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German Pages 214 [220] Year 1893
Theologische Arbeiten aus dem
rheinischen wissenschaftlichen Prediger-Verein.
H e r a u s g e g e b e n im Namen des V o r s t a n d e s von
Konsistorialrath Professor D. Kr äfft.
Zwölfter Band.
Bonn, E d u a r d W e b e r ' s Verlag (Julius Flittner).
1892.
I n h a l t . Seite
1.
2.
Pastor Dr. C. K r a f f t in Elberfeld, Der Märtyrer Peter Fliesteden. Erster Theil. Neue Untersuchungen mit Urkunden über das Verhältniss des Erzbischofs Hermann von Wied zur Zeit der Verhaftung Ciarenbachs und Fliestedens und Mittbeilungen über die Kölnische Gesandtschaft am Reichstage zu Speier 1529
1
Pastor W. B e c k e r in Breslau, Zacharias Ursins Briefe an Crato von Crafftheim nach den in Breslau befindlichen Urschriften. Zweite Reihe
41
3. 4.
Pastor Dr. C. K r a f f t in Elberfeld, Martin Bucer . . . 108 Pastor Dr. C. K r a f f t in Elberfeld, Rückblick auf die Verhältnisse im Rheinlande und der Grafschaft Mark im Jahre 1835 beim Erscheinen des Evangel. Gesangbuchs. Erster Abschnitt 118 Zweiter Abschnitt. Erinnerung an einige Männer, welche als Liederdichter und Mitglieder der Commissionsversammlungen für das Provinzialgesangbuch von 1835 thätig gewesen sind 136 Dritter Abschnitt. Erinnerung an einige geistliche Liederdichter aus Rheinland und Westfalen 149 Vierter Abschnitt. Historisch-kritische Bemerkungen zu einigen Liedern des Entwurfs des neuen Provinzialgesangbuches 167
5.
Thesen der General-Versammlungen
205
Der Märtyrer Peter Fliesteden. Erster Theil. Neue Untersuchungen mit Urkunden über das Verhältniss des Erzbischofs Hermann von Wied zur Zeit der Verhaftung Ciarenbachs und Fliestedens und Mittheilungen Uber die Kölnische Gesandtschaft am Reichstage zu Speier 1529, von Pastor em. Kralft.
I. Die beiden Männer Adolf Ciarenbach und Peter Fliesteden sind in gleicher Qualität als Blutzeugen der evangelischen Kirche in die ev. Martyrologie aufgenommen, nur mit dem Unterschiede, dass der Erstere als der Aeltere auch als der Gereiftere erscheint, und dass seine Lebensverhältnisse durch eine grosse Menge von gleichzeitigen, zum Theil noch ungedruckten Urkunden, wie sie bei keinem andern deutschen Märtyrer vorhanden sind, ins hellste Licht gestellt werden können. Ueber Eltern, Geschwister, Jugendbildung, akademisches Studium, Examina des Reformators ist wünschenswerthe Klarheit vorhanden — nur die Zwischenzeit zwischen 1517—1520 liegt im Dunkel. Anders ist es bei Fliesteden, von dem man, was sein Leben vor seiner Gefangenschaft betrifft, eigentlich bloss seinen Geburtsort, Fliesteden, 3 Stunden von Köln, wusste. Wie sein Familiennamen hiess, wo er studirt hat, welche Aufenthalte er hatte, das alles wissen wir nicht. Die Kölnischen Universitätsacte, welche die Inscription und die Nachricht über das Baccalaureatsexamen Clarenbacbs enthalten, haben, wie es scheint, den Namen Fliestedens nicht. Die einzige, freilich ganz entfernte Möglichkeit, dass Fliesteden in der Matrikel bezeichnet ist, kann unter der Aufzeichnung vom 20. Januar 1522 „Petrus Fabri de Berchein Dioeces. Colon, ad iura iuravit et solvit", verborgen sein, denn die Studirenden werden, was ihre HeiTheol. Arbeiten XI.
1
Krafft:
2
math betrifft, wenn sie aus Dörfern kommen, meist nach der nächstgelegenen Stadt bezeichnet und der Ort Fliesteden liegt in der Nähe von Bergheim 1 ), aber wir linden es nicht wahrscheinlich, dass hier eine Bezeichnung des Märtyrers zu suchen ist. Obgleich die Zeit der obigen Inscription mit dem Lebensalter des Fliesteden ungefähr stimmen könnte, so finden wir es doch für sehr ungewiss, ob sich die Bezeichnung auf den Märtyrer bezieht. In niederländischen und französischen Martyrologien findet sich die beachtenswerthe Nachricht: „Nachdem P e t e r Fliesteden in der heiligen Schrift wohl studirt und sich mit viel Gelehrten unterredet hat, auch viel gute Bücher fleissig gelesen, und aus christlichem Eifer hin und wieder gezogen, ist er endlich gen Colin am Rhein kommen, in der Meinung, das er die Unwissenden von ihrem Heil lehren und die Irrenden zurecht bringen, den Irrthum des Papstthums, fürnemlich aber die gräuliche Abgotterei der Masse entdecken wolle". Einstweilen besitzen wir keinen urkundlichen Anhaltspunkt, um diese Nachrichten über den Bildungsgang controliren zu können. Dass sich dieselben in niederländischen Martyrologien finden, weist vielleicht auf Holland oder Belgien hin, wohin Fliesteden wie so viele andre deutsche Landsleute seine Schritte als Jüngling gelenkt hat. Ob noch eine nähere Aufklärung erfolgen kann, bleibt ungewiss. Da in den letzten 30 J a h r e n so manche Entdeckung Uber die rheinischen Märtyrer stattgefunden hat, von der man vorher keine Ahnung hatte, so kann auch die Zukunft noch Manches aufdecken. Vor der Hand kommen wir aber Uber werthlose Vermuthungen nicht hinaus. Dass Fliesteden nach seiner Verhaftung in den Stadtrathsprotocollen als „Student" bezeichnet wird, setzt eigentlich ein Alter von nicht über 24 Jahren voraus, während Ciarenbach jedenfalls bei seiner Verhaftung beinahe 30 J a h r e alt war, auch öffentliche Schulämter bekleidet hatte und als Schriftsteller hervorgetreten war. Die ziemlich gleichlautend in evangelischen und katholischen Quellen erzählte Demonstration Fliestedens im Dom zu Köln während der Messe, bei
1) Der Historiker H. S. v a n A l p e n , Jülicher Land,
später zu Stolberg,
reformirter Pastor zu Bracht im
hat in einer Jubelpredigt zu Bracht
21. Juli 1799 eine allgemeine Uebersicht
der
auch viel über Fliesteden als Reformator des Jülicher Landes sagt. net ihn als aus dem Amte B e r g h e i m . F l e i s t e r s (?).
am
Reformgesch. gegeben, worin er Er bezeich-
E r führte seinen Namen von dem Hof
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
3
der er sein Haupt bedeckt hielt, ist bekanntlich die Ursache seiner Verhaftung geworden. Diese Demonstration trägt nicht entfernt den aggressiven Charakter, welcher von einem im kirchlichen Bann befindlichen kölnischen Bürger ziemlich gleichzeitig gethätigt wurde, der mit 12 seiner Nachbarn die Messe im Dom wirklich gestört hat, so dass dieselbe factisch unterbrochen und aufgehoben wurde, und das Domcapitel zu der Drohung, Köln zu verlassen, bewog. Trotzdem ging dieser Bürger, weil 400 andere Bürger auf dem Rathhause die Aufhebung des Bannes für denselben forderten, ganz straflos aus. (Einige merkwürdige Acten darüber theilen wir zum erstenmale in den Anlagen mit.) Fliesteden wird nun von einigen Schriftstellern im Gegensatz zu Clarenbach als ein fanatischer Schwärmer bezeichnet, eine Ansicht, die in den erst vor einiger Zeit aufgefundenen Sätzen Fliestedens, welche die Mitglieder des Inquisitionsgerichtes als ketzerisch hervorgehoben haben, keine Bestätigung findet. Die Auffindung dieser Schrift: H a n d e l u n g z w i s c h e n d e m F i s c a l zu C ö l n u n d e i n e m g f a n g n e n ( P e t e r v o n F l y s t e d e n g e n a n t ) d e n G l a u b e n b e t r e f f e n d , geschah im Juli 1858 zu Bremen, und war eine wesentliche Bereicherung der Kenntuiss der Ueberzeugungen Fliestedens. Das Actenstück selbst ist jedenfalls aus den ersten Monaten des Jahres 1528, die Verhaftung Fliestedens fand im December 1527 statt. Der Anklageact ist nämlich gerichtet an die beiden Ketzermeister, den e r z b i s c h ö f l i e h e n I n q u i s i t o r A r n o l d v o n T o n g e r n und den p ä p s t l i c h e n I n q u i s i t o r G o t t f r i e d v o n Z i t t r a t aus dem Dominikanerorden zu Köln. Aus diesem Orden wurden die deutschen päpstlichen Inquisitoren schon seit langer Zeit genommen. Gottfried von Zittrat fungirte erst seit Kurzem in dieser Eigenschaft als Nachfolger des bekannten Ketzermeisters J a c o b v o n H ö c h s t r a t e n , der im J a h r 1527 am 27. J a n u a r gestorben war. Wahrscheinlich amtirte v. Zittrat bloss interimistisch, denn bei der am 19. Mai 1528 beginnenden Procedur gegen Clarenbach ist bereits der berühmte thomistische Theologe C o n r a d K ö l l i n , Prior des Dominikanerklosters in Köln, an dessen Stelle getreten. Wenn sich die Inscription in der Kölner Matrikel vom 27. Februar 1473 „Gotfridus Beer de Zittert" auf den obigen Gottfried bezieht (was uns nicht unwahrscheinlich erscheint), so wäre das rasche Verschwinden des Namens im J a h r 1528, sei es durch den Tod, sei es durch Amtsniederlegung,
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Krafft:
um so eher erklärlich, indem er alsdann in einem Alter von mehr als 70 Jahren gestanden haben rauss. Der Anklageact gegen Fliesteden enthält evangelische Ueberzeugungen, die damals in ganz Deutschland und anderen Ländern zu Tage getreten sind. In Bezug auf die Person Luthers sind die Aeusserungen viel entschiedener wie bei Ciarenbach, wie der Fliesteden'sche Anklageact schreibt: „Item, er sagt, dass Gott durch Luthern habe die Welt erleucht, und durch denselben das wahre Evangelium an T a g gebracht." Wir treten desshalb auch der neuestens wiederholt geäusserten Ansicht, Fliesteden und Ciarenbach seien der täuferischen (gewöhnlich wiedertäuferisch genannten) Richtung angehörig gewesen, mit Entschiedenheit entgegen, nach welcher Ansicht die evangelische Kirche sich seit mehr als 3 y 2 Jahrhunderten mit Unrecht und Unkenntniss der Sachlage auf diese Männer als zu i h r e n Märtyrern gehörig berufen hätte 1 ). Kein einziges gleichzeitiges Zeugniss gibt einen Anhalt zu dieser Ansicht, die ausführlichen Protocolle der Inquisitionsbehörde berühren diesen P u n k t gar nicht, der Freund der Märtyrer Dietrich Fabritius, der nach mehrjährigem Aufenthalt in Wittenberg als entschiedener Lutheraner nach Köln kommend, sich bis zum Spätabend seines Lebens über die Märtyrer wiederholt öffentlich und privatim ausgesprochen hat, hat nicht die geringste Andeutung über eine täuferische Richtung seiner Freunde. Die Namen derselben kommen allerdings in einigen wiedertäuferischen Verzeichnissen vor, aber dieselben sind sammt und sonders weit über ein J a h r h u n d e r t später verfasst und können daher vom geschichtlich-kritischen Standpunkt aus in keinerlei Hinsicht als Quellen betrachtet werden 2 ). Eine richtige historische W ü r d i g u n g der Haltung Fliestedens kann nicht daraus hervorgehen, wenn wir sein Auftreten im Dom bloss mit den Gesetzen und Gewohnheiten unserer Gegenwart in Vergleich setzen und darnach ein Urtheil aussprechen wollten. Der ganze Zustand der religiösen Verhältnisse beim Beginn der Reformation trug vielfach den Character sittlicher Fäulniss an sich, worüber die klarsten Zeugnisse der Zeitgenossen, nicht etwa derer, 1) Vergl. unsere Schrift: Die Gesch. der beiden Märtyrer der evangelischen Kirche A. Cl. u. P. Fl. 2) Eine
Elberfeld 188(5, S. 73.
genaue Aufzählung
dieser Wiedertäuferverzeichnisse
findet
sich
in Band XLIII der F o n t e s r e r u m A u s t r i a c a r u m , die Geschichtsbücher der Wiedertäufer in Oesterreich-Ungarn von 152(i bis 1785, von L)r. Beck, Ilofrath des Ii. K. Obersten Gerichts- und Cassationshofes.
Wien 1883, 8. ((>54 Seiten.)
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
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welche von den Ideen der Reform bewegt waren, sondern Seitens der entschiedenen Anhänger der röm.-kathol. Kirche und zwar meistens noch vor der reformatorischen Bewegung vorliegen. Man müsste ganze Folianten schreiben, um diese Zeugnisse über das Verderben der damaligen Kirche in deutschen Landen sämmtlich zu reproduciren. Die hohen Prälaten lebten meist im Genuss ihrer Pfründen, nahmen für die Verwaltung ihrer Pastorate, deren Einkünfte sie genossen, unwissende Heuerlinge (Mercenarii) an, worüber die bittersten Klagen auch der weltlichen Obrigkeit. Die unwissenden rohen Vicare lebten meist im Hurenstande, besuchten die Wirthshäuser, wo es oft zu Schlägereien, selbst zu Todschlag kam, sie blieben aber unbehelligt in ihren Aemtern, wenn sie eine Geldbusse erlegten, welche eine Haupteinnahme für die höhere Geistlichkeit bildet. Wir theilen in den Beilagen eine Urkunde aus dem Clevischen über Excesse mit, wo die Strafgelder der Geistlichen als E i n n a h m e registrirt werden. Unter 18 Excessen sind z. B. allein 13 von Geistlichen, so dass dieselben in der Liederlichkeit die Laien übertrafen (Siehe Beilage Nr. II). Aber auch in der höheren Geistlichkeit finden Verhältnisse statt, welche mit den Anschauungen unseres Zeitalters in diametralem Gegensatz stehen. Es gibt Domherrn zu Köln, welche Raufbolde sind, einen Weinscbank gegen die Gesetze der Stadt haben, im Concubinate leben, und zwar ohne dass es — was wohl zu bemerken ist — erheblichen Anstoss gibt. Beim Herannahen der Schweissseuche 1529 verliess das Domcapitel die Stadt Köln, überliess dem Domherren Grafen Rettberg, der Weinwirth war, und dessen Handlungen, wie der Stadtrath sich ausdrückte, „in s i c h b ö s e s i n d " , den Dienst im Dom, wobei mit ihm über die Summe, die er für diese Sache in Anspruch nahm, accordirt wurde. Der Domherr Graf Franz von Waldeck, der den Ciarenbach verhaften liess, lebte mit einer berüchtigten Concubine; aber dieses Verhältniss hindert nicht, dass er als Bischof mehrerer angesehener Bisthümer erwählt wurde. Wäre es heut zu Tage möglich, was ganz unbefangen in einer Schrift über den Reichstag zu Köln vom J a h r 1505 gedruckt steht? Den II Dantz . . , dantzde ein Byschoff van trier mit der hertzochinne van Lunenborch . . . und hertzoch Wilhelm van Guilich mit Frauw Angniessen von dem oeberstein (Aebtissin von St. Ursula in Köln). Den IUI Dantz . . . darna hertzoch Fredrich paltzgraff mit einer jouferen van sent mergen (Stiftsdame in Maria auf dem Capitol zu Köln).
6
Krafft:
Den V dantz . . . hertzocb henrich von brunzwich myt frauwen Angnesen van dem oeberstein. Den VI d a n t z . . . eyn hertzocb vanGulich miteyner van sentMergen. Den VIII dantz . . . hertzoch Wilhelm van Gulieh myt eyner Jouffern van sent Reuilgen (von St. Ursula). Erzbischöfe und Abtissinen mit einander tanzend — was war in dieser Zeit nicht alles möglich? Und zu den von allen Seiten gegebenen Aergernissen auch noch dies, dass der weltliche Herr der Christenheit, der römische Kaiser, der Advocat der Kirche, mit dem Oberhaupt derselben, der hauptsächlich auch ein weltlicher Fürst war (was gerade jetzt wieder in Bewegung tritt) in einen blutigen Krieg verwickelt war. Es konnte die Frage entstehen, gibt es denn keinen Gott im Himmel, der solches Unwesen hemmt und s t r a f t ? Gehts durch die Jahrhunderte der Zukunft immer so weiter mit der Verweltlichung der von Christo gegründeten Kirche, von der die Schrift zeugt: Heiligkeit ist die Zierde deines Hauses ewiglich? Nein, nein, es musste anders kommen, die Geduld des höchsten heiligen Gottes war erschöpft, es musste ein Gericht ergehen über die Schänder des Heiligthums und deren antichristliches Gebahren — und darin liegt das Recht der Reformation. Ihre lebendigen Glieder protestirten gegen das ganze System des Papstthums als eine in der ursprünglichen Stiftung des Christenthums nicht begründete, erst im Laufe späterer Jahrhunderte hervorgetretene Institution. Diese Ueberzeugung lebt aber auch in Millionen der damaligen Zeitgenossen, aber sie fühlen sich nicht alle berufen, wie Fliesteden in den offenen Rachen des Löwen zu springen, um ihr Leben für die erkannte Wahrheit in die Schanze zu schlagen. Nennt man ein solches Auftreten fanatische Schwärmerei, nun dann gibt es viel Tausende solcher Schwärmer, die um Christi willen ihr Leben nicht geliebt, sondern es mit Freuden in den Tod gegeben haben. Luther erklärt wiederholt, er halte sich für viel zu gering, um der E^hre des Märtyrertodes gewürdigt zu werden. Eine ganze Reihe von Anhängern und sogar Freunden von Luther haben, als es sich eben um den Tod auf dem Scheiterhaufen handelte, in Schwachheit Widerruf geleistet, so z. B. Jacob Propst, Mirisch, Seehofer, Billicanus, Nicolaus Bruchhofen, Smedeken zu Hildesheim, Idelhauser u. s. w. 1 ), aber Fliesteden 1) Bei den Biographen Luthers finden wir diese Thatsache in ihrem geschichtlichen Zusammenhang noch nicht gehörig hervorgehoben.
7
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
in seiner jugendlichen Begeisterung für das, was er als Wahrheit erkannte, geht mit Freudigkeit seinem Loose entgegen, welches ihm sein offenes Bekenntniss bringen musste, und er hat sich gewiss nicht darüber getäuscht, dass es ihn treffen werde. Er gehört zu den Helden, deren Grundanschauung ist, sich im offenen Kriegszustande mit dem Papste zu befinden. Das Reich dieses Antichrists wird bald untergehen, es kommt eine neue Zeit des Reiches Gottes, wenn wir auch im Kampfe mit Rom unser Leben lassen müssen. Gerade diese Stimmung als Lebenselement brachte zur Reformationszeit die Freudigkeit zum Märtyrertod hervor. W i r besitzen trotz der unzähligen Schriften neuerer Zeit über die Reformationszeit noch keine zusammenfassende Arbeit über die deutschen Märtyrer, nicht einmal Uber die Märtyrer unserer Rheinprovinz; es gibt keine Schrift, welche die Namen derer, die ihr Leben nicht geliebt, sondern die es freudig in den Tod gegeben haben, auch nur nennt, sie stehen aber im Buch des Lebens. Bei der Eröffnung des fünften Siegels schaut der neutestamentliche Seher (Offenb. Joh. 6, 9) die Seelen derer, die erwürget waren um des Wortes Gottes willen, und um des Zeugnisses willen, das sie hatten.
II. Wir geben zunächst zur Orientirung eine Erzählung über Fliestedens Auftreten von seiner Verhaftung an bis zu seiner Verurtheilung, welche sich in der „Wahrhaftige Historia von den wolgelarten vnd bestendigen mennern Adolpho Ciarenbach vnd Peter Flysteden'' (Wittemberg 1560) findet. Sie ist höchst wahrscheinlich von dem Freunde der Märtyrer T h e o d o r (Dietrich) F a b r i t iu s verfasst, der während der Gefangenschaft derselben in Köln als Lehrer der hebräischen Sprache unter steten Verfolgungen gelebt hat, später nach Zerbst und nach Wittenberg kam und zu Zerbst als Superintendent gestorben ist 1 ). Anno MDXXVII im Christmonat | ist Petrus | geboren in einem Dorff | Flysteden genant | im land von Gülich | nicht weit von Collen
1) Fabritius hat a m Abend seines Lebens seine merkwürdige schreibung verfasst, welche als eine Quellenschrift zu betrachten ist. matorischen Sätze, welche funden.
er in Köln verfasste,
LebensbeDie refor-
sind noch nicht wieder aufge-
In Köln wurde er ebenfalls, wie Ciarenbach und Fliesteden, verhaftet,
aber, weil er das Bürgerrecht erhalten hatte, wieder entlassen.
Seine Verfol-
gungen sind in Kölnischen Universitätsakten enthalten — aber noch nicht publicirt.
8
Krafft:
ligend ! gen Collen der meinung komen | (wie das die Acta klerlich anzeigen) die Gemein zu vnterrichten vnd leren | den rechten weg zur Seligkeit ! vnd den iithumb | damit sie behafft | entdecken. Auff das er nu solches vrsach gewänne | so ers nit füglicher tliun möchtj ist er in Thumbgangen | zum hohen Altar getretten | vnd daselbst mit verdecktem heubt gestanden. Vnd als man das Sacrament auffgehoben | hat er den rücken zum volk gewendet | mit tieffen seufftzen ausgespien | vnd das h e u p t a u c h nicht entdeckt | welches beide | Geistlichen vnd Leien | so da zugegen waren | w u n d e r n a m | a u s w a s vrsachen er solches thete | jedoch fragte in niemands | wie er dann vermeint hette | warumb er das thete. Als nu das Sacrament auffgehoben w a s | ist er noch ein Zeitlang im T h u m b spacieren gangen | wie d a der brauch ist | vnd darnach hinaus gangen | seine freund zu grüssen. Mittlerzeit ward er dem Gwelrichter angeben von den Pfaffen | Vnd als Peter nu zum T h u m b ausgangen | ereilete in der Gwelrichter auff der strassen | greiff in an ¡ vnd sprach, du must mit vns gehen | darauff dann Peter vnersc-hrocken mit lachendem mund antwortet | Gern | darumb bin ich herkomen | vnd haben ihn die Diener auff den Franckenthurn | da man gemeinglich alle gefangenen erstmals hinlegt | gefiirt. Als nu Peter daselbst ein gute zeit gesessen | hat der Rath von Collen etliche verordnet | die mit den Ketzermeistern vnd andern Theologen | zu Petro komen | ihn zu examiniren | wie dann geschehen | vnd haben in vnter andern vielen Articulen | die hie von vnnöten anzuzeigen | nach dem sie gedruckt sind | gefragt | aus was vrsach er das Hochwürdig Sacrament veracht | vnd verschmehet | vnn sich gegen dem also gestellet habe ? Darauff er geantwortet I Er habe das Nachtmal Christi nit verachtet | sondern den missbrauch | vnn das keiner andern meinung, dann das die Gemein ihn darumb anspreche | vnn also vrsach gewinne | das irrende Volk | so das Sacrament für iren Gott ehreten | vnd anbeteten | zu vnterrichten. Da sie j h n weiter fragten, ob j h n auch diese that rewete ¡ vnd ob er es auch noch wol thun wolte? Meinet er | Nein | es rewete j h n noch nit | vnd wann er noch daheim were | so wolt er eben so wol gen Collen ziehen | vnd solches thun | darumb das es nit Gott seyl vnd man solte die Abgötterey nit leiden noch gestatten | so alda begangen würde. Es seien eusserliche zeichen | vnd müssen im glauben genossen werden. Darumb sol mans auch nit ehren | noch anbeten | vnd in die Heuslin schliessen etc. Diese und dergleichen antwort | die dann in den Acten weit-
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
9
leuffig begriffen | haben die Geschickten aus dem Rath dem gantzen Rath anbracht | vnd darauff beschlossen | wo er von diesem furnemen nit abstehen wo 11 | das man j h n dem Greuen des hohen vnd weltlichen Gericht | lifferte | das Recht zuuolstrecken. Da er nu gelieffert ward | ist er mit solchen frölichen geberden zu des Greuen haus gangen | da es j e d e r m a n verwunderte \ er hat sich auch gar nichts entsetzet | da er in keller gefürt ward. Als er nu ein gute zeit da gelegen | haben jhn der Greue vnd Schepffen daraus lassen holen | auffs scherpffest examiniert vnd gefoltert | der meinung | das er von diesem handel solt abstehen | vnd widerruffen | das haben sie also lang getrieben | das sich auch der Henker vber jhn erbarmete | wie er selbs bekant hat | vnd wolt jhn nicht mehr strecken | jedoch haben sie nichts an j m gewunnen | dann er allein zu Gott erseufftzet | jhn vmb trost vnd hülff angeruffen | auch gedankt | das er jhn wirdig erkennete | vmb sein wort zu leiden. Als sie nichts schaffen kondten | Hessen sie jn wider in die schwere stock vnd ketten legen | vnd ist darnach offt allein mit wasser vnd brot gehalten | offt versucht vnd examiniert | j h m offt mit dem schwert | wasser vnd fewr gedröwet | offt mancherley ist gebraucht | nur darumb } das er widerruffe. Dieses haben sie für vnd für getrieben | bis das Adolph zu jm gelegt ward | d a haben sie an jenem verzweifelt | vnd allen vleis auff diesen gewendet. III. Die Artikel F l i e s t e d e n s und C i a r e n b a c h s , um derentwillen die beiden Zeugen vom Inquisitionsgericht zum Tode verurtheilt worden sind (zur Vergleichung mitgetheilt). Die A r t i k e l
Fliestedens:
Zum ersten hat er beständig gesagt, das die beicht vorm priester unnötig sei, auch dem, so zum Sacrament gehen wolle, sondern die beicht vor Gott sei genugsam. Item, man solle der klostergellibd nit achten, und das [dass] kappen, blatten [Tonsur] eusserlich ding wie auch andere dergleichen seien. Item, er sagt, das niemandt mochte keuschheit geloben, die weil es nit menschliches vermügens wer sich zu enthalten, und das ein Mönch, so er wolle, mocht ein weib nemen. Item, hat gesaget, das die geistlichkeit und priesterliche ordines nichts seien, sonder wir sein im Tauff alle geweihet. Item, das in der Eucharistien unter eusserlichen gestalten nit
10
Krafft:
sei der wäre leib und blut Christi, sondern das solches im glauben entpfangen werde. Item, er hat gesagt, man solle das Sakrament nit in die heuszlin schliessen, der pfaff soll es auch in der Mesz nit aufheben, sei auch nit anzubetten, denn es stehe nirgendts geschrieben. Item, er sei darumb gen Cöln körnen, zu leren, das man das Sakrament nit eren noch anbetten, und die Mess nit wie biszher halten sol, j a das solchs alles ietzund werd ein ende haben. Item, er hab im T h u m b vor dem hohen Altar die anbettung des Sakraments daselbs veracht, dieweil es ein eusserlich, vihisch und heuchlerisch ding sei, so man das Sakrament anbetet. Item, da er gefragt ward, ob er auch hinfiirter das anbeten des Sakraments offenlich verachten wolte, sprach e r : es w a r nit von noten, dann es sei zu Cöln offenbar gnug, das er solches schon thon [gethan] habe, und so man seinen worten nit glauben wolle, sol man doch hinfürter seinen werken glauben. Item, er spricht, das er inn dem [Punkt] sei erleuschter [erleuchteter], dann die, so zu Collen daheim sindt, sie seien gelert oder ungelert, geistlich oder weltlich. Item, er sagt, das Gott durch Luthern hab die wellt erleucht, und durch denselbigen das war [wahre] Evangelium an tag bracht. Item, er sagt, das der Bapst sei ein böser bäum, und darumb soll und mnsz er billich auszgehawen [aus—umgehauen] werden. Item, das obgenanter Petrus halstarriglich oberzahlten [oben erzählten, erwähnten] artikeln anhengt, und spricht, er wöll inen anhangen beide heimlich und öffentlich. Die A r t i k e l
Ciarenbachs:
Zum ersten er hat gesagt, dasz er nicht möge schwören, so es sein eigne Sache (nähmlich den Glauben) betrifft, um des Worts Christi willen, da er s a g t : Ihr sollt ganz und gar nicht schwören. Zum zweiten: Er zweifelt, ob die allgemeinen Concilien dem Worte Gottes nach gehalten sind. Zum d r i t t e n : Es scheinet eben, als meinet er, dasz die allgemeinen Concilien underweilen etwas wider das Wort Gottes aufgesetzt haben, oder setzen mögen. Zum vierten: Er hält's dafür, dasz der Luther vom P a p s t verdammt sei, zweifelt demnach, ob es nach dem Worte Gottes geschehen sei.
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
11
Zum fünften: Er sagt, dasz er etliche Bücher Lutberi gelesen habe, aber nichts darin gefunden, das ihn ketzerisch zu sein bedünke. Zum sechsten: Er zweifelt auch, ob nach der Consecrirung Brod und Wein dableiben. Zum siebenten: Weiter zweifelt er, ob die eine Todsünde begehen, die die Beichte, Firmung und das heilige Oel verachten. Zum achten: Dasz die Beichte gut sei, sagt er, er drückt aber nicht aus, ob sie vonnöthen sei. Zum neunten: Er sagt, dasz keine andere Genugthuung für die Sünde sei, denn der Tod Christi und führt diese Sprüche, zu Heb. am 10 Kap.: Christus hat mit einem Opfer vollendet die Heiligen in Ewigkeit. Und 1 Joh. 1: Und sein Blut hat uns von allen Sünden gereinigt, sagt auch, dasz unsere guten W e r k e nur Zeichen und Pfand sind, aber nicht zu der Seligkeit nöthig. Zum zehnten: Er sagt, dasz mau die J u n g f r a u Maria ehren soll, aber nicht anrufen noch anbeten, und bringet den Spruch dabei: 1. Tim. 2. Christus sei unser einiger Mittler. Und 1. Joh. 2. Wir haben einen Fürsprecher bei Gott. Zum elften: Er glaubt nicht, dasz sie ohn alle Sünde empfangen sei, sagte dann, er befehle das Gott, wie dem sei, denn es sei über seinen Verstand. Zum zwölften: Er sagt nicht, dasz sie ein Brunnen der Gnaden, dasz sie uns einige Gnad erbitten möge. Zum dreizehnten: Er glaubt nicht, dasz man die Heiligen anrufen oder anbeten soll. Zum vierzehnten: Er glaubt nicht, dasz man das Heiligthum ehren soll, und braucht den Spruch 5. Mos. 6. Gott deinen Herrn sollst du anbeten und ihm allein dienen. Zum fünfzehnten: Er zweifelt, ob der geistliche Stand von der Kirche eingesetzt, sich mit dem Wort Gottes vergleiche oder nicht. Zum sechszehnten: Er glaubt auch, dasz die so nicht gesand sind, predigen mögen und führet den Spruch: 1. Cor. 14. So einem Andern etwas geoffenbaret würde, so schweige der Erste. Zum siebzehnten: Er glaubt nicht, dasz ein Fegfeuer sei. Zum achtzehnten: Er glaubt nicht, dasz der Mensch einen freien Willen habe und führet den Spruch: Die Gedanken und Sinne sind allezeit zum Bösen geneigt. Und zu den Philippern am 2: Gott wirket in uns das Wollen und das Vollbringen. Und auch Augustinum wider die Pelagianer, von der Gnaden. Zum neunzehnten: Er glaubt, dasz die guten W e r k e nicht ver-
12
Krafft:
dienstlich
sind, so
man
ihnen
etwas zumesse,
das
entziehe
man
Christo. Zum zwanzigsten:
Er
glaubt
nicht,
dasz
man
möge aus der
Schrift beweisen dasz man für die Todten bitten soll. Zum eiuundzwanzigsten:
Er glaubt nicht, dasz mau die Bild-
nisse der Heiligen ehren soll, und auch das Cruzifix. Zum zweiundzwauzigsten:
sagt
er, dasz die Messe kein Opfer
sei und führet den Spruch Christi Lucas am 22. an, sei ein Gedächtnisz,
und des Apostels Wort:
esset etc. und Heb. am 10.:
Mit
einem Opfer
da er sagt, es
1. Cor. 11. So oft ihr hat er vollendet die
Heiligen etc. Zum dreiundzwanzigsten: Sagt er auch, dasz die Kirche Gottes auf Erden kein ander Haupt habe, denn den einigen Christum.
Die Verurtheilung Fliestedens geschah zu Anfang December oder Ende November 1528 im Hause des Grefen vom Spiegel.
Das Ur-
theil wurde nach dem Antrag des Procurators des geistlichen Gerichts T r i p und zwar n i c h t ö f f e n t l i c h
ausgesprochen.
Die Verurtheilung Ciarenbachs geschah ebenfalls im Hause des Grefen am 3. März 1529. wesshalb auch nämlich
eine
Das Urtheil wurde öffentlich ausgesprochen,
grössere Zahl
der päpstliche Inquisitor
richterlicher
Personen
erschien,
der 3 Erzbisthiimer Mainz, Trier
und Köln, C o n r a d K o l l i n von Ulm, Prior des Dominikanerconvents zu Köln,
der bischöfliche Inquisitor A r n o l d von T o n g e r n ,
nicus zu St. Maria St. Johann,
ad Gradus, J o h a n n v o n V e n r a d t ,
Johann
von
Busco,
Canonicus
zu
Cano-
Pastor zu
St. Gereon
und
Pastor zu St. Paul, W i l h e l m v o n H e e s , Doctor der Rechte, Dekan am Stift St. Georg, B e r n h a r d G e o r g i i von P a d e r b o r n , des Doincapitels, und H e r r n , v o n S t o c k u m ,
Official
Untersiegier.
IV. Eine Bereicherung der spärlich fliessenden ächten Quellen Fliesteden
empfangen
wir aus
der Zeit
der
über
1 / -jährigen dunklen 3 4
Kerkerhaft des Märtyrers im Keller des erzbischöflichen Grefen durch eine Correspondenz des Inquisitors A r n o l d v o n T o n g e r n mit dem erzbischöflichen Kanzler B e r n h a r d v o n
Hagen.
Unter dem 12. Dec. 152S, nachdem Fliesteden schon ein J a h r lang im Kerker geschmachtet,
die Leiden der Tortur erduldet,
und
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
13
nachdem alle Versuche der Theologen ihn zum Widerruf zu bewegen, gescheitert w a r e n z e i g t e nämlich der Grefe Hilger vom Spiegel dem Erzbischof Hermann vou Wied an, dass Peter Fliesteden als unbussfertiger Ketzer (von den Theologen) verdammt worden sei, aber Grefe und Scheffen beschwerten sich, weiter mit der Execution fortzufahren, bis eine öffentliche Declaration des Urtheils erfolgt sei. Wörtlich lautet diese als Postscript einer längeren anderweitigen Beschwerdeschrift angehängte Anzeige folgendermaassen 2 ): „Item P e t r u s von F l y s t e d e n ist t a m q u a m h e r e t i c u s impenitens v e r d a m p t durch eyn vrteill In des G r e v e n H u y s s v y s s g e s p r o c h e n. Nu b e s w i r e n sich G r e v e v n d S c h e f f e n mit d e m s e l b i g e n v o r r t z u f a h r e n , Es w e r d e dan zuvor öffentlich vnd vur meneichlich sulche Condemnation d e c l a r i r t etc." Iis konnte nämlich in Köln ein gerichtliches Todesurtheil nur durch das vom Churfürsten eingesetzte, aus gebornen, erbgesessenen und angesehenen Kölner Bürgern gebildete Scheffengericht gefällt werden, das Urtheil musste öffentlich ausgesprochen werden und es mussten auch bei einem solchen Urtheil sieben Scheffen einstimmig sein — aucb konnte eine Verurtheilung nicht stattfinden, ohne dass dem Angeklagten Gelegenheit gegeben wurde, sich zu verantworten. Die städtischen Statuten darüber lauten folgendermaassen (wir citiren nach einem Druck von 1570): „Wie die S c h e f f e n e i n e n m i s s t h ä d i g e n M e n s c h e n zum Todte v e r u r t h e i l e n sollen. Item haben wir vbertragen, wann man einigen missthädigen Menschen vom Leben zum Todte verurtheilen soll, dass alssdann die Scheffen des Hohengerichts zu Collen, die dann binnen unsrer Stadt sein, alle gemeiniglich auf j h r e Eyde bey einander sein sollen, es benäme jhn dann Herrennoth oder Leibsnoth, dass kündig wäre, also doch das zum minsten siben Scheffen dabey sein sollen, den missthädigen Menschen zu verurtheilen, auch sollen die Scheffen nie-
1) Erst am 21. Januar 1529 wurden beide Märtyrer in dem Kerker des Grefenkellers zusammengesetzt, wo sich beide Zeugen Christi bis zu ihrem Tode im Glauben gestärkt und sich gegenseitig gefördert haben, bis sie am 28. Sept. 1529 mit der grössten Freudigkeit ihren Ehrentag antraten. 2) Obige Stelle ist bereits mitgetheilt
in Band I, 43 (1872) unserer Zeit-
schrift unter den Auszügen aus den Kölner Rathsprotocollen und andern gleichzeitigen Acten, aber ohne die jetzt gelieferten Erläuterungen.
14
Kr ä f f t
mands an seinem Leib richten oder vrtheilen auff gezeugniss sonder sein verantworten." Auch an andern Orten bestand diese Ordnung. So heisst es z. B. hei der Hinrichtung eines Märtyrers in Mähren vom J a h r 1558 (Beck, fontes austriacae X L I I I , S. 232): „Es hat sich auch vil volks versandet auf der Richtstatt, J r endt zuzuschauen. Nun verzog sich die sach, denn die schöpffen kundten im urtl nit zusamen stimen." Das Scheffencollegium zu Köln verlangte also eine öffentliche Declaration des von den Theologen gefällten Verdammnissurtheils, ehe dasselbe ihrerseits durch ein b ü r g e r l i c h e s T o d e s u r t h e i l zur Execution gebracht werden könne. Hieraus erklärt sich die so lange währende Verzögerung der Angelegenheit sowohl des Fliesteden wie auch des Ciarenbach, denn die Scheffen stimmten nicht in ihrem Urtheil überein und scheuten es auch überhaupt ein Urtheil auszusprechen, da die Verhafteten viele Sympathie in der Bürgerschaft hatten, und Ciarenbach insbesondre als Erzieher von Söhnen vornehmer Kölner Familien in hoher Achtung stand. Denn schliesslich hat die Hinrichtung der beiden Märtyrer ohne ein gültiges Scheffenurtheil, mithin in ungesetzlicher Weise stattgefunden 1 ). Dass die Scheffen bis zu dem Tode der Märtyrer sich gescheut haben, ein eigentliches Todesurtheil auszusprechen, darüber besitzen wir zwei merkwürdige von einander unabhängige Zeugnisse. In einer am 7. Sept. 1529 (mithin im Todesmonate der Märtyrer) zu Marburg im Drucke fertig gewordenen Schrift des Deutsch-HerrnRitters Grafen I s e n b u r g : „Ablenung der vnchristlichen Straf, so die Predigermönsch zu Collen . . . kegen meinen gnedigen Herrn von Eysenburg unter Doctor Cocleus Titel gethan" 2 ), wo es in der Vorrede heisst: „Die Mönch haben kein öffentlich Verhör (in Betreff Ciarenbachs) wollen annehmen, denn sie besorgen sich ihre heimliche Verfürung solt der Welt offenbar werden, und grüellet (gräuelt) ihnen nichts, denn das sie sclbs sagen mögen, es sei einer ein Ketzer, er hab 1) Es geht (lies deutlich aus dem Briefe des ßechtsgelehrten an Buschius hervor (Briefe und Documente S. GO):
Lumpius
Ubi iam sistuntur ante tri-
bunal, interrogavit Adolplius (Ciarenbach) ubinam essent accusatores, ubi iudices qui eos condemnarent ? 2) Die genaue bibliographische Beschreibung der vielen von dem merkwürdigen Manne im evangelischen Sinne vorfassten Schriften s. in unsern Briefen und Documenten.
Elberf. 1876, S. 2 0 1 - 2 0 6 .
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
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wider den Bapst geredet, vemrtheilen ihn in ihrem Geriebt, da sie selbst Kläger und Richter sind und überliefern ihn dann den weltlichen Richtern, und bitten doch für ihn, das ihm weder am Fleisch noch am Blut nichts geschehe. W e n n n u n k e i n S c h e f f e n ü b e r ihr u n t ü c h t i g e s U r t h e i l will J e m a n d e n vom L e b e n zum Tod v e r u r t h e i l e n , d a n n fallen sie auf Lästern wie viel gehört ist, u n d w ü t h e n wie d e r T e u f e l a u f d a s sie e i n e n , d e r C h r i s t u m l o b t , u m d a s L e b e n b r i n g e n " u. s. vv. Hiermit stimmt auch der evangelisch gesinnte Kölner Rechisgelehrte Dr. Lumpius überein, der in Beziehung auf das Scheffengericht ausdrücklich drei T a g e nach der Hinrichtung der Märtyrer bezeugt (Briefe u. Documente, S. 60): Iudices, quos scabinos vocant, aut numero deficientes, aut alias de illa causa iudicare noluerunt. Das erwähnte Schreiben des Arnold von Tongern befindet sich im Original lateinisch im Staatsarchiv zu Düsseldorf. Die Lesung des Briefes bot manche Schwierigkeiten dar, wobei uns eine freundliche Hülfe des verstorbenen Prof. Dr. Crecelius zu Theil geworden ist. W i r geben zunächst folgende Uebersetzung: „An den verehrten und trefflichen Herrn Doctor der Künste und des päpstlichen Rechts Herrn B e r n h a r d v o n G e s e k e , Kölnischen Canonicus, sowie Probst der Kirche zum heiligen Andreas, und unsers ehrwürdigsten Herrn Erzbisehofs würdigsten Canzler, seinen Vorgesetzten und Freunde zu eignen Händen. Verehrter Herr Canzler, ich theilte neulich in der Kirche Ew. Herrlichkeit mit, weil der Greve des hohen Gerichts mich ersucht hatte, dass den Scheffen die Acten in der Sache der Verurtheilung des P e t e r F l y s t e n ausgeliefert würden, und dass ich ihm geantwortet hätte, so viel was meine Person angehe, würde ich dem nicht entgegen sein, aber weil es nicht Sache derselben (der Scheffen) sei, in solchem Process die Kenntniss (der Acten) zu fordern, sondern dieselben zur Execution zu bringen, so wage ich nicht, das zu thun, ohne Ew. Herrlichkeit zu Rathe zu ziehen, damit mir nicht der Einwurf gemacht werden könne, dass ich unkluger Weise gelitten habe, dass die Gerichtsangelegenheiten des Ehrwürdigen Herrn (nämlich des Erzbischofs) in Verwirrung geratheu seien. Ew. Herrlichkeit antwortete damals, Sie wolle darüber beratben und dann eine Antwort geben. Gestern Abend war nun wieder P e t e r (der Schelfe Erkelenz)
16
Krafft:
in meinem Hause wie früher, ich antwortete, er solle mit Ew. Herrlichkeit sprechen, der ich die Sache übergeben habe. E r ging nun in Ew. Herrlichkeit Wohnung, fand Sie aber gar nicht zu Hause. Um der langen Verzögerungen willen bat mich P e t e r , Ew. Herrlichkeit diesen Brief zu schreiben vor der Rückkehr des hochwürdigsten Herrn. Denn es geschähen ihm viele Einreden Uber Verschleppung der Expedition in solchen Geschäften, es möge mir daher Ew. Herrlichkeit in der Kürze schreiben, was geschehen soll, ob die Acten auszuliefern seien oder nicht, oder, wenn es beliebt, dass ihm oder den Scheffen unter dem Namen des hochwürdigsten Herrn geschrieben werde, dass sie sich mit dem gemeinen und geschriebenen Recht in Uebereinstimmung setzen. Und damit empfehle ich mich. Der Heilige Geist sei mit dem Hochwürdigsten Herrn, der im Begriff ist, seine Reise hinauf (zum Reichstag) anzutreten, und wohne mit Seiner Gnade den Berathungen bei, damit dieselben verhandelt werden und geschehen zum Besten des christlichen Gemeinwesens, und des Glaubens, der in der allergefährlichsten Weise sich in Noth befindet. Derselbe Geist weiss die Sache zu Stande zu bringen. Wenn, wie der Apostel Jacobus sagt, das beständige Gebet des Gerechten viel vermag, so wäre es nöthig, dass der Hochwürdigste Herr, der die Reise antritt, es zuwege brächte, dass für ihn und die andren, die zusammen kommen werden, viele Gerechte beteten. Nach meinem Urtheil i s t D e u t s c h l a n d noch nie von der Zeit der A n n a h m e d e s G l a u b e n s in e i n e r g e f ä h r l i c h e r e n L a g e g e wesen. Es möge dem Herrn gefallen, seinen Zorn von uns abzuwenden. Es zwingt mich meine Verlegenheit, Ew. Herrlichkeit dies in Erinnerung zu bringen. Leben Sie wohl. Cöln am Tage nach Matthias, dem Apostel, im J a h r e 29 (25. Februar 1529). A r n o l d von T o n g e r n , Ew. Herrlichkeit Diener." Schon am folgenden T a g e wurde dem Greven im Namen des Erzbischofs Hermann ein Schreiben zugesandt, worin es in Bezug auf Fliesteden heisst: „Zum Andern langt uns an, dass du die Acten petrum flystein belangend von Tliungaris vnsrm Inquisitor gefordert haben sollest, das vns befrembdt. Nachdem du darin nit weither dan souil dere execution der Vrteill zubehort vnd darumb dich darin selbste des das dir die nit zustehin zu fordern, woli hettest. zu berichten gehabt Vnd beuelhen dir darumb hiemit, du wollest die jliene, so zu solchen
l)er Märtyrer Peter Fliesteden.
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Sachen verordent, das Jhene das Ihnen zustehet lassen handelin, vnd dich darin weitliers nit dan dir zur Execution zubehort annemen noch beladen. Daran thustu vnser beuelh vnd meinongh. Datum Poppeisdorff freithags nach (26.Febr.) Mathie anno X X I X . " Der Kanzler B e r n h a r d v o n H a g e n , an den das Schreiben des v.Tongern gerichtet ist, war aus Geseke in Westfalen gebürtig, und hatte, der juristischen Facultät in Köln angehörig, beim Erzbischof Hermann von Wied dieses Amt als Nachfolger des Kanzlers Degenhardt Witte, im J a h r e 1526 erhalten. Ausserdem war er Probst an der Kölnischen Collegiatkirche zu St. Andreas, und wurde später noch mit anderen P f r ü n d e n versehen 1 ). Er gehörte der Erasmischen Richtung an 2 ) und soll auch nach Bucers Zeugniss zuerst dem Erzbischof Hermann zu dessen Reformbestrebungen beigestimmt haben. Er starb (nach Hamelmann) am 5. Oct. 1556. Der Briefschreiber an den Kanzler ist der bekannte A r n o l d v o n T o n g e r n , einer der angesehensten Theologen von Köln, der Hauptgegner Reuchlins in der bekanntlich ganz Deutschland und andre Länder bewegenden Streitsache. Als Rector der Laurentianer Burse hatte er die philosophischen Lehrbücher dieser Anstalt herausgegeben, die sogenannte Reparationes, nach welchen bei der Prüfung der Magistranden examinirt wurde. Er war auch Lehrer Ciarenbachs gewesen, der von 1514 bis 1517 in der Laurentianer Burse studirt hatte. Ciarenbach erwähnt bei dem Verhöre diese Reparationes, wobei ihm einer der Inquisitoren bemerkte, wenn er bei den Reparationen geblieben wäre, würde es besser mit ihm stehen. Wir geben zu obigem Schreiben noch folgende Erläuterungen: Nach der im J a h r 1492 aufgerichteten Gerichtsordnung vom Erzbischof Hermann von Hessen sollte das Scheffengerichtscollegium aus dem Gret'en als Präsidenten und zehn Scheffen bestehen. Die Namen des zur Zeit der Gefangenschaft Fliestedens und Ciarenbachs bestehenden Collegiums können mit. Sicherheit aus einem Actenstück ermittelt werden, welches wir dem vor einigen J a h r e n 1) So war er z. B. auch Pastor von der einträglichen Stelle zu M e i d e r i c h bei Duisburg, d. h. er liess nach der damaligen Weise der vornehmen Prälaten die Stelle durch einen Vicar versehen
und
zog die Einkünfte.
Vergl. das In-
vestiturbuch des Aruhidiaconats zu Xanten. 2) Erasmus schreibt an Tilmann vom Graben (epp. Erasmi edid. Clericus II, 1429) im Jahre 15i}l: De Bernhardo
TIagio
et Ioanne
Greppero (soll heissen
Groppero) nae tu magnam voluptatem mihi nuncias. Theol. Arbeiten XI.
2
18
Rrafft:
verstorbenen
bekannten
genealogischen
Forscher,
Justizrath
Fahne
auf der Fahnenburg bei Düsseldorf verdanken. Das Collegium
bestand
im J a h r 1529 aus folgenden Männern:
Der Grefe H i l g e r vom S p i e g e l
(am
28. M a i
1498
in
der
Matrikel der Universität in die Facultät der Künste eingetragen als Hilgerus de speculo) als Scheffe eingetreten 1511 und 1524 als Grefe (vicecomes) ernannt.
Er wohnte auf der Sandkaule; in dem Grefen-
keller hat Fliesteden beinahe 1 3 / 4 J a h r e zugebracht, während Clarenbach
nur 8 Monate
mit Fliesteden
in
gemeinschaftlicher Haft dort
gewesen ist. Scheffen: 1) G o d d e r t (Gottfried) E i c h h e i s t e r , 1495 als Scheffe eingetreten.
Er
nahm wegen seines Alters an den Sitzungen nicht
Theil und erhielt „Relaxation", was aber zur Folge hatte: „darumb da die anndre scheffen auch in grossen vnd pynlichen sachen vrsach schöpfen bliuuen
vsszubliuen sitzen
derhalb
die
nit
die g e f a n g n e z u u i l m a l e n
gerechtfertigt,
schaden vnnd dem greuen gross vssprad, erweshet, obig relaxation
zu widerroifen
lange
daruss mirglich cost, Bitt darumb die
adir gerurt Eichester dweil er seins
dinsts nit warten will zu (entfernen) vnnd ein anndern in sein zu stellen".
Statt
Urkunde in den Acten des hohen Gerichts.
2) M e l c h i o r v o n K e r p e n , trat 1504 ein und starb 1541. 3) G u m p e r t M u m m e r s l o c h ,
Scheffe von 1506 an, starb später
wie 1533. 4) F r a n c i s c u s S t r a u s s (oder Straus), von 1508, starb später wie 1533,
seiner Richtung
nach
entschiedener Anhänger der Rich-
tung Reuchlins. 5) G o r g e n B r a u w e i l e r , seit 1519 Scheffe, starb 5. Dec. 1541. 6) J o h a n n v o n d e r R e v e n , von 1519 bis 1541. 7) B a l t h a s a r v o n K e r p e n , von 1522 Uber 1533 hinaus Scheffe. 8) P e t e r v o n E r k l e n z , tätsmatrikel 1. Dec. 1507 1522 bis 1541,
inscribirt als Jurist in der Universi-
„Petrus Erkelens
Hauptgegner der
Scheiterhaufen begleitet hat.
Märtyrer,
ad j u r a " ,
Scheffe von
der dieselben bis zum
E r war ein vornehmer Gewandschneider,
d. h. Tuchhändler. 9) J o h . S c h l o s g y n , von 1522 bis 1541 Scheffe. 10) M e l c h i o r v o n R o l i n x w e r t h , von 1524 bis 1531 Scheffe. 11) M e l c h i o r
von
Siegen,
von
1525
bis 1529
Scheffe,
wahrscheinlich als Ersatzmann für Eichheister. Aus obigem Verzeichniss geht mit Sicherheit hervor, dass
der
den Kanzler von Hagen zur Einlieferung der Processacten Fliestedens
Der Märtyrer Peter Fliestedeü.
19
mahnende Seheffe in dem Briefe des von Tongern kein andrer ist, als P e t e r v o n E r k e l e n z . Dass in dem Scbeffencollegium zweierlei Richtungen vertreten waren, und dass einige der schliesslichen Hinrichtung der beiden Märtyrer nicht zustimmten, geht aus dem oben angeführten bestimmten Zeugniss des Lumpius hervor. Zu diesen n i c h t z u s t i m m e n d e n Scheffen gehörte auch offenbar F r a n z S t r a u s s , über den sich eine merkwürdige Nachricht in einem Briefe des Humanisten Buschius an Reuchlin erhalten hat aus Köln vom J a h r 1 5 1 4 , , E s sind hier sehr bedeutende Büi-ger, und ihre Zahl ist nicht gering, welche deiner Angelegenheit aufs Entschiedenste zustimmen. Aller dieser Männer Vorkämpfer und Anführer ist Franciscus, mit dem Zunamen Strauss, ein Patricier und reicher Mann, zwar nicht literarisch gebildet, aber der eifrigste Widerleger deiner Gegner, so sehr, dass selbst die Theologen fürchten mit ihm zusammenzutreffen. Deinen „Augenspiegel" weiss er auswendig, trägt ihn immer mit sich herum, und ist darin so geübt, dass ihm die F e i n d e nichts entgegnen können, worauf er nicht sofort in der treffendsten Weise zu erwidern vermag." W i r glauben mithin aus dem Gerichtskollegium, an dessen Spitze der fanatische und von der feindlichen Partei beherrschte Grefe Hilger vom Spiegel stand 2 ), wenigstens einen Ehrenmann herausgefunden zu haben, dessen Einfluss es mit zu wege brachte, dass ein eigentliches richterlich gesetzmässiges Todesurtheil Uber die beiden Märtyrer nicht gesprochen wurde. Der an neunter Stelle in obigem Verzeichniss genannte Seheffe S c h l o s g y n war kein solcher Ehrenmann, er verfolgte nach stadträthlichem Urtheil mit Unrecht eine Bürgerin, und der Stadtrath beschloss in Folge dessen, dass der churfürstliche Gerichtsbeamte „bei der Sonne", d. i. bei hellem T a g e als Gefangener sich in einen der städtischen Thürme zu begeben habe. Der Seheffe aber floh nach D e u t z , gegenüber Köln, im Gebiete des Churfürsten. Diese in mehreren Urkunden ausführlich behandelte Thatsache ist wieder ein neuer Beweis, wie gespannt die städtische Verwaltung gegenüber dem
1) In Illustrium virorura epistolae ad Reuchlinum.
Fol. V 1, 6.
2) Lumpius in seinem Briefe an Buschius (Briefe u. Docum. S. 60), 1. Okt. 1529 schildert die Stimmung
in Köln vor der Hinrichtung
„territus Senatorum ordo, magis inter eos seniores gunt, quem mox
pusillanimem
ausführlich u. a :
Illi rursus Praetorem strin-
factum in suam dueunt impietatem,
suspicione corruptionis peenniariae".
non sine
20
Krafft:
churfttrstlicheu Gericht
stand.
Nur bei der Verurtheilung der Mär-
tyrer reichten sich Pilatus und Herodcs die Hand. Der an
zehnter Stelle
genannte M e l c h i o r
von
Rolinx-
w e r t h gehörte einer alten begüterten Familie an, von welcher der Carthäusermönch Theod. Löher a Stratis in einer Vorrede zu Dionysii Carthusiani
enarrationes
in
quiuque
libros
sapientiae,
Coloniae
M D X X X 1 X , die an den Sohn dieses Schelfen gerichtet ist, eine ausführliche Genealogie dieser Familie gegeben,
als Bild einer Kölner
alten Scheffen- und Senatorenfamilie vor der Reformation, wo er die Freigebigkeit derselben xenodochium,
quotum
gegen est
.ficiorum desint insignia?
kirchliche Institute
monasterium
rühmt.
Quotum
cui e maioribus tuis bene-
Aut ubi visitari templum potest, in quo non
aliqua aedificiorum ornamentorumque
monunienta
tua
locata
sint?
Der Carthäuser verfolgt ausführlich mit besonderem Ruhm die Voreltern
des M. von Rolinxwerth
sowohl väterlicher
als
mütterlicher
Seits, spricht aber auffallender Weise nicht von dem Vater, dem oben bezeichneten Scheffenherrn,
wessbalb wir ihn vielleicht auch zu den
Scheffenherrn rechnen dürfen, welche das Todesurtheil der Theologen über die beiden Gefangenen nicht aber
noch
andre Scheffenherrn
sinnung waren. angesehenen
bestätigen
gewesen
wollten.
sein,
Es
müssen
welche gleicher Ge-
Der merkwürdige und wichtige Brief des kölnischen
Rechtsgelehrten
Lumpius
(Briefe u. Documente S. CO)
an Buschius in Marburg, 2 T a g e nach der Hinrichtung der Märtyrer geschrieben,
hat folgende Stelle
„Die Richter,
(wir geben
welche man Scheffen nennt,
sie
in Uebersetzung):
entweder weil ihre Zahl
nicht vorhanden war, oder aus irgend einem andern Grunde, wollten nicht urtheilen.
Das weiss ich gewiss, dass einige unter ihnen ge-
wesen sind, welche mit dem Tode der Beiden nicht übereingestimmt haben." Im Laufe Fliesteden,
an
des J a h r e s 1528
erfolgte
dessen Widerruf
die Ketzerrichter
nun die Verdammuug des nach
so
vielen
Versuchen verzweifelten. Das Scheffengericht, dem das Todesurtheil mitgetheilt war, damit es
auch
seinerseits
dasselbe nicht nur bestätige, sondern auch
zur Execution bringe, wollte aber,
wie der Präsident des Gerichtes
am 12. Dec. 1528 an den Kanzler des Erzbischofs eine öffentliche Declaration des Urtheils, Zusendung der Acten
—
schrieb,
vorher
und forderte desshalb die
und um diese Sache handelte es sich bei
dem Schreiben des Arnold von Tongern, der von einem der Scheffen, P e t e r von E r k e l e n z , einem Hauptgegner der beiden Gefangenen,
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
21
wie wir sahen, mehrfach angegangen wurde, da die lange Verzögerung der Sache Unzufriedenheit hervorrufe. Der Kanzler verweigert im Namen des Erzbischofs, der aber von dem Schreiben keine Kenntniss hatte, diese Zusendung, und damit wird die Angelegenheit aufs Neue verschleppt, es kommt .kein eigentliches Scheffenurtheil zu Stande, und bis zum Todestage der Gefangenen ist kein gültiges Scheffenurtheil gesprochen worden, mit andern Worten: die beiden Märtyrer sind widergesetzlich hingerichtet worden. Ob die Stelle in dem Briefe, dass vor der Rückkehr des Erzbischofs vom Reichstage zu Speier die Sache abgemacht werde, eine Andeutung enthält, dass man in der Abwesenheit des Erzbischofs leichter zum Ziele gelange, ist möglich. Die directen Verhandlungen des Erzbischofs im Sommer 1529 über das Schicksal der beiden Gefangenen beweisen, dass Hermann von Wied dieselben zum lebenslänglichen Gefängniss ins Staatsgefängniss nach Brühl gebracht wissen wollte, in dasselbe Gefängniss, wohin er auch einen der ersten Prälaten des Erzstiftes, den päpstlichen Protonotar und Archidiakonus von Xanten, J o h . I n g e n w y n k e l , beinahe zu derselben Zeit hatte hinbringen lassen. Am Schlüsse des Schreibens spricht Arnold von Tongern sich über die ernste Lage der katholischen Kirche in Ein Deutschland a u s , die sich in der grössten Gefahr befinde. Schreiben der Stadt Köln vom J a h r 1525 nach Rom, wohin man dieselbe in einem Process mit einem Reitknecht eines Cardinais citirt hatte, spricht die Ansicht aus, Köln sei d i e e i n z i g e S t a d t D e u t s c h l a n d s , die mitten unter den Empörungen und Secten nicht einen Finger breit von dem heiligen römischen Stuhl abgewichen sei.
V. Die am Schlüsse des Briefes Arnolds von Tongern erwähnte Reise des Erzbischofs H e r m a n n v o n W i e d zum Reichstage zu Speier im F r ü h j a h r 1529 gibt Anlass, über die damalige Stellung des Erzbischofs zur Reformation Genaueres als bisher bekannt gewesen ist mitzutheilen. Was im Allgemeinen den S t a n d p u n k t Hermanns schon in früheren Jahren betrifft, so war derselbe, wie es auch bei dem jülich-clevischen Hofe der Fall war, entschieden e r a s m i s c h . So schreibt z. B. Erasmus schon aus Basel am l . Febr. 1523: „Man erzählte, dass auch der Erzbischof Sehnsucht habe mit mir zusammen zu kommen, denn er hatte mich auch zu einem Frühstück nach Köln
Krafft:
22
eingeladen, aber ich zog es vor, mehr auf meine Gesundheit Rücksicht zu nehmen, als dem Willen des Fürsten zu folgen.
Es fanden
sogar Verhandlungen mit Erasmus statt, um ihn nach Köln zu ziehen, aber Erasmus
scheute
die M ö n c h e zu Köln.
Der Graf Hermann
von Nuenar, der berühmteste humanistische Adlige, befand sieb auch am Hofe Hermanns,
sowie
schen Obscurantismus,
auch später der Hauptgegner des kölni-
Agrippa
von Nettesheim
Wied in lebhafter Verbindung stand.
Erasmus
mit Hermann bezeigt
auch
von seine
Freude darüber, 'dass Bernhard von Hagen, eben der Kanzler, an den v. Tongern schreibt, und Groppel - (Erasmus schreibt Grepper) in ein näheres Verhältniss zu dem Erzbischof getreten seien. Aber zu einer Wied
noch nicht
evangelischen Ueberzeugung war Hermann von
durchgedrungen.
merkwürdige, bisher
Wir theilen zur Klarstellung 2
unbekannte Briefe Hermanns
mit,
gerade aus
den Tagen der Verhaftung Fliestedens und Ciarenbachs, welche den Erzbischof entschuldigen sollen, dass er nicht persönlich zum Reichstage nach R e g e n s b u r g
kommen
könne,
worin
sehr
deutliche
Erklärungen über den Standpunkt Hermanns. Erstes Schreiben des Erzbischofs an Georg von Eitz. Würdiger geistliger lieber besonnder. W i r haben vwer an vnns gethanes schreyben sampt bygelachter Credentz vnd Instruction des durchleuchtigsten Grosmechtigsten Herrnn Ferdinandi zu Beheim vnd Vnngren. d. Konings vndRo r key1' Mät vnnsers aller gnedigsten Herrnn Im heiligen Reiche Stathalters
vnnsers lieben Hernn
vnd freunnds
dar In wir vilfeltiger hoichwichtiger des heiligen Roimischen Rychs obligender noettiirftiger Sachen halb von siner L. nehist künftigen angesatzten
Reichstagh
zu Regenspurg Montagh
nach
Invocavit für-
gnannt eigener persoin zu besuechen beschrieben vnd erfordert werden mit weitherem Innhalt hören des, wie
wir auch
vns
lesen vnd verstanden.
Nu weren wir
des vnser plicht naich schuldig erkennen,
gantz gehorsam vnd willig.
Dweill sich aber zusehen den Erwirdigen
In got vnsern Suffraganien vnd hoichgebornen Fürsten vnseren lieben broder vnd Neuen Hinrichen Bischofen zu Vtrecht, vnd Herrnn Carlen Hertzagen zu Geller dere Lande dan Zum teill an vnser fürstenthomb hart greintzen vnd stoissen, ernante Malstat
krieg
dess Reichstages
erhoben
Zu
zu besuechen
deme auch vns die vnd
vns dahin vss
vnserm Stift eigener persoin zu ergeben, dessgleichen auch so es von not theete danen In lle wider vns heimzufugen — gantz wyt gelegen ist. Darzu so v n d e r s t e h e t d i e n u w e l u t e r i s c h e l e r e
vnsernn
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
23
n a c h p u r f ü r s t e n auch an etlichen orternii vnsers Stifts h e i n i l i c h m i r g k l i c h i n z u b r e c h e n , das zu verhueten vnd zufurkomen wir bisher in fleisigervbungh gestanden vnd noch zu got verhoffend die vnsere vortan wie bisnoch von solcher v e r d a m p t e r n u w e r l e r e mit hilf gottes abzuhalten, darumb wir vss denen allen vrsachenzu ermessen haben den Reichstag eigener persoin vnder mirgklich verderben vnsers stifts auch Inrysongh dere lutherischen sectennitbesuechen mögen, vnd begeren darumb mit fleiss gutlich Ir wullet vns solchs vnsers p e r s ö n lichen nit ersehynens bie Irer Ko. wirden vfs best entschuldigen keiner ander dan erzalt gestalt vnd das vns die hohe noitturft dauon abhelt von vns abzunemen, vnd vns dismals vnser persoinliche zukunft zu verlaissen, vnnd Ine auch daneben ansagen, Wan vns die Malstat etwas gelegentlicher zu besuechen verendert wurde, dass wir dan von hertzen gern vns eigener persoin zum Reichstage l'uegen, Ader aber wo dies nit geschehen mochte durch vnsere Reethe mit gnugsamer gwalt den angesatzten Reichstag zu Regenspurg von vnser wegen besuechen vnd neben andern des Reichs Sachen (?) alles das firnemen handellnn vnd beschliessen laissen wullen, das deme heiligen Ro. Reiche Zu nutz vnd gut komen mag, gleich als ob wir selbst eigener persoin zugegen weren, welches wir vch vf vwer schreyben vnd werbungh gantz gnediger meynongh nit bergen wulten, Mit beger das vfs fueglichst siner 1. anzutragen vnd vns siner lieben zu beuelhen. Datum Bruell am freitbage nach deme hiligen Newen Jahrstage Anno d. XXVIII. An Her Jorgen von Eitz. Zweites Schreiben des Erzbischofs an Georg von Eitz. Wirdiger lieber besonnder Als Ir vnns mit Credentz vnd Instruction von wegen des grossmechtigsten Konings vnsers besonder lieben frinds Herrnn Ferdinandi Koningh zu Beheni vnd Unngern vnd Ro r K r Mät vnsers allergnedigsten Hernn Im Rö. Reich Statbalters vfs fleissigst furgetragen vnd erzalt was mirgklichen vrsachen sin Kö. wirde Iren vorigen schreiben naich vergangner mitfasten zu Regenspurg anzukommen verhindert, vnnd was auch nackfolgends sich dieselb naich gethaner versehongh Irer croin zu Vngern des itzigen Reichstages halb zu Regenspurg zu erscheinen entschlossen haben, das haben wir allenthalben wol vernomen vnd demnaich begert wir In bedenckungh vnvermeidenliger noit vnd swerer obligen vns eigener persoin zum Reichstage zu erheben vnd fuegen wulten, gleich wie dieselb sin Kö. wirde sich auch von andern Churfiirsten vnd
24
Krafft:
Fürsten so gleichs haben ersoicht zu geschehen versehen sulte, h a b e n wir allenthalben wol vernomen. Nun weren wir In warheit daruf on das wir vnns auch das schuldig e r k e n n e n vnd wissen eigener persoin solchen Reichstags zu besuechen gantz bereit (?) vnd willig Aber wir zweiuellen gar, sin F. K. w i r d e h a b vnser entschuldigunngh desselbigen Reichstags halb woll verstanden vnd d e r maissen bericht vernomen d a s vns sonderlich vnscr n a i c h p a r f u r s t vehden vnd mirgliger a n d e r vrsachen halben on vnwiderbrenglichen schaden verderben vnser lande vnd lüde dieser Z e i t 1 ) vss vnsern landen also weit vnd fern zu begeben gar vngelegen gewesen vnd noch, d a r u m b w i r dan auch alsbalde vort daruf vnnsere Reethe zu solchem R e i c h s t a g e mit voller g w a l t von vnsert wegen zu h a n d e l l n n vnd zu beschliessen gefertigt vnd denselbigen auch damit beuelh geben h a b e n d i e s h a l b vnser entschuldigung anzuzeigen, wie das dan sin Ko. w i r d e a d e r derselben botschaft von Inen wol vernemen werdent. Dweill sich nu die v e h d e zusehen vnser N a i c h p u r f u r s t e n nit mindert, sonder tegelichs m e r h e t vnd erzürnet, vnd daneben s i c h a u c h d i e l u t h e r i s c h e 8 ) v n d a n d e r a l l e r l c y h a n d e l l g a n t z s e l t z a m t h u t s c h i c k e n , Muessen wir in stentiger groisser vursorge vnd arbeit stehen weithernn v n g e m a g h vnd vnrait zu f u r k o m e n : vnd mögen ader kunnen der v r s a c h e n halb siner K. w. In deme sonder gewissen verderblichen schaden vnd f a r e vnser l a n d e vnd lüde nit als wir sunst von hertzen g e r n theten willfahren. Vnd wiewoll wir vch vf vwer neulich w e r b u n g h auch vnser müntlich Antwort geben haben, So geben wir doch vch auch nit destowenger diese schriftlich antwort, begerend, diese vnser schrift gedachter K. w. anzuzeigen, vnd sie von vnser wegen vfs friuntlichst wir k u n n e n a d e r mögen biten vnns vif verzalt vrsachen dieser Zeit d a m i t enntschuldigt zu halten, vnnd vns dieselb enntschuldigen k e i n e r a n d e r gestalt dan der hoher noitturft naich abzunemen. W i e deshalb zu derselbigen seiner F . K. w. vnser besonder vertrau wen stehet, d a s wullen wir vmb siner F . K. w. dere wir zu allen friuntlichen Diensten g e n e i g t sein, wir vnnsers Vermögens gern friuntlich wider verdienen vnd vmb vch mit besondern gnaden erkennen, d a t u m Poppelstorf sontags Q u a s i m o d o g e n i t i Ao XXVIII. An H. J o r g e n von Eitz, T h e u t s c h s ordens Oberster Marschalck d. 1) Am Rande: vnd In diesen seltzamen geschwinden leuffen. 2) Daneben steht ausgestrichen: v f r u r i s c h e heimlich vnder vnsern vndersaissen.
Lere
auch
thut,
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
25
Die hohe Bedeutung des Reichstages zu Speier, der von den meisten deutschen Fürsten und Reichsstädten besucht wurde, überwog bei dem Erzbischof die früheren Hedenken, und er zog mit seinen Rathen, Dietrich von Manderscheid, Hermann vou Nuenar und Joh. Gropper den Rhein hinauf gen Speier, wo der grosse folgenreiche Act der Protestation der evangelischen Stände stattfinden sollte. Schon der Einzug der Fürsten in Speier, die diesmal keine Verspätung der Reichstagseröffnung herbeiführen wollten, hatte zum Theil ein kriegerisches Ansehen, die meisten der zur katholischen Majorität zählenden Fürsten Hessen sich von bepanzerten Reitern begleiten. Die Augen der Prälaten sprühten, wie Melanchthon berichtet, gegen die Evangelischen glühenden Hass, während der Churfürst von Sachsen, auf seinen Gott vertrauend, nur mit geringem und un bepanzerte m Gefolge erschien. Ihm gilt die herrliche Strophe in dem Liede: Diss ist ein Newes Liedlein Evangelische Lehre betreffend (Wackernagel, Deutsches Kirchenlied III, 420): Herzog Friedrich ist ein frommer Fürst, der nach gottlicher Wahrheit dürst, ist der frei bey gestanden des bedank sich Deutsche Nation gen Sachsischen Landen. Drei T a g e später k a m Landgraf Philipp von Hessen an, aber in Begleitung von 200 bepanzerten Reitern und vielen Trabanten. Dass Hermann von Wied nicht ein eigentliches Glied der katholischen fanatischen Majorität war 1 ), zeigte er auch dadurch, dass er dem Landgrafen in Gemeinschaft mit dem sächsischen Herzoge entgegenritt 2 ). Unter den zahlreich auf dem Reichstage vertretenen Städten nahm auch die Stadt Köln eine hervorragende Stelle ein, sie wurde vertreten durch A r n o l d v o n S i e g e n , der schon vor der Eröffnung des Reichstages Namens der Städte im Reichsregiment gesessen, 1) Melanchthon achreibt: Numquam fuit tanta frequentia ullis comitiis öpXtep£wv, quanta in his est. Et quidera vultu signifioant, quantum nos oderint, et quid machineutur. Sed Christus salvabit populum pauperum. Plane sumus in hac urbe KaOapiuata Kai irepupruuaTa. 2) Mein gnädiger Herr der Landgrave, so schreibt der Führer der evang. Minorität, Jacob Sturm aus Strassburg, ist heut zugeritten, hat über 2 Centum gerüstet Pferd ohn Tross und Wagenpferd bracht, mit Heerpauken, Trummeten und Trabanten, sind ihm entgegen ritten Erzbischove von Cöln, und Herzog von Sachsen, beide Churfürsten, und sonst Niemanden von Fürsten personlich.
26
Krafft:
aber bereits im J a n u a r 1529 den Rath von Köln im Blick auf die Bedeutung des in Aussicht stehenden Reichstages gebeten hatte, ihm noch andere Gesandte zur Seite zu stellen, wesshalb auch 2 angesehene im Regiment der Stadt befindliche Männer, J o h a n n v o n R e i d t und der Kanzler P e t e r B e l l i n g h a u s e n zugesandt wurden. Keineswegs gehörten diese 3 Kölnische Gesandte zu der Priesterpartei, denn die Stadt hatte gegen dieselbe besonders das zu klagen, dass die Geistlichen gegen die im Aufruhr von 1525 ihnen genommene Accisefreiheit beständig und bis in spätere Zeiten hinein protestirten. J a es hatten die andern Städte auf dem Reichstage einige Zeit Hoffnung, dass Köln sich in jeder Hinsicht bei der schliesslichen Abstimmung an sie anschliessen würden, mit andern Worten: Während die Stadt Köln daheim den Fliesteden und Ciarenbach bis auf den Tod verfolgten, waren ihre Gesandten zu Speier a u s p o l i t i s c h e n G r ü n d e n n i c h t a b g e n e i g t , sich der e v a n g e lisch g e s i n n t e n M a j o r i t ä t d e r Städte D e u t s c h l a n d s anzuschliessen. Aufschluss über diese merkwürdige Situation haben sich in den Berichten des Abgeordneten der Stadt Memmingen erhalten, des H a n s E h i n g e r , welche von dem Stadtbibliothekar D o b e l , Augsburg 1877, herausgegeben sind 1 ). Von welchem Geiste dieser Ehinger beseelt war, geht u. a. aus folgender Aeusserung vom 6. April 1529 vom Reichstage aus an die Stadt Memmingen h e r v o r : „Es freut mich im Herzen, dass E. W. so ganz gutherzig und tapfer ist, bei Gott und seinem heiligen Wort in allen guten angefangnen Christlichen Sachen zu verharren, solches will ich mit der Hilf und Gnade Gottes ohn alle Furcht und Erschrecken auch thun. Denn jetzund ist die Zeit bei mir hie, da Gott der Herr spricht: Wer Mich bekennt vor den Menschen, den will Ich auch bekennen vor Meinem himmlischen Vater. Ich hab diesen Spruch im Ausschuss und vor den erbaren Frei- und Reichsstätten die T a g tapferlich herfürgezogen vor männiglichen, und insonderheit gegen unser der erbaren Frei- und reichsstatt aller Redner, Herr Jacob Sturm von Strassburg, damit er desto tapffrer behertzhaft red, denn er mir sonders wolgeneigt ist." 1) In dem ausführlichen Werke von Ennen über die Geschichte von Köln ist von der Theilnahme der Stadt am Reichstage zu Speier überhaupt nicht die Rede, wir theilen desshalb auch den Bericht der Kölnischen Gesandten von dem Acte der Protestation mit.
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
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Ferner berichtet Ehinger am 15. März, es seien bereits ungefähr 20 Reichsstädte mit ihren Botschaften erschienen, die Memminger hätten nicht allein den Hund zum Laden hinausgeworfen (d. h. die Messe abgestellt). Es ist in 100 Jahren nie geschehen, dass die 7 Churfürsten bei einander gewesen sind. Unter dem 6. April berichtet Ehinger, dass die Churfürsten von Sachsen und Landgraf von Hessen, als er mit ihnen zu Tisch gewesen, ihm ihren „sonderlichen Gnadenwillen" erzeigt, er habe auch mit den Churfürsten von Mainz, K ö l n und Pfalz mündlich geredet, also dass an guter Kundschaft und geneigtem Willen kein Mangel sei. Aber, so schreibt Ehinger unter dem 12. April: „Es gefällt mir die Sach übel, Dr. Eck, Fabri und andere Geistliche regieren ganz gewaltiglieh auf diesem Reichstag. Ich will euch guter Meinung nicht b e r g e n , dass 5 Fürsten in diesen jetzigen Reichsabschied und Handlung nicht verwilligen werde nemlich der Churfürst Herzog Hans von Sachsen, der Landtgraf von Hessen, Marggraf Jorg von Brandenburg, u. s. Bruder, der Herzog von Liinenburg, der gefürst Graf u. Herr v. Anhalt, und die werden sich als ich acht schriftlich oder mündlich protestiren. So acht ich werden auch etliche Freystädt auch nit darin verwilligen, nämlich Strassburg, Nürnberg. Constantz, L i n d a u , Reutlingen, Northausen, Goslar, F r a n k f u r t , Kempten. Mit Ulm kann ichs noch nit eigentlich wissen, ich sorg schier, dass die Mess nit abgethan ist. Auf Augsburg ist sich gar nichtz zu verlassen. Wo sich Ulm sich recht hält, so ging Bibrach, Isny auch mit, K ö l l e n , Metz, Hailbrunn, Hall, Nordlingen steht noch in Zweifel, aber Ueberlingen, Ravensburg, Rottweil, K a u f b e u r e n , Esslingen, Donauwerth, Hagenau, Kolmar, Schlettstadt, Mülhausen, Weil, die werden leicht annemen, was man beschliesst. Es wird doch ein Zustimmung werden." Zu Mitternacht desselbigen Tages gab E h i n g e r ein zweites Schreiben auf die P o s t : „Gegen den Beschluss des Ausschusses des Glaubens halben haben protestirt, solches nit anzunehmen, der Churfürst von Sachsen, lantgraf von Hessen, Marggraf J o r g von Brandenburg, Herzog Ernst von Lünenburg, Fürst Wolf von Anhalt, lantgraf Wilhelm von Fürstenberg und Graf J o r g von Wertheim, für sich selbst und mehr Grafen. So hant es die nachfolgend Frei- und Reichsstadt mit obstehenden Fürsten, und solchen Beschluss des Glaubens auch nit wollen annehmen, ihr Beschwerde den Chur- und Fürsten angezeigt, und nit darin verwilligen wollen: C o l l e n , Strassburg, F r a n k f u r t , Goslar, Northausen, Nürnberg, Constanz, Ulm, Memmingen, Lindau, Reut-
28
Krafft:
Hilgen, Hall, Hailbronn, Windsheim, Kempten, Isny, nemlich Mathias Buffkr ist in dieser Stund herkomcn, und sant Galla steht auch bei uns, dergleichen Bibrach, Aalen, Bopfingen, thut bei 20 Reichsstedt, die beim Gottswort Lieb und Leid werden leiden, und als ich acht, protestiren werden solchen Abschied nit werden annemen des Glaubens halben." Also K ö l n an der Spitze der protestirenden Städte ? D a n n würde die d e u t s c h e Geschichte, wohl e i n e a n d r e g e w o r d e n sein. Aber 3 T a g e später schreibt er, es sei zu sorgen es möchten etlicli Städte, nämlich Cölln und andre von uns fallen; man kam nämlich den Städten, die beim Papstthum bleiben wollten, sehr entgegen, wesshalb Ehinger schreibt: „In Summa, es sieht fast gleich, dass durch solch Zertrennung der Städte aus Deutschland Welschland gemacht, und zu sorgen, dass die Frei- und Reichsstädte zur Leibeigenschaft möchten gebraucht oder gedrungen werden."' Die schwankende Haltung Kölns ging, wie kaum anders zu erwarten, zuletzt zu der Majorität des Reichstages Uber, und schloss sich von den evangelischen Städten aus in Bezug auf den für immer denkwürdigen welthistorischen Act am 19. April 1529. Wir theilen hier die beiden Actenstücke, nämlich das Schreiben Arnolds von Siegen an den Rath zu Köln vom 31. Jan. 1529, und den Bericht vom 21. April 1529 über den Schluss des Reichstages mit. Vorher geht das Schreiben des Kölner Rathes an v. Siegen über die Auslieferung Ciarenbachs an den Grefen und Scheffen. 1) A r n o l d e n v a n S i e g e n (1. Febr. 1529). So tili aber C i a r e n b a c h b e t r e f f e n ist, w i l l e n w i r uch guder m e y n u n g nit b e r g e n , das e r v a n u n s m i t scholt und onscholt Greffen und Scheffen bevollen ist und g e l i e b e r t der z o v e r s i c h t , die w e r d e n inen k h e i n e p a r t y l i c h e i t s o n d e r sich alles rechten g e w i s s halten und begeren sulchs unsseren Sindico Doctor F r e d e r i c h e n f ü r z o h a l d e n umb sich w y t e r s n i t i n z o l e s s e n , D a i r an g e s c h i e h t u n s g e f a l l e n . Sub Secreto am irsten tagh Februarij. Anno 29. Cedula inclusa. Wir syn ouch vren schriben nahe allergestalt, we wir die sache erwyghen den angesatzten Richstagh zo besuchen gemeynt, Moegen lyden yr vmb eyne gelegen platz u. herberich In vnsseren naemen rächtet. Datum ut in literis.
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
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2) A r n o l d v o n S i e g e n a n d e n S t a d t r a t h z u K ö l n , Speier 31. J a n . 1529. Ewer gnaden schreiben dass dato steet am achtzehenden J a n u a r i j hab ich den dreissigisten In Januario bey Herman dem Bottcn empfangen, vnder anderm Innhaltens des Ewer gnaden an mir begeren, den kunfftigen Reichstage P r i m a Martij angeschlagen vnd aussgeschriben an stat vnd von wegen eins Ersamen Rats zu Collen zu uerdretten vnd zu uerwaren, dergleichen bey der keiserlichen Regierung Im heilligen Romischen Reiche anregung zuthun, des die fürgenommene Müntzordnung vollzogen mocht werden In betrachtung des schädlichen Inbruchs der mannigfaltigen geringen Müntzen, damit der gemeyn Man In vnseren landen vielfeltig vernachteiligt wurdt, habe Ich alles Inhaltes vnderthenigklichen verstanden Vnd geb Ewer Gnaden dis mein Antwurt. Wiewol Ich meinen Herren den Bürgermeister Herr Arnolten von Bruwyler als den eltesten Regenten dieserzeit zu Collen dergleichen auch Ewer G. Cantzler Doctor Bellinckhusen disses k ü n f t i g e n Reichstages gelegenheit genugsam bericht habe, Bin noch der Zuversicht Sie haben E. G. des verstendigt, was einem erbare Rate zu Collen an dem Rychstage gelegen will sein, vnd ist noch die meynung, Nachdem zu diesem Reichstage die konigklich Durchlauchtigkeit zu Hungern vnd Bohem In eygener personen, dergleichen alle Churfürsten vnd fürsten die Ich zu nennen weiss dem Regiment zugeschriben selbs In personen zu erscheinen vnd mit nichten ausszubleiben. Vnd ich auch weyss das mir diserzeit Ewer Gnaden nit gezimbt zu schreiben wes die meynung des Reichstags werden will, das auch gegen einen erbarn Rate zu Collen gleichs eim Churfürste j n viel beschwerlichen Sachen gehandelt soll werden. Das auch vnser pfaffen handelung vf dem Reichstage gehandelt muss sein, dan die meynung ist alle Stende Im Reich In Iren oblygenden Sachen zuhören vnd entlichen zu uertragen. Dem allein nach So ist mein gutbeduncken vnd getrewer Rate des Ewer gnaden thun Wie andere viel geringere Stett dann Collen ist gethan haben, Vnd schicken heruflf vnd lassen bey zeitt ein erliche vnd gelegene herberig bestellen vnd gegen P a s t a (Ostern) ein ansehnliche dapffere Bottschafft hie haben, dann sich diese händel durch mich allein oder meines glichens nit werden lassen verdretten. Ich werd mich auch In keinen weg dess vndernemen oder vnderziehen dann zu den handeln gehören Alte vnd der Reichstage erfarne dapffere Ratsfreunde. Wo aber Ich neben denen Ewer Gnaden vnd dem gemeinen nuitz wisste zudienen vnd zuwillfaren, da will ich mich alls ein getrewer bürger für den
30
Krafft:
gemeinen nuitz Inen erzeigen, So kernen die gesandten gegen Ostern zeit genug, vnd wirdet der Reichstag nitt weren bis Pfingsten, königkliche
Durchlauchtigkeit,
zusampt
etlichen
Churfürsten
dann vnd
Fürsten lenger auss Iren landen zu pleiben nit gemeint sein, Bitt vnd beger Ewer gnaden willen diss mein wollmeinung Im besten vffnemen vnd versteen, dann Ichs trewlich vnd wol gemeyn, dann sollten Ew. Gnaden hir Innen seumich werden das will Ich mich gegen gott vnd Ewer Gnaden
wol verantwurten wissen,
das
kenne
gott der Ewer
Gnaden
In langem glückseligen Regiment fristen wolle,
Antwurt
wissen
lassen,
Datum
Spier
am
Letzsten
tag
Vnd mich Ianuarij.
Anno d. X X I X . Ewer gnaden Gutwilliger Arnold van 3) D e r S t a d t r a t h
Siegen.
a n A r n o l d v o n S i e g e n zu S p e i e r ,
14. April 1529. E. G.
Die Stadt
den Beiträgen
beschwert
sich gegenüber der Forderung zu
für Unterhaltung des Kammergerichts,
dass dasselbe
Klagen gegen die Stadt annehme, die doch allezeit nicht im geringen Maasse
willig die Kosten
des Reichsregiments
getragen habe,
und
nun von leichtfertigen Leuten mit Wort und Schrift angefochten werde. (Wahrscheinlich
ist hierunter
auch
der Erlass
des Kammer-
gerichts sowohl in der Sache W e s t e r b u r g s zu verstehen, der beim Kammergericht Schutz gefunden hatte, wie auch das im Namen des Kaisers erlassene Mandat in Bezug auf die Verhaftung Ciarenbachs.) 4) A r n o l d
von
Siegen
an
den
Stadtrath
zu
K ö l n , 21. April 1529. Vnser willig vnderthenig dinst vnd was wir leibs vnd guts vermögen seien v. g. all zeit vuran bereidt. weisen g. lieben Herrn. schriben hatten, sein
Achtbare vursichtigen vnd
Necht vergange Montags so wir Ewr g. ge-
alle Stende widderumb zu der versamlung des
Reichs zu sieben vren vormittag beruffen worden vnd daeselbst königlicher Mt sainpt
den Commissarien alles in gemein furgehalten
Es
hetten yr ko. Mt vnd andere Commissarien gemeiner Stende vernotelung verlesen Inen
zugestelt
vnd zum höchsten
das solcher
Ratschlag
vif alle artickell in der kayr. Instruction beweglich
dapffer vnd mit
höchster
sich denselbigen gefallen. kay. Mt beroemen, Jeden
erwogen,
mit sondere
Der
vernunfft geratschlagt wären, vnd liesen Wolten aber auch dasselbige sich gegen
zuuersicht sein Mt werd sollichs gegen ein
gnad erkennen.
Souil aber die vbergeben Rat-
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
31
schlag des Churfürsten von Sachssen vnd anderer, des zweidten artickels des glaubens sich mit der merer styme nit vergleichen, musten yr Mt vnd andere Comruissarien der gestalt lassen beruwen. Dhweill aber der geprauch das der mynst deill dein merhern nach Ordnung des heiligen Reichs folgen rnusst, Begerten sie furderlich zum Abschied zu greiffen den sie gemeinen Stenden beuolhen haben vvolten. Doch begert das Regiment vnd Camraergericht ghen Regenspurg zu verwilligen. Hat van stundtan der Churfürst van Sachssen von wegen des Landgraffen van Hessen Lunenburg Hennenberg auch der Stede Strassburg Niirmberg Vlm Augspurg Costnitz vnd vill anderer mehr öffentlich protestirt In sollich artickell nit zuuerwilligen. Sonder k. M. Churfürsten Fürsten vnd Stende des Speirisches Abschieds erjnnert, das der zugeredt versprochen vnd versiegelt. Begert demselbigen zugeleben. So weren sie willens sich in andern Sachen gehorsamlich zuertzeigen, Vnd weither vill dapffer rede daergedoin vnd protestirt so fern solchs nit gehalten müst er sich mit seinem anhangk gegen kay. Mt vnd sonst seiner notturfft nach das mit schrifften oder sust warumb er sich beschwerdt befyndt, öffentlich daerthun vnd sein vnglympff abwenden vnd also aus eim Rat mit seinem anhanck gewichen vnd sein die Sachen dem Ausschus beuolhen Abschied vnd sunst jedes zuuollentziehen vnd haben yr gnaden all yr dinge gepackt vnd willens sein vff sanct Jorgen abent zuuerreidten, desgleichen vnsers Herrn gnaden van Trier. Gott helff teutzscher Nation, das wir Im besten nit wollen bergen, denselbigen v. g. die vnser Herr got in friden lange Zeitt bewhar. Datum S p i e r am X X I Aprilis a. d. X X I X c. E . g.
zum Reichstag ghen Speier gesanndten. VI. Am 22. Januar 1529 wurde C i a r e n b a c h , der seit dem 3. April 1528 verhaftet war, bereits in 3 städtischen Gefängnissen (Frankenthurm, Cunibertsthurm, beide am Rhein, und Ehrenpforte an der Landseite der Stadt) zugebracht und einen sehr weitläufigen und verwickelten Process durchgemacht hatte, wobei die Stadt Köln 1 ), der Erzbischof und Churfürst Hermann von Wied, 1) Die Stadt Köln
hat überhaupt
Monate in Thätigkeit gesetzt,
ihre
sämmtlichen Aemter beinahe 21
um Jen Tod der beiden Zeugen herbeizuführen.
32
Krafft:
der Papst mit seinem Ketzergericht, und der Kaiser Carl V. durch das Kammergericht zu Speier betheiligt waren, dem churfürstlichen Grefen zu Köln in dessen Kerker — der Grefenkeller genannt — geliefert, im Ungehorsam und Widerspruch mit dem kaiserlichen Mandat, worüber das Kammergericht noch nicht entschieden hatte. Als sich Ciarenbach auf dieses kaiserliche Gericht berief, sprach der Grefe zu ihm: Wir kennen kein Kammergericht, Du musst ins Kellergericht. Hier fand Ciarenbach — der mit 2 Mördern in den schauerlichen tiefen Keller geliefert war — seinen Genossen P e t e r F l i e s t e d e n , der bereits seit mehr als einem J a h r darin geschmachtet hatte. Von nun an sind die beiden Märtyrer bis zu ihrem Tode, am 28. Sept. 1529, in innigster Bruderliebe verbunden geblieben und haben sich im Glauben und in der gewissen Zuversicht des ewigen Lebens gegenseitig gestärkt. Ein sehr merkwürdiges Zeugniss von der Macht des Geistes Gottes, mit dem sie gegenüber den andern Gefangenen — ähnlich wie Paulus und Silas zu Philippi — mit Erfolg Zeugniss von der Wahrheit gegeben haben, liegt uns vor in den Acten des hohen Gerichts zu Köln. „Fürtragen des cölnischen Prothonotarii (Peter Deitinghausen) geschehen zu Poppelsdorf vor unserm Kanzler (von Hagen) Hofmeister Doctor Lilio und Marschalk Dinstegs nach Sacramenti anno 29. Zum fünften . sitzen zweene gefangen zu Collen hinder deme Greuen . nemlich meister peter vnd Clareman vmb dere lutherischen secten vnd lere willen. Nu werde der Rait gleublich bericht . wan ander misthetigen geliebert vnnd darbie gesatzt werden, So haben dieselbige seltzam wesen In mit predigen des glaubens, das es nit gut sie, darumb woll gut were . dieselbige vf seyt zustellen. Darzu b e d e n c k a u c h e i n R a i t nit gut sein d i e s e l b i g e d i e s e r s e l t z a m l e u f h a l b o f f e n b a r l i c h zu s t r a f f e n . Vnnd geben darumb diss vnserm gnedigsten hern zu bedenncken . wie diesem Dinge zuthun . damit die Zwene „mit wissen eins ratz" ad perpetuos carceres ader sunst ander wege weggestalt wurden." Darauf wurde erzbischöflicher Seits folgender Rathschlag ertheilt: Der ganze Rath, mit den Bürgermeistern,
dem Kanzler,
Stimmmeistern,
Inhi-
bitionsmeistern, Memorialmeistern, Weinmeistern, Thurmmeistern und den Gewaltrichtern bekommen ihre Aufträge und fassen in der Sache der Märtyrer über 70 Stadtrathbeschlüssc, welche im 10. Bande der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins von uns mit einem Glossar des verstorbenen Professors Dr.Crecelius veröffentlicht sind.
33
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
„vf den fünften Artikel: d i e g e f a n g e n e n l u t h e r i s c h e n zum B r u i l zu fuhren"1). Aus obiger Urkunde wird klar, dass der erzbischöfliche Hof die Hinrichtung der beiden Zeugen nicht gewollt, sondern mit „ewigem Gefangniss" derselben sich hat begnügen wollen. Der Rath war aber anders gesinnt. Vergl. Rathsprotocoll vom 5. Juli 1529. „(Justification ader Execution Ciarenbach u.s.w. belang.) In Sachen der Justification und Execution Adolffum Ciarenbach und Petrum Vlysssteden als ketzern belangende, So by unsss herrn g. Reethen verhandelt, ist nach gehaltenen Raitslach beiden Heren nuwen (neuen) Bürgermeistern befoilen by die Reede unsss hern g. vurss zo treden und vur antwort und bescheit zo geven, by seiner f. g. zo handeln, dat dieselvigen gestraifft werden, und dat am fueglichsten wie dat zo gescheen ist, daemit der solempniteten (d. h. z. B. der Ceremonie des Stossens der Hinzurichtenden an den blauen Stein auf dem Domhof 2 ) aen noit sv, idt sy in ein Schalde zu stallen und zo verdrencken, ader wie dat fuegligste zu geschien were" 3 ). Beiläufig sei hier bemerkt, dass das Wort Justification auch in den Clarenbach'schen Acten durch das deutsche Wort Rechtfertigung wiedergegeben wird. Es bedeutet also hier so viel wie H i n r i e h 1) Hier war das eigentliche Staatsgefängniss für das Churfürstenthum Die Stadt Köln verweigerte es nämlich dem Churfürsten ein eigenes Gefangniss in Köln zu bauen. Das Gefangniss des Grefen war bloss ein Privatgefängniss in der Wohnung des Grefen. Die Hacht (Haft) am Domhof, in welches schliesslich auch die gefangenen Märtyrer geführt wurden, war ein durchaus ungenügendes alterthümliches Local und hing mit der Erbvogtei zusammen. Ein Bürgermeister, der in Folge des Aufruhrs im J a h r e 1513 hingerichtet wurde, hat die letzte Nacht vor der Hinrichtung daselbst zugebracht. Fliesteden und Ciarenbach haben, um der Form zu genügen, vielleicht nur eine Stunde in diesem Gefangniss verweilt, und diese Zeit mit herrlichen biblischen Zeugnissen und Auslegungen ausgefüllt. 2) An den blauen Stein, der als einziges Zeichen der Landeshoheit des Erzbischofs auf dem Domhof stand, wurde der Kopf des Hinzurichtenden von dem Gerichtsdiener gestossen mit den W o r t e n : Ich stosse dich an diesen Stein, Du kommst zu Yater und Mutter nimmer heim. Unser E. M. Arndt hat sich weitläufig über den blauen Stein, der sich auch in andern Ländern vorfand, in einem Buche geäussert, in welchem man es nicht sucht, nämlich in „Wanderungen aus und um Godesberg". Bonn 1844. S. 406 u. s. w. 3) Auch anderwärts, namentlich in den Niederlanden, wurden die evangelischen Glaubenszeugen ertränkt; man band sie in Säcke und warf sie ins Wasser. Theol. Arbeiten. XI.
3
34
Krafft :
t u n g , oder ein Gericht zu Ende bringen, dem Gesetze gemäss richterlich handeln. In diesem Sinne kommt es noch in der lutherischen Bibelübersetzung, Apostelg. 12, 19, vor, was also in Bezug auf die Hilter des Gefängnisses nicht heissen soll, er liess sie für gerecht erklären, sondern Uber sie Gericht halten. Bei der Lehre von der Rechtfertigung des Sünders vor Gott ist vor Allem festzuhalten, dass bei der Lossprechung des Sünders Seitens Gottes wirklich an die justitia forensis divina, d. h. an eine gerichtliche Handlung im göttlichen Bewusstsein zu denken ist.
Urkundliche Beilagen. 1. S c h r e i b e n d e s e r z b i s c h ö f l i c h e n Ketzermeisters A r n o l d v o n T o n g e r n an d e n K a n z l e r v. H a g e n . Venerabili et egregio domino artium et iuris pontificii doctori domino B e r n a r d o d e G e z e k e n canonico coloniensi nec non ecclesiae sancti Andree praeposito ac Reverendissimi domini nostri Archipraesulis cancellario dignissimo suo praeceptori et amico etc. manibus propriis. S. venerabilis Domine Cancellarie. Retuli nuper in ecclesia Coloniensi vestrae dominationi, quod quoniam vicecomes alti iudicii ex me petiisset, communicari schabinis acta in causa condemnationis Petri flysten et quod ego i 11 ì respondissem quantum ad personam meam attineret nihil me detrectari, verum quia eorum non esset in causa tali cognoscere, sed exequi, non audere id facere, nisi consulta dominatione vestra, ne posset mihi obiici, quod imprudenter iurisdictiones domini Reverendi passus fuisse permisceri. Vestra dominatio tunc respondit super hoc velie deliberare ac postea dare responsum. Fuit hesternno vesperi iterum in domo mea petrus ut supra, Respondi quod loqueretur dominationi vestrae ad quam ego retulissem negotium. Accessit domum dominationis vestrae sed minime invenit: Quocirca propter longas dilationes rogavit me petrus ut has ad vestram dominationem scriberem literas ante recessum reverendissimi domini. Fiunt enim ei oblocutiones ut ait multae de tarditate expeditionis in negotiis istis, scribat itaque vestra dominatio mihi paucissimis, quid fieri debeat, an tradi acta nec ne, aut si ita videbitur, scribatur sub nomine domini Reverendissimi sibi aut scabinis, quod iuri communi ac scripto se conforment. Atque his me commendo. Spiritus sanctus sit cum Reverendissimo domino as-
Der Märtyrer Peter Flysteden.
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censuro intersitque pro sua dementia consiliis, ut tractentur et fiant ea quae pro república Christiana et Ude laborante periculosissime. Nouit idem spiritus expedire, si multum, ut Jacobus ait apostolus valet deprecatio justi assidua, opus esset ut dominus Reverendissimus recedens multos pro se ac aliis conventuris faceret iustos orare. Meo indicio a tempore susceptae fidei numquam periculosius laboravit germania, dominus din getur iram suam avertere a nobis. Cogit me hoc admonere angustia animae meae. Et valeat feliciter. Ex colonia altera post Mathie apostoli etc. (25. Febr.) (1529.) A r n o l d u s de T u n g r j , vestrae dominationis servitor. 2.
A m t l i c h e s R e g i s t e r d e s O f f i c i a l a t s zu X a n t e n ü b e r d i e E i n n a h m e n der S t r a f g e l d e r v o n d e n f ü r T o d s c h l a g , E h e b r u c h , H u r e r e i u. s . w . b e s t r a f t e n P r i e s t e r n . 1523. Recepta per me Ottonem Ingenwinkel de magnis et parvis Sigillis prepositure Xanctensis ad usum Reverendi patris domini loh. Ingcnwinkel s. apostolice prothonotarii Eccl. S. Vict. Xanct. prepositi In eccl. Col. archidiac. a festo beate Margarete virgin, anni millesimi quingentesimi vicesimi tertii Incipientis usque ad Idem festum anni 1524. Sequuntur Recepta de Correctionibus Excessuum et aliorum. Item de Excessu domini Henrici Tégeder vicarii In Goetterswycherham ex eo quod h a b u i t . . . . ad verbera Cum quodam Henrico Kemerlynk custode Ibidem consentente Domino nostro praepoosito Xantensi. — VIII flor. aur. Item de excessu Domini loh. meuser vicecurati In Walbeik ex eo quod copulavit duas personas reclamatas sine licentia superioris sui. IUI flor. aur. Item de Excessu Domini Gerardi Maess vicarii In menseler ex eo quod in die mathie apostoli proxime preterito In domo cerevisiario cuiusdam lamberti vloegels parochiani in menseler cum Henrico van Eyck henrico smyt et henrico to hoenen parochianos (sie) ibidem de sero seorssum bibendo fuerit cum ibidem casuali lesione et vulneratione cuiusdam rychardi van den Kamp ex qua quidein lesione eadem nocte obiit, interfuerit, preterea et eo quod ad eiusmodi lesionem et vulnerationem auxilium consilium aut occasionem verbo aut facto prestiterit. — Villi flor. aur. Item de Excessu domini Wilhelmi hasselman presbyteri Coloni-
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Krafft:
ensis dioec. ex eo quod quendam dictum Ion (?) Eyrkens laicum ad e f f u s i o n e m s a n g u i n i s leserit. — X X V I alb. Item de Incontinentia et suscitatone prolis domini Gosswini Coetzman vicecurati In hynsbeck sponte. — X V stuf, bratz. Item de Excessu aelheyd Ingerkapellen solute ex eo quod adhaesit carnaliter Ge. huynyntess uxorato. — II flor. aur. Item de Excessu petri textoris Rectoris scholarium in Stralen uxorati super adulterii per eum commissi cum quadam Caterina van Oyde In matrimonio Inter eum et uxorem suam, solvit — I I flor. aur. In die 21 martii de excessu gesperis oydenhaiff laici colon, dioec. ex eo quod In publica taberna quendam dominum Gortefridum monaclium sibi suscitantem ad caput a d s a n g u i n i s e f f u s i o n e m leserit quia pauper et sponte. — X X I I I I alb. Item de Excessu Virici michaelis de beka pauperis laici ex eo quod cum verba per ipsum et dominum Arnoldum Kraen vicarium In Roeroert In ebrietate habita eundem usque ad effusionem sanguinis cantro cerevisie In domo loh. heynertz leserit sponte. — X X I alb. Item de Excessu domini henrici muser vicarii In Kerffendonck ex eo quod suscitavit prolem ex quadam Bela (?) soluta servante sua et rixas habuerunt cum quodam N. et sponte. — X X V alb. Item de Excessu domini michaelis custodis vicarii in Repeler ex eo quod quendam Iohannem Steylgens laicum In nykercken retro moersenn leserit usque ad modicam effusionem sanguinis sponte et dictus dominus et frater uxoris reddituarii moersenn. — X I I alb. Item de Excessu petri mull de goch clerici coloniensis dioc. ex eo (quod ist ausgelassen) quendam Iohannem de Rinmunda opidanum In Goch In domo hermanni eick cum quadam schuttellen lignea Cerevisie piene citra tamen effussionem sanguinis leserit et sponte d i e VII I u l i i . — X I alb. lem die X V I I I Septemb. de excessu domini Hermanni luiff (?) vicecurati In heyden ex eo quod quandam Elyzabeth Kraboth solutam personam cognovit et Impregnavit et sponte venit. — I flor. aur. Item de Incontinentia et suscitatione prolis domini Teodorici sporloe vicarii in Goch ex quadam et sponte venit. — I flor. aur. Item de excessu domini Anthonii buxloe vicecurati In Wesalia ex eo quod quendam henricum Ingen moeriaen (?) taliter qualiter per quandam margaretam broickmanns reclamatum copulavit. — I fl. aur. Item de Incontinentia domini petri Walbeck vicecurati In hossem ex eo quod suscitavit prolem ex quadam aelheidi soluta sponte. — X I alb.
Der Märtyerer Peter Fliesteden.
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Item de excessu domini Wennemari lcpler vicarii in goch ex eo, quod quandatn . . . . laichs solutam personam cognovit et Impregnavit quia sponte. — I flor. aur. 3. K l a g e d e s H a u p t g e r i c h t s J ü l i c h b e i d e r h e r z o g l i c h e n R e g i e r u n g zu D ü s s e l d o r f ü b e r u n w ü r d i g e P r i e s t e r im L a n d e , ü b e r g e b e n a m S o n n t a g C a n t a t e 1522. Van den scheffen zu Guilg antreffen de gemeine priestere, im lande geine geistlige lehen haven etc. Van Johan Palant uf den neisten gudestach na dem sondage Cantate allii zu Duisseldorf oevergeven ao. 22. So dan binnen minschen gedenken bisher der gemeine huissman me geneigt ist geweest, irre kinder ein priester zo machen, dan in vurziden ind niet alle geistliche beneficien haven, daruf si ordineirt ind gewiet mögen werden, haven darumb erdacht ind fanden, dat. die alderen mit willen irre andere kinder eime sone van iren guederen so vil geven ind verschriven, as zo 25 goultgulden zo, an jairlicher renten ind des van den gerichten, dae dieselve gueder under geleegen sint, einen richtlichen schine zo Collen an die geistliche prelaiten brengen; damit werden dieselven also uf ire Patrimonium zogelaissen ind priester gewiet. So ist, dat dagelichs darinne mirkliche gebrechen komen. 1) Zorn irsten, dat etlichen von denselven priesteren, wanneir dat si priester gewiet sint, asdan geven si iren alderen sulche gift weder oever, so en haven si weder beneficium noch renten, daruf si leeven mögen, so dat dardurch dat furstendompt Guilge vol armer priester ist. Ind moissen kirchen ind eiteren bedienen ind neuwelich dat broit darvan haven, des die rechte pastoire ind vicarien gewar werden ind ire kirchen ind elter den armen priesteren hoger verpechten ind die absencien in den Steeden verzeren. Der oirsachen halven wenich rechter pastoire ind vicarien durch dat gantze furstendompt vurs. uf iren kirchen resideren, dan allit mit hurlingen ind armen priesteren besetzen ind bedienen laissen, dardurch dat gemeine voulk mit uugeleirden, simpelen priesteren regiert wirt, dat wail zo ermessen ist, wat nutz den simpelen luden daruiss untsteit etc. 2) Zom anderen ist wair, dat iecklicher huissmann ind halfen einen priester haven wilt, ind etlichen sich dardurch verderven, die alderen ouch die ander kinder darzo brengen, die giften mit bewilligen. Ind als die alderen versterven, so deit der priester die hende zo ind behelt die gegeven gueder sin leeven lank, dardurch die ander kinder
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K r a f f t:
etlichen gebrech liden ind umb broit gaiu moissen. Ind als die ander kinder asdan irre alderen naegelaissen gueder mit lantrecht erforderen willen van irem broider deme priester, so halden wir it in deine lantrechten also, want die ander kinder sulche gift, der vader siine sone deme priester gedain, belieft haven, wisen wir die gift van werde, dat der prieser die gueder sin leeven lank gebruichen möge, dardurch die ander kinder alle irre alderen gueder berouft werden, so lange der priester leeft, wilcher geliche Sachen zo vil ziden vur dat heuftgericht zo recht komen, dat barmlich ist. Zur Erläuterung dieses merkwürdigen Actenstückes diene folgende Interpretation des Herrn Professors von Below zu Münster, dem wir die Mittheilung der obigen Urkunde verdanken: Es ist zunächst davon die Rede, dass die zu Priestern Geweihten ihren Eltern die 25 Goldgulden, die sie ihnen verschrieben haben, wieder zurückgeben und dann „weder Beneficium noch Renten haben". Der Grund ist offenbar folgender. Es gibt mehr Priester als Aemter. Diejenigen, welche Priester werden wollen, aber keine Aussicht auf ein Amt haben, lassen sich von ihren Eltern jene Summe verschreiben. Auf Grund des Bezugs dieser Summe weiht man sie — gewissenlos genug —; man verlangt nicht, dass sie auch ein Amt nachweisen. Sie mögen n i c h t gerade g a n z ohne Amt sein, sie mögen etwa einen kleinen Altar bedienen oder der Geistliche einer Bruderschaft (solche Bruderschaften finden sich in jener Zeit oft in den Dörfern) sein. Diese Stellung bringt ihnen aber so gut wie nichts ein — ihre Haupteinnahme besteht eben in dem, was ihnen ihre Eltern verschrieben haben. Nun aber müssen sie das an ihre Eltern zurückgeben. Deshalb sind sie jetzt in der That im Wesentlichen ohne Beneficium und Rente. Ein Beneficium haben sie nicht, weil sie kein Amt haben; Renten haben sie nicht mehr, weil sie jene 25 Goldgulden an ihre Eltern zurückgegeben haben. Auf diese ihre traurige Situation werden die Priester mit gut dotirten Stellen aufmerksam. Die armen, stellenlosen Priester sind gern geneigt, von den ersteren eine Pfarr- oder Vicariatsstelle für eine hohe Summe zu pachten. J e t z t haben die armen Priester ein Beneficium, eben die gepachtete Pfarr- oder Vicariatsstelle, aber sie müssen den grössten Teil des Einkommens an den Verpächter, der bequem in der Stadt lebt, als Pacht abgeben. Wie es auf der andern Seite die höhere Geistlichkeit macht mit Anhäufung der Pfründen, davon können wir gerade in Beziehung auf den Kanzler von Hagen einige betreifende Urkunden geben.
Der Märtyrer Peter Fliesteden.
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Derselbe war Domherr zu Kolli, was allein schon eine mehr als hinreichende Einnahme gab, zugleich war er Probst des Andreasstifts zu Köln und Hess sich auch noch die Einkünfte der P f a r r e Meiderich bei Duisburg verschreiben. 1. 1528, 10. März. Archiv zu Düsseldorf. Erzbischof H e n n a n n bestätigt den in einem Transfix enthaltenen Vergleich zwischen d. Propst Bernard v. Hagen u. dem Dechanten Peter v. Schönau resp. dem Capitel v. St. Andreas über die Verbindung einer Canonicats-Präbende mit der Propstei. D. in arce Poppelsdorf. 2. Eccl. S. Silvestri. Meiderick. Ao. 1529, 29. Oktobr. Praesentat ad Pastoratum S. Silvestri in Meiderick Arnelia de Rennenbergh, Saecularis Collegiat. St. Hipoliti in Gerishem Abbatissa per obitum Rodolphi Walack, Domin. B e r n h a r d u m v o m H a g e n , Iurium Doctorem, M a i o r i s c a n o n i c u m et S. Andreä Colonien. Ecclesiarum Praepositum, Archiepiscopi Colonien. Hermanni Cancellarium, in lib. E fol. 31B D. Praepos. Xantens, remisit iura, ergo nihil. Ein Beispiel colossaler Pfründenanhäufung, deren Einnahme vielleicht weit über manches Einkommen der Fürsten hinausging, (d i e b e r g i s c h e n F ü r s t e n m u s s t e n oft ihre B e s i t z u n g e n verp f ä n d e n oder bei i h r e n U n t e r t h a n e n A n l e i h e n machen!!) bietet J o d o c u s H o l t f i l t e r dar, dessen Verhältnisse überhaupt ein Bild geben, wie es im Reformationszeitalter die Prälaten machten. J o d o c u s H o l t f i l t e r wurde 1516 zu Köln als Student inscribirt. Ein Sohn dürftiger Eltern aus Osnabrück kam er in Rom als auditor rotae Rotnanae zu Ehren und Würden, wurde auch am Hofe des Kaisers Karl V. in manchen Staatsgeschäften gebraucht, so dass sein Name namentlich von 1540 an vielfach in den auf die reformatorischen Bewegungen sich beziehenden Acten erscheint. Bei dem Collegium zu Worms 1540 war er Rath des Churfürsten von Mainz. Er hatte durch seine Stellung zu Rom und zu den Reichsfürsten eine ungeheure Menge von Präbenden und Beneficien an sich gebracht. Man wäre versucht, die Angabe Hamelmanns, der von 200 Prälaturen spricht (Hamclm. opp. 1335), für Uebertreibung zu halten, aber diese Nachricht wird zur Ueberraschung durch manche völlig von einander
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K r a f f t : Der Märtyrer Peter Fliesteden.
unabhängige Urkunden bestätigt. Er war z.B. Canonicus zu Hildesheim, Propst zu St. Victor bei Mainz und zu Maria ad Gradus daselbst, Domherr zu Köln, Propst des Hochstifts und Capitels zu Lübeck, und seit 1547 Bischof zu Lübeck, ist aber gar nicht in seine bischöfliche Residenz gekommen. Bei seinem gegen Ende April 1551 zu Rom erfolgten Tode schreibt Stephan Pighius nach U t r e c h t (bei Gabbema epist. ili. vir. 1669) : De morte Rev. D. Lubicensis Episcopi haud dubium est quia audierit iam diu dominatio vestra. H u i us o b i t u m u l t a v a c a v e r u n t b e n e f i c i a in c u r i a , adeo ut mihi etiam pars mea contigerit. Dederunt mihi canonicatum ecclesiae cum Choriepiscopatu, sed ut audiverunt haec resignata esse, contulerunt in me canonicatum et Prebendam simul cnm Decanatu maioris ecclesiae M i n d e n s i s , quae audio bona et largia satis esse beneficia etc. Wir wundern uns nicht, dass Gropper „noluit is et talis haberi et esse, qualis Jodocus Holtfilterus," und bei Cumulirung der Pfründen einen andern Weg einschlug. Er starb, als er Cardinal" werden sollte, am 27. April 1551 zu Rom und wurde in der Kirche Maria del anima begraben. — Das Epitaphium (bei Johannis rer. Mogunt. II, 671) sagt von ihm: In utraque signatura Relatori, et apud multos etiam Principes gratioso, ex humili loco ad summos honore evecto etc. und klagt dann über die wilde Parze, die alles wegnehme. (Schluss in dem zweiten Theil der Abhandlung.)
Zacharias Ursins Briefe an C r a t o von O r a f f t h e i m , nach den in Breslau befindlichen Urschriften herausgegeben von
Pastor W. Becker in Breslau. Zweite
Reihe.
Vorbemerkung. „Die Briefe haben in kompetenten Kreisen ein grosses Interesse erweckt, und ich kann Ihnen versichern, dass man eine zweite Reihe, die Sie ankündigen, sehr willkommen heissen wird. Also je eher, je besser!' 1 So lautete ein Theil der freundlichen Zuschrift, welche mir von der verehrlichen Redaktion dieser Blätter nach der Veröffentlichung von 29 Wittenberger Briefen des Reformators Zacharias Ursinus zugesandt wurde. Die Worte ermuthigten mich, alsbald an die Arbeit zu gehen und die folgenden Schreiben, die uns auch nach Zürich und Heidelberg führen, in Angriff zu nehmen. Es wurden nach einander 2 Abschreiber angestellt, von denen der eine ein Theologe, der andere ein Philologe ist. Ausser diesen Herren machte sich ein auf der Breslauer Stadtbibliothek amtlich thätiger Gelehrter als freiwilliger Mitarbeiter um die Entzifferung der oft überaus schwer lesbaren Handschrift des reformirten Kirchenvaters verdient. Trotzdem blieb die schon 1889 unternommene Arbeit bis vor kurzem unvollendet, da theils meine Berufspflichten, theils eine im Frühjahr dieses Jahrs ausgeführte Orientreise mit ihren Vorbereitungen und Nachwirkungen mich zu der Durchsicht der Abschriften nicht kommen Hessen. Erst in der letzten Zeit fand ich die hierzu nöthige Müsse und kann nun zu meiner Freude diese zweite Reihe von Briefen Ursins den Lesern der „Theol. Arbeiten" vorlegen.
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Becker:
Eine wesentliche F ö r d e r u n g der Revisionsgeschäfte g e w ä h r t e ein kostbares Vermächtniss des früheren P r e d i g e r s der hiesigen Hofkirche, Dr. Gillet. D e r Biograph Cratos hat schon vor vielen J a h r e n Abschriften der hier befindlichen Ursinusbriefe veranstaltet. Leider erfuhr ich dies von dem jetzigen Besitzer der Abschriften zu spät, als dass ich einen noch ausgiebigeren G e b r a u c h von denselben h ä t t e machen können. B r e s l a u , den 29. August 1891.
W. Becker.
XXX. Salutem in Christo. Literas Excellentiae Vestrae d a t a s I U I . Non. Novembr. aeeepi a tabellario X1III. Cal. Debembr., cum I I I T a l . inclusis. Optarim autem, Excellentiae Vestrae m e a s a f r a t r e m a r s u p i a r i i Gregorio prius quam vestrae scriptae essent r e d d i t a s fuisse. Quod q u i a evenit, interea quod in istis fuit feci quoad potui. Oro autem vehementer, ne Excellentia Vestra a me tam diligenter petat non tantum ista minima, sed etiam quaevis officia possibilia, q u a e profecto non petere, sed pro j u r e Vestro r e q u i r e r e Vos conuenit et p r a e t e r e a quae, si quod horum Excellentiae Vestrae g r a t u m sit, gratiam Vobis m a g n a m etiam debere me agnosco. De pecunia quoque m i t t e n d a non est quod valde laboret Excellentia Vestra. Mittet, cum commodum fuerit. Ego, ne Studium voluntatis m e a e desideretur, non v e r e o r : Illud metuo tantum, ne interdum minus recte faciam. Huic timori meo credo Fxcellentiam Vestram ignoscere. Caeterum, ut Excellentiam V e s t r a m velle intelligo, ita faciam. Nunc igitur dedi tabellario postillam Viti 1 ), sed earn ligatam et editam Noribergae, qualem videlicet potui. Nam e x e m p l a r aliud non erat in ullo bibliopolio W i t e b e r g a e . Sed et Lipsiae habere se nostrates bibliopolae huius formae exemplaria negabant. Hoc etiam vix inveni et utcunque obtinui, nimirum alteri p r a e p a r a t u m , unde et Passionis historiam a Domino Pomerano collectam videtis adiunetam. Ausus autem sum Vobis mittere, q u i a et Excellentiam Vestram videbam prae caeteris libris hunc requirere, et litera videbatur non sane multo deterior Francofurtensi. T u m illud exemplar, de quo n u p e r 1) Vitus Oertel war Professor in Wittenberg. V I I I - 1 X , p. 84.
Vgl. „Theolog.
Arbeiten"
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Briefe Zacharias Drains an Orato.
scribebam, iam erat venditum. Compactuiu hoc, licet etiam non valde bene, tarnen melius est, quam illud fuit. Denique misi hoc animo, ut, si quale expetebat Vestra Excellentia omnino non fuerit, ad me redeat meis expensis. Praeterea dedi tabellario Pomponatium et Problemata de peste, quia volebat hos Excellentia Vestra íIli imponi. His addidi Sleidani libellum de monarchiis, et quod videbatur non valde onus augere, et quod missum eum Excellentiam Vestram se velie significabat. Caeterum libros praeterea nunc hos e m i : Aelianum Graecolatinum, d e m e n t e m Alexandrinum, Jacobi Isingrinii Athenaeum 2 ) latinum, Sebastiani Corradi Ignatium, cuius etiam unicum exemplar vix reperi, Furii Bononiam, Michaelis Neandri Anthologiam Pindaricam graecolatinam, dedicatam Lignicensibus, ejusdem catechismum Lutheri graecolatinum, Arithmologiam Domini Joachimi 3 ), Johannis Boceri de origine et rebus gestis ducum Megapolensium libros III, Carmine scriptos, Johannis Garcaei libellum de nativitatibus. His si quid potero adiungere, faciam, et si non sperem, me bine eos posse citius mittere, ad Dominum Drembekium mittam. Me, ut quamprimum possint ad vos perferantur, occasionem nullam neglecturum, Excellentia Vestra non dubitet. Catalogum et istorum et reliquorum, quos alias misi, cum pretiis, seorsim scriptum literis his inclusi. Epitomes autem Sleidani et Anthologiae Neandri exemplaria iam omnia erant distracta. Etiam Gaudentii Merulae libros memorabilium non inveni. Reliquos vero medicos libellos, videlicet Curtii modum dosium, Mentagnanum et Rondoletium de Comp, med., Bened. Victorium de dosibus, Basianum Landum de incrementis, annotatos mihi — a Domino Drembekio petam, ut si Lipsiae reperiantur, eos tabellario imponat, ut Excellentia Vestra voluit. Ephemeridas Stadii divenditas esse, ni fallor, scripsi in literis, quas marsupiario dederam. Emeban1) Pietro Pomponazzi,
1462—1525,
lehrte
zu Padua und Bologna,
sowie
in mehreren Schriften den von der Kirche sich emaneipirenden Humanismus. 2) Athenäus von Naukralis in Aegypten lebte in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts n. Chr. in Alexandrien und Horn. Berühmt ist sein Werk „/Itinvoamf i a I B C das Gastmahl der Sophisten. 3) Joachim Camerarius
(eig. Liebhard),
1500 — 1594,
ein
Melanchthons, 1521—1527 Amtsgenosse desselben in Wittenberg,
treuer
Freund
mit ihm 1555
in Nürnberg, 155(5 in Regensburg, endlich auch sein Biograph und Herausgeber seiner Briefe.
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Becker:
tur 16 gh. Calcondylis historia Turcica eniitur 17 gh. Hieroglyphica vero veneunt grossis 38. Igitur non emi. Jungscholrio dixi salutem et ut scribat indices. Literas Vestras ad Dom. Philippura scriptas statim ut eas accepi illi reddidi. D. Peucerus cum D. Joachimo abest iain aliquot septimanas. Fuerunt Ratisbonae 1 ), ubi an adhuc sunt, nescio. Nam propediem expectantur. Nuper illinc scripserant, de rebus Turcicis nihil agi serio in Comitiis, cum Turcae istis proeliis magis irritati quam repressi sint. Utinam a Vobis minus tristia afferrentur. His diebus Luc iter fecit Johannes a Lasco: quem ego libenter potius quam satis vidi. D. Philippus eius adventu admodum laetabatur. Audio vocatum esse in Poloniam: utinam efficiat aliquid salutare. Edidit hoc anno Oporinus tres illius epistolas ad Regem et nobiles Poloniae scriptas. Eas igitur caeteris libris adieci, si forte, postquam hominem vidisset Excellentia Vestra, etiam scripta videre vellet, praesertim de reformatione, propter quam dicitur vocatus esse. De Consilio podagrico quod non gravata est Excellentia Vestra scribere, gratias quas possum ago maximas. Peto autem veniam, quod inter occupationes Vestras negotium Vobis exhibui. Vestraeque erga me voluntatis promptitudinem singularem in eo etiam agnosco, quod Excellentia Vestra, quamvis occupata, tarnen tam prolixe de re scripserit. Inter prima igitur et plurima Excellentiae Vestrae erga me merita hoc etiam numerabitur. Postillam Viti non potui minoris quam 20 grossis emere. Nam exemplar constat gh. IOV21 historia passionis addita IV2 gh. üsa" tura 8 gh. Cum haec iam scripsissem, prodibant Argumenta Epistolarum Familiarium Ciceronis Domini Philippi quondam privatim ex ipsius ore excepta per Stephanum Riccium et nunc edita a Joachimo Hellero Noribergae. Reliquis igitur libris addidi, de quibus non dubitet Vestra Excellentia me omnino daturum operam, ut quam possunt citissime ad vos perferantur. Feliciter valeat Vestra Excellentia cum carissima conjuge. Witebergae 21. Novbr. An°- 1556. Excellentiae Vestrae observantissimus Zacharias Ursinus. 1) In Regensburg kam 1556 der Reichstag zusammen. an versammelte sich derselbe nur noch in dieser Stadt.
Vom Jahre 1563
Briefe Zacharias Ursins an Crato.
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Clarissimo viro eruditione et virtute praestanti, Johanni Cratoni, artis medic, doctori, domino ac patrono suo perpetua fide colendo. Vratislaviae. XXXI. Salutem in Christo. Dedi nudius quartus epistolam ad Excellentiam Vestram nuncio Kelneri, eo die quo videbamus Parelios. Ac scripsi tum quidem de omnibus rebus, quas habebam. Hanc igitur, etsi fieri potest, ut tardius earn, quam alias literas, quae post scribentur, accipiatis, tamen vel ideo misi, quia libris, quos Lipsiam missurum me nuper significavi, additam volebam epistolam. Nam quo die istam dedi, misi libros per aurigam nostrum Lipsicum ad D. Drembeckium et ab eo Vestrae Excellentiae nomine petii, ut illos quam primum commode posset ad vos proferri curet. Sunt autem ii quorum catalogum et pretia annotata miseram in literis quas tabellario dederam, videlicet: Aelianus graecolatinus, Clemens Alexandrinus Latinus, Athenaeus Latinus, Seb. Corradi Ignatius, Furii Bononia, Arithmologia Camerarii, Michaelis Neandri Aristologia et Catechesis, epistolae Johannis a Lasco, Johannis Boceri de ducibus Megapolensibus, Garcaei de nativitatibus, Argumenta Epistolarum Familiarium Domini Philippi. His accesserunt Epistolae D. Lutheri, quarum pretium est 9 gh. Est autem additus huic fasciculo liber locórum communium Domini Philippi Germanicorum, compactus in 4 t 0 , inscriptus avunculo meo Stanislao. Eum cum epistola his literis inclusa peto ut Excellentia Vestra curet reddi vel Stanislao vel fratri huius Alberto, quem, ni fallor, novit Excellentia Vestra. Non videbar commodius mittere posse. Alioqui Vestram Excellentiam non onerassem. Lychnos etiam cum Vestra epistola ad Dom. Joachimum misi. De morte Sleidani nuper scripsi. Eius causam non postremani audio fuisse, quod vidit se ob librum suum apud multos tam malam gratiam iniisse. Inter alios Marchio Albertus graviter eum eo expostulavit, serio urgens, ut retractaret quae de ipso scripsisset. Ante paucos dies erant hie D. Mordisius et Crammius, per quos Elector postulavit, ut D. Major se declaret. Audio eum petivisse a D. Philippo, ut ipse declarationem scriberet, sed non impetrasse. Hoc die, quo dedi epistolam, funus faciendum erat D. Doctori Forstero, qui pridie decesserat, simul filiolae eius, quae nudius tertius mortua erat. Ita optimus senex iamiam animam acturus non poterat
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Becker:
hunc luctum effugere, qui accedebat ex morte filiolae, cum antehac etiam saepe magnum dolorem ex liberorum partim moribus partim fortuna et funeribus cepisset. Suinus igitur hic in communi luctu. Ego magis etiam ideo doleo, quia mihi perincommodo tempore ereptus est, non ita diu reverso ad Hebraea. Qnatuor praestantes viros amisit Academia, postquam ego in eam veni: ßenedictum Pallium, Marcelluni, Erasmum et iam Forsterum. Deus reliquos nobis servet et faciat, ut ad posteritatem alii succrescant. Excellentia Vestra feliciter valeat. Witebergae, IX. Decembr. An 0 - 1556. Festinanter. Excellentiae Vestrae observantissimus Zach. Ursinus 1 ). XXXII2). Salutem in Christo. Primum gratias ago Deo, quod anno elapso, inter tot ac tantos fremitus et conatus diabolorum, discordiarum flammas, politici et ecclesiastici status dilacerationes, multa et magna pericula et tristes aerumnas publicas et privatas, tamen servavit aliquam formam ecclesiae et rerum publicarum, texit et gestavit nos, non passus est, extingui lucem verae doctrinae, defendit nos a tragicis malis et dedit aliqua hospitia et bona necessaria per hanc lacrimarum vallem iter facientibus ad aeternam patriam. Deinde oro Filium Dei, qui est ióyng, Immanuel, dux magnus, stans pro populo suo, ut idem faciat hoc anno inchoato et eum cum universae ecclesiae, tum patriae ac nobis, praesertim vero Excellentiae Vestrae et coniugi Carissimae omnibusque Vestris faustum ac salutarem esse velit. Hinc ad literas Excellentiae Vestrae respondeo, quas attulit tabellarius pridie Non. Januar, cum tribus taleris inclusis et epistola ad D. Philippum: quam illi continuo obtuli, j a m j a m profecturo Lipsiani, quippe curru iam adornato. Legebat epistolam Joachimi, quamquam non totani, antequam Vestram inspiceret. Earn, cum post Vestram perlectam dicerem, me, si vellet, Excellentiae Vestrae remissurum, statim reddebat mihi : Itaque remitto. Ipse et inter legendum 1) Die Adresse fehlt. 2) Dieser Brief, in der Rhedigerschen Sammlung Nr. 314, ist, in Gillets Crato von Crafftheim abgedruckt: Bd. II, S. 402 ff.
Zacharias Ursins Briefe an Crato.
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et postea dolere se ostendebat propter istam offensionem, et scripturum ad M. Erasmum dicebat, ut esset dehortator Joachimo et AdamoLibros apud me reliquos iam ante mercatum ad D. Drembeckium miseram, velut ex Uteris adiunctis Vestra Excellentia intelliget. Vix tarnen credo, eos ante mercatum ad vos mitti potuisse. Quos autem nunc postulavit Excellentia Vestra, hos mitto : Chronicon Sclavorum, cujus pretium est: 4 gh., Farraginem sententiarum de Coena Domini: 3 Va gh., Westphali de Baptismo: 2 gh. Qui quia tarn pauci erant et tabellarius, alioqui non valde oneratus, volebat eos ferre, non putabam operae pretium esse Lipsiam illos mittere. Itaque tabellario dedi. Nam Consilia Leoneiii, Musculi sententias ex patribus, observationes Hartomanni, reperire in nostris bibliopoliis non potui. Gnomologias Neandri ex Demosthene, non memini me hie vidisse : A n t o logici exempla iam divendita fuisse, nuper scripsi. Si tarnen aliquid istorum post investigavero, faciam ut Excellentia Vestra accipiat. Feliciter rediisse D. Quirinum vere laetor, ipsique cum suis ex animo precor omnia fausta. Eodem animo expecto Martinum, optimum hominem et meum antiquum hospitem. Cum has literas scribebam, putabatur esse Lipsiae. ßedeo invitus ad ea, quae Vestrae Excellentiae isthic molesta sunt. De Adamo miror equidem valde, nec praedicenti cuiquam unquam, nunc vero nuncianti non cuivis facile credidissem. Quid putat me cogitare Excellentia Vestra, cum audio et video talia et bis peiora fieri et augeri quottidie? Q u i d ? nisi quod oro, summi sacerdotis vocem subsequens, ut Pater Sanctus servet eos in nomine suo, quos dedit filio, ut sint unum sicut illi: mihi vero ut quamprimum liceat esse cum Christo, sed interea, dum haec aspicienda sunt, ut ea patienter et recte tolerare, conferre in commune aliquid salutaris operae meo loco, et, ut verbis quibus ad Excellentiam Vestram usus est D. Joachimus, paulum immutatis utar, „In tenebris possim et cartarum in nocte relinqui". Itaque haec quidem mihi molestiam non minimam afferent, illa verum magnum dolorem pariunt, quod etiam isthic docentes in ecclesia non sunt sine discordiis, tum infelicium disputationum semina iactantur, et optime meriti viri, et fideliter ac recte explicantes doctrinam Ecclesiae occultationis nescio cuius insimulantur. Quis nescit, si D. Phil, non erga quosvis tam apertus fuisset, fortasse minus mali futurum fuisse? Quod tarnen non ipsius candori, sed aliorum maliciae imputandum est. De sacramentorum doctrina utinam numquam essent certamina,
Becker:
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postquam vero exorta sunt, non traherentur et asperarentur affectibus et rationibus, de quibus non snmam mihi indicium.
Discipulus sum
vocis prophetarum et apostolorum et earn sine corruptelis sonantium, imperitus,
fatuus,
quemque Veritas satis
in
me
sua
certuni
tenere
volo
e a discere cupio,
Quod
quoque
S e d tamen
conscientia
convincit
facio,
doceat.
miser.
autem
aliquando
ad
et
hanc
moturn
cum j u b e a t S . Paulus unumesse,
ea,
de quibus manifesta
de quibus autem non plane mihi oro
Filiuin
Dei,
ylóyov,
fuisse
sermonibus
istorum,
qui
quuntur, quasi c a a D. Philippo non satis explicata esset. quam
et
ipsius
ut
me
doctrinae partem attinet, fateor me sic
lo-
S e d post-
scvipta et vocem legi et audivi diutius et attentius,
et sententias contuli, quantum pro mei captus angustia possum assequi, non debere me illis assentiri, vagandi
disputationibus,
quam
quas veras et fìrmas esse, Philippum
recte
doctrinam de quae vera,
ac
experientia
feliciter
sacramentis,
certa,
didicisse
et
adhuc
dubito.
in
Neque vero magis
tenendi
testatur.
tradidisse
praecipua,
aliqua ad rem pertinentia. plus
nihil
consolationes
scripto
et
cupidus sum,
Censeo
integre
itaque, D .
complexum esse
verbo D e i expressam.
necessaria,
summa
sunt:
nec
Urget omittit
E t de me quidem non dubito fateri. discere
ex brevitate,
me
quam isti causantur,
Domini Philippi, quam aliis longis commentariis, ut nihil aliud dicam. Quin et hoc addo, facere
iis,
tationibus,
qui
e a quae a D. Philippo
proponuntur,
pie et serio consolationes quaerunt,
quae
motae
sunt.
Quod
posse satis-
etiam de dispu-
idem et Vestram
Excellentiam
sentire non dubito, et ego, quamvis aliqui non credunt, Deo iuvante, me ostendere posse confido.
Nec vereor veritatem, de qua non dubito,
confiteri. Nunc ad Vestras literas respondere me debere putavi, non res ipsas attingere, praesertim ad E x c e l l e n t i a m Vestram, ne ^Ad-rjvag".
Breviorem esse Dom. Philippum in h a c
quia non inveniunt fortasse, satisfaciunt.
Dum
vero
quae
dicat,
sunt non ociosis disputationibus,
tg
parte queruntur,
ipsorum affectibus
quae
„ylavxag
et opinionibus
necesse est dici, et quae satis
sed in veris e x e r c i t i i s
conversionis
veritatem et consolationem quaerentibus, illi cum suis disputationibus sibi placeant. maxime
Eruditorum colloquia D . Philippum non refugere, sed
expetere
constat.
Ita
vero certamina ipsum non libenter
attingere, nec apud quosvis, pii non mirantur. fateor.
Neque
cur
abstineat
obscurum
gemitus et voces ipsius non exciderunt, verunt et saepissime audiunt. de
est
E g o certe de me idem iis,
ex
quorum animis
quibus eum querentein audi-
isto .saeculo,
quo,
si
quis
verbum
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Briefe Zacharias Ursins an Crato.
aliquod proférât, quod non ad omnium affectus et imaginationes congruit, videmus in quos aculeos incidat, quae incendia suscitentur. Non desunt virorum doctrina et pietate excellentium exempla. Quamquam D. Philippus non tam sui, quam ecclesiae rationem habet. Sed isf.ius dolor fecit, ut haec longius quam volueram prosecutus sim. Gratias ago Filio Dei qui me ad agnitionem sui vocavit, et oro sine intermissione, ut me doceat. Ego de hac parte doctrinae profit-eor conscientiam meam piane acquiescere, nec spero me cuiusquam clamoribus turbatum iri. Non juravi in cuiusquam verba, praeterquam spiritus sancti, hoc est prophetarum et Apostolorum, cum quibus loquuntur qui recte docent. Nec arbitrer tam difficilem esse diiudicationem huius controversiae, si scopus teneatur, ad quem principio directae sunt hae disputationes, et siut modestiores isti, qui volunt pares videri summis viris, cum sint parvuli induti thoraces et calceos parentum, ut ait D. Joachimus in Epilogo Somnii. Dixerat anno superiori quidam iuvenis theologus, se non iudicare eum theologum esse, qui quemquam de re aliqua interroget. Produnt se fructus istorum zelosorum hominum, ut videri volunt, non sine ingenti piorum omnium dolore. Cum diu latratum est, tandem prorumpitur in Servetismum et Mahometismum. Iam nobis lllyricus movet disputationes, quibus expresse negat, Ahyov esse personam, et praeteriens totum primum caput Johannis Evangelii et prioris Epistolae, dicit nullum extare testimonium in scriptura, quod Filius Dei nominetur lóyog praeter illud Apocalypseos 19, quod tamen sic eludit, quod liber sit apocryphon. Disputatio missa est nuper ad Dom. Philippum a pastore in Barby, tanquam ab ipso scripta. Sed Dom. Philippus ex stylo et aliis argumentis judicat, fuisse scriptum ab ipso Illyrico compositum. Et is, qui mittit, fatetur se scribere ex lllyrici sententia. Praeterea audimus, passim istius veneni semina sparsa esse, etiam in Silesia, et esse, qui fateantur se ista habere ab Illyrico. Fuerunt in eodem scripto et quaedam adversus ministerium contumeliosa et aliae calumniae. Oramus autem Filium Dei, ut destruat opera Diaboli, et hos furores reprimat. D. Phil, dicebat mihi, se rescripsisse ad illas literas pastoris in Barby severam epistolam, qua hortatus sit eos, ut désistant. Scripsi nuper quae aliata sint de instituendo Ratisbonae colloquio et vocando D. Philippo. Hoc metu nondum liberati sumus : Et magis me sollicitât, quod scribit Excellentia Vestra, Staphylum iam eo profectum esse. Quamquam non plane intelligo, sitne ab Episcopo diuiissus, ut ampliiis apud enrn non sit futurus, an vero tantum missus T h e o l Arbeiten. XI.
4
50
Becker:
Ratisbonam colloquii gratia, de quo dicitur. Si quid ullo modo effici possit Ecclesiae salutare, quid magis optandum? Sed videmus quid hactenus eiusmodi consiliis actum sit. Quod si D. Phil, abierit, quid de me faciam, etiamnum dubito. Siquidem propter ilium solum perforo dolorem, quem capio ex aspectu morum et vitae hominum inter quos hic vivendum est. Cum haec scripsissem, venit Clausurarius, a quo accepi alteram Vestrae Excellentiae epistolam. Jungscholzio et quas ille et quas tabellarius ab Excellentia Vestra attulit, reddidi. Pro Excellentiae Vestra munere, voto et oblata benevolentia, quid aliud possim polliceri quam gratum animum et preces meas ad Verum Emmanuelem? De his igitur tam non dubitare debetis, quam gratitudinis officia nulla nunc alia praestare possum. Amisso D. Heugelo patriae vicem doleo prout debeo, etsi privatim etiam eius obitus mihi adversus accidit. Adjeci libris Similia Erasmi, empta 1 gh. 2 jj. Sententias ex Seneca non inveni. Scriptae erant in Uteris Excellentiae Vestrae (ut quidem etiamnum lego) observationes Hartmanni. In bibliopoli inveni observationes Francisci Hottomanni in librum XX m. Pandectarum. Dubitavi igitur, an hae essent, quas vellet Excellentia Vestra. Quod si sunt, dabo operam, ut prima occasione mittam, tum ut Excellentia Vestra accipiat, si quid eorum, quae non inveni, postero adhuc investigavi. D. Eberum audio fore professorem linguae Hebraicae. Id cupio fieri: Sed vereor ut cito incipiat legere. Felicissime valeat. Vestra Excellentia cum carissima conjuge Vestra. Witebergae 10. Jan. Anno 1557. Excellentiae Vestrae Studiosissimus Zacharias Ursinus. Consilium Vestrae Excellentiae de adducendo Gottfrido opto a Deo fortunari. Dixit nobis Boreck se accepisse, etiam D. Balthasarem cum utroque Doct. Hertwigio in animo habere ad festum Pascli, hue venire. XXXIII 1 ). Salutem in Christo. Etsi mihi quid hoc tempore ad Excellcntiam Vestram scriberem cogitanti nihil fere esse videbatur, quod non rectius ex ipso Johanne 1) Vgl. Gillets Crato a. a. 0 . S. 467.
Briefe Zacharias Ursins an Crato.
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Ferinario, pastoris Novoforensis filio, cui has dedi, quam ex meis Uteris Excellentia Vestra cognoscere posset: tarnen et oportunitatem nuncii non negligendam et ipsius etiam voluntati obsequendum arbit r a t o , scripsi banc brevem epistolam. Libros et literas, de quibus cum tabellario scripsi, non dubito Vestram Excellentiam jamdudum accepisse. Hic nuper 1 ) fuerunt Superintendentes civitatum Saxonicarum, Lubecensis, Brunswicensis, Hamburgensis et Luneburgensis, futuri arbitri, ut prae se ferebant, inter D. Philippum et Illyricum, qui interea latebat in oppido vicino Coswig, cum sodalium suorum comitatu, ut audiebamus, non parvo. Propositi sunt Domino Philippo Articuli, in quibus praecipua capita fuerunt, ut tollerentur corruptelae' ex articulo justificationis, praecipue de necessitate bonorum operum ad salutem, et ut D. Philippus publice testaretur suam sententiam de Adiaphoris. D. Philippus respondit, se et alios hactenus non docuisse corruptelas. Etsi autem nova oboedientia necessaria sit, tarnen hac phrasi se non uti : „Bona opera sunt necessaria ad salutem". De Adiaphoris extare suam sententiam in suis libris, nec opus esse novo scripto. Et in summa de compositione non posse constitui concord iam cum Illyrico, quantumvis ipse, D. Philippus, expectet pacem, nisi constet Illyricum consentire de doctrina, cuius nondum proposuit integrum corpus: et interea reprehendit repetitam confessionem, quae nominatur Saxonica, nec dicit, cur reprehendat, labefactat gravissimas partes doctrinae, ut neql ?-óyov, de quo jam antea scripsi. Itaque reprehendit definitionem Evangelii, quod sit praedicatio poenitentiae. Atque ita discessum est, profitente D. Philippo, se consentire de doctrina cum ecclesiis harum regionum. Haec est summa actionis, quantum mihi est notum. Scripta D. Philippi et legatorum ultro citroque data misissem Excellentiae Vestrae. Sed nondum omnia nunc habebam, nec si habuissem, tempus ad describendum fuisset. Dabo tarnen operam ut accipiatis. Ego plane vereor, ne non modo minus quam pro expectatione, quam ¡sta profectio et concursus inopinatus commoverat, effectum sit, sed etiam plus intestinorum ecclesia periculorum. Superintendentes habebant adjunctos singulos collegas. Erat et Westphalus, sed quem, quia in lucem non prodibat, videre non potui. Dicebatur mihi eos habere in animo agere etiam de controversia doctrinae sacramentorum. Et D. Eberus ipsis hortator fuit, ut potius 1) Vom 21. Januar 1557 an.
Becker: de liac cogitarent quam de caluniniis Ulyrici. Sed quod de hac re actum sit, nihildum audivi. Westphalus tantum reliquit hic pagellàs Hamburgi editas, quae primum post eius discessum sunt sparsae. In his conatur probare D. Philippum amplecti sententiam, quam ille defendit, allegans quasdam epistolas olim ad Oecolampadium et alios scriptas in farragine Amsterdami. Atque inde concludit: cum D. Calvinus promittat se velie stare D. Philippi iudicio, debere eum desistere. Misissem exemplar, sed omnia erant divendita, antequam ego resciveram. In fine adiecit aliquot sententias patrum, non esse tacendum in periculis haeresium. D. Philippus ipsi Ferinario dixit, multos clamare, quod non satis declaret se de sacramentis, sed si ipsum urgebunt, se velie edere sententiam D. Crucigeri, quam haberet apud se ipsius manu scriptam. Marchionem Albertum audimus esse mortuum tyrannorum morbo, phthiriasi. M. Bartholomaeus Kalckreutter hue rediit ante mensem. Dixit se ad Excellentiam Vestram scripturum: Excellentia Vestra felicissime valeat. Witebergae, Prid. Non. Februar. An0- 1557. Excellentiae Vestrae Observantissimus Zacharias Ursinus. Clarissimo viro, eruditione et virtute praestanti, Johanni Oratoni, artis medicae Doctori, Domino ac patrono suo perpetua fide et observantia colendo. Vratislaviae. XXXIV1). Salutem in Christo. Quia nuncium citius non habui, unam a me epistolam recipit Excellentia Vestra pro duabus, quarum altera V. Id. Februar, aliata est mihi e Lipsia, alteram X I I I . Cai. Mart, tabellarius reddidit. Ex priore, quod Excellentiam Vestram libros accepisse et voluntatem meam boni consulere, intellexi, id quanto magis, quam nulla sint officia mea, perspicio, tanto maiorem ad me consolandum vim liabebit. Quod vero in utraque de Vestra virium et valetudinis infirmitate fuit, sane ita me afficit, ut de eo, quod scribam, omnino non habeam, nisi quod ornne isti querelae omen abesse, toto pectore opto. Nam 1) Vgl. Gillet a. a. 0 . S. 4G9 ff. In seiner Abschriftensammlung verweist Gillet an dieser Stelle (Halle 1865), S. 489 f.
auf Neumanns Geschichte des Wuchers in Deutschland
Briefe Zauharias Ursins an Crato.
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de precibus meis ad Christum quid scribani? Omitto quod Excellentia Vestra de his non dubitai. Verba de hac re facere non sinunt geinitus, et, quod ipsa honorum raritas mirabiliter in bonis excitat, desiderii magnitudo. Nam secundum Deum, quid est praeter hos, cur velimus vivere? Ego quidem sive ad me sive ad quaecunque alia convertar, adeo se praefert suinma vanitas omnium, ut quare non jamdudum lune evolare cupiam, nihil inveniam. Grati igitur agnoscimus beneficium Dei tam seriis votis desiderandum, quod et colligit ecclesiam omnibus temporibus usque ad finem mundi, et aliquos in ea servai, quorum exemplis, voce, conversatone, intuitu denique mitigetur aliorum dolor, cuius tantae causae sunt, ut hand sciam, a n a quoque perferri posset, nisi promissiones de conservatone et defensione Ecclesiae in hac vita tam sedulo inculcatae essent. Exemplum insigne nobis quottidie versatur ob oculos. D. Philippum nostrum et similia saepe et haec aliquando memini dicere, cum harum rerum commemorationem attingerei. Me, inquit, videte: Sum senex, miser, languidus, obnoxius morbis. Et vivo tamen. Nec scio quomodo. Sed scriptum est: „Ipse est vita tua et longitudo dierum tuorum." Deut. 30. Ita que et ipsi, et Excellentiae Vestrae diutius ut sit, Deum oramus assidue et cum sua tum nostra causa facturum speramus. Cum dictum sit: „Non mortui laudabunt te Domine." Itaque „Et tu con versus confirma fratres tuos". Sed respondebo iain ordine ad capita Vestrarum literarum, nec tamen, qui satisfacturum, sed qui obtemperaturum me Excellentiae Vestrae pollicear. De Gotfridi indole, studiis et moribus, de quibus cum Excellentiae Vestrae, tum aliorum testimoniis ad me perferuntur, quae mihi cognitu sunt jucundissima, et Excellentiae Vestrae et ipsi Gotfrido vehementer gratulor. Eumque Vestro et honorum omnium amore adeoque seipso dignum perpetuo existere et studia eius a Christo gubernari ac fortunari, ex animo precor. Nam et propter Vestram atque meam ctiam de ipso spem merito a me diligitur, et quia (pùóq,ikov del ilvca
xòv ttyadòv
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Quanto
majori vobis eum curae esse intelligo et quanto verius fratrem eius tanquam meum amavi, neque muto sententiam, tanto me plura ìlii debere existimo. A me igitur amorem et fidem, quantam hae causae postulant, officia vero qualia quidem a me proficisci possunt, omnia et Vestro et suo et fraterno nomine ac jure expectabit. Quod autem Excellentia Vestra consilium, cuius ut copiam apud Vos, ita penes me summam inopiam esse constat, a me requirit, in
54
Becker:
ea re dum vobis obsequor potius quam causas Vestrae sententiae quaero, si quid erro, huic meae voluntati erit imputandum. Est enim illud genus consiliorum fere eius modi, ut etiam prudentes in eo saepe fallantur. Privato praeceptori quare vel cui sit commendandus, equidem non video. Adeo enim ea est nunc Witebergae studiorum et disciplinae ratio, quam scribit Excellentia Vestra, ut eum, qui ipse sibi praeceptor esse nesciat, hue mitti consultum esse, plane affirmare non ausim. Fatalis ista, ut videtur, disciplinae ruina magistris etiam bonis habenas e manibus extorquet. Itaque eum, qui sine periculo hic esse et spes de se conceptas non fallere volet, naturae moderationem hue afferre oportet. E t animum non dico adversus illecebras, cum plurima nostris hominibus persuasione et communi quadam insania jueunda sint, quae si quidquam in me est humani sensus, natura non essent, sed adversus pessimorum exemplorum violentiam obfirmatum, ac libertatem esse, servire legibus, firmiter statuentem. Haec enim qui non afferunt, apud eos etiam magistri quid proficiant, videmus. In quibus autem ista sunt, si accedant cognatorum, amicorum et quorum hoc interest, salutaria monita, et in ipsis obtemperandi voluntas, tum utrimque invocatio Dei, non video cur magnopere opus sit praeeeptore privato. Quod supra scripsi mihi videri, in eo qui hue mittendus est requiri, ut ipse sibi iam aliquo modo possit esse praeceptor, id etiam de studiis intelligo. His igitur rebus cum instructum esse Gotfridum ex Vestris literis intelligam, Vestrum iam erit consilium, de quo non sumo mihi judicium, sed scribo meam sententiam ex iis, quae fieri video. Nec si hoc a me requiratur magistrum nunc nominare possem : praesertim amisso optimo ac doctissiino viro M. Anthonio Walthero, professore artium dicendi, qui ante mensem in coelestem Acadeiniam evocatus est. Nam D. Eberus privatam scholam dimittit, futurus professor Hebraicus, et, ut audio, concionator in arce. Ego cum hue veni, primum adductus sum ad D. Philippum a D. Johanne Aurifabro. Ab eo consultus D. Philippus de c o s t i t u e n d o mihi privato praeeeptore, antequam pronunciaret, postulabat, sibi offerri a me scriptum, quo inspecto dicebat mihi non opus esse institutione privata, sed si vellem mihi non deesse, posse me ex publicis lectionibus proficere. Huic sententiae acquiescebamus. Ncque ego tam instructus accessi quam credo Gotfridum esse. Aetatis etiam non arbitror me plus Imbuisse. Erarn enim tum XV annorum. Me miserum, qui pene consenui Witebergae, et tantum periculi sustineo, ne quando audiam, „aloxQ'if et àr^óv it ¡.itveivli xi/..
Briefe Z a c h a r i a s Ursins an Crato.
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Sed pergo ad alia. De habitatione et victu nescio an Excellentia Vestra sie egerit cum Clausurario, ut iam aliquid constitutum habeat. Epistolam Vestram i 1 Ii reddidi, et quam a Vobis attulerat me accepisse, ni fallor, scripsi. Equidem et ipse Martinum optimum virum, cum propter singularem probitatein, tum quod mihi jus hospitii cum eo vetus est, valde amo. Fuit enim hospes meus ante quinquennium. Est omnino talis, apud quem velit aliquis libenter esse. Sed non omnes sunt Martini, qui circa eum sunt. Materfamilias, quam nunc habet, cuin priore non est conferenda. Res etiam ab aliquot annis non accrevit. Itaque nec mensa talis est, qualis cum Excellentia Vestra hic fuit. Et in iis hospitiis, ubi convictoribus alendis praeeipue sustentantur familiae, nec victus nec hospites possunt perpetuo similes esse, etiam si qui ex hoc numero hospitum boni sunt, ut Martino certe similem aliquem non facile dixerim. Aliquando fit, ut coniungat se sodalitium, in quo non recuset aliquis esse, quale nunc audio esse apud Martinum. Verum id durat tantisper donec aliquis, propter quem adsunt alii, discedat. T u m reliqui etiam dilabuntur. Ne autem hospes damnum faciat, cogitur ad mensem complendum recipere quos potest habere. Ibi ut solvitur, ita obsonatur. Hae causae, ut verum fatear, me olim a mensa abducebant. Martini culpa non est. Eique optime volo. Et nota est eius lenitas. Post illud autem tempus nupsit major fìlia, quae uteunque poterai adiutare oeconomiam, quantam didicerat a matre. Minor, quae adhuc domi est, ad operas domesticas inepta est. Discesserunt a mensa aliquoties et alii nostri populäres propter earn de qua scripsi teinporum et convictorum dissimilitudinem. Non autem scribo haec tanquam aliquid dissuasurus Excellentiae Vestrae, omnino enim mihi placet hospes Martinus, sed si quid melius possit inveniri, non defuturus. Si cum Martino j a m certi aliquid egit Vestra Excellentia, forte ad hoc proderit, ut Gotfridus vitam Witebergensem magis cognoscat. Ego apud marsupiarium hactenus victitavi, et hoc officium eius gratissimum habeo. Victus est mediocris, ut Witebergae uxorem habet mulierem Noricam. Quod autem apud me est maximi, absum sine invidia a compotationibus et sodalitiis, qualia mihi displicent, quae alioqui homini mediocri vix licet effugere. Simul vivimus amice et suaviter, contenti nostra mediocritate. Habeo hoc nonum hospitium, dum Witebergae sum, nec dum licet eo frui, cupio mutare. Non alit autem alioqui convictores : Sed erga nostrum ordinem et privatae erga nos benevolentiae causa tres nostrum hactenus habuit secum: Filium Jacobi Baudi salutarii et alium Curiensem et ine. Duo ¡Ili ad festum Paschalis discedunt: ego solus relinquor
Becker:
5G
A n sit a l i q u e m
recepturus,
certum
non
scio.
Quamvis
enirn
ista
o c c a s i o nunc offeratur, tarnen m e n t i o n e m r e i non f e c i , cum d e V e s t r a voluntate
mihi
non
constet.
Si
poterit
Excellentia
V e s t r a , vel, quando a d v o s v e n e r i t , cum ipso a g e r e , vel,
si uon ipse
proficisceretur, a d me s c r i b e r e .
quid
libuerit,
E t i a m Maternus noster t e n t a v i t ante
me i r r e p e r e , et alii c o n a t i sunt ei suos o b t r u d e r e .
S e d res non pro-
cessit: p r a e s e r t i m cum sit n u n c m e d i o e r i s Caritas annonae. D e h a b i t a t i o n e libenter v o b i s g r a t i f i c a b o r , si et E x c e l l e n t i a V e s t r a ita p l a c u e r i t ,
et
ipsi Gotfrido commodum fuerit,
habitaturus, n o n d u m scio. me e x p e l l i t .
etsi,
u b i e g o sim
N a m inde, u b i n u n c habito, loci h u m i d i t a s
C i r c u m s p i c i o i g i t u r u b i possim q u i e t e et honeste l a t e r e .
S e d de h a c re cum hue
ventum
vires E x c e l l e n t i a e V e s t r a e
fuerit,
interea
videbimus.
confirmet.
Christus
modo
G o t f r i d u m nostrum a
V o b i s a d d u c i opto.
fait
Venio ad alteram Vestram Epistolam.
M a g n a e consolationi mihi
de
doctrinae.
scriptis D. P h i l i p p i
in
parte
illa
Laetor
enim,
cum v i d e o a l i q u o s esse s a p i e n t e s et p i o s , qui a b h o r r e n t a tumultibus, q u o s m o v e t m i r a b i l e istud g e n u s hominum,
q u o d n e s c i o quo
nomine
a p p e l l e m , eos dico, qui soli v o l u n t L u t h e r i doctrinae assertores et v e r i tatis custodes ac p r o p u g n a t o r e s videri, d u m sibi q u i d v i s r e p r e h e n d e n d i et q u o s v i s
ad
inferos
deturbandi
tarnen suis sine p e r s u a s i o n i b u s ,
infinitam
licentiam
sine a f f e c t i b u s a d e o
sumunt, c u m
sunt
obcoecati,
ut o m n e m p i e t a t i s et j u d i c i i o p i n i o n e m a p u d o m n e s i n t e l l i g e n t e s a l i quid de
fundainentis
S i c doleo,
cum
doctrinae
seipsos
h a e c recordor,
sibi
d e t r a h e r e non v i d e a n t .
ut v e h e m e n t i u s non possim.
tationes de s a c r a m e n t i s s p e c t a n t ad n o v a m inixaaiv.
Dispu-
R e s ita a g i t u r ,
ut D . P h i l i p p u s a u t p e r t r a h a t u r in p a r t e m c e r t a m i n i s et militet mercede capiatur.
c o n d u c t u s in castris P y r g o p o l y n i c u n i , Sed
vir
optimus
et
aut,
ut
ipsi
p r a e s t a n t i s s i m u s pietate et s a p i e n t i a
non istis c l a m o s i s ¡.iioQooofpoLq, v e r u m e c c l e s i a e p a r c i t . bunt eum premere,
videant,
quasi
sperant,
ne
sero
sentiant,
quid
S i non c e s s a egerint.
Quia
c u r a m e c c l e s i a e et p a t i e n t i a m non o b j i c i t P h i l i p p u s , v e r s a t u r nunc in m a g n i s angustiis. Videte
enim, q u i d a c c i d e r i t .
Venerunt Wesaliam exules Angli,
quibus c o n c e s s u m est h o s p i t i u m e a conditione, ne
quid
populo.
eo,
ut a ministris ec-
clesiae t a n q u a m h a e r e t i c i s e d u e t o r e s a c c u s a r e n t u r .
Constituunt igitur
Sed nihilominus
ventum
est
usque
disputent in
illi simul a d i r e senatum et se e x c u s a r e , ut qui non sint h a e r e t i c i , s e d amplectantur
de
sacramentis
doctrinam,
quae
extet
in
scriptis D .
Briefe Zacharias Ursiiis an Crato.
57
Calvini. Interea venit eo Hubertus Languetus 1 ). Hunc, quia diu fuerat apud D. Phillippum et fortassis erat aliquibus familiaris, orant, ut eat una in curiam. Itur, disputatur coram senatu cum ministris. Hubertus dicit, D. Philipp! eandem esse sententiam. Hic disputatio conticuit et mandatum est utrinquc silentium. Senatus de re scribit ad D. Philippum, quaerit eius sententiam, petit, ut mittat aliquem qui ecclesiam erudiat et in ordinem redigat. D. Philippum audio ad respondendum fuisse difficillimum et questum, sibi post mortem Lutheri gravissimum hoc negotium et incommodissimo tempore accidisse. Sed respondit tarnen, etsi non de quaestione. Actum est etiam, ut mitteretur eo Mörlinus. Sed noluit D. Philippus. Ante paucos dies venit ad nos Justus Menius, qui docuit, ni fallor, Gothae, dimissus a D. Ioanne Friderico, quia non est factionis Illyricae. Nam aulam Vimariensem audio regi ab Amsdorfio. D. Philippus 17. Febr. cum Menio profectus est Dessam, ubi audio dari locum Menio. Iam rediturum expectant hue alia negotia. Dum enim abest venerunt legati ducis Alberti Megapolitani, missi et ipsi pacificationis gratia inter nostros et Illyricum. Augustus et duces Pomeranici idem agunt. Unde manifestum est, Illyricum quaerere praesidia aularum. Accidit etiam hoc de Musaeo. Videtis credo inter quos scopulos naviget optimus vir. Cum fuerunt hic legati i 11 i Saxonici, qui fuit praecipuus inter Mediatores, dixit ad quendam nostrum amicum: Wenn Wyr Philippum also Hätten als w y r Calvinum Haben. Adeo gestiunt perficere quod volunt. Sed laetamur, quod nondum habent eum, nec habituros speramus ut nec alios quidem omnes, quos putant se habere. Ecclesiae periculum me dolore afficit, quod posset minus esse, si sedaretur istorimi intemperies. Me enim vociferationes coram non terreni, nec de sentenza, quam perspicuam et veram esse Dei beneficio scio, dcjicient. Sed satis de his ad Vestram Excellentiam. Oramus Deum, ut adsit D. Philippus nec tubari sinat Ecclesiam. Revertebatur D. Phil. XXV. Februar. Dedi igitur quam primum Vestram Epistolam et libellum D. Musaei. Ea etiam quae erant in scheda dixi breviter. Nam et de negotio prolixe scriptum est et D. Musaeus ipse literas ad D. Philippum misit. Rem sibi admodum dolere dicebat. Etsi nihil fere est in pubiicis aut privatis rebus, quod sine dolore scribi aut legi q u e a t : tarnen gratias ago Excellentiae Vestrae, 1) Vgl. die 2. Anmerkung a. a. 0 . der Theol. A.rb. p. 84.
58
Becker:
quod non gravatur aliquid iutcrduni de suo et de p a t r i a e statu a d me scribere. Cum quibus enim laetari vehementer cupimus, cum illis nescio auomodo, cum alterum non licet, etiam dolore j u v a t . Epistolam Vestram a d D. Philippura legebat D. P e u c e r u s , et me interrogabat, an nihil ad ipsum scripsisset Excellentia Vestra, se enim literas ad Vos misisse. Petivi etiam a D. Phil., ut s e n t e n t i a m suam diceret mihi de lege Vratislaviensi, q u a j u b e t u r semissis usurarum sumi de pecunia pupillorum. A quo tamen interrogatus essem, non dixi. Respondit legem eam j u s t a m esse, si animi sint p a r a t i ad f e r e n d a etiam d a m n a , si qua debitor faceret. Sic enim fieri legitimum contractum societatis. Si vero qui collocant pecuniam non sint parati ad f e r e n d a m p a r t e m damnorum, hoc injustum esse. Quod autem inde vaticinantur idem licere in re p r o p r i a . Id se totum concedere in simili causa, si servetur ratio, quae dicta est. P r a e t e r e a j u b e b a t ea me scribere, q u a e paulo ante dictavit in lectione officiorum Ciceronis de mutuationib. et usuris. E a tametsi cum aliis quae de contractibus ibi dictavit, edita iri credo, tamen, quia Excellentiam Vestram d e s i d e r a t u r u m putavi, a Jung8cholzio petii, ut describeret. Hoc etiam adjieiebat, D. Lutherum, cum d a m n a r e t usuras, t a m e n concessisse Ein Wtìcherlein. Se etiam scire quae contra d i s p u t a r e n t u r , sed non posse de omnibus responderi. I t a q u e ante aliquot a n n o s cum in D a n i a essent magni tumultus de usuris, se in hane sententiam scripsissc a d regem, et eam p r o b a t a m fuisse C a n c e l l a n o magis q u a m aliorum. N u p e r etiam de simili quaestione e a d e m se scripsisse Brunswigam. H a e c fere sunt mihi a D. Philippo responsa, quem ideo interrogabam, q u i a d e hoc casu in re pupillorum de ipsius sententia nondum mihi constabat. P l u r a fortassis colliget Excellentia Vestra ex iis quae mitto descripta : q u a n q u a m eadem fere tradidit in ethicis. D. Maiorem ab ipso non credo dissentire. Proposita autem sententia D. P h i l i p p i , ego nec possum nec debeo diversum sentire. Agnosco enim meum judicium nullum esse. Q u a r e non debet q u i s q u a m de eo quaerere. Discedendum e republica propter legem de semisse pupillorum non censeo, sed Privilegium pupillorum, si quis ita vult esse, nec t r a h e n d u m a d p r a e t e x t u m avariciae, nec servandum cum alterius detrimento. Leges positivae enim non debent pugnare cum Decalogo, qui vetat q u e n q u a m ditari cum alterius damno. Si res pupilli non debent minui, et tamen oportet esse, unde pupillus educetur, nescio an non possit referri a d mutuationem d a m nosam talis collocatio pecuniae pupilli, ut is qui u t a t u r ea nullain
Briefe Zacharias Ursins an Crato.
59
faciat compensationem, undo pupillus interea vivat. Sed tarnen interea non neglegi regulam oportet, ne compensatio damnosa sit illi qui usurpat pecuniam. Tatoris igitur judicio et conscientiae relinquitur, ut et cum pupillo et cum eo cui committit pecuniam bona fide agat. Sic recte servari posse legem de bonis pupillorum arbitror. Expeditior est responsio de societate: Sed hac fortassis ratione magis esset extra periculum sors pupillorum, si dicamus esse mutuNam in mutuatione debet ationem damnosam sine compensatione. salva manere sors, quae aliquando periclitatur in societate. Videtur enim mihi, autores legis voluisse viam monstrare, qua pupillis parentur alimenta sine diminutione suarum rerum et tutores non periclitentur de sorte: atque ita ratio tutelarum esset expeditior ac tutior. Sequor tarnen responsionem D. Philippi de societate. Sed banc meam cogitationem adjeci tanquam petiturus, ne Vestra Excellentia suum de ea judicium breviter mihi significare gravetur. Ad argumentum quo volunt similem mutuationem in re propria obtinere, videtur facilis responsio. Concedendum est enim, si non ex dicto secundum quid colligunt dictum simpliciter, id est, si non extendant ultra casum societatis aut mutuationis damnosae, distinctionem illam mutuationis officiosae et damnosae D. Philippus inter legendum dicebat esse nervum totius causae. Et sie facilis est explicatio dicti: „Mutuum date nihil inde sperantes", si intelligatur de mutuatione officiosa quae debet esse gratuita. Quia non debet aliquid postulari pro nihilo. Sed cum dictum Christi pertineat ad declarationem praecepti: „Non furtum facies", necesse est, id non pugnare cum praecepto. Quando autem sit mutuatio damnosa, id relinquitur cuiusque conscientiae. Magna est varietas circumstantiarum. Itaque haud scio, an ulla lex positiva constitui possit, quae sit regula rectissima omnium casuum. Sed in singulorum dijudicatione conscientiis consuli posse puto, si sint in conspectu hae velut generales normae: Officium nemini debet esse vel quaestui vel fraudi ; Nemo debet locupletali cum damno alterius: Discrimen societatis et mutuationis: Definitio usurarum: Distinctio mutuationum. Processit autem epistola longius quam volueram. Erat in posterioribus Vestris Uteris, Excellentiam Vestram mittere mihi genesin Antenoridis, sed non accepi. Libros quos potero mittam cum marsupiario, quem non multo post tabellarium spero isthuc venturnm. Exemplar Ephemeridum inveniebam quidem hie in bibliopolio Bartholomaei Vogel, praeter spem: et missurus e r a m : Sed isti homines, qui melius de usuris pos-
60
Becker:
sent disputare quam iios miseri scholastici, non poterant adduci, ut mihi minoris venderent quam 28 gh, cum ego emerim gli 16, et qui carissime emerunt, 18 grossi«. Alterum e Lipsia nondum aceepi. Huius me res admonet: Quid Vobis illi placent, qui de Floreno in hebdomadain accipiunt tres nummos? 1st dass ein Wucher, oder ein YViicherlein ? At tales hie habemus. Mitto acta tentata nuper pacificationis, quia Jungscholzius non gravabatur describere. Quid novi legati sunt effecturi, videbiuius. Utinam illiquid boni. Missi sunt autem D. Georg. Venetus et Andreas Mylius consiliarius. Excellentia Vestra bene ac feliciter valeat. Witebergae IIII. Cai. Mart. 1557. iìxcellentiae Vestrae observantissimus Zach. Ursinus. Clarissimo viro eruditione et virtute praestanti, Johanni Cratoni artis medic, doctori, domino ac patrono suo perpetua fide colendo. XXXV. Salutem in Christo. Scripsi quae habebam cum tabellario. Itaque nunc sum brevior. Libros, quos potili invenire, Marsupiario tradidi. Ephenieridum exemplar, quod unum adhuc restabat, vix tandem a bibliopola, postquam redierat secum in memoriam, pretio, quo antea sunt emptae, extorsi. Gnomologiam Neandri aut aliam nusquam invenire aut investigare possum, praeter hanc quam mitto. Ephemeridum exemplar e Lipsia nondum accepi. Catalogus et pretia librorum sunt in scheda, quam in litcras conieci. De iis, quae ad Gotfridum attinent, scripsi nuper quae tum habebam. Etsi autem nescio, quod sit Excellentiae Vestrae consilium aut judicium, tarnen, si quid vobis de mensa apud Oswaldum piacerei, tentavi experiri, quid in ea re possit obtineri. Quaesivi igitur an aliquein recipere in animo haberet. Ostendebat primo se malle neminem. Tandem addebat, amico tarnen, cui facile denegari non posset, se gratificaturum, si peteretur pro adolescente. Sed minus 25 florenis se non posse accipere. J a m consilium est penes Excellentiam Vestram. Non multo minori sumptu habebit vel apud Martinum vel alibi mensam saltem tolerabilem. Non omnia arrident omnibus. Ego cur apud Oswaldum libenter victitem, antea scripsi. Si ita videtur, potest experiri rationem aliorum hospitiorum. Apud Martinum tamen aut
61
Briefe Zacharias TJrsins an Crato.
alibi semper potest babcri mensa, hie an postea locus esset futurus, si quis interea reciperetur, nescio. Nuper fuerunt hue tertii legati propter causam Illyrici, missi ab Electore,
Greserus
Superintendens
Dresdensis,
et alius
Torgensis.
Majoris negotium eo deductuni audio, ut promiserit se istam loquendi formam
posthac
onrissurum
actum sit nihil scimus. Principes Jenensis.
et reiectnrum.
Cum D. Philippo quod
Sed de Illyrico nulla spes melior est.
Vimarienses
impetraverunt
privilegia
Academiae
Agitur de Illyrico eo vocando, ut ibi sit professor.
De colloquio instituendo Wormaciae,
sed in mensem Augustuni
reiecto, et vocando D. Philippo, denuo audimus.
Itaque iterum sumus
in metu. Homelias an
D. Maior sit producturus ad finem, nescio.
Pro-
mittit breves annotationes in omnes Paulinas, quales edidit in Romanos.
J a m legit Corinthios. Excellentia Vestra feliciter valeat. Witebergae. Idib. Mart. An0- 1557. Excellentiae Vestrae Observantissimus Zacharias Ursinus. Clariss. viro erud. et virt. praestant. J o b . Crat. art. med. Doct.
Dom. ad patrono suo perpetua fide et observantia colendo. Vr. XXXVI1). Salutem in Christo. Epistolam Excellentiae Vestrae, scriptam X X I I I . Februarii, accepi a. D. Peucero X V I I I . Mart.,
eo die hue allatam, cum ante biduum
discessisset Oswaldus marsupiarius. Dum ab Excellentia Vestra tam frequentes et plenas inter Vestras occupationes et in ea valetudine ad me scriptas literas accipio, equidem, ut ingenue fatear,
non potest non vehementer mei me pudere.
Vestram enim erga me voluntatem optime perspicio eaque laetor, ut debeo: meam vero ut in omnibus ita praesertim in hoc officii genere tarditatem et infelicitatem atque accuso.
non
sine magna animi molestia deploro
Itaque nunc non ago gratias Excellentiae Vestrae, ne,
dum magis ineptus mihi videar, magis doleam. Christum
ut
et valetudinem Vestram
1) Vgl. Gillet a a. 0 . S. 475 ff.
confirmet
Hoc oro Deum Jesum et statum omnium
62
Becker:
rerum V e s t r a r u m
incolumem
servet.
N e q u e liuius voti u n q u a m im-
m e m o r esse possum. Lamenta Excellentiae Vestrae, quibus aerumnas Ecclesiae
mag-
nas, p e r i c u l a m a i o r a deflet, q u a m v i s tristes et e x re natos a n i m i affectus et i n d i c e n t et c o m m o v e a n t , t a m e n mihi q u a s i
quandam
etiam
consolationem afferunt, d u m q u o s e x i s t e r e s c i o piorum et cordatorum gemitus, qui certissime D e o c u r a e sunt, q u o d a m m o d o et mitigationera g r a v i s s i m a r u m c a l a m i t a t u m
oculis
aspicio,
i m p e t r a t u r o s non dubito.
Q u o d a c t i o n e s p a c i f i c a t o r u m 11011 citius m i s i m u s , in eo non tam Jungscholzii q u a m m e a m t a r d i t a t e m e x c u s o , seu potius accuso.
Nam
et ipse t a r d i u s habui, et p o s t q u a m h a b e b a m p r i m o cum n u n c i o mittebam.
N o n multos liabeo f a m i l i a r e s , q u o r u m o p e r a ista
communicari. ad
manus
Itaque
babeo.
T h o m a s Polius,
nec
responsionem
Alioqui
optimus
descriptam cui
Excellentiae Vestrae communicet. l a w i a m iam m i s e r a i .
misissem.
homo et mihi a m i c u s ,
concionator ad S . B a r b a r a e ,
dedi
mihi
a d epistolam
has
possint
Barbiensem1)
Sed
habet e a m
vocatus jam,
literas.
Ab
eo
ut sit
petii, ut
S u u m e x e m p l u m cum libris V r a t i s -
Nec propter temporis angustiam poteram
alibi
inquirere. D e a c t i o n e M e g a p o l e n s i u m nihildum a u d i m u s ,
n e c de missis ab
E l e c t o r e plura q u a m s c r i p s i cum O s w a l d o . W e r n e r u s p a s t o r B a r b i e n s i s hic fuit, et se p u r g a v i t a p u d D . P h i l , a f f i r m a n s q u a e scripsisset, fuisse dictata
a b Illyrico.
Werneri,
quo
is
Interea
testetur
erit P r o f e s s o r J e n a e ,
audio Flacium
ipsum
non
non
iactitare
chirographum
esse a u t o r e m .
d u b i u m est,
S i , ut laborat,
q u i n c r e d i t u r u s sit se
arcem
o c c u p a s s e , in q u a sit avxicpiluiTcog a c tuto q u a e in quos v o l e t e j a c u letur, nec sine p r a e t e x t u officii a i u n t solum S t r i g e l i u m i b i esse n o s t r u m et infensum F l a c i o . Majoris isti
homines
salutem.
I p s i u s F a s t o s e s s e sub p r a e l o .
negotium sine
Quod
etiam de p a r t e ?
video Vestram
conversione
autem
de
tota
Excellentiam
possunt
salvari,
intelligere.
habeant
conversione v e r u m est,
N e c tamen sequitur,
quod vel
sibi
Si suam
c u r non sic
conversio,
vel nova
oboedientia sit justitia s e u meritum, seu res, p r o p t e r q u a m d a t u r v i t a aeterna, ut isti, n e s c i o s e c u n d u m q u a m d i a l e c t i c a m , S i itaque r e m i p s a m o p p u g n a n t , v i d e r i n t i p s i ,
volunt
sola phrasi contendunt, c u r tantos tumultus e x c i t a n t ? huc legi.
astruere.
quid doceant. Ego
Si de
nihil a d -
S e d t a m e n p o s s u m e a n d e m f o r m a m l o q u e n d i o s t e n d e r e in
seriptis B r e n t i i
et
Musculi,
1) Vgl. den XXXII. Brief.
non
illius
fivo/naxov
ad
Viadrum,
sed
63
Briefe Zacharias IJreins an Crato.
W o l f g a n g i M u s c u l i ü u s a n i 1 ) , qui et ipsi certe nihil m i n u s v o l u n t esse aut videri quam
Papistici.
N o n scribo h a e c , q u o d velini uti hac phrasi, aut earn d e f e n d e r e , sed
quia
doleo
vehementissime,
disputationes.
cum
cogito,
quorsus spectent bae
Etsi non v i d e r i v o l u n t hoc d i c e r e ,
quod
nova
oboe-
d i e n t i a sit n e c e s s a r i a , d u m disputant non esse a d salutem n e c e s s a r i a m , tamen hoc
multi
intelligunt.
hi tumultus d i s p u t a t i o n u m ,
H a e c D. P h i l i p p u s e x t e n u a t i o bonorum,
in lectione. clamores
Certe
illi,
quod
E v a n g e l i u m non sit p r a e d i c a t i o p o e n i t e n t i a e , quod o b o e d i e n t i a d e b i t a ministerio
non sit p o n e n d a inter s i g n a
nionstrantia
ecclesiam,
quod
ordinatio m i n i s t r o r u m sit l a q u e u s c o n s c i e n t i a e .
I t a q u e illi de necessi-
tate S t o i c a , non v i d e o , q u i d
ut l i c e a t t a c e r e quic-
quid übet. bilem istis
v e l i n i , nisi
0 m i s e r r i m a t e m p o r a ! 0 d e t e s t a n d a m levitatem et misera-
coecitatem
delirae
doctoribus!
hominibus.
aliud
mundi s e n e c t a e !
0 infelicem
posteritatem
S c i l i c e t l i a e c est f a c i l i s et g r a t a T h e o l o g i a nostris
Wenn
wir Thun
wass
unss
nur w o h l g e f e l t , s c h r e i n
glaub, Ich glaub, gehn darauf zum Sacramenti, So haben wirs Sed
ilium
qui d i x i t :
„Sum
vobiscum
o r a m u s ut m a n e a t n o b i s c u m dum
usque
ad
Ich
gessen.
consummationem",
advesperascit.
D. P h i l i p p u s s a e p e et g r a v i t e r conqueritur suas definitiones, q u a s non sine d i f f i c u l t a t e et Consilio constituerit, ecclesia
extare
veras
et
rectas
definitiones,
n i m i s p a u c a e sunt, a multis v e x a r i , Gott e r b a r m s , fiunt
ess k o m p t d a r z u ,
necessario;
substantialiter, q u a m a piis —
scriptoribus
Q u i strenue potest c l a m a r e :
corporaliter,
ille est summus
q u a l e s in
qui t a m e n non f a c i u n t meliores.
D e u s non c u r a t o p e r a ;
essentialiter,
quia p l u r i m u m refert, in
Christi et
corpus
sumitur
est
omnia ubique
tam a b i m p i i s
Theologus.
L i b e l l u m , de quo dixit L a s c i u s c r e d o esse s e n t e n t i a m D . C r u c i g e r i , q u a m D. P h i l i p p u s
ipsius autoris
manu
scriptam
a p u d se habet, et
a d d i t a sua confessione, si u r g e b i t u r , constituit edere. q u a m haereticos d a m n a n t omnes,
qui
non
Sane,
si
tan-
confirmant ¿ Q T n l m q l a v
cultum D e i Mazae, sed p e r p e t u a m et m a n i f e s t a m de omnibus
et
Sacra-
m e n t i s scripturae et V e t e r i s E c c l e s i a e s e n t e n t i a m et l o q u e n d i f o r m a m retinent,
sibi
placeant.
Interea e g o ,
h a b e n t 7tXrjQo