Steuerverfassungsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung: Rechtsgrundsätze versus Gerichtspraxis [1 ed.] 9783428517121, 9783428117123

Die gewerbesteuerrechtliche Betriebsaufspaltung überschreitet als Rechtsfortbildung der Finanzgerichtsbarkeit die Grenze

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Steuerverfassungsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung: Rechtsgrundsätze versus Gerichtspraxis [1 ed.]
 9783428517121, 9783428117123

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 970

Steuerverfassungsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung Rechtsgrundsätze versus Gerichtspraxis

Von Karl Albrecht Schachtschneider

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

KARL ALBRECHT SCHACHTSCHNEIDER

Steuerverfassungsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 970

Steuerverfassungsrechtliche Probleme der Betriebsaufspaltung und der verdeckten Gewinnausschüttung Rechtsgrundsätze versus Gerichtspraxis

Von

Karl Albrecht Schachtschneider

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Gefördert von der Stiftung für Unternehmensethik und soziale Verantwortung, Schaan / Liechtenstein http://www.hans-raab-stiftung.de

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-11712-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Das Konstrukt der gewerbesteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung trägt kräftig zum Gewerbesteueraufkommen bei. Mit der vom Bundesverfassungsgericht akzeptierten Rechtsfortbildung der Finanzgerichtsbarkeit überschreitet die Rechtspraxis die Grenzen, die ihr das steuerverfassungsrechtliche Gesetzlichkeitsprinzip des gewaltenteiligen Rechtsstaates zieht. Den verfassungsrangigen Gewerbebegriff dehnt die Praxis auch in den Bereich der Verwaltung eigenen Vermögens aus. Sie verkennt damit nicht nur den Typus Gewerbe, sondern überschreitet auch die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Begriffsmacht. Die mit der Betriebsaufspaltung begründete Gewerbesteuer wird zur Gemeindeeinkommensteuer, welche mit dem steuerverfassungsrechtlichen Halbteilungsgrundsatz nicht vereinbar ist. Diese Gerichtspraxis verstößt gegen die Eigentumsgewährleistung und setzt sich dem Willkürvorwurf aus. Das körperschaftsteuerrechtliche Rechtsinstitut der verdeckten Gewinnausschüttung hat ein breites Anwendungsfeld. Die Steuerpraxis unterscheidet die verdeckte Gewinnausschüttung von Betriebsausgaben. Sie nutzt dafür den Fremdvergleich. Beamte und Richter bestimmen die Angemessenheit der Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer, aber auch die Richtigkeit der Preise, welche Gesellschafter in Verträgen mit ihrer personell verflochtenen und / oder von ihnen beherrschten Gesellschaft festlegen, etwa die Angemessenheit von Lizenzgebühren. Diese Angemessenheitsjudikatur ist mit den verfassungsrangigen und gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftsordnung, Vertrag und Markt, unvereinbar. Die Vergleichsmethode hat keine gesetzliche Grundlage, schon gar nicht eine solche, die sich vor den Grundprinzipien des Rechts verteidigen ließe. Beide in diesem Buch veröffentlichten Abhandlungen sind aus Gutachten hervorgegangen, die ich im Auftrage der Stiftung für Unternehmensethik und soziale Verantwortung, Liechtenstein, erarbeitet habe. Die Stiftung hat diese Veröffentlichung wesentlich gefördert, um den Rechtsgrundsätzen gegenüber der Gerichtspraxis Öffentlichkeit zu verschaffen. Dafür sei bei dem Stifter, Herrn Hans Raab, Dank gesagt. An der Vorbereitung des Buches hat, wie immer mit großer Tatkraft, Else Hirschmann mitgearbeitet. Auch Ilona Walter und Philip Plattmeier haben Hilfe geleistet. Dem Verleger Professor Norbert Simon danke ich für die außerordentlich schnelle Drucklegung des Buches. Erlangen-Nürnberg, im September 2004

Karl Albrecht Schachtschneider

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Rechtlosigkeit des Konstrukts der gewerbesteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung

13

1. Kapitel Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

15

I. Betriebsaufspaltung – Praxis der Finanzrechtsprechung ohne Grundlage im Gesetz

15

1. Gesetzlichkeit der Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

2. Richterliches Konstrukt der Betriebsaufspaltung ohne gesetzlichen Tatbestand

17

II. Betriebsaufspaltung als richterliche Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

1. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1985 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

2. Rechtsprechung und Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

3. Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung am Beispiel des Gewerbebegriffs

23

4. Steuerrechtlicher Gewerbebegriff als Typusbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

5. Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung beim Typusbegriff Gewerbe . . . . . .

28

III. Ergebnis des 1. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

2. Kapitel Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

31

I. Gewerbebegriff als Verfassungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

II. Gewerbe- und steuerrechtliche Begriffe des Gewerbes und der Verwaltung eigenen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

1. Gewerbe und Verwaltung eigenen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

2. Grundrechtlicher Schutz der Verwaltung eigenen Vermögens vor staatlicher Überwachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

3. Gewinnabsicht oder Teilnahme am Markt als Merkmal des Gewerbes . . . . . . . . . .

36

4. Überwachungszweck als Orientierung des Gewerbebegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

5. Fragwürdiges Argument vom „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“

40

6. „Besondere Risikostruktur“ – ein Argument? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

8

Inhaltsverzeichnis

III. Steuerrechtliche Diskriminierung der Unternehmensgestaltung durch Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

1. Wirtschaftliche Betrachtung und Konstrukt der Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . .

41

2. Kritik des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 1969 . . . . . . . . .

43

3. Bedenkliche Geschichte der Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

4. Dogmatische Schwäche des Mißbrauchsvorwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

5. Richterlicher Mißbrauch der Begriffsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

IV. Ergebnis des 2. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3. Kapitel Betriebsaufspaltung und Halbteilungsgrundsatz

51

I. Steuerrechtlicher Halbteilungsgrundsatz in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

1. Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 . . .

51

2. Urteil des XI. Senats des Bundesfinanzhofs vom 11. August 1999 . . . . . . . . . . . . . .

53

II. Mißachtung des Halbteilungsgrundsatzes zu Lasten der Besitzunternehmer . . . . . . .

55

III. Ergebnis des 3. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

4. Kapitel Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer wegen Betriebsaufspaltung

57

I. Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG als Grundrecht des Steuerstaates . . . . . . .

57

1. Vermögen im Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

2. Eigentum – das gemäß den Gesetzen vom Staat geschützte Eigene . . . . . . . . . . . . .

59

3. Vermögen als gegen Besteuerung grundrechtlich geschütztes Eigentum . . . . . . . .

62

4. Parlamentarischer Schutz des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

5. Schutz von Freiheit und Eigentum als Zweck des Staates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

II. Verletzung des Eigentumsgrundrechts durch Besteuerung ohne Gesetz, ohne Vernunft und im Übermaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

1. Gesetzlichkeit, Vernünftigkeit und rechtes Maß als Prinzipien der Eigentumsgewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

2. Ergebnis des 4. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

Inhaltsverzeichnis

9

5. Kapitel Freiheitsschutz gegen die Gewerbebesteuerung der Betriebsaufspaltung Ergebnis des 5. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 69

6. Kapitel Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür

69

I. Sachlosigkeit des gewerbesteuerrechtlichen Konstrukts der Betriebsaufspaltung . . .

69

1. Sachlichkeit, praktische Vernunft und Gesetzlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

2. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

3. Willkürverbot und Begründbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

4. Leistungsfähigkeit als Steuerbegrenzungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

5. Sachwidrige Besteuerung der fingierten Besitzunternehmen als Gewerbe . . . . . .

76

6. Keine Rechtfertigung der Sondersteuer mit dem Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . .

77

II. Willkürhaftigkeit des gewerbesteuerrechtlichen Konstrukts der Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

1. Verhältnismäßigkeitsprinzip und Willkürverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

2. Willkür der Sondersteuer auf Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

III. Ergebnis des 6. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

7. Kapitel Zusammenfassung

83

I. Ergebnis des 1. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Ergebnis des 2. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

III. Ergebnis des 3. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

IV. Ergebnis des 4. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

V. Ergebnis des 5. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

VI. Ergebnis des 6. Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

10

Inhaltsverzeichnis

2. Teil Körperschaftsteuer auf Gehälter und Lizenzgebühren von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern als verdeckte Gewinnausschüttungen Verfassungskonforme Restriktion des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG

87

1. Kapitel Körperschaftsteuer und Einkommensteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen

89

2. Kapitel Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung in der Praxis

91

3. Kapitel Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern als verdeckte Gewinnausschüttungen?

94

I. „Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderungen“ . . . . . . . . . .

94

II. Angemessenheitspostulat, Vertragsfreiheit, Äquivalenzprinzip, Trennungsdoktrin

97

1. Unangemessenes Gehalt von Gesellschafter-Geschäftsführern? . . . . . . . . . . . . . . . .

97

2. Rechtes Maß von Lohn und Gehalt durch Gesetz oder Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

3. Formelles und materielles Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4. Trennungsdoktrin trotz unternehmerischer Gestaltungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 5. Grundfreiheiten und Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Angemessenheitsjudikatur statt freiheitlicher Unternehmensverantwortung . . . . . . . . 106 1. Markt und Vertrag versus amtlicher Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Willkürliche Unterscheidung von Gewinn und Gehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 3. Richterrecht und dessen Grenzen im Rechtsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Freiheitliche Sittlichkeit und alleinbestimmtes rechtes Maß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Rechtlose Vergleichsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Fremdvergleich trotz ungleicher Unternehmensstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Eingriff durch Fremdvergleich ohne ausdrückliches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Vergleichsrhetorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Analogie zur außensteuerlichen Fremdvergleichsregelung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Inhaltsverzeichnis

11

4. Kapitel Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen?

125

I. Preisvorschriften ohne Gesetz durch vergleichende Amtswalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 II. Nachzahlungsverbot – Argument ohne Kraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 5. Kapitel Diskriminierung ausländischer Anteilseigner

132

6. Kapitel Zusammenfassung

135

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Erster Teil

Rechtlosigkeit des Konstrukts der gewerbesteuerrechtlichen Betriebsaufspaltung

1. Kapitel

Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt I. Betriebsaufspaltung – Praxis der Finanzrechtsprechung ohne Grundlage im Gesetz 1. Gesetzlichkeit der Besteuerung Das Grundprinzip des Steuerverfassungsrechts ist die Gesetzlichkeit der Besteuerung1. Ohne gesetzliche Grundlage darf keine Steuer erhoben werden. So regelt das auch § 38 AO. § 3 Abs. 1 S. 1 AO definiert Steuern im Sinne der Gesetzlichkeit, nämlich: „Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein“2.

Der Gesetzesvorbehalt, der sowohl auf das Freiheits- als auch auf das Eigentumsprinzip gestützt wird und zu stützen ist3, ist nicht nur grundrechtlich, sondern auch 1 BVerfGE 9, 3 (11); 19, 206 (215 ff.); 19, 226 (241 f.); 19, 243 (247); 19, 248 (251); 19, 268 (273); 21, 1 (3); 26, 1 (8); 31, 314 (333 f.); 69, 188 (202 ff.); 99, 216 (243); vgl. auch BVerfGE 95, 267 (303 f.); H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Verfassungsvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973, S. 46 ff., 92 ff., 153 ff.; ders., Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, HVerfR, 2. Aufl. 1994, § 18, Rdn. 108, S. 849; ders., in: Maunz / Dürig, GG, 2002, Art. 14, Rdn. 182; P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 219 f.; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, 1990, § 87, Rdn. 67 ff.; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, S. 150 ff.; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 4, Rdn. 150 ff.; allgemein zum Gesetzesvorbehalt K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, 4. Aufl. 2003, S. 113 ff. 2 Vgl. hierzu R.-D. Scholtz, in: K. Koch / R.-D. Scholtz, Abgabenordnung: AO 1977, Kommentar 4. Aufl. 1993, § 3 Rd. 2 ff. 3 Etwa BVerfGE 20, 150 (157 f.); 33, 125 (158 f.); 33, 303 (337); 34, 165 (192 f.); 49, 89 (126); 58, 257 (274); 85, 386 (403 f.); 98, 218 (252); K. A. Schachtschneider, Res publica res populi. Grundlegung einer Allgemeinen Republiklehre. Ein Beitrag zur Freiheits-, Rechtsund Staatslehre, 1994, S. 279 ff., 303 ff., 332 ff., 494 ff., 519 ff., 637 ff.; ders., Freiheit in der Republik, Manuskript 2003, 2. Kap., III, VI, 5. Kap., II, IV, 7. Kap., I, 10. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 113 ff.; zur Relativierung des Gesetzesvorbehalts durch die Wesentlichkeitslehre BVerfGE 33, 1 (10 f.); 33, 303 (337); 34, 165 (192 f.); 40, 237 (248 f.); 41, 251 (259 f.); 45, 400 (417); 47, 46 (78 f.); 48, 210 (291); 49, 89 (126 f.); 58, 257 (268 ff.);

16

1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

demokratierechtlich begründet4. Die Steuergesetze unterliegen einem strengen Bestimmtheitsprinzip 5. Der Gesetzgeber ist durch das steuerrechtliche Bestimmtheitsprinzip gehalten, die Tatbestandsmerkmale der Steuergesetze bestmöglich zu bestimmen. Gerade dieses Bestimmtheitsprinzip erweist das Rechtsprinzip der Sachlichkeit der Steuertatbestände im substantiellen Sinne, nämlich in dem Sinne, daß jeder Steuertatbestand einem Sachverhalt des Lebens folgen muß. Das Bundesverfassungsgericht hat von der „Steuerwürdigkeit bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte“ gesprochen6: „Doch kann es unter dem Verfassungsprinzip des Rechtsstaats bereits bedenklich sein, wenn der Steuertatbestand vom Richter neu geschaffen oder ausgeweitet wird; denn das Steuerrecht wird von der Idee der ,primären Entscheidung des Gesetzgebers über die Steuerwürdigkeit bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte‘ getragen und lebt dementsprechend ,aus dem Diktum des Gesetzgebers‘ (Bühler / Strickroth, Steuerrecht, 3. Aufl. 658)“.

Diese Grundsätze sind im Laufe der beiden letzten Jahrhunderte entwickelt und durchgesetzt worden, weil die Menschen und Bürger Freiheit und Eigentum vornehmlich gegenüber dem unersättlichen Fiskus verteidigt haben. Ihre wichtigsten Mittel sind Demokratie und Parlament. Nur Gesetze eines demokratisch gewählten Gesetzgebers können den ewigen Kampf zwischen Bürgern und Staat um die Finanzierung des Staates befrieden. Eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Prinzip der Republik ist darum die Budgethoheit des Parlaments7. Sie begründet das strenge Gesetzlichkeitsprinzip des Steuerrechts.

89, 155 (191 f.); 98, 218 (251 f.); auch BVerwGE 47, 194 (197 ff.); dazu K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 120 f.; vgl. aber für den steuerrechtlichen Gesetzesvorbehalt die Hinweise in Fn. 1; etwa BVerfGE 21, 1 (3); 26, 1 (7); 87, 153 (16); 95, 267 (303); 99, 216 (243); dazu P. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AöR 101 (1976), S. 419 ff. Dazu auch 5. Kap., auch 4. Kap., I, 1, 4 und 5. 4 H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Verfassungsvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 176 f.; ders., in: Maunz / Dürig, GG, 1994 / 2002, Art. 14, Rdn. 176, der jedoch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gegenüber Steuereingriffen als „relativ indolent und ineffizient“ herunterspielt; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 117 ff., i.d.S. BVerfGE 33, 125 (158 f.); 40, 237 (248 f.); 49, 89 (126 f.), u.ö.; vgl. auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 424; vgl. auch Fn. 1. 5 BVerfGE 13, 153 (160); 13, 318 (383); 19, 253 (267); 34, 348 (365); 49, 343 (362); 99, 216 (243); K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, § 87, Rdn. 72; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 167 ff. (kritisch zur Praxis); D. Birk, Steuerrecht, 1998, Rdn. 58, 145, S. 20, 46; H.-J. Papier, Der Bestimmtheitsgrundsatz, DStJG, Bd. 12 (1989), S. 61 ff.; allgemein zum Bestimmtheitsprinzip K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 304 ff. 6 BVerfGE 13, 318 (328); so auch P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, 1990, § 88, Rdn. 41; i.d.S. auch K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, § 87, Rdn. 72. 7 H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 2. Aufl. 1991, S. 113 ff.; D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, 1961, S. 145, 149 ff.; E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I, 2. Aufl. 1967, S. 9 ff., 317; Ch. Starck, Der Gesetzesbegriff des

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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2. Richterliches Konstrukt der Betriebsaufspaltung ohne gesetzlichen Tatbestand Entgegen der Auffassung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs8 hat die Gewerbebesteuerung der vermeintlichen Besitzunternehmer aufgrund des Konstrukts der Betriebsaufspaltung keine gesetzliche Grundlage. Mit dem Konstrukt der Betriebsaufspaltung qualifiziert die Finanzpraxis Rechteinhaber, etwa Grundstückseigentümer9 oder Patentinhaber10, als „gewerbliche Unternehmer im Sinne des Einkommensteuergesetzes“ (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG), nämlich im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG (dazu II, 3, auch 2. Kap., II) und unterwirft deren vermeintlichen Gewerbeertrag (§ 6 GewStG), etwa Miet- oder Pachtzinsen bzw. Lizenzgebühren, der Gewerbesteuer, wenn die Rechteinhaber diese Rechte an ein (eigenständiges) Unternehmen, sei dies als Kapital- oder sei dies als Personengesellschaft betrieben, als wesentliches Betriebsvermögen zur Nutzung überlassen, also vermieten, verpachten oder lizenzieren, vorausgesetzt, daß entweder personelle Identität zwischen den Rechteinhabern und den Gesellschaftern des sogenannten Betriebsunternehmens besteht oder daß die Rechteinhaber das Betriebsunternehmen beherrschen11. Bis 1998 umfaßte die Gewerbesteuer auch die Gewerbekapitalsteuer gemäß §§ 12 ff. GewStG. Diese wurde auf das Gewerbekapital erhoben. Als Gewerbekapital galt der Einheitswert des Gewerbebetriebs im Sinne des Bewertungsgesetzes (§ 12 Abs. 1 GewStG) mit gewissen Änderungen in § 12 Abs. 2 bis 4 GewStG12. Für die fingierten Besitzunternehmen war dieses das Betriebsvermögen, also im Wesentlichen die vermieteten oder verpachteten Grundstücke oder auch die zur Nutzung überlassenen Patente. Auch Erfindungen, insbesondere Patente, können wie fraglos Grundstücke von dem Konstrukt der Betriebsaufspaltung Grundgesetzes. Ein Beitrag zum juristischen Gesetzesbegriff, 1970, S. 77 f.; M. Kriele, Einführung in die Staatslehre, 5. Aufl. 1994, S. 157 ff., 319 ff.; K. A. Schachtschneider, Republikanische Freiheit, in: B. Ziemske u. a. (Hrsg.), Staatsphilosophie und Rechtspolitik, Festschrift für Martin Kriele, 1997, S. 835 f.; ders., Umsatzbesteuerung der Mineralölsteuer – ohne sachlichen Grund und ohne rechtes Maß, Rechtsgutachten 2001, S. 53 f. 8 BFH, BStBl. II. 1972, 63 (64); als „richterliche Rechtsfortbildung“ akzeptiert in BVerfGE 69, 188 (202 ff.); dem folgt W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, 3. Aufl. 2003, § 15, Rdn. 76. 9 BFH, BStBl. II, 1993, 718 ff.; BFH, BStBl. II, 1997, 565 ff.; L. Schmidt, EStG, Kommentar, 22. Aufl. 2003, § 15, Rdn. 808; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 96. 10 BFH, BStBl. II, 1999, 281 (282); L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 808; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 98. 11 Dazu mit den vielfältigen Aspekten der Praxis zu den unterschiedlichen Fallgestaltungen W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 75 ff.; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 800 ff., insb. 808 ff., 820 ff.; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 862 ff., insb. S. 871 ff.; G. Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, 7. Aufl. 1997; grundlegend nicht etwa BFH GrS, BStBl. II, 1972, 63 ff., sondern RFH, RStBl. 1942, 1081, in Unterwerfung unter die nationalsozialistische Weltanschauung, vgl. dazu 2. Kap., III, 3. 12 K. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 973 f. 2 Schachtschneider

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

betroffenes Betriebsvermögen sein, wenn sie wesentliche Betriebsgrundlage und damit nicht von untergeordneter Bedeutung für den Umsatz des Betriebsunternehmens sind13. Auf die differenzierte Rechtsprechung zu den sehr unterschiedlichen Erscheinungsformen der Betriebsaufspaltung muß für die grundsätzliche Kritik des Konstrukts der Betriebsaufspaltung nicht eingegangen werden, weil der Ausgangsfall ein prototypischer Fall der fragwürdigen Praxis ist. Im allgemeinen akzeptiert die Finanzpraxis die Nutzung eigener Rechte, etwa der Grundstücke und der Patente, um Miet-, Pachtzinsen oder Lizenzgebühren zu erzielen, als Verwaltung eigenen Vermögens im Sinne des § 3 GewStDV (vgl. auch § 14 AO)14, qualifiziert sie aber, wie gesagt, „bei Vorliegen besonderer Umstände auch als eine gewerbliche Tätigkeit“15, nämlich bei einer „engen sachlichen und personellen Verflechtung zwischen dem (sogenannten) Besitzunternehmen und dem (sogenannten) Betriebsunternehmen16. Das hält der Große Senat des Bundesfinanzhofs für den „Willen des Gesetzgebers“, wie das „die Vorschrift des § 21 Abs. 3 EStG“ zeige, „nach der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne der §§ 2 Abs. 3 Nr. 6, 21 Abs. 1 und 2 EStG anderen Einkommensarten, also auch den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zuzurechnen“ seien, „soweit sie zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören (sachliche Verflechtung)“ würden17. Ein gesetzlicher Wille, der das Konstrukt der Betriebsaufspaltung legalisiert, ist jedoch weder in § 21 Abs. 3 EStG noch in § 20 Abs. 3 EStG, den Wolfram Reiß zusätzlich anführt18, zu erkennen. § 21 Abs. 3 EStG lautet: „Einkünfte der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art sind Einkünften aus anderen Einkommensarten zuzurechnen, soweit sie zu diesen gehören.“

§ 21 regelt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. „Andere Einkunftsarten“ im Sinne des Absatz 3 dieser Vorschrift können die verschiedensten Ein13 BFH, BStBl. II, 1978, 545; BFH, BStBl. II, 1999, 281 (282); G. Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, E 46 ff., S. 302 ff.; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 808; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 98. 14 BVerfGE 69, 188 (190); BFH GrS, BStBl. II, 1984, 751 (762 ff.); BFH GrS, BStBl. II, 1995, 617 (618 f.); W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 69 ff.; L. Schmidt / H. WeberGrellet, EStG, § 15, Rdn. 46 ff.; weitere Hinweise in Fn. 88. 15 BFH GrS, BStBl. II, 1972, 63; BFH, BStBl. II, 1995, 617 (619); BFH, BStBl. II, 1997, 247; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 69; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 800 ff. 16 Vgl. W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 75, 88 ff., 95 ff.; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 808 ff., 820 ff. 17 BFH GrS, BStBl. II, 1972, 63 (64) unter Verweis auf BFH, BStBl. II, 1965, 261 ff. und die dort angeführte Rechtsprechung; auch BFH, BStBl. II, 1997, 569 (570); BFH, BStBl. II, 1998, 478 (479); auch BVerfGE 69, 188 (205); ebenso BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2313 f.; folgend W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 76 für die Kommentarliteratur; G. Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handels- und Steuerrecht, E 10, S. 282 f. vgl. auch B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 373. 18 W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 76.

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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kunftsarten sein, durchaus auch Einkünfte aus Gewerbebetrieben im Sinne des § 15 EStG. Daß durch diese Vorrangregelung das Konstrukt Betriebsaufspaltung in den Willen des Gesetzgebers aufgenommen sei, ist unerfindlich. Die Rechtsprechung der Finanzgerichte hat einen neuen Gewerbesteuertatbestand geschaffen19. Dieses Argument wäre nur tragfähig, wenn es keine anderen Fälle „anderer Einkommensarten“ gäbe, die dem § 21 Abs. 3 EStG einen Anwendungsbereich zu verschaffen vermöchten. Davon kann keine Rede sein. Der Hinweis des Großen Senats auf einen (vermeintlichen) Willen des Gesetzgebers ist herbeigezerrt, um dem steuerrechtlichen Verfassungsprinzip des Gesetzesvorbehalts Genüge zu tun. Er findet im Gesetz keinen Ausdruck. Nichts anderes ist zu dem Hinweis auf § 20 Abs. 3 EStG, der die Einkünfte aus Kapitalvermögen regelt, zu sagen. Dort ist zwar der „Gewerbebetrieb“ aufgeführt, aber es gibt eine unermeßliche Menge von Fallgestaltungen, in denen Gewerbebetriebe Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielen. Irgendeine Rechtfertigung des Konstrukts der Betriebsaufspaltung ist daraus nicht herzuleiten. Die Betriebsaufspaltung hat bislang keine gesetzliche Grundlage gefunden. Der Versuch, eine solche zu schaffen, der in dem Entwurf eines Gesetzes zur vordringlichen Regelung von Fragen der Besteuerung von Personengesellschaften (BRDrs. 165 / 85) durch eine Änderung des § 15 Abs. 2 EStG20 gemacht werden sollte, ist gescheitert21. Daraus erhellt, daß das Finanzministerium, von dem der Entwurf stammte, die Fragilität der Rechtsgrundlage der Besteuerung der vermeintlichen Besitzunternehmen als Gewerbebetrieb eingesehen hatte und die Rechtsgrundlage nachschieben wollte. Der Regierungsentwurf ist nicht Gesetz geworden. Der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages hatte Bedenken gegen den allzu wenig aussagekräftigen Begriff der Betriebsaufspaltung. Der wirkliche Gesetzgeber der Besteuerung der gewerblichen Betriebsaufspaltung sind die hohen Finanzrichter, die zur Gesetzgebung gerade nicht demokratisch legitimiert sind. Ihre „Erkenntnis“ des „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens“ der Rechteinhaber, die zugleich Gesellschafter des Betriebsunternehmens sind oder dieses beherrschen, ist die fragwürdige „Rechtsgrundlage“ der gewerberechtlichen Besteuerung. Brigitte Knobbe-Keuk hat das ironisiert22. Die Rechtsprechung hat sich, wie gesagt, den Steuertatbestand selbst geschaffen und ist damit 19 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensrecht, S. 866, 888; G. Roellecke, Rechtsstaatliche Grenzen der Steuerrechtsprechung am Beispiel der Betriebsaufspaltung, in: H.-M. Pawlowski (Hrsg.), Festschrift für Konrad Duden zum 70. Geburtstag, 1977, S. 481 ff.; J. M. Mössner, Wie lange lebt die Betriebsaufspaltung noch?, Die Steuerberatung (Stbg.) 1997, 1 ff. (4 ff.). 20 Der Entwurf lautete: „Keine Vermögensverwaltung, sondern Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr im Sinne des Satzes 1 ist die Vermietung, Verpachtung oder sonstige Überlassung von Wirtschaftsgütern zur Nutzung im Rahmen der Betriebsaufspaltung.“ 21 Vgl. B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensrecht, S. 868 ff. 22 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensrecht, S. 864 ff., 888 ff., u.ö.; dies. schon, Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens bei Betriebsaufspaltung, DB 1974, 205 ff.; dies. auch, Die Betriebsaufspaltung – ein Rechtsinstitut“?, StbJb 1980 / 81, 336 ff.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

dem Diktat des Finanzstaatssekretärs Reinhardt 1936 gefolgt (dazu 2. Kap., III., 3.). Ein Rechtsinstitut der Betriebsaufspaltung gibt es in der deutschen Steuerrechtsordnung nicht, sondern lediglich eine Praxis der Rechtsprechung und Verwaltung.

II. Betriebsaufspaltung als richterliche Rechtsfortbildung 1. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1985 Das Bundesverfassungsgericht (jeweils der Erste Senat) hatte 1969 gegen die Praxis der Betriebsaufspaltung „keine rechtsstaatlichen Bedenken“ (BVerfGE 25, 28 (34 ff.)) und hat unter Hinweis auf diese Entscheidung 1985 diese Praxis als Rechtsfortbildung des Bundesfinanzhofs zu rechtfertigen versucht (BVerfGE 69, 188 (202 ff.))23. Es hat sich zunächst erneut zur „Aufgabe und Befugnis der Gerichte zur richterlichen Rechtsfortbildung“, die es stets bejaht habe24, bekannt, weil diese „im modernen Staat geradezu unentbehrlich“ sei und das geltende Recht, etwa § 11 Abs. 4 FGO, diese „zumal für die höchstrichterliche Rechtsprechung“ anerkenne25, und ausgeführt: „Der finanzgerichtlichen Rechtsprechung ist es insbesondere nicht von vornherein verwehrt, im Wege der Rechtsfortbildung veränderten wirtschaftlichen Situationen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfGE 18, 224 (241), zumal Unternehmer und ihre Berater immer um die jeweils steuerlich günstigste Gestaltung bemüht sein werden, solange es keine wirklich rechtsformunabhängige Unternehmensbesteuerung gibt“ (S. 203).

Den (richtigen) Vorhalt, der Bundesfinanzhof habe „unter Überschreitung der richterlichen Kompetenz“ einen neuen Gewerbesteuertatbestand geschaffen und „die wirtschaftliche Betrachtungsweise dürfe allein keine gesetzliche Grundlage für eine Besteuerung sein“26, hat das Gericht nicht gelten lassen: „Die Grenzen zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung wären aber erst dann überschritten, wenn die gesetzliche Regelung, an welche die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Betriebsaufspaltung anknüpft, nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend gestaltet wäre und die Gewerbesteuerpflicht des Besitzunternehmens dazu im Widerspruch stünde“ (S. 204).

Das sei nicht der Fall: § 2 Abs. 1 GewStG enthalte keine Definition des Gewerbebegriffs. Nach der Definition der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (§ 1 23 Bestätigt im Beschluß der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 25. 3. 2004 (2 BvR 944 / 00), NJW 2004, 2513 f. 24 BVerfGE 34, 269 (287 f.); 49, 304 (318); vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 221 f. 25 BVerfGE 69, 188 (203). 26 Hinweis auf G. Roellecke, FS K. Duden, S. 481 ff.; B. Knobbe-Keuk, StbJb 1980 / 81, 335 ff. (349).

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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Abs. 1 i.V. mit § 9)27 sei Vermögensverwaltung kein Gewerbebetrieb, aber „die Tatbestandsmerkmale“ seien „auslegungsfähig und auslegungsbedürftig“, wie auch der „Begriff der Gewinnerzielungsabsicht“ 28. Daraus hat das Gericht gefolgert: „Auch die Abgrenzung einer gewerblichen Tätigkeit von der reinen Vermögensverwaltung bei der Betriebsaufspaltung stellt eine grundsätzlich zulässige richterliche Rechtsfortbildung dar, zumal nach § 21 Abs. 3 EStG Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Einkünften aus anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, soweit sie zu diesen gehören (vgl. BVerfGE 25, 28 (29)“ (S. 205).

Im übrigen hat das Gericht in dieser Entscheidung die „Vermutung“ der Rechtsprechung der Finanzgerichte 29, „daß Ehegatten gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgen“ würden, als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG i.V. mit Art. 6 Abs. 1 GG für grundrechtswidrig erklärt30.

2. Rechtsprechung und Rechtsfortbildung Richterrecht ist im Gerichtsstaat unvermeidlich und darum notwendig31. Was Recht ist, steht nicht immer in den Gesetzen. Vielmehr stehen die Gesetze unter dem Recht. Die Gesetze sollen verbindlich machen, was als Recht materialisiert (diskursiv und deliberativ) ist32. Die Richter aber haben das Recht zu klären, also auch das Recht zu erkennen33. Auch die Rechtsfortbildung gehört zu den Aufgaben der Gerichte (§ 11 Abs. 4 VwGO; § 137 GVG; § 11 FGO, §§ 41, 43 SGG, § 45 ArbGG). Dennoch sind die Richter „dem Gesetz unterworfen“ (Art. 97 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG). Das Gesetz kann aber die Richter nur insoweit unterwerfen, als es einerseits Recht schafft und andererseits den Richtern vorschreibt, wie sie Seit dem Steueranpassungsgesetz 1984 § 15 Abs. 2 EStG. BVerfGE 69, 188 (204); so auch BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2514. 29 BFH, BStBl. II, 1973, S. 27 (28). 30 BVerfGE 69, 188 (205 ff.). 31 BVerfGE 13, 318 (328); 18, 224 (237); 26, 327 (337); 34, 269 (287 ff.); 65, 182 (190); 66, 126 (138); 66, 337 (355); 84, 212 (226 f.); 98, 49 (59 f.); BAGE 23, 292 (319 f.); zum Richterrecht M. Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, 2. Aufl. 1976, S. 243 ff.; F. Bydlinski, Hauptpositionen zum Richterrecht, JZ 1985, 149 ff.; F. Ossenbühl, Rechtsquellen und Rechtsbindungen der Verwaltung, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.); Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 6, Rdn. 77 ff., S. 167 ff.; K. A. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR, Bd. III, 1988, § 73, Rdn. 28; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 864 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 221 f. 32 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 560 ff., 584 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 6 ff., 18 ff., 42 ff., 92 ff. 33 Zur Rechtserkenntnisfunktion der Gerichte K. A. Schachtschneider, Neubescheidung nach Rechtskraft, VerwArch 63 (1972), S. 307; ders., Res publica res populi, S. 872 ff., 885 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 127 ff., 142 ff.; zum Rechtsprechungsbegriff K. A. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR, Bd. III, § 73, Rdn. 17 ff., zur Erkenntnisfähigkeit, Rdn. 33, 38. 27 28

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

entscheiden sollen, sie also wirksam unterwirft. Je offener die von der Gesetzgebung benutzten Gesetzesbegriffe sind, meist „unbestimmte Rechtsbegriffe“ genannt34, desto geringer ist die Bindung der Richter an das Gesetz. Die Richter müssen die Gesetze interpretieren, um erkennen zu können, welche Sollenssätze die Gesetze vorschreiben. Die Interpretation der Gesetze gehört zur Rechtsprechung, ist aber zugleich funktional (rechtserkennende) Rechtsetzung. Die richterlichen Erkenntnisse des Sollens, welche die Richter durch Interpretation der Gesetze gewinnen, entfalten, solange sie nicht zu Gewohnheitsrecht erstarkt sind35, keine allgemeine Verbindlichkeit, auch nicht durch den Gleichheitssatz36. Sie bestimmen lediglich die Entscheidung des Prozesses, den der jeweilige Richter zu entscheiden hat. Nach der Entscheidung des Prozesses ist die gesetzeshafte Erkenntnis des Richters nur noch von präjudizieller Relevanz, die keinen Richter in einem anderen Prozeß zu binden vermag. Lediglich die Vorschriften, welche mit der Rechtsfortbildung die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu fördern bemüht sind, geben Präjudizien gewisse Relevanz, ohne aber den prozeßentscheidenden Richter materiell zu binden. Unberührt von dieser Dogmatik der bloßen Abhängigkeit des Richters vom Gesetz haben die Richtersprüche in der Praxis erhebliche präjudizielle Wirkung, weil die Richter gleichliegende Fälle nicht anders zu entscheiden pflegen als eben diese Präjudizien. Präjudizien beeinflussen die Rechtserkenntnis von Richtern in hohem Maße37. Aufgrund dieser Erfahrung überträgt Art. 95 Abs. 3 GG den obersten Gerichten die Rechtsvereinheitlichung und die Rechtsfortbildung. Freilich sind die unteren Gerichte an die Erkenntnisse der höheren Gerichte gebunden, aber nur in derselben Sache38.

34 BVerwGE 15, 207 (208); 24, 60 (63 f.); 45, 162 (164 ff.); 88, 35 (37 ff.); 94, 307; BVerfGE 84, 34 (50); 102, 347 (361); etwa F. Ossenbühl, Rechtliche Gebundenheit und Ermessen der Verwaltung, in: H.-U. Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1998, § 10, Rdn. 23 ff., S. 210 ff.; H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1997, § 7, Rdn. 27 ff., 51 ff., S. 129 ff., 141 ff.; kritisch K. A. Schachtschneider, Grundbegriffe des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Lehrstuhl 2001, S. 59 ff.; ders., Res publica res populi, S. 819 ff., 832 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 313 ff. 35 Gewohnheitsrecht bildet sich durch die langdauernde Übung (usus longaevius, longa consuetudo) einer Rechtspraxis in der Überzeugung, daß diese Praxis Recht sei (opinio necessitatis / opino iuris); i.d.S. BVerfGE 9, 10 (117); 15, 225 (232 f.); 22, 114 (121); 28, 21 (28 f.); 34, 293 (303 ff.); vgl. F. Ossenbühl, Rechtsquellen und Rechtsbindung der Verwaltung, § 6 VIII, Rdn. 71 ff., S. 164 ff.; K. A. Schachtschneider, Das Sittengesetz und die guten Sitten, in: B. Becker / H. P. Bull / O. Seewald (Hrsg.), Festschrift Werner Thieme zum 70. Geburtstag, 1993, S. 206 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht. Kritik der Fiskustheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, 1986, S. 429 ff.; grundsätzlich W. Fikentscher, Methoden des Rechts, Band III, 1976, S. 691 ff., 689 ff.; H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966, S. 483 ff. 36 K. A. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR, Bd. III, § 73, Rdn. 28. 37 Dazu M. Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung, S. 161, 164 ff., 234 ff., 269 ff.; K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1975, S. 421 ff. 38 Vgl. K. A. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR, Bd. III, § 73, Rdn. 28; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 893.

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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Wenn sich Tatbestandsmerkmale, also Begriffe, eines Gesetzes wegen ihrer Offenheit nur im Begriffskern, aber nicht im Begriffshof interpretieren lassen, müssen sie nicht wegen Unbestimmtheit rechtsstaatswidrig sein, so daß das Gesetz verfassungswidrig und nichtig ist. Der Gesetzgeber kann die Rechtsanwendung auch durch Typusbegriffe leiten, deren Charakteristikum ist, daß sie nicht interpretativ bis an die subsumtionsfähigen Grenzen entfaltet werden können, sondern durch die vergleichende Entwicklung von Fallgruppen oder Typenreihen39. Ein solcher Typusbegriff ist der des Gewerbebetriebes (dazu 4.).

3. Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung am Beispiel des Gewerbebegriffs Die Rechtsfortbildung hat Grenzen40. Die Richter sind nicht der Gesetzgeber, auch nicht die hohen Richter des Bundesfinanzhofs. Wenn auch die Rechtsetzungsfunktion der Rechtsprechung unbestreitbar ist41, so muß sich doch die Rechtsfortbildung grundsätzlich in den Grenzen der Auslegung der Gesetze halten. Sonst würde die Rechtsprechung ihre Unterwerfung unter das Gesetz (Art. 97 Ab. 1 GG) mißachten. Das setzt, wie das Bundesverfassungsgericht richtig anspricht, auslegungsfähige und auslegungsbedürftige Tatbestandsmerkmale voraus42. Die Rechtsfortbildung auf der Grundlage nicht oder nur begrenzt auslegungsfähiger Typusbegriffe wirft andere Fragen auf (dazu 5.). Das maßgebliche Tatbestandsmerkmal der Gewerbesteuer ist der Gewerbebegriff, ein fraglos offener Begriff (dazu 4. und 2. Kap., II.), dessen Offenheit an Unbestimmtheit grenzt. Eine hinreichend grenzscharfe Definition des Gewerbebegriffs ist noch nicht gelungen und kann nach der Natur der Sache auch nicht gelingen. Die Merkmale des steuerrechtlichen Gewerbebegriffs in § 15 Abs. 2 S. 1 EStG, nämlich:

39 Grundlegend K. Engisch, Die Idee der Konkretisierung in Recht und Rechtswissenschaft unserer Zeit, 2. Aufl. 1969, S. 237 ff.; K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194 ff., 443 ff.; D. Leenen, Typus und Rechtsfindung, 1971; W. Fikentscher, Methoden des Rechts in vergleichender Darstellung, Bd. IV, 1977, S. 202 ff., 269 ff. (Lehre von der Fallnorm); H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen. Theorie der Norm und des Gesetzes, 1981, Rdn. 145 ff., S. 75 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2. Aufl. 1991, S. 543 ff.; J. Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976, S. 68 ff.; R. Zippelius, Der Typusvergleich als Instrument der Gesetzesauslegung, Jb für Rechtssoziologie und Rechtstheorie II (1972), S. 48 ff.; vgl. auch W. Hassemer, Tatbestand und Typus, 1968; H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, 1997, S. 63 ff.; H.-J. Koch / H. Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 73 ff., 209 ff. (kritisch). 40 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 417 ff. 41 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 819 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 221 ff., 226 ff. 42 BVerfGE 69, 188 (204); ebenso BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2514.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung „Eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist“,

die bis 1984 in § 1 Abs. 1 GewStDV standen43 und die in Verbindung mit § 9 GewStDV weitgehend dem praktizierten Gewerbebegriff des Gewerberechts (dazu 2. Kap., II.)44 entsprechen, materialisieren den Gewerbebegriff nicht derartig, daß dessen Bestimmtheit wesentlich erhöht würde. Vermerkt sei, daß das Kriterium der Erlaubtheit der Tätigkeit45 aus spezifischen Gründen des Steuerrechts, weil nämlich auch verbotene und sittenwidrige Tätigkeiten versteuert werden können sollen (§ 40 AO)46, entfällt. Der Begriff der Gewinnabsicht ist mehr als offen, wie selbst das Bundesverfassungsgericht anklingen läßt47, vor allem aber ist er als Merkmal des Gewerbebegriffs fragwürdig (dazu 2. Kap., II., 3.). § 14 S. 2 AO verzichtet denn auch auf das Kriterium der Gewinnabsicht für den Begriff des „wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs“, den der Bundesfinanzhof als Oberbegriff über dem Gewerbebegriff versteht48. Auch § 4 Abs. 1 S. 2 KStG nimmt von der „Absicht, Gewinn zu erzielen“ als Merkmal des „Betriebs gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ ausdrücklich Abstand, weil die Gewinnabsicht der öffentlichen Hand rechtswidrig ist (etwa § 87 S. 2 BayGewO)49. Also kommt es darauf für die „wirtschaftliche Tätigkeit“ nicht an50. Das Merkmal „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ ist so gut wie ohne Aussagekraft, weil der Begriff der Wirtschaft weder vom Begriff des Staatlichen, noch gar von einem BVerfGE 69, 188 (204). Dazu K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, 2001, S. 13 ff. 45 Dazu K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 14 f. 46 Vgl. W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 33; L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStG, § 15, Rdn. 45; etwa BVerfG, HFR 1996, 597 (600, Bordell); BFH, DStR 2000, 1341 f. (Telefonsex). 47 BVerfGE 69, 188 (204); kritisch K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche, Kommunaler Wettbewerb, in: K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2003, S. 64 f.; K. A. Schachtschneider, Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, daselbst, S. 451 ff. 48 BFH GrS, BStBl. II, 1972, 63 (64). 49 BVerfGE 61, 82 (107); BVerwGE 39, 329 (333 f.); K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 310 ff.; ders. / A. Emmerich-Fritsche, Kommunaler Wettbewerb, S. 61 ff., 64 f. 50 Juristische Personen des öffentlichen Rechts als „Betriebe gewerblicher Art“ einzustufen und wie private Unternehmen zu besteuern, unterliegt der Kritik der Fiskusdoktrin, K. A. Schachtschneider, Staatunternehmen und Privatrecht, 1986; ders., Anspruch auf materiale Privatisierung. Exemplifiziert am staatlichen und kommunalen Vermessungswesen in Bayern, i.E., S. 191 ff.; ders. / A. Emmerich-Fritsche, Kommunaler Wettbewerb, S. 35 f.; ders., Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, S. 502 ff. 43 44

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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Begriff des Hoheitlichen51, wie das § 4 Abs. 5 KStG vorschreibt, noch auch vom Begriff des nichtwirtschaftlichen Privaten, etwa von dem sogenannten Verbrauch, abzugrenzen vermag. Auch Verbrauch ist Beteiligung an der Wirtschaft, zumal auch Gewerbebetriebe verbrauchen. Auch Teilnahme am Markt, die meist als Erläuterung für die „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ genannt wird52, bietet keinen wirklich abgrenzungsfähigen Begriff (dazu 2. Kap., II., 3.). § 4 Abs. 1 S. 2 KStG verzichtet für die „Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ auf dieses Merkmal bezeichnender Weise auch. Der Gesetzgeber schiebt die Begriffsmerkmale des Gewerbebegriffs beiseite, wenn sie nicht passen. Sie sind somit nicht wesentlich. Das Merkmal „nachhaltige Betätigung“53 leistet die Unterscheidung zu einer Geschäftstätigkeit, die zu wiederholen nicht beabsichtigt ist, die insbesondere als einmalige Handlung, wegen einer besonderen Gelegenheit ausgeübt wurde54, und vermag dem Gewerbebegriff nicht die Substanz zu geben. Wegen der überaus großen Offenheit der Begriffsmerkmale wird auch auf eine Gesamtbetrachtung der Handlungen und Umstände, auf das Gesamtbild, oder auch das „typische Bild“, abgestellt55, nicht anders als im Gewerberecht56. „§ 15 Abs. 2 EStG: „Die Definition, die keine ist.“ (Axel SchmidtLiebig)57. Angesichts der überaus geringen Bestimmtheit seiner Tatbestandsmerkmale begegnen dem Gewerberechtsbegriff rechtsstaatliche Bedenken aus dem Bestimmtheitsprinzip58, aber als einem verfassungsgesetzlichen Begriff, nämlich einem Be51 Dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 25 ff., 253 ff., 261 ff., 281 ff. 52 BFH, BStBl. II, 1999, 390 (397); J. M. Mössner, Stbg. 1977, S. 4; L. Schmidt / H. WeberGrellet, EStG, § 15, Rdn. 20; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 27 f.; weitere Hinweise in Fn. 91. 53 Dazu BFH, BStBl. II, 1999, 390 (393, 397). 54 BFH, BStBl. II, 1996, 232 (238); BFH, BStBl. II, 1996, 367 (368); BFH, BStBl. II, 1999, 390 (397); W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 23 ff.; L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStG, § 15, Rdn. 17 f.; für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, 4. Aufl. 1994, S. 288. 55 BFH, BStBl. II, 1995, 617 (619); BFH, BStBl. 1996, 232 (237); BFH, BStBl. II, 1999, 448 (449); BFH, BStBl. II, 2000, 404 (405); BFH, BStBl. II, 2001, 809 (810 ff.); BFH GrS, BStBl. II, 2002, 291 (292); L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStG, § 15, Rdn. 50; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 21 f.; auch B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 370; A. Schmidt-Liebig, Vom Sprechen, Denken und Urteilen bei Grundstücksverkäufen von Personengesellschaften, FR 1996, 60 f.; ders., Einkommensteuerliche Einordnung von Einnahmen aus einer Fahrgemeinschaft, FR 1995, 103; St. Altfelder, Gewerblicher Grundstückshandel im Wandel, FR 2000, 355 ff.; P. Fischer, Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit, FR 2002, S. 597 ff. (600 ff.) als Beleg für die Typologik (dazu 4.); kritisch J. M. Mössner, FS H. W. Kruse, S. 171 u.ö. 56 Hinweise in Fn. 89. 57 FR 1996, 58 ff. (59); anders BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2514, die in §§ 15 II, 21 III EStG, auslegungsbedürftige und auslegungsfähige Tatbestandsmerkmale“ erkennt. 58 Hinweise in Fn. 5; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 304 ff.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

griff der Finanzverfassung in Art. 106 Abs. 6 GG (dazu 2. Kap., I.), einem Begriff der bundesstaatlichen Kompetenzordnung in Art. 74 Nr. 11 GG und einem Begriff des Amtrechts des Bundespräsidenten und der Bundesregierung (Art. 55 Abs. 2 und Abs. 66 GG) kann dem Gewerbebegriff nicht die Regelungskraft abgesprochen werden. Der Gewerbebegriff hat einen verfassungsgesetzlichen Status59. Er hat im übrigen eine lange Geschichte, nämlich die Geschichte des Gewerberechts, aber auch des Handelsrechts im Begriff Handelsgewerbe60. Wegen eines Mangels an Bestimmtheit läßt sich der Gewerbebegriff nicht aus der Rechtsordnung eliminieren.

4. Steuerrechtlicher Gewerbebegriff als Typusbegriff Der begrifflichen Offenheit, ja Vagheit des Gewerbebegriffs wird die „Typologik“ (Karl Larenz, besser wohl Typik) gerecht61. Der Gewerbebegriff ist danach ein Typusbegriff62, dessen Kennzeichen es geradezu ist, Fallgruppen der Typusreihen nach ihrer Typizität zu ordnen, ohne daß der Gesetzgeber grenzscharfe Begriffe nutzt, eben weil diese ihm nicht zur Verfügung stehen. Der Kern auch des Typusbegriffs ist durch Merkmale beschrieben, so daß eine hinreichend bestimmte Vergleichsgruppe von Fällen gesetzlich definiert ist63. Die Typologik ist keinesfalls 59 Demgegenüber mißt die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2004, 2513 f.) der Rechtsfortbildung des gewerbesteuerrechtlichen Gewerbebegriffs durch den Bundesfinanzhof nur den Rang „einfachen Gesetzesrechts“ zu, zu Unrecht, weil auch und gerade der steuerrechtliche Gewerbebegriff vom allgemeinen im Grundgesetz genannten Gewerbebegriff bestimmt ist, wie im 2. Kapitel zu I. dargelegt wird. 60 Vgl. W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 10; K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 1 ff.; K. Schmidt, Handelsrecht, S. 279 ff. 61 Allgemeine Hinweise in Fn. 39. 62 A. Schmidt-Liebig, FR 1996, 58 ff. (59 ff., 60); ders., FR 1995, 100 ff. (103); ders., Abgrenzung zwischen gewerblichen und privaten Grundstücksgeschäften, 1993, 39 ff.; O. Zugmeier, Der Begriff des Gewerbebegriffs in § 15 Abs. 2 S. 1 – kein Merkmalsbegriff, sondern Typusbegriff, FR 1999, 997 (999 f.); St. Altfelder, FR 2000, 349 ff. (354 f.); P. Fischer, FR 2002, 597 (600 f.); vgl. auch (nicht recht klar) L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStG, § 15, Rdn. 8; a.A. W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 12; H. Weber-Grellet, Der Typus des Typus, Handelsbilanzen und Steuerbilanzen, in: W. D. Budde u. a. (Hrsg.), FS H. Beisse, 1997, S. 551 ff., der die Typologik völlig überzogen als demokratie- und rechtsstaatswidrig kritisiert, ohne zu zeigen, daß Typenbegriffe weniger Bindung der Richter ans Gesetz und auch weniger Rechtssicherheit bewirken als die Auslegung, zumal die teleologische Auslegung von offenen, an die Unbestimmtheit grenzenden Klassenbegriffen (S. 568 ff.); differenzierte Kritik J. M. Mössner, Typusbegriff im Steuerrecht, in: W. Drenseck / R. Seer, FS H. W. Kruse zum 70. Geburtstag, 2001, S. 161 (172 ff., 178 ff.). Allgemein zum Typenbegriff im Steuerrecht auch K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 45, der vertritt, daß die Rechtsprechung den Gewerbebegriff vom Typusbegriff zum „abstrakten Begriff“ entwickelt habe; M. Strahl, Gleichheit und Gerechtigkeit der Besteuerung durch Typisierung?, BB 1997, 341 ff. (kritisch). Für die Typologik zur Bestimmung des Handelsgewerbes K. Schmidt, Handelsrecht, S. 282, 288. 63 St. Altfelder, FR 2000, 354; auch A. Schmidt-Liebig, FR 1995, 103 („Merkmale des Normaltypus“).

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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eine Rechtserkenntnismethode der Beliebigkeit, sondern die der größtmöglichen Sachlichkeit durch Zuordnung nach dem Kriterium von Nähe und Ferne zur typischen Fallgruppe64. Sie arbeitet mit dem Mittel der Sachnähe. Die typischen Fälle des Gewerbes im Sinne des Gewerberechts, aber auch im Sinne des Gewerbe- und Einkommensteuerrechts, kann man anhand der gewerberechtlichen Merkmale des Begriffs (dazu 2. Kap., II.) und der Lebenserfahrung ohne Schwierigkeiten an der Produktion von Waren und Leistungen für den Markt und deren Distribution am Markt erkennen und bestimmen65. Die Grenzfälle sind mit dem typischen Fall eines Gewerbes zu vergleichen. Die Nähe oder Ferne des kritischen Falles zum typischen Fall entscheidet darüber, ob eine Betätigung wegen ihrer Eigenart und ihrer Umstände ein Gewerbe ist. Diese Rechtserkenntnismethode des Vergleichs (typologisches Vergleichsverfahren)66, die auf den syllogistischen Schluß mangels hinreichender („abstrakter“ „Klassen“-)Begriffe in den Grenzbereichen verzichten muß67, ist in vielen Rechtsfragen unverzichtbar, etwa auch für die Bestimmung der freien Berufe68, die nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG nicht zu den Gewerbebetrieben gehören (negatives Merkmal)69. Der Gesetzgeber typisiert, soweit er nicht zu definieren vermag. Wenn diese Rechtsetzungsmethode notwendig ist, ist sie auch im Rechtsstaat tragfähig70. Der Richter hat das lediglich typisierende Gesetz durch „Konkretisierung“, wie Karl Larenz lehrt71, zu entfalten. Sein Erkenntnismittel ist, wie gesagt, der Vergleich. Dabei muß der Richter die Prinzipien der Verfassung 64 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 451; D. Leenen, Typus und Rechtsfindung, S. 171, 179 f.; H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rdn. 145; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 550; kritisch J. M. Mössner, FS H. W. Kruse, S. 169 f. 65 P. Fischer, FR 2002, 602 („Produktion und Handel“). Zur Marktlichkeit gewerblicher Tätigkeit Hinweise in Fn. 91. 66 F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 543 ff., 542 ff. („Typusvergleich“); R. Zippelius, Jb Rechtssoziologie und Rechtstheorie II (1972), S. 485 (490); H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 64 f.; A. Schmidt-Liebig, FR 1996, 63 („Annäherungsvergleich“); P. Fischer, FR 2002, 600 f. mit Fn. 23. So argumentiert auch EuGH v. 20. 6. 1996 – Rs. 155 / 94 (Wellcome Trust), Slg. 1996, I-3013 (3023, Rdn. 19) für den Begriff der „wirtschaftlichen Tätigkeit“ im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie. 67 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194 ff., 443 ff.; H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rdn. 145 ff.; P. Fischer, FR 2002, 600 ff. 68 H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 13 ff., 63 ff.; auch K. Schmidt, Handelsrecht, S. 288. 69 Vgl. K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 18 ff. 70 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194 ff., 443 ff.; H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rdn. 145 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 543 ff.; P. Fischer, FR 2002, 599 ff.; H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 65 f.; a.A. H. Weber-Grellet, FS H. Beisse, S. 568 ff.; J. M. Mössner, FS H. W. Kruse, S. 168 ff., 179 ff. 71 Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 194 ff., 443 ff.; K. Engisch, Die Idee der Konkretisierung, S. 238; dazu kritisch J. M. Mössner, FS H. W. Kruse, S. 168, u.ö..

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

und des Verfassungsgesetzes, aber auch, soweit als möglich, die allgemeinen Auslegungsmethoden, nämlich Wortlaut und Grammatik der Vorschrift, Systematik des Gesetzes und der Rechtsordnung, und, soweit erkennbar, den Zweck des Gesetzes beachten72. Vor allem muß der Richter bei seiner vom Typus, hier dem Gewerbe, geleiteten Rechtserkenntnis die Grundrechte wahren. Rechtserkenntnis ist, wenn Typusbegriffe angewandt werden, die Zuordnung eines Falles zu einer typisierten Fallgruppe, zu einer Typusreihe. Das Gesamtbilddogma im Gewerberecht und Gewerbesteuerrecht73 erweist, daß die Praxis der Sache nach gemäß der Typusmethode „konkretisiert“; denn Gesamtbild ist ein wesentlicher Begriff dieser Methode74. Die Erkenntnis, ob eine Tätigkeit ein Gewerbe sei, hängt auch von der Unterscheidung zur Verwaltung des eigenen Vermögens ab75 (dazu 2. Kap., II.). Auch der Begriff der Verwaltung des eigenen Vermögens ist ein Typusbegriff76. Eine Tätigkeit, die eigenes Vermögen verwaltet, ist kein Gewerbe und kann unter Rechtsgesichtspunkten kein Gewerbe sein. Die materiale Unterscheidung von Gewerbe und von Verwaltung eigenen Vermögens wird im 2. Kapitel zu II. näher erörtert. Hier geht es um die Grenzen der Rechtsfortbildung, wenn der Gesetzgeber dem Richter lediglich Typen für die Rechtsanwendung genannt hat.

5. Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung beim Typusbegriff Gewerbe Die Rechtsfortbildung beruht bei dem Konstrukt Betriebsaufspaltung nicht nur und nicht wesentlich auf Auslegung eines Gesetzesbegriffs77, nämlich dem des Gewerbes, sondern auf einem Vergleich mit dem Typus Gewerbe. Sie ordnet eine Fallgruppe dem Typus von Gewerbefällen zu. Das wäre weniger bedenklich, wenn die verglichene Fallgruppe nicht schon eine eigenständige Regelung gefunden hätte, nämlich als Verwaltung eigenen Vermögens, die gerade nicht Gewerbe ist. Diese Fallgruppe hat eine anerkannte und zudem verfassungsgebotene gewerberechtliche und damit gewerbesteuerrechtliche Ordnung (2. Kap., II.). Vermietung, 72 Vgl. BVerfGE 21, 209 (215); 35, 348 (359); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 322 ff.; ders., Res publica res populi, S. 886 f., 921 ff. 73 P. Fischer, FR 2002, 600 ff.; weitere Hinweise in Fn. 55, 89. 74 K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 199, 445, 449; u.ö.; H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Rdn. 145; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, S. 544, 547, 549; H. Sodan, Freie Berufe als Leistungserbringer im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, S. 64. 75 BVerfGE 69, 188 (204 f.). 76 K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 45; P. Fischer, FR 2002, 602 ff.; vgl. BFH, BStBl. II, 2001, 809 (810 ff.); i.d.S. auch EuGH v. 20. 6. 1996 – Rs. 155 / 94 (Wellcome Trust), Slg. 1996, I-3013 (3020 ff.). 77 So aber BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2513 f.

1. Kap.: Betriebsaufspaltung und steuerrechtlicher Gesetzesvorbehalt

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Verpachtung sowie die Nutzungsüberlassung sind eindeutige Fälle der Verwaltung eigenen Vermögens. Das ist anerkannt78. Besondere Umstände sollen bestimmte Fälle dieser Fallgruppe dem Typus Gewerbe zuordnen, nämlich die Fälle des Konstrukts der Betriebsaufspaltung, in denen die Rechteinhaber ihre Rechte einer eigenen oder von ihnen beherrschte Gesellschaft zu Nutzung übertragen, welches auch immer die Gewerbe begründenden Umstände seien, etwa der (vermeintliche) „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ (dazu 2. Kap., II., 5.). Eine Fallgruppe wird somit aus einem Falltypus ausgesondert, obwohl sie ein typischer Fall ihres Typus, nämlich des Typus Verwaltung eigenen Vermögens, ist. Es übersteigt die Befugnis der Richter zur Rechtsfortbildung, wenn sie einen Ausnahmetatbestand oder, wenn man so will, ein Ausnahmetypus schaffen, den der Gesetzgeber nicht genannt hat. Die Grenzen der Entfaltung einer Fallgruppe, die dem Typus entspricht, sind damit überschritten. Es werden nicht neuartige Fälle einem Typus zugeordnet, und zwar dem Typus, der die größte Nähe hat, sondern die Fallgruppe wird einem Gegentypus, dem des Gewerbes, zugeordnet. Das ist durch eine „veränderte wirtschaftliche Situation“, auf die das Bundesverfassungsgericht hinweist (S. 203), nicht gerechtfertigt; denn es gibt zum einen einen näherliegenden Typus und zum anderen ist die Situation nicht neu. Die Möglichkeit steuerschonender Unternehmensgestaltung gab es auch schon vorher und schon lange. Die kritisierte Rechtsprechung begründet nicht nur eine typwidrige Ausnahme, sondern schafft eine neue Steuerschuld und nimmt dadurch einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff vor (dazu 4., 5. und 6. Kap.). Eine solche Befugnis hat nur der Gesetzgeber, zumal im Steuerrecht mit dem strengen Gesetzlichkeitsprinzip79. Diese Rechtsfortbildung steht den Richtern nicht zu. Der Gesetzgeber hat die Gewerbebesteuerung der Verwaltung eigenen Vermögens mit dem Wort Gewerbe gerade nicht vorgeschrieben, zumal diese Fallgruppe nicht zu den Gewerbebetrieben im Sinne des Gewerberechts gehört (dazu 2. Kap., II.). Eine „abschließende Gestaltung“ „nach Wortlaut, Systematik und Sinn der gesetzlichen Regelung“, die der Rechtsfortbildung nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts Grenzen ziehen würde80, kommt bei Typusbegriffen nicht in Betracht. Die Grenzen der Rechtsfortbildung sind um so deutlicher überschritten, weil die besondere Fallgruppe des Typus Verwaltung eigenen Vermögens in keiner Weise dem Typus Gewerbe entspricht, wie der Hinweis auf den Gewerbebegriff des Gewerberechts erweist. Eine ausgesprochen atypische Fallgruppe wird einem Typus zugerechnet. Das verletzt die Bindung der Richter an das Gesetz (Art. 97 Abs. 1 GG). Die Richter machen aufgrund von Gegebenheiten, die sie als besondere Umstände rechtfertigen, eigenständige Politik, entwickeln aber nicht durch Auslegung der Gesetzesbegriffe in einer neuen Lage oder für neue Fälle oder durch die Ordnung neuer Fälle oder auch nur neuer Lagen nach der Politik des Gesetzes, 78 79 80

Hinweise in Fn. 14 , 88. Dazu Hinweise in Fn. 1 ff. BVerfGE 69, 188 (204).

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

die im Typusbegriff ihren Ausdruck gefunden hat, das Recht fort. Die vermeintlichen besonderen Umstände sollen, die dem sachgemäßen Typus, nämlich Verwaltung eigenen Vermögens, entgegengesetzte Rechtsfolge begründen, nämlich die Gewerbebesteuerung. Die besonderen Umstände sind nichts anderes als das Interesse an der Besteuerung, der Fiskalzweck, der die Mißachtung der gesetzlichen Typisierung keinesfalls rechtfertigt. Die Richter sind dem Gesetz unterworfen, heißt für gesetzliche Regelungen durch Typusbegriffe, daß der Richter an den gesetzlichen Typus gebunden ist, dem er die Fälle gemäß ihrer Nähe zum Typus zuzuordnen hat. Ausnahmen muß der Gesetzgeber formulieren. In den Fällen der Betriebsaufspaltung verletzt die Steuerpolitik der Richter den Typus des Gewerbes, dessen Gewerbesteuerpflicht der Gesetzgeber angeordnet hat (§ 2 Abs. 1 GewStG). Der Richter ordnet Verwaltung eigenen Vermögens nur aus einem Grunde dem Gewerbetypus zu, damit diese Verwaltung besteuert werden kann. Zugleich macht die Steuerpolitik der Richter eine Ausnahme vom gewerbesteuerfreien Typus Verwaltung eigenen Vermögens, um die Fallgruppe der Betriebsaufspaltung atypisch dem Gewerbetypus zuzuordnen, nur um den Fiskalzweck zu erreichen. Der doppelte Konkretisierungsfehler und damit Rechtsanwendungsfehler dürfte dadurch motiviert sein, daß die rechtsstaatliche, gesetzesunterworfene Rechtsprechung zu erheblichen, auch rückwirkenden Steuereinbußen führen würde. Die Steuerhoheit des Gesetzgebers verstärkt den rechtsstaatlichen um den demokratischen Vorwurf. Der Topos Rechtsfortbildung vermag das Defizit der Gewerbebesteuerung der fingierten Besitzunternehmer im Falle des Konstrukts der Betriebsaufspaltung nicht zu beheben, nämlich die ebenso demokratie- wie rechtsstaatswidrige Gesetzlosigkeit.

III. Ergebnis des 1. Kapitels Die Gewerbesteuer auf die Erträge von mittels des Konstrukts der Betriebsaufspaltung fingierten Gewerbebetrieben von Rechteinhabern (Besitzunternehmer), welche durch die Überlassung der Rechte zur Nutzung, sei es Vermietung oder Verpachtung, sei es Lizenzierung, an eine Gesellschaft, deren Anteile sie innehaben oder die von ihnen beherrscht wird (Betriebsunternehmen), hat keine gesetzliche Grundlage. Als Rechtsfortbildung der Finanzgerichte mißachtet das Konstrukt der Betriebsaufspaltung die rechtsstaatlichen Grenzen des Richterrechts, weil die Betriebsaufspaltung dem ferneren Typus Gewerbe statt dem normalen Typus Verwaltung eigenen Vermögens zugeordnet wird, um fiskalische Interessen zu bedienen. Mangels Grundlage im Gesetz ist das Konstrukt der Betriebsaufspaltung wegen Mißachtung des Rechtsstaatsprinzips verfassungswidrig.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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2. Kapitel

Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff Das Konstrukt der Betriebsaufspaltung widerspricht dem verfassungsgebotenen Gewerbebegriff.

I. Gewerbebegriff als Verfassungsbegriff 1. Der Gewerbebegriff ist, jedenfalls im Gewerbesteuerrecht, ein verfassungsgesetzlicher Begriff81. Art. 106 Abs. 6 GG regelt die Verteilung und damit auch die Verwaltung des Gewerbesteueraufkommens. Nach Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG hat der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz über die Gewerbesteuer, die er nach Absatz 3 des Art. 105 GG nur mit Zustimmung des Bundesrates ausüben darf. Art. 106 Abs. 6 S. 1 bis 3 GG sind durch die Änderung des Grundgesetzes vom 20. Oktober 1997 (BGBl. I, 2470) neu gefaßt. Die Vorschrift kannte aber auch schon vorher in Satz 4 die „Gewerbesteuer“. Die Gewerbesteuer galt als die wichtigste Realsteuer (Objektsteuer), die in Satz 2 angesprochen war82. Den Gewerbebegriff kennt und kannte das Grundgesetz auch in der Regelung der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz in Art. 74 Nr. 11 GG und in den Inkompatibilitätsregelungen für den Bundespräsidenten in Art. 55 Abs. 2 GG und die Bundesregierung in Art. 66 GG. Diese Verteilungs- und Zuständigkeitsregelungen rechtfertigen zugleich die Gewerbesteuer als eine Steuerart. Die Gewerbesteuer ist dadurch ein verfassungsgesetzliches Rechtsinstitut. Die Gewerbesteuer kann insgesamt nicht verfassungswidrig sein, wenn ihre Verteilung auf Bund, Länder und Gemeinden, ihre Verwaltung und (mittelbar) ihre Gesetzgebung im Grundgesetz geregelt sind83. Eine Beein81 A. A. BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2513 f. („einfaches Gesetzesrecht“). 82 Dazu Th. Maunz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Kommentar, 1970, Art. 106, Rdn. 43; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 722, 973; H. Montag, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 12, Rdn. 1; D. Gosch, Einige aktuelle und zugleich grundsätzliche Bemerkungen zur Gewerbesteuer, DStZ 1998, 328 ff.; vgl. BVerfGE 13, 331 (348). 83 Zu diesem Argument allgemein BVerfGE 26, 1 (8); 46, 224 (236); P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 218 f.; ders., Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, § 88, Rdn. 68; ders., Besteuerungsgewalt und Grundgesetz, 1973, S. 3 ff.; vgl. Th. Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, 1968 / 1978, Art. 106, Rdn. 19 f.; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, § 87, Rdn. 90 ff.; auch K. Vogel / H. Walter, Bonner Kommentar, Grundgesetz, Art. 106 (Zweitbearbeitung, 1972), Rdn. 162 ff.; i.d.S. auch P. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AöR 101 (1976), S. 429 f.; dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 528 ff., 791, 816, 828 f., 908 ff., 933, für die Verbrauchsteuern ablehnend S. 956, 959.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

trächtigung der Grundrechte, etwa des Gleichheitssatzes, durch die Gewerbesteuer als einer Sonderertragsteuer84 findet eine verfassungsgesetzliche Grundlage und Rechtfertigung. 2. Die Gewerbesteuer muß gemäß der grundgesetzlichen Steuerverfassung somit eine Besteuerung des Gewerbes sein. Der Gewerbebegriff ist dadurch ein steuerrechtlicher Verfassungsbegriff, der nur begrenzt zur Disposition des Gesetzgebers und noch weniger zur Disposition der Verwaltung oder der Rechtsprechung steht. Die Steuerpraxis kann nicht aus steuerrechtlicher Opportunität, etwa im staatlichen Einnahmeinteresse, nichtgewerbliche Tätigkeiten zum Gewerbe erklären, um sie der Gewerbesteuer unterwerfen zu können. Eine solche Praxis verläßt die grundgesetzlichen Grundlagen des Steuerrechts, der Steuerverwaltung und damit auch der Steuerrechtsprechung. Die steuerverfassungsgesetzlichen Regelungen haben zugleich grundrechtliche Relevanz, weil sie Grundrechtsbeeinträchtigungen zu rechtfertigen vermögen; denn jede Steuererhebung ist eine Grundrechtsbeeinträchtigung, welche der Rechtfertigung bedarf (dazu 4., 5. und 6. Kap.). Der Gewerbebegriff hat somit auch grundrechtliche Relevanz. 3. Der steuerrechtliche Gewerbebegriff des Grundgesetzes schließt an den herkömmlichen Gewerbebegriff an85, wie schon immer im Gewerbesteuerrecht. Die Gewerbesteuer besteuert nicht irgendeine Tätigkeit, sondern den „stehenden Gewerbebetrieb“ (§ 2 Abs. 1 S. 1 GewStG). Andere Steuergesetze besteuern, je nach ihrem Tatbestand, andere Sachverhalte. Die Tatbestände der Steuergesetze müssen sich an die verfassungsgesetzlichen Vorgaben halten. Weder der Gesetzgeber, noch die Beamten und erst recht nicht die Richter haben die Befugnis, die Rechtsmacht, die begrifflichen und damit sachlichen Vorgaben des Verfassungsgesetzes zu überschreiten. Auch insofern greift das ultra-vires-Verbot86. Somit ist der Gewerbebegriff des Gewerberechts für den Gewerbebegriff des Gewerbesteuerrechts maßgebend. Ein eigenständiger, vorkonstitutioneller (vorgrundgesetzlicher) gewerbesteuerrechtlicher Gewerbebegriff, den das Grundgesetz in den Begriff der Gewerbesteuer aufgenommen haben könnte, also eine verfassungsgesetzliche Divergenz des gewerberechtlichen Gewerbebegriffs vom steuerrechtlichen Gewerbebegriff, ist nicht ersichtlich. Keinesfalls kann ein solcher gewerbesteuerrechtlicher Gewerbebegriff das Konstrukt der Betriebsaufspaltung integriert haben, obwohl sich dieses Konstrukt vorkonstitutionell entwickelt hat, aber als mit der „nationalsozialistischen Weltanschauung“ begründetes Diktat des Finanzstaatssekretärs 1936 (dazu 84 H. Montag, in: K. Tipke / Lang, Steuerrecht, § 12, Rdn. 21 (a.E.), 2; D. Gosch, DStZ 1998, 327 ff. (330 ff., 334); vgl. auch R. Wendt, Zur Vereinbarkeit der Gewerbesteuer mit dem Gleichheitssatz und dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, BB 1987, 1257 ff. (1259 ff., 1265); vgl. den Vorlagebeschluß des IV. Senats des Nds FG 317 / 98 vom 24. 6. 1998, BB 1998, 1453; auch schon IV. Senat des Nds FG 317 / 91 vom 23. 7. 1997, Beilage 16 zu BB 45 / 1997 (Einzelrichter, als unzulässig zurückgewiesen). 85 Eher abweichend, wenn auch nicht recht klar L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStR, § 15, Rdn. 9; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 15. 86 Dazu allgemein K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 188 f.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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III., 3.), welches den grundgesetzlichen Gewerbesteuerbegriff kaum leiten dürfte. Der Novellierung des Art. 106 Abs. 6 GG 1997 (dazu I., 1.) läßt sich keinesfalls ein neuer Gewerbesteuerbegriff entnehmen, der den Begriff der Finanzpraxis konstitutionalisiert und damit alle Entwicklungen der Rechtsprechung, auch die irrigen und fragwürdigen, ins Recht setzt, sogar mit Verfassungsrang. Das wäre eher Stillstand der Entwicklung, sogar der Gesetzgebung, also als Argument absurd.

II. Gewerbe- und steuerrechtliche Begriffe des Gewerbes und der Verwaltung eigenen Vermögens 1. Gewerbe und Verwaltung eigenen Vermögens Der Gewerbebegriff des Gewerberechts und damit richtigerweise auch der des Gewerbesteuerrechts orientiert sich angesichts dessen, daß die Gewerbeordnung keine Legaldefinition des Gewerbebegriffs enthält, an positiven Merkmalen, nämlich einer erlaubten, auf Dauer angelegten (nachhaltigen) Tätigkeit, die auf Gewinnerzielung gerichtet und selbständig ausgeübt wird, und negativen Merkmalen, nämlich, daß diese Tätigkeit weder Urproduktion noch Ausübung eines freien Berufes noch Verwaltung eigenen Vermögens sei87. An dieser Definition hat sich die Legaldefinition des Gewerbebegriffs im Einkommensteuerrecht in § 15 Abs. 2 S. 1 EStG (Zitat im 1. Kap. II., 3.) orientiert. Diese Definition von 1984, die vorher in § 1 Abs. 1 GewStDV stand, nennt das negative Merkmal der Verwaltung eigenen Vermögens nicht. Dieses wird aber seit eh und je von der Finanzrechtsprechung praktiziert88 und findet eine gesetzliche Stütze in § 14 AO, der den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb definiert. Im Einzelfall stellt die gewerberechtliche wie die steuerrechtliche Praxis auf eine Gesamtbetrachtung der Tätigkeit ab (Gesamtbilddogma)89. 87 St. Rspr.; BVerwG, GewArch 1976, 293; BVerwG, NVwZ 1995, 473; B. Kempen, Die Entwicklung des allgemeinen Gewerberechts von 1996 bis 1999, NVwZ 2000, 1116; W. Diefenbach, Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Gewerbeordnung, GewArch 1991, 281; vgl. G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, 1993, § 1, Rdn. 3, im Einzelnen Einleitung, Rdn. 32 ff. (insb. Rdn. 55); P. Marcks, daselbst, § 14, Rdn. 13 ff. (insb. Rd. 28 ff.); P. J. Tettinger, in: ders. / R. Wank, Gewerbeordnung, 6. Aufl. 1999, § 1, Rdn. 1 ff.; E. Fuhr, in: K. H. Friauf, Gewerbeordnung, 1998, § 1, Rdn. 1 ff.; K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 13 ff. 88 K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 9, Rdn. 488 f., 571; i.d.S. BVerfGE 25, 28 (35 f.); auch BFH Gr. Senat, BStBl. II 1972, 64, fragwürdig gestützt auf die damaligen § 8 Abs. 1 und 2 und § 9 GewStDV (dazu kritisch G. Roellecke, FS K. Duden, S. 481 ff. (S. 488 ff.); zur Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts W. Schön, Zum Merkmal der „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“, i.S. v. § 15 Abs. 2 EStG, in: P. Kirchhof u. a. (Hrsg.), Staaten und Steuern, FS für Klaus Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 661 ff. (666 ff.); etwa PrOVG OVGE 90, 71 ff.; weitere Hinweise in Fn. 14. 89 P. J. Tettinger, in: ders. / R. Wank, Gewerbeordnung, § 1, Rdn. 26; G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, Einl., 1992, Rdn. 35, 48, 50 f., 55; K. M. Heß, in: K. H. Friauf,

3 Schachtschneider

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Die Typusbegrifflichkeit dieses steuerrechtlichen Gewerbebegriffs ist im 1. Kap., II., 4. dargelegt. Die gewerbliche Tätigkeit ist somit (u. a.) von der Verwaltung eigenen Vermögens zu unterscheiden und abzugrenzen. Die Verwaltung eigenen Vermögens ist grundsätzlich kein Gewerbe90. Dieses Merkmal bringt zum Ausdruck, daß eine Tätigkeit eine gewisse wirtschaftliche Außenwirkung haben muß, um überwachungsbedürftig zu sein und darum unter den Gewerbebegriff zu fallen. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls, die es erfordern können, zum Schutz der Allgemeinheit und / oder der Beschäftigten die Gewerbeordnung anzuwenden. Es ist daher wesentlich, ob sich jemand nach außen entfaltet, sich eben mit Gütern und Leistungen „wie ein Händler“ etwa, grundsätzlich „gegen Entgelt und für Dritte“, an den Markt begibt91. Die Vermietung von zwei oder drei Grundstücken (Wohnhäuser oder Wohnungen) wird noch nicht als Gewerbetätigkeit behandelt, wohl aber die Errichtung eines Ärztehauses mit 21 Wohnungs-, Büro- und Praxiseinheiten92. Die Finanzgerichte praktizieren eine „Drei-Objekte-Grenze“, innerhalb von fünf Jahren93. Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit sind die Beschäftigung von Hilfspersonen, die Höhe des Kapitaleinsatzes, Dauer und Umfang der Tätigkeit, der Organisationsaufwand sowie das Auftreten im Rechtsverkehr94. Jede gewerbliche Tätigkeit hat (auch) Vermögen, oft das eigene Vermögen, zum Gegenstand, ist also Vermögensverwaltung und gegebenenfalls Verwaltung eigeGewerbeordnung, Vorbem zu § 14, Rdn. 41 ff.; E. Fuhr, daselbst, § 1, Rdn. 72 ff.; zum Steuerrecht Hinweise in Fn. 55. 90 BVerwG, GewArch 1993, 196 (197); P. J. Tettinger, in: ders. / R. Wank, Gewerbeordnung, § 1, Rdn. 60 ff.; G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, Einl., Rdn. 55; P. Marcks, daselbst, § 14, Rdn. 28; für das Steuerrecht Hinweise in Fn. 14 , 88. 91 So auch für den steuerrechtlichen Gewerbebegriff BFH, BStBl. II, 1996, 232 (239); BFH, BStBl. II, 1996, 369 (372); BFH, BStBl. II, 1999, 390 (397 f.); BFH, BStBl. II, 1999, 448 (449); BFH, BStBl. II, 2000, 404 (405); BFH, BStBl. II, 2001, 809 (810 ff.); J. M. Mössner, Stbg. 1997, 1 ff. (4); ders., FS H. W. Kruse, S. 178 ff.; W. Schön, FS K. Vogel, S. 669 ff., 674 ff.; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 20; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 27 ff.; nicht anders für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, S. 65 ff., 281 ff. (als Anbieter am Markt). 92 BGH, NJW 1981, 1665 f.; als Gewerbetätigkeit wurde die ganzjährige für jeweils zwei bis sechs Wochen erfolgende Vermietung von zehn Wohnungen mit rund 55 Betten eingestuft, BVerfGE, NVwZ 1993, 775; P. Marcks, in: Landmann / Rohmer, GewO I, § 14, Rdn. 28; K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 20 f.; für das Steuerrecht (nicht unkritisch) St. Altfelder, FR 2000, 349 ff. (355 ff.). 93 BFH, BStBl. II, 1991, 345 (346); BFH, BStBl. II, 1995, 617 (619); BFH, BStBl. II, 1996, 232 (237); BFH, BStBl. II, 1999, 390 (394 f.); BFH GrS, BStBl. II, 2002, 291 (293); K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 9, Rdn. 571; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 116 ff.; L. Schmidt / H. Weber-Grellet, EStG, § 15, Rdn 61 ff.; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 370 f.; A. Schmidt-Liebig, Neuere Rechtsprechung des BFH zur Abgenzung gewerblicher und privater Grundstücksgeschäfte, FR 1997, 324 ff. (326); St. Altfelder, FR 2000, 355 ff. (kritisch); P. Fischer, FR 2002, 600 ff. (kritisch). 94 BVerwG, GewArch 1993, 196 (197); P. J. Tettinger, in: ders. / R. Wank, Gewerbeordnung, § 1, Rdn. 61 f.; i.d.S. auch für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, S. 66, 281.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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nen Vermögens; denn der Verwaltungsbegriff ist weit. Nicht jede Vermögensverwaltung ist jedoch gewerblich und damit ein Gewerbe. Sonst wäre das praktizierte und durchaus verfassungsgebotene negative Merkmal des Gewerbebegriffs, daß nämlich die Tätigkeit nicht eine Verwaltung eigenen Vermögens sei, ohne Sinn. Der Gewerbebegriff erfaßt spezifische Tätigkeiten, nämlich die, welche vor allem wegen ihrer Gefahr für das Publikum der staatlichen Überwachung bedürfen95. Die Gewerbeordnung ist das Polizeigesetz des Wirtschaftslebens, welche die teils zünftischen, teils merkantilistischen Gewerberegelungen abgelöst hat. Sie besteht in der heutigen, von der preußischen Gewerbeordnung vom 17. Januar 1865 (GS S. 41) vorgeprägten Struktur seit der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (BGBl. S. 245), die nach der Gründung des Deutschen Reiches auf das ganze Reich ausgedehnt wurde96. Sie hat vielfältige Änderungen erfahren97. Ihr Zweck ist nach wie vor die Sicherheit des Publikums vor den Gefahren der Gewerbebetriebe98. Das Gewerberecht ist Sonderpolizei- oder Sonderordnungsrecht.

2. Grundrechtlicher Schutz der Verwaltung eigenen Vermögens vor staatlicher Überwachung Die Verwaltung des eigenen Vermögens erlaubt die staatliche Überwachung nicht, soweit nicht besondere Gefahren dies rechtfertigen. Die Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken und die Lizenzierung von Patenten etwa lösen einerseits eine überwachungsbedürftige Gefahr nicht aus und andererseits rechtfertigen die Einnahmeinteressen des Staates (Bund und Länder) oder der Gemeinden keinesfalls die Überwachung der Verwaltung eigenen Vermögens, sondern begründen den Vorwurf des Mißbrauchs des polizeirechtlichen Gewerbebegriffs für fiskalische Zwecke, wie noch zu zeigen sein wird (III., 5.). Die Verwaltung eigenen Vermögens darf aus Verfassungsgründen grundsätzlich nicht überwacht werden, wenn das Gemeinwesen nicht ein totaler Überwachungsstaat sein soll. Einem solchen Polizeistaat stehen der menschenrechtliche Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit durch Art. 2 Abs. 1 GG, die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, aber auch die anderen grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte, letztlich die Würde des Menschen, die Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG, das fundamentale 95 R. Gröschner, Das Überwachungsrechtsverhältnis. Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel, 1992, S. 3 ff., 119 ff. 96 G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, Einl. 1986, Rdn. 1 ff. (9 f.). 97 Vgl. die Auflistung von G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, Einl., 1986 ff. – 2003, Rdn. 23 (238 Änderungen). 98 Vgl. G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO, I, Einl., 1993, Rdn. 14 ff.; K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 1 f.; P. Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in: E. Schmidt-Aßmann, Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, Rdn. 124, S. 308.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Verfassungsprinzip Deutschlands, für unantastbar erklärt, entgegen99. Die Verwaltung des eigenen Vermögens, nämlich der Handlungsmöglichkeiten des Menschen als, soweit diese gesetzlich geschützt sind, seinem Eigentum100, ist wesentlicher Bestand der Freiheit und des Eigentums des Menschen. Wesensmerkmal der Republik als freiheitlichem Gemeinwesen ist, daß nicht alles Handeln der Menschen vom Staat überwacht wird. Folglich kann nicht alles Handeln, welches meist, ja im weiteren Sinne immer, mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, Gewerbe sein, falls die übrigen Kriterien des Gewerbebegriffs erfüllt sein sollten, insbesondere das der Erwerbsorientierung.

3. Gewinnabsicht oder Teilnahme am Markt als Merkmal des Gewerbes Auch die Gewinnabsicht101 ist als Kriterium des Gewerbebegriffs nicht unproblematisch. Gewinn muß sich nicht als in Geld bemeßbarer Vermögensvorteil ausdrücken, abgesehen davon, daß fast alles im Leben einen Preis hat. Der Mensch sucht sein Glück und darf sein Glück suchen102. Rechtlich ist davon auszugehen, daß alles Handeln der Menschen ihrem Glück, meist ihrem Vorteil, dienen soll, also, wenn man so will, vorteilsorientiert ist. Selbst wenn der Gewinnbegriff auf wirtschaftliche Vorteile reduziert wird, kann jede Tätigkeit, jedes Bemühen von einer so definierten Gewinnabsicht bestimmt sein, jedes Studium, jede Ehe. Richtigerweise läßt sich die Gewinnmaxime als Merkmal des Gewerbebegriffs nicht aufrechterhalten (vgl. 1. Kap., II., 3.)103. Es ist überzeugender, den Gewerbebegriff mit der wirtschaftlichen Betätigung und diese mit dem ökonomischen Prinzip zu verbinden104; denn Gewerbe heißt im alten Deutsch (alt- und mittelhochdeutsch) nichts anderes als Tätigkeit, Bemühung105. Die Verwirkli99 Zur Republik als freiheitlichem Gemeinwesen K. A. Schachtschneider, Res publica res populi. Grundlegung einer Allgemeinen Republiklehre. Ein Beitrag zur Freiheits-, Rechtsund Staatslehre, 1994; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 15 ff., 42 ff. 100 Zum Eigentumsbegriff K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum. Aspekte freiheitlicher Eigentumsgewährleistung, in: J. Isensee / H. Lecheler (Hrsg.), Freiheit und Eigentum, Festschrift für Walter Leisner, 1999, S. 743 ff.; ders., Freiheit in der Republik, Manuskript 2004, 10. Kap. 101 G. Kahl, in: Landmann / Rohmer, GewO I, Einl. 1992, Rdn. 48 ff.; P. Marcks, daselbst, § 14, Rdn. 18 ff.; dazu K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 15 f.; für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, S. 289 ff. 102 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 5. Kap., III., 1. 103 Skeptisch auch BVerfGE 69, 188 (204 f.); ablehnend auch K. Schmidt, Zum gesellschaftsrechtlichen Status der Besitzgesellschaft bei der Betriebaufspaltung, DB 1988, 897 ff. (898, „veraltet“); ders., Handelsrecht, S. 289 ff.; in der Sache auch BGHZ 95, 155 (158 f.); a.A. OLG München, NJW 1988, 1036 f. 104 Vgl. K. A. Schachtschneider, Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, S. 456 ff.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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chung eines derart grenzoffenen, ja grenzlosen Kriteriums kann freilich nicht Tatbestandsmerkmal eines Steuergesetzes sein. Die Gewinnerzielung ist die typische Maxime eines Unternehmers, diese aber kein notwendiges Begriffsmerkmal eines Unternehmens. Maßgeblich ist vielmehr die Privatheitlichkeit der wirtschaftlichen Betätigung106. Das leistet jedoch nicht die gewerberechtlich und gewerbesteuerrechtlich notwendige Unterscheidung zwischen dem Gewerbe und der Verwaltung eigenen Vermögens. Die Gewinnmaxime kann Kriterium einer solchen Unterscheidung nicht sein. Es gibt keinen besseren Ansatz, bestimmtes Verwalten eigenen Vermögens als gewerblich einzustufen, als die geschäftliche oder noch besser: wettbewerbliche Teilnahme am Markt, wenn auch damit Begriffe angeboten werden, deren Tauglichkeit, hinreichend Unternehmen von nichtunternehmerischen Tätigkeiten, etwa dem privaten Verbrauch, zu unterscheiden, nicht erwiesen ist107. Es sind Worte, Metaphern, die aber mit dem Tatbestandsmerkmal „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ des Gewerbebetriebes in § 15 Abs. 2 EStG übereinstimmen dürften108. Auch der Verbraucher, sicher kein Gewerbetreibender, nimmt am „allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ teil, nachhaltig, selbständig, regelmäßig auf seinen Vorteil bedacht; denn er sucht das beste Angebot an Waren oder Dienstleistungen und will, wenn er sich die Zeit nimmt, durch Preisvergleich und, wenn er den Mut hat, Preisverhandlung sparen, freilich als Nachfrager. Das Wirtschaftsrecht bleibt gegenüber den zentralen Begriffen der Wirtschaft, nämlich Unternehmen, Gewerbe, Markt, Wettbewerb, insbesondere Wirtschaft selbst und wirtschaftlich, ziemlich ratlos. Im 1. Kap. ist zu II., 3. dargelegt, daß der Gewerbebegriff ein Typusbegriff ist, der darin seine rechtsstaatsgemäße, offene Eigenart hat, aber auch dieser Eigenart gemäß vergleichend entfaltet werden muß. Warum nun gerade der Gewerbebetrieb besteuert wird, der nicht hinreichend zu definieren ist, entzieht sich dogmatischer Betrachtung, solange der Verfassungsgeber das, wie zu I. dargelegt, ermöglicht. Die Gemeinden (vgl. § 1 GewStG) wirtschaften weitgehend mit dem Gewerbesteueraufkommen. Das rechtfertigt aber keine Steuerwillkür des Gesetzgebers, der Verwaltung oder gar der Rechtsprechung, um kommunale Haushaltsinteressen zu befriedigen. Die Grundrechte gebieten steuerbegriffliche Restriktion. Die Gewerbesteuer wird bekanntlich grundsätzlich kritisiert, und es gibt Anregungen, sie durch andere Steuerarten zu ersetzen109. Eine bloße Besteuerung des Einkommens oder der Erträgnisse wäre sachgerechter. Paul Kirchhof schlägt eine Vereinfachung des Steuer105 E. Seebold / F. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 23. Aufl. 1995, S. 232, 322, 885. 106 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, 283 ff., 291 ff., 357 ff.; ders., Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, S. 458; ders. / A. Emmerich-Fritsche, Kommunaler Wettbewerb, S. 65 f. 107 Dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 281 ff.; W. Schön, FS K. Vogel, S. 661 ff.; vgl. für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, S. 283, der das Angebot am Markt im Gegensatz zur Nachfrage zum Kriterium macht. 108 Dazu W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 27 ff., weitere Hinweise in Fn. 91. 109 Dazu H. Montag, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 12, Rdn. 40 mit Fn. 144, S. 542.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

systems vor110. Die Verteilung des Steueraufkommens auf Bund, Länder und Gemeinden sowie die Union ist Sache der Finanzverfassung. Auch die Versuche, irgendeine Art von Privatheit, etwa die des Verbrauchers, von dem wirtschaftlichen Bereich zu unterscheiden, sind gescheitert, weil es an einem hinreichend grenzscharfen Begriff der Wirtschaft fehlt. Alles menschliche Handeln gehört zur Wirtschaft; denn es bedarf der Handlungsmöglichkeiten, deren Knappheit nach allgemeiner Auffassung der Wirtschaftswissenschaftler111 das Wirtschaften erfordert. Das gilt im übrigen auch nach dem ökonomischen Prinzip, wonach der Mensch größtmögliche Wirkung mit geringstmöglichen Mitteln anzustreben gehalten ist (Minimum- oder Maximumprinzip)112.

4. Überwachungszweck als Orientierung des Gewerbebegriffs a) Angesichts des begrifflichen Dilemmas erweist sich erneut die Notwendigkeit, den Gewerbebegriff (auch im Rahmen der Typologik) an den Zwecken der Gewerbeordnung zu orientieren, also an dem polizeirechtlichen Zweck der Gefahrenabwehr und damit an dem Überwachungszweck des Gesetzes. Keinesfalls kann eine Tätigkeit deswegen gewerblich sein, weil sie von Personen, die zugleich Gesellschafter eines kapitalisierten Gewerbebetriebs sind, ausgeübt wird, wenn sie nicht auch Gewerbe ist, falls sie von anderen Personen ausgeübt wird. Von den besonderen Verhältnissen der handelnden Personen kann die Gewerblichkeit einer Tätigkeit nicht abhängen, sondern nur von der Eigenart der Tätigkeit, nämlich von der (potentiell gefährlichen) Wirksamkeit in der Öffentlichkeit. Nicht jeder Grundstücksinhaber, der sein Grundstück vermietet oder verpachtet, nicht jeder Patentinhaber, der sein Patent anderen zur Nutzung überläßt, betreibt ein Gewerbe; denn es besteht keinerlei polizeiliche Gefahr und keinerlei Überwachungsbedürfnis. Demgemäß ist die Besteuerung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eigenständig in § 21 EStG geregelt. Erst wenn eine spürbare Gefahr für die Sicherheit des Publikums, also für dessen Rechte, entstehen kann, weil ein kritisches, d. h. für den allgemeinen Geschäftsverkehr, für den Markt, potentiell (nicht schon wahrscheinlich113) gefährliches Geschäftsvolumen des Grundstücks110

Etwa P. Kirchhof u. a., Karlsruher Entwurf zur Reform des Einkommensteuergesetzes,

2001. 111 Gabler Volkswirtschafts-Lexikon, 1997, S. 594; A. Maußner / J. Klaus, Grundzüge der mikro- und makroökonomischen Theorie, 2. Aufl. 1997, S. 1. 112 A. Maußner / J. Klaus, Grundzüge der mikro- und makroökonomischen Theorie, S. 14; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 295 f. (Fn. 74); ders., Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, S. 457 f. 113 Zum Kriterium der Wahrscheinlichkeit des polizeirechtlichen Gefahrbegriffs V. Götz, Allgemeines Polizei- und Ordnungsrecht, 12. Aufl. 1995, Rdn. 140 ff., S. 59 ff.; K. A. Schachtschneider, Der Rechtsbegriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ im Atom- und Immissionsschutzrecht, in: W. Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 1988, S. 87 ff.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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oder Patentinhabers etwa entstanden ist, kann, jedenfalls so die Praxis114, ein Gewerbe entstanden sein. Der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“, auf den die gewerbesteuerliche Rechtsprechung abstellt, um den sogenannten Besitzunternehmer aufgrund seiner „personellen und sachlichen Verflechtung“ mit dem sogenannten Betriebsunternehmer zum Gewerbetreibenden zu machen115, ergibt schlechterdings kein Kriterium für die potentielle Gefährlichkeit und Überwachungsbedürftigkeit der Nutzungsüberlassung und damit für die Gewerblichkeit der Rechteinhaber. Darauf wird noch eingegangen werden (5.). Die kritisierte Praxis müßte aus Gleichheitsgründen auf die Nutzung vieler Rechte, ja auf viele Tätigkeiten überhaupt, ausgedehnt werden, so daß fast alle Menschen im Lande Gewerbetreibende und folglich staatlich zu überwachen wären. Das wäre weder mit den Menschenrechten (Grundrechten) noch mit der Würde des Menschen, wie schon angesprochen ist, vereinbar. b) Es ist verständlich, daß die gewerbe- und einkommensteuerrechtliche Doktrin der Betriebsaufspaltung nicht auf das Gewerberecht übertragen wird. Würde das doch bedeuten, daß die gewerberechtlichen Überwachungsinstrumente gegen die Rechteinhaber eingesetzt werden können müßten, nicht nur die gewerberechtliche Anzeigepflicht nach § 14 GewO, sondern schließlich auch die gewerberechtliche Untersagungsbefugnis wegen Unzuverlässigkeit nach § 35 GewO116. Das wäre absurd, weil dem Grundstückseigentümer verboten werden können müßte, sein Grundstück zu verpachten oder zu vermieten, etwa weil er wegen Vernachlässigung seiner Steuerpflichten als unzuverlässig eingestuft wird, wie das praktiziert wird117, oder auch aus demselben Grunde gehindert würden, ihr Patent durch Lizenzvergabe zu nutzen. Das wären krasse Verletzungen der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG, die bisher niemand erwogen hat. Aber, um es zu wiederholen: Für den gewerbesteuerrechtlichen Begriff kommt es auf den gewerberechtlichen Begriff des Gewerbes an, wenn das Gewerbesteuerrecht dem Grundgesetz genügen soll. Ein Besitzunternehmen aufgrund des steuerrechtlichen Konstrukts der Betriebsaufspaltung ist im übrigen auch kein Handelsgewerbe im Sinne des Handelsrechts118. Hinweise in Fn. 92 , 93, auch 91. BFH GrS, BStBl. II 1972, 63 ff.; st. Rspr., etwa BFH, BStBl. II 1997, 569 ff.; BFH, BStBl. II, 2000, 417 ff.; bestätigt durch BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2513 f.; vgl. auch BVerfGE 25, 28 (37); vgl. W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 75, 88; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 800; kritisch B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 373, 864 ff., 888 ff.; ablehnend für das Handelsgewerbe K. Schmidt, Handelsrecht, S. 283 f. 116 Dazu K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche / D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, S. 27 ff. 117 BVerwGE 65, 1 (4 f.); vgl. K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche, Gewerbeuntersagung, in: K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2003, S. 11 ff. 114 115

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

5. Fragwürdiges Argument vom „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“ Der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“, aus dem die Rechtsprechung die Gewerblichkeit des sogenannten Besitzunternehmers schließt119, kann sich aus der „personellen Verflechtung“ ergeben, muß das aber nicht. Aus der Unternehmensstruktur wird auf gleichgerichtete Interessen geschlossen. Diese Indizwirkung kann durch „nachweisbare, reale Interessengesetze“ entkräftet werden120. Wenn das nicht gelingt, ergibt der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille „die „personelle Verflechtung“ des Betriebs- mit dem Besitzunternehmen, welche zur Gewerbesteuerpflicht des (vermeintlichen) Besitzunternehmens führt. Die Interessengleichheit ist die Natur der Sache, der Identität der agierenden Personen nämlich, taugt aber nicht als Argument für die Gewerblichkeit der Verwaltung des eigenen Vermögens121. Auch ohne diese personelle Identität werden die Interessen unter den Akteuren ausgeglichen und, wenn man so will, gleichgerichtet, durch Vertrag, also verbindlich. Die „Einfluß- und Kontrollmöglichkeiten“ können durch Vertrag zwischen den „fremden“ Akteuren derart eng gestaltet werden, daß ein struktureller Unterschied zu den Unternehmensgestaltungen mit „personeller Verflechtung“, auf den die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hinweist122, um die Plausibilität der Judikatur zu stärken, nicht bedeutsam ist. Vielmehr ist umgekehrt die, wenn man so will, Aufspaltung der wirtschaftlichen Betätigung in die Verwaltung des eigenen Vermögens und die gesellschaftsrechtlich gestaltete Unternehmung (Gewerbe) ein Argument dafür, die Vermögensverwaltung nicht als Gewerbe einzustufen, gerade weil diese nicht an den Markt tritt, sondern eine (beschränkte) Sonderbeziehung zu dem eigenen Unternehmen pflegt. Die Legaldefinition des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 EStG, die oben schon zitiert ist (1. Kap., II., 3.), stellt auf die „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ ab. Das ist die Beteiligung am Markt123. Wenn damit jeder Rechtsverkehr hätte erfaßt werden sollen, hätte der Gesetzgeber nicht vom „wirtschaftlichen Verkehr“ gesprochen. Die Formulierung klammert auch die Verwaltung des eigenen Vermögens (nach wie vor) aus dem Gewerbebegriff aus, obwohl sie dieses 118 K. Schmidt, DB 1988, 897 ff.; ders., Handelsrecht, S. 283 f.; a.A. R. Donath, Die Betriebsaufspaltung, 1991, S. 41 ff.; G. Brandmüller, Die Betriebsaufspaltung nach Handelsund Steuerrecht, B 6 ff. 119 Wie Fn. 115. 120 BFH, BStBl. II 2000, 417 ff.; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2514. 121 So auch B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 373, 864 ff., 888 ff. (prononciert); J. M. Mössner, Stbg. 1997, 4; für das Handelsgewerbe so auch K. Schmidt, DB 1988, 898 f. 122 NJW 2004, 2514; vgl. auch BVerfGE 25, 28 (37). 123 Hinweise in Fn. 91.

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negative Merkmal nicht mehr nennt (vgl. zu 1.). In der Sache hat sich dadurch nichts geändert, weil das aus den oben entwickelten Gründen auch grundrechtswidrig wäre. Wesentlich bleibt der Gesichtspunkt, daß die Rechteeigner das Risiko für ihre Rechte gerade einschränken wollen, welches sie auch einschränken dürfen. Wesentlich bleibt aber auch, daß die zitierte Formel der Rechtsprechung die Mißachtung des Gleichheitssatzes nicht zu beheben vermag. Es geht um den Begriff des Gewerbes, der unterschiedslos für alle Rechteinhaber, die ihre Rechte nutzen lassen, gelten muß.

6. „Besondere Risikostruktur“ – ein Argument? Die „besondere Risikostruktur“, das Argument, das Wolfram Reiß für die Gewerblichkeit des vermeintlichen Besitzunternehmers ins Feld führt124, ist eine schöne Begriffsschablone, die aber als solche keine bestimmte Bewertung der Rechtslage trägt, weil die Risikostruktur sehr unterschiedlich sein kann und ein Rechteinhaber, der seine Vermögenswerte wem auch immer zur Nutzung überläßt, ein jeweils besonderes Risiko eingeht. Näher an den Typus Gewerbe rückt der Hinweis auf die besondere Risikostruktur die Besitzunternehmen im Falle der Betriebsaufspaltung nicht.

III. Steuerrechtliche Diskriminierung der Unternehmensgestaltung durch Betriebsaufspaltung 1. Wirtschaftliche Betrachtung und Konstrukt der Betriebsaufspaltung a) Über die gewerbesteuerrechtlichen Begriffsdefizite des Konstrukts der Betriebsaufspaltung hilft keine wirtschaftliche Betrachtung hinweg125, die auch das Bundesverfassungsgericht (1969), gestützt auf § 1 Abs. 2 und 3 Steueranpassungsgesetz, akzeptiert hat126. Seit der neuen Abgabenordnung 1977 gibt es aber dieses Gesetz nicht mehr. Zum einen birgt die wirtschaftliche Betrachtung ohnehin die Gefahr der Verletzung des steuerrechtlichen Gesetzes- und Bestimmtheitsprinzips und ist allenfalls tragfähig, wenn sie die wesentliche Geschäftsmaterie eines Geschäfts ermitteln will, die in einem Vertrag nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht worden sein kann. Das läßt bereits das zivilrechtliche Interpretationsrecht W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 75, 87, 95. Dazu allgemein K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 65 ff., 83 ff.; K. Tipke / W. Reiß, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 14, Rdn. 53 ff. 126 BVerfGE 25, 28 (35 ff.), auch BVerfGE 13, 318 (326 f.); 18, 224 (233 f.); der Sache nach auch in BVerfGE 69, 188 (203); dazu 1. Kap., II; kritisch G. Rollecke, FS K. Duden, S. 492 ff. 124 125

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zu, insbesondere § 157 BGB127. Wenn kraft wirtschaftlicher Betrachtung Steuerpflichten begründet werden sollen, die das Gesetz nicht hergibt, ist diese Betrachtung nicht nur contra legem, sondern wegen der Gesetzlosigkeit rechtsstaatswidrig (1. Kap.). Wenn die Steuerpflicht jedoch dem Gesetz durch Begriffsauslegung oder Begriffsanwendung entnommen wird, wie das für die Gewerbesteuer im Falle der Betriebsaufspaltung praktiziert wird (dazu 1. Kap.), ist die Handhabung des Begriffs eine Verfassungs-, insbesondere Grundrechtsfrage, wie ausgeführt (zu I., auch 4., 5., 6. Kap.). b) Die dargelegte Kritik der praktizierten Betriebsaufspaltungsdoktrin wird auch durch eine wirtschaftliche Betrachtung nicht entkräftet, weil diese verfassungskräftige Rechte der Rechteinhaber und Unternehmer mißachtet. Wirtschaftliche Betrachtung wird nicht übersehen, daß der gewerbesteuerlich relevante Gewinn (§ 7 GewStG) exakt um die Miet- oder Pachtzinsen oder um die Lizenzgebühren (oder welche Entgelte es sonst sein mögen) gemindert wird, welche die Rechteinhaber, die vermeintlichen Besitzunternehmer, von den Unternehmen, den sogenannten Betriebsunternehmen, das sie selbst betreiben, erhalten, so daß die Gewerbesteuer, die das wirklich gewerbliche Unternehmen zu entrichten hat, gemindert ist128. Würden die Rechteinhaber ohne das verselbständigte Unternehmen, das sogenannte Betriebsunternehmen, das Gewerbe des Unternehmens betreiben, etwa die Grundstücke für die eigene Warenproduktion nutzen, die sie aufgrund ihrer Patente zu produzieren berechtigt sind, wäre die Gewerbesteuer im Zweifel höher. Zu berücksichtigen wäre die Kostenlage des Unternehmens, die den Gewinn in eigenständiger Weise schmälern kann. Die Rechteinhaber nehmen aber ihr gutes Recht wahr, eine eigenständige Unternehmung zu betreiben, der sie ihre Rechte zur Nutzung überlassen. Das Grundgesetz schützt sie in ihrer wirtschaftlichen Freiheit, ihre Rechte an eine eigenständige, von ihnen gebildete oder von ihnen beherrschte, Gesellschaft zu Nutzung zu überlassen oder auch an ein Unternehmen, das von dritten Personen betrieben oder jedenfalls nicht von ihnen beherrscht wird. Sie haben insbesondere das Recht, zumindest gestützt auf Art. 2 Abs. 1 GG, eine Gesellschaft, zumal eine Kapitalgesellschaft, zu betreiben, die ihren geschäftlichen Interessen genügt, insbesondere die Haftung beschränkt129. Die Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG umfaßt explizit das Recht jedes Deutschen, „Gesellschaften zu bilden“. Dieses Grundrecht schützt auch Rechteinhaber, im übrigen auch Ehepaare, die gemeinsam Rechte innehaben, diese dürfen, wie das Bundesverfassungsgericht klargestellt hat, nicht deswegen benachteiligt werden, weil sie als Ehegatten nicht nur die Rechte gemeinschaftlich innehaben, sondern auch eine Gesellschaft gemeinsam betreiben130. Es ist augenscheinlich, daß das Konstrukt der I.d.S. auch G. Rollecke, FS K. Duden, S. 492 ff. So auch BVerfGE 25, 28 (38 f.), also keine „Doppelbesteuerung“. 129 R. Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, 1999, Art. 9, Rdn. 61. Art. 9 Abs. 1 GG setzt eine natürliche Personenmehrheit voraus (R. Scholz, a. a. O.). 130 BVerfGE 69, 188 (205 ff.). 127 128

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Betriebsaufspaltung vornehmlich Familienunternehmen trifft131. Die Inanspruchnahme der grundrechtlichen Freiheiten darf nicht steuerrechtlich diskriminiert werden. Nur ein allgemeiner steuerrechtlicher Tatbestand darf geschaffen werden, der aber nicht besondere, meist familiäre Verhältnisse, benachteiligt (argumentum aus Art. 6 Abs. 1 GG).

2. Kritik des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 1969 Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG schützt das Recht jedes Deutschen, in den Formen des Gesellschaftsrechts, welche die Gesetze grundrechtsgerecht zur Verfügung stellen, in Gesellschaften zu agieren, seien dies Personal-, seien dies Kapitalgesellschaften (gesellschaftsrechtliches numerus-clausus-Prinzip)132. Die gesellschaftsrechtlichen Regelungen ermöglichen die Verwirklichung unterschiedlicher Geschäftsinteressen, die Unternehmensform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor allem die Haftungsbeschränkung (§ 13 Abs. 2 GmbHG). Die Geschäftstätigkeit in dieser Unternehmensform ist legal und damit durch Art. 9 Abs. 1 GG verfassungsgeschützt. Es gibt keine Rechtfertigung, irgend jemanden gegenüber anderen, die ebenfalls in dieser Unternehmensform tätig werden, zu benachteiligen, auch und gerade nicht, wenn diese Unternehmensform familiär genutzt wird. Wenn, wie schon hervorgehoben, Dritte, die also nicht an der Gesellschaft beteiligt sind oder auch nur nicht die Gesellschaft beherrschen, der Gesellschaft Rechte zur Nutzung überlassen, wird nicht fingiert, daß sie einen Gewerbebetrieb betreiben würden, vielmehr wird ihre Rechteverwertung (abgesehen von besonderen Umständen) als Verwaltung eigenen Vermögens eingestuft133 (dazu II., 1. auch ff.). Wenn das aber die Gesellschafter oder auch nur beherrschende Gesellschafter einer Gesellschaft tun, soll das etwas anderes sein, nämlich eine Betriebsaufspaltung, als hätten diese Gesellschafter nicht auch das Recht, ihre Rechte geschäftlich, wie jeder andere, zu verwerten, als seien sie also verpflichtet, ihre Vermögenswerte der von ihnen betriebenen Gesellschaft entweder gänzlich zu übertragen oder anderen von Dritten betriebenen oder beherrschten Gesellschaften zur Nutzung überlassen. Sie würden verpflichtet, ihre Rechte dem Risiko des Gewerbeunternehmens (Betriebsunternehmens) auszuliefern, wenn sie diese in einer eigenen oder von ihnen beherrschten Gesellschaft nutzen wollen. Die RechteinhaVgl. B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 863. Dazu BVerfGE 50, 290 (354 f.); 84, 372 (378 f.); R. Scholz, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 9, Rdn. 69; H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 64 f., S. 828 f.; vgl. aber die „Revolution“ der Gesellschaftsformen durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, EuGH v. 27. 9. 88 – Rs. 81 / 87 (Daily-mail), Slg. 1988, 5483, Rdn. 11 ff.; EuGH v. 5. 11. 2002 – Rs. C-208 / 00 (Überseering), Slg. 2002, I-9919 (9920, Rdn. 82, 92 – 94); dazu W. Frenz, Die Rechtspersönlichkeit ausländischer Gesellschaften. Sitztheorie und Niederlassungsfreiheit, GewArch 2003, 177 ff. 133 Auch BVerfGE 25, 28 (35 ff.); weitere Hinweise in Fn. 14 , 88. 131 132

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ber haben aber aufgrund der grundrechtlich geschützten Wirtschaftsfreiheit jedes Recht, ihre Risikostruktur134 zu optimieren, wenn sie sich im Rahmen der Gesetze bewegen. Das Bundesverfassungsgericht hat 1969 die Rechtsprechung der Finanzgerichte wie folgt dargestellt: „Der Bundesfinanzhof bejaht dies (sc.: die „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“) mit Rücksicht auf die zwischen beiden Unternehmen bestehenden engen wirtschaftlichen und personellen Beziehungen (BStBl. 1963 S. 505). Er hält es nicht für erforderlich, daß das Besitzunternehmen die gewerbliche Tätigkeit selbst ausübt und sich unmittelbar am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Vielmehr genüge es wegen der engen wirtschaftlichen und personellen Verflechtung der beiden Gesellschaften und des mit der Betriebsaufspaltung erstrebten einheitlichen Zweckes, daß das Besitzunternehmen mit der Vermietung oder Verpachtung einer bedeutsamen Betriebsanlage an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft und über diese am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehme.“

Das Gericht hat u. a. ausgeführt: „Dagegen stellt die Vermietung oder Verpachtung einer wesentlichen Betriebsanlage in der Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft die Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit des Besitzunternehmens dar. Seine Inhaber nehmen mit der Vermietung oder Verpachtung an der gewerblichen Tätigkeit der Betriebsgesellschaft teil und tragen in gewissem Umfang das Risiko der Betriebsgesellschaft. Sie behalten Einfluß und Kontrolle über die vermieteten Wirtschaftsgüter.“

Es hat, wie nunmehr auch die Finanzgerichte, auf „den einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen“ abgestellt: „Bei der Betriebsaufspaltung werden die eine wesentliche Betriebsanlage ausmachenden Wirtschaftsgüter in die wirtschaftliche Tätigkeit der Betriebsgesellschaft einbezogen und infolge der durch den Anteilsbesitz begründeten Einfluß- und Kontrollmöglichkeiten dem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen der hinter beiden Unternehmen stehenden Personen unterstellt. Bei der Fremdvermietung besitzt der Vermieter keine vergleichbare Position; seine Interessen beschränken sich auf die unmittelbare Nutzung des Vermögens.“135

Das Bundesverfassungsgericht hat somit in den (vermeintlichen) Besitz- und Betriebsunternehmen in der Sache ein einheitliches Unternehmen gesehen und das damit begründet, daß die gewerbesteuerliche Behandlung derartiger Unternehmensgestaltung kein Gleichheitsverstoß gegenüber andern Fällen der Vermietung oder Verpachtung sei. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat aber in dem Urteil vom 8. November 1971, also nach dem kritisierten Beschluß den Bundesverfassungsgerichts vom 14. Januar 1969, klargestellt, daß er vom „Vorhandensein zweier Unernehmen“ ausgehe136. So verfährt auch die Steuerpra134 135 136

Zum Aspekt Risikostruktur W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 75, 87, 95. So auch BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, NJW 2004, 2514. BStBl. II, 1972, 63 (65).

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xis137. Wer soll nach der Einheitsdoktrin auch die Gewerbesteuer schulden? Wie soll der Ertrag oder Gewinn (§ 7 GewStG) errechnet werden, wenn das Betriebsunternehmen stark mit Kosten belastet ist? Was ist mit der Haftung, die für das Betriebsunternehmen beschränkt werden sollte und beschränkt werden durfte? Wie ist es mit der insolvenzrechtlichen Überschuldung, wenn die Leistungen (Zahlungen) an die Vermieter / Verpächter – Gesellschafter dem Ertrag hinzugerechnet, also aktiviert werden? Die Einheitsdoktrin schafft mehr Probleme als sie löst. Sie ist eine bloße Argumentation, die der Praxis nicht entsprach und nicht entspricht, also hohl und leer. Die steuerliche Benachteiligung wegen der Unternehmensgestaltung ist, unabhängig davon, ob zwei oder ein Unternehmen konstruiert werden, verfassungswidrige Diskriminierung, weil sie gegen den Eigentumsschutz, gegen den Gesellschaftsschutz, gegen den Unternehmensschutz des Grundgesetzes nicht begründbar ist. Keinesfalls kann der Inhaber eines Patentes, der dieses als solches übertragen, aber auch zur Nutzung überlassen (Lizenzvergabe) kann (§ 15 Abs. 1 PatG) genötigt sein, sein Patent aufzugeben und in die Gefahr der Insolvenz des (Betriebs-) Unternehmens zu bringen, etwa um den gewerbesteuerrechtlichen Folgen der (fingierten) Betriebsaufspaltung zu entgehen. Die patentgesetzliche Gestaltung des Patents ist die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte inhaltliche Bestimmung des Patents als einem grundrechtsgeschützten Eigentum138. Dieses Eigentum darf der Patentinhaber grundrechtsgeschützt nutzen, wenn er die Gesetze wahrt. Die steuerrechtliche Diskriminierung seiner Geschäftsgestaltung verletzt die Eigentumsgewährleistung.

3. Bedenkliche Geschichte der Betriebsaufspaltung Das Konstrukt der Betriebsaufspaltung, seien dadurch zwei Gewerbebetriebe begründet139 (ein wirkliches, nämlich das Betriebsunternehmen, und ein fingiertes, das vermeintliche Besitzunternehmen) oder nicht, erwächst dem Vorwurf, die Rechtsinhaber mißbräuchten die Möglichkeit des Gesellschaftsrechts, um die Gewerbesteuer (und gegebenenfalls auch die Körperschaftsteuer) des eigentlichen Unternehmens zu kürzen. Diesen Mißbrauchsvorwurf hat bereits der Staatssekretär im Finanzministerium Reinhardt im Jahre 1936 erhoben140, wie Manfred Mössner in seinem Aufsatz „Wie lange lebt die Betriebsaufspaltung noch?“ be137 Vgl. B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 886 ff.; W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 78 ff. 138 BVerfGE 36, 281 (290 ff.); H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, 2002, Art. 14, Rdn. 198. 139 So BFH GrS, BStBl. II 1972, 63 ff. (65); W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 78 ff.; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 886 ff.; unklar BVerfGE 25, 28 (35 ff.). 140 DStZ 1936, 1251; auch (gleichsam amtlich) RStBl. 1936, 1041.

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richtet141. Der Finanzstaatssekretär Hitlers hat „den Bannstrahl gegen die Betriebsaufspaltung geschleudert“ (so Mössner): „Solche Steuerschmälerung kann künftig nicht mehr geduldet werden, weil sie . . . nicht mit der nationalsozialistischen Weltanschauung in Einklang steht“. Dieses Diktat war der Ausgangspunkt der Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung142. Die Praxis hatte sich vorher daran gehalten, daß die Einhaltung der Gesetze nicht steuerlich diskriminiert werden dürfe143. Die nationalsozialistische Herkunft des Konstrukts der Betriebsaufspaltung, von der sich der Bundesfinanzhof selbstverständlich distanziert, ohne aber die dadurch belastete Rechtsprechung aufzugeben144, sollte die Fragwürdigkeit der Fiktion zur allgemeinen Überzeugung erweisen. Noch hat sich die Kritik jedoch nicht durchgesetzt.

4. Dogmatische Schwäche des Mißbrauchsvorwurfs Sofern ein Mißbrauchsvorwurf angesichts der engen Mißbrauchsregelung des § 226 BGB, dem Schikaneverbot, überhaupt tragfähig ist, wenn jemand legal, dem Gesetz und dem Recht gemäß, handelt, nämlich sein Unernehmen gestaltet, so setzt er doch zumindest voraus, daß der Zweck eines Gesetzes durch das Handeln umgangen wird, etwa die Steuerpflicht. Aber diese muß bestehen und kann nicht durch Mißbrauchserwägungen erst begründet werden145. Das Schikaneverbot verlangt darüber hinaus, daß die „Ausübung eines Rechts“ „nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen“. Wenn gesetzesgemäßes Handeln steuerlich vorteilhaft ist, ist das nicht schon eine Schädigung anderer, etwa des Gemeinwesens. Geringere Anforderungen an den Mißbrauchsvorwurf legt § 42 Abs. 1 AO nahe. Diese Vorschrift lautet: „Durch Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Liegt ein Mißbrauch vor, so entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht. Absatz 1 ist anwendbar, wenn seine Anwendbarkeit gesetzlich nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist.“

Der Mißbrauchsbegriff ist in dieser Vorschrift nicht definiert146. Diese Mißbrauchsklausel ist eine offene Delegation der Rechtsetzungsbefugnis vom Gesetz141 Stbg. 1997, 1 ff. (2 ff.); schon B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 866 f. 142 Vgl. RFH, RStBl. 1942, 1081; vgl. auch G. Rollecke, FS K. Duden, S. 495 ff., der auf ein Rechtsgutachten von Kuno Barth, 1969, hinweist. 143 RFHE 16, 15 (19) vom 3. 12. 1924; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 867 f. 144 Vgl. J. M. Mössner, Stbg. 1997, 3. 145 I.d.S. G. Rollecke, FS K. Duden, S. 498 f. 146 Dazu K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 95 ff.

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geber an die Rechtsprechung147 und begegnet darum durchgreifenden rechtsstaatlichen Bedenken, sowohl aus dem Prinzip der gewaltenteiligen Funktionenordnung, der meist sogenannten Gewaltenteilung148, als auch aus dem Prinzip des Gesetzesvorbehalts, zumal des strengen steuerrechtlichen Gesetzesvorbehalts149, der notwendig mit dem Bestimmtheitsprinzip verbunden ist150. Wer „Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts“ nutzt, mißbraucht diese nicht, auch nicht, wenn er dadurch Steuern erspart. Das kann nicht als Umgehung der Steuergesetze diskriminiert werden. Das Gesetz gibt keinen Ansatzpunkt für den Mißbrauchstatbestand. Der Mißbrauchsbegriff hat als solcher keinerlei Materie, wie das enge Schikaneverbot des § 226 BGB erweist. Der Gesetzgeber müßte einen Zweck genannt haben, den mittels der Gestaltung, die das Recht ermöglicht, anzustreben, steuerrechtlich unterbunden werden soll. Es kann nicht ein „Mißbrauch der gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten sein“, etwa eheliche, familiäre, berufliche Vorteile anzustreben, Haftungsrisiken zu vermeiden, Kreditchancen zu eröffnen oder ähnliches. Der Mißbrauch kann nur die (vermeintliche) Umgehung der Steuerpflicht sein151. Das ergibt sich aus der Rechtsfolge des § 42 Abs. 1 AO; denn es „entsteht der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung“ entstünde (Satz 2). Das ist nichts anderes als die zu 1. kritisierte wirtschaftliche Betrachtungsweise152, welche Steuertatbestände hervorbringt, also eine Betrachtungsweise der Finanzämter und Finanzgerichte, die den Finanzweck im Auge hat. Es gibt nämlich keine den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenere rechtliche Gestaltung als die, welche die Menschen wählen, wenn sie ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gestalten. Dabei müssen sie sich in den Grenzen der Gesetze bewegen. In deren Rahmen sind sie privat, d. h. sie haben das Recht zu freien Willkür153. Freiheit ist äußerlich die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“154 und die Sittlichkeit als die innere Freiheit155. Das Recht zur freien Willkür ist das Recht und die Pflicht zur Sittlichkeit gemäß dem 147 Vgl. P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 216, Fn. 147, der allerdings von „einer verdeckten Delegation von Rechtsetzungsbefugnis“ spricht; auch schon ders., Die Planung der Rechtsnachfolge bei Personengesellschaften am Maßstab des Ertragsteuerrechts, JbFSt 1979 / 80, 254 ff. (258 f.). 148 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 180 ff. 149 Hinweise in Fn. 1 ff. 150 Hinweise in Fn. 5. 151 So (mit der Praxis) P. Fischer, in: Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO, FGO, 1991 / 2003, § 42, Rdn. 53 ff. 152 So auch K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 98. 153 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 374 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., II, III. 154 Kant, Metaphysik der Sitten, ed. Weischedel, Bd. 7, S. 345; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI. 155 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff., 303 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff.; grundlegend Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, ed. Weischedel, Bd. 6, S. 11 ff.

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kategorischen Imperativ, dem Sittengesetz (Art. 2 Abs. 1 GG)156. Die Privatheit besteht darin, daß der Mensch und Bürger allein bestimmt, welche Handlung sittlich ist157. Wenn der Staat die Handlungen der Menschen bestimmen will, muß er Gesetze geben. Die Freiheit verwirklicht sich in der Gesetzlichkeit158. Der Gesetzesvorbehalt ist zutiefst in dem Freiheitsprinzip begründet. Eine allgemeine, nicht materialisierte Mißbrauchsklausel hebt mit der Gesetzlichkeit der Besteuerung die Freiheit auf. Sie ist eine Politik des Richterstaates, der ohne verwirklichte Gesetzlichkeit Richterdespotie ist; denn nur die Gesetze als der allgemeine Wille des Volkes159 verwirklichen die Freiheit, insbesondere im Steuerwesen. Dieses Gesetzlichkeitsprinzip bestimmt auch die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG. „Inhalt und Schranken“ des Eigentums „werden durch die Gesetze bestimmt“, sagt Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG, zu Recht. Dadurch sind das Eigentum und dessen Schranken auch Politik des Volkes, welche durch Gesetze des Volkes, regelmäßig beschlossen durch die Vertreter des Volkes im Parlament, gemacht wird160. Freiheit und Eigentum sind die großen Prinzipien der Republik und damit auch und vor allem des Steuerstaates161. Wer sein Leben den Gesetzen gemäß gestaltet, Gesetzen, die dem Recht entsprechen müssen162, mißbraucht das Recht und dessen Gestaltungsmöglichkeiten nicht. § 42 AO stellt das Prinzip der Gesetzlichkeit zur Disposition der Beamten und Richter, schlimmer noch, unterwirft dieses Prinzip dem Steuerinteresse des Staates. 156 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 259 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 4. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff. 157 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 384 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., II; ders., Sittlichkeit und Moralität. Fundamente der Ethik und der Politik, 2003, S. 40 ff. 158 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 279 ff., 410 ff., 494 ff., 519 ff. (526 ff.); ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., III, IV, 5. Kap., II, IV; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 6 ff., 18 ff., 42 ff., 92 ff.; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 19 ff. 159 J.-J. Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, II, 4, II, 6 (S. 41); i. d. S. auch Hobbes, Leviathan, II, 18, II 21 (S. 189 ff.); Locke, Über die Regierung, IV, VII, XI; Kant, Metaphysik der Sitten, S. 432; ders., Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis, ed. Weischedel, Bd. 9, S. 150; ders., Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 41 f., 45 f.; ders., Kritik der praktischen Vernunft, ed. Weischedel, Bd. 6, S. 135 ff.; vgl. auch ders., Metaphysik der Sitten, S. 326 ff.; dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 104 ff., 109 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., IV, 5. Kap., IV; ders., Res publica res populi, S. 273 ff., 286 ff., 443, 852; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff., 36 ff., 42 ff., 92 ff. 160 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 751 ff., 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., II, III.; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 44 ff. 161 I.d.S. P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 215 ff. 162 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 6 ff., 13 ff., 270 ff., 284 ff.; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 15 ff., 20 ff., 27 ff.

2. Kap.: Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff

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Das ist grob verfassungswidrig163. Die rechtsstaatliche Haltlosigkeit dieser Klausel erweist Absatz 2 des § 42 AO selbst, der dem Gesetzgeber verstattet, den Mißbrauch zu gestatten. Das ist eine Verhöhnung des Rechtsprinzips, das von dem Ethos des kategorischen Imperativs nicht getrennt werden kann164. Mißbrauch kann nicht rechtens sein und darum auch durch den Gesetzgeber nicht ins Recht gesetzt werden. Daraus folgt, daß Absatz 1 der Vorschrift gar nicht den Mißbrauch meint, sondern ausschließlich die Steuerumgehung. Demgemäß versteht Joachim Lang § 42 AO als eine, eigentlich nur deklaratorische, Ermächtigung zur Analogie165. Wenn der Staat diese Steuerumgehung unterbinden will, muß er Gesetze geben. Auch die Vielfalt des Lebens, die ständige Veränderung der Lebensverhältnisse und die Gestaltungskraft der Steuerbürger und ihrer Berater enthebt den Staat nicht von der Gesetzgebungslast, wenn er Steuerpflichten begründen will. Durch § 42 AO versagt der Staat sich dem demokratischen Prinzip und damit zugleich dem Rechtsstaat. Der Gesetzgeber muß etwa die Einpersonengesellschaft nicht ermöglichen. Wenn diese aber rechtens ist, kann ihr Einsatz kein Mißbrauch sein, auch nicht steuerlich. Wenn Ehepaare eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründen und in dieser Rechtsform unternehmerisch tätig sein dürfen, ist das kein Mißbrauch, wenn sie es tun, auch nicht, wenn sie dieser Gesellschaft ihre Grundstücke verpachten / vermieten oder ihre Patente zur Nutzung überlassen; denn sie haben das Recht dazu. Wenn der Gesetzgeber derartige Unternehmensgestaltungen besteuern will, muß er ein hinreichend bestimmtes Gesetz geben, das freilich dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und den besonderen Schutz von Ehe und Familie achten muß, den Art. 6 Abs. 1 GG dem Staat aufgibt. Mit einer Mißbrauchsklausel kann (darf) der Gesetzgeber keinen Keil zwischen das Wirtschaftsrecht und das Steuerrecht treiben. Das Wirtschaftsrecht (Bürgerliches Recht, Gesellschaftsrecht, usw.) ist eine Grundlage des Steuerrechts, weil die Lebensverhältnisse sich im Rahmen der Gesetze des Wirtschaftsrechts entfalten. Es gibt keine bloß „wirtschaftlichen Vorgänge“, welche irgendeine rechtliche Relevanz im Rechtsstaat beanspruchen könnten, sondern nur wirtschaftsrechtliche Vorgänge, die ihre Wirklichkeit auch in den Gesetzen finden. Was eine „wirtschaftlichen Vorgängen angemessene rechtliche Gestaltung“ ist, kann schlechterdings nur 163 Ohne verfassungsrechtliche Bedenken P. Fischer, in: Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO, FGO, § 42, Rdn. 22, H. W. Kruse / K.-D. Drüen, in: Tipke / Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, 2002 / 2003, § 42, Rdn. 15, obwohl sie den Tatbestand für „unbestimmt“ halten; H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Verfassungsvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 189 f.; auch, für das StAnpG, BVerfGE 13, 290 (316); 13, 351 (344 f.); wegen der Unbestimmtheit kritisch P. Kirchhof, JbFSt 1979 / 80, 254 ff. (258 f.: „ohne materiellen Gehalt“, „verdeckte Delegation von Entscheidungsfindung“). 164 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, passim; ders., Freiheit in der Republik, passim, insb. 2. Kap.; ders., Sittlichkeit und Moralität, S. 2 ff. 165 K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 5, Rdn. 95, auch ff.; so auch P. Fischer, in: Hübschmann / Hepp / Spitaler, § 42 AO, Rdn. 73, 76; H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Verfassungsvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 187 ff.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

der Gesetzgeber bestimmen, wenn nicht, wie gesagt, die Beamten und Richter Gesetzgeber sein sollen. Das sind sie unvermeidlich, aber es geht um deren „Rechtsetzungsmacht“, die in die engen Grenzen der Auslegung und des Vergleichs (dazu 1. Kap., II., 5.) gewiesen ist, keinesfalls aber den Gesetzen des Gesetzgebers eine wirtschaftliche Betrachtung unter dem Titel Mißbrauch entgegenstellen darf, wenn das Gemeinwesen ein Rechtsstaat sein und bleiben soll. Diese Kultur des Rechtsstaates, die das Preußische Oberverwaltungsgericht noch gelebt hat166, ist der Unersättlichkeit des Fiskus geopfert worden. Auch § 1 UWG etwa wird als Delegationsnorm praktiziert und dogmatisiert167, zu Unrecht. Die Gesetze des Wirtschaftsrechts und des Steuerrechts sind eine (spannungsvolle) Einheit168, auch eine steuerrechtliche Einheit. Das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung, das aus dem Freiheitsprinzip folgt, verbietet eine Mißbrauchsklausel, wie sie § 42 AO regelt. Eine unternehmerische Gestaltung, wie sie als Betriebsaufspaltung diskriminiert wird, ist im übrigen kein Mißbrauch. Zu bemerken ist, daß die Rechtsprechung das Konstrukt der gewerbesteuerlichen Betriebsaufspaltung nicht mit § 42 AO als Mißbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts begründet (oder zu begründen wagt), sondern, wie ausgeführt (II., 1., 3., 5.) mit dem Gewerbebegriff als rechtsfortbildende Anwendung des Gesetzes, nämlich des § 15 Abs. 2 S. 1 EStG (dazu 1. Kap., II.). Durch die gewählte Unternehmensform, jedenfalls die der Kapitalgesellschaft, wird der gesetzliche Zweck einer solchen Gesellschaft verfolgt und erreicht, vor allem die Risiko- und Haftungsbeschränkung. Auch die Rechte, die der Unternehmensgesellschaft zur Nutzung überlassen werden, werden bestimmungsgemäß genutzt, also als Vermögen verwaltet, wie das auch der Fall wäre, wenn diese einem Unternehmer zur Nutzung überlassen würden, auf den die Rechteinhaber keinen bestimmenden Einfluß haben. Vom Mißbrauch der Rechtsformen kann in dieser Lage schlechterdings nicht die Rede sein.

5. Richterlicher Mißbrauch der Begriffsmacht Umgekehrt mißachten die Finanzverwaltung und die Finanzrechtsprechung die Grenzen ihrer Begriffs- und Gestaltungsmacht, die sich aus den grundrechtlich geschützten Rechten der Rechteinhaber und Unternehmer, der Menschen und Bürger ergeben, wenn sie mit dem Scheinargument des „einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens“169 Konstrukte kreieren (dogmatisieren), welche Vgl. etwa W. Schön, FS K. Vogel zum 70. Geburtstag, S. 661 ff. (666 ff.). Dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 385 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff. 168 Dazu L. Schulze-Osterloh, Zivilrecht und Steuerrecht, AcP 190 (1990), S. 139 ff.; P. Kirchhof, JbFSt 1979 / 80, 254 ff. 169 Dazu Hinweise in Fn. 115. 166 167

3. Kap.: Betriebsaufspaltung und Halbteilungsgrundsatz

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die Steuerpflicht erhöhen oder gar erst begründen, zumal angesichts der fragwürdigen Herkunft dieses Konstrukts.

IV. Ergebnis des 2. Kapitels Der gewerbesteuerrechtliche Gewerbebegriff ist durch Art. 106 Abs. 6 GG an den Gewerbebegriff der Gewerbeordnung gebunden. Verwaltung eigenen Vermögens ist kein Gewerbe. Sie darf nicht der staatlichen Überwachung unterworfen werden und darum weder gewerberechtlich noch gewerbesteuerrechtlich als Gewerbe behandelt werden. Der Überwachungszweck prägt den Gewerbebegriff der Gewerbeordnung und damit den des Steuerrechts. Die unternehmerische Teilnahme am Markt kann Gefahren für die Allgemeinheit mit sich bringen und rechtfertigt darum die Überwachung. Ein „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ bewirkt keine Außentätigkeit des fingierten Besitzunternehmens im Konstrukt der Betriebsaufspaltung und macht dieses nicht zum Gewerbe. Wirtschaftliche Betrachtung vermag das Konstrukt der Betriebsaufspaltung nicht zu rechtfertigen; denn dieses verfolgt allein den Finanzzweck. Der geschichtlich belastete Mißbrauchsvorwurf gegen eine betriebsaufspaltende Unternehmensgestaltung, die im Rahmen der gesetzlichen (rechtlichen) Möglichkeiten bleibt, ist dogmatisch, trotz § 42 AO, mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Er ist auch sachlich nicht begründet, weil die Betriebsaufspaltung rechtmäßige Geschäftsinteressen verfolgt. Die Finanzrichter mißbrauchen ihre Begriffsmacht entgegen dem steuerrechtlichen Gesetzlichkeitsprinzip. Das Besitzunternehmen ist gewerbesteuerrechtlich fingiert und gewerbebegrifflich und rechtsstaatlich nicht tragfähig.

3. Kapitel

Betriebsaufspaltung und Halbteilungsgrundsatz I. Steuerrechtlicher Halbteilungsgrundsatz in der Rechtsprechung 1. Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 Für die Besteuerung des Vermögens durch Einkommen- und Vermögensteuer hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts im Vermögensteuerbeschluß vom 22. Juni 1995 (BVerfGE 93, 121, Ls. 3, S. 138)170 den Halbteilungsgrundsatz entwickelt. Es hat ausgeführt: 170 Zustimmend J. Lang, Konkretisierungen und Restriktionen des Leistungsfähigkeitsprinzips, in: FS H. W. Kruse, 2001, S. 313 ff., 323, 337; ders., Vom Verbot der Erdrosse-

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung „Die Vermögensteuer darf zu den übrigen Steuern auf den Ertrag nur hinzutreten, soweit die steuerliche Gesamtbelastung des Sollertrages bei typisierter Betrachtung von Einnahmen, abziehbaren Aufwendungen und sonstigen Entlastungen in der Nähe einer hälftigen Teilung zwischen privater und öffentlicher Hand verbleibt und dabei insgesamt auch Belastungsergebnisse vermeidet, die einer vom Gleichheitssatz gebotenen Lastenverteilung nach Maßgabe finanzieller Leistungsfähigkeit zuwider laufen“171.

Nach einem solchen Grundsatz würde auch die Einkommensverwendung zur Hälfte privatnützig und zur anderen Hälfte sozialpflichtig sein und damit der vom Bundesverfassungsgericht herangezogenen politischen Leitentscheidung der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG entsprechen172. Den Halbteilungsgrundsatz („Nähe“ zur „hälftigen Verteilung zwischen privater und öffentlicher Hand“) leitet der Zweite Senat des Gerichts aus der Einheit des Privatnützigkeitsprinzips173 und der Sozialpflichtigkeit des Eigentums („Wohl der Allgemeinheit“) 174, gestützt auf das Wörtchen „zugleich“ in Absatz 2 Satz 2 Art. 14 GG, her175.

lungssteuer zum Halbteilungsgrundsatz, in: P. Kirchhof u. a. (Hrsg.), Staaten und Steuern, FS für K. Vogel zum 70. Geburtstag, 2000, S. 173 ff.; dazu M. Jachmann, Sozialstaatliche Steuergesetzgebung im Spannungsverhältnis zwischen Gleichheit und Freiheit: Belastungsgrenzen im Steuersystem, StuW 1996, 97 ff.; R. Seer, Verfassungsrechtliche Grenzen der Gesamtbelastung von Unternehmen, DStJb 23 (2000), S. 87 ff. (107 ff.). 171 BVerfGE 93, 121 (Ls. 3, S. 138); noch tastend P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 271 ff.: „Da das Einkommen dem Eigentümer grundsätzlich zum Lebensunterhalt dient, wird eine hälftige Ertragsteilhabe des Staates in der Regel nicht mehr vertretbar sein. Mit wachsenden Erträgen verbleibt dem Eigentümer jedoch auch nach hälftiger Besteuerung ein substantieller Wert seiner Eigentumsnutzung. Es ist deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sich die Einkommensteuer im Spitzensteuersatz einer Belastung von 56% des zu versteuernden Einkommens nähert“ (S. 272). 172 I.d.S. J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 223, S. 122 f. 173 BVerfGE 24, 367 (390); 31, 229 (240); 37, 132 (140); 50, 290 (339); 52, 1 (30); 58, 300 (345); 70, 191 (200); 79, 174 (198); 79, 292 (303); 81, 208 (220); 87, 114 (138 f.); 91, 294 (308 f.); 93, 121 (135, 137); 100, 226 (247); 100, 289 (303) u.ö.; grundlegend R. Reinhardt, Wo liegen für den Gesetzgeber die Grenzen, gemäß Art. 14 des Bonner Grundgesetzes über Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, in: ders. / U. Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954, S. 10 ff., 33 ff.; W. Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972, S. 171 ff. (kritisch); ders., Eigentum – Grundlage der Freiheit, 1994, in: ders., Eigentum (hrsg. von J. Isensee), 1996, S. 26, 44; ders., Eigentum, HStR, Bd. VI, 1989, § 149, Rdn. 44, 74, 140; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 366 ff.; P. Badura, Eigentum, HVerfR, 2. Aufl. 1994, S. 330, 342; vgl. K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 277 ff.; ders., Res publica res populi, S. 1004, 1023 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 754, 772. 174 BVerfGE 8, 71 (80); 20, 351 (356); 25, 112 (117); 37, 132 (140 f.); 52, 1 (29); 81, 208 (222); 89, 1 (9); 93, 121 (138); 100, 226 (240 f.); K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff., insb. S. 773 f.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III; ders., Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, in: ders. (Hrsg.), Rechtsfragen der Weltwirtschaft, 2002, S. 263 ff., 289 ff. 175 BVerfGE 93, 121 (138), ablehnend das Minderheitsvotum E.-W. Böckenförde, daselbst, S. 157 ff.; relativierend der Erste Senat BVerfGE 95, 267 (300 f.).

3. Kap.: Betriebsaufspaltung und Halbteilungsgrundsatz

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2. Urteil des XI. Senats des Bundesfinanzhofs vom 11. August 1999 Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs hat in seinem Urteil vom 11. August 1999176 den Halbteilungsgrundsatz des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts (kraß) zurückgewiesen. Es ging in dem Rechtsstreit um eine Belastung mit Einkommen- und Gewerbeertragsteuer von insgesamt 60% des zu versteuernden Einkommens. Das Gericht sah sich an das Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts trotz § 31 Abs. 1 BVerfGG nicht gebunden, weil nur die für die Begründung der Entscheidung des Streitgegenstandes tragenden Gründe für die Gerichte und Behörden bindend seien177. Streitgegenstand des Verfassungsgerichtsverfahrens sei aber § 10 Nr. 1 des Vermögensteuergesetzes vom 17. April 1974 gewesen und das auch nur hinsichtlich der Bewertung des einheitswertgebundenen Grundbesitzes. Die Beurteilung der Einkommen- und Gewerbesteuer sei nicht Streitgegenstand gewesen und darum an das Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts nicht gebunden. Der XI. Senat hat darum die Rechtsfrage nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 (konkrete Normenkontrolle) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Sache nach hat der Bundesfinanzhof den Satz des Bundesverfassungsgerichts als obiter dictum behandelt178. Die Bindungsfrage kann für die materielle Rechtsfrage nach den Grenzen der Steuerbelastung offen bleiben. Materiell vermochte der Bundesfinanzhof die Maßgeblichkeit der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG für die steuerrechtliche Belastungsgrenze nicht zu erkennen, weil das Vermögen an sich durch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere Steuern, geschützt sei, es sei denn, die Besteuerung sei übermäßig, ohne „jedes Maß“, etwa existenzgefährdend („Erdrosselung“). Der XI. Senat hat sich auf die ständige Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts berufen, vor allem auf das Altschulden-Urteil in BVerfGE 95, 267 (350)179. Die Verweigerung des Eigentumsschutzes gegen die Besteuerung als einer Auferlegung von Geldleistungspflichten allgemein ist eigentumsverfassungsrechtlich nicht haltbar. Das ist im 4. Kapitel dargelegt, begründet und belegt. Darauf sei verwiesen. Die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG ist ein wesentlicher Teil der deutschen Steuerverfassung und damit die Gleichrangigkeit der Privatnützigkeit und Sozialpflichtigkeit des Eigentums, die Absatz 2 des Art. 14 GG mit dem Satz: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen“, BStBl. II, 1999, 771 ff. BVerfGE 24, 289 (297); vgl. BVerfGE 20, 56 (87); 40, 88 (93); dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 953 f. 178 So BFH, VI. Senat, BStBl. II, 1998, 671 (672): „unverbindliche Meinungsäußerung“; auch D. Gosch, DStZ 1998, 330 (aber beachtlich). 179 Zur Altschuldenproblematik K. A. Schachtschneider (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution. Kritik der Altschuldenpolitik. Ein Beitrag zur Lehre von Recht und Unrecht, 1996 (Verfassungsbeschwerdevortrag des Altschuldenverfahrens). 176 177

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

zum Verfassungsprinzip erhoben hat180. Demgemäß hat entgegen der Auffassung des XI. Senats des Bundesfinanzhofs181 der Halbteilungsgrundsatz eine verfassungsrechtliche Grundlage in dem Grundrecht der Eigentumsgewährleistung. Der XI. Senat erklärt zusätzlich: „Jedenfalls läßt Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG kein Gebot der annähernd hälftigen Teilung eines verfügbaren Betrages (wie etwa des Sollertrages) erkennen. Der Formulierung ,zugleich‘ vermag der Senat dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch dem Wortsinn nach lediglich ein finales, nicht hingegen ein arithmetisches Element im Sinne einer Zuordnung zu rechnerisch etwa gleichen Teilen (50%) zu entnehmen“.

Auch Art. 2 Abs. 1 GG vermochte der XI. Senat keine Einschränkung der „allgemeinen Abgabenpflicht“ zu entnehmen, solange die „spezifische Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG nicht berührt“ sei182. Die steuerverfassungsrechtliche Grundsatzfrage, welche steuerlichen Belastungen die Eigentumsgewährleistung zuläßt, kann hier nicht näher behandelt werden183. Es spricht mehr für den Halbteilungsgrundsatz als dagegen, weil eine menschheitliche Verfassung den Vorrang der Privatheit, den Grundsatz und Vorrang der Privatheit der Lebensbewältigung, das Privatheitsprinzip, respektieren muß, welches auch der Umverteilung dessen, was der Einzelne erwirtschaftet, Grenzen zieht, vorausgesetzt, die Wirtschaftsordnung ist insgesamt verteilungsgerecht, nämlich freiheitlich, gleichheitlich, brüderlich, und achtet das Recht auf Eigentum aller Menschen184. Jedenfalls ist davon auszugehen, daß das Bundesverfassungsgericht den von seinem Zweiten Senat entwickelten Halbteilungsgrundsatz nicht ignorieren wird, wenn um die steuerlichen Belastungsgrenzen der Einkommen und Erträge prozessiert wird. Bemerkenswert ist, daß der Bundesfinanzhof bei der Erörterung des Halbteilungsgrundsatzes auf die Doppelbelastung des Einkommens durch Einkommen- und Gewerbesteuer in der Sache nicht eingegangen ist. Er hat diese Belastung lediglich für das Streitjahr 1994 als „erheblich“ angesprochen.

180 Dazu K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III; ders, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 263 ff., 289 ff. 181 BStBl. II, 1999, 773 f. 182 BStBl. II, 1999, 774. 183 Dazu demnächst die Dissertation von M. Pausenberger, Eigentum und Steuern in der Republik. Ein Beitrag zum Halbteilungsgrundsatz. 184 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 386 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., IV, 10. Kap., III; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67 ff. (Privatheitsprinzip).

3. Kap.: Betriebsaufspaltung und Halbteilungsgrundsatz

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II. Mißachtung des Halbteilungsgrundsatzes zu Lasten der Besitzunternehmer Die Gewerbesteuerpflicht der Rechteinhaber aufgrund dessen, daß sie wegen des Konstrukts der Betriebsaufspaltung Besitzunternehmer seien, also Gewerbe betreiben würden, erhöht deren Einkommensteuer um die Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer ist der Sache nach eine Einkommensteuer; denn sie wird auf den Gewerbeertrag erhoben (§ 6 GewStG). Dieser wird nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes als der Gewinn aus dem Gewerbebetrieb ermittelt (§ 7 Abs. 1 S. 1 GewStG). Schließlich unterliegen die Einkünfte aus Gewerbebetrieben nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 EStG der Einkommensteuer. Die Gewerbesteuer ist somit eine Gemeindeeinkommensteuer, eine zweite Einkommensteuer zugunsten der Gemeinden, jedenfalls eine Ertragsteuer185. Der Halbteilungsgrundsatz greift prinzipiell nur bei Steuern auf das Einkommen186, aber all diese Steuern sind zu summieren, um die Hälftigkeit der Einkommensteilung zwischen dem Bürger und dem Staat zu beurteilen. Demgemäß ist, wie gesagt, die Summe aus der typischen Einkommensteuer und der typischen Gewerbesteuer der typischen Steuerschuldner aus dem Konstrukt der Betriebsaufspaltung zu bilden, wenn festgestellt werden soll, ob der einkommensverfassungsrechtliche Halbteilungsgrundsatz beachtet ist. Die Gesamtbelastung aus Einkommen- und Gewerbesteuer der (fingierten) Besitzunternehmer trifft nicht nur ungleich, also gleichheitswidrig, sondern verfehlt auch das rechte Maß. Das rechte Maß ist wegen der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 GG die (höchstens) hälftige Teilung des Einkommens zwischen dem (regelmäßig) privaten Steuerschuldner, dem Bürger, und dem Staat (einschließlich der Gemeinden) als dem Steuergläubiger. Aus verwaltungstechnischen Gründen, welche den Staat zwingen, die Steuerschuld an Tatbestände zu binden, welche die Steuergerechtigkeit im Einzelfall zurückzustellen zwingt, um die Praktikabilität der Steuergesetze zu ermöglichen, ist es verfassungsrechtlich hinzunehmen, daß die Hälftigkeit der Einkommensteilung zwischen dem Steuerschuldner und dem Steuergläubiger (Staat) typisiert wird187. Es gibt somit keinen Anspruch auf Herabsetzung der persönlichen Steuerschuld auf die Hälfte des zu versteuernden Einkommens, wenn die Steuerschuld im Einzelsteuerfall diese Hälfte überschreitet, aber einem verfassungsgemäßen, also den 185 D. Gosch, DStZ 1998, 329, 332 („normale“ Ertragsteuer); so auch G. Felix, Zur steuerlich gemäßigten Belastungsobergrenze – Steine statt Brot vom BVerfG?, NJW 1996, 703; M. Wosnitza, Konsequenzen der BVerfG-Beschlüsse vom 22. 6. 1995 für die Diskussion um die Reform der Gewerbesteuer, BB 1996, 1465 ff. 186 BVerfGE 93, 121 (134 ff.). 187 K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 223; C. Lambrecht, in: P. Kirchhof, EStG, 3. Aufl. 2003, § 32 a, Rdn. 3; zur steuerrechtlichen Typisierung allgemein P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 243 ff.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Halbteilungsgrundsatz beachtenden Gesetz entspricht188. Ein Steuergesetz aber oder eine gesetzesvertretende Steuerrechtsprechung verletzt die Eigentumsgewährleistung, wenn sie typisch zu einer das Hälftigkeitsprinzip mißachtenden Steuerbelastung führt. Dabei kommt es nicht auf die Regelmäßigkeit, sondern auf die Typizität an. In den Fällen der Betriebsaufspaltung wird das Hälftigkeitsprinzip typisch verletzt189. Die betroffenen Rechteinhaber schulden typisch Einkommensteuern, welche den halben Betrag des Einkommens erreichen. Der Höchststeuersatz der Einkommensteuer in den Jahren 1992 bis 1995 betrug 53% des zu versteuernden Einkommens. Auch die Durchschnittsbesteuerung der betroffenen Rechteinhaber hat typisch deren Einkommen nahe der Hälfte für den Staat in Anspruch genommen. Zusammen mit der Gewerbesteuer, deren Höhe wegen der unterschiedlichen Hebesätze der Gemeinden (Art. 106 Abs. 6 S. 2, § 16 GewStG) unterschiedlich ist, übersteigt die Steuer auf das Einkommen der von dem Konstrukt der Betriebsaufspaltung betroffenen Rechteinhaber (Besitzunternehmer) typisch die Hälfte des Einkommens. Wenn die Summe der Einkommen- und Gewerbesteuer 60% und mehr des Einkommens ausmacht, ist der Halbteilungsgrundsatz mißachtet. Derartige Einkommensbelastungen sind in Fällen der (vermeintlichen) Betriebsaufspaltung typisch und damit als Verletzung der Eigentumsgewährleistung verfassungswidrig. Die typische Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes kann jeder Steuerpflichtige als Verletzung seines Eigentumsgrundrechts im Verfassungsbeschwerdeverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG i.V. mit §§ 90 ff. BVerfGG geltend machen.

III. Ergebnis des 3. Kapitels Das Konstrukt der Betriebsaufspaltung verstößt gegen die Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 1 und 2 GG), weil es typisch zu einer mehr als hälftigen Besteuerung des Einkommens der fingierten Betriebsunternehmer durch Einkommen- und Gewerbesteuer (einschließlich der erst zum 1. Januar 1998 fortgefallenen Gewerbekapitalsteuer) führt.

188 L. Schmidt / F. Seegert, EStG, § 2, Rdn. 12; L. Schmidt / P. Glanegger, EStG, § 32 a, Rdn. 1; vgl. auch BFH, BStBl. II, 1998, 671 (672). 189 So auch D. Gosch, DStZ 1998, 330 / 334 (Hälftigkeit allgemein durch Gewerbesteuer „mit einiger Sicherheit“ überschritten).

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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4. Kapitel

Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer wegen Betriebsaufspaltung I. Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG als Grundrecht des Steuerstaates 1. Vermögen im Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts Der Schutz des Eigentumsgrundrechts des Art. 14 GG kann Gesetzen des Steuerrechts nur entgegengehalten werden, wenn Steuergesetze an der Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes überhaupt gemessen werden können. Das ist eine Frage der Schutzwirkungen des Eigentumsgrundrechts. Diese hängen von dem Tatbestand des Grundrechts ab. Das Bundesverfassungsgericht hat es jahrzehntelang abgelehnt, Steuergesetze, wie überhaupt die Auferlegung von Geldleistungspflichten, an der Eigentumsgarantie, wie das Bundesverfassungsgericht die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG zu bezeichnen pflegt, zu prüfen190. Dennoch hat das Bundesverfassungsgericht die (sogenannte) Eigentumsgarantie gegen Geldleistungspflichten, insbesondere Steuern, welche das Vermögen in der Substanz, also ruinös, durch ein extremes Übermaß belasten, ins Feld geführt191. Dieses Zugeständnis zeigt, daß Geldleistungspflichten, welche der Gesetzgeber den Menschen auferlegt, insbesondere Steuern, doch die Eigentumsgewährleistung beeinträchtigen können, freilich mit dem Eigentumsgrundrecht nur unvereinbar sind, wenn sie das Verhältnismäßigkeitsprinzip192, also das rechte Maß193, verletzen 190 BVerfGE 4, 7 (17); 6, 290 (298); 8, 274 (330); 10, 89 (116); 10, 354 (371); 11, 105 (126); 12, 319 (323); 23, 12 (30); 23, 288 (314 f.); 26, 327 (328); 27, 111 (131); 28, 119 (142); 29, 402 (413); 30, 250 (271 f.); 38, 61 (102); st. Rspr. BVerfGE 78, 249 (277); 89, 48 (61); 95, 267 (300); 96, 375 (397); so auch BFHE 112, 546 (563 f.) mit weiteren Hinweisen auf die steuerrechtliche Judikatur; vgl. P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 227 ff., 234 ff.; H. H. v. Arnim, daselbst zum nämlichen Thema, S. 301 f.; dazu P. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AöR 101 (1976), S. 427 ff.; H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 97, S. 813; ders., in: Maunz / Dürig, GG, 2002, Art. 14, Rdn 165 ff. (selbst differenziert). 191 BVerfGE 14, 221 (241); 19, 119 (128 f.); 23, 12 (30); 23, 288 (315); 27, 111 (131); 38, 61 (102); 42, 263 (295); 50, 57 (104); 50, 290 (341 f.); 63, 312 (327); 63, 343 (368); 70, 219 (230); 72, 200 (248); 78, 232 (243); 82, 159 (190); 93, 21 (137); 95, 267 (300); BVerfG NJW 1995, 2617 (weitergehend für das Vermögen der persönlichen Lebensführung, S. 2618; auch BVerfGE 24, 367 (389); 50, 290 (339 f.)), st. Rspr.; W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 124 ff.; ders., Steuer- und Eigentumswende – die Einheitswert-Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts, NJW 1995, 2591 ff. (2592, 2594 f.); P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 234 ff.; P. Badura, Eigentum, HVerfR, S. 352 f.; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, 2002, Rdn. 165 ff. zu Art. 14; ders., HVerfR, § 18, Rdn. 97, S. 844; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 347 ff., 353 ff. 192 Dazu Hinweise in Fn. 191.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

oder auch nur grob verletzen. Unbeeindruckt von dieser Logik194 weigert sich der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor, der Auferlegung von Geldleistungspflichten Art. 14 Abs. 1 GG entgegenzustellen, wenn nicht die Unzumutbarkeit der auferlegten Lasten augenscheinlich ist195. Der Zweite Senat hat demgegenüber (unter dem Einfluß des Richters Paul Kirchhof) grundsätzliche steuerrechtliche Prinzipien aus der Eigentumsgewährleistung hergeleitet196. Der eigentumsrechtliche Schutz gegenüber dem Steuergesetzgeber ist also verfassungsgerichtlich ungeklärt, wenn es auch eine Tendenz gibt, diesen anzuerkennen. Diese Tendenz wird durch die Literatur, soweit die Autoren eigenständig argumentieren, gestärkt197. Der Grundrechtsschutz aus der Eigentumsgewährleistung gegen den Steuergesetzgeber hängt vom Tatbestand des Grundrechts des Art. 14 GG ab. Dieser Tatbestand kann aber nur im Gesamtgefüge der Verfassung und des Verfassungsgesetzes, also als ein Tatbestand einer Ordnung der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit198, verstanden werden. Weil die Steuerschulden nicht bestimmte Vermögensgegenstände des Steuerschuldners, etwa seinen Lohn oder sein Gehalt, sein Grundstück oder sein Kraftfahrzeug, in Anspruch nimmt, sondern von ihm Bezahlung aus seinem Vermögen verlangt, kann der Steuerschuldner jedenfalls Grundrechtsschutz durch die Eigentumsgewährleistung in Anspruch nehmen, wenn auch das Vermögen als solches, welches durch die Auferlegung von Geldleistungspflichten belastet wird, durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist199. Spezifisch den allgemeinen Vermögensschutz durch die Eigentumsgarantie lehnt der Erste Senat des Bundes193 I.d.S. BVerfGE 50, 290 (339 ff.); 52, 1 (29 ff.); 58, 137 (147 ff.); 58, 300 (338); 62, 169 (183); 70, 191 (200 ff.); 72, 66 (77 ff.); 84, 382 (385); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 143 ff.; O. Kimminich, GG, Bonner Kommentar, Drittbearbeitung, 1992, Rdn. 133 ff., 400 zu Art. 14; P. Badura, Eigentum, HVerfR, S. 361; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rdn. 448, S. 194; eher kritisch H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Rdn. 303 ff., 307 ff. zu Art. 14; ders., HVerfR, § 18, Rdn. 102, S. 846 (Übermaßverbot „indolent und ineffizient“). 194 So auch H. H. v. Arnim, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 299, Fn. 51; i.d.S. auch P. Kirchhof, daselbst zum nämlichen Thema, S. 231 ff. 195 BVerfGE 95, 267 (300); prononciert so auch E.-W. Böckenförde, Minderheitsvotum zu BVerfGE 93, 121 ff. (S. 153 ff.); vgl. weiter die Hinweise in Fn. 191. 196 BVerfGE 93, 121 (134 ff.); ablehnend das Minderheitsvotum E.-W. Böckenförde, S. 157 ff.; relativierend der Erste Senat BVerfGE 95, 267 (300 f.). 197 Vor allem P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 227 ff., 234 ff.; auch H. H. v. Arnim, daselbst und zum nämlichen Thema, S. 299 ff.; vgl. K. A. Schachtschneider (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution, S. 177 ff. 198 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 9 ff., 16 ff., 93 ff.; ders. auch, Res publica res populi, S. 234 ff. 199 P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 234 ff.; W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 124 ff.; dazu H. H. v. Arnim, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 299 ff.; a.A. H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 160 ff.; ders., HVerfR, § 18, Rdn. 98, S. 844, auch Rdn. 106, S. 847; vgl. auch K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 353 ff.

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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verfassungsgerichts ab200. Hans-Jürgen Papier, zur Zeit Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sieht aber besondere Vermögen, die als Eigentum durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werden, wie den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb201, gegen Steuerpflichten, wie die Einkommensteuer auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 EStG), eigentumsgrundrechtlich geschützt, „nicht wegen der Vermögensbelastung schlechthin, sondern wegen der abgabenmäßigen Partizipation des Staates an den Einnahmen und Gewinnen seiner Bürger aus der Nutzung ihres Eigentums, . . .“202 durchaus überzeugend. Das gilt nicht anders für die Gewerbesteuer.

2. Eigentum – das gemäß den Gesetzen vom Staat geschützte Eigene Das Eigentum ist das durch die Rechtsordnung geschützte Eigene des Menschen203. Das Eigene sind die Möglichkeiten des Menschen zu leben und zu handeln. Nur die allgemeinen Gesetze als die Gesetze aller begründen Eigentum204, weil die allgemeine Gesetzlichkeit sicherstellt, daß das gemeinsame Leben verträglich ist, daß also das Leben und Handeln jedes Menschen mit dem der anderen Menschen vereinbar ist, ohne daß die Freiheit des Einen oder die Freiheit des Anderen verletzt wird. Die allgemeine Gesetzlichkeit verwirklicht die allgemeine Freiheit205; weil die allgemeinen Gesetze, wenn die Gesetze freiheitlich und nicht herrschaftlich sind, der Wille aller sind206. Nur unter allgemeinen Gesetzen ist jeder Mensch „unabhängig von eines anderen nötigender Willkür“, also frei. EigenHinweise in Fn. 190; etwa BVerfGE 95, 267 (300 f.). W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 108 ff.; P. Badura, Der Eigentumsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes, AöR 98 (1973), S. 153 ff.; ders., Eigentum, HVerfR, § 10, Rdn. 94 ff., S. 387 ff.; K. H. Friauf / R. Wendt, Eigentum am Unternehmen, 1977, S. 22 ff. (29 f.); H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, Grundgesetz, Art. 14, Rdn. 95 ff.; K. A. Schachtschneider, Fallstudie Umweltschutz, S. 344 ff.; ders., Fallstudie Konkurrentenklage, S. 468 ff.; ders., Fallstudie Produktwarnung, S. 187 ff.; BVerwGE 67, 84 (92); 67, 93 (96); BGHZ 111, 349 (355 f.); BGH, JZ 1996, 1122 (1123); vgl. i. d. S. auch BGHZ 23, 157 (162 f.); 67, 190 (192); 81, 21 (33); 92, 34 (37); offen gelassen in BVerfGE 1, 264 (277 f.); 22, 380 (386); 45, 142 (173); 50, 290 (340); 51, 193 (221 f.); 58, 300 (353); 66, 116 (145); 68, 193 (222 f.); 81, 208 (227 f.); weitergehend BVerfGE 22, 380 (383). 202 HVerfR, § 18, Rdn. 101, S. 845; so auch ders., in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, 2002, Rdn. 170. 203 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 744 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., I. 204 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., II. 205 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 275 ff., 325 ff., 410 ff., 519 ff., 637 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., IV, 5. Kap., II, IV, 7. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff., 42 ff., 92 ff. 206 Hinweise in Fn. 159. 200 201

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

tumsschutz ist Rechtsschutz. Rechtsschutz ist Staatsschutz207. Das Gemeinwesen, die Republik, gibt den Staatsschutz für das Eigene nur, wenn alle mit dem Eigenen des Menschen, somit dessen Möglichkeiten zu handeln und zu leben, einverstanden sind, regelmäßig weil sie die gleichen Möglichkeiten haben. Die Gleichheitlichkeit ist dem Freiheitsprinzip immanent208. Darum ist die republikanische Freiheit nicht nur mit dem Gleichheitsprinzip, sondern auch mit dem der Brüderlichkeit, dem Sozialprinzip, untrennbar verbunden209. Die Lebensmöglichkeiten müssen brüderlich geteilt werden, damit alle Menschen gleich in der Freiheit, also selbständig, sind210. Das Gemeinwesen der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit kann nur ein Gemeinwesen der allgemeinen Gesetzlichkeit sein, weil nur allgemeine Gesetze das freiheitliche Leben und Handeln möglich machen. Demgemäß gibt es nur gesetzliches Eigentum211. Der Eigentumsbegriff ist in der Republik logisch sozial, d. h. gemeinschaftsgebunden212. Ganz im Sinne dieser republikanischen Logik bestimmt Art. 14 Abs. 1 GG, daß der Inhalt und die Schranken des Eigentums durch die Gesetze bestimmt werden (Abs. 1 S. 2), daß aber Eigentum zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen solle (Abs. 2 S. 2). Weitestgehend ist das Eigentum eine „Schöpfung der Rechtsordnung“213. Die Eigentumsgewährleistung würde jedoch gegenüber dem Gesetzgeber leerlaufen, wenn sie gänzlich zur Disposition des Gesetzgebers stünde214. Die Wertentscheidung für das EigenK. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 121 ff. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 410 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 24 ff., 96 ff. 209 W. Leisner, Freiheit und Eigentum, 1974, in: ders., Eigentum, Schriften zu Eigentumsgrundrecht und Wirtschaftsverfassung 1980 – 1996, 1996, S. 19; W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, HVerfR, 2. Aufl. 1994, S. 519 ff.; P. Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL 30 (1972), S. 90 ff., insb. S. 94 ff., 103 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 234 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 757 f.; dagegen F. A. von Hayek, etwa, Recht, Gesetzgebung und Freiheit, Bd. 2, Die Illusion der sozialen Gerechtigkeit, 1981, insb. S. 93 ff., 123 ff.; zum Versuch, dem Sozialprinzip die Verbindlichkeit streitig zu machen, insb. E. Forsthoff, Begriff und Wesen des sozialen Rechtsstaates, VVDStRL 12 (1954), S. 8 ff., 19 ff.; vermittelnd W. Leisner, Grundrechte und Privatrecht, 1960, S. 167 ff.; H. F. Zacher, Das soziale Staatsziel, HStR, Bd. I, 1987, § 25, Rdn. 166 ff.; K. A. Schachtschneider, Das Sozialprinzip, 1974, S. 38 ff., 72 ff., 75 ff., 82 ff.; ders., Res publica res populi, S. 237 ff., auch S. 247 f. („institutionelle Judiziabilität“); ders., Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff. 210 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff., insb. S. 767 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III; ders., Res publica res populi, S. 234 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 33 ff., 96 ff. 211 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III. 212 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, S. 322 ff. 213 I.d.S. BVerfGE 58, 300 (335 ff., 338 f.); kritisch W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 54 ff. (56); vgl. auch H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 37 ff., 254 ff. 214 Zum Leerlaufargument C. Schmitt, Grundrechte und Grundpflichten, 1932, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze von den Jahren 1924 – 1954, 1958, S. 191 ff.; ders., Freiheits207 208

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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tum215, die objektive Leitentscheidung des Grundgesetzes für das Eigentum216 muß der Gesetzgeber respektieren. Darüber wacht die Verfassungsrechtsprechung. Das Grundgesetz schützt das Eigentum als Element der Privatheit217. Das Eigentum ist durch die Privatnützigkeit, aber auch die Sozialpflichtigkeit definiert218. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgesprochen, der Gesetzgeber dürfe nur Regelungen treffen, welche den Kern der „Eigentumsgarantie“, den „Inbegriff des Eigentums“, den „grundlegenden Gehalt der Eigentumsgarantie“ nicht mißachten, die es erlauben, noch vom Eigentum zu sprechen219. Die Rechtsordnung muß wesentlich eine Ordnung privater Lebensbewältigung sein220. Es gibt ein Privatheitsprinzip, das wesentlich auf der Eigentumsgewährleistung gründet221. Dieses Privatheitsprinzip zieht auch der Steuergesetzgebung eine Grenze, weil die Besteuerung das Mittel der Verstaatlichung der Lebensverhältnisse ist. Eigentum muß also in spezifischer Weise Eigentum bleiben, aber der Gesetzgeber darf, wenn er das Eigentum ordnet, nur eine Politik der praktischen Vernunft machen222. Das heißt wesentlich, daß er alle Prinzipien der Verfassung und des Verfassungsgesetzes achten muß223. „Der Gesetzgeber hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen“224. Das Wohl der Allgemeinheit, an dem sich der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums zu rechte und institutionelle Garantien der Reichsverfassung, 1931, daselbst, S. 140 f.; ders., Der Hüter der Verfassung, 1931, S. 36 ff.; dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 824, 857 f. 215 BVerfGE 14, 263 (277); 18, 121 (132); 37, 132 (140); 58, 300 (382); 62, 169 (183); 102, 1 (15); auch BVerfGE 93, 121 (134 ff.); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 19 ff. 216 Vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 845, 1023 ff. 217 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1023 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 744 ff., 780 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., I, V. 218 Dazu Hinweise in Fn. 173, 174. 219 BVerfGE 21, 73 (79 f., 82 f.); 24, 367 (389 f.); 42, 263 (295); 45, 142 (173); 45, 272 (296); 50, 290 (341); 52, 1 (30); 83, 201 (208 f.); 93, 121 (135, 137); dazu W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 16 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1024; vgl. O. Kimminich, Bonner Kommentar, GG, Drittbearbeitung, Art. 14, Rdn. 23, 147. 220 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 386 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., IV. 221 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 370 ff. (386 ff.); ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., insb. IV; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 67 ff.; gemeinschaftsrechtlich A. Emmerich-Fritsche, Das Privatheitsprinzip des Binnenmarktes, EWS 8 / 2001, 365 ff. 222 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 762 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III. 223 Ganz so BVerfGE 102, 1 (17). 224 BVerfGE 102, 1 (17); auch BVerfGE 100, 226 (240); vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 617 ff., zum Interessenausgleich.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

orientieren hat, ist nicht nur Grund, „sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentümers“225. Darüber hinaus muß er das Prinzip des rechten Maßes, praktiziert als Verhältnismäßigkeitsprinzip 226, und „des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG“, zumal die „Gleichheit der Lastenverteilung“ („Belastungsgleichheit“)227, also wiederum das rechte Maß, wahren. In der Praxis bewährt sich die Eigentumsgewährleistung vornehmlich als dieses Prinzip228. Voraussetzung des skizzierten Rechtsschutzes gegenüber dem Steuergesetzgeber aus der Eigentumsgewährleistung ist aber, daß das Vermögen als Eigentum im Sinne des Eigentumsgrundrechts verstanden wird.

3. Vermögen als gegen Besteuerung grundrechtlich geschütztes Eigentum Der Begriff des Vermögens faßt alle Möglichkeiten zusammen, welche der Mensch hat, um zu leben und zu handeln229. Dies Vermögen besteht wesentlich (nicht nur) aus Rechten, welche fraglos durch das Eigentumsgrundrecht geschützt werden, wenn sie vermögenswert sind, als Rechte des öffentlichen Rechts nach der Praxis jedoch nur, wenn sie auf eigener Leistung beruhen230. Dem Menschen geht es um sein Vermögen insgesamt, wenn er sich gegen Belastungen wehrt. Steuerschulden müssen aus dem Vermögen beglichen werden231. Das zwingt den Steuer225 BVerfGE 102, 1 (17); auch BVerfGE 25, 112 (118); 50, 290 (340); 93, 121 (138); 100, 226 (241). 226 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 375 ff., 380 ff., 389 ff.; A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, 2000, S. 50 ff., 140 ff.; weitere Hinweise in Fn. 328. 227 BVerfGE 84, 239 (268 f.); 87, 153 (170); 102, 1 (17); auch BVerfGE 93, 121 (134 ff.). 228 Vgl. BVerfGE 7, 377 (405 f.); 17, 306 (313 f.); 19, 342 (348 f.); 24, 367 (404); 27, 344 (350 ff.); 38, 281 (298); 42, 212 (220); 43, 242 (298); 51, 97 (113); 61, 126 (134); 69, 315 (354); 76, 1 (50 f.); 77, 308 (334); 81, 310 (338); st. Rspr.; auch BVerfGE 93, 121 (134 ff.). 229 Zum Vermögensbegriff K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 749 f.; vgl. auch P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 234 ff., insb. Fn. 67, S. 235. 230 BVerfGE 40, 65 (82 f.); 45, 142 (179); 69, 272 (300); 70, 278 (285); 83, 201 (209); 95, 267 (300); 97, 350 (371); st. Rspr.; für die öffentlich-rechtlichen Rechte BVerfGE 14, 288 (293); st. Rspr.; etwa BVerfGE 30, 292 (334); 53, 257 (289 ff.); 58, 81 (112 f.); 69, 272 (300 ff.); 70, 115 (122); 70, 191 (199); 72, 175 (193); 83, 201 (209); 95, 267 (300); 97, 350 (371); W. Leisner, Sozialbindung des Eigentums, S. 19 ff. (zur Entwicklung dieses Begriffs); ders., Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 3, 119 ff.; P. Badura, Eigentum, HVerfR, S. 329, 347 ff.; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 124 ff.; O. Kimminich, GG, Bonner Kommentar, Art. 14, Rdn. 31, 55 f.; R. Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, 1985, S. 113 ff., der Eigentum „als qualifiziertes normatives Zugehören“ dogmatisiert (S. 121 ff.); D. Ehlers, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung, VVDStRL 51 (1992), S. 214 f.; weiter noch BGHZ (Großer Senat) 6, 270 (278), wonach „jedes vermögenswerte Recht“, „das ganze Vermögen der Bürger“, durch die Eigentumsgarantie und den Eigentumsschutz geschützt sei, „gleichgültig, ob es dem bürgerlichen oder dem öffentlichen Recht“ angehöre.

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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schuldner, irgendwelche seiner vermögenswerten Rechte aufzugeben, um der Steuerpflicht zu genügen. Allein der Umstand, daß der Steuerschuldner selbst bestimmt, mit welchen Mitteln er die Steuerschuld erfüllt, vermag die Steuergesetzgebung nicht aus dem Schutzbereich der Eigentumsgewährleistung herauszulösen. Es ist für die Substanz des Eigentumsschutzes belanglos, daß dem Steuerschuldner diese Disposition verbleibt. Er muß seine Lebensmöglichkeiten, die vor allem finanzielle Möglichkeiten sind, einschränken, um der Forderung des Staates gerecht werden zu können. Der Staat nimmt ihm Lebensmöglichkeiten, indem er ihn besteuert. Der Staat nimmt ihm Geldvermögen. Geld ist aber als gesetzlich geschütztes Zahlungsmittel Eigentum232, ja in der Geldwirtschaft das wesentliche Eigentum des Menschen; denn Geld verschafft Lebensmöglichkeiten, weil (fast) alles käuflich ist. Es gibt keine substantiellere Beeinträchtigung der Eigentumsgewährleistung als die Auferlegung von Geldleistungspflichten. Die Schwierigkeiten, die der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit dieser Erkenntnis hat, lassen sich damit erklären, daß Rechtspositionen oft über Jahrzehnte und Jahrhunderte tradiert werden, selbst wenn sie irrtümlich sind. „Es erben Gesetz und Recht sich wie eine ew‘ge Krankheit fort“, sagt Mephisto in Goethes Faust233.

4. Parlamentarischer Schutz des Eigentums a) Das Bundesverfassungsgericht hat die Steuerpolitik weitestgehend vor den Grundrechten abgeschirmt, wie das der deutschen Tradition des „liberalen bürgerlichen Rechtsstaats“, der sich im 19. Jahrhundert allmählich herausgebildet hat, also der Tradition der Trennung von Staat und Gesellschaft, entsprach. Diese entfaltet nach wie vor politische Wirkung234. Das Gericht hat sich auf diese Tradition im KPD-Urteil berufen235. Die Bürger aber durften Freiheit und Eigentum gegen den Staat verteidigen. Der Staat hingegen schützte Freiheit und Eigentum und benötigte dafür finanzielle Möglichkeiten. Demgemäß hingen Gesetze, welche Freiheit und Eigentum regeln, von der Zustimmung der Bürger, die im Parlament vertreten sind, ab (vgl. Art. 62 Preußische Verfassung von 1850). Das war der Kern des Konstitutionalismus236. Das hat sich nicht wesentlich geändert. Der Staat muß 231 Dazu P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 234 ff.; H. H. v. Arnim, daselbst zum nämlichen Thema, S. 299 ff.; H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 98, S. 844. 232 BVerfGE 97, 350 (371); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 131; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 183 ff. 233 Faust I, Zeile 1972 f. 234 Vgl. dazu H. H. v. Arnim, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 287 ff. 235 BVerfGE 5, 85 (197). 236 H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, S. 113 ff.; D. Jesch, Gesetz und Verwaltung, 1961, S. 145, 149 ff.; E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, S. 9 ff., 317; Ch. Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, S. 77 f.; M.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

besteuern und ist Steuerstaat237. Die Angelegenheiten aber, welche den Staat als solchen betrafen, waren nicht Sache der Bürgerschaft (Impermeabilitätsdoktrin) 238. Die Frage, ob die Finanzierung des Staates, insbesondere die des Heeres, eine Sache von Freiheit und Eigentum und damit eine Sache der Bürgerschaft sei, kulminierte im preußischen Budgetkonflikt von 1862 bis 1866. Der Streit ist beigelegt worden, ohne daß die Rechtsfrage geklärt worden wäre239. b) Es ist fraglos, daß die Bürger außer der Sicherheit, die der Staat gewährleisten soll, kaum mehr interessiert, als die Kosten des Staates, die sie aus ihrem Vermögen zu finanzieren haben. Steuerfragen sind wesentliche Fragen von Freiheit und Eigentum. Wenn der Staat nicht herrschaftlich, wie in der absoluten und auch in der konstitutionellen Monarchie, sondern republikanisch auf der Grundlage der Freiheit der Menschen als Bürger verfaßt ist240, läßt sich nicht bestreiten, daß die Besteuerung eine Frage der bürgerlichen Allgemeinheit, nämlich eine Frage der allgemeinen Gesetze der Bürger, ist, welche durch die Prinzipien der Freiheit und des Eigentums gesteuert wird. Die steuerverfassungsrechtliche Relevanz der Freiheit ergibt sich aus ihrem Begriff als politische Freiheit241. Die politische Freiheit verpflichtet den Staat zu einer Politik der praktischen Vernunft, weil die Freiheit durch die Sittlichkeit sowohl des staatlichen als auch des privaten Handelns verwirklicht wird242. Die praktische Vernunft ist judiziabel243. Folglich ist Grundrechtsschutz gegen eine Politik und auch gegen eine Steuerpolitik möglich, welche die praktische Vernunft verletzt.

Kriele, Einführung in die Staatslehre, S. 157 ff., 319 ff.; H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 108, S. 848; K. A. Schachtschneider, Republikanische Freiheit, FS M. Kriele, 1997, S. 835 f. 237 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 897; J. Isensee, Steuerstaat und Staatsform, in: R. Stödter / W. Thieme (Hrsg.), Hamburg, Deutschland, Europa, FS Hans Peter Ipsen zum siebzigsten Geburtstag, 1977, S. 409 ff.; K. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, HStR, Bd. I, 1987, § 27, Rdn. 51 ff., 69 ff.; P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 215; ders., Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, § 88, Rdn. 45 ff.; D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 80, S. 24; H. H. v. Arnim, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 288 ff. 238 Vgl. die Hinweise in Fn. 237. 239 Dazu E. R. Huber, Das Kaiserreich als Epoche verfassungsstaatlicher Entwicklung, HStR, Bd. I, 1987, § 2, Rdn. 16; H. H. Rupp, Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft, HStR, Bd. I, 1987, § 28, Rdn. 6. 240 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 253 ff., 441 ff., passim; ders., Republikanische Freiheit, FS M. Kriele, S. 829 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 15 ff., 42 ff. 241 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1 ff., 14 ff., 275 ff., 325 ff., 410 ff., 519 ff., 637 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., II, IV, VI, 5. Kap., 7. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 15 ff., 42 ff. 242 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff. 243 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 978 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II.

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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5. Schutz von Freiheit und Eigentum als Zweck des Staates Freiheit und Eigentum, die beide zu schützen Zweck des Staates ist, wie vor allem Hobbes und Locke gelehrt244 und wie sie die Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers 1789 geheiligt hat (Art. 4 und Art. 17), können den uneingeschränkten Schutz des Staates beanspruchen. Es gibt kein Argument, daß irgendein Element von Freiheit oder von Eigentum aus dem Rechtsschutz herausfällt. Es kommt auf die Zuordnung an, weil letztlich der Verfassungsschutz der Freiheit und des Eigentums gegenüber dem Gesetzgeber sich nicht unterscheidet. So akzeptiert auch der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts, daß die praktische Vernünftigkeit von Geldleistungspflichten wenn nicht an der Eigentumsgewährleistung so doch an dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit gemessen wird245. Die Freiheit aber ist formal. Sie ist die Autonomie des Willens246, nicht die Möglichkeiten des Handelns247. Die Eigentumsgewährleistung wäre schmerzlich reduziert, wenn der Vermögensschutz aus ihr herausfiele. Allemal ist die Besteuerung eine mittelbare Beeinträchtigung auch der einzelnen Vermögensrechte, wenn diese durch den Steuergesetzgeber auch nicht spezifiziert in Anspruch genommen werden können. Der preußische Budgetkonflikt muß endlich dadurch eine rechtliche Klärung erfahren, daß die ihm verhaftete Auseinandersetzung um den Vermögensschutz durch die Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes im Sinne der (vorsichtigen) Erkenntnisse des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts entschieden wird. Das Vermögen genießt somit den Grundrechtsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG. Steuergesetze müssen der Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes, im übrigen ein Menschenrecht (Art. 17 AEMR)248, genügen. Art. 14 Abs. 1 GG ist die einschlägige Grundrechtsnorm, welche gegen Steuerpflichten gewendet 244 Th. Hobbes, Leviathan, II, 21; J. Locke, Über die Regierung, IX, XI, insb. 138 f.; zur Sicherheit als Staatszweck J. Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit, 1983, S. 3 ff.; V. Götz, Innere Sicherheit, HStR, Bd. III, 1988, § 79; Ch. Link, Staatszwecke im Verfassungsstaat nach 40 Jahren Grundgesetz, VVDStRL 48 (1990), S. 27 ff., Ls. 10; G. Ress, Staatszwecke im Verfassungsstaat nach 40 Jahren Grundgesetz, VVDStRL 48 (1990), S. 83 ff., Ls. 3, 4, S. 14 ff., 23 f.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 545 ff.; zur Schutzpflicht des Staates BVerfGE 39, 1 (41 ff.); 46, 160 (164 f.); 49, 49 (141 f.); 53, 30 (57 f.); 56, 54 (73 ff.); 77, 170 (214); 88, 203 (215 ff.); 89, 214 (231 f.); J. Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, HStR, Bd. V, 1992, § 111, Rdn. 77 ff., 181 ff.; K. Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III / 2, Allgemeine Lehren der Grundrechte, 1994, S. 1802 ff.; K. A. Schachtschneider, Umweltschutz, in: ders., Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2003, S. 304 ff. 245 Etwa BVerfGE 95, 267 (303); so auch H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 101, S. 845; weitere Hinweise in Fn. 1, 258 ff. 246 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 275 ff., 325 ff., 410 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI, VII, 5. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 19 ff. 247 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 427 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 744 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., I, III, 4. 248 W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 18 ff.; K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 751; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., II.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

werden kann, die sich vor dem Grundgesetz nicht rechtfertigen können. Eine unsachliche, ja willkürliche, eine vernunftwidrige Steuergesetzgebung beeinträchtigt somit nicht nur die Eigentumsgewährleistung, sondern verletzt sie.

II. Verletzung des Eigentumsgrundrechts durch Besteuerung ohne Gesetz, ohne Vernunft und im Übermaß 1. Gesetzlichkeit, Vernünftigkeit und rechtes Maß als Prinzipien der Eigentumsgewährleistung Die Beeinträchtigung eines Grundrechts ist nicht schon dessen Verletzung. Es kommt darauf an, ob der Eingriff des Gesetzgebers in das grundrechtlich geschützte Recht gerechtfertigt werden kann. Wie gesagt überträgt Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dem Gesetzgeber die Aufgabe und Befugnis, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Diese Eigentumsverfassung ist im freiheitlichen Gemeinwesen, wie ausgeführt, um der allgemeinen Freiheit willen, essentiell. Der Regelungsvorbehalt, wie er genannt wird, überträgt dem Gesetzgeber die Bestimmung des Eigentumsschutzes, ohne daß die Gesetze als Eingriff in ein Grundrecht verstanden werden müßten. Das enthebt den Gesetzgeber aber nicht von der Pflicht, die fundamentale Entscheidung der Verfassung und des Verfassungsgesetzes für das Eigentum und damit für die Privatheitlichkeit der Lebensbewältigung zu achten. Die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG schützt vor allen Gesetzen, auch vor Steuergesetzen, welche das rechte Maß der Eigentumsordnung verfehlen249. Vernunftwidrige oder gar willkürliche Gesetze mißachten das Prinzip des rechten Maßes, genauso wie jeder sonstige Verstoß gegen das Grundgesetz. Die Eigentumsgewährleistung schützt also vor der Maßlosigkeit, vor dem Übermaß der Vermögensbeeinträchtigung des Vermögensinhabers, des Eigentümers, insbesondere des Steuerpflichtigen250. Die praktische Vernunft als die Sachlichkeit verlangt nach Gesetzlichkeit, weil sie nur dadurch der allgemeinen Freiheit, prozeduralisiert gemäß dem demokratischen Prinzip der Republik251, zu genügen vermag252. Insbesondere sind die eigentumsbestimmenden Gesetze an die Wirt249 BVerfGE 50, 290 (339 ff.); 52, 1 (29 ff.); 58, 137 (147 ff.); 58, 300 (338); 62, 169 (183); 70, 191 (200 ff.); 72, 66 (77 ff.); 84, 382 (385); 93, 121 (137 f.); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 143 ff.; O. Kimminich, GG, Bonner Kommentar, Drittbearbeitung, Rdn. 133 ff., 400 zu Art. 14; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Rdn. 303 ff., 307 ff. zu Art. 14; P. Badura, Eigentum, HVerfR, S. 361; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 448, S. 184. 250 So auch H.-J. Papier, Die finanzrechtlichen Verfassungsvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, S. 176 f.; ders., in: Maunz / Dürig, GG, Art. 14, Rdn. 176, der jedoch das Verhältnismäßigkeitsprinzip gegenüber Steuereingriffen als „relativ indolent und ineffizient“ herunterspielt; ebenso ders., HVerfR, § 18, Rdn. 102, S. 846; vgl. auch K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 424; ganz so BVerfGE 93, 121 (137 f.). 251 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 560 ff., 584 ff., 637 ff.

4. Kap.: Eigentumsschutz gegen die Gewerbesteuer

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schaftsverfassung des Gemeinwesens gebunden253. Deutschland ist aber wesentlich durch Eigentum geordnet254. So hat der Staatsvertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der (sogenannten) Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990 die Soziale Marktwirtschaft unter anderem durch das Privateigentum bestimmt (Art. 1 Abs. 3 StV). Die Wirtschaftsordnung ist noch stärker als durch die Eigentumsgewährleistung durch das Sozialprinzip bestimmt. Richtig ist die Wirtschaftsverfassung Deutschlands nicht die der sozialen Marktwirtschaft, sondern die der marktlichen Sozialwirtschaft255. Das verfassungsgarantierte Eigentum ist, wie schon gesagt, das private Eigentum. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgesprochen, daß Art. 14 Abs. 1 GG das Eigentum Privater schütze256.

2. Ergebnis des 4. Kapitels Steuerpflichten beeinträchtigen das Eigentum, nämlich das Vermögen, und können darum die Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes verletzen. Jedenfalls beeinträchtigen Steuern auf den Gewerbeertrag das grundrechtlich geschützte Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Unternehmen). Die 252 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff., 303 ff., 410 ff., 494 ff., 519 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., III, VI, VII, 5. Kap., II, 7. Kap., II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff., 92 ff.; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, 1992, § 124, Rdn. 256, S. 952; zur Pflicht, die in regelbedürftigen Lebensverhältnissen angelegte Gesetzmäßigkeit oder das Verallgemeinerungsfähige, das Regelgerechte zu erkennen, Rdn. 246, S. 947 f., mit Hinw. auf Kant, Kritik der praktischen Vernunft. 253 Dazu H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 1 ff., S. 800 ff.; R. Schmidt, Öffentliches Wirtschaftsrecht, Allgemeiner Teil, 1990, S. 66 ff., u.ö.; J. Basedow, Von der deutschen zur europäischen Wirtschaftsverfassung, 1992; auch K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 281 ff.; ders., Res publica res populi, S. 370 ff., 386 ff., 394 ff.; ders., Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff. 254 Zur Relevanz der Eigentumsgewährleistung für die Wirtschaftsverfassung H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Rdn. 30 ff. zu Art. 14; ders., HVerfR, § 18, Rdn. 14 ff., auch Rdn. 17 ff., S. 805 ff.; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdn. 441 ff., S. 191 ff.; H. P. Rill, Eigentumsschutz, Sozialbindung und Enteignung bei der Nutzung von Boden und Umwelt, VVDStRL 51 (1992), S. 181; F. Ossenbühl, daselbst, Aussprache, S. 286 (Eigentum als „das Agens, der Motor der Marktwirtschaft“); G. Roellecke, daselbst, Aussprache, S. 300 f. (Eigentum ermöglicht den Markt); K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 780 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap.; ders., Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 263 ff. 255 K. A. Schachtschneider, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff.; ders., Wirtschaftliche Stabilität als Rechtsprinzip, in: W. Hankel / W. Nölling / K. A. Schachtschneider / J. Starbatty, Die Euro-Illusion. Ist Europa noch zu retten?, 2001, S. 315. 256 BVerfGE 61, 82 (108 f.); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, § 149, Rdn. 11; P. Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDStRL 39 (1981), S. 215 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1004, 1023 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 277 ff.; ders., Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 773 f.; vgl. auch H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Rdn. 192 ff. zu Art. 14.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Einkommen- und die Gewerbesteuer beruhen allgemein auf Gesetz und genügen damit dem steuerverfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt (dazu 1. Kap., I., 1.)257, nicht aber die Gewerbesteuer (einschließlich der Gewerbekapitalsteuer) und auch nicht die Einkommensteuer auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb der vermeintlichen Besitzunternehmer, die auf das gesetzlose Konstrukt der Betriebsaufspaltung gestützt sind. Dieses Konstrukt läßt sich vor dem Rechtsstaatsprinzip nicht als richterliche Rechtsfortbildung rechtfertigen. Die Summierung der einkommen- und gewerbesteuerlichen Besteuerung der fingierten Besitzunternehmer widerspricht dem steuerstaatlichen Halbteilungsgrundsatz (3. Kap.). Im übrigen verletzen diese Steuern den Gleichheitssatz (dazu 6. Kap.). Weiterhin verstößt die richterliche Steuer gegen die bundesstaatliche Finanzverfassung (Art. 106 Abs. 6 GG; dazu 2. Kap., I.). Auch dieser Verfassungsverstoß verletzt die grundrechtlich geschützte Eigentumsordnung des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG. Die kritisierte Besteuerung der Besitzunternehmen ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und verletzt folglich die Eigentumsgewährleistung.

5. Kapitel

Freiheitsschutz gegen die Gewerbebesteuerung der Betriebsaufspaltung Die allgemeine Freiheit oder, wie das Bundesverfassungsgericht zu formulieren pflegt, die allgemeine Handlungsfreiheit258, schützt vor jeder Verpflichtung durch den Staat, welche nicht durch Gesetz erfolgt, weil die Freiheit nur durch Gesetzlichkeit verwirklicht werden kann259. Auch das Bundesverfassungsgericht unterwirft jede Auferlegung von Geldleistungspflichten, insbesondere die Besteuerung, dem freiheitsrechtlichen Gesetzlichkeitsprinzip260. So streitig der Schutz der Bürger vor dem Steuergesetzgeber durch die Eigentumsgewährleistung ist, so fraglos ist der freiheitsrechtliche Grundrechtsschutz. Freilich ist die (sogenannte) allgemeine Handlungsfreiheit das Grundrecht mit der schwächsten Schutzintensität. Dennoch müssen Gesetze, welche mit dem Freiheitsgrundrecht vereinbar sein wollen, alle Prinzipien der Verfassung und des Verfassungsgesetzes respektieren261. Die GesetzHinweise in Fn. 1. BVerfGE 6, 32 (36 ff.); 54, 154 (146); 55, 159 (165 ff.); 59, 275 (278); 74, 129 (151); 75, 108 (154 f.); 80, 137 (152 ff.); 95, 267 (303); 97, 350 (377); st. Rspr.; H.-U. Erichsen, Allgemeine Handlungsfreiheit, HStR, Bd. VI, 1989, § 152, Rdn. 13 ff.; dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 441 ff., insb. S. 478 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 5. Kap., I, 6. Kap., I. 259 Hinweise in Fn. 3; für den steuerrechtlichen Gesetzesvorbehalt Hinweise in Fn. 1. 260 Hinweise in Fn. 1, 3; etwa BVerfGE 21, 1 (3); 26, 1 (7); 87, 153 (16); 95, 267 (303); 99, 216 (243); dazu P. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz, AöR 101 (1976), S. 419 ff.; H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, 2002, Art. 14, Rdn. 161, 169. 257 258

6. Kap.: Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür

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losigkeit und damit Rechtsstaatswidrigkeit (1. Kap., auch 2. Kap.), aber auch der Verstoß gegen die Finanzverfassung (Art. 106 Abs. 6 GG; 2. Kap., I.), die Mißachtung des steuerrechtlichen Halbteilungsgrundsatzes (3. Kap.) ist mit dem Freiheitsgrundrecht nicht vereinbar. Die Bürger müssen sich nicht Gesetze gefallen lassen, welche die genannten Prinzipien des Rechtsstaates, zumal des Steuerstaates, der Finanzverfassung und der Grundrechte, nämlich der Eigentumsgewährleistung, mißachten. Der Schutz der Rechtsprinzipien und Rechte liegt in der Hand der Verfassungsrechtsprechung, insbesondere der des Bundesverfassungsgerichts262. Hinzu kommt die rechtlose Beeinträchtigung der freien Entfaltung der Persönlichkeit im materiellen Sinne, weil die Verwaltung des eigenen Vermögens als Gewerbe besteuert wird (2. Kap., II., 2.). Gegenüber der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG wird das Freiheitsgrundrecht des Art. 2 Abs. 1 GG als nachrangig (subsidiär) gehandhabt263.

Ergebnis des 5. Kapitels Die Gewerbebesteuerung der fingierten Besitzunternehmer wegen des Konstrukts der Betriebsaufspaltung verletzt die allgemeine Freiheit des Art. 2 Abs. 1 GG.

6. Kapitel

Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür I. Sachlosigkeit des gewerbesteuerrechtlichen Konstrukts der Betriebsaufspaltung 1. Sachlichkeit, praktische Vernunft und Gesetzlichkeit Das Grundgesetz kennt als eine aufgeklärte, dem Prinzip der praktischen Vernunft verpflichtete, Verfassung264 ein umfassendes Sachlichkeitsprinzip. Dieses 261 BVerfGE 19, 290 (292, 295 ff.); 21, 1 (3 ff.); 21, 54 (59 ff.); 21, 209 (224); 23, 288 (305, 313); 24, 112 (116 f.); 25, 309 (314); 26, 1 (7 ff.); 27, 375 (384); 28, 66 (87); 29, 402 (408 ff.); 35, 14 (19 ff.); 39, 56 (60); vgl. auch die Hinweise in Fn. 3. 262 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 978 ff. 263 BVerfGE 1, 264 (273 f.); 6, 32 (37); 9, 73 (77); 9, 338 (343); 10, 55 (58); 19, 206 (225); 21, 227 (243); 23, 50 (55 f.); 30, 292 (336); 32, 98 (107); 54, 237 (251); 58, 358 (363); 60, 215 (229); 64, 208 (213); 65, 196 (209 f.); 65, 237 (248); D. Murswiek, in: Sachs (Hrsg.), GG, 1996, Art. 2, Rdn. 137; K. Stern, Staatsrecht, Bd. III / 2, S. 1386 f.; H.-U. Erichsen, Allgemeine Handlungsfreiheit, HStR, Bd. VI, § 152, Rdn. 13, 25 ff.; K. A. Schachtschneider, Umweltschutz, in: K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2003, S. 350 f.; auch ders, Konkurrentenklage gegen Subventionen der öffentlichen Hand, S. 473.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

wird vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung praktiziert265. Dieses Sachlichkeitsprinzip ist nichts anderes als das Willkürverbot; denn Willkür ist die grobe, evidente Unsachlichkeit266. Willkür ist in der durch die Gleichheit in der Freiheit gekennzeichneten Republik267 die Staatswidrigkeit an und für sich. Im Bodenreformurteil hat das Bundesverfassungsgericht klar gestellt, daß selbst ein Verfassungsgesetz das Willkürverbot nicht mißachten dürfe268. Das Sachlichkeitsprinzip ist Grundprinzip des Rechts; denn Recht verwirklicht gemäß den Prinzipien der Menschheit des Menschen die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit269. Freiheit ist die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“ (Kant270). Sie ist nur möglich, wenn alle, die gemeinsam leben, innerlich frei sind. Innere Freiheit ist die Sittlichkeit, die ihr Gesetz im kategorischen Imperativ, dem Sittengesetz, hat271. Das Sittengesetz, welches den grundgesetzlichen Begriff der Freiheit ausweislich Art. 2 Abs. 1 GG definiert272, wird durch die allgemeine Gesetzgebung als der Gesetzgebung aller verwirklicht273. Das allgemeine Gesetz verwirklicht die allgemeine Freiheit, weil jeder nach dem eigenen Gesetz lebt, welches auch das Gesetz aller anderen ist, mit denen er zusammenlebt. Der Konsens 264 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1 ff, 253 ff. 519 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 1., 2., 3., 5. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 15 ff., 42 ff., 83 ff., 92 ff. 265 BVerfGE 3, 58 (135 f.); 10, 234 (240); 12, 326 (333); 12, 341 (348); 18, 121 (124); 23, 50 (60); 23, 135 (143); 25, 101 (105); 25, 269 (292); 52, 277 (281); 55, 72 (88 ff.); 60, 16 (42); 74, 182 (200); 76, 256 (329); 93, 165 (178); dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 419, 674 ff., 897 ff., 984 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I und II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 369; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 235 ff., spricht vom „Objektivitätsgebot“, dessen Gehalt die Sachlichkeit ist, insb. Rdn. 184 ff., 235 ff., 253 ff.; vgl. auch W. Rüfner, GG, Bonner Kommentar, Zweitbearbeitung, 1992, Rdn. 29 ff. zu Art. 3 Abs. 1. 266 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 365 ff.; Hinweise wie Fn. 265. 267 Dazu allgemein K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1 ff., 35 ff., 211 ff., 275 ff., 325 ff., 410 ff., 525 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 1., 2., 3., 5. und 7. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 43 ff. (50 ff.). 268 BVerfGE 84, 90 (121). 269 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1 ff., 234 ff., 275 ff., 519 ff., passim; ders., Freiheit in der Republik, 1. Kap., 7. Kap., I, III, 10. Kap. III; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 9 ff., 15 ff., 96 ff. 270 Metaphysik der Sitten, S. 345; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff. 271 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff., 303 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff.; grundlegend Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 11 ff. 272 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 259 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 4. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff. 273 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 279 ff., 410 ff., 494 f., 519 ff. (526 ff.); ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., III, IV, 5. Kap., II, IV; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 6 ff., 18 ff., 42 ff., 92 ff.

6. Kap.: Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür

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ist unter vielen Menschen nicht zu erreichen. Das Konsensprinzip274 ist eine regulative Idee, weil in der Wirklichkeit der Menschen die Gesetzgebung der Mehrheitsregel275 unterworfen ist, nämlich entweder plebiszitär unmittelbar durch das Volk oder repräsentativ durch Vertreter des Volkes276. Immer ist die wirkliche Gesetzgebung repräsentativ277. Dieses freiheitsrechtliche Defizit wird durch die Pflicht derer ausgeglichen, die Sachlichkeit zu wahren, welche im Namen des Volkes durch die Gesetze das Recht materialisieren. Sie haben die Pflicht zur stellvertretenden Sittlichkeit278. Wer namens des Volkes diskursiv und deliberativ die Gesetze zu materialisieren hat, darf nicht seine Interessen durchzusetzen, sondern muß das allgemeine Wohl, die salus publica, zu verwirklichen suchen. Er darf keine Partei ergreifen. Jede Parteilichkeit ist dem Rechtsprinzip zuwider279. John Rawls hat als regulative Idee den Schleier des Nichtwissens vorgeschlagen280. Herbert Krüger hat um der Freiheit der Bürger willen die Nicht-Identifikation des Staates postuliert281. Das Sachlichkeitsprinzip ist nichts anderes als das sittliche Prinzip der praktischen Vernunft oder eben die Beachtung des kategorischen Imperativs bei der Gesetzgebung. Dieses Prinzip ist ein Fundamentalprinzip des Rechts und damit des Staates des Rechts, des Rechtsstaates282. Demgemäß ist auch das Steuerverfassungsrecht dem Sachlichkeitsprinzip verpflichtet. Nur die grobe Unsachlichkeit führt in der Praxis, wie gesagt, wegen des Willkürverbots zur Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes.

2. Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers Wegen der Teilung der Ausübung der Staatsgewalt, der sogenannten Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG)283, hält sich das Bundesverfassungsgericht mit dem Vorwurf, der Gesetzgeber habe die Sachlichkeit verletzt, zurück284. Es pflegt dem Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 526 ff., 560 ff., 625 ff. Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 106 ff., insb. S. 119 ff. 276 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 637 ff., 707 ff. 277 H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 234 ff., 238 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 703 ff. 278 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 637 ff. (644 ff., 662 ff., 666 ff.), 707 ff. (725 ff.); ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 44 ff. 279 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 710 ff., 772 ff., 1060 ff.; ders., Der republikwidrige Parteienstaat, in: D. Murswiek u. a. (Hrsg.), Staat – Souveränität – Verfassung. Festschrift für Helmut Quaritsch, 2000, S. 141 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 36 ff., 192 ff. 280 Eine Theorie der Gerechtigkeit, 1975, S. 514. 281 Allgemeine Staatslehre, S. 178 ff. (181); dazu K. Schlaich, Neutralität als Verfassungsprinzip, 1972, insb. S. 236 ff.; vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 625 ff. 282 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 15 ff., 42 ff. 283 Dazu K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 180 ff. 274 275

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Gesetzgeber große, zunehmend größere Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume zuzugestehen285. In BVerfGE 65, 325 (354 f.) zur Zweitwohnungssteuer der Stadt Überlingen hat das Bundesverfassungsgericht die folgenden Grundsätze zum Steuerverfassungsrecht ausgesprochen: „Im Bereich des Steuerrechts ist der Gesetzgeber an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden (vgl. BVerfGE 6, 55 (70)). Bei der Erschließung von Steuerquellen hat er eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Entschließt sich der Gesetzgeber, eine bestimmte Steuerquelle zu erschließen, andere Steuerquellen dagegen nicht auszuschöpfen, so ist der allgemeine Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren (BVerfGE 49, 343 (369)). Dabei genügt es, wenn einer der genannten Gründe die verschiedene Behandlung trägt (vgl. BVerfGE 13, 181 (203)). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also kein einleuchtender Grund mehr für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung besteht. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit (Willkürverbot) ist vom Bundesverfassungsgericht nachzuprüfen, nicht aber, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 26, 302 (310); 49, 343 (360 f.)). Der Steuergesetzgeber wird durch das Gleichheitsgebot auch nicht gehindert, anstelle eines individuellen Wirklichkeitsmaßstabes für die Besteuerung aus Gründen der Praktikabilität pauschale Maßstäbe zu wählen und sich mit einer „Typengerechtigkeit“ zu begnügen, es sei denn, daß die steuerlichen Vorteile der Typisierung nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung stehen (BVerfGE 31, 119 (130 f.)).“

3. Willkürverbot und Begründbarkeit Mit dem Sachlichkeitsgebot ist das Begründbarkeitsgebot verbunden. Ein Rechtsakt kann nur sachlich sein, wenn er begründet werden kann286. Das Europäische Gemeinschaftsrecht hat demgemäß in Art. 253 EGV vorgeschrieben, daß jeder Rechtsakt der Gemeinschaft begründet werden muß. Auch das Bundesverfassungsgericht verlangt in ständiger Rechtsprechung, zumal mit der (sogenannten) 284 BVerfGE 36, 1 (14 f.); 35, 257 (262); 97, 350 (370 ff.); auch BVerfGE 30, 250 (269 f.); 37, 104 (118); 43, 291 (347); 45, 187 (237 f.); 53, 185 (196); 59, 360 (377), vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 955 ff. 285 Für die Steuergesetzgebung etwa BVerfGE 65, 325 (354); 84, 239 (271); 93, 121 (136); weitere Hinweise zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum in Fn. 15; extrem und verfassungswidrig im Euro-Beschluß BVerfGE 97, 350 (370 ff.); dazu K. A. Schachtschneider, Der Euro-Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes, IHI-Schriften 9 (1998), S. 19 ff.; ders., Die Rechtsverweigerung im Euro-Beschluß des Bundesverfassungsgerichts, in: W. Hankel / W. Nölling / K. A. Schachtschneider / J. Starbatty, Die Euro-Illusion, Ist Europa noch zu retten?, 2001, S. 274 ff. 286 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 144 ff., 368 ff.

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neuen Formel des Ersten Senats für den Willkürvorwurf287, daß der Gesetzgeber Gesetze, die er beschließt, begründen könne288. Weil das Sachlichkeitsprinzip als Prinzip der praktischen Vernunft verletzt ist, wenn der Gesetzgeber das Wissen, welches den Menschen zur Verfügung steht, mißachtet, muß er seine Gesetze wissenschaftlich begründen können289. Freiheitlichkeit im Sinne des Modernen Staates, also bestmöglich der Republik, ist ausschließlich die begründbare Sachlichkeit290. Jedes Steuergesetz muß demgemäß sachlich begründbar sein und sachlich begründet werden. Für die Gewerbebesteuerung der mittels der Betriebsaufspaltung konstruierten Besitzunternehmer gibt es jedoch keine sachliche Begründung (dazu 1. Kap., I., 3., 4., 5., 2. Kap., II., III.). Die Besteuerung ließe sich nur damit begründen, daß diese vermeintlichen Besitzunternehmen eine ergiebige Steuerquelle sind, welche zudem steuertechnisch ohne Probleme ausgebeutet werden kann. Wenn auch die Steuereffizienz ein Gesichtspunkt ist, welcher eine bestimmte Ausgestaltung einer Steuer zu rechtfertigen vermag291, so genügt dieser Gesichtspunkt jedoch allein zur Rechtfertigung der Steuer nicht292.

4. Leistungsfähigkeit als Steuerbegrenzungsprinzip Es gibt positive Steuerrechtfertigungslehren, insbesondere das Äquivalenzprinzip293 und das Leistungsfähigkeitsprinzip294, aber auch das Kopfsteuerprin287 Seit BVerfGE 55, 72 (88); st. Rspr.; vgl. BVerfGE 58, 369 (374); 60, 329 (346); 70, 230 (239 f.); 71, 146 (154 f.); 74, 9 (24); 75, 108 (157); 75, 284 (300); 75, 348 (357); 75, 382 (393); 78, 249 (287); 93, 165 (178); vgl. aber auch Zweiter Senat, etwa BVerfGE 71, 39 (58 f.) m. Hinw.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff. 288 Hinweise in Fn. 287; etwa BVerfGE 93, 165 (178) zur Erbschaftssteuer. 289 Grundlegend K. R. Popper, Objektive Erkenntnis, 4. Aufl. 1984, S. 270 ff. (u.ö.); vgl. K. A. Schachtschneider, Der Rechtsbegriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ im Atomund Immissionsschutzrecht, S. 111 ff.; ders., Res publica res populi, S. 419; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 144 f.; zur Begründbarkeit als Vernunftaspekt auch G. Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, 1973, Rdn. 339 zu Art. 3 Abs. I GG; i.d.S. auch das Abwägungsgesetz von R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1986, S. 71 ff., 380 u.ö.; zur Begründungspflicht des Gesetzgebers J. Lücke, Begründungszwang und Verfassung, 1987, S. 11 ff., 33 ff., 37 ff. 290 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 144 ff., 368 ff.; weitere Hinweise in Fn. 265. 291 D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 41, S. 15 f.; W. Reiß, Der Belastungsgrund der Umsatzsteuer, DStJG 13 (1998), S. 13. 292 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 537, 969. 293 Dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 475 ff.; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 86 f., S. 84 f.; D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 29 ff., S. 11 f.; vgl. K. A. Schachtschneider, Umsatzbesteuerung der Mineralölsteuer, S. 43. 294 Dazu K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 478 ff.; D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 33 ff., S. 12 ff.; grundlegend ders., Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

zip295. Diese Prinzipien können dazu beitragen, die Sachlichkeit eines Steuergesetzes zu begründen, wenn sie nicht durch andere Prinzipien negiert oder relativiert werden. Fragwürdig ist es, die Steuerrechtfertigung aus der Leistungsfähigkeit herzuleiten296; denn die Leistungsfähigkeit vermag jede Besteuerung zu rechtfertigen, wenn der Steuerschuldner die Steuerpflicht zu erfüllen vermag297. Das Leistungsfähigkeitsprinzip kann die soziale Differenzierung der Steuerpflichten begründen und ist darum eigentlich kein Steuerrechtfertigungsprinzip, sondern ein Steuerbegrenzungsprinzip298. Auch das Bundesverfassungsgericht hat dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht die Kraft zugemessen, Steuerarten, die von der allgemeinen Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners abstrahieren, wie insbesondere die Verbrauchsteuern, ins Unrecht zu setzen299. Die besondere Leistungsfähigkeit sieht das Gericht in der Leistung selbst300. Keinesfalls können die Steuerrechtfertigungsaspekte der grundgesetzlichen Steuerverfassung entgegen gehalten werden. Steuerarten, welche das Grundgesetz nennt, können nicht verfassungswidrig sein, wenn sie durch die Nennung auch nicht gesetzesfest institutionalisiert sein müssen301. Die Sachlichkeit zu bestimmen ist allem voran Sache des Verfassungsgesetzgebers. Nur außergewöhnliche Zusammenhänge vermögen den Vorwurf der verfassungswidrigen Verfassungsnorm zu begründen. Das Bundesverfassungsgericht kennt diesen Topos, hat aber bisher nicht ein einziges Mal dem nur verfassungsändernden Gesetzgeber den Vorwurf gemacht, eine verfassungswidrige Verfassungsnorm geschaffen zu haben302. Der verfassungsändernde Gesetzgeber ist wie der Verfassungsgeber selbst an die Verfassung

Steuernormen. Ein Beitrag zu den Grundfragen des Verhältnisses Steuerrecht und Verfassungsrecht, 1983; K. A. Schachtschneider, Umsatzbesteuerung der Mineralölsteuer, S. 24 ff. 295 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 473 f. 296 So aber K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 478 ff.; ders., Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, S. 517, für die Einkommensteuer S. 559 f., für die Umsatzsteuer S. 900 f., für die besonderen Verbrauchsteuern S. 962; sibyllinisch D. Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 50 ff.; ders., Steuerrecht, Rdn. 33 ff., S. 12 ff., Rdn. 48 ff., S. 17 ff.; W. Leisner, Von der Leistung zur Leistungsfähigkeit – die soziale Nivellierung. Ein Beitrag wider das Leistungsfähigkeitsprinzip, StuW 1983, S. 97 ff. („Pseudobegründung der Leistungsfähigkeit“, S. 97); K. A. Schachtschneider, Umsatzbesteuerung der Mineralölsteuer, S. 24 ff. 297 I.d.S. BVerfGE 43, 1 (8 ff.); 61, 319 (343); 65, 325 (347); 66, 214 (222); 82, 60 (86); 89, 349 (353); 99, 216 (232 f.). 298 Etwa BFH, BStBl. II, 2001, 778 (779). Aus der Steuergerechtigkeit leiten die Steuerrechtfertigung ab K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 478 ff.; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 81 ff., S. 82 ff.; dagegen sieht W. Leisner, Von der Leistung zur Leistungsfähigkeit, StuW 1983, S. 100, in der Leistungsfähigkeit keine Steuerbegrenzung, sondern Scheinlegitimation für ungehinderten Zugriff; vgl. auch die Hinweise in Fn. 296 f. 299 BVerfGE 26, 1 (8); 65, 325 (346 ff.). 300 BVerfGE 65, 325 (346 f.); so auch W. Reiß, Der Belastungsgrund der Umsatzsteuer, DStJG 13 (1998), S. 20. 301 Hinweise in Fn. 83. 302 Vgl. etwa BVerfGE 84, 90 (117 ff.); 94, 12 (34 ff.).

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der Menschheit des Menschen, an die Verfassung der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gebunden303, und der Verfassungsgeber darf, genausowenig wie der Gesetzgeber, das Rechtsprinzip in Frage stellen304. Zum Rechtsprinzip gehören insbesondere das Willkürverbot und das Sozialprinzip305. Aber die vom Rechtsprinzip genauso wie vom Willkürverbot gebotene Sachlichkeit, welche dem Sozialprinzip genügen muß306, wird nicht verletzt, wenn Steuern erhoben werden, deren Höhe nicht nach der Leistungsfähigkeit der Steuerschuldner differenziert ist, sondern für jeden Steuerschuldner unterschiedslos, etwa nach dem Verbrauch, verpflichtet, also „von der Leistungsfähigkeit des Inhabers der zu besteuernden Wirtschaftseinheit abstrahiert“307. Die unterschiedliche Belastung der Steuerschuldner in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist nicht schon ein Gleichheitsverstoß, wenn und weil die Steuerart sachlich begründet ist. Freilich muß wegen der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG der Halbteilungsgrundsatz beachtet werden (3. Kap.). Die Gewerbesteuer wird nach dem Gewerbeertrag bemessen (§ 7 GewStG), die nicht wie die Einkommensteuer nach der persönlichen Leistungsfähigkeit differenziert. Der einkommensteuerartigen Gewerbesteuer begegnen zugleich Bedenken aus dem steuerrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip; denn dieses begrenzt das Recht des Staates, Einkommensteuer zu erheben308. Auch das Bundesverfassungsgericht sieht das Gleichheitsprinzip durch das Leistungsfähigkeitsprinzip materialisiert. Es hat bereits in E 8, 51 ff., S. 68 f. im Sinne der vertikalen Steuergleichheit ausgesprochen: „Im Gegensatz hierzu würde im Bereich des Steuerrechts eine formale Gleichbehandlung von Arm und Reich durch Anwendung desselben Steuersatzes dem Gleichheitssatz widersprechen. Hier verlangt die Gerechtigkeit, daß im Sinne der verhältnismäßigen Gleichheit der wirtschaftlich Leistungsfähigere einen höheren Prozentsatz seines Einkommens als Steuer zu zahlen hat als der wirtschaftlich Schwächere (vgl. schon Art. 134 WRV)“.

303 K. A. Schachtschneider (O. Gast), Sozialistische Schulden nach der Revolution, S. 29 ff., 50 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 83 ff. 304 BVerfGE 84, 90 (121); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 15 ff., 42 ff., 106 ff., 121 ff., 270 ff., 367 ff., passim. 305 BVerfGE 84, 90 (121); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 4 ff., 103 ff., 367 ff. 306 K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, FS W. Leisner, S. 755 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 10. Kap., III, 4; ders., Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff. 307 I.d.S. BVerfGE 26, 1 (7); 65, 325 (346 ff.). 308 Vgl. BVerfGE 6, 55 (67); 8, 51 (68 f.); 9, 237 (243); 13, 290 (297); 14, 34 (41); 27, 58 (64); 32, 333 (339); 36, 68 (72); 43, 108 (120); 47, 1 (29); 50, 57 (78); 55, 274 (302); 61, 300 (343 f.); 66, 214 (222 ff.); 67, 219 (296 ff.); 68, 143 (153 f.); 68, 272 (310); 82, 60 (86); 87, 153 (170); 93, 121 (135); J. Lang, FS H. W. Kruse, S. 313 ff.; K. A. Schachtschneider, Umsatzbesteuerung der Mineralölsteuer, S. 28 ff., 30 ff.; weitere Hinweise in Fn. 335.

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5. Sachwidrige Besteuerung der fingierten Besitzunternehmen als Gewerbe a) Die grundsätzliche Sachlichkeit einer Steuerart ergibt sich unabweisbar daraus, daß der Verfassungsgeber eine Steuerart im Grundgesetz verankert hat. Das Grundgesetz regelt, wie schon im 2. Kap. zu I. ausgeführt, in Art. 106 Abs. 6 die Gewerbesteuer, die im übrigen eine lange Tradition hat. Die Steuerarten, welche das Grundgesetz nennt und damit ins Recht setzt, sind gestaltungsfähig309. Wenn der Gesetzgeber diese Steuerarten umformt, verlieren sie nicht schon die grundgesetzliche Rechtfertigung, jedenfalls so lange nicht, als die Steuerart in ihrem Typ erhalten bleibt. Freilich darf nicht eine Steuerart Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer oder Einkommensteuer oder eben Gewerbesteuer genannt werden, die es nicht ist, um die grundgesetzliche Rechtfertigung zu erschleichen. Die Besteuerung der Rechteinhaber als fingierte Besitzunternehmen aufgrund des Konstrukts der Betriebsaufspaltung ist der Sache nach eine (gleichheitswidrige) Einkommensteuer (dazu 3. Kap., II.), aber keine Gewerbesteuer, weil die Rechteinhaber (Besitzunternehmen) kein Gewerbe betreiben. Die Praxis will auf das erhebliche Steueraufkommen aus der Gewerbesteuer der Rechteinhaber als vermeintliche Besitzunternehmer nicht verzichten. Der Besteuerungsgrund erwächst nicht der Sache, nämlich einem Gewerbe, sondern allein der Praxis der Finanzämter und Finanzgerichte. Die Gewerblichkeit der Rechteinhaber als vermeintliche Besitzunternehmer ist Fiktion, nicht Wirklichkeit. Die Typusund damit Sachwidrigkeit ist im 1. Kap. zu II., 4., 5. dargelegt. Im 2. Kap., II. ist erörtert, daß Verwaltung eigenen Vermögens als Gewerbe besteuert wird. Auch das ist typus- und sachwidrig. Sachliche Rechtfertigungen müssen aus der Logik des Rechts, das die Wirklichkeit des Lebens ordnet, in der Wirklichkeit bestehen. Gesetze kann nur die Wirklichkeit rechtfertigen. Keinesfalls kann eine Steuerschuld auf eine wirklichkeitswidrige (wahrheitswidrige) Fiktion gestützt werden. Die Praxis der gewerbesteuerlichen Betriebsaufspaltung mißachtet das rechtsstaatlich fundamentale Sachlichkeitsprinzip. Wenn das auch schon lange praktiziert wird, so muß sich diese Praxis doch den Vorwurf der groben Sachwidrigkeit und damit Verfassungswidrigkeit gefallen lassen. Wenn der Staat das Steueraufkommen aus der fingierten Gewerblichkeit der Rechteinhaber als Besitzunternehmen vereinnahmen will, muß er die Einkommensteuer (oder auch andere Steuern) erhöhen, allerdings nach dem Prinzip der Steuergerechtigkeit (vgl. zu II.). Das würde auch die Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden berühren. Der Sache nach ist die Gewerbesteuer, welche den Rechteinhabern abverlangt wird, eine besondere Einkommensteuer zugunsten der Gemeinden (3. Kap., II.) und als solche nicht nur gleichheitswidrig, sondern in der grundgesetzlichen Finanzverfassung auch systemwidrig. 309 K. Vogel / H. Walter, Bonner Kommentar, GG, Art. 106, Rdn. 162 ff.; i.d.S. P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, § 88, Rdn. 68.

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6. Keine Rechtfertigung der Sondersteuer mit dem Äquivalenzprinzip Durch das besondere Äquivalenzprinzip310 sind Steuern gerechtfertigt, wenn deren Aufkommen ausschließlich oder doch wesentlich verwendet wird, um staatliche oder kommunale Leistungen zu finanzieren, die den besonderen Steuerpflichtigen in besonderer Weise zugute kommen. Letztlich beruht das gesamte Steuersystem auf dem allgemeinen Äquivalenzprinzip, weil der Staat als Einrichtung der Bürger zur Verwirklichung des gemeinen Wohls von den Bürgern durch Steuern finanziert wird311. Wenn der Staat jedoch für besondere Bürger besondere Leistungen erbringt, ist es durch das besondere Äquivalenzprinzip im engeren Sinne gerechtfertigt, daß die Bürger, die durch die Leistungen des Staates einen Nutzen haben, diese Leistungen finanzieren. Die Steuer hat im Falle besonderer Äquivalenz die Funktion einer Gebühr. Die Gewerbesteuer mit dem Äquivalenzprinzip zu begründen, ist mehr als fragwürdig312, die Besteuerung aber der vermeintlichen Besitzunternehmer, gestützt auf das Konstrukt der Betriebsaufspaltung, der Sache nach eine Sondersteuer, mit dem Äquivalenzprinzip rechtfertigen zu wollen, wäre abwegig. Zum einen läßt sich diesem Prinzip nichts für das besondere Konstrukt des Gewerbesteuerrechts entnehmen, zum anderen leistet eine Gemeinde nichts für den (vermeintlichen) Ertrag der Rechteinhaber, was deren Besteuerung zu rechtfertigen vermag.

II. Willkürhaftigkeit des gewerbesteuerrechtlichen Konstrukts der Betriebsaufspaltung 1. Verhältnismäßigkeitsprinzip und Willkürverbot Die Steuergerechtigkeit ist wesentlich Steuergleichheit, insbesondere Belastungsgleichheit313. Der Steuergesetzgeber muß den Gleichheitssatz beachten. Das verbietet ihm nach ständiger Rechtsprechung eine Steuerpolitik der Willkür314 310 K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 475 ff.; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 86 f., S. 84 f.; D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 29 ff., S. 11 ff. 311 Vgl. K. Vogel, Der Finanz- und Steuerstaat, HStR, Bd. I, § 27, Rdn. 62, 64 ff. 312 Vgl. H. Montag, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 12, Rdn. 1; R. Wendt, BB 1987, 1260 ff.; D. Gosch, DStZ 1998, 328, 332, 334 (jedenfalls seit dem die Gewerbesteuer reine Ertragsteuer ist); vgl. auch BVerfGE 13, 331 (348). 313 BVerfGE 23, 242 (256); 84, 239 (268 ff., 271); 93, 121 (134 ff.); 99, 216 (243); D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 45 ff., S. 16 ff.; ders., Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 50 ff.; P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, § 88, Rdn. 63 ff., 107 ff.; ders., Verfassungsrechtliche Maßstäbe für eine Steuergesetzgebung, JbFSt 1999 / 2000, S. 45 ff. (48, 53); H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 108 f., S. 849. 314 BVerfGE 65, 325 (354); J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 73 ff., S. 78 ff.; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, § 87, Rdn. 93; H.-J. Papier, HVerfR, § 18, Rdn. 108, S. 849.

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

(dazu auch I). Das Bundesverfassungsgericht stützt das Willkürverbot auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, aus dem es auch ein Prinzip der Gesetzgebungsgleichheit herleitet315. Richtiger läßt sich das Willkürverbot mit dem Prinzip der allgemeinen Freiheit des Art. 2 Abs. 1 GG begründen, weil die äußere Freiheit, mit Kant, die „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“316 ist317. Jedenfalls ist das Willkürverbot fundamentales Prinzip des Rechtsstaates318. Willkür ist, sagt Paul Kirchhof, das „grobe Unrecht, das schlechthin unverantwortbare Staatshandeln“, die „Verletzung von Elementarprinzipien des Rechts“, der „gegensätzliche Korrelatbegriff von Gerechtigkeit“319, jedenfalls die grobe Unsachlichkeit. Wenn der Gesetzgeber ohne vernünftigen, sich aus der Natur der Sache ergebenden Grund Gleiches ungleich regelt und Ungleiches gleich, ist das gleichheitswidrig und verletzt Art. 3 Abs. 1 GG320. Die Willkür ist danach dadurch gekennzeichnet, daß gesetzliche Unterscheidungen nicht begründbar sind321. Das Begründbarkeitsgebot, welches untrennbar mit dem Sachlichkeitsgebot (dazu I.) verbunden322 ist, ist die notwendig formale Logik des Willkürverbots. Willkür verletzt die dem Staat gebotene praktische Vernunft in nicht hinnehmbarer Weise323. Wegen der Formalität des Willkürverbots324 unterscheidet sich das Willkürverbot 315 Etwa mit divergierenden Formeln BVerfGE 3, 58 (135 f.); 4, 144 (155); 9, 124 (129 f.); 10, 234 (246); 12, 341 (348); 15, 167 (201); 23, 12 (24 f.); 25, 101 (105); 25, 269 (292 f.); 42, 374 (388); 48, 227 (235); 49, 192 (209); 50, 177 (186); 51, 295 (300 f.); 57, 107 (115); 60, 16 (42); 71, 202 (205); 76, 256 (329); 89, 48 (51); st. Rspr., gestützt auf G. Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, 1925, 2. Aufl. 1959, S. 95 f., 216 ff., u.ö.; vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff. 316 Metaphysik der Sitten, S. 345; vgl. K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI. 317 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 410 ff., 978 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff., 378 ff. 318 BVerfGE 84, 90 (121); Ph. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 302 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff.; ders., Res publica res populi, S. 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, II. 319 Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 92, 235, 246. 320 St. Rspr., etwa BVerfGE 1, 14 (52); 9, 334 (337); 12, 341 (348); 27, 364 (371 f.); 55, 72 (90); 65, 141 (148); 74, 182 (200); 76, 256 (329); 80, 48 (51); R. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 373 ff.; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 23, 235; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 990 ff.; J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 73, S. 78 f. 321 Hinweise in Fn. 287; siehe auch Fn. 320. 322 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff.; weitere Hinweise in Fn. 287. 323 P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 235, 246, u.ö.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 978 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 378 ff., 378 ff. 324 K. A. Schachtschneider, Das Sozialprinzip, S. 64, 69; ders., Res publica res populi, S. 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 375 ff. (377).

6. Kap.: Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür

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der Sache nach nicht von dem ebenfalls formalen Prinzip des rechten Maßes, welches das Bundesverfassungsgericht stetig als Verhältnismäßigkeitsprinzip judiziert325. Paul Kirchhof hat auf die Nähe von „Gleichmaß und Übermaß“ hingewiesen326. Beides sind Aspekte des aristotelischen Rechtsprinzips des rechten Maßes327. Die Materialisierung der als Willkürverbot oder Verhältnismäßigkeitsprinzip328 judizierten praktischen Vernunft329 ist dem Prinzip nach Sache des Gesetzgebers330. Die Rechtsprechung hat aber die Aufgabe, den Gesetzgeber daraufhin zu überprüfen, ob er das Prinzip der praktischen Vernunft, das nichts anderes ist als das Prinzip der Sittlichkeit der Politik, verletzt hat331. Die Rechtsprechung hat somit die letzte Verantwortung für die praktische Vernunft der Politik. Sie ist (insoweit) funktional Gesetzgebung332 Freilich unterliegt sie einem Gebot der Zurückhaltung, welches aus der gewaltenteiligen Funktionenordnung, aus der Teilung der Ausübung der Staatsgewalt in Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung, folgt333. 325 P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 161 ff., 250 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 362, 987; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 3; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 378 ff.; zum Verhältnismäßigkeitsprinzip ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 382 ff. 326 Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 161 ff., 193, 250, 291. 327 Nikomachische Ethik, 2. Buch 1106 a 11; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 380 f.; ders., Res publica res populi, S. 987; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 3; A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 50 ff. 328 Zum Verhältnismäßigkeitsprinzip allgemein etwa BVerfGE 7, 377 (405 f.); 17, 306 (313); 19, 342 (348 f.); 21, 1 (8); 27, 344 (350 f.); 38, 281 (298); 69, 315 (354); 91, 389 (401); st. Rspr.; v. Mangoldt / Klein / Starck, Bonner Grundgesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 1985, Rdn. 19 zu Art. 2 Abs. 1; grundlegend P. Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, S. 134 ff. u.ö.; ders., Grundrechtsschranken, HStR, Bd. V, 1992, § 122, Rdn. 16 f.; Ph. Kunig, Das Rechtsstaatsprinzip, S. 350 ff., 357 ff.; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 235 ff., 253 f.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 362 f., 978 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 382 ff.; K. Stern (M. Sachs), Staatsrecht, Bd. III / 2, § 84, S. 762 ff.; umfassend A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 2000. 329 Zur praktischen Vernunft als Rechtsprinzip, welche als die formalen, also nicht unterschiedlichen Prinzipien des Willkürverbots und der Verhältnismäßigkeit praktiziert werden K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 362, 557, 978 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 378 ff.; A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 213, 248. 330 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 378 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 1. 331 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 978 ff., auch S. 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 2; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 378 ff. 332 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 819 ff., 858 ff., 909 ff., 978 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 226 ff., 378 ff. 333 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 955 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 180 ff., 206 ff.; vgl. die Hinweise zum Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers etwa BVerfGE 13, 181 (202 f.); 21, 375 (386); 29, 327 (335); 31, 8 (25); 31, 119 (130); 50, 290 (338); 59, 236 (263); 65, 325 (354); 74, 182 (200); 82, 60 (80); 84, 239 (271); 93, 165

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Die skizzierten Verfassungsprinzipien gelten auch für die Steuergesetzgebung334. Die Materialisierung des Prinzips des rechten Maßes, des Verhältnismäßigkeitsprinzips also oder eben des Willkürverbots, welche alle Prinzipien des Grundgesetzes zu beachten hat, vor allem das Sozialprinzip, leistet insbesondere das Leistungsfähigkeitsprinzip (dazu I., 4.)335. Jede grobe Unsachlichkeit des Steuergesetzgebers ist steuerrechtliche Willkür.

2. Willkür der Sondersteuer auf Betriebsaufspaltung Dem Konstrukt Betriebsaufspaltung steht die Willkür ins Gesicht geschrieben. Ein sachlicher Grund ist in der Konstruktion nicht zu erkennen (vgl. I., 5.). Das vermeintliche Besitzunternehmen ist kein Gewerbe. Der „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ (dazu 2. Kap., II., 5.), der die Rechteinhaber als solche mit der Gesellschaft, deren Gesellschafter sie sind oder die sie beherrschen, personell verflicht, wird aufgrund dieser Identität oder Identifizierung regelmäßig bestehen, macht aber die Rechteinhaber genauso wenig zu Gewerbetreibenden wie andere Rechteinhaber, welche ihre Rechte Gesellschaften zur Nutzung überlassen, die sie nicht innehaben oder nicht beherrschen. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung beider Fallgruppen ist Willkür, weil entgegen dem Gleichheitsprinzip Gleiches ungleich behandelt wird. Die Ungleichbehandlung findet keinen Sachgrund, der sie zu rechtfertigen vermöchte. Die Rechteinhaber überlassen ihre Rechte zur Nutzung an eine Gesellschaft, die jedes Recht zur unternehmerischen Tätigkeit hat. Die Rechteinhaber selbst haben auch das Recht, eine Gesellschaft zu betreiben. Die Unternehmensgesellschaften können rechtens nicht danach differenziert werden, ob die Rechteinhaber ihre Gesellschafter sind oder sie beherrschen. Eine solche Differenzierung diskriminiert die Rechteinhaber, die von ihrer grundrechtlich (178); dazu (zustimmend) P. Selmer, Finanzordnung und Grundgesetz. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Finanz- und Steuersachen, AöR 101 (1976), S. 445 ff.; weitere Hinweise in Fn. 285. 334 Vgl. BVerfGE 84, 239 (268, 271). 335 So bereits G. Schmoller, Die Lehre vom Einkommen in ihrem Zusammenhang mit den Grundprinzipien der Steuerlehre, ZgS 19 (1863), S. 33 ff. (57); K. Littmann, Ein Valet dem Leistungsgerechtigkeitsprinzip, in: FS F. Neumark, 1970, S. 113 ff.; dazu D. Birk, Steuerrecht, Rdn. 33 ff., 46 ff., S. 12 ff., 17 ff.; ders., Das Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 50 ff.; sybillinisch W. Reiß, Umsatzsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 13, Rdn. 1, S. 551 („übergreifende Fundamentalregel“); vgl. auch J. Lang, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, § 4, Rdn. 81 ff., S. 82 ff.; ders., FS H. W. Kruse, S. 313 ff.; K. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, S. 469 ff., 478 ff.; P. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, HStR, Bd. IV, § 88, Rdn. 114 ff.; K. Vogel, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, HStR, Bd. IV, § 87, Rdn. 90 ff.; kritisch W. Leisner, Von der Leistung zur Leistungsfähigkeit – die soziale Nivellierung. Ein Beitrag wider das Leistungsfähigkeitsprinzip, StuW 1983, 97 ff.; ders., Der Gleichheitsstaat. Macht durch Nivellierung, 1980, S. 189 ff.; zur Rechtsprechung BVerfGE 43, 108 (120); 61, 319 (343 f.); 66, 214 (223); 82, 60 (86); 93, 121 (135, 138); 99, 116 (232 ff.); vgl. i.d.S. auch BVerfGE 27, 58 (68); 50, 57 (78).

6. Kap.: Konstrukt der Betriebsaufspaltung als steuerstaatliche Willkür

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geschützten Gesellschaftsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) Gebrauch machen. In der Benachteiligung bestimmter Gesellschafter oder bestimmter Vertragspartner der Nutzungsverträge liegt die Willkür, weil spezifisch diese Sonderbehandlung gegen den Gleichheitssatz, aber auch gegen die Gesellschaftsfreiheit, gegen die Handlungsfreiheit und auch gegen die Eigentumsgewährleistung verstößt. Die Differenzierung ist sachwidrig, weil sie rechtswidrig ist. Sie ist grobes Unrecht, also Willkür. Das Konstrukt der Betriebsaufspaltung ist aber auch in sich sachwidrig, wie dargetan ist (I., 5.). Die Nutzungsüberlassung von Rechten an Grundstücken und patentierten Erfindungen ist kein Gewerbe. Sonst müßte jede geschäftliche Tätigkeit als Gewerbe eingestuft werden, weil jeder Mensch mit jeder Tätigkeit etwas unternimmt. Gewerbe ist ein engerer Tätigkeitsbereich, der als Typusbegriff bestimmte Unternehmungen anspricht. Dazu gehören die Vermietung, die Verpachtung, die Lizenzierung nicht. Das zeigt das Steuerrecht durch § 21 EStG, aber auch durch § 20 EStG, der Einkünfte aus Kapitalvermögen regelt. Das zeigt aber auch § 14 AO, der die Vermögensverwaltung eigenständig regelt, sowie die tradierte Praxis zur Verwaltung eigenen Vermögens, ja alle nicht gewerblichen Einkünfte. Wie im 1. Kap. zu II., 5. gezeigt, ist die Zuordnung der vermeintlichen Besitzunternehmer zu den Gewerbetreibenden typ- und damit sachwidrig, also willkürlich. Wenn diese Zuordnung rechtens wäre, gäbe es keine Grenzen für den Begriff des Gewerbes, weil dann jede geschäftliche Betätigung als Unternehmen erfaßt und, wenn sie Erträge abwirft, der Gewerbesteuer unterworfen werden könnte. Das Kriterium der Nachhaltigkeit würde keine merkliche Begrenzung der Steuerpflicht ergeben, weil das Interesse an Einkünften fast alles Handeln der Menschen bestimmt, jedenfalls mitbestimmt. Der Gewerbebegriff muß aber, wenn seine Handhabung nicht Willkür sein soll, eher nahe als ferne zum Typus des Gewerbes bestimmt werden. Seine Grenzen lösen sich sonst auf. Das widerspräche dem Überwachungszweck des Gewerberechts. Auch das Bestimmtheitsprinzip des Steuerrechts336 gebietet eine enge Handhabung des Gewerbebegriffs, wenn denn die Gewerbesteuer dem Prinzip des Rechtsstaates gemäß erhoben werden soll. Eine Sondergruppe, die der Besitzunternehmer im Falle der Betriebsaufspaltung, aus all den „Unternehmen“ im weiten menschlichen Sinne herauszusondern, um sie gewerbezubesteuern, ist Willkür. Die Gewerbesteuer, die den vermeintlichen Besitzunternehmern für die Einkünfte aus Vermietung, Verpachtung, Lizenzierung und anderen Geschäften mit ihren oder an den von ihnen beherrschten Gesellschaften abverlangt wird, ist nicht begründbar. Die Begründungsversuche der Finanzrechtsprechung sind Beschreibungen der besonderen, meist familiären, Situation, die sich aus der Betriebsaufspaltung ergeben, die aber keine besondere Handhabung rechtfertigen, weil die Betriebsaufspaltung den Gesetzen gemäß grundrechtsgeschützte Rechte der Rechteinhaber ausübt. Wer die grundrechtsgeschützten Freiheiten in Anspruch nimmt, kann deswegen nicht benachteiligt werden, es sei denn, der Gesetzgeber schränkt die Grundrechte 336

Hinweise in Fn. 5.

6 Schachtschneider

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

ein. Das muß er in aller Bestimmtheit machen, zumal im Steuerrecht. Wenn er offene Begriffe oder Typusbegriffe benutzt, sind diese im Sinne der Effektivität der Grundrechte337 restriktiv zu handhaben. Die Rechteinhaber machen, was jeder machen kann und darf, wenn er Rechte hat, ohne daß er dadurch ein steuerpflichtiger Gewerbebetrieb wird, sie nutzen ihre Rechte, so gut es geht. Das dürfen sie nach dem allgemeinen Freiheitsprinzip, wenn sie dadurch anderen nicht schaden. Ob sie anderen schaden, bestimmen die Gesetze. Diese Gesetze aber müssen bestimmt und insbesondere sachlich sein, um dem Willkürvorwurf nicht ausgesetzt zu sein.

III. Ergebnis des 6. Kapitels Eine besondere Gruppe wegen der Betriebsaufspaltung der Gewerbesteuer zu unterwerfen, ist grobes Unrecht, Willkür. Sie folgt alleine dem Finanzzweck. Hinzu kommt, daß die Gemeindeeinkommensteuer für bestimmte, nicht alle, Gemeindebürger, nämlich die, welche ein (wirkliches oder fingiertes) Gewerbe betreiben, nicht nur das Gleichheitsprinzip allgemein, sondern das Leistungsfähigkeitsprinzip als besonderes steuerrechtliches Gleichheitsprinzip mißachtet. Eine Ausnahme von den im 2. Kap. zu II. entwickelten Grundsätzen, den Gewerbebegriff gewerbe- und zugleich steuerrechtlich zu bestimmen, ist nicht dadurch gerechtfertigt, daß eine eigenständige Unternehmung der Rechteinhaber (Grundstücke, Patente u. a.) diese Rechte aufgrund von Nutzungsrechten (Pacht, Miete bzw. Lizenz) nutzt, wie im Fall der praktizierten Betriebsaufspaltung. Diese Ausnahme, welche die Praxis macht, ist ein rein steuerrechtliches Konstrukt, das keine Grundlage im verfassungsgebotenen allgemeinen Gewerbebegriff findet. Die unüberwindbare Schwäche dieses Konstrukts ist, daß es nicht auf alle gleichen Fälle verallgemeinert werden kann, nämlich nicht auf die Fälle, in denen die die Nutzung überlassenden Rechteinhaber nicht zugleich die Gesellschafter des nutzenden Unternehmens sind oder wenigstens die nutzende Gesellschaft beherrschen, also nicht in der praktizierten Weise mit dem sogenannten Betriebsunternehmen personell und auch sachlich verflochten sind338. Daß in diesen Fällen die Rechteinhaber, wenn sie ihre Rechte Unternehmen überlassen, deren Gesellschafter Dritte sind oder die nicht von ihnen beherrscht werden, nicht als Gewerbetreibende begriffen und besteuert werden, ist der nicht zu behebende Gleichheitsverstoß der Doktrin von der Betriebsaufspaltung, den das Bundesverfassungsgericht 1969339 und auch 1985340 freilich nicht zuzugestehen bereit war. BVerfGE 60, 253 (269); 88, 118 (123 f.); auch BVerfGE 97, 298 (315). Dazu W. Reiß, in: P. Kirchhof, EStG, § 15, Rdn. 88 ff., 95 ff.; L. Schmidt, EStG, § 15, Rdn. 808 ff., 820 ff. 339 BVerfGE 25, 28 (35 ff.); kritisch G. Roellecke, FS K. Duden, S. 492, u.ö. 337 338

7. Kap.: Zusammenfassung

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Es kommt hinzu, was hier nicht näher ausgeführt werden soll, daß die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung in sich widersprüchlich ist. Brigitte KnobbeKeuk hat von einem „Hü und Hott“ gesprochen341. Man wußte um die Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung schon immer, aber die staatliche Praxis will sie nicht zugestehen, weil dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren gehen würden. Die Besteuerung der vermeintlichen Besitzunternehmer auf Grund des Konstrukts der Betriebsaufspaltung ist Willkür, grobes Unrecht. Karlsruhe locuta causa non finita est.

7. Kapitel

Zusammenfassung I. Ergebnis des 1. Kapitels Die Gewerbesteuer auf die Erträge von mittels des Konstrukts der Betriebsaufspaltung fingierten Gewerbebetrieben von Rechteinhabern (Besitzunternehmer), welche durch die Überlassung der Rechte zur Nutzung, sei es Vermietung oder Verpachtung, sei es Lizenzierung oder sonstwie, an eine Gesellschaft, deren Anteile sie innehaben oder die von ihnen beherrscht wird (Betriebsunternehmen), hat keine gesetzliche Grundlage. Als Rechtsfortbildung der Finanzgerichte mißachtet das Konstrukt der Betriebsaufspaltung die rechtsstaatlichen Grenzen des Richterrechts, weil die Betriebsaufspaltung dem ferneren Typus Gewerbe statt dem normalen Typus Verwaltung eigenen Vermögens zugeordnet wird, um fiskalische Interessen zu bedienen. Mangels Grundlage im Gesetz ist das Konstrukt der Betriebsaufspaltung wegen Mißachtung des Rechtsstaatsprinzips verfassungswidrig.

II. Ergebnis des 2. Kapitels Der gewerbesteuerrechtliche Gewerbebegriff ist durch Art. 106 Abs. 6 GG an den Gewerbebegriff der Gewerbeordnung gebunden. Verwaltung eigenen Vermögens ist kein Gewerbe. Sie darf nicht der staatlichen Überwachung unterworfen werden und darum weder gewerberechtlich noch gewerbesteuerrechtlich als Gewerbe behandelt werden. Der Überwachungszweck prägt den Gewerbebegriff der 340 In BVerfGE 69, 188 ff. hat das Gericht die Entscheidung bestätigt, aber sich auf die allgemeine Problematik der Betriebsaufspaltung nicht eingelassen, sondern dem Bundesfinanzhof Rechtsfortbildung zugestanden (dazu 1. Kap., II.) und im übrigen eheverfassungsrechtlich argumentiert; ebenso BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, Beschluß vom 25. 3. 2004, NJW 2004, 2513 f. 341 Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 866.

6*

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

Gewerbeordnung und damit den des Steuerrechts. Die unternehmerische Teilnahme am Markt kann Gefahren für die Allgemeinheit mit sich bringen und rechtfertigt darum die Überwachung. Ein „einheitliche geschäftliche Betätigungswille“ bewirkt keine Außentätigkeit des fingierten Besitzunternehmens im Konstrukt der Betriebsaufspaltung und macht dieses nicht zum Gewerbe. Wirtschaftliche Betrachtung vermag das Konstrukt der Betriebsaufspaltung nicht zu rechtfertigen; denn dieses verfolgt allein den Finanzzweck. Der geschichtlich belastete Mißbrauchsvorwurf gegen eine betriebsaufspaltende Unternehmensgestaltung, die im Rahmen der gesetzlichen (rechtlichen) Möglichkeiten bleibt, ist dogmatisch, trotz § 42 AO, mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar. Er ist auch sachlich nicht begründet, weil die Betriebsaufspaltung rechtmäßige Geschäftsinteressen verfolgt. Die Finanzrichter mißbrauchen ihre Begriffsmacht entgegen dem steuerrechtlichen Gesetzlichkeitsprinzip. Das Besitzunternehmen ist gewerbesteuerrechtlich fingiert und gewerbebegrifflich und rechtsstaatlich nicht tragfähig.

III. Ergebnis des 3. Kapitels Das Konstrukt der Betriebsaufspaltung verstößt gegen die Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes (Art. 14 Abs. 1 und 2 GG), weil es typisch zu einer mehr als hälftigen Besteuerung des Einkommens der fingierten Betriebsunternehmer durch Einkommen- und Gewerbesteuer (einchließlich der erst zum 1. Januar 1998 fortgefallenen Gewerbekapitalsteuer) führt.

IV. Ergebnis des 4. Kapitels Steuerpflichten beeinträchtigen das Eigentum, nämlich das Vermögen, und können darum die Eigentumsgewährleistung des Grundgesetzes verletzen. Jedenfalls beeinträchtigen Steuern auf den Gewerbeertrag das grundrechtlich geschützte Eigentum am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Unternehmen). Die Einkommen- und die Gewerbesteuer beruhen allgemein auf Gesetz und genügen damit dem steuerverfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt (dazu 1. Kap., I., 1.), nicht aber die Gewerbesteuer (einschließlich der Gewerbekapitalsteuer) und auch nicht die Einkommensteuer auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb der vermeintlichen Besitzunternehmer, die auf das gesetzlose Konstrukt der Betriebsaufspaltung gestützt sind. Dieses Konstrukt läßt sich vor dem Rechtsstaatsprinzip nicht als richterliche Rechtsfortbildung rechtfertigen. Die Summierung der einkommen- und gewerbesteuerlichen Besteuerung der fingierten Besitzunternehmer widerspricht dem steuerstaatlichen Halbteilungsgrundsatz (3. Kap.). Im übrigen verletzen diese Steuern den Gleichheitssatz (dazu 6. Kap.). Weiterhin verstößt die richterliche Steuer gegen die bundesstaatliche Finanzverfassung (Art. 106 Abs. 6 GG; dazu 2. Kap., I.). Auch die-

7. Kap.: Zusammenfassung

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ser Verfassungsverstoß verletzt die grundrechtlich geschützte Eigentumsordnung des Art. 14 Abs. 1 und 2 GG. Die kritisierte Besteuerung der Besitzunternehmen ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und verletzt folglich die Eigentumsgewährleistung.

V. Ergebnis des 5. Kapitels Die Gewerbebesteuerung der fingierten Besitzunternehmer wegen des Konstrukts der Betriebsaufspaltung verletzt die allgemeine Freiheit des Art. 2 Abs. 1 GG.

VI. Ergebnis des 6. Kapitels Eine besondere Gruppe wegen der Betriebsaufspaltung der Gewerbesteuer zu unterwerfen, ist grobes Unrecht, Willkür. Sie folgt alleine dem Finanzzweck. Hinzu kommt, daß die Gemeindeeinkommensteuer für bestimmte, nicht alle, Gemeindebürger, nämlich die, welche ein Gewerbe betreiben, nicht nur das Gleichheitsprinzip allgemein, sondern das Leistungsfähigkeitsprinzip als besonderes steuerrechtliches Gleichheitsprinzip mißachtet. Eine Ausnahme von den im 2. Kap. zu II. entwickelten Grundsätzen, den Gewerbebegriff gewerbe- und zugleich steuerrechtlich zu bestimmen, ist nicht dadurch gerechtfertigt, daß eine eigenständige Unternehmung der Rechteinhaber (Grundstücke, Patente u. a.) diese Rechte aufgrund von Nutzungsrechten (Pacht, Miete bzw. Lizenz) nutzt, wie im Fall der praktizierten Betriebsaufspaltung. Diese Ausnahme, welche die Praxis macht, ist ein rein steuerrechtliches Konstrukt, das eben gerade keine Grundlage im verfassungsgebotenen allgemeinen Gewerbebegriff findet. Die unüberwindbare Schwäche dieses Konstrukts ist, daß es nicht auf alle gleichen Fälle verallgemeinert werden kann, nämlich nicht auf die Fälle, in denen die die Nutzung überlassenden Rechteinhaber nicht zugleich die Gesellschafter des nutzenden Unternehmens sind oder wenigstens die nutzende Gesellschaft beherrschen, also nicht in der praktizierten Weise mit dem sogenannten Betriebsunternehmen personell und auch sachlich verflochten sind. Daß in diesen Fällen die Rechteinhaber, wenn sie ihre Rechte Unternehmen überlassen, deren Gesellschafter Dritte sind oder die nicht ausschließlich von ihnen beherrscht werden, nicht als Gewerbetreibende begriffen und besteuert werden, ist der nicht zu behebende Gleichheitsverstoß der Doktrin von der Betriebsaufspaltung, den das Bundesverfassungsgericht 1969 und auch 1985 freilich nicht zuzugestehen bereit war. Es kommt hinzu, was hier nicht näher ausgeführt werden soll, daß die Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung in sich widersprüchlich ist. Man wußte um die Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung schon immer, aber die staat-

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1. Teil: Rechtlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung

liche Praxis will sie nicht zugestehen, weil dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren gehen würden. Die Besteuerung der vermeintlichen Besitzunternehmer auf Grund des Konstrukts der Betriebsaufspaltung ist Willkür, grobes Unrecht.

Zweiter Teil

Körperschaftsteuer auf Gehälter und Lizenzgebühren von GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführern als verdeckte Gewinnausschüttungen Verfassungskonforme Restriktion des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG

1. Kapitel

Körperschaftsteuer und Einkommensteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen Nach § 7 Abs. 1 KStG bemißt sich die Körperschaftsteuer, der (u. a.) die Kapitalgesellschaften und damit auch die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) unterliegen, nach dem zu versteuernden Einkommen. Was als Einkommen gilt und wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG). § 8 Abs. 3 S. 2 KStG regelt: „Auch verdeckte Gewinnausschüttungen . . . mindern das Einkommen nicht.“

Die verdeckte Gewinnausschüttung wird somit dem Jahresüberschuß der Körperschaft hinzugerechnet und löst die Körperschaftsteuer aus. Die Körperschaftsteuer betrug von 1990 bis 1993 50%, von 1994 bis 1998 45%, 1999 und 2000 40% des zu versteuernden Einkommens (jeweils § 23 Abs. 1 KStG). Seit 2001 das Halbeinkünfteverfahren eingeführt wurde, beträgt die Körperschaftsteuer 25% des zu versteuernden Einkommens (§ 23 Abs. 1 KStG 2001)1. Die verdeckten Gewinnausschüttungen sind zugleich Einnahmen des Anteilseigners aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Auf die Einkommensteuer war bis zum Jahr 2000 (seit 1977) die Körperschaftsteuer auf den ausgeschütteten Gewinn gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG anzurechnen2. Der ausgeschüttete Gewinn wurde und wird für diese Zeit im Ergebnis nur beim Anteilseigner, dem Ausschüttungsempfänger, mit Einkommensteuer nach den für ihn geltenden Steuersatz belastet, so daß eine Doppelbelastung der auszuschüttenden Gewinne mit Körperschaft- und Einkommensteuer ausgeschlossen war und ist3. Das Halb-

1 H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 3 ff. 2 Dazu H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 140 ff., 160 ff.; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl. 1993, S. 621 ff.; W. Heinecke, in: L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl. 2003, § 36, Rdn. 20 ff. 3 BT-Drs. 7 / 1470, S. 326 f.; dazu H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 32 ff., 140 ff.; knapp auch ders., 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 2; ders., Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht. Erfassung. Voraussetzung. Rechtsfolgen. Rückgängigmachung, 1986, S. 2 ff.; B. Knobbe-Keuk, Bilanzund Unternehmenssteuerrecht, S. 601 ff., 664 ff.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

einkünfteverfahren kennt die Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer des Anteilseigners nicht mehr4. Die Praxis bediente und bedient sich für die damalige Zeit folgender Steuererhebungstechnik: Bei der ausschüttenden Körperschaft wird auf den ausgeschütteten Gewinn 30% Körperschaftsteuer erhoben (sogenannte Ausschüttungsbelastung). Der Anteilseigner erhält somit von der Körperschaft den Kapitalertrag (den ihm zustehenden Gewinn) zu 70% (Barausschüttung) und 30% desselben (die von der Körperschaft zu entrichtende Körperschaftsteuer) werden seinem zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet. Er hat die Summe als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu versteuern, d. h. er versteuert 100% der Kapitaleinkünfte und damit auch der (verdeckten) Gewinnausschüttung nach seinem Einkommensteuersatz. Von seiner Einkommensteuerschuld konnte und kann er für die Jahre ab 1977 bis 2000 gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG die Körperschaftsteuer mit genau dem Betrag, mit dem diese Einkünfte seinen Einkünften hinzugerechnet wurden, abziehen5. Diese Technik stellte und stellt die Erhebung der Körperschaftsteuer zu 30% im Inland sicher; denn nicht alle Anteilseigner sind im Inland einkommensteuerpflichtig, etwa nicht die ausländischen Anteilseigner, nicht die juristischen Personen des öffentlichen Rechts und nicht andere inländische steuerbefreite Anteilseigner6. Einmal aber, prinzipiell aber auch nur einmal, soll der ausgeschüttete Gewinn besteuert werden (Prinzip der Einmalbesteuerung)7. Materiell hat die körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung den Charakter einer Quellensteuer8. Auch der Bundesfinanzhof unterscheidet zwischen der wirtschaftlichen Wirkung „der Steuer als einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld“9 und der tatbestandlich-steuertechnischen Ausgestaltung als Körperschaftsteuer10. Das Halbeinkünfteverfahren seit 2001 hat die Grundstrukturen der Körperschaftsteuer und der Einkommensteuer auf Kapitalerträge und damit auch die Technik 4 H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 3 f. 5 Vgl. H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 3 (Beispiel), Rdn. 143; B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 621 ff. 6 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 609 ff.; H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 4. 7 H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 3, 5 f.; ders., Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 2 ff., 168, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 2; vgl. auch B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 603; kritisch W. Reiß, Gesellschaftsrechtlich unzulässige Gewinnausschüttungen und ihre Rückabwicklung, StuW 1996, 337 ff. (342 l). 8 H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 6; ders., Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 3. 9 BFH, BStBl. II 1982, 8 (10); zurückhaltend BFH, BStBl. II 1982, 401 (402) „rechtstechnisch“, „wie eine Vorauszahlung“; kritisch auch W. Reiß, StuW 1996, 342. 10 Vgl. BFH, BStBl. II 1982, 401 (402); H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 6 f.

2. Kap.: Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung in der Praxis

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der Steuererhebung grundlegend geändert. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen befassen sich aber nur mit dem Körperschaftsteuersystem, das bis einschließlich 2000 galt. Den Zweck der auf ausgeschüttete Gewinne erhobenen Körperschaftsteuer (Ausschüttungsbelastung) nach dem Körperschaftsteuergesetz 1977 faßt Heinz-Jürgen Pezzer, heute Richter am Bundesfinanzhof, in seiner Monographie zur verdeckten Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht 1986 wie folgt zusammen: „Die körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung ist materiell keine Steuer auf das Einkommen der juristischen Person. Sie will nicht die Körperschaft als solche besteuern. Sie stellt ihrem Zweck nach eine Quellensteuer auf Kapitalerträge dar, die die Funktion hat, ausgeschüttete Gewinne sicherheitshalber für den Fall vorzubelasten, daß die Kapitalerträge beim Empfänger nicht besteuert werden. Tritt dieser Fall ein, bleibt die Ausschüttungsbelastung endgültig bestehen; sie ersetzt die Besteuerung der Gesellschafter“ (S. 7 f.).

2. Kapitel

Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung in der Praxis Seit 1989 definiert der Erste Senat des Bundesfinanzhofs die verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3. S. 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft als „Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht“11. Im Regelfall sieht der Bundesfinanzhof eine Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht zugestanden hätte (Fremdvergleich)12. Heinz-Jürgen 11 BFH, BStBl. II 1989, 631 (Ls. 1, S. 632); BFH, BStBl. II 1989, 854 (855); BFH, BStBl. II 1993, 311 (312); BFH, BStBl. II 1994, 479 (480); BFH, BStBl. II 1997, 577 (577 f.); BFH, BStBl. II, 2000, 504 (504 f.); BFH, BStBl. II 2000, 545 (546); BFH, BStBl. II 2001, 140 (140 f.); BFH, BStBl. II 2002, 111 (112); so auch FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 11, i.d.S. auch BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, jeweils in Sachen Ha-Ra Hans Raab GmbH / Finanzamt Sulzbach, Streitjahr 1991; vgl. H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 54; kritisch (wegen des Kriteriums der Auswirkung auf die Höhe des Einkommens) W. Reiß, StuW 1996, 344. 12 BFH, BStBl. III 1967, 626 (627); BFH, BStBl. II 1993, 311 (312); BFH, BStBl. II 1997, 577 (Ls. 1, S. 578); BFH, BStBl. II 2002, 504 (504 f.); BFH, BStBl. II, 2002, 111 (112); auch FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 11; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 1, II, 2 b, aa; weitere Hinweise zum Sorgfaltsmaßstab in Fn. 143; umfassend P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, §§ 8 Abs. 3 S. 2; 8a KStG, 2001, S. 13 ff. (allerdings ohne verfassungsrechtliche Aspekte).

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

Pezzer definiert verdeckte Gewinnausschüttung aus der Perspektive des § 4 Abs. 4 EStG als „Handlungen (oder Unterlassungen), die den Jahresüberschuß der Körperschaft mindern“, wenn „sie dazu bestimmt sind, dem Anteilseigner einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, ohne daß diese Zuwendung betrieblich motiviert ist (betrieblichen Zwecken dient)“13. Der Unterschied zur Definition des Bundesfinanzhofs liegt darin, daß Heinz-Jürgen Pezzer den bloßen wirtschaftlichen Vorteil allein für die Gesellschaft für eine verdeckte Gewinnausschüttung nicht genügen läßt14. Die verdeckte Gewinnausschüttung kann auch darin bestehen, daß dem Gesellschafter ein mittelbarer wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, etwa dadurch, daß eine Person einen Vorteil erhält, die dem Gesellschafter nahesteht15. Die Körperschaftsteuerrichtlinie führt in Abschnitt 31 III Beispiele verdeckter Gewinnausschüttungen auf, insbesondere den Fall, daß ein Gesellschafter für seine Geschäftsführertätigkeit ein unangemessen hohes Gehalt erhält oder daß einem Gesellschafter besondere Umsatzvergütungen neben einem angemessenen Gehalt gezahlt werden oder daß ein Gesellschafter der Gesellschaft zu einem unangemessenen Preis Rechte überläßt16. Diese Fallgestaltungen sind auch im Rechtsstreit der Ha-Ra-Umwelt- und Reinigungstechnik Hans Raab GmbH (kurz: Ha-Ra GmbH) im Streit. Der Erste Senat des Bundesfinanzhofs hat in der Entscheidung vom 18. Dezember 2002 den oben zitierten Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung und auch die Anwendung dieses Begriffs auf Vergütungen, die einem Gesellschafter-Geschäftsführer gezahlt werden, obwohl ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 43 Abs. 1 GmbHG) einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen eine solche Vergütung nicht gewährt hätte, bestätigt und angewandt. Diese Entscheidung ist in Sachen der HaRa GmbH / Finanzamt Sulzbach für das Streitjahr 1991 ergangen. Der Senat hat (u. a.) ausgeführt: „Danach gibt es für die Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers keine festen Regeln (. . . ). Die obere Grenze ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Inner- und außerbetriebliche Merkmale können einen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten. Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung obliegt grundsätzlich dem Finanzgericht (§ 96 Abs. 1 S. 1 FGO). Dabei zählt es zum Bereich der vom Finanzgericht zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen, welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung im Einzelfall beizumessen ist. Vorausgesetzt, die Erkenntnisse des Finanzgerichts sind nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen und verstoßen nicht gegen allKörperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 57. Ebd. 15 Ebd., Rdn. 60; so auch FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 11. 16 Vgl. H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 61. 13 14

2. Kap.: Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung in der Praxis

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gemeine Denkgesetze und Erfahrungssätze, ist das Revisionsgericht hieran gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).“17

Das Finanzgericht hatte „im Rahmen des von ihm angestellten Fremdvergleichs in erster Linie auf allgemeine Gehaltsstrukturuntersuchungen zurückgegriffen“ und war für das Streitjahr 1991 „für Betriebe, die mit jenem der Kläger nach Branchen- und Umsatzgröße vergleichbar sind, zu einem durchschnittlichen Gehalt für alle Geschäftsführer – also Fremd- wie Gesellschafter-Geschäftsführer – von 320.000 DM jährlich gelangt“18. „Diesen Durchschnittsbetrag hat das Finanzgericht um einen Zuschlag erhöht und um einen Abschlag vermindert, und zwar um einen Zuschlag von 145 v.H. aufgrund der überdurchschnittlichen Gewinnsituation und um einen Abschlag von 90 v.H., weil als Vergleichsmaßstab nur die Gehälter von Fremd-Geschäftsführern berücksichtigt werden dürfen“. „Bedenke man, daß im Streitjahr 75 v.H. der gesamten Personalkosten der Körperschaft an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer und ihnen nahestehende Personen gegangen seien, sei die zusätzliche Leistung von Gewinntantiemen unangemessen.“ Diese allgemeinen Gesichtspunkte und weitere besondere hat der Bundesfinanzhof „weder als Verstöße gegen Denkgesetze noch als gegen allgemeine Erfahrungsgesetze“ akzeptiert und insbesondere nicht beanstandet, daß das Finanzgericht „sich bei Anwendung des externen Fremdvergleichs an den herkömmlichen und veröffentlichten Untersuchungen zu den Geschäftsführervergütungen orientiert“ habe, obwohl einzuräumen sei, „daß diese Untersuchung zwangsläufig mit Ungenauigkeiten und Verallgemeinerungen behaftet“ seien, die „’Wirklichkeit‘ nur begrenzt“ wiedergäben und dem jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfall deswegen nicht immer gerecht werden“ könnten. „Diese Untersuchungen“ böten „einen einigermaßen repräsentativen und verläßlichen Überblick über die im jeweiligen Untersuchungszeitraum gezahlten Geschäftsführergehälter. Durch Differenzierung nach Branchen- und Größenklassen sowie durch Zu- und Abschläge“ lasse „sich auf diese Weise eine hinreichend aussagekräftige Grundlage für die Gehaltsschätzung schaffen“. Dies gelte zumal dann, „wenn die gewonnenen Werte nicht als alleinige Orientierung genutzt“ würden, „sondern wenn ihnen – so das Finanzgericht – nur ,eine gewisse Bedeutung im Grenzbereich‘ zuerkannt“ werde. Weiterhin hat der Bundesfinanzhof darauf hingewiesen, daß eine mittelgroße GmbH „gemeinhin und in den meisten Bezugsgrößen (Umsatz, Gewinn, Zahl der Arbeitnehmer) hinter Großunternehmen deutlich zurückstehe“, daß, „die Gehälter der Geschäftsführer und Vorstände solcher Unternehmen aber beträchtlich“ unter denen der betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer lägen. Auch den Fremdvergleich zur Ermittlung der Angemessenheit der Lizenzgebühren, den das Finanzgericht des Saarlandes angewandt hat19, hat der BundesfinanzZu II., 2. a. FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 12 ff. (18 f.), auch zum Folgenden; vgl. BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II 2 b. 19 S. 12 ff., 16 ff.; vgl. BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II 3. 17 18

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

hof gutgeheißen. Im Streitfall waren die Lizenzzahlungen von durchgängig 10 v.H. auf 10 bis 20 v.H. vorzeitig erhöht worden, ohne daß für diese Vertragsänderung ein nach Auffassung des Finanzgerichts „wichtiger Grund“ ersichtlich gewesen wäre20. „Allein der große Erfolg des Produkts hätte fremde Dritte nicht ohne weiteres veranlaßt, einer weiteren Lizenzgebührenerhöhung zuzustimmen“21. Einer derart ungünstigen Vertragsänderung hätte eine Kapitelgesellschaft ohne Gegenleistung nicht zugestimmt, wenn der Geschäftsführer nicht der maßgebliche Gesellschafter gewesen wäre, so daß die Vertragsänderung als gesellschaftlich veranlaßt anzusehen sei22. Die Zustimmung der Mitgesellschafter hätte an Gewicht verloren, weil diese die Ehefrau und der Sohn des begünstigten Gesellschafters gewesen seien23. Einen betrieblichen Grund für diese Anpassung der Zahlungskonditionen habe das Finanzgericht nicht erkennen können24. An die tatsächliche Feststellung sei der Senat gebunden, ein Denkfehler des Finanzgerichts oder ein Verstoß gegen Erfahrungssätze hätten die Einwendungen des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers nicht offenbart25. Insgesamt seien die Verträge „nach der auch insoweit möglichen und damit maßgeblichen Sichtweise des Finanzgerichts aus gesellschaftlichen Erwägungen geändert worden“26. Der Urteilsbericht gibt typisch die Art und Weise wieder, mit der der Bundesfinanzhof und ihm folgend die Finanzgerichte die verdeckte Gewinnausschüttung im Falle von Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer und im Falle von Lizenzzahlungen an diese ermitteln. Diese Praxis hält verfassungsrechtlicher Kritik nicht stand.

3. Kapitel

Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern als verdeckte Gewinnausschüttungen? I. „Durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßte Vermögensminderungen“ Die Vermögensminderungen, die körperschaftsteuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttungen gehandhabt werden sollen, müssen nach der gefestigten Recht20 FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 23; dem folgt BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3. 21 FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 24. 22 So FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 22; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3; vgl. i.d.S. BFH, BStBl II, 1977, 477 (479); BFH, BStBl. II 1980, 723 (725). 23 BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3. 24 FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 23 ff.; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3. 25 BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3. 26 BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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sprechung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt (societatis causa) sein27. Der Begriff der Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, ist gewissermaßen der Gegenbegriff zu „Betriebsausgaben“, die § 4 Abs. 4 EStG als „Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind“ definiert28. Betriebsausgaben mindern das zu versteuernde Einkommen (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG in Verbindung mit § 4 EStG). Die Logik des § 8 Abs. 3 S. 2 EStG, wonach verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht mindern, ist, Gewinnausschüttungen von den Betriebsausgaben zu unterscheiden, auch wenn die Gewinnausschüttungen nicht offen, sondern verdeckt sind. Betriebsausgaben sind eben durch den Betrieb veranlaßt, während Gewinnausschüttungen nicht durch den Betrieb veranlaßt sein sollen29. Die Definition des Bundesfinanzhofs in der neueren Praxis greift diese Logik auf. Diese Definition leistet aber auch nicht mehr, als die gesetzgeberische Logik durch den Gegenbegriff zur durch den Betrieb veranlaßten Betriebsausgabe zur Sprache zu bringen, nämlich die Vermögensminderung (oder verhinderte Vermögensmehrung), die eben durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, und im übrigen keine, auch nur verdeckte, Gewinnausschüttung ist. Daß die Definition den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG einbezieht, folgt ebenfalls der Logik der körperschaftsrechtlichen Einkommensermittlung nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (und des Körperschaftsteuergesetzes selbst, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG). Heinz-Jürgen Pezzer unterteilt die betriebsfremde Sphäre im Körperschaftsteuerrecht in die der Einkünfteverteilung und die der Einkünfteverwendung. Zur Einkünfteverteilung rechnet er die Zuwendungen an die Anteilseigner aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses, also die offene und verdeckte Gewinnausschüttung, zur Einkünfteverwendung sonstige betriebsfremde Aufwendungen30. Das Kriterium der Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, ist als solches ohne Aussagekraft. Trotz stetigen Zitats leitet dieser Begriff die Rechtsprechung nicht wirklich31. Vielmehr entscheidet die Rechtsprechung aufgrund eines (sogenannten) Fremdvergleichs (dazu II., III. und vor allem IV.). Peter Bauschatz hat herausgestellt, daß der Fremdvergleich und das Kriterium 27 BFH, BStBl. II 1989, 631 (632 f.); BFH, BStBl. II 1990, 795 (796 f.); BFH, BStBl. II 2000, 545 (546); BFH, BStBl. II 2000, 504 (504 f.); BFH, BStBl. II 2001, 140 (140 f.); BFH vom 18. 12. 2002, zu II, 1; vgl. auch die Hinweise in Fn. 11 und 12; P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 20 ff., 24 ff., 35 ff., 44 (kritisch). 28 Vgl. H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 60 ff. 29 So H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 65 f.; P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 35 ff. 30 Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 58. 31 F. Wassermeyer, Der Fremdvergleich als Tatbestandsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung, DB 1994, 1105 (1106); P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 31 ff.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

der gesellschaftlichen Veranlassung unvereinbar seien32. Es mag Fälle der Ausgaben von Körperschaften geben, die als verdeckte Gewinnausschüttungen zur Einkünfteverteilung zu rechnen und darum bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens gemäß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht zu berücksichtigen sind. Die große Vielfalt von Fallgestaltungen kann hier nicht erörtert werden. In diesem Gutachten geht es nur um zwei Fragen, nämlich erstens, ob es mit Verfassungsprinzipien vereinbar ist, wenn Gehaltszahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen körperschaftsteuerpflichtig bleiben, und zweitens, ob Lizenzgebührenzahlungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer verdeckte Gewinnausschüttungen sind, die ebenfalls das körperschaftlich zu versteuernde Einkommen nicht mindern (dazu 4. Kap.). Die Vermögensminderung wird regelmäßig eine Ausgabe der Körperschaft sein, die Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG oder eben Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 KStG sein kann. Das soll, wie gesagt, davon abhängen, ob die Ausgabe durch den Betrieb oder eben durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. Die Ausgabe ist jedenfalls durch das Unternehmen, das in körperschaftlicher Rechtsform betrieben wird, veranlaßt. Die steuerrechtlich relevante Differenzierung der Ausgaben muß verfassungsrechtlichen Prinzipien standhalten. Zu II. und III. ist dargelegt, daß die Differenzierung des Gesellschafter-Geschäftsführergehalts in einen durch den Betrieb und in einen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten Teil nur möglich ist, wenn die Finanzämter und die Finanzgerichte bestimmen, inwieweit das Gehalt angemessen ist. Diese Bestimmung ist eine Anmaßung, die mit grundrechtlichen Prinzipien, insbesondere mit dem Willkürverbot nicht vereinbar ist (dazu II. und III.). Sie bedarf des Vergleichs mit den Gehältern anderer Geschäftsführer (regelmäßig Fremdgeschäftsführern) oder mit dem Durchschnitt von Geschäftsführergehältern. Diese Vergleichsmethode ist ein Verstoß gegen die marktwirtschaftlich geprägte Vertragsfreiheit und darum ebenfalls verfassungswidrig (dazu IV.). Das von der Rechtsprechung benutzte Kriterium der verdeckten Gewinnausschüttung, nämlich die Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, nutzt vergleichende Plausibilitätserwägungen, die in sich das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes mißachten müssen. Der Sache nach fordert der Gesetzgeber von der Rechtsprechung (im Anschluß an eine Entwicklung in der Rechtsprechung33) eine Unterscheidung zwischen Betriebsausgaben und (offener und verdeckter) Gewinnausschüttung ein, die er selbst nicht leistet34. Der Gesetzgeber gibt keinen materialen Differenzierungsmaßstab. Er de32 Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 32 ff., 44. 33 Vgl. H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 34 ff.; P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 17 ff. 34 So auch H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 34 ff.; P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 17, der auf die Begründung zum Körperschaftsteuergesetz vom 16. 10. 1934 (!!), RGBl. 1935, S. 81 (84), hinweist; J. Lange / W. Reiß, Lehrbuch der Körperschaftsteuer,

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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legiert also die Rechtsetzung an die Richter und mißachtet dadurch das Verfassungsprinzip des Gesetzesvorbehalts35, aber auch das Verfassungsprinzip der funktionenteiligen Ausübung der Staatsgewalt (Gewaltenteilung) 36. Die Rechtsprechung entwickelt ihre Fallnormen37 mittels einer Analogmethode, d. h. sie entscheidet einen neuen Fall wie einen ihr gleich erscheinenden früheren Fall. Das genügt nicht der rechtsstaatlich gebotenen Subsumtionsmethode der gesetzesgebundenen Rechtserkenntnis38. Die Richter werden zu Gesetzgebern (dazu III., 3.). Abgesehen von den genannten rechtsstaatlichen Bedenken ist zumindest zu fordern, daß die Richter die Verfassungsprinzipien einhalten, die auch den Gesetzgeber binden, das Kriterium der Gehaltsangemessenheit jedenfalls ist genauso verfassungswidrig wie die damit verbundene Erkenntnismethode des Vergleichs (dazu II., III. und IV.). Der körperschaftsteuerrechtliche Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung ist allenfalls in restriktiver, also verfassungskonformer, Interpretation vor dem Grundgesetz tragfähig, wenn jedenfalls die mittels Fremdvergleich ermittelte verdeckte Gewinnausschüttung durch Entgelte und Preise, die an Gesellschafter gezahlt werden, aus den Fallgruppen der Tatbestände eliminiert werden.

II. Angemessenheitspostulat, Vertragsfreiheit, Äquivalenzprinzip, Trennungsdoktrin 1. Unangemessenes Gehalt von Gesellschafter-Geschäftsführern? Begriffsmerkmal der verdeckten Gewinnausschüttung in der Definition des Bundesfinanzhofs ist die Vermögensminderung (oder die verhinderte Vermögensmeh8. Aufl. 1996, Rdn. 207, S. 151, lassen sich deswegen nicht von verfassungsrechtlichen Bedenken irritieren, weil der Gesetzgeber die von der Rechtsprechung vorgenommenen Inhaltsbestimmung billige, wenn er an dem „seit Jahrzehnten einheitlich interpretierten Rechtsbegriff festhalte“ – wozu dann noch Rechtsstaat und Demokratie?! 35 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, 4. Aufl. 2003, S. 113 ff. 36 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 180 ff. 37 Zur Fallnorm W. Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. III, 1977, S. 269; R. Christensen, Was heißt Gesetzesbindung?, S. 182 ff.; F. Müller, Strukturierende Rechtslehre, S. 263 ff. u.ö.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi. Grundlegung einer Allgemeinen Republiklehre. Ein Beitrag zur Freiheits-, Rechts- und Staatslehre, 1994, S. 880 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 323. 38 So auch H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 43 f.; allgemein zum Subsumtionsprinzip H.-M. Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, Theorie der Norm und des Gesetzes, 1981, S. 32 ff., 205 ff.; H.-J. Koch / H. Rüßmann, Juristische Begründungslehre. Eine Einführung in die Grundprobleme der Rechtswissenschaft, 1982, S. 14 ff.; C. Schmitt, Der Hüter der Verfassung, 1931, S. 36 ff., der in der Subsumtion das bestimmende Merkmal der Rechtsprechung sieht; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 850 ff., 866 ff., 882 ff., insb. S. 886 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 108 ff., 111, 306 f. 7 Schachtschneider

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

rung) der Kapitalgesellschaft, welche durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist. Die Vermögensminderung kann, in der Praxis ein typischer Fall, durch das Gehalt des Gesellschafter-Geschäftsführers bewirkt sein. Für seine Geschäftsführung steht (auch) dem Gesellschafter ein Gehalt als Entgelt zu, jedenfalls wenn ein solches vereinbart ist. Das Gehalt kann aus einem monatlichen oder jährlichen Festbetrag und gewinn- oder umsatzabhängigen Tantiemen, wie im Streitfall Ha-Ra GmbH / Finanzamt Sulzbach, bestehen. Die für die Definition der verdeckten Gewinnausschüttung relevante Vermögensminderung entsteht nicht durch ein Gehalt an sich, sondern durch dessen (vermeintlich) unangemessenen Teil. Wenn dem Gesellschafter eine Geschäftsführergehalt zugemessen wird, das „ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren Verhältnissen nicht gewährt hätte“, ist das eine, gegebenenfalls verdeckte, Gewinnausschüttung39. Um das Tatbestandsmerkmal Vermögensminderung, das zum Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung gehört, festzustellen, bedarf es somit eines Maßstabes des angemessenen Gehalts eines Gesellschafter-Geschäftsführers. Diesen Maßstab ermittelt die Praxis durch eine Einschätzung der Gehaltspraxis eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer gegenüber, wenn die Verhältnisse ansonsten vergleichbar sind, also durch den Fremdvergleich. Das Finanzgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 29. August 2001 diesen Fremdvergleich durchgeführt und ist in seiner Vorgehensweise (Methode) vom Bundesfinanzhof im Urteil vom 18. Dezember 2002 in Sachen Ha-Ra GmbH / Finanzamt Sulzbach (Streitjahr 1991) bestätigt worden. Dabei sind, wie berichtet, durchschnittliche Gehälter für Geschäftsführer von mittelgroßen Unternehmen zugrunde gelegt, diese aufgrund der überdurchschnittlichen Gewinnsituation erhöht (145 v.H.) und wiederum durch einen Abschlag (90 v.H.) gemindert worden, weil als Vergleichsmaßstab nur die Gehälter von Fremdgeschäftsführern berücksichtigt werden dürften40. Zudem sind weitere Aspekte bedacht worden.

2. Rechtes Maß von Lohn und Gehalt durch Gesetz oder Vertrag Für die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern, wie überhaupt für Löhne und Gehälter, können Gerichte allenfalls äußerste Grenzen feststellen. Die Rechtsordnung kennt keinen allgemeinen Maßstab angemessener Entgelte, sondern über39 BFH, BStBl. III 1967, 626 (627); BFH, BStBl. II 1995, 549 (550 ff.); BFH, BStBl. II 2002, 111 (112); FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 11; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 1; vgl. auch BFH, BStBl. II 1978, 234 (235), tendenziell gegen umsatzabhängige Vergütungen; vgl. auch die Hinweise in Fn. 143. 40 FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 19; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 2 b, aa; vgl. die Hinweise in Fn. 12, 143.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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läßt es den verschiedenen rechtlichen Regelungsweisen, die Löhne, Gehälter und sonstigen Entgelte für Arbeits- und Dienstleistungen zu bestimmen. Entweder werden Dienstleistungsentgelte durch Gesetz geregelt, wie die Gehälter der Beamten, oder sie werden durch Vertrag, meist Arbeitsverträge, geregelt. Die außerordentliche soziale Bedeutung der Arbeitsentgelte hat zu dem Menschen- und Grundrecht der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG geführt, welches die Tarifautonomie der Sozialpartner schützt, die in ihrem Kern als Wesensgehalt dieses Grundrechts unantastbar ist41. Wegen der Bedeutung der Entgelte für die Erwerbsarbeit sind die Arbeitslöhne weitgehend durch Flächentarifverträge bestimmt, welche wiederum allen Massenentgelten Orientierung geben42. Die Entgelte sind somit weitestgehend dem Markt, nämlich der Lohnpolitik der Tarifpartner, der Personalpolitik der Unternehmen und deren Führungskräften, oder eben der Politik des Gesetzgebers überantwortet. Der Grund ist, daß es keinen allgemeinen Rechtssatz über angemessene Dienstleistungsentgelte gibt und geben kann, genauso wenig, wie es einen allgemeinen Rechtssatz über die Angemessenheit eines Warenpreises gibt und geben kann. Die Preisbildung leistet darum der Markt. Das ist jedenfalls die wichtigste Funktion des Marktes43. Das iustum pretium gibt es nicht (dazu 4. Kap.). Entgelte und Preise bedürfen der Verträge oder Gesetze, wenn sie richtig, also rechtens, sein sollen. Für eine übergesetzliche oder übervertragliche Angemessenheit bietet das Recht keinen Ansatz und kann es keinen bieten. Der Vergleich ist, wie noch auszuführen sein wird (IV.), als Methode, die Angemessenheit von Entgelten zu ermitteln, nicht nur ungeeignet, sondern ohne rechtliche Grundlage. Eine Angemessenheitsjudikatur hebt die Vertragsfreiheit der Partner des Dienstleistungsvertrages auf, wie sie auch die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers aufheben würde. Die Vertragsfreiheit steht aber als ein Grundrecht, sei diese auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG gestützt44 oder, je nach Hand41 BVerfGE 4, 96 (110); 20, 312 (317); vgl. auch BVerfGE 18, 18 (27 f.); 28, 295 (304); 38, 281 (305); 38, 386 (393); 50, 290 (368 f.); 53, 233 (247 f.); 57, 220 (245 f.); 84, 212 (225); 88, 212 (228); 93, 352 (358 ff.); 94, 268 (283); 100, 271 (282 f., 285 ff.); BAG etwa E 48, 307 (311); R. Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, 1999, Art. 9, Rdn. 299 ff. 42 Dazu K. A. Schachtschneider, Flächentarifverträge und die Soziale Frage, in: R. Krause / W. Veelken / K. Vieweg (Hrsg.), Recht der Wirtschaft und der Arbeit in Europa. Gedächtnisschrift für Wolfgang Blomeyer, 2004, S. 245 ff. 43 Dazu M. Neumann, Theoretische Volkswirtschaftlehre II, Produktion, Nachfrage und Allokation, 2. Aufl. 1987, S. 10 ff., 32 ff., 134 ff.; A. Maußner / J. Klaus, Grundzüge der mikro- und makroökonomischen Theorie, 2. Aufl. 1997, S. 127 ff.; Gabler, Preisfunktion, Volkwirtschaftslexikon, 1997, S. 880 r f.; B. Hauptkorn, Preisrecht, Ökonomische Rationalität und praktische Vernunft des allgemeinen und besonderen Rechts der Bildung und Verlautbarung von Preisen, 2000, S. 21 ff., 27 ff. 44 BVerfGE 8, 274 (328); 12, 341 (347); 21, 87 (90); 60, 329 (339); 70, 115 (123); 73, 261 (270); 74, 129 (151); 81, 242 (254); 88, 384 (403); 89, 214 (231); 95, 267 (303); G. Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, 1958, Rdn. 53 ff. zu Art. 2 Abs. I; U. Di Fabio, daselbst, 2001, Rdn. 101 ff.; v. Mangoldt / Klein / Starck, Das Bonner Grundgesetz, Bd. 1, 3. Aufl. 1985, Rdn. 99 ff. zu Art. 2 Abs. 1; BVerfGE 8, 274 (328); 89, 214 (231); 96, 267 (303), st. Rspr.; vgl. auch K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht. Kritik der Fiskus-

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

lungsbereich, auf die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG oder auf ein anderes jeweils einschlägiges Grundrecht45, unter Gesetzesvorbehalt46. Wenn die Rechtsprechung die Verträge nach dem Kriterium der Angemessenheit umgestaltet, mißachtet sie mit diesem Gesetzesvorbehalt die Gewaltenteilung und löst sich von der die Rechtsprechung definierenden Bindung der Richter an das Gesetz (Art. 97 Abs. 1 GG)47.

3. Formelles und materielles Äquivalenzprinzip Die uralte Frage der Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung hat in der im Grundsatz liberalen Marktwirtschaft im formellen Äquivalenzprinzip48 die rechtsstaatliche Antwort gefunden, welche auch in der großen Grenze der Vertragsfreiheit, nämlich § 138 BGB, zum Ausdruck kommt. Eine materielle Angemessenheits- oder gar Sachzusammenhangsklausel, deren Verletzung die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hätte, würde das Wesen des privaten Vertrages verkennen49. § 319 Abs. 1 BGB läßt die Substituierung der Leistungsbestimmung durch den Dritten, wenn diese nach billigem Ermessen zu erfolgen hatte, auch nur deswegen zu, weil spezifisch ein Dritter mit der Leistungsbestimmung betraut war. Die Einitheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, 1986, S. 337 ff.; ders., Res publica res populi, S. 404 ff.; ders., Freiheit in der Republik, i.E., Manuskript, 8. Kap., VIII, 1. 45 I.d.S. BVerfGE 81, 242 (254 ff.); dazu i.d.S. W. Höfling, Vertragsfreiheit, Eine grundrechtsdogmatische Studie, 1990, S. 6 ff.; auch H.-J. Papier, Grundgesetz und Wirtschaftsordnung, HVerfR, 2. Aufl. 1994, S. 833; U. Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 103.; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 8. Kap., VIII, 1. 46 Dazu allgemein K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 113 ff. 47 Vgl. C. Schmitt, Das Reichsgericht als Hüter der Verfassung, 1929, in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze aus den Jahren 1924 – 1954, 1958, S. 63 ff. (79); K. A. Bettermann, Die rechtsprechende Gewalt, HStR, Bd. III, 1992, § 73, Rdn. 13; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 235; ders., Res publica res populi, S. 870 ff., 886 f., 970 ff. 48 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 341 f.; ders., Res publica res populi, S. 407; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., IV. 49 W. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 2. Bd., Das Rechtsgeschäft, 2. Aufl. 1975, S. 6, 7 f.; vgl. L. Raiser, Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, in FS zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, 1860 bis 1960, Bd. I, S. 101 ff.; vgl. mit besonderer Argumentation W. Schmidt-Rimpler, Zum Vertragsproblem, FS L. Raiser, 1974, S. 8 ff., 19, 20 ff.; ders., Grundfragen einer Erneuerung des Vertragsrechts, AcP 147, 1941, S. 130 ff., 138 ff., der aber keineswegs eine staatliche Richtigkeitskontrolle befürwortet; anders P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit, in: Freiheit in der sozialen Demokratie, 1975, S. 106 f., 113, der die Vertragsfreiheit nicht in der Selbstbestimmung des Menschen gerechtfertigt sieht; vgl. auch K. Larenz, Richtiges Recht, Grundzüge einer Rechtsethik, 1979, S. 65 ff., 79; wie der Text H.-J. Papier, Unternehmen und Unternehmer in der verfassungsrechtlichen Ordnung der Wirtschaft, VVDStRL 35 (1977), S. 55 ff. (83); Th. Mayer-Maly, Der liberale Gedanke und das Recht, in FS Adolf Merkl, 1970, S. 247 ff.; auch P. Badura, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 176 (1976), S. 119 ff. (128); K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 342 ff.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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gung der Vertragspartner selbst muß im Privatrecht keineswegs billigem Ermessen entsprechen oder angemessen im Sinne der überprüfbaren Ausgewogenheit von Leistung oder Gegenleistung sein50. Mit einem solchen Maßstab wären die Vertragserklärungen der Privaten substituierbar. Die Selbstbestimmbarkeit der Parteien, die Wesen ihrer Privatheit ist51, wäre aufgehoben52. Private Verträge müssen vielmehr den Gesetzen entsprechen (§ 134 BGB), und sie dürfen nicht gegen die guten Sitten verstoßen (§ 138 BGB), u. a. Das Verbot, die „guten Sitten“ zu verletzen, ist gewissermaßen eine Mißbrauchsschranke der Vertragsfreiheit53, die fehlinterpretiert wäre, wenn sie zu einem Maßstab der inhaltlichen Richtigkeit des Vertrages im Sinne irgendeiner Angemessenheit herangezogen würde54. Einen allgemeinen rechtlichen Maßstab der materialen Vertragsgerechtigkeit privater Verträge kennt das Privatrecht nicht55 und darf es unter dem Grundgesetz nicht kennen, weil das dem Recht des Menschen auf Selbstbestimmung und Selbstverantwortung aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG widerspräche56. Der Mensch selbst darf im 50 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 6 f. (7: „stat pro ratione voluntas“); M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, 1970, S. 68, 74, 108, 110, passim; auch H. Lehmann / H. Hübner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 16. Aufl. 1966, S. 142, die im fehlerfreien Vertrag die Richtigkeitsgewähr sehen; auch W. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 130 f.; ders., FS Raiser, S. 1 ff., 20 ff., der keine materiale Ausgewogenheitskontrolle befürwortet; a.A. P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit, S. 106 f., 113; vgl. auch K. Larenz, Richtiges Recht, S. 65 ff., 79. 51 W. Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, FS zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, 1960, Bd. 1, S. 135 ff., 141; ders., Das Rechtsgeschäft, S. 1 ff., 6 f.; L. Raiser, Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, S. 101 ff.; E.-J. Mestmäcker, Über das Verhältnis des Rechts der Wettbewerbsbeeinträchtigungen zum Privatrecht, AcP 168 (1968), S. 240; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit, passim, etwa S. 19 ff.; i.d.S. auch K. Larenz, Richtiges Recht, S. 57 ff.; kritisch wiederum P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit, S. 104 ff., mit fragwürdiger Kritik am Satz ,volenti non fit iniuria’; zu diesem Satz K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 19, 30; ders., Res publica res populi, S. 293, 436, 532; grundlegend Kant, Metaphysik der Sitten, ed. Weischedel, Bd. 7, S. 432; Hobbes, Leviathan, II, 21; Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, II, 6. 52 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 6 ff., 8; E.-J. Mestmäcker, AcP 168 (1968), S. 241; K. Larenz, Richtiges Recht, S. 57 ff., 65 ff.; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 35 f., 107 ff.; a.A. wiederum P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit, S. 113 f. 53 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 35, 342. 54 Vgl. E.-J. Mestmäcker, AcP 1968 (1968), 246 f.; ders., Über die normative Kraft privatrechtlicher Verträge, JZ 1964, 441 ff.; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 342, auch S. 377 ff. 55 Insb. W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 6, 7 f.; K. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 3. Aufl. 1975, S. 96; vgl. auch ders., Richtiges Recht, S. 65 ff. 56 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 1; K. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 91; ders., Richtiges Recht, S. 65 ff.; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 19 ff., 68, 108, 110, 118; auch B. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung. Zur vertraglichen Relevanz der Ordnungsfunktion dezentraler Interessenkoordination in einer Wettbewerbswirtschaft, 1978, S. 51 f.; auch W.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

Prinzip und im Zweifel entscheiden, welches seine Interessen sind, welches Gewicht seine Interessen gegenüber der Opfern haben, die er mit dem Vertrag auf sich nimmt, ob Leistung und Gegenleistung einen ,gerechten Interessenausgleich‘ ausmachen57. Den Vertragspartnern darf dabei rechtsmächtig (es sei denn gesetzlich) kein fremder Maßstab aufgedrängt werden58. Durch staatliche und private Gesetze (gute Sitten) zieht die Rechtsordnung der Vertragsfreiheit Grenzen und darf diese Grenzen ziehen, deren Mißachtung jedoch im Prinzip und in der Regel die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat, nicht dessen Anpassung an einen rechtmäßigen Inhalt. Die allgemeine Ausnahmeregelung des § 140 BGB bewahrt die Autonomie der Vertragspartner. Die staatlichen Gesetze verfolgen dabei das gemeine Wohl, vor allem den Schutz der Schwachen59. Das materielle Äquivalenzprinzip wird nur als wucherische Grenze relevant, wenn nämlich „jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die in einem auffälligen Mißverhältnis zur Leistung stehen“ (§ 138 Abs. 2 BGB)60. Auch bei den wucherähnlichen Rechtsgeschäften, die als sittenwidrig eingestuft werden, müssen neben die grobe Mißachtung des materiellen Äquivalenzprinzips, der schweren Äquivalenzstörung, weitere Umstände hinzutreten, welche die rechtliche Verbindlichkeit des Rechtsgeschäfts zu akzeptieren verSchmidt-Rimpler, FS Raiser, S. 8 ff., 19, 20 ff., dem es um die Gewähr der Richtigkeit durch das angemessene Vertragsverfahrensrecht geht, nicht aber um die hoheitliche Gewähr der materialen Richtigkeit; a.A. P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit, S. 106 ff., 113. 57 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 7 f.; auch K. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 94, 96; auch ders., Richtiges Recht, S. 65 ff.; M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 118, passim; a.A. P. Landau, Begrenzung der privatrechtlichen Gestaltungsfreiheit (4. Rechtspolitischer Kongreß der SPD), S. 107 f. 58 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 6; K. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 96 f.; ders., Richtiges Recht, S. 79, der den Prinzipien der Selbstbestimmung und Selbstbindung (subjektive Äquivalenz) Vorrang vor der ,objektiven Äquivalenz‘ einräumt; auch W. Möschel, Neuere Entwicklungen der Wettbewerbstheorie. Kritische Bemerkungen zu kritischen Bemerkungen, ZHR 145 (1981), S. 590 ff. 59 W. Flume, Das Rechtsgeschäft, S. 6; K. Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 92 ff., zum Sozialprinzip in der Privatrechtsordnung; ders., Richtiges Recht, S. 132 ff. („Prinzip des sozialen Ausgleichs“); zum Sozialprinzip K. A. Schachtschneider, Das Sozialprinzip, zu seiner Stellung im Verfassungssystem des Grundgesetzes, 1974, S. 45 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 243, auch S. 388 ff.; ders., Res publica res populi, S. 234 ff.; ders., Die Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, in: ders. (Hrsg.), Rechtsfragen der Weltwirtschaft, 2002, S. 289 ff.; auch M. Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, S. 58, 98, unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip; vgl. auch B. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 176 ff.; E.-J. Mestmäcker, AcP 168 (1968), S. 247, 248 ff., der wettbewerblichen Privatrechtsbeziehungen normative Bedeutung beimißt; auch ders., Über die normative Kraft privatrechtlicher Verträge, JZ 1964, 441 ff. 60 Dazu Th. Mayer-Maly, Münchener Kommentar, 3. Aufl. 1993, § 138, Rdn. 98 ff.

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bieten61. Die soziale Komponente als Bestandteil einer Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft oder (besser) marktlichen Sozialwirtschaft62 findet somit ihr Tatbestandsmerkmal in den besonderen Umständen, welche den Schutz eines Vertragspartners vor der Übervorteilung durch den anderen Vertragspartner rechtfertigt, vorausgesetzt, daß Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Mißverhältnis stehen. Die Wirtschaftsordnung des Grundgesetzes hat sich somit für das formelle Äquivalenzprinzip entschieden (und aus Verfassungsgründen entscheiden müssen), schützt aber vor Übervorteilungen, auch um die hinreichende Gleichheit der Vertragspartner zu gewährleisten, von der die rechtliche (staatliche) Verbindlichkeit der Verträge abhängt. Nur wenn die Verträge wirklich dem menschheitlichen Prinzip der Autonomie des Willens63, genügen, ist die Verbindlichkeit der Verträge für das Gemeinwesen, die res publica, schützenswert, weil unter dieser Voraussetzung die formelle Äquivalenz, die Richtigkeit des Vertrages, wenn man so will, die materielle Äquivalenz, gewährleistet64. Die besonderen Umstände, welche die Richtigkeit des Vertrages und damit die Akzeptanz der formellen Äquivalenz durch den Vertrag in Frage zu stellen vermöchten, ist nicht das besondere Verhältnis des Gesellschafters als Geschäftsführer seiner rechtlich verselbständigten Gesellschaft oder auch nur als beherrschender Gesellschafter. Eine Übertragung der ratio legis der Gute-Sitten-Klausel des § 138 BGB auf das Konstrukt der verdeckten Gewinnausschüttung überzeugt nicht oder würde nicht überzeugen, weil es am grundrechtlich gestützten und sozial gerechtfertigten Schutzbedürfnis der Kapitalgesellschaft fehlt. Der Staat (und nach Maßgabe der Gesetze auch die Rechtsprechung) ist trotz der Gleichheit in der Freiheit65, die sich (u. a.) als formales Äquivalenzprinzip des Vertragswesens verwirk61 Etwa zum sittenwidrigen Kreditgeschäft (wucherähnlichem Geschäft) BGHZ 80, 153 (160), 100% Überschreitung des marktüblichen Zinses; BGHZ 128, 255 (257); seither st. Rspr.; vgl. Th. Mayer-Maly, Münchener Kommentar, § 138, Rdn. 100 ff., zum subjektiven Tatbestand Rdn. 111 ff.; zum sittenwidrigen Mietverhältnis BGHZ 135, 269 (277), bei mehr als 50% des üblichen Entgelts. 62 Dazu H. C. Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 2. Aufl. 1961, insb. S. 64; H. H. Rupp, Die soziale Marktwirtschaft in ihrer Verfassungsbedeutung, HStR, Bd. IX, 1997, § 203, S. 129 ff.; dazu M. Kläver, Die Verfassung des Marktes. F. A. v. Hayeks Lehre von Staat und Markt im Spiegel grundgesetzlicher Staats- und Verfassungsrechtslehre, 2000, S. 215 ff.; K. A. Schachtschneider, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff. (292); B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 80 ff.; H.-M. Hänsch, Gesamtwirtschaftliche Stabilität als Verfassungsprinzip. Die gesamtwirtschaftliche Stabilität der deutschen Wirtschaftsverfassung und die Europäische Währungsunion, 2002, S. 96 ff. 63 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 275 ff., 325 ff., 410 ff., 427 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2., 5., 8. Kap. 64 Vgl. W. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 130 ff., 138 ff.; ders., Zum Vertragsrecht, in: FS L. Raiser, 1974, S. 3 ff., 8 ff.; dazu B. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftordnung, S. 220 ff.; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 338 ff., 341 ff.; ders., Res publica res populi, S. 407; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., VIII, 3. 65 W. Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, HVerfR, 2. Aufl. 1994, S. 427 ff., insb. S. 455 ff., 499 ff., 507 ff.; M. Kriele, Freiheit und Gleichheit, HVerfR, 1983, S. 129 ff.;

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

licht, (nur) zum Schutz der Schwachen gegenüber den Starken durch materiale und prozedurale Schutzvorschriften verpflichtet (Schutzpflicht)66.

4. Trennungsdoktrin trotz unternehmerischer Gestaltungsfreiheit Die Kapitalgesellschaft eines Alleingesellschafters oder beherrschenden Gesellschafters ist allenfalls unter gewissen Umständen ein schutzbedürftiger Geschäftspartner dieses Gesellschafters. Sie ist (lediglich) eine juristische Person, die sich rechtlich zu verselbständigen der Gesetzgeber aus vielerlei Gründen, vor allem der Haftungsbeschränkung willen, ermöglicht hat67. Man mag die Personenhaftigkeit der Kapitalgesellschaft, insbesondere die Ein-Personen-Gesellschaft, man mag insbesondere deren Haftungsbeschränkung in Frage stellen, sie sind aber in der kapitalorientierten Wirtschaftsordnung eine (alte) Politik des Gesetzgebers, die schon wegen Art. 9 Abs. 1 GG, jedenfalls aber wegen Art. 2 Abs. 1 GG und insbesondere wegen Art. 19 Abs. 3 GG (Grundrechtsschutz der inländischen juristischen Personen) von der Rechtslehre und Rechtsprechung zu akzeptieren ist. Insbesondere aber ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung als juristischer Person, deren Gesellschafter zugleich der Geschäftsführer ist oder deren Gesellschafter die Geschäftsführer sind, gegenüber den Gesellschafter-Geschäftsführern nicht schutzwürdig. Die Analogie zur Gute-Sitten-Klausel des § 138 BGB wäre sachwidrig, weil die hinreichende Gleichheit der Vertragspartner die Richtigkeit des Vertrages, die tragfähiger Äquivalenz, gewährleisten soll68, um den schwächeren Vertragspartner zu schützen. Die personalisierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung (oder auch andere personalisierte Kapitalgesellschaften) sind in keiner Weise schutzwürdig. Sie sind gewissermaßen Gebilde des Gesellschafters (der Gesellschafter), dem die Rechtsordnung zugesteht, sich rechtlich zu verselbständigen. Der Gesellschafter macht als Geschäftsführer seiner Gesellschaft trotz aller Trennungsdoktrin gewissermaßen (funktional und wirtschaftlich) Geschäfte mit sich selbst. § 35 Abs. 4 S. 1 GmbHG schreibt zwar die Anwendbarkeit des § 181 BGB auf die Ein-Personen-Gesellschaft und Gesellschafter-Geschäftsführer vor, aber diese wird regelmäßig durch die Satzung ausgeschlossen, wie es dem Interesse und geradezu der Logik der Ein-Personen-GmbH entspricht69. Der Alleingesellschafter K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 4 f., 275 ff., 325 ff., 410 ff., 422 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 1. und 7. Kap., ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 15 ff., 24 ff. 66 U. Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1 Rdn. 127 ff.; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 8. Kap., VIII, 3. 67 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, S. 984 f., 990. 68 BVerfGE 89, 214 (229 ff.), Bürgschaft; dazu U. Di Fabio, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 2 Abs. 1, Rdn. 107 ff.; grundlegend W. Schmidt-Rimpler, AcP 147 (1941), S. 152 ff.; E.-J. Mestmäcker, AcP 168 (1973), S. 240, 248; ders., Macht – Recht – Wirtschaftsverfassung, ZHR 137 (1973), S. 97 ff., 101; B. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 176 f.; K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 322 ff.; ders., Res publica res populi, S. 407; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., VIII, 3.

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jedenfalls gefährdet niemanden, weil seine Gesellschaft mit beschränkter Haftung im substantiellen Sinne niemand ist70. Sie ist zwar juristische Person, aber keine Persönlichkeit. Sie ist eben kein schützenswerter Mensch. Wenn mit der Kapitalgesellschaft Interessen verbunden sind, die den Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers entgegenstehen oder auch nur unabhängig von dessen Interessen bestehen, mag sich ein besonderes Schutzbedürfnis ergeben, welches im Einzelnen zu bedenken und zu gewichten wäre. Wenn aber die Maßnahmen des Gesellschafter-Geschäftsführers derartige Interessen nicht berühren, ist ein schützenswertes Interesse nicht zu erkennen, welche eine Judikatur der Entgeltangemessenheit zu rechtfertigen vermöchte. Durch die Gehaltsregelung schadet sich der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht selbst. Er schadet auch niemand anderem. Die Regelung hat, als (vermeintliche) verdeckte Gewinnausschüttung, lediglich steuertechnische Konsequenzen, die (im Normalfall) nicht einmal den Steuerertrag des Staates mindern. Das ist noch auszuführen. Eine Rechtfertigung der Angemessenheitsjudikatur ist somit nicht zu erkennen. Es bleibt bei der Gestaltungsfreiheit des Gesellschafters, der seine persönlichen Verhältnisse gestaltet und dafür eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nutzt, wie ihm das das Gesellschaftsrecht ermöglicht.

5. Grundfreiheiten und Vertragsfreiheit Das Konstrukt der verdeckten Gewinnausschüttung führt, wie im 1. Kap. dargelegt, zur Sicherung inländischer Besteuerung von Kapitaleinkünften, ist der Sache nach aber Einkommensbesteuerung71. Nur in besonderen, zum Teil fragwürdigen Fallgestaltungen, bleibt es bei einer substantiellen Körperschaftsteuer, insbesondere in den Fällen, in denen die Gesellschafter Ausländer sind72. Wenn diese Ausländer Unionsbürger sind, wirft dieses Konstrukt zusätzliche Probleme der Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit des Gemeinschaftsrechts auf, die noch anzusprechen sein werden (5. Kap.). Jedenfalls rechtfertigt die steuertechnische Konstruktion, die für die Steuereffekte keineswegs notwendig ist73, nicht, das Verfassungsprinzip der Vertragsfreiheit durch eine rechtsstaatlich (Gewaltenteilung) mehr als bedenkliche Judikatur (dazu I. und IV.) der Angemessenheit der Entgelt- oder Preisgestaltung zu relati69 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1248; K. Zimmermann, in: H. Rowedder / Ch. Schmidt-Leithoff, GmbHG, Komm., 4. Aufl. 2002, § 53, Rdn. 25. 70 A.A. W. Reiß, StuW 1996, 342, der die Eigenständigkeit der juristischen Person (im eigenen Steuersubjekt) hervorhebt, aber damit der von einem Gesellschafter beherrschten GmbH nicht gerecht wird. 71 H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsrecht, S. 2 ff. (7 f.); insofern kritisch W. Reiß, StuW 1996, 342. 72 Dazu B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 610 ff. 73 Vgl. H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 16 ff., 20 ff., 34 ff.

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vieren. Die Beschränkung der Vertragsfreiheit kann nur durch gewichtige Schutzinteressen gerechtfertigt werden, nicht aber durch eine austauschbare Konstruktion der Steuererhebung. Allenfalls könnte die Angemessenheitsjudikatur in den Fällen erwägenswert sein, in denen die Körperschaftsteuer nicht eine vorgezogene Einkommensteuer ist. Diese Fälle können aber eine allgemeine Angemessenheitsjudikatur nicht gegen die verfassungsrangigen Prinzipien der Vertragsfreiheit und Marktwirtschaft behaupten, schon gar nicht ohne hinreichend bestimmtes Gesetz.

III. Angemessenheitsjudikatur statt freiheitlicher Unternehmensverantwortung 1. Markt und Vertrag versus amtlicher Vergleich Ein Geschäftsführergehalt kann vertragsgemäß oder gesetzesgemäß sein. Ohne Vertrag und ohne Gesetz aber gibt es kein rechtes Maß für ein Geschäftsführergehalt. Man kann Löhne und Gehälter vergleichen, aber der Vergleich vermag nur einen Maßstab für die Angemessenheit eines Lohnes oder Gehaltes zu bieten, wenn ein Rechtssatz den Vergleich vorschreibt. Ohne Vergleich, zu dem zu IV. näher Stellung genommen wird, gibt es keinen Ansatzpunkt für die Angemessenheit eines Lohnes oder Gehalts, noch weniger wie für einen Warenpreis, dessen Angemessenheit immerhin die Kosten der Warenherstellung zugrunde legen kann. Demgemäß ist der Vergleich mit anderen Entgelten und Preisen das maßgebliche, ja ausschließliche Erkenntnismittel der Praxis zur verdeckten Gewinnausschüttung74. Der Markt bringt einen Warenpreis hervor, nämlich den Preis, zu dem ein Angebot Nachfrage findet75. Die Marktgesetze gelten grundsätzlich auch für die Löhne und Gehälter, die freilich in der Vertrags- und Gesetzespraxis Orientierungsdaten kennen, zum einen die gesetzlichen Gehaltsregelungen (vor allem für Beamte im Bundesbesoldungs- und in den Landesbesoldungsgesetzen) und zum anderen die tariflichen Lohnregelungen, vor allem die in den Flächentarifverträgen76. Insgesamt hat eine Volkswirtschaft ein eingespieltes Preis- und Lohn- / Gehaltsgefüge, nach welchem die Verteilung der Wirtschaftsgüter in einer Weise bewerkstelligt wird, die das Gemeinwesen hinreichend befriedet. Wenn das nicht gelingt, gibt es (wie gegenwärtig in Deutschland) Verteilungsauseinandersetzungen um Löhne, Gehälter, Sozialleistungen und letztlich auch um Preise. Während die gesetzlich geregelten Gehälter und die tariflich geregelten Löhne, aber auch die Sozialleistungen, welche die Masseneinkommen ausmachen, nicht stark voneinander abweichen, bestimmen sich die Gehälter für Vorstände und GeGanz so F. Wassermeyer, DB 1994, 1106. Hinweise in Fn. 43. 76 Dazu K. A. Schachtschneider, Flächentarifverträge und die Soziale Frage, GS W. Blomeyer, S. 245 ff. 74 75

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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schäftsführer von Unternehmen weitestgehend nach individuellen Verträgen, ähnlich den Gehältern und auch Honoraren im Bereich des Sports und der Kunst. Maßstäbe, die allgemeine Richtigkeit und damit allgemeine Verbindlichkeit beanspruchen könnten, lassen sich in diesem Bereich nicht finden. Bekannt sind die krassen Unterschiede im Berufssport, hingewiesen sei auf die Millionengehältern von Bundesligafußballspielern, etwa dem Torwart des FC Bayern München, Oliver Kahn, der, abgesehen von seinen Werbeeinnahmen, ein jährliches Gehalt von 5 Millionen Euro erhalten soll. Hingewiesen sei auf den Formel 1-Rennfahrer Michael Schumacher, der ein Jahresgehalt von 140 Millionen Euro beziehen soll. Ähnlich unterschiedlich sind die Gehälter in der industriellen Wirtschaft, zumal diese im hohen Maße von dem Unternehmenserfolg abhängig sind. Für die Mitgliedschaft in manchen Vorständen werden Gehälter von vielen Millionen Euro gezahlt. Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, Josef Ackermann, soll ein jährliches Gehalt von 12 Millionen Euro einnehmen, der Vorstandvorsitzende von Daimler Chrysler, Jürgen Schrempp, ein nicht geringeres Gehalt. Der Vorstandsvorsitzende des größten deutschen Unternehmens, der Siemens AG, soll demgegenüber (nur!) ein Gehalt von 3,6 Millionen Euro beziehen. Für die rechtlichen Überlegungen kommt es nicht darauf an, daß die genannten Zahlen genau stimmen. Es geht um die Größenordnungen. Auch für mittelständische Unternehmen gibt es keinen Maßstab des richtigen Gehalts. Statistische Durchschnittswerte, wie sie das Finanzgericht des Saarlandes in Sachen Ha-Ra GmbH / Finanzamt Sulzbach seiner Einschätzung der Angemessenheit zugrunde legt77, sind ohne jede Aussagekraft. Das Geschäftsführergehalt ist ausschließlich eine Frage des Vertrages. Die Gehälter müssen für die großen, die mittleren und die kleinen Unternehmen tragfähig sein, d. h., sie dürfen den Bestand der Unternehmen nicht gefährden. Diese Grenze sollte oder muß sogar ein „ordentlicher Geschäftsmann“ (§ 43 Abs. 1 GmbHG) wegen § 30 Abs. 1 GmbHG78 einhalten79. Sonst gibt es keinerlei Verpflichtung zur Orientierung an durchschnittlichen Gehältern. Diese Rechtslage mag man beklagen und die Höhe und Unterschiedlichkeit der Gehälter mag gerade Richtern, die an eine gesetzliche Besoldungsordnung, die vergleichsweise bescheidene Einkommen zugesteht, gewöhnt sind, ein Dorn im Auge sein, sie ist aber die Logik des Marktes, dessen Geschäftsprinzip der Vertrag ist. Das Konstrukt der verdeckten Gewinnausschüttung zwingt zu einer vergleichenden Maßstabbildung, die mangels gesetzlicher Materialisierung nichts als Willkür läßt; denn die marktliche Wirtschaftsordnung hält keinen Maßstab bereit, solange nicht der staatliche Gesetzgeber einen gegeben hat. Es 77 Urteil vom 29. 8. 2002, S. 12 ff. (17 ff.); bestätigt vom BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 2 b, aa, bb. 78 Vgl. auch § 43a GmbHG. 79 Für die Ein-Personen-GmbH A. Pentz, in: H. Rowedder / Ch. Schmidt-Leithoff, GmbH, Komm., 4. Aufl. 2002, § 13, Rdn. 38, 113; M. Lutter / P. Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Komm., 15. Aufl. 2000, Anhang § 13, Rdn. 41; vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1257; so BGHZ 119, 257 (262); 122, 333 (336).

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gibt „für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen (Gesamtausstattung)“ nicht nur „keine festen Regeln“, wie das Finanzgericht des Saarlandes, gestützt vom Bundesfinanzhof, meint80, es gibt vielmehr (ohne Gesetz) überhaupt keine Regeln. 2. Willkürliche Unterscheidung von Gewinn und Gehalt a) Allein schon die Unterscheidung zwischen Gehalt und Gewinn ist für Unternehmensleiter fragwürdig, weil, jedenfalls in der heutigen Wirtschaft, die Gehälter der Vorstände und Geschäftsführer weitgehend gewinnabhängig sind, sei das explizit im Vertrag geregelt, sei es pauschaliert durch die Gehaltsregelung bestimmt, die eine Unernehmensentwicklung berücksichtigt, wie sie von den Vertragspartnern erwartet wird. Diese Gegebenheiten waren auch in den 90er Jahren des vergangen Jahrhunderts nicht anders. Wesentlich für die Gehaltsvereinbarung sind die unternehmerischen Möglichkeiten und Erwartungen. Genauso wie jedes Unternehmen ein eigenes Schicksal hat, hat dies auch jede Unternehmensleitung. Gehaltsanteile sind vielfach gewinn- oder umsatzabhängige Tantiemen. Diese mit dem Angemessenheitskriterium auf 25% der Gesamtausstattung des Geschäftsführers zu beschränken81, ist ohne jede rechtliche Grundlage, ja abwegig. Es hat auch keine hinreichende empirische Grundlage. Für ein Unternehmen, welches der Unternehmenseigner selbst führt, gelten die Überlegungen im besonderen Maße. Der Unternehmensertrag steht ausschließlich dem Eigentümerunternehmer zu. Es ist unerheblich, ob er seine Unternehmung als eine Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung oder als ein Einzelunternehmer mit uneingeschränkter persönlicher Haftung betreibt. Es ist ebenfalls unerheblich, ob er die Unternehmenserträge als offene Gewinnausschüttung oder als (vermeintlich) verdeckte Gewinnausschüttung, also als Gehalt oder Entgelt vereinnahmt. Der Erfolg des Unternehmens steht ihm zu. Nur Gesetze können ihn verpflichten, seinen Erfolg mit anderen zu teilen oder dem Gemeinwesen zugute kommen zu lassen. Das sollten die Gesetze im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, zu dem auch Unternehmen als eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe gehören82, tun. Derartige Gesetze sind vor allem die Steuergesetze. Die Körperschaft80 Urteil vom 29. 8. 2001, S. 13; Urteil vom 28. 12. 2002, zu II, 2 a; vgl. auch BFH, BStBl. II 1978, 234 (235); BFH, BStBl. II 1989, 854 (855). 81 FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 20 f., mit Bezug auf BFH, BStBl II 1995, 549 (550 ff.); bestätigt von BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 2, b aa, unter Verweis auf BFH, BStBl. II 1978, 234 (235 f.). 82 BVerwGE 67, 84 (92); 67, 93 (96); BGHZ 111, 349 (355 f.); BGH, JZ 1996, 1122 (1123); vgl. i. d. S. auch BGHZ 23, 157 (162 f.); 67, 190 (192); 81, 21 (33); 92, 34 (37); W. Leisner, Eigentum, HStR, Bd. VI, 1989, § 149, Rdn. 108 ff.; P. Badura, Der Eigentumsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes, AöR 98 (1973), S. 153 ff.; ders., Eigentum, HVerfR, 2. Aufl. 1994, § 10, Rdn. 94 ff., S. 387 ff.; K. H. Friauf / R. Wendt, Eigentum am Unternehmen, 1977, S. 22 ff. (29 f.); H.-J. Papier, in: Maunz / Dürig, GG, 1994 /

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steuer hat aber, wie gesagt, die Funktion einer vorgezogenen Einkommensteuer83. Der Eigentümerunternehmer, der als Gesellschafter-Geschäftsführer ein hohes Gehalt bezieht, entzieht dem Gemeinwesen keinerlei Steuern, weil das Prinzip der Einmalbesteuerung gilt84. b) Die Maßstablosigkeit macht jede Rechtsprechung zur Angemessenheit des Geschäftsführergehalts des Gesellschafters zum Willkürakt, weil die Wirtschaftsordnung des Marktes keinen Maßstab für die Angemessenheit des Gehalts hergibt und jeder Vergleich mit anderen Gehältern der Sachlichkeit entbehrt. Die Suche nach dem gerechten Lohn ist in der Marktwirtschaft, deren Grundprinzip die Vertragsfreiheit ist, genauso vergeblich wie die Suche nach dem gerechten Preis (dazu 4. Kap.), solange nicht allgemeine Regelungen die Löhne und Gehälter festlegen. Derartige allgemeine Regelungen geben aber nur die Gesetze und (in Grenzen) die Tarifverträge, zumal die Flächentarifverträge. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist die gesuchte gesetzliche Grundlage nicht. Diese Vorschrift schreibt vor, verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Ermittlung des Einkommens der Körperschaft zu berücksichtigen, definiert aber verdeckte Gewinnausschüttungen nicht85, etwa als überhöhte Gehaltszahlungen. Diese Vorschrift trägt es nicht, daß die Rechtsprechung Maßstäbe fingiert, welche sich der Wirtschaftsordnung nicht entnehmen lassen, Maßstäbe, die keinen Realitätsbezug haben. Heinz-Jürgen Pezzer hat deutlich gemacht, daß der Bundesfinanzhof seinen Begriff von der verdeckten Gewinnausschüttung nicht wirklich für die gebotene Subsumtion zur Entscheidung der Fälle des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nutzt, sondern die Einzelfälle mit vielfältigsten Argumenten begründet86, d. h. eine Plausibilitätsjudikatur betreibt, die letztlich beliebig bleibt. Es gibt mancherlei Fälle verdeckter Gewinnausschüttungen, so daß § 8 Abs. 3 S. 2 KStG nicht zwingt, Gehaltszahlungen (zum Teil) als Gewinnausschüttungen einzustufen. Wenn der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung auch eine derartige Judikatur tragen sollte, wäre er wegen Verstoßes gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsprinzip 87 verfassungswidrig, jedenfalls verfassungskonform dahin zu restringieren, daß nur die Fälle von verdeckter Gewinnausschüttung unter die Vorschrift subsumiert werden, die ohne Willkür judiziert werden können. 2002, Art. 14, Rdn. 95 ff.; K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 187 f., 344 ff., 468; offengelassen in BVerfGE 1, 264 (277 f.); 22, 380 (386); 45, 142 (173); 50, 290 (340); 51, 193 (221 f.); 58, 300 (353); 66, 116 (145); 68, 193 (222 f.); 81, 208 (227 f.); weitergehend BVerfGE 22, 380 (383). 83 Hinweise in Fn. 8, 9. 84 Hinweise in Fn. 7. 85 H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 34; vgl. auch W. Reiß, StuW 1996, 339 l; vgl. BVerfG, HFR 1993, 201 (vGA „unbestimmter Rechtsbegriff“) 86 Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 43 f.; vgl. auch F. Wassermeyer, DB 1994, 1006 ff. 87 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 303 ff.

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3. Richterrecht und dessen Grenzen im Rechtsstaat a) Die Rechtsprechung sieht sich berechtigt, wenn nicht genötigt, den körperschaftsteuerlichen Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung (gewissermaßen) mit Leben zu erfüllen, also zu materialisieren (zu konkretisieren, wie meist fälschlich gesagt wird), um der Einkommensermittlungsvorschrift des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG Substanz und Wirkung zu verschaffen. Weil der Gesetzgeber den Begriff, auf den es ankommt, nämlich die verdeckte Gewinnausschüttung, nicht materialisiert hat, treten die Richter an seine Stelle und praktizieren den unbestimmten (also verfassungswidrigen) Rechtsbegriff als Ermächtigung für eigene Rechtsetzung, also als Delegationsnorm, wie auch andere Rechtsbegriffe, etwa den (jetzt aufgegebenen) Begriff der guten Sitten in § 1 UWG88. Diesem Richterrecht sind jedoch im Rechtsstaat Grenzen gezogen. Richterrecht der Gesetzesrichter ist nicht zu vermeiden89. Während die Verwaltung durch die parlamentarische Verantwortung der Regierung hinreichend vom Parlament abhängig ist, welches die stärkste demokratische Legitimation (außer dem Volk selbst) hat, sind die Richter unabhängig vom Parlament und damit auch, wenn sie ihr Richteramt innehaben, unabhängig vom Volke (Art. 97 Abs. 1 GG)90. Die Richter werden durch die Gesetze an den gesetzgeberisch erkannten und beschlossenen Willen des Volkes gebunden, je bestimmter die Gesetze sind, desto enger. Soweit die Gesetze die Richter nicht binden, haben sie in eigener Sittlichkeit (praktischer Vernünftigkeit) das Recht zu erkennen91. Dadurch entwickelt sich in gewissem Maße ein Richterstaat. Der Richterstaat ist der Staat, in dem Richter die Politik (die Lebensverhältnisse) bestimmen, die nicht durch Gesetze gebunden sind. Ein Staat kann mehr oder weniger Gesetzes-, Verwaltungs- oder Richterstaat sein. Der Staat des Grundgesetzes soll möglichst Gesetzesstaat sein; denn nur dadurch ist er hinreichend stark demokratisch legitimiert. Weil das nicht uneingeschränkt verwirklicht werden kann, ist es nicht schon gerechtfertigt, der Gesetzesrechtsprechung mehr und mehr Gesetzgebungsfunktion 88 B. Rebe, Privatrecht und Wirtschaftsordnung, S. 160; C. Ott, Systemwandel im Wettbewerbsrecht, Die Generalklausel des § 1 UWG und ihre Rückwirkungen auf Rechtsprechung und Dogmatik, FS L. Raiser, 1974, S. 417 ff.; kritisch C. Schmitt, Der Hüter der Verfassung, 1931, S. 39; dazu (kritisch) K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 363 ff., insb. S. 375 ff., 385 ff., 393 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, 1993, S. 195 ff., insb. S. 206 ff. (211 ff.); ders., Res publica res populi, S. 889 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung. Exemplifiziert am staatlichen und kommunalen Vermessungswesen in Bayern, i.E., S. 309 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 320 f.; akzeptiert von BVerfGE 32, 311 (317); 102, 347 (360 f.). 89 BVerfGE 3, 225 (242 ff.); 8, 374 (326); st. Rspr., etwa BVerfGE 65, 182 (190); 87, 234 (263); 93, 213 (238); 98, 49 (59 f.); K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 885 ff., 895 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 317 ff. 90 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 234 ff., 317. 91 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 863 ff., 870 ff., 885 ff., 895 ff., 996 ff., 970 ff.

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zu delegieren. Die Funktion der Verfassungsrechtsprechung ist eine andere, nämlich eine wesentlich gesetzgeberische92. b) Die Begriffe eines Gesetzes müssen bestimmt sein. Unbestimmte Rechtsbegriffe sind eine contradictio in adiecto, aber ein rechtssprachlich eingeführter Begriff93. Besser ist es, von offenen Gesetzesbegriffen94 zu sprechen. Beispiele sind: Öffentliches Interesse, Gemeinwohl, Belange der Bundesrepublik Deutschland, wichtiger Grund, Verfahrensinteresse, Härtefall, sittliche Gefährdung, und und und. Sie sind nicht rechtlos, wenn sie den Grundsätzen der Normenklarheit und der Judiziabilität genügen95. Tatbestandsmerkmale wie die der „außergewöhnlichen Belastung“, der „besonderen Härte“ oder der „ordnungsgemäßen Buchführung“ hat das Bundesverfassungsgericht als hinreichend bestimmt akzeptiert96. Offene Gesetzesbegriffe lassen wegen ihrer Abstraktheit einen Beurteilungsspielraum, der aus unterschiedlichen Gründen (persönliche Beurteilungen, künstlerische oder pädagogische Bewertungen, makroökonomische Einschätzungen, Prognosen, Risikoabschätzungen, u. a.) nicht vom Gesetzgeber determinierte Entscheidungen der vollziehenden Gewalt oder der Rechtsprechung möglich macht97. Die Beurteilung von Sachverhalten, um deren Subsumibilität unter den Tatbestand (die Begriffe) eines Gesetzes feststellen zu können, kann nicht gänzlich vom Gesetzgeber gesteuert werden; denn sie setzt einerseits Kenntnis der Sachlage (Theorie von der Wirklichkeit, die Wahrheit)98 und andererseits normative Maßstäbe (Maximen des Richtigen) voraus, welche der Gesetzgeber nur annähernd setzen, also bestimmen, kann, weil die Sachlage nicht hinreichend bekannt ist und im übrigen Begriffe notwendig offen sind, d. h. die Vielfalt des Lebens nicht widerspiegeln können. Die nähere Materialisierung der Maßstäbe hat wiederum Rückwirkung auf die Relevanz der Tatsachen für die gesetzlich geregelten Sachverhalte. Gesetzliche Tatbe92 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 858 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 225 ff., 318 f. 93 Vgl. BVerfGE 84, 34 (50); 102, 347 (361); BVerwGE 15, 207 (208); 45, 162 (164 ff.); 88, 35 (37 ff.); 94, 307; H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 7, Rdn. 27 ff., 51 ff., S. 129 ff., 141 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 221 f., 313 f. (kritisch). 94 Vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 819 ff., 832 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 211, 313 f. 95 BVerfGE 3, 225 (243); 4, 352 (357 f.); 27, 1 (8); 78, 205 (212); 80, 103 (108); 87, 234 (263 f.); u. ö. 96 BVerfGE 7, 129 (154); 21, 1 (3 f.). 97 Dazu H. Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rdn. 26 ff., S. 140 ff.; F. Ossenbühl, Richterliche Gebundenheit und Ermessen der Verwaltung, in: H.-U. Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2002, § 10, Rdn. 23 ff., S. 215 ff.; K. A. Schachtschneider, Grundbegriffe des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Lehrstuhl 2001, S. 59 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 313 ff. 98 Dazu K. A. Schachtschneider, Der Rechtsbegriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ im Atom- und Immissionsschutzrecht, in: W. Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 1988, S. 100 ff., 105 ff., 110 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 153 f.

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stände (Begriffe) reduzieren die Komplexität der Lebensverhältnisse notwendig99. Sonst müßte der Gesetzgeber jeden Einzelfall entscheiden und es bedürfte keiner Verwaltung, nicht nur eine Unmöglichkeit, sondern auch eine Verletzung der Teilung der Ausübung der Staatsgewalt100. c) Die Richter sind gehalten, sachgerecht, in Abwägung aller Umstände und Interessen, die Streitigkeiten zu entscheiden. Sie bilden dabei neues Recht, das sie meist in gleichen Streitfällen zur Grundlage ihrer Erkenntnis machen. Sie wenden in Billigkeitsentscheidungen das Gesetz an, welches sie selbst gegeben haben101. Die Einzelfallgerechtigkeit aufgrund der Billigkeitsklauseln darf sich nicht von dem Allgemeinheitsprinzip des Gesetzesstaates lösen102. Auch durch die Gute-Sitten-Klauseln, etwa in § 138 Abs. 1 und § 826 BGB oder (bisher) in § 1 UWG, welche die Entscheidungen der Richter entweder an die Gesetze bestimmter Gruppen oder auch des ganzen Volkes (eine Art unmittelbarer Gesetzgebung durch konsensuale Bestimmungen des Richtigen) binden103 oder ihnen (für weite Bereiche des Geschäftslebens, insbesondere für den Wettbewerb) die Gesetzgebungsfunktion delegieren104, zieht sich der institutionelle Gesetzgeber, insbesondere die Legislative, aus der Verantwortung für das Recht zurück, zum Teil unvermeidlich. Den Gerichten erwächst daraus eine weitreichende Rechtsetzungsgewalt, eine politische Macht. Durch die Praxis der Gerichte entwickelt sich das Richterrecht, welches die Gesetze ergänzt oder auch ersetzt, aber den Richter nicht im Sinne des Art. 97 Abs. 1 GG bindet, solange es nicht gesetzesgleiches Gewohnheitsrecht geworden ist105. Die Gerichte können (ohne Gleichheitsverstoß, wenn sie neue Erkenntnisse gewinnen) ihre Materialisierung offener Gesetzesbegriffe und ihre Billigkeitspraxis ändern106, nicht aber die Gesetze der Legislative. Die gesetzgebende Rechtserkenntnis gehört in gewissen Grenzen zur Funktion der rechtsprechenden Ge99 Dazu die Systemtheorie N. Luhmanns, Legitimation durch Verfahren, 1969, S. 22, 141 ff. (143). 100 I.d.S. BVerfGE 8, 274 (325); so Rousseau, Vom Gesellschaftsvertrag, III, 1; I. Kant, Metaphysik der Sitten, S. 434 ff. (§§ 48, 49); vgl. auch E. Schmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, HStR, Bd. I, 1987, § 24, Rdn. 56 ff., 60. 101 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 880 ff., 890 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 314. 102 Dazu E. Kaufmann, Die Gleichheit vor dem Gesetz im Sinne des Art. 109 der Reichsverfassung, VVDStRL 3 (1927), S. 21. 103 So K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 363 ff. (368 ff.), 421 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff., 220 ff. 104 Dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 385 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 223. 105 Dazu K. A. Schachtschneider, Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 225. 106 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 890 f.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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walt107. Das Bundesverfassungsgericht räumt den Gerichten weitgehende Befugnisse zur rechtsetzenden Rechtserkenntnis, „zur schöpferischen Rechtsfindung nach den Maßstäben der praktischen Vernunft“ und den „fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellungen der Gemeinschaft“ ein, weil die „Lückenlosigkeit der positiven staatlichen Rechtsordnung . . . praktisch unerreichbar“ sei108. Die Gesetze müssen die Richter soweit als möglich binden. Das gebietet die demokratisch und rechtsstaatlich begründete Funktionenteilung der staatlichen Repräsentationsorgane des Art. 20 Abs. 2 und 3 GG109. „Die Urteile“ sollen „nie mehr als ein genauer Gesetzestext“ sein (Montesquieu)110. Freilich ist die Bindungsmöglichkeit begrenzt. Darum wird die Gesetzesbindung durch das Amtsprinzip um die persönliche Verantwortung der Richter für die Rechtlichkeit ihrer Rechtserkenntnisse (Richtersprüche) ergänzt. d) Soweit also die Gesetze die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung nicht binden, erlangen die zweite und die dritte Gewalt unvermeidbar Möglichkeiten zur Rechtsetzung, wenn Entscheidungen auf Begriffe gestützt werden, welche nicht mit den anerkannten, den klassischen, Methoden der Interpretation dem Gesetz entnommen werden können111. Die Auslegung der offenen Tatbestände der Gesetze müssen die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung demgemäß nach den anerkannten Methoden leisten. In BVerfGE 11, 126 (130) hat sich das Bundesverfassungsgericht gegen die subjektive und für die objektive Methode der Auslegung ausgesprochen. Die subjektive Auslegungsmethode stellt vornehmlich auf den historischen Willen des Gesetzesverfassers, auf dessen Motive in ihrem geschichtlichen Zusammenhang, ab, während der objektive Wille des Gesetzgebers „aus dem Wortlaut der Norm (grammatische Auslegung), aus ihrem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) und aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung)“ zu erfassen sei. Diese Auslegungsmethoden „schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich gegenseitig“. „Es ist Sache der Verwaltungsbehörden und Gerichte, die bei der Gesetzesanwendung mangels ausdrücklicher Regelungen auftauchenden Zweifelsfragen mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden zu beantworten. Eine solche Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtstaatlich gebotene Bestimmtheit“112. Hervorzuheben ist, daß das Bundesverfassungsgericht die Hilfe aner107 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 892 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 221 ff. 108 Etwa BVerfGE 3, 225 (243 f.); 34, 269 (286 ff.); 66, 116 (138); 66, 337 (355); 69, 315 (371 ff.); 71, 354 (362 ff.). 109 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 850, 866 ff., 882 ff., 887 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 180 ff., 206 ff. 110 Vom Geist der Gesetze, XI. Buch, 6. Kap. (ed. K. Weigand, Reclam, S. 215). 111 BVerfGE 21, 209 (215); 34, 269 (287); 35, 263 (279); 49, 304 (318); 65, 182 (190); 79, 106 (120); 102, 254 (337); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 322 ff.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

kannter Auslegungsmethoden fordert, wenn die Gesetze und deren Auslegung dem Rechtsstaatsprinzip genügen sollen. e) Die Befugnisse der Rechtsprechung sind aber überschritten, wenn zum ersten der Gesetzgeber keinen Ansatzpunkt für eine Materialisierung einer Vorschrift gibt, wenn zweitens Materialisierungen auch nicht aus der Lebenspraxis entnommen werden können, wie bei den guten Sitten als einer Art Konventionalnorm, besser: privater Rechtsetzung113, drittens die Richter Rechtssätze entwickeln (Richterrecht), die der legislative Gesetzgeber nicht zu verabschieden unternehmen würde, weil er nicht mit der öffentlichen Akzeptanz rechnen könnte, viertens Grundrechte (empfindlich) eingeschränkt werden, nämlich die Vertragsfreiheit (als Entgelt- und Preisfreiheit). Daß Geschäftsführergehälter in der Wirtschaft einem Prinzip der Angemessenheit folgen müssen, ist nicht hinnehmbar und würde der Erwartung nach nicht hingenommen werden, schon weil die Verhältnisse der Unternehmungen allzu unterschiedlich sind. Diese Angemessenheit der Gehälter muß aber rechtens vorgeschrieben werden können, wenn sie Unterscheidungskriterium zwischen dem Entgelt für Dienstleistungen des Geschäftsführers und der Gewinnausschüttung an den Gesellschafter sein soll. f) Die Praxis des Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung, deren wesentliches Kriterium der Fremdvergleich ist114, beruht nicht auf Interpretation des Begriffs. Sie greift auch keine gesellschaftlichen, privaten Vorschriften auf. Sie ist von allen Bindungen unabhängige Rechtsetzung der Richter, die zudem die fundamentalen Prinzipien der grundgesetzlichen und menschheitlichen Verfassung der Wirtschaft, nämlich der Freiheit und dem Markt zuwiderläuft. Diese Praxis ist kein rechtsstaatliches Richterrecht, wie es soeben erörtert wurde, sondern verfassungswidrige Bevormundung der Unternehmer (vor allem des Mittelstandes) und Usurpation der Rechtsetzungsmacht. Für eine Gewohnheitsrechtsbildung fehlt es trotz der langen Praxis (usus longaevius) an der übereinstimmenden Überzeugung, daß diese Praxis richtig und rechtens ist (opinio necessitatis / opinio iuris)115, zumal sie sich nicht rühmt, feste Regeln zu kennen.

112 BVerfGE 19, 17 (30); 21, 209 (215); 35, 348 (359); 58, 257 (277); 69, 203 (209 f.); 79, 106 (120); 80, 1 (20 f.); 82, 209 (224); 102, 254 (337); u. ö. 113 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 421 ff.; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 320 f. 114 Hinweise in Fn. 12, 143. 115 Zum Begriff des Gewohnheitsrechts K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 222, Fn. 906 mit Hinweisen; ders., Das Sittengesetz und die guten Sitten, FS W. Thieme, S. 206 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 429 ff.; vgl. BVerfGE 9, 109 (117); 15, 225 (232 f.); 22, 114 (121); 28, 21 (28); 34, 293 (303 ff.).

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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4. Freiheitliche Sittlichkeit und alleinbestimmtes rechtes Maß Das formelle Äquivalenzprinzip ist die vertragsrechtliche Konsequenz der Freiheit im privaten Bereich, also der privaten Freiheit oder Privatheitlichkeit116. Freiheit ist die äußere Freiheit als die Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür117 und (als untrennbare Einheit verbunden) die innere Freiheit als die Sittlichkeit118. Das Gesetz der Sittlichkeit ist das Sittengesetz, der kategorische Imperativ (Kants)119. So definiert Art. 2 Abs. 1 GG die Freiheit, nämlich als jedermanns „Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“. Jede vom Grundgesetz geschützte Freiheit ist diese äußere und innere Freiheit, grundrechtlich geschützt in dem und für den jeweiligen Lebens- und Wirkungsbereich120. Privatheit ist somit nicht das Recht zur Willkür, sondern das Recht zur freien Willkür121, d. h. die Handlungen des Menschen sind zum einen den allgemeinen Gesetzen als dem allgemeinen Willen, der staatlich das Gemeinwohl verwirklicht, und zum anderen dem Sittengesetz verpflichtet. Das Sittengesetz ist der Imperativ, niemandem durch sein Handeln zu schaden, oder das große ethische Prinzip der Nächstenliebe122. Der kategorische Imperativ Kants lautet bekanntlich: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“123. Das die Handlungen leitende Sittengesetz ist ein Gesetz der Ethik (ethica), nicht des Rechts im Sinne des ius. Die Beachtung des kategorischen Imperativs kann nicht erzwungen werden, sondern ist Sache der Moralität jedes Menschen124. Die Unerzwingbarkeit sittlichen Handelns ist der Kern der 116 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 370 ff., 404 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 8. Kap., insb. I, II, VIII. 117 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 345. 118 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, ed. Weischedel, Bd. 6, S. 18 ff., 49 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 275 ff., 325 ff., 410 ff., durchgehend; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI, VII, 5., 6., 7. Kap.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 15 ff., 18 ff. 119 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 259 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 15 ff., 18 ff. 120 Vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1002 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 9. Kap. 121 K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 8. Kap., II. 122 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 1 ff., 253 ff.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 14; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII. 123 Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 51, u.ö.; ders., Kritik der praktischen Vernunft, ed. Weischedel, Bd. 6, S. 140, u.ö.; vgl. K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 21 f. 124 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 508 ff.; K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 230 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

Freiheit in einer Republik. Ein Staat, der seinen Bürgern die Sittlichkeit abzwingen will, wird zur Tyrannei. Schreckliche Beispiele haben Maximilian Robespierre und Adolf Hitler gegeben. Beide wollten den Gegensatz von ius und ethica, von Recht und Moral, aufheben125. Nichts anderes ist im Kern die Praxis des Staates, die von ihm bestimmte Angemessenheit von Verträgen durchzusetzen. Das skizzierte fundamentale Prinzip des Rechtsstaates führt zum Gesetzesvorrang, zum Gesetzesvorbehalt und zum Bestimmtheitsprinzip, wie im übrigen auch das demokratische Prinzip126. Privatheit als Kern der Freiheit gibt das Recht, die Angemessenheit, die Richtigkeit, die Adäquanz eines Vertrages, dessen Sittlichkeit also, allein zu bestimmen, freilich im Konsens mit dem Vertragspartner, ganz unabhängig davon, was andere machen oder zu machen pflegen. Deswegen ist eine vergleichende Angemessenheitsjudikatur ein Verstoß gegen das Fundamentalprinzip der Freiheit, nämlich die alleinige Verantwortlichkeit des Menschen für die Sittlichkeit (Richtigkeit, Angemessenheit) seines Handelns. Die allgemeinen Interessen müssen durch bestimmte, die Beamten und Richter (eng) bindende Gesetze definiert sein, wenn sie die Privatheit und Freiheit nicht im Wesensgehalt treffen sollen. Die Rechte des Menschen zur freien Willkür, die Rechte der Privatheit also, müssen genau bestimmt sein. Sie dürfen nicht durch unbestimmte Rechtsbegriffe der Willkür oder auch nur der staatlichen Einschränkung ausgesetzt sein. Eine Angemessenheitsjudikatur mittels Vergleichs hebt die Menschheit des Menschen, nämlich dessen Willensautonomie127, auf. Der Richter über die Sittlichkeit der Verträge, wohlgemerkt im Rahmen der Gesetze, ist ausschließlich das Gewissen128. Es gibt somit ein privatheitliches Prinzip des rechten Maßes, der Angemessenheit und Richtigkeit des Vertrages, aber dies ist ein Prinzip der Ethik (ethicum). Die Freiheit besteht gerade darin, daß dieses rechte Maß von den Bürgern allein bestimmt wird, im Vertrag nämlich. Freilich bedarf das des Einverständnisses des Vertragspartners. Darum genügt allein das formelle Äquivalenzprinzip einem freiheitlichen Gemeinwesen, einer Republik. Dessen Grenzen, die dem Gemeinwohl dienen und dienen müssen, muß, wie gesagt, der Gesetzgeber bestimmen, wirklich bestimmen und nicht den Beamten und Richtern überantworten, wenn die Republik demokratisch sein soll. Für solche Grenzen bedarf es guter, starker Gründe, die auch und insbesondere die Wirtschaftsverfassung beachten müssen. Der Marktwirtschaft werden allenfalls äußerste Grenzen der Vertragsfreiheit gerecht, wie sie § 138 BGB zieht.

Vgl. K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 106 ff., 113 ff., 304 ff. 127 Dazu allgemein K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 275 ff., 325 ff., 410 ff., u.ö.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI, VII, 5. Kap., III, 8. Kap., II.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 18 ff. 128 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 572 ff.; K. A. Schachtschneider, Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 2. 125 126

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung, der vornehmlich der Steuertechnik dient, ist keinesfalls geeignet, die fundamentalen Prinzipien einer freiheitlichen Rechtsordnung zu relativieren. Die Vergleichsmethode ist das Gegenteil eines republikanischen Rechtsprinzips der Freiheit und Privatheit; denn was angemessen ist, darf in einer Republik nicht der Beamte und nicht der Richter (wenn auch vergleichend) bestimmen, sondern, wenn nicht der Gesetzgeber (alle Bürger also), nur der Bürger selbst. Am wenigsten geeignet ist der Vergleich mit dem Handeln und damit mit den Maximen der Anderen, der Vielen, die in Privatheit handeln. Deren Handeln gibt dem Bürger keinen Maßstab, keine Maxime für sein Handeln, solange er frei sein will. Der Sache nach ist der Fremdvergleich nichts anderes als ein behördlicher und richterlicher Oktroi von Maßstäben, Bevormundung also. Mißbrauch soll und muß bekämpft werden. Das aber setzt bestimmte Gesetze voraus.

IV. Rechtlose Vergleichsmethode 1. Fremdvergleich trotz ungleicher Unternehmensstrukturen In der Not der Maßstablosigkeit für die Angemessenheit der Gesellschafter-Geschäftsführergehälter greift die Rechtsprechung auf die Methode des Vergleichs mit Gehältern anderer Geschäftsführer zurück, insbesondere auf den Vergleich mit den Gehältern der Geschäftsführer, die nicht (beherrschende) Gesellschafter der Gesellschaft sind, deren Geschäfte sie führen (sogenannte Fremdgeschäftsführer oder fremde Dritte). Dieser (sogenannte) Fremdvergleich129 hat nicht nur keine gesetzliche Grundlage, er ist auch von der Sache nicht gerechtfertigt. Abgesehen davon, daß der Vergleich mit den Gehältern der Geschäftsführer anderer Unternehmen, und seien dies auch vergleichbare mittelständische Unternehmen, unsachlich ist, weil die Gehälter durch Vertrag festgelegt werden, der durch nichts den Verträgen anderer Geschäftsführer verpflichtet ist, ist gerade der von der Rechtsprechung praktizierte Vergleich der Gehälter zwischen Gesellschafter-Geschäftsführern und gesellschaftsfremden Geschäftführern sachwidrig, weil die beiden Gesellschaftstypen sich wesentlich unterscheiden. Diese Vergleichsmethode trifft der Vorwurf, daß Ungleiches nicht entsprechend der Ungleichheit ungleich, sondern eben unbegründbar gleich behandelt werden soll. Das ist der Vorwurf des Gleichheitsverstoßes, der Willkürvorwurf130. Die kritisierte Judikatur dürfte von dem Interesse ge129 Hinweise in Fn. 12, auch Fn. 143; insbesondere FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 11 ff., 14 ff., 16 ff.; BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 1, II 1, b, aa; auch W. Reiß, StuW 1996, 344, 346 f. 130 „Die Verfassungsnorm (sc. Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“, BVerfGE 55, 72 (88); ebenso BVerfGE 58, 369 (374); 60, 329 (346); 70, 230 (239 f.); 71, 146 (154 f.); 74, 9 (24); 75, 108 (157); 75, 284 (300); 75, 348 (357); 75, 382 (393); 78, 249 (287); vgl. aber auch

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

trieben sein, verdeckte Gewinnausschüttungen festzustellen. Die zu III. dargelegte Maßstablosigkeit der Gehälter der Geschäftsführer und Vorstände läßt eine solche Feststellung jedenfalls wegen der Gesellschafter-Geschäftsführergehälter gerade nicht zu. Es gibt keinen anderen Grund für den Fremdvergleich als den, daß die Gehälter der gesellschaftsfremden Geschäftsführer geringer zu sein pflegen als die Gehälter der Gesellschafter-Geschäftsführer. Aber auch das stimmt nicht in jedem Fall. Wesentlich ist vielmehr die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, aber auch die geschäftliche Bedeutung des Geschäftsführers für den Unternehmenserfolg. Diese Bedeutung ist aber im Falle des Geschäftsführer-Gesellschafters, zumal wenn dieser der Alleingesellschafter oder auch nur der beherrschende Gesellschafter ist, wesentlich, ja für das Unternehmen existentiell. Betriebswirtschaftlich ist fraglos, daß die Leistung eines Geschäftsführers nicht gemessen werden kann. Darum kann es auch kein leistungsgerechtes Gehalt geben. Gemessen werden kann der Erfolg in barer Münze. Das Gehalt ist eine Vertragsund damit eine Verhandlungsfrage. Der Vertrag hängt wesentlich von der Macht der Vertragspartner und damit auch von der Macht des Gesellschafters ab. Die Macht des Alleingesellschafters oder beherrschenden Gesellschafters ist naturgemäß groß und für das Unternehmen bestimmend. Diese Macht ist aber nicht rechtswidrig, sondern liegt in der Natur der Ein-Personen-Gesellschaft oder der Familiengesellschaft, welche die Rechtsordnung zuläßt. Diese Struktur darf die Judikatur nicht mit Vergütungsregeln diskriminieren. Auch der gesellschaftsfremde Geschäftsführer wird ein größtmögliches Gehalt aushandeln. Freilich ist seine Macht begrenzt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer hat (gegebenenfalls) die gesamte Macht im Unternehmen, aber der Gesetzgeber schränkt diese Macht (insofern) nicht ein. Für eine Differenzierung des Geschäftsführergehalts des Gesellschafters in einen angemessenen, leistungsbezogenen Gehaltsteil und einen Gewinnanteil gibt es keinen rechtlichen Ansatzpunkt. Auch sonst sind die Geschäftsführergehälter außerordentlich unterschiedlich. Sie hängen von vielfältigen Umständen ab und materialisieren sich jeweils im Geschäftsführervertrag. Es wäre abwegig, das Gesellschafter-Geschäftsführergehalt mit den untersten oder unteren Geschäftsführergehältern zu vergleichen. Es ist genauso abwegig, einen Durchschnittswert zugrunde zu legen und diesen um gewisse Prozente für erfolgreiche Unternehmen zu erhöhen und um gewisse Prozentsätze deswegen zu senken, weil der Geschäftsführer Gesellschafter ist131. Das ist reine Willkür. Diese Zweiter Senat, etwa BVerfGE 71, 39 (58 f.) m.H.)); P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, 1992, § 124, Rdn. 215 ff.; W. Rüfner, GG, Bonner Komm., Rdn. 25 ff. zu Art. 3 Abs. 1; so schon E. Kaufmann, Die Gleichheit vor dem Gesetz im Sinne des Art. 109 der Reichsverfassung, VVDStRL 3 (1927), S. 9 f.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 367 ff.; auch ders., Res publica res populi, S. 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., II, 1, 3. 131 So aber FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 19; bestätigend BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 2, b, aa.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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Judikatur respektiert nicht, daß der Gesellschafter das Unternehmen beherrscht, weil es allein sein Unternehmen ist. Die Gesellschaftsform der juristischen Person erlaubt ihm gewisse Effekte zu erzielen, insbesondere die Haftung zu beschränken (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG). Das nimmt ihm aber nicht das Recht, seinen Einfluß im übrigen größtmöglich auszuüben. Er hat schließlich die Verantwortung für das Unternehmen. Die äußerste Grenze kann allenfalls der Bestand des Unternehmens sein, weil sonst außer den Gläubigern des Unternehmens die Arbeitsplätze gefährdet wären, die zu erhalten zu den sozialen Pflichten des Unternehmers gehört. Im Falle der Ha-Ra GmbH waren die Arbeitsplätze aber nicht in Gefahr. Erst die Betriebsprüfung und die folgenden rechtswidrigen Steuerbescheide haben die Insolvenz ausgelöst und viele Arbeitsplätze vernichtet. Das Finanzamt Sulzbach hat in Sachen Ha-Ra GmbH für das Streitjahr 1991 trotz des großen unternehmerischen Erfolges der Ha-Ra GmbH eine Gesamtausstattung von Hans Raab von 1 Million DM und für dessen Ehefrau Elvira Raab von 600.000 DM für angemessen gehalten132. Dem sind das Finanzgericht des Saarlandes (auch wegen des Verbotes der Verböserung133) und der Bundesfinanzhof gefolgt134. Dafür gibt es keinerlei Begründung. Finanzamt und Finanzgerichtsbarkeit arbeiten mit Unterstellungen. Diese Festlegungen sind mangels gesetzlicher Maßstäbe Willkür.

2. Eingriff durch Fremdvergleich ohne ausdrückliches Gesetz Der Vergleich hat keinen anderen Zweck, als die Vertrags- und Gestaltungsfreiheit des Gesellschafter-Geschäftsführers einzuschränken. Das ist ohne gesetzliche Regelung nicht begründbar. Der Regelung über die verdeckte Gewinnausschüttung in § 8 Abs. 3 S. 2 KStG läßt sich eine solche Vergleichsvorschrift nicht entnehmen. Der Gesetzgeber hätte eine solche Vergleichsregelung ausdrücklich treffen müssen. Es versteht sich, daß ein solches Gesetz mit den Prinzipien einer Marktwirtschaft unvereinbar wäre. Die Marktwirtschaft ist aber auch die Wirtschaftsordnung im in die Europäische Gemeinschaft integrierten Deutschland; denn die Gemeinschaft hat den „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ verankert (Art. 4 Abs. 1, Art. 98 und Art. 105 Abs. 1 EGV)135. Wenn eine gesetzliche Regelung gegen höheres Recht verstoßen würde, darf die Interpretation eines einfachen Gesetzes nicht eine derart verfassungswidrige Materialisierung hervorbringen. Das Gesetz ist zumindest verfassungskonform, also restriktiv zu interpretie132 Für Michael Raab 140.000 DM, für Bärbel Raab 140.000 DM, für Dunja Raab 70.000 DM, jeweils jährlich. 133 BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, Tatbestand, I, 2. 134 Urteil vom 29. 8. 2001, S. 12 ff. , 20; Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 2, a, aa. 135 Dazu H. Wittelsberger, in: v. d. Groeben / Schwarze, EU- / EG-Kommentar, Bd. I, 6. Aufl. 2003, Art. 4 EG, Rdn. 9; K. A. Schachtschneider, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 292 f.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

ren. Eine Regelung, die vorschriebe, daß die Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern sich an den Gehältern der gesellschaftsfremden Geschäftsführer zu orientieren hätten und nicht wesentlich von diesen abweichen dürften, wäre in der Marktwirtschaft geradezu absurd, jedenfalls mit der marktwirtschaftlichen Vertragsfreiheit136 unvereinbar. Die Vergleichsjudikatur der finanzgerichtlichen Rechtsprechung kann nicht damit gerechtfertigt werden, daß sie nur den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung mit der begrenzten steuerrechtlichen Wirkung interpretiert. Das Steuerrecht legt die wirtschaftlichen Gegebenheiten zugrunde und ist dazu verpflichtet137. Es darf nicht Sachverhalte fingieren, um steuerrechtliche Tatbestände zu verwirklichen, sondern muß sich, trotz aller Befugnis zur Pauschalierung138, den Sachgegebenheiten fügen. Wenn somit die Rechsprechung in Steuersachen die Unangemessenheit von Gesellschafter-Geschäftsführergehältern feststellt, um die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung herbeizuführen, so bringt sie die Auffassung zur Geltung, diese Gehälter seien unangemessen, also rechtswidrig. Diese Feststellung kann bekanntlich auch von zivilrechtlichen Rückforderungsansprüchen begleitet sein139. Eine solche Auffassung ist rechtlos und willkürlich, wenn sie als solche nicht sachgerecht ist. Sie ist nicht sachgerecht, weil sie nicht in Gesetzen begründet ist. Die Unbegründbarkeit führt zum Willkürvorwurf. Die Rechtsprechung hätte erkennen müssen, daß die unterschiedlichen Unternehmensstrukturen der Ein-Personen-Gesellschaften oder gegebenenfalls auch der Familiengesellschaften, trotz der juristischen Personifizierung der Kapitalgesellschaften, und der Gesellschaften mit Gesellschaftern unterschiedlicher Interessen, insbesondere der Publikumsgesellschaften, gerade die unterschiedlichen unternehmerischen Entscheidungen und damit auch unterschiedliche Gehaltsvereinbarungen rechtfertigen.

3. Vergleichsrhetorik Für den Hinweis der finanzgerichtlichen Rechtsprechung auf den „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter“ zitiert der Bundesfinanzhof § 43 Abs. 1 GmbHG140. Dieser Hinweis soll die Praxis, Gesellschafts-Geschäftsführern das Gehalt von gesellschaftsfremden Geschäftsführern zuzumessen, also den hier kritisierten Vergleich, rechtfertigen. Dieses Argument geht fehl. Abgesehen davon, daß Hinweise in Fn. 44, 45, 161. Zum Gebot wirtschaftlicher Betrachtungsweise BVerfGE 13, 331 (340); 18, 224 (234); 232, 156 (161); 29, 104 (117); J. Lang, Rechtsanwendung im Steuerrecht, in: K. Tipke / J. Lang, 17. Aufl. 2002, § 5, Rdn. 65 ff., 84 ff. 138 BVerfGE 44, 283 (288); J. Lang, Rechtsstaatliche Ordnung des Steuerrechts, in: K. Tipke / J. Lang, 17. Aufl. 2002, § 4, Rdn. 132; D. Birk, Steuerrecht, 1998, Rdn. 60, S. 21. 139 Hinweise in Fn. 158. 140 Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 1. 136 137

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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§ 43 Abs. 1 GmbHG von der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ spricht, zeigt sich der Unterschied zwischen dem gesellschaftsfremden Geschäftsführer und dem Gesellschafter-Geschäftsführer gerade darin, daß der Geschäftsführer, der seine Obliegenheiten nach § 43 Abs. 1 GmbHG verletzt, der Gesellschaft für den entstandenen Schaden haftet. Eine solche Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers wäre absurd141. Der Geschäftsführer müßte sich selbst als Gesellschafter den Schaden ersetzen. Es ist anerkannt, daß der alleinige Gesellschafter der Gesellschaft gegenüber keiner Treuepflicht unterliegt142 Die finanzgerichtliche Rechtsprechung übersieht die Strukturunterschiede der verglichenen Gesellschaften. Diese Unterschiede rechtfertigen die unterschiedliche Handhabung auch und gerade in der Zumessung der Gehälter, aber auch anderer Entgelte. Der Verweis auf den „ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter“, der nicht neu ist143, hat vornehmlich suggestive Kraft. Die Richter wollen ihre Praxis zur verdeckten Gewinnausschüttung rechtfertigen, obwohl diese keine Gründe für sich hat. Ihnen bleibt angesichts der Grundsätze der Marktwirtschaft nichts als Rhetorik.

4. Analogie zur außensteuerlichen Fremdvergleichsregelung? Das internationale Steuerrecht kennt eine Fremdvergleichsregelung, nämlich im Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen vom 8. September 1972 (Außensteuergesetz). § 1 Abs. 1 dieser Vorschrift lautet: „Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, daß er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, so sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.“

Absatz 2 dieser Vorschrift definiert den Begriff der „dem Steuerpflichtigen nahestehenden Person“. Absatz 3 der Vorschrift gibt eine nähere Regelung für den Fall der Schätzung nach § 162 AO, wonach „mangels anderer geeigneter Anhalts141 I.d.S. M. Lutter / P. Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Komm, Anhang, § 13, Rdn. 41; so BGHZ 122, 333 (336); auch BGHZ 31, 258 (278 f.); 93, 146 (148 f.); 95, 330 (340); vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1257, der aber eine Klage der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter für zulässig hält und damit das Trennungsprinzip übermäßig strapaziert. 142 BGHZ 119, 257 (259 f.); auch BGHZ 122, 333 (336); A. Pentz, in: H. Rohwedder / Ch. Schmidt-Leithoff, GmbHG, Komm., § 13, Rdn. 38; M. Lutter / P. Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Komm., Anhang § 13, Rdn. 41. 143 BFH, BStBl. III 1967, S. 626 (627); BFH, BStBl. II 1977, 477 (479); BGH, BStBl. II 1989, 854 (855); BFH, BStBl. II 1992, 605 (606); BFH, BStBl. II 1993, 311 (312); BFH, BStBl. II 1994, 479 (480); BFH, BStBl. II 1997, 577 (578); BFH, BStBl. II 2000, 504 (505); kritisch H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 41 f.; kritisch auch P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 29, 45 ff., 51 ff.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

punkte bei der Schätzung als Anhaltspunkt von einer Verzinsung für das im Unternehmen eingesetzte Kapital oder einer Umsatzrendite auszugehen ist, die nach Erfahrung und Üblichkeit unter normalen Umständen zu erwarten ist“. Absatz 4 definiert den Begriff der Geschäftsbeziehung. Der Gesetzgeber hat im Außensteuergesetz also für Einkünfte, die von Geschäftsbeziehungen zum Ausland beeinflußt sind, einen Fremdvergleich vorgeschrieben, um die Einkünfte zu ermitteln, die versteuert werden sollen und hilfsweise auf Umsatzrenditen abzustellen vorgeschrieben, „die nach Erfahrung und Üblichkeiten unter normalen Umständen zu erwarten“ sind. Der Vergleich mit Geschäften „von einander unabhängigen Dritten unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen“ und das Kriterium der „Erfahrung und Üblichkeit unter normalen Umständen“ sind Tatbestandsmerkmale, wie sie mehr oder weniger zur Ermittlung des körperschaftlich zu versteuernden Einkommens im Falle der verdeckten Gewinnausschüttung praktiziert werden144. Die außensteuerrechtlichen Fremdvergleichsmethoden nach § 1 AStG sind der Vergleich mit Standardpreisen, die Rückrechnung von Absatzpreisen oder Wiederverkaufspreisen, der Aufschlag auf Kosten und weitere Methoden145. Peter Bauschatz hat die analoge Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze des § 1 AStG auf § 8 Abs. 3 S. 2 KStG für die Ermittlung verdeckter Gewinnausschüttungen vorgeschlagen, unter anderem, weil der Fremdvergleichsgrundsatz nach Auffassung der OECD „der Funktionsweise des freien Marktes am nächsten“ komme146. Die OECD sieht die dem US-Steuerrecht, nämlich dem dealing-at-arm’s-length-Prinzip, entlehnte Fremdvergleichsregelung als vorbildlich an147. Außerdem erhofft sich Peter Bauschatz von der Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze des § 1 AStG für die Ermittlung verdeckter Gewinnausschüttungen „einen erheblichen Gewinn an Rechtssicherheit“148. Unabhängig von der besonderen Lage, die das Außensteuerrecht ordnet, nämlich grenzüberschreitende Nutzungsüberlassungen und Dienstleistungen, und unabhängig von der Frage nach der Spezialität des Körperschaftsteuerrechts gegenüber dem Außensteuerrecht149, die gegen eine analoge Anwendung der Fremdvergleichsregelung des § 1 AStG und vielmehr noch der zu dieser Regelung entwikkelten Praxisgrundsätze Bedenken auslösen, denen aber in diesem Gutachten nicht 144 F. Wassermeyer, DB 1994, 1107, 1108, spricht von zwei unterschiedlichen Fremdvergleichsmaßstäben. 145 P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 90 ff. 146 Ebd., S. 101 ff. (103), unter Hinweis auf die OECD-Verrechnungspreisgrundsätze, Anm. 1.14; vgl. Art. 7 Abs. 2 und Art. 9 Abs. 1 OECD-Muster-Abkommen 1963, dazu F. Wassermeyer, DB 1994, 1107, 1108. 147 P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 91. 148 Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 104; auch F. Wassermeyer, DB 1994, 1107, 1108, sieht Nähe beider Vorschriften. 149 Dazu P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 100.

3. Kap.: Gehälter von Gesellschafter-Geschäftsführern

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nachgegangen werden kann, überzeugt der Vorschlag von Peter Bauschatz vor allem aus rechtsstaatlichen Gründen nicht. Er mißachtet aber auch die Prinzipien einer Marktwirtschaft. Eine außensteuerrechtliche Regelung muß auf Verhältnisse im Ausland reagieren, die vom nationalen Gesetzgeber nicht beeinflußt werden können. Dieses Argument schwächt das rechtsstaatliche Postulat der Gesetzlichkeit der steuerrechtlichen Maßstäbe und stärkt die Rechtfertigung, die Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte nicht von den Verträgen der Geschäftspartner, sondern von allgemeinen Einschätzungen, die regelmäßig auf einen Fremdvergleich hinauslaufen, bestimmen zu lassen. Die Unbestimmtheit des körperschaftsteuerrechtlichen Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung als einer nationalen Regelung kann durch eine Vorschrift aus dem internationalen Steuerrecht nicht kompensiert werden. Der Gesetzgeber hätte die Fremdvergleichsgrundsätze, die das Außensteuerrecht seit 1972 kennt, in das Körperschaftsteuergesetz, das 1977 grundlegend geändert worden ist (Anrechnungsverfahren), schreiben müssen. Das hat er nicht getan, weil er es auch nicht hätte tun können, ohne die Prinzipien der Marktwirtschaft zu verletzen. Er wäre der rechtsgrundsätzlichen und verfassungsrechtlichen Kritik ausgesetzt gewesen, der die Vergleichsmethode ausgesetzt ist. Diese Kritik ist wegen des Freiheitsprinzips, das die Marktwirtschaft bestimmt, fundamental. Das Außensteuerrecht hat, wie das Außenwirtschaftsrecht, immer schon weitergehende Eingriffe in die Unternehmensfreiheit gerechtfertigt als die nationale Wirtschaftsordnung. Die Standardpreismethode etwa150 ist jedenfalls für die Feststellung der Angemessenheit von Geschäftsführergehältern gänzlich ungeeignet, weil sie die Standardgehälter als angemessene, rechtlich richtige Gehälter anerkennen müßte, vorausgesetzt, es ließe sich eine Standard von Gehältern für Geschäftsführer im allgemeinen und Gesellschafter-Geschäftsführer im besonderen ermitteln. Allein in der rechtlich relevanten Standardisierung von Gehältern durch Beamte und Richter läge ein schwerer Grundrechtsverstoß. Nicht einmal der Gesetzgeber hat das Recht, Entgelte für Dienstleistungen festzulegen. Das verwehrt ihm die Tarifautonomie der Koalitionsfreiheit, jedenfalls für die Löhne aus Arbeitsverhältnissen. Das gilt (erst recht) für nicht tarifliche Gehälter und folgt aus der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG151 für den Geschäftsführer und aus der Unternehmensfreiheit der Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 2 Abs. 1 GG für den Unternehmer oder das Unternehmen. Eine Ausnahme macht die Besoldung der Beamten. Die Besoldungsgesetze sind auf ein Verfassungsprinzip gestützt, nämlich das Recht und die Pflicht des Gesetzgeber, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bei den Regelungen des Rechts des öffentlichen Dienstes zu berücksichtigen (Art. 33 Abs. 5 GG)152. Daß Lizenzgebühren sich nicht nach anderen Gebührenvereinbarun150 P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 92 ff. 151 Hinweise in Fn. 44, 45, 161.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

gen zu richten haben, wird im 4. Kap. dargelegt. Die zu § 1 AStG praktizierten Vergleichsmethoden eignen sich auch für Lizenzgebühren nicht, weil diese im besonderen Maße von der besonderen Unternehmenslage abhängen. Daß die Rechtssicherheit durch die Anwendung der Fremdvergleichsgrundsätze des § 1 AStG gegenüber der Fremdvergleichspraxis der Finanzrechtsprechung bei der Ermittlung der verdeckten Gewinnausschüttungen gestärkt werde, hat Peter Bauschatz nicht näher dargelegt. Es ist ein leeres Argument. Die reiche Rechtsprechungspraxis zur verdeckten Gewinnausschüttung gibt durchaus ein hinreichendes Maß an Rechtssicherheit, soweit sich Richterrecht entwickelt hat. Die rechtsstaatliche Kritik an diesem Richterrecht (III., 4.) beruht auf anderen Grundsätzen des Rechtsstaates, insbesondere dem des Gesetzesvorbehalts und dem der Gewaltenteilung, und vor allem macht sie das fundamentale Prinzip der Freiheit und der Privatheit geltend, welche die Wirtschaftsordnung Deutschlands verfaßt. Die OECD verkennt die freie Marktwirtschaft grundsätzlich, wenn sie meint, der Fremdvergleich komme „der Funktionsweise des freien Marktes am nächsten“. Ein Gesetz, das Entgelte, Gehälter und auch Preise, regelt, ist allemal freiheitlicher als deren Bestimmung durch Vergleich mit der Geschäftspraxis anderer, weil Gesetze (dem Prinzip nach) auf der allgemeinen Freiheit, auf der Autonomie des Willens aller Bürger, beruhen. Gesetze finden dadurch, wenn das Freiheitsprinzip eine hinreichende institutionelle Chance hat, zur praktischen Vernunft153. Das gewährleisten Üblichkeiten am Markt in keiner Weise. Der verbindliche Fremdvergleich, der einem Unternehmen oder einem Erwerbstätigen die Geschäftsbedingungen oder Arbeitsbedingungen vorschreibt, ist das Gegenteil marktwirtschaftlicher Freiheit. Dieses von Peter Bauschatz aufgegriffenen OECD-Argument ist wiederum hohle Rhetorik. Die Prinzipien einer freien Marktwirtschaft hat Peter Bauschatz, wenn überhaupt bedacht, so doch nicht verstanden. Der Mensch ist ein vergleichendes Wesen, sagt man, vor allem aber ist er ein freies Wesen, d. h. er ist frei und mit Vernunft und Gewissen begabt, wie Art. 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrecht von 1948, das Weltrechtsprinzip, ausspricht. Als freier Mensch darf er sein Glück nach seinen eigenen Maximen suchen, wenn er nur dadurch anderen nicht schadet154. Die freiheitliche Ordnung zwingt den Menschen gerade nicht unter die allgemeinen Maximen, zwingt ihn nicht, so zu handeln, wie andere handeln, sondern zwingt ihn lediglich, die Gesetze einzuhalten. 152 J. Isensee, Öffentlicher Dienst, HVerfR, 2. Aufl. 1994, § 32, Rdn. 62 ff., S. 1556 ff., insb. Rdn. 67, S. 1559; H. Lecheler, Der öffentliche Dienst, HStR, Bd. III, 1988, § 72, Rdn. 54 ff.; vgl. K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 260 ff.; vgl. BVerfGE 8, 1 (15); 44, 249 (264). 153 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 279 ff., 303 ff., 340 ff., 617 ff., 718 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., IV, VII, 5. Kap., IV, 7. Kap., II; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 42 ff., 92 ff. 154 Dazu K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 54 ff., 297 ff., 318 ff., 617 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 5. Kap., III, 1; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 15 ff.

4. Kap.: Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen?

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Das Gesetz, Gesellschafter-Geschäftsführergehälter am Üblichen oder Vergleichbaren zu orientieren, gibt es nicht, genauso wenig, wie das Gesetz, Lizenzgebühren am Üblichen oder Vergleichbaren auszurichten, wenn das überhaupt möglich ist. Darum kann ein Vergleich oder kann das Übliche auch nicht Maßstab für rechtlich relevante Unterscheidungen sein und seien das auch material nur begrenzt bedeutsame Unterscheidungen der Ermittlung der Einkünfte nach dem Körperschaftsteuergesetz. Das Interesse, die Handlungen der Menschen unter die vergleichbaren Maximen anderer, zumal die eigenen Maximen, zu nötigen, ist unter Menschen allgemein. Es zeigt sich besonders bei der politischen Nötigung der political correctness. Dieses Interesse hat aber im freiheitlichen Gemeinwesen keine Legitimität. Es ist vielmehr freiheitswidrig. Die Freiheit verwirklicht sich durch Gesetze und Gesetzlichkeit, aber auch nur, wenn diese Gesetze hinreichend bestimmt sind. Der apologetische Vorschlag von Peter Bauschatz, die (durchaus fragwürdigen) Fremdvergleichsgrundsätze des § 1 AStG für die Praxis der verdeckten Gewinnausschüttung heranzuziehen, ist rechtsfern. Die Vergleichsmethode führt zu Eingriffen sowohl in die Gesellschaftsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG als auch in die Vertragsfreiheit, die auf die schon genannten Grundrechte gestützt werden kann155, entbehrt aber der gesetzlichen Grundlagen. Ohne rechtsstaatlich hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage ist die Vergleichsmethode grundrechts- und verfassungswidrig. Selbst wenn § 8 Abs. 3 S. 2 KStG als hinreichende Grundlage für die Praxis, in Gesellschafter-Geschäftsführergehältern, die über den durchschnittlichen oder üblichen Gehältern der gesellschaftsfremden Geschäftsführer liegen, zum Teil als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen, wäre diese Vorschrift wegen ihrer Sachwidrigkeit ein unbegründeter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Vertragsfreiheit, aber auch in die Gesellschaftsfreiheit, und damit ebenfalls grundrechts- und verfassungswidrig.

4. Kapitel

Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen? I. Preisvorschriften ohne Gesetz durch vergleichende Amtswalter Auch (vermeintlich) überhöhte Lizenzgebühren werden nach dem im 2. Kap. berichteten Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung, den die Rechtsprechung ihrer Judikatur zugrunde zu legen pflegt, als verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG behandelt. Weil es für die Höhe der Lizenzgebühren kein Gesetz gibt, wird die Unangemessenheit der Lizenzgebühren wiederum 155

Hinweise in Fn. 44, 45, 161.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

durch innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Vergleich ermittelt156. Der innerbetriebliche Vergleich besteht in einem Vergleich der Lizenzgebühren, die der Lizenzgeber von fremden Unternehmen erhält, mit den Lizenzgebühren, die er von dem eigenen Unternehmen bekommt, also von den Unternehmen, dessen Alleingesellschafter er ist oder das er (gegebenenfalls mit Familienangehörigen) beherrscht. Der außerbetriebliche Vergleich ist der Fremdvergleich mit der Lizenzgebührenpraxis vergleichbarer Unternehmen. Dieser Fremdvergleich stellt wiederum auf Üblichkeiten ab, die regelmäßig statistische Durchschnittswerte oder Erfahrungssätze von Branchenkennern wiedergeben157. Auf diese Kriterien hat auch das Finanzamt Sulzbach in der Einspruchsentscheidung vom 14. April 2004 in Sachen der Ha-Ra GmbH zurückgegriffen und außerordentlich drastische Kürzungen der von Hans Raab mit der Ha-Ra GmbH vereinbarten Lizenzgebühren für die Jahr 1992, 1993, 1994 und 1995 als angemessen erklärt, nämlich einen Mittelsatz von 10% des durch die Lizenzen begründeten Umsatzes (S. 12 ff.). Demgegenüber hat der Lizenzvertrag vom 6. Dezember 1990 zwischen Hans Raab und der HaRa GmbH für die Nutzung der Patente und Warenzeichen von Hans Raab in Europa, USA, Kanada und Japan die folgenden Lizenzgebühren eingeräumt: für Umsätze von 0 bis 10 Millionen DM 20%, für Umsätze von 10 Millionen bis 30 Millionen DM 18 %, für Umsätze von 30 Millionen bis 70 Millionen DM 15%, für Umsätze von 70 Millionen bis 120 Millionen DM 13%, für Umsätze von 120 Millionen bis 200 Millionen DM 12% und für Umsätze von mehr als 200 Millionen DM 10%. Außerdem wurde für die Nutzung des Know-how und der Waren- und Wortzeichen eine Lizenzgebühr von 3% des nichtlizenzierten Umsatzes vereinbart (vgl. S. 4 der Einspruchsentscheidung; FG des Saarlandes, Urteil vom 29. August 2001, S. 4 ff.). Die Angemessenheit von Lizenzgebühren ist noch weniger durch innerbetrieblichen und erst recht außerbetrieblichen Vergleich festzustellen als die Angemessenheit von Geschäftsführergehältern. Der Vorwurf der verdeckten Gewinnausschüttung durch überhöhte Lizenzgebühren setzt sich noch stärker dem Willkürvorwurf aus als der überhöhter Geschäftsführergehälter. Die Körperschaftsteuer, welche auf Einkommensermittlungen gestützt wird, welche auf derart vergleichenden Einschätzungen beruhen, beeinträchtigen die Eigentumsgewährleistung sowohl des körperschaftlichen Unternehmens, das zur Zahlung der Körperschaftsteuer verpflichtet ist, als auch des Lizenzgebers, dem steuerrechtlich, aber auch mit zivilrechtlichen Wirkungen158, die vertraglich ver156 BFH, BStBl. II 1978, 234 (235); BFH, BStBl. II 1989, 854 (855 f.); BFH vom 18. 12. 2002, zu II, a, in Sachen Ha-Ra GmbH / FA Sulzbach; Einspruchsentscheidung des Finanzamt Sulzbach vom 14. 4. 2004, S. 12 f. 157 I.d.S. die Einspruchsentscheidung des Finanzamts Sulzbach vom 14. 4. 2004, S. 13 f.; ebenso FG des Saarlandes, Urteil vom 29. 8. 2001, S. 22 ff. 158 Dazu H.-J. Pezzer, Die verdeckte Gewinnausschüttung im Körperschaftsteuerrecht, S. 188 ff. (gesellschaftsrechtliche Rückgewähransprüche); W. Reiß, StuW 1996, 347 ff., 354 f.

4. Kap.: Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen?

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einbarte Lizenzgebühr streitig gemacht wird. Patente sind Eigentum159, Warenzeichen auch. Folglich ist die Nutzungsüberlassung von Patenten und Warenzeichen Eigentumsgebrauch und damit das Entgelt für die Patent- und Warenzeichengebrauchsüberlassung, die Lizenzgebühr, durch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt160. Der Patentinhaber hat aber wegen seiner Patentnutzung, wenn er, wie Hans Raab, Erfinder ist, auch den Schutz der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG, nicht anders der Inhaber eines Warenzeichens. Darüber hinaus genießt er (jedenfalls subsidiär) für seine Verträge den Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Auf die durch dieses Grundrecht geschützte Vertragsfreiheit161, aber auch auf die Unternehmensfreiheit, die, wenn nicht durch die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG162, so doch durch die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG als eine Art Gewerbefreiheit auch juristische Personen (Art. 19 Abs. 3 GG) geschützt wird163, kann sich auch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung berufen, jedenfalls wenn die gesetzliche Regelung, aufgrund derer sie in ihrer unternehmerischen Entfaltung beeinträchtigt wird, berufsregelnde Tendenz hat164. Patente haben nach ihrer Eigenart als technische Erfindungen (§ 1 Abs. 1 PatG) immer besonderen Charakter. Das gilt auch für Warenzeichen. Sie ermöglichen in ganz unterschiedlicher Weise unternehmerische Tätigkeiten und unternehmerischen Erfolg. Die Patente von Hans Raab sind außergewöhnlich. Dem entspricht der außerordentliche wirtschaftliche Erfolg seiner auf seine Patente gegründeten Unternehmung. Er hat auf der Grundlage seiner patentierten Erfindungen seine Unternehmung in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nämlich der Ha-Ra GmbH, betrieben. Diese Unternehmung, die jetzt wegen der zu Unrecht geforderten Körperschaftsteuer insolvent ist, hatte ihre ausschließliche Existenzgrundlage in den Patenten von Hans Raab, die dieser seiner (mit seiner Familie betriebenen) Ha-Ra GmbH zur Nutzung überlassen hat (vgl. § 15 PatG). Es ist geradezu selbstverständlich, daß Hans Raab, der mit seinen Erfindungen seiner Unternehmung die Substanz gegeben hat, auch die Früchte seiner Erfindungen BVerfGE 36, 281 (290). Dazu allgemein K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 200 f., 346 ff.; i.d.S. BGHZ 3, 270 (279); 29, 65 (69); 78, 41 (42 ff.); 98, 341 (351 f.); F. Ossenbühl, Umweltpflege durch behördliche Warnungen und Empfehlungen, 1986, S. 45; P. Badura, Eigentum, HVerfR, 2. Aufl. 1994, § 10, Rdn. 95, S. 388. 161 BVerfGE 8, 274 (328); st. Rspr.; BVerfGE 89, 214 (232 ff.); 95, 267 (303); vgl. K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 353 f. 162 K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 187 ff. (200 ff.), 342 ff. (346 f.), 467 ff. (471 ff.). 163 BVerfGE 50, 290 (363); 97, 228 (253); 106, 275 (298); BVerwGE 71, 183 (189); 87, 37 (39); dazu K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 114 ff., 336 ff. 164 BVerfGE 13, 181 (186); 16, 147 (162); 22, 380 (384); 38, 61 (79); 52, 42 (54); 70,191 (214); 82, 209 (223 f.); 89, 48 (61); 95, 267 (302); 96, 375 (397); K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 117, 129, 159, 336 ff. 159 160

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

ziehen wollte, ziehen durfte und gezogen hat. Die sachgerechte Form waren die Lizenzgebühren für die Nutzungsüberlassung seiner Patente und Warenzeichen. Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die er dafür gewählt hat, war nicht nur sachgerecht, sondern vor allem eine Möglichkeit, die das Gesellschaftsrecht ihm zur Verfügung stellt. Sein Handeln war ohne jede Einschränkung legal und kann unter Rechtsgesichtspunkten nicht ganz oder auch nur teilweise im steuerrechtlichen Zusammenhang illegalisiert werden. Die Entscheidung, die Lizenzgebühren, die Hans Raab vertraglich vereinbart und vertragsgemäß vereinnahmt hat, seien verdeckte Gewinnausschüttungen, hat allein schon wegen des Tatbestandsmerkmals der Verdecktheit, also der mangelnden Offenheit, Vorwurfscharakter. Im übrigen hat diese Entscheidung weitere rechtliche, aber auch gesellschaftliche Konsequenzen, wie die öffentliche Erörterung des Falles Hans Raab in der saarländischen Presse erweist. Es ist im 3. Kap., I., II. schon ausgeführt, daß die steuerpolitischen Gründe, die den Gesetzgeber veranlaßt haben, das Konstrukt der verdeckten Gewinnermittlung gesetzlich zu verankern und weiter an diesem Konstrukt festzuhalten, vor allem die (durchaus diskriminierende) Behandlung ausländischer Anteilseigner, die Grundrechtsbeeinträchtigungen durch diese Regelungen in keiner Weise zu begründen vermögen. Die Preisfreiheit ist Kern der Marktwirtschaft und damit Kern unternehmerischer Freiheit165, welche richtigerweise durch die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG166, jedenfalls aber durch die allgemeine Handlungsfreiheit167, wenn nicht (in engeren Grenzen) durch die Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist168. Es bedarf angesichts des gemeinschaftsrechtlichen Markt- und Wettbewerbprinzips (Art. 4 Abs. 1, Art. 98 Abs. 1, Art. 105 EGV), das ausweislich der europarechtlichen Vertragstexte auch die Wirtschaftsverfassung in Deutschland bestimmt169, starker Gründe, um ausgerechnet die Preisfreiheit einzuschränken und ausgerechnet die Preise durch eine Angemessenheitspraxis zu reglementieren. Die staatlich bestimmte materielle Äquivalenz, welche mit dem Angemessenheitskriterium, gestützt auf (fragwürdige) Vergleiche, praktiziert wird, ist das genaue Gegenteil der die Marktwirtschaft charakterisierenden Preisfreiheit.

B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 21 ff., 28 ff., 78 ff., 133 ff. (142 ff.). Hinweise in Fn. 162. 167 Vgl. BVerfGE 8, 274 (328); B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 136 ff.; zum subsidiären Schutz der Unternehmensfreiheit durch Art. 2 Abs. 1 GG K. A. Schachtschneider, Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 201 ff., 353 ff., 382 ff., 477 ff. 168 B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 94 ff. (100 ff.); zum berufsfreiheitlichen Schutz des Gewerbes Hinweise in Fn. 163. 169 K. A. Schachtschneider, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, S. 289 ff.; ders., Wirtschaftliche Stabilität als Rechtsprinzip, in: W. Hankel / W. Nölling / K. A. Schachtschneider / J. Starbatty, Die Euro-Illusion. Ist Europa noch zu retten?, 2001, S. 314 ff.; H.-M. Hänsch, Gesamtwirtschaftliche Stabilität als Verfassungsprinzip, S. 38 ff., 61 ff. (96 ff.); vgl. auch B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 83 ff. 165 166

4. Kap.: Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen?

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Im besonderen Maße gebietet die Natur der Sache Preisfreiheit, wenn es um die Nutzungsüberlassung von Patenten und Warenzeichen geht, weil die Patente und Warenzeichen sich für Vergleiche überhaupt nicht eignen. Der jeweilige Vertrag bestimmt den Wert des Patents oder Warenzeichens in der jeweiligen marktlichen Situation. Wenn die Marktlage gut ist, können auch die Lizenzgebühren hoch sein. Nur die Marktpartner können die Richtigkeit der Lizenzgebühren für den unternehmerischen Erfolg bestimmen. Die Höhe der Lizenzgebühren ist in keiner Weise anstößig, wenn das Unternehmen diese tragen kann und durch die Lizenzgebühren nicht in ihrem Bestand gefährdet wird. Daran hat aber auch der Patent- oder Warenzeicheninhaber und Lizenzgeber kein Interesse, weil er als Alleingesellschafter oder als beherrschender Gesellschafter das Unternehmen in seinem unternehmerischen Interesse eingerichtet hat. Den zwischen Hans Raab und der Ha-Ra GmbH vereinbarten Lizenzgebühren haftet nichts Unrechtes an. Sie reagieren auf die (außerordentlichen) Umsätze der Ha-Ra GmbH. Sie reagieren sachgerecht, weil diese Umsätze ganz wesentlich der Erfolg der Patente und Warenzeichen war. Rechtlich kommt es ausschließlich auf den Vertrag an, zumal diesem Vertrag die Ernstlichkeit170 nicht abgesprochen werden kann. Die Lizenzvergabe auch zu diesen Lizenzgebühren war eine betriebliche Notwendigkeit des Unternehmens, der Körperschaft. Demgemäß sind die Lizenzgebührenzahlungen Betriebsausgaben in Sinne des § 4 Abs. 4 EStG. Sie sind schon deswegen betrieblich veranlaßt, weil Hans Raab sich in den Verträgen vom 6. Dezember 1989 und vom 6. Dezember 1990 das Recht vorbehalten hat, die Patente und Warenzeichen nach Kündigung mit einer Frist von sechs Monaten oder auch aus wichtigem Grund anderweitig zu nutzen. Die Höhe der Lizenzgebühren bedarf aber keiner materialen Rechtfertigung, weil es ein Rechtsprinzip der Angemessenheit von Lizenzgebühren, also Preisen für die Patent- oder Warenzeichenüberlassung, nicht gibt. Insbesondere gibt es, wie gesagt, dafür kein Gesetz. Es ist der Rechtsprechung verwehrt, durch ihre Erkenntnisse das Gesetz, das es nicht gibt und das niemand einzuführen auch nur wagen würde, unter dem überaus weiten und offenen, geradezu unbestimmten, Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung zu ersetzen. Es ist schon darauf hingewiesen, daß die Praxis mit ihrem nichtssagenden Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung171, der lediglich betriebsveranlaßte Ausgaben, also Betriebsausgaben, verneint, die rechtsstaatliche Gewaltenteilung mißachtet. Allein eine restriktive Handhabung des Begriffs der verdreckten Gewinnausschüttung kann dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsprinzip und dem Prinzip der Gewal170 Zum Kriterium der Ernstlichkeit für Betriebsausgaben P. Bauschatz, Verdeckte Gewinnausschüttung und Fremdvergleich im Steuerrecht der GmbH, S. 29 f., 58, 61 ff., 73 f., 79; BFH, BStBl. II 1998, 402 (404); schon BFH, BStBl. III 1959, 374 (374 f.); vgl. auch BVerfGE 13, 318 (326 ff.), für die Ehegatten-Arbeitsverträge; BVerfGE 13, 331 (345). 171 Vgl. BVerfG vom 18. 12. 1992, HFR 1993, 2001, das wegen der Unbestimmtheit des Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung dessen Materialisierung der Rechtsprechung überantwortet sieht; dazu W. Reiß, StuW 1996, 339 l, kritisch; vgl. dazu 3. Kap., II., III., IV.

9 Schachtschneider

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

tenteilung genügen. Das gilt in besonderem Maße für die ihrem Wesen nach nicht vergleichbaren Lizenzgebühren. Mit dieser Kritik ist auch schon gesagt, daß die Vergleichsmethode (dazu 3. Kap., IV.) bei der Bestimmung angemessener Lizenzgebühren völlig versagen muß und versagt. Sie ist in besonderem Maße unsachlich, grobes Unrecht, Willkür. Es ist geradezu Mißbrauch der Rechtsprechung durch den Gesetzgeber, wenn die Rechtsprechung einen derart offenen, wenn nicht unbestimmten Rechtsbegriff in das Gesetz schreibt, um die Rechtsprechung zu irgendeiner Handhabung dieses Begriffs zu nötigen. Der Gesetzgeber erwartet, daß die Richtersprüche wegen ihrer Verbindlichkeit (Rechtskraft) auch als richtig akzeptiert werden. Es ist bemerkenswert, daß die breite und reiche Steuerrechtslehre die verfassungsrechtlichen Bedenken auch gegen diesen steuerrechtlichen Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung, die eigentlich ins Auge fallen, so gut wie nicht erörtert. Die Praxis versucht mit Leerformeln, wie der Definition des Bundesfinanzhofs für den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung172, eine Praxis zu begründen, die keine Bindung an das Gesetz hat und haben kann, weil der Gesetzgeber der Rechtsprechung keine Begriffe gegeben hat, die zu binden vermögen173. Es läßt sich nicht bestreiten, daß die Praxis die Fälle dem Gleichheitsprinzip gemäß handhabt, jedenfalls zu handhaben versucht, aber die Praxis ist nicht gesetzesabhängig. Vielmehr gibt sich die Rechtsprechung selbst das Gesetz. Das wäre hinzunehmen, wenn der Gesetzgeber wegen der Vielfalt der Fälle eine nähere Materialisierung der verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu leisten vermöchte. Davon kann keine Rede sein. Vielmehr ist zu kritisieren, daß die Praxis Kriterien anwendet, welche der Gesetzgeber nicht geben würde und in einer Marktwirtschaft nicht zu geben berechtigt wäre, nämlich Kriterien des richtigen Preises. Derartige Regelungen treffen eine Marktwirtschaft ins Mark. Sie können darum auch nicht Grundlage steuerrechtlicher Praxis sein, ganz unabhängig von den gegebenenfalls nur begrenzten Auswirkungen der Steuerpraxis. Auch das Steuerrecht muß sich den verfassungsrechtlichen Prinzipien unterwerfen und vermag sich nicht mit dem Argument zu rechtfertigen, daß bestimmte Begriffe ausschließlich steuertechnische Bedeutung haben, aber die Steuerergebnisse nur in besonderen Fällen beeinflussen. Die steuerpraktische Relevanz zeigt sich in der körperschaftsteuerbedingten Insolvenz der Ha-Ra GmbH. Für Lizenzgebühren ist, jedenfalls wenn diese vertraglich vereinbart waren, die Anwendung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, also deren Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung, verfassungswidrig.

Dazu 2. Kap., auch 3. Kap., II., III., IV. Zur materialen Bindungskraft der Gesetzesbegriffe K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 882 ff., 886 ff., 894 ff.; vgl. auch ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 303 ff., 316 ff., 324. 172 173

4. Kap.: Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen?

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II. Nachzahlungsverbot – Argument ohne Kraft Die Änderung des laufenden Vertrages vom 6. Dezember 1989 zwischen der Ha-Ra GmbH einerseits und Hans und Elvira Raab andererseits durch den Vertrag vom 6. Dezember 1990 im Lauf der ursprünglichen Vertragszeit des Lizenzvertrages, vermeintlich zu Lasten der Körperschaft, ergibt nichts anderes. Die Vertragsänderung reagiert auf den unternehmerischen Erfolg, auf die (drastisch) gestiegenen Umsätze. Diese Vertragsänderung hat nichts Verwerfliches. Der Fremdvergleich, den auch der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2002 in Sachen Ha-Ra GmbH / Finanzamt Sulzbach für das Streitjahr 1991 mit dem kläglichen Argument, einem fremden Lizenzgeber wären derartige Vertragsänderungen nicht zugestanden worden (eine glatte Unterstellung), angestellt hat, ist rechtlos. Diese Vergleichsmethode übersieht wiederum die besondere Struktur des Eigentümerunternehmens, des Unternehmens, dessen alleiniger Gesellschafter der Lizenzgeber ist oder das von dem Lizenzgeber beherrscht wird. Ein solches Unternehmen läßt sich schlechterdings nicht mit anderen Gesellschaften mit beschränkter Haftung vergleichen. Ein solcher Fremdvergleich ist ein rechtloser Mißgriff, der der jeweiligen Besonderheit der gesellschaftsrechtlichen Strukturen nicht gerecht wird, sondern den Akteuren Vorschriften macht, die mit einem Unternehmertum in der Marktwirtschaft unvereinbar sind. Vertragsänderungen oder nicht vertraglich von vornherein (im Voraus) klar und eindeutig vereinbarte Gewinnausschüttungen oder eben Entnahmen (ungünstige Vertragsänderungen) hat der Bundesfinanzhof in langer Rechtsprechung als Betriebsausgaben anzuerkennen abgelehnt, um, wie er argumentiert, Manipulationen vorzubeugen (Nachzahlungsverbot)174. Er ist darin vom Bundesverfassungsgericht bestätigt worden, das in einer solchen Praxis jedenfalls keine richterliche Willkür zu erkennen vermochte175. Selbst die Rechtsprechung der Finanzgerichte übt gegenüber dieser Argumentation zunehmend Zurückhaltung und nutzt vornehmlich die allgemeine (freilich nichtssagende) Formel176. Wenn die Vereinbarung über das Gehalt oder die Lizenzgebühren ernstlich ist oder wenn die Leistungen an den Gesellschafter auch nur mit Willen der Gesellschaft erfolgen, ist gegen die Erhöhung der Zahlung nichts einzuwenden. Sie entsprechen der unternehmerischen 174 So auch BFH, Urteil vom 18. 12. 2002, zu II, 3; vgl. für rückwirkende Gehaltserhöhungen st. Rspr. BFH, BStBl. III 1955, 397 (397 f.); BFH, BStBl. III 1959, 374 (374 f.); BFH, BStBl. III 1966, 73 (74); BFH, BStBl. II 1980, 723 (725 f.); BFH, BStBl. II 1989, 631 (632 f.); BFH, BStBl. II 1993, 311 (312); BFH, BStBl. II 1998, 402 (404 f.); BFH, BStBl. II 2000, 545 (546); BFH, BStBl. II 2001, 140 (140 f.); vgl. auch (allgemeiner begründet) BFH, BStBl. II 1990, 795 (796 ff.); BFH, BStBl. II 1993, 311 (312); BFH, BStBl. II 1997, 577 (578); dazu H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 16. Aufl. 1998, § 11, Rdn. 52, 54 f.; so auch die Einspruchsentscheidung vom 14. 4. 2004, S. 13. 175 BVerfGE 22, 156 (159, 161 f.). 176 Vgl. die Hinweise in Fn. 8; H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 54 ff.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

Freiheit. Ihrer Diskriminierung als verdeckte Gewinnausschüttung stehen die im 3. Kap. und 4. Kap., I. dargelegten Argumente entgegen. Es ist Sache der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter, die Unternehmensverhältnisse, die immer zugleich Gesellschaftsverhältnisse sind, zu gestalten. Allein schon die Trennung von betrieblich und gesellschaftlich veranlaßten Ausgaben als steuerrechtliche Folge der zivilrechtlichen Trennung der körperschaftlichen Gesellschaft als juristischer Person und deren Gesellschafter als natürliche oder auch juristische Personen (Trennungsprinzip)177 versucht eine Unterscheidung von Handlungen, die jeweils beide Aspekte des Unternehmens betreffen. Der Unterscheidungsversuch selbst ist zwar alt, aber nur für spezifische Rechtsfolgen, etwa die Haftungsbeschränkung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, sachgerecht. Als allgemeines Argument, dessen spezifische Richtigkeit für eine Rechtsfrage nicht dargelegt wird und werden kann, hat es lediglich rhetorische Relevanz und ist darum willkürlich. Die Körperschaft und die Anteilseigner (Gesellschafter) stehen sich nicht „wie einander Fremde“ (Heinz-Jürgen Pezzer)178 gegenüber, schon gar nicht in der personenbezogenen Gesellschaft, auch nicht bei verschachtelten juristischen Personen, allenfalls in Publikumsgesellschaften. Der Unterscheidungsversuch ist stets gescheitert, wenn er die bloße Technizität der juristischen Person verkennt, die kein eíWñùðïò ist.

5. Kapitel

Diskriminierung ausländischer Anteilseigner? Beschränkt steuerpflichtige ausländische Anteilseigner waren grundsätzlich vom Anrechnungsverfahren der §§ 27 ff. KStG, §§ 36 ff. EStG ausgeschlossen179. Von besonderen Fällen abgesehen blieb es und bleibt es (für die alte Rechtslage) bei der von der ausschüttenden Körperschaft bezahlten Körperschaftsteuer von 30 v.H. Die ausländischen Anteilseigner waren weiterhin mit der Kapitalertragsteuer, bei ausländischem Streubesitz aufgrund der Doppelbesteuerungsabkommen in der Regel auf 15% ermäßigt180, und gegebenenfalls mit der Einkommensteuer ihres Heimatstaates belastet. Das hat zu insgesamt unterschiedlichen, von den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen abhängigen, Steuerbelastungen der aus177 H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 5; prononciert W. Reiß, StuW 1996, 342 f. 178 Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 5. 179 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 610; H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 4; J. Mössner / D. Kellersmann, Freiheit des Kapitalverkehrs in der EU und das deutsche Körperschaftsteueranrechungsverfahren, DStZ 1999, 504 ff. (511 ff.); W. Heinicke, in: L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, § 36, Rdn 21. 180 B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 610.

5. Kap.: Diskriminierung ausländischer Anteilseigner?

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ländischen Anteilseigner geführt. In den meisten Fällen verblieb es bei der Körperschaftsteuer von 30 v.H. und der unterschiedlichen Kapitalertragsteuer. Letztere Steuer wurde ab 1990 weitgehend gesenkt181. Für Muttergesellschaften aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gab es die Mutter-Tochter-Richtlinie vom 23. Juli 1990 (Nr. 90 / 435 / EWG des Rates), welche den Steuerabzug von ausgeschütteten Gewinnen der Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft an der Quelle regelte. Diese Richtlinie war durch das Steueränderungsgesetz 1992 (§ 44 d EStG, jetzt § 43 b EStG)) in das deutsche Recht umgesetzt worden182. Sie ist inzwischen wegen des Halbeinkünfteverfahrens, welches erklärtermaßen die gemeinschaftsrechtlichen Probleme lösen wollte, entfallen. Die Einzelheiten der körperschaft- und kapitalertragsteuerrechtlichen Regelungen können und müssen hier nicht dargelegt werden. Das Anrechnungsverfahren war zu Recht auf gemeinschaftsrechtliche Kritik gestoßen. Die Doppelbelastung der Gewinnausschüttungen, seien sie offen oder seien sie verdeckt, mit der Körperschaftsteuer im Inland und der Kapitalertragsteuer, welche ausländische Anteilseigner inländischer Gesellschaften nicht auf die Einkommensteuer anrechnen konnten, verstieß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 Abs. 1 EGV und die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 Abs. 1 S. 1 EGV, wenn auch die steuerliche Belastung der ausländischen Anteilseigner unterschiedlich war183. Zwar nimmt Art. 56 Abs. 1 lit. a EGV das Steuerrecht grundsätzlich vom Verbot der Beschränkung des Kapitalverkehrs des Art. 56 Abs. 1 EGV aus, das berechtigt aber die Mitgliedstaaten nach Art. 56 Abs. 3 EGV nicht zur „willkürlichen Diskriminierung“ und auch nicht „zur verschleierten Beschränkung des freien Kapitalverkehrs184. Zumindest die willkürliche Diskriminierung ist der Politik des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG in Verbindung mit den Anrechnungsregelungen der §§ 36 ff. EStG und §§ 27 ff. KStG anzulasten185. Die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 Abs. 1 EGV schützt vor allem vor unmittelbaren oder mittelbaren, tatsächlichen oder potentiellen Behinderungen (Dassonville-Formel)186. Der Europäische Gerichtshof hat die Niederlassungsfreiheit zu einem allgemeinen Beschränkungsverbot entwickelt187. Diese Beschränkungen B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 611. B. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 611 f. 183 J. Mössner / D. Kellersmann, DStZ 1999, 512 ff.; vgl. auch H. Kußmaul / St. Beckmann, Die Dividendenbesteuerung im nationalen und internationalen Kontext – Ist der Grundsatz der Freiheit des Kapitalverkehrs gewahrt? –, DB 2001, 608 ff. 184 Dazu genau J. Mössner / D. Kellersmann, DStZ 1999, 505 ff. 185 Dazu vorsichtig J. Mössner / D. Kellersmann, DStZ 1999, 511 ff. 186 Die Dassonville-Formel (EuGH vom 10. 7. 1974, Rs. 8 / 74 (Staatsanwaltschaft / Dassonville), Slg. 1974, 837 (852)), die der Europäische Gerichtshof für den Warenverkehr entwickelt hat, praktiziert dieser in ähnlicher Weise für alle Grundfreiheiten. 187 EuGH vom 30. 11. 1995, Rs. C-55 / 94 (Gebhard), Slg. 1995, I-4165, Rdn. 37; dazu A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, Lehrstuhl für Öffentliches Recht, K. A. Schachtschneider, 2004, S. 87 ff., 93 ff. 181 182

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

können nur gerechtfertigt werden, wenn sie zur Abwehr einer „ernstzunehmenden Gefahr“ für die schützenswerten Güter, die vor allem in Art. 30 EGV genannt sind, erforderlich sind188. Willkürliche Unterscheidungen, also Diskriminierungen, können keinesfalls gerechtfertigt werden (Art. 30 S. 2 EGV analog)189. Aus diesem Grunde hatte die Kommission der Europäischen Union das Anrechnungsverfahren beanstandet und den deutschen Gesetzgeber zu einer Änderung des Anrechnungsverfahrens veranlaßt. Die gemeinschaftsrechtlichen Bedenken sind der wesentliche Grund für die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens 2001190. Die Verletzung der Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts ist für die früheren Regelungen des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens nicht behoben. In Sachen Ha-Ra GmbH / Finanzamt Sulzbach werden nach wie vor die gemeinschaftsrechtswidrigen Vorschriften angewandt. Dem steht der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, zumal der Grundfreiheiten191, entgegen. Die Rechtsfrage ist noch nicht durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs geklärt. Demgemäß ist jedes Gericht berechtigt und die letzte Instanz in einem Gerichtsverfahren verpflichtet, die Klärung der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des körperschaftlichen Anrechnungsverfahrens durch den Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren des Art. 234 EGV herbeizuführen. Wenn das System der Körperschaftsteuer auf verdeckte Gewinnausschüttungen für die Anteilseigner aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinschaftsrechtswidrig ist, ist das ganze System hinfällig, dessen Zweck wesentlich die Sicherstellung der Körperschaftsteuer der ausländischen Anteilseigner (jedenfalls im Umfang von 30 v.H. des zu versteuernden Einkommens) war. Dieser europarechtliche Aspekt ist nur skizziert.

188 Vgl. EuGH vom 10. 12. 1985 – Rs. 247 / 84 (Motte), Slg. 1985, 3887 (3905); vgl. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 31 ff., 99. 189 A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 99. 190 H.-J. Pezzer, Körperschaftsteuer, in: K. Tipke / J. Lang, Steuerrecht, 17. Aufl. 2002, § 11, Rdn. 4; vgl. auch R. Seer, Unternehmenssteuerreform – Verfassungsrechtliche Aspekte, StbJb 2000 / 2001, 15 ff. (24 ff.). 191 Grundlegend EuGH vom 15. 7. 1964 – Rs. 6 / 64 (Costa(E.N.E.L), Slg. 1964, 1251 (1269 ff.); EuGH vom 17. 12. 1979 – Rs. 11 / 70 (Internationale Handelsgesellschaft), Slg. 1970, 1125 (1135 ff.); st. Rspr.; dazu K. A. Schachtschneider / A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, Lehrstuhl 2004, § 5 II, III.

6. Kap.: Zusammenfassung

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6. Kapitel

Zusammenfassung I. 1. Die Praxis der Finanzämter und Finanzgerichte, welche, gestützt auf § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, von Gesellschaften mit beschränkter Haftung für Gehälter und Lizenzgebühren, die sie an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer zahlen, wegen verdeckter Gewinnausschüttung Körperschaftsteuer einfordert, ist verfassungswidrig. 2. Sie verstößt gegen die Unternehmensfreiheit aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG, der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG sowohl der Gesellschafter als auch der Gesellschaft. Sie verstößt aber auch als Steuererhebung gegen die Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 GG sowohl der Gesellschaft als auch der Gesellschafter. Sie ist zudem mit der Vereinigungsfreiheit als Gesellschaftsfreiheit der Gesellschaft und der Gesellschafter aus Art. 9 Abs. 1 GG unvereinbar. 3. Der körperschaftsteuerrechtliche Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist (zumindest) um die Fälle der Gehaltszahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer und der Lizenzgebührenzahlungen an Gesellschafter-Geschäftsführer verfassungskonform zu restringieren. II. 1. Die körperschaftsteuerrechtliche Besteuerung der Gehälter und Lizenzgebühren der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen setzt diese Gehälter und Lizenzgebühren, wenn auch vornehmlich aus Gründen der Besteuerungstechnik, ins Unrecht. Sie spricht diesen Gehältern und Lizenzgebühren aufgrund von Vergleichen mit der (vermeintlichen) Praxis von Gehalts- und Lizenzgebührenzahlungen an gesellschaftsfremder Geschäftsführer, also aufgrund eines Fremdvergleichs, die Angemessenheit ab, ohne daß es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt. 2. Diese Praxis ist mit den fundamentalen Prinzipien der Wirtschaftsverfassung des europäisierten Deutschlands unvereinbar, nämlich mit den Prinzipien Freiheit und Markt. Die Freiheit und das Eigentum sind das Lebensprinzip der Republik. Sie führen wesentlich zur Privatheit der Lebensbewältigung (Privatheitsprinzip), und diese verwirklicht sich in Verträgen. Die Vertragsfreiheit wiederum ist das Lebensprinzip des Marktes. 3. Die Sozialpflichtigkeit der Freiheit und des Eigentums, die die Wirtschaftsordnung in Deutschland und Europa als soziale Marktwirtschaft (oder besser als marktliche Sozialwirtschaft) zu erfassen erlaubt, gebietet dem Gesetzgeber eine Politik des Interessenausgleichs. Wenn aber der Gesetzgeber keine Gesetze gegeben hat, ist es der Rechtsprechung verwehrt, an dessen Stelle zu treten, insbesondere wenn die Legislative die Rechtssätze, welche die Judikative praktiziert, nicht gegeben hätte und nicht hätte gegeben dürfen.

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

4. Eine das Gesetzlichkeitsprinzip mißachtende Rechtsprechung verletzt die Prinzipien des Gesetzesvorbehalts und das im Rechtsstaat grundlegende Prinzip der gewaltenteiligen Funktionenordnung (Gewaltenteilung). Auch die jahrzehntelange Praxis der Verwaltung und Rechtsprechung vermag das Unrecht der vergleichenden Angemessenheitsjudikatur zur verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu beheben, zumal es fundamentale Prinzipien eines freiheitlichen Gemeinwesens mißachtet. Eine ständig schwankende Rechtsprechung, die keine festen Regeln kennt, die stetig kritisiert wurde und letztlich wegen ihrer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit wesentlich modifiziert wurde (Halbeinkünfte- anstelle des Anrechnungsverfahrens) kann nicht zu Gewohnheitsrecht erstarkt sein. III. 1. Die Begriffe, mit denen die Praxis die durch den Betrieb des Unternehmens und die durch die Unternehmensgesellschaft(er) veranlaßten Vermögensminderungen der Körperschaft unterscheiden will, sind ohne Materialität. Jedenfalls für eine Gehalts- und Preispolitik fehlt dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung jeder Ansatz an Bestimmtheit. Der Begriff ist derart unbestimmt, daß er für diese Steuerpolitik dem Bestimmtheitsprinzip des Rechtsstaates nicht genügt. Der Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung als Gegenbegriff zu den Betriebsausgaben ist nicht interpretationsfähig, sondern wird von der Finanzrechtsprechung als Ermächtigung zu einer eigenständigen Angemessenheitsjudikatur, als Ermächtigung für eigene Rechtsetzung also, benutzt (Delegation von Rechtsetzungsbefugnis). Das verletzt das Gesetzlichkeitsprinzip einer freiheitlichen Verfassung ebenso wie deren Gewaltenteilungsprinzip, weil die praktizierte Politik der Richter nicht nur eine wesentliche Einschränkung der Wirtschaftsgrundrechte ist, sondern auch dem verfassungsrangigen Marktprinzip, das zudem gemeinschaftsrechtlich gestärkt ist (Art. 4 Abs. 1, Art. 98, Art. 105 Abs. 1 EGV), widerspricht. 2. Hinzu kommt, daß die Rechtsprechung selbst keine tragfähigen Rechtssätze entwickelt hat, nämlich keine festen Regeln. Sie sucht in den jeweiligen Fällen die angemessene Teilung zwischen betrieblich und gesellschaftlich veranlaßten Ausgaben. Damit verfehlt sie nicht nur das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit, sondern betreibt eine Einzelfalljudikatur, die dem freiheitlichen und demokratischen Prinzip der Gesetzlichkeit zuwiderläuft. Nicht einmal der eigene Begriff der Rechtsprechung, den diese stetig wiederholt, leitet die Praxis. Es sind vielmehr Plausibilitätserwägungen, welche die Entscheidungen der Einzelfälle bestimmen. Oft sind die Argumente nichts als Rhetorik. Die Rechtsprechung hat also nicht einmal ein Richterrecht hervorgebracht, das Grundlage der rechtstaatlich gebotenen Subsumtionsmethode gesetzesgebundener Rechtserkenntnis sein könnte. Die Maßstablosigkeit der Rechtsprechung zur Angemessenheit der Gehälter und Lizenzgebühren führt zu Willkürakten. IV. 1. Die Angemessenheitsjudikatur der Finanzrechtsprechung mißachtet das für die freiheitliche Privatheit und damit das für das Marktprinzip essentielle Prinzip der formellen Äquivalenz der Verträge. Sie ersetzt dieses durch ein materielles Äquivalenzprinzip, welches ohne gesetzliche Grundlage die Fundamente nicht nur der Marktwirtschaft, sondern eben der Freiheit und des Eigentums aufhebt. Ent-

6. Kap.: Zusammenfassung

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gelte regelt der Gesetzgeber für den öffentlichen Dienst und für diesen auch nur für die Beamten. Sonst werden Entgelte grundsätzlich und regelmäßig durch Verträge und Tarifverträge geregelt. Die Vertraglichkeit sogar der Masseneinkommen ist durch die Tarifautonomie der Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG geschützt, im Kern uneinschränkbar. Die Judikatur praktiziert, was die Legislative nicht vorschreiben dürfte und nicht vorzuschreiben gewagt hat. 2. Der Gesetzgeber hat lediglich um der Steuergerechtigkeit in grenzüberschreitenden Fallgestaltungen willen im Außensteuerrecht eine Fremdvergleichsregelung getroffen (§ 1 AStG), die aber innerstaatlich untragbar wäre, vor allem, weil sie gegen die genannten Fundamentalprinzipien verstieße. 3. Äußerste Grenzen der Vertragsfreiheit zieht § 138 BGB, der nicht nur ein grobes Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraussetzt, sondern auch weitere Umstände, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit rechtfertigen. Die Angemessenheitsjudikatur zur verdeckten Gewinnausschüttung korrigiert aber nicht lediglich unerträgliche Geschäfte, sondern will betrieblich und gesellschaftlich veranlaßte Ausgaben anders definieren als die Gesellschaften und deren Gesellschafter. Die finanzgerichtliche Rechtsprechung verfolgt das Interesse an der Steuererhebung, darf aber die Rechtsprinzipien, welche die unternehmerischen Entscheidungen leiten und ins Recht setzen, nicht ignorieren. Das steuerrechtliche Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann nicht heißen, daß die Steuererhebungseffizienz zum maßgeblichen Rechtsprinzip wird. V. 1. Die vergleichende Angemessenheitsjudikatur der Finanzgerichtsbarkeit, welche Gesellschafter-Geschäftsführergehälter in verdeckte Gewinnausschüttung und Betriebsausgaben teilt, verkennt die Struktur der Ein-Personen-Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Grundsatz. Dieser Unternehmensform, die der Gesetzgeber ermöglicht hat, wird es nicht gerecht, wenn ihr Recht größtmöglich dem von Gesellschaften mit beschränkter Haftung angepaßt wird, in denen die Gesellschaft durch fremde Geschäftsführer geleitet wird, die jedenfalls nicht von einem Gesellschafter oder von einer Gesellschafterfamilie beherrscht werden. Deren Interessenlage ist eine gänzlich andere als die einer Ein-Personen-Gesellschaft. Die beschränkt haftende Gesellschaft des Ein-Personen-Gesellschafters wird von dem Unternehmer für unterschiedliche Zwecke, insbesondere für die Haftungsbeschränkung, genutzt. Das gesteht der Gesetzgeber den Unternehmen, meist mittelständische Unternehmen, zu. Der Unternehmer darf die unternehmerischen Erfolge, die er mit seiner Gesellschaft erzielt, für sich (und seine Familie) in Anspruch nehmen. Er hat allenfalls den Bestand des Unternehmens zu wahren. Das Verbot des Selbstkontrahierens des § 181 BGB paßt nicht und ist regelmäßig durch die Satzung ausgeschlossen. 2. Allein schon die Unterscheidung zwischen Gehalt und Gewinn des Unternehmers und damit die Unterscheidung einer Geschäftsführer- und Gesellschafterfunktion des Unternehmers, die dem gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzip folgt, ist abzulehnen. Der Unternehmer ist eine Persönlichkeit, welche das Recht hat, sich im Rahmen der Rechte anderer, der verfassungsmäßigen Ordnung und des Sit-

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

tengesetzes frei zu entfalten (Art. 2 Abs. 1 GG). Die Gesellschaft und ihr Gesellschafter sind einander nicht fremd und müssen das nicht sein. Sie können und dürfen (mittels Fremdvergleich) nicht so gestellt werden, als wären sie einander fremd. Diese besonderen Strukturen muß auch das Steuerrecht akzeptieren. Der Vergleich mit den Gesellschaften in anderer Interessenlage, zumal mit den Publikumsgesellschaften, ist struktur- und darum rechtswidrig. VI. 1. Die Vertragsrichtigkeit als die materielle Äquivalenz ist in einem freiheitlichen Gemeinwesen Sache des Gesetzgebers und der Vertragspartner. Dadurch verwirklicht sich die äußere Freiheit; denn sowohl die Gesetze als auch die Verträge beruhen auf der Willensautonomie der Bürger, entweder der Bürgerschaften in ihrer Allgemeinheit oder eben der einzelnen Bürger in ihrer Besonderheit (Privatheit) als Vertragspartner. Die Bürger sind sowohl als Gesetzgeber als auch als Vertragspartner, etwa als Unternehmer, dem Sittengesetz, dem kategorischen Imperativ, verpflichtet, wie das Art. 2 Abs. 1 GG ausdrücklich regelt. Die Sittlichkeit unterliegt aber, das ist ihr freiheitliches und rechtsstaatliches Wesen, nicht dem äußeren Zwang, sondern der Moral, dem Selbstzwang. Der Gerichtshof über die Sittlichkeit ist das Gewissen und nur das Gewissen. Deswegen ist die Privatheit das Recht zur freien Willkür. Niemand darf anderen durch sein Handeln schaden. Dieses ethische Prinzip der Nächstenliebe aber verwirklicht sich in dem freiheitlichen Gemeinwesen, in der Republik, wenn nicht durch allgemeine Gesetze, alleinbestimmt, also vornehmlich durch Verträge in eigener Verantwortung, nicht bevormundet durch Beamte und Richter. 2. Diese formale Ethik gebietet, die Richter größtmöglich an die Gesetze zu binden. Das macht den republikanischen Rechtsstaat aus. Die Angemessenheitsjudikatur zwingt den Unternehmern eine von den Richtern definierte Sittlichkeit auf und mißachtet damit das Grundprinzip freiheitlicher Ethik, die Alleinbestimmtheit der Sittlichkeit oder eben der Bürgerlichkeit des Bürgers. Die republikanische Ethik hebt nicht etwa das Prinzip des rechten Maß als Prinzip der Angemessenheit und Richtigkeit der Verträge auf, sondern überantwortet diese den Vertragspartnern, den Unternehmern, die dadurch frei sind und die dadurch ihr Eigentum dem Wesen des Eigentums gemäß gebrauchen können, nämlich als das Ihre, als ihr Eigenes. 3. Das allgemeine Interesse, die Sozialpflichtigkeit des Unternehmens, kann und soll der Staat durchsetzen, aber nur im Rahmen der Grundrechte (negative Kompetenzen des Staates) und nur durch Gesetze als dem allgemeinen Willen der Bürger, als dem Willen aller. VII. 1. Die Vergleichsmethode der Angemessenheitsjudikatur ist rechtlos. Der Vergleich führt zur Gleichbehandlung dessen, was nicht gleich ist, also zur Willkür, zum groben Unrecht. Der Vergleich, zu dem sich die Finanzrechtsprechung durch den unbestimmten Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung genötigt sieht, überträgt die Verhältnisse von Gesellschaften mit (sogenannten) Fremdgeschäftsführern auf Ein-Personen-Gesellschaften oder Gesellschaften, die von einem Ge-

6. Kap.: Zusammenfassung

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sellschafter oder einer Gesellschaftergruppe beherrscht werden, und verkennt damit deren Strukturunterschiede. 2. Die Angemessenheitsjudikatur muß auf die Figur des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zurückgreifen. Das führt gegenüber den GesellschafterGeschäftsführern zu einer diskriminierenden Bevormundung. Auch die Gesellschafter-Geschäftsführer sind ordentlich und gewissenhaft, aber sie betreiben ihr Unternehmen in einer anderen Struktur, entweder allein oder in einer familiären Gruppe (oder ähnlich). Das steht ihnen zu und hat grundrechtlichen Schutz. Daß diese Unternehmer die Erträgnisse ihres Unternehmens in Anspruch nehmen, ist die Logik der Unternehmensfreiheit in einer freiheitlichen Marktwirtschaft. VIII. 1. Die Kritik an der Subsumtion der Geschäftsführergehälter unter den Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung verschärft sich für die Subsumtion der Lizenzgebühren unter diesen Begriff. Damit praktiziert die Finanzverwaltung und die Finanzgerichtsbarkeit eine Angemessenheit von Preisen ausgerechnet für jeweils unvergleichbare Leistungen, nämlich die Nutzungsüberlassung von Patenten, Warenzeichen (u. a.). Die Preisfreiheit ist Kern der Marktwirtschaft und damit Kern unternehmerischer Freiheit, aber auch Kern der Eigentumsgewährleistung. 2. Eine richterliche Preispolitik verkennt das Marktprinzip im Kern. Selbst eine gesetzliche Preispolitik ist in einer Marktwirtschaft fragwürdig und regelmäßig zum Scheitern verurteilt. Den wichtigsten Preis, den Lohn, zu regeln, ist dem Gesetzgeber durch Art. 9 Abs. 3 GG, die Tarifautonomie der Koalitionsfreiheit, weitestgehend verwehrt. Seine (gegenwärtigen) Versuche, die Lohnkosten durch sozialpolitische Maßnahmen zu senken, sind mehr als fragwürdig. Richterliche Preispolitik jedoch ist verfassungswidrig. Nur äußerste Unzuträglichkeiten unterwirft § 138 BGB dem Vorwurf des Verstoßes gegen die guten Sitten. 3. Der Fremdvergleich ist besonders ungeeignet, festzustellen, welches die angemessenen Lizenzgebühren sind, insbesondere ist dieser Fremdvergleich aber mit den Grundrechten gänzlich unvereinbar. Der unbestimmte Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung trägt eine solche Praxis, die mit dem fundamentalen Prinzipien der Wirtschaftsordnung unvereinbar ist, keinesfalls. Der Gesetzgeber, der die Rechtsprechung mit dem rechtsstaatswidrig unbestimmten Begriff allein läßt, mißbraucht geradezu die Rechtsprechung für eine Politik, die er, der Gesetzgeber, nicht durchzusetzen wagt. 4. Die Änderung laufender Verträge, aus denen die Finanzrechtsprechung ein Argument gegen die Angemessenheit der Verträge herzuleiten pflegt, um die vertragsgemäßen Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttungen einstufen zu können, geben kein Argument. Es gibt rechtens kein Nachzahlungsverbot, jedenfalls nicht, wenn die Nachzahlung ernsthaft vereinbart ist. Das Argument der illegalen Vertragsänderung ist ein Notnagel in der Hilflosigkeit der Rechtsprechung, welche in der häufigen Erscheinung oder in der Typizität von Geschäften Halt für ihre Praxis sucht, um den Schein gesetzesmäßiger Rechtssatzhaftigkeit der Rechtsprechung zu erzeugen. Das dürfte

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2. Teil: Gehälter und Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttungen

auch der Grund für die ebenso stereotypen wie nichtssagenden Formulierungen eines Begriffs der verdeckten Gewinnausschüttung sein. IX. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG in Verbindung mit dem Anrechnungsverfahren der §§ 36 ff. EStG, §§ 27 ff. KStG, die vornehmlich deutschen Anteilseignern zugute kommen, hat gemeinschaftsrechtswidrig ausländische Anteilseigner diskriminiert. Das hat, nachdem es die Kommission der Europäischen Union gerügt hatte, zur Änderung des Anrechnungsverfahrens durch das Halbeinkünfteverfahren geführt. Nach wie vor lastet der Gemeinschaftsverstoß auf der Praxis der von 1977 bis 2000 geltenden Anrechnungsregelungen, deren Grundlage die Regelung der verdeckten Gewinnausschüttung ist. Diese sind europarechtswidrig. Die Klärung des Gemeinschaftsrechtsverstoßes ist Sache eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof nach Art. 234 EGV.

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Stichwortverzeichnis* Akzeptanz, öffentliche 114 Allgemeinheit, bürgerliche 64 Allgemeinheitsprinzip des Gesetzesstaates 112 Altschulden-Urteil 53 Amtsprinzip 113 Analogmethode 97 Angemessenheit der GesellschafterGeschäftsführergehälter 106, 109, 117 Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung 100 Angemessenheit von Lizenzgebühren 126 Angemessenheitsjudikatur 99, 105, 106 – vergleichend 116 Anrechnungsverfahren 123, 133 Anteilseigner, ausländische 90, 128, 132 Äquivalenzprinzip 73, 77 – allgemeines 77 – besonderes 77 – formelles 100, 115, 116 – materiales 100, 102, 128 Arbeitsentgelt 99 Ausländer, als Gesellschafter 105 Auslegungsmethode 28, 113 Ausnahmetatbestand 29 Ausnahmetypus 29 Ausschüttungsbelastung 90, 91 Außensteuergesetz 121 Autonomie des Willens 65, 103, 124 Barausschüttung 90 Begriffe, offene 82 Begründbarkeit 72, 78 Belastungsgleichheit 62, 77 Berufsausübungsfreiheit 127 Berufsfreiheit 100 Beschränkung 133 Beschränkungsverbot, allgemeines 133

Besitzunternehmen 39, 40, 45, 80 – fingiert als Gewerbe 76 Besitzunternehmer 17, 39, 41, 42, 55, 73, 77, 81 Besoldung der Beamten 123 Besoldungsordnung, gesetzliche 107 Bestand des Unternehmens 119 Bestimmtheit 113 Bestimmtheitsprinzip 16, 25, 41, 47, 81, 109, 116, 129 Betätigung, nachhaltige 25 Betätigungswille 19 – einheitlicher geschäftlicher 29, 39, 80 Betätigungswillen, einheitlicher geschäftlicher 40 Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr 24, 37 Betrachtungsweise, wirtschaftliche 20 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts 25 Betriebsaufspaltung 41 Betriebsaufspaltung als richterliche Rechtsfortbildung 20 Betriebsaufspaltung und Gewerbebegriff 31 Betriebsausgaben 95, 129, 131 Betriebsgrundlage, wesentliche 18 Betriebsunternehmen 17, 40, 42, 43, 45 Betriebsunternehmer 39 Betriebsvermögen, wesentliches 17 Beurteilungsspielraum 111 Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers 72 Bevormundung 114, 117 Bild, typisches 25 Billigkeitsklauseln 112 Bindung der Richter an das Gesetz 100 Bodenreformurteil 70 Brüderlichkeit 60 Budgethoheit des Parlaments 16 Budgetkonflikt, preußischer 64

* Die kursiv gesetzten Seitenzahlen weisen auf fortlaufende Seiten hin.

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Stichwortverzeichnis

Dassonville-Formel 133 Delegation der Rechtsetzungsbefugnis 46 Delegationsnorm 110 Demokratie 16 Demokratisches Prinzip 116 Demokratisches Prinzip der Republik 66 Diskriminierung – steuerrechtliche 41 – willkürliche 133 Diskriminierung ausländischer Anteilseigner 132 Distribution 27 Doppelbelastung 89 – Gewinnausschüttungen 133 Doppelbesteuerungsabkommen 132 Drei-Objekte-Grenze 34 Durchschnittswerte, statistische 107 Effektivität der Grundrechte 82 Ehepaare 42 Eigene, das 59 Eigentum – Begriff 59 – gesetzliches 60 – Inhalt und Schranken 60 – Privatheit 61 – Recht auf 54 – Rechte des öffentlichen Rechts 62 Eigentümerunternehmen 131 Eigentümerunternehmer 108 Eigentumsbegriff, sozialer 60 Eigentumsgarantie 57 Eigentumsgewährleistung 48, 52, 57, 65, 66, 100, 126 – Grundrecht des Steuerstaates 57 Eigentumsschutz 57 Eigentumsschutz als Rechtsschutz 60 Einheitsdoktrin 45 Einkommen 89 Einkommensteuer 89 – vorgezogene 109 Einkommensverwendung 52 Einkünfte – aus Gewerbebetrieb 19 – aus Kapitalvermögen 19 – aus Vermietung und Verpachtung 18 Einkünfteverteilung 95 Einkünfteverwendung 95

Einmalbesteuerung 90, 109 Ein-Personen-Gesellschaft 104, 118, 120 Einzelfallgerechtigkeit 112 Entgelte, angemessene 98 Erdrosselung 53 Erlaubtheit der Tätigkeit 24 Ermessen, billiges 100 Ernstlichkeit 129 Ethik 116 Familiengesellschaft 118, 120 Familienunternehmen 43 Fiktion von Sachverhalten 120 Finanzrechtsprechung zur Betriebsaufspaltung 15 Finanzverfassung 69 Finanzzweck 47 Fiskalzweck 30 Fiskusdoktrin 24 Flächentarifverträge 99, 106, 109 Freie Berufe 27 Freiheit 47, 124 – allgemeine 68, 78, 124 – äußere 70, 78, 115 – innere 47, 70, 115 – politische 64 – private 115 Freiheit durch Gesetzlichkeit 68 Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit 58, 60, 70, 75 Freiheit und Eigentum 16, 36, 48, 63, 65 Freiheit und Markt 114 Freiheitsprinzip 124 – allgemeines 82 Freiheitsschutz 68 Fremdgeschäftsführer 117 Fremdvergleich 91, 93, 95, 98, 114, 117, 126 Fremdvergleichsmethode, außensteuerrechtliche 122 Fremdvergleichsregelung, im internationalen Steuerrecht 121 Funktionenordnung, gewaltenteilige 47, 79 Funktionenteilung 113 Gegentypus 29 Gehälter 106

Stichwortverzeichnis Gehälter der gesellschaftsfremden Geschäftsführer 118 Gehälter von Geschäftsführern 94, 117 – materielle Angemessenheit 97, 105 Geld 63 Geldleistungspflichten 53, 57, 68 Geldwirtschaft 63 Gemeindeeinkommensteuer 76 Gemeinschaftsgebundenheit 60 Gerichtsstaat 21 Gesamtausstattung 108, 119 Gesamtbetrachtung 25 Gesamtbilddogma 25, 28, 33 Geschäftsbetrieb, wirtschaftlicher 24 Geschäftsführer, gesellschaftsfremder 92, 98 Geschäftsleiter, ordentlicher und gewissenhafter 98, 120 Geschäftsmann, ordentlicher 107, 121 Geschichte der Betriebsaufspaltung 45 Gesellschaft, personalisierte 104 Gesellschafter-Geschäftsführer 92, 104 Gesellschaftsfreiheit 81, 125 Gesetz und Recht 21 – ew’ge Krankheit 63 Gesetze, allgemeine 59, 64, 115 Gesetze als der allgemeine Wille des Volkes 48 Gesetze der Legislative 112 Gesetzesbegriff, offener 111 Gesetzesrechtsprechung und Gesetzgebungsfunktion 110 Gesetzesunterworfenheit der Richter 21 Gesetzesvorbehalt 47, 48, 97, 100, 116, 124 – steuerrechtlicher 47 Gesetzesvorrang 116 Gesetzgebung, allgemeine 70 Gesetzgebungsfunktion der Richter 112 Gesetzlichkeit 48, 66, 69 – allgemeine 59 Gesetzlichkeit der Besteuerung 15 Gesetzlichkeitsprinzip 29 Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers 71 Gewaltenteilung 47, 71, 97, 100, 124, 129 Gewerbebegriff 23 – Einkommensteuerrecht 33 – gewerberechtlicher 33 – steuerrechtlicher 32, 33

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– Typusbegriff 26 – Verfassungsbegriff 31 Gewerbebetrieb, eingerichteter und ausgeübter 59, 108 Gewerbeertrag 17 Gewerbefreiheit 127 Gewerbekapitalsteuer 17 Gewerbeordnung als Polizeigesetz des Wirtschaftslebens 35 Gewerbesteuer 17, 31, 75, 76, 81 – Einkommensteuer 55 – einkommensteuerartige 75 – Gemeindeeinkommensteuer 55 – Realsteuer (Objektsteuer) 31 – Sonderertragsteuer 32 Gewinnabsicht 21, 24, 36 Gewinnausschüttungen keine Betriebsausgaben 95 Gewinnbegriff 36 Gewinnmaxime 36 Gewissen, Richter über die Sittlichkeit 116 Gewohnheitsrecht 22, 112, 114 Gleichheit der Lastenverteilung 62 Gleichheit in der Freiheit 103 Gleichheitlichkeit 60 Gleichheitsprinzip 130 Gleichheitssatz 52, 62 Gleichheitsverstoß 117 Gleichmaß und Übermaß 79 Grundrechtsschutz, freiheitlicher 68 Grundstückseigentümer 17 Gute-Sitten-Klausel 101, 103, 112 Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers 121 Haftungsbeschränkung 104, 132 Halbeinkünfteverfahren 89, 90, 133, 134 Halbteilungsgrundsatz 51, 55, 75 – steuerrechtlicher 69 Handlungsbereich, allgemeiner 100 Handlungsfreiheit, allgemeine 68, 127 Hoheitliche, das 25 Impermeabilitätsdoktrin 64 Interessen, gleichgerichtete wirtschaftliche 21 Interessenausgleich, gerechter 102 Interessengleichheit 40

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Stichwortverzeichnis

Interpretation, klassische Methoden 113 iustum pretium 99 Judiziabilität 111 Judiziabilität, institutionelle 60 Juristische Person 105, 119 Kapitaleinkünfte 90 Kapitalgesellschaft 120 Kapitalgesellschaft eines Alleingesellschafters 104 Kapitalvermögen 89 Kategorischer Imperativ 49, 70, 115 Klassen-Begriff 27 Koalitionsfreiheit 99, 123 Komplexität der Lebensverhältnisse 112 Konkretisierung 27 Konsensprinzip 71 Konstrukt der Betriebsaufspaltung, richterliches 17 Kopfsteuerprinzip 74 Körperschaftsteuer 89 – substantielle 105 Lastenverteilung 52 Lebensmöglichkeiten 63 Leerformeln 130 Leistungsfähigkeit 52 – Steuerbegrenzungsprinzip 73 Leistungsfähigkeitsprinzip 73 Lizenzgebühren 123 – Angemessenheit 93 Lizenzgebühren als verdeckte Gewinnausschüttung 125 Lohn, gerechter 109 Löhne 106 Lohnregelungen, tarifliche 106 Macht des Alleingesellschafters 118 Markt 99 Maßstäbe 111 Markt und Vertrag 107 Markt- und Wettbewerbprinzip, gemeinschaftsrechtliches 128 Marktgesetze 106 Marktteilnahme 34, 36, 40

Marktwirtschaft 109, 116, 119, 123, 128 – soziale 103 Marktwirtschaft, offene mit freiem Wettbewerb 119 Masseneinkommen 106 Maß, rechtes 55, 57, 62, 66, 79, 98, 106, 116 Maßstäbe 111 Maßstablosigkeit 116 Maximen 125 Mehrheitsregel 71 Menschheit des Menschen 70, 116 Minimum- oder Maximumprinzip 38 Mißbrauch der Begriffsmacht, richterlicher 50 Mißbrauch der Rechtsprechung 130 Mißbrauchsschranke der Vertragsfreiheit 101 Mißbrauchsvorwurf 45 – dogmatische Schwäche 46 Moderner Staat 73 Möglichkeiten des Handelns 65 Moralität 115 Mutter-Tochter-Richtlinie 133 Nachhaltigkeit 81 Nächstenliebe 115 Nachzahlungsverbot 131 Nicht-Identifikation des Staates 71 Niederlassungsfreiheit 133 Normenklarheit 111 Numerus-clausus-Prinzip, gesellschaftsrechtliches 43 Nutzungsüberlassung 128 Nutzungsüberlassung von Patenten und Warenzeichen 127 Offenheit der Gesetzesbegriffe 23 Offenheit des Gewerbebegriffs 26 ökonomisches Prinzip 38 Parlament 16 Parlamentarischer Schutz des Eigentums 63 Parteilichkeit 71 Patente 127 – als technische Erfindungen 127 Patentinhaber 17 Pauschalierung 120

Stichwortverzeichnis personelle Identität – Gesellschafter 17 – Rechteinhaber 17 personelle Verflechtung 40 Persönlichkeit, freie Entfaltung 69 Plausibilitätserwägungen 96 Plausibilitätsjudikatur 109 political correctness 125 Politik der praktischen Vernunft 64 Polizeistaat 35 Präjudizien 22 Praktikabilität der Steuergesetze 55 praktische Vernunft 69, 78 Preis – gerechter 109 – unangemessener 92 Preisfreiheit 114, 128 Private, das, nichtwirtschaftliche 25 Privatheit 48, 101, 115, 124 Privatheit als Recht zur freien Willkür 115 Privatheitlichkeit der Lebensbewältigung 66 Privatheitlichkeit der wirtschaftlichen Betätigung 37 Privatheitsprinzip 54, 61 Privatnützigkeitsprinzip 52, 61 Produktion von Waren und Leistungen 27 Publikumsgesellschaft 132 Quellensteuer 90 Rechte des Menschen und des Bürgers 1789 65 Rechteinhaber 80 Rechtsbegriff, unbestimmter 22, 110, 130 Rechtserkenntnis 21 – gesetzgebende 113 Rechtsetzung – funktional (rechtserkennende) 22 – private 114 Rechtsetzungsfunktion der Rechtsprechung 23 Rechtsfortbildung – Grenzen der richterlichen 23, 28 – richterliche 20 Rechtsgeschäfte, wucherähnliche 102 Rechtskraft 130 Rechtsschutz als Staatsschutz 60 Rechtssicherheit 122, 124 Rechtsstaat 49

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– liberaler bürgerlicher 63 Rechtsvereinheitlichung 22 Regelungsvorbehalt 66 Repräsentation 71 Rhetorik 121, 124, 132 Richterdespotie 48 Richterrecht 21, 110 Richterstaat 48, 110 Richtiges 111 Risikostruktur, besondere 41 Rückforderungsansprüche 120 Sachlage 111 Sachlichkeit 66, 69 Sachlichkeitsprinzip 69, 72, 76 Sachlosigkeit des Konstrukts der Betriebsaufspaltung 69 Sachnähe 27 salus publica 71 Schätzung 121 Schikaneverbot 46 Schleier des Nichtwissens 71 Schöpfung der Rechtsordnung 60 Schutz der Allgemeinheit 34 Schutz der Schwachen 102, 104 Schutz von Freiheit und Eigentum – Zweck des Staates 65 Schutzpflicht 104 Selbstbestimmung 101 Sittengesetz 70, 115 Sittlichkeit 47, 70, 79, 110, 115 – stellvertretende 71 Sondersteuer 77 Sorgfalt eines Geschäftsleiters 91 Soziale Marktwirtschaft 67 Sozialpflichtigkeit des Eigentums 52, 108 Sozialprinzip 60, 67, 75 Sozialwirtschaft, marktliche 67, 103 Staatliche, das 24 Staatsgewalt, funktionenteilige Ausübung 97, 112 Standardpreismethode 123 Steuereffizienz 73 Steuergerechtigkeit 76, 77 Steuergleichheit 77 – vertikale 75 Steuerhoheit des Gesetzgebers 30 Steuern, Begriff 15 Steuerrechtfertigungslehren 73

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Stichwortverzeichnis

Steuerstaat 48, 64, 69 Steuertatbestände 16 Steuerumgehung 49 Steuerwürdigkeit 16 Subsumibilität 111 Subsumtion 109 Subsumtionsmethode 97 Tantiemen, gewinn- oder umsatzabhängig 108 Tarifautonomie 99, 123 Tarifverträge 109 Tatbestandsmerkmale, auslegungsfähige und auslegungsbedürftige 23 Teilung der Ausübung der Staatsgewalt 71, 79 Tendenz, berufsregelnde 127 Trennung von Staat und Gesellschaft 63 Trennungsdoktrin 104 Trennungsprinzip 121, 132 Treuepflicht 121 Typengerechtigkeit 72 Typisierung 55, 72 Typologik 26, 38 Typusbegriff Gewerbe 28 Typusbegriffe 23, 82 Übermaß 57 Übermaßverbot 66 Überwachung, staatliche 35 Überwachungsstaat, totaler 35 Überwachungszweck und Gewerbebegriff 38 Üblichkeit 122, 126 Ultra-vires-Verbot 32 Umstände, normale 122 Unangemessenheit des Gehalts 97 Unersättlichkeit des Fiskus 50 Unerzwingbarkeit sittlichen Handelns 115 Unternehmen (Besitz- und Betriebsunternehmen) – einheitliches 44 Unternehmensbestand 129 Unternehmensbesteuerung, rechtsformunabhängige 20

Unternehmenseigner 108 Unternehmensertrag 108 Unternehmensfreiheit 127 Unternehmensgestaltung, steuerschonende 29 Unternehmer, gewerblicher 17 Unzumutbarkeit 58 Urteile zum Halbteilungsgrundsatz 51 Usurpation der Rechtsetzungsmacht 114 Verantwortung, parlamentarische 110 Verantwortung der Richter, persönliche 113 Verbrauch 25 Verbrauchsteuern 74 Verdeckte Gewinnausschüttung 89 – Begriff in der Praxis 91 Verdecktheit 128 Vereinigungsfreiheit 43 Verfassung der Menschheit des Menschen 75 Verfassungsnorm, verfassungswidrige 74 Verflechtung, sachliche und personelle 18 Vergleich 106, 117, 126 – außerbetrieblicher 126 – innerbetrieblicher 126 Vergleichsgruppe von Fällen 26 Vergleichsmethode 117, 130 – rechtlose 117 Vergleichsverfahren, typologisches 27 Verhältnismäßigkeitsprinzip 57, 62, 77 Vermögen 62 – Begriff 62 – Eigentumsgrundrecht 57 Vermögensminderung – Gesellschaftsverhältnis 91 – veranlaßt durch das Gesellschaftsverhältnis 94 Vermögensverwaltung 21 Vernunft, praktische 110, 124 Vernünftigkeit 66 Verstaatlichung, Lebensverhältnisse 61 Verteilungsrechtlichkeit 54 Vertragsänderung 94, 131 Vertragsfreiheit 96, 99, 105, 109, 114, 125 – marktwirtschaftliche 120

Stichwortverzeichnis Vertragsgerechtigkeit, materiale 101 Vertreter des Volkes 71 Verwaltung eigenen Vermögens 18, 28, 33, 43 – grundrechtlicher Schutz vor staatlicher Überwachung 35 Wahrheit, Theorie von der Wirklichkeit 111 Warenpreis, Angemessenheit 99, 106 Weltanschauung, nationalsozialistische 46 Weltrechtsprinzip 124 Wille, allgemeiner 115 Willensautonomie 116 Willkür, steuerstaatliche 69 Willkür als grobes Unrecht 78

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Willkür der Sondersteuer auf Betriebsaufspaltung 77, 80 Willkürverbot 70, 72, 77, 78, 96 Willkürverbot und Begründbarkeit 72 Willkürvorwurf 117, 126 Wirklichkeit und Sachlichkeit 76 Wirtschaftliche Betrachtung 41 Wirtschaftsordnung, marktliche 107 Wirtschaftsrecht und Steuerrecht 49 Wirtschaftsverfassung 67 Zurückhaltung 79 Zweitwohnungssteuer 72