iustum et honestum est adimplere cogamini.« Ebd. 283

V g l . DOELLE, S. 2 4 6 .

188

Die Reform durch Ernestiner

und

Albertiner

keiten darüber leicht vergißt. D e r Stadtrat von Görlitz hat sich besonders der E i n v e r n a h m e >seines< Minoritenklosters widersetzt, wahrscheinlich aus der Furcht heraus, daß die B r ü d e r durch eine U m g l i e d e r u n g der Weisungsbefugnis des Rates allzusehr entzogen werden. N a c h d e m Görlitz sich die Unterstützung des Ordensgenerals gesichert hatte, erging ein Schreiben an die Kapitelsväter zu Berlin mit der Aufforderung, j e d e Veränderung der Rechtsverhältnisse zu unterlassen, andernfalls »werden wir [der Rat] merglichen vorursacht, dorwider, so viel uns m ö g l i c h und billich, zu t r a c h t e n « 2 8 4 . Allem Selbst- und Machtbewußtsein zum Trotz: Die Grenzen der landesherrlichen Reformpolitik werden hier wiederum sichtbar. M i t einfachen A n w e i s u n gen >von oben< war der R e f o r m w u n s c h nicht automatisch in R e f o r m w i r k l i c h keit umzusetzen. Von einer absolutistischen Stellung der Fürsten auch gegenüber denen, die bereits seit Jahrzehnten a u f ihre besondere Förderung angewiesen waren, kann noch keine Rede sein. U m g e k e h r t belegt das Ausweichen der Franziskaner, daß die Provinzialvertretung es ihrerseits nicht wagte, dem ausdrücklichen Willen des Fürsten die offene Ablehnung entgegenzusetzen. D i e M ö n c h e , wenigstens soweit sie dem ernestinischen oder albertinischen Herrschaftsgebiet angehören, sind eben auch Untertanen; e x e m t sind sie gegenüber dem B i s c h o f , nicht gegenüber dem Landesherrn. Sie wollen dem Fürstenwillen nicht einfach widerstehen, sie ringen vielmehr u m Einverständnis und versuchen, den Landesherrn a u f ihre Seite zu ziehen. Als sich im J a h r e 1514 endgültig zeigte, daß für eine Vereinigung mit den Observanten keine Mehrheit zu gewinnen war, haben die Martinianer in T h ü r i n g e n , M a g d e b u r g , M e i ß e n und Leipzig vor dem Kurfürsten für ihre Sache appelliert. Sie bitten ihn, von seinem Plan Abstand nehmen zu wollen, die Martinianer »under den v i c a r i o . . . zcu brengen«, mit der zunächst überraschenden, angesichts ihres eigenen Reformbewußtseins j e d o c h auch verständlichen B e g r ü n d u n g , daß damit ihre eigene Regelstrenge öffentlich als lächerlich und nichtig preisgegeben w ä r e 2 8 5 . D e n n sie betonen mit Nachdruck, daß sie bereits reformiert sind und auch fernerhin alle Gebrechen zu bessern w ü n s c h e n 2 8 6 , so daß, wie der Kurfürst nun selber folgern soll, die geplante Eingliederung in die Kongregation gänzlich überflüssig ist. E s geht bei diesem Unionsstreit nicht u m die Alternative »Reform oder N i c h t Reformreformati sub ministris< bleiben und sich nicht aus dem Gesamtorden herauslösen. Sie sind die Observanten innerhalb des Ordens, die anderen hingegen Künder >einer fremden Heiligkeit^ wie es in einem Klagebrief gegen die Observanten einmal heißt 2 8 7 . Die Kongregation ihrerseits beharrt auf der seit 1446 durch Papst Eugen IV. genehmigten eigenen Vikariatsorganisation zum Schutze der R e f o r m 2 8 8 . Diesem Streit um die Jurisdiktion wird man speziell aus dem Blickwinkel der sächsischen Landesherren noch einen entscheidenden Aspekt hinzufügen müssen: Es konkurrieren die beargwöhnte, des Betruges verdächtige monastische Eigenreform bei den Martinianern und die als gelungen propagierte Fürstenreform bei den Observanten. Keine Seite will das Ergebnis ihrer Schöpfung zugunsten der anderen fallen lassen. So hat Kurfürst Friedrich nach einer Zeit des >gnädigen Bedenkens< 2 8 9 den Martinianern Ende August 1514 eine ebenfalls diplomatisch in halber Gedankenführung abgefaßte Antwort zukommen lassen, die genau das ihm suggerierte Argument der >Überflüssigkeit des anderem aufnimmt, dieses nun aber von seinen eigenen Voraussetzungen her deutet und gegen die Bittsteller kehrt. Wenn die Martinianer so sehr darauf pochen, daß sie ihre Regel einhalten und Besserung tatsächlich erzielt haben, dann ist nicht einzusehen, warum sie ihre Eingliederung in die Kongregation ablehnen. Die Folgerung, die der Kurfürst den > Verweigerern aufdrängen will, ist eindeutig: Reform macht die Martinianer überflüssig, wenn sie aber nicht überflüssig sind, haben sie die Reform nicht vollzogen. Der Kurfürst mißtraut ihrer Aufrichtigkeit, zumal ihm zu Ohren gekommen ist, daß sie sich - doch wohl für künftige Prozesse in R o m - finanziell abzusichern suchen und Kleinodien aus ihren Klöstern, >dahin sie Gott zu Lob gegeben sindUt sacra Ordinis< (LUCAS WADDING: Annales Minores, Bd. 11, 2. Aufl. Quaracchi 1932, S. 287—291). Z u m Streitproblem vgl. BRIGITTE DEGLER-SPENGLER: Observanten außerhalb der Observanz. Die franziskanischen R e formen »sub ministris«. In: Z K G 89 (1978) S. 355, S. 367. DEGLER-SPENGLER macht auf die Kritik an der Armutsauffassung der Observanten durch eremitisch geprägte spanische und italienische Reformgruppen aufmerksam und auch auf das Mißtrauen dieser Gruppen gegenüber dem »Aktivismus der Observanten«. S. 368. 289

V g l . D O E L L E , S . 2 5 7 f.

290

V g l . DOELLE, S . 2 6 1 .

190

Die

Reform

durch Ernestiner

und

Albertiner

Verhandlungsgegenstand - oder präziser aus seiner Sicht: Wer die Fürstenreform ablehnt, wendet sich gegen die Reform.

Das Ende der

Ordenseinheit

Der klare Kurs des Kurfürsten hat die politische Wirklichkeit nicht in seinem Sinne gestalten können, denn die Eingliederung in die Kongregation hat er nicht zustande gebracht. Der Unionserfolg schien Papst Leo X. vorbehalten zu bleiben. Das von ihm zu Pfingsten 1517 nach Rom einberufene Generalkapitel mußte mit der Bulle >Ite vos in vineam meam< (28. Mai 1517) die Vereinigung aller reformierten Franziskaner als päpstlichen Entscheid zur Kenntnis nehmen 2 9 1 . Allerdings hatte auch er den befürchteten hohen Preis zu zahlen, daß er für die Union der >Reformierten< die Einheit des Ordens aufgeben mußte. Weder die Landesherren noch der Papst haben die Alternative »Einheit oder Reinheit< zu überwinden vermocht. Die >Bulla unionis< war zugleich >Bulla separationisFratres Minores< und, bestätigt am 12. Juni 1517 durch die Bulle >Omnipotens DeusFratres ConventualesReformierten< blieb für den Bereich der sächsischen Franziskaner eine Wortunion. Als am 11. Juli 1518 auf dem Generalkapitel zu Lyon über die Ausfuhrungsbestimmungen des Zusammenschlusses entschieden wurde, zeigte sich erneut die erfindungsreiche Phantasie, um die proklamierte Union tatsächlich nicht zu vollziehen. Die observanten Klöster Sachsens blieben unter sich, sie wurden zur »Provincia Saxoniae Sanctae Crucis< zusammengeschlossen, die Martinianer hingegen bildeten ihre eigene »Provincia Saxoniae Sancti Joannis BaptistaeMilitia Franciscana< die wahrhaftige Observanz in der >Militia Christi( aller Kinder Gottes.

295 Brief der Wittenberger Franziskaner an Kurfürst Friedrich aus dem Jahre 1519. Der Wittenberger Konvent bittet den Kurfürsten, das Provinzialkapitel in Wittenberg abhalten zu dürfen, jener Stadt »mit der loblichen universitet, durch E. Kf. G. auffgericht und mit gruntlichen meystern der heiligen schrifft unaußsprechlichen gezcirt, auch mit mannicherly zcungen sprach begenadt allenthalben, von welchen allen klugckheyt und weyßheyt myldiglichen erlanget mag und mytgeteylt w e r d e n . . . « DOELLE, Observanz, S. 263, Beilage 22.

Zusammenfassung und Ausblick Der Observantenstreit ist in Deutschland vor allem in Sachsen mit Heftigkeit ausgetragen und bis zur Entscheidung gegen die Union durchgehalten worden. In diesem Streit wird sowohl die Verwicklung als auch die Grenze der obrigkeitlichen Gewalt sichtbar. Wie absolutistische Fürsten haben die Landesherren des 15. Jahrhunderts nicht mit der Kirche umspringen können. >Religio< ist zwar der Gegenstand von Politik, nicht aber die gegenstandslose, beliebige Verfugungsmasse einer Politik, die einfach durch Befehle dirigiert. Religionspolitik kennt geistliche Sachzwänge, die als politische Zwänge ihr Recht verlangen und denen die Fürsten auch Rechnung tragen. Zu diesen geistlich-politischen Sachzwängen gehören im späten Mittelalter der Wille zur Observanz auf der einen und der Widerstand gegen sie auf der anderen Seite. Eine Vereinigung der monastischen Parteiungen zu Lasten der Regelstrenge war nicht zu erzielen und die Bewahrung der Regelstrenge auf Kosten der konventualen Provinzen nicht zu erzwingen. In der Reformationszeit wird sich das Notwendige, was die >Religio< erfordert, wesentlich verändern. Doch wird dieses Notwendige als geistlich-politischer Sachzwang bestehen bleiben und sich sogar erheblich verschärfen. Sucht man das kirchenpolitische Handeln der Landesherren auf eine Formel zu bringen, so ist auf das Ineinander zweier Aspekte zu achten: Die Reform zielt auf Gottesdienst und Landeswohl zugleich. Diese Beschreibung ist allerdings dazu angetan, Widerspruch hervorzurufen: Sollten die Fürsten des späten Mittelalters so f r o m m gewesen oder geworden sein, daß sie sich in ihrer Politik von den Grundsätzen rechter Gottesverehrung hätten leiten lassen, unabhängig vom eigenen Nutzen, wider den Drang zur Macht? Willkommen als Bestätigung solchen Widerspruchs ist die sarkastische Lagebeurteilung durch Enea Silvio Piccolomini vom Dezember 1443, als der französische König Karl VII. das Schisma zwischen Papst Eugen IV. und Papst Felix V., dem Papst des Basler Konzils, mit dem Einsatz obrigkeitlicher Machtmittel der europäischen Fürsten zu beseitigen plante. Piccolomini deutete das Kalkül des französischen Königs ganz nüchtern: Papst wird nicht der sein, den man wählt, sondern der, dem die Fürsten Gehorsam leisten. >Ich sehe keinen Klerikerder für diese oder jene Partei zum Märtyrer werden wollte. Wir alle teilen den Glauben, dem unsere Fürsten anhängen. Wenn sie Götzen verehren würden, würden auch wir Götzen verehren und nicht nur den Papst, sondern sogar Christus verleugnen, wenn die weltliche Gewalt das will.Gott und Herzog Wilhelm< aber Hilfe finden. Hat solche Hilfe und die mit ihr verbundene Herrschaftsausweitung des Staates der Kirche nicht außerordentlichen Schaden zugefugt? Man wird diese Frage bejahen, wenn man die gregorianische Reform mit ihrem Effekt der Herrschaftsausweitung der Kirche zum gültigen Maßstab macht. Rudolf Reinhard hat diesen >gregorianischen< Maßstab, der zur Rede von der obrigkeitlichen >Einmischung< in die Belange der Kirche führt, äußerst kritisch beleuchtet. Ohne auf das Reform wirken der weltlichen Herren im späten Mittelalter einzugehen, hat er allgemein darauf hingewiesen, daß solche >Einmischung< über Jahrhunderte hinweg zur christlichen Tradition gehörte und daß die Herrschaftsausweitung des Staates der Kirche durchaus nicht >ipso facto< zum Schaden gereicht habe. 2 9 8 Ferner ist darauf hinzuweisen, daß der Vorwurf, die Fürsten hätten nur aus Deutung des französischen Plans. Es folgt direkt anschließend Piccolominis eigenes Urteil: »Non video clericos, qui velint pro ista vel illa parte martirium ferre. Omnes hanc fidem habemus, quam nostri principes, qui si colerent idola et nos etiam coleremus et non solum papam sed Christum etiam negaremus seculari potestate urgente...« Der Briefwechsel des Eneas Silvius Piccolomini, hg.v. R. WOLKAN. 1. Abteilung: Briefe aus der Laienzeit ( 1 4 3 1 - 1 4 4 5 ) , 1. Band: Privatbriefe. Wien 1909, S. 255. 297

V g l . GERDA KOLLER, Princeps in E c c l e s i a , S. 158.

Vgl. RUDOLF REINHARDT: Der Wandel des geschichtlichen Verhältnisses von Kirche und Staat. In: Säkularisationen in Ostmitteleuropa, hg. v.Joachim Köhler. Köln 1984, S. 25. Reinhardt wendet sich ebenfalls und mit Recht gegen die Vorstellung, daß nach dem Investiturstreit erst im späten Mittelalter die Laienherrschaft in der Kirche wieder zum Zuge gekommen sei. Diesen Eindruck der jahrhundertelangen >Freiheit< von Laienherrschaft drängt der Abriß >Kirche und Staat< auf, den HERIBERT RAAB verfaßt hat: Kirche und Staat. Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. München 1966, S. 23—33. 298

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Machthunger geholfen, in dieser Moralisierung unpolitisch gedacht ist. Unabhängig von der Einschätzung ihrer persönlichen Frömmigkeit, Selbstlosigkeit oder Selbstsucht sollte die Einsicht Platz greifen, daß die weltlichen Obrigkeiten des Reiches - das gilt ebenfalls für die Städte - politische Leitvorstellungen vom allgemeinen Nutzem zu entwickeln in der Lage waren 299 , die über das persönliche Interesse der Regierenden hinausgingen. Z u m allgemeinen Nutzen in Stadt und Land und Hof gehörte strukturell auch der allgemeine geistliche Nutzen, um den weltliche Obrigkeiten sich zu kümmern hatten. Diese Regiments>ideologie< hat nicht nur Widerstand erregt, sondern auch Anerkennung gefunden selbst in den Reihen der Geistlichkeit. Für die Aufschlüsselung der am Beispiel Sachsens gewonnenen Dimensionen spätmittelalterlicher Fürstenreform sind vor allem sechs Aspekte hervorzuheben: 1. Die von den Trägern der territorialen Obrigkeit vorgenommene Zusammenschau von Gottesdienst und Landeswohl steckt den Handlungsrahmen der Reform ab. >Religio< ist ein Faktor der Realpolitik, so daß man die Berufung auf Gott nicht auf die Sprachebene der nachträglichen Legitimation reduzieren darf. Die direkten, auch sprachlich entsprechend gestalteten legitimatorischen Formeln, auf die man in der Tat häufig stößt, sind zumeist nicht religiös eingekleidet, sondern beschränken sich lapidar auf die Feststellung des landesherrlichen Rechtsanspruches: >wie uns als Fürsten der Lande zustehtreligio< wie die Kerzenspende vor dem Heiligenbild und das Almosen fiir die bettelnden Mönche. Wer Gott gefällt, der tut dem Lande wohl; wer dem Lande wohltut, der gefällt Gott, und das Land, das Gottes Ehre wahrt, darf seine Gunst erhoffen. 299 Z u m Schlagwort >gemeiner Nutzern siehe EBERHARD ISENMANN: Integrations- und Konsolidierungsprobleme der Reichsordnung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In: Europa 1500. Integrationsprobleme im Widerstreit, hg.v. F. Seibt, W.Eberhard. Stuttgart 1987, S. 120 f.

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3. Die Verflechtung des Gottesdienstes mit der Landeswohlfahrt erklärt die Nähe der territorialen Reform zur Praxis des Lebens und Regierens. Die Utopie sucht man vergebens an den Höfen zu Weimar, Torgau oder Dresden, und auch die Stadträte von Leipzig treiben nicht Politik zur Förderung des neuen Reiches unter der Herrschaft des Friedenskaisers oder Engelspapstes, sondern sie betreiben das Verbot des Bäckertanzes und des Verkaufs von Schnabelschuhen. Die territoriale Reform zielt nicht auf die ganz andere, neue Ordnung und auch nicht auf die Wiederherstellung der guten alten Ordnung aus ferner Zeit. Die Landesherren wollen die Besserung vor allem der Mönche und über die Mönche hinaus auch der Weltpriester und Laien, deshalb befassen sich ihre Mandate vornehmlich mit der Abstellung von Mißständen. Im Bereich der Rechtsprechung eröffnen sie jedoch neue Wege, wenn sie die alleinige Zuständigkeit weltlicher Gerichte für weltliche Rechtsfälle durchzusetzen suchen und die geistliche Gerichtsbarkeit zugleich territorialisieren wollen. Weil die Suche nach der Sittenbesserung und der Rechtshoheit staatsbauend ist, muß man die kirchliche Reformpolitik der Landesherren zu den Faktoren der frühneuzeitlichen Staatsbildung zählen. 4. Die offen ausgesprochenen territorialen Bedürfnisse werden der Grund sein für die Kontinuität des fürstlichen Reformhandelns von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis in die Reformationszeit hinein. Für die Territorien gilt, was für die hohe Geistlichkeit wohl nur schwer einzusehen war: Reformen, wenn sie durchgeführt werden, sind ein stabilisierender Faktor, und ein destabilisierender, wenn sie ausbleiben. Die vielfachen Warnungen, daß der NichtVollzug der Kirchenreform zu Unruhe und Aufruhr fuhren wird, wie man sie auf den Reichstagen der Reformationszeit nicht nur von den Vertretern der Städte ausgesprochen hört, sind angelegt in der spätmittelalterlichen Erkenntnis, daß die Laien den Sittenverfall des betenden und des richtenden Klerus nicht ohne Gegenwehr hinnehmen werden. Bereits vor dem Entstehen der Wittenberger Reformation zeichnet sich ab, daß die wettinischen Landesherren, hier ist vor allem Herzog Georg zu nennen, die Gewalt der Straße einzukalkulieren begannen. Es ist wohl kein Zufall, daß gerade er mit Penetranz später den Finger auf diesen Punkt legen wird: Die totale Zerrüttung der Kirche, die Luther mit den Seinen anrichte, führe zu Aufruhr, Unordnung und Sittenverfall 300 . 5. Die fürstliche Reformpolitik ist auf das Territorium bezogene Politik, sie zielt nicht auf eine umfassende Erneuerung der universalen Kirche, sondern auf die Besserung der Kirche im Lande. Doch die landesübergreifende Organisation der geistlichen Institutionen kann die innenpolitische Aufgabe immer auch zur 300 »Wen seynt mehr emporung wider die obrikeyt gescheen, den aus deynem [Luthers] ewangelio? wen sein mehr beraubung armer geistlicher heuser gescheen, wen sein mehr deube [Diebstahl] und reuberey gescheen, wan seint mehr vorlaufener monch und nonnen zu Wittenberg, dan itzt, gewest? wen hat man den ehemannen die weyber genommen und andern geben, den itzt find mans in deynem ewangelio... ?« Herzog Georg an Luther, 28. Dezember 1525, in Antwort auf Luthers >Bekehrungsbrief< vom 21. Dezember. GEC, Akten und Briefe II, S. 4 7 6 , 6 - 1 1 .

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außenpolitischen machen. Die territoriale Begrenzung hat auch das Aufkommen jener Spannungen nicht verhindern können, die aus dem Streit um die Reform und die Einheit der Orden entstanden sind. In den Auseinandersetzungen um die Union wollen die Landesherren sowohl die Einheit der Orden erreichen als auch die Observanz ohne Kompromisse wahren. Den Widerstand Nürnbergs gegen die vom Generalvikar der Augustiner geplante deutsche Union wird man nicht als typisch städtische, sondern allgemein als typisch obrigkeitliche Schutzpolitik zu bezeichnen haben. Auch ein sächsischer Landesherr würde der Union Widerstand entgegengesetzt haben, wenn ihn der Verdacht überzeugt hätte, der Generalvikar wolle die Strenge der Observanz aufweichen. Daß es Johannes von Staupitz gelungen ist, die wettinischen Herzöge zur Duldung und sogar zur Unterstützung seines Projektes zu bewegen, ist angesichts der traditionellen Politik des dezidierten fürstlichen Reformschutzes nicht selbstverständlich gewesen. 6. Die Reform der wettinischen Landesherren ist über ihre realpolitische Zielsetzung hinaus auch als eigenständiges geistliches Anliegen zu würdigen. In jedem Falle ist davor zu warnen, die Fürsten des spätmittelalterlichen Reiches als säkulare Machtpolitiker zu zeichnen. Im Vergleich mit dem Geschehen der Reformation ist man aber geneigt, den Kampf um den rechten Wandel der Mönche als geistliche Quisquilie einzuschätzen. Nur ein >ius reformandae disciplinaeius reformandi< durch die Fürsten zu rechnen habe, als ihnen auch die Entscheidung über die reine Lehre zugefallen war. Tatsächlich hat die Reformation der Fürstenpolitik neue und weitreichende Entscheidungsfelder eröffnet, die bis dahin den Konzilien oder den Päpsten vorbehalten waren, nicht aber fürstlichen Theologenkommissionen oder Reichstagen. Die Anerkennung dieser Tatsache darf jedoch nicht dazu fuhren, die neue Situation des 16. Jahrhunderts als Maßstab für das 15. Jahrhundert heranzuziehen. N u r aus der Rückschau vermag man Entwicklungen zu rekonstruieren und zu gewichten, für den Zeitgenossen aber mit seinem begrenzten Blick in die Zukunft stellt sich der Ernstfall jeweils neu. Entscheidend ist, daß jene Art der Klosterreform, die aus reformatorischer Sicht bestenfalls als obendrein verfehlte - Reorganisation erscheinen mag, von den politischen Gewalten des späten Mittelalters als unerläßliche geistliche Grundreform verstanden wurde. Die Tatsache, daß die Fürsten ihre Reformpolitik durch Ordenskurien und Päpste zu legitimieren suchen, spricht genauso wenig gegen die »Verkirchlichung« ihres obrigkeitlichen Handelns 302 , wie kaiserliche Privilegienvergaben und Schutzzusagen ihr landesherrliches Regiment außer Kraft setzen. Es gehört zum Selbstverständnis des Fürsten, daß er auch über den geistlichen Wandel in 301

D e r B e g r i f f b e i BURKHARD VON B O N I N : D i e p r a k t i s c h e B e d e u t u n g d e s i u s r e f o r m a n d i .

Stuttgart 1902, S. 5. 302

ISNARD W . FRANK. K i r c h e n g e w a l t u n d K i r c h e n r e g i m e n t , S. 5 1 .

Zusammenfassung

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seinem Territorium wacht und diese Aufgabe nicht den Bischöfen überläßt. Er glaubt sich schon im 15. Jahrhundert dazu aufgerufen, neben dem zeitlichen Wohl auch »geistlichs wesen« in seinem Land zu fördern und wenn nötig zu reformieren 303 . Als dann die neue Lehre die Geister in den Bann schlug, ist die Tradition der obrigkeitlichen Verantwortung für den wahren Gottesdienst in allen Territorien nach einer Zeit der Verunsicherung - oder gezielten Aussetzung - wieder aufgenommen worden, am ehesten von jenen Fürsten, die sich für den alten Glauben entschieden hatten.

303

Siehe o b e n S. 30, S . 3 4 f .

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Namen- und Ortsregister von Anhalt, Adolf, Dompropst zu Magdeburg 171 von Anhalt, Ludwig O . F. M. 177 Aegidius von Viterbo, Ordensgeneral der Augustiner (f 1532) 168, 170f„ 172-176 Albert, Peter Paul 85160 Albrecht III., Graf von Hohenlohe-Weikersheim ("f 1551) 24** Albrecht Achilles, Kurfürst von Brandenburg (f i486) 39, 141 Albrecht V., Herzog von Österreich, als Albrechtll., Deutscher König (fl439) 3 2 - 3 4 , 489 Albrecht III., Herzog von Bayern (f 1460) 30 f. Albrecht IV., Herzog von Bayern (f 1508) 28-30 Albrecht, Herzog von Sachsen, Erzbischof (1482) von Mainz ( t 1484) 43, 96 Albrecht der Beherzte, Herzog von Sachsen ("t" 1500) 43f., 478, 5440, 85 1 6 1 ,108,112f., 129, 130, 132 f., 13491, 149, 151, 158 f. Albrecht von Brandenburg, Kardinal von Mainz (f 1545) 128 Albrecht, Dieter 3165 Alexander VI., Papst (fl503) 18, 39100, 149, 152 f. Allendorf, Zisterzienserinnenkloster 143 Angermeier, Heinz 32, 49f., 11515 Anherr, Johannes, Augustinerprovinzial (1473-1476) 89, 90171, 92f. Aramburu Cendoya, Ignacio 164 f. Augsburger Bekenntnis (1530) 50 Augustinus von Interamna, Ordensgeneral der Augustiner ( f l 5 0 6 ) 168 Ayndorfer, Kaspar, Abt von Tegernsee ( t 1461) 31

Ball, Hugo 23 Balthasar, Hans Urs von lOO200 Barbara von Mantua, Gräfin (Herzogin) von Württemberg ( f l 5 0 3 ) 27, 39100

Basel, Konzil 9, 30, 32, 71, 75, 128 - Reformdekrete des B. K. 36 Bauch, Gustav 185271 Bayern, Herzogtum 28—32, 33 Becker, Hans 152148 Becker, Winfried 141112 Bellebaum, Alfred 11825 Bernhardin von Siena O . F . M . ( f l 4 4 4 ) 102 2 ' 6 Bertrams, Wilhelm, S.J. 37 Besler, NikolausO.E.S.A., Prior des Augustinerklosters München ( f n a c h 1529) 166, 168 Beyer, Nikolaus, Prior des Dominikanerklosters Leipzig, Dominikanerprovinzial 155, 159 Beyerle, Franz 79' 37 Biel, Gabriel (f 1495) 27, 98 Bihl, Michael, O . F . M . 180250, 183261 Blaschke, Karlheinz 134, 14, 157, 40103, 45, 110244, 1122 Blickle, Peter 4 - 6 , 146, 1612 Bodenstein von Karlstadt, Andreas (f 1541) 8 Böckenfbrde, Ernst-Wolfgang 11723 Böhmer, Heinrich 169 211 ,171 218 ,174 226 , 176233 Bonifaz IX., Papst ( f l 4 0 4 ) 42 von Bonin, Burkhard 196301 Boockmann, Andrea 12972 Bosl, Karl 140110 Bossert, Gustav 22 Brady, Thomas A. 3060 Brandenburg, Erich 157 Brandenburg, Bistum 37 - Domkapitel37f., 102 - Kongregationskapitel der Franziskaner 101 ff. - Kurfürstentum 3 6 - 4 0 , 51 Brather, Hans-Stephan 11618 Brecht, Martin 2754, 87165 von Breitenbach, Georg, Rat Herzog Georgs von Sachsen ( t 1541) 12971 Breslau 181 f. Brixen, Bistum 31 Brunner, O t t o l 4 1 1 1 2

216

Namen-

und

Bubenheimer, Ulrich 8 l 3 Buch, Zisterzienserkloster 134, 136 Bünger, Fritz 161 Burchard, Bischof von Halberstadt (f 1458) 71 Burkhardt, Carl August Hugo 6893, 112-127 Busch, Johannes, Klosterreformer der Windesheimer Kongregation (f 1479) 34, 63, 103216, 145121 Buttelstedt, Thomas von, Kanzler Landgraf WilhelmsIII. von Thüringen 106 Cammermeister, Härtung, Bürgermeister von Erfurt, Erfurter Chronist (f 1467) 489, 103216 Carboni, Palma, Dominikanerprior in Rostock, Distriktsvikar der Congregatio Hollandia 161 Cardauns, Ludwig 136102, 138107 Carsten, Francis L. 143 Carvajal, Bernardino, Kardinallegat (+1523) 169, 171 f., 176 Casseta, Salvo, Ordensgeneral der Dominikaner ("f 1483) 156'61 Cellarius, Hellmut 12660 Chemnitz 130 Chmel, Joseph 3579 Cochläus, Johannes (fl552) 171216 Cohen, Jeremy Ö788 Cohn, Henry J. 22 Cronschwitz, Dominikanerinnenkloster 144 Cyriacus, Abt zu Pforte 136100 von Dalberg, Johann, Kurpfälzischer Kanzler, Bischof von Worms ( t 1503) 21 Decker-Hauff, Hans Martin 2650 Degler-Spengler, Brigitte 189288 Dersch, Wilhelm 714 Diestelkamp, Adolf39 98 , 5123, 71103, 77125, 80138, 12036, 12870 Dietrich von Erbach, Erzbischof von Mainz (f 1459) 70 Dietrich von Hamelburg, Gesandter Herzog Albrechts V. von Österreich 3474 Dittrich, Paul 42 Doelle, Ferdinand, O . F . M . 82ff., 101204, 107231, 146-148, 179-191 Döring, Matthias, Franziskanerprovinzial81, 84 f., 181254 Dresden 87, 124 Düsseldorf 19 Eberhard im Bart, Graf (Herzog) von Württemberg (j-1496) 23f., 26f., 39100, 87165

Ortsregister

Eck, Johannes (f 1543) 31 Egher, Daniel, Dominikanerprovinzial 144, 145122 Eisenach 81141, 106 Eisenstadt, Shmuel N . 74114, 116f. Ellwangen 26 Elm, Kaspar 10, 6788, 99197 Emminghaus, Gustav 11618 Empoli, Laurentius 168208 Engel, Gustav 141112 Engelmann, Johannes 140111 England 37 Erasmus von Rotterdam (+1536) 22, 153 f. Erben, Johannes, Komtur desjohanniterhofs zu Weißensee 65 Erfurt 74f., 89, 9 0 - 9 3 Ernst, Fritz 2650 Ernst, Herzog von Sachsen, Erzbischof (1476) von Magdeburg, Bischof (1480) von Halberstadt (f 1513) 43, 96, 12032 Ernst, Kurfürst von Sachsen (+1486) 43 f., 478, 5440, 108, 1121, 132f., 158f., 164191 - Ernestiner 112, 129, 134 EugenIV., Papst ( f l 4 4 7 ) 33, 94,182 258 , 189, 192 Feine, Hans Erich 110242 FelixX., Papst ( f l 4 5 1 ) 42f„ 192 Ferdinand I., Erzherzog von Österreich, röm. König (1531), röm. dt. Kaiser 1558 (f 1564) 16 Feutry, Augustinus 166203 Förstemann, Joseph 85 1 6 1 ,149-151, 1 5 5 - 1 6 3 Frank, Barbara 106227, 110 Frank, Isnard W „ O . P . 714, 196 Frankenthal, Kloster 23 Frankreich 37 Franziskus von Assisi (fl226) 103, 177, 186 Freising, Bistum 29 Frey, Siegfried 2445 Friedensburg, Walther 80' 37 Friedrich von Beichlingen, Erzbischof von Magdeburg ( | 1464) 85 Friedrich, Herzog von Sachsen, Hochmeister (1498) des Deutschen Ordens in Preußen (f 1510) 43 Friedrich, Herzog von Sachsen, ( f l 5 3 9 ; Herzog Georgs Sohn) 128 Friedrich I., Kurfürst von Brandenburg (+1440) 38, 78135 Friedrich II., Kurfürst von Brandenburg (1440-1470; |1471) 37f., 80138 Friedrichl., Kurfürst von der Pfalz ( | 1476) 20f., 22f.

Namen-

und

Friedrich der Jüngere (der Friedfertige), Landgraf von Thüringen (f 1440) 70, 72, 81, 105223 Friedrich III., röm.-deutscher Kaiser ("j" 1493) 20,29, 32f., 35f., 50 Friedrich I., der Streitbare, Markgraf von Meißen, erster Kurfürst (1423) von Sachsen aus dem Hause Wettin (f 1428) 42, 46, 5125, 13494 Friedrich II., der Sanftmütige, Kurfurst von Sachsen (fl464) 40f„ 43,47f., 5440, 71, 85, 102, 129, 13494 FriedrichlH., der Weise, Kurfürst von Sachsen (fl525) 79 137 ,113,115 18 ,122 47 ,133 ff., 143-148, 155-163, 164191, 176, 183-187 Fulda 143 Funk, Hans 2443 Gebhardi, Bernhard, Observantenvikar der Augustiner (fl520) 172 Gebhardt, Bruno 12660 Gehr, Eugen 3163 de Genazzano, Mariano, Ordensgeneral der Augustiner (fl498) 167 f. Georg Podiebrad, König von Böhmen ( t 1471) 44 Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen ( t 1539) 14,41, 85 161 ,109,113,120 32 ,124, 125,127-129,133,136-143,158,176,184, 195 Georg, Pfalzgraf bei Rhein, Bischof (1513) von Speyer (f 1529) 22 Georgental 106 Geß, Felician 75118, 80139, 86 163 ,107,120 38 , 124,125,127 62 ,128 69 , 12972, 137 105 ,139' 08 , 164191, 176236, 184268, 195300 Goerlitz 183, 188 Goerlitz, Woldemar 113, 12032, 12351 Gotha73, 88, 9 3 - 9 5 , 108f., 152 Graf, Wilhelm 185269 Gratianus von Foligno, Ordensgeneral der Augustiner ( t l 5 0 4 ) 169 Grisar, Hartmann, S.J. 2 Grube, Karl 145121 Grünhain 135 Güterstein, Kartause 26 Grunenberg, Johannes, Drucker in Wittenberg (1508-1525) 170 Gutierrez, David, OSA 9 0 - 9 2 , 166201 Hadrian VI., Papst (f 1523) 31 Hänsch, Ernst 11213, 13491 Hagen, Johannes, O.S.B., Abt von Bursfelde (•f 1468) 106

Ortsregister

217

Halberstadt, 63, 71 Halle - Hallescher Machtspruch (1445) (s. a. Landesteilungen) 46 - Klöster 63 Hamm, Berndt 100198 Hammer, Gerhard 190294 Hashagen, Justus T \ 110242 Hausmann, Nikolaus (t 1538) 122 Haußmann, Peter 25 Havelberg, Bistum 37, 40 Heckel, Johannes 142114 Heckel, Martin 142114 Hecker, Gerhard, Provinzial der Augustiner (f nach 1537) 169 Hecker, Norbert 110245, 153 Heer, Friedrich 3, 6 Heidelberg 22 Heimann, Heinz-Dieter 489 Heinrich, Abt zu Pforte 104 f. Heinrich der Fromme, Herzog von Sachsen (fl541) 14f. Heinrich, Pfalzgraf bei Rhein, Bischof (1523) von Worms (f 1552) 22 Heibig, Herbert 155, 4 6 \ 5543 Heldwein, Johannes 3061 Hemmerle, Joseph 166203, 167204 von Henneberg, Berthold, Erzbischof von Mainz (f 1504) 115 Hennig, Bruno 37f., 39", 40101, 5123 Henning, Ludwig, Provinzialminister der Franziskaner 179—185 Herrmann, Rudolf 6479 Herzberg 164191 van den Heuvel, Christine 11621 Heymstedt, Johann, Provinzial der Franziskaner 150 f. Himmelein, Volker 2855 Himmelpforten 87 Hinnebusch, William A., O . P . 154154 Hintze, O t t o 132 Hinschius, Paul 1718 Hirsau 26 Hirsch, Hans 140 n o Hofer, Johannes Ó788, 6997, 181254 Hohenlohe, Grafschaft 24u Hofmeister, Herbert 8 15 Horn, Heinrich, Offizial zu Halberstadt 77123, 128 Höss, Irmgard 9 Hundsbichler, Helmut 6789 Ilmmünster, Stift 29 Ingelfinger, Franz-Kuno 2547

218

Namen-

und

Innozenz VIII., Papst (+1492) 29, 133, 162 Isenmann, Eberhard 194 2 " Iserloh, Erwin 3, 6 Jacobus von Aquila, Ordensgeneral der Augustiner (f 1476) 89, 91 Jäger, Abert31 6 4 Janssen, Johannes 124 Janssen, Wilhelm 48" Jedin, Hubert 5021, 124 Jena 156 - »Jenaer Rezeß« 174f. Joachim I., Kurfürst von Brandenburg ("J" 1535) 40 Joachimson, Paul 3580 Johann V., von Weissenbach, Bischof von Meißen (f 1487) 43, 96, 99 Johann VI., von Salhausen, Bischof von Meißen (fl518) 41106, 125, 146 f. Johann VII., von Schleinitz, Bischof von Meißen (-1534; f 1537) 16 Johann II., Nix von Hoheneck, gen. Entzberger, Bischof von Speyer (res. 8. August 1463) 21 Johann der Beständige, Herzog (Kurfürst) von Sachsen (f 1532) 113, 116,133, 13596, 144 f., 147128, 155, 157 Johann, Herzog von Sachsen, (+ 1537; Herzog Georgs Sohn) 128 Johann Cicero, Kurfürst von Brandenburg ( t 1499) 39 Johannes, Abt von Pforte 136f., 142f. Johannes, Dekan von Indersdorf 30 Johannes von Dorsten O . E . S. A. (+1481) 98, 125 Johannes von Paltz O.E.S.A. (+1511) 98 Juden 67, 69, 81141 - Judenvertreibung 81 - Juden, Ketzer, böse Christen 178 f. Jülich-Berg, Herzogtum 17—20 Julius II., Papst (f 1513) 166, 168, 182f. Kaarstadt, Bartholomäus, Guardian des Franziskanerklosters Weimar 83 f., 98 Kaegi, Werner 133 Kämpf, Hellmut 131 Kapistran, Johannes, Generalvikar der Franziskanerobservanten in Italien (+1456) 6 7 - 6 9 , 81, 86163, 103, 156"*, 179, 181 Kaps, Johannes 5438 Karl VII., König von Frankreich (+1461) 192 Karl V., röm.-dt. Kaiser (+1558) 3, 50 Kaweran, Gustav 101202

Ortsregister

Kirn, Paul 122, 12974, 134-136, 144 Knepper, Josef22 3 9 Knichen, Andreas 141113 Köln, Erzbistum 17 Königsberg (Franken) 87, 89, 95, 99 f. Kötzschke, Rudolf-Kretzschmar, Helmut 46', 5125 Kolde, Theodor 8 8 - 9 6 , 1 0 0 f . , 106 f., 164191, 169210, 174 Koller, Gerda 33f., 193297 Koller, Heinrich 11826 Kone, Heinrich, Observantenvikar der Franziskaner 184268 Konstanz 2446, 34 Kruitwagen, Bonaventura, O . F . M . 101 — 103 Krumwiede, Hans Walter 2 Kunkel, Wolfgang 79137, 11514 Kunzelmann, Adalbero, O.S.A. 87164, 90, 94185, 164191, 166202, 175 Kühn, Helga-Maria 138107 Kurze, Dietrich 2547, 3896, 109239 Lackmann, Nikolaus, Provinzialminister der Franziskaner 84 f. Ladislaus (Wladislaw), König von Böhmen (+1516) 181-183 Landeen, William M., 2855 Lau, Franz 175, 177 Lauffen (Neckar) 25 Lebus, Bistum 37, 39 Leesch, Wolfgang 2754 Lehmann, Hartmut 612 Leipzig 14, 68, 85, 102 - Dominikaner in L. 155—163 - Franziskaner in L. 85161, 102, 1 4 8 - 1 5 3 - Leipziger Hauptteilung (1485) 88, 112 - Prälatenversammlung in L. (1538) 137 f. Lemmens, Leonhard, O . F . M . 177240 LeoX., Papst (+1521)190 Lichtenberg, Antoniterhaus 146 Lobeck, Albrecht 41 f., 45 von Loe, Paulus, O . P . 159173 Lohr, GabrielM., O . P . 155f., 163190 Lohr, Joseph 12456 Loesel, Johannes, Großprior der Johanniter in Deutschland 6583 Lohse, Bernhard II 2 0 , 177241, 178243 Lortz, Joseph 3, 12456 Lossen, Richard 1613, 23 Ludolphi, Ingetraut 133f., 136102 Ludwig V., der Friedfertige, Kurfürst von der Pfalz (+1544) 22 LudwigX., Herzog von Bayern (+1545) 16 Lünig, Johann Christian 461, 1121

Namen- und

Luther, Martin (fl546) 1 - 4 , 6 - 8 , 1 1 f., 61, 118 f., 12762, 152148, 167205, 171, 175, 177 f. Machiavelli, Niccolö (fl527) 116 Machilek, Franz 1 Madre, Alois 3475 Magdeburg 87 Mainz 36, 50, 70, 128 Mantua, Fürstentag (1459) 43 f. Marcuse, Herbert 3 Maron, Gottfried 6 12 Martin V., Papst (fl431) 33, 3474, 5125, 179 Matthias von Rammung, kurpfälzischer Kanzler, Bischof von Speyer (f 1478) 21 Mauser, Ulrich 178243 May, Georg 48, 2236, 74113 Maximilian I., röm.-dt. Kaiser (f 1519) 30, 35 f., 1124, 114, 11518 Mehnert, Gottfried 2 Meißen 40, 42, 124 - Bischöfe von M. 96, 128f., 131 - Dom zu M. 133 - Domkapitel 146 f. Melanchton, Philipp (fl560) 8 deMera, Adrian, O.P., Generalvikar der »Congregatio Hollandia« 161 Merseburg, Bischöfe von 128 - Bistum 40, 43, 124 Meuthen, Erich 6376 de Meyer, Alberic 155156, 161182 Meyer, Hermann, Dominikanerprovinzial 155-158 Meyer, Otto 2754 Mikat, Paul 5336, 110, 12972 Milensius, Felix 171 Moeller, Bernd 159, 124, 12557, 12973 Moeller, Reinhold, Präsident des ersten evangelischen Kirchentages 2 Mogenhofer, Johann, »Reformator« der Universität Wittenberg (f 1510) 79137 Moormann, John 179, 183264, 190293 Mühlhausen (Thüringen) 70 Müller, Alphons Victor 167205 Müller, Georg 135 96f , 144f., 163189 Müller, Johann Joachim 5125, 7 1 - 7 4 , 7 6 - 7 8 , 112 f., 146 f. München 29 Münsinger Vertrag (1428) 26 Mylius, Christian Otto 77 f. Näf, Werner 14 f. Nathin, Johannes, O.E.S.A. 171 Naumburg40f., 43,46 1 , 75118, 77,113,120, 123 f., 132 f.

Ortsregister

219

Neidinger, Bernhard 173224, 179248 Neumaier, Helmut 2444 Neustadt (Orla) 89, 92, 107 Nider, Johannes, O.P. 75 f. Nikolaus V., Papst (fl455) 37f., 81 f. Nikolaus von Dinkelsbühl (fl433) 32 f. Nikolaus von Kues (fl464) 31, 63 Nikolaus von Siegen, O.S.B. (fl495) 98196, 104, 13492 Nürnberg 79 - Klöster 61 66 , 87, 173 - Rat von N. 169, 173-176, 196 - Rechtsreformation (1479) 79 Oberman, Heiko A. 6 " , II 2 0 , 179244 Ockham, Wilhelm von, O.F.M. (fl347) 98 Oefele, Andrea Felix 3166 Österreich, Herzogtum 32—36 Oestreich, Gerhard 132, 11828 Overmann, Alfred 92177 Pallas, Karl 1610, 5 3 - 5 5 , 79135 Passau, Bistum29f., 32f., 34 Patze, Hans 47 2 Peraudi, Raimund, päpstlicher Nuntius ("t" 1505) 138108, 145, 164191 Peter, Bischof von Naumburg (fl463) 40 f. Pfalz, Kurfürstentum 17, 2 0 - 2 3 Pforte, Zisterzienserkloster65 85 ,104f., 136-143 Philipp, Kurfürst von der Pfalz (f 1508) 21, 23 Pirckheimer, Willibald (fl530) 177 f. Pius II., Papst (s. Silvio Piccolomini, Enea) (fl464) 33, 43, 85160, 174, 179248 Pollich, Martin, gen. Mellerstedt, »Reformator« der Universität Wittenberg (f 1513) y 9

137

Press, Volker 6 13 Priebatsch, Felix 39 100 Proles, Andreas, Observantenvikar der Augustiner (f 1503) 9 7 - 9 8 , 1 0 0 , 1 0 6 , 1 6 4 , 1 7 2 Puckert, Wilhelm 3687 Raab, Herbert 3688, 193298 Rabe, Horst 159 Ramminger, Anneliese 26'° von Rammung, Matthias, Kurpfälzischer Kanzler, Bischof von Speyer (fl478) 21 Randall, Susan C. 11620 Rankl, Helmut 2 8 - 3 0 Rapp, Francis 173224 Rauscher, Julius 2S48 Redlich, Otto R. 1 7 - 1 9 , 72m Redlich, Virgil 31 64

220

Namen-

und

Reichert, Folker 140110 Reisch, Chrysogonus, O . F . M . 181,183 260 , 188284 Regensburg, Bistum 28 f. Reinhardt, Rudolf 193298 Reinhard, Johann Georg 5440, 6 4 - 6 6 , 81141, 97193, 106-109, 133, 136100, 138 Reinhardsbrunn, Kloster 105f., 134 Richter, Gregor 1139 Rittenbach, Willi; Seifert, Siegfried 96192 Roda 108 Rödel, Walter G. 6479 von Rotenhan, Christoph, Bischof von Lebus ( t 1436) 38 Rubinstein, Nicolai 79135 Rublack, Hans-Christoph 11929 Rudolphi, Friederich 474, 48 f., 51 ff., 68 f., 104218 Ruprecht I., Pfalzgraf bei Rhein, 1353 Kurfürst von der Pfalz (f 1390) 20 Ruprecht, Pfalzgraf bei Rhein, Erzbischof von Köln (f 1480) 21 Saalfeld 82 Salza 95, 106 Salzburg, Erzbistum 29 f. Sander, Paul; Spangenberg, Hans 1121, 141112 Sangerhausen 95 Sattler, Christian Friderich 25 f., 173223 Scheible, Heinz 12767 Scheurl, Christoph ( f l 5 4 2 ) 185-187 Schiek, Siegwalt 2855 Schlesinger, Walter 43114, 472 Schliersee, Stift 29 Schmelzeisen, GustafK. 114f. Schmidt, Berthold 145122 Schoettgen, Christian; Kreysig, Georg 6893 Scholder, Klaus 2 Schreiner, Klaus 99197, 11828 Schulte, Aloys 2135 Sele, Henning, Observantenvikar der Franziskaner 83, 101 Sieglerschmidt, Jörn 714 Sigmund, Herzog von Österreich, Graf von Tirol (f 1496) 31 Siegmund, röm.-deutscher Kaiser (f 1437) 36, 11826 Silvio Piccolomini, Enea (s.a. Pius II.) 192f. Sitzenrode, Zisterzienserinnenkloster 135 Sixtus IV., Papst (f 1484) 33 Skalweit, Stephan 132 Smend, Rudolf 131 Speyer, Bistum 20—22 Ritter von Srbik, Heinrich 3 2 - 3 5 , 5022, 11517

Ortsregister

Stamm, Konrad, Guardian des Franziskanerklosters Saalfeld 82 von Staupitz, Johannes (f 1524) 10, 79137, 88, 101, 164-179, 185, 196 Stephan, Bernd 13078 von Stechow, Dietrich, Bischof von Brandenburg (f 1472) 38 Stieber, Joachim W. 3Ö86 Stievermann, Dieter 714, 2445, 2651, 87165, 141 Störmann, Anton 12660 Störmer, Wilhelm 2856 Stracke, Johannes C. 153182 Strasser, Hermann 11620 ter Straten, Fya, Klerikerkonkubine 19 Strauss, Gerald5f., 173 Summenhart, Konrad (fl502) 23 Teichmann, Lucius, O . F . M . 182258 Thieme, Hans 79137, 11514 Thomas von Straßburg O.E.S.A. (f 1357) 164'91 Trusen, Winfried 2445 Tübingen 25^, 87, 172 Türken 43, 67, 115 Turriani, Joachim, Ordensgeneral der D o m i nikaner 155159, 1 5 9 - 1 6 3 Ulrich V., der Vielgeliebte, Graf von Württemberg-Stuttgart (f 1480) 24, 26 Ulrich, Herzog von Württemberg (f 1550) 172 Urach 27 Vergerio, Pietro Paolo, päpstl. Nuntius ( t 1564) 137105 Virck, Hans 112" Vitus, Guardian des Franziskanerklosters Wittenberg 147 f. Volz, Paul, Abt des Benediktinerstifts Hügshofen 153153 Vorberg, Axel 156163 Wadding, Lucas 179, 183, 190 Walder, Ernst 15 Waldheim, Augustinerkloster 87 Walser, Fritz 11518 Walz, Angelus, O . P . 15515ä Wartenberg, Günther 157, 12762, 138 Wegele, Franz X. 98196 Wehler, Hans-Ulrich 11621 Wehrli-Johns, Martina 173224 Weijenborg, Reinhold 167 2 0 5 ,169-171, 174f. Weimar 62, 67, 107, 145 Weißensee 47, 6 4 - 6 6 , 107233

Namen-

und

Weißtanner, Alois 2957 Werminghoff, Albert 42107, 12456 Wernicke, Michael O.S.A. 172 Wettinisches Fürstenhaus, Bedeutung im Reich 96 Wien, Bistum 32 Wiener Neustadt, Bistum 32 Wiesflecker, Hermann 35f., 5020 WilhelmIV., Herzog von Bayern (fl550) 16 Wilhelm VI., Herzog von Jülich-Berg (f 1511) 18 Wilhelm III., der Tapfere, Herzog von Sachsen, Landgraf von Thüringen (f 1482) 9, 41, 46-111,113,120,129,132,134,152f., 193 Wilhelm I., Markgraf von Meißen (f 1407) 42 Willoweit, Dietmar 141113 Wimpfeling, Jakob (fl528) 22 Windesheimer Kongregation 34 Wintruff, Wilhelm48, 5124, 70f., 75 118 ,77 128 , 105 f. Wittenberg 79137, 124, 147f., 190f. Wolgast, Eike 12868

Ortsregister

221

Wolkan, Rudolf 193296 Worms - Bistum 20, 22 f. - Gravamina der deutschen Nation 125—127 - Rechtsreformation (1498) 79 - Reichstage 114f., 124 Wrede, Adolf 105222, 12660 Wülk, Johannes 2443 Württemberg, Grafschaft (Herzogtum) 17, 2 3 - 2 8 , 56 Würzburg, Bistum 25 Wunderlich, Paul 12456 Zeitz 80 Zeumer, Karl 5018 Zieschang, Rudolf 41104, 43112, 478 Zolter, Heinrich, Observantenvikar der Augustiner (f nach 1459) 94 Zumkeller, Adolar, O.S.A. 90 171 ,125 57 , 165193 Zwickau 122 Zwiefalten, Kloster 26

Sachregister Abendland 3, 36 Ablaß 10, 145 Absolutismus 4 7 Abt/Äbtissin 60, 135 f., 139 - Absetzung 136f., 139, 142f. - Belehnung 135 - Kritik 58, 65, 142 - Wahlen 135f., 139 Achterklärung 76 Adel 14 - und Bischöfe 21 35 - und Domkapitel 21 35 - und Klöster 62 - Patronatsrechte 25 47 Advocatus/advocatia 140, 141112, 142 s. a. Schutz und Schirm; Vogt/Vogtei Almosen 86, 1 4 6 - 1 4 8 , 149, 153 - Verweigerung 2653, 84, 147 Amortisation (obrigkeitliche Verfügungsgewalt über Kirchengeld und -gut) 108-110 A m t im Fürstenstaat 115f. - Fürstenhof als A. 185 - Patronage 62 Amtleute 71 f., 78, 86, 130, 135, 144, 155 - Pfarrer als A. 71 - als Verteidiger im Rechtsstreit 76 A n h ö r u n g von Beklagten 73 s. a. Prozeß - Prozeßführung Antichrist II 2 0 , 35 Antiklerikalismus 124 f., 143, 153 Appellation 91, 93, 161 f., 170214, 171 Archidiakon 17, 73 f. »Arme« 78, 126 A r m u t der M ö n c h e 57f., 102f., 107, 109f., 131, 149, 179 A u f r u h r 95, 103,120f., 137,150,152,195, 195 3oo Augustinereremiten in einzelnen O r t e n 10, 23, 87, 89, 152, 173 - General-, Kongregations-, Provinzialkapitel 164, 167 f., 170f. - Observantenkongregation 23, 87—101 Augustinerregel 100

Bann 72, 7 3 , n , 77 131 , 78, 83, 85 - Gemeinschaft mit Gebannten 72 - Bannandrohung 72, 90 Bauern 3, 47, 5, 8 Begräbnisse von Fürsten in Klöstern 23, 28, 98, 134, 139, 195 Behörden s.: A m t Beichtvater 131 Benediktinerklöster 58—64 Besserung 11, I I 2 0 , 4 7 , 5 0 , 6 4 f „ 68, 69, 72, 79f., 86, 100, 139, 195 s. a.: R e f o r m - M a ß n a h m e n zur B. 19, 25, 49, 64 f. Bettel der M ö n c h e 1 4 6 - 1 4 8 Beweis im Gerichtsverfahren 71 f. s.a.: Prozeß - P r o z e ß f ü h r u n g Bischöfe 60, 96, 197 - Abhängigkeit von Fürsten 20, 31, 39, 4 1 - 4 3 , 51 - Amtsgewalt 15, 133 - Fürsten als B. 21, 29 - Gegenwehr gegen Fürsten 77 - Gerichtsgewalt 16, 22, 73 f. - und >Glaubensspaltung< 4 8 - Gravamina der B. gegenüber R o m 127 f. - Gravamina gegenüber den B. 128 - Herrschaftsrahmen 16, 35, 45, 147 - Kritik an B. 121, 124f. - als Landesherren 41, 42106, 45, 63, 85, 96 - als Landstände 37 - Neutralität der B. 33 - und Papst 193 - als R e f o r m e r 85, 94, 1 2 9 - 1 3 3 - als Reichsstände 15, 53 - Schutzverträge mit Fürsten 15, 21, 40f. - Verhandlungen mit B. 53, 7 0 - 7 3 , 1 2 0 , 125 f., 128 - Wahl 20, 38 f. Bistümer s. a. unter den O r t s n a m e n - Einbindung der B. in die Territorien 20-22,24,28-30,32f„ 39-43,45,51,153 - Besetzung v o n B. 2446, 29 f., 32 f., 34, 38, 40, 42 f. Bittmessen 19 s. a.: Besserung

224

Sachregister

Brand der Eitelkeiten 69 Brüder vom gemeinsamen Leben 27 f. Bürgerschaft der Städte 148f., 151, 153f. Buße 19, 100, 115, 121 s. a.: Besserung — Maßnahmen zur B. Christus/Christenheit und Antichrist II 2 0 s. a.: Teufel - Nachfolge Christi 99 f. cura religionis 142 Demut s.: Humilitas Deutsches Reich - Bedrohung des D. 115 - Dualismus von Reichsfürsten 15 - Reichsacht 20 - Reichskonkordat 32, 36, 50 - Reichsregiment 16 - Reichstag 114f., 124, 127 - Verfassung des D. 6, 13, 29 - Zweiten Kaiserreich 2 Dispens von der Klosterordnung 132 Dispositio Achillea 141 Dogma s.: Kirche Dominikaner 154—163 - Kongregation der D. 155 - Provinzialkapitel 163 Domkapitel20f., 29, 42f., 146 Dualismus (Fürsten-Landstände/Bischöfe) 14f. Ehe - Ehebruch/Ehebrecher 19, 72, 121, 126 - eheliche Gemeinschaft 72 - Ehegerichtsbarkeit 71 f., 121 - Eherecht, Mißbrauch 121 f., 124 - Ehezucht 121 Eid 71, 122 s.a.: Prozeß - Prozeßführung Erbfolgekrieg, bayerischer 30 Evangelium 122, 128, 157 Exemtion von Bistümern und Klöstern 42, 96 Fasten 61, 114, 121 Fegefeuer 134 Fleischgenuß 57, 158 Franziskanerorden 10, 80ff., 179ff. - Franziskanerdisputation 190 f. - u n d F ü r s t e n l l , 8 0 - 8 6 , 1 4 9 , 152,181-183, 183-190 - Kongregations- und Provinzialkapitel 101, 184-187, 190 f. - Martinianer 179-184 - militia Franciscana 191

- Observanz im F. 23, 67 - in einzelnen Orten 23, 85161, 107, 148-152 - sächsische Franziskanerprovinz 85 l39 - Teilung des F. 10f., 190f. Friede im Lande 4813 Frömmigkeit 10 - der Fürsten s.: Fürsten Fürsten (Herrschaftsvokabuklar) - Fürsten des Landes 93 f., 194 - »wir . . . in unsen Landen« 18 - »princeps terrae« 3476 - »dominus marchio . . . vult« 3897 - »was ein m a r g g r a f . . . will« 39 - »herr im haus« 39 - »fürst des landes« 41106, 58 - »als vil wir . . . das zu thunde haben« 49 - » . . . und daz mit Volwurt und Wissen des Hochgebornen Fürsten und Hern« 5Ö46, vgl. 109 - »das Wir ye nicht schuldigk sind zu dulden« 73112 - »nach unnser Begerunge und auf unsern schütz und handhabung« 93 - »ist unßer ernstlich begern« 95186 - >oberster Hanthaber aller guten Wercke< 97 - »von Unser Fürstlichen Macht« 108 - »daz Uns als Lands-Fürsten zu wissen geburet« 108 - das ist »uns in kein weg leydelich... in unserm lant zcu dulden« 139 - Maßnahmen »dy uns als schotzhern und landes fürsten leydelich . . . sein« 139 - »das wolt der fürst haben« 143 - Maßnahmen »aus notfurderung und fürstlicher oberigkait, als uns zustehet« 144 - Drohformulierungen: - daß wir »in ander weise dawider mit ernste zu trachten nicht vorursacht werden« 142, 150 - »ne aliis oportunis remediis Seriem cogamur apponere« 160179 - »uf das uns nicht ursach gegeben, in ander Wege dareynzusehn« 176 Fürsten s. a.: Obrigkeit, Schutz und Schirm - absolute Herscher? 188, 192 - Arm der Kirche 91, 95, 114, 130, 162 - als christlicher Adel 8 - Frömmigkeit, persönliche24, 27, 97f., 192 - Frömmigkeit als Staats-Person (Staatsfrömmigkeit) 1, 130, 160 - handeln wie Bischöfe 20, 25, 69, 160 - Fürstenhaus, Wohl des 27, 54, 58 - und Papst 23f., 32f. - Herrschaftsrecht der F. 39, 52, 129, 182f.

Sachregister -

Klostergründer 86 Macht der F. 116, 118 Notvisitator 138 Obrigkeitspflichten 8f., 18, 22, 26 Ordensförderer 184265, 186 f. Ordensgesetzgeber 27f., 55—66 Patronatsrechte 25 principes in ecclesia 9, 160, 186 f. Rechtskontrolle durch F. 70 Reformanspruch 73, 89, 92, 94, 96, 99, 129 f., 132f., 134, 136, 159 - Reformpflicht, -recht 8, 18f., 30f., 49 - Reformer des Geistlichen 158 f. - Schutzverträge von F. mit Bischöfen 15 - Vermittler im Reformstreit 158, 172 f. - Verteidiger der R e f o r m 83, 97, 149, 152f., 155 f., 158, 1 8 1 - 1 8 3 - Vogteirechtes.: Vogt/Vogtei - Vorgesetzte von Geistlichen 65 - Wachsender Einfluß der F. 91, 96 Fürstenreformation 1, 3—5, 12, 34, 47f., 59, 61 - Abweisung der F. 159 - und Eigenreform der Kirche 189 f. - geistliches Fundament der F. 59, 91, 196 - Grenzen der F. 188 - und Herrschaft 9,19, 2 3 , 2 6 - 2 8 , 3 4 , 6 2 - 6 4 , l l O f . , 130, 153, 182, 186, 192 - Kontinuität der F. 87 f. - als Landesgesetz 49, 117 - und Landes wohl 27, 47,114,119, 152,186, 192 - Leitvorstellungen, politische 1,11, 27 f., 49,62, 75, 91,116f., 1 2 1 , 1 4 0 - 1 4 2 , 1 4 3 , 183, 186, 1 9 2 - 1 9 7 , 194 - als Realität der Politik 162 f. - Rechtfertigung der F. 151 f. - Reformgesetzgebung27f., 55—66, 113f., 118-121 - Reformgesetzgebung durch das Reich 114 f. - und Papsttreue 24, 35f., 91, 133 - P r o g r a m m der F. 9, 55 - und Seelenheil 23, 27 - durch Strafen und Z w a n g 26, 31, 34, 3897, 53,62, 65, 69, 84, 85f., 9 5 , 1 1 9 , 1 4 2 f „ 150, 187 - Unlauterkeit der F. 110, 154 - Wirtschaftsreform 47, 4812, 1 0 4 - 1 1 1 Fürstenkonkordate 36f., 39 Fürstenspiegel 22, 30 f. Gallikanische Freiheiten 37 Gebet 19

225

s.a.: Besserung - M a ß n a h m e n der B. Gehorsam 95, 121, 154 Geistlichkeit - A m t s f ü h r u n g 64 - A r m der weltl. Obrigkeit 30, 32, 82, 98 - Bildung der G . / d u r c h G. 61 - Elend der G. 12456 - Habsucht der G. 1 2 3 - 1 2 5 , 193 - Loyalitätskonflikte 55, 77 - und Obrigkeit 173 - Privilegien und Landesgesetze 55 - Richter s.: Richter, geistliche - Strafmaßnahmen gegen G. 126, 139108 - Untertanen des Landesherrn 35, 53—55, 86, 89, 188 - V e r m ö g e n s. a.: Spolienrecht 54 - Zucht der G. 47, 49, 58, 64, 118, 124, 137, 1 3 9 io8 Geld - als Buße 114, 1 2 1 - 1 2 3 , 125 f. - Geldgier der Kleriker 123 - Gerichtsgebühren 124 - Geld und E i g e n t u m im Kloster 57, 102, 131, 139, 145121, 153 - Geldwirtschaft 110 gemeiner M a n n 5, 146, 123, 1 5 3 , 1 5 6 - 1 5 8 , 160 gemeiner N u t z e n 4813, 79, 194 - Eigennutz 73 f., 117 Gericht - Appellation 51 - ausländische G. 51, 74, 76 - Fristen für geistl. Gerichts verfahren 70 f., 74 f. - geistliche G. 17, 22, 39, 5 1 - 5 3 - geistliche G. in weltl. Fällen 18, 39 f., 47, 120 - Gerichtsboten52, 5336, 55, 76f., 77125, 80, 86 - Gerichtsgebühren 70 - Hofgericht 22 - Kritik an geistl. G. 52, 70,114, 120,122f., 125, 128 - Kritik an weltl. G. 51 f., 70, 74, 75118, 76, 12351 - landesherrliche Schiedskommission 17, 24, 173 - Privilegium de n o n evocando 5125 - Privilegium fori 54 - R e f o r m der weltlichen G. 76 - Territorialisierung der G. 80, 195 - Verbot, geistl. G. anzurufen 74, 80138, 127 - Verkauf v o n G. 123, 126 - Verteidigung geistl. G. 128

226 - Verträge über die G. 70—73 - weltl. G. 16, 47, 71 Gericht, jüngstes 115 Gesetz - Gesetzgebung und moderner Staat 13, 115f. - Gesetzgebung und kirchl. Tradition 48 Gewalt 11932, 153, 195 - Gewalt gegen Reformen 145, 149 - >Plackereiverordnung( 120 Gott - Ehre 58 - Entehrung 49 - G n a d e 9 7 f . , 115, 130, 194 - Lob 52, 58, 82,117 - Lohn 49, 81'141 - Plagen 68 - Selbstbindung 99 f. - Schutz 50 - Schützer der R e f o r m 97, 193 - Strafe 49, 68, 114f., 117, 125 - U n g e h o r s a m gegenüber G. 113 - Wille50, 67f., 6895, 114 - Z o r n 1924 Gottesdienst 25, 27, 60, 64, 121, 130 - Aufrechterhaltung des G. 78 - Feiertagsheiligung 58f., 68, 113f., 126 - »geistlichs wesen« 30, 4813, 197 - mangelnder G. 124 - M e h r u n g des G. 34, 47, 48", 58, 62, 72, 84 f., 91,107,149,151,159,171,184 2 6 8 , 186, 193, 194 - O r d n u n g des G. 101 f. - »sunde meyden« 114, 121 Gotteslästerung 114f., 126 Gravamina 105, 1 2 0 - 1 2 8 , 148 Gregorianische R e f o r m 117, 193 Heil 117 - Heilsgemeinschaft 72 - Heils Verwaltung 117 Herrschaft 116f. Hinrichtung 69 Hochstift 15, 42 106 H o f r a t s o r d n u n g 11518 H u m a n i s m u s 36 83 Humiii tas 100 f. H u n g e r 115 Hurerei 69, 121 - Hurenhäuser 95 Hussitismus 3, 33 Industrialisierung 116 Interdikt 70f., 78, 124, 126

Sachregister

Irrtümer, geistliche 158 f. ius in sacra/ius circa sacra 16, 64, 142 ius reformandi 133, 196 Kaiser 36 85 , 50, 195 Ketzerei 12, 31, 159 Keuschheit 18f., 60 Kirche - Begrenzung der Kirchenmacht 73 - D o g m a der K. 3 - Freiheit der K. 22, 193 - Herrschaft der K. 129, 193 - Kirchengut 35, 54 - Kirchenleitung durch weltliche Obrigkeit 8 - Kirchenrecht 18, 73, 121 - Kirchenrecht als Landesrecht 114, 116 - Kirchenreform und Staatsreform 49 f. - Kirchenzucht 72, 121 - Kontrolle des Kirchenguts 35 - Kritik an der K. 52, 122 - Landeskirchen 42 - N o t s t a n d in der K. 8 - Verfall der K. 22, 136 - Versagen der K. 113f., 117, 130, 195 Kirchenregiment, landesherrliches 1 f., 7, 9, 14, 22, 28, 31 f., 38, 50, 76, 132f., 153, 193 - Ausweitung des K. 37, 40, 45, 50, 64 - dualistisches Kirchenregiment 7, 15 - in England 37 - in Frankreich 37 - Grenzen des K. 19 - und Konzil 50 f. - seit der Reformation? 7, 8 l 3 - und Staat 16 - als U n t e r j o c h u n g der Kirche 115 - als Zeichen des Verfalls 36 t e Kirchentag, evangelischer 2 Klausur 102, 131 Kloster - Abgabefreiheit23, 104f., 109f. - Arbeit im K. 57 - Aufsicht durch die Obrigkeit 18, 62, 96, 104f„ 106 - Dienstanforderungen an K. 57, 104f., 109 - als Herbergen 104f., 105223 - geistlicher Verfall 58 - K a m p f gegen Ordensunionen 171 - Klausur 131 - Klosterabgaben 23, 2651, 109 f. - Klostereinnahmen 57, 60 - Klosterfreiheit 60, 62f., 63, 7ä , 96, 139 - Klostergemeinschaft 60, 65 - Klostergut 18, 23, 59 f. - N e u o r d n u n g von Klostergut 107f., 109

Sachregister

- Klosterkleinodien85f., 176, 189 - Klosterordnungen 55—66 - Klosterreform 18, 23, 31, 62f., 75, 81,110, 129-134 - Klosterreform und Kirchenreform 58 - Klostersiegel 60 - Klosterzucht 18, 34, 62,100f., 130,132, 145, 159, 174 - Pröpste56f., 59f., 62, 65, 130 - Rechnungslegung der K. 57, 6683, 106-109, 107233 - Sanierung von K. 106f., 109 - schirmverwandte K. 24 - Wirkung nach außen 61, 80, 84, 86,182, 184265

- als Wirtschaftsfaktor 104, 109f., 135 - Wirtschaftsprobleme der K. 57, 104-111, 146 - geistl. Zentren im Territorialstaat 26, 60, 67, 153 Kongregation s.: Reformkongregationen Konzil23, 49f., 137, 196 Konkubinen/Konkubinat 18f., 69, 138 Konventuale Klöster 81, 87 - behindern die Reform 81 f., 89 f., 150 - Auflagen an die K. 84 Kurien in Rom - Abweisung von Ansprüchen der K. 44 f. - der Orden 88f., 91, 161, 168f. - Ordensprokurator an der päpstlichen K. 166 - päpstliche K. 91 - Unzuverlässigkeit der K. 39, 167, 174, 187 - Zusammenspiel von päpstlicher K. und Fürsten 18, 23, 35, 37, 4 3 - 4 5 , 147 Landesordnungen 14, 70, 112 ff. - a: thüringische Landesordnung (1446) 4 6 - 5 5 , 77, 120 - Bekanntmachung 47 - Kontrolle ihrer Einhaltung 47 - Verpflichtung der Fürsten auf 48 - b: sächsische Landesordnung (1482) 478 - c: sächsische Landesordnung (1498/99; projektiert) 59, 113-120, 121 Landes-(Reichs-)reform und Kirchenreform 49f., 58 Landesteilungen, sächsische - Altenburger Teilung (1445) 46 s. a.: Halle - Leipziger Hauptteilung (1485) 88, 112 - kursächsische Mutschierung (1513) 11618 Landesverweisung 69, 181 Landeswohl/-besserung20, 58, 61, 67—69, 81 f., 84f., 104, 130, 193f.

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- Landesschaden 114, 117 Landstände 4 6 \ 478, 55 - geistl. L. 26 - und Kirchenregiment 14 - und Reformation 14 f. - und Zentralgewalt 63 Landtage, wettinische47, 73, 113, 119f., 123, 125 f. Legitimation 194 s. a.: Fürsten (Herrschaftsvokabular) Lohn für gute Werke 97f., 187, 194 - Ungenügen der guten Werke 98 Lutherjubiläum 1917 2 3 Luxusmandate 478, 119 Martinianer s.: Franziskanerorden Messen 124 Mißstände in der Kirche 73, 124f., 195 Modernisierung 115—117 Mönche - Askese56f., 61 - entlaufene M. 62, 149f., 156, 170 - Einfluß auf das Volk 9 f., 83 - Erwartungen an die M. 153f. - gemeinsames Leben der M. 65 - gemeinsamer Tisch der M. 65 - Kritik an M. 147, 153, 160 - Mönchsgelübde 153 f. - Stellvertreter für Laien 60, 154 - Verantwortung für die Reform 65 Müßiggang 69 Neutralität der deutschen Fürsten gegenüber Papst und Konzil 32, 36, 43 Nominationsrecht der Fürsten s.: Präsentation durch Fürsten - >nominieren< (Begriff) 3893 Nonnenklöster - O r d n u n g für N . 5 5 - 5 7 Novizen 59, 101 Obedienz der Fürsten gegenüber dem Papst 32, 36f., 39, 43, 192f. Obrigkeit, weltliche 8, 118 s.: Fürsten - Kritik an Obrigkeiten 103 - als Laienstand 8 - Pflichten der O . 141 s.: Schutz und Schirm - Recht auf Kirchenleitung 8 - Wirtschaftskontrolle durch O . 108f., 110 s.: Amortisation; Kloster; Stiftungen Observanz (Begrifflichkeit, s.: 167205) - »privilegirte observancien« 88f., 93, 100

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Sachregister

- conventus reformati... »sub apostolicis privilegiis« 92177 - »bebstliche privilegia« 93f., vgl. 171 - »gemeyne observancien« 131 - »geistliche zucht und observacion« 135 - »heylige observantien« 157 - reformati fratres - irreformati fratres 160178, 161 - »sanctissima reformacio« 160178, 179 - sacra reformatio 161 - »regularis disciplina« 171 - »Refformation in Sachssen« 172 - »privelegiata observantia« 172220 - >regularis observantia< 172220 - >vita regularis< 178 - »observantes et exempti sive privilegiati« 178 - »observantia contra observantiam« 179 Observanz23, 34, 59, 81, 90, 108f., 118, 134, 139, 148, 163, 176, 187, 192, 196 - Abwehr der O. 167 f. - Behinderung der 0 . 81 f., 84,144 f., 156 f., 192 - Einhaltung der Ordensregel 81, 99—101, 104, 171, 188, 192 - Friedenspflicht der O. 103 - Gegenstand der O. 99 ff. - Heuchelei der O. 95, 149, 159 f. - Kritik an der O. 159f., 178, 189 - Schutz der O. 171, 174 - Theologie der O. 99 f. - Visitation durch Observanten 163 Öffentlichkeit 143, 148-154, 157, 160, 182 Orden - Ordensgeneräle90, 160f., 163, 165, 176 - Ordenskonstitutionen 100-104, 164f., 168, 179 f. - Ordensreform 9—11 s. a.: Kloster - Ordenregel 81 - Predigttätigkeit im O. 10 - Provinzen und Provinziale 91—93 - Struktur der Ordensreform 154 - Wirkung der O. nach außen 10, 61, 80 Ordnung, geistl. und soziale 118 - neue/alte O. 195 Papst 11, 32, 49f., 64, 86, 192, 196 - Engelspapst 195 - Kritik am P. 35 - Zugeständnisse des P. an Fürsten 36 f. Patenschaften 62 Patronat 18, 108 f. - Patronatsrechte 18, 25, 37

- Patron 34 - Patronatsaufgaben 62 f. - Pfarrstellenbesetzung 25, 61, 109 Pelagianismus 98 Pest 20, 115 Pfründen 54 - Pfründenschacher 124 Polemik gegen die Reform 95, 97,149, 151 f., 157 Polizeiordnung 47, 114 f. Prämonstratenser 18 Präsentation durch Fürsten - Besetzung von Bischofsstühlen 29, 32 f., 3 7 - 4 0 , 42f. - Besetzung von Domkapiteln 42 Pragmatische Sanktion 36 f. Predigt 10, 61, 102, 103 f. Priestereide 2444, 34 Privilegien 135 f. - apostolische P. 92 - Entzug von P. 83 - der Kleriker 124 - Privilegium fori 69 - Privilegienkommunikation 166 f. - Reformprivilegien 82, 88, 94 Pröpste s.: Kloter Prozeß 71 - Angemessenheit der Urteile 72, 123, 126 f. - Berechenbarkeit des P. 72, 78 - Prozeßführung 71 f., 73, 123 Prozessionen 19 s. a.: Besserung — Maßnahmen zur B. Räte, fürstliche 6685 Rechnungslegung in Klöstern 130, 132 Recht - geistliches R. 122 - geistl. Rechtsprechung 16, 18, 24, 37 - göttliches R. 8, 59 - Kirchenrecht als Landesrecht 114, 121 - Kontrolle des R. 35 - Kritik an der Rechtspraxis 73 - Menschensatzung 122 - Naturrecht 122 - Rechte der Fürsten 141 - Rechtshoheit 52 - Rechtspolitik 75 f. - Rechtsreformationen 14, 47, 52, 7 0 - 8 0 - Rechtssicherheit 70, 72 - Trennung der Rechtsbereiche 47, 70, 74 - Vereinheitlichung des R. 16 Reform - Beschränkung der R. 75 - und Einheit der Orden 171, 176, 190, 196

Sachregister -

Gegenstand der R. 99 ff. als Gegenstand der Politik 98, 192, 194 als Glaubenssache 158 f. an den >Gliedern< 187 von Kirche und Land 50, 67, 195 für die Laien 67—69 und Landeswohl 81, 195 der Mannsklöster 129 als Modernisierung 115 f. der Nonnenklöster 55-57, 129 und Öffentlichkeit 143, 148 ff. Partikularreform 75f., 195 Pervertierung der R. 139 des Priesterstandes 121, 153 des Rechtswesens 70 s. a.: Recht - Reform gegen Reform 188 - Reformkonstitutionen s.: Orden - Reformmandate 63, 82 - Scheitern der R. 73 - Sicherung der R. 8 2 - 8 4 - und Sittenzucht 118 - Struktur der R. 154, 163 - Theologie der R. 97 f. - Träger der R. 50 f. - Universalreform 75 - als Verdienst 97 f. - Verwässerung der R. 85161, 102, 138, 163 - Widerstand gegen die R. 81, 83f., 8 8 - 9 1 , 95, 97, 134f., 149, 155-158, 169 - Ziele der R. 56 Reformation (Begrifflichkeit) - reformatio 10, 34, 6376, 79, 88 - reformación 11, 136, 148, 158 - reformare 39 97 , 79137, 82 H3 , 156161 - reformirn 30, 49, 133, 138™ - »geistlichs w e s e n . . . fuderen . . . und wider pringen« 31 - »wieder zu redlicher geistlicher Regierung« bringen 49 - »in ein vollkommen recht Wesen« setzen und schicken 4913 - » wieder in recht Wesen und O r d n u n g e . . . schicken« 58 - »reformatien« 63 7 ' - »Widderbrengunge geistlicher Ordenunge« 6375 - » i u x t a . . . antiquam institutionem . . . « reformare 6377 - >totalis reformatio ecclesiae< 75120 - reformatio particularis »incivitateecclesiae« 75 120 -

» r e f o r m a c i ó n der Statut u n d g e s e t z e « 7 9

- »zeendern und zebessern, auch neue und

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mer andre gesetze... zetun und furzenemen« 79 - »in eine rechte Bestellung und regierunge . . . nach den Regiln . . . brengen« 81140 - »in geistlichim leben vorbessern« 89™ - >reguliren< 130 - »inn besser wesen stellen« 138108 - »sanctissima reformacio« 160 178,179 Reformation des 16. Jahrhunderts 1,9, 11 f., 118, 138, 157, 192, 196 - Anliegen und Begriff der R. 6, 11 - Auslieferung der Kirche an die Fürsten 3, 4 7 - Begeisterung für die R. 5 - Durchbruch des Germanischen 6 - Einfuhrung der R. 1, 15 - Erbe der R. 1 f. - Gefährdung durch die R. 2, 3, 5 - Gemeindereformation 5, 8 - durch Gottes Wort 11 - Indoktrination durch die R. 5 - durch Laien 8 - Scheitern der R. 5 - und Sittenzucht 119 - als Unglück und Unrecht 4 f. - Unterdrückung der R. 1, 12, 14 - Volksbewegung 3—5 - wahre Reformation 4—6 - Zuträglichkeit der R. für Deutschland 2 f. Reformationen 56 s. a.: Recht - Reformatio Sigismundi 118 Reformatoren/reformatores 815, 34f., 79, 13596, 185270 Reformkongregationen 88f., 139108, 154 - der Augustiner 9, 87-101, 163-179 - lombardische Kongregation der Augustiner 164, 166 f. - der Dominikaner 9, 154—163 - der Franziskaner 9, 8 0 - 8 6 , 149, 179-191 - Kongregationskonstitutionen der Augustiner 164 f. - Kongregationskonstitutionen der Franziskaner 179 f. - und Gesamtorden 168f., 180 - Verfassung der R. 101, 164f. Religio 192, 194 Richter - geistliche R. 22, 24, 52, 71, 73, 120 - unparteiische R. in Deutschland 174 Schuld 71 s.a.: Prozeß - Prozeßführung Schulden 48 12 , 60

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Sachregister

Schutz, Schirm, Verteidigung (Begriff) - »schützen und vorteidingen« 41, vgl. 84 l 3 7 - »schütz« 41 1 0 6 - »vorteydung« 4 1 1 0 6 , 1 1 ™ - »verdedigung« 141 1 1 2 - »schirm« 41'106 - »gnädiger Herr« 41 - »handhaben« 63 - verteidingen und hanthaben 83 - schütz unnd handhabunge 93 - »in unnsere verteyding« nehmen 93 1 7 9 - »regiren und beschutczin und beschirmen« 130 7 7 - >zu handhaben, zu schützen und zu verteidingen/schirmen< 8 4 1 " , 141 - »tueri et manutenere« 153 1 4 9 Schutz und Schirm durch die Obrigkeit 34, 52, 55, 62, 64, 78, 87, 1 3 9 - 1 4 2 , 146 - Schutzverträge zwischen Fürsten und Bischöfe 15, 21, 40 f. - Schutzverweigerung 86, 95 Schweigegebot in Klöstern 131 Sekundogenitur21, 29 Sendgericht 72 Simonie 59, 124 Sitte - Sittenmandat 119, 194 - Sittenvergehen 19, 119 - Sittenzucht 19, 47, 6 0 f . , 64, 6 7 - 6 9 , 72, 1 1 8 - 1 2 0 , 154, 193 f., 195 Sozialkontrolle 103, 118 - der Fürsten und Herren 118 2 6 - soziales Handeln 119 Speiseordnung in Klöstern 5 6 f . , 61 - gemeinsamer Tisch 60 Spiel u m Geld 47, 69, 118 Spolienrecht 54 (Einziehung der Hinterlassenschaft von Geistlichen durch die Obrigkeit) Staat - Ausschaltung fremder Herrschaften 182 f. s. a.: Bistümer - Einmischung des St. in die Kirche 25 f. - Finanzen und Kirchengut 29, 48 1 2 - geistliche Zentren 26 - und Gerichtshoheit 16, 129 - Gesetzgebung und Verwaltung 13 - und Kirchenregiment 16, 64, 195 - Konsolidierung und Arrondierung 32 - mittelalterlicher St. 13 - moderner St. 4, 13 - Staatswerdung 13, 20 - als Strafinstanz 49 - >Verdichtung< der Staatstätigkeit 13

- Verfassung 14—16 - Verstaatung 118, 193 - Zentralismus 4, 104 Städte - landsässige St. 14 - und Mönchsreform 173f., 188 - Repressalien von St. gegen Geistliche 173 2 2 5 Stationierer 146 f. Steuerrecht der Fürsten 41 Stiftungen für geistliche Z w e c k e 108 f. Strafe 49, 90, 114, 119, 124 s . a . : Geld — als B u ß e - Straftaten 117 - Unzuchtsgeld 72 Sünde 1 1 3 f „ 117, 121 - ratio peccati 117 Tanz 118 Temporalien der Geistlichkeit S3 36 , 54, 77, 125, 135, 139 Termineien 10, 85 1 6 1 , 102, 147 f. Territorium 17, 79, 141 1 1 3 , 147f., 194 Teufel 117, 119 - Christus oder T . 177 f. - Eingebung des T . 1 1 9 , 1 5 8 f . , 1 7 8 , 1 8 1 f., 182 2 5 6 Tradition und Modernisierung 117 Trinken/Zutrinken 69, 118f., 121, 124 Tugendrose 24 Ungehorsam 95 Unionen der Ordenszweige 154ff., 158, 160, 163, 169 ff., 179 ff., 184 ff., 188, 196 - Erfolg von U . 190 - mit/ohne Fürstenhilfe 164, 176, 1 8 5 - 1 8 7 - und/oder R e f o r m 162f., 169, 171, 177, 180 - der Reformierten 1 6 4 - 1 6 7 , 180f., 190 - Scheitern der U . 176, 183, 188, 192 - S t r u k t u r d e r U . 162f., 174f., 1 7 7 , 1 7 9 , 180, 183, 189 - Verbot von U . durch weltl. Obrigkeiten 1 7 3 - 1 7 6 , 181 f. - als Vorwand 161, 177 - WiderstanddegenU. 161, 169ff., 177, 181 ff., 188 Untertanen 4, 53, 63 - Christen als U . 61 - Gehorsam der U . 53—55, 118 - Geistliche als U . 23, 30, 5 3 - 5 5 , 6 3 , 1 0 5 , 141, 146, 148 - Reform der U . 47, 61, 6 7 - 6 9 - Schädigung der U . 73

Sachregister Unzucht 137, 193 s.a.: Sitte - Sittenzucht - Unzuchtsgeld 126 Utopie 195 f. Verdienst, geistliches 97 f. Vermittlung zwischen den Gerichtsbarkeiten 22, 24 Verwaltung und Staat 13 s. a.: Ämter, Amtleute via moderna 116 Vikar/Vikariat der Observanten 81 f., 87 f., 90, 92, 95, 139 108 , 154f., 165, 179, 189 - im Dienste von Fürsten 92—94, 184 - als Provinzial 1 7 0 - 1 7 2 , 178 Visitation 16, 66 85 , 129, 134f., 1 3 6 - 1 3 9 , 163 - durch Äbte 134, 138f., 144 119 - durch Bischöfe 16, 133, 137 f. - auf Anordnung von Päpsten 63, 137 - im Beisein weltl. Räte 35

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- Versagen der V. 134f., 137, 143f. - Visitationsbullen, päpstliche26, 30f., 35, 138 - Visitationsrecht innerhalb der Orden 165 - Visitatoren 132, 134, 1 3 6 - 1 3 8 , 142f., 145 - Widerstand gegen V. 138 107 - mit Wissen der Fürsten 1 3 5 - 1 3 7 , 144 Vogt/Vogtei 30, 35, 63f., 1 3 9 - 1 4 2 - Landesherr als Erbvogt 35 Weltklerus 16, 18 Weltkrieg, erster 1, 2 5 Werke, gute 19f., 49, 113, 121 s.a.: Besserung - Maßnahmen zur B . Wucher 69, 119, 149 Zeugen 71 f. s.a.: Prozeß - Prozeßführung Zins-/Pachteinkünfte 77 f., 1 0 4 , 1 0 8 - 1 1 0 , 1 3 5