Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System: Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft, verdeckte Gewinnausschüttung [1 ed.] 9783428498598, 9783428098590

Der Autor versucht zu zeigen, daß zentrale Rechtsfiguren des Unternehmenssteuerrechts als bewegliche Systeme im Sinne Wi

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German Pages 217 Year 1999

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Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System: Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft, verdeckte Gewinnausschüttung [1 ed.]
 9783428498598, 9783428098590

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JENS PElERSEN

Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System

Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 62

Untemehmenssteuerrecht und bewegliches System Betriebsaufspaltung, Mituntemehmerschaft, verdeckte Gewinnausschüttung

Von Jens Petersen

Duncker & Humblot . Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Petersen, Jens:

Unternehmenssteuerrecht und bewegliches System: Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft, verdeckte Gewinnausschüttung I von Jens Petersen. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Steuerrecht; Bd. 62) ISBN 3-428-09859-5

Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH. Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH. Berlin Printed in Germany

© 1999 Duncker &

ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-09859-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 97069

Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Dieler Medicus ::UI1l 70. Geburtstag

Vorwort Die vorliegende Abhandlung versucht zu zeigen, daß zentrale Rechtsfiguren des Unternehmenssteuerrechts als bewegliche Systeme im Sinne Wilburgs verstanden werden können und auch die Rechtsprechung hier teilweise schon unausgesprochen nach den Regeln des beweglichen Systems judiziert. Zugleich wird damit erstmals der Versuch unternommen, einen in der juristischen Methodenlehre etablierten Ansatz für ausgewählte Teilbereiche des Steuerrechts fruchtbar zu machen. Damit soll zur systematischen Fundierung und Legitimation dieser drei besonders kontrovers diskutierten Erscheinungen des Unternehmenssteuerrechts und ihrer Binnenbeziehungen beigetragen werden. Die ersten Anregungen zur Auseinandersetzung mit der Lehre vom beweglichen System verdanke ich einem Grundlagenseminar zur juristischen Methodenlehre bei Herrn Professor Dr. Dr. h.c. mult. Claus-Wilhelm Canaris. Herrn Professor Dr. IVo((gang Schön danke ich sehr herzlich für wertvolle Kritik und wichtige weiterführende Hinweise. Herr Dr. Andreas Thier M.A. hat mir nicht nur bei der Erstellung der Druckvorlage unschätzbare Hilfe geleistet, sondern vor allem auch die Entstehung der Arbeit in vielen intensiven Diskussionen begleitet. Für seinen Rat aus der Praxis danke ich Herrn Rechtsanwalt Hubertus Prin= =u Hohenlohe-Langenbllrg. Meinem Freund und ehemaligen Kollegen Dr. Ame Helms danke ich für die Durchsicht großer Teile der Rohfassung. Mein ganz besonderer Dank gilt den beiden Herausgebern, Herrn Professor Dr. Joachim Lang und Herrn Professor Dr. Jens Peter Meincke, für die freundliche Aufnahme dieser Abhandlung in die Schriften zum Steuerrecht. Ich widme die Arbeit Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Dieter Medicus zum siebzigsten Geburtstag. Es ist ein bescheidenes Zeichen meiner tief empfundenen Dankbarkeit für seine jahrelange Förderung und perrnanente Hilfsbereitschaft.

München, im März 1999

Jens Petersen

Inhaltsübersicht Einleitung ...................................................................................................................... 21 Erster Teil Die systematischen Grundlagen

27

§ 1 Die Lehre vom beweglichen System ........................................................................ 27 I.

Darstellung und Rezeptionsgeschichte ............................................................. 27

H.

Weitere Anwendungsbereiche .......................................................................... 30

§ 2 Das bewegliche System im Unternehmenssteuerrecht ............................................. 32 I.

Der Systemgedanke im Steuerrecht .................................................................. 32

11.

Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung ................ 39

Zweiter Teil Die einzelnen Ausprägungen

46

§ 3 Die Betriebsaufspaltung ........................................................................................... 46 I.

Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund .......................................................... 47

II.

Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung ..................................... 58

BI. Die Analyse der einzelnen Elemente ................................................................ 76

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System ............................................... 100 J.

Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG ............................................................. 102

IJ.

Die Mituntemehmerschaft - ein Typusbegriff? - Bewegliches System und Typus ....................................................................................................... 110

III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen ............................... 117

Inhaltsübersicht

10

IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems ........... 128 V. Das "Sonderbetriebsvennögen II" im Lichte des beweglichen Systems ........ 137 § 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System ................ 143

I. II.

Rechtsfolgenorientierte Betrachtung der Betriebsaufspaltung und Mitunter-

nehmerschaft ................................................................................................... 143

Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung ......... ...................................... 145

III. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System? ....... 151 IV. Zusammenfassung ...................................................... .................................... 155 § 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System ................................. 157

I.

Tatbestandsmäßigkeit und verdeckte Gewinnausschüttung ............................. 158

II.

Rechtsfolgenorientierte Betrachtung .............................................................. 163

111. Die Entwicklung des "Tatbestandes" .............................................................. \67 IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung .................................... .... 176 V. Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung ................... \86 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ........................................................ 192 Literaturverzeichnis ................................................................................................... \97 Sachverzeichnis ........ ....... ........ ..................... ........ .............................. ........ ................. 2\ \

Inhaltsverzeichnis Einleitung ....... ..................... .. ............ ................................................ .. .......................... 21 Erster Teil Die systematischen Grundlagen

27

§ I Die Lehre vom beweglichen System ........................................................................ 27 /.

Darstellung und Rezeptionsgeschichte .................. ................... .. ....................... 27 I. Die Grundgedanken Wilburgs ....................................................................... 27 2. Bewegliches System und "Sandhaufentheorem" .......................................... 29 3. Die ursprüngliche Anwendung im Schadensersatzrecht ............................... 29

11. Weitere Anwendungsbereiche ........................................................................... 30 § 2 Das bewegliche System im Unternehmenssteuerrecht ............................................. 32 /.

Der Systemgedanke im Steuerrecht ................................................................... 32 I. Die steuerwissenschaftlichen System lehren ...................................... ............ 33 a) Der Ansatz von Tipke ............................................................................... 33 b) Die Begründung des Analogieverbots durch Flume ......... ......... .. ............ 34 c) Die differenzierende Haltung von VogeL ............................................... 35 d) Die Konzeption von Kirchhof. ................................................................. 36 2. Folgerungen für das bewegliche System ....................................................... 38

11. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung ................. 39

12

Inhaltsverzeichnis Zweiter Teil

Die einzelnen Ausprägungen

46

§ 3 Die Betriebsaufspaltung ...................................................... ........ ........ ... .................. 46

I.

Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund ...................... ............. ........... ............. 47 I. Die Betriebsaufspaltung im Nationalsozialismus .......................................... 48 2. Fortgeltende Prinzipien? ............................................................................... 49 3. Der methodologische Rang der Betriebsaufspaltung .................................... 53 a) Die Betriebsaufspaltung als Rechtsfigur bzw. Rechtsinstitut ................... 54 aa) Kritische Stimmen ............................................................................. 54 bb) Stellungnahme ................................................................................... 54 b) Die Kriterien Savignys ............................................................................. 56 c) Ergebnis ................................................................................................... 56 4. Die Alternativkonzeption von Knobbe-Keuk ... .................. ........................... 57 a) Die Betriebsaufspaltung als Betriebsaufgabe ........................ ................... 57 b) Kritik ........................................................................................................ 57

H. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung ...................................... 58 1. Zum Tatbestand der Betriebsaufspaltung ........................................... ........... 59 a) Die angebliche Tatbestandslosigkeit ........................................................ 59 b) Der Anknüpfungspunkt für das bewegliche System ................................ 59 2. Rechtsfolgenorientierte Betrachtungsweise .................................................. 61 a) Die Umqualifizierung der Einkünfte ........................................................ 61 b) Die Schaffung eines neuen Gewerbesteuertatbestandes ........................... 62 aa) Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung ............... 63 bb) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ........................ 64 ce) Kritik und eigene Ansicht... ............................................................... 65 c) Erfolgsneutralität und Gewerbesteuerpflicht... ......................................... 69 aa) Die erfolgsneutrale Behandlung der Betriebsaufspaltung .................. 69

Inhaltsverzeichnis

13

bb) Der Ausgleich zwischen potentiellen Vor- und Nachteilen als Gerechtigeitskriterium? ..................................................................... 70 d) Merkmalübertragung bei der Betriebsaufspaltung? ................................. 72 aa) Der Standpunkt der Rechtsprechung ................................................. 72 bb) Kritik und Würdigung im Lichte des beweglichen Systems .............. 73 IlI. Die Analyse der einzelnen Elemente ........... ..... ................................................. 76 I. Sachliche Verflechtung und wesentliche Betriebsgrundlage ................ ........ 80 a) Die wertende Betrachtungsweise und das bewegliche System ................ 80 b) Die Kasuistik zur "wesentlichen Betriebsgrundlage" als Anhaltspunkt für die Beweglichkeit des Systems ........................................................... 81 aal Die Rechtsprechung zu Gebäuden und Grundstücken ....................... 82 bb) Übertragung auf das bewegliche System ........................................... 83 cc) Zwischenbilanz .................................................................................. 83 2. Personelle Verflechtung und einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille 84 a) Beteiligungsidentität und Beherrschungsidentität... ................................. 85 aal Die Beteiligungsidentität im Lichte des beweglichen Systems .......... 85 bb) Beherrschungsidentität und geschlossene Personengruppe ............... 86 (I) Ausprägungen und Mehrheitsverhältnisse als systemkonstituierende Strukturen ....................................................................... 87 (2) Das Zusammenspiel der Elemente ............................................... 87 b) Die Zurechnungsproblematik bei Kindern und Ehegatten ....................... 88 aal Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Lichte des beweglichen Systems ......................................................................... 89 (I) Die kombinatorische Methode bei der Würdigung der Beweis zeichen ......................................................................................... 89 (2) Die Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Mittel als Prinzip ......................................................................................... 91 bb) "Wiesbadener Modell" und bewegliches System .............................. 91 (I) Die kritische Zuspitzung des Modells .......................................... 92 (2) Lösung nach den Regeln des beweglichen Systems ..................... 92 (3) Das Wiesbadener Modell im Todesfall ..................... .. ................. 94

14

Inhaltsverzeichnis cc) Zwischenergebnis .............................................................................. 94 c) Besonderheiten bei der unechten Betriebsaufspaltung ............................. 95 d) Beendigung der Betriebsaufspaltung im Lichte des beweglichen Systems .................................................................................................... 98 3. Ergebnis ..... .. .... .. ........................................................................................... 99

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System ............................................... 100 I.

Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG ..................... ........ ..... .... .... .................... \02 I. Die ratio legis des § 15 I Nr. 2 EStG .......................................................... 104

a) Gleichstellungsthese versus Zurechnungsthese ...................................... 104 b) Die Kritik von Fischer ........... ................................................................ 105 c) Stellungnahme ....................................................................................... 106 2. Folgerungen für den Mitunternehmerbegriff.. ............................................ 107 11.

Die Mitunternehmerschaft - ein Typusbegriff? - Bewegliches System und Typus ....................................................................................................... 110 I. Der Lösungsansatz von F. Bydlinski ..... .. ....................................... ............. I II

2. Die Lehre vom Typus ........................ .. .................... ................................... I I I a) Der Typus im Allgemeinen .................................................................... I 12 b) Der Typus im Steuerrecht ................................................ ..... ................. 112 c) Kritik ...................................................................................................... 113 3. Diskussion und vorläufige Zuordnung der Mitunternehmerschaft ............. 114 a) Vergleichende Betrachtung .................................................................... 114 b) Übertragung auf die Mitunternehmerschaft ...... .. ................................... 115 c) Zwischenergebnis .................................................................................. I 16 HI. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen ................................ 117 I. Das Mitunternehmerrisiko .......................................................................... 118 a) Beteiligung an Gewinn und Verlust.. ..................................................... 118 b) Die Beteiligung an den stillen Reserven ................................................ 119 2. Die Mitunternehmerinitiative ...................................................................... 120

Inhaltsverzeichnis

15

a) Die im Schrifttum bestehenden Zweife\... ....................... ....................... 121 b) Die Herleitung des Maßstabs aus dem Gesetz ...... ................................. 122 c) Folgerung ............................................................................................... 124 3. Mitunternehmerinitiative ohne Mitunternehmerrisiko oder umgekehrt? .... 124 a) Das Auftreten eines einzelnen Elements "in besonderer Stärke" ........... 125 b) Kritik an der Konzeption Wilburgs ........................................................ 125 c) Modifizierung der Lehre vom beweglichen System .............................. 127 d) Folgerung für die Mitunternehmerschaft ............................................... 127 IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems ............. 128 I. Die "faktische" Mituntemehmerschaft... ..................................................... 129 a) Die bisherige Auslegung ........................................................................ 129 b) Die Rückbesinnung auf § 15 I NT. 2 EStG und § 705 BGB durch die neue Rechtsprechung ....................................................................... 130 c) Bewertung im Hinblick auf das bewegliche System .............................. 13 1 2. Mitunternehmerschaft in Familiengesellschaften ........................................ 132 a) Die MitunternehmersteIlung von nahen Angehörigen ........................... 133 b) Gegenstimmen aus der Literatur ............................................................ 134 c) Bewertung sub specie bewegliches System ........................................... 135 d) Zusammenfassung .................................................................................. 136 V. Das "Sonderbetriebsvermögen II" im Lichte des beweglichen Systems .......... 137 1. Tatsächliche Ausprägungen und kritische Grenzfälle ................................. 138 a) Grundkonstellationen ............................................................................. 138 b) Sonderbetriebsvermögen II kraft Sachzusammenhangs? ....................... 139 2. Die Interpretation als bewegliches System ................................................. 140 § 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System ................ 143 I.

Rechtsfolgenorientierte Betrachtungder Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft ................................................................................................... 143 1. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung ............... .......................................... 144

16

Inhaltsverzeichnis 2. Rechtsfolgen bei der Mitunternehrnerschaft ............................................... 144 3. Zwischenbilanz ..................................................... ...................................... 145 II. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung ............ .. ... ................... ...... ...... 145 1. Vorrang der Betriebsaufspaltung ............................... ................................. 146 2. Vorrang der Mitunternehmerschaft... ...... .. ................ .................................. 146 a) Die Begründung der Rechtsprechung .................................................... 147 b) Kritik ...................................................................................................... 147 3. Die erneute Kehrtwende .............................................................................. 148 a) Die neue Rechtsprechung ....................................................................... 149 b) Kritik und Stellungnahme ...................................................................... 150 III. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System? ........ 151 I. Die Elemente bei der mituntemehmerischen Betriebsaufspaltung .............. 152 2. Die Entscheidung "nach gelenktem Ermessen" ............... ..... ........ .............. 153 a) Wahlrecht des Steuerpflichtigen? .......................................................... 153 b) Die Rechtsprechung des BFH im Lichte des beweglichen Systems ...... 154 IV. Zusammenfassung ................................................. .. ......................................... 155

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System ...................... ..... ...... 157 I.

Tatbestandsmäßigkeit und verdeckte Gewinnausschüttung ............................. 158

JI. Rechtsfolgenorientierte Betrachtung ................................................................ 163 1. Die Rechtsfolgen für die Körperschaft: § 8 1II 2 KStG .............................. 163

2. Die Rechtsfolgen für den Gesellschafter: § 20 EStG .................................. 164 3. Die Fiktionstheorie im Lichte des beweglichen Systems ............................ 165 a) Die Grundaussage der Theorie ............ ................................................... 165 b) Fiktion und bewegliches System ............................................................ 166 111. Die Entwicklung des "Tatbestandes..................................................... ........... 167 1. Der "ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter" als Denkfigur .......... 167

Inhaltsverzeichnis

17

a) Der Sorgfaltsmaßstab ............................................................................. 168 b) Die Denkfigur als Prinzip des beweglichen Systems? ........................... 169 2. Subjektive Voraussetzungen im beweglichen System? .............................. 169 a) Die subjektive Theorie ........................................................................... 170 b) Bewertung aus Sicht des beweglichen Systems ..................................... 171 3. Die "neue" Formel der Rechtsprechung im beweglichen System ............... 172 a) Die neue Formel der Rechtsprechung .................................................... 172 b) Würdigung aus der Sicht der Lehre vom beweglichen System .............. 174 4. Abschließende Betrachtung der Tatbestandskonzeption ............................. 175 IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung ......................................... 176 I. Gewinnminderung als verhinderte Vermögensmehrung ............................. 176 a) Die Gesellschaftsebene .......................................................................... 176 b) Die Gesellschafterebene ......................................................................... 177 2. Angemessenheit und Fremdvergleich ......................................................... 178 3. Die Zuwendung causa societatis ................................................................. 180 4. Die eindeutige Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Vertrages ..................................................................................................... 182 5. Der fehlende Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung als Element? ..................................................................................................... 184 6. Das Zusammenspiel der Elemente .............................................................. 184 V. Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung .................... 186 I. Der Zusammenhang zwischen beiden Rechtsinstituten .............................. 187 2. Die Rolle des beweglichen Systems ............................................................ 188 3. Das Nachzahlungsverbot im beweglichen System ...................................... 189 Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse ........................................................ 192 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 197

Sachverzeichnis ........................................................................................................... 211

2 Pclersen

Abkürzungsverzeichnis AcP

Archiv für die civilistische Praxis

AO

Abgabenordnung

BFH

Bundesfinanzhof

BFHlNV

Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BFHE

Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

BMF

Bundesminister(ium) der Finanzen

BStBl

Bundessteuerblatt

BVerfGE

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

OB

Der Betrieb

ders.

derselbe

DStB\.

Deutsches Steuerblatt

DStR

Deutsches Steuerrecht

DStZ

Deutsche Steuerzeitung

DStZ/E

Deutsche Steuerzeitung/Eildienst

ErbStG

Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz

EStG

Einkommensteuergesetz

FinArch.

Finanzarchiv

FR

Finanz-Rundschau

GbR

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

GewStDV

Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung

GewStG

Gewerbesteuergesetz

h. L.

herrschende Lehre

h. M.

herrschende Meinung

i.S.d.

im Sinne des/der

INF

Die Information über Steuer und Wirtschaft

Jb.

Jahrbuch

JbFSt.

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht



20

Abkürzungsverzeichnis

RFH

Reichfinanzhof

RFHE

Sammlung der Entscheidungen des Reichfinanzhofs

RStBI

Reichssteuerblatt

Rz.

Randziffer

StbJb.

Steuerberaterjahrbuch

StuW

Steuer und Wirtschaft

UmwG

Umwandlungsgesetz

UmwStG

Umwandlungssteuergesetz

vGA

verdeckte Gewinnausschüttung

vgl.

vergleiche

VJSchrStFR

Vierteljahresschrift f1ir Steuer- und Finanzrecht

WM

Wertpapier-Mitteilungen

WPg

Die WirtschaftspTÜfung

ZGR

Zeitschrift f1ir Untemehmens- und Gesellschaftsrecht

ZHR

Zeitschrift f1ir das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Einleitung Die Lehre vom beweglichen System gehört zu den großen Entdeckungen der juristischen Methodenlehre. Ihr Begründer, Walter Wilburg, hat das bewegliche System zunächst am Beispiel des Schadensrechts 1 entwickelt. Bei einem so grundlegenden methodologischen Beitrag stand jedoch die Möglichkeit der Anwendung auf andere Rechtsgebiete stets im Raume und wurde auch immer wieder unternommen. C Indessen ist das Steuerrecht davon bislang ausgenommen. Dabei ist gerade dort die Annahme besonders naheliegend, daß es bewegliche Systeme gibt, bei denen die einzelnen Elemente und Kräfte je nach der Eigenart des konkreten Falles unterschiedlich stark zutage treten und je nach dem die danach in Frage kommende Rechtsfolge eintritt oder nicht. Freilich steht gerade im Steuerrecht der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung mahnend im Hintergrund, wonach die Besteuerung immer nur an einen gesetzlich fixierten Tatbestand anknüpfen kann und nicht beliebig neue Besteuerungstatbestände geschaffen werden dürfen. Diese Grenze muß auch beim Versuch, das bewegliche System ftir das Steuerrecht fruchtbar zu machen, beachtet werden. Die vorliegende Abhandlung hat aber innerhalb dieses Rahmens bewußt nur einen verhältnismäßig kleinen Teilbereich zum Gegenstand und versucht zu zeigen, daß gerade im Unternehmenssteuerrecht seit geraumer Zeit Figuren existieren, die am besten als bewegliche Systeme verstanden werden können. Dabei handelt es sich durchweg um praktisch besonders wichtige, dogmatisch hingegen auffallend rätselhafte Erscheinungen, die bislang eher als notwendige Übel denn als systematisch einzuordnende 3 und womöglich sogar aufeinander Bezug nehmende Phänomene galten. Die Rede ist von der Betriebsaufspaltung, der Mitunternehmerschaft und der verdeckten Gewinnausschüttung. Für die beiden ersteren liegt die Interpretation

Die Elemente des Schadensrechts, 1941. Vgl. nur den Sammelband "Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht", (hrsgg. von F. Bydlil/ski), Wien 1986. J Schon 1974 konstatiert Tipke im Vorwort von Lal/g, Systematisierung der Steuervergünstigungen: "Die Systematik des besonderen Steuerrechts steckt noch in den Kinderschuhen." Über die hier behandelten Rechtsfiguren des Unternehmenssteuerrechts läßt sich auch 25 Jahre später trotz vieler verdienstvoller Untersuchungen kaum etwas Besseres sagen. I

2

Einleitung

22

als bewegliche Systeme vergleichsweise nahe: Von einer Betriebsaufspaltung mit weIchen Folgen, wird zu behandeln sein - spricht man, wenn eine personelle und sachliche Verflechtung zwischen Betriebs- und Besitzunternehmen vorliegt. 4 Statt der personellen Verflechtung ist der Begriff des "einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens" in der Rechtsprechung herrschend geworden 5, die sachliche Verflechtung wird als Löertragung wesentlicher Betriebsgrundlagen verstanden. Beide können als Elemente des beweglichen Systems "Betriebsaufspaltung" interpretiert werden. Immerhin besteht keine - und erst recht keine gesetzlich vorgeschriebene - Größe für die Intensität, mit der die einzelnen Kräfte im konkreten Fall wirken müssen. Vielmehr steht die Betriebsaufspaltung gerade in dem Verdacht, daß die besagten Merkmale zu dehnbar seien, als daß sie dogmatisch Konsistenz haben und die daraus hergeleiteten Rechtsfolgen legitimieren könnten. Im Rahmen der Betriebsaufspaltung wird nämlich auch das angesprochene Problem begegnen, daß mit ihrer Hilfe unliebsame Steuerfolgen in Gestalt der Gewerbesteuer entstehen können. Auch die Mitunternehmerschaft weist bereits prima vista Züge eines beweglichen Systems auf: Die Rechtsprechung stellt für ihr Vorliegen seit jeher auf Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko ab. 6 Beide müssen bestehen, jedoch nicht in gleicher Ausprägung: Eine geringe Mitunternehmerinitiative kann ein starkes Mitunternehmerrisiko ausgleichen und umgekehrt. 7 Das ist aber geradezu die Besonderheit des beweglichen Systems. Wenn die Rechtsprechung wegen der gegenseitigen Ausgleichbarkeit beider Elemente die Mitunternehmerschaft demgegenüber als Typusbegriff versteht, so ist damit zudem die methodologisch interessante Frage des Verhältnisses von typologischem Rechtsdenken zur Lehre vom beweglichen System aufgeworfen. Weniger offen tritt die Ausgestaltung als bewegliches System bei der verdeckten Gewinnausschüttung zutage. Die Rechtsprechung hat für sie zwar mittlerweile einen klaren Tatbestand geschaffen, doch setzt sich dieser nicht in so offen durchschaubarer Weise aus einzelnen Elementen zusammen, weIche die Interpretation als bewegliches System als naheliegend erscheinen lassen. Gleichwohl ruft die Vielschichtigkeit der verdeckten Gewinnausschüttung den Gedanken hervor, daß auch hier Kräfte wirken müssen, die das System beweglich gestalten.

Hierzu eingehend unter § 3 111. Siehe hierzu § 3 111. 2. 6 Siehe hierzu § 4 111. 1.-3. 7 Ausführlich hierzu unter § 4 111. 4

5

Einleitung

23

Bisher wurde bewußt und ohne nähere Erläuterung der naturwissenschaftlich anmutende Begriffsgebrauch Wilburgs von den "Kräften" innerhalb des beweglichen Systems verwendet, obwohl die neuere Methodenlehre lieber von "Bewertungsprinzipien" oder "Gerechtigkeitskriterien" spricht. 8 Gerade bei der verdeckten Gewinnausschüttung wird sich nämlich zeigen, daß es in Wahrheit um eine prinzipiengesteuerte Einordnung geht. Bei der Betriebsaufspaltung und der Mitunternehmerschaft scheint man mit den "Kräften" genannten Begriffen der personellen und sachlichen Verflechtung bzw. dem Mitunternehmerrisiko und der Mitunternehmerinitiative auszukommen. Spätestens die verdeckte Gewinnausschüttung wird aber zeigen, daß eine nur an den Begriffselementen haftende prinzipienlose Betrachtung vordergründig bleiben muß. Aus diesem Grund leuchtet es ein, daß bereits zuvor, das heißt bei Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft, das Augenmerk besonders den zugrunde liegenden Prinzipien gelten muß. Auch wenn es nach dem Gesagten so scheint, als ständen die drei Figuren bestenfalls als bewegliche Systeme nebeneinander, so soll sich doch aus dem zuletzt angesprochenen Punkt noch ein weiteres ergeben: Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft und verdeckte Gewinnausschüttung sollen auf möglichst klare Grundgedanken zurückgefuhrt werden, damit auch Binnenbeziehungen der beweglichen Systeme untereinander sichtbar werden. So fragt sich etwa, welche Rolle die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung spielt, und wie sich das vor dem Hintergrund des beweglichen Systems erklären läßt. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die sogenannte mitunternehmerische Betriebsaufspaltung, also das Zusammentreffen von Mitunternehmerschaft und Betriebsaufspaltung, das natürlich auch fur die Lehre vom beweglichen System von Interesse ist, weil es nicht nur um das Verhältnis zweier beweglicher Systeme, sondern möglicherweise ein weiteres eigenständiges bewegliches System geht. Daraus ergibt sich auch, daß hier nicht beabsichtigt ist, den zahllosen Interpretationen und Einordnungsversuchen einen neuen an die Seite zu stellen, der im vagen Hinweis auf das Vorliegen beweglicher Systeme sein Heil sucht. Vielmehr kann die dogmatische Einordnung als bewegliches System nur gelingen, wenn zugleich die Detailprobleme anhand der jeweiligen praktischen Auswirkungen unter die Lupe genommen werden. Damit ist aber zugleich auch klar, daß es sich nicht um eine lehrbuchartige Behandlung der drei Figuren handeln kann, auch wenn die Kapitelübersicht, die im zweiten Teil genauso gliedert, eine andere Sprache zu sprechen scheint. Der wesentliche Unterschied trägt nämlich wiederum einer Besonderheit des beweglichen Systems Rech-

S So Callaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 75 Fußnote 8, mit dem zutreffenden Hinweis, daß sich juristische Probleme nicht mit naturwissenschaftlichen Kategorien lösen lassen.

24

Einleitung

nung: Anders als im Lehrbuch folgt der Erörterung aller jeweiligen Tatbestandsmerkmale nicht die Darstellung der jeweiligen Rechtsfolge, sondern diese wird bewußt immer schon vorher in Betracht gezogen. Damit soll der Grundidee Wilburgs, daß nämlich eine Rechtsfolge auch dann eintreten kann, wenn im konkreten Fall die unterschiedlichen Elemente in ganz unterschiedlicher Valenz gegeben sind, Rechnung getragen werden. Zugleich mündet dies in die - wiederum methodologisch bedeutsame - Problematik, ob es im Einzelfall ausreichen kann, wenn nur ein Bewertungsprinzip derart überwiegt, daß die Rechtsfolge gleichwohl eintreten muß. Dabei steht die Arbeit vor einem gewissen Dilemma, das zum Teil aus einem Darstellungsproblem resultiert. Dieses ergibt sich allerdings aus der dominierenden Rolle der Rechtsprechung in den hier behandelten Gebieten. Immerhin ist die Betriebsaufspaltung ausschließlich, die verdeckte Gewinnausschüttung weitgehend und die Mitunternehmerschaft zumindest in ihren besonderen Merkmalen eine Schöpfung der Rechtsprechung. Ihr bisheriges Vorgehen bei den genannten Instituten erinnert - wie zu zeigen sein wird - an die Entscheidung nach den Regeln des beweglichen Systems. Jedoch kann sich die Untersuchung nicht damit begnügen, allein den Gang der Rechtsprechung nachzuzeichnen. Das würde nicht nur die Gefahr in sich bergen, die Rechtsprechung auch in den Punkten, in denen sie zweifelhaft ist, mit dem Mantel methodologischer Rechtfertigung zu schützen. Ein derart deskriptiver Ansatz könnte zudem als uneingestandenes Bekenntnis mangelnder Eigenständigkeit verstanden werden. Die vorliege ne Arbeit versucht dem folgendermaßen zu begegnen: Da sich die zu beschreibenden Institute in der Form, in der sie heute in der Rechtspraxis existieren, weit vom Gesetz entfernt haben bzw. dieses zum Teil gar nicht als Rechtfertigung benennen können, müssen sie zunächst auf das Erfordernis der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung hin untersucht werden. Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, wonach die Steuerpflicht an einen gesetzlich normierten Tatbestand anknüpfen muß, markiert nämlich womöglich den größten vorderhand erkennbaren Widerspruch zur Lehre vom beweglichen System und muß deshalb besonders intensiv betrachtet werden. Das geschieht zweckmäßigerweise und um der besonderen Bedeutung willen nicht nur im ersten Teil, der den systematischen Grundlagen gewidmet ist, sondern auch noch bei den einzelnen Rechtsinstituten, da er sich je nach den steuerlichen Folgen, die sich ergeben, unter Umständen verschieden auswirkt und seine denkbare Durchbrechung möglicherweise unterschiedlicher Rechtfertigung bedarf. Darüber hinaus ist zu Beginn der Erörterung die materiale Richtigkeit der einzelnen Institute auch im Hinblick auf abweichende Ansichten und Modelle innerhalb des Schrifttums zu untersuchen. Erst wenn nämlich vor dem Hintergrund historischer, systematischer und teleologischer Gesichtspunkte feststeht,

Einleitung

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daß es die in Rede stehenden Rechtsfiguren überhaupt geben soll und darf, ist der Weg frei zu einer näheren Überprüfung der Rechtsprechung und der Anwendung der Lehre vom beweglichen System. Wenn die Gliederung dann den Voraussetzungen der Rechtsprechung folgt, so ist das nicht als methodologische Kapitulation vor der Rechtsprechung mißzuverstehen, sondern dient aus Darstellungsgründen der Veranschaulichung der Lehre vom beweglichen System. Allerdings wäre auch das für sich allein unzureichend, wenn nicht diese Lehre vorab ihrerseits einer Überprüfung im Hinblick auf ihre Berechtigung im Unternehmenssteuerrecht und die konkrete Wirkung darin unterzogen würde. In diesem Rahmen wird - wie bereits angedeutet - das Prinzip der Tatbestandsmäßigkeit erstmals und noch in vergleichsweise abstrakter Form eine Rolle spielen. Daneben mündet es in die unter dem Gesichtspunkt wissenschaftlicher Neuheit nicht minder wichtige Frage, ob und inwieweit sich schon aus der Lehre vom beweglichen System Folgerungen für das Unternehmenssteuerrecht in Richtung der betreffenden Rechtsfiguren ziehen lassen. Danach wäre bei Zugrundelegung dieser Lehre die Schaffung von Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft und verdeckter Gewinnausschüttung insofern konstitutiv, als daß es sich um eine systematisch und teleologisch gebotene Einkunftsqualifizierung handeln würde. Das bewegliche System würde dann schon auf der Ebene der Zuordnung der Einkünfte ansetzen und somit vollends das Odium bloßer Deskription einer bestehenden Rechtsprechung verlassen. Andererseits stellt sich dann die Frage, inwieweit das ganze Einkommensteuerrecht den Regeln des beweglichen Systems unterworfen werden kann. Das aber kann nicht mehr Aufgabe der vorliegenden Schrift sein. Denn das bewegliche System ist im Steuerrecht lO die erklärungsbedürftige Ausnahme. Diese muß jeweils prinzipiengerecht, das heißt unter Zuhilfenahme systematischer und teleologischer I I Gesichtspunkte begründet werden. Daher kann nicht 9 Damit ist durchaus auch die Frage nach der "Richtigkeit" der genannten Rechtsfiguren gemeint; vgl. nur Larenz, Richtiges Recht, 1979, der unter Hinweis auf Stammler (Die Lehre von dem richtigen Rechte, 1902) schreibt: "Die Frage nach der 'Richtigkeit' eines Rechts ist gleichbedeutend mit der, ob sein Anspruch befolgt zu werden, also sein normativer Geltungsanspruch, 'innerlich begründet', sachlich gerechtfertigt ist." Dieser Frage muß sich auch die vorliegende Abhandlung stellen. 10 Auch im Steuerrecht stellt sich die Frage nach dem "richtigen Recht"; vgl. Tipke, "Über richtiges Steuerrecht", StuW 1988, 262, der zu Recht vor al\em Flume nennt (siehe nur OB 1948,502; 1952, 1016; 1954,67; 1971,400; 2427; 1972,,205), obwohl dieser die Frage nach dem "richtigen Steuerrecht" zwar nicht ausdrücklich, aber stets der Sache nach gestellt hat. Siehe aber auch Lang, StuW 1992, 14,21. 11 Dem steht nicht entgegen, daß es bei steuergesetzlichen Lastenausteilungsnormen insofern keine teleologische Gesetzesauslegung gibt, weil der Ertragszweck der Steuergesetze zum Telos erhoben zu einer infiniten Ausdehnung der Steuerpflicht führen

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Einleitung

einmal eine universale Geltung rur das gesamte Untemehmenssteuerrecht beansprucht werden. 12 Eine Begründung rur das ganze Einkommensteuerrecht würde den Rahmen vollends sprengen und wäre auch in der Sache gar nicht angezeigt. 13

würde (Tipke, Festschrift für von Wallis, 1985, 133, 135; Vogel/WaldllOff in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Vorbem. zu Art. 104a-115, Rz. 483; siehe zur Möglichkeit einer teleologischen Auslegung der Fiskalzwecknormen aber auch Lel/ller, Festschrift für Tipke 1995,237). Diese Frage stellt sich hier nicht, weil es in erster Linie um die gerechte Qualifizierung der Einkünfte geht und nicht um Lastenausteilungsnormen. Daß sich an die Qualifizierung Steuerpflichten anknüpfen können - wie die Gewerbesteuer bei der Betriebsaufspaltung - ist ein Problem der Tatbestandsmäßigkeit, entbindet aber nicht von der Pflicht, bei der rechtlichen Vorfrage teleologisch auszulegen. 12 Dabei verdient die Mahnung von Weber-Grelle! (Festschrift für Beisse, 1997, 551, 568) Beachtung, wonach der Umgang mit Rechtsinstituten und Prinzipien nur insoweit statthaft ist, als sie sich "einwandfrei aus dem Gesetz ableiten lassen". 13 Hier gilt in besonderem Maße das, was Lang (Systematik der Steuervergünstigungen, 1974, S. 20) über die Ausarbeitung eines übergreifenden Systems im Steuerrecht gesagt hat: "Wenn Canaris (in: Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 112) die Ausbildung eines vollkommenen Systems einer bestimmten Rechtsordnung gehindert sicht, weil 'eine positive Rechtsordnung keine 'ratio scripta', sondern ein historisch gewachsenes, von Menschen geschaffenes Gebilde' sei, so gilt diese Erkenntnis insbesondere für das Steuerrecht." Man könnte hinzufügen: Sie gilt um so mehr für die Etablierung des beweglichen Systems im Steuerrecht, weil hier die abschließende Tatbestandsbildung eine herausragende Rolle spielt und jede Auflockerung oder gar Durchbrechung einer besonderen Rechtfertigung bedarf.

Erster Teil

Die systematischen Grundlagen § 1 Die Lehre vom beweglichen System Das bewegliche System ist aufs engste mit dem Namen Walter Wilburg verbunden. Er hat in seiner auf die gesamte Methodenlehre bahnbrechend wirkenden Grazer Rektoratsrede von 1950 die "Entwicklung eines beweglichen Systems im Bürgerlichen Recht"! vorgeschlagen. Diese Idee war zuvor schon in einer anderen Abhandlung Wilburgs 2 vorgezeichnet und dort anband des Schadensersatzrechts dargestellt.

I. Darstellung und Rezeptionsgeschichte 1. Die Grundgedanken Wilburgs

Wilburgs bewegliches System läßt sich vielleicht am besten durch die Darstellung der zentralen Unterschiede zu herkömmlichen Formen der Rechtsgewinnung charakterisieren: Der Jurist ist gewohnt, im Schema von Tatbestand und Rechtsfolge im Sinne einer starren "Wenn-dann-Implikation" zu denken. 3 Wilburg bricht mit diesen Grundsätzen zwar nicht, verzichtet aber auf eine feste und abschließende Tatbestandsbildung und geht statt dessen von "Elementen" oder - wie er es auch nennt4 - "bewegenden Kräften" aus. Auch diese sind zwar mit einer bestimmten Rechtsfolge verknüpft, aber nicht in einer starren Art und Weise. Vielmehr entscheidet sich "aus dem Zusammenwirken dieser Elemente je nach Zahl und Stärke"S, ob die Rechtsfolge eintritt. Das Verhältnis der Elemente untereinander ist durch Ranglosigkeit und Fungibilität gekennzeichnet: Die Elemente stehen also nicht nur auf der gleichen Stufe,

So auch der Titel der Abhandlung. Die Elemente des Schadensrechts, 1941. J So grenzt Westerhoff, Die Elemente des beweglichen Systems, S. 17, Wilburgs Konzeption vom bisherigen Systemverständnis ab. 4 Wilburg, Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 13, und ausführlich in: Die Elemente des Schadensrechts, 1941, passim. 5 Wilburg, AcP 163 (1963);346, 347. I

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§ I Die Lehre vom beweglichen System

sondern sind auch wechselseitig austauschbar. Die einzelnen Gerechtigkeitskriterien wirken in "kombinatorischer" Weise zusammen. 6 Daher kann die relativ schwache Ausprägung des einen Elements dadurch ersetzt werden, daß im konkreten Fall ein anderes Element in besonderer Stärke auftritt. Unter Umständen soll es ausreichen können 7, daß ein einzelnes Element so intensiv ausgeprägt ist, daß es allein zur entsprechende Rechtsfolge fuhrt. 8An Stelle fester Tatbestände lassen sich also eher "komparative" Sätze bilden. 9 Schlagwortartig ausgedrückt, ist fur das bewegliche System weniger das "Wenndann", als vielmehr das "Je-desto"l0 die charakteristische Denkform. " Die Zahl der einzelnen Elemente ist begrenzt, d.h. es handelt sich nicht um ein einzelnes beherrschendes Prinzip. Wilburg geht also nicht von einem einheitlichen Rechtsprinzip aus, sondern von mehreren Elementen. Auf der anderen Seite kann der Kreis diese Elemente nicht beliebig oder - wie Canaris l2 sagt - "ad hoc" ausgeweitet werden. Wilburg wollte vor allem die tragenden Grundgedanken des jeweiligen Rechtsgebiets herausarbeiten und das sind naturgemäß einige wenige, aus denen sich dann die Einzelentscheidungen ableiten lassen 13 Dementsprechend verwundert es nicht, daß dem Richter eine zentrale Rolle bei der Bewertung der einzelnen Elemente im zu entscheidenden Fall zukommt: Er muß die Rechtsfolge "nach gelenktem Ermessen"'4 bestimmen.

6 Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band /112, Besonderer Teil, § 76 III 3 e a.E. 7 Vgl. zu dieser Frage unten, § 4 III. 3. a) und b). 8 Wilburg, Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 13. Diese Annahme wird im Verlauf der Untersuchung anhand der Betriebsaufspaltung und Mituntemehmerschaft einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. 9 Vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band /112, Besonderer Teil, § 76 III 4 b zum Inhalt von deliktsrechtlichen Verkehrspflichten. 10 Steininger, in: Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, S. 13, sieht in "Rechtssätzen vom Typus: Je ... desto ... " einen Indikator für die Möglichkeit eines beweglichen Systems. Vgl. aber auch Canaris, Grundrechte und Privatrecht, 1999, S. 80, der nach der Feststellung einer entsprechenden Wirkungsweise zu Recht mahnt: "Es versteht sich freilich, daß damit allenfalls das vorletzte Wort gesprochen ist und die bereichsspezifische Feinarbeit am jeweiligen Problem noch hinzukommen muß." 11 Göp!ert, JuS 1993,655,657. 12 Bewegliches System und Vertrauensschutz im rechtsgeschäftlichen Verkehr (Lit.Verz.), S. 103 f. 13 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 76, faßt das prägnant zusammen als den Versuch, "die Einheit in der Vielheit sichtbar zu machen", woraus sich zugleich auch der hohe Anspruch der Systemkonzeption Wilburgs ergibt. 14 Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 22.

I. Darstellung und Rezeptionsgeschichte

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2. Bewegliches System und "Sandhaufen theorem"

Da soeben von sprachlichen Vereinfachungen ( ,je-desto") die Rede ist, soll zum besseren Verständnis kurz auf den im vorliegenden Zusanunenhang naheliegenden Begriff des "Sandhaufentheorems"15 eingegangen werden. Danach kann entsprechend dem jeweiligen Normzweck ein Ausgleich stattfinden, wenn unterschiedliche notwendige Voraussetzungen einer Norm teils unter-, teils übererfüllt sind. 16 Der plakative Ausdruck "Sandhaufentheorem" meint der Sache nach nichts anderes als die Lehre vom beweglichen System. 17 Hier zeigt sich, daß die Lehre vom beweglichen System der Rechtsprechung in Teilbereichen durchaus nicht fremd ise s, sondern gelegentlich unausgesprochen zugrunde liegt. Das wird sich auch für zentrale Bereiche des Unternehmenssteuerrechts in der vorliegenden Untersuchung zeigen lassen. Im folgenden wird jedoch nurmehr vom beweglichen System und nicht mehr vom "Sandhaufentheorem" gesprochen, da sich hierin lediglich die Idee ohne theoretische Fundierung 19 spiegelt.

3. Die ursprüngliche Anwendung im Schadensersatzrecht

Wilburg selbst hat im Schadensersatzrecht ein Anwendungsfeld seines beweglichen Systems gesehen: Durch rechtsvergleichende Betrachtung20 ist er zu

15 Damit argumentiert etwa OLG Stuttgart NJW 1979, 2409, 2411 ( "Sandhaufen"Urteil); hiergegen zutreffend Canaris, ZIP 1980,709,716. 16 OLG Stuttgart, NJW 1979, 2409, 4. Leitsatz; Mayer-Maly, Bewegliches System und Konkretisierung der guten Sitten (Lit.-Verz.), S. 117, S. 125. 17 Vgl. die - in einem Urteil ungewöhnliche - ausführliche Erläuterung in OLG Stuttgart, NJW 1979, 2409, 2421 unter I: "Sind mehrere Einzelnormen ausreichende Bedingungen einer übergeordneten (nicht explizit formulierten) Norm, und sind die mehreren Einzelnormen teilerfüllt, dann kann die übergeordnete Norm gleichwohl zur Anwendung kommen. Viele Rechtsnormen sind so gefaßt, daß erst mehrere Tatbestandsmerkmale in ihrem Zusammenwirken die Rechtsfolge auslösen ... Um im Bild zu bleiben, ein 'Sandkorn' mehr oder weniger gibt den Ausschlag dafür, ob ein rechtsrelevanter 'Sandhaufen' vorliegt oder nicht. Enthält nun eine Norm mehrere derartige Tatbestandsmerkmale (die sämtlich erfüllt sein müssen), dann ist stets zu prüfen, ob es dem Sinn der Norm besser entspricht, das jeweilige Mindestmaß der Erfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale als - in Grenzen - variabel zu deuten. Das will heißen, daß die Übererfüllung des einen Tatbestandsmerkmals die (eigentlich zu) geringe Erfüllung des anderen auszugleichen vermag ... " 18 Auch wenn die zitierte Entscheidung des OLG Wilburgs Lehre mit keinem Wort erwähnt und nur auf Bender, Gedächtnisschrift für Rödig, 1978, S. 38 ff., Bezug nimmt. 19 Canaris, ZIP 1980, 909, 717, spricht insoweit anschaulich von einer "vorwissenschaftlichen Bildersprache". 20 Das hat Wilburg nach Sieininger, in: Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht, hrsgg. von Bydlinski u.a., S. 4, selbst bekannt.

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§ I Die Lehre vom beweglichen System

dem Ergebnis gekommen, daß sich die Schadensersatzpflicht nicht aus einem einzelnen Prinzip ergibt, sondern daß verschiedene Elemente zusammenwirken. Als solche bezeichnete er: "I. Ein für das Schadensereignis kausaler Mangel, der auf Seiten des Haftenden liegt. Dieser Mangel hat verschiedene Schwere, je nachdem ob er vom Haftenden oder von dessen Gehilfen verschuldet oder überhaupt kein Verschulden, so z.B. ein unerkennbarer Materialfehler einer Maschine, entstanden ist. 2. Eine Gefährdung, die der Schädiger durch ein Unternehmen oder den Besitz einer Sache geschaffen hat und die zum Eintritt des Schadens führte. 3. Die Nähe des Kausalzusammenhangs, der zwischen den haftungsbegründenden Ursachen und dem eingetretenen Schaden besteht. 4. Die soziale Abwägung der Vermögenslage des Beschädigten und des Beschädigers. "21

Bereits diese Aufzählung illustriert, daß es vorzugswürdig ist, mit Canaris"" von Prinzipien oder Gerechtigkeitskriterien anstatt von "Kräften" oder "Elementen" zu sprechen. Denn jede der zitierten Sentenzen hat flir sich - und um so mehr alle zusammen - einen hohen Gerechtigkeitsgehalt. Sie sind zwar in dieser Form auch "elementar", doch dürfte Wilburg diesen Aspekt weniger als vielmehr die beschriebene Fungibilität im Auge gehabt haben. Des weiteren leuchtet es ohne weiteres ein, daß gerade in der Fortentwicklung des Haftungsrechts Raum flir das bewegliche System gesehen wurde. 23

11. Weitere Anwendungsbereiche Aber damit nicht genug: Das bewegliche System wurde in der Folge nicht nur auf die Kerngebiete des Bürgerlichen Rechts 2\ sondern auch auf verschiedene zivilrechtliche Nebengebiete 25 und neuerdings sogar auf die RechtsgeWilburg, Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 12 f. Canaris, Systemdenken, S. 75 mit Fußnote 8. 23 Vgl. nur aus dem Sammelband "Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht" (hrsgg. von Bydlinski) die Beiträge von Deutsch (S. 43), Koziol (S. 51), und von Bar (S. 63). 24 Siehe nur aus dem genannten Sammelband die Beiträge von Koller (S. 75) zur Abwicklung gegenseitiger Verträge, Hönn (S. 87) zum Vertragsrecht, Canaris (S. 103) zum Vertrauensschutz im rechtsgeschäftlichen Verkehr (aber mit gewichtigen Einschränkungen im Bereich der Rechtsgeschäftslehre), Flessner (S. 159) zum Bereicherungsrecht, Mayer-Maly (S. 117) zur Konkretisierung der guten Sitten. Hinzu kommen aus neuerer Zeit Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluß, S. 61 ff. und Göp!ert, JuS 1993, 655 zur Problematik vermögensloser Bürgen. NeUe hat das bewegliche System in seiner gleichnamigen Monographie (dazu Eidenmüller, ZIP 1995, 1063, 1069) auf die Neuverhandlungspflichten übertragen. 25 Aus dem von Bydlinski herausgegebenen Sammelband Ostheilll (S. 199) für das Arbeitsrecht; Sack (S. 177) für das Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht und Böhlll (S. 211) für das Prozeßrecht. EidelllllüUer, ZHR 160 (1996), 343, 363 ff., wendet die Lehre vom beweglichen System auf die Kooperationspflichten im Sanierungsrecht an, 21

22

11. Weitere Anwendungsbereiche

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schichte26 ausgeweitet und angewandt. Das mutet an wie ein übergreifender Siegeszug des beweglichen Systems, doch ist Vorsicht am Platze: Das bewegliche System steht nach dem oben Gesagten notwendigerweise in einem gewissen Spannungsverhältnis zum geltenden Recht. Denn das geltende Recht ist im Grundsatz nicht beweglich, sondern im Gegenteil unbeweglich 27 und von fester Tatbestandsbildung geprägf 8 . Das heißt nicht, daß es dem beweglichen System von vornherein entgegensteht, doch ist hier der Anwendungsbereich limitiert. Indes liegt vor allem dort, wo Generalklauseln im Spiel sind, die Annahme eines beweglichen Systems nicht fern. 29 Wenn im folgenden versucht wird, das bewegliche System in einem Teilbereich des Steuerrechts zu etablieren, so muß dem Gedanken der Tatbestandsmäßigkeit und der festen Tatbestandsbindung die nötige Beachtung gezollt werden. Daß sich eine Anwendung des beweglichen Systems auf das Steuerrecht von vornherein verbietet, kann nicht behauptet werden. Da aber der Versuch, das bewegliche System ins Steuerrecht zu übertragen, bislang noch nicht unternommen worden ist, müssen zuvor die steuersystematischen Besonderheiten behandelt werden. Auf dieser Grundlage kann der Frage nachgegangen werden, welche Figuren speziell des Unternehmenssteuerrechts als bewegliche Systeme gedacht werden können.

zeigt aber auch die Grenzen auf (ders., Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S. 656 ff.); er versteht das bewegliche System als "heuristisches Raster" (aaO., S.660). 26 Vgl. Thier, Steuergesetzgebung und Verfassung in der konstitutionellen Monarchie, 1999, S. 9-18. 27 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 78. 28 Gleichwohl kann man sich fragen, ob nicht sogar im Strafrecht, das in besonderer Weise der Tatbestandsmäßigkeit verpflichtet ist (Art. 103 Abs.2 GG, § I StGB), in eng begrenzten Teilbereichen Raum für bewegliche Systeme ist. Man denke etwa an die Regelbeispiele (vgl. nur § 243 StGB), die dem Richter einen Hinweis auf den Grad des Unrechts geben (Tröndle, Kommentar zum StGB, 48.Auflage 1997, § 12 Rz. I), aber keine Tatbestandsmerkmale sind und für deren Anwendung es darauf ankommt, wie stark oder schwach sie im Einzelfall ausgeprägt sind. So kann die indizielle Bedeutung des Regelbeispiels durch andere Faktoren der Strafzumessung, welche die Regelwirkung entkräften, kompensiert werden (BGH NJW 1987, 2450; BGH StV 1989, 432; Tröndle, aaO., § 46, Rz. 43 b). Demgemäß kann ein Fall besonders schwer sein, wenn er nicht unter ein Regelbeispiel paßt (BGHSt 29, 321). All das spricht dafür, daß sich Regelbeispiele als bewegliche Systeme erklären lassen, ohne daß das Analogieverbot entgegensteht. 29 Mayer-Maly, Bewegliches System und Konkretisierung der guten Sitten, in: Bydlinski (Hrsg.) S. 117; Canaris. Systemdenken, S. 79 f.

§ 2 Das bewegliche System im Unternehmens steuerrecht Die Etablierung einer Figur der Methodenlehre in die Steuerrechtswissenschaft, in der die Lehre vom beweglichen System bislang noch keinen Platz hatte, verlangt zweilerlei. Zum einen muß die insofern neuartige Sichtweise ins Verhältnis gesetzt werden zu bisherigen Systemvorstellungen und -entwürfen. Daher ist zunächst der Systemgedanke im Steuerrecht näher darzustellen. Dazu sind die wichtigsten wissenschaftlichen Ansätze zu referieren, die naturgemäß nicht auf das Unternehmenssteuerrecht begrenzt sind. Jedoch lassen sich die in der steuerwissenschaftlichen Systemlehre beklagten Systemdefizite auch im Unternehmenssteuerrecht und dort insbesondere im Rahmen der hier behandelten Rechtsfiguren nachweisen. Wenn sich daraus ergibt, daß auch bei Zugrundelegung aller bisheriger Bemühungen keine unter Systemgesichtspunkten gänzlich befriedigende Einordnung gefunden worden ist, so läßt sich nicht leugnen, daß wenigstens Raum rur einen weiteren Ansatz ist, der allerdings speziell das Unternehmenssteuerrecht betreffen soll. Zum zweiten muß dieser neue Ansatz - das ist gleichsam die korrespondierende Verpflichtung, die bereits in der Einleitung angesprochen wurde, - eine über die bloße Deskription bestehender Praxis hinausgehend Erklärungsfunktion haben. Deshalb soll nach der Darstellung des Systemgedankens im Steuerrecht in einem zweiten Schritt gefragt werden, ob sich bei Anwendung der Lehre vom beweglichen System schon richtungsweisende Folgerungen ergeben. Dabei soll versucht werden, aus der Lehre vom beweglichen System bestimmte Postulate im Zusammenhang mit der unternehmenssteuerrechtlichen Qualifizierung der Einkünfte abzuleiten. I. Der Systemgedanke im Steuerrecht

Über den Systemgedanken im Steuerrecht kann hier naturgemäß nicht erschöpfend gehandelt werden. Gleichwohl sollen zumindest die wegweisenden Ausftihrungen maßgeblicher Steuerrechtler näher betrachtet werden. Besonderes Augenmerk soll hierbei auf das jeweilige Verständnis des Prinzips der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung gelegt werden. Denn wie bereits in der Einleitung angedeutet und wie im zweiten Teil noch näher dargestellt wird, liegen gerade bei der Tatbestandsmäßigkeit und Analogiefahigkeit des Steuerrechts Probleme, die sich auch auf die Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft und verdeckte Gewinnausschüttung auswirken. Auch soweit die im fol-

1. Der Systemgedanke im Steuerrecht

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genden näher betrachteten Autoren sich nicht diesen Spezialfragen zuwenden, sollen anhand dessen die zentralen Positionen innerhalb des wissenschaftlichen Schrifttums zu dieser grundsätzlichen Problematik behandelt werden. Damit ist keine bloße Aneinanderreihung mehr oder weniger profilierter Standpunkte beabsichtigt. Es geht vielmehr darum, die unterschiedlich formulierte und verschieden hoch angesetzte Schwelle der Rechtsfortbildung im Steuerrecht vor dem mahnenden Grundsatz der TatbestandsmäßigkeitI zu vergegenwärtigen. Auch wenn nämlich mit der Lehre vom beweglichen System wegen des im Steuerrecht besonders herauszuhebenden grundsätzlichen Vorrangs unbeweglicher Systemteile kein gänzlich neuer Systementwurf propagiert werden soll, muß diese Lehre gleichwohl in Beziehung zu maßgeblichen Systementwürfen gesetzt werden. Es geht aber von vornherein um keinen Gegensatz, sondern die Lehre vom beweglichen System soll ein Erklärungsmuster intra legern bieten, das dennoch nicht rein deskriptiver Natur ist.

1. Die steuerwissenschaftlichen Systemlehren

a) Der Ansatz von Tipke

Die steuerwissenschaftliche Systemlehre wurde besonders von Tipke begründet und fortentwickelt.~ Sie soll hier nur in Grundzügen, und soweit es für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung ist, dargestellt werden. Tipke fordert vom Gesetzgeber und Rechtsanwender Steuergerechtigkeit durch den Vollzug systemtragender Prinzipien. 3 Gerade der tatsächliche Befund eines immer unübersichtlicheren ,,steuerdschungels" bzw. ,,steuerchaos"4 gebiete ein von sachgerechten Regeln bestimmtes, folgerichtig entwickeltes Steuersystem. 5 Dieses Postulat schließt auch ein Appell an die Steuerrechtswissenschaft6 mit I Eingehend hierzu: Bril/kmann, Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und formeller Gesetzesbegriff, 1982; aus rechtsvergleichender Sicht ferner: Hahn, Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung in rechtsvergleichender Sicht, 1984. ~ Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 1993. 3 Tipke, aaO., S. 281 f. 4 Vgl. hierzu Tipke, StuW 1971,2, mit dem einprägsamen Titel: "Steuerrecht - Chaos, Konglomerat oder System?"; ders., Festschrift für Wacke, 1972, S.211; ders., Die Steuerprivilegien der Sparkassen, Steuersystematische und verfassungsrechtliche Aspekte, 1972; Lal/g, FR 1993, 661; Raupach, Festschrift für f. Klein, 309; Helsper, BB 1995, 17. Neuerding wendet sich Jachmanl/ in ihrer gleichnamigen Schrift "Wider das Steuerchaos", 1998. ; Tipke, aaO., S. 296 f.; Groh (ZIP 1998, 89, 95) konstatiert im Zusammenhang mit dem Trennungs- und Transparenzprinzip im Steuerrecht der Personengesellschaften einen .. beklagenswerten Zustand der Systemlosigkeit". b Vogel. JZ 1993, 1123.

3 Peler,en

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§ 2 Das bewegliche System im Untemehmenssteuerrecht

ein, die gehalten sei, sowohl auf der Ebene des positiven Gesetzes als auch auf der des sachgesetzlichen Systems mitzuwirken. Sie steht also vor dem Hintergrund des ,,steuerdschungels" unter dem besonderen Druck7, systematisch anspruchsvoll zu arbeiten, da für sie immer auch der Rang als dogmatische Rechtswissenschaft auf dem Spiel steht. 8

b) Die Begründung des Analogieverbots durch Flume Flume vertritt einen im Wortsinne radikalen Standpunkt zur Tatbestandsmäßigkeit und Analogie im Steuerrecht. Es setzt nämlich bei den Wurzeln des Steuerrechts an, indem er davon ausgeht, daß die gerechte Verteilung der Steuerlast eine elementare Forderung der iustitia distributiva9 darstellt. 10 Die Steuererhebung untersteht damit nicht nur dem Gesetzesvorbehalt, sondern dem Rechtsgedanken überhaupt. Gleichwohl enthält sie nach Flume 11 "eine erhebliche Willkürkomponente": Kein Steuertatbestand verlange nämlich - so die Kemaussage Flumes - von sich aus eine Besteuerung l2 ; diese sei dem positivrechtlichen Tatbestand der Steuer lediglich "angeknüpft"!3. Daraus folgert Flume, daß die positivistische Begründung des Steuertatbestandes unerläßlich für die Besteuerung ist. 14 Der Sache nach ist damit ein Analogieverbot ausgesprochen. 15

Auf den ersten Blick scheint es so, als gäbe es keinerlei Vermittlungsmöglichkeit zwischen der Position Flumes und der Lehre vom beweglichen System im Unternehmenssteuerrecht. Denn eine ausnahmslos positivistische Konzeption duldet schwerlich ein Systemverständnis, das den Verzicht auf eine abschließende Tatbestandsbildung predigt. Dieser vermeintliche Gegensatz relati7 So ist es vielleicht zu erklären, daß viele anspruchsvolle steuerrechtliche Monographien ausdrücklich zugleich einen Beitrag zum Systemgedanken in einem bestimmten Steuerrechtsgebiet leisten, obwohl sie sich nicht unmittelbar mit Fragen der Methodenlehre befassen, etwa Schaumburg, Umwandlung und Verschmelzung im Verkehrssteuerrecht. Zugleich ein Beitrag zum Systemgedanken im Verkehrssteuerrecht, 1967. 8 So die mahnenden Worte von Vogel, aaO., im Einklang mit Tipke, aaO. 9 Vgl. hierzu nunmehr Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997. 10 Flume, StbJb. 1967/68,63,64. 11 AaO., S. 64. 12 Zustimmend Schön, StuW 1995,366,367. Il Flume. StbJb. 1967/68, S. 65 f. und nochmals auf S. 92. 14 Flume, aaO., S. 66. 15 Im Ergebnis und in der Begründung ganz ähnlich Kruse, StuW 1958, 719, 730; Steuerrecht I, § 5 II 2 b; ders., StuW 1980,226,232, der gleichfalls von einem Analogieverbot mit strikt positivistischer Tendenz ausgeht, weil es keine entsprechende Sachgesetzlichkeit im Steuerrecht gebe.

I. Der Systemgedanke im Steuerrecht

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viert sich indessen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß auch vom hier vertretenen Standpunkt aus von einem grundsätzlichen Vorrang unbeweglicher Systemteile ausgegangen wird. Das ist keine bloße und beschwichtigende salvatorische Klausel, sondern conditio sine qua non für die Existenz beweglicher Systeme im Steuerrecht. Das bewegliche System bedarf deshalb einer positivrechtlich fundierten EinbruchsteIle innerhalb der lex scripta. '6 Es ist also erforderlich, daß sich die Kreierung beweglicher Systeme innerhalb der herkömmlichen Auslegungskanones, also neben der wortlautgetreuen Interpretation auch noch der historischen, systematischen und teleologischen Auslegung geltender Vorschriften des. Steuerrechts bewegt. Eine besondere Bedeutung haben in diesem Rahmen diejenigen Normen, nach denen die Qualifizierung der Einkünfte erfolgt. Darauf soll im nächsten Abschnitt '7 näher eingegangen werden. Einstweilen kann festgehalten werden, daß die Theorie Flumes nur im vermeintlichen, nicht aber in wirklichem Gegensatz zur richtig verstandenen Lehre vom beweglichen System in besonders begründeten Bereichen des Unternehmenssteuerrechts steht.

c) Die differenzierende Haltung von Vogel Vogel '8 entschärft zunächst die Bedenken gegen die steuerverschärfende Analogie. Dabei stellt er klar, daß unstreitig '9 keine völlig neuen Steuerpflichten im Wege der Analogie begründbar sind und sonach vor allem die Zulässigkeit von "Randkorrekturen", die oftmals nicht mehr als extensive Auslegungen seien"o, umstritten sei."' Dabei könne auf Wertungen zurückgegriffen werden, die der Gesetzgeber an anderer Stelle zum Ausdruck gebracht hat"" und die sich durchaus im Einzelfall nachteilig für den Steuerpflichtigen auswirken könnten. Häufig würden sich die maßgeblichen Wertungen aber ohnehin nicht einseitig

16 Eine "Geringschätzung des Rechtspositivismus", wie sie Groh (FR 1998, 557, 558) Weber-Grellet im Hinblick auf dessen Besprechung der Gedächtnisschrift rur Knobbe-Keuk (FR 1998, 35) vorwirft, ist damit auf gar keinen Fall beabsichtigt. 17 Sogleich allgemein unter 2. und sodann im besonderen innerhalb der einzelnen Ausprägungen im zweiten Teil der Abhandlung. \8 Vogel. Die Besonderheit des Steuerrechts, in: Der offene Finanz- und Steuerstaat, S. 509, 521 (= DStZ/A 1977,5,9 f.). 19 Vgl. nur Papier, Die finanzrechtlichen Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S.171 ff. 20 So auch Walz, Steuergerechtigkeit und Rechtsanwendung, 1980, S.153 f. 21 Vogel/WaldlwjJin: Bonner Kommentar, Vorbem. zu Art. 104a-115 GG Rz. 484. 22 Eine solche Übertragung von Wertungen liegt nach Vogel/WaldhojJ, aaO, "immerhin näher beim Gesetz als eine Rechtsschöpfung, die sich nicht an gesetzliche Wertungen gebunden hält."

36

§ 2 Das bewegliche System im Untemehmenssteuerrecht

zu Lasten, sondern auch zugunsten des Steuerpflichtigen ("zweischneidig")23 auswirken. 24 Diese Position ist auch vom Blickwinkel der Lehre vom beweglichen System aus erhellend. Sie ist nämlich mehr als eine bloße Standortbestimmung, indem er die wertungsmäßige Folgerichtigkeit in den Vordergrund stellt. Das konsequente Weiterdenken gesetzlicher Wertungen~5 mündet schließlich in gefundenen Prinzipien, deren Auffinden und Gewichten im Einzelfall das Erkenntnisinteresse der Lehre vom beweglichen System ausmacht. Aufschlußreich ist auch die Beobachtung, daß sich die Wertungen zweischneidig 26 , also bald zugunsten bald zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken können. Eine solche Konstellation ergibt sich nämlich in der Tat auch bei der hinsichtlich des Analogieverbots besonders umstrittenen Betriebsaufspaltung: Der Qualifizierung als gewerbliche Einkünfte mit der Folge der gewerbesteuerlichen Belastung stehen bestimmte Vorteile gegenüber. 27

d) Die Konzeption von Kirchhof Kirchhof hat zu den hier berührten Fragen der systematischen Einbindung sowie der Ausweitung der Analogie eine gleichermaßen wegweisende wie auch vermittelnde Ansicht vorgetragen, die hier deshalb nicht fehlen darf. Von zentraler Bedeutung flir den vorliegenden Zusammenhang sind dabei seine Gedanken zur Gleichheit und Analogie im Steuerrecht.

Was den Prüfungs- und Beurteilungsmaßstab der Gleichheit betrifft, so hat Kirchhof eine auf die Einheit und Folgerichtigkeit der Rechtsordnung bauende vierstufige Prüfung vorgeschlagen 28 : Zunächst ist die Sachgerechtigkeit der Regelung zu untersuchen, wobei es etwa auf Funktionsunterschiede zwischen Betriebs- und Privatvermögen etc. ankommen kann. Sodann ist die Systemgerechtigkeit einer kritischen Überprüfung zu unterziehen, nämlich zum einen bezogen auf die Systemgerechtigkeit innerhalb der gesamten Rechtsordnung und zum anderen innerhalb der Steuerrechtsordnung. Schließlich geht es im letzten Schritt um die Folgerichtigkeit der in Rede stehenden Regelung: Vogel/Waldhoff, aaO. Ebenso Beisse, StuW 1981, 1,9. 25 Ähnlich insoweit Tipke (StuW 1981, 189, 194): "das rechtsfortbildende Zuendedenken von sinnkonzipierenden Regeln innerhalb des vom Gesetzgeber vorgegebenen Programms". 26 Auch der BFH (BStBI 11 1968, 650) hat die "zweischneidige Analogie" zugelassen. 27 Näher dazu im zweiten Teil unter § 3 11.2. c) bb); dort auch zu der Frage, ob diese Korrespondenz selbst als Prinzip aufgefaßt werden kann. 28 Kirchhof, StuW 1984,296,301. 2J

24

1. Der Systemgedanke im Steuerrecht

37

Hierbei ist zu fragen, ob die Entscheidung des Gesetzgebers, eine steuerliche Belastung einzufiihren, sach- und systemgerecht konzipiert ist und der Belastungsgrund konsequent weitergefiihrt und in eine Bemessungsgrundlage umgesetzt ist. Dieser Abfolge liegt die Vorstellung zugrunde, daß die systemtragenden Prinzipien gewisse die Einzelsteuer legitimierende Grundgedanken enthalten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einer bestimmten Steuer nicht lösen darf. Auch wenn diese Ausfiihrungen der unter Gleichheitsaspekten gebotenen verfassungsrechtlichen Überprüfung einzelner Steuertatbestände gewidmet sind, verdient das hierin zum Ausdruck kommende Systemverständnis auch unter dem Blickwinkel des beweglichen Systems uneingeschränkte Zustimmung, weil die Schlüsse1begriffe - Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit anband systemtragender Prinzipien - auch fiir die Lehre vom beweglichen System gelten. Das bedeutet, daß die Übertragung dieser Lehre ins Steuerrecht diesen Vorstellungen in besonderem Maß verpflichtet ist. Vor diesem Hintergrund verdient auch Kirchhofs Position zur Analogiefahigkeit steuerrechtlicher Vorschriften Interesse. Sofern die Analogie dazu beiträgt, einen "engen Wortpositvismus zu überwinden"29 hat er nichts gegen sie einzuwenden; die Analogie könne so "die Steuerrechtswissenschaft wieder zur Wertwissenschaft fiihren"30. Indessen dürfe die Analogie nicht soweit gehen, daß Steuerbe1astungen "in bloßer Anlehnung an das Gesetz" statuiert würden: "Die gebotene Gegenwehr gegenüber formalisierten Gestaltungen und eine von Blindheit gegenüber dem steuerlichen Belastungsgrund bestimmte Steuervermeidungsstrategie dürfte weitgehend durch eine Auslegung nach dem Belastungsgrund und letztlich durch verfassungskonforme Auslegung, also eine Auslegung nach dem Grundgesetz zu leisten sein."3! Dieses Postulat läßt sich ohne weiteres auf die vorliegende Problematik anwenden. Insbesondere fiir die Betriebsaufspaltung verdient die Mahnung Gehör, daß die Belastung mit Gewerbesteuer nicht lediglich in Anlehnung an das Gesetz begründet werden darf. Jedoch ist hier auf der anderen Seite der Gesichtspunkt formalisierter Gestaltungen und auch der Steuervermeidungsstrategie eingehend zu prüfen. Auch wenn der Grat insoweit schmal ist, soll versucht werden, auf der Grundlage einer prinzipienorientierten Betrachtungsweise einen gangbaren Weg zu finden. Daß jedenfalls Kirchhofs Einschätzung auch auf diesen Anwendungsfall bezogen zutrifft, wird sich bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung dieses Instituts zeigen. Aber auch rur die beiden anderen Institute können die Vorgaben Kirchhofs - wenngleich aufgrund

19 JO

JI

Kirchhof, StuW 1996,3, 10. Kirchhof, aaO., S.I O. Kirchhof, StuW 1996, 10.

38

§ 2 Das bewegliche System im Unternehmens steuerrecht

der venninderten verfassungsrechtlichen Brisanz in geringerem Ausmaß Geltung beanspruchen.

2. Folgerungen für das bewegliche System

So unterschiedlich die einzelnen Systementwürfe gerade in der Frage der AnalogieHihigkeit sind32 , haben sie doch, soweit es fiir die vorliegende Problematik darauf ankommt, gewissennaßen einen gemeinsamen Nenner. Dieser besteht in der Herstellung von Einheit und Folgerichtigkeit innerhalb der Steuerrechsordnung bei Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Das muß auch fiir die Lehre vom beweglichen System gelten; daran muß sie sich messen lassen. Denn als neuer Begründungsversuch muß sich diese Lehre an den gemeinsamen Erkenntnissen nicht nur in allgemein methodologischer Hinsicht, sondern speziell bezogen auf die besonderen Problemstellungen des Steuerrechts anpassen, ohne daß sie damit gezwungenennaßen ihre spezifische Aussagekraft einbüßen müßte. Allerdings verwundert es auch, daß die Lehre vom beweglichen System in der Steuerrechtswissenschaft bislang noch keine Rolle gespielt hat. Denn wenn auch das bewegliche System keinen ultimativen Weg aus dem ,,steuerchaos" verspricht, so kann es doch in Teilbereichen genau das leisten, was so schmerzlich vennißt wird: nämlich eine prinzipienorientierte Sichtweise, die anhand von klar fonnulierten Gerechtigkeitskriterien dort Steuergerechtigkeit schafft, wo Singularinteressen auf einseitige Steuervenneidung zielen. Denn es geht auch im Steuerrecht - mit Canaris' Worten 33 - um die "Entwicklung des Systembegriffs aus dem Gedanken der wertungsmäßigen Folgerichtigkeit und inneren Einheit der Rechtsordnung". Damit sollen keine falschen Erwartungen geschürt werden. Es geht vielmehr darum, gerade Teilbereiche, die infolge schwer überschaubarer Judikatur und von der Absicht der Steuenninimierung getragener Unterfangen der Kautelarjurisprudenz als besonders "chaotisch" angesehen werden, mit Hilfe der Lehre vom beweglichen System einem erneuten Ordnungsversuch zuzufiihren. 34 Jedoch ergibt sich schon aus der Natur des beweglichen Systems, daß der Anwendungsbereich nicht uferlos ist und somit auch nicht pauschal angenom-

J2 Siehe aus dem neueren Schrifttum noch die aufschlußreiche Zusammenstellung bei Woerner, Gedächtnisschrift rur Brigitte Knobbe-Keuk, 1997,967,973 ff. J3 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 40 ff; dort freilich nicht auf das Steuerrecht bezogen. 34 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 74 ff., hat herausgearbeitet, daß auch das bewegliche System "noch den Namen System verdient, da auch in ihm die Merkmale der Ordnung und Einheit erfüll bar sind" (aaO., S. 156).

11. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung

39

men werden kann. Zu Recht hat Canaris auf den grundsätzlichen Vorrang unbeweglicher Systemteile hingewiesen. 35 Das bedeutet, daß das geltende Recht vom Grundsatz der festen Tatbestandsbildung geprägt ist und somit nur bedingt Raum für die Annahme eines prinzipienorientierten beweglichen Systems ist. Das gilt auch und gerade für das Steuerrecht, da hier die Steuerpflicht an einen gesetzlichen Steuertatbestand anknüpft. 36 Jedoch wird sich bei der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung zeigen, daß diese Institute mit dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung vereinbar sind. Sie laufen letztlich auf eine bestimmte QualifIzierung bzw. Zurechnung der Einkünfte hinaus, die - im Falle der Betriebsaufspaltung - unliebsame Nebenfolgen in Form zusätzlicher Steuerpflichten nach sich ziehen. Diese sind aber ihrerseits systematisch fundiert und teleologisch begründbar. Gerade hier hat das bewegliche System im Unternehmenssteuerrecht durchaus Platz. Das soll im folgenden unternommen werden.

11. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung Damit ist die Frage gestellt, ob und inwieweit sich aus der Lehre vom beweglichen System konkrete Folgerungen für die Rechtsanwendung ziehen lassen. Das bewegliche System würde dann nicht nur ein Instrument zur dogmatischen Einordnung und methodologischen Einbettung schaffen, sondern es hätte gleichsam eine systemkonstituierende Funktion. Gemeint ist damit, daß schon auf der Ebene der EinkunftsqualifIzierung das bewegliche System zum Zuge kommt. Es geht demnach nicht um eine Frage der UmqualifIzierung bestimmter Einkünfte - etwa im Falle der Betriebsaufspaltung von solchen aus Vermietung und Verpachtung in solche aus Gewerbebetrieb-, sondern es lägen dann, um im Beispiel zu bleiben. schon ursprünglich gewerbliche Einkünfte vor. Das bewegliche System hätte die Aufgabe, die Einkünfte angemessen zu qualifIzieren. Das bedeutet vor allem, daß den Besonderheiten des konkreten Sachverhalts Rechnung getragen wird. Damit wird keiner Abkehr von den gesetzlichen Tatbeständen der §§ 13 ff. EStG das Wort geredet. Ebensowenig geht es um einen Anreiz zum unkontrollierten und unzulässigen Contra-Iegem-Judizieren37 • Vielmehr ist folgendes gemeint: Wenn etwa der Tatbestand entgeltlicher Gebrauchsüberlassung i.S.d. § 535 BGB verwirklicht ist, so handelt es sich nicht 35 Cal/aris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 78. Zustimmend Lal/g, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz.3 mit Fußnote 14. 36 Zu dem in diesem Zusammenhang relevanten Problem der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und der Gefahr der Schaffung praeterlegaler Steuertatbestände: vgl. unten § 3. II. 2. 31 Hierzu Neuner, Die Rechtsfindung contra legern, 1993.

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§ 2 Das bewegliche System im Untemehmenssteuerrecht

automatisch und zwangsläufig um eine Vermietung i.S.d. §§ 2 I Nr. 6 EStG i.V.m. § 21 EStG, sondern es hängt von den weiteren Umständen ab, ob die Qualifizierung als Enkünfte aus Vermietung und Verpachtung angezeigt ist. Liegen nämlich weitere Besonderheiten vor, die in ihrer Gesamtheit etwa die Qualifizierung als Gewerbebetrieb angezeigt sein lassen, weil bestimmte und im weiteren näher zu präzisierende Prinzipien so stark wiegen, daß sie den Charakter der Vermietung in den Hintergrund treten lassen, dann ergibt sich von vornherein ein anderes Bild. Das hätte den Vorteil, daß im Beispielsfall nicht "zunächst" Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, die sodann durch in der Tat dubiose Fiktionen in solche aus Gewerbebetrieb "umqualifiziert" werden müßten, sondern es lägen immer schon gewerbliche Einkünfte vor. Diese Idee wirkt zunächst befremdlich. Schließlich zählt § 2 I EStG in den Ziffern 1 bis 7 die Einkünfte auf, ohne daß es hierzu des Rekurses auf ein wie auch immer geartetes bewegliches System bedürfte. Entscheidend ist nur, ob der jeweilige Tatbestand (§ 13, § 15, §§ 18 ff. EStG) verwirklicht ist. Diese Regelung gelten auch für das Unternehmenssteuerrecht, soweit die konkreten Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen. Dabei scheint es, als ob diese Zuweisung der Einkünfte dergestalt vorgegeben ist, daß es nur noch der Erfüllung der jeweiligen Voraussetzungen (Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung etc.) bedürfe, um die Einkünfte zweifelsfrei zuzuordnen. Das ist in der Tat die grundsätzliche Konzeption, an der zu rütteln nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein soll. Allerdings illustrieren die mit der Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft und verdeckten Gewinnausschüttung einhergehenden Qualifizierungsprobleme38 , daß die Zuordnung offenbar doch nicht so einfach und unzweifelhaft ist. Bei näherer Betrachtung zeigt sich daher auch, daß der hier gemachte Vorschlag durchaus nicht nach contra-legaler Art mit dem Wortlaut und gesetzlichen Tatbestand bricht und dieser nicht mißachtet wird. So heißt es in § 21 I Nr. 1 und 2 EStG jeweils nur: "Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind 1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen ( ... ) ; 2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen". Es muß sich nicht einmal zwingend um eine Vermietung im bürgerlich-rechtichen Sinne handeln, sondern maßgeblich ist der wirtschaftliche Gehalt des Vertrages. 39 Vor allem aber spricht für die hier vorgeschlagene Sichtweise § 21 III EStG40 , wonach Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 des § 21 bezeichneten J8 Zu ihnen im einzelnen bei den jeweiligen Unterabschnitten. J9BFHE 111,43; 119, 135. 40 Der Große Senat des BFH hat bereits 1971 die enge wirtschaftliche Verflechtung als "umqualifizierende Umstände" i.S.v. § 21 III EStG angesehen (BFHE 101, 120). Eine hinreichende systematische Fundierung war damit aber noch nicht geleistet.

H. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung

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Art Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, soweit sie zu diesen gehören. 4J Diese Vorschrift hat gleichsam eine Schlüsselfunktion aus der Perspektive des beweglichen Systems. Sie nimmt dieser Lehre nämlich das Odium der Tatbestandslosigkeit und Tatbestandsfeindlichkeit, von der auch nicht die Rede sein kann. § 21 III EStG setzt nämlich voraus, daß auch mit einer formalen Zuordnung des Sachverhalts zu den Voraussetzungen einer Vermietung i.S.d. § 535 BGB gewissermaßen "nicht das letzte Wort gesprochen" ist, sondern daß der wahre wirtschaftliche Sachverhalt einkommensteuerrechtlich zu würdigen ist. Es verwundert deshalb auch nicht, daß das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift zur verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Betriebsaufspaltung als Beleg verwendet hat. 42 Der vorliegende Ansatz geht aber noch deutlich darüber hinaus: Die Vorschrift des § 21 III EStG wird als Einbruchstelle innerhalb der lex scripta für die Lehre vom beweglichen System angesehen. Zugleich ist damit festgestellt, daß es sich, wie es dort heißt, um die Zurechnung von Einkünften handelt, d.h. um die ursprüngliche Qualifizierung und nicht um die Umqualifizierung tatbestandlieh anderer Einkünfte. Eine zentrale Bedeutung hat dabei der Nachsatz des § 21 III EStG "soweit sie zu diesen (also anderen Einkünften) gehören". Im folgenden soll gezeigt werden, daß diese Zugehörigkeit jedenfalls für den Bereich des Unternehmenssteuerrechts nach den Regeln des beweglichen Systems entschieden werden kann und es folglich hierfür auf das jeweilige Wirken teleologisch ermittelter Prinzipien in unterschiedlicher Valenz ankommt. Legt man dieses Verständnis zugrunde, so handelt es sich bei § 21 III EStG auch nicht um eine Tautologie. 43 Denn die Ermittlung der Zugehörigkeit ist vor dem Hintergrund dieser Deutung ein eigener Schritt, der weiteren Voraussetzungen unterliegt, nämlich insbesondere einer prinzipienorientierten Entscheidungsfindung. Als mögliche Prinzipien hat Donath 44 das Veranlassungsprinzip und den Einkünftedualismus ins Feld geführt. Aufschlußreich ist daran vor allem der erstgenannte Gesichtspunkt: Das Veranlassungsprinzip bezeichnet nämlich eine Zusammenschau von einfacher Verursachung und finaler Zweckverwirkli-

41 Ausführlich zur dogmatischen Struktur des § 21 III EStG: Donath, Die Betriebsaufspaltung, S.46 ff., der einprägsam von einer "konstitutiven Umqualifikation" spricht (S. 49). Es fragt sich allerdings, ob das nicht ein verdächtiger Pleonasmus ist und deshalb nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis nicht besser von einer anderen nämlich durch die Lehre vom beweglichen System motivierten - Form der ursprünglichen Qualifizierung der Einkünfte gesprochen werden soll. 42 BVerfGE 25,28,36. Zu dieser Rechtsprechung weiter unten § 311 2 b bb). 43 So aber Donath, Die Betriebsaufspaltung, S. 46, ohne nähere Begründung. 44 In: Die Betriebsaufspaltung, S. 47 ff.

§ 2 Das bewegliche System im Untemehmenssteuerrecht

42

chung. Die "Kausalitätsdichte"45 soll dann durch eine "Bewertung von Ursachen"46 bestimmt werden. Dieses Vorgehen ähnelt der Sache nach der Lehre vom beweglichen System, das gleichfalls die Gewichtung von entscheidungserheblichen Umständen und Gesichtspunkten propagiert - freilich auf gesicherter methodologischer Grundlage. Im übrigen ist zweifelhaft, ob es hier wirklich um die "Kausalitätsdichte" geht. Was den weiterhin genannten "Dualismus der Einkünfte" betrifft, so ist damit gemeint, daß Gewinn- und Überschußeinkünfte im deutschen Einkommensteuerrecht getrennt sind. 47 Das hat zweifellos Prinzipienrang. Allerdings folgt auch hieraus kein ohne weiteres ableitbares Postulat. 48 Über den genauen Inhalt der Prinzipien kann hier allerdings noch keine Aussage getroffen werden, da dieser Resultat einer näheren Überprüfung der einzelnen Rechtsinstitute ist und folglich im Rahmen der dortigen Erörterung 49 behandelt wird. Damit bleibt es einstweilen bei der positiv-rechtlichen EinbruchsteIle des § 21 III EStG. Daß hier keine singuläre Vorschrift unzulässig verallgemeinert und zum Rechtsprinzip erhoben wird, illustriert der § 21 III EStG entsprechende § 20 III EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen. Danach sind Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art, die zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vrmietung und Verpachtung gehören, diesen zuzurechnen. Ebenso wie bei § 21 III EStG handelt es sich um keinen eigenen Besteuerungstatbestand, sondern eine Zuordnungsvorschrift. 50 Ebensogut kann man von Kollisionsnormen sprechen, weil die artgemäße Zurechnung zu einer der sieben Einkunftsarten nicht eindeutig lösbar ist. 51 Das entspricht durchaus der hier vertretenen Konzeption, die von einer prinzipiengelenkten Zuordnung der Einkünfte ausgeht und diese auf Figuren des Unternehmenssteuerrechts zu übertragen versucht. Zudem veranschaulicht § 21 III EStG eine gewisse Dynamik auf der Ebene der Einkunftszuweisung, welche die Brauchbarkeit des beweglichen Systems illustriert. Dem kann wiederum nicht entgegengehalten werden, daß hier die in der Subsidiaritätsklausel vorausgesetzte Ausnahme zur Regel erhoben wird. DOllalh, aaO., S. 48. So Jakob, Steuern vom Einkommen, Band I, 1980, S. 122. 47 Tipke, Festschrift für Paulick, S. 391 ff. 48 Auch DOllath. Die Betriebsaufspaltung, S. 50 ff., kann aus dem Einkünftedualismus keine prinzipiengerechten Aussagen für die Betriebsaufspaltung herleiten. 49 Unter § 3 11. und 111. 50 L. Sehmidl, EStG, § 20 Anm. 50. 51 Wiehmal/II, BB 1986, 1334. 45

46

II. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung

43

Schließlich wird keine generelle Übertragung des beweglichen Systems auf das gesamte Einkommensteuerrecht postuliert, wozu in der Tat auch die genannten Vorschriften keine tragfähige Grundlage enthielten. Vielmehr geht es um einzelne Ausprägungen des Unternehmenssteuerrechts, die zudem gerade die §§ 15, 21 EStG zum Gegenstand haben und sich somit genau im Spannungsfeld von Mitunternehmerschaft, Betriebsaufspaltung und verdeckter Gewinnausschüttung bewegen. Ob Einkünfte anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, wie es § 21 III EStG voraussetzt, hat der Richter nach den Regeln des beweglichen Systems, d.h. nach gelenktem Ermessen zu entscheiden. Gegen diesen Ansatz könnte wiederum vorgebracht werden, daß er die Tatbestandsmäßigkeit der Steuergesetze nicht himeichend beachte: Dieser Vorwurf wäre unter zwei Aspekten vorstellbar: Einmal ließe sich argumentieren, daß damit - möglicherweise unzulässig - auf außersteuerliches Recht verwiesen würde. Denn wenn die Zugehörigkeit i.S.d. § 21 III EStG auch unter Zugrundelegung des beweglichen Systems entschieden wird, so würde auf Gesichtspunkte abgestellt, die sich außerhalb der Reichweite steuerrechtlicher Tatbestandsanbindung bewegten. Dieser denkbare Einwand veranschaulicht bereits, wie wichtig es ist, die Lehre vom beweglichen System von den herkömmlichen Systemvorstellungen im Steuerrecht abzugrenzen. Und zweitens kann repliziert werden, daß die durch § 21 III EStG in Bezug genommenen Normen inhaltlich zu unbestimmt seien. 52 Dieser Einwand hat vor allem dann Gewicht, wenn man auch im Steuerrecht von einem allgemeinen verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot ausgeht. 53 Gleichwohl sind diese beiden Einwände nicht so durchgreifend, daß sie dem hier vorgetragenen Ansatz von vornherein entgegenstehen. Zunächst ist zu konstatieren, daß sie nur vor dem Hintergrund eines stark positivistisch geprägten und somit analogiefeindlichen Standpunkt erklärlich sind. 54 Das spricht aber nicht gegen sie, denn eine derartige mittelbare Auswirkung des Prinzips der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung hat den Vorzug, daß sie das innere und äußere System55 des Steuerrechts stärkt, indem sie es vor Aushöhlungen 52 Auf diese bei den Einwände macht aus dem Blickwinkel der strengen Tatbestandsbindung des Steuerrechts Schön (StuW 1995,366,374) in anderem, aber für die vorliegende Problemstellung übertragbaren Zusammenhang aufmerksam. 53 So: Vogel/WaldhojJ in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Vorbem. zu Art. I04a-115, 1997, Rz. 488; Kloepfer, JZ 1984,685, 691; Tipke, Die Steuerrechtsordnung I, S. 169 f.; vgl. auch Lehner, NJW 1991,890,892; a.A. L. Osierloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Stcuergesetze, S. 109 ff. 54 Schön (StuW 1988, 366, 374), der bezüglich des Analogieverbots Flume folgt (aaO., S.367), stellt folgerichtig auf diese Gesichtspunkte in besonderer Deutlichkeit ab. 55 Diese methodologische Wnterscheidung geht zurück auf Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, S. 139 ff. Sie hat die Gesamtheit der im Gesetz angelegten, aufeinander bezogenen und einander ergänzenden Wertungen im Visier und ist

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§ 2 Das bewegliche System im Untemehmenssteuerrecht

systemtragender Grundsätze bewahrt. Das bedeutet indessen nicht, daß eine Bezugnahme auf nichtpositivistische Gerechtigkeitsgesichtspunkte a limine unzulässig wäre. Vielmehr ist bei solchen in besonderer Weise zu prüfen, ob die Gerechtigkeitskriterien systematisch fundiert und teleologisch abgesichert sind. Immerhin wurde bereits weiter oben 56 festgestellt, daß auch die Theorie Flumes nicht im unüberbrückbaren Gegensatz zur hier vertretenen Ansicht steht. Allerdings zeigen die besagten Einwände abermals, daß eine wertungsmäßig folgerichtige Herausarbeitung der jeweiligen Prinzipien und Gerechtigkeitsgesichtspunkte unabdingbare Voraussetzung für die Konsistenz dieses Ansatzes ist, da die Zugehörigkeit zu anderen Einkünften (§ 21 III EStG) keinen Raum für unfundierte Eigenwertungen der Rechtsprechung bieten darf. Die bisherigen Erklärungen waren vor allem auf die Betriebsaufspaltung zugeschnitten, bei der die Tatbestansmäßigkeit besonders problematisch ist. Aber auch bei den anderen in Rede stehenden Rechtsinstituten lassen sich ohne Schwierigkeiten Einbruchstellen innerhalb der lex scrip ta für das bewegliche System finden, ohne daß eine abschließende Tatbestandsbildung den Weg hierzu versperrt. Das ist zunächst leicht aufzuzeigen für die verdckte Gewinnausschüttung, die zwar an zwei Stellen ( § 8 III 2 KStG sowie § 20 I Nr. 1 S.2 EStG) im Gesetz vorausgesetzt ist, aber nicht näher definiert oder erläutert wird. Was genau eine verdeckte Gewinnausschüttung ausmacht, muß in anderer Weise ermittelt werden. Die Lehre vom beweglichen System kann hierzu einen methodologischen Beitrag leisten. Nur auf den ersten Anschein hin anders verhält es sich bei der Mitunternehmerschaft. Diese hat der Gesetzgeber nicht nur in § 15 I EStG vorausgesetzt, sondern scheinbar auch in einer das bewegliche System ausschließenden Weise legaldefiniert, wenn es dort heißt: "Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind ( ... ) 2. die Gewinnanteile der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist." Bei näherer Betrachtung ist damit jedoch wenig, um nicht zu sagen gar nichts, über den Mitunternehmer gesagt, so daß von einer abschließenden Tatbestandsbildung keine Rede sein kann. Bemerkenswerter ist vor dem Hintergrund der vorliegenden Konzeption aber noch die strukturelle Ähnlichkeit der gesetzlichen Wendung ("anzusehen ist") mit der Zugehörigkeit i. S. d. § 21 III EStG bei der Betriebsaufspaltung: In damit auch in der Steuerrechtswissenschaft angezeigt; vgl. zur Übertragung ins Steuerrecht: Vogel, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1978179, 34, 47. Lallg (Systematisierung der Steuervergünstigungen, 1974, S. 7 ff.) hat das darauf aufbauende Systemverständnis von Canaris (Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 35 und insbesondere S. 40) für das Steuerrecht fruchtbar gemacht. 56 Unter /. \. b).

II. Das bewegliche System als Instrument der Einkunftsqualifizierung

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beiden Fällen liegt eine normative, d.h. wertende Entscheidung darüber zugrunde, welche Fälle jeweils erfaßt sein sollen und welche nicht. Was liegt demnach näher, als mit Hilfe einer prinzipienorientierten Sichtweise und auf der Grundlage eines einheitlichen methodischen Vorgehens dasjenige offenzulegen, was die Zugehörigkeit anderweitiger Einkünfte bestimmt, die verdeckte Gewinnausschüttung ausmacht und zu prüfen, wann jemand als Mituntemehmer anzusehen ist?

Zweiter Teil

Die einzelnen Ausprägungen § 3 Die Betriebsaufspaltung Die Betriebsaufspaltung l ist "ein Kind des Steuerrechts..2 und - so könnte man hinzufUgen - der Rechtsprechung. Denn das Gesetz weiß von der Betriebsaufspaltung nichts. Gleichwohl unterscheidet die Praxis zwei Formen: die echte und die unechte Betriebsaufspaltung. Bei der echten Betriebsaufspaltung wird ein Unternehmen regelmäßig 3 in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft untergliedert. Das Besitzunternehmen ist gewöhnlich in der Form der Personengesellschaft organisiert, während das Betriebsunternehmen typischerweise eine Kapitalgesellschaft, zumeist eine GmbH, ist. Sodann verpachtet die Besitzpersonengesellschaft an die Betriebskapitalgesellschaft den Betrieb, genauer: das Anlagevermögen oder dessen wesentliche Teile, wozu vor allem die Betriebsgrundstücke zählen. Die Betriebsgesellschaft fUhrt nunmehr den Betrieb. Die Rechtsprechung nimmt nun unter zwei Voraussetzungen eine Betriebsaufspaltung an: Es müssen wesentliche Betriebsgrundlagen verpachtet sein (sog. sachliche Verflechtung), und dem Vorgang muß ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille zugrunde liegen, was früher als personelle

1 Gelegentlich ist von "Doppel gesell schaft" die Rede; vgl. 0. Jakobs, Unternehmensbesteuerung und Rechtsfonn, 1998, S. 225, der aber selbst im folgenden den herkömmlichen Begriff verwendet. Auch von Betriebsteilung oder "Doppelunternehmen" wird gesprochen; siehe Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 18 Rz. 11. 2 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 12 11. 3. d). Siehe zum Gesellschaftsrecht der Betriebsaufspaltung die gleichnamige Arbeit von BeIltIer, 1986; speziell zum Konzernrecht vgl. Holzwarth, Konzernrechtlicher Gläubigerschutz bei der klassischen Betriebsaufspaltung, 1994, und zu beidem, d.h. Gesellschaftsrecht und Konzernrecht bei der Betriebsaufspaltung: Wiedemann, ZIP 1986, 1293. Zu handelsrechtlichen Fragen, insbesondere den denkbaren Enthaftungsversuchen der Besitzgesellschaft über die §§ 25 ff. und ihren verfassungsrechtlich vorgezeichnetenen Grenzen HGB vgl. Callaris, Festschrift für Odersky, 753, 756 f.; Lieb, Die Haftung für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen bei Unternehmensübergang, 1992, S. 38 ff. 3 Aus Darstellungsgründen wird hier zunächst der "Prototyp" aufgezeichnet. Die tatsächlichen Ausprägungen und Erscheinungsfonnen sind nur durch die Phantasie des Steuerpflichtigen begrenzt.

r. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

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Verflechtung bezeichnet wurde. 4 Ist das der Fall, so erzielt das Besitzunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) statt - wie es der zugrundeliegende Pachtvertrag nahelegen würde - solche aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG). Damit einher geht die Gewerbesteuerpflicht. 5 Auf der anderen Seite 6 werden die stillen Reserven nicht aufgedeckt. Dagegen bezeichnet die unechte Betriebsaufspaltung einen Sachverhalt, den ein normaler Mensch bei unbefangener Betrachtung schwerlich als Aufspaltung eines Betriebs ansehen würde. Gerade deshalb treffen die unwillkommenen Folgen der Betriebsaufspaltung den Betroffenen hier auch oft so überraschend?: Bei der unechten Betriebsaufspaltung sind Besitz- und Betriebsunternehmen nämlich nicht durch Unternehmensaufspaltung entstanden. Vielmehr lagen ursprünglich schon zwei Gesellschaften vor. Erst durch die vom einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragene Verpachtung wesentlicher Betriebsgrundlagen der einen Gesellschaft an die andere kommt es zur "Betriebsaufspaltung"s. Die Rechtsfolgen sind freilich dieselben wie bei der echten Betriebsaufspaltung. 9

I. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

Die Rechtsfigur der Betriebsaufspaltung geht auf zwei Rechtsanwälte zurück, die unabhängig voneinander Mitte der zwanziger Jahre das oben aufgezeichnete Modell zur Steuerersparnis empfahlen. lo Auch in der Rechtsprechung

4 Zu dieser unterschiedlichen Terminologie und den inhaltlichen Differenzen vgl. unten III. 2. a) und c), aa). 5 Das Besitzunternehmen ist von dem Augenblick an als Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 I GewStG zu behandeln, in dem die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung erstmals erfüllt sind (BFH GmbHR 1998, 838). 6 Ob das ein folgerichtiges Wechselspiel ist, wird später (unter 11. 3. b)) gerade im Hinblick auf das bewegliche System zu klären sein. 7 Der nichtssagende Begriff "unechte Betriebsaufspaltung" verschleiert dies. Man sollte besser von einer "unwillkürlichen" Betriebsaufspaltung sprechen. 8 Groh, DB 1989, 748, 750. 9 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. b), aa), S. 883. Zu den Einzelheiten vgl. unten 2. c). 10 Der RFH (RStBI 1945, 34, 37) spricht nur von einem Anwalt aus Sachsen - es handelt sich um den Dresdener Rechtsanwalt Dr. Walther -, tatsächlich hatte zur selben Zeit der Kölner Rechtsanwalt Brockhues die Betriebsaufspaltung in der rheinländischen Textilindustrie so intensiv praktiziert, daß man zeitweilig von der Betriebsaufspaltung als "Brockhues-Gesellschaft" sprach, vgl. Boschert, Die steuerrechtliche Problematik der Betriebsaufspaltung, S. 11; Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung, S. 21, Rz. 2.

"I.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

ist sie seitdem präsent ll , wobei der RFH der Betriebsaufspaltung zunächst nicht ablehnend gegenüberstand. l2

1. Die Betriebsaufspaltung im Nationalsozialismus

Das änderte sich nach einem Vortrag des Staatssekretärs Reinhardt, der den Titel "Beurteilung von Tatbeständen l3 (sc. des Steuerrechts) nach nationalsozialistischer Weltanschauung" trug. l4 Darin prangerte er die Praxis der "Pachtgesellschaften" an, deren Gesellschafter oft Familienmitglieder seien, die mit den Pachtzinsen ihren Lebensunterhalt bestritten, während die darüber hinaus entstehenden Gewinnbeträge in der Betriebskapitalgesellschaft gespeichert und nicht ausgeschüttet würden. Durch deren völlige Beherrschung werde eine Doppelbesteuerung vermieden und zugleich die Gewerbesteuer durch die Abzüge der Pachtzinsen und der Geschäftsftihrergehälter geschmälert. l5 Das aber widerspreche dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und stehe "demgemäß nicht mit der nationalsozialistischen Weltanschauung in Einklang."l6 Über die indiskutable Schlußaussage braucht kein weiteres Wort verloren zu werden. Es fragt sich aber, ob der Befund sonst seine Berechtigung hat. Denn immerhin wurde in der Folge und mit grundsätzlicher Geltung bis auf den heutigen Tag eine Umqualifizierung der Einnahmen von solchen aus Vermietung und Verpachtung in welche aus Gewerbebetrieb vorgenommen. Ohne die Argumentation Reinhardts in ihrer Grundaussage 17 auch nur im geringsten verharmlosen zu wollen, enthält der auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung

11 Staib, Betriebsaufspaltung - steuerrechtlich und haftungsrechtlich, S. 20 ff., unterscheidet drei Zeitphasen, ohne dies jedoch näher zu begründen. Die Entwicklung beschreibt aber Barth, DB 1968, 815. 12 Vgl. nur RFHE 16, 15 f.; RFH StuW 1933, Nr. 484: näher zur Entwicklungsgeschichte Donath, Die Betriebsaufspaltung, S. 9 ff. 13 Groh (FR 1998, 557, 558) hebt übrigens zu Recht hervor, daß der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung den Nationalsozialisten geradezu als Relikt des liberalen Rechtsstaats erschien, das schon als solches zu bekämpfen war. 14 Abgedruckt in: RStBI 1936, 1041. 15 Auch erbschaftsteuerlich hat die Betriebsaufspaltung Vorteile, weil beim Besitzunternehmen nur die Substanzwerte erfaßt werden müssen, Malltag, in: Tipke/Lallg, Steuerrecht, § 18 Rz. 12. 16 Reinhardt, aaO., S. 1051. 17 Reillhardt war während der Zeit des Nationalsozialismus Staatssekretär im Reichsfinanzministerium. In seine Verantwortung fiel u.a. die gezielte Ausplünderung von Juden und Polen durch ungleiche Steuergesetze; näher hierzu Voß, Steuern im Dritten Reich, 1995, S. 50 ff., 146 ff., 166 ff.

I. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

49

zielende Grundgedanke kein spezifisch nationalsozialistisches Gedankengut l8 , und läßt sich ebensogut als Resultat einer Empörung über Tendenzen zur Steuerminimierung auffassen. 19 Als solche entbehren die Überlegungen nicht von vornherein der Berechtigung.

2. Fortgeltende Prinzipien?

Damit ist die Frage aufgeworfen, ob die hierdurch eingeleitete Kehrtwende der Rechtsprechung trotz der historischen Herkunffo einen ersten Einblick in möglicherweise noch fortgeltende und als solche anerkennenswerte Prinzipien bietet. Immerhin läßt sich aus dem Befund Reinhardts folgendes schließen: Die Verringerung der Geerbesteuer durch den Abzug von Pachtzinsen und Geschäftsführergehältem wirft in der Tat die Frage auf, ob nicht die Qualifizierung der Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb gerechter ist und den Vorzug verdient. Denn dann ließe sich auf der anderen Seite der gewerbesteuerrechtliehe Abzug besser rechtfertigen. Damit sind bereits denkbare Prinzipien bzw. Gerechtigkeitskriterien genannt, die möglicherweise förderlich für die Beurteilung der Rechtsfolgen, welche die Rechtsprechung aus der Betriebsaufspaltung zieht, sind und damit auch für die Annahme eines beweglichen Systems der Betriebsaufspaltung hilfreich sein können. Bevor aber dieser erste Befund, der einstweilen nicht mehr als den Rang einer Arbeitshypothese hat, näher und im Detail untersucht wird, soll zunächst der von Reinhardt monierte

18 Anders, aber falsch Gebhardt, GmbHR 1998, 1022 Fußnote 4: "Wegen der historischen Entwicklung der Betriebsaufspaltung insbesondere als nationalsozialistisches Rechtsgut in Rechtsprechung und Verwaltung s. insbesondere auch Knobbe-Keuk, aaO (sc. Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht), S. 866-867." Die Betriebsaufspaltung ist kein nationalsozialistisches "Rechtsgut" (wenn man es überhaupt so nennen soll), und auch KI/obbe-Keuk wollte das ausführliche wörtliche Zitat der Rede Reinhardts in ihrem Lehrbuch (aaO., S. 866 f.) trotz ihrer grundlegenden Skepsis gegenüber der Betriebsaufspaltung ersichtlich nicht allein in diesem Sinne, d.h. um das Institut schon in seiner Genese zu brandmarken, verstanden haben. 19 Das darf nicht propagandistisch verbrämt und schon gar nicht mit dem Schlagwort "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" gleichgesetzt werden. Diese unselige Sentenz entspricht nämlich Punkt 24 des Parteiprogramms der NSDAP und markiert in dieser Eigenschaft den Ursprung völkischer Rechtsauffassung, die diesen Namen nicht verdient; näher hierzu Riithers, Die unbegrenzte Auslegung, 1968, S. 132. Es geht mit den Worten Tipkes (Die Steuerrechtsordnung, Band I, 1993, S. 18) lediglich, aber immerhin, "um ein ethisches Steuerrecht, nicht um die technische Rationalität des Steuerverrneidens." Die etwas unglückliche Konotation, mit der H. H. Jakobs (Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, 9, 40 Fußnote 75) "die Ethik" der Ausführungen Tipkes (aaO., S.45) versieht, hat Groh (FR 1998, 557, 559) richtig gestellt. Hieraus einen Schulenstreit zu machen, ist überflüssig (vgl. Groh, aaO., gegen Weber-Grellet, FR 1998,35 ff.). lD Woemer, BB 1985, 1609, 1610, spricht deshalb zutreffend von einem "politischideologischen Geburtsfehler" der Betriebsaufspaltung.

4 PClcrscn

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

mögliche Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung geprüft werden. Damit ist eines der fundamentalen Prinzipien der Steuergerechtigkeit angesprochen2 \. Schon deshalb ist die Behandlung innerhalb der vorliegenden Arbeit veranlaßt, die mit der Lehre vom beweglichen System vor allem ein Prinzipiendenken postuliert, das nicht erst auf der Ebene der Rechtsanwendung, sondern bereits bei der inneren Legitimierung der betroffenen Institute anzusetzen hat. Ferner geht es um Inhalt und Ausprägungen des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes 22 , der in Art. 3 GG verankert ist. 23 Hieran zeigt sich, daß die Berufung auf den Grundsatz der Geichmäßigkeit der Besteuerung24 auch und gerade unter der Geltung des Grundgesetzes nicht ungehört verhallen kann. Indessen ist mehr als zweifelhaft, ob die Qualifikation als gewerbliche Einkünfte bei der Betriebsaufspaltung mit Hilfe des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung25 legitimiert oder gar gefordert werden kann. Denn Art. 3 GG verbietet (nur) gleiches ohne sachlichen Grund ungleich und ungleiches ohne sachlichen Grund gleich zu behandeln. 26 Selbst wenn man mit der sogenannten "neuen Formel" des Bundesverfassungsgerichts 27 davon ausgeht, daß der Gleichheitssatz verletzt ist, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt werde, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung 2\ Vgl. aus dem nahezu unüberschaubaren Schrifttum hierzu: Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1989, S. 161 ff.; Vogel, DStZ/A 1975, 409, 411; speziell zum Gleichheitssatz im Verhältnis zur steuerlichen Einkünfteermittlung Schön, StuW 1995,366,369. 22 Hierzu aus dem Blickwinkel des Steuerrechts Lehner, Einkommensteuerrecht und Sozialhilferecht, 1993, S.322 ff.; Radi, Die Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, 1994, S. 108 ff.; Kirchhof, StuW 1984,297 ff. 2J Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 63 sowie Abschnitt C (Rz. 70 ff.). Auch das Bundesverfassungsgericht leitet die Steuergerechtigkeit aus Art. 3 GG her; vgl. BVerfGE 6, 70; 9, 9; 13,202,298,338; 23, 253; 26, 310; 29, 335; 35, 335; 36, 330; 43, 118;47,29;49,360;50,391;65,354;66,223. 24 Außer Betracht bleiben kann hier die maßgeblich von Vogel (DStZ/A 1975,411 = Der offene Finanz- und Steuerstaat, 1991, 503) geprägte Unterscheidung zwischen horizontaler Steuergleichheit, d.h. gleich hoher Besteuerung gleich hoher Einkommen, und vertikaler Steuergleichheit, wonach das Maß unterschiedlicher Besteuerung der unterschiedlichen Einkommen vor dem Gleichheitssatz zu rechtfertigen ist, vgl. auch Vogel/WaldhojJin: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 1997, Vorbem. zu Art. 104a115, Rz. 527. 25 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind hierzu insbesondere zu nennen: Klein, Gleichheitssatz und Steuerrecht, 1966; Kirchhof. StuW 1984, 297; Vogel, JbFSt. 1970171,49; Birk, StuW 1989, 212; Sachs, StVj 1994, 75 sowie der Überblick bei Vogel/WaldhojJin: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, 1997, Vorbem. zu Art. 104a115, Rz, 500-530. 26 BVerfGE 4, 144, 155; 1, 14,52; 51,60,76. 27 So zumindest der Erste Senat, vgl. BVerfGE 55, 88,; 60, 134; 62,274; 65, 112.

I. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

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rechtfertigen können: s, ergibt sich nichts anderes: Die Gruppe der "einfachen Vermieter" muß nicht von Verfassungs wegen anders behandelt werden - mit der etwaigen Konsequenz, daß der Gesetzgeber dem durch Schaffung einer entsprechenden tatbestandlichen Fixierung der Betriebsaufspaltung Rechnung tragen müßte - als die Gruppe derer, die mit personeller Verflechtung wesentliche Betriebsgrundlagen pachtweise überlassen. Trotzdem bleibf9 auf der Ebene des einfachen Rechts 30 die Frage, ob die Entwicklung der Betriebsaufspaltung nicht gleichwohl al~ gerechte Lösung Beifall verdient. Immerhin ist schwer einzusehen, warum eine Verpachtung betriebsnotwendiger Wirtschaftsgüter unter bestimmten Umständen, die natürlich dann einer genauen Überprüfung unter Prinzipiengesichtspunkten bedürfen, nicht den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung sprengen und als gewerbliche Tätigkeit qualifiziert werden soll: Nach § 14 S. 3 AO liegt eine Vermögensverwaltung regelmäßig dann vor, wenn Vermögen genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Die Regelung soll klarstellen, daß private Vermögensverwaltung solange vorliegt, wie lediglich Früchte aus einem Vermögen gezogen werden 3 1, wobei es weder auf die Größe des Vermögens noch auf die Vermögensart ankommt. 3: Betrachtet man diese Vorschrift einmal unbefangen und setzt sie in Beziehung zu den Konstellationen, in denen eine Betriebsaufspaltung überhaupt nur diskutiert wird, so wird klar, daß damit etwas gänzlich anderes gemeint ist. § 14 S. 3 AO hat gewissermaßen die neutrale Nutzung des erworbenen Vermögens im Sinn. Dieses kann auch in Grundstücken bestehen, wie der als zweites genannte Beispielsfall illustriert. Immerhin zeigt die Regelungstechnik des § 14 S.3 AO, die von einem Regelvorbehalt ausgeht ("Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor") und die Vermögensnutzung sodann noch exemplifiziert ("zum Beispiel ... unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird") folgendes: Im Gegensatz zu gewerblicher Tätigkeit soll "bloße" Vermögensverwaltung in nicht abschließend aufgeführten Sonderfällen, sondern im prototypischen Regelfall der genannten Geld einbringenden Tätigkeiten vorliegen. Weisen diese aber markante Besonderheiten auf, etwa indem das verpachtete Grundstück gerade auf den Gewerbebetrieb des Pächters zugeschnitten und Aus der neueren Judikatur BVerfGE 88, 87, 96; 89, 15,22. So schon oben unter 2. 30 Jedoch nur vorbehaltlich weiterer verfassungsdirigierter Fragestellungen, vor allem derjenigen nach der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung (dazu unten 11. 2. b) bb) . •11 Wöppel, Die Abgrenzung der privaten VermögensverwaItung vom Gewerbebetrieb bei der Veräußerung privater Gundstücke und Gebäude, 1992, S. 11 f.; Freudling, StuW 1970,261,263. '2 Hofballe,., BB 1969,666,671. 28 20

4'

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

gleichzeitig zwischen diesem und dem Verpächter eine annähernde wirtschaftliche Identität besteht, so ist es kein Gerechtigkeitsverstoß, auch die Betätigung des Verpächters nunmehr als gewerbliche anzusehen. 33 Schließlich ist das, was sich als entgeltliche Gebrauchsüberlassung in der zivilrechtlichen Form der Pacht oder Miete darstellt, durch entscheidende weitere Elemente angereichert, wenn der Pachtgegenstand eine besondere Zweckbestimmung für den Gewerbebetrieb des Pächters aufweist und der Verpächter im gleichen Zuge u.U. seinem Willen auch beim Betrieb des Pächters Geltung verschaffen kann. Zwar ist ersteres, also die Zweckbestimmung des Pachtgegenstandes, isoliert betrachtet üblich und vernünftig, weil niemand einen Gegenstand mietet oder pachtet, den er nicht gerade für seine Bedürfnisse benutzen kann. Im besonderen Zusammenwirken mit dem zweiten Element, der möglichen Einflußnahme des Verpächters auf die Belange des Pächters, kann dies jedoch insgesamt ein anderes Gesicht bekommen, so daß nun nicht mehr die Miete oder Pacht, sondern nur noch der Gewerbebetrieb die angemessene Beschreibungsform darstellt. Nach der hier vertretenen Konzeption sind die §§ 14 S. 3 AO und 21 III EStG also die den grundsätzlichen Vorrang unbeweglicher Systemteile respektierenden Schnittstellen innnerhalb der lex lata. Dabei handelt es sich gleichsam um "Einfallstore" für die Lehre vom beweglichen System, zu der die Regelungstechnik beider Vorschriften auch paßt: Sie geben nämlich einen hinreichend klar formulierten Anhalt, verlangen aber ein wertendes Gewichten vom Rechtsanwender, der sich folglich auf die zugrundeliegenden Prinzipien besinnen muß. Diese können vorläufig skizziert werden als eine Manifestierung der wirtschaftlichen Identität zwischen Verpächter und Pächter sowie die Abstimmung des Pachtgegenstandes auf die Ziele und Bedürfnisse des Pächters. Damit scheinen - wiederum nur im Range einer Arbeitshypothese - Unterscheidungsmerkmale auf, die eine Abkehr von der schlichten Vermietung und Verpachtung oder bloßen Vermögensverwaltung und eine Hinwendung zur gewerblichen Tätigkeit illustrieren und damit eine Klassifiziemg als derartige Einkünfte als gerechtfertigt erscheinen lassen. Die §§ 21 III EStG, 14 S. 3 AO stellen hierfür einen positiv-rechtlichen Anknüpfungspunkt innerhalb der lex scrip ta dar. 34 Ob sie dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit genügen, wird )) Kllobbe-Keuk (Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht , § 911. 2. a), 5.370) macht darauf aufmerksam, daß der Gesetzgeber es schlicht "vergessen" hat, im 5teuerentlastungsgesetz 1984 die private Vermögensverwaltung i.5.d. § 14 5. 3 AO als negatives Tatbestandsmerkmal in § 15 E5tG zu fixieren. Das entsprach schon damals der Rechtsprechung, die - ähnlich wie im vorliegenden Zusammenhang - Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung abgrenzt, indem sie "auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung" abstellt; vgl. BFH B5tBIII 1984, 751, 763. )4 Ähnlich verfährt auch die Rechtsprechung; vgl. BFH B5tBI 11 1972, 63, 64, wonach die bloße Vermögensverwaltung "bei Vorliegen besonderer Umstände als gewerbliche Tätigkeit angesehen werden kann. Daß dies auch dem Willen des Gesetzgebers

I. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

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noch zu erörtern sein.}> ~icht allein, aber im Verbund mit der Lehre vom beweglichen System können sie unter Gerechtigkeitsaspekten befriedigende Lösungen ermöglichen.

3. Der methodologische Rang der Betriebsaufspaltung

Damit sind die Eckpunkte der hier vertretenen Lösung vorgezeichnet. Zu fragen ist noch, wie hoch eigentlich die Betriebsaufspaltung als Gegenstand des Erkenntnisinteresses zu bewerten ist, das heißt, welchen methodologische Rang sie besitzt. Denn nur auf dieser Grundlage läßt sich beurteilen, ob die Betriebsaufspaltung es überhaupt verdient, mit dem wissenschaftlich anspruchsvollen Begriff des Systems in Verbindung gebracht zu werden. }6 Da die Betriebsaufspaltung gesetzlich nicht geregelt ist und nicht einmal in einzelnen Vorschriften vorausgesetzt \\urde, ist viel darüber gestritten worden, ob es sie überhaupt geben darf und - wenn das erste schon aufgrund der Rechtsprechung-'7 sowie der Bedürfnisse der Praxis nur schwer in Abrede zu stellen ist's - ihr nicht wenigstens der methodologische Rang als Rechtsinstitut streitig zu machen ist.

entspricht, zeigt die Vorschrift des § 21 Abs.3 EstG." Allerdings ist dieses Ergebnis mit dem bloßen Verweis auf den Willen des Gesetzgebers noch nicht hinreichend teleologisch und methodologisch abgesichert. Gerade deshalb bedarf es der Herausarbeitung der Prinzipien und ihrer Einbindung in die Vorstellung vom beweglichen Systems. J5 Unter 11. 2. b). Jo L Schmidt (OStR 179,671,673) hat in einer bemerkenswerten Sentenz die Forderungen zusammengefaßt, die an die systematische Einbindung der Betriebsaufspaltung zu stellen sind: "Sollte es gleichwohl nicht zu schaffen sein, das innere System unserer Ertrags- bzw. Einkommensbesteuerung hinreichend zu verifizieren und aus den Wertungsgrundlagen der einschlägigen Gesetzestexte, z.B. aus dem Verständnis des Einkommensbegriffs als Indikator wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, aus der zutreffenden Wertung wirtschaftlich divergierender Sachverhalte und aus der ratio der dualistischen Einkommensermittlung für betriebliche und außerbetriebliche Zwecke in einer die BFHRechtsprechung zur Betriebsaufspaltung legitimierenden Weise zu gewinnen, so wäre damit wohl auch die Betriebsverpachtung als illegitim demaskiert." Eine solche prinzipiengerechte, systematische Fundierung kann möglicherweise mit Hilfe der Lehre vom beweglichen System geschaffen werden. -'1 Polemisch hierzu Barth, BB 1985, 1861, mit dem Titel: "Ein bemerkenswertes Jubiläum - fünfzig Jahre Betriebsaufspaltung ohne gesetzlich normierten Tatbestand" sowie ders., OB 1985,510 und Festschrift für Paulick, S. 277. JS Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG BStBI II 1985,475).

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

a) Die Betriebsaufspaltung als Rechtsjigur bzw. Rechtsinstitut

Die Kritik, welche die Betriebsaufspaltung heraufbeschworen hat, hängt eng mit der Frage zusammen, ob die Betriebsaufspaltung es verdient, als Rechtsinstitut bezeichnet zu werden.

aa) Kritische Stimmen Groh 39 hat die Betriebsaufspaltung schlicht als "juristisches Ärgernis" bezeichnet. Moderater in der Wortwahl, wenngleich nicht weniger bestimmt in der Sache, hat Knobbe-Keuk der Betriebsaufspaltung den Rang als Rechtsinstitut schlechterdings abgesprochen und sie als rein wirtschaftlichen Sachverhalt bezeichnet. 40 Es fehle schon an einem klaren Tatbestand. Soweit man von ihm überhaupt sprechen könne, sei er von Zufällen geprägt und nicht auslegungsfähig. 4 \ Die fehlende Bestimmtheit des Tatbestandes bringe im übrigen Rechtsunsicherheit mit sich, die nicht dadurch hergestellt werde, daß an systematisch nicht einzuordnenden Sätzen festgehaiten werde. 42

bb) Stellungnahme Den Kritikern der Betriebsaufspaltung ist im Ausgangspunkt zuzugeben, daß die bloße Existenz der Betriebsaufspaltung mitsamt ihrer großen Bedeutung im Wirtschaftsleben keine systematische Fundierung entbehrlich machen oder gar ersetzen kann. Allerdings ist die Kritik ihrerseits nicht unzweifelhaft. Was zunächst die Rechtssicherheit betrifft, die Knobbe-Keuk dadurch gefährdet sieht, daß wegen des verschwommenen Tatbestandes unklar sei, woran sich der Richter etwa beim Vorliegen des "einheitlichen geshäftlichen Betätigungswillens" orientiere 4 \ so ist zu entgegnen, daß sich dieses Problem auch in anderen Bereichen stellt. So birgt etwa die unterschiedliche AusfUllung zivilrechlicher Generalklauseln 44 stets die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen und ver39 In: OB 1989, 748. Vogel (Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1978179, 34, 41, 44) bemängelt die ..Argumentationsabstinenz" der Rechtsprechung. 40 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 864. 41 Kllobbe-Keuk, aaO., S. 865. Ähnlich Flume, OB 1989, 1152, der vom fragwürdigen (S. 1154) und unglücklichen (S. 1155) .. Rechtsinstitut" Betriebsaufspaltung spricht. 42 Kllobbe-Keuk, aaO., S. 869. 43 Kllobbe-Keuk, aaO., S. 865 und 869. 44 Übrigens hat etwa Mayer-Maly im Sammelband über .. Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht" (Lit.-Verz.) für die Konkretisierung von Generalklauseln die Lehre vom beweglichen System herangezogen. Dieser Gedanke war zuvor schon bei Canaris (in: Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 82 und

1. Entstehungsgeschichte und Rechtsgrund

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ringert so die Rechtssicherheit im Sinne konkreter Vorhersehbarkeit. Gerade aus diesem Grund muß sich die Rechtswissenschaft hier um eine prinzipiengerechte Auslegung und Inhaltsftillung bemühen. Knobbe-Keuks Einwand ist deshalb richtig dahingehend zu deuten, daß eine entsprechende dogmatische Durchdringung und Systematisierung der Betriebsaufspaltung not tut. Nicht zuletzt dieses soll die Lehre vom beweglichen System leisten. Gewiß stellt sie besondere Anforderungen an den Richter45 , der die unterschiedliche Ausprägung der einzelnen Prinzipien, hier also etwa des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens, gewichten und sodann die Rechtsfolge "nach gelenktem Ermessen"46 bestimmen muß. Allerdings entsprechen die bei den Hauptvoraussetzungen der Betriebsaufspaltung - einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille und Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen - seit langem der ständigen Rechtsprechung, und man könnte sich durchaus eine gesetzliche Vorschrift dieses Inhalts vorstellen. 47 Damit soll selbstredend keiner unreflektierten Verfestigung der Rechtsprechung im Sinne schlichter Kontinuität das Wort geredet werden. Denn auch wenn sich Tendenzen der bisherigen Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung formal nach Art des beweglichen Systems beurteilen lassen, so ist damit noch wenig über ihre inhaltliche Richtigkeit gesagt. Eine blinde Übertragung der Rechtsprechung in die Kategorien des beweglichen Systems könnte sogar zu dem widersinnigen Ergebnis ftihren, fragwürdige Entwicklungen der Rechtsprechung durch ein metodologisches Fundament zu zementieren. Nichtsdestoweniger ist die Anlehnung an die Rechtsprechung zumindest dann ein probates Darstellungsmittel, wenn die jeweiligen Voraussetzungen bzw. Elemente teleologisch hinterfragt und systematisch eingeordnet werden können.

S.152) vorgezeichnet; vgl. auch Callaris, aaO., S. 85 Fußnote 45: "zum anderen dürfte dem Gedanken des beweglichen Systems auch eine maßgebliche Rolle bei der Konkretisierung der Generalklauseln selbst zukommen." 45 Hierzu bereits oben Erster Teil, § I. I. I. a.E. 4. Wilbllrg. Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 22 47 Eine Kodifizierung der Betriebsaufspaltung war im Gepräge-RechtsprechungsGesetz (vgl. BR-Drs. 165/85; hierzu Flllme, OB 1985, 1152, 1154; Knobbe-Keuk, BB 1985, 820 ff.; 941 ff.) vorgesehen, doch war auch dort die Betriebsaufspaltung nur vorausgesetzt und nicht näher definiert. Dezidiert ablehnend deshalb Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. c); S. 870: "Die beabsichtigte gesetzliche Regelung der Betriebsaufspaltung durch eine Vorschrift ohne Tatbestand (Hervorhebung auch dort) ist glücklicherweise nicht Gesetz geworden." Für eine Kodifizierung, aber ohne überzeugende Gründe: KuhseI, OB 1998, 2194, 2196.

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

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b) Die Kriterien Savignys

Damit ist die Frage, ob die Betriebsaufspaltung ein Rechtsinstitut oder nur ein wirtschaftlicher Sachverhalt ist, noch nicht beantwortet. Zur Bestimmung des Begriffs "Rechtsinstituts" lohnt es sich, kurz auf Savigny einzugehen, fUr den der Begriff zentrale Bedeutung hatte. 48 Rechtsinstitute sind fUr Savigny die typischen Lebensverhältnisse, die als rechtlich verbindliche Ordnung gedacht und ausgestaltet sind, was er z.B. fUr die Ehe, den Kauf, das Eigentum an einem Grundstück etc. annimmt. 49 Das Rechtsinstitut zeige sowohl "in dem lebendigen Zusammenhang der Bestandteile als in seiner fortschreitenden Entwicklung" eine "organische Natur".50 Entscheidend ist, daß nicht die Rechtsregeln die Rechtsinstitute ergeben, sondern diese ihrerseits erst durch ,,Abstraktion"5\ herausgelöst werden. 52

c) Ergebnis

Dieser Rekurs fUhrt natürlich nicht zu einer zweifelsfreien Beantwortung der Ausgangsfrage. Er verdeutlicht aber immerhin, daß die Betriebsaufspaltung letztlich ein Pachtverhältnis, das unter bestimmten weiteren Voraussetzungen eine weitergehende steuerrechtliche Bedeutung erhält - nicht nur verkürzend als wirtschaftlicher Sachverhalt unter Leugnung der Eigenschaft als Rechtsinstituts aufgefaßt werden kann. Auch illustriert der Rückgriff auf Savigny, daß es nicht nur auf die Rechtsregeln im Sinne einer lex scripta ankommen muß, um von einem Rechtsinstitut sprechen zu können, sondern daß auch ein anderweitiges Lebensverhältnis ausreichen kann. So gesehen kann man die Betriebsaufspaltung durchaus als Rechtsinstitut qualifizieren. Daß hier nicht nur begrifflich verengt subsumiert wird, zeigt sich in der Zusammenschau mit den oben53 herausgearbeiteten Arbeitshypothesen. Dabei ging es nämlich letztlich um nicht weniger als die Frage, ob die Qualifizierung entgeltlicher Gebrauchsüberlassung unter bestimmten Umständen als gewerbliche Tätigkeit unter Gerechtigkeitsaspekten überzeugt. Da dies angenommen wurde, ist es nur folgerichtig, den Gegenstand dieses Interesses als Rechtsinstitut anzusehen. Das ergibt sich daraus, daß die Betriebsaufspaltung insoweit der Verwirklichung materialer Gerechtigkeit dient.

Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Band I, 1840. Savigny, aaO., S. 9. 50 Savigny, aaO., S. 9. 51 Savigny, aaO., S. 11. 52 Savigny, aaO., S. 16. 53 Unter 2. a.E.

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4. Die Alternativkonzeption von Knobbe-Keuk

Zu den schärfsten Kritikern der Betriebsaufspaltung ist Knobbe-Keuk zu zählen. Sie hat es jedoch nicht bei der harschen Kritik belassen, sondern versucht durch einen eigenen Lösungsvorschlag "systematische Klarheit"54 zu gewinnen.

a) Die Betriebsaufspaltung als Betriebsaufgabe Knobbe-Keuk sieht bei der Begründung der Betriebsaufspaltung den Betriebsaufgabetatbestand verwirklicht. 55 Daher sei eine teleologische Reduktion der Betriebsaufgabevorschriften vorzunehmen. Die teleologische Rechtfertigung ergebe sich daraus, daß der Betriebsaufgabetatbestand nur ein ,,Auffangtatbestand" sei, dessen es nicht bedürfe, wenn die "Notsituation" 56 nicht vorliege, die darin besteht, daß es keine anderweitige Möglichkeit mehr zur Erfassung der stillen Reserven gebe.

b) Kritik Ob dieses Modell wirklich die erhoffte systematische Klarheit schafft, ist zweifelhaft. Problematisch ist insbesondere, auf welche Weise Knobbe-Keuk ihre Annahme, daß das Besitzunternehmen keiner Gewerbesteuerpflicht unterliegt, bekräftigt: Das stehe der teleologischen Reduktion des § 16 EStG nicht entgegen, da ein Gewinn nach § 16 EStG ohnehin nicht gewerbesteuerpflichtig wäre. 57 Damit droht aber eine petitio principii. Denn im zu Beweisenden - der mangelnden Gewerbesteuerpflicht wegen teleologischer Reduktion des § 16 EStG ist das Bewiesene, nämlich daß ein Gewinn nach § 16 EStG nicht gewerbesteuerpflichtig ist, schon wieder enthalten. Zwar ist die genannte Passage nicht Teil einer Beweisführung im strengen Sinne, sondern antizipierte Replik auf einen möglichen Einwand. Jedoch illustriert diese Bemühung, der Gewerbesteuerpflicht aus dem Weg zu gehen, daß das gewünschte Ergebnis - die Betriebsaufspaltung soll keine Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens begründen - den Vorrang hat. Schließlich ist es schwerlich wegzudiskutieren, daß die Beteiligten eine vollständige Betriebsaufgabe nicht wollten, mag auch Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22. X., S. 882. In: Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 6., S. 896. 56 Knobbe-Keuk, aaO., S. 883. 57 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. a), S. 883. 54

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

die Verlagerung des Betriebs auf die danach benannte Kapitalgesellschaft aus der Sicht der Besitzgesellschaft durchaus ähnlich sein. Vielmehr ging es den Beteiligten darum, die gewerblichen Einkünfte gewissermaßen in der Person der Besitzgesellschafter in Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung umzuleiten. Die dabei zugrundeliegenden gleichen oder zumindest ähnlichen Beteiligungsverhältnisse, welche die Rechtsprechung mit der von Knobbe-Keuk sogenannten58 "Krücke" des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens bezeichnet, sind dabei eine maßgebliche Auffalligkeit. Denn die Beteiligten wählen letztlich eine Konstruktion, neben verschiedenen Annehmlichkeiten der Betriebsaufspaltung der Gewerbesteuerpflicht aus dem Wege zu gehen. Es ist aber nicht ersichtlich, warum man dieser Konstruktion noch durch eine nunmehr dogmatische Konstruktion, nämlich die teleologische Reduktion der Betriebsaufgabevorschriften, zum gewünschten Erfolg verhelfen soll. Im übrigen zeigt sich daran, daß die Qualifikation als gewerbliche Einkünfte gar nicht, wie so oft beteuert, der Stein des Anstoßes ist, sondern in Wahrheit die Belastung mit der Gewerbesteuerpflicht. Schließlich "gehören" nach § 16 I 1 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Gewinne, die bei der Veräußerung des Betriebs erzielt werden. Das ist aufschlußreich, wenn man bedenkt, daß nach dem hier vertretenen Ansatz § 21 III EStG, der auf die anderweitige Zugehörigkeit (1) der Einkünfte abstellt, die Schlüsselnorm der Betriebsaufspaltung und zugleich Einbruchstelle für die Lehre vom beweglichen System ist.

11. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

Auch wenn die Betriebsaufspaltung nicht nur einen wirtschaftlichen Sachverhalt, sondern ein Rechtsinstitut darstellt 59 , ist damit noch nichts über die systematische Einbindung gesagt und somit dogmatisch wenig gewonnen. Da die Betriebsaufspaltung im folgenden als bewegliches System interpretiert werden soll, geht es zunächst um die Darstellung von Tatbestand und Rechtsfolgen diese Rechtsinstituts. Nur auf dieser Grundlage kann nämlich dem Grundanliegen der Lehre vom beweglichen System zur Geltung verholfen werden. Dieses besteht darin, je nach der unterschiedlichen Ausprägung der in Betracht kommenden Elemente zu ermitteln, ob die fragliche Rechtsfolge im konkreten Fall eingreifen kann.

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Kllobbe-Kellk, aaO., S. 883. A.A. Kllobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 864.

H. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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1. Zum Tatbestand der Betriebsaufspaltung

Eine Beschreibung der tatbestandlichen Voraussetzungen ist insofern schwierig, als die Rechtsprechung zwar im Laufe der Zeit relativ klare Konturen erarbeitet hat, andererseits aber immer wieder die Tatbestandslosigkeit der Betriebsaufspaltung beklagt wird. Dieses vorderhand widersprüchliche Bild kann möglicherweise anhand der Lehre vom beweglichen System in anderem Licht erscheinen.

a) Die angebliche Tatbestandslosigkeit

Der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung wird oft vorgeworfen, daß die von ihr konstituierten Voraussetzungen der personellen und sachlichen Verflechtung unklar und irreführend seien. 60 Teleologisches Rechtsdenken sei bei einem praeter legern entwickelten Tatbestand nicht möglich61 , so daß der Richter insbesondere bei der Bestimmung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens notwendigerweise orientierungslos sei. 62 Tatbestand und Rechtsfolge lägen nur in Umrissen fest und überraschten die Rechtssuchenden immer aufs Neue. 63

b) Der Anknüpfungspunktfür das bewegliche System

Betrachtet man die beklagte Tatbestandslosigkeit einmal näher, so läßt sich erkennen, daß gerade hier der Anknüpfungspunkt für die Lehre vom beweglichen System liegt. Das wird deutlich, wenn man sich folgenden Satz von Knobbe-Keuk vergegenwärtigt: "Die beiden von der Rechtsprechung entwikkelten Elemente des Tatbestandes (sc. der Betriebsaufspaltung), sowohl die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage als auch der 'einheitliche geschäftliche Betätigungswille' , sind schillernd und unklar. ,,64 6Q In diese Richtung vor allem Groh, OB 1989, 748; Seilei, GmbHR 1979, 113, I 17; ders., StbJb 1974/75, 107; Knohbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 865 ( "Bei dieser Lage haftet jeder Entscheidung über das Vorliegen des Tatbestandes das Moment des Zufalls an."). 61 Knohhe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 864. A.A. Weber-Grellel, FR 1998, 35, 38. Er hält "gerade die Betriebsaufspaltung (für) ein Beispiel für eine gelungene teleologische Interpretation des Gesetzes (nämlich daß unter bestimmten Voraussetzungen eine qualifizierte Vermietung zu einer gewerblichen Tätigkeit führen kann)." Das entspricht der hier vertretenen Ansicht. 62 Kllohbe-Keuk, aaO., S. 865. 63 Groll, OB 1989, 748. 04 Kllohhe-Keuk, aaO., S. 864.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

Damit ist unwillkürlich der von Wilburg zur Beschreibung seiner Lehre stammende Terminus der "Elemente" aufgegriffen worden. Um solche - oder besser: Prinzipien - geht es in der Tat. Die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage und der einheitliche geschäftliche Betätigungswille können nämlich möglicherweise als Elemente bzw. Prinzipien des beweglichen Systems der Betriebsaufspaltung gedacht werden. Daß diese allerdings nicht "verworren und unklar", sondern lediglich fungibel sind, d.h. im Entscheidungsfall in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen können, soll die vorliegende Untersuchung im folgenden aufzeigen. Deshalb ist es auch unschädlich, wenn von den Kritikern moniert wird, daß man den "Tatbestand" der Betriebsaufspaltung nicht auslegen könne. Das ist nämlich auch gar nicht nötig, weil es nur darauf ankommt, ob die Elemente bzw. Prinzipien, die einander vertreten können, im Einzelfall so stark ausgeprägt sind, daß die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung65 eintreten. Zugleich erweist sich, daß es nicht entscheidend ist, ob man von einem subsumtionsfähigen "Tatbestand"66 der Betriebsaufspaltung sprechen kann, den es mangels gesetzlicher Normierung in der Tat nicht gibt. Es ist gerade charakteristisch flir die Lehre vom beweglichen System, daß auf eine abschließende Tatbestandsbildung verzichtet wird. 67 Soweit beklagt wird, daß der Tatbestand nur in Umrissen feststehe 68 , steht dies ebenfalls nicht entgegen, da man den Befund ebensogut anders umschreiben kann: Die beiden anerkannten Prinzipien des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens und der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage 69 müssen nicht in gleicher Intensität vorliegen und sind bedingt kompensierbar. Es besteht also eher ein Komplementaritätsverhältnis als der Zwang einer Subsumtion konturenscharfer Tatbestandsmerkmale. Dennoch ist die Betriebsaufspaltung auch und gerade im Sinne des beweglichen Systems justitiabel: Es ist "nach gelenktem Ermessen"7o darüber zu befinden, ob die Prinzipien in ausreichender Stärke im Entscheidungsfall vorliegen, damit die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung eintreten können. Daß die Betriebsaufspaltung selbst nicht kodifiziert ist, steht dem nicht entgegen. 7\

Zu ihnen unten 11. 2. Bezeichnenderweise wird auch von den Kritikern der Betriebsaufspaltung der Begriff "Tatbestand" gelegentlich in AnfLihrungsstriche gesetzt, wenn es um den methodologischen Rang der Betriebsaufspaltung geht; vgl. nur KI/obbe-Keuk, aaO., S. 864. 67 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 75. 68 Groh, OB 1989, 748. 69 Zu ihnen eingehend unten 111. I. und 2. 70 Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 22. 71 So aber Groll, OB 1989, 748: "Es fällt schwer, ein nicht kodifiziertes Rechtsinstitut doch fLir justitiabel zu halten." Daß dieser Befund indessen so nicht richtig ist, zeigt 6S

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11. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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2. Rechtsfolgenorientierte Betrachtungsweise

Für die Lehre vom beweglichen System ist die Betrachtung der Rechtsfolgen von besonderer Bedeutung. Schließlich geht es gerade darum, daß die Rechtsfolge sich "aus dem Zusammenwirken der Elemente je nach Art und Stärke"72 ergibt und - wie soeben 73 gesehen - vom Richter "nach gelenktem Ermessen" festzulegen ist. Eine Untersuchung der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung anhand der Lehre vom beweglichen System sollte daher bei den Rechtsfolgen ansetzen, welche die Rechtsprechung der Betriebsaufspaltung zuordnet. Diese bestehen im wesentlichen in folgendem: Die wegen der Verpachtung an die Betriebsgesellschaft an sich vorliegenden Einkünfte aus § 21 EStG i.V.m. § 2 I Nr. 6 EStG werden in gewerbliche Einkünfte (§ 15 EStG i.V.m. § 2 I Nr. 2 EStG) umqualifiziert, oder besser gesagt: sie sind nach der hier vertretenen Sichtweise wegen § 21 III EStG von vornherein gewerbliche Einkünfte. Damit unterliegt das Besitzunternehmen fortan der Gewerbesteuerpflicht. Des weiteren kommt es zu keiner Gewinnrealisierung, d.h. die in den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens liegenden stillen Reserven müssen nicht aufgelöst werden 74 • Das besondere Problem besteht darin, daß die beiden wichtigsten Rechtsfolgen insofern gegenläufig sind75 , als die unterbleibende Gewinnrealisierung dem Unternehmen zugute kommt, während sich die Belastung mit der Gewerbesteuerpflicht nachteilig auswirkt. Die Harmonisierung dieser Rechtsfolgen mit den tatbestandlichen Elementen der Betriebsaufspaltung stellt eine besondere Herausforderung aus der Sicht des beweglichen Systems dar. Zuvor soll aber auf die Umqualifizierung der Einkünfte eingegangen werden, da diese gleichsam die Grundlage für alles weitere darstellt.

a) Die Umqualijizierung der Einkünfte

Wenn das Besitzunternehmen ein Wirtschaftsgut an die Betriebsgesellschaft verpachtet, so werden eigentlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

sich etwa am zivilrechtlichen Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage: Angesichts der unzähligen Oefinitions- und Erklärungsversuche kann man auch dort von einer erschwerten Kodifizierbarkeit ausgehen, doch käme niemand auf die Idee, sie deshalb nicht für justitiabel zu halten. 72 Wilhurg, AcP 163 (1963),346,347. 7.\ Unter J/. I. b). 74 So die Finanzverwaltung (BdF BStBI / 1985, 97) und die Rechtsprechung (BFH OB 1993, 1802; HFR 1993, 565); vgl. hierzu aus der Literatur etwa Rödder, OStR 1996,4/4. 75 So Kllohhe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 865.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

gemäß § 21 EStG i.V.m. § 2 I Nr. 6 EStG erzielt. Handelt es sich bei dem überlassenen Gegenstand aber um eine wesentliche Betriebsgrundlage und ist die Verpachtung von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen, so werden die Einkünfte nach der Rechtsprechung 76 in solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) umqualifiziert, obwohl das Besitzunternehmen unmittelbar gar keinen Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 II EStG fUhrt. Besitz- und Betriebsgesellschaft bestehen aber trotz einheitlichem geschäftlichen Betätigungswillen rechtlich selbständig voneinander und sind somit auch je fUr sich steuerpflichtig. 77 Dennoch stehen sich beide in "einem (nicht nur wirtschaftlich, sondern) rechtlich einheitlichen Unternehmen in mancher Hinsicht näher als die Summe zweier einander fremder Unternehmen. ,,78 KnobbeKeuk hat aus diesem Befund polemisch gefolgert: "Es geht hin und her. Das eine Mal wird die Konsequenz aus der rechtlichen Selbständigkeit gezogen, das andere Mal ist die Vorstellung der wirtschaftlichen Einheit maßgebend. Insgesamt besteht bei der Entscheidung der Detailfragen ein 'Hü und Hott' zwischen Einheit und Trennung von Besitz'unternehmen' und Betriebsgesellschaft."79 Demgegenüber kann man dies aber auch als Indiz dafUr ansehen, daß die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung bereits im Kern nach den Grundsätzen des beweglichen Systems judiziert. Das darf keineswegs als Zeichen der Beliebigkeit oder gar Willkür bei der Entscheidungsfindung mißverstanden werden. Vielmehr geht es darum, die Rechtsfolge je nach der konkreten Ausprägung der einzelnen Elemente im Entscheidungsfall zu ermitteln. Bei entsprechend intensiver Einheitlichkeit des geschäftlichen Betätigungswillens kann also durchaus mit Knobbe-Keuks Worten "die Vorstellung der wirtschaftlichen Einheit maßgebend" und daher eine Umqualifizierung der Einkünfte angezeigt sein.

b) Die Schaffung eines neuen Gewerbesteuertatbestandes Weniger reibungslos geht allerdings die Erklärung der weiteren mit der Umqualifizierung einhergehenden Rechtsfolge vonstatten: Die Rede ist von der Schaffung eines neuen Gewerbesteuertatbestandes. Wenn nämlich als Folge der Betriebsaufspaltung nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, so unterliegen diese auch der Gewerbesteuer. Da aber die Betriebsaufspaltung selbst nicht ausdrücklich normiert ist, faktisch aber zur Gewerbesteuerpflicht fUhrt, kann die Tatbestandsmäßigkeit der

76 Vgl. nur BFH BStBI " 1972,63; 1981,39; 1986,296. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 865. L. Schmidt, DStR 1979,699, 706. 79 In: Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 2. a), S. 865. 77 78

II. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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Besteuerung zweifelhaft sein. Dieser Frage muß sich ein Ansatz stellen, der die Betriebsaufspaltung als bewegliches System zu interpretieren versucht. Bereits in der Einleitung ist darauf hingewiesen worden, daß der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung erhebliche Legitimationsprobleme der hier behandelten Institute und somit auch des hier vorgestellten Systementwurfs schafft. Dabei war schon herausgearbeitet worden 80, daß der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit und die daraus resultierende Analogiefeindlichkeit auch im Schrifttum uneinheitlich beurteilt wird. 81 Das ändert aber nichts daran, daß gefragt werden muß, ob die Betriebsaufspaltung hinreichend legitimiert ist. Im Hintergrund steht nämlich weiterhin82 die Fragestellung, ob die Betriebsaufspaltung überhaupt eine beifallswürdige Rechtsfigur darstellt, ob sie mithin einen Richtigkeitsanspruch geltend machen kann.

aa) Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung besagt, daß die Steuerpflicht an einen gesetzlich normierten Tatbestand anknüpfen muß; weder die Verwaltung noch die Gerichte dürfen Steuern "erfmden"83. Positivrechtliche Grundlage dieses "verfassungsdirigierten Grundsatzes"84 ist § 38 A0 85 , wonach die Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis entstehen, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dieser Grundsatz scheint durch die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung verletzt zu sein, da die Gewerbesteuerpflicht ohne eigene gesetzliche Grundlage nur infolge der Umqualifizierung der Einkünfte entsteht. Dementsprechend wurde vorgetragen, daß die Rechtsprechung nicht mit Art. 20 III GG vereinbar sei: Die Heranziehung des Besitzunternehmens beruhe nicht auf Gesetz, sondern auf der Rechtsprechung. 86 Der Bundesfinanzhof setze sich an die Stelle

80 Oben Erster Teil, § 2 II. 81 Crezelius (StuW 1981, 117, 122 f.) spricht von einer "verkappten Analogie". Dem hat sich R. Barth (Richterrechtliche Rechtsfortbildung im Steuerrecht 1996, S. 160) angeschlossen. 82 Vgl. das Programm in der Einleitung. 83 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 4 Rz. 159, weist darauf hin, daß nur das formelle Gesetz und nicht irgendein Rechtssatz nach dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung Anknüpfungspunkt für die Steuerpflicht sein kann; ebenso, Kruse Lehrbuch des Steuerrechts, Band I 1991, S. 54 ff. 84 So Jakob, Abgabenordnung, § 2, Rz. 6. 85 Teilweise wird auch auf § 3 AO verwiesen; vgl. Tanzer, StuW 1981,201,203. 86 Roellecke, Festschrift für Duden, S. 481, insbesondere S. 499: "Quasi-Statuierung" eines neuen Gewerbesteuertatbestandes.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

des Gesetzgebers, womit eine "Ausnahmebesteuerung" entstanden sei. 87 Früher oder später mußte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Betriebsaufspaltung auseinandersetzen.

bb) Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat indessen keine Verletzung spezifischen Verfassungsrechts 88 festgestellt. Das Gericht ist vom Merkmal des Gewerbebetriebs in § 1 I GewStDV ausgegangen 89 , wonach eine selbständige nachhaltige Tätigkeit erforderlich ist, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Zwar sei die Verpachtung durch das Besitzunternehmen eine nichtgewerbesteuerpflichtige Vermögensverwaltung nach § 9 GewStDV 90 • Der Bundesfinanzhof habe dies aber, ohne gegen Art. 3 GG zu verstoßen, im Hinblick auf § 21 III EStG infolge spezifisch steuerrechtlicher Erwägungen anders beurteilen können. 91 Des weiteren weist das Bundesverfassungsgericht darauf hin, daß es "wirtschaftlich gesehen einen erheblichen Unterschied bedeutet"n, ob ein gewerblich genutztes Grundstück an ein mit den Verpächtern praktisch identisches Unternehmen verpachtet wird. Denn bei der Betriebsaufspaltung trage der Verpächter in einer für gewöhnliche Miet- und Pachtverhältnisse untypischen Weise weiterhin das wirtschaftliche Risiko des verpachteten Betriebes. 93 Diese andersartigen Umstände rechtfertigten deshalb eine unterschiedliche Behandlung. In einer weiteren Entscheidung 94 präzisierte das Gericht diese Erwägungen zum Gewerbebetrieb. Die Tatbestandselemente der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr und der Vermögensverwaltung seien auslegungsfähig und auslegungsbedürftig. 95 Die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung seien nicht überschritten, da der BFH nur die gewerbliche Tätigkeit von der 87 So paraphrasiert das Bundesverfassungsgericht in seiner ersten Entscheidung zur Betriebsaufspaltung (BVerfGE 25, 28, 34) die Einwände gegen das Rechtsinstitut. 88 So allgemein die st. Rspr. zur Beschränkung des Prüfungsmaßstabs, vgl. BVerfGE 1,418,420;2,336,339;28,55,63;34,348,397. 89 BVerfGE 25,28,34. 90 Jetzt: § 14 AO, der die früheren § 6 11 GemO, § 14 KStDV, §§ 8, 9 GewStDV ersetzt. 91 BVerfGE 25,28,36. 92 BVerfGE 25, 28, 36. 9\ BVerfGE 25, 28, 37. 94 BVerfGE 69, 188 ff. BVerfGE 69, 188,204.

9,

11. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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Vermögensverwaltung in den Grenzen der Auslegung voneinander abgegrenzt habe. 96 Mit der Frage einer Zulässigkeit steuerverschärfender Analogien setzte sich das Gericht nicht explizit auseinander.

cc) Kritik und eigene Ansicht Die Begründung des Gerichts stellt auf zutreffende Gesichtspunkte ab, ist aber präzisierungsbedürftig. Zunächst ist es in sich folgerichtig, daß die Problematik der Zulässigkeit steuerverschärfender Analogien außer Betracht bleibt, weil das Gericht die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung gewahrt sieht. Denn das Gericht hat insoweit keine ,,Ausnahmebesteuerung" ausmachen können, sondern festgestellt, daß die Ergebnisse im Wege zulässiger Auslegung gewonnen wurden. Bedeutsam ist der Vergleich der Verpachtungstätigkeit im Falle der Betriebsaufspaltung mit der gewöhnlichen Vermietung und Verpachtung. Dabei hat das Gericht - freilich in rudimentärer Form - wesentliche Kriterien herausgearbeitet, die auch unter Prinzipiengesichtspunkten Beachtung verdienen. Das gilt zunächst weniger für das Abstellen auf die wirschaftliche Betrachtungsweise. Diese gilt zwar in der Tat für das gesamte Steuerrecht (vgl. nur § 39 AO) und kann deshalb nie ganz außer Betracht bleiben. Dennoch ist dieser Aspekt zu allgemein, um aus sich heraus die rechtlichen Folgen der Betriebsaufspaltung schon rechtfertigen zu können. Zwar stellt auch der Bundesfmanzhof insbesondere in seiner früheren Rechtsprechung stets (nur) auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zur Begründung des Instituts Betriebsaufspaltung ab. 97 Dieser Hinweis ist auch notwendig,

BVerfGE 69, 188,205. Vgl. nur die folgenden Auszüge wegweisender Urteile zur Betriebaufspaltung: BFHE 60, 326 ("so ist doch nach der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise durch diese Umorganisation und die Betriebsaufspaltung nur die Rechtsform des Unternehmens ... geändert worden. Wirtschaftlich gesehen blieben alle Betriebe auch nach der Spaltung ein einheitliches Unternehmen"); BFHE 70, 134 (bei Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen liege "wirtschaftlich betrachtet ein einheitliches Unternehmen vor, bei dem Anlagevermögen und umlaufendes Vermögen lediglich der Form nach auf eine Personengesellschaft und eine Kapitalgesellschaft aufgeteilt worden sind. ( ... ) In diesen Fällen muß für das wirtschaftlich einheitliche Unternehmen auch steuerlich die Frage der Art der Einkünfte der Personengesellschaft einheitlich beurteilt werden."); BFHE 74, 275 ("Es ist betrieblich und wirtschaftlich ein erheblicher, die Eigenart und den Charakter eines Unternehmens bestimmender Umstand, ob das Unternehmen in fremden, gemieteten oder in eigenen, für den Betriebszweck besonders hergerichteten Räumen betrieben wird. Bei dieser wirtschaftlichen Betrachtung stehen die der Betriebsgesellschaft bürgerlich-rechtlich gehörenden Gebäude den Gebäuden gleich, die sich im Eigentum ihrer Gesellschafter befinden."). 96 97

5 Pctcrsen

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

jedoch nicht hinreichend. 98 Denn die isolierte Betonung der wirtschaftlichen Betrachtungsweise99 legt noch nicht die konkret wirkenden Prinzipien frei, auf die es hier ankommt. IOO Hingegen ist der Vergleich mit der "normalen" Vermietung durchaus weiterführend. Das Gericht stellt nämlich zu Recht die atypische Risikotragung in den Vordergrund. Wenn der Verpächter das wirtschaftliche Risiko des verpachteten Betriebs in einer besonderen Weise trägt, so ist das erklärungs bedürftig. Das Interesse des Verpächters bezüglich des Pachtgegenstandes beschränkt sich normalerweise darauf, dem Pächter den Pachtgegenstand in vertragsgemäßem Zustand zu überlassen und zu erhalten, um sich keinen Abzug des Pachtzinses gefallen lassen zu müssen. Bei der Betriebsaufspaltung interessiert die verpachtende Besitzgesellschaft darüber hinaus die optimale wirtschaftliche Nutzung der überlassenen Betriebsgrundlage. Vor allem zeigt sich hieran, daß sich nunmehr die wirtschaftliche Betrachtungsweise zu einem denkbaren Prinzip, dem der Interesseneinheit infolge atypischer Riskotragung, konkretisiert und daher bedeutsam für die vorliegende Untersuchung sein wird. Dem soll allerdings erst bei der exakten Herausarbeitung der im einzelnen wirkenden Prinzipien nachgegangen werden. 101 Das Bundesverfassungsgericht hat es jedenfalls mit der Diagnose der ungewöhnlichen Risikotragung bewenden lassen. Die dogmatische Einordnung und Rechtfertigung der Betriebsaufspaltung setzt hier allerdings erst ein. l02 Nähere Betrachtung verdient auch eine Erwägung, die in beiden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts lediglich, aber immerhin als "ÜberdiesArgument" fungiert, der vom hier vertretenen Standpunkt aus dagegen entscheidende Bedeutung zukommt. Die Rede ist vom Hinweis auf die Subsidiaritätsklausel des § 21 III EStG. In der früheren Entscheidung heißt es dazu: "Daß diese Betrachtung nicht willkürlich ist, ergibt sich auch daraus, daß § 21 Abs.3 EStG bereits (?!) eine Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu einer anderen Einkunftsart, insbesondere zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, vorsieht.,,103 In der späteren Entscheidung wird dieser Hinweis im wesentlichen wiederholt: "Auch die Abgrenzung einer gewerblichen Tätigkeit von der reinen Vermögensverwaltung bei der Betriebsaufspaltung stellt eine zulässige richterliche Rechtsfortbildung dar, zumal nach § 21

98 Vgl. auch Wolter, Gesellschafterfremdfinanzierung, S. 90: Die wirtschaftliche Betrachtungsweise dürfe nicht als eigenständige Rechtsgrundlage mißverstanden werden. 99 Treffend Crezelius (StuW 1981, 117, 120): "Die Archillesferse der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist ihre mangelhafte Rationalität." 100 So schon zutreffend Vogel, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1978179, 34,41 f. 101 Siehe dazu unter III. vor 1. 102 Vgl. Vogel, aaO., S. 43: "Aber das wird nicht weiter verfolgt." 103 BVerfGE 25, 28, 36.

II. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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Abs. 3 EStG Einkünfte aus Vennietung und Verpachtung Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, soweit sie zu diesen gehören (vgl. BVerfGE 25, 28, 29)."104 Dort heißt es in der zitierten Entscheidung: "Für die Zurechnung zu anderen Einkunftsarten kommen u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Rahmen eines Gewerbebetriebes in Betracht. In diesem Fall führt eine solche 'qualifizierte Vermietung oder Verpachtung' in aller Regel zur Gewerbesteuerpflicht." Die Passagen beider Urteile zu § 21 III EStG wurden bewußt zur Gänze und wörtlich zitiert. Damit ist nämlich der entscheidende Ansatzpunkt genannt, aber, wie die formelhafte Wiedergabe des Gesetzeswortlauts zeigt, lediglich angedeutet und nicht weiter ausgeführt. Über die Zugehörigkeit zu anderen Einkunftsarten, die § 21 III EStG voraussetzt, ist nämlich wenig gesagt. Bereits weiter oben l05 wurde folgende Auslegung vorgeschlagen: § 21 III EStG markiert eine Einbruchstelle für die Lehre vom beweglichen System, d.h. es ist über die Zugehörigkeit zu den gewerblichen Einkünften nach den Regeln des beweglichen Systems zu entscheiden. Der Wortlaut läßt diese Sichtweise durchaus zu. Denn das Gesetz präzisiert in der Subsidiaritätsklausel - ebensowenig wie in dem vergleichbaren § 20 III EStG - nicht, was genau die Zugehörigkeit zu anderen Einkünften ausmacht. Daher liegt es im Rahmen zulässiger Auslegung anzunehmen, daß sich die Zugehörigkeit zu § 15 EStG danach bemißt, ob im konkreten Fall bestimmte Prinzipien und Wertungsgesichtspunkte in entsprechender Stärke wirken. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, daß so nur über den Umweg des § 21 III EStG derselbe Erklärungsnotstand herrsche, weil § 15 EStG den Gewerbebetrieb zur Voraussetzung macht. Die entscheidende Besonderheit besteht nämlich darin, daß § 21 III EStG den nötigen Anknüpfungspunkt innerhalb der lex scripta liefert und der Verweis darauf somit auch den grundsätzlichen Vorrang unbeweglicher Systemteile lO6 respektiert. Insofern ist eine Einbruchstelle für das bewegliche System durchaus erforderlich. Wenn hier § 21 III EStG über den unzw,eifelhaften Geltungsbereich einer Lösung möglicher Konkurrenzen unterschiedlicher, tatbestandlich gleichzeitig vorliegender Einkunftsarten hinaus verstanden wird, so sprengt das nicht die Grenzen herkömmlicher Auslegung. 107 Es handelt sich nämlich letztlich um eine Form teleologischer Gesetzesauslegung, weil die Ermittlung der Zugehörigkeit zu

BVerfGE 69, 188,205. Erster Teil, § 2. 11. 106 Hierzu Callaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 78 ff. 107 I.E. ebenso DOllath, Die Betriebsaufspaltung, S. 23: "Um Gesetzesauslegung und nicht um richterliche Rechtsfortbildung handelt es sich immer dann, wenn das gefundene Ergebnis (hier 'Gewerbesteuerpflicht des Besitzuntemehmens') aus einem positivierten Rechtssatz gewonnen wurde (hier §§ 21 111, 15 11 EStG, 14 AO)". 1001

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

den gewerblichen Einkünften nach im voraus bestimmten und lediglich im konkreten Fall in unterschiedlicher Intensität vorliegenden Prinzipien zu erfolgen hat. Es geht um eine wertungsmäßig folgerichtige Herausarbeitung der maßgeblichen Gerechtigkeitskriterien, die - vermittelt über § 21 III EStG - die Zuordnung zu den gewerblichen Einkünften legitimieren. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß mit der bei der Betriebsaufspaltung gegebenenfalls anfallenden Gewerbesteuer keine Steuerbelastung "in bloßer Anlehnung an das Gesetz" - wie es Kirchhof zutreffend als Grenze der Rechtsfortbildung im Wege der Analogie erkannt hat lOS - statuiert wird, auch wenn das den Kritikern der Betriebsaufspaltung durchaus so vorkommen mag. Allenfalls handelt es sich - ebenfalls mit Kirchhofs Worten - um "die gebotene Gegenwehr gegen formalisierte Gestaltungen und eine von Blindheit gegenüber dem steuerlichen Belastungsgrund bestimmte Steuervermeidungsstrategie."lo9 Dabei darf freilich nicht der Eindruck entstehen, daß die Steuerrechtsordnung nunmehr vermittelst anderweitiger Belastungen gewissermaßen "zurückschlägt". Vielmehr ergibt sich die Rechtsfolge unter Zugrundelegung des beweglichen Systems dadurch, daß eine entsprechende "formalisierte Gestaltung", die typischerweise, wenngleich nicht notwendig als "Steuervermeidungsstrategie" erscheint, abweichend vom Normalfall der einfachen Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Tätigkeit umschlägt. 11 0 Oberste Richtschnur ist freilich immer - und auch insoweit Kirchhof folgend - die verfassungskonforme Auslegung; daß diese im Fall der Betriebsaufspaltung beachtet wurde, ist soeben gezeigt worden.

In: StuW 1996,3, 10. Hierzu eingehend oben § 2 J. I. d). So Kirchhof, StuW 1996,3, 10; vgl. auch bereits oben § 2 I. I. d). 110 Nicht von ungefahrt stellt Donath, Die Betriebsaufspaltung, S. 49, der dem hier vertretenen Standpunkt zu § 21 111 EStG ablehnend gegenübersteht, die der "konstitutiven Umqualifikation" (wie er es nennt) entsprechenden sogenannten "Umschlagfälle" an die Seite: Der BFH (vgl. nur BFH BStBI 111 1961, 233; BStBI 11 1981, 522) nimmt gewerbliche Einkünfte auch dann an, wenn eine Verpachtungstätigkeit so intensiv betrieben und mit Zusatzaktivitäten verbunden wird (etwa dem An- und Verkauf unbeweglichen Vermögens oder dem Anbieten von Sonderleistungen), daß die an sich (Donath, aaO., meint "ursprünglich", aber nach der hier vertretenen Ansicht ist es eher unter diesen Voraussetzungen schon immer und nicht erst temporal als gewerblich zu qualifizieren, also nicht "umzuqualifizieren") verwirklichte Verpachtungstätigkeit "umschlägt" in gewerbliche. Diese Rechtsprechung ließe sich im übrigen ohne weiteres mit der Lehre vom beweglichen System dogmatisch begründen, weil und sofern die mehr oder weniger stark ausgeprägte Verpachtung in Kombination mit den Zusatzleistungen unter Prinzipiengesichtspunkten zusammengefaßt werden können. Es dürfte dabei letztlich wieder um die atypische Ausgestaltung der Verpachtung mit anderweitiger, also jenseits der bloßen Vermögensverwaltung i.S.d. § 14 S.3 AO liegender Gewinnerzielungsabsicht gehen. Das kann hier aber auf sich beruhen, weil es den Gegenstand der Betriebsaufspaltung sprengt. Es kann auch an dieser Stelle nicht abschließend beurteilt werden, da die zugrunde liegenden Prinzipien noch nicht herausgearbeitet sind. 108

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H. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung c)

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Elfolgsneutralität lind Gewerbesteuerpjlicht

Neben der Gewerbesteuerpflicht hat die Betriebsaufspaltung aber auch die Erfolgsneutralität zur Folge, d.h. das Unterbleiben jeglicher Gewinnrealisierung beim Besitzunternehmen. Es fragt sich nun, wie diese bei den Rechtsfolgen miteinander harmonieren und welche Bedeutung dies fur die Interpretation als bewegliches System hat. Erfolgsneutralität und Gewerbesteuerpflicht sind die beiden Schlagworte, mit denen sich nicht nur die Rechtsfolgen, sondern ganz allgemein die Vor- und Nachteile der Betriebsaufspaltung verkürzt charakterisieren lassen. 111 Wenn sich aber nach der Lehre vom beweglichen System die Rechtsfolge aus dem Zusammenwirken der Elemente nach ihrer Stärke ergibt, so muß zunächst Klarheit darüber bestehen, worin diese Rechtsfolge im konkreten Fall liegt und wie sie sich auswirkt. Denn die grundsätzliche und obenll~ erörterte Rechtsfolge der Umqualifizierung von Einkünften ist isoliert betrachtet farblos und erschließt sich erst in der Zusammenschau mit den konkreten Konsequenzen. Da diese nämlich Vor- und Nachteile fur das Besitzunternehmen haben, ist zunächst das Verhältnis der vorteilhaften Erfolgsneuralität zur nachteiligen Gewinnrealisierung zu untersuchen. Ergibt die Gegenüberstellung, daß sich Vor- und Nachteile bei abstrakter Betrachtung die Waage halten, läßt sich daraus möglicherweise ein im Hinblick auf das bewegliche System beachtliches Gerechtigkeitskriterium herleiten.

aa) Die erfolgsneutrale Behandlung der Betriebsaufspaltung Die Betriebsaufspaltung verläuft in doppelter Hinsicht erfolgsneutral: Erstens werden die stillen Reserven der beim Besitzunternehmen zurückbleibenden Gegenstände des Anlagevermögens nicht aufgedeckt. Denn die Betriebsaufspaltung fuhrt dazu, daß das Besitzunternehmen weiterhin einen Gewerbebetrieb fuhrt. Und zweitens wird die Übertragung von Gegenständen" 3 auf das Besitzunternehmen zum Buchwert zugelassen" 4 • Dadurch wird gleichfalls eine Aufdeckung der stillen Reserven vermieden. Eine Betriebsaufgabe liegt nicht vor, weil und sofern dem Besitzunternehmen eine wesentliche Be-

111 Vgl. etwa Hennerkes/Binz/Sorg, BB 1984, 1995 ( "Die Betriebsaufspaltung im Zielkontlikt zwischen Gewerbesteuerfreiheit und Investitionszulage"). ll2 Unter § 2 11. 2. a). 113 Gemeint sind regelmäßig solche des Umlaufvermögens, vor allem Warenvorräte, da das Anlagevermögen nach dem Zweck der Betriebsaufspaltung beim Besitzunternehmen verbleiben soll. 114 BdF vom 22.\.1985, BStBI I 1985,97; vgl. hierzu aus dem Schrifttum Luckey, DB 1979,997.

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

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triebsgrundlage verbleibt. 115 Deshalb fehlt es auch an einer Betriebseinbringung nach § 20 UmwStG. 116

bb) Der Ausgleich zwischen potentiellen Vor- und Nachteilen als Gerechtigeitskriterium? Steht damit fest, daß die Betriebsaufspaltung einerseits in dem dargestellten Sinne erfolgsneutral verläuft, auf der anderen Seite aber die Gewerbesteuerpflicht begründet wird ll7 , so liegt eine Überlegung nahe: Kompensieren sich hier nicht Vor 118- und Nachteile, ist möglicherweise die Gewerbesteuerpflicht der Preis daflir, daß die Betriebsaufspaltung ohne eine Aufdeckung stiller Reserven vonstatten geht? Knobbe-Keuk, die diesen denkbaren Einwand aufgebracht hat, verneint dies entschieden 119: Zum einen bestehe die Gewerbesteuerpflicht auch dann, wenn im Einzelfall eine Realisierung stiller Reserven gar nicht in Frage kommt, zum anderen fehle der Rechtsprechung die Legitimation zu einer solchen "Saldierung". Das ist im Ausgangspunkt richtig. Zu überlegen ist allerdings, ob hier nicht der allgemeine Grundsatz von Vorteil und korrespondierendem Risiko l20 als Gerechtigkeitskriterium in Frage kommt. Dann würde es auch nicht schaden, wenn der Vorteil im Einzelfall mangels stiller Reserven oder aus anderen Gründen nicht zum Tragen kommt. Jedoch ist unter einem anderen Gesichtspunkt zweifelhaft, ob dieser Aspekt im vorliegenden Zusammenhang ein taugliches Gerechtigkeitskriterium darstellt: Die Korrespondenz von Vor- und Nachteilen der Betriebsaufspaltung relativiert zwar die Stichhaltigkeit der grundsätzlichen Skepsis, die dem Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung auch eingedenk der grundsätzlichen BFH BStB11I1989, 1014. BdF BStBI I 1978,235. Das hat sich auch durch die Novellierung des Umwandlungssteuergesetzes 1995 nicht geändert; vgl. Fichtelmallll, Betriebsaufspaltung im Steuerrecht, Rz. 298. 117 Insoweit kommt dem Besitzuntemehmen auch nicht die sogenannte erweiterte gewerbesteuerrechtliche Kürzung gemäß § 9 NT. I S. 2 GewStG zugute; vgl. BFH BStBI 11 1973, 686; 1973, 688; 1988; 456; a.A. LiuII/allll, DStR 1973, 391; Keuk, DB 1974, 205. Nur wenn es sich beim Besitzunternehmen um eine Kapitalgesellschaft handelt, kommt die Kürzung in Frage; vgl. MOlItag, in: Tipke/ Lallg, § 18 Rz. 21. 118 Tiedke (Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht, 2. Auflage 1995, S. 72) macht darauf aufmerksam, daß Belastungsvergleiche ergeben haben, daß die Betriebsaufspaltung trotz der Belastung des Besitzunternehmens mit der Gewerbesteuer steuerlich regelmäßig vorteilhafter ist als eine Kapitalgsellschaft und eine GmbH & Co. KG. 119 Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. b), cc), S. 889. 120 Vgl. zu ihm I. Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, 1979, S. 95 ff.; 376 f. 115

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11. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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Akzeptanz durch das Bundesverfassungsgericht entgegengebracht wird. Der Grundsatz von Vorteil und korrespondierendem Risiko wäre zwar ein mögliches Gerechtigkeitskriterium und deshalb auch als Prinzip im Sinne der Lehre vom beweglichen System geeignet. Eine andere Frage ist aber, ob dieser Aspekt im Steuerrecht überhaupt paßt, da dieses kein Bereich ausschließlicher autonomer Gestaltung ist. Zudem handelt es sich weniger um ein Risiko als vielmehr um eine zusätzliche steuerliche Belastung. Dieser Frage braucht allerdings nicht näher nachgegangen zu werden, wenn sich schon aus anderen Erwägungen ergibt, daß es sich nicht um ein tragfähiges Entscheidungskriterium handelt. Die Besonderheit besteht nämlich darin, daß sich dieses Kriterium allein aus einer Betrachtung der Rechtsfolgenseite ergibt und deshalb in erster Linie einen Gerechtigkeitsgrund für das gleichzeitige Vorliegen zweier an sich gegenläufiger Rechtsfolgen darstellt. Somit ist der Bezugspunkt letztlich ein anderer. Die Gegenrechnung von Vor- und Nachteilen ist zwar ein Gerechigkeitsaspekt und als solcher durchaus ein geeignetes Prinzip des beweglichen Systems. Er betrifft aber die Legitimation der Rechtsfigur Betriebsaufspaltung überhaupt. Aus diesem Grund wurde auch die Beantwortung der Ausgangsfrage auf die abschließende Betrachtung der Betriebsaufspaltung verlagert. Der Gleichlauf von Vorteil und korrespondierendem Risiko bestätigt also, daß die Betriebsaufspaltung ein Rechtsinstitut iSt. 121 Zugleich bestätigt er die Richtigkeit der methodologischen Beobachtung von Vogel 122 , wonach sich steuerrechtliche Wertungen und extensive Auslegungen selten allein zu Lasten, sondern regelmäßig auch zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken. Auch deshalb ist es zu einseitig, die Betriebsaufspaltung dauerhaft mit dem Odium der Tatbestandswidrigkeit zu belasten. Ein Prinzip im Sinne des beweglichen Systems ist die ausgleichende Korrespondenz von Erfolgsneutralität und Gewerbesteuerpflicht dagegen nicht, da er sich letztlich aus einer Billigkeitsbetrachtung der Rechtsfolgen ergibt, wohingegen die Elemente bzw. Prinzipien auf der "Tatbestandsseite" anzusiedeln sind. Das zeigt folgende praktische Überlegung: Eine verhältnismäßig gering ausgeprägte sachliche Verflechtung kann, wie gesehen, durch eine vollständige Beteiligungsidentität ausgeglichen werden und so nach der Lehre vom beweglichen System die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung (vor allem Erfolgsneutralität und Gewerbesteuerpflicht) bewirken. Diese selbst können indessen nicht mehr oder minder stark ausgeprägt sein; sondern nur im Einzelfall - etwa wenn es an stillen Reserven fehlt - partiell nicht vorliegen.

121 122

Hierzu ausführlich oben I. 3. b). Siehe oben im ersten Teil § 2 [I. I. b).

72

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

d) Merkmalübertragung bei der Betriebsaufspaltung?

Mit der vorstehend behandelten Frage verwandt, aber keineswegs identisch ist eine Überlegung, die neuerdings unter dem Stichwort der "Merkmalübertragung"123 diskutiert wird und seit einigen Jahren in der Rechtsprechung eine Rolle spielt. Hierbei geht es folglich auch nicht so sehr um die innere Legitimierung der Betriebsaufspaltung, sondern vielmehr um eine praktische Folgefrage, die unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten bedeutsam ist. Unter dem unbeholfen anmutenden Begriff der Merkmalübertragung werden diejenigen Fälle verstanden, in denen bei der Betriebsgesellschaft Voraussetzungen ( "Merkmale") vorliegen, welche die Inanspruchnahme einer Steuervergünstigung begründen können. Die Frage besteht nun darin, ob derartige Merkmale, die an sich den Tatbestand einer Steuerbefreiung erfüllen, aber lediglich von dem Betriebsunternehmen verwirklicht werden, auf das Besitzunternehmen "übertragen" werden können. Dann könnte möglicherweise die für das Betriebsunternehmen geltende Steuervergünstigung auf das Besitzunternehmen übergreifen und hier entlastend wirken. Es verwundert nicht, daß das Problem gerade bei der Gewerbesteuer virulent wird: Wenn etwa l24 die Betriebsgesellschaft ein Pflegeheim betreibt und ihr infolgedessen die Gewerbesteuerfreiheit nach § 3 Nr. 20 GewStG zugute kommen würde, so fragt sich, ob die personell damit verflochtene Besitzgesellschaft, die das mit dem Heim bebaute Grundstück verpachtet hat, die Gewerbesteuerbefreiung in Anspruch nehmen kann.

aa) Der Standpunkt der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat das nicht zugelassen. 125 Der Bundesfinanzhof begründet dies damit, daß die Besitzgesellschaft ungeachtet der personellen und sachlichen Verflechtung ein eigenständig agierender und daher auch gewerbesteuerrechtlich isoliert zu beurteilender Verpachtungsbetrieb sei. Anders gewendet: Das Besitzunternehmen werde nicht dadurch zu einer Krankenanstalt, daß es sachlich und personell mit einer solchen verflochten sei. 126 Deshalb kommt die Gewerbesteuerbefreiung nach der Rechtsprechung nur dem dadurch

So Söffing, BB 1998, 2289. Vgl. BFHE 139,406. 125 Außer BFHE 139,406 noch BFHINV 1992,33. 126 BFHE 139,406.

123

124

11. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

73

begünstigten Unternehmen selbst, nicht aber einem damit verflochtenen zugute. 127

bb) Kritik und Würdigung im Lichte des beweglichen Systems Diese Sichtweise verdient keine Gefolgschaft. 128. Die rechtliche Selbständigkeit der Betriebsgesellschaft, die der Bundesfinanzhof an den Ausgangspunkt seiner Argumentation stellt, ist nicht zu bestreiten, stellt aber lediglich ein formales Kriterium dar. Doch muß bei der Beurteilung steuerbefreiender bzw. steuervergünstigender Tatbestände auch das mitberücksichtigt werden, was zuvor im Rahmen der steuerbegründenden Norm als Ergebnis teleologischen Rechtsdenkens hervorgetreten ist: Dieses besteht aber gerade darin, daß infolge persönlicher und sachlicher Verflechtung 129 nurmehr gewerbliche Einkünfte des Besitzunternehmens vorliegen, für die auch entsprechende Vergünstigungen in Betracht kommen können, mag auch der Betrieb, an den die begünstigende Norm anknüpft, von einer anderen Gesellschaft geführt werden. Die Rechtsprechung verschleiert diesen Befund, wenn sie betont, daß das Betriebsunternehmen ein selbständiger und daher gewerbesteuerrechtlich für sich zu qualifIZierender Verpachtungsbetrieb sei. Denn die UmqualifIZierung in gewerbliche Einkünfte, von der die Rechtsprechung andererseits bei der Betriebsaufspaltung ausgeht 130 , verträgt sich nicht mit der Verweigerung entsprechender Steuervergünstigungen. So erscheint die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung ihren Gegnern zu Recht als das, was sie an sich nicht ist, nämlich eine Sanktionierung bestimmter Gestaltungsmodalitäten mit der zwangsläufigen Folge der Gewerbesteuerbelastung. Aus der Sicht des beweglichen Systems ist deshalb auch eine andere Sichtweise angezeigt. Vor allem zeigt sich daran, daß diese Lehre richtigerweise

127 In einem unveröffentlichten und wohl auch nicht zur Veröffentlichung bestimmten (vgl. Söffing, BB 1998, 2289) Beschluß hat der X. Senat des BFH darüber hinaus angemerkt, daß immer noch zwei voneinander unabhängige Steuerschuldverhältnisse i.S.d. § 37 AO vorlägen. Das eine bestehe zwischen dem Steuergläubiger und der Besitzgesellschaft, das andere im Verhältnis zur Betriebsgesellschaft. Daher seien beide Steuersubjekte auch im Hinblick auf die Verwirklichung abgabenrechtlicher Tatbestände zu unterscheiden. Das gelte nicht nur für steuerbegründende Normen, sondern in gleicher Weise für steuerbegünstigende bzw. -befreiende Bestimmungen (Beschluß vom 18.12.1997, Az. X B 133/97; zitiert nach SöfJing, aaO.). 128 Gegen den BFH auch Söffing, BB 1998, 2289, mit weiteren Gründen und ausführlichem Verweis auf die seines Erachtens vergleichbare Rechtsprechung und Verwaltungspraxis zu den Investitionszulagen. 129 Zu den einzelnen Merkmalen und ihrer teleologischen Rechtfertigung, die hier aus Darstellungsgründen vorweggenommen wird, siehe sogleich eingehend unter 111. 130 Zur teleologischen Rechtfertigung ausführlich unter III.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

bereits bei der Qualifizierung der Einkünfte und nicht erst im Wege einer "UmqualifIzierung" einsetzt. Wenn nämlich die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vorliegen, d.h. wenn die Gewichtung der einzelnen Prinzipien und ihrer Erscheinungsweise im Einzelfall dieses Gesamtbild nahe legen, so ist apriori von gewerblichen Einkünften auszugehen. Diese müssen nicht noch umqualifIziert werden - ein dogmatisch ohnehin anfechtbarer, weil schwer zu begründender Vorgang. Folglich sind dort, wo genuin gewerbliche Einkünfte erwirtschaftet werden, auch entsprechende Steuervergünstigungen denkbar. Dies begegnet jedenfalls dann keinen Begründungsschwierigkeiten, wenn sich aus dem Wirken der jeweiligen Prinzipien die gewerbliche Tätigkeit konstituiert. Mit anderen Worten: Ist die überlassene Betriebsgrundlage , wie in unserem Ausgangsfall, ein Pflegeheim, so spielt es keine Rolle, daß dieses nicht im strengen Sinne von der Besitzgesellschaft "betrieben" wird, Auch ansonsten fügt sich die Vorstellung einer Merkmalübertragung in die Lehre vom beweglichen System ohne weiteres ein. Man kann sogar so weit gehen und sagen, daß sich kein Systemverständnis besser eignet, diesen Gedanken besser zu begründen. Denn die Übertragung von Merkmalen, die beim Betriebsunternehmen unmittelbar verwirklicht werden und dann infolge der personellen und sachlichen Verflechtung gewissermaßen "durchschlagen" auf die (gewerbe-)steuerrechtliche Betrachtung des Besitzunternehmens ist geradezu Ausdruck der Beweglichkeit, die nicht mit Beliebigkeit verwechselt werden darf. Es ist daher auch der Lehre vom beweglichen System nicht darum zu tun, jeden aufzeigbaren Mechanismus, der in seiner Wirkungsweise eine gleichwie geartete diffuse Beweglichkeit der Strukturen systematisch zu legitimieren. Vielmehr müssen sich die Ergebnisse im einzelnen teleologisch begründen lassen. Das ist bei der vorliegenden Frage aber durchaus möglich. Es kann keine einseitige Belastung mit der Gewerbesteuerpflicht geben, wenn die Rechtsordnung für die zugrundeliegende Tätigkeit eine Steuervergünstigung vorsieht und der entsprechende Tatbestand einen nachvollziehbaren Bezug zum Steuerpflichtigen aufweist. Genau das ist hier aber der Fall. Denn wenn gesagt wird, daß das Besitzunternehmen in unserem Ausgangsfall nun einmal keine Krankenanstalt sei l31 , so ist das ebeno richtig wie vordergründig. Das ähnelt dem Einwand, der gegen die Betriebsaufspaltung generell vorgebracht wird, und darin besteht, daß das Besitzunternehmen selbst kein Gewerbe betreibe und deshalb keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen dürfe. Dieser Umstand wird durch die Prinzipien der personellen und sachlichen Verflechtung gerade überlagert und kompensiert. 132 Wenn aber das Besitzunternehmen die ,,schattenseite" der Zurechnung zu den gewerblichen Einkünften schon hinnehmen muß, so ist es nur billig, ihm auch die "Sonnenseite" der Steuervergünsti-

131 1.12

BFHE 139,406. Näher hierzu sogleich unter 111.

Ir. Tatbestand und Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

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gungen nicht prinzipiell vorzuenthalten. Letztlich geht es damit um die Korrespondenz von Vor- und Nachteilen. Damit wird im Ergebnis die Lehre vom beweglichen System auch auf Steuervergünstigungen übertragen. Das ist im Ausgangspunkt deshalb nicht unproblematisch, weil der Einwand der Tatbestandsmäßigkeit auch hier Grenzen setzt. Denn obwohl die Steuervergünstigungen dem Steuerpflichtigen entgegenkommen, gilt aus Gründen der Gleichheit der Besteuerung '33 auch der Grundsatz der Tabestandsmäßigkeit der Steuervergünstigungen. 134 Somit muß sich das Gebot teleologischer Auslegung auch in diesem Bereich fortsetzen, d.h. jedwede Verschiebung von Steuervergünstigungen bedarf einer besonderen Legitimierung. Jedoch muß berücksichtigt werden, daß am Tatbestand der Steuervergünstigung selbst in keiner Weise Änderungen vorgenommen werden. Es geht nur um die Zuordnung dieses Tatbestandes zu dem jeweiligen Steuerpflichtigen. Das bedeutet, daß der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Steuervergünstigung nicht angetastet wird, lediglich der Zusammenhang zum Steuerpflichtigen ist zu begründen. Daher ist zu fordern, daß die in Rede stehende Steuervergünstigung dem Besitzunternehmen zumindest über die Brücke der personellen und sachlichen Verflechtung als den hauptsächlichen Prinzipien der Betriebsaufspaltung zuzuordnen ist. Daran kann, wie gesehen, kein Zweifel bestehen, wenn die überlassene Betriebsgrundlage - im Ausgangs fall das mit dem Pflegeheim bebaute Grundstück - geradezu den Inbegriff der jeweiligen Steuervergünstigung darstellt. Denn es geht darum, eine bestimmte Form der Nutzung aufgrund ihrer grundsätzlich karitativen Ausrichtung gewerbesteuerrechtlich zu privilegieren. Wenn die zugrundeliegende Überlassung damit aufs engste verbunden ist, besteht kein Grund die Steuervergünstigung dem Unternehmen zu versagen, das aufgrund seiner Beteiligungsverhältnisse die Betriebsgesellschaft steuern kann. Eine andere Sichtweise kann geboten sein, wenn die überlassene Betriebsgrundlage als solche noch keinen hinreichend klaren Bezug zu der konkreten gewerblichen Tätigkeit, die steuerlich privilegiert werden soll, entfaltet und eine Betriebsaufspaltung nur wegen entsprechend starker Beteiligung am Betriebsunternehmen in Frage kommt. In jedem Fall ist also eine eine teleologische Auslegung der konkreten Steuervergünstigung geboten und diese ins Verhältnis zur personellen und sachlichen Verflechtung zu setzen. Erst wenn zumindest eines dieser Momente einen hinreichend deutlichen Bezug zum Besitzunternehmen aufweist, ist eine Merkmalübertragung sachgerecht und legitim.

133 134

Vgl. Hensel, VJSchrStuFR 1927,39 ff. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, S. 24.

76

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

IH. Die Analyse der einzelnen Elemente

Damit ist der Weg geebnet rur die nähere Untersuchung der einzelnen Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung. Wenn diese in der herkömmlichen Terminologie den Tatbestand der Betriebsaufspaltung ausmachen, so soll von ihnen zur besseren Verdeutlichung des Untersuchungszwecks im folgenden als möglichen Elementen bzw. Prinzipien die Rede sein. Wie bereits in der Einleitung angekündigt, werden dabei im folgenden aus Darstellungsgründen die Kriterien der Rechtsprechung zugrunde gelegt. Das ist jedoch nicht als kritiklose Übernahme mißzuverstehen. Vielmehr soll die Darstellung auf dem bereits Gesagten l35 aufbauen, d.h. die Betriebsaufspaltung wird im Ausgangspunkt als beifallswürdiges Rechtsinstiut anerkannt. Jedoch wurde immer wieder einschränkend verlangt, daß die Etablierung der Lehre vom beweglichen System sich nur solange und soweit rechtfertigen läßt, wie die Prinzipien ihrerseits systematisch fundiert und teleologisch konsistent sind. Diesem Gebot muß im folgenden Rechnung getragen werden. Somit sind die einzelnen Elemente bzw. Prinzipien nicht nur auf ihre Geltungskraft, sondern auch auf ihren Geltungsgrund hin zu überprüfen. Folgerichtig muß die Erörterung an das anknüpfen, was bislang an dogmatischen Fragen zutage gefördert wurde. Dabei muß bei den Grundlagen begonnen werden, die bereits das Bundesverfassungsgericht in kritischer Überprüfung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs gelegt hat. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, daß durchaus entscheidende Fragen offen geblieben sind. Hierbei sei in Erinnerung gerufen l36 , daß das Gericht die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs u.a. damit gerechtfertigt hat, daß die Verpachtung im Rahmen der Betriebsaufspaltung von der "normalen" Vermietung und Verpachtung i.S.d §§ 2 I Nr. 6,21 EStG abweicht: Unter der Voraussetzung einer bestimmten personellen und sachlichen Verflechtung, die im folgenden Abschnitt näher zu untersuchen ist, stellt sich die Verpachtung bei wirtschaftlicher Betrachtung als untypisch und erklärungsbedürftig dar. Denn der Verpächter trägt faktisch weiterhin das wirtschaftliche Risiko des verpachteten Betriebs. Indes bricht die Rechtfertigung der Betriebsaufspaltung durch das Bundesverfassungsgericht bei dieser zentralen Beobachtung unversehens ab. Deshalb ist dieser Befund zunächst auszubauen und sodann rur die dogmatische Einordnung als bewegliches System fruchtbar zu machen. Der damit angesprochene Risikotragungsgesichtspunkt ist nämlich auch unter Prinzipiengesichtspunkten von zentraler Bedeutung. Daß der Gesichtspunkt der Risikotragung durchaus prinzipielle Bedeutung haben kann, wurde schon in anderem Zusammenhang erörtert, dort aber aus anderen Gründen in der konkreten Ausprägung verworlJ5 136

Oben unter I. 3. Dazu näher unter" 2. b) bb).

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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fen. '37 Hier geht es nun um die Frage, ob eine Tätigkeit dann angemessen als Vermietung und Verpachtung i.S.d. § 21 EStG qualifiziert werden kann, wenn der Verpächter aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles ein wirtschaftliches Risiko übernimmt, das im Normalfall kein Verpächter übernommen hätte. Eine Verallgemeinerung der Risikotragung stößt deshalb auf gewisse Schwierigkeiten, weil viel von der Ausgestaltung der zugrunde liegenden Vereinbarung abhängt. Insofern bietet sich eine typisierende Betrachtung '38 an, die das Ergebnis nahe legt, daß mangels gegenläufiger Interessen vielfach die gesetzlich vorausgesetzte Kosten- und Risikotragung in wesentlichen Punkten abgemildert wird, weil die Besitzgesellschaft ein ureigenes Interesse am wirtschaftlichen Wohlergehen der Betriebsgesellschaft hat. Dieses beschränkt sich nicht wie sonst darauf, die rur die Miet- oder Pachtzahlungen erforderliche Solvenz des Vertragspartners im Blick zu halten, sondern geht zumindest in dem Maße darüber hinaus, wie es die personelle Verflechtung nahelegt. Der tiefere Grund und maßgebliche Gerechtigkeitsgesichtspunkt dürfte also darin liegen, daß in den Fällen der Betriebsaufspaltung der rur die Verpachtung typische Interessenwiderstreit zwischen Verpächter und Pächter letztlich fehlt. Damit geht es um eine systematisch erklärbare Besonderheit, die auch in anderen Bereichen des Steuerrechts auffindbar ist. So werden etwa die Geschäfte unter nahen Angehörigen 139 gerade deshalb besonders kritisch beäugt, weil zwischen nahen Angehörigen der rur fremde Dritte typische Interessenwiderstreit fehlt und demzufolge ein Fremdvergleich angestellt wird. 140 Ganz so verhält es sich bei der Betriebsaufspaltung zwar nicht '41 . Jedoch ist das Fehlen konträrer Interessen ein nachvollziehbarer Gerechtigkeitsgesichtspunkt. Die wirtschaftliche Betrachtung ist dabei nicht selbst Element des beweglichen Systems, sondern sie hat eher die Funktion eines Indikators, weil sie die Nach-

137 Nämlich bei der Frage, ob eine Saldierung von Vor- und Nachteilen bei der Betriebsaufspaltung unter dem Gesichtspunkt von Vorteil und entsprechendem Risiko zu erklären und zu rechtfertigen ist; vgl. oben 11. 2. c) bb). 13R Das Verhältnis von Typus und beweglichem System zueinander ist noch wenig erforscht und wird an späterer Stelle (unter § 4 11.) noch bedeutsam werden. Dabei kann schon hier eine Beobachtung gewonnen werden, der unter § 4 noch weiter und auf genauerer methodologischer Grundlage nachgegangen wird: Das bewegliche System ist auf der normativen Ebene verortet, während sich die Lehre vom Typus eher an den einzelnen Begriff wendet (F. Bydlinski, Bewegliches System und juristische Methodenlehre, S. 24 f.; näher unter § 4 11. I.) und damit nicht zuletzt auf der Ebene "typischer Sachverhaltsgestaltungen", von denen im Text die Rede ist, wirkt. 139 Hierzu eingehend Schulze zur Wiesche, Vereinbarungen unter Familienangehörigen und ihre steuerlichen Folgen, 7. Auflage 1992. ]40 Vgl. nur BFH BStBI 11 1989, 354; 655; BStBI 11 1990, 160; 548; 636. 141 Wohl aber bei der verdeckten Gewinnausschüttung; vgl. dazu unter § 6 bei der Angemessenheit als Element des beweglichen Systems.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

vollziehbarkeit des fehlenden Interessenwiderstreits illustriert, selbst aber nicht als Entscheidungskriterium fungiert. Deshalb greift auch die Ansicht der Rechtsprechung zu kurz, die einseitig auf die witschaftliche Betrachtungsweise abstellt. Diese ist nur Instrument zur Entscheidungsfindung, nicht aber alleiniger Geltungsgrund. Vom fehlenden Interessenwiderstreit ist es aber nur ein Schritt zur Annahme eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens. Während jener als Blick auf die Interessenlage nur die Unterschiede zum Normalfall illustriert, kommt diesem Prinzipienrang zu. Zugleich würde der Konstituierung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens aber der Vorwurf der Beliebigkeit anhaften, wenn er nicht auf die Beobachtung der atypischen Risikotragung sowie den damit verbundenen mangelnden Interessenwiderstreit bei dieser Art der Verpachtung zurückgreifen könnte. Die Maßgeblichkeit des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens trägt einem Umstand Rechnung, den man ebensogut folgendermaßen umschreiben könnte: Es geht um die Möglichkeit einer übergreifenden Einflußnahme. Übergreifend meint dabei, daß vom Besitzunternehmen aus auch die Geschicke der Betriebsgesellschaft bestimmt werden können. Hieran läßt sich auch die atypische Risikoverteilung veranschaulichen: Bei der "normalen" Verpachtung ist das Interesse des Verpächters hauptsächlich darauf gerichtet, pünktlich den Pachtzins zu erhalten. Er trägt kein weitergehendes Risiko, als dasjenige, daß er die Pachtzahlungen nicht oder nur teilweise erhält sowie daß der Pachtgegenstand nach Ablauf der vereinbarten Zeit nicht oder in schlechtem Zustand zurückgegeben wird. Darüber hinaus sind die Interessen von Pächter und Verpächter gegensätzlich; jeder trägt sein eigenes Risiko. Im Falle der Betriebsaufspaltung ist die Risikoverteilung insofern anders, als das Besitzunternehmen als Verpächter zum einen hinsichtlich des Pachtgegenstandes dafür Sorge trägt, daß dieser bestmöglich für die Zwecke der Besitzgesellschaft beschaffen ist und demnach eingesetzt werden kann und ihren diesbezüglichen Willen auch regelmäßig in der Betriebsgesellschaft durchsetzen kann. Dieses Moment der potentiellen Einflußnahme bewirkt, daß das wirschaftliche Risiko weiterhin beim Verpächter liegt. Denn dieser kümmert sich jenseits seiner Verpächterpflichten letztlich auch um die optimale Nutzung und nimmt dabei Interessen wahr, die an sich nicht mehr in seinen Risikokreis, sondern den des Pächters fallen. Dies alles geschieht aber ohne irgendein altruistisches Moment, weil der einheitliche geschäftliche Betätigungwille bzw. die Möglichkeit übergreifender Einflußnahme den Interessengegensatz, der unter fremden Dritten typischerweise bestünde, gerade aufhebt. Wenn also die Inhaber der Besitzgesellschaft sich auf eine Verpachtungsmodalität einlassen, bei der sie gewisse Risiken der Betriebsgesellschaft tragen, die aber auf der anderen Seite die Besonderheit hat, daß der zwischen fremden Dritten typischerweise bestehende Interessengegensatz von Pächter und Ver-

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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pächter fehlt, so gehören die Einkünfte nicht mehr zwingend zu denen aus Vermietung und Verpachtung, sondern können gemäß § 21 III EStG in Verbindung mit der Lehre vom beweglichen System als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren sein. Das andere maßgebliche Prinzip ergibt sich aus der Bestimmung des Pachtobjekts. Nach dem bisher Festgestellten ist klar, daß es gleichfalls Besonderheiten aufweisen muß, die von der "normalen" Verpachtung abweichen. Indessen ist hier Vorsicht geboten. Denn daß der Mieter oder Pächter eine speziell auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Sache mietet bzw. pachtet, ist eine zivilrechtliche Selbstverständlichkeit, die als solche nicht begründet werden muß. Als Entscheidungskriterium darf also nur herangezogen werden, daß das Pachtobjekt gerade auf die Betriebsführung zugeschnitten ist. In welchem Maß dies der Fall und erforderlich ist, läßt sich nach den Regeln des beweglichen Systems beantworten. 142 Nachdem im bisherigen Verlauf der Erörterung der Versuch unternommen worden ist, die Prinzipien teleologisch, insbesondere anhand der Tragung des wirtschaftlichen Risikos im Verhältnis zur gewöhnlichen Verpachtung, herzuleiten und zu untermauern, soll jetzt ihr Zusammenwirken untersucht werden. Hierbei wird nun - wie schon in der Einleitung angekündigt - aus Darstellungsgründen die Terminologie der Rechtsprechung zugrunde gelegt. Um dem Vorwurf einer bloßen kritiklosen Übernahme mit unreflektiert deskriptiver Tendenz zu entgegehen, ist abermals auf folgendes hinzuweisen: Die Entscheidungsgesichtspunkte der Rechtsprechung lassen sich teleologisch und systematisch erklären, wiewohl die Rechtsprechung selbst sich mit Hinweisen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise zufrieden gibt. Letztlich geht es um die durch das Fehlen eines Interessenwiderstreits bedingte abweichende Risikotragung. Diese kann mit der personellen und sachlichen Verflechtung angemessen umschrieben werden, wobei der einheitliche geschäftliche Betätigungswille die Möglichkeit der übergreifenden Einflußnahme meint und als solche aus den genannten Gesichtspunkten zu rechtfertigen ist. Klärungsbedürftig ist, warum es gerade auf die konkrete Zweckbestimmung des Pachtgegenstandes ankommen soll und wie sich dessen Relevanz systematisch und teleologisch rechtfertigen läßt. Damit soll im folgenden begonnen werden. Sodann ist die ungleich umstrittenere personelle Verflechtung in Form des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens im einzelnen zu betrachten.

142

Dazu unter 111. 1. a).bb).

80

§ 3 Die Betriebsaufspaltung 1. Sachliche Verflechtung und wesentliche Betriebsgrundlage

Die sachliche Verflechtung ist dadurch gekennzeichnet, daß die Besitzpersonengesellschaft der Betriebskapitalgesellschaft Wirtschaftsgüter zur Nutzung überläßt, die rur die Betriebsgesellschaft wesentliche l43 Betriebsgrundlagen darstellen. 144 Gemeint sind damit Anlagegüter, insbesondere Grundbesitz, die für die Betriebsführung durch die Betriebs-GmbH von besonderer Wichtigkeit sind. 145 Es kommen nur Wirtschaftsgüter in Frage, bei denen es wirtschaftlich gesehen einen klaren Unterschied ausmacht, "ob sie sich im Eigenbesitz des Unternehmens befinden oder von fremden Eigentümern gemietet oder gepachtet sind".146 Allerdings sind die Wirtschaftsgüter nicht bereits deshalb von wesentlicher Bedeutung, weil sie auch von fremden Eigentümern gepachtet oder gemietet werden könnten, sondern sie müssen gerade rur die Betriebsführung wirtschaftlich von Gewicht sein. 147

a) Die wertende Betrachtungsweise und das bewegliche System

Diese Fixierung auf die jeweilige konkrete Bedeutung des Wirtschaftsguts für die Betriebsführung hat der Rechtsprechung viel Kritik eingebracht. Es wurde daran erinnert, daß es letztlich um die Überwindung bzw. Ersetzung des Merkmals "Gewerbebetrieb" in § 15 EStG gehe. 148 Weniger skeptische Beobachter l49 halten die Rechtsprechung rur unbedenklich im Hinblick auf § 15 I Nr. 1 EStG. L. Schmidt meint, daß sich die Betriebsaufspaltung mit einem nach "wertender Betrachtungsweise"150 verstandenen Begriff des Gewerbebetriebs i.S.v. § 15 I Nr. 1,11 EStG begründen lasse

143 Gelegentlich wird auch von "notwendigen" oder "unentbehrlichen" Betriebsgrundlagen gesprochen, ohne daß in der Sache ein Unterschied bestünde; vgl. BFH BStBI 11 1970, 17. 144 BFH BStBI 11 1972,63,64; BStBIII 1974,613. 145 BStBI 11 1970, 17. 146 BStBIII 1970, 17, 19. 147 BFH aaO., S.19. 148 So tendentiell Knobbe-Kellk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. a), S. 872 f. ( "verwaschene Formulierung"); ebenfalls kritisch Jllrkat, GmbHR 1985,301, 87; Marx, StuW 1990, 151, 154 mit jeweils unterschiedlichem Lösungsvorschlag. Auch K. Schmidt, Handelsrecht, § 9 IV. 2. a), aa), hält die Betriebsaufspaltung unter diesem Gesichtspunkt für eine ,Juristische Fehlkonstruktion". 149 Ranft, OStZ 1988,79; Weilbach, BB 1990,829; Zeitler, GmbHR 1985,301,306. 150 Kommentar zum EStG, § 15 Rz. 807, unter Hinweis auf neuere Tendenzen im Handelsrecht (Hopt, ZGR 1987, 145, 176 ff.; insoweit skeptisch aber K. SChlllidt, OB 1988,897).

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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Dieser Ansatz, welcher der Rechtsprechung wohlwollend gegenübersteht, ist vom hier vertretenen Standpunkt aus bedeutsam, weil das normative Element auch der Lehre vom beweglichen System nicht fremd ist. Für das Verständnis der sachlichen Verflechtung als Element des beweglichen Systems spricht nämlich, daß damit die Wertungs grundlagen offen zu Tage treten. Es geht um Wirtschaftsgüter, die für die Betriebsgesellschaft wirtschaftliches Gewicht besitzen 151, wobei die Wesentlichkeit der Betriebsgrundlage funktionell unter Einbeziehung aller Umstände nach Maßgabe einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen ist. 15~ Das entspricht auch der Lehre vom beweglichen System: Es geht um eine prinzipienorientierte Betrachtungsweise, wobei neben der generellen Eignung zur wesentlichen Betriebsgrundlage die konkrete Nutzungsmöglichkeit und der damit erzielbare Profit für die Betriebsgesellschaft im Vordergrund stehen. 153 Zugleich kann dieses Element in unterschiedlicher Intensität ausgeprägt sein, je nachdem wie unentbehrlich die entsprechende Betriebsgrundlage in concreto ist.

b) Die Kasuistik zur" wesentlichen Betriebsgrundlage" als Anhaltspunkt for die Beweglichkeit des Systems Diese allgemeine Einschätzung ersetzt aber noch keine detaillierte Herleitung des Prinzips der Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage. Erforderlich ist vielmehr ein Blick auf die entschiedenen Fälle. Angesichts der sehr allgemein gehaltenen Definition überrascht es nicht, daß die unterschiedlichsten Wirtschaftsgüter in der Judikatur für wesentliche Betriebsgrundlagen gehalten wurden: Sogar der freiberufliche Erfinder kann die von ihm entwikkelten - immateriellen - Wirtschaftsgüter in Form von Patenten, Lizenzüberlassungen etc. zur Nutzung überlassen und damit im Einzelfall die erforderliche sachliche Verflechtung herbeiftihren. 154

BFH BStBl1I 1973,869; BStBl1I 1978,545. Weber-Grellet, Anm. zu BFH DStR 1993, 272. 153 Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 416, unterscheidet insoweit eine objektive und eine subjektive Komponente. Indessen paßt das Wort "subjektiv" nicht, weil es impliziert, daß auch der Wille der Gesellschafter von Bedeutung ist. Auf diesen kommt es aber erst und nur im Rahmen der personellen Verflechtung an. 154 Das kommt nicht selten vor: BFH BStBI 11 1966, 601; BStBI 11 1973, 869; BStB1 11 1978,545; BStB1 " 1989,455. 151

152

6 Pctersen

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

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aa) Die Rechtsprechung zu Gebäuden und Grundstücken Paradigmatisch ftir die Kasuistik der wesentlichen Betriebsgrundlage ist die Rechtsprechung zu Grundstücken: Diese sind keine wesentlichen Betriebsgrundlagen, wenn sie ftir die Zwecke der Betriebsgesellschaft von geringer wirtschaftlicher Bedeutung sind. 155 Folglich stellt die Überlassung von unbebautem Grund und Boden in aller Regel I 56 keine wesentliche Betriebsgrundlage dar. 157 Das ändert sich aber bereits bei Lager- und Abstellplätzen: Soweit diese einen genügend konkreten Bezug zum konkreten Unternehmen aufweisen, wie es etwa bei Bau- oder Transportunternehmen der Fall sein kann l58 , sind sie möglicherweise l59 als wesentliche Betriebsgrundlagen anzusehen. Noch näher liegt die Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage bei bebauten Grundstücken, soweit es sich nicht um reine Bürogebäude handelt, wenn und weil diese ebensogut anderweitig angemietet oder an anderer Stelle unterhalten werden könnten. 16o So ist ein bebautes Grundstück denkbare wesentliche Betriebsgrundlage ftir ein Baugeschäft. 161 oder einen Reinigungsbetrieb. 162 Je spezieller die Gebäude auf den Betrieb zugeschnitten sind, desto näher liegt die Annahme einer wesentlichen Betriebsgrundlage. 163 Typische Beispiele sind insoweit Hotelgrundstücke l64 oder Gaststätten. 165

BFH BStBI II 1986,299. Eine Ausnahme liegt jedoch dann vor, wenn ein unbebautes Grundstück überlassen wird und die Betriebsgesellschaft darauf mit eigenen Mitteln ein ihren Bedürfnissen entsprechendes Gebäude nach eigenen Plänen errichtet (Schulze zur Wiesche, DStR 1991, 137, 138). Zu diesem Fall und den Bezügen zur verdeckten Gewinnausschüttung vgl. noch weiter unten § 6 IV. 4. 157 BFH DB 1968, 1421; 1969, 1523; 1970, 132; 1971,310. 158 Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 461; skeptisch Knoppe, Betriebsverpachtung, S.195. 159 Bei der Ausbeutung von Grundstücken (Kieslager, Mineralquellen, Kohlevorkommen etc.) sogar ausnahmslos: vgl. FG Rheinland-Pfalz, EFG 1971, 24; Zarlmann, Die Betriebsaufspaltung - eine attraktive Gestaltungsform, 1980, S. 67. 160 BFH BStBI II 1971, 61; anders verhält es sich aber wiederum, wenn die Lage an einem bestimmten Ort prägend ist; vgl. nur Kaligin, Betriebsaufspaltung, S. 69. 161 BFH BStBI III 1954, 91. 162 BFH BStBI III 1966, 60 I. 163 Vgl. nur BStB I 1968,677: Hühnerfarm; BFH BStBI II 1981,39: Gebäude für ein Kinderkurheim. 164 BFH BStBI 1974,613. 165 BFH BStB I 1968,677. 155

156

111. Die Analyse der einzelnen Elemente

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bb) Übertragung auf das bewegliche System Die Rechtsprechung zu den Gebäuden und Grundstücken wurde deshalb gewählt, weil sie von außerordentlicher praktischer Relevanz ist. Sie läßt sich aber auch und gerade mit Hilfe der Lehre vom beweglichen System verstehen und erklären: Von den unbebauten Grundstücken oder variabel nutzbaren Bürogebäuden bis hin zu den auf speziellste Anforderungen zugeschnittenen Zweckbauten läßt sich gleichsam eine graduelle Abstufung feststellen, die in einer rur das bewegliche System typischen Weise sichtbar wird: Es eignet sich zur verallgemeinernden Beschreibung nämlich in geradezu auffälliger Weise die Formulierung ,je ... desto" - eine rur die Lehre vom beweglichen System bezeichnende Beschreibungsform. 166 Dabei soll nicht übersehen werden, daß es hier nur um ein einzelnes Element des beweglichen Systems der Betriebsaufspaltung, nämlich die sachliche Verflechtung handelt. Methodologisch interessant wird es vor allem beim Zusammenspiel mehrerer als Prinzipien erkannter Elemente, d.h. unter Hinzunahme der personellen Verflechtung, was einstweilen noch nicht möglich ist. Dennoch ist schon an dieser Stelle die Feststellung aufschlußreich, daß einzelne Elemente in sich den Gesetzmäßigkeiten des beweglichen Systems gehorchen können. Das ist bei der Rechtsprechung zur sachlichen Verflechtung der Fall.

cc) Zwischenbilanz Weiterhin kann bereits als Hypothese festgehalten werden: Wenn die sachliche Verflechtung sich als Folge einer hochgradigen und besonders ausgerichteten Zweckbestimmung eines überlassenen Wirtschaftsguts ergibt, kann damit eine weniger stark ausgeprägte personelle Verflechtung ausgeglichen und die Betriebsaufspaltung mit all ihren Rechtsfolgen gleichwohl angenommen werden. Umgekehrt wäre es denkbar, daß eine erhebliche personelle Verflechtung den Umstand kompensieren könnte, daß die sachliche Verflechtung deshalb nur unzureichend ausgeprägt ist, weil die überlassene Betriebsgrundlage in einem zwar noch ausreichenden, aber eben doch peripheren Verhältnis zur konkreten Tätigkeit der Betriebsgesellschaft steht. 167 Die Verifizierung dieser Hypothese setzt allerdings eine genauere Betrachtung der personellen Verflechtung bzw.

166 Freilich handelt es sich weiterhin nur um eine deskriptive Verkürzung; vgl. oben Erster Teil § I I. 167 Dazu paßt eine neuere Tendenz der Rechtsprechung (vgl. BFH vom 21.8.1996 X R 25/93; hierzu kritisch SÖfjillg, BB 1998, 317, 318), wonach sich der Beherrschungswille insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen muß. Darin kann eine Interdependenz, d.h. eine wechselseitige Abhängigkeit der Elemente eines (beweglichen) Systems, gesehen werden.



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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens voraus. Das soll im folgenden unternommen werden.

2. Personelle Verflechtung und einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille

Neben der sachlichen Verflechtung verlangt die Rechtsprechung 168 heute 169 rur die Annahme einer Betriebsaufspaltung einen "einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen". Nur wenn dies der Fall ist, unterscheidet sich die Tätigkeit des Besitzunternehmens von dem, was ein Vermieter gewöhnlicherweise unternimmt 170 und nur dann rechtfertigt sich folgerichtig die Umqualifizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in solche aus Gewerbebetrieb. Für die vorliegende Untersuchung stellt sich damit die Frage, ob man den einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen als weiteres Element bzw. Prinzip im beweglichen System der Betriebsaufspaltung postulieren kann. Das ist im bisherigen Schrifttum und insbesondere von der Rechtsprechung selbst nur unzureichend versucht worden. 171 Nach dem hier vertretenen und oben 172 näher ausgeführten Ansatz ergibt sich die prinzipielle Bedeutung des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens aus den Konzessionen, welche die Besitzgesellschaft in puncto Risikotragung gegenüber der Betriebsgesellschaft macht und die letztlich daraus resultieren, daß der zwischen fremden Dritten typischerweise vorhandene Interessenwiderstreit bei Pächter und Verpächter hier fehlt. Diese Entscheidungsgesichtspunkte, die zwar jedes rur sich kein eigenes Prinzip darstellen, lassen sich unter dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen zusammenfassen. Einen wichtigen Anhaltspunkt bietet das soeben wiedergegebene Begründungselement, das die Rechtsprechung verwendet und das auch vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System Zu stim-

Grundlegend insoweit BFH BStBI 1/ 1972,63,65. Vor der zitierten Entscheidung des Großen Senats war von personeller Verflechtung die Rede. Dieser Begriff ist mit der genannten Entscheidung streng genommen überkommen (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), aa), S. 874), findet sich aber nach wie vor. Im Text wird er wegen der griffigeren Formulierung im folgenden gelegentlich verwendet. Vgl. aber zur Möglichkeit einer unterschiedlichen Bedeutung beider Umschreibungen unten 111. 2. c), aa). 170 BFH BStBI 1/ 1972, 63, 65. Vgl. zur teleologischen Legitimierung der BetriebsaufspaItung unter diesem Gesichtspunkt bereits oben 11. 2. b), cc) und 111. vor I. 171 Eindrucksvoll belegt von Vogel, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 1978179, 34, 43 f., der die Begründungs- und Argumentationsdefizite, die er in phrasenhaften Beschwörungen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sieht und entsprechend geißelt (aaO., S. 44: "Der Leser hat es schwer, sich hier nicht verspottet zu fühlen."). 172 Unter 1/1. vor I. 168

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III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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mung verdient. Beweggrund ist nämlich letztlich wieder!73 das Gerechtigkeitspostulat der Umqualifizierung bzw. der unter Prinzipiengesichtspunkten gebotenen originär anderweitigen Qualifizierung, die ihrerseits nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen werden kann. Diese Voraussetzungen sind im folgenden aufzuzeigen und auf ihre Beweglichkeit hin zu untersuchen.

a) Beteiligungsidentität und Beherrschungsidentität Die Ausübung eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens ist in zwei Formen denkbar: als Beteiligungsidentität und als Beherrschungsidentität.

aa) Die Beteiligungsidentität im Lichte des beweglichen Systems Strukturell einfacher ist die Beteiligungsidentität, weil hier dieselben Personen im selben Verhältnis an der Besitz- und an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind. Das ist etwa dann der Fall, wenn zwei gleichberechtigte Miteigentümer eines Wirtschaftsguts dieses an eine Kapitalgesellschaft verpachten, an der sie jeweils zu 50 % beteiligt sind. Der einheitliche geschäftliche Betätigungswille tritt in dieser Konstellation "am klarsten zutage". m Für das bewegliche System läßt sich daraus folgende Überlegung ableiten: In einem solchen Fall ist das Element des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens denkbar stark ausgeprägt. Wenn nun die sachliche Verflechtung weniger hervorstechend ist, so können gleichwohl die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung eintreten. Es möge etwa das überlassene Wirtschaftsgut ein Grundstück sein. Hierzu wurde bereits!75 festgestellt, daß für das Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage ein weites Spektrum gilt. Es kommt darauf an, wie stark das Grundstück auf die konkreten Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft zugeschnitten ist. Liegt nun im Rahmen der personellen Verflechtung vollständige Beteiligungsidentität vor, so genügt es, wenn das verpachtete Grundstück an der unteren Grenze dessen anzusiedeln ist, was von den wesentlichen Betriebsgrundlagen erwartet wird. Ein reines Bürogebäude reicht als Verpachtungsgegenstand folglich zwar nicht aus, wenn es nach Ort, Lage und Größe jederzeit austauschbar wäre und es somit an jeglichem äußerlich erkennbaren spezifischen Bezug zur konkreten Tätigkeit der Betriebsgesellschaft fehlt. Das ändert sich aber bereits, wenn die m Vgl. auch in diesem Zusammenhang die historische Entwicklung der Betriebsaufspaltung oben unter I. \. 174 BFH BStBI II 1972,63,65. 175 Vgl. die zitierte Rechtsprechung unter IlI. 1. b), aa).

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

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Büroräume besonderen Anforderungen des Betriebs genügen. 176 Selbst ein schlichter Lagerplatz kann schon den Erfordernissen entsprechen 177 , wenn es sich bei der Betriebsgesellschaft etwa um ein Bauunternehmen handelt, an dem dieselben Personen zu gleichen Teilen beteiligt sind. In diesen Fällen ist es unter teleologischen Gesichtspunkten gerechtfertigt, die Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb urnzuqualiflZieren. Denn hier wird das Grundstück nicht einfach im Sinne des § 21 I EStG i.V.m. § 2 I Nr.6 EStG verpachtet, sondern dahinter steckt eine gewerbliche Absicht, die sich aus dem Zusammenspiel von relativer Eignung des Pachtgegenstandes rur die Zwecke der Betriebsgesellschaft und absoluter Beteiligungsidentität ergibt. Damit gehören die Einkünfte unter teleologischen Gesichtspunkten nicht mehr zu denen aus Vermietung und Verpachtung, sondern zu solchen aus Gewerbebetrieb, vgl. § 21 III EStG. 178 Es wird nämlich nicht einfach ein Wirtschafts gut überlassen, sondern die konkreten Umstände legen die Annahme eines ganz bestimmten, eben gewerblichen, Zwecks nahe. In der Diktion des beweglichen Systems bedeutet das: Das Element der personellen Verflechtung wiegt wegen der Beteiligungsidentität so schwer, daß eine verhältnismäßig schwach ausgeprägte sachliche Verflechtung die UmqualiflZierung der Einkünfte bewirken kann.

bb) Beherrschungsidentität und geschlossene Personengruppe Die Rechtsprechung nimmt einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen aber nicht nur im Falle der Beteiligungsidentität an, sondern auch schon dann, wenn seitens einer sogenannten "geschlossenen Personengruppe" eine Beherrschungsidentität vorliegt. 179 Das ist dann der Fall, wenn die am Besitzunternehmen beteiligten Gesellschafter, die gleichgerichtete Interessen verfolgen müssen l80, das Unternehmen tatsächlich beherrschen und in der Lage sind, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchzusetzen. 181 Allerdings kommt es auf die objektiven Beteiligungsverhältnisse und nicht auf "wirtschaftliche ZWänge,,182 an, damit die Qualifizierung als gewerbliche Tätigkeit nicht von irgendwelchen besonderen Vorkommnissen innerhalb der Gesellschaften abhängen kann. 176 BStBI II 1971, 6\. Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 461 . Diese Vorschrift zitiert das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 69, 188,205) für die Legitimierung der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung. 179 BFH BStBI II 1982, 479,480. 180 BFH BStBI II 1972, 796. 181 St. Rspr.; vgl. nur BFH BStBI II 1972,63,65; BStBI II 1984,714,715; BStBI " 1986, 364, 365. 182 So ausdrücklich BFH BStBI " 1973,247,249. J77

178

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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(1) Ausprägungen und Mehrheitsverhältnisse als

systemkonstituierende Strukturen

Die objektiven Beteiligungsverhältnisse sind indessen in der Rechtspraxis denkbar variabel. Schon diese Beobachtung spricht für eine gewisse Beweglichkeit innerhalb des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens in Form der Beherrschungsidentität. Doch müssen die hauptsächlich vorkommenden Strukturen zumindest prototypisch l83 behandelt werden. Der einfachste Fall der Beherrschungsidentität besteht zunächst dann, wenn die geschlossene Personengruppe nicht nur an der Besitz-, sondern auch an der Betriebsgesellschaft mit einfacher Mehrheit beteiligt ist. Haben also vier Gesellschafter am Besitzunternehmen je 25% inne und verteilt sich die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft auf drei von ihnen zu je einem Drittel, so bilden nur diese drei und nicht jener vierte "eine durch gleichgerichtete Interessen geschlossene Personengruppe", da sie an beiden Unternehmen mit einfacher Mehrheit beteiligt sind.

(2) Das Zusammenspiel der Elemente

Je stärker die Beherrschungsidentität in die Richtung einer Beteiligungsidentität weist, desto ausgeprägter ist folglich auch das Element der personellen Verflechtung. Umgekehrt kann es der Beherrschungsidentität abträglich sein, wenn die Beteiligungen der Mitglieder der Personengruppe an Betriebs- und Besitzgesellschaft quantitativauseinanderfallen: Hält der eine am Besitzunternehmen über 90% der Anteile, der andere aber weniger als ein Zehntel, während es sich bei der Betriebsgesellschaft gerade umgekehrt verhält, so können 184 andere Grundsätze gelten. 185

183 Auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten, die sich durch - grundsätzlich ausreichende (vgl. BFH BStBl 11 1975, 112) - mittelbare Beteiligungen an den unterschiedlichen Gesellschaften, die wiederum in verschiedenen Rechtsformen denkbar sind, ergeben können, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an; vgl. dazu Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 66-152. Das flir die Lehre vom beweglichen System entscheidende Prinzip zeigt sich nicht zuletzt in den strukturell einfachen Konstellationen. Soweit die Betriebsgesellschaft auch eine Personengesellschaft ist (mitunternehmerische Betriebsaufspaltung), ergeben sich allerdings auch unter dem Blickwinkel des beweglichen Systems besondere Schwierigkeiten. Diese Problematik kann allerdings erst im Anschluß an die Mituntemehmerschaft weiter unten (vgl. § 5 im Text) behandelt werden. 184 Dies betont Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 65 zu Recht. 185 BFH BStBI 11 1972, 796 hat flir den Fall einer jeweils gegenläufigen 90% zu I O%-Beteiligung die Beherrschungsidentität abgelehnt.

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

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Bezogen auf die Lehre vom beweglichen System bedeutet dies: In einem solchen Fall liegt nur eine schwache personelle Verflechtung vor. Sie kann aber gegebenenfalls dadurch ausgeglichen werden, daß die sachliche Verflechtung deshalb besonders stark ausgeprägt ist, weil das überlassene Wirtschaftsgut rur die Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft von essentieller Bedeutung ist. Ungeklärt ist, ob es ausreicht, wenn die Beteiligungen zweier Gesellschafter quantitativ nicht extrem entgegengesetzt sind, sondern der eine am Besitzunternehmen, der andere hingegen an der Betriebsgesellschaft knapp über die Hälfte der Anteile hält. Knobbe-Keuk l86 möchte in einem solchen Fall das Vorliegen einer geschlossenen Personengruppe ablehnen. Das läßt sich in dieser Allgemeinheit aber nicht sagen. Vom Standpunkt des beweglichen Systems aus hängt es nurmehr von der Intensität der sachlichen Verflechtung ab, ob insgesamt die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung eintreten sollen oder nicht.

b) Die Zurechnungsproblematik bei Kindern und Ehegatten

Da es im Rahmen der personellen Verflechtung regelmäßig auf die Beherrschungsidentität innerhalb der Besitz- und Betriebsgesellschaft ankommt, stellt sich die Frage, ob man dem Gesellschafter die Anteile von nahen Angehörigen 187 zurechnen und daraus die Beherrschungsidentität herleiten kann. Die Rechtsprechung hat das in der Tat früher angenommen, indem sie davon ausging l88 , daß Ehegatten nach der Lebenserfahrung die aus den Anteilen resultierenden Rechte wegen gleichgerichteter Interessen einheitlich ausüben. Der BFH unterstellte dabei, daß der Inhaber des Besitzunternehmens seine Entscheidungen in der Gesellschafterversammlung der Betriebsgesellschaft formal nach Anhörung der Ehefrau treffe. 189 Dagegen ist die Zusammenrechnung von Beteiligungen naher Angehöriger im Schrifttum seit jeher 190 kritisiert worden.

Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), aa), S. 876. Gerade bei mittelständigen Unternehmen kommen Beteiligungen von Ehegatten am gewerblichen Vermögen des anderen häufig vor; vgl. Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz.166. 188 Insoweit wird auch von der "Vermutungstheorie" gesprochen; vgl. Dehmer, aaO., Rz. 167; die Vermutung war allerdings widerlegbar. 189 BStBl 11 1973, 27 ff. 190 Vgl. nur Risse, GmbHR 1970, 178, 179; Eckart, StbJb 1971172; 115, 133 ff.; Felix/Korn, DStR 1971,135,136. 186 187

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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aa) Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Lichte des beweglichen Systems Das Bundesverfassungsgericht schließlich hat es mit Art. 3 I i.V.m. Art. 6 I GG ftir unvereinbar gehalten, daß bei der Beurteilung der personellen Verflechtung von der - wenn auch widerlegbaren - Vermutung ausgegangen wurde, Ehegatten verfolgten gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen. 191 Schon die Vermutung stelle eine verfassungswidrige Schlechterstellung von Ehegatten l92 gegenüber Nichtverheirateten dar und kehre insoweit die Feststellungslast in einer die Ehe diskriminierende Weise um. 193 Die Ehegatten seien nämlich nunmehr gezwungen, eine allein aus der Eheschließung abgeleitete Erfahrung zu widerlegen, um der Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens aus dem Weg gehen zu können. 194

(1) Die kombinatorische Methode beider Würdigung der Beweiszeichen

Allerdings hat sich das Bundesverfassungsgericht zu einer ftir das bewegliche System wichtigen Einschränkung veranlaßt gesehen: Die Ehe müsse ftir die Ermittlung der personellen Verflechtung nicht völlig außer Acht gelassen werden, womit in Einzelfällen durchaus Raum ftir eine Zurechnung sei l95 : Wenn zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft Beweiszeichen vorliegen, die ftir die Annahme einer personellen Verflechtung durch gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen sprechen, wäre der Einwand unbegründet, Verheiratete seien gegenüber Ledigen schlechter gestellt. 196 Welche Beweiszeichen bzw. konkreten Anhaltspunkte l97 ftir eine ausnahmsweise mögliche Zusammenrechnung in Betracht kommen, brauchte das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. 198 191 BVerfGE 69, 188, 205. Siehe zu dieser Entscheidung auch aus der nahezu unerschöpflichen Literatur List, GmbHR 1985, 101, 105; Barth, BB 1985,648,653; Doellerer, GmbHR 1986, 165, 170; dens. ZGR 1987, 443, 463; Woerner, DStR 1986, 735, 738; dens. BB 19885, 1609, 1616; Winter, GmbHR 1987,281,282. 192 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), bb), S. 877, folgert daraus zutreffend, daß auch bei minderjährigen Kindern eine Zusammenrechnung nicht mehr erfolgen dürfe, da beide Eltern gesetzliche Vertreter seien. 193 BVerfGE 65, 188,206. Vgl. zur Übernahme dieser Vorgaben durch den BFH zuletzt BFH BB 1999,297,298. 194 BVerfGE 65, 188,207. 195 BVerfGE 65, 188,208. 196 BVerfG, aaO., S. 208. 197 Diesen Ausdruck verwendet das Gericht gleichbedeutend mit "Beweiszeichen". 198 Das Bundesverfassungsgericht hat insoweit auf L. Schmidt, DStR 1979, 699, 702 verwiesen.

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

Aus der Sicht der Lehre vom beweglichen System ist dieser Vorbehalt deshalb von Bedeutung, weil er eine flexible Behandlung der Anteile von Ehegatten ermöglicht. 199 Damit zeichnet sich das Element der personellen Verflechtung auch unter diesem Gesichtspunkt durch eine gewisse Beweglichkeit aus: Die Tatsache der ehelichen Verbindung darf nicht zu einer pauschalen Zusammenrechnung führen, es sei denn, konkrete Anhaltspunkte lassen den Fall in einem anderen Licht erscheinen. Die für das bewegliche System charakteristische "kombinatorische Methode"20o spiegelt sich also auch in diesem Teilaspekt wider. Damit stellt sich die Frage, worin die Anhaltspunkte in der Praxis bestehen können. Der Bundesfinanzhof hat hierfür mittlerweile wesentliche Vorgaben entwickelt: Vor allem zusätzliche Stimrnrechtsbindungsverträge201 und unwiderrufliche Stimrnrechtsvollmachten202 sollen mögliche Beweiszeichen sein, die ausnahmsweise zu einer Zusammenrechnung führen können. Dagegen reicht es für die Annahme gleichgerichteter Interessen nicht aus, daß die Mittel für die Beteiligung eines Ehegatten an der Betriebsgesellschaft von dem anderen Ehegatten stammen203 oder daß die Eheleute innerhalb des Unternehmens seit Jahren konfliktfrei zusammenwirken. 204 Unzureichend ist es auch, daß die Betriebsgesellschaft durch den Ehemann "geprägt"205 ist oder die Ehefrau durch Erbeinsetzung, gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder auf eine andere Art im Alter wirtschaftlich abgesichert sein soll.206 Erforderlich ist vielmehr eine "faktische Beherrschung".207 Eine solche personelle Verflechtung "kraft tatsächlicher Beherrschung"20S wird nur ausnahmsweise 209 angenommen,

199 Demgegenüber beklagt Knobbe-Keuk. Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), bb), S. 877, "neues Rätselraten und Rechtsunsicherheit für den Steuerpflichtigen". 200 So paraphrasiert Mayer-Maly, (Lit.-Verz.), S. 123, die Lehre vom beweglichen System. 201 Vgl. BMF BStBl1 1986,537; differenzierend Heidller, OB 1990,73. 202 BFHINV 1990, 99; Woerner, DStR 1986, 735, 740; a.A. KlilifllS, GmbHR 1990, 401. 203 BFHE 150, 356, 360. 204 BFHE 145, 221; 146, 266. 205 BFHE 155,117,119. 206 BFHE 159,480,484; kritisch zum Ganzen Ullvericht, OB 1989,995. 207 So zuletzt BFH BB 1999,297,298. 208 BFH aaü., S. 298; BFHINV 1991, 454. 209 Vgl. etwa BFHE 119,462: Hier hatten die Ehemänner, die weiterhin über das Anlagevermögen verfügen konnten, ihren Ehefrauen das Unternehmen zwar als Gesellschafterinnen einer KG überlassen, dann aber selbst als Angestellte der KG das Unternehmen weitergeführt. Die Annahme der personellen Verflechtung ergab sich nicht zuletzt daraus, daß die Ehefrauen hier nur treuhänderisch für ihre Ehemänner tätig wurden.

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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wenn die Gesellschafter der Betriebsgesellschaft aufgrund der Einflußnahmemöglichkeiten der hinter der Besitzgesellschaft stehenden Personen von ihren eigenen gesellschaftsrechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten keinen Gebrauch mehr machen können. 2JO Für die Feststellung dieser Einflußnahmemöglichkeiten kann es auf den - gegebenenfalls auszulegenden - Gesellschaftsvertrag und die darin getroffenen Vereinbarungen über das Stimmrecht maßgeblich ankommen. 2 !!

(2) Die Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Mittel als Prinzip

Man kann diese Kasuistik vor dem Hintergrund des beweglichen Systems auf folgendes Prinzip zurückführen: Nur wenn mit spezifisch gesellschaftsoder verbandsrechtlichen Mitteln auf die Willensbildung des mitbeteiligten Ehegatten eingewirkt wird, wie es etwa bei Stimmrechtsbindungsverträgen und unwiderruflichen Stimmrechtsvollmachten der Fall ist, kann eine Zusammenrechnung erfolgen. Denn damit haben die Ehepartner eine über das eheliche Zusammenleben und Ordnen der gemeinsamen Haushalts- und Wirtschaftsführung hinausgehende Vereinbarung getroffen. 212 Die Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Instrumente ist im übrigen auch ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip im Sinne des beweglichen Systems. Denn damit haben die Ehegatten ihre Beziehungen insoweit auf eine für das Gesellschaftsrecht typische Grundlage gestellt und können ausnahmsweise auch mit rein gesellschaftsrechthchen Kategorien gemessen werden. Dagegen unterfallen Güterstand und konfliktfreies Zusammenwirken der Ehegatten gerade dem Schutzbereich des Art. 6 GG, auf den auch das Bundesverfassungsgericht entscheidend abstellt.

bb) "Wiesbadener Modell" und bewegliches System Von der soeben besprochenen Problematik ist es nur ein kleiner Schritt zur rechtlichen Würdigung des sogenannten "Wiesbadener Modells".213 Dabei hat BFH/NV 1991,454; BFH BB 1999,297,298. Illustrativ insoweit BFH BB 1999,297,299. 212 Etwas vage klingt es dagegen, wenn der insoweit tendenziell großzügige IV. Senat eine beide Unternehmen umfassende "planmäßige Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse" ausreichen läßt; vgl. BFH BStBI 11 1986, 913. Kritisch auch KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), bb), S. 878 Fußnote 457. 213 Auch "Steuerberater-Modell" genannt (Knoppe, Betriebsverpachtung, S. 45); der Ausdruck "Wiesbadener Modell" ist aber geläufiger und geht auf die Wiesbadener 210 211

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ein Ehegatte - häufig, aber nicht notwendigerweise die Ehefrau - alle Anteile des Besitzunternehmens, der andere die der Betriebsgesellschaft zu 100 %. Der Zweck dieser Aufteilung besteht regelmäßig darin, die personelle Verflechtung und damit die Gewerbesteuerpflicht zu vermeiden. 214 Sind die Ehegatten nämlich jeweils nur an einem Unternehmen beteiligt, so scheidet eine Zusammenrechnung nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus. Daher nimmt auch die Rechtsprechung 215 in den Fällen des Wiesbadener Modells keine personelle Verflechtung an. 216

(1) Die kritische Zuspitzung des Modells

In diesem Zusammenhang wurde auf eine "paradoxe Situation"ZI7 aufmerksam gemacht: "Im Falle einer 100%igen Beteiligung des Ehemanns an der Besitzgesellschaft mit einem Anteilsbesitz von I % des Ehemannes bzw. 99% der Ehefrau am Betriebsunternehmen bei gleichzeitigem Stimmrechtsbindungsvertrag muß eine Zusammnrechnung der Ehegattenanteile weiterhin vorgenommen werden. Im Fall des Wiesbadener Modells, also einer lediglich geringfiigigen Abweichung vom soeben konstruierten Sachverhalt, soll dagegen sogar beim Vorliegen eines derartigen Vertrages keine Zusammenrechnung erfolgen."218

(2) Lösung nach den Regeln des beweglichen Systems

Damit ist die Problematik in der Tat entscheidend zugespitzt. Zugleich ist diese Konstellation auch fur die Lehre vom beweglichen System interessant. Danach muß folgendes gelten: Liegt ein Stimmrechtsbindungsvertrag bei doppelter Ehegattenbeteiligung vor, so ist eine Zusammenrechnung mit der Folge eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens und somit einer gewerbesteuerpflichtigen Betriebsaufspaltung auch beim Wiesbadener Modell ange-

Tagungen des Deutschen Steuerwissenschaftlichen Instituts für Steuerberater und Steuerbevollrnächtigte zurück. 214 Schulze zur Wiesche, DB 1986, \090; Kaligin, DStZ 1986, 131, 135 f.; Felix, KÖSDI 1985,5976,5982 spricht emphatisch von einem "Gewerbesteuersparknaller". 215 BFH BStB11I 1986, 359. 216 Das war vor allem im Schrifttum lange Zeit umstritten; gegen die Annahme einer Betriebsaufspaltung beim Wiesbadener Modell schon immer: Kllobbe-Keuk, StbJb 1980/81,335; Woerner, BB 1984, 1923; Felix, GmbHR 1973, 184; Paus, Inf. 1985,4,6. 217 Wehrheim, Die Betriebsaufspaltung in der Finanzrechtsprechung, S. 51. 21S Wehrheim, aaO., S. 51. Die Rechtsprechung hat einen derartigen Fall bislang noch nicht entschieden.

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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zeigt. In einem solchen Fall setzt sich nämlich das schon oben219 für maßgeblich gehaltene und auch die personelle Verflechtung bestimmende Prinzip der Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Instrumente durch. Der Stimmrechtsbindungsvertrag wiegt im Sinne des beweglichen Systems schwerer als die Tatsache der entgegengesetzten 100%igen Beteiligung, weil er mit den Mitteln des Verbandsrechts eine die eheliche Bindung überlagernde Vorentscheidung trifft. Trotz der im Hinblick auf Art. 6 GG zu respektierenden Willensautonomie beider Ehegatten, welche die Anteile des einen Ehegatten nicht von Rechts wegen dem anderen zurechnet, entscheidet in dieser Konstellation die gesellschaftsrechtliche Determinierung, weil hier die Vermutung für einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen220 nicht mehr allein aus der Tatsache der Eheschließung folgt. Daß beim Wiesbadener Modell grundsätzlich kein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vorliegt, darf also nicht als starres Dogma mißverstanden werden. 221 Vielmehr ist auch hier ganz nach den Besonderheiten des konkreten Falles zu entscheiden. Nach der Lehre vom beweglichen System ist entscheidend, ob das Prinzip des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens deshalb eingreift, weil trotz hundertprozentiger Trennung der Anteile mit spezifisch gesellschaftsrechtlichen Mitteln gleichwohl eine einheitliche Willensbildung bewirkt werden kann. So verfährt letztlich auch die Rechtsprechung: Wenn trotz Wiesbadener Modells der das Besitzunternehmen beherrschende Ehegatte in der Betriebsgesellschaft eine Machtstellung ausübt, etwa weil er deren Geschäftsftihrer isf22, bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen der Betriebsaufspaltung223 , da hier ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vorliegt. Gleiches gilt, wenn die Tätigkeit des Besitzunternehmens über eine reine Verwaltungstätigkeit hinausgeht. 224

Unter aa). Auf diesen kommt es weiterhin als zentrales Prinzip an. Die Kritik von Wehrheim, aaO., S. 52, der den Abschied vom einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen fordert, schießt über das Ziel hinaus. 221 In diese Richtung aber Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 22 X. 3. b), bb), S. 878. 222 Vgl. BFH BStBl 11 1987,28. 223 Fichte/mann, Betriebsaufspaltung im Steuerrecht, Rz. 9. 224 BFH BStBl 111 1961,223. 219

220

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§ 3 Die Betriebsaufspaltung

(3) Das Wiesbadener Modell im Todesfall

Nicht nur aus Gründen der Vollständigkeit, sondern auch um die Geltungskraft des beweglichen Systems anhand eines weiteren markanten Punktes zu illustrieren, soll noch auf eine drohende unwillkommene Konsequenz des Wiesbadener Modells aufmerksam gemacht werden. Wenn dieses nämlich zur Vermeidung der Rechtsfolgen einer Betriebsaufspaltung gewählt wird, ist bei gleichzeitigem Vorliegen eines (gemeinschaftlichen) "Berliner Testaments" (vgl. § 2269 BGB) im Todesfall folgendes denkbar: Durch den Vermögensübergang kann es infolge gegenseitiger Erbeinsetzung beim Tod des erstversterbenden Ehegatten zu einer unwillkommenen Betriebsaufspaltung kommen. 22S Mag dies fiir den Beteiligten auch unangenehm sein226 , so ist es doch systematisch folgerichtig und mit der Lehre vom beweglichen System ohne weiteres erklärlich. Denn ebenso wie die Betriebsaufspaltung unversehens endet, wenn eine ihrer Voraussetzungen nicht mehr vorliegt oder nicht mehr genügend stark ausgeprägt isf 27 , kann sie auch unerwartet entstehen. Diese fließende Erscheinungsweise charakterisiert das bewegliche System geradezu. Dabei geht es nicht um eine schwammige Dehnbarkeit. Vielmehr wird der im Rechtsleben typischen Änderung von Sachverhaltskonstellationen Rechnung getragen, indem auf eine systematisch konsistente Weise auf sie reagiert wird.

cc) Zwischenergebnis Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß auch bei unterschiedlichen Beteiligungen von Ehegatten trotz der auf Art. 6 GG gegründeten Willens autonomie ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vorliegen kann, wenn und weil der Gesichtspunkt der Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Mittel, der insoweit als Unterprinzip fungiert, überwiegt.

Crezelius, Untemehmenserbrecht, S. 290. Das Berliner Testament ist deshalb nicht die günstigste Gestaltungsform (vgl. deshalb den Altemativvorschlag bei Crezelius, aaO.). Erbschaftsteuerlich ist der Sachverhalt im übrigen so zu beurteilen, als sei Privatvermögen vererbt (Crezelius, Unternehmenserbrecht, S. 291). 227 Hierzu sogleich unter d). 225

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III. Die Analyse der einzelnen Elemente

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c) Besonderheiten bei der unechten Betriebsaufspaltung

Im bisherigen Verlauf der Untersuchung wurde vor allem aus Darstellungsgründen die echte Betriebsaufspaltung zugrundegelegt. Wie weiter oben228 schon skizziert, gibt es aber noch eine andere praktisch wichtige Ausprägung, nämlich die unechte Betriebsaufspaltung. Wegen der gleichen Rechtsfolgen229 wird auf die unechte 230 Betriebsaufspaltung regelmäßig nicht eigens eingegangen. Hier soll sie wegen der - auch bezüglich des beweglichen Systems - erklärungsbedürftigen Entstehung näher betrachtet werden. Bei der unechten Betriebsaufspaltung werden Besitz- und Betriebsgesellschaft nebeneinander errichtet. Es liegt also keine Betriebsteilung vor. 231 Vielmehr werden die wesentlichen Betriebsgrundlagen von einem neugegründeten an ein schon bestehendes Unternehmen verpachtet. Unterschiedlich ist also die Entstehungsart, weil anders als bei der echten Betriebsaufspaltung keine Ausgründung vorliegt. 232 Mangels einer Spaltung im Rechts- oder auch nur im Wortsinne wurde weiter oben233 bereits vorgeschlagen, statt von der "unechten" besser von der "unwillkürlichen" Betriebsaufspaltung zu sprechen. Damit würde einem Umstand Rechnung getragen, der auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten Erwähnung verdiemt: Problematisch ist die unechte Betriebsaufspaltung nämlich deshalb, weil sie, auch ohne daß die Beteiligten sich darüber im klaren sind234 , entstehen kann. 235 Das ist nicht unwichtig, wenn man bedenkt, daß die Betriebsaufspaltung sich - wie zu Beginn der Erörterung herausgearbeitef36 - nicht zuletzt daraus legitimiert, daß sie die Errichtung von Pachtgesellschaften steuerlich sanktionieren soll. Hinzu kommt Knobbe-Keuks 237 Kritik, daß die Folgen der Betriebsaufspaltung "im Falle der echten Betriebsaufspaltung noch als Konsequenz der erfolgsneutralen Begründung der Be-

In der Einleitung vor § 2 I. St. Rspr.; vgl. nur BFH BStBl III 1960,50; BStBI III 1963, 104; BStBI 11 1970, 17; FG Nümberg, EFG 1975, 13; FG Münster II, EFG 1976, 196. 230 Gelegentlich wird auch von "uneigentlicher" Betriebsaufspaltung gesprochen; vgl. Knoppe, Betriebsverpachtung, S. 42. 231 Dehmer, Betriebsaufspaltung, Rz. 17. 232 Birkholz, DStZ 1971, 159. m Zweiter Teil, § 3 vor I . 234 Daher der schon oben (§ 3 vor 1.) unterbreitete Vorschlag, von der "unwillkürlichen" Betriebsaufspaltung zu sprechen. 235 Das ist freilich auch bei der "echten" denkbar. Einen solchen Fall behandelt BFHE 184,512 (hierzu Grune, BB 1998, 1081; Habscheidt, BB 1998, 1184). Der BFH weist hier immerhin einen Ausweg zur Vermeidung der Betriebsaufspaltung; vgl. PlewkalSöjJing, NJW 1998, 2785. 236 Siehe oben § 3 I. 2. 231 Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. b), aa), S. 883 f. 228 229

96

§ 3 Die BetriebsaufspaItung

triebsaufspaltung verständlich", hingegen bei der unechten, bei der es an einer Aufspaltung fehlt, "nicht einzuordnen" sei. Dieser berechtigte Einwand wird hier nicht weiter verfolgt, weil er letztlich auf der Gegenrechnung von Vor- und Nachteilen der Betriebsaufspaltung basiert und der Ausgleich von potentiellen Vor- und Nachteilen, wie oben238 ausfuhrlich erörtert, nicht als Gerechtigkeitskriterium im Sinne des beweglichen Systems in Betracht kommt. Da die Lehre vom beweglichen System vom hier vertretenen Standpunkt aus aber nicht bloß Rechtsprechungsentwicklungen beschreiben, sondern darüber hinaus auch auf der Ebene der richtigen Rechtsfindung eine Rolle spielen soll, ist dem auch bei der Beurteilung der unechten Betriebsaufspaltung Rechnung zu tragen. Das bedeutet, daß die Legitimität dieser Ausprägung nur nach Maßstäben beurteilt werden soll, die zuvor als systematisch konsistente und teleologisch begründbare Gerechtigkeitskriterien anerkannt werden konnten. Es bleibt allerdings die Frage, ob die unechte Betriebsaufspaltung überhaupt Zustimmung verdient. Hierbei stehen sich das ungewöhnliche Zustandekommen diese Art der Betriebsaufspaltung einerseits und der regelmäßig gleiche wirtschaftliche Erfolg andererseits gegenüber. Insofern fragt sich, ob beide Institute gleich zu beurteilen sind, da die echte Betriebsaufspaltung im Ergebnis als unbedenlich und prinzipiengerecht angesehen wurde. Dagegen ist der Rechtsprechung zur unechten Betriebsaufspaltung zum Vorwurf gemacht worden, sie habe allein um der Gleichbehandlung der beiden "Endzustände"239 willen eine belastende Analogie geschaffen. 240 Es kommt darauf an, ob sich aus der potentiellen Unwilkürlichkeit ihrer Begründung Bedenken gegen die unechte Betriebsaufspaltung herleiten lassen. Ist dies der Fall und lassen sich verbleibende Ungereimtheiten weder teleologisch noch systematisch erklären, so müßte dies zu einer mindestens teilweisen Abkehr von der unechten bzw. unwillkürlichen Betriebsaufspaltung fuhren. In diesem Zusammenhang hat Groh auf ein "Skandalon"241 aufmerksam gemacht: Wenn zwei Miteigentümer ein Grundstück an eine außenstehende Kapitalgesellschaft verpachten und später einer von beiden die Kapitalmehrheit an dieser Gesellschaft erwirbt, so liegt eine unechte Betriebsaufspaltung vor, infolge derer auch der andere Miteigentümer nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, da aus der Bruchteilsgemeinschaft ein Besitzunternehmen geworden ist. Dieses Ergebnis ist um so bedenklicher, als derjenige Gesellschafter, der selbst keine Anteile an der Kapitalgesellschaft erwirbt, ohne eigenes

238

Unter § 3 11. 2. c), bb).

Donath, Die Betriebsaufspaltung, S. 37. 240 Barth, OB 1985,510. 241 Groh, OB 1989, 748, 750. 239

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

Zutun gewerbliche Einkünfte Gewerbesteuerpflicht unterliegt.

hat

und

somit

nolens

97

volens

der

Es fragt sich, wie dieser Befund mit der Lehre vom beweglichen System in Einklang zu bringen ist. Dieser geht es gerade um eine prinzipienorientierte Betrachtungsweise, und "das Prinzip 'mitgefangen, mitgehangen' ist", wie Groh 242 zutreffend bemerkt, "kein Rechtsgrundsatz". Die richtige Antwort dürfte in der Rückbesinnung auf die Elemente der Betriebsaufspaltung zu fmden sein. Diese wurden in der sachlichen und persönlichen Verflechtung gesehen - genauer: in der von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragenen Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage. Diese Präzisierung macht hier gerade den Unterschied aus: Es liegt zwar unleugbar eine personelle Verflechtung vor, da letztlich beide Miteigentümer mit dem überlassenen Wirtschaftsgut verbunden sind und dieses die wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Indessen kann man schwerlich von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen sprechen, da der nicht an der Kapitalgesellschaft beteiligte Miteigentümer insoweit keinen auf die Betriebsgesellschaft bezogenen Betätigungswillen hatte. Immerhin ist er auch nicht, wie die Rechtsprechung es fordert, zwangsläufig in der Lage, in der Betriebsgesellschaft seinen Willen durchzusetzen, da er selbst dort keine Anteile hat. Hier zeigt sich, daß die Bezeichnung des "einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens" der verbalen Verkürzung (..personelle Verflechtung") unter teleologischen - und damit auch ftir die Lehre vom beweglichen System brauchbaren - Gesichtspunkten überlegen ist. Für die Bewertung der unechten bzw. unwillkürlichen Betriebsaufspaltung läßt sich danach folgendes festhalten: Wegen der Herstellung des im Ergebnis gleichen wirtschaftlichen Zustandes ist es im Grundsatz sachgerecht, auch hier die Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung anzunehmen. Diese sind schließlich keine Strafsanktion, sondern stellen sich nur konsequente Umsetzung einer entsprechenden Einkunftsqualifizierung bei Vorliegen bestimmter Entscheidungskriterien. Die Herstellung des entsprechenden wirtschaftlichen Zustandes stellt also gewissermaßen eine objektive Bedingung der Steuerbarkeit dar. Daher paßt auch der Begriff der unwillkürlichen Betriebsaufspaltung besser als derjenige der unechten. Denn die Qualifikation der Einküfte erfolgt unabhängig von einer diesbezüglichen Willensäußerung und tritt allein durch Schaffung eines der Betriebsaufspaltung gleichwertigen wirtschaftlichen Zustands ein. Jedoch ist bei der Gewichtung der Entscheidungskriterien gerade bei der unwillkürlichen Betriebsaufspaltung genauestens auf die tatsächliche Ausprägung zu achten. Dabei ist insbesondere der einheitliche geschäftliche Betätigungswille im Blick zu halten, so daß sich die Prüfung nicht mit der vorschnellen

241

In: DB 1989, 748, 750.

7 Petersen

98

§ 3 Die Betriebsaufspaltung

Annahme einer personellen Verflechtung begnügen darf. Mit dieser Maßgabe begegnet freilich auch die unechte Betriebsaufspaltung keinen Bedenken.

d) Beendigung der Betriebsaufspaltung im Lichte des beweglichen Systems

Auch die Beendigung der Betriebsaufspaltung folgt aus der Sicht der Lehre vom beweglichen System erhellenden Gesetzmäßigkeiten: Ebenso schnell wie - gerade in manchen Konstellationen der unechten Betriebsaufspaltung - ihre Voraussetzungen vorliegen oder entstehen 243 , können sie auf der anderen Seite wieder entfallen: Man denke nur an den Fall, daß der Pachtvertrag, aufgrund dessen die wesentliche Betriebsgrundlage überlassen wurde, unwirksam ist oder aus anderen Gründen nicht mehr besteht. Des weiteren kann die sachliche Verflechtung entfallen, weil die Betriebsgrundlage wegen der Besonderheiten des Falles nicht mehr "wesentlich" fiir die Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft ist. Aber auch die personelle Verflechtung kann in ihrem Bestand Schwankungen unterworfen sein. Das gilt etwa fiir die Fälle der Beherrschungsidentität kraft Zurechnung anderer Anteilseigner: eine Ehescheidung oder die inzwischen eingetretene Volljährigkeit minderjähriger Gesellschafter können bewirken, daß die Beherrschungsidentität aufgelöst wird244 und es in der Folge an einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen fehlt. 245 Diese verschiedenen Beendigungsarten lassen sich mit der Lehre vom beweglichen System ohne weiteres in Einklang bringen. Denn in den genannten Fällen ist jeweils ein entscheidendes Element im konkreten Fall unversehens schwach ausgeprägt. Soweit es dann nicht durch ein anderes Prinzip, das entsprechend stark wirkt, ausgeglichen wird, können die Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung auch nicht eintreten. Das wird deutlich, wenn man sich Wilburgs ursprüngliche, wenngleich nicht unangreifbare 246 , Terminologie verge243 Erinnert sei an den soeben (unter b) a.E.) behandelten Erbfall beim Wiesbadener Modell. 244 Das setzt freilich voraus, daß die Anteile zuvor überhaupt zugerechnet wurden, was, wie gesehen, wegen Art. 6 GG keineswegs zwangsläufig der Fall ist. 245 Zu diesen Beispielsfällen Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 22 X. 4. c), S. 890. 246 Hierzu Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 75 Fußnote 8, der darin zu Recht eine zu starke Ähnlichkeit zu naturwissenschaftlichen Kategorien sieht, mit denen sich Rechtsprobleme nicht lösen ließen. Der naturwissenschaftlich gefärbte Sprachgebrauch Wilburgs entspricht freilich einer Tradition, die sich bis in das Wissenschaftsverständnis des 19. Jahunderts verfolgen läßt. Vgl. hierzu etwa Schnädelbach, Philosophie in Deutschland 1831-1933, S. 88 ff., der eine "paradigmatische Bedeutung der Naturwissenschaften flir das Wissenschaftsverständnis der Epoche" (aaO., S. 98) konstatiert.

III. Die Analyse der einzelnen Elemente

99

genwärtigt: Er hat von den Elementen als den "bewegenden Kräften"247 gesprochen. Diese Vorstellung fmdet in der Beendigung der Betriebsaufspaltung einen gewissen Anhaltspunkt. Das jeweilige Prinzip kommt nur dann im konkreten Fall zum Zuge, wenn es in einer entsprechenden Stärke ausgeprägt ist. Läßt diese nach, so ergibt sich auch die Rechtsfolge nicht mehr zwangsläufig.

3. Ergebnis

Die Betriebsaufspaltung ist eine Rechtsfigur, die mit dem Grundsatz der Tatestandsmäßigkeit der Besteuerung vereinbar ist. Sie kann in der von der Rechtsprechung entwickelten Fonn als bewegliches System interpretiert und dogmatisch eingeordnet werden. Elemente bzw. Prinzipien dieses beweglichen Systems sind die sachliche Verflechtung, d.h. die Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage, sowie der einheitliche geschäftliche Betätigungswille. Beide sind systematisch und teleologisch begründbar, weil sie der Atypizität der Verpachtung ohne wirklichen Interessenwiderstreit und der freiwilligen Risikoübernahme Rechnung tragen. Bringt man dies auf die Kurzfonnel, daß sich die Betriebsaufspaltung durch die von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragene Überlassung einer wesentlichen Betriebsgrundlage beschreiben läßt, so ist dies kein außergesetzlicher Tatbestand. Vielmehr bezeichnet es das Zusammenspiel von sachlicher und personeller Verflechtung im Sinne einer Abstufbarkeit und möglichen Interdependenz.

247 Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 13. Vgl. auch dens., aaü., S. 17: "Wirkungsenergie".

7"

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System Die Mitunternehmerschaft bezeichnet das Institut, das diejenigen bilden, die gemeinsam ein Unternehmen betreiben.' ~ach § 15 I ~r. 2 EStG sind u.a. die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei welcher der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Anders als bei der Betriebsaufspaltung nennt das Gesetz den Mitunternehmer beim Namen. Mehr noch: Der Begriff des Mitunternehmers steht ungeachtet seiner beiläufigen Erwähnung innerhalb des Relativsatzes im Zentrum der Dogmatik zu § 15 I Nr. 2 EStG. Das zeigt sich vor allem daran, daß die Rechtsprechung auch für den Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft fordert, daß er Mitunternehmer ist, was sich keineswegs von selbst versteht. Denn der präzisierende Relativsatz bezieht sich zunächst nur auf die "andere Gesellschaft".2 Das hat zur Folge, daß der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft nicht zwangsläufig als solcher sogleich Mitunternehmer ist, sondern nur dann, wenn seine konkrete gesellschaftsrechtliche Stellung den Kriterien entspricht, welche die Rechtsprechung an den Begriff des Mitunternehmers stellt. 3 Damit ist von entscheidender Bedeutung, woraus der Begriff des Mitunternehmers besteht. Mitunternehmer ist nach der Rechtsprechung nur derjenige, der aufgrund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses oder - ausnahmsweise 4 - infolge eines wirtschaftlich damit verbundenen Gemeinschaftsverhältnisses mit anderen Personen zusammen Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. 5 Die beiden Schlüsselbegriffe sind nach der Rechtsprechung also Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko. Unter Mitunternehmerinitiative versteht die Rechtsprechung vor allem die Teilhabe

SÖjJillg, Besteuerung der Mitunternehmerschaft, S. 48. Kritisch deshalb Kllobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 I/., S.381. J BFH (Großer Senat) BStBI 11 1984, 751, 769; BStBI 11 1986, 798, ; BFH BStBI 11 1987, 60; BFH BStBI 11 1989, 762; BFH BStBI 11 1993, 616, 621; Schreiber, StuW 1987, I; kritisch Meßmer, Festschrift für Döllerer, 429; Paus, DStZ 1989, 162, 164. 4 Zu den Ausnahmen, insbesondere zu der Figur der "faktischen Mitunternehmerschaft" und der neueren Rechtsprechung vgl. unten IV. I. 5 SI. Rechtsprechung, vgl. nur BFHE 141,405,440; 153, 545, 549; 163, I; 171,246, 257; 173,28; BFH BStBI 11 1997,272,274. I

2

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

101

an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie etwa Geschäftsführern, Prokuristen und anderen leitenden Angestellten obliegen. 6 Es genügt aber die Möglichkeit, Gesellschaftsrechte auszuüben, die zumindest den Kontroll-, Stimm-, und Widerspruchsrechten angenähert sind, die einem Kommanditisten nach den §§ 164, 166 zustehen,' oder den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 BGB entsprechen. 8 Mitunternehmerrisiko liegt dann vor, wenn der Betreffende gesellschaftsrechtlich oder U.u. in wirtschaftlich vergleichbarer Stellung am Erfolg oder Mißerfolg eines gewerblichen Unternehmens teilhat. 9 Diese Teilhabe kann durch eine Gewinn,- bzw. Verlustbeteiligung oder - wenigstens bei Gesellschaftsauflösung lO - in einer Beteiligung an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt sein. 11 Mit dieser Auflistung ist be\l;ußt vorgegriffen worden. Man muß sich nämlich vergegenwärtigen, daß das Gesetz von alledem nichts weiß. 12 Weder die Mitunternehmerinitiative noch das Mitunternehmerrisiko ist gesetzlich fixiert; aus § 15 I Nr. 2 EStG lassen sich diese Begriffe nicht herauslesen. 13 Es ist daher erforderlich, den Weg, der vom Wortlaut des § 15 I Nr. 2 EStG zur Anb BFH BStBI II 1987,553; BFHE 163,346,350; BFH BStBI II 1997,272,274. ; A.A. SclllIl=e =lIr Wiesche, OB 1987,551, der das nicht für ausreichend hält. s BFHE 141,405,441; BFHE 148,42,46; BFHE 153,545,549; BFH BStBI II 1997,272,274. 9 BFHE 166. 124, 128; BStBI II 1997, 272, 274. 10 BFHE 152, 325, 331. I1BFHE 141,405,441; 146,375,378; 147,308,312; 171,213;BFH BStBI II 1997, 272,274. 12 Aufschlußreich im Hinblick auf die Lehre vom beweglichen System Crezelills, Steuerrecht, I1, § 6 Rz. 10: "Beide Begriffe (sc. Mitunternehmerschaft und Mitunternehmerinitiative) werfen in der praktischen Rechtsanwendung Probleme auf, weil sie einerseits als Oberbegriff im Subsumtionsschluß eingesetzt werden, andererseits ein feststehender Kanon von Sachverhaltselemelltell fehlt, der Rechtssicherheit zuließe, ab wann und unter welchen Voraussetzungen der zivilrechtliehe Gesellschafter steuerrechtlicher Mitunternehmer wird. Da die unternehmerische Initiative und das unternehmerische Risiko Elemellte des gesetzlich nicht definierte Mitunternehmerbegriffs sind, werden sie von der Rechtsprechungflexibel gehandhabt." (Hervorhebungen nur hier) Diese treffende Charakterisierung untermauert die These, daß die Rechtsprechung bereits nach den Regeln des beweglichen Systems judiziert. Ob dies gerechtfertigt ist und welche Prinzipien hier gen au wirken, muß jedoch noch auf der Grundlage der Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG (dazu sogleich) untersucht werden. 13 Mißverständlich insoweit Söffil/g, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 51: "Darüber hinaus verlangt § 15 Abs. I Nr. 2 EStG noch zusätzlich, daß diese unternehmerische Tätigkeit mehrerer - also das gemeinsame Tragen von Unternehmerrisiko (Mitunternehmerrisiko) und die Möglichkeit, gemeinsam Unternehmerinitiative entfalten zu können (Mitunternehmerinitiative) - ( ... ) ausgeübt wird." Die genannte Vorschrift verlangt dies nicht im Sinne gesetzlich festgelegter Tatbestandsmerkmale, sondern die Rechtsprechung nimmt dies an. Gerade deshalb ist das Institut einerseits so interessant für das bewegliche System, andererseits aber eine teleologische Fundierung unerläßlich.

102

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

nahme der Rechtsprechung von einer Mitunternehmerinitiative und einem Mitunternehmerrisiko führt, nachzuzeichnen. Dazu ist zunächst die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG zu klären, um auf dieser Grundlage zu ermitteln, ob die genannten Begriffe von prinzipieller Bedeutung sind. 14

I. Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG Betrachtet man den Wortlaut des § 15 I Nr. 2 EStG einmal unbefangen, so lassen sich hieraus zwei Gesichtspunkte entnehmen, die man als "Voraussetzungen" bezeichnen mag l5 : Zum einen muß eine ORG, eine KG oder eine andere Gesellschaft vorliegen, zum anderen ist die Stellung des Gesellschafters bzw. vergleichbaren Teilhabers als Mitunternehmer erforderlich. Letzteres ist gemeint, wenn es in § 15 I Nr. 2 EStG heißt: "bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist". Daraus kann gefolgert werden, daß sich § 15 I Nr. 2 EStG nicht auf jeden beliebigen der dort genannten Gesellschafter l6 bezieht, sondern nur auf diejenigen, die Mitunternehmer sind. I? Wann dies der Fall ist, sagt das Gesetz nicht. Von einer das bewegliche System verdrängenden abschließenden Tatbestandsbildung kann angesichts der enigmatischen Wendung "als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen" keine Rede sein. Vielmehr kann die offene Formulierung "anzusehen ist" ebenso wie bei § 21 III EStG, wo vom anderweitigen ,,zugehören" der Einkünfte gesprochen wird l8 , als Einbruchstelle für das bewegliche System innerhalb der lex scripta aufgefaßt werden. Ist damit der Weg für die Lehre vom beweglichen System grundsätzlich geöffnet, so fragt sich, welche Prinzipien der Mitunternehmerschaft zugrunde liegen. Dazu muß der Sinn und Zweck des § 15 I Nr. 2 EStG näher betrachtet werden. Dieser hat im Ausgangspunkt eine Doppelfunktion. Zum einen soll der Gewinn einer Personengesellschaft den Gesellschaftern im Rahmen der Einkommensbesteuerung anteilmäßig zugeordnet werden, weil die Gesellschaft

14 Vgl. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz.505: "Maßgeblich ist zuerst die Teleologie des Steuerrechts, nach der der Mitunternehmertatbestand im Einkünftekatalog zu verorten und von der Privatsphäre abzugrenzen ist." 15 So SöjJing, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 28. Wenn dies hier gleichwohl umgangen wird, so vor allem deswegen, weil diese Wortwahl den Blick auf das bewegliche System verstellt; selbstverständlich kann man aber auch von Voraussetzungen sprechen. 16 BFH BStBI " 1984, 751, 769; BStBI " 1991, 691, 698. 17 SöjJing, aaO., S. 28. 18 Hierzu ausführlich oben Erster Teil § 2 11.

I. Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG

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selbst kein volles Steuerrechtssubjekt ist. § 15 I Nr. 2 S.l EStG stellt insoweit eine Zurechnungsnonn dar. 19 Daneben wird § 15 I Nr. 2 EStG auch als QualifIkationsnonn verstanden, nämlich soweit er Einkünfte zu gewerblichen macht, die es ohne diese Vorschrift nicht wären. 20 Das paßt unter dem Blickwinkel des beweglichen System zu dem, was auch schon zur Betriebsaufspaltung bei § 21 III EStG gesagt wurde: Hier wie dort geht es nicht nur um eine "UmqualifIzierung", sondern vielmehr eine ursprüngliche QualifIkation als gewerbliche Einkünfte, wenn und weil bestimmte, nach Maßgabe der Lehre vom beweglichen System beschreibbare, Besonderheiten vorliegen, die ihrerseits wieder - entsprechend dieser Lehre - teleologisch begründbar sind. Allerdings ist dies zunächst nicht mehr als eine grobe Skizzierung des Zwecks der Vorschrift. Besonders die Zurechnungsproblematik bedarf näherer Betrachtung. So ist fiir die Rechtsprechung die Personengesellschaft "insoweit Steuerrechtssujekt, als sie in der Einheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestandes verwirklicht, welche den Gesellschaftern fiir deren Besteuerung zuzurechnen 21 sind. Solche Merkmale sind insbesondere die Verwirklichung oder Nichtverwirklichung des Tatbestandes einer bestimmten Einkunftsart und das Erzielen von Gewinn oder Überschuß im Rahmen dieser Einkunftsart. ,,22 Unklar ist hierbei, was mit der Fonnulierung "Einheit ihrer Gesellschafter" gemeint ist. 23 Der Verdacht liegt nahe, daß die Tatsache der mangelnden Steuerrechtssubjektivität der Gesellschaft nur vernebelt und somit das Problem eher in ein dogmatisches Halbdunkel gerückt wird. Daher ist die Sachfrage noch einmal klar herauszustellen: Sie besteht in einem Zurechnungsproblem. Dabei ist insbesondere fraglich, wie einzelne Besteuerungsmerkmale der Gesellschaft an die Gesellschafter vermittelt werden können und vor allem wodurch sich eine derartige Zurechnung rechtfertigt. Praktisch geht es darum, ob der Tatbestand der Einkunftserzielung vom einzelnen ,,Mitunternehmer" selbst voll verwirklicht werden muß oder ob ihm die von der Gesellschaft verwirklichten Merkmale zugerechnet werden dürfen. 24

SöjJing, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 30. SöjJing, Besteuerung der Mitunternehmer, S. 31. 21 Hervorhebung nur hier. 22 BFH BStBl1I 1984, 751, 761. 23 Siehe hierzu auch die Zusammenfassung bei Herz, Die Einordnung grenzüberschreitender Kapitalgesellschaften in das geltende System der Einkommensbesteuerung von Gesellschaften, 1997, S. 142 ff. 24 Vor dem Hintergrund dieser Auseinanderlegung ist es verständlich und richtig, wenn Schön (StuW 1988, 253, 254) die im Text zitierte Vorstellung des BFH von der Steuerrechtssubjektivität der Personengesellschaft "in der Einheit ihrer Gesellschaft" als 19

20

\04

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

Besonders deutlich tritt dies bei der Zurechnung von Einkünften bei Treuhandverhältnissen zutage. 25 Wenn hier dem Treugeber durch das Treuhandverhältnis eine Rechtsstellung vermittelt wird, vermöge derer er gesellschaftsrechtlich das Risiko trägt und Initiative entfalten kann, so ist er selbst das Zurechnungssubjekt. 26 Das bedeutet, daß die Zurechnung allein im Innenverhältnis begründet werden kann. 27 Dies beurteilt sich nach der in § 3911 Nr. 1 S.l AO normierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise. 28 Ist das Treuhandverhältnis in diesem Sinne als wirtschaftliches Herrschaftsverhältnis ausgestaltet, so ist damit dem Treugeber die Eigenschaft als Mitunternehmer zugewiesen. 29

1. Die ratio legis des § 15 I Nr. 2 EStG

Der Zweck des § 15 I Nr. 2 EStG schien lange Zeit deutlich: Der Mitunternehmer soll dem Einzelunternehmer "nach Möglichkeit"30 gleichgestellt werden.

a) Gleichstellungsthese versus Zurechnungsthese Die Rechtsprechung hat diese Sichtweise später dahingehend abgemildert, daß § 15 I Nr. 2 EStG die Mitunternehmer dem Einzelunternehmer lediglich "annähern" wolle, weil der Einzelunternehmer mit sich selbst keine Verträge abschließen könne 3) und so seinen gewerblichen Gewinn nicht um fiktive Gehalts bezüge für seine eigene Tätigkeit mindern kann. 32

einen "Fremdkörper" geißelt, weil von dem ehernen einkommensteuerrechtlichen Grundsatz abgewichen wird, daß nur derjenige, der selbst den Tatbestand der Einkunftserzielung voll verwirklicht, mit der Steuer belastet werden darf. So gesehen wohnt auch der Mitunternehrnerschaft ein für den vorliegenden Zusammenhang beachtenswertes Problem der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung inne. 25 Hierzu eingehend Lang/Seer, FR 1992,637. 26 BFH BStBI II 1993,540; BStBl II 1995,714. 27 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 514. 28 Vgl. Lang, aaO. 29 BFH BStBI II 1989,414,416; BStBI II 1991,691,700; Lang/Seer, FR 1992, 638 f. JO BFHE 129,497,502; 138,545,548. JI Seit BFH BStBl1I 1991,691; kritisch hierzu Lang, StuW 1991,205,208; ders., StuW 1992, 14,21; L. Schmidt, DStR 1991,505; Raupach, StuW 1991,278; Groh, OB 1991,879; 881; Schulze-Osterloh, Festschrift für L. Schmidt, 1993,307; L. Schmidt, Festschrift für Moxter, 1994, 1109; Seer, StuW 1992,35. J2 Zur optimalen Erreichung der Gleichstellung im Rahmen der Bilanzierung: Raupach, DStZ 1992, 692.

I. Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG

105

Dieser Ansicht hat vor allem Schön die Zurechnungsthese gegenübergestellt. 33 Danach wird das Einkommen der Gesellschaft dem Gesellschafter "als fremdes zugerechnet"3\ weil die Personengesellschaft Träger des Gewerbebetriebs sei. Dem stehe nicht entgegen, daß die Gesellschaft kein taugliches Steuerrechtssubjekt ist; sie könne gleichwohl Subjekt des erzielten Einkomens und damit "Zurechnungs subjekt des Fiskus"35 sein. Daraus ergibt sich als wichtige Folgerung, daß der einzelne Gesellschafter keine - und sei es auch nur "anteilig" - eigene gewerbliche Tätigkeit ausübt. 36 Schon deshalb könne von einer Vergleichbarkeit mit dem Einzelunternehmer, von der die Gleichstellungsthese ausgeht, keine Rede sein. 37

b) Die Kritik von Fischer

Demgegenüber geht FischerS im Einklang mit der Rechtsprechung 39 davon aus, daß der einzelne Gesellschafter als (Mit-)Untemehmer originär eigene Einkünfte erzielt, da der Betrieb auf Gefahr und Rechnung der Gesellschafter geführt werde. 40 Die gegenteilige Annahme hält er rur unvereinbar mit § 2 I EStG41 , wonach es "der Steuerpflichtige" ist, der die dort genannten Einkünfte, insbesondere diejenigen aus Gewerbebetrieb (§ 2 I Nr. 2 EStG) "erzielt". Das sei aber nur in der Person des einzelnen Mituntemehmers, nicht hingegen seitens der Personengesellschaft der Fall, die als solche nicht steuerpflichtig und somit auch nicht "Subjekt der Einkommenbesteuerung"42 sei. 43 33 In: DStR 1993, 185, 191; ihm folgend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 I. 2. a.E., S. 367 f. ; Reiß in: KirchhoJlSöhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1995, § 15 Rz. 36 f. Die dogmatischen Grundlagen finden sich bereits bei Schön, StuW 1988,253 ff. 34 Schön, DStR 1993, 185, 191. 35 So paraphrasiert Reiß (in: KirchhoJlSöhn, aaO., Rz. 37) zustimmend den Ansatz von Schön. 36 Schön, DStR 1993, 185, 191. 37 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 I. 2. b), S. 367. 38 In: Festschrift flir Beisse, 1997, 189, 195 f. 39 Schon der Titel seines Beitrags ("Auch der Mitunternehmer ist ein Unternehmer des Betriebs") ist ein Zitat des Großen Senats (BFHE 171, 246 unter III. 6. a.). 40 Fischer, aaO., unter Hinweis aufBFH 141,405, wonach die "steuerschuldrechtIiche Quintessenz" (so Fischer, aaO., S. 196) laute: "Weil die Gesellschafter die Mitunternehmer des Betriebs sind, der Betrieb auf ihre Rechnung und auf ihre Gefahr geflihrt wird, werden ihnen die Ergebnisse, Gewinn und Verlust, der gemeinschaftlichen Tätigkeit anteilig als originäre eigene Einkünfte zugerechnet." (BFH, aaO., unter IV. 2. b. bb). 41 Ebenso Raupach, StuW 1991,278,280. 42 Gschwendtner, Festschrift flir Klein, 1994, 751, 758, unterscheidet hiervon den Gesichtspunkt, "wer fähig ist, diese subjektiven Voraussetzungen zu verwirklichen",

106

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

c) Stellungnahme

Der Zurechnungsgedanke offenbart in seinem Ausgangspunkt fraglos vorhandene Argumentationsdefizite der Gleichstellungsthese. Diese ist in ihrem Ausgangspunkt noch zu stark der überkornmenen44 Bilanzbündeltheorie verhaftds. Danach war die Rechtslage so zu beurteilen, "wie wenn der einzelne Gesellschafter den Betrieb der Gesellschaft in dem seinem Anteil entsprechenden Umfang als eigenen Betrieb führen würde"46. Dennoch ist der Theorie von Schön nicht zu folgen. Sie zieht zwar letztlich die einkommensteuerlichen Konsequenzen der Gruppenlehre von Flume47 zur Gesamthand. 48 Danach sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit, d.h. als "Gruppe" Träger des Gesellschaftsvermögens. 49 Diese Sichtweise, die trotz erheblicher Annäherungen nach wie vor von einem unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Gesamthand und juristischer Person ausgeht, hat zwar neuerdings durch die §§ 191, 202 UmwG eine Stützung erfahren und ist auch im neueren gesellschaftsrechtlichen Schrifttum im Vordringen begriffen. 50 Insofern mag die Bestrebung um einen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Gleichlauf mit dem Steuerrecht für ihre Anwendung auf das Unternehmenssteuerrecht sprechen. Dagegen spricht aber das Wortlautargument aus § 2 I EStG, wonach der Steuerpflichtige die dort genannten Einkünfte erzielt51 ; warum das bei den

mithin "die Frage nach dem 'Subjekt der Einkünfteerzielung' und dem 'Subjekt der Einkünftequalifikation'." Das sei auch für die Gesellschaft selbst denkbar, allerdings nur, wenn diese Unternehmerinitiative entfalte und Unternehmerrisiko trage (Gschwendtner, aaO., S. 759). 43 Fischer, aaO., S. 190. 44 Vor allem unter dem Eindruck der Ausführungen von Meßmer, StbJb 1972173, 127; ferner: Raupach, FR 1976,233; SöfJing, StbJb 1976177,241. 45 Sehr deutlich Reiß in: KirchhoßSöhn, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1995, § 15 Rz. 37: "mit dem Gedanken der Einheit der Personengesellschaft als dem Unternehmensträger unvereinbare Einzel unternehmerideologie" . 46 So Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, S. 102 f. Vgl. aus der Rechtsprechung etwa RFH RStBI 1937,937. 47 Vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Band 1,2. Halbband, Die Personengesellschaft, 1977, S. 50 ff., 68 ff. 48 Das wird bei Schön (StuW 1988,253,261) besonders deutlich. 49 Grundlegend hierzu schon Flume, ZHR 136 (1972), 177 ff. so Siehe etwa P. Ulmer, AcP 198 (1998),113, m.w.N. 51 Dem historischen Argument von Schön (StuW 1996, 275, 285), nach der früheren Fassung des § 2 I EStG habe der "Bezug" für die subjektive Zurechnung genügt, hält Fischer (aaO., Fußnote 11) entgegen, daß diese Formulierung einzig klarstellen sollte, daß dem Steuerpflichtigen lediglich selbst erwirtschaftetes Einkommen zugeordnet wird.

I. Die Teleologie des § 15 I NT. 2 EStG

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numerisch gleichgeordneten sieben Einkunftsarten ausgerechnet im Fall der Nr. 2 sich insofern anders verhalten soll, als hier an die Stelle des einzelnen Steuerpflichtigen die Personengesellschaft tritt und die Einkünfte sodann erst dem Gesellschafter als fremde zugerechnet werden (womit er sie zwar letztlich auch, aber mit umständlicher dogmatischer Begründung, erzielt), ist schwer nachvollziehbar. Bedenken resultieren auch aus der Folgerung, die Einkünfte der Gesellschaften würden den Gesellschaftern "als fremde"52 zugerechnet. Trotz der schillernden Prägnanz dieses Prädikativums verbleiben Zweifel. Denn der Begründungszusammenhang mutet vorderhand eher konzessiv an: Obwohl es sich um fremde, nämlich in der Gesamtheit der Gruppe verwirklichte Einkünfte handelt, werden sie den davon zu unterscheidenden Gesellschaftern zugerechnet. Und obwohl die Gesellschafter Teile dieser Gruppe sind, sollen die Einkünfte fremd sein. Dagegen kann nun eingewandt werden, daß dies gerade die steuerrechtlieh beachtliche Konsequenz der Gruppenlehre ist und die h.L. dies nur "nicht wahr haben Will".53 In der Tat kann man das Axiom dieser Lehre nicht einfach zum Paradoxon machen; das ist es mitnichten. Jedoch hält die Gegenauffassung eine vergleichsweise geradlinige Erklärung - anteilige Zurechnung originär eigener Einkünfte - bereit, die zudem dem Wortlaut der wegweisenden Vorschrift des § 2 I EStG ohne Umschweife entspricht.

2. Folgerungen für den Mitunternehmerbegriff

Es fragt sich, was aus dieser Zielbestimmung des § 15 I Nr. 2 EStG rur den darin enthaltenen Mitunternehmerbegriff gefolgert werden kann. Dieser stellt gewissermaßen den "Zurechnungszusammenhang"54 zwischen der Tätigkeit der Gesellschaft und den Einkünften des Gesellschafters 55 . Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko sind dabei "einkünftebegründende Merkmale der persönlichen Zurechnung. ,,56 Wenn es so aussieht, als müßten die Einküfte des Gesellschafters als gewerbliche qualifiziert werden, obschon er selbst kein Gewerbe ausübt, so ähnelt die Lage der Betriebsaufspaltung: Auch dort bestand das elementare Problem darin, die gewerbliche Einkunftsqualifizierung zu begründen, obwohl es am 52SoSchön,DStR 1993, 185, 19J. 53 So die Feststellung Flumes (Allgemeiner Teil, Die Personengesellschaft, S. 50 ff., 68 ff.), die Schön zum Ausgangspunkt seiner Untersuchung (StuW 1988,253) macht. 54 So treffend Fischer, Festschrift für Beisse, 189, 198. 55 Mit Fischers Worten (aaO., S. 194): "als Zurechnungsendsubjekt". 56 Gschwendtner, Festschrift für Klein, 75 I, 772.

\08

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

Merkmal des Gewerbebetriebs zu fehlen schien. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß die Voraussetzung des Gewerbebetriebs nur bei der Gesellschaft, nicht dagegen bei jedem einzelnen Gesellschafter gegeben sein muß 57 , weil die Gesellschaft nach § 705 BGB dem Erfordernis eines gemeinsamen Zweckes unterliegt. 58 Deshalb muß nur fiir die Gesellschaft insgesamt, nicht aber in der Person des einzelnen Gesellschafters die subjektive Gewinnerzielungsabsicht festgestellt werden. 59 Zu zeigen bleibt somit, welche Gesichtspunkte es sind, unter denen der Gesellschafter zum Mitunternehmer wird und seine Einkünfte somit als gewerbliche zu qualifIzieren60 sind. In diesem Zusammenhang kann an eine zutreffende Feststellung von Knobbe-Keuk erinnert werden, die bezogen auf die EinkunftsqualifIzierung zum Schluß der Erörterung des Mitunternehmerbegriffs festgestellt hat, daß es nicht zuletzt mangels einer Rechtsformneutralität der Besteuerung "einfach kein teleologisches Kriterium, keine besonderen steuerrechtlichen Gerechtigkeitsaspekte gibt, an denen man in Zweifelsfcillen die Entscheidung über die Einkunftsart orientieren könnte."61 Indessen sollte man den resignativen Unterton nicht überbewerten. Es hilft vielleicht weiter, diejenigen Kriterien zu übertragen, die sich auch bei dem strukturell vergleichbaren Problem der Betriebsaufspaltung zumindest als weiterfiihrend erwiesen haben bei der Ermittlung dessen, was den Mangel an gewerbebetrieblicher Betätigung kompensieren könnte. Damit rückt erneut die Möglichkeit der Einflußnahme sowie das korrespondierende Risiko ins Blickfeld oder - in der Terminologie der Rechtsprechung: die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko. Diese sind in der Tat nichts anderes als "begriffliche Kürzel fiir die Nähe zur vergesellschafteten steuerbaren Leistung."62 Gleichwohl sind sie damit in ihrem Zusammenspiel und den unterschiedlichen Anforderungen, die in concreto an ihr Vorliegen gestellt werden, nicht ohne teleologisch faßbaren Gehalt, sondern im Gegenteil insoweit untersuchungsbedürftig, womit zugleich auch dem möglichen Einwand bloßer Begriffsjurisprudenz begegnet ist.

Schön, StuW 1996,275,286. Schulze-Osterloh, JbFSt. 1984/85 267,277; ders., FR 1985, 197. 59 BFH BStBI II 1984, 751, 770; Schulze-Osterloh, FR 1985, 197, 198; skeptisch Groh, DB 1985,2427; a.A. Walz, JZ 1985, 192, 194; Jakob/Hörmallll, FR 1990,33,34. 60 Auch an dieser Stelle zeigt sich, daß es immer schon um eine ursprüngliche Qualifizierung und nicht um eine Umqualifizierung in Einkünfte aus Gewerbebetrieb geht, denn entweder liegt die Gesamtprägung im Z).Isammenspiel der maßgeblichen Elemente im konkreten Fall vor oder nicht. 6\ Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 11. 3. a.E., S. 392, unter Verweis auch auf Tipke/Lallg, Steuerrecht, § 9 G. 11. 2. I. 62 So prägnantJakob, Festschrift für L. Schmidt, 1993, 115, 118. 57 58

I. Die Teleologie des § 15 I Nr. 2 EStG

109

Eine partiell andere Sicht der Dinge hat Loritz in seiner Habilitationsschrift63 vorgestellt. Er hält am Begriff der Mitunternehmerinitiative fest und bezeichnet damit die Möglichkeit, die unternehmerischen Gestaltungen zu prägen. 64 Damit ist dasselbe gemeint, wie hier mit der Möglichkeit der Einflußnahme. Im folgenden soll nach dem Vorbild von Loritz die Terminologie der Rechtsprechung, also der Begriff der Mitunternehmerinitiative verwendet werden. Dies geschieht nicht aus schlichter Rechtsprechungshörigkeit, sondern vielmehr um der einheitlichen und möglichst unmißverständlichen Terminologie willen; die dahinter stehende teleologische Fundierung - nämlich die entsprechend der Ausfuhrungen zur Betriebsaufspaltung wertungsmäßig gleichartige Kompensation der fehlenden gewerblichen Betätigung infolge der Zurechnung des Gesellschaftseinkommens sowie der Wortlaut des § 15 I Nr. 2 EStG ("anzusehen ist") als Einbruchstelle fur derartige Wertungen - wurde bereits dargelegt. Abweichend vom hier vertretenen Standpunkt hält Loritz jedoch das Mitunternehmerrisiko fur entbehrlich65 und setzt an dessen Stelle den Begriff der Gewinnchance. 66 Diese Modifizierung fuhrt jedoch nicht weiter. Zum einen ist der Begriff der Gewinnchance sehr unbestimmt, während der Risikobegriff im juristischen Sprachgebrauch trotz unterschiedlicher gradueller Ausprägung durchaus scharfe Konturen hat. 67 Zum anderen erscheint es blauäugig, wenn Loritz vor allem die positiven Vermögensentwicklungen berücksichtigt, während in Wahrheit Gewinn und Verlust steuerrechtliche Schlüsselbegriffe darstellen; die Möglichkeit, Verluste zu machen, bezeichnet man aber am besten als Risiko. Schließlich ist es ungenau, wenn Loritz sagt68 , daß das Steuerrecht Die Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, 1984. Wörtlich heißt es bei Loritz, Die Mitarbeit Unternehmensbeteiligter, S. 456: "Auch beim Mitunternehmer sind deshalb die Unternehmerchance und die Mitgestaltung der unternehmerischen Gestaltungen unverzichtbar. Diese Mitgestaltungsmöglichkeit soll mit der bestehenden Terminologie der Rechtsprechung als Unternehmerinitiative bezeichnet werden." 65 Genau entgegengesetzt verfährt Schön, StuW 1996,275,285 f., der das Mitunternehmerrisiko als Ausdruck der tatbestandlichen Verknüpfung zwischen der Einkunftserzielung (§ 2 I EStG) und der materiellen Teilhabe des einzelnen am Gesellschaftsgewinn für unerläßlich hält, jedoch auf die Mitunternehmerinitiative verzichten will. Das ist vom Standpunkt der von ihm favorisierten Gruppenlehre aus folgerichtig, weil nur die Gruppe der Gesellschafter, nicht aber der einzelne Unternehmerinitiative entfalten können. Zur Kritik an dieser Konzeption bereits oben. 66 Vgl. Lorilz, aaO.: "Wenn die Rechtsprechung daneben maßgeblich auf das Unternehmerrisiko abstellt, so erscheint dies nicht sachgerecht. Das Steuerrecht besteuert Einkünfte, nicht Verluste. Bei der Einteilung der Einkunftsarten stellt man deshalb besser auf die Chancen ab, die die unternehmerische Tätigkeit charakterisieren, als auf die Risiken, die damit verbunden sind." 67 Wenn Kneip, Der einkommensteuerrechtliehe Mitunternehmer, 1993, S. 184, demgegenüber meint, daß die Begriffe Chance und Risiko dasselbe bedeuten, so ist dies unrichtig und respektiert die Eigenart der Ansicht von Lorilz nicht hinreichend. 68 AaO., S. 456. 6)

64

110

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

Einkünfte und nicht Verluste besteuere, denn auch Verluste sind (negative) Einkünfte. 69 Festzuhalten bleibt, daß die Begriffe Mituntemehmerschaft und Mitunternehmerrisiko geeignet sind, die Möglichkeit einer Einflußnahme durch den Gesellschafter sowie das korrespondierende Risiko zu bezeichnen, und damit taugliche Prinzipien sind. Die mehr oder weniger starke Ausprägung kompensiert in ihrem Zusammenspiel den Umstand, daß das Merkmal des Gewerbebetriebs nur bei der Gesellschaft, nicht aber beim einzelnen Gesellschafter vorliegt

11. Die Mitunternehmerschaft - ein Typusbegriff? Bewegliches System und Typus Die Besonderheit der Mituntemehmerschaft besteht nach der Rechtsprechung in folgendem: Beide Merkmale 70 des Mituntemehmerbegriffs, also sowohl die Mituntemehmerinitiative als auch das Mituntemehmerrisiko, müssen zwar kumulativ gegeben sein, brauchen aber auf der anderen Seite nur in mehr oder weniger ausgeprägter Form vorzuliegen. 71 Eine verhältnismäßig schwach ausgeprägte Mituntemehmerinitiative kann also durch ein vordringliches Mitunternehmerrisiko kompensiert werden und umgekehrt. Entscheidend ist immer das Gesamtbild. 72 Dieser Befund hat die Rechtsprechung dazu veranlaßt, den Mituntemehmerbegriff methodologisch als Typusbegriff aufzufassen. 73 Groh 74 hat der Berufung auf die verschwimmenden Grenzen des Typusbegriffs indessen zutreffend entgegengehalten, daß man es "bei dieser resignativen Haltung nicht bewenden lassen" könne; die Rechtsprechung müsse vielmehr objektivteleologische Kriterien für die Mituntemehmerschaft entwickeln.

69 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 60: "Allgemein definiert sind Verluste negative Einkünfte, nämlich Überschüsse der Erwerbsaufwendungen über die Erwerbsbezüge." 70 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 11. 3. a), S. 381, spricht von "Obermerkmalen", und bereits dieser sonderbare Neologismus legt die Frage nahe, ob man es nicht eher mit Elementen bzw. Prinzipien eines beweglichen Systems zu tun hat. 71 Vgl. nur BFHE 170,345; BFH, JZ 1998, 104, 105. n BFHE 141,405,440; 112,51,57. 73 So ausdrücklich BFHE 165, 131 sowie. die FundsteIlen in den vorigen Fußnoten. In neuerer Zeit fehlt dieser Hinweis zwar gelegentlich (z.B. in BFH, JZ 1998, 104), doch ist der Sache nach nichts anderes gemeint und die Rechtsprechung nicht vom Verständnis der Mitunternehmerschaft als Typusbegriff abgewichen. 74 Groh, BB 1982, 1229.

11. Die Mitunternehmerschaft - ein Typusbegriff?

111

Dieses Postulat paßt eher zur Lehre vom beweglichen System, bei dem es gerade um die Zusammenstellung der maßgeblichen Gerechtigkeitskriterien geht, die ihrerseits in unterschiedlicher Intensität auftreten können. Deshalb versucht die vorliegende Untersuchung darzustellen, daß es sich auch bei der Mitunternehmerschaft um ein bewegliches System handelt. Da aber das Verständnis als Typusbegriff nach wie vor herrschend ist,7S soll zunächst geklärt werden, wie sich Typusbegriff und bewegliches System zueinander verhalten. Das fUhrt zu einer nahezu unbehandelten, aber mitnichten uninteressanten Frage der Methodenlehre. Das Verhältnis des beweglichen Systems zum Typusbegriff ist noch nicht geklärt. F. Bydlinski hat dieses Problem als erster aufgeworfen76 ; seine Gedanken sollen deshalb an den Anfang gestellt werden.

1. Der Lösungsansatz von F. Bydlinski

Bydlinski räumt zunächst ein, daß zwischen Typusbegriff und beweglichem System in der Praxis fließende Übergänge bestehen, weil beide Ansätze von mehreren abstufbaren Kriterien ausgehen. Gleichwohl ließen sich schon von der grundsätzlichen Ausrichtung unterschiedliche Anknüpfungspunkte aufzeigen: Das bewegliche System befasse sich allein mit normativen Größen, ohne daß es darauf ankomme, ob diese gesetzlich oder positiv-rechtlich niedergelegt seien. Das treffe etwa auf Rechtsprinzipien zu, die gesetzlichen Bestimmungen zugrunde liegen. 77 Demgegenüber sei fiir die Lehre vom Typus der einzelne Begriff Bezugspunkt. Diesem gelte es, Gegenstände zuzuordnen. Im Gegensatz zum beweglichen System bewege sich dieses Vorgehen nicht unmittelbar auf der normativen Ebene. 78

2. Die Lehre vom Typus

Bevor auf diesen Ansatz näher eingegangen wird und sodann auf dieser Grundlage eine Anwort auf die Frage gegeben werden kann, ob die Mitunternehmerschaft eher der Lehre vom Typus oder der vom beweglichen System

75

367.

Skeptisch aber in neuerer Zeit Crezelius, Festschrift für L. Schmidt, 1993, 355,

76 Kursorisch in: Bewegliches System und juristische Methodenlehre, S. 24 f.; ausführlich zum Typusbegriff ders., Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, 527,543 ff. n Bydlinski, Bewegliches System und juristische Methodenlehre, S. 25. 78 Bydlinski, aaO., S. 24.

112

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

zuzuordnen ist, muß - auch zum besseren Verständnis der Einschätzung Bydlinskis - die Rechtsfigur des Typus näher betrachtet werden. a) Der Typus im Allgemeinen

Das Problem besteht im Ausgangspunkt bereits darin, daß der Begriff des Typus keine einheitliche Bedeutung hat, sondern von den verschiedenen Autoren 79 unterschiedlich gehandhabt wird. 80 Charakteristisch für den Typus ist, daß er durch eine Reihe von Merkmalen beschrieben wird, die in sich abstufbar und untereinander austauschbar sind. Auch brauchen sie nicht alle zugleich vorzuliegen. Vielmehr handelt es sich um ein "elastisches Merkmalsgefüge".8\ Entscheidend ist nur, daß die "typischen" Merkmale so stark und zahlreich ausgeprägt sind, daß der Sachverhalt in seiner Gesamtheit82 betrachtet dem Typus entspricht. 83 Der Typus ist also ein "grundsätzlich unscharfes Gedankengebilde".84 Zudem ist in der Typenlehre anerkannt, daß die Tatbestandsmerkmale bisweilen von der sachlichen Angemessenheit der angeordneten Rechtsfolgen her bestimmt werden. 85

b) Der Typus im Steuerrecht

Im steuerrechtlichen Schrifttum wurde der Lehre vom Typus seit jeher86 besondere Beachtung 87 geschenkt. 88 Die Verwendung von Typusbegriffen durch

79 Grundlegend Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971; speziell zur Rolle des Typus im Gesellschaftsrecht A. Koller, Grundfragen einer Typenlehre im Gesellschaftsrecht, 1967 und W Ou, Die Problematik einer Typologie im Gesellschaftsrecht, 1972; kritisch Kuhlen, Typuskonzeptionen in der Rechtstheorie. Siehe aus dem zivilrechtlichen Schrifttum auch Enders, Der Besitzdiener - ein Typusbegriff, 1991. 80 Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 544. 81 So Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971, S. 92. 82 Vgl. auch die prägnante rechtsphilosophische Definition von Larellz, ARSP 34 (1940/41), S. 20 ff.: "Ein Typus ( ... ) ist ein 'Geflige', ein sinnvoll strukturiertes Ganzes, in dem jedes 'Moment' auf ein 'Sinnzentrum', einen 'geistigen Kern' bezogen und dadurch in seiner Funktion, in seiner Bedeutung vom Ganzen her bestimmt ist." 83 Bydlinski, aaO., S. 544; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 450. 84 Strache, Das Denken in Standards, 1968, S. 47. 85 Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 181, sieht darin "ein legitimes Verfahren der Typengewinnung als Vorbereitung wertender Zuordnung". s. Vgl. Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996; dens., BB 1997,341 (gegen Weber-Grellet, BB 1996, 1415, 1418); L. Osterloh, Gesetzesbindung und Typisierungsspielräume bei der Anwendung der Steuergesetze, 1992; dies., JuS 1990, 100; StuW 1993, 342; Vogel, StuW 1971, 308, 313 ff.; Kirchhof, VVDStRL 39 (1981),213; Saldill, StuW 1971,191,193; Streck, FR 1973,297,300; Walz, Steuerge-

11. Die Mitunternehmerschaft - ein Typusbegriff?

113

den Gesetzgeber wird dort tendenzie1l 89 begrüßt. 9o Raupach hat erstmals im Fachschrifttum die Mitunternehmerschaft mit dem Typusbegriff in Verbindung gebracht. 91 Auch er hält das Steuerrecht für einen besonders geeigneten Regelungsbereich für die Annahme von Typusbegriffen, weil diese auf die Realität des Rechtslebens bezogen seien, wofür das Steuerrecht prädestiniert sei, weil es wirtschaftliche92 Vorgänge normative erfaßt. Die Mitunternehmerschaft sei ein Typenbegriff "mit einer unbestimmten Zahl von Tatbestandsmerkrnalen".93 Das ergebe sich aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung, die Personengesellschaften nach ihrer Leistungsfähigkeit zu besteuern und dabei gegebenenfalls das Prinzip der Rechtssicherheit zurückzustellen. Wichtig sei nur, daß die konkrete gesellschaftsrechtliche Gestaltung so beschaffen sei, daß sie die "charakteristischen Züge" der Mitunternehmerschaft wahre.

c) Kritik

Eine zwingende Begründung der Mitunternehmerschaft als Typusbegriff ist das indessen nicht. Raupach hat im Grunde nur das Phänomen der Mitunternehmerschaft der Beschreibung des Typusbegriffs, wie sie oben94 vorgenommen wurde, subsumiert. Unter Prinzipiengesichtspunkten ist damit aber wenig gewonnen. Damit erschöpft sich der Erklärungswert der Mitunternehmerschaft als Typusbegriff in einer - ebenfalls bloß begrifflichen - Zuordnung, die rein

rechtigkeit und Rechtsanwendung, 1980, 181 f; aus verwaitungsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Sicht zum Steuerrecht zudem Isellsee, Die typisierende Verwaltung, 1976. 87 Neuestens konstatiert Weber-Grellet, Festschrift für Beisse, 1997, S.551 ( "Der Typus des Typus"), daß der Typus "im Aufwind" ist und im Steuerrecht zunehmend auf ihn abgestellt wird. 88 Vgl. Suter, Die Fusion von Aktiengesellschaften im Privatrecht und im Steuerrecht, 1966: "Wir stehen damit vor der Erscheinung, daß das Steuerrecht häufig mit Typen arbeitet, wo das Privatrecht sich mit Begriffen begnügen kann." Zustimmend Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 78. Indessen ist der Satz in dieser Allgemeinheit problematisch, weil er auf den Vorwurf vordergründiger Begriffsjurisprudenz hinausläuft. 89 Etwa von Wöppel, Die Abgrenzung der privaten Verrnögensverwaltung vom Gewerbebetrieb bei der Veräußerung privater Grundstücke und Gebäude, 1992, S. 138 ff., 164 ff. 90 Z.B. von Vogel, StuW 1971,308,315. 91 Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 76-79. 92 Auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise kann man als Ausdruck typologischen Denkens herangezogen werden (Leellell, Typus und Rechtsfindung, S. 188; a.A. Möller, Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Privatrecht, 1997, S. 131 f.). 93 Raupach, aaO., S. 79. 94 Unter a). H PClcrscn

114

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

deskriptiver Natur ist: Der Typusbegriff trägt der Beschreibung der Mitunternehrnerschaft Rechnung, indem er ihre über das strenge Gesellschafterverhältnis hinausreichende vielfältige Erscheinungsform würdigt, führt aber nicht zu einer die zugrunde liegenden Prinzipien offenbarenden Systemanalyse.

3. Diskussion und vorläufige Zuordnung der Mitunternebmerscbaft

Die Charakteristika des Typusbegriffs illustrieren, wie außerordentlich schwierig die Abgrenzung von Typus und beweglichem System ist. Denn die aufgezeigten Besonderheiten scheinen bei unbefangener Betrachtungsweise auch auf das bewegliche System zuzutreffen. Schließlich erwies sich beim beweglichen System die Fungibilität, also die Austauschbarkeit der einzelnen Elemente, als bezeichnend. Auch die Überprüfung und Bestimmung der Rechtsfolge im Hinblick auf die sachliche Angemessenheit ist dem beweglichen System nicht fremd. Des weiteren besteht auch dort die Möglichkeit der unterschiedlichen Akzentuierung einzelner Merkmale, die dort Elemente heißen. 95

a) Vergleichende Betrachtung

Gleichwohl zeigt eine nähere Betrachtung, daß der jeweilige Anknüpfungspunkt im Ansatz unterschiedlich ist. Das ergibt sich zunächst aus der zuletzt konstatierten vordergründigen Gemeinsamkeit: Setzt man nämlich für das Wort "Elemente", wie es Canaris 96 fordert, den Begriff "Prinzipien", so wird deutlich, daß nicht dasselbe gemeint sein kann: Es kommt dann nämlich nicht mehr nur auf die unterschiedliche Valenz der Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes an, sondern auf das Wirken der zugrundeliegenden Prinzipien. Hieran sieht man, daß der ursprüngliche Sprachgebrauch Wilburgs, der von Elementen sprach, der Redeweise von ,,Prinzipien" unterlegen ist, weil er vergleichsweise schwammig ist. Immerhin ist gelegentlich in einer als Synonym gedachten Form von "Elementen des gesetzlichen Tatbestandes" anstatt von "Merkmalen" die Rede. Dabei handelt es sich nicht um einen bloßen Streit um Worte, weil es für die Unterscheidung zwischen beweglichem System und Typusdenken gerade auf den Unterschied zwischen gesetzlichem Tatbestand und Rechtsprinzip ankommt, was durch den Begriff "Elemente" verwässert wird.

95 Vgl. aber zum Sprachgebrauch wiederum Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 75 Fußnote 8, und sogleich im Text. 96 Vgl. vorige Fußnote.

II. Die Mituntemehmerschaft - ein Typusbegriff?

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Zugleich erweist sich aber auch Bydlinskis eingangs 97 eingeführte Unterscheidung als stichhaltig: Das bewegliche System handelt von Rechtsprinzipien ohne Ansehen eines gesetzlich fixierten Tatbestandes, während die Typenlehre die Zuordnung von Gegenständen zu einzelnen Begriffen von bestimmter Beschaffenheit98 im Auge hat. Daß beiden Lehren eine flexible Ausrichtung der Rechtsfolge - im Falle der Typenlehre auf den gesetzlichen Tatbestand, im Fall des beweglichen Systems auf das Wirken der zugrunde liegenden Prinzipien gemeinsam ist, steht der grundsätzlichen Unterschiedlichkeit beider Denkansätze nicht entgegen.

b) Übertragung auf die MitunternehmerschaJt

Damit ist die weiter oben schon angedeutete Frage aufgeworfen, ob die Mitunternehmerschaft - wie es die Rechtsprechung annimmt - ein Typusbegriff ist, oder ob man sie nicht besser als bewegliches System interpretieren soll. Für die Annahme der Rechtsprechung scheinen nach der Darstellung des Typusbegriffs gute Gründe zu sprechen: Immerhin fmdet sich der Begriff der Mitunternehmerschaft ausdrücklich im Gesetz in § 15 I Nr. 2 EStG, und das ist - wie oben99 festgestellt wurde - ein Indiz für das Vorliegen eines Typusbegriffs, da die Lehre vom Typus gerade an einzelne Begriffe von bestimmter Beschaffenheit anknüpft und sich mit der Zuordnung von Gegenständen zu diesen Begriffen beschäftigt. 100 Genau das scheint hier der Fall zu sein. Dieser positivistische Ansatz greift indessen zu kurz. Denn der Begriff der Mitunternehmerschaft ist gerade vor dem Hintergrund der dazu ergangenen überaus zahlreichen Rechtsprechung zu vielschichtig und zu schillernd, als daß er - und sei es auch in typologischer Weise - ohne weiteres ausgefüllt werden könnte. 101 Das zeigt sich besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die den Begriff der Mitunternehmerschaft ausfüllenden Unterbegriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos eben nicht im Gesetz stehen. Geht man nämlich davon aus, daß sich die Typenlehre mit der ZuordOben unter 1. So nahezu wörtlich Bydlinski, Bewegliches System und juristische Methodenlehre, 24,25. 99 Unter 1. und 3. \00 Bydlinski, Bewegliches System und juristische Methodenlehre, S. 24. 10\ G. Schreiber (Wer ist Mituntemehmer?, S. 121) geht sogar von der ,,'NichtSubsumierbarkeit' des Tatbestandsmerkmals 'Mituntemehmerschaft'" aus, welcher sich die Rechtsprechung sogar bewußt sei. Aber auch dieser Befund spricht eher rur die Lehre vom beweglichen System, da es hier nicht so sehr auf eine Subsumtion im klassischen Sinne als vielmehr auf die Zuordnung von Rechtsfolgen unter dem Gesichtspunkt der unterschiedlich starken Ausprägung der zugrundeliegenden Prinzipien im Entscheidungsfall ankommt. 97 98

s*

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

nung von Gegenständen zu diesem Begriff befaßt, so stößt man bereits hier an Grenzen: Dem Begriff der Mituntemehmerschaft sind gerade keine klar definierbaren Gegenstände zuzuordnen, sondern er wird erst durch die von der Rechtsprechung geschaffenen weiteren Begriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos mit Leben erfullt. Diese erst sollen nach der Rechtsprechung einander ersetzen, wenn auch nicht vertreten können. Das aber entfernt sich bereits vom Ansatzpunkt her vom typologischen Denken. Denn insoweit fehlt es bei den genannten beiden Unterbegriffen des Mitunternehmerrisikos und der Mitunternehmerinitiative bereits an einer "textlich-begrifflichen Fixierung in einer geltenden Xorm", was Bydlinski l02 eher fur ein Zeichen der Zugehörigkeit zum beweglichen System wertet. In der Tat ist es angesichts der ganz eigenständigen und sich vom Wortlaut des § 15 EStG entfernenden Dogmatik, welche die Rechtsprechung zur Mitunternehmerschaft entwickelt hat, ebenso gut möglich, daß in den Begriffen der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos Rechtsprinzipien mit mehr oder weniger ausgeprägtem Gerechtigkeitsgehalt wirken. 103 Wäre dem so, dann hätte die Rechtsprechung möglicherweise ein bewegliches System mit dem geschaffen, was sie ständig als Typusbegriffbezeichnet. Eine abschließende Klärung ist an dieser Stelle noch nicht möglich. Vielmehr geht es im folgenden erst darum, die Mitunternehmerschaft im einzelnen zu analysieren, und das bedeutet, herauszustellen, worauf die Begriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos letztlich zurückzufuhren sind und ob sie hinreichende Gerechtigkeitskriterien darstellen.

c) Zwischenergebnis

Die Gegenüberstellung von Typusbegriff und beweglichem System hat gezeigt, daß sich die Lehre vom beweglichen System besser eignet, die dogmatische Einordnung der Mitunternehmerschaft zu gewährleisten. Das Verständnis der Mitunternehmerschaft als bewegliches System, das auf der normativen Ebene angesiedelt ist, kann jenseits der bloßen Deskription auch Aussagen über

AaO., S. 25. Skeptisch zur Annahme der Rechtsprechung auch Crezelius, Steuerrecht 11, § 6 Rz. 10: "Methodisch werden die Unwägbarkeiten des Mitunternehmerbegriffs damit gerechtfertigt, daß es sich um einen sog. Typusbegriff handele. (. .. ) Das ist angreifbar, da es bei den Wertungsgesichtspunkten der Typuskonzeption allein um die ratio legis gehen kann, so daß es nur auf Sinn und Zweck der Mitunternehmerbestimmung ankommen kann." Auch wenn Crezelius selbst keine Alternativkonzeption entwickelt, ist dem nichts hinzuzufligen, es sei denn, daß die Lehre vom beweglichen System genau dies, nämlich eine systematisch und teleologisch fundierte prinzipienorientierte Betrachtungsweise, anstrebt. 102

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III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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ein rechtliches Sollen machen. Die Herausarbeitung und jeweilige Akzentuierung der zugrundeliegenden Prinzipien, die ihrerseits im Wege systematischer und teleologischer Auslegung gewonnen werden, dient nicht nur dazu, Entwicklungen der Rechtsprechung zu beschreiben. Vielmehr ist zu prüfen, ob diese auch inhaltlich zustimmungswürdig sind. Eine Absicherung dieses Ergebnisses kann allerdings nur durch eine detaillierte Untersuchung der Rechtsprechung zum Mitunternehmerbegriff, und damit zur Mitunternehmerinitiative einerseits und zum Mitunternehmerrisiko andererseits, erreicht werden. Im Vorgriff kann bereits auf einen Befund von Groll verwiesen werden, der von der Rechtsprechung objektiv zweckgerichtete Kriterien fur die Anwendung des § 15 I Nr. 2 EStG gefordert hat lo4 : Er kommt zu dem Ergebnis, daß die Rechtsprechung entsprechende Kriterien bereits entwickelt habe und der Mitunternehmerbegriff deshalb durchaus justitiabel sei, so daß Voraussetzungen und Hinderungsgründe der Mitunternehmerschaft entgegen der verbreiteten Meinung in einem sinnvollen Zusammenhang stünden. lOS Wenn das zutrifft, so hat die Rechtsprechung cum grano salis bereits ein bewegliches System der Mitunternehmerschaft geschaffen. Mit diesem Befund könnte sich die vorliegende Arbeit allerdings nicht begnügen. Denn es geht, wie bereits in der Einleitung herausgestellt, darum, die von der Rechtsprechung geschaffenen Institute auch auf ihre materiale Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls durch Verzicht überflüssiger oder Hinzunahme weiterer teleologisch fundierter Entscheidungskriterien zu modifizieren.

111. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

Die Mitunternehmerschaft ist durch das gemeinsame Handeln von einander gleichgeordneten Personen zu einem gemeinsamen Zweck gekennzeichnet. 106 Zur näheren Bestimmung greift die Rechtsprechung auf die gesetzlich nicht normierten Begriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos zurück. Die dahinter stehenden Wertungs gesichtspunkte stellen nach der Grol!, BB 1982, 1229, 1234. Wörtlich heißt es bei Grol!, aaO., S. 1234: "Tatsächlich hat die ständige Rechtsprechung Kriterien entwickelt, die den Mituntemehmerbegriffnicht weniger justiziabel machen als z.B. den Begriff des leitenden Angestellten im Betriebsverfassungsrecht." Auch das spricht im übrigen nicht gegen das bewegliche System, denn auch beim leitenden Angestellten könnte man sich die Anwendbarkeit der Lehre vom beweglichen System vorstellen, das überhaupt im Arbeitsrecht einen potentiellen Anwendungsbereich hat, vgl. Ostheim, in: Das bewegliche System im geltenden und künftigen Recht (hrsgg. von Bydlinski), S. 199 ff. sowie Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 80, für die Beurteilung der Sozialwidrigkeit der arbeitsrechtlichen Kündigung. 106 So zuletzt BFH JZ 1998, 104, 105. IQ.!

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

hier vertretenen Ansicht Gerechtigkeitskriterien dar, die als Elemente bzw. Kräfte eines beweglichen Systems der Mitunternehmerschaft verstanden werden können. Daher sollen diese beiden Begriffe im folgenden daraufhin untersucht werden, ob sie so, wie die sie Rechtsprechung versteht, als systemkonstituierende Prinzipien gesehen werden können. Sodann wird der Frage nachgegangen, ob jedes der Elemente auch rur sich allein bestehen könnte und welche ModifIzierungen der Lehre vom beweglichen System gegebenenfalls naheliegen.

1. Das Mitunternehmerrisiko

Was die Rechtsprechung unter dem Mitunternehmerrisiko versteht, wurde bereits oben,07 skizziert: Es ist die Teilhabe am Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens, die in der Regel durch Beteiligung an Gewinn oder Verlust und an den stillen Reserven des Anlagevermögens unter Einschluß des Geschäftswertes vermittelt wird. Die denkbaren Ausprägungen dieses Risikos sind also vielfaltig, und gerade das ist es, was die Beweglichkeit des Systems garantiert, soweit nur feststeht, daß es sich um ein maßgebliches Gerechtigkeitskriterium handelt. Um dies zu ermitteln, soll zunächst das Mindestrisiko ermittelt werden, das die Mitunternehmerschaft ausmacht. Richtschnur sind nach der Rechtsprechung die Rechte des Kommanditisten. Diese grobe Leitlinie muß aber im folgenden näher untersucht werden, weil nur ein Blick auf die einzelnen Abstufungen in Gestalt der typischen praktischen Ausprägungen illustrieren kann, ob es sich um ein verallgemeinerungsfahiges Prinzip handelt, das auch als feste Größe innerhalb des beweglichen Systems gedacht werden kann.

a) Beteiligung an Gewinn und Verlust

Daß die Gewinn- und Verlustbeteiligung ein gewisses Indiz rur das Mituntemehmerrisiko darstellt, leuchtet ein, da auch der Kommanditist nach § 167 HGB am Gewinn und Verlust beteiligt ist. Eine Gewinnbeteiligung reicht dagegen nicht'08, da diese auch dem stillen Gesellschafter nach § 231 11 HS.2 HGB zusteht und dieser kein Mituntemehmer ist. '09 Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob eine reine Verlustbeteiligung zum erforderlichen Mituntemehmerrisiko ausreicht. Diese Problematik wird vor allem bei sogenannten Verlustzuweisungsgesellschaften, also KommanditUnter § 4 vor /. BFHE 59, 275; 134,261. 109 BFHE 83. 163. 107 108

III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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gesellschaften relevant, deren Initiatoren Kapitalanleger mit dem Versprechen der Einkommensteuerminderung durch Verlustzuweisung werben. I 10 Hier sind die Gesellschafter nach der Rechtsprechung 111 nicht Mitunternehmer, weil und sofern die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht fehlt. 1I2 Dies wird bei Verlustzuweisungsgesellschaften widerleglieh vermutet. 113 Hieran erkennt man, daß auch innerhalb der einzelnen Elemente Wertungsspielräume bestehen, so daß das Mitunternehmerrisiko nicht starr fixiert, sondern beweglich ausgestaltet ist. 114

b) Die Beteiligung an den stillen Reserven

Weiterhin kennzeichnend für die Mitunternehmerschaft - ohne diese selbst aber zum Typusbegriff werden zu lassen - ist die Beteiligung an den stillen Reserven nach Beendigung der Gesellschaft bzw. bei Veräußerung des Unternehmens. 115 Jedoch ist das nicht zwingend erforderlich, insbesondere dann nicht, wenn sich bei einer zeitlich begrenzten Gesellschaft keine stillen Reserven bilden können, der Mitunternehmer aber ansonsten das volle Risiko trägt. 116 Diese Möglichkeit fUgt sich bruchlos in das bewegliche System ein, weil die Beteiligung an den stillen Reserven eben nicht gesetzlich vorgeschrieben und somit auch durch gleichwertige oder schwerer wiegende Besonderheiten des konkreten Falles kompensiert werden kann. Praktisch wichtiger ist allerdings der Fall, daß nicht die Gesellschaft aufgelöst wird, sondern ein Gesellschafter ausscheidet und einen Abfindungsanspruch (vgl. § 738 I 2 BGB) geltend machen kann. Für dessen BemesL. Schmidt, Kommentar zum EStG, § 15 Rz.181 f. BFHE 170,487. Der IV. Senat hat die Mitunternehmerschaft von den konkreten Gewinnaussichten des Gesellschafters abhängig gemacht; vgl. BFHE 123,412. 112 Lüdicke, DStZ 1994, 110; Herrmann, StuW 1989, 103. Die Folge ist, daß die "Liebhabereiverluste" (so Jakob, Einkommensteuer, § 2 Rz. 60) entfallen. Die Attraktivität der Verlustzuweisungsgesellschaften beschneidet zudem § 15a EStG, wonach Verlustanteile des Kommanditisten nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie von ihm auch tatsächlich wirtschaftlich getragen werden; vgl. BFH BStBl Ir 1988, 5; Groh, OB 1990, 19. IU BFH 163, 524; 165, 406; kritisch Loritz, OB 92, 1156. 114 Man kann sich sogar fragen, ob sich nicht für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht bei Verlustzuweisungsgesellschaften das bewegliche System heranziehen läßt, doch soll dies hier dahin stehen, weil es wegen der Abgrenzung zur Liebhaberei weit ins allgemeine Steuerrecht reicht und nicht allein das Unternehmenssteuerrecht betrifft. 115 BFHE 80, 76. 110 BFHE 133, 180 für den Fall der Auswertung einer Filmlizenz durch eine Innengesellschaft; hierzu Groh, BB 1982, 1229, 1231. 110

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

sung sind grundsätzlich ebenfalls die stillen Reserven von Interesse, da er sich nach dem Unternehmenswert richtet. Indessen wird dem ausscheidenden Kommanditisten in diesem Fall regelmäßig gesellschaftsvertraglieh nur ein Anspruch auf den Buchwert (Kapitalkonto plus Nebenkonten) eingeräumt. Eine derartige Abfindungsklausel steht nach der Rechtsprechung der Annahme einer Mituntemehmerschaft nicht entgegen. 117 Das ist interessengerecht, weil dem mit der Abfindungsklausel in Kauf genommenen Verzicht die Chance korrespondiert JJ8 , aus dem Ausscheiden anderer Gesellschafter seinerseits Nutzen zu ziehen. 119 Auch vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System stehen der Annahme einer Mituntemehmerschaft trotz Abfmdungsklausel keine Bedenken entgegen. Daß die Verrnögensrechte des Kommanditisten hier gegenüber der gesetzlichen Ausgestaltung gemindert sind J20 , schadet nicht, weil diese nicht maßgeblich ist. Dagegen ist die Option auf die eigene Anteilserhöhung durch Ausscheiden eines Mitgesellschafters gerade ein Aspekt, der die Beweglichkeit fördert.

2. Die Mitunternehmerinitiative

Das zweite Element der Mituntemehmerschaft ist die Mituntemehmerinitiative. Auf das bewegliche System bezogen bedeutet das, daß ein im konkreten Fall schwach ausgeprägtes Mituntemehmerrisiko durch eine entsprechende Mituntemehmerintiative kompensiert werden kann l21 , so daß gleichwohl die Rechtsfolgen der Mituntemehmerschaft eintreten. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein Kommanditist nur am Gewinn und nicht, wie sonst üblich, an Gewinn 111 BFHE 80, 410; 116,497; 127, 188,537; 128,202; 375. Eine - auch im Hinblick auf das bewegliche System anzuerkennende - Ausnahme macht die Rechtsprechung (etwa BFHE 133, 392) aber dann, wenn die Beteiligung eines Gesellschafters an den stillen Reserven von der Willkür eines anderen Gesellschafters abhängt, da dann die Mitwirkungsrechte des einen Gesellschafters durch die Angst vor der Hinauskündigung empfindlich gemindert sein können. 118 Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Buchwertklauseln wechselseitig vereinbart worden sind; gesichert ist dies freilich nicht. 119 BGHZ 22,186,194; Flume, Die Personengesellschaft, 1977, S. 177; Heckelmann, Abfindungsklauseln, 1973, S. 177; Siebert, BB 1957, 18. 120 Groh, BB 1982, 1229, 1231. 121 So verfährt auch die Rechtsprechung; vgl. zuletzt BFH BStB) 11 1998, 480, 484 ("Ein schwach ausgeprägtes Unternehmerrisiko ist jedoch im Einzelfall kompensierbar durch eine stark ausgebildete Mituntemehmerinitiative." Diese in vielen Urteilen (siehe nur BFHE 179, 62; 147, 146; 170, 345) wiederkehrende Sentenz legt die Annahme nahe, daß auch die Rechtsprechung de facto bereits seit langem nach den Regeln des beweglichen Systems verfährt, obgleich sie sich regelmäßig auf den Typusbegriff (zu ihm und seinem Verhältnis zur Lehre vom beweglichen System vgl. oben 11.) beruft.

III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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und Verlust beteiligt ist. Hier scheint es, als sei das Unternehmerrisiko zu schwach ausgeprägt. Indessen genügen die mit dieser Stellung verbundenen Befugnisse des Kommanditisten, insbesondere das Widerspruchsrecht gemäß § 164 HGB, das Kontrollrecht aus § 166 HGB, aber auch die Möglichkeit, bei einer Änderung des Gesellschaftsvertrages mitzuwirken, dem, was die Rechtsprechung für die Mitunternehmerinitiative verlangt. Diese Kommanditistenbefugnisse können somit ein entsprechend schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ausgleichen. Folgerichtig versteht die Rechtsprechung unter Mitunternehmerinitiative die Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen, wie sie etwa Gesellschaftern oder diesen vergleichbaren Personen als Geschäftsführern, Prokuristen oder leitenden Angestellten obliegen.

a) Die im Schrifttum bestehenden Zweifel In der Literatur 122 wird seit geraumer Zeit bezweifelt, ob es wirklich der Unternehmerinitiative bedarfbzw. ob der Kommanditist eine solche überhaupt innehat. 123 Die Befugnis, auf die Änderung des Gesellschaftsvertrages Einfluß zu nehmen, sage nichts über die Unternehmerinitiative aus, sondern ergebe sich schlicht aus der vertraglichen Bindung der Gesellschafter. Kontrollrechte habe auch der stille Gesellschafter (vgl. § 233 HGB). Zudem sei die Unternehmerinitiative oft nicht mehr als ein "Scheinmerkmal", da die Rechte des klassischen Kommanditisten regelmäßig gering und unmaßgeblich seien. 124 Gleichwohl stellt die Mitunternehmerinitiative ein tragfähiges Prinzip der Mitunternehmerschaft dar. Daß die Kommanditistenbefugnisse in der Praxis häufig gering ausgestaltet sind, ändert daran nichts. Dieser rechtstatsächliche Befund hat auf die Prinzipienbildung, um die es auch bei der Lehre vom beweglichen System geht, keinen Einfluß. Des weiteren schmälert der Vorwurf des "Scheinmerkmals" die Bedeutung der Mitunternehmerinitiative im Hinblick auf das bewegliche System nicht. Denn dabei geht es gerade nicht um die

122 Vgl. Schön, StuW 1996, 275, 286; Groh, BB 1982, 1229, 1230 f. Auch von Knobbe-Keuk (Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 9 11. Fußnote 144, S. 390 allerdings ohne nähere Begründung) wird die Mitunternehmerinitiative für verzichtbar gehalten. Das ist mitnichten ein - wie Strahl (Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, S. 235 Fußnote 225) meint - "besonders deutliches Anzeichen dafür, daß Mitunternehmerschaft ein Typus ist." Denn das würde - wie sogleich zu zeigen sein wird - auch auf die Lehre vom beweglichen System zutreffen. 123 Groh, aaO., S. 1230 f. 124 In die gleiche Richtung G. Schreiber, Wer ist Mitunternehmer?, 1995, S. \09 f.

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§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

Prüfung vorgegebener Tatbestandsmerkmale, sondern um Entscheidungskriterien, die nach der ursprünglichen Konzeption der Lehre ranggleich und austauschbar sind. Ein gewisses Eigengewicht behält die Mitunternehmerinitiative im übrigen in Form des Widerspruchsrechts des Kommanditisten. Ungeachtet der Frage, ob die Unternehmerinitiative eine conditio sine qua non ist, stellt sie doch einen vernünftigen Entscheidungsgesichtspunkt dar. Die Mitunternehmerinitiative ist auch ein verallgemeinerungsfähiges Gerechtigkeitskriterium, da sie die Mitwirkungsbefugnisse des Mitunternehmers beschreibt. Diese Einflußnahme auf die Mitunternehmerschaft kann im konkreten Fall entscheidend wirken, so daß bei entsprechendem Überwiegen der Mitunternehmerinitiative ein verhältnismäßig gering ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko ausreichen kann.

b) Die Herleitung des Maßstabs aus dem Gesetz

Allerdings bedarf es zur Einfiigbarkeit der Elemente in das bewegliche System noch der näheren Bestimmung einer unteren Grenze der Mitunternehmerinitiative. Das wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß bislang nur auf die Maßgaben der Rechtsprechung eingegangen wurde, die in diesem Punkt freilich unbestimmt und mangels exakter Herleitung aus dem Gesetz sogar unfundiert erscheint: Wenn es danach ausreichen soll 125 , daß die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten, die mindestens den Kontroll- 126 , Stirnm- und Widerspruchsrechten 127 eines Kommanditisten zustehen, so stellt sich vom Standpunkt des beweglichen Systems aus die Frage nach der Herkunft und Berechtigung dieses Maßstabs. Hierfür kann es nicht dabei bewenden, daß die genannten Rechte gewissermaßen einen Katalog gesellschaftsrechtlicher Mindestbefugnisse - abgesteckt durch das "schwächste" Glied, nämlich die Person des Kommanditisten - bedeuten. Es bedarf vielmehr fiir die Anwendung der Kommanditistenbefugnisse noch der Herleitung aus dem Gesetz. Denn nur daraus kann sich ergeben, ob etwa ein schlichtes Kontrollrecht unter Ausschluß des Widerspruchsrechts genügt, wie es bei Zugrundelegung der Rechtsprechung wohl der Fall wäre.

So die Rechtsprechung; vgl. nur BFH BStBlll 1984, 751, 769. Vgl. § 166 HGB; ausreichen soll auch das Kontrollrecht nach § 716 BGB. 127 Nach § 164 HGB.

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UI. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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Auszugehen ist somit von den einzelnen aufgezeigten Kommaditistenbefugnissen und der dadurch vermittelten "Initiative"\28. Da insoweit bisher nur von einem Nebeneinander von Kontroll-, Stimm- und Widerspruchsrecht ausgegangen wurde, ist im folgenden der gemeinsame Nenner dieser Rechte auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung zu ermitteln. Für die Bemessung der Untergrenze kommt es dabei besonders auf das Kontrollrecht als gleichsam schwächstes Recht an. § 166 HGB berechtigt den Kommanditisten, die abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere - gegebenenfalls (§ 166 III HGB) verbunden mit einem außerordentlichen Informationsrecht - zu prüfen. Daß auch der stille Gesellschafter diese Rechte nach § 233 HGB hat, entwertet die Tauglichkeit des Maßstabs entgegen der weiter oben l29 zitierten Kritik an der Unternehmerinitiative nicht. Das bestätigt im Gegenteil, daß es sich gleichsam um einen gesetzlich verallgemeinerten Mindestumfang von Teilhaberechten derer handelt, die selbst nicht die Geschicke des Unternehmens bestimmen, aber doch - im Unterschied etwa zum partiarischen Darlehen - nach dem gemeinsam vereinbarten Zweck l30 der Unternehmung daran beteiligt sind. Deshalb können sie steuerrechtlich mit jenen zusammen der Art nach dieselben Einküfte erzielen. Da sich das Kontrollrecht nicht nur gegen die Gesellschaft l31 , sondern auch unmittelbar gegen die zuständigen geschäftsführenden Gesellschafter richtet 132 , ist es auch geeignet, dem einzelnen eine Initiativmöglichkeit zu verschaffen, die es rechtfertigt, im Zusammenwirken mit einem entsprechenden Risiko ihn auch dann zum Mitunternehmer zu machen, wenn er kein Widerspruchsrecht im Sinne des § 164 HGB innehat. Um so mehr gilt dies aber, wenn ein solches Recht besteht. Dann kann auch das Element des Mitunternehmerrisikos graduell entsprechend niedriger ausfallen.

128 Lempenau (StbJb 1982/83, 201, 205; ihm folgend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 1/. 3. a), S. 382), hat das Widerspruchsrecht mehr als Hemmnis der Geschäftsführung denn als Entfaltungsmöglichkeit für Unternehmerinitiative angesehen. Damit wird jedoch zu begriffsjuristisch argumentiert, denn es liegt gerade im Sinne der Zuerkennung eines Widerspruchsrechts, daß seine Geltendmachung gegenläufige Bestrebungen hemmt; deshalb kann darin durchaus die rechtsspezifische Ausübung von Unternehmerinitiative gesehen werden. 129 Unter a). 130 Vom partiarischen Darlehen unterscheidet sich die stille Gesellschaft durch den gemeinsamen Zweck; Baumbach/Hopt, HGB, § 230 Rz. 4. 131 BayObLG BB 1991, 1589, OLG Celle, BB 1983, 1451. 132 Baumbach/Hopt, HGB, § 166 Rz. 1.

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§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

c) Folgerung

Schon das Kontrollrecht nach § 166 HGB genügt im Einklang mit der Rechtsprechung und markiert zugleich die Untergrenze im Sinne des beweglichen Systems fur die Qualifizierbarkeit als Mitunternehmer, soweit das Mitunternehmerrisiko entsprechend stark ausgeprägt ist. Institutsübergreifend stimmt dies überein mit den Ausfiihrungen zur Betriebsaufspaltung, wo ebenfalls die gesellschaftsrechtliche Einwirkungsmöglichkeit\33 bzw. die Möglichkeit zur Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Instrumente\34 als unter Prinzipiengesichtspunkten maßgeblich angesehen wurde.

3. Mitunternehmerinitiative ohne Mitunternehmerrisiko oder umgekehrt?

Die Annahme eines beweglichen Systems zur dogmatischen Einordnung der Mitunternehmerschaft hat bereits bis hierher insofern Früchte getragen, als sich Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko als Elemente eines beweglichen Systems interpretieren lassen. Bevor nun einzelne Ausprägungen und Grenzfalle der Mitunternehmerschaft unter diesem Blickwinkel untersucht werden, um die Vorstellung der Mitunternehmerschaft als ein bewegliches System näher zu illustrieren, muß einer Frage nachgegangen werden, die sich unweigerlich stellt, wenn man in der Linie der Rechtsprechung ein bewegliches System aufzuspüren sucht. Die Rede ist nicht nur von der Ersetzbarkeit einzelner Elemente, was ihre jeweilige Stärke und Ausprägung betrifft, sondern von der Möglichkeit des vollständigen Wegfalls eines einzelnen Elements, wenn dafiir ein anderes besonders stark wiegt. Der Bundesfmanzhof geht nämlich seit jeher davon aus, daß Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko kumulativ in mehr oder minder ausgeprägter Form vorliegen müssen. \35 Das bedeutet, daß sich die einzelnen Bestandteile zwar gegenseitig ergänzen und aufwiegen können, insoweit also in einem Komplementaritätsverhältnis zueinander stehen, einander aber nicht vollständig ersetzen können. Dieses Postulat wirft jedoch auch im Hinblick auf die Lehre vom beweglichen System Fragen auf, die von weiterfiihrendem methodologischen Interesse sind.

So im Normalfall der Betriebsaufspaltung; vgl. § 3 I. und 11. Dies wurde speziell für die Zurechnung der Anteile innerhalb der Familie als relevantes Element angesehen; vgl. § 3 111. 2. b) aa) (2). 135 Vgl. nur BFHE 170,345; BFH JZ 1998, 104, 105. 133

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III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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a) Das Auftreten eines einzelnen Elements" in besonderer Stärke"

In der Tat ging Wilburg selbst davon aus, daß es unter Umständen für den Eintritt der Rechtsfolge auch ausreichen könne, wenn nur ein einzelnes der in Betracht kommenden Elemente im konkreten Fall vorliegt, wenn es dafür nur "in besonderer Stärke" auftritt. 136 Auf die Mitunternehmerschaft bezogen stünde dieses rigorose Verständnis einer Interpretation der Mitunternehmerschaft, wie sie die Rechtsprechung vornimmt, als bewegliches System entgegen. Will man diese Annahme gleichwohl aufrechterhalten, so ist zu fragen, ob nicht die Lehre vom beweglichen System in der Form, wie sie von ihrem Begründer postuliert wurde, korrekturbedürftig ist. Um dem Eindruck entgegenzuwirken, daß es sich um eine unter dem Gesichtspunkt der Theoriebildung unzulässige ad-hoc-Korrektur I37 handelt, soll also zunächst die ursprüngliche Lehre vom beweglichen System einer kritischen Betrachtung zu unterwerfen.

b) Kritik an der Konzeption Wilburgs

Die Annahme, daß auch ein einzelnes Element die betreffende Rechtsfolge bewirken kann, soweit es "in besonderer Stärke" auftritt, ist im methodologischen Schrifttum - soweit ersichtlich - bislang unwidersprochen geblieben. Allerdings hat Wilburg selbst sie nicht weiter begründet. Sie ist aber auch bei grundsätzlicher Zustimmung zur Lehre vom beweglichen System mitnichten selbstverständlich. Sogar im von Wilburg selbst propagierten Schadensrecht ist zweifelhaft, ob jedes der von ihm genannten Elemente allein bei gebührender Stärke geeignet wäre, die Rechtsfolge der Einstandspflicht für den entstandenen Schaden zu bewirken. Durchaus vorstellbar wäre das allerdings in dem ersten von Wilburg entwikkelten Prinzip l38 des für das Schadensereignis kausalen Mangels auf seiten des Haftenden, soweit diesen ein ganz überwiegendes oder alleiniges Verschulden trifft. Ebenfalls noch vorstellbar ist die Richtigkeit der Annahme, wenn nur das zweite von Wilburg statuierte Prinzip l39 verwirklicht ist: Die reine Gefährdung, die der Schädiger durch ein Unternehmen geschaffen hat und die zum Eintritt des Schadens fUhrt, ist auch dem geltenden Recht nicht ganz fremd. Man braucht nur an die Tatbestände der Gefährdungshaftung zu denken. 140 SchwieWi/burg, Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 13. Vgl. hierzu Canaris, JZ 1993,377,387,389. 138 In: Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 12 f. 1]9 Die Elemente des Schadensrechts, 1941, 26 ff. 140 Obwohl auch hier auf Zurechnungsgesichtspunkte nicht verzichtet werden kann (vgl. nur BGHZ 115, 84, 87), so daß die "reine Gefährdung" sogar dort kaum je ausreichen wird, wo eine Gefährdungshaftung ausdrücklich angeordnet ist. Vielmehr kann 136 137

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§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

riger wird es allerdings beim dritten Kriterium der Nähe des Kausalzusammenhangs, der zwischen den haftungsbegründenden Ursachen und dem eingetretenen Schaden besteht. Das scheint im geltenden Recht eine gewisse Stütze in den Beweiserleichterungen zu fmden. Wo indessen nichts weiter als eine wenn auch erhebliche - "Nähe des Kausalzusammenhangs" vorliegt, gerät die Einstandspflicht leicht zu einer bloßen Verdachtshaftung, die unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten schwerlich als allein ausreichend erachtet werden kann. Auch das vierte Element des Schadensrechts 141 ist tUr sich betrachtet kaum geeignet, die Haftung zu begründen: Wenn lediglich die soziale Abwägung der Vermögens lage des Beschädigten und des Schädigers ergibt, daß die Haftung tUr letzteren aufgrund seiner großen Finanzkraft ohne spürbare Auswirkungen wäre, so muß die allein damit begründete Haftung keineswegs gerecht sein. 142 Schon im Schadensrecht, das von Wilburg selbst als möglicher Anwendungsbereich der Lehre vom beweglichen System angesehen wurde, ist es also nicht unzweifelhaft, daß auch ein einzelnes Element in besonders starker Ausprägung die Rechtsfolge des Schadensersatzes hervorrufen kann. Das läßt sich im übrigen auch anhand des soeben behandelten ersten Elements von Wilburg verdeutlichen: "Ein tUr das Schadensereignis kausaler Mangel, der auf seiten des Haftenden liegt. Dieser Mangel hat verschiedene Schwere, je nachdem ob er vom Haftenden oder dessen Gehilfen verschuldet oder überhaupt ohne Verschulden, so z.B. ein unerkennbarer Materialfehler einer Maschine, entstanden ist." 143 Sieht man diese Aussage, wie Wilburg, in ihrer Gesamtheit als erstes Element, so kann dies, wie oben festgestellt, im Einzelfall, d.h. bei besonders evidentem Alleinverschulden, per se zur Haftungsbegründung tUhren. Man kann aber ebensogut behaupten, daß hier bereits zwei Elemente in Form von Kausalität und Verschulden vorliegen. Diese würden jedes tUr sich allein be-

man auch im Rahmen der Gefährdungshaftung das Zusammenwirken der einzelnen Zurechnungsgründe und Gerechtigkeitskriterien nach den Regeln des beweglichen Systems ordnen. Zu Recht heißt es bei Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band 11/2, § 84 I 2 b: "Vielmehr wirken sie in der Weise eines kombinatorischen Systems zusammen, so daß stets mehrere, aber nicht notwendig alle relevant werden und die "Schwäche" eines von ihnen durch die "Stärke" eines anderen ausgeglichen werden kann" (Hervorhebung auch dort; mit Verweis auf Wilburg, Die Elemente des Schadensrechts, 1941, S. 26 ff.; von Caemmerer, Reform der Gefährdungshaftung, 1971, S. 16). Im übrigen ist die Annahme, daß "stets mehrere" Gerechtigkeitskriterien relevant werden, durchaus im Sinne der hier vertretenen Ansicht. 141 Vgl. aus der gleichnamigen Schrift Wilburgs die S. 283 ff. sowie dens. AcP 163 (1963), 346. 142 Im geltenden Recht etwa sind die Vermögensverhältnisse nur in engen Grenzen entsprechend § 829 BGB berücksichtigungsfähig, vgl. Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S. 79. 143 Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 12.

III. Die Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien im einzelnen

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trachtet aber wohl nicht ausreichen können. Denn dann käme es im einen Fall möglicherweise zu einer blinden Kausalhaftung ohne Zurechnungsgesichtspunkte, im anderen Fall würde dem Alleinverschulden die Kausalität als Bezugspunkt fehlen. Aber auch abgesehen vom Schadensersatzrecht stehen der Annahme Bedenken entgegen. Wilburg verzichtete bewußt darauf, ein einheitliches Rechtsprinzip zu suchen, das alle in Betracht kommenden Rechtsfragen derjenigen Materie löst, für die er das bewegliche System einführen wollte. Dieser richtigen Grundannahme sollte man auch beim Zusammenspiel der verschiedenen Kräfte und Prinzipien Rechnung tragen. Wenn sich auch nur ausnahmsweise eines allein durchsetzen könnte, bestünde wieder die Gefahr einer Verabsolutierung. Immerhin ist zu bedenken, daß die gefundenen Prinzipien gerade nicht völlig zusammenhanglos nebeneinander stehen, sondern auch als abstrakt in Betracht kommende Gerechtigkeitskriterien aufeinander abgestimmt sind. Insofern besteht eine gewisse Interdependenz, d.h. eine wechselseitige Abhängigkeit der Elemente des Systems. Von einem "Zusammenwirken der Elemente je nach Art und Stärke"l44 kann kaum gesprochen werden, wenn unter Umständen nur eines ausreicht.

c) Modijizierung der Lehre vom beweglichen System

Es empfiehlt sich deshalb, die Lehre vom beweglichen System dahingehend zu modifizieren, daß unter mehreren als maßgeblich erkannten Prinzipien und Gerechtigkeitskriterien zwar einzelne so stark in den Hintergrund treten können, daß es auf sie bei der Entscheidung letztlich überhaupt nicht ankommt. Umgekehrt kann aber nicht gefolgert werden, daß alle bis auf eines vollständig wegfallen können, wenn nur dieses eine besonders stark ausgeprägt ist.

d) Folgerungfiir die Mitunternehmerschaft

Mit dieser Einschränkung läßt sich auch die Mitunternehmerschaft als bewegliches System interpretieren. 145 Mitunternehmerrisiko und MitunternehWilburg, AcP 163 (1963), 346, 347. Aus Gründen der KlarsteIlung sei allerdings darauf hingewiesen, daß es dieser Modifizierung der Lehre vom beweglichen System nicht unbedingt bedarf, um ihre Verwendbarkeit für das Unternehmenssteuerrecht zu rechtfertigen, zumal ein Teil der Lehre (vgl. etwa Knobbe-Keuk, DB 1990,905,906; Schön StuW 1996,275,286) wie oben gezeigt die Mitunternehmerinitiative für entbehrlich hält, so daß die Rechtsfolgen der Mitunternehmerschaft U.U. bei gebührend stark ausgeprägtem Mitunternehmerrisiko eintreten könnten. Das würde der Grundkonzeption Wilburgs entsprechen. Die hier 144 145

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

merinitiative müssen l46 zumindest ansatzweise in jedem Fall vorliegen, wobei die Widerspruchs,- Kontroll- und Stimmrechte des Kommanditisten bzw. die gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte nach § 716 BGB ausreichen. Dagegen kann im übrigen auch nicht eingewandt werden, daß sich gerade hier die Überlegenheit des Verständnisses der Mitunternehmerschaft als Typusbegriff gegenüber der Lehre vom beweglichen System erweise, da dieser der oben erörterten Einschränkung bedürfe. Auch bei der Lehre vom Typus ist anerkannt, daß einzelne "typische" Züge ganz fehlen können. 147 Immerhin ist auch Raupach, der die Mitunternehmerschaft erstmals als Typusbegriff bezeichnete l48 und auf den die Rechtsprechung sich beruft, davon ausgegangen, daß keinesfalls alle Bestandteile immer vorliegen müssen. Wenn aber die Mitunternehmerschaft sich aus Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko zusammensetzt, gleichzeitig nach Raupach nicht alle Merkmale vorliegen müssen, so läuft das auf die zumindest theoretisch mögliche Verzichtbarkeit eines der beiden Merkmale hinaus. Damit kann dem Verständnis der Mitunternehmerschaft als Typusbegriff aber auch in diesem Punkt keine strukturelle Überlegenheit gegenüber der Lehre vom beweglichen System zukommen. Selbst wenn man also mit einigen Stimmen aus der Literatur l49 die Mitunternehmerinitiative für verzichtbar hält, so ist dies kein zwingendes Indiz dafür, daß die Mitunternehmerschaft ein Typusbegriff ist. 150

IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems

Bisher wurden bewußt nur die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko als die beiden tragenden Säulen der Mitunternehmerschaft untersucht. Das liegt daran, daß nahezu jede Entscheidung zur Mitunternehmervorgeschlagene Modifizierung ist dagegen von a\lgemeinem methodologischen Interesse. 146 Daß Schön (aaO., S. 286) die Mitunternehmerinitiative ganz flir entbehrlich hält, liegt daran, daß er Flumes Gruppenlehre anhängt, wonach es lediglich auf die Gruppe der Gese\lschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit ankommt (hierzu bereits eingehend und kritisch oben I). Danach ist es in der Tat folgerichtig, auf die Mitunternehmerinitiative des einzelnen Gese\lschafters ganz zu verzichten, weil dann nur die Gese\lschaft als solche Unternehmerinitiative entfalten kann, während es in der Person des einzelnen Gese\lschafters hierflir an einem sinnvo\len Anknüpfungspunkt ermangelt (Schön, aaO.) Diese Sichtweise wurzelt indessen in dem bereits oben (I.) abgelehnten Verständnis des § 2 I EStG. 147 Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 450. 148 Raupach, Der Durchgriff im Steuerrecht, 1968, S. 75 ff. 149 Knobbe-Keuk, § 9 11. 3. c) Fußnote 144, S. 390. AusfIihrIich G. Schreiber, Wer ist Mitunternehmer?, 1995, S. 109 f. m.w.N. sowie die weiter oben Genannten. 150 So aber Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 235 Fußnote 226.

IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems

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schaft von diesen beiden Gesichtspunkten ausgeht. Daneben gibt es jedoch noch einige Besonderheiten, die das Gesagte zwar nicht in Frage stellen, wohl aber nach Präzisierungen verlangen. Diese betreffen vor allem den konkreten Status der Mitunternehmer. Es geht zum einen um die Frage, ob die Mitunternehmer Gesellschafter sein müssen, zum andern darum, welche zusätzlichen Wertungen gelten, wenn es sich bei der Mitunternehmerschaft um eine Familiengesellschaft handelt. Beide Problemkreise sind auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit der Lehre vom beweglichen System von Interesse, weil es einerseits um den Bezug zur lex scripta (§ 15 I Nr. 2 EStG), andererseits um den Einfluß zusätzlicher Wertungen auf die Behandlung der konkreten Mitunternehmerschaft geht.

1. Die "faktische" Mitunternehmerschaft

Seit längerer Zeit ist die Diskussion um die Mitunternehmerschaft nicht zuletzt vom Schlagwort der "faktischen Mitunternehmerschaft" beherrscht. Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat sich in neuer Zeit wiederholt isl damit beschäftigt.

a) Die bisherige Auslegung

Daß es eine faktische Mitunternehmerschaft überhaupt geben kann, überrascht auf den ersten Blick, denn § 15 I Nr. 2 EStG setzt scheinbar unmißverständlich voraus, daß der Steuerpflichtige Gesellschafter ist. Gleichwohl hat die Rechtsprechung zunächst ganz allgemein \S2 und dann ls3 nur noch ftir eng begrenzte Ausnahmefälle zugelassen, daß auch ein Nichtgesellschafter Mitunternehmer sein kann, soweit er eine dem Gesellschafter einer Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbare Stellung innehat. ls4 Letzteres könne etwa bei der Güter- oder Erbengemeinschaft, aber auch bei der Bruchteilsgemeinschaft der Fall sein. Ein Teil der RechtsprechungiSS hat darin unter teilweisem Beifall des

BFHE 181, 423; BFH BStBl1I 1998,480. So noch der IV. Senat 1980, vgl. BFH BStBI II 1981, 310 (dort als "ständige Rechtsprechung" bezeichnet) und zuvor etwa BFH BStBl1I 1976, 332. IH Nämlich eingeleitet durch eine Entscheidung des Großen Senats, vgl. BFH BStBI 11 1984, 751, 768. 154 BFH BStBI 11 1998, 480, 482, spricht insoweit von einem "verdeckten Gesellschaftsverhältnis" , das flir die Annahme einer Mituntemehmerschaft ausreiche. 15; Insbesondere der VIII. Senat, vgl. BFH BStBl1I 1985,363. 151

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

Schrifttums lS6 eine Abkehr von der faktischen Mituntemehmerschaft gesehen. Demgegenüber meinte ein anderer Teil, daß dann, wenn Mituntemehmerrisiko und Mituntemehmerinitiative vorliegen, eine Vermutung lS7 dafür streite, daß ein Gesellschaftsverhältnis bestehe. ISS

b) Die Rückbesinnung auf§ 15 I Nr. 2 EStG und § 705 BGB durch die neue Rechtsprechung Diese Schwankungen, die letztlich wieder in den Begriffen der Mitunternehmerinitiative und des Mituntemehmerrisikos ihren konstituierenden Ausgangs- und Endpunkt haben, muß man sich vergegenwärtigen, um die Rechtsprechung zu verstehen. Danach ls9 muß das Vorliegen eines Gesellschaftsverhältnisses eingehend, d.h. bis hin zur exakten Prüfung des Gesellschaftszwecks l60 , für einen Gesellschaftsvertrag gemäß § 705 BGB geprüft werden. Damit kehrt sich der Bundesfmanzhof von der "Vermutungs"-Rechtsprechung ab. 161 Zugleich erfolgt eine Rückbesinnung auf die zivilrechtlichen Grundlagen. Erforderlich wird nämlich eine Abgrenzung zwischen gesellschaftsvertraglicher Bindung und sonstigen Austauschverhältnissen. Dabei soll es auf eine Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ankommen. 162 Zu nennen sind folgende "Beweiszeichen,,163, die für ein Gesellschaftsverhältnis sprechen: 156 So etwa Hennerkes/Binz, OB 1985, 1307 mit dem martialischen Titel: "Das Ende der Faktischen Mitunternehmerschaft - ein Monster des Steuerrechts hat sich überlebt"; zweifelnd aber L. Schmidt, FR 1985, 361. 157 So wiederum der IV. Senat, vgl. BFH BStBl 11 1986, 19. Kritisch hierzu KnobbeKeuk, Das Steuerrecht - eine unerwünschte Rechtsquelle des Gesellschaftsrechts?, 1986, S. 43 ff. und dies. , Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 9 11 3 b, S. 385 ("Damit werden die Dinge auf den Kopf gestellt. "); ähnlich jetzt Luttermann, JZ 1998, 1007, 108: "Das Pferd wird von hinten aufgezäumt." 158 Wörtlich heißt es beim BFH, aaO.: "Die hierauf (sc. auf dem Vorliegen von Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative) beruhende Vermutung macht deshalb regelmäßig eine besondere Prüfung des Gesellschaftsverhältnisses entbehrlich." 159 BFHE 181,423, 425 f. 160 In BFHE 181, 423 ff. wurde etwa auch das Vorliegen des erforderlichen Rechtsbindungswillens geprüft. 161 Luttermann, JZ 1998, \07, 108 (Anm. Zu BFH JZ 1998, \04 = BFHE 181,423 ff.).

162 Vgl. BFH BStBI 11 1998, 480, 482: "ob ein solches (sc. verdecktes) Gesellschaftsverhältnis vorliegt, ist unabhängig von der formalen Bezeichnung der zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen (st. Rspr., vgl. z.B. BFH-Urteile vom 13. Juli 1993, VIII R 50/92, BFHE 173,28, BStBl 11 1994,282, m.w.N.; vom I. August 1996 VIII R 12/94, BFHE 181, 423, BStBl 11 1997, 272)." - Die Beurteilung nach "dem Gesamtbild der Verhältnisse" paßt ohne weiteres zur Lehre vom beweglichen System. 163 BFHE 181, 423, 425 f.

IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems

131

Inanspruchnahme von Befugnissen, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen, Gesamtbezüge, die im Vergleich zu fremden Dritten unangemessen hoch sind, Abstellen auf den Unternehmenserfolg, soweit er nahezu ausschließlich auf persönlichen Leistungen beruht, und Beiträge i.S.v. § 706 BGB durch Kapital- und Gebrauchsüberlassung.

c) Bewertung im Hinblick auf das bewegliche System

Es fragt sich nun, wie all das mit der Lehre vom beweglichen System in Einklang zu bringen ist. Auf den ersten Blick scheint es so, als bestätige allenfalls die vorhergehende, kaum aber die neuere Rechtsprechung, die mögliche QualifIzierung als bewegliches System. Gewiß paßt die "Vermutungs"-Rechtsprechung mit ihren Wertungen durchaus zur Lehre vom beweglichen System. Denn sie rückt die gesetzlich nicht normierten Begriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos in den Mittelpunkt und leitet daraus das in § 15 I Nr. 2 EStG vorgeschriebene Gesellschaftsverhältnis ab. Die beiden Zentralbegriffe wiederum wurden in ihrem charakteristischen Zusammenspiel als Elemente eine beweglichen Systems verstanden. Daß sich die "Vermutungs"-Rechtsprechung ungewollt vom Gesetzestext entfernte, ist vom Standpunkt des beweglichen Systems aus kein Hinderungsgrund, weil der Verzicht auf eine abschließende Tatbestandsbildung geradezu charakteristisch ist. Indessen spricht auch das neuerdings in den Vordergrund gerückte methodische Vorgehen 164 der Rechtsprechung bei näherem Hinsehen nicht gegen die Annahme eines beweglichen Systems. Zum einen dominieren nach wie vor die Begriffe der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos die Dogmatik zur (faktischen) Mitunternehmerschaft, nur daß die Vermutungswirkung zugunsten genauer Subsumtion entfällt. Zum andern weist aber auch die neuere Tendenz Züge eines beweglichen Systems auf und illustriert dadurch, daß die Lehre vom beweglichen System gesetzesnaher und methodologisch fundierter Auslegung nicht feindlich gegenübersteht: Die Kriterien l6S , die der Bundesfmanzhof nunmehr zur Abgrenzung zwischen Gesellschaftsverhältnis und anderen Austauschverhältnissen heranzieht, lassen sich nämlich ihrerseits in die Lehre vom beweglichen System einordnen. Sie stellen gewissermaßen 164 Die Rede ist insbesondere von den Entscheidungen BFHE 181,423 ff.; BFH BStBI 11 1998, 480 ff., die trotz unterschiedlicher Ergebnisse methodisch in derselben Weise vorgehen. 16S Auffallend ist, daß der BFH (BStBI 11 1998, 480, 483 f.) selbst von den ,,Kriterien der Mitunternehmerschaft" (Hervorhebung nur hier) spricht und damit insbesondere Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative meint (BFH, aaO., S. 484). Damit wird sogar die Terminologie der Lehre vom beweglichen System aufgegriffen.

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

ein bewegliches Subsystem zur Bestimmung des Merkmals "Gesellschafter" dar. Eine Indizwirkung entfaltet hier schon die Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles, doch konstituiert diese tur sich betrachtet noch kein bewegliches System. Aufschlußreich sind allerdings die Kriterien, anband derer die Rechtsprechung die Abgrenzung zu anderen Zusammenschlüssen von Personen vornimmt: Soweit die im Fremdvergleich erhöhten Bezüge, insbesondere die gewinnabhängige Tantieme mit den Gebrauchsüberlassung- und Kapitalbeiträgen (in Form von Darlehen und Grundstücksverpachtung) als maßgebliche Gesichtspunkte angetuhrt werden, lassen sich darin Subelemente sehen, die tur ein bewegliches System sprechen. Gleiches gilt tur die weiterhin genannte Inanspruchnahme von Gesellschafterbefugnissen und die Beurteilung der persönlichen Leistungen als Maßstab tur den Unternehmenserfolg. Denn es handelt sich ersichtlich nicht um einen abschließend formulierten Katalog von Voraussetzungen, die jede tur sich vorliegen müssen, sondern eher - und im Sinne eines beweglichen Systems - um eine Aufzählung von einzelnen Elementen l66 , die einander vertreten können, soweit einzelne von ihnen besonders stark ausgeprägt sind und somit tur die Würdigung der Gesamtumstände besonders geeignet sind.

2. Mitunternehmerschaft in Familiengesellschaften

Die besondere praktische Relevanz der Mitunternehmerschaft liegt bei den sogenannten Familiengesellschaften, also der Mitunternehmerschaft unter nahen Ang hörigen. Nicht nur deshalb hat dieser Problemkreis auch tur die Lehre vom beweglichen System eine starke Anziehungskraft. Durch die Mitunternehmerschaft naher Angehöriger, unter denen der tur fremde Dritte charakteristische Interessenkonflikt typischerweise fehlt, treten weitere Wertungen hinzu, die tur die steuerliche Anerkennung bedeutsam sind. Dieser Aspekt ist auch aus der Sicht des beweglichen Systems von Interesse, weil damit weitere Gerechtigkeitskriterien in Betracht kommen, die je nach Ausprägung die Entscheidung beeinflussen können. Die Rechtsprechung unterscheidet zwischen der Frage der Mitunternehmerstellung des nahen Angehörigen und der Anerkennung dieser Beteiligung in steuerlicher Hinsicht. 167 Beide Fragen sind zu unterscheiden, weil sich die Pro166 Wenn der BFH insoweit von "Beweiszeichen" spricht (BFHE 181,423,425), ist letztlich dasselbe gemeint; erinnert sei nur an die Verwendung dieses Begriffs durch die Rechtprechung (vgl. BVerfGE 65, 188, 208) im Zusammenhang mit der Betriebsaufspaltung (oben § 3 111. 2. b), aa), wo gleichfalls von einem beweglichen System ausgegangen werden konnte. 167 Vgl. nur BFHE 105, 351; aus der Literatur hierzu Groh, BB 1982, 1229, 1230 sowie Flume, Festschrift für Bosch, 1976, 191 ff. m.w.N.

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IV. Grenzfalle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems

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blematik der Anerkennung von Gesellschaftsverhältnissen unter nahen Angehörigen nach der Rechtsprechung erst stellt, wenn feststeht, daß der Angehörige überhaupt Mitunternehmer geworden ist.

a) Die MitunternehmersteIlung von nahen Angehörigen Bei der Mitunternehmerstellung von nahen Angehörigen gelten im Grundsatz keine Unterschiede im Verhältnis zu anderen Gesellschaften; sie werden genauso behandelt.!68 Gleichwohl hat die Rechtsprechung auch für die Anerkennung der Mitunternehmerstellung eine Reihe von besonderen Voraussetzungen geschaffen. Anders als früher!69 legt die Rechtsprechung!70 für Familiengesellschaften allerdings denselben Mitunternehmerbegriff wie auch sonst zugrunde. Die Modifizierungen erschließen sich am besten vor dem Hintergrund des praktisch häufigsten Anwendungsfalles der Mitunternehmerschaft unter nahen Angehörigen: Ein Einzelunternehmer gründet eine Kommanditgesellschaft, in die er sein Unternehmen einbringt, in der er sodann selbst Komplementär wird und seinen - regelmäßig minderjährigen - Kindern eine Kommanditistenstellung unter Schenkung der Einlage einräumt.!7! Damit werden nicht nur die Freibeträge des Schenkungsteuerrechts (vgl. § 16 ErbStG) ausgenutzt, sondern es wird auch der Unternehmensgewinn durch Aufteilung der Einkunftsquelle den verschiedenen Steuerpflichtigen zugewiesen und bei diesen entsprechend besteuert. Die Skepsis der Rechtsprechung In gegenüber solchen Gestaltungen rührt daher, daß die Rechtsstellung des minderjährigen Kommanditisten oftmals zu dürftig ausgestaltet ist.!73 Der Kommanditist muß deshalb nicht nur nach dem Gesellschaftsvertrag, sondern auch nach der tatsächlichen Durchführung wenigstens die Stellung innehaben, die das Bild eines Kommanditisten handelsrechtlich prägt.!74 Der Kommanditist darf also etwa nicht gegen seinen Willen

BFHE 133,392. BFH BStBI II 1975, 498; BFH BStBI II 1976, 678. 170 Seit der Entscheidung des Großen Senats, BFH BStBI II 1984, 751. 171 Die gesellschaftsrechtlichen Probleme behandelt Fastrich, Die Vertretung des minderjährigen Kommanditisten in der Familien-KG, 1976. 172 Seit BFH BStBI III 195 I, 181 steht freilich fest, daß Familiengesellschaften nicht nur deshalb ignoriert oder diskriminiert werden dürfen, weil sie auch die Steuerersparnis zum Gegenstand haben; zutreffend hierzu der rechtspolitische Hinweis von Flume, Festschrift für Bosch, 1976, 191, 199: "Das Steuerrecht bietet keine Handhabe, die Vorwegnahme der Erbfolge in Unternehmen durch die Besteuerung zu diffamieren." 173 BFH BStBI II 1979,405; 515; 670. 174 So der Große Senat, vgl. BFH BStBI II 1984, 751. 168

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§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

durch den Vater mit Buchwertabfmdung hinaus gekündigt werden können l75 oder von vornherein nur befristet bzw. auflösend bedingt aufgenommen worden sein. 176 Sind alle diese Voraussetzungen erfiillt, so ist nach der Rechtsprechung weiter zu prüfen, ob die konkrete gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung den Anforderungen genügt, welche die Rechtsprechung auch allgemein bei Verträgen unter nahen Angehörigen stellt: Das Rechtsverhältnis muß wirksam vereinbart, tatsächlich durchgeführt werden und einem Fremdvergleich standhalten. 177 Liegen die Voraussetzungen indessen nicht vor, ins besondere weil mangels genügend starker Kommanditistenbeteiligung schon keine Mituntemehmerstellung vorliegt, so werden sämtliche Einkünfte dem Vater - regelmäßig Komplementär - zugerechnet. 17S

b) Gegenstimmen aus der Literatur

In der Literatur wird dagegen bestritten, daß die Mituntemehmerstellung auch dann nicht anerkannt werden könne, wenn nach Handelsrecht typische Kommanditistenrechte, wie etwa das Widerspruchsrecht nach § 164 HGB 179, gesellschaftsvertraglich abbedungen sind. Das sei nämlich auch unter fremden Dritten durchaus üblich, weil kaum ein Gesellschaftsvertrag dem Kommanditisten die handelsrechtlich vorausgesetzten Rechte belasse. ISO Entscheidend sei nur, daß die Kommanditisten die Beteiligung als eigene Einkunftsquelle erhielten. lsl Es sei also nicht gerechtfertigt, in denjenigen Fällen an der Mitunternehmerstellung zu zweifeln, in denen das Recht zur Gewinnentnahme beschränkt, das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder das Abfindungs- und Auseinandersetzungsguthaben bei Ausscheiden des aufgenommenen Gesellschafters begrenzt werde.

BFH BStBI JI 1981,663; BFH BStBI JI 1982,342. BFH BStBI JI 1976,324; BFH BStBI JI 1989, 877. 177 BFHE 103,4,300; 105,351. 178 So die Rechtsprechung. Dagegen aber Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 12 I. 3), S. 512, die lediglich gewerbliche Einkünfte des Kindes ablehnt, womit aber solche aus § 20 EStG verbleiben könnten; skeptisch auch Schulze-Osterloh, JbFStR 1978179,215. 179 Hierzu etwa BFH BStBl JI 1989, 758; L. Schmidt, FR 1988,249 f. 180 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerecht, § 12 I. 2., S. 510. 18lFlume, Festschrift für Bosch, 1976, S.191, 200. A.A. BFHE 98, 405. 175

176

IV. Grenzfälle und Sonderprobleme im Lichte des beweglichen Systems

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c) Bewertung sub specie bewegliches System Dem ist zu folgen. Der Argwohn gegenüber gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen innerhalb der Familie darf nicht weiter reichen als die Vorgaben für sonstige Gestaltungen unter nahen Angehörigen, für die insbesondere der Fremdvergleich maßgeblich ist. Hält die konkrete Vereinbarung diesem stand, so kann nicht über eine zweistufige Prüfung, die gesetzlich nicht geboten ist, eine mißliebige Gestaltung beanstandet werden. Diese Ansicht ist ganz im Sinne des beweglichen Systems. Sie führt nämlich letzten Endes dazu, daß der Fremdvergleich als zusätzliches Gerechtigkeitskriterium nicht erst an zweiter Stelle - und somit als einengendes Korrektiv - in die Prüfung eingebracht wird. Vielmehr fungieren im Falle der Familiengesellschaften die Elemente Mitunternehmerrisiko, Mitunternehmerinitiative und Fremdvergleich unmittelbar nebeneinander als maßgebliche Kriterien. Ist also die gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung der Kommanditistenstellung derart, daß sie auch unter fremden Dritten ohne weiteres vereinbart werden könnte, so kann das eine mangelnde Unternehmerinitiative ausgleichen. In einem solchen Fall wird ja regelmäßig die Kommanditistenstellung gerade nicht mehr genau dem entsprechen, was dem Kommanditisten nach den handeisrechtlichen Regelungen typischerweise zusteht. Das ist indessen unschädlich, weil die Mitunternehmerschaft auch in Familiengesellschaften kein Typusbegriff, sondern ein fungibles Gebilde ist. Es kommt folglich nicht auf die gesetzliche Typisierung - etwa in Form des § 164 HGB -, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung an. Darin liegt auch kein unzulässiger Verstoß gegen die lex scripta, denn die gesetzlichen Vorschriften sind gerade disponibel und die der Mitunternehmerstellung entgegengesetzte Annahme der Rechtsprechung beruht ihrerseits auf einer bloßen Hypothese des Inhalts, daß die typischen Kommanditistenbefugnisse rechtlicher Mindeststandard der Mitunternehmerstellung seien. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Interpretation der Mitunternehmerschaften im Lichte des beweglichen Systems nicht mit der Befolgung der Literaturmeinung steht und fällt. Auch die Rechtsprechung stellt für die Beantwortung der Frage, ob der minderjährige Kommanditist als Mitunternehmer i.S.d. § 15 I Nr. 2 EStG anzusehen ist, auf das "Gesamtbild"182 ab, nur daß sie eben dem Element der Mitunternehmerinitiative kraft Widerspruchsrechts besonders starke Bedeutung beimißt. 183 Die Rechtsprechung steht der für das bewegliche

182 BFHE 98, 405; ähnlich BFHE 112, 51. 18J BFH, aaO., : Für die Alleinuntemehmerschaft des Vaters spreche "vor allem, daß die Kommanditisten keinerlei Widerspruchsrechte gegen die Geschäftsftihrung des Vaters hatten."

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§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

System typischen unterschiedlichen Gewichtung einzelner Elemente somit keineswegs ablehnend gegenüber. Auch ein Blick auf die Rechtsfolgenseite bestätigt die Auffassung der Literaturmeinung l84 : Soweit die Rechtsprechung im Falle der "fehlgeschlagenen" Mitunternehmerstellung alle Einkünfte pauschal dem Vater des minderjährigen Kommanditisten zurechnet, läßt dies die erforderliche Flexibilität vermissen: Dem Minderjährigen ist nun einmal Kapital zugewendet worden, das dieser seinem Vater wiederum überlassen hat, so daß nicht einzusehen ist, warum das Kind nicht ähnlich wie beim partiarischen Darlehen Kapitaleinkünfte (§ 20 EStG) erzielt. 185 Ebenfalls bedenklich ist es, wenn die Rechtsprechung die Gewinnverteilung in Familiengesellschaften zusätzlich auf ihre Angemessenheit hin kontrolliert und dasjenige, was sie für unangemessen hält l86 , nicht dem Minderjährigen, sondern wiederum dem Vater zurechnet. Die rechtliche Grundlage für diese Annahme bleibt im dunkeln. 187 Insgesamt ist die Rechtsprechung also zu einseitig darauf bedacht, Familiengesellschaften, die ihr verdächtig sind, durch einseitige Zurechnung der Einkünfte pauschal zu sanktionieren. 188

d) Zusammenfassung

Die praktisch wichtige Mitunternehmerschaft in Familiengesellschaften läßt sich als bewegliches System interpretieren. Im Gegensatz zur Rechtsprechung ist allerdings davon auszugehen, daß hier der Fremdvergleich infolge mangelnder Interessenkollision als zusätzliches Element neben die weiteren Elemente der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos tritt, die auch im Falle gesellschaftsvertraglicher Abbedingung von Kommanditistenbefugnissen

184 Insbesondere von Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteurrecht, § 12 I. 3. Fußnote 33. 185 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 12 I. 3., S. 512; SchulzeOsterloh, JbFStR 1978179, 245. Für den Fall, daß der Minderjährige die dem stillen Gesellschafter typischen Rechte der §§ 230 ff. HGB zustehen, anerkennt das auch die Rechtsprechung, vgJ. BFH BStBl 11 1981,663; BFH BStBl 11 1983,342. 186 Nach dem Beschluß des Großen Senats (BStBl 11 1973, 5) ist eine Gewinnverteilung angemessen, die auf lange Sicht zu einer Verzinsung des tatsächlichen Gesellschaftsanteilswerts von 15% fUhrt. Zur Rechtfertigung gerade der 15% : Birkholz, BB 1974, 275. 187 Flume, StBJb 1976177,43 ff., der überdies einen Verstoß gegen die Eigentumsordnung des Grundgesetzes konstatiert (aaO., S. 71) und auch die Art. 3 und 6 GG gefährdet sieht (aaO., S. 72). 188 Flume, aaO., S. 71 spricht von einer "a priorischen Mißbilligung von FamilienPersonengesellschaften ( ... ), die in unserer Rechtsordnung keinen Platz hat."

V. "Sonderbetriebsvermögen II" im Lichte des beweglichen Systems

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kompensierbar sind. Anders als nach der Rechtsprechung kommt es also nicht zu einer starren zweistufigen Prüfung von Mitunternehmerstellung und Fremdvergleich und auch die Rechtsfolge wird danach bestimmt, was dem Kommanditisten zugeflossen ist und flexibel einer Einkunftsart (§ 15 oder § 20 EStG) zugeordnet.

v. Das "Sonderbetriebsvermögen 11" im Lichte des beweglichen Systems Das sogenannte "Sonderbetriebsverrnögen 11" gehört zu den rätselhaftesten Figuren des Unternehmens steuerrechts. Der Begriff des Sonderbetriebsverrnögens 11 erschließt sich nur im Hinblick auf sein Gegenstück, das Sonderbetriebsverrnögen I: Zu diesem zählt die Rechtsprechung diejenigen Wirtschaftsgüter, welche der Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hat und die erkennbar geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft zu dienen. 189 Dagegen betrifft das Sonderverrnögen 11 Wirtschaftsgüter, die der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft zu dienen bestimmt sind. 190 Die Behandlung des Sonderbetriebsverrnögens 11 rechtfertigt sich im vorliegenden Zusammenhang daraus, daß der BFH die beiden Arten des Sonderbetriebsverrnögens gerade im Hinblick auf die Mitunternehmerschaft unterscheidet. 191 Schon deshalb liegt der Gedanke nahe, daß auch das Sonderbetriebsvermögen als bewegliches System interpretiert werden könnte. Speziell bezogen auf das Sonderbetriebsverrnögen 11 ergibt sich dies aber auch noch aus einer weiteren Erwägung. Es ist nämlich abgesehen von der obigen Kurzfassung besonders schwer zu defmieren und nicht im Gesetz vorgesehen. Diese Tatbestandslosigkeit ist viel gescholten worden. 192 Der BFH hat ursprünglich angenommen, "daß einkommensteuerrechtlich nicht nur der Betrieb der Personengesellschaft, sondern auch die Beteiligung des Gesellschafters (Mitunternehmers) als gewerbliche Tätigkeit behandelt wird."193 Diese Annahme ist letztlich 189 BFH BStBl II 1977,69; 1979,554; 1980,40; 1986, 838; die Formulierungen darüber, welche Funktion die Wirtschaftsgüter haben müssen, schwanken; vgl. BFH BStBI II 1991, 216 (Wirtschaftsgüter, die "im Interesse des gemeinsamen Unternehmens gehalten werden"); 1990, 677 (in "einem gewissen Zusammenhang mit dem Betrieb der Gesellschaft stehen"); 1989, 824, 825 (der Gesellschaft "in gewisser Weise fOrderlich sind"); 1986, 617, 618 (eine "funktionale Bestimmung" im Hinblick auf den Betrieb der Gesellschaft aufweisen). 190 BFH BStBI II 1972, 928; 1976, 188; 1980, 119; 1988, 666; 1991, 510. Zur näheren Erklärung des Sonderbetriebsvermögens II vgl. sogleich unter 1. \9\ Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 542. \92 Knobbe-Keuk, Festschrift für v. Wallis, 1985, 373 ff.; Schön, DStR 1993, 185, 186 ff; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 542. \93 BFH BStBI II 1976, 188; vgl. aber auch BFH BStBl II 1001, 691.

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§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

auf § 15 I 1 Nr.2 i.V.m. § 16 I Nr. 2, 11 EStG gestützt worden, doch kann in keiner der Vorschriften und auch nicht in beiden zusammen eine Regelung über das Sonderbetriebsvermögen 11 erblickt werden. 194 Weder der "mögliche Wortsinn des § 15 I Nr.2 EStG,,195 noch der "Sinnzusammenhang mehrerer Rechtsnormen"196 geben eine taugliche Erklärung, geschweige denn eine dogmatische Begründung für die Rechtsfigur. Das Sondervermögen 11 ist letztlich - ebenso wie die Betriebsaufspaltung - von der Rechtsprechung kreiert worden. 197 Dabei ist schon früh gesehen worden 198 , daß sich das Sonderbetriebsvermögen 11 "in einem rechtsmethodisch problematischen Grenzbereich bewegt." Gerade das macht die Figur aber für unseren Zusammenhang interessant, weil es die Einordnung als bewegliches System nicht als ausgeschlossen erscheinen läßt.

1. Tatsächliche Ausprägungen und kritische Grenzflille

Das Sonderbetriebsvermögen 11 hat mangels konkreter gesetzlicher Regelung naturgemäß keinen festumrissenen Anwendungsbereich. Es sind aber mehr oder minder anerkannte Ausprägungen zu verzeichnen sowie vereinzelte Ausuferungen, die entsprechende Kritik nach sich gezogen haben.

a) Grundkonstellationen Paradigmatisch für die Rechtsfigur des Sonderbetriebsvermögens 11 ist der Fall, daß ein Kommanditist einer GmbH & Co. KG Anteile an der Komplementär-GmbH innehat. 199 Die Beteiligung soll in diesem Fall nicht dem Betrieb der Kommanditgesellschaft zugute kommen, sondern vornehmlich die Mitun-

194 Pointiert Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 11 11., S. 444 f.: "Anstelle der in der Literatur angebotenen Lösungen zu der Frage, bei welcher GmbH u. Co. KG denn nun die Anteile Sonderbetriebsvermögen sein sollen, kann man ebensogut den Vorsteher des Finanzamts unter notarieller Aufsicht das Los ziehen lassen." 195 So aber BFH BStBl II 1976, 188, 190. 196 BFH aaO., S. 190. 197 Jakob, DB 1980, 2354, 2359, spricht von einer "Entdeckung" durch die Rechtsprechung. 198 Nämlich von Woerner, BB 1975, 645, 646. 199 BFH BStBI II 1972, 928; 1980, 119 sowie für den Fall einer doppelstöckigen GmbH & Co. KG BFH BStBI II 1991,5\0. Hier sind die Anteile des Kommanditisten der Untergesellschaft an der Komplementär-GmbH der Obergesellschaft Sonderbetriebsvermögen 11, sofern der Kommanditist "in der Obergesellschaft einen beherrschenden Einfluß ausüben kann, was eine beherrschende Stellung auch in der Komplementär-GmbH der Obergesellschaft voraussetzt."

V. "Sonderbetriebsvennögen II" im Lichte des beweglichen Systems

139

ternehmerstellung des Kommanditisten stärken. Auch beim Sonderbetriebsvermögen 11 geht es - ebenso wie etwa bei der Betriebsaufspaltung - um eine (Um-)Qualifizierung der Einkünfte: Da es sich bei den aus der Beteiligung erwirtschafteten Einkünften weder um "Gewinnanteile" aus der Kommanditgesellschaft (§ 15 I Nr. 2 HS.l EStG) noch um Sondervergütungen (§ 15 I Nr. 2 Hs. 2 EStG) handelt, bedarf es eines Kunstgriffs, um gleichwohl zu gewerblichen Einkünften zu gelangen. 2oo Hierfür wurde die Figur des Sonderbetriebsvermögens 11 geschaffen. Die genannte Gestaltung bei der GmbH & Co. KG ist die häufigste, wenngleich nicht die einzige Ausprägung des Sonderbetriebsvermögens 11. Auch bei einer anderen Form der GmbH & Co., nämlich der GmbH und Still kann es vorliegen. 201 In diesem Fall sind die Anteile des an einer GmbH beteiligten stillen Gesellschafters Sonderbetriebsvermögen 11. 202 Die Rechtsfolge des Sonderbetriebsvermögens 11 besteht folgerichtig darin, daß entsprechende Gewinnausschüttungen Sonderbetriebseinnahmen des Gesellschafters sind. Auf der anderen Seite können Kreditzinsen etc., die für die entsprechende Beteiligung aufgewendet wurde, als "Sonderbetriebsausgaben 11"203 in Abzug gebracht werden.

b) Sonderbetriebsvermögen II kraft Sachzusammenhangs? Neben den soeben skizzierten Grundkonstellationen hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich des Sonderbetriebsvermögens 11 ausgedehnt und damit die Gefahr von Ausuferungen geschaffen. Die Rechtsprechung hat nämlich Sonderbetriebsvermögen 11 auch noch in Fällen angenommen, in denen zwar ein gewisser Bezug zwischen der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft und der Personengesellschaft besteht, gleichwohl aber zweifelhaft ist, inwiefern diese jener konkret "dient" oder sie auch nur fördert. 204 Paradigmatisch ist der Fall, daß ein Studio, worin die Kommanditistin dienstvertraglich geschuldete Arbeiten ausführte, als Sonderbetriebsvermögen 11 angesehen wurde. 205 Dem ist zu Recht entgegengehalten worden, daß nicht ersichtlich ist, inwiefern dadurch die Stellung innerhalb der KommanditgesellDies ist das erklärte Ziel der Rechtsprechung, vgl. BFH HFR 1976, 92, 93. Skeptisch Schwedhelm, Die GmbH & Still als Mitunternehmerschaft, 1987, S. 100 ff.; Costede, StuW 1983,308,310; Müller, StbJb 1973/74,203,252 f. 202 Döllerer, DStR 1985, 295, 299, der darauf abgestellt, wo das wirtschaftliche Schwergewicht liegt, bei der GmbH oder bei der stillen Beteiligung. 203 Jakob, OB 1980, 2354, 2359. 204 Etwa BFH BStBl " 1987, 99: Anteile an ausländischer Produktionskapitalgesellschaft und an inländischer Vertriebspersonengesellschaft, weil und sofern eine beachtliche wechselseitige Geschäftsverbindung besteht. 205 BFH BStBl " 1988,667. 200

201

140

§ 4 Die Mituntemehmerschaft als bewegliches System

schaft gestärkt werden soll, so daß letztlich nicht mehr als ein bloßer Sachzusammenhang besteht. 206 Daran anschließend hat Schön 207 eine Reihe grundsätzlicher Bedenken gegen das Sonderbetriebsvermögen geäußert, die auch im vorliegenden Zusammenhang Beachtung verdienen, weil sie methodologisch von großer Bedeutung sind. Er moniert vor allem die fehlende Tatbestandsmäßigkeit des Sonderbetriebsvermögens 11, die sie dem "Verdacht einer versteckten Analogie" aussetze. 20S Die "pragmatische Wirkkraft" ersetze keine systematische Fundierung. 209 Er möchte das Sonderbetriebsvermögen daher auf die Aufwendungen beschränken, die der Gesellschafter aufbringt, um "einen Rechtsanspruch auf seinen Gewinnanteil sowie auf die Sondervergütungen zu erlangen".2\O Diese Kritik verdient Zustimmung, soweit sie schlichte Faktizitäf ll und alltagstheoretische Plausibilität nicht ausreichen lassen will, um einer von der Rechtsprechung geschaffenen Besonderheit den Rang eines Rechtsinstituts zuzuerkennen. Man kann sich allerdings fragen, ob die von Schön zu Recht geforderte systematische Fundierung nicht auch mit Hilfe der Lehre vom beweglichen System erreicht werden kann.

2. Die Interpretation als bewegliches System

Die Skepsis, die dem Sonderbetriebsvermögen 11 entgegengebracht wird, hat fraglos eine gewisse Berechtigung, weil und sofern diese Rechtsfigur dogmatisch nicht einzuordnen ist. Hier kann indessen wiederum das bewegliche System helfen. Daß es insoweit an einem gesetzlich fixierten Tatbestand des Sonderbetriebsvermögens 11 fehlt, ist kein Hinderungsgrund, sondern eher eine Bestätigung dieser Sichtweise. Auch die relative Konturenlosigkeit der bisherigen Rechtsprechung zwingt nicht dazu, den Abschied von dieser Rechtsfigur einzuläuten, sondern ist eher zum Anlaß dafür zu nehmen, das zu betonen, was das bewegliche System leisten soll: eine prinzipienorientierte Betrachtungsweise.

206 Schön. DStR 1993, 185, 186 f.; vgl. auch dens., Gewinnübertragungen bei Personengesellschaften nach § 6b EStG, 1986, S. 83 f. 207 In: DStR 1993,185. 208 Schön, DStR 1993, 185, 186 f. 209 Schön, aaO., S.185, 188. 210 Schön, aaO., S. 185, 194. 21\ Knobbe-Keuk, StbJb. 1989/90, 215, 221, spricht insoweit von der "schlichten Realität" des Sonderbetriebsvermögens.

V. "Sonderbetriebsvermägen II" im Lichte des beweglichen Systems

141

Hierzu läßt sich folgendes festhalten: Erforderlich ist zunächst die Ursächlichkeit des einen Gesellschaftsverhältnisses ftir die Stärkung des anderen. Das bedeutet, daß - bezogen auf den häufigsten Fall der GmbH & Co. KG - die Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH ursächlich daftir ist, daß seine Stellung in der Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) stärker wird. Dieser Befund korrespondiert im übrigen in auffälliger Weise mit einem der Prinzipien, die Wilburg bei der Bestimmung des Schadensrechts als beweglichen Systems geleitet haben. Auch dort wurde die Kausalität der schädigenden Handlung ftir das Schadensereignis als maßgeblicher Gesichtspunkt erachtet. 212 Hinzu kommt die Finalität als weiterer Gesichtspunkf l3 : Der Anteil an der Komplementär-GmbH wird erworben, um die Beteiligung an der KG zu stärken. Als weiteres maßgebliches Entscheidungskriterium kommt das wirtschaftliche Schwergewichf l4 in Betracht: Die Frage, ob eine Beteiligung als Sonderbetriebsvermögen 11 einzustufen ist, kann nämlich auch davon abhängig gemacht werden, wie schwer die wirtschaftlichen Beteiligungsverhältnisse im einzelnen wiegen. So kann etwa eine Beteiligung dann nicht ins Gewicht fallen und folglich kein Sonderbetriebsvermögen 11 darstellen, wenn sie im Verhältnis zum hohen Eigenkapital der Komplementär-GmbH extrem niedrig ist. In einem solchen Fall ist nämlich die Einwirkungsmöglichkeit des Kommanditisten bzw. des stillen Gesellschafters regelmäßig geringer, so daß es sich auch nicht rechtfertigen läßt, daß dieser außerhalb von § 15 I Nr. 2 EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen soll. Die wirtschaftliche Stärke der Beteiligungsverhältnisse kann somit einen geeigneten Bewertungsmaßstab darstellen, weil je nach der Verteilung entschieden werden kann, ob die Rechtsfolge eintreten soll oder nicht. Sie sind auch als Gerechtigkeitskriterien durchaus brauchbar, weil sich daraus die gesellschaftsrechtliche Einflußnahmemöglichkeit ergibt. Das wirtschaftliche Gewicht der Beteiligung kann also durchaus als Element im Sinne Wilburgs verstanden werden. Auch hier ist allerdings Wilburgs Gedanke der Austauschbarkeit zu berücksichtigen: So kann im Einzelfall entgegen dem soeben im Grundsatz Festgehaltenen ein verhältnismäßig geringes wirtschaftliches Gewicht dadurch ausgeglichen werden, daß das Merkmal der Finalität besonders stark ausgeprägt ist, 212 Wilburg, Die Elemente des Schadensrechts, 1941, S. 26 ff. und 283 ff. sowie ders., Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 12 f. Vgl. auch oben (Erster Teil, § I 11.) im Text. 21) Die Finalität im Gegensatz zur Kausalität betont Jakob, OB 1980, 2354, 2359 f., der die Sonderbetriebseinnahmen "aus sich selbst heraus", d.h. ohne Rückgriff auf einen Sinnzusammenhang, den gewerblichen Einkünften zuordnet, da die §§ 8 I, 4 IV EStG den zu eng ge faßten § 15 I Nr. 2 EStG überlagern. 214 Darauf hat vor allem Döllerer, DStR 1985, 295, 299, aufmerksam gemacht. Im Ergebnis ähnlich Müller, StbJb 1973/74, 203,252.

142

§ 4 Die Mitunternehmerschaft als bewegliches System

etwa weil aus anderen Anhaltspunkten klar abzulesen ist, daß der Anteilserwerb die Beteiligung an der KG zu einem bestimmten Zweck unbedingt stärken sollte. Immerhin kommt es darauf an, daß der Erwerb des GmbH-Anteils der anderen Beteiligung dienen soll. Wie das konkret geschieht, kann im Einzelfall nach den Entscheidungskriterien des beweglichen Systems beurteilt werden. Allerdings muß auch vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System den Einwänden von Schön 21s Rechnung getragen werden. Als weiterer Gesichtspunkt bietet sich daher die Unmittelbarkeit zwischen Anteilserwerb an der Kapitalgesellschaft und Förderung der Beteiligung in der Personengesellschaft an. Sie ist im Merkmal der Finalität angedeutet, erschöpft sich aber darin nicht. So kann man etwa im oben216 erwähnten Studio-Fall217 an der Unmittelbarkeit füglich zweifeln, da das Studio keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beteiligung in der Kommanditgesellschaft hat, sondern insoweit farblos bleibt. Die hier aufgezeigten Gesichtspunkte harmonieren im übrigen inhaltlich auch mit den Ausführungen von Schön und seiner dort erhobenen Forderung, daß der Gesellschafter sein Vermögen aufwenden muß, um einen Rechtsanspruch auf seinen Gewinnanteil und die Sondervergütungen zu erlangen. Das ist nämlich der Sache nach nichts anderes als die Finalität in Zusammenschau mit der Unmittelbarkeit. Der intendierte Rechtsanspruch auf Gewinnanteil bzw. Sondervergütung entspricht nicht nur dem fmalen Moment, sondern auch der Unmittelbarkeit, weil diese auf die Förderung der Beteiligung bezogen ist und sich deshalb nahezu zwangsläufig positiv auf den Gewinnanteil auswirkt. Der Unterschied besteht freilich darin, daß die hier vorgetragenen Gesichtspunkte, wie es in der Natur des beweglichen Systems liegt, nicht starre Voraussetzungen, sondern eben fungible Elemente bzw. Entscheidungskriterien sind.

DStR 1993, 185 ff. Zu ihnen oben unter 1. Unter 1. b). 217 BFH BStBI II 1988, 667.

215

216

§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System Eine besondere Herausforderung für die vorliegende Arbeit stellt die sogenannte ,,mitunternehmerische Betriebsaufspaltung" dar. Wie bereits der Ausdruck verrät, geht es dabei um die Kombination der zuvor behandelten Betriebsaufspaltung und Mituntemehmerschaft. Wenn schon dort die Bestimmung von Tatbestand und Rechtsfolge jeweils Probleme bereitete, so potenzieren sich gleichermaßen die Schwierigkeiten durch das Zusammentreffen beider Rechtsinstitute. I Denn bei der rnituntemehmerischen Betriebsaufspaltung begegnet das eine wie das andere Zweifeln, weil in verschiedenen Konstellationen die Voraussetzungen jedes der beiden Rechtsinstitute vorliegen und die Bestimmung der Rechtsfolge nicht zuletzt deshalb problematisch ist. Andererseits könnte sich gerade hieraus die Eignung des beweglichen Systems zur Bewältigung dieser Problematik ergeben. Immerhin zeichnen sich die Grenzfälle oftmals nicht nur durch tatbestandliche Überschneidungen, sondern auch dadurch aus, daß die unterschiedlichen Elemente verschieden stark ausgeprägt sind und erst aufgrund dessen die geeignete Rechtsfolge bestimmt wird. Damit aber wäre die mituntemehmerische Betriebsaufspaltung nachgerade prädestiniert für die Lehre vom beweglichen System. Bevor diese Hypothese im einzelnen geprüft werden kann, müssen die spezifischen Rechtsfolgen von Betriebsaufspaltung einerseits und Mituntemehmerschaft andererseits betrachtet werden. Erst auf dieser Grundlage wird zum einen die Problematik der mituntemehmerischen Betriebsaufspaltung sichtbar, zum anderen läßt sich die Interpretation als bewegliches System näher belegen.

I. Rechtsfolgenorientierte Betrachtung der Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft

Vordergründig betrachtet sieht es so aus, als seien die Rechtsfolgen von Mituntemehmerschaft und Betriebsaufspaltung weitgehend die gleichen: Die

I Kritisch zum Begriff des Rechtsinstituts auch in diesem Zusammenhang KnobbeKeuk, StbJb 1985/86, 152 ff.; 172 ff.; Woerner, BB 1985, 1898: "eine weitere Kuriosität im Gesamtbild des in sich in vieler Hinsicht fragwürdigen und unausgereiften 'Rechtsinstituts' der Betriebsaufspaltung. "

144

§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

Einkünfte sind im Fall der Mitunternehmerschaft solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 I Nr. 2 S.l EStG) bzw. werden im Fall der Betriebsaufspaltung in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert. In Wahrheit ist die Problematik vielschichtiger. Die unterschiedlichen Rechtsfolgen bei Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft sollen hier aus Gründen der Übersicht nochmals skizziert werden.

1. Rechtsfolgen der Betriebsaufspaltung

Bei der Betriebsaufspaltung sind alle von der Besitzgesellschaft überlassenen Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen. Dies gilt selbst dann, wenn ein Miteigentümer bzw. Mitinhaber des Wirtschaftsguts nicht Mitunternehmer oder Gesellschafter der Besitzgesellschaft ist. 2 Die Bezüge des GesellschafterGeschäftsftihrers sind keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), sondern solche aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG). Allerdings erzielt ein nicht an der Betriebsgesellschaft beteiligter Dritter wiederum gewerbliche Einkünfte statt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG), wenn er - eventuell zusammen mit anderen Mitunternehmern - der Betriebsgesellschaft ein Wirtschaftsgut zur Nutzung überläßt. Auf der anderen Seite können Gewerbesteuerfreibeträge nicht nur bei der Besitzkapitalgesellschaft, sondern auch bei der Betriebspersonengesellschaft in Anspruch genommen werden.

2. Rechtsfolgen bei der Mitunternehmerschaft

Dagegen liegen bei der Mitunternehmerschaft grundsätzlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) vor. Das gilt etwa ftir die Bezüge des Gesellschafter-Geschäftsftihrers, Dividenden aus einer Betriebs-GmbH sowie ftir Darlehenszinsen eines Mitunternehmers. Andererseits sind Dividenden, Pachtzinsen etc. nur insoweit gewerbliche Einkünfte, als sie auf den einzelnen Mitunternehmer entfallen, der an Betriebs- und Besitzunternehmen beteiligt ist. Gewerbesteuerfreibeträge können im Gegensatz zur Betriebsaufspaltung nur einmal geltend gemacht werden. Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft ist anders als bei der Betriebsaufspaltung nur der Teil der überlassenen Wirtschaftsgüter, der ihr von den Mitunternehmern überlassen wurde ..1

2 3

L. SChlllidt, DStR 1979,671,679; 699, 705. Dehlller, aaO., Rz. 515.

H. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

145

3. Zwischenbilanz

Die Rechtsfolgen der beiden Rechtsinstitute unterscheiden sich mithin in wesentlichen Punkten. Auch wenn die Einkünfte jeweils in gewerbliche (um-) qualifiziert werden, können sie unterschiedlich zugeordnet sein. 4 Vor diesem Hintergrund kommt der Frage besondere Bedeutung zu, welche Grundsätze anzuwenden sind, wenn der zu entscheidende Fall tatbestandlich 5 sowohl die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung als auch diejenigen der Mitunternehmerschaft aufweist. Es geht damit um die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis von Betriebsaufspaltung und Mituntemehmerschaft.

11. Die mitunternehmerische BetriebsaufspaItung Die Besonderheit der mituntemehmerischen Betriebsaufspaltung besteht nun darin, daß die Betriebsgesellschaft nicht, wie es bei der Betriebsaufspaltung typischerweise der Fall ist, als Kapitalgesellschaft, sondern als Personengesellschaft organisiert ist. 6 Nicht selten handelt es sich dabei um eine GmbH & Co. KG. 7 So mag etwa eine Personengemeinschaft, die infolge gewerblicher Tätigkeit Mituntemehmerschaft ist, oder auch nur ein einzelner Mitunternehmer der Betriebs-GmbH & Co. KG, deren Anteile die Personengemeinschaft bzw. der einzelne Mitunternehmer halten, eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen, die wiederum im Eigentum der Personengemeinschaft resp. im Alleineigentum des Mitunternehmers steht. Dann liegt sowohl eine Betriebsaufspaltung vor, da es weder an der persönlichen noch an der sachlichen Verflechtung fehlt, als auch Mituntemehmerschaft. Vor allem geht es um die Frage, in welchem Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter zu bilanzieren sind, die zwischen zwei personenidentischen Unternehmen überlassen werden. 8 Welchen Grundsätzen nun der Vorrang gebührt, hat die Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt. Es lassen sich mehrere Etappen unterscheiden: Zunächst

4 Paus, DStZ 1986, 319, 321, der indessen fälschlich von den "Vorschriften" bzw. "Regelungen" der Betriebsaufspaltung spricht, an denen es gerade fehlt. 5 Gerade im Hinblick auf die Lehre vom beweglichen System geht es wohlgemerkt nicht um Tatbestandsmerkmale im strengen Sinne - daran würde es bei der Betriebsaufspaltung ohnedies fehlen. Vielmehr wird der Begriff verwendet, um die Sachverhaltskonstellationen besser faßbar zu machen. 6 Der BFH (BStBI 11 1976, 750) hat dies ausdrücklich anerkannt, mußte sich dort allerdings nicht zur Konkurrenzproblematik äußern. Das gleiche gilt, wenn das Besitzunternehmen keine Gesellschaft, sondern ein Einzelunternehmen ist; vgl. BFH BStBl H, 1981,379; BStBI H 1973,27; BStBI H 1981,738,740. 7 Der BFH (BStBI 11 1986, 622, 624) hält das nicht zuletzt wegen der zivilrechtlichen Nähe der GmbH & Co. KG für zulässig. 8 Gebhardt, GmbHR 1998, 1022.

10 Peterscn

146

§ 5 Die mituntemehmerische Betriebsaufspaltung

ging die Rechtsprechung von einem Vorrang der Betriebsaufspaltung aus. Später tendierte die Rechtsprechung eher zum Vorrang der Mituntemehmerschaft. Nunmehr zeichnet sich wieder die erstgenannte Sichtweise als maßgeblich ab.

1. Vorrang der Betriebsaufspaltung

Die Rechtsprechung hat zunächst der Betriebsaufspaltung in Kollisionsfällen den Vorrang eingeräumt. Bezeichnend ist der Fall, daß eine Verlags-OHG, die aus vier Rechtsanwälten bestand, an eine aus denselben Personen bestehende BGB-Gesellschaft für die Überlassung von Autorenrechten Vergütungen gezahlt hat. Der BFH hat hierin eine Betriebsaufspaltung gesehen, ungeachtet der Tatsache, daß zugleich Mitunternehmerschaft (§ 15 I Nr. 2 EStG) bestand, weil die überlassenen Autorenrechte "schlechthin die wesentlichen Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft bilden. ,,9 Bisweilen hat der BFH die gleichzeitig vorliegenden Voraussetzungen der Mitunternehmerschaft gar nicht erst gewürdigt, sondern ohne weiteres auf die Betriebsaufspaltung abgestellt. 10 Soweit zwischen Besitz- und Betriebsgesellschaft Leistungen ohne entsprechende Leistungspflicht erbracht werden, hat die Rechtsprechung beinahe pauschal die Grundsätze der Betriebsaufspaltung angewandt, auch wenn zugleich die Voraussetzungen des § 15 I Nr. 2 EStG vorlagen. 11

2. Vorrang der Mitunternehmerschaft

Im Jahre 1985 hat die Rechtsprechung eine Kehrtwende l2 vollzogen. Nunmehr geht der BFH davon aus, daß die Betriebsaufspaltung auch dann verdrängt wird, wenn wesentliche Betriebsgrundlagen unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 I Nr. 2 HS. 2 EStG überlassen werden. In dem Fall ging es letztlich um die doppelte gewerbesteuerliche Erfassung von Darlehen, die einer Betriebs-GmbH & Co. KG gewährt wurden. Damit ist die Frage gemeint, ob die Darlehenszinsen beim Betriebsunternehmen nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. als Dauerschuldzinsen dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen sind,

BFH BStB11I 1979, 236, 239. BFH BStBI 11 1980, 94: Die Besitz-KG hatte der Betriebs-GmbH & Co. KG wesentliche Betriebsgrundlagen in Form von Produktionsanlagen, Betriebsgrundstücken und gewerblichen Schutzrechten zur Nutzung überlassen. 11 BFH BStBIII 1981,433,434 f. m.W.N. 12 Wörtlich heißt es im Urteil (BFH BStBI 11 1985, 622, 624): "Soweit dem Urteil des Senats vom 19. Februar 1981 IV R 141/77 (BStBIII 1981,433) etwas anderes zu entnehmen sein sollte, hält der Senat hieran nicht mehr fest." 9

10

II. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

147

und ob die ihnen entsprechenden Darlehen gemäß § 12 11 Nr. 1 GewStG a.F. dem Gewerbekapital hinzugerechnet werden müssen. Weiterhin ging es um die damit verbundene Frage, ob die Zinsen zugleich auch den Gewerbeertrag des Besitzunternehmens und die Darlehen deren Gewerbekapital erhöhen. Die Besitz-KG war im Handelsregister eingetragen und hatte ihr Umlaufvermögen auf die GmbH & Co. KG übertragen, die KG selbst finanzierte die GmbH & Co. KG. Die Gesellschafter waren, soweit sie natürliche Personen waren, bei KG und GmbH & Co. KG an beiden Gesellschaften mit identischen Verhältnissen beteiligt. Bis auf die Verpachtung und die Finanzierung lag die gesamte Tätigkeit bei der Betriebsgesellschaft. Mit anderen Worten: Es handelte sich eigentlich um den typischen Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung, der nunmehr von der Rechtsprechung anders behandelt wurde.

a) Die Begründung der Rechtsprechung Der BFH begründet dies zum einen zutreffend damit, daß § 15 I Nr. 2 EStG nicht lediglich eine Qualifikationsnorm, sondern in erster Linie eine Zuordnungsnorm sei. Gemeint ist damit, daß die Einkünfte der pachtenden Betriebsgesellschaft zugerechnet werden. Daneben hält der BFH aber auch die zivilrechtliche Ausgestaltung der Besitz-Gesellschaft für beachtlich: Die KG sei in Wahrheit eine BGB-Gesellschaft gewesen, weil sie bloße Vermögensverwaltung betrieben habe. Damit sei das Darlehen den Gesellschaftern der KG i.S.d. § 15 I Nr. 2 EStG zuzurechnen. Damit sei die Darlehensgewährung seitens der Gesellschafter der KG bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch das Gesellschaftsverhältnis bei der GmbH & Co. KG veranlaßt.

b) Kritik

Soweit der BFH den Zurechnungsgedanken im konkreten Fall damit begründet, daß die BGB-Gesellschaft keine juristische Person sei und anders als die Personenhandelsgesellschaft der juristischen Person auch nicht angenähert sei 13 , gibt es dafür in Form des § 1059a BGB nunmehr sogar eine positivrechtliche Grundlage, weil dort nur die sogenannte "rechtsfähige Personengesellschaft"14 der juristischen Person gleichgestellt wurde. 15 Gleichwohl ist son13

So BFH BStBl1I 1985,622,623.

14 Zu ihr eingehend Mühlbert, AcP 199 (1999) 38; Überblick bei Seibert, JZ 1996,

785.

15 Allerdings will Tillllll, NJW 1996, 3209, auch für die BGB-Gesellschaft ähnliche Konsequenzen ziehen und ihre Rechtsfähigkeit begründen. Der Hinweis auf die §§ 190, 10·

148

§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

derbar, daß der BFH die steuerrechtliche Veranlassung von Leistungen durch das Gesellschaftsverhältnis plötzlich mit - damals noch anfechtbaren l6 - umständlichen zivilrechtlichen Erwägungen begründet. 17 Hinzu kommt, daß die Betriebsaufspaltung nur im Steuerrecht, nicht aber im Handelsrecht von Interesse ist. Wenn der BFH nunmehr zur Abgrenzung und Rechtsfolgenbestimmung von bestimmten Ausprägungen der Betriebsaufspaltung auf die zivilrechtliche Qualifizierung rekurriert, so besteht zumindest die Gefahr, daß damit die Argumentationsebene gewechselt wird und somit die Rechtsprechung der mit der Annahme einer Betriebsaufspaltung verbundenen steuerrechtlichen Seite nicht mehr vollumfanglich gerecht wird. Beifall verdient allerdings die Akzentuierung des Zurechnungsgedankens gegenüber der bloßen Qualifizierung von Einkünften. Darin kann eine Distanzierung von der Subsidiaritätstheorie gesehen werden, die in § 15 I Nr. 2 EStG nur eine Qualifikationsnorm sieht. Diese soll bei der Gewinnermittlung und der Ermittlung des Gewerbeertrags der Gesellschaft unanwendbar sein, wenn die von der Gesellschaft für die Überlassung von Wirtschaftsgütem geleistete Vergütung als Betriebseinnahme des eigenen Gewerbebetriebs ohnehin zu den gewerblichen Einkünften gehört. 18

3. Die erneute Kehrtwende

Mit der skizzierten Entscheidung war indessen noch nicht das letzte Wort gesprochen. 19 Neuerdings 20 neigt die Rechtsprechung 21 wieder zum Vorrang der Betriebsaufspaltung:

202 UmwG ist indessen zweifelhaft, weil die BGB-Gesellschaft danach nur Ziel-, nicht aber Ausgangsrechtsträger einer identitätswahrenden Umwandlung sein kann, was gegen eine strukturelle Gleichstellung von BGB-Gesellschaft und juristischer Person spricht. 16 Gegen die Nähe der Personenhandelsgesellschaft zur juristischen Person ließe sich ebensogut einwenden, daß juristische Person und Gesamthand grundsätzlich unterschiedliche Kategorien sind, zwischen denen ein unüberbrückbarer Gegensatz besteht (vgl. Flume, ZHR 136, 1972, 177). 17 Skeptisch auch Dehmer, Die Betriebsaufspaltung, Rz. 547, mit dem zutreffenden Hinweis, daß sich die Bedeutung der (mitunternehmerischen) Betriebsaufspaltung dann letztlich verflüchtigen würde, weil das Besitzunternehmen regelmäßig nur verrnägensverwaltend tätig ist. 18 L. Schmidt, DStR 1979, 671, 674; ablehnend gegenüber der Subsidiaritätstheorie auch Mellwig, DB 1978, 1074; Streck, BB 1978, 189; Plückemallll.BBl978. 2195. 19 Zusammenfassend Schulze zur Wiesche, BB 1997, 1229. 20 Vgl. auch Plewka/Söfjing, NJW 1998,2783,2785. 21 BFH BStBI " 1998, 325. Im soweit ersichtlich zuletzt entschiedenen Fall (BFH BStBl " 1998, 328) hatte eine GmbH & Still an eine GmbH & Co. KG Wirtschaftsgü-

11. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

149

a) Die neue Rechtsprechung

Eine KG hatte ihren Betrieb an eine neugegrundete, aber personenidentische GmbH & Co. KG verpachtet. Nachdem diese ihre werbende Tätigkeit eingestellt hatte~~, veräußerte die KG das bewegliche Anlagevermögen und verpachtete das Betriebsgrundstück. Fraglich war, ob die stillen Reserven aus dem verpachteten Betriebsgrundstück, einer wesentlichen Betriebsgrundlage, auf der Ebene der Betriebsgesellschaft oder auf der Ebene der Besitzgesellschaft zu versteuern waren. Der BFH hat nunmehr angenommen, daß die QualifIkation des Vermögens als Gesellschaftsvermögen der Besitzgesellschaft und der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als Einkünfte der Gesellschafter der Besitzgesellschaft bei der hier vorliegenden mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung Vorrang hat vor der QualifIzierung des Vermögens als Sondervermögen und dementsprechend der Einkünfte aus der Verpachtung als Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebsgesellschaft.~3 Er hat darauf abgestellt, ob die geleisteten Sondervergütungen beim Empfänger schon als gewerbliche Einkünfte erfaßt würden. Sei dem so, dann erubrige sich eine UmqualifIzierung.~4 Das gebiete insbesondere der Zweck des § 15 I Nr.2 EStG, wonach der Mitunternehmer gleich einem Einzelunternehmer zu behandeln sei.~5 Ebenso wie bei der gewerblich geprägten KG seien auch bei der Besitzgesellschaft die von der Betriebsgesellschaft bezogenen Vergütungen als gewerbliche Einnahmen zu erfassen. ,,Auch rur sie treffen deshalb die Grunde, die zu einem 'Durchgriff durch das beschränkt rechtsfähige Steuersubjekt 'Personengesellschaft' bei nichtgewerblicher Tätigkeit geruhrt haben, nicht ZU."~6

ter vermietet, flir weIche die Besitzesellschaft Sonderabschreibungen beanspruchte. Der BFH hat das wegen der getrennten Bilanzierung beider Gesellschaften verneint. 22 Eindrücklich Gebhardt, GmbHR 1998, 1022, 1025, der dem Urteil im übrigen skeptisch gegenübersteht: "Der wegen der damit einhergehenden Aufdeckung stiller Reserven schwerwiegendste Fall der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung dürfte die Beendigung derselben sein." 23 BFH BStBI II 1998, 325, 326. 24 So paraphrasiert Neu, DStR 1996, 1757, 1758, die Rechtsprechung; § 15 I Nr. 2 sei danach "lediglich noch Einkünftequalifizierungsnorm, nicht mehr (... ) Einkünftezurechnungsnorm" (aaO., S. 1758). 25 BFH, aaO., S. 152 \. 26 So wörtlich BFH, aaO.

150

§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

b) Kritik und Stellungnahme Söffing hat nachgewiesen 27 , daß in dieser gewundenen 28 Sentenz, die nach seiner Ansicht den Kernsatz des Urteils darstellt, ein Zirkelschluß verborgen ist. Schließlich seien die Vergütungen, die das Besitzunternehmen erhält, erst und nur infolge der Anwendung der Betriebsaufspaltungsgrundsätze Betriebseinnahmen. Deren Anwendungsvorrang sei aber gerade zweifelhaft. Nicht minder problematisch ist indessen die Begründung, mit der Söffing umgekehrt einen Vorrang der Mitunternehmerschaft herleitet: "Es muß vielmehr davon ausgegangen werden, daß - ohne Anwendung des § 15 Abs. I Nr. 2 EStG und ohne Anwendung der Betriebsaufspaltung - die bloße Vermietung keine gewerbliche Tätigkeit ist und die Einkünfte aus dieser Tätigkeit solche aus Vermietung und Verpachtung wären, wenn es weder die Vorschrift des § 15 Abs. I Nr. 2 EStG noch das Richterrecht 'Betriebsaufspaltung' gäbe. Geht man so vor, so ist es zwangsläufig, daß das Gesetzerrecht '§ 15 I Nr. 2 EStG' Vorrang vor dem 'Richterrecht 'Betriebsaufspaltung' hat."29

Das ist zwar keine direkte petitio principii, doch wird damit das Problem der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung zu stark vereinfacht: Man denke sich Mitunternehmerschaft und Betriebsaufspaltung hinweg und schaue in das Gesetz. Dort fmdet man sodann den allein anwendbaren § 15 I Nr. 2 EStG. Mit diesem rhetorischen Trick läßt sich jedoch kein Vorrangverhältnis begründen. Denn es ist in den Fällen der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung nicht nur davon auszugehen, daß jeweils beide Institute ihren Voraussetzungen nach vorliegen, sondern auch, daß Mituntemehmerschaft und Betriebsaufspaltung prinzipiell gleichwertig sind. Deshalb war es so wichtig herauszustellen, daß auch die Betriebsaufspaltung, wiewohl gesetzlich nicht geregelt, ein Rechtsinstitut darstellt. 30 Auf der anderen Seite mußte penibel geprüff l werden, ob gleichwohl der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit gebührend respektiert wird, da ansonsten verfassungsrechtliche Zweifel bezüglich des Vorrangs des Gesetzes bestünden. Stehen aber Verfassungsmäßigkeit und Eigenschaft als Rechtsinstitut fesf 2 , so darf das Konkurrenzproblem 33 der mitunternehmeri-

27 In: BB 1997,337,339; vgl. zu den einzelnen praktischen Auswirkungen dens., BB 1998, 1973. 28 Vgl. Söfjing, aaO., : "In verständlichem Deutsch ausgedrückt heißt das: Weil die Vergütungen, die eine Betriebs-Personengesellschaft für die Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Besitz-Personengesellschaft zahlt, bei dieser aufgrund der Betriebsaufspaltungs-Rechtsprechung Betriebseinnahmen sind, findet § 15 I Nr. 2 EStG keine Anwendung." 29 Säfjing, BB 1997,337,339. 30 Hierzu oben unter § 3 I. 3. 31 Unter § 3 II. 2. 32 Oben § 3 III. 3.

III. Mituntemehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System?

151

sehen Betriebsaufspaltung jetzt nicht mehr einfach mit dem Vorrang des Gesetzes gelöst werden. Der zugrundeliegende Zielkonflikt stellt sich nun gleichsam auf der Prinzipienebene und muß auch dort diskutiert werden. Genau darum geht es der Lehre vom beweglichen System. Der nunmehr neuerdings proklamierte Vorrang der Betriebsaufspaltung dürfte entgegen dem ersten Anschein auch keinen nennenswerten Zugewinn an Rechtssicherheit für die Betroffenen bedeuten. Die Lösung ist zwar vermeintlich einfach, weil formelartig umschreibbar. Jedoch zeigt die bisherige Entwicklung, die deshalb so breit dargestellt wurde, daß sich die Tendenz nur wiederholt. Langfristig gesehen herrscht also gerade keine Rechtssicherheit. Deshalb soll im folgenden eine Bestandsaufnahme der zugrunde liegenden Prinzipien auf der Grundlage der Lehre vom beweglichen System gemacht werden. .

III. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System? Hilft somit auch die erneute Kehrtwende der Rechtsprechung argumentativ kaum wesentlich weiter 4 , so soll untersucht werden, was das eigentliche Problem ist. Die zwischenzeitliche Rechtsprechung 35 stellte den Aspekt der Zurechnung in den Vordergrund. 36 Im Zusammenhang mit den anerkannten Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft kann man sich durchaus fragen, ob damit nicht ein weiteres Prinzip gefunden wurde, das auch für die Konstituierung beweglicher Systeme von Bedeutung wäre. Indessen ist auch vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System der Bezugspunkt zu klären: Ist auch die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung ein bewegliches System neben der Betriebsaufspaltung und der Mitunternehmerschaft, oder geht es nur um das Verhältnis der als bewegliche Systeme zu interpretierenden Rechtsinstitute zueinander? Wenn man sich Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft als zwei sich schneidende Kreise vorstellt, so ist die mitunternehmerische Betriebsaufspal-

33 Zu schlagwortartig und ungenau ist deshalb die Überschrift "Normenkonkurrenz BFH versus Gesetz" bei Gebhardt, GmbHR 1998, 1022. 3~ In diese Richtung wohl auch Söffing (FR 1998, 359): "Eine fatale Situation, ( ... ) die zu einer großen Rechtsunsicherheit führt, die nur durch einen Nichtanwendungserlaß der Finanzverwaltung beseitigt werden könnte." Dazu jetzt BMF vom 28.4.1998; vgl. FR 1998, 668. Zu den neuen Gestaltungsmöglichkeiten Ho.fJmann, GmbHR 1998, 824. 35 BFH BStBI II 1985,622. 36 Wendt, GmbHR 1984, 19, 21, sprach schon vor der BFH-Entscheidung insoweit prägnant von ..Zurechnungskonkurrenz" .

152

§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

tung gewissennaßen die Schnittmenge. Dabei sieht es so aus, als sei lediglich das Verhältnis zweier beweglicher Systeme im Sinne einer Zurechnungskonkurrenz betroffen. Das ist auch in der Tat der Fall, nur daß der Zuordnungsbzw. Zurechnungsgesichtspunkt zu einer entscheidenden Erweiterung führt, die auch der Frage Nahrung gibt, ob nicht die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung darüber hinaus ein eigenes bewegliches System darstellt. Durch die Mitwirkung der Betriebspersonengesellschaft an Stelle einer Kapitalgesellschaft wird die Zahl der möglichen Entscheidungen vergrößert, weil nunmehr sowohl die Rechtsfolgen der Mitunternehmerschaft als auch diejenigen der Betriebsaufspaltung in Betracht kommen. Diese Entscheidungsvielfalt auf der Rechtsfolgenseite führt zwangsläufig dazu, daß die Intensität der Ausprägung einzelner Elemente ins Blickfeld rückt. Gleichviel, ob die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung ein selbständiges Rechtsinstitut isf 7, kann sie ein bewegliches System darstellen. Wenn sich hier die Existenz eines weiteren beweglichen Systems nachweisen läßf 8, so führt das zu der Hypothese, daß aus dem Verhältnis zweier beweglicher Systeme zueinander ein weiteres bewegliches System durch Hinzutreten eines zusätzlichen Prinzips entstehen kann.

1. Die Elemente bei der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung

Bei der Bestimmung der Elemente bzw. Prinzipien des beweglichen Systems "mitunternehmerische Betriebsaufspaltung" kommen zunächst diejenigen der Betriebsaufspaltung einerseits und der Mitunternehmerschaft andererseits in Betracht. Zusammengefaßt sind das der einheitliche geschäftliche Betätigungswille, die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen, sodann Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative. Als weiteres Gerechtigkeitskriterium tritt nach dem oben Gesagten der Zurechnungsgesichtspunkt hinzu. Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 15 I Nr. 2 EStG vorliegen, können die Elemente Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko in den Hintergrund rücken. In den gesetzlich bezeichneten Fällen der OHG und KG liegen Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko in hinreichendem Maße vor, da etwa im Falle der Kommanditistenbeteiligung dessen Mit-

37 Davon geht offenbar die Rechtsprechung aus, vgl. BFH BStBI I1 1985, 622 ff.; ablehnend Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht (§ 22 X. 5., S. 893), die der Rechtsprechung attestiert, mit der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung "ein neues 'schönes' Problem geschaffen" zu haben. Dabei ist allerdings in Rechnung zu stellen, daß Knobbe-Keuk - anders als nach der hier vertretenen Auffassung - die Betriebsaufspaltung überhaupt (und erst recht als Rechtsinstitut, vgl. aaO., S.864-871) ablehnt. 38 Dazu sogleich unter I. und 2.

III. Mituntemehmerische Betriebsaufspaltung als bewegliches System?

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spracherechte genügen. Der Aspekt der Zurechnung kann dann aber besonderes Gewicht erhalten. Ein besonderes Charakteristikum des beweglichen Systems besteht ja gerade darin, daß unter den Elementen kein im voraus festgelegtes Rangverhältnis besteht, und daher einander ersetzen können, weil sie grundsätzlich gleichstufig sind. 39

2. Die Entscheidung "nach gelenktem Ermessen"

Mit der Sichtung der in Frage kommenden Gerechtigkeitskriterien ist aber nur das Entscheidungsmaterial zusammengestellt. Die entscheidende Frage bleibt, wie die Zurechnungskonkurrenz aufzulösen ist. Hier kaIUl nun die Lehre vom beweglichen System einsetzen. Ihre entscheidende Konsequenz40 liegt nach Wilburg darin, daß die Rechtsfolge "aus dem Zusammenspiel dieser Elemente je nach Zahl und Stärke"41 vom Richter "nach gelenktem Ermessen"42 zu bestimmen ist. Bevor der Frage nachgegangen werden kann, wie dieses Ermessen auszuüben ist bzw. wodurch es gegebenenfalls gelenkt ist, muß allerdings erörtert werden, ob nicht die Rechtsfolge - Vorrang der Mituntemehmerschaft oder der Betriebsaufspaltung - vom Steuerpflichtigen selbst gewählt werden kann.

a) Wahlrecht des Steuerpflichtigen? Costede hat angenommen, daß sich das Zurechnungsproblem bei der rnitunternehmerischen Betriebsaufspaltung dadurch lösen lasse, daß dem Steuerpflichtigen ein Wahlrecht dahingehend eingeräumt werde, ob der überlassene Gegenstand bei der Personengesellschaft als Betriebsvermögen oder beim Einzeluntemehmer geführt wird. 43 Da das verpachtete Wirtschaftsgut sowohl in der Personengesellschaft als auch im Einzelunternehmen eingesetzt werde, sei es sachgerecht, es dem Steuerpflichtigen zu überlassen, wo er das Wirtschaftsgut erfaßt wissen wolle.

39

347.

Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 13 f.; ders., AcP 163 (1963),

40 So zutreffend Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, S.75. 41 Wilburg, AcP 163 (1963),347. 42 Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 22. 43 Costede, Stu W 1982, 14, 21.

154

§ 5 Die mituntemehmerische Betriebsaufspaltung

Einem derartigen Wahlrecht fehlt indessen die gesetzliche Grundlage. 44 Im übrigen wird das Wirtschaftsgut regelmäßig vor allem bei der Erzielung gewerblicher Einkünfte, d.h. fur die Betriebspersonengesellschaft eingesetzt, während es dem Besitzunternehmen nur mittelbar zugute kommt. 45 Entscheidend dürfte aber sein, daß nicht dem Steuerpflichtigen, sondern dem Richter die Entscheidung obliegt, da kein Grund ersichtlich ist, warum der Steuerpflichtige in dieser Konstellation auf die (Gewerbe-) Steuerpflicht eigenmächtig Einfluß nehmen können soll.

b) Die Rechtsprechung des BFH im Lichte des beweglichen Systems

Steht damit fest, daß die Rechtsfolgen vom Gericht festgelegt werden und liegt zumindest nahe, daß sich das bewegliche System zur Bewältigung dieser Zurechnungskonkurrenz eignen würde, so fragt sich nun, ob sich nicht ein derartiges bewegliches System in der oben46 referierten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nachzeichnen läßt. Betrachten wir zunächst den Fall der Verlags-OHG, die einer aus denselben Personen, vier Rechtsanwälten, bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts ftir die Überlassung von Autorenrechten Vergütungen gezahlt hat. 47 Der BFH hat hier die Annahme einer vorrangigen Betriebsaufspaltung damit begründet, daß Nutzungsrechte überlassen wurden, "die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen dieser Personengesellschaft gehören, ja schlechthin die 48 wesentlichen Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft bilden."49 Es fällt auf, daß damit nicht die erforderliche sachliche Verflechtung festgestellt wird, sondern diese in sprachlich besonderer Weise hervorgehoben wird. Dies läßt sich vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System erklären. Denn in der Tat liegt damit das Element bzw. Prinzip der Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen nicht einfach vor, sondern es tritt - mit Wilburgs Worten 50 - sogar "in besonderer Stärke" hervor. Nichts anderes besagt die Affirmation der Rechtsprechung. 5I Mögen also auch Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft hier zusammentreffen, weil die am Besitzunterneh-

44

45

46 47 48 49

50

51

L. Schmidt, DStR 1979,699,705. Wendt, GmbHR 1984, 19, 21. Unter 11. BFH BStBI 11 1979,236,239 sowie oben im Text hierzu unter 11. I. Hervorhebung vom BFH, aaO., S. 236. BFH BStBl 11 1979,236,239. In: Elemente eines beweglichen Systems, S. 13. Vgl. BFH, aaO.: ,Ja schlechthin die wesentlichen Betriebsgrundlagen".

IV. Zusammenfassung

155

men beteiligten Personen auch Mituntemehmer der Betriebsgesellschaft sind, so tritt dieser Aspekt doch bei der Rechtsfolgenbestimmung wegen der besonderen Ausprägung der sachlichen Verflechtung zwischen beiden zurück. Diese ist hier besonders augenfallig, weil die Konstituierung der Verlags-OHG ohne die überlassenen Autoremechte ihren Sinn verlieren würde. Schwieriger verhält es sich mit der Entscheidung des BFH vom 25.4.1985 52 , in welchem die KG - in Wirklichkeit eine BGB-Gesellschaft - ihr Betriebsvermögen an eine GmbH & Co. KG verpachtet und ihr das Umlaufvermögen zu Buchwerten überlassen hat. 53 Sieht man innerhalb der Entscheidungsbegründung einmal von der für maßgeblich gehaltenen und oben kritisierten54 zivilrechtlichen KlassifIzierung der Besitzgesellschaft ab, so bleibt ein wesentlicher Gedanke: Der IV. Senat sieht § 15 I NT. 2 2. HS. EStG nicht bloß als QualifIkations-, sondern vor allem als Zuordnungsnorm, da der Mitunternehmer "die Leistungen, für die er von seiner Personengesellschaft eine Vergütung erhält, im Rahmen dieses Gewerbebetriebs erbringt, sofern nur die Leistungen durch das Gesellschaftsverhältnis der Personengesellschaft veranlaßt sind.,,55 Die von der Besitz-KG erbrachten Leistungen der Darlehensgewährung an die Betriebs-GmbH & Co. KG und die von dieser dafür gezahlten Vergütungen waren also den Gesellschaftern der KG zuzurechnen. Allerdings sollte man die Veranlassung der Leistung steuerrechtlich, nicht zivilrechtlich beurteilen. 56 Der Zurechnungsgedanke gibt hier also den Ausschlag und läßt die gleichfalls vorliegende vom einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragene Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen in den Hintergrund treten, so daß die Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung - doppelte gewerbesteuerliche Erfassung der Darlehensleistungen - unterbleibt.

IV. Zusammenfassung Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung läßt sich als ein eigenes bewegliches System begreifen. Zugleich erhellt sie das Verhältnis der beiden anderen beweglichen Systeme (Betriebsaufspaltung und Mitunternehmer-

12

BFH BStBl " 1985, 622.

53 Näher zu dieser Entscheidung bereits oben unter 11. 2. a). 14 Unter" 2 b; Knobbe-Keuk, StbJb 1985/86, 173 charakterisiert die Begründung denn auch insoweit zu Recht als "dunkel und verschlungen". 11 BFH, aaO., 624. 16 So auch Dehmer, Die Betriebsaufspaltung, Rz. 547.

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§ 5 Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung

schaft), deren Konkurrenzverhältnis sich nicht im Sinne eines im vorhinein festgelegten Vorrangs lösen läßt. Vielmehr führt das bewegliche System der mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung dazu, daß die Vorrangfrage jeweils nach gelenktem Ermessen danach zu beantworten ist, welchem der in Betracht kommenden Prinzipien das stärkste Gewicht beizumessen ist.

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System Die verdeckte Gewinnausschüttung zählt zu den schwierigsten und in mancher Hinsicht dunkelsten Instituten des Unternehmenssteuerrechts.! Das liegt zu einem guten Teil an der Vielschichtigkeit ihrer Erscheinungsweisen, wie sich an einer beispielhaften Aufzählung zeigt: Der Verzicht einer Gesellschaff auf Rechte, die ihr gegenüber einem ihrer Gesellschafter zustehen, ist ebenso eine verdeckte Gewinnausschüttung wie die Zahlungen von besonderen Umsatzvergütungen durch die Gesellschaft an einen Gesellschafter-Geschäftsführer, die dieser neben seinem Geschäftsführergehalt bezieht. Zinslos gewährte Darlehen, die ein Gesellschafter von der Gesellschaft erhält, sind verdeckte Gewinnausschüttungen. 3 Umgekehrt liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vor, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen zu einem außergewöhnlich hohen Zinsfuß gibt. 4 Diese zusammenhanglose und beliebig erweiterbare Auflistung illustriert die Schwierigkeiten, die mit einer trennscharfen Definition der verdeckten Gewinnausschüttung verbunden sind. Von einem subsumtionsfähigen Tatbestand zu sprechen, erscheint gewagt; eher handelt es sich um eine Umschreibung. 5 Das soll keineswegs die dogmatischen Verdienste schmälern, die gerade auf die Entwicklung und stete Präzisierung dieses Instituts durch die Rechtsprechung 6 zurückgehen. Es zeigt aber, daß die Lehre vom beweglichen System eine dogmatische Fundierung für die verdeckte Gewinnausschüttung darstellen kann. Denn Unsicherheiten, die hier im Rahmen der schlichten Beschreibung liegen,

I Vgl. nur Wassermeyer, StVj 1993, 208, 209, wonach der verdeckten Gewinnausschüttung "nach wie vor der Schleier des Unklaren und wenig Faßbaren anhaftet". 2 In der Praxis handelt es sich zumeist um eine GmbH; denkbar ist aber auch eine GmbH & Co. KG (hierzu Wassermeyer, GmbHR 1999, 18) und neuerdings sogar eine GmbH & Co. KGaA., soweit der Komplementär entweder selbst Kommanditaktionär oder einem solchen wenigstens nahesteht (Wassermeyer, aaO., S. 23). 3 Treffend beschreibt Schön (Festgabe für Werner Flume, 1998,265,283) als "Kernbereich der verdeckten Gewinnausschüttung das unentgeltliche oder im Hinblick auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung unausgewogene Geschäft". 4 Die Beispiele sind Abschnitt 31 der Körperschaftsteuerrichtlinien entnommen. 5 Auffallend insoweit Knobbe-Keuk, § 19 I. I. a), S. 643: "Der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung wird herkömmlicherweise folgendermaßen umschrieben." sowie dies., aaO., S. 644: "Neuerdings umschreibt der BFH die verdeckte Gewinnausschüttung folgendermaßen"; Hervorhebungen nur hier. 6 Vgl. dazu näher unter J. und".

158

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

können darauf zurückzuführen sein, daß der verdeckten Gewinnausschüttung die feste Tatbestandsbildung in einer für das bewegliche System bezeichnenden Weise fernliegt. 7 Bevor jedoch der Frage nachgegangen wird, was die verdeckte Gewinnausschüttung ausmacht bzw. - in der Terminologie des beweglichen Systems welche Kräfte und Prinzipien entscheidungserheblich sind, soll nach dem Vorbild der vorhergehenden Paragraphen die Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit und Tatbestandsbindung als Grundkonflikt zwischen beweglichem System und fester Tatbestandsbildung im Steuerrecht gestellt werden.

I. Tatbestandsmäßigkeit und verdeckte Gewinnausschüttung

Im Vergleich zu den vorangehenden Abschnitten ist bezüglich der Tatbestandsmäßigkeit folgendes zu bemerken. Anders als bei der Betriebsaufspaltung bewirkt die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung keine zusätzliche Steuerlast für den Betroffenen. Während im Falle der Betriebsaufspaltung infolge der Umqualiflzierung Gewerbesteuer anfällt, führt die verdeckte Gewinnausschüttung "lediglich" zu einer Hinzurechnung der betreffenden Summe zum Einkommen der Kapitalgesellschaft. s Das mag der Grund dafür sein, daß die Frage nach der Tatbestandsmäßigkeit im Fachschrifttum9 an keiner Stelle ausdrücklich und auch der Sache nach praktisch nicht erörtert wird. Vielmehr wird sogleich die Notwendigkeit der Existenz eines entsprechenden Instituts unterstellt. Das kann sich eine dem beweglichen System verpflichtete Behandlung des Gegenstandes nicht ohne weiteres leisten. Denn dem hier vorgetragenen Ansatz geht es - wie allenthalben betont - nicht bloß um die Beschreibung von Gepflogenheiten der Judikatur im methodologischen Gewand lO , sondern auch um

7 Siehe etwa Fröhlich, Die verdeckte Gewinnausschüttung, 1968, S.123: "Für das Steuerrecht wirft die Rechtsfigur der verdeckten Gewinnausschüttung in erster Linie das Problem der Tatbestandsbestimmung und Tatbestandsabgrenzung auf." 8 Näher zu den Rechtsfolgen sogleich unter II. 9 Stellvertretend seien die Monographien von Döllerer, Lange und Pezzer (jeweils nach Lit.-Verz.) genannt. 10 Angreifbar ist es deshalb, wenn Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, 1986, S. 39, schreibt: "Die Behandlung der verdeckten Gewinnausschüttung aus rechtssystematischer Sicht wäre allerdings entbehrlich, wenn die Definition, die sich in der Rechtsprechung inzwischen herausgebildet hat, ausreichend ergiebig wäre." Zuzugeben ist freilich, daß Pezzer, aaO., S.48 ff., sonach versucht, partielle Insuffizienzen der Rechtsprechung auf der Grundlage eigener systematischer Überlegungen zu beseitigen.

I. Tatbestandsmäßigkeit und verdeckte Gewinnausschüttung

159

eine innere Legitimation der betreffenden Figuren. 11 Daß sich die auf dieser Grundlage gefundenen Beobachtungen sodann mit Hilfe des beweglichen Systems erklären lassen, ist eine andere Frage. Zuvor ist aber das Grundanliegen der verdeckten Gewinnausschüttung anband der lex scripta zu untersuchen. Döllerer hat im Vorwort zur ersten Auflage seiner Abandlung l2 den Beurteilungsmaßstab jenseits aller Pragmatik in den methodologischen Bereich vorverlegt: "Neben der großen praktischen Bedeutung der verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen steht ein nicht geringes theoretisches Interesse. Geht es doch darum, die Grenzen zwischen der rechtlich selbständigen Kapitalgesel1schaft und den Gesel1schaftem zu ziehen und den Gewinn der Kapitalgesel1schaft möglichst vor Einflüssen zu bewahren, die ihre Ursache im Gesel1schaftsverhältnis haben."\3 Das damit zum Ausdruck kommende normative Ziel ist hinsichtlich seiner gesetzlichen Fassung ausgesprochen kanpp, um nicht zu sagen dürftig, verwirklicht. Die lex lata weist den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung nur an zwei Stellen auf, nämlich in § 8 III 2 KStG und in § 20 I Nr. 1 S. 2 EStG. Beide Vorschriften setzen die verdeckte Gewinnausschüttung wie selbstverständlich voraus: Nach § 8 III 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen der Körperschaft nicht, und § 20 I Nr. 1 S. 2 EStG sagt lapidar, daß zu den sonstigen Bezügen auch verdeckte Gewinnausschüttungen gehören. Bezogen auf das Dictum Döllerers läßt immerhin die Regelung in den jeweiligen Kodifikationen einen ersten Schluß auf dessen Richtigkeit zu: Es geht um die Verwirklichung einer Trennung zwischen Körperschaftsteuer, die sich nach dem Gewinn der Kapitalgesellschaft bemißt, und Einkommensteuer des Gesellschafters. Eine gewisse Beweglichkeit zeigt sich hierbei schon am gesetzgeberischen Mechanismus: In dem Maße, wie der Gesellschafter diese Trennung negiert, indem er das Vermögen der Kapitalgesellschaft mindert bzw. verhindert, daß es gemehrt wird, erfolgt eine entsprechende Hinzurechnung. Dies allein ist aber noch kein bewegliches System, geschweige denn dessen Legitimation. Über die Legitimation der verdeckten Gewinnausschüttung ist allerdings auch im bisherigen Schrifttum viel gestritten worden. 14 Zu Recht konstatiert 11 Zu Recht mahnt Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, an, daß sich die Diskussion stärker den Grundlagen der verdeckten Gewinnausschüttung und ihrer Systematik hinwendet und auf dieser Basis die gemeinsamen Ansatzpunkte der unterschiedlichen Auffassungen akzentuiert (aaO., S. 158). 12 Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesel1schaften, 1990, I. Auflage 1975. 13 Döllerer, aaO., S. 5. 14 Beachtung verdient allerdings künftig der Befund von Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, 163, der ungeachtet divergierender Auffassungen im einzelnen "eine erstaunlich große Übereinstimmung zwischen der BFH-Rechtsprechung einerseits und

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

Döllerer l5 , daß weder der Gedanke des Rechtsrnißbrauchs noch "eine verschwommene wirtschaftliche Betrachtungsweise" als Grundlage ftir die verdeckte Gewinnausschüttung herhalten können. Ersteres läßt sich damit begründen, daß die verdeckte Gewinnausschüttung nicht mehr oder weniger doloses Verhalten sanktionieren soll, sondern prinzipienwidrige Vermögensverschiebungen korrigieren SOll.16 Und was die wirtschaftliche Betrachtungsweise betrifft 17, so erweist sich das, was weiter oben schon bei der Betriebsaufspaltung lS gesagt wurde: Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist zwar übergreifender Gesichtspunkt, aber als Legitimation ftir entsprechende Eingriffe viel zu allgemein und in dieser Pauschalität nicht tragfähig. Allenfalls müßte man präzisierend hinzuftigen, daß die konsequente Durchftihrung unterschiedlicher wirtschaftlicher Sphären, derjenigen der Gesellschaft und der des Gesellschafters, die verdeckte Gewinnausschüttung teleologisch legitimiert.

Zweifelhaft ist es hingegen, wenn Döllerer statt der beiden verworfenen Momente des Rechtsrnißbauchs und der wirtschaftlichen Betrachtungsweise schlicht § 8 III 1 KStG als Grundlage ftir das Gebot der Hinzurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung bei der Ermittlung des Einkommens der Kapitalgesellschaft bezeichnet. 19 Auffällig daran ist bereits in formeller Hinsicht, daß statt denkbarer Prinzipien ganz einfach eine Vorschrift genannt wird. Das mag zwar mit einem im Hinblick auf die hier zu erörternde Tatbestandsmäßigkeit auffälligen Positivismus zu erklären sein. Daran ist jedoch zu monieren, daß diese Vorstellung vom richtigen theoretischen Ausgangspunkt im zitierten Vorwort auf eine vordergründig positivistische Sichtweise ohne erkennbare teleologische Absicherung zurückzufallen droht. Denn immerhin gab es die verdeckte Gewinnausschüttung auch vor deren erster gesetzlicher Normierung in § 6 I 2 KStG a.F. im Jahre 1934. 20 Man kann also nicht sagen, daß erst die positive Regelung dem Institut eine methodologische

den Ausflihrungen" prominenter Kritiker andererseits feststellt. Den grundsätzlichen Skeptikern hält er nicht zu Unrecht einen Mangel an Alternativkonzeptionen entgegen: "Die Probleme der vGa werden nicht zugänglicher und durchschaubarer, wenn sich nicht alle stärker darum bemühen, die Systematik der vGa herauszuarbeiten. Dabei geht es nicht darum, den BFH zu bestätigen. Es geht jedoch darum, die Kritik an der BFHRechtsprechung beim Grundsätzlichen anzusetzen und sich mit der vom BFH entwikkelten Systematik gedanklich auseinanderzusetzen." Genau das soll hier mit Hilfe der Lehre vom beweglichen System versucht werden. IS AaO., S.24. 16 Hierzu näher weiter unten im Text unter 111. 17 Auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise hat sich der Reichsfinanzhof häufig berufen; vgl. RFHE 20, 169; 21, 1,3; 275, 276; 32, 85; 34, 228. 18 Unter § 3 I. und 11. 19 Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 24. 20 Fröhlich, Die verdeckte Gewinnausschüttung, 1967, S. 6 ff. m.w.N.

I. Tatbestandsmäßigkeit und verdeckte Gewinnausschüttung

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Daseinsberechtigung gegeben habe. 21 Wenig weiterfiihrend ist es auch, dem Wortlaut "verdeckte Gewinnausschüttungen" legitimierende Ansatzpunkte entnehmen zu wollen. 22 Einen dogmatischen Wendepunkt, der auch für die vorliegende Betrachtung weitreichend ist, markierte die Habilitationsschrift von Ballerstedt. 23 Dieser erkannte als erster den entscheidenden Gesichtspunkt der Regelung von 1934, nämlich, daß "nunmehr der systematische Zusammenhang klargestellt war, in den der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung gehört: in den Zusammenhang mit dem Gewinnbegriff'24. Die verdeckte Gewinnausschüttung erscheint also als Gewinnrealisierungstatbestand. 25 Dabei kann es jedoch nicht bewenden. Darüber hinaus und darauf aufbauend besteht der Geltungsgrund des Rechtsinstituts der verdeckten Gewinnausschüttung in der Neutralisierung der gewinnrnindernden Wirkung von Arten der Einkommensverwendung bei einer Kapitalgesellschaft. 26 Mit Hilfe der verdeckten Gewinnausschüttung wird also einer Verringerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft entgegengewirkt. 27 Einstweilen läßt sich folgendes festhalten: Die verdeckte Gewinnausschüttung als Institut ist das Resultat der Einsicht in die Notwendigkeit, daß die Grenzziehung zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter im Hinblick auf die adäquate Gewinnverteilung zu verwirklichen ist. Diese Funktion haben die §§ 8 III 2 KStG:!8 sowie 20 I Nr. 1 S. 2 EStG. 29 Eine das bewegliche System 21 Seliger/Schutz, DStR 1997, 1830, fordern zwar den Gesetzgeber zur Klärung auf und regen einen neuen § 8 AbS. 3a KStG an. Aber es ist zweifelhaft, ob ein gleichwie gearteter gesetzgeberischer Aktionismus etwas an den Sachproblemen ändern würde. Skeptisch insoweit auch Wassemeyer, GmbHR 1998, 157, 159: "Wenn wir nicht amerikanische Verhältnisse bekommen wollen, sollten wir froh sein, mit einem unbestimmten Rechtsbegriff arbeiten zu können." 22 So aber Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 34 f.; Woerller, BB 1983, 845, 850. Auch Achellbach (in: Dötsch/Eversberg/ Joost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 8 KStG Rz.56 unterscheidet die Wortteile Gewinn und Ausschüttung, "um - so Wassermeyer, GmbHR 1998, 157 - anschließend beide Ausdrücke entgegen ihrem Wortlaut auszulegen". 23 Ballerstedt, Kapital, Gewinn und Ausschüttungen bei Kapitalgesellschaften, 1949. 24 Ballerstedt, aaO., S. 23. 25 Hierzu: Quack, Die innerkonzernrechtliche Gewinnverwirklichung im steuerrechtlichen Betriebsvermögensvergleich, 1970, S. 79 f.; zustimmend Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 62. Siehe zu den damit verbundenen Bilanzierungsfragen: Wassermeyer, Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, 1997, 541 ff. 26 So übereinstimmend Frotscher, GmbHR 1998, 23, und Wassermeyer, GmbHR 1998,151,162. 27 Frotscher, GmbHR 1998,23,25. 18 Folgerichtig sieht die Rechtsprechung (BFHE 176,571) in § 8 III 2 KStG eine "Gewinnkorrekturvorschrift".

I1 Pelersen

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

gegebenenfalls verdrängende abschließende Tatbestandsbildung kann hierin jedoch nicht gesehen werden, weil die Vorschriften die Existenz dieses anderweitig begründeten Rechtsinstituts voraussetzen und es auch vor der gesetzlichen Nonnierung schon in der Rechtspraxis anerkannt war. Daß der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung insoweit nicht entgegensteht, läßt sich auch mit der Funktion der verdeckten Gewinnausschüttung erkären: Ähnlich wie es etwa beim Bereicherungsrecht der Fall ist, soll die Hinzurechnung ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen ausgleichen; der Abschöpfungsfunktion des Bereicherungsrechts30 entspricht die Gewinnkorrektur bei der Gesellschaft um dasjenige, was an den Gesellschafter zu viel ausgeschüttet wurde (§ 8 III 2 KStG) und dieser folglich an zusätzlichen Einkünften aus Kapitalvermögen erzielt (§ 20 I Nr. 1 S. 2 EStG). Dagegen darf die verdeckte Gewinnausschüttung nicht als ,,Allheilmittel gegen unerwünschte Steuergestaltungen" mißverstanden werden. 31 Damit ist das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung einer prinzipienmäßigen Betrachtung durchaus zugänglich und der Weg für die Lehre vom beweglichen System eröffnet. Es geht also im folgenden darum aufzuzeigen, mit welchen Entscheidungskriterien den Prinzipien der Grenzziehung zwischen Körperschaft und Gesellschafter sowie der entsprechenden Gewinnrealisierung zur Geltung verholfen werden kann. Dafür soll aber zunächst noch einmal detailliert die Rechtsfolge betrachtet werden. Es ist nämlich daran zu erinnern, daß die Lehre vom beweglichen System die Rechtsfolge aus dem Zusammenwirken der Elemente32 je nach Art und Stärke herleitet. Daher muß zunächst Klarheit über die in Betracht kommende Rechtsfolge bestehen.

29 Das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.7.1988 (BGBI. I, 1093) hat mit Art. I NT. 22 Iit. a) aa) in § 20 I NT. I EStG einen zweiten Satz eingefügt, der allerdings nur klarstellende Bedeutung hat (so aus der Zeit des Steuerreformgesetzes 1990 SchmidtlHeinicke, EStG, 8. Auflage 1989, § 20 Anm. 18a). Daß verdeckte Gewinnausschüttungen zu den sonstigen Bezügen gehören, war auch vorher schon anerkannt (BFH BStBI 11 1980, 260,262). 30 Vgl. LarenzlCanaris, Lehrbuch des Schuldrechts I1/2, Besonderer Teil, § 67 I. I. b): "Die primäre Funktion des Bereicherungsrechts besteht somit in der Abschöpfung eines ungerechtfertigten Vorteils." (Hervorhebung auch dort). 31 So zutreffend SauterlHoffmann, GmbHR 1998, 1027. 32 Es ist zumindest terminologisch auffällig, wenn etwa Westerfeldhaus, Verdeckte Gewinnausschüttung, 1956, unter der Überschrift "Zerlegung des Tatbestandes in zwei Teile" (aaO., S. 42) im laufenden Text nur noch von Elementen der verdeckten Gewinnausschüttung spricht.

II. Rechtsfolgenorientierte Betrachtung

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11. Rechtsfolgenorientierte Betrachtung Die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bringt sowohl bei der Körperschaft als auch beim einzelnen Gesellschafter Rechtsfolgen mit sich. Diese beiden Ebenen sind auch im vorliegenden Zusammenhang zu trennen.

1. Die Rechtsfolgen für die Körperschaft: § 8 111 2 KStG

Für die Betrachtung der Rechtsfolgen auf der Gesellschaftsebene ist die Regelung des § 8 III 2 KStG von zentraler Bedeutung. 33 Jedoch wird das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung hier nur vorausgesetzt, nicht aber näher bezeichnet. 34 Nach § 8 III 2 KStG mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen der steuerpflichtigen Körperschaft nicht. Der Zweck dieser Regelung besteht darin, die Steuerbelastung des Anteilseigners mit Körperschaftsteuer zu sichern35 und Gewinnminderungen zu korrigieren, die bei der Kapitalgesellschaft eingetreten sind. 36 Konkret bedeutet dies, daß die Ausschüttungen, soweit sie zum Ausweis eines zu niedrigen Gewinns gefiihrt haben, diesem höhenmäßig wieder hinzuzurechnen sind. 37 Das Einkommen der Körperschaft erhöht sich also entsprechend. 38 Die zu korrigierende Gewinnminderung muß auf der Grundlage der Steuerbilanz ermittelt werden, "wie sie ohne Rücksicht auf die Rechtsfolgen des § 8 Abs.3 S. 2 KStG nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz aufgestellt wurde ...39 33 Wassermeyer, StVj 1993,208,214 (hierzu Wichmann, StVj 1994,45,46), bemerkt hierzu: "Das Wesen der verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG besteht in der Rechtsfolge der Vorschrift." Siehe aber zur beschränkten Aussagekraft von Wesensargumenten: Scheuerte, AcP 163 (1963), 429 ("Das Wesen des Wesens. Studien über das sog. Wesensargument in juristischen Begründungen"). 3' Allerdings hat der BFH (BStBI II 1989,633; 857) die Regelung des § 8 III 2 KStG zum Anknüpfungspunkt seiner neueren Unterscheidung zwischen verdeckter Gewinnausschüttung als verhinderter Vennögensmehrung und anderen Ausschüttungen i.S.v. § 27 III 2 KStG gemacht; vgl. dazu sogleich im Text. 35 Streck, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 8 Rz. 61. 36 So zuletzt BFH GmbHR 1998, 1044, 1045. 37 Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 112. 38 Auf die komplizierten weiteren Rechtsfolgen, die sich aus dem Anrechnungsverfahren (§§ 27 ff. KStG) ergeben, soll im folgenden nicht eingegangen werden, da sie den Blick auf die Grundstrukturen verstellen würden und aus der Sicht des beweglichen Systems irrelevant erscheinen; vgl. dazu Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S. 202 ff. 39 St. Rspr.; vgl. nur BFHE 172, 51; 175, 347; 412. Deshalb können zivilrechtliche Ansprüche einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter-Geschäftsflihrer, die ja in der Steuerbilanz erfolgswirksam aktiviert werden müssen, nicht zugleich die Rechtsfolge einer verdeckten Gewinnausschüttung auslösen (BFH GmbHR 1998, 1044, 1045). Nur wenn es sich um eine Einlageforderung handelt, ist § 8 III 2 KStG nicht ausge-

11·

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

Fraglich ist, ob darüber hinaus die Körperschaftsteuer, die durch die verdeckte Gewinnausschüttung zusätzlich entstanden ist, dem Gewinn hinzuzurechnen ist. 40 Das scheint auf den ersten Blick zu bejahen zu sein, denn da sie nach § 10 Nr. 2 KStG nicht abziehbar ist, darf sie nicht einkommensmindernd wirken. Gleichwohl ist dieses Ergebnis teleologisch zweifelhaft. Es würde voraussetzen, daß unter "Gewinnausschüttungen" i.S.d. § 8 III 2 KStG auch die Körperschaftsteuer auf verdeckte Gewinnausschütttungen zu verstehen wäre. Das wäre zwar denklogisch durchaus möglich, entspricht aber nicht mehr der ratio legis des § 8 III 2 KStG: Danach soll der durch Verzicht auf Betriebseinnahmen oder in Wahrheit nicht vorliegende Betriebseinnahmen reduzierte Bilanzgewinn ausgeglichen werden. Die dadurch entstandene Minderung löst zwar ihrerseits Körperschaftsteuer aus, erfaßt diese selbst aber nicht mehr und darf folglich auch nicht hinzugerechnet werden. 41

2. Die Rechtsfolgen für den Gesellschafter: § 20 EStG

Die zuletzt angestellte Erwägung wird auch im Hinblick auf die Rechtsfolgen, die in der Person des Gesellschafters eintreten, gestützt. Die verdeckte Gewinnausschüttung zählt nämlich gemäß § 20 I Nr. 1 i.V.m. II Nr. 1 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. 42 Nach § 20 I Nr. 3 EStG gehört dazu auch die anzurechnende Körperschaftsteuer, d.h. der Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer wird dem Anteilseigner neben der verdeckten Gewinnausschüttung im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet. Diese Steuergutschrift wird somit nur dem § 20 EStG und nicht dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 8 III 2 KStG zugeordnet. 43 Folglich ist nur die verdeckte Gewinnausschüttung selbst und nicht auch die dadurch ausgelöste Körperschaftsteuer nach § 8 III 2 KStG dem Gewinn höhenmäßig hinzuzurechnen. Für den Gesellschafter wirken sich verdeckte Gewinnausschüttungen also im Rahmen des § 20 EStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen aus. Auf die Streit-

schlossen, wenn diese der Rückgängigmachung einer verdeckten Gewinnausschüttung dient (BFHE 180,405). 40 In diese Richtung Herzig, StuW 1976,325 f. 4\ Ebenso Pezzer, Verdeckte Gewinnausschüttung, S. 120. 42 Ein Beteiligungsertrag des Gesellschafters i.S.d. § 20 [ Nr. I S. 2 EStG setzt eine vorher oder zeitgleich entstandene verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalgesellschaft i.S.d. § 8 [[[ 2 KStG voraus, die sich dort freilich auch im steuerfreien Bereich auswirken kann; BFH DB 1998, 1994 mit Anm. Wassermeyer, der jedoch davor warnt, die Annanhme des Beteiligungsertrags an der Existenz der verdeckten Gewinnausschüttung auszurichten (aaO., S. 1997). 43 Pezzer, aaO., S.120.

II. Rechtsfolgenorientierte Betrachtung

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frage, ob verdeckte Gewinnausschüttungen "sonstige Bezüge" i.S.d. § 20 I Nr. 1 EStG darstellen44 oder ob sie dem Anwendungsbereich des § 20 II Nr. 1 EStG ( ,.besondere Vorteile")45 unterliegen, kommt es nicht mehr an; § 20 I Nr. 1 EStG stellt klar, daß zu den sonstigen Bezügen auch verdeckte Gewinnausschüttungen gehören.

3. Die Fiktionstheorie im Lichte des beweglichen Systems

Nicht direkt zu den Rechtsfolgen, aber auch nicht zum Tatbestand selbst gehört die sogenannte Fiktionstheorie. Sie erklärt das Vorgehen im Fall einer verdeckten Gewinnausschüttung.

a) Die Grundaussage der Theorie

Nach der früher 46 vertretenen47 Fiktionstheorie48 wird an Stelle des tatsächlichen Sachverhalts ein gedachter der steuerlichen Gewinnermittlung zugrundegelegt. Auf der Grundlage dieses fmgierten Sachverhalts werden die Gesellschaft und ihre Gesellschafter nunmehr so besteuert, als ob das betreffende Geschäft unter angemessenen Bedingungen vereinbart und durchgeführt worden wäre, insbesondere also der Gewinn angemessen ausgeschüttet worden wäre. Die Fiktionstheorie wird in dieser Form heute nicht mehr vertreten. 49 Lediglich für Teilbereiche und Problemausschnitte wird sie nach wie vor herangezogen. So wird angenommen 50 , daß der Verzicht auf die Erzielung von Einnahmen nur nach dieser Theorie als verdeckte Gewinnausschüttung gewertet werden kann: Die Einnahmenerzielung werde fmgiert und sodann der Höhe nach

44 Das nimmt der VIII. Senat des BFH an; vgl. BStBI II 1978, 109, 110; BStBI II 1981, 260, 262. 4; So der J. Senat; vgl. BStBI II 1973,449,450; BStBI II 1975, 722. 46 Der BFH verrat die Fiktionstheorie erstmals 1975 nicht mehr; vgl. BFH BStBI II 1975, 722 (dazu L. Schmidt, FR 1975,430; Keuk, StuW 1975,335,340). 47 So etwa RFH RStBI 30, 301; BFH BStBI III 1961, 80; BStBllII 1961, 338; BStB) II 1971,53. 48 Aus dem Schrifttum insbesondere Grieger, StbJb 1962/63, 99, 120; Rose, StbJb 1965/66, 246; ders. StbJb 1971/72, 183, 190; Thiel, OB 1962, 1482; Herrmann, StbJb 1968/69; v. Wallis, StbJb 1976177, 75,96; Ranft, StbJb 1972173,269,292. 49 Zögernd allerdings Wochinger, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, 1995, S. 120, Rz. 175. 50 Von: Wassermeyer, DB 1987, 1113, 1119.

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. 51 Ob allerdings § 8 III 2 KStG insoweit konstitutiven Charakter hat, ist zweifelhaft, da dort die verdeckte Gewinnausschüttung eben nur vorausgesetzt wird. 52

b) Fiktion und bewegliches System Vom Standpunkt des beweglichen Systems aus gesehen, erweist sich die Fiktionstheorie als unergiebig. Eine bloße "als-ob-Betrachtung" stellt rur sich betrachtet noch kein Prinzip und lediglich ansatzweise ein Entscheidungskriterium dar. In ihrer wesentlichen Aussage, nämlich als Umgestaltung eines bestehenden und Unterstellung eines fiktiven Sachverhalts, betrifft die Theorie vor allem die Rechtsfolgenseite und ist damit kein geeignetes Gerechtigkeitskriterium rur die Lehre vom beweglichen System. Insofern verhält es sich ähnlich wie bei der weiter oben53 erörterten Frage, ob die Kompensation potentieller Vor- und Nachteile im Rahmen der Betriebsaufspaltung ein Gerechtigkeitskriterium darstellen kann, was im Ergebnis verneint wurde. 54 Auch das Postulat eines "Sollzustandes" stellt noch kein selbständiges Prinzip dar. Das wäre im Hinblick auf das im Körperschaftsteuerrecht de lege lata verwirklichte System der sogenannten "Ist-Besteuerung" auch sehr bedenklich. 55 Danach kann nur derjenige zur Steuerpflicht herangezogen werden, der den Tatbestand einer Einkunftsart verwirklicht. 56 Eine gleichwie geartete "Gewinnfiktion" ist dem Gesetz deshalb grundsätzlich fremd. 57 Das Postulat eines "Sollzustandes" bildet daher allenfalls einen ersten Befund, nämlich insoweit, als die Kriterien angegeben werden können, die den Sollzustand, d.h. die korrekte Gewinnerrnittlung, bestimmen. Deshalb ist bei der Bestimmung des Tatbestandes der verdeckten Gewinnausschüttung im folgenden besonderes Au51 A.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I. Fußnote 28, S. 648, die in den ihres Erachtens vergleichbaren Fällen der zinslosen Darlehensgewährung durch die Gesellschaft eine Zuwendung des Nutzungswertes erblickt, der die verdeckte Gewinnausschüttung ausmache. Jedoch trifft die Replik nicht exakt die von Wassermeyer ins Feld geführte Fallgruppe. 52 Es handelt sich, wie BFH BStBI 11 1988, 25, feststellt um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Daß Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 9, die Verfassungsmäßigkeit breit erörtert, erscheint entbehrlich. 53 Unter § 3 11. 2. c), bb). 54 Vgl. unter § 3 111. 3. 55 Grundlegend hierzu vor dem Hintergrund der verdeckten Gewinnausschüttung nunmehr Schön, Festgabe für Wem er Flume, 1998,265 ff. 56 Vgl. Schön, aaO., S. 260, der angesichts der Rechtsprechung des BFH zur verdeckten Gewinnausschüttung darauf hinweist, "daß die Körperschaftsteuer immer wieder Gefahr läuft, Züge einer typisierenden Besteuerung des Soll-Ertrags anzunehmen". 57 Schön, aaO., S. 267.

III. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

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genmerk darauf zu richten, welche Merkmale sich für die Beschreibung der verdeckten Gewinnausschüttung grundsätzlich eignen und ob diese prinzipiengerecht ausgearbeitet werden können. Zu Recht konstatiert Schön 58 daß der Soll-Ertrag in der Rechtsprechung des Bundesfmanzhofs "durch eine sich verselbständige Typisierung ermittelt" werde, die ihrerseits nur weiter ausgearbeitet werde. Unausgesprochen leuchtet hier in der Tat wieder die Affinität der Rechtsprechung zum Typus auf, die bereits oben59 beim Mituntemehmerbegriff bekämpft wurde. Die Zuordnung der Lehre vom beweglichen System zur nomativen Ebene wird demgegenüber den Problemen, welche die verdeckte Gewinnausschüttung als Rechtsinstitut aufwirft, besser gerecht. Auch wenn also die Fiktionstheorie selbst noch keine weiteren Aufschlüsse erlaubt, so ist damit immerhin die Frage nach dem tertium comparationis gestellt: Es sind nun diejenigen Gesichtspunkte zu ermitteln, die zur Folge haben, daß eine Ausschüttung als "verdeckt" angesehen wird, weil besondere Umstände vorliegen, infolge deren das Einkommen der körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft nicht gemindert werden soll.

III. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

Sind damit die grundsätzlichen Rechtsfolgen abgesteckt, so ist der Weg geebnet für die Erörterung des Tatbestandes. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die heute von der Rechtsprechung zugrunde gelegte Definition ohne die vorhergehende Skizzierung der Fiktionstheorie kaum verständlich ist. Vor allem aber wäre die Definition vor dem Hintergrund der Lehre vom beweglichen System wenig sinnvoll, da sich nur aus der dogmengeschichtlichen Herleitung des "Tatbestandes" die Prinzipien der verdeckten Gewinnausschüttung verstehen lassen. Aber auch zwischen der Fiktionstheorie und der heutigen Sichtweise liegt noch ein gedankliches Bindeglied: die ,,Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters". Was es damit auf sich hat und wie sich diese Denkfigur in die Lehre vom beweglichen System einfügt, soll zunächst erörtert werden.

I. Der "ordentliche und gewissenhafte Geschllftsleiter" als Denkfigur

Der Topos des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters steht im Mittelpunkt der herkömmlichen Definition der verdeckten Gewinnausschüttung. Danach liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die Gesell-

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AaO., S. 266. Unter § 4 IJ.

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

schaft einem Gesellschafter mit Rücksicht auf die Gesellschafterstellung außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. 60 Der Sache nach ist das nichts anderes als ein Fremdvergleich. 61

a) Der Sorgfalts maßstab

Diese Begriffsbestimmung enthält bereits mehrere mögliche Elemente, von denen einstweilen nur der genannte Sorgfaltsmaßstab interessieren soll. Positivrechtliche Grundlage der "Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" sind die §§ 93 I 1 AktG, 43 I GmbHG. Der Geschäftsleiter muß also dafur Sorge tragen, von der Gesellschaft Nachteile abzuwenden. 62 Dabei hat der Geschäftsleiter einen gewissen Spielraum kaufmännischen Ermessens. 63 Beispielsweise wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter sich nur dann um Einfuhrung und Vertrieb eines neuen Marktprodukts kümmern, wenn bei umsichtiger und vorangehender kaufmännischer Einschätzung nach voraussehbarer Marktentwicklung ein angemessener Gesamtgewinn binnen eines überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist. 64 Vergleichsmaßstab ist nicht der allwissende und fehlerlose Geschäftsleiter. 65 Dennoch kann auch persönliche InsuffIzienz zu einer verdeckten Gewinnausschüttung fuhren, so z.B. wenn der Geschäftsfuhrer einer GmbH mangels besseren Wissens oder aus Nachlässigkeit Entscheidungen trifft, die sich rür das Unternehmen gewinnmindernd auswirken, den Anteilseigner jedoch wirtschaftlich besser stellen. 66 Das wird vor allem dort bedeutsam, wo die Gesellschaft dem Gesellschafter innerhalb bestehender Leistungsbeziehungen einen wirtschaftlichen Vorteil zuwendet, der nicht marktüblich ist. 67

So etwa noch BFH BStBl " 1992, 362; BStBI " 1992, 690; BStBl " 1993, 311. Wassermeyer, OB 1994, 1105, 1106 f. 62 Von Wallis, GmbHR 1968,87,90. 63 BFH BStBl " 1973,322; BFH BStBI " 1977,568; BFH BStB " 19&6, 86. 64 Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 15. 65 BFHE 90, 17 \. 66 Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 90. 67 BFH BStBI " 1973,322,323. 60 61

III. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

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b) Die Denlifigur als Prinzip des beweglichen Systems?

Damit bleibt zu untersuchen, ob die hypothetische Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip des beweglichen Systems darstellt. Diese Frage kann nicht unter Hinweis auf die Entbehrlichkeit des Kriteriums in einzelnen Konstellationen abschließend beantwortet werden. Denn es ist gerade die Eigenart der Lehre vom beweglichen System, daß nicht immer alle Elemente bzw. Prinzipien im konkreten Entscheidungsfall zugleich wirken müssen, sondern es können einzelne austauschbar sein oder durch andere vertreten werden. Vor dem Hintergrund dieser methodologischen Einschränkung fragt sich nunmehr, ob die Hypothese ein sinnvolles, d.h. teleologisch begründbares Prinzip ist. Kein Hinderungsgrund dürfte zunächst die generalklauselartige Formulierung, die den §§ 43 I GmbHG, 93 I AktG entlehnt ist, sein. Denn selbst für die Konkretisierung von Generalklauseln ist die Lehre vom beweglichen System schon herangezogen worden. 68 Um so weniger spricht dagegen, eine generalklauselartige Wendung als Element des beweglichen Systems anzuerkennen. Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß die Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters grundsätzlich ein denkbares Element des beweglichen Systems darstellt, zumal die Entbehrlichkeit des Kriteriums im Einzelfall gerade kein Gegenargument im Sinne dieser Lehre darstellt. Ob die genannte Denkfigur überkommen ist, kann erst an späterer Stelle69 , nämlich nach Erörterung 70 der "neuen"71 Definition der verdeckten Gewinnausschüttung durch die Rechtsprechung behandelt werden.

2. Subjektive Voraussetzungen im beweglichen System?

Zuvor ist aber der Frage nachzugehen, ob der verdeckten Gewinnausschüttung auch ein subjektives Moment anhaftet. Diese Frage steht nämlich insofern in unmittelbarem Zusammenhang mit der Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, als sie für deren Verständnis hilfreich ist. Danach entscheidet sich nämlich, ob es sich um einen einfachen Parameter rür die Sorgfalt handelt oder ob der verdeckten Gewinnausschüttung zusätzlich ein "doloses" Moment zueigen ist.

68 Vgl. Mayer-Maly, (Lit.-Verz.), Bewegliches System und Konkretisierung der guten Sitten, S. 117 ff. 69 Vgl. unter 3. b). 70 Unter 3. a). 71 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I. I. a), S. 644.

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

Für die Lehre vom beweglichen System ist diese Frage deshalb von einigem Interese, weil davon ihre Tauglichkeit rür die verdeckte Gewinnausschüttung abhängen kann: Sollte es sich nämlich wirklich um "subjektive Tatbestandsvoraussetzungen"n bzw. "subjektive Tatbestandsmerkmale"73 handeln, so bliebe das nicht folgenlos für die Lehre vom beweglichen System. Denn dann müßte erklärt werden, warum es sich bei der verdeckten Gewinnausschüttung nicht, wie allgemein beim Tatbestandsschema üblich, um eine "Wenn-dannImplikation" handelt, bei der immer alle Voraussetzungen vorliegen müßten, um die entsprechende Rechtsfolge eintreten zu lassen. a) Die subjektive Theorie Lange7\ der subjektive Voraussetzungen nach wie vor75 für unentbehrlich

hält, hat selbst von einer "subjektiven Theorie" gesprochen. 76 Danach bedarf es zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zusätzlich eines subjektiven Moments 77 • Es müssen also "subjektive Tatbestandsmerkmale"78 in der Person des Handenden erfüllt sein. Einen gewissen Rückhalt erfahrt diese Ansicht vorderhand 79 durch einzelne Wendungen 80 innerhalb der Rechtsprechung, obwohl der Bundesfinanzhof ausdrücklich keine entsprechende Absicht ver-

Ranft, StbJb 1972/73, 269, 287 f. So Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, vor Rz. 85 unter V. 74 Ihm folgend Beckmann, BB 1967, 532, 536; Fröhlich, Verdeckte Gewinnausschüttungen, S.84, 95 ff.; Brezing, StbJb 1983/84, 227; Gaffron, GmbHR 1971, 38; Rose, DB 1968, 1874, 1875; Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S.91; Theis, DB 1974, 2318, 2322. 75 Erstmals in der 1. Auflage seines Buches über die verdeckten Gewinnausschüttungen aus dem Jahre 1967. 76 Verdeckte Gewinnausschüttungen, aaO., unter V. 1. 77 A.A. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 19 1. 1., S. 645 Fußnote 15 unter Hinweis auf die 7. Auflage, S. 525, wonach die Ansicht von Lange "im grundsätzlichen verfehlt" sei. 78 Lange, aaO., Rz. 98. 79 Daß der BFH die Absicht nicht mehr verlangt, legt Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, 2. Auflage, S. 63 f. dar. Er selbst zweifelte zuvor noch (in: DStR 1980,395,399; sowie in der 1. Auflage S. 63 f.). 80 So etwa BFH BStBl II 1973,322: "Hinzukommen muß, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter dieses Mißtrauen erkannt und keinen rechtlichen oder betrieblichen Anlaß gesehen hat, das Geschäft dennoch abzuschließen." Ferner BFH BStBI II 1978, 109: "Der Begriff der Zuwendung setzt voraus, daß sich der Geschäftsführer zumindest der Möglichkeit der Vorteilszuwendung bewußt ist." Indessen heißt es schon im Folgesatz: "Wegen der ( ... ) schwer nachprüfbaren subjektiven Seite kommt dabei jedoch den objektiven Beweiszeichen besondere Bedeutung zu." Vgl. auch BFH BStBl II 1982, 248. 72 73

III. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

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langt81 • Darin sieht Pezzer eine unzulässige "Sollbesteuerung" seitens der Rechtsprechung, da nicht das Einkommmen besteuert werde, das die Körperschaft erziele, sondern, was sie hätte erzielen können, wäre nur ihr Geschäftsleiter gewissenhaft genug gewesen. 82

b) Bewertung aus Sicht des beweglichen Systems

Mag auch der Begriff der "verdeckten" Gewinnausschüttung eine gewisse Heimlichkeit implizieren, die wiederum den Anstrich dolosen Verhaltens in sich birgt, so muß es sich gleichwohl nicht um eine Voraussetzung im strengen Sinne handeln. Vielmehr besteht der Geltungsgrund der verdeckten Gewinnausschüttung letztlich darin, daß die betriebliche Sphäre von der nichtbetrieblichen geschieden werden soll. 83 Entscheidend ist somit weniger der sanktionierende Charakter des Rechtsinstituts als vielmehr die Korrektur der Gewinnverschiebung. 84 Entgegen Lange ist deshalb auch nicht einsichtig, warum es keine verdeckte Gewinnausschüttung sein soll, wenn sich erst "nach Jahren durch eine Betriebsprüfung herausstellte, daß der Kapitalgesellschaft ein Wert zugunsten des Gesellschafters entzogen wurde"85. Denn einen auf die Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung gerichteten Vertrauensschutz braucht es nicht zu geben und würde die Betriebsprüfung ihres Sinnes teilweise berauben. Daß ein rein strafrechtlicher Maßstab im übrigen ungeeignet wäre, zeigt sich schon daran, daß dann bei einem Tatbestandsirrtum (vgl. § 16 StGB) auch eine verdeckte Gewinnausschüttung ausgeschlossen wäre. 86 Dagegen würde der mit dem Abstellen auf subjektive Momente einhergehende Pönalisierungsgedanke87 BFH BStBl1I 1970,229. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 91. Diesen Gedanken hat Schön in der Festgabe für Flume (S. 265 ff.) näher ausgeführt. 83 Das hat schon Ballerstedt in seiner grundlegenden, wenngleich eher gesellschaftsais steuerrechtlieh angelegten Monographie "Kapital, Gewinn und Ausschüttung bei Kapitalgesellschaften", 1949, S. 25, herausgestellt, indem er auf die betrieblich bedingte Aufwendung und (aaO., S. 23) auf den Gewinnbegriff abgestellt hat. 84 Prägnant insofern die Aufsatzüberschrift von Thiel, FR 1977,267: "Die Neutralisierung der dem Empfänger der verdeckten Gewinnausschüttung zu Lasten der Kapitalgesellschaft erwachsenden Bereicherung". 85 Lange, aaO., Rz. 107. 86 So treffend von Wallis, GmbHR 1968,87,91. Freilich setzt sich Lange, aaO., Rz. 106 ff., ausführlich mit diesem Einwand auseinander; die dortige Fallgruppenbildung bringt jedoch keinen nennenswerten Gewinn an Gerechtigkeit. Es wäre unerfindlich, warum eine "versehentliehe Entgeltbemessung" (sie!) keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen sollte (so aber Lange, aaO., Rz. III a.E.). 87 In diese Richtung Brezing, Verrechnungsentgelte und Umlagen zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern im Steuerrecht, S. 112, der resignierend an81

82

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

die maßgeblichen Gesichtspunkte verklären. Mit anderen Worten: Das Heimlichkeitsprinzip ist kein taugliches Entscheidungskriterium im Rahmen des beweglichen Systems.

3. Die "neue" Formel der Rechtsprechung im beweglichen System

Wie schon verschiedentlich angedeutet, stellt der Bundesfinanzhof seit einiger Zeit88 nicht mehr auf die Person des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ab, sondern hat eine neue Umschreibung 89 der verdeckten Gewinnausschüttung eingeruhrt. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit es damit noch auf die "alte" Formulierung ankommt. Dabei wird der Schwerpunkt im vorliegenden Zusammenhang auf die Frage gelegt, welche Elemente und Entscheidungskriterien sich aus der neuen Formulierung ableiten lassen. Um die Formel in ihrer Neuheit zu würdigen, fragt sich allerdings zunächst, in welchem Verhältnis sie zur vorherigen Definition steht. In diesem Rahmen ist die Hypothese zu untersuchen, daß die vorgestellte Handlung des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters weiterhin ein Entscheidungskriterium darstellt. Denn als Element des beweglichen Systems muß es nicht in jedem Fall gleichermaßen ausgeprägt sein.

a) Die neue Formel der Rechtsprechung

"Verdeckte Gewinnausschüttung ist bei Kapitalgesellschaften eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt90 und nicht in Verbindung mit einer offenen Ausschüttung steht. ,,9 I Diese Defimerkt, daß die Finanzbehörden selten an ein Versehen glauben, sondern "nach der Lebenserfahrung" davon ausgehen, "daß der Steuerpflichtige ein Spitzbube" sei. In der Tat würde man andernfalls Gefahr laufen, mit Eventualvorsatz vorgetragene Täuschungsversuche steuerrechtlich zu honorieren. 88 Erstmals im Jahre 1989 (BFH BStBl II 1989,475). 89 Hierzu Wassermeyer, GmbHR 1989, 298. 90 Wassermeyer (GmbHR 1998, 157, 158) meint zu Recht, daß nicht sowohl eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) als auch eine Einkommensminderung (verhinderte Einkommensmehrung) erforderlich ist, sondern nur eine Vermögensminderung nötig ist, die sich als Minderung respektive als verhinderte Mehrung des Unterschiedsbetrages i.S.d. § 4 I 1 EStG auswirkt, da man so die offenen Ausschüttungen, die den Unterschiedsbetrag nicht mindern, nicht eigens ausklammern muß. Diese definitorische Präzision kann als Ausdruck einer erhöhten Beweglichkeit verstanden werden. 9\ BFH BStBl II 1989,475,476; BStBl II 1989,631,633; BStBI II 1989, 855; BStBI 111990,237.

BI. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

173

nition92 hat die alte Umschreibung in der Rechtsprechung ersetzt. 93 Ausgangspunkt dieser Entwicklung war die erforderliche Unterscheidung zwischen einer "verdeckten Gewinnausschüttung" i.S.d. § 8 III 2 KStG, "sonstigen Bezügen" i.S.d. § 20 I Nr. 1 S. 2 EStG und der "anderen Ausschüttung" gemäß § 27 11 KStG. Ob diese Umformulierung rechtlich etwas wesentlich Neues bringt oder ob der Sache nach alles beim alten bleibt9\ wird uneinheitlich95 beurteilt. Schön gibt zu bedenken, daß nach der neuen Formulierung auch solche Maßnahmen als verdeckte Gewinnausschüttung angesehen werden können, die sich vom Standpunkt der Gesellschaft aus als angemessen, "vielleicht sogar als besonders günstig herausstellen, die m.a.W. auch und gerade von einem ordentlichen Geschäftsleiter vollzogen werden könnten."96 Andere sehen in der neuen Definition einen "rechtssystematischen Fortschritl"97, da nunmehr der Bezug zum Gesellschaftsverhältnis im Gegensatz zur betrieblichen Veranlassung, auf die es nach § 4 IV EStG i.V.m. § 8 I KStG ankommt, betont werde. Damit verliere das Merkmal des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters an Gewicht und habe nurmehr "die Funktion einer Denkhilfe zur Würdigung der einzelnen Indizien und nicht mehr die Funktion eines materiellen Tatbestandsmerkmals"98.

92 Als Gegenvorschlag formuliert Pezzer (in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rz. 57): "Verdeckte Gewinnausschüttungen liegen vor, wenn Handlungen (oder Unterlassungen), die den lahresüberschuß der Körperschaft mindern, dazu bestimmt sind, dem Anteilseigner einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, ohne daß diese Zuwendung betrieblich motiviert ist." Der Vorzug besteht nicht zuletzt darin, daß die von der Rechtsprechung (vgl. BStBI " 1996, 204) als verdeckte Gewinnausschüttung angesehenen Fälle der "nicht ernstlich gemeinten" Vereinbarungen als Scheingeschäfte i.S.d. §§ 117 BGB, 41 AO subsumiert werden können und als solche für die Besteuerung ohnehin unerheblich, d.h. auch nicht korrekturbedürftig sind (a.A. Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, 160). Hingegen ist das Fehlen einer klaren Vereinbarung auch nach der Rechtsprechung (BFH/NV 1997, 806) keine unerläßliche Voraussetzung für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. 93 BFH BStBI " 1992,975; BStBI " 1993,139; BStBl1I 1993,376; BStBI " 1993, 457. 94 Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, S.30; ders., BB 1989, 1175; Scholtz, FR 1990, 321, 350, 386; Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 11 (keine "materiellen Änderungen"). 95 Nach Reiss (StuW 1996,337) ist die verhinderte Vermögensmehrung in Form der Minderung nur eine Rechtsfolge und keine Tatbestandsvoraussetzung der verdeckten Gewinnausschüttung. Hiergegen verweist Wassermeyer (GmbHR 1998, 157, 160) zu Recht auf § I AStG, der explizit eine Minderung der Einkünfte verlangt. 96 Schön, Festgabe für Werner Flume, 1998,265,274. 97 Pezzer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 11 Rz. 55. 98 Wassermeyer, OB 1994, 1105; ders., FR 1989,219.

174

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

b) Würdigung aus der Sicht der Lehre vom beweglichen System

Diese Entwicklung fügt sich bruchlos in die Konzeption des beweglichen Systems ein. Das läßt sich schon anhand der Terminologie des zuletzt aufgezeigten und deshalb wörtlich wiedergegebenen Standpunkts aufzeigen: Dort ist davon die Rede, daß die Figur des ordentlichen Geschäftsleiters "an Gewicht verliert" ; die unterschiedliche kräftemäßige Ausprägung und gegebenenfalls mögliche Ersetzbarkeit einzelner Elemente ist aber gerade ein Kennzeichen des beweglichen Systems. Ungeachtet der Position, die man im Streit um das eigentlich Neue an der Defmition der Rechtsprechung einninunt, erweist sich die Richtigkeit der hier zugrunde gelegten Hypothese: Die Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters bleibt ein taugliches Entscheidungskriterium und kann deshalb auch als Prinzip des beweglichen Systems der verdeckten Gewinnausschüttung fungieren. Zugleich bestätigt sich auch hier, was bereits bei Betriebsaufspaltung und Mitunternehmerschaft festgestellt wurde, nämlich daß die einzelnen Elemente in sich eine gewisse Beweglichkeit aufweisen und folglich auch je nach der zu entscheidenden Konstellation in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen können. 99 Damit erübrigt sich auch der Ausdruck "Denkhilfe"lOo. Vielmehr handelt es sich um ein Prinzip, nämlich das des Fremdvergleichs lOl , das als Element des beweglichen Systems in der Tat zurücktreten kann und gegebenenfalls ersetzt wird, wenn das Moment der Gewinnminderung entsprechend klar zutage tritt. Der Fremdvergleich seinerseits ist das zentrale "Hilfskriterium für die Konkretisierung des Veranlassungsgrundsatzes"102 Hier zeigt sich im übrigen einmal mehr das Zusanunenspiel der verschiedenen Prinzipien im Sinne einer Wechselbezüglichkeit: Fremdvergleich und Veranlassungsprinzip sind jedes für sich teleologisch begründbare Prinzipien, gleichzeitig aber auch aufeinan99 Dazu paßt es auch, daß die neuere Rechtsprechung (vgl. nur BFHE 181, 328) betont, daß viele der richterrechtlichen Maßstäbe zur verdeckten Gewinnausschüttung lediglich Indizcharakter besitzen. Pezzer (in: TipkeiLang, Steuerrecht, § II Rz. 55) liest daraus eine Tendenz der Rechtsprechung, "nun schärfer zwischen dem rechtlichen Obersatz (... ) einerseits und der Tatsachenfeststellung und -würdigung anhand von Indizien" zu trennen. Den Ursprung sieht er wohl zu Recht in der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Anerkennung von Ehegattenarbeitsverhältnissen (BStBI II 1996, 34), wonach Indizmerkmale nicht zu rechtlichen Tatbestandsmerkmalen verselbständigt werden dürfen. Dieser scharfsichtige Befund ist rechtstheoretisch von hohem Interesse. Es fragt sich allerdings auch, ob der Bundesfinanzhof nicht auch bei der verdeckten Gewinnausschüttung unausgesprochen gelegentlich nach den Regeln des beweglichen Systems judiziert. 100 Vgl. Pezzer, in Tipke/Lang, Steuerrecht, § II Rz. 55. 101 Etwas anders Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, 161, der den Maßstab des Handelns eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters als Unterfall des Fremdvergleichs versteht. 102 So Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, 161.

III. Die Entwicklung des "Tatbestandes"

175

der bezogen, indem sie einander konkretisieren. Auf diese Weise wird einer Verabsolutierung 103 des Fremdvergleichs entgegengewirkt.

4. Abschließende Betrachtung der Tatbestandskonzeption

Die bisherige Auffassung in der Literatur geht explizit von einer klaren Tatbestandskonzeption mit unklarem Inhalt aus. 104 Das bedeutet, daß weitgehende Einigkeit darüber besteht, daß es einen Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung gibt, dem allerdings unterschiedliche Voraussetzungen zugeordnet werden. lOS Das zeigt sich daran, daß von "Tatbestandsvoraussetzungen"106 bzw. "Tatbestandsmerkrnalen"107 die Rede ist. Indessen fehlt es bei Licht betrachtet gerade an einer abschließenden Tatbestandsbildung, und auch § 8 III 2 KStG setzt die verdeckte Gewinnausschüttung lediglich voraus, ohne sie näher zu bezeichnen. 108 Es verhält sich insofern ähnlich wie bei der Betriebsaufspaltung: Auch sie ist im Gesetz nicht vorgesehen und im Unterschied zur verdeckten Gewinnausschüttung auch nirgends vorausgesetzt. Jedoch hatte der Gesetzgeber zwischenzeitlich beabsichtigt, jene gesetzlich zu normieren, aber eben auch nur in Form einer Erwähnung in § 15 EStG 109 , ohne die konkreten Voraussetzungen zu statuieren. llo 103 Eine solche sieht Fratscher, GmbHR 1998, 23, 27, in der Rechtsprechung des BFH verwirklicht; dagegen aber Wassermeyer, GmbHR 1998,157, 16l. 104 Weber-Grellet, StuW 1998,357,360: "ein gesetzlicher (wenn auch relativ unbestimmter) Tatbestand." 105 Ausführlich hierzu Müller, Verdeckte Gewinnausschüttungen im Zivil- und Steuerrecht, DStJG 17 (1994) 289. 106 Vgl. nur Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 84 f. 101 Wassermeyer, DB 1994, 1105, 1107 f. Besonders deutlich: Döllerer, DStR 1980, 395: "Damit ist aber noch nicht gesagt, welche Tatbestandsmerkmale im einzelnen erfüllt sein müssen, um die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung auszulösen. ( ... ) Es gibt in der Rechtsordnung keinen 'Tatbestand an sich', sondern immer nur einen Tatbestand als Voraussetzung für bestimmte Rechtsfolgen." Man könnte überspitzt entgegenhalten: Es gibt überhaupt keinen vorbezeichneten Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung, sondern (nur) ein bewegliches System. 108 Instruktiv hierzu Wassermeyer, DB 1994, 1105 f., der jedoch am Tatbestandsschema festhält. Seine Ergebnisse - Fremdvergleich und Gewinnminderung als Tatbestandsmerkmale - entsprechen der Sache nach der hier vorgetragenen Konzeption und führen lediglich - weil der Begriff des Tatbestandes nicht paßt - zur Frage nach dem beweglichen System als angemessener dogmatischer Einordnung und systematischer Fundierung. 109 § 15 11 EStG sollte u.a. lauten: "Keine Vermögensverwaltung, sondern Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Sinne des Satzes I ist die Vermietung, Verpachtung oder sonstige Überlassung von Wirtschaftsgütem zur Nutzung im Rahmen der Betriebsaufspaltung"; vgl. BR-DrS. 165/85. 110 Vgl. zu den Einzelheiten oben § 3 I.

176

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

Wäre es dazu gekommen, so läge eine durchaus vergleichbare Situation wie bei der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 III 2 KStG vor, ohne daß dadurch die Möglichkeit eines beweglichen Systems ausgeschlossen wäre, weil es jedenfalls an einem abschließenden Tatbestand fehlt.

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

Damit ist der Weg geebnet für die Erörterung der einzelnen Elemente bzw. Prinzipien. Als solche kommen nach dem Gesagten der Fremdvergleich in Form der Gegenüberstellung eines ordentlichen und gewisenhaften Geschäftsleiters, die Zuwendung causa societatis und die Gewinnminderung als verhinderte Vermögensmehrung in Betracht. 111

1. Gewinnminderung als verhinderte Vermögensmehrung

Die Gewinnminderung wurde bislang nur am Rande erörtert. Hierbei ist es sinnvoll, noch einmal den Bezugspunkt klar herauszustellen. Das erfordert einen kurzen Rekurs auf die möglichen Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung, die deshalb weiter oben vorgenommen wurde. Dabei zeigt sich, daß - ebenso wie es in den vorangegehenden Paragraphen bei der Betriebsaufspaltung l12 und der mitunternehmershaftlichen Betriebsaufspaltung l13 der Fall war -, die rechtsfolgenorientierte Betrachtungsweise auch für die Interpretation als bewegliches System fruchtbar ist. In diesem Rahmen wurde zwischen den Rechtsfolgen auf Seiten der Körperschaft l14 und auf Seiten des Gesellschafters 115 unterschieden.

a) Die Gesellschaftsebene

Die Gewinnminderung kennzeichnet die verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft und stellt damit einen wesentlichen Ent-

111 Weber-Grellet, StuW 1998, 357, 361, sieht demgegenüber die Vennögensdisposition in Form einer gesellschaftlich veranlaßten Leistung und deren falsche Verbuchung als die entscheidenden Merkmale an. Er anerkennt allerdings ausdrücklich (aaO., S. 362 Fußnote 68 gegen Fratscher, Verdeckte Gewinnausschüttung, DStJG 20, 1997, 205,213) "die überragende Bedeutung des Fremdvergleichs". 112 Vgl. oben § 311. 2. 11.' Vgl. oben § 5 I. \. und 2. 114 Oben unter I. \. 11; Oben unter I. 2.

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

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scheidungsgesichtspunkt im Sinne des beweglichen Systems dar. "6 Zur Gewinnminderung im Sinne einer verhinderten Vermögensmehrung gehört auch der entgangene Gewinn. ll7 Das ist etwa dann der Fall, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter ein Wirtschafts gut zum Buchwert überläßt, obwohl es einen höheren Wert hat."8 Rechtsfolge ist gemäß dem oben"9 Gesagten die betragsmäßige Hinzurechnung zum Einkommen und die Herstellung einer Ausschüttungsbelastung.

b) Die Gesellschafterebene Auf der Ebene des Gesellschafters ist zu unterscheiden: Handelt es sich um einen Privatmann, so ist nach § 11 I EStG schlicht der Zufluß maßgeblich. '20 Die Rechtsfolge besteht in der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen, § 20 I EStG.'~' Ist der Gesellschafter dagegen Kaufmann, so kommt es gemäß §§ 4, 5 EStG auf den bilanzrechtlichen Zugang der verdeckten Gewinnausschüttung an.I~~ Soweit er die Anteile im Betriebsvermögen hält, erzielt er wegen § 21 I Nr. 1, III EStG Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In beiden Fällen korrespondiert die Zuwendung auf seiten des Gesellschafters der Gewinnminderung bei der Körperschaft. In diesem Zusammenhang ist auf eine Besonderheit einzugehen, die auch das bewegliche System betrifft. Die Vorteile müssen nämlich nicht unbedingt dem Gesellschafter, sondern können auch einer ihm nahestehenden Person zugewendet werden 123 , soweit nur der Gesellschafter selbst einen - sei es auch nur mittelbaren - Vorteil davon hat.'~4 Nahestehende Personen sind nicht nur Angehörige i.S.d. § 15 AO, sondern auch solche, die in jahrelanger persönli-

116 Döllerer, DStR 1980, 395, 398, hat die Gewinnminderung - vom Standpunkt des Tatbestandsschemas aus konsequent - als "zur Verwirklichung des Tatbestandes auf der Ebene der Kapitalgesellschaft" zugehörig angesehen. 117 BFHE 101,505. 118 Wassermeyer, FR 1989,218,221. 119 Unter I. I. 120 Döllerer, DStR 1980, 395, 397 f. 121 Sehr kritisch vor diesem Hintergrund gegenüber der neuen Definition der Rechtsprechung Scholtz, FR 1990, 386, 389: "Keinem Rechtsanwender wird es einleuchten, daß eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung beim Gesellschafter zu Einnahmen aus Kapitalvermögen fUhren solL" 122 Döllerer, aaü., S. 398. m Eingehend hierzu HallIIhäuser, Verdeckte Gewinnausschüttung an Nichtgesellschafter, 1965. 124 St. Rspr. ; vgl. nur BFH BStBI 11 1969, 243; BStBI 11 1972, 320; BStBI 11 1975, 48; BStBI 11 1982,248; BStBI 11 1986, 195; BStBl1I 1989,631.

12 Peterscn

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

cher oder geschäftlicher Verbindung zum Gesellschafter stehen. 125 Beispiele hierfür sind Zuwendungen unter Schwestergesellschaften, Vorteilszuwendungen an volljährige Kinder oder Beratungshonorare an den Ehegatten des Gesellschafters. In all diesen Fällen streitet eine widerlegliehe Vermutung dafür, daß die Zuwendung causa societatis erfolgt. 126 Daß der Begriff der "nahestehenden Person" dehnbar ist 127 , ist durchaus im Sinne des beweglichen Systems, dessen einzelne Elemente sich, wie verschiedentlich gezeigt, durch eine mehr oder minder stark ausgeprägte Beweglichkeit auszeichnen. Das gewährleistet schließlich die Möglichkeit, daß ein Entscheidungskriterium im Einzelfall dominieren oder zurücktreten kann.

2. Angemessenheit und Fremdvergleich

Als weiteres Prinzip steht die Angemessenheit in Gestalt der Überlegung, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter sonst gleichen Umständen 128 handeln würde, fest. Die Angemessenheitsprüfung läuft also auf einen Fremdvergleich hinaus. Dieser stellt selbst kein taugliches Entscheidungkriterium dar, weil der Drittvergleich als solcher nichts aussagt, sondern nur eine Entscheidungshilfe bildet. 129 Als materiales Prinzip kommt jedoch die BFH BStBI III 1964, 17. BFH BStBI II 1987, 797. 127 Nolte (OB 1964, 641) sieht hierin die Gefahr, daß auch Zuwendungen an Kunden, Angestellte oder Lieferanten als verdeckte Gewinnausschüttung geIten können, doch wiegt dies nicht so schwer, da zusätzlich sichergestellt sein muß, daß auch der Gesellschafter dadurch einen mittelbaren Vorteil erhält (so zutreffend Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 34). Wo dies freilich der Fall ist, spricht auch nichts gegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. 128 Diese Einschränkung hat vor allem in den Fällen des Vorteilsausgleichs Bedeutung: Soweit dem Vorteil, den die Gesellschaft dem Gesellschafter zuwendet, umgekehrt ein Vorteil seitens des Gesellschafters zugunsten der Gesellschaft gegenübersteht, ist eine verdeckte Gewinnausschüttung zumindest dann nur in Höhe des übersteigenden Betrages anzunehmen, wenn ein wirtschaftlich einheitliches Geschäft vorliegt (BFH BStBI II 1973,449; BStBI II 1977,704; RIW 1989, 160). "Unter sonst gleichen Umständen" heißt also, daß gewährte Gegenvorteile berücksichtigungsfähig sind, wenn und weil diese nach Grund und Höhe gesichert sind (zum Ganzen eingehend Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, S. 115-121 m.w.N.). 129 In diesem Zusammenhang verdient wiederum (vgJ. oben II a.E.) die Mahnung von Schön (Festgabe für Werner Flurne, 1997) Gehör, wonach derjenige, der die Veranlassung durch die Gesellschaft "einem pauschalen 'Drittvergleich ' unterzieht und jeden Schritt vom Wege der Typizität zum Anlaß für die Anwendung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nimmt, ( ... ) in die Gefahr gerät, bei der Gesellschaft einen Soll-Ertrag zu besteuern" (Schön, aaO., S. 265, 283 f.). Diese Gefahr läßt sich dadurch bannen, daß man mit Weber-Grellet (StuW 1998,357,362) die Funktion des Fremdvergleichs in der Abgrenzung der betrieblichen von der gesellschaftlichen Veranlassung erblickt. 125

126

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

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dahinter stehende Erwägung in Betracht. Diese besteht darin, daß dort, wo der Fremdvergleich erforderlich ist, regelmäßig der zwischen Fremden typische Interessengegensatz fehlt. Es geht also um eine Angemessenheitsprüfung. Die Angemessenheit hat im Steuerrecht zweifellos Prinzipiemang l30 ; man kann ohne weiteres von einem ,,Angemessenheitsprinzip" sprechen. \31 Da das Element der Angemessenheit jedoch in dieser Form zu allgemein wäre, bildet der Fremdvergleich, der sich am Angemessenheitsmaßstab orientiert 132 , den notwendigen Ansatzpunkt. Eine Präzisierung dessen findet sich bei WeberGreller. \33 Nach seiner Ansicht sind tUr die Bestimmung des Fremdvergleichs "folgende Kriterien von Bedeutung"u4: Angemessenheit im Sinne einer Korrespondenz von Leistung und Gegenleistung, Üblichkeit mit dem "Hauptkriterium"m des internen und externen Betriebsvergleichs, Ernstlichkeit sowie weiteren ,,formellen Kriterien,,136, zu denen Weber-Greller die im voraus getroffene, klare und eindeutige, rechtlich wirksame und U.u. schriftlich fixierte Vereinbarung ansieht. U7 Man kann hier von der Bildung eines beweglichen Subsystems sprechen. Das Prinzip der Angemessenheit wird durch eine Anzahl in sich fungibler Elemente ermittelt und anschließend mit den übrigen Elementen abgewogen. \38 Das Merkmal des Fremdvergleichs ist entsprechend der Lehre vom beweglichen System aber nicht in allen Konstellationen unverzichtbar. Was nämlich die Ersetzbarkeit dieses Elements betrifft, so ist zu differenzieren: Der Drittvergleich ist angezeigt, wenn es darum geht, ob die Vermögensminderung causa societatis erfolgt ist, d.h. durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. \39 Denn hier bietet der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einen \30 Vgl. etwa Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 9 Rz. 251: "Dieses Prinzip durchzieht das gesamte Steuerrecht." 1)1 Treffend Lang, aaO., ( "Der Angemessenheitsmaßstab ist das Skalpell, mit dem der Sachverhalt für die Subsumtion unter die Steuerrechtsnorm freipräpariert wird."). 1)2 Lang, aaO., Rz. 251. I)) In: StuW 1998,357,363. 1J4 Weber-Grellet, aaO., S. 363; zu der auffalligen Anlehnung dieser Wortwahl an die Lehre vom beweglichen System im Text. 1)5 Auch hier leuchtet eine Affinität zur Lehre vom beweglichen System auf. 1)6 Vgl. die vorige Fußnote. 1)7 Weber-Greller, aaO., S.363. Bereits zuvor (aaO., S. 362) findet sich bei WeberGreller eine aufschlußreiche Liste mit Kriterien, wonach geprüft werden kann, ob das Geschäft auch mit fremden Dritten zustande gekommen sein könnte. 138 So verfahrt letztlich auch die Rechtsprechung, deren Vorgehen Weber-Greller (StuW 1998,357,365) wie folgt paraphrasiert: "Die neuere Rechtsprechung tendiert in die Richtung eines einheitlichen, umfassenden,aber in bezug auf Minderheits- und Mehrheitsgesellschafter graduell gestuften(!) Fremdvergleichs. Die Nichtbeachtung einzelner formeller Voraussetzungen ist zu gewichten(!) und abzuwägen." 1)9 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 I. I. a), S. 645.

12'

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

Vergleichsmaßstab, der darüber Aufschluß gibt, ob das Vermögen der Gesellschaft nur deshalb gemindert oder nicht vermehrt wurde, weil der Entscheidungsträger wie mit fremden Dritten verfahren hat. Handelt es sich hingegen um ein Geschäft, das rur einen Drittvergleich von vornherein nicht in Frage kommt, weil es der Gesellschafter als solcher mit der Gesellschaft abschließt und das infolgedessen mit einem fremden Dritten gar nicht sinnvoll zustandekommen könnte, so bedarf es der Formel nicht. Hier ist ohnehin klar, daß eine etwaige Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis erfolgt ist. Das hat der BFH rur den Fall bestätigt, in dem es um die Beurteilung eines Rechtsverhältnisses im Rahmen der Erstausstattung einer Kapitalgesellschaft ging. 140 Für einen Fremdvergleich fehlt hier naturgemäß der Bezugspunkt. Gleiches gilt rur die nach § 57 I 1 AktG verbotene Rückgewähr von Einlagen: Diese erfolgt stets causa societatis. 141 Regelrecht kontraproduktiv wäre die strikte Zugrundelegung des Fremdvergleichs dort, wo anband seiner auch ausgeglichene oder sogar solche Geschäfte umqualifiziert werden, die der Gesellschaft günstig sind. 142 Dieser Befund bestätigt die hier zugrunde gelegte Annahme: Da die Elemente des beweglichen Systems grundsätzlich ranggleich und wechselseitig austauschbar sind, ist es unschädlich, daß dem Fremdvergleich bald mehr, bald weniger und in bestimmten Konstellationen gar keine Bedeutung zukommt.

3. Die Zuwendung causa societatis

Aus dem soeben Gesagten ergibt sich als weiteres Entscheidungskriterium, daß die Zuwendung causa societatis erfolgt ist. 143 Der Sinn dieses Merkmals besteht darin, daß die gesellschaftsrechtliche Veranlassung bei der Körperschaft in ein Näheverhältnis zur Besteuerung natürlicher Personen gerückt wird, bei denen privat veranlaßte Aufwendungen wegen § 12 Nr. 1 EStG gleichfalls nicht abgezogen werden können. 144 Sedes materiae ist somit letztlich die erforderliche Zurechnung zum Bereich der Einkommenserzielung einerseits und der Einkommensverwendung andererseits. 145

BFH BStBI " 1984, 673. BFH BStBI " 1985,69. 142 Vgl. Schön, Festgabe für Wemer Flume, S. 265, 284. 143 Hierzu Flume, ZHR 144 (1980), 18, 19 f. 144 Schön, aaO., S. 265, 268, der jedoch für den Fall verhinderten Vermögensmehrungen Zweifel bezüglich des Merkmals causa societatis anmeldet; ähnlich Reiß, StuW 1996,337,345. 145 Schön bezeichnet dies aaO., S. 268 zu Recht als "die Problematik der verdeckten Gewinnausschüttung". Auch SchejJ1er, Besteuerung von Unternehmen, Band I, S. 54, 140 141

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

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Die Schwierigkeit der genauen Übersetzung der Formulierung causa societatis spiegelt sich in den uneinheitlichen Formulierungen der Rechtsprechung wider: Zunächst ging der Bundesfmanzhof davon aus, daß die Zuwendung "durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht"'46 sein müsse bzw. "ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis habe"'47 oder "mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis"'48 erfolge.lm Anschluß an die neue Formel zur verdeckten Gewinnausschüttung '49 spricht der Bundesfinanzhof nurmehr davon, daß die Zuwendung durch das Gesellschaftsverhältnis "veranlaßt" sei. 150 Die Bedeutung dieser Änderung ist zweifelhaft. Einigkeit besteht darüber '51 , daß das Wort "veranlaßt" trotz der gleichlautenden Wendung wie in § 4 IV EStG nicht denselben Gehalt hat, wie es bei der Betriebsausgabe der Fall ist. Bei der verdeckten Gewinnausschüttung kommt es nämlich anders als bei der Betriebsausgabe 'S2 auf die Angemessenheit an. Im Schrifttum wird allerdings auf die damit verbundene Gefahr einer Ausweitung der verdeckten Gewinnausschüttung aufmerksam gemacht, da der Begriff der Veranlassung offener ist als derjenige der Verursachung 153, der nach einer klareren Bezeichnung verlangt. 154 Für die Lehre vom beweglichen System hat das indessen keine Auswirkungen. Sie ist ohnehin eher prinzipienorientiert und haftet weniger am Begriff, wie bereits bei der Gegenüberstellung von Typus und beweglichem System herausgestellt wurde. ls5 Die angesprochene Gefahr einer Ausweitung bestätigt sieht die verdeckte Gewinnausschüttung insgesamt als Ausprägung der flir die Einkommensteuer geltenden "Grundidee" an, nach der die Einkommenserzielung der Besteuerung unterliegt und die Einkommensverwendung die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage nicht mindern darf. 146 BFH BStBI II 1985,69; BStBI II 1989,419. 147 BFH BStBI II 1972, 227; BStBI II 1977,568; BStBI II 1980, 531; BStBI II 1982, 248; BFHINV 1989,258; BFHINV 1989,395. 148 BFH BStBI II 1970,229. Es findet sich auch die Wendung, daß die Zuwendung "ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis" hat: vgl. BStBI II 1981, 612. 149 Allerdings hieß es zuvor schon vereinzelt (BFH BStBI II 1981, 261) "veranlaßt", doch wurde bereits in der folgenden Entscheidung (BFH BStBI II 1982, 245) wieder von "Verursachung" gesprochen. 1;0 BFH BStBI II 1989,475; BStBI II 1989,631; BStBI II 1989,452; BStBI II 1989, 636. 151 Zuerst Döllerer, BB 1989, 1175; zustimmend Sc/witz, FR 1990,386. 1;2 BFH BStBI II 1986, 373, 374. 153 Gegen die Ursächlichkeit Müller, DStJG 17 (1994), S. 304, der die Gesellschaftereigenschaft lediglich als objektive Bedingung der Steuerbarkeit versteht; hiergegen Wassermeyer, aaO., S. 341. 154 Maas, StVj 1990,42,46; Selioltz, FR 1990,386,387, der zutreffend darauf hinweist, daß die verdeckte Gewinnausschüttung damit nicht als kausales Rechtsgeschäft mißverstanden werde (aaO., Fußnote 14), eine KlarsteIlung, die auch flir den vorliegenden Zusammenhang gilt, wenn von "causa" gesprochen wird. 155 Vgl. oben § 4 11. 1.-3.

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§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

eigentlich nur die Richtlinie des beweglichen Systems: Es geht um die dahinterstehenden Prinzipien und die Frage, wie stark diese im Einzelfall wirken. Dagegen verbietet sich jegliche begriffsjuristische Subsumtion, wie es andeutungsweise beim Betriebsausgabenbegriff (§ 4 IV EStG) der Fall ist: Indem zur Präzisierung l56 des weitgehend unkodifIzierten Instituts der verdeckten Gewinnausschüttung verbale Anleihen bei positiv-rechtlich normierten Begriffen gemacht werden, erhöht sich die Gefahr, teleologisch nicht mehr begTÜndbare Gesichtspunkte anderer Bereiche des Steuerrechts in scheinbar verwandte Gebiete zu tragen. Das kann zu SystembTÜchen führen, die vom Standpunkt des beweglichen Systems aus nicht so leicht drohen. Vor diesem Hintergrund hat das Veranlassungskriterium durchaus seinen Sinn: Es geht um die Akzentuierung des Veranlassungsprinzips, das nicht nur im Einkommensteuerrecht gilt. 157

4. Die eindeutige Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Vertrages

Die Rechtsprechung nimmt eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann an, wenn die Zuwendung an den Gesellschafter nicht auf einer zuvor getroffenen klaren und eindeutigen Vereinbarung beruht, mag sie auch der Höhe nach angemessen sein. 158 Die Zahlung muß also nach außen klar und eindeutig erkennbar vereinbart sein. Es genügt daher mangels Klarheit etwa nicht, daß die Vergütung vereinbarungsgemäß erst ausbezahlt werden soll, wenn die Gesellschaft dazu in der Lage ist. 159 Vielmehr müssen die jeweiligen Leistungspflichten im vorhinein festgelegt sein. 160 Der Grund hierfür liegt darin, daß andernfalls wegen des fehlenden Interessensgegensatzes zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern 156 Diese bereitet der Rechtsprechung auch bei der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis Schwierigkeiten. Bezeichnend ist folgende, auch aus der Sicht des beweglichen Systems erhelIende Passage: "Für den größten Teil (!) der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern einen Vermögenvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Gesellschafters nicht gewährt hätte." (BFH BB 1998, 81, 82). 157 Wassermeyer, GmbHR 1998, 157, 158, der darauf verweist, daß § 8 111 2 KStG auf diese Weise die Funktion des § 12 EStG, der im Körperschaftsteuerrecht nicht anwendbar ist, übernimmt. So fließt letztlich doch ein für das bewegliche System beachtlicher sytemtragender Gesichtspunkt in die Bewertung mit ein. 158 Vgl. nur BFH BStBI 11 1989,800; BStBI 11 1993,311,312; Streck, KStG, 5. Auflage 1997, § 8 KStG Anm. 120 Iit. a); ablehnend Schulze-Osterloh, StuW 1994, 131, 136 f. 159 BFH BStBI 11 199011,454. Weiterhin wirkt hier das Prinzip des Fremdvergleichs, da ein fremder Dritter sich dazu niemals bereit gefunden hätte (Schulze zur Wiesche, DStR 1991, 137, 138). 160 Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 379.

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

183

die Möglichkeit bestünde, den Gewinn beliebig zu beeinflussen. 161 Daraus ergibt sich, daß Schriftformklauseln eine besondere Bedeutung zukommt, weil die Schriftform den Nachweis der betrieblichen Veranlassung erleichtert. Wenn gegen die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Schriftform verstoßen wird, liegt deshalb regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung vor l62 , es sei denn die Vertragsparteien wollten die Bindung an die Schriftform nachweisbar aufheben. 163 Dann muß aber auch fiir einen außenstehenden Dritten zweifelsfrei erkennbar sein, daß die Gesellschaft ihre Leistung aufgrund einer entgeltlichen Vereinbarung mit dem Gesellschafter erbracht hat. 164 Himeichende Klarheit in diesem Sinne liegt etwa vor, wenn eine mündlich abgeschlossene Vereinbarung über monatlich wiederkehrende Leistungen tatsächlich durchgefiihrt wird. 165 Auch Nebenpflichten müssen klar vereinbart sein. Darunter fallen etwa Verwaltungsarbeiten 166, welche die Betriebsgesellschaft unentgeltlich fiir das Besitzunternehmen erledigt. 167 Allerdings kann in einem solchen Fall der von der Kapitalgesellschaft gezahlte Pachtzins nicht insgesamt als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt werden, sondern nur soweit die Betriebsgesellschaft eine Leistung erbracht hat, zu der sie vertraglich nicht verpflichtet war. 168 Der Blick auf die in Betracht kommenden Rechtsfolgen erweist sich also abermals als fruchtbar und darf auch bei der Interpretation als bewegliches System nicht vergessen werden. In diesem Zusammenhang ist auf ein Postulat aufmerksam zu machen, daß bereits der Reichsfinanzhof 69 erhoben hat: Die Gegenleistungen der pachtenden Kapitalgesellschaft müssen in ihrer Gesamtheit beurteilt werden, nicht zuletzt weil nur auf dieser Grundlage entschieden werden kann, ob das angemessene Maß überschritten wird.

Wochinger, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen, Rz. 1304. BFH BStBl 11 1993, 139, wonach als Nachweis wenigstens eine laufende Verbuchung der Pacht erfolgt sein muß. 163 BFH BStBl1I 1990,645; BStBl1I 1991,933. 164 BFH BB 1990, 1466. 165 BFH BB 1990,2027. 166 Gleiches gilt für Ersatzbeschaffung und Wartung; vgl. Schulze zur Wiesche, DStR 1991,137,138. 167 Wochinger, aaO., Rz. 1308. 168 BFH BStBI 11 1988, 30 I. 169 RFH vom 22.3. 1933 I A 186/32. 161

162

184

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

S. Der fehlende Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung als Element?

Die neue Fonnel der Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung geht außerdem davon aus, daß die Vennögensminderung in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Diese negative Abgrenzung bedeutet vor allem, daß die Zuwendung nicht auf einem Gewinnverteilungsbeschluß beruht, der den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht, § 27 III 1 KStG. 170 Ob dieser Gesichtspunkt als Element des beweglichen Systems angesehen werden kann, erscheint fraglich. Immerhin ist auch im Schrifttum nicht restlos geklärt, auf welche weiteren Einschränkungen dieser Vorbehalt zielt. 171 Daß es sich um eine negative Abgrenzung handelt und sie nicht in allen Fällen unentbehrlich ist, macht sie zwar flir das bewegliche System nicht unbrauchbar. Ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip kann jedoch darin mangels übergreifender Aussagekraft nicht erblickt werden.

6. Das Zusammenspiel der Elemente

Nach dem Grundgedanken der Lehre vom beweglichen System hängt die Entscheidung über den Eintritt der Rechtsfolgen vom Zusammenspiel der einzelnen Elemente je nach ihrer Ausprägung im Einzelfall ab. Dies trifft auch auf die im Rahmen der verdeckten Gewinnausschüttung flir maßgeblich gehaltenen Elemente zu. 172 Es kann also im Einzelfall gerade die Gewinnrninderung auf der Ebene der Körperschaft den Ausschlag geben, weil sie besonders hervorsticht. Das läßt sich etwa sagen, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsftihrer eine Schwimmhalle ohne angemessenes Entgelt zur Verfligung gestellt wird; wenn die Rechtsprechung hier l73 darauf abstellt, ob dieser Vorgang "betriebsnotwendig"174 war, so liegt darin auch eine Betonung der verhinderten Vennögensmehrung. Bei der Gewinnminderung kann allerdings der Schwerpunkt auch bei der Vennögensmehrung des Gesellschafters liegen. Das ist etwa in den Fällen

170 Döllerer, Verdeckte Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen bei Kapitalgesellschaften, S. 30. 171 Scholtz, FR 1990,386,387 m.w. N. 172 In der Sache offenbar ähnlich, aber ohne Rekurs auf das bewegliche System Ahmann, DStZ 1998, 495, 503, die mit den Worten schließt: "Die Definition der vGa sollte nicht schablonenhaft angewendet werden. Am Ende jeder steuerrechtlichen Überprüfung muß die (richterliche) Überzeugung stehen, daß der zu beurteilende Vorgang eine 'Gewinnausschüttung verdeckt', d.h. der Gewinn abgesaugt oder verdeckt werden sollte." So richtig diese Maxime für die praktische Beurteilung und möglicherweise auch für die richterliche Arbeit sein mag, ersetzt er doch keine systematische Fundierung und bleibt ohne eine solche unbehelflich. 173 BFH BStBl1I 1977,569. 174 BFH BStBl1I 1977,570.

IV. Die Elemente der verdeckten Gewinnausschüttung

185

der raschen Gehaltsanpassung von Geschäftsruhrer-Gehältern naheliegend. 175 So ist die zweihundertprozentige Steigerung des Gehalts rur den Geschäftsfiihrer eines Gebrauchtwagenhandels binnen sechs Monaten l76 ein besonders eklatantes Beispiel dafiir, daß ersichtlich das Geschäftsfuhrervermögen auf Kosten der Gesellschaft gemehrt werden soll, wobei der Akzent auf dem Profit des Gesellschafter-Geschäftsruhrers lag. Auf der anderen Seite kann der Gesichtspunkt der Gewinnminderung in Form von Begünstigungen an einzelne auch abgeschwächt auftreten, nämlich etwa dann, wenn die Zuwendungen "nur" an nahestehende Personen erfolgen und dem Gesellschafter selbst lediglich mittelbar zugute kommen. In diesem Fall kann das Defizit aber z.B. durch einen besonders deutlich ausfallenden Fremdvergleich kompensiert werden. Nicht selten dominiert der Gesichtspunkt des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, weil die konkrete Vereinbarung einem Drittvergleich nicht standhält. Das betrifft vor allem die Fälle, in denen von der Rechtsprechung die Angemessenheitsprüfung betont wird 177 oder auf die (Branchen- 178)Üblichkeit abgestellt wird. 179 Die causa societatis endlich tritt naturgemäß dann besonders stark hervor, wenn es sich um Geschäfte handelt, die ihrer Art nach nur zwischen der Gesellschaft und "dem Gesellschafter in seiner Eigenart als Gesellschafter,,18o abgeschlossen werden können. Das ist etwa anzunehmen, wenn den Gesellschaftern Zusatzvergütungen eingeräumt werden, die auf diese im Verhältnis ihrer Beteiligungen aufgeteilt werden. 181 Hier tritt folgerichtig der Fremdvergleich zurück, weil er keinen konkreten Bezugspunkt hat und deshalb "nicht paßt"182. Auf der anderen Seite ist auf einen Gesichtspunkt hinzuweisen, der sich vom Standpunkt des beweglichen Systems nahezu von selbst versteht und den Gerechtigkeitsgehalt der verdeckten Gewinnausschüttung hervorhebt: Wenn damit gesellschaftlich veranlaßte Minderungen bzw. verhinderte Vermögensmehrungen des Gesellschaftsvermögens korrigiert werden sollen, so ist es nachgerade ein Gebot der Gerechtigkeit, daß zumindest grundsätzlich l83 Vor- und Nachteile 175 Gleiches gilt allgemein für "überhöhte" (BFH BStBl n 1978, 234, 235) Bezüge des Geschäftsführer-Gesellschafters. 176 FG Saarland, GmbHR 1994, 635. 177 BFH BStBI 11 1977,679,680. 178 BFH BStBI n 1977,568. 179 BFH BStBl n 1977,444. 180 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 19 I. I. a), S. 645. 181 BFH BB 1998, 81, 82. 182 So Knobbe-Keuk, aaO. 183 D.h. soweit die Gesellschafter dadurch nicht im Wege verdeckter Einlagen o.ä. die eingetretenen steuerlichen Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nachträglich manipulieren; vgl. hierzu BFH BStBl n 1989, 248, 250.

186

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

im Rahmen der verdeckten Gewinnausschüttung saldiert werden können. 184 Ein gesellschaftlich bedingter Wertverlust kann also durch Vorteile kompensiert werden, die der Körperschaft im selben Zug zufallen. 185 Daraus einen eigenen Entscheidungsgesichtspunkt zu machen, ist trotz der prinzipiellen Bedeutung dieses Postulats, das auch die Rechtsprechung anerkenne 86 , jedoch nicht veranlaßt. Es zeigt sich also, daß die verdeckte Gewinnausschüttung nicht so sehr als subsumtionsfähiger Tatbestand, sondern vielmehr als bewegliches System verstanden werden kann, in dem die Elemente unterschiedlich stark zutage treten und einander ersetzen können. Diesen Befund bestätigt eine Beobachtung von Pezzer, der darauf hingewiesen hat, daß die Rechtsprechung zwar stets von der Definition der verdeckten Gewinnausschüttung ausgeht, "darunter aber nicht subsumiert. Statt dessen taucht im Anschluß an die Definition meistens ein weiteres Entscheidungskriterium (!) auf, welches das Urteil letztlich trägt. " 187 Damit zeigt sich, daß die Rechtsprechung bereits nach Regeln judiziert, die der Lehre vom beweglichen System entsprechen. Hiernach soll der Richter schließlich - wie verschiedentlich bemerkt - auch die Rechtsfolgen "nach gelenktem Ermessen"188 festlegen. V. Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung

Auch wenn die vorliegende Arbeit die nahezu unüberschaubare Kasuistik zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht aufarbeiten kann und dies auch durch die ThemensteIlung, die auf die Prinzipien ausgerichtet ist, gar nicht

184 Das gehört nach Schön, Festgabe flir Wem er Flurne, S. 265, 298, "zum Kembereich des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG". 185 Ähnlich verhält es sich mit der Frage, wie zu verfahren ist, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung, die beim Empfänger bereits unter einer anderen Einkunftsart besteuert wurde, nachträglich festgestellt wird. Hier ist mit Pezzer (in: Tipke/Lallg, Steuerrecht, § 11 Rz. 51 mit weiteren Nachweisen und Gründen) davon auszugehen, daß der Zweck des Anrechnungsverfahrens erreicht ist und die § 8 111 2, 27 ff. KStG mithin teleologisch zu reduzieren sind. Diese Auslegung nach dem Gesetzeszweck entspricht auch der Lehre vom beweglichen System, da keines der herausgearbeiteten Kriterien in einem solchen Fall der Satisfaktion noch genügend schwer wiegt, um auf die verdeckte Gewinnausschüttung nachträglich noch Körperschaftsteuer erheben zu können. 186 BFH BStBl 11 1986, 86; BFH BStBl 11 1990, 244;649, 651; BFH BStBI 11 1989, 248; BFH BStBl1I 1993,635,636. 187 Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 43 f. unter der auch flir das bewegliche System bezeichnenden Überschrift: "Die Entscheidungskriterien im Einzelfall". 188 Wilburg, Die Entwicklung eines beweglichen Systems, S. 22.

V. Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung

187

veranlaßt ist, muß sie doch zu einer interessanten Überschneidung Stellung nehmen. Es geht um das Zusammentreffen von verdeckter Gewinnausschüttung und Betriebsaufspaltung, also zwei der hier in Rede stehenden Rechtsinstitute des Unternehmenssteuerrechts. Dies erinnert an die oben 189 behandelte Kollision von Mituntemehmerschaft und Betriebsaufspaltung in Form der mituntemehmerischen Betriebsaufspaltung, die sich auch vom Standpunkt des beweglichen Systems aus als aufschlußreich erwies. Im Unterschied dazu ist die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung allerdings kein eigenständiges Institut und damit anders als die mituntemehmerische Betriebsaufspaltung von vornherein nicht als bewegliches System zu verstehen. Es geht insoweit um das, was weiter oben '90 als Arbeitshypothese zugrunde gelegt und erst im weiteren Verlaufl91 als eigenes bewegliches System interpretiert wurde, nämlich um das Verhältnis zweier beweglicher Systeme zueinander. Damit aber kehrt die Arbeit zu einem ihrer ursprünglichen Ziele zurück 192: Es geht darum, die Binnenbeziehungen der einzelnen unternehmenssteuerrechtlichen Rechtsinstitute sichtbar zu machen und mit der Lehre vom beweglichen System zu verbinden.

t. Der Zusammenhang zwischen beiden Rechtsinstituten Anknüpfungspunkt für die Frage, ob bei der Betriebsaufspaltung eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ist regelmäßig die Höhe des Pachtzinses, den die Betriebsgesellschaft an die Besitzgesellschaft entrichtet. Soweit dieser einer Angemessenheitsprüfung nicht standhält '93 , ist er dem Einkommen der Betriebsgesellschaft wieder hinzuzurechnen. '94 Soweit der ganze Betrieb ver-

189 190 191

Unter § 5. Vgl. § 5 vor I. § 5 /11.

Vgl. den Schluß der Einleitung vor § I. Es ist aber zu berücksichtigen, daß nur eine unangemessen hohe Pachtvereinbarung stets zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung führt (Gesierich, GmbHR 1998, R 293). Dagegen hat eine unangemessen niedrige Pacht im Rahmen der Betriebsaufspaltung nach der Rechtsprechung nur ausnahmsweise steuerlich unerwünschte Wirkungen (vgl. BFH GmbHR 1998, 692, wo allerdings ein derartiger Ausnahmefall vorlag, weil dort ein Unterhaltsverpflichteter seinen Kindern aus außerbetrieblichen Beweggründen über den Umweg der GmbH Unterhaltszahlungen zukommen lassen wollte). Zu den Gründen für die unterschiedliche Behandlung zu hoher und zu niedriger Entgelte siehe O. Jakobs, Unternehmensbesteuerung und Rechtsform, 1998, S.237. 194 Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 379. 192

193

188

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

pachtet wurde, ist der Pachtzins mit dem Nutzungswert l95 des Betriebs zu vergleichen. 196

2. Die Rolle des beweglichen Systems

Wenngleich die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung kein eigenes bewegliches System darstellt, so kann doch vielleicht der Bezug beider Rechtsinstitute zueinander klarer herausgestellt werden. Denn Betriebsaufspaltungen sind für verdeckte Gewinnausschüttungen insofern besonders empfänglich, als die damit feststehende Verflechtung eine günstige Grundlage für verdeckte Gewinnausschüttungen bietet. l97 Mit den Worten Strecks stellt die Betriebsaufspaltung "einen guten Nährboden für die fruchtbare Phantasie eines Betriebsprüfers auf der Suche nach verdeckten Gewinnausschüttungen"198 dar. Bereits bei oberflächlicher Betrachtung scheint somit eine für das bewegliche System bezeichnende Relation möglich: Je enger die personelle und sachliche Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen, desto näher liegt der Verdacht einer verdeckten Gewinnausschüttung l99 , wenn Zweifel an der Angemessenheit bestehen. Dieser vordergründige Befund genügt indessen wissenschaftlichen Erfordernissen ersichtlich noch nicht. Die Frage bleibt somit weiterhin, welche Rückschlüsse sich aus dem Zusammenspiel der Prinzipien beider Rechtsinstitute ziehen lassen, um damit im Idealfall zu einer Folgerung zu gelangen, die für den Steuerpflichtigen mehr Rechtssicherheit, als von Streck geargwöhnt, bedeuten können. Dazu ist eine detaillierte Analyse der typischen "EinbruchsteIlen" verdeckter Gewinnausschüttungen bei der Betriebsaufspaltung erforderlich. Hierbei zeigt sich, daß vor allem die eindeutige Vereinbarung der Pachtzinszahlung an die Besitzgesellschaft sowie die tatsächliche Durchführung des Pachtvertrages von Interesse ist. Das ergibt sich aus folgender Überle-

195 Da dieser in der Praxis schwer zu ermitteln ist, kann die endgültige Höhe des Pachtzinses von einem Sachverständigengutachten abhängig gemacht werden; vgl. BFH BStB1 II 1971, 566. Kommt der Sachverständige jedoch zu einem so hohen Pachtzins, daß ihn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht akzeptiert hätte, so kann trotz Sachverständigengutachten eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen; BFH BStBI II 1978, 109. 196 BFH BStBI II 1971,536; Niedersächsisches FG EFG 974, 273. 197 Westerlelhaus, Verdeckte Gewinnausschüttung, 1956, S. 202, spricht bildhaft von einem "bitteren Tropfen". 198 Streck, GmbHR 1982, 22, 29. 199 Allerdings macht Knobbe-Keuk, Bilanz- und Untemehmenssteuerrecht, § 19 I. 2. b), S. 652, mit Recht darauf aufmerksam, daß der Verdacht nicht überbewertet werden darf und in erster Linie indizielle Bedeutung hat.

V. Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung

189

gung: Wenn eines der beiden Momente Zweifeln begegnet, so steht damit letztlich die betriebliche Veranlassung der Zahlung auf dem Spiel. Fehlt diese aber, so liegt die Annahme nahe, daß die Zuwendung in besonderem Maße causa societatis erfolgt ist. Das Einkommen der Kapitalgesellschaft wäre dann wiederum die Pachtzahlungen zu erhöhen, weil eine verdeckte Gewinnausschüttung vorlag. 200 Daraus läßt sich für die Lehre vom beweglichen System folgende Hypothese ableiten: Im Falle der Betriebsaufspaltung ist das Element der Zuwendung causa societatis dahingehend zu modifizieren 20I , daß es vor allem auf die klare Vereinbarung und tatsächliche Durchführung des Pachtvertrages ankommt. Diese soll deshalb jetzt mit ihren rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten näher betrachtet werden ..

3. Das Nachzahlungsverbot im beweglichen System

Die Auswirkungen verdeckter Gewinnausschüttungen können grunds ätzlich202 nicht im Wege rückwirkender Vereinbarungen korrigiert werden. 203 Das gilt auch bei der Betriebsaufspaltung, so daß das Entgelt für die Nutzungsüberlassung nicht rückwirkend heraufgesetzt werden kann. 204 Die nachträglich entrichteten Pachtzahlungen sind daher auch keine Betriebsausgaben, sondern werden als verdeckte Gewinnausschüttungen behandelt. 205 Dieses sogenannte "Nachzahlungsverbot"206 läßt sich auch vom Standpunkt des beweglichen Systems aus begründen. 207 Zwar ist es entgegen dem irrefüh-

200

Schulze zur Wiesche, GmbHR 1994, 98, 104.

201 Nach Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, § 19 J. 2. b), S. 650,

hat die Rechtsprechung für die Leistungsbeziehungen zwischen der GmbH und dem beherrschenden Gesellschafter "ein Sonderrecht entwickelt". Das paßt auch für den vorliegenden Bereich. 202 Etwas anderes gilt bei der nachträglichen Aufhebung eines Pachtvertrages im Rahmen der Betriebsaufspaltung. Hier stellt die Rückgabe des Unternehmens deshalb keine verdeckte Gewinnausschüttung dar, weil die Betriebsgesellschaft nach §§ 556 I, 581 11 BGB verpflichtet ist, das Unternehmen ohne eigenen Ausgleichsanspruch der Besitzgesellschaft zurückzugeben (BFH BStBl 11 1971, 536; bestätigt von BGH, BB 1986, 1264). 20J BFH BStBl1I 1989,475. 204 Schulze zur Wiesche, DStR 1991, 137, 138 f. 205 Henninger, GmbHR 1968,253. 206 Hierzu Lange, GmbHR 1991, 427. Gelegentlich wird auch vom "Rückwirkungsverbot" gesprochen; vgl. Lange, Verdeckte Gewinnausschüttungen, Rz. 117. 207 Außer Betracht bleiben allerdings in dieser Arbeit die sogenannten Steuer- und Satzungsklauseln (hierzu etwa Tipke, NJW 1968, 865), wonach etwa vereinbart werden

190

§ 6 Die verdeckte Gewinnausschüttung als bewegliches System

renden Begriff wiederum208 nicht der Sanktionsgedanke, auf dem die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung beruht. Jedoch ergibt sich die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung hier aus dem Zusammenspiel der maßgeblichen Prinzipien. Es geht bei dem Mehrbetrag um eine causa societatis geleistete Zahlung. Die nachträgliche Zahlung erfolgt nämlich mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis. Dieses Element wird in aller Regel sogar stark ausgeprägt sein, da zwischen der Betriebsgesellschaft und dem Gesellschafter "enge Beziehungen bestehen"209. Auch einem Fremdvergleich wird die Nachzahlung häufig nicht standhalten. Denn fremde Dritte würden sich nicht ohne weiteres darauf einlassen, Pachtzahlungen, die nicht von vornherein in dieser Höhe ausgemacht waren, nachträglich zu entrichten. Mit diesem Befund ist jedoch noch nicht viel gewonnen, da der Bezug zur Betriebsaufspaltung damit nicht ausreichend erhellt ist. Ihre besondere Brisanz gewinnt die Problematik schließlich dadurch, daß die Nachzahlung an einen Gesellschafter mit beherrschender Stellung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 210 erfolgt. Das Nachzahlungsverbot gilt nämlich "nur fur solche Gesellschafter, die einen ins Gewicht fallenden Einfluß auf die Kapitalgesellschaft ausüben können, und bei denen die Gesellschaftereigenschaft nicht offensichtlich hinter die Angestellteneigenschaft zuTÜcktritt"2l1. Die Rechtsprechung nimmt eine verdeckte Gewinnausschüttung nur dann nicht an, wenn dieser beherrschende Einfluß nicht feststellbar ist. 212 Für die Frage, ob ein beherrschender Einfluß vorliegt, kann es nun - und das ist gleichsam die Pointe - auf die Zusammenrechnung von Anteilen innerhalb der ehelichen Lebensgemeinschaft ankommen. Dieser Bereich wurde weiter oben 213 als eine der zentralen Rechtsfragen der Betriebsaufspaltung behandelt und letztlich als Bestätigung rur die Annahme eines beweglichen Systems gewertet. Hier kann auf diese Ergebnisse 214 Bezug genommen werden. Zugleich

kann, daß das Rechtsgeschäft zwischen Gesellschafter und Gesellschaft nur gilt, wenn das Finanzamt darin keine verdeckte Gewinnausschüttung sieht. Für die Interpretation der verdeckten Gewinnausschüttung als bewegliches System ist die Wirksamkeit solcher Klauseln aber ohne Bedeutung, zumal danach allein der Richter die Rechtsfolgen nach gelenkem Ermessen bestimmt. Es geht also nur um die Prinzipien als die ermessenslenkenden Gesichtspunkte. 208 Vgl. oben 11.2. b). 209 Henninger, GmbHR 1968,253. 210 BFH BStBl 11 1980, 304; BStBI 11 1976, 734. 211 BFH BStBI III 1959, 374. 212 BFH BStBI III 1967,372; BStBIII196'8, 234; BStB11I1968, 482; BStB11I1971, 463; BStBl11 1978,659. 213 Unter § 3 111. 2. b). 214 Vgl. oben § 3 111. 2. b), aa) und bb).

V.

Die verdeckte Gewinnausschüttung bei der Betriebsaufspaltung

191

zeigen sich die Binnenbeziehungen zwischen Betriebsaufspaltung und verdeckter Gewinnausschüttung unter dem Blickwinkel des beweglichen Systems in einem größeren Zusammenhang. Denn damit kommt nun auch die Intensität der personellen Verflechtung als Entscheidungsgesichtspunkt hinzu. Ist diese sehr stark, so kann das etwa den Umstand ausgleichen, daß unter fremden Dritten eine derartige Vereinbarung noch angemessen, wenngleich vielleicht außergewöhnlich wäre.

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Wilburgs Lehre vom beweglichen System kann wegen des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht verallgemeinernd auf das ganze Steuerrecht übertragen werden. Sie kann aber zum einen zur dogmatischen Einordnung zentraler Rechtsfiguren des Unternehmenssteuerrechts beitragen. Betriebsaufspaltung, Mitunternehmerschaft und verdeckte Gewinnausschüttung lassen sich mit Hilfe dieser Lehre angemessen erklären und können die genannten Rechtsfiguren vom Odium dogmatischer Verworrenheit und systematischer Inkohärenz befreien. Zum anderen setzt sie bei der Qualifizierung der Einkünfte selbst an und kann so auch eine bestimmte Zuordnung der Einkünfte legitimieren.

1. Das zeigt sich bereits bei der Betriebsaufspaltung: Sie genügt dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung, weil nach § 21 III EStG die Zugehörigkeit zu möglichen anderen Einkünften entscheidet. Diese Zugehörigkeit kann auch nach der Lehre vom beweglichen System ermittelt werden, weil und sofern die im voraus als Ausdruck teleologischer Gesetzesanwendung ermittelten Prinzipien im zu entscheidenden Fall entsprechend ausgeprägt sind. § 21 III EStG ist somit als Schlüsselnorm Ausdruck des Vorrangs unbeweglicher Systemteile und Einbruchstelle fUr das bewegliche System. Die Betriebsaufspaltung ist daher auch trotz aller Kritik ein Rechtsinstitut. Die Elemente bzw. Prinzipien dieses beweglichen Systems sind die sachliche Verflechtung, d.h. die Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen, und der einheitliche geschäftliche Betätigungswille. Dieser kann zwar nicht pauschal mit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise begründet werden. Er rechtfertigt sich aber daraus, daß die Besitzgesellschaft in einer fUr die Verpachtung atypischen Weise das wirtschaftliche Risiko trägt und der zwischen Pächter und Verpächter normalerweise vorhandene Interessenwiderstreit fehlt. Das Fehlen konträrer Interessen, das zu einer entsprechenden Risikotragung fUhrt, ist ein Gerechtigkeitsgesichtspunkt, der sich am besten mit dem Begriff des "einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens" (und weniger präzise mit dem der "personellen Verflechtung") bezeichnen läßt. Jedes dieser Elemente gehorcht in sich wiederum den Gesetzmäßigkeiten des beweglichen Systems. Die sachliche Verflechtung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein - je nachdem, ob das überlassene Wirtschaftsgut in mehr oder minder engem Zusammenhang zur Tätigkeit der Betriebsgesellschaft steht. Paradigmatisch ist insoweit die Rechtsprechung zu Grundstücken, an-

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

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hand derer sich eine fiir das bewegliche System charakteristische Abstufung im Sinne eines "Je-desto" nachweisen läßt. Umgekehrt läßt sich auch beim einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen ein bewegliches System nachzeichnen. In den Fällen der Beteiligungsidentität ist die personelle Verflechtung so starr, daß eine verhältnismäßig schwach ausgeprägte sachliche Verflechtung genügen kann, um eine UmqualifIzierung der Einkünfte herbeizufiihren. Die Beherrschungsidentität zeichnet sich wegen der verschiedenen Möglichkeiten und Abstufungen innerhalb der Beteiligungsverhältnisse durch eine besondere Beweglichkeit aus. Somit kann das Prinzip der personellen Verflechtung im konkreten Fall unterschiedlich ausgeprägt sein. Auch die in diesem Ralunen bedeutsame Zurechnungsproblematik bei Anteilen von nahen Angehörigen einschließlich des "Wiesbadener Modells" ist im Sinne des beweglichen Systems lösbar. Dabei wird das Prinzip des einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens wiederum ganz im Sinne des beweglichen Systems von zwei weiteren Kriterien bestimmt: einerseits die auf Art. 6 GG gegründete Willensautonomie jedes einzelnen Ehegatten, andererseits die Inanspruchnahme spezifisch verbandsrechtlicher Instrumente. Wo letzteres als Entscheidungskriterium überwiegt, kann selbst in Fällen des Wiesbadener Modells ausnalunsweise ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille vorliegen. Ist dies nicht der Fall, so kann eine mit Hilfe des beweglichen Systems erklärliche Betriebsaufspaltung auch durch Erbfall entstehen. Insgesamt kann das Zusammenspiel der sachlichen und der personellen Verflechtung mit der Lehre vom beweglichen System erklärt werden, d.h. eine relativ schwache sachliche Verflechtung kann durch einen starken einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen ausgeglichen werden und umgekehrt. Das gilt auch für die sogenannte "unechte" (besser: unwillkürliche) Betriebsaufspaltung, bei der sich auch im Hinblick auf das bewegliche System zeigt, daß der "einheitliche geschäftliche Betätigungswille" und nicht lediglich die "personelle Verflechtung" das maßgebliche Prinzip darstellt. Dagegen ist der mögliche Ausgleich zwischen Vor- und Nachteilen der Betriebsaufspaltung in Form der Erfolgsneutralität einerseits und Gewerbesteuerpflicht andererseits kein weiteres Gerechtigkeitskriterium im Sinne des beweglichen System, weil er sich nur im Hinblick auf die Rechtsfolgen ergibt. Gleichwohl erweist sich die Betriebsaufspaltung auch unter diesem Gesichtspunkt als folgerichtig und systematisch konsistent. Im Hinblick auf die Gewerbesteuerpflicht kommt eine Merkmalübertragung in Betracht. Wenn also beim Betriebsuntemelunen Merkmale verwirklicht sind, die fiir die Inanspruchnalune einer Steuervergünstigung erforderlich sind, so kann sich dies entgegen der Rechtsprechung auch auf die Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternelunens auswirken. In jedem Fall ist aber eine teleologische Auslegung der konkreten Steuervergünstigung geboten und diese ins Verhältnis zur personellen und sachlichen Verflechtung zu setzen. Erst wenn zumindest 13 Petersen

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Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse

eines dieser Momente einen hinreichend deutlichen Bezug zum Besitzunternehmen aufweist, ist eine Merkmalübertragung sachgerecht und legitim. Die Lehre vom beweglichen System erweist sich mit dieser Ylaßgabe auch im Rahmen der Steuervergünstigungen als hilfreich. Schließlich stehen auch die Beendigungsarten der Betriebsaufspaltung im Einklang mit der Lehre vom beweglichen System. 2. Die Begriffe Mitunternehmerinitiative und Ylitunternehmerrisiko sind als einkünftebegründende Merkmale der persönlichen Zurechnung geeignet, die Möglichkeit einer Einflußnahme durch den Gesellschafter sowie das korrespondierende Risiko zu bezeichnen und damit taugliche Prinzipien. Mit ihrer Hilfe läßt sich der Zurechnungszusammenhang zwischen der Tätigkeit der Gesellschaft und den Einkünften des Gesellschafters herstellen. Die mehr oder weniger starke Ausprägung kompensiert in ihrem Zusammenspiel den Umstand, daß das Merkmal des Gewerbebetriebs nur bei der Gesellschaft, nicht aber beim einzelnen Gesellschafter vorliegt. Insofern verhält es sich ähnlich wie bei der Betriebsaufspaltung, wobei allerdings der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit nicht in vergleichbarer Weise tangiert ist, andererseits aber auch nicht aus den Augen verloren werden darf, weil § 15 I ~r. 2 Satz 1 EStG Einkünfte zu gewerblichen machen kann, die es ohne diese Vorschrift nicht wären. Das erfordert eine systematisch fundierte und teleologisch konsistente Prinzipienbestimmung. Die Wendung "bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) anzusehen ist" innerhalb des § 15 I Nr. 2 EStG markiert de lege lata die Einbruchstelle ftir die Lehre vom beweglichen System. Damit liegt keine das bewegliche System ausschließende abschließende Tatbestandsbildung vor. Die Mitunternehmerschaft ist entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kein Typusbegriff, sondern ein bewegliches System. Typusbegriff und bewegliches System unterscheiden sich dadurch, daß die Lehre vom beweglichen System die normative Ebene betrifft und nicht den Begriff zum Bezugspunkt macht. Bestätigt wird das dadurch, daß abweichend vom Gesetzestext die gesetzlich nicht normierten Elemente der Mitunternehmerinitiative und des Mitunternehmerrisikos auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs immer stärker in der Vordergrund rücken und nunmehr geradezu maßgeblich sind. Die maßgebliche Anschauung resultiert insoweit aus einer Wertung und Gewichtung der in Betracht kommenden Prinzipien. Elemente bzw. Prinzipien des beweglichen Systems sind die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko. Beide müssen in einem bestimmten Mindestmaß vorliegen, sind aber in ihrer jeweiligen Ausprägung fungibel. Das alleinige Vorliegen eines Elements in besonderer Stärke genügt entgegen der ursprünglichen Konzeption der Lehre vom beweglichen Systems nicht.

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Im Falle der Mitunternehmerschaft in Familiengesellschaften tritt der Fremdvergleich als weiteres Gerechtigkeitskriterium hinzu, der entgegen der Rechtsprechung ranggleich neben den beiden anderen Prinzipien und mit diesen austauschbar ist und somit nicht erst nach gesonderter Prüfung der Mitunternehmerstellung zur Geltung kommt. Auch das Phänomen der "faktischen" Mitunternehmerschaft läßt sich in die Lehre vom beweglichen System einordnen. Dies war auch schon vor Aufgabe der sogenannten "Vermutungsrechtsprechung" möglich, ist aber nun um so eher angezeigt. Das gesetzlich nicht normierte Sonderbetriebsvermögen II kann ebenfalls auf der Grundlage des beweglichen Systems im Rahmen der Mitunternehmerschaft systematisch fundiert und prinzipiengerecht eingeordnet werden. Elemente dieses beweglichen Systems sind die Ursächlichkeit und Finalität der Beteiligung an dem einen Gesellschaftsverhältnis ftir die Stärkung des anderen Verhältnisses. Als weiteres Prinzip kommt das wirtschaftliche Gewicht der Beteiligungsverhältnisse in Betracht. Die mitunternehmerische Betriebsaufspaltung läßt sich weder pauschal mit dem Vorrang der Betriebsaufspaltung noch mit dem der Mitunternehmerschaft lösen. Es geht hierbei nicht um das Verhältnis zweier beweglicher Systeme zueinander. sondern um ein eigenständiges bewegliches System. Als zusätzliches Element tritt der Zurechnungsgedanke hinzu. Die Zurechnungskonkurrenz. d.h. die Entscheidung über die Rechtsfolge. ist nicht vom Steuerpflichtigen wahlweise, sondern vom Gericht nach gelenktem Ermessen zu fallen. 3. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist ein Gewinnrealisierungstatbestand, dessen Geltungsgrund in der Neutralisierung gewinnmindernder Wirkungen von Ausprägungen der Einkommensverwendung besteht und mit Hilfe dessen der Verringerung der wirtschaftlichen Leistungsfahigkeit der Körperschaft entgegengesteuert wird. Auch die verdeckte Gewinnausschüttung läßt sich als bewegliches System begreifen. Die Elemente dieses beweglichen Systems lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Es kommt zu einer Vermögensminderung, d.h. einer verhinderten Vermögensmehrung auf der Ebene der Körperschaft, die mit einem Zufluß auf der Ebene des Gesellschafters oder einer ihm nahestehenden Person korrespondiert. 2. Der Verantwortliche hat nicht die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen walten lassen, d.h. die Geschäftsftihrung hält einem Fremdvergleich nicht stand, weil die Zuwendung unangemessen ist. 3. Die Zuwendung erfolgt causa societatis, d.h. sie ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt bzw. verursacht. 4. Die Zuwendung beruht auf einer eindeutigen Vereinbarung. Dagegen kommt es auf die subjektive Seite nicht an, so daß das Heimlichkeitsprinzip kein Entscheidungskriterium im Rahmen der verdeckten Gewinnausschüttung darstellt.

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Treffen Betriebsaufspaltung und verdeckte Gewinnausschüttung zusammen, so geht es um das Verhältnis zweier beweglicher Systeme zueinander. Es bleibt grundsätzlich bei der herausgearbeiteten Prinzipien, wobei das Element der Zuwendung causa societatis dahingehend modifIziert wird, daß das Entgelt für die Nutzungsüberlassung nach außen klar und eindeutig erkennbar vorher vereinbart sein und der Pachtvertrag tasächlich durchgeführt werden muß. Als weiteres Element wirkt weiterhin die Angemessenheitsprüfung im Wege des Fremdvergleichs. Die für die Lehre vom beweglichen System typische Austauschbarkeit und Fungibilität im Sinne einer Ersetzbarkeit der einzelnen Elemente läßt sich auch beim gleichzeitigen Zusammentreffen von Betriebsaufspaltung und verdeckter Gewinnausschüttung beobachten. Das Nachzahlungsverbot illustriert dies für das Zusammenspiel von personeller Verflechtung und verdeckter Gewinnausschüttung. Damit werden auch in diesem Bereich der Überschneidung die Binnenbeziehungen der einzelnen beweglichen Systeme untereinander sichtbar.

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Sachverzeichnis Abfindungsanspruch 117 Abfindungsguthaben 132 Abfindungsklausel 118 Abschöpfungsfunktion 160 als-ob-Betrachtung 164 Analogie 32,34,35,61,66,94,137 Analogie, steuerverschärfende 33, 63 Analogiefahigkeit 30, 35, 36 Analogiefeindlichkeit 41, 61 Analogieverbot 29,32,34 Angemessenheit 134, 176, 177, 179, 183, 186 Anlagevermögen 44, 59, 63, 99, 116, 147 Anrechnungsverfahren 161 Auseinandersetzungsguthaben 132 Auslegung 33,35,53,63,65,69, 73 Ausnahmebesteuerung 62, 63 Ausschüttungsbelastung 175 äußeres System 41 Austauschbarkeit 26 Bauunternehmen 84 Beendigung der Betriebsaufspaltung 96 Begriffsjurisprudenz 106, 111, 180 Beherrschungsidentität 83, 84, 85, 96 Beratungshonorar 176 Bereicherungsrecht 160 Berliner Testament 92 Besitzunternehmen 44,45,55,56,59, 60,76,85,142,148,152,185 Beteiligungsertrag 162 Betei Iigungsidentität 83, 84

14*

Betrachtungsweise, prinzipienorientierte 35,36,43,79,94, 138, 160, 179 betriebliche Veranlassung 181,187 Betriebsaufgabe 55, 56, 67 Betriebsaufspaltung 19, 20, 21, 22, 23,34,35,37,38,39,41,42,44, 135,144,146,172,173,185,188 Betriebsausgabe 179, 180, 187 Betriebseinbringung 68 Betriebseinnahme 162 Betriebsgesellschaft 44,60, 76, 85, 142,181,185 Betriebsgrundlage, wesentliche 44, 78,79,80,95,96,143,150,152 Betriebsprüfung 169, 186 Betriebsvergleich 177 Betriebsvermögen 34, 142, 143, 151, 153,175 Beweiserleichterungen 124 Beweiszeichen 87,88, 128, 130 Bilanzbündeltheorie 104 Bilanzgewinn 162 Bilanzierung 102 Brockhues-Gesellschaft 45 Bruchteilsgemeinschaft 94, 127 Buchwert 118, 153, 175 Buchwertabfindung 131 Bürogebäude 80, 83 causa societatis 174, 176, 177, 178, 179,183,187 Dividende 142 Doppelgesellschaft 44

212

Sachverzeichnis

doppe1stöckige Gesellschaft 136 doppelte gewerbesteuerliche Erfassung 144, 153 Durchgriff 147 Ehegatten 86,87,88,176 Ehegattenarbeitsverhältnis 172 Eigenkapital 139 EinbruchsteIle innerhalb der lex scripta 33,39,40,42,50,56,65,100,107 Einflußnahme, übergreifende 77 Einflußnahmemöglichkeit 89, 106, 107,108,139 Einheit der Gesellschafter 101 Einheit der Rechtsordnung 36 einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille 44,45, 52, 53, 56, 57,58,76,82,83,84,91,95,150 Einkommenserzielung 178 Einkommensteuerminderung 117 Einkommensteuerrecht 23, 40, 41 Einkommensverwendung 159,178 Einkünftedualismus 39,40 Einkunftserzielung 102, 107 Einkunftsqualifizierung 23, 30, 33, 34,37,38,39,47,48,56,95,105, 106 Einkunftsquelle 131, 132 Einlageforderung 161 Einlagenrückgewähr 178 Einnahmenerzie1ung 163 Einzelunternehmer 103,131,147,151 Einze1unternehmerideologie 104 Element 22, 25, 26, 28, 53, 56, 57, 58, 74,108,112,133,134,139,150, 152,166,177,182 entgangener Gewinn 175 Entscheidungskriterium 160 Erbengemeinschaft 127 Erbschaftsteuer 46, 92 Erfolgsneutralität 67, 69, 93 Ernstlichkeit 177 Erstausstattung 178

Ertragszweck 23 erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung 68 Erwerbsaufwendungen 108 faktische Beherrschung 88 faktische Mitunternehmerschaft 98, 127, 129 Familiengesellschaft 126, 130, 131, 132, 133, 134 Fiktionstheorie 163, 165 fiktive Gehaltsbezüge 102 Finalität 139, 140 Fiskalzwecknorm 24 Folgerichtigkeit 34, 35, 36 Fremdvergleich 75,129,131,132, 134,166,172,174,176,177,178, 183,188 Fungibilität 25,58,112,151,167, 177 Gebrauchsüberlassung 128, 129 Gefährdungshaftung 123 GehaItsanpassung 183 gelenktes Ermessen 26,41,53,58,59, 151,154,184,188 Geltungsgrund 74 Generalklausel 29,52, 167 Gerechtigkeitskriterium 21, 26, 28, 36,42,47,51,54,66,67,68,69, 109, 115, 116, 120, 124, 125, 130, 132,139,151,164 Gesamthand 104 Gesellschaftsverhältnis 127, 128, 129, 130,153,157,177,179,188 Gesetzesvorbehalt 32 Gewerbebetrieb 38,40,42,45,46,47, 49,50,56,60,62,64,65,78,106, 108, 139, 142, 153, 175 Gewerbesteuer 20,34,35,45,46,47, 55,56,59,60,61,65,66,68,70, 94,156

Sachverzeichnis Gewerbesteuerbefreiung 70 Gewerbesteuerfreibetrag 142 Gewinnanteil 136, 138, 140 Gewinnbeteiligung 99, 116, 118 Gewinnchance 107 Gewinnentnahme 132 Gewinnermittlung 146 Gewinnerzielungsabsicht 62, 66, 106, 117 Gewinnkorrektur 160 Gewinnminderung 174, 182, 183 Gewinnrealisierung 59, 67 Gewinnrealisierungstatbestand 159 Gewinnverschiebung 169 Gewinnverteilung 134 Gewinnverteilungsbeschluß 182 Gleichheit 34, 35 Gleichheit der Besteuerung 73 Gleichheitsgrundsatz 48 Gleichmäßigkeit der Besteuerung 46, 48 Gleichstellungsthese 102, 103, 104 GmbH & Still 137 Gruppenlehre 104, 105, 107, 125 Gütergemeinschaft 127 Heimlichkeitsprinzip 170 Hotelgrundstück 80 inneres System 41 Interdependenz 81,97, 125, 172 Interessenwiderstreit 75, 76, 77, 82, 97,134,177,180 Investitionszulage 71 Ist-Besteuerung 164 iustitia distributiva 32 juristische Person 104 Kapitaleinkünfte 133 Kapitalkonto 11 8 Kapitalvermögen 162, 175 Kausalität 124

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Kinder 86 kombinatorische Methode 87, 88, 123 Kommanditgesellschaft 42 Kommanditist 116, 118, 126 Komplementaritätsverhältnis 122 Konkurrenzproblem 148 Konkurrenzverhältnis 154 Kontrollrecht 99, 119, 126 Körperschaftsteuer 157,161,162,164 Kündigungsrecht 132 Lagerplatz 80, 84 Lastenausteilungsnorm 23 Leistungsfähigkeit 51, 111 leitender Angestellter 99, 115, 119 Liebhaberei 117 Lizenzüberlassung 79 Maßgeblichkeitsgrundsatz 161 Merkmalübertragung 70, 72, 73 minderjähriger Kommanditist 131, 133 Miteigentümer 83, 94, 95 Mitunternehmer 42 Mitunternehmerbegriff 108, 13 I Mitunternehmerinitiative 20, 21, 98, 100,106,114,118,119,120,122, 126,129,133,150 mitunternehmerische Betriebsaufspaltung 21,141,143,145,148, 149,150,151,153,174,185 Mitunternehmerrisiko 20,21,98,100, 106,114,116,117,122,126,129, 150 Mitunternehmerschaft 19,21,22,23, 38,41,42,148,172 Nachzahlungsverbot 187, 188 nahe Angehörige 75, 86, 130, 131, 132,175 nahestehende Person 176, 183 Nationalsozialismus 46,47 naturwissenschaftliche Kategorien 96

214

Sachverzeichnis

Nebenkonto 118 Nebenpflichten 181 Nutzungsrecht 152 Nutzungsüberlassung 187 Nutzungswert 186 offene Ausschüttung 170, 182 ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter 165,167,171,174, 177,183 Patent 79 personelle Verflechtung 20,21,44, 49,57, 82, 86, 95, 96, 186, 189 Personengruppe, geschlossene 84, 85, 86 Prinzip 21,26,28,34,38,39,40,42, 47,50,64,65,66,69,74,82,89, 96, 100, 112, 115, 125, 138, 149, 172, 177 Prinzip, systemtragendes 31, 35 prinzipiengerecht 23 Prinzipiengesichtspunkt 63 Prinzipienorientierung 37,39,40,49 privat veranlaßte Aufwendungen 178 Privatsphäre 100 Privatvermögen 34 Qualifikationsnorm 10 1, 145, 146, 153 Ranglosigkeit 25 Rechtfertigung, teleologische 71, 77 rechtsflihige PersonengseIlschaft 145 Rechtsfolge 25,26,56 rechtsfolgenorientierte Betrachtungsweise 59,67,69,133,141,142, 150,161,174 Rechtsformneutralität 106 Rechtsfortbildung 31, 62, 63, 64, 65, 66

Rechtsinstitut 22, 40, 42, 51, 52, 54, 56,68,74,138,141,143,148,149, 159,169,185 Rechtsrnißbrauch 158 Rechtsprinzip 26,40, 109, 112, 114, 124 Rechtssicherheit 149, 186 Regelbeispiel 29 Richterrecht 148 Richtigkeit des Rechts 23 Risikotragung, atypische 64, 74, 75, 76 Rolle des Richters 26,41,52,53,57, 59,152,184,188 rückwirkende Vereinbarung 187 Rückwirkungsverbot 187 sachliche Verflechtung 20,21,44,57, 69,78,81,143,152,186 Saldierung 68, 184 Sandhaufentheorem 27 Schadensrecht 25,27, 123, 124, 138 Schenkungsteuerrecht 13 I Schriftforrnklausel 181 Schwestergesellschaft 176 Sollbesteuerung 169 Sonderabschreibung 147 Sonderbetriebsausgaben II 137, 139 Sonderbetriebseinnahmen 139 Sonderbetriebsvermögen 1 134 Sonderbetriebsvermögen II 134, 135, 136,137,138,139 Sondervergütung 138, 140, 147 sonstige Bezüge 163, 171 Steuerberater-Modell 89 Steuerbilanz 161 Steuerchaos 31 Steuerdschungel 31, 32 Steuergerechtigkeit 3 I, 36, 48 Steuergleichheit 48 Steuergutschrift 162 Steuerrechtschaos 36 Steuerrechtsordnung 34, 36, 66

Sachverzeichnis Steuerrechtssubjekt 101, 103 Steuerrechtswissenschaft 35,36 Steuerschu1dverhä1tnnis 71 Steuervergünstigung 70,71,72,73 Steuervermeidung 35,36,45,47,66, 131 stille Gesellschaft 139 stille Reserven 45,55,59,68,69,99, 116,117,147 stiller Gesellschafter 119 Stimmrechtsbindungsvertrag 88, 89, 90,91 Stimmrechtsvollmacht 88 Subsidiaritätsklausel 64, 65 Subsidiaritätstheorie 146 Subsystem, bewegliches 129, 177 Systembegriff 36 Systemdefizite 30 Systementwurf 31, 36 Systemgedanke 30 Systemgerechtigkeit 34, 35 Systemlehre, steuerwissenschaftliche 30,31 Systemverständnis 32, 35, 72 Tantieme, gewinnabhängige 129 Tatbestand 25, 26 Tatbestandsbildung, abschließende 24,25,29,32,42,58,100,129, 160,173 Tatbestandsbildung, feste 37, 156 Tatbestandsirrtum 169 Tatbestandslosigkeit 57, 135 Tatbestandsmäßigkeit 19,22,23,24, 29,30,31,32,37,41,42,46,49, 50,60,61,73,97,102,137,148, 156,158,160 tatsächliche Durchführung 180, 181, 186,187 Teleologie 23 teleologische Fundierung 74 teleologische Rechtfertigung 158 teleologische Reduktion 55, 56

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teleologisches Rechtsdenken 57, 71 Theoriebildung 123 Transparenzprinzip 31 Treuhandverhältnis 88, \02 typisierende Betrachtung 75 typologisches Denken 114 Typus 75,110,119,165,179 Typusbegriff 20, 108, 109, 111, 112, 113, 126, 133 Umlaufvermögen 153 Umqualifizierung 37,39,46,59,60, 61,66,67,72,82,83,84,101,106, 156, 178 Umsatzvergütung 155 Umschlagfälle 66 Umwandlungssteuergesetz 68 unbebautes Grundstück 81 unechte Betriebsaufspaltung 44,45, 92,93,94,95,96 uneigentliche Betriebsaufspaltung 93 Unterhaltszahlung 185 Unterprinzip 92 unwillkürliche Betriebsaufspaltung 45,93,94,95 Veranlassung 179 Veranlassungsgrundsatz 172, 180 Veranlassungsprinzip 39 verdeckte Einlage 157,183 verdeckte Gewinnausschüttung 19, 20,21,22,23,37,38,41,42,43 verhinderte Vermögensmehrung 170, 174,175,182,183 Verlustbeteiligung 99,116 Verlustzuweisungsgesellschaft 116, 117 Vermietung und Verpachtung 38,40, 45,46,50,56,63,64,65,66,74, 75,77,84,142 Vermögensminderung 177 Vermögensverwaltung 49,50,62,64, 66

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Sachverzeichnis

Vennutungs-Rechtsprechung 128, 129 Vennutungstheorie 86 Verzichtbarkeit 126 Vorrang unbeweglicher Systemteile 31,33,37,50 Vorteilsausgleich 176 Wahlrecht 151 wertende Betrachtungsweise 78 Wertung 33,34 Wertverlust 184 Wertwissenschaft 35 wesentliche Betriebsgrundlage 45,49, 53,57,58,67 Widerspruchsrecht 99,119,120,126, 132, 133

Wiesbadener Modell 89,90,91 Willensautonomie 91,92 wirtschaftliche Betrachtungsweise 63, 64,74, 75, 76, 82, 102, 158 Zuordnungsnonn 145, 153 Zurechnungskonkurrenz 149, 150, 151,152 Zurechnungssubjekt 101, 103 Zurechnungsthese 102, 103 Zusammenrechnung von Anteilen 86, 87,90,188 Zusammenwirken 25,27,67, 182, 186, 188 Zusatzvergütung 183